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STAHL

Das Dokument beschreibt die Herstellung von Stahl, beginnend mit der Gewinnung von Roheisen im Hochofen. Es erläutert detailliert die Prozesse der Verhüttung, der Roheisengewinnung und der anschließenden Stahlerzeugung durch Frischen und Nachbehandlung. Dabei werden die einzelnen Verfahren wie Thomas-Verfahren, Siemens-Martin-Verfahren und Elektrostahl-Verfahren vorgestellt.

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STAHL

Das Dokument beschreibt die Herstellung von Stahl, beginnend mit der Gewinnung von Roheisen im Hochofen. Es erläutert detailliert die Prozesse der Verhüttung, der Roheisengewinnung und der anschließenden Stahlerzeugung durch Frischen und Nachbehandlung. Dabei werden die einzelnen Verfahren wie Thomas-Verfahren, Siemens-Martin-Verfahren und Elektrostahl-Verfahren vorgestellt.

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Prof. Dr.-Ing.

Iris Marquardt
Baustoffkunde und Betontechnologie

11.3 – Stahl
Herstellung und Eigenschaften

Vorlesungsfolien
- auszugsweise -

Diese Unterlagen sind ausschließlich für den internen Gebrauch im


Rahmen der studentischen Ausbildung an der HAWK Hildesheim bestimmt.

Vorlesung Baustoffkunde II
Roheisen- und Stahlerzeugung
Einleitung

 Reineisen als Baustoff ohne Bedeutung, da sehr geringe Festigkeit


 Stahl: ohne Nachbehandlung schmiedbare Eisen-Kohlenstoff-Legierung
mit max. C-Gehalt von 2,06%
 Bautechnisch verwertbare Eisenwerkstoffe: Legierungen des Eisens (Fe)
mit anderen Elementen wie C, Mn, Si, Cr, Cu usw.
 Wichtigste festigkeitsbildende Komponente: Kohlenstoff
 Häufige Legierungselemente: Silizium, Mangan, Chrom, Nickel und Kupfer

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 2


Stahlerzeugung
Rohstoffe

 Eisen tritt in der Natur nicht in reinem Zustand, sondern in Form von
chemischen Verbindungen (Oxide, Sulfide, Carbonate etc.) auf
 Erz = chemische Verbindungen mit mineralischen Stoffen (genannt: Gangart)
vermengt
 Erzaufbereitung: Anreicherung der metallischen Verbindungen, z.B. durch
Rösten (Austreiben von SO2, CO2 und H2O)

Roherz Pellets

Klassiertes Erz Sinter

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 3


Stahlerzeugung
Verhüttung im Hochofen

 Rohstoffe: Erz (Fe-Oxide), Zuschlag (Kalkstein), Koks


 Zuschlag = Kalkstein, gebrannter Kalk
− dient als Flussmittel  Schmelzpunkt des Erzes senken
− Bindung von Schwefel
 Koks hat folgende Aufgaben:
− Brennstoff zur Deckung des Wärmebedarfs
− Reduktionsmittel
− Aufkohlung des Reineisens
 Hochofen: lotrechter, stählerner Schachtofen; feuerfest ausgemauert
 lagenweise Beschickung mit Erz + Zuschlag (= Möller) und Koks
 Von unten wird Heißluft (Wind) eingepresst, von oben Abgas (Gicht) abgeführt.
 Abstich von Roheisen und Schlacke (unten)  Nachsinken des Gemenges
Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 4
Stahlerzeugung
Verhüttung im Hochofen
Beschickung mit Gemisch
aus Erzen und Zuschlägen

Trocknung und Vorwärmung


200°C bis 500°C

Indirekte Reduktion
800°C bis 1000°C

Direkte Reduktion
1000°C bis 1200°C

Schmelzung

Abstich des Roheisens


und der Schlacke
1400°C bis 1500°C

Hochofenprozess
Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 5
Stahlerzeugung
Verhüttung im Hochofen

 Im Mittelbereich indirekte Reduktion, d.h. Entfernen von Sauerstoff aus dem


Erz nach folgenden Prozessen:
− Koks 2 CO2 + Wärme  2 CO + O2
− Erz Fe2O3 + CO  2 FeO + CO2
FeO + CO  Fe + CO2
 Im unteren Bereich, der Schmelzzone, findet die direkte Reduktion statt:
− FeO + C  Fe + CO
 Gleichzeitig ist es notwendig, das Reineisen zur Erzielung technischer
Festigkeit wieder aufzukohlen:
− 3 Fe + C  Fe3C (Eisencarbid = Zementit)
− 3 Fe + 2 CO  Fe3C + CO2

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 6


Roheisen- und Stahlerzeugung
Roheisenerzeugung im Hochofen (Verhüttung)

(Bild: Preussag Stahl AG)


Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 7
Stahlerzeugung
Schlacke

 Schlacke
− Schmelze aus Zuschlag und Gangart, die auf dem erschmolzenen Roheisen
schwimmt (aufgrund geringerer Rohdichte)
− besteht aus Siliziumdioxid, Tonerde und Branntkalk
 Je nach Art der Abkühlung entstehen verschiedene Produkte für die Verwendung
im Bauwesen:
1.) Langsame Abkühlung  Stückschlacke
− Kristalline, feste Schlacke
− Verwendung im Straßenbau (Tragschichten)

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 8


Stahlerzeugung
Schlacke

2.) mit Wasser schlagartig abgeschreckt  Hüttensand


− glasig erstarrt
− latent hydraulische Eigenschaften
− gemahlen als Hauptbestandteil von hüttensandhaltigen Zementen
3.) aufgeschäumt  Hüttenbims
− porige Schlacke
− Verwendung als leichte Gesteinskörnung in Leichtbeton

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 9


Stahlerzeugung
Roheisen

 Roheisen
− Ausgangsstoff für Stahl und Eisenguss
− enthält bis zu 5% Kohlenstoff sowie Silizium, Mangan, Phosphor und
Schwefel

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 10


Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 11
Stahlerzeugung
Frischen

 Roheisen: hoher C- + P-Gehalt  zu spröde, zu hart, nicht schmiedbar


 Reduktion des C-Gehaltes, Entfernung von Phosphor und Schwefel
 Prozesse:
− Frischen: Zufuhr von Luft bzw. Sauerstoff, Verbrennen von C, Si, Mn
− Bindung von Phosphor durch Kalk

Überschuss an O
Erz
Rohstahl

gewünschte
Konz. von O Stahl
und C (hochwertig, da
kein Überschuss
an O und C)
Roheisen
Überschuss an C

Prinzip der Stahlerzeugung (nach Prof. Dr. Ulrich Schneider)


Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 12
Stahlerzeugung
Frischen

 Verfahren für das Frischen:


− Thomas-Verfahren = Windfrischen
(Frischen mit Luft in Konverter, der mit basischem Dolomit
ausgemauert ist)
− Siemens-Martin-Verfahren
− Sauerstoff-Aufblas-Verfahren (LD-Verfahren)
− Elektrostahl-Verfahren

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 13


Stahlerzeugung
Frischen

 Siemens-Martin-Verfahren
− Herdofen: große Oberfläche, geringe Tiefe des Schmelzbades
− Frischen erfolgt durch Sauerstoffüberschuss der Heizflamme
− Herstellen von Qualitätsstählen (legierte Stähle)
− hoher Schrotteinsatz möglich

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 14


Stahlerzeugung
Frischen

 Sauerstoff-Aufblas-Verfahren
− Frischen mit reinem Sauerstoff
− erlaubt Einhaltung sehr niedriger Stickstoff- und Phosphorgehalte
sowie Einsatz von Schrott
− bevorzugtes Verfahren zur Herstellung von Massenstählen

Konverter des Sauerstoff-Aufblas-Verfahrens


(Bild: F.S. Rostásy)
Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 15
Stahlerzeugung
Frischen

(Phosphorbindung)

LD-Verfahren (Linz-Donawitz-Verfahren)
(Bilder: Preussag Stahl AG)

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 16


Stahlerzeugung
Frischen

 Elektrostahl-Verfahren
− Lichtbogen zwischen
Kohleelektroden und Schmelze
− hohe Ofentemperatur und niedrige
Sauerstoffaktivität
− Stähle mit hohem Legierungsgehalt
(Edelstähle)
− Frischen: durch Aufblasen von O2
oder durch Erzzugabe

(Quelle: Matthias Beck)

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 17


Stahlerzeugung
Nachbehandlung von Stahl

Ziel: Verbesserung der Stahlqualität

Vakuumbehandlung

Desoxidation

Legierung

Entschwefelung

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 18


Stahlerzeugung
Nachbehandlung von Stahl

Vakuumbehandlung
 Stahlschmelze wird verminderten Druck ausgesetzt
 Beseitigung von Gasen, die bei Normaldruck als Blasen im Stahl verbleiben
würden
 gleichzeitig weitere Maßnahmen, z.B. Entkohlung, Zufügen von
Legierungselementen, Desoxidieren (Beseitigung des Rest-Sauerstoffes)

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 19


Stahlerzeugung
Nachbehandlung von Stahl

Desoxidation
 Frischen: O2 + N2 gelangen in die Schmelze
 Stahl wird rotbrüchig und alterungsanfällig
 Sauerstoff liegt als FeO vor
 Desoxidation: Entzug von Sauerstoff durch Zugabe von Elementen mit
großer Affinität zu O2 (z.B. Aluminium, Silizium)
 Entschwefelung durch Manganzugabe

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 20


Stahlerzeugung
Nachbehandlung von Stahl

 Vergießungsart (Desoxidationsgrad) beeinflusst Gefüge des Blocks und


Verteilung der Begleitelemente
 Temperaturunterschiede  Entmischung (= Seigerungen)
− bei unberuhigtem Stahl: Blockseigerungen (Anhäufung von Schwefel und
Phosphor im Inneren)

Gussblöcke im Längsschnitt
(Bild: F.S. Rostásy)

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 21


Stahlerzeugung
Desoxidieren, Vergießen und Erstarren des Stahls

 Erstarrungsverhalten wird vom Grad der Desoxidation bestimmt:


− Stahl, dem vor dem Vergießen keine Desoxidationsmittel zugegeben
wurde, Bildung von CO (Gasblasen) aus Restkohlenstoff und Sauerstoff
 unberuhigt vergossener Stahl (Kennzeichen FU; früher: U)
− mit Desoxidationsmitteln Silizium und Mangan erstarrt Stahl ruhig,
weitgehend blasenfreie Erstarrung
 beruhigt vergossener Stahl (Kennzeichen FN, früher: R)
− mit Silizium, Mangan und Aluminium , Sauerstoffbindung
 besonders beruhigt vergossener Stahl (Kennzeichen FF, früher: RR);
besonders zäher, schweißgeeigneter Stahl

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 22


Stahlerzeugung
Vergießen des Stahls

Sobald der Stahl seine endgültige chemische Zusammensetzung erhalten hat,


wird er vergossen
 Kokillenguß (Blockguß)
− Vergießen in Formen zu Blöcken
− Vorprodukt für Warmumformung in Walzwerk: Brammen
 Strangguß (Endlosguß)
− kontinuierlicher Strang, der durch mitlaufende Schneidbrenner oder
Scheren geschnitten auf Länge wird
− Vorteil: größere Mengen, homogeneres Gefüge
− Vorprodukt: Knüppel, Brammen

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 23


Prozess von Herstellung des
Roheisen bis zum Stahl-Halbzeug
(Knüppel, Brammen)
(Bild: Preussag Stahl AG)

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 24


Stahlerzeugung
Vergießen des Stahls

Stranggußanlage
(Bild: Preussag Stahl AG)
Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 25
Roheisen- und Stahlerzeugung
Stahlerzeugung

Stranggußanlage
(Bild: Preussag Stahl AG)
Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 26
Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 27
Beeinflussung der Stahleigenschaften
Wirkung der Stahlbegleiter

Stahlbegleiter
 gelangen über Erz, Zuschläge (Kalk), Brennstoffe (Koks) etc. in den Stahl
 Silizium, Mangan, Aluminium (in kleinen Anteilen erwünscht)
 Phosphor, Schwefel, Sauerstoff, Stickstoff, Wasserstoff (i.d.R. unerwünscht)

Wirkungen der Stahlbegleiter


 Silizium: harte + spröde Silikate; mindern Kaltverformbarkeit, Schmiedbarkeit
und Schweißbarkeit
 Mangan: Bindung von Schwefel und Sauerstoff beim Vergießen; steigert
Festigkeit und Schweißbarkeit von Baustahl
 Phosphor: vermindert Zähigkeit und Kaltverformbarkeit bei Baustählen;
begrenzt auf 0,08%, bei Qualitäts- und Edelstählen begrenzt auf 0,045%

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 28


Beeinflussung der Stahleigenschaften
Wirkung der Stahlbegleiter

 Schwefel: bildet mit Eisen Fe(II)-Sulfid  FeS-Ablagerungen an Korngrenzen;


Schwächung der Korngrenzen verursacht Rot- und Warmbrüchigkeit
(Schweißen, Warmverformung); bei Baustählen auf ≤ 0,05% beschränkt;
Mangan bindet S zu MnS (Mangansulfid)
 Sauerstoff: gelangt über Frischen in die Schmelze  FeO; führt zu
Rotbrüchigkeit (Gegenmaßnahme: Desoxidationsmittel)
 Stickstoff: erhöht die Festigkeit, reduziert Verformungsvermögen und
Kerbschlagzähigkeit; Stahl versprödet durch Alterung;
Bildung von Fe-Nitriden bei Erwärmung + Abschreckung
 Abschreckalterung;
bei Kaltverformung durch Stickstoffdiffusion  Reckalterung
 Wasserstoff: Versprödung (ohne Festigkeitserhöhung); Einlagerung an
Gitterfehlern, Ausübung eines hohen Druckes, hohe räumliche Spannung
 Schädigung durch verzögerte Rissbildung (Wasserstoffversprödung bei
Spannstählen), Wasserstoff entfernbar durch längeres Erwärmen bei 200°C
Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 29
Beeinflussung der Stahleigenschaften
Wirkung der Stahlbegleiter

Sonstige nichtmetallische Einschlüsse:


 Oxide, Sulfide, Karbide, Silikate und Gase verbleiben in der Schmelze
 Desoxidation  CO-Gase werden weitgehend entfernt; feinverteilte kleine
Gasblasen bleiben eingeschlossen, werden bei Warmumformung
verschweißt
 Nichtmetallische Einschlüsse bzw. Verunreinigungen stellen
Inhomogenitäten und Gefügestörungen dar, die bei Belastung zu
Spannungskonzentrationen führen
 Minderung der Festigkeit, Versprödung

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 30


Beeinflussung der Stahleigenschaften
Wirkung der Stahlbegleiter

C Si Mn P S O N H
Festigkeit + + + + − ο + ο
Verformbarkeit − − − − − − ο −
Kerbschlagzähigkeit − − + − − ο − −
Kaltverformbarkeit − − − − − ο − −
Warmverformbarkeit − − + − − ο ο ο
Schweißbarkeit − − + − − − − ο

+ erhöhend, verbessernd
− verschlechternd, erniedrigend
ο ohne wesentlichen Einfluss

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 31


Beeinflussung der Stahleigenschaften
Wärmebehandlung

 Ziel der Wärmebehandlung: Änderung oder Erzielung bestimmter Eigenschaften


 Wärmebehandlung erfolgt im festen Zustand des Bauteils oder Vorprodukts; ist
verbunden mit Diffusionsvorgängen und Strukturumwandlungen
 Verfahren:
− Glühen
− Härten
− Vergüten
 Unterscheidung nach:
− Höhe der Erwärmungs-
temperatur
− Dauer der Haltezeit
− Abkühlgeschwindigkeit
− weitere Behandlung Temperaturführung der Wärmebehandlung
(Bild: F.S. Rostásy)

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 32


Beeinflussung der Stahleigenschaften
Wärmebehandlung

Glühen
 Diffusionsglühen
− Ausgleich von Konzentrationsunterschieden der Legierungselemente
(Homogenisieren)
− 50 h bei 1.100 bis 1.300°C
 Grobkornglühen
− im Austenitgebiet  grobes, leicht zerspanbares Gefüge
 Normalglühen
− Erzielung eines gleichmäßigen, feinkörnigen Gefüges mit optimalen
Verformungs- und Festigkeitseigenschaften
− Beseitigung von durch Gießen, Walzen, Schmieden entstandenen Texturen
− Unterperlitische Baustähle (C < 0,8%) erhalten ein feineres, ferritisch-
perlitisches Gefüge

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 33


Beeinflussung der Stahleigenschaften
Wärmebehandlung

Diffusionsglühen
(50 h, 1.100 – 1.300°C)
Grobkornglühen
Normalglühen
Spannungsarmglühen

Anlassen

Ausschnitt aus dem Eisen-Kohlenstoff-


Diagramm (EKD) und ungefähre Lage der
Haltetemperaturen von
Wärmebehandlungen von Stahl
(Bild: F.S. Rostásy)

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 34


Beeinflussung der Stahleigenschaften
Wärmebehandlung

 Spannungsarmglühen
− Beseitigung von Eigenspannungen (in Vorprodukten, Schweißnähten,
fertigen Bauteilen), insbesondere bei dynamisch beanspruchten
Bauteilen erforderlich (ohne, dass die Festigkeit vermindert wird)
 Eigenspannungen entstehen durch:
− Behinderte Schrumpfungen von Randzonen beim Abkühlen
(z.B. beim Härten)
− Behinderung von Volumenänderungen bei temperaturbedingten
Umwandlungen (γ-  α-Umwandlung, 911°C)
− Kaltverformung von Werkstücken mit Plastifizierung von Randfasern
− Behinderung der Schrumpfung der erstarrenden Schweißnaht durch
die Fügeteile

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 35


Beeinflussung der Stahleigenschaften
Wärmebehandlung

Schweißeigenspannungen und Verzug


(Bild: F.S. Rostásy)

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 36


Beeinflussung der Stahleigenschaften
Wärmebehandlung

 Rekristallisationsglühen
− durch Kaltverformung nimmt Festigkeit zu, die Zähigkeit nimmt jedoch ab
− Zur Anhebung der Verformbarkeit Rekristallisationsglühen zwischen
500 und 700°C
− Kaltverstreckte Körner werden wieder gleichachsig

Warmumformen

Kaltumformen
Einfluss des Warm- und
Kaltformgebungsverfahrens
auf das Gefüge
(Bild: F.S. Rostásy)

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 37


Beeinflussung der Stahleigenschaften
Wärmebehandlung

Härten
 Erwärmung über GSK-Linie des
EKD, Abschrecken und Anlassen
auf niedrige Temperaturen
 Ziel: Steigerung von Härte,
Festigkeit und Verschleiß-
widerstand mit angepasster
Zähigkeit
 Anwendung: Lagerplatten,
Rollen von Brückenlagern etc.

Ausschnitt aus dem EKD und ungefähre Lage der


Haltetemperaturen von Wärmebehandlungen von Stahl
(Bild: F.S. Rostásy)

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 38


Beeinflussung der Stahleigenschaften
Wärmebehandlung

Abschreckhärten
 Bei langsamer Abkühlung von unterperlitischem Stahl (C < 0,8%) entsteht
ferritisch-perlitisches Gefüge
 Beim Abschrecken bildet sich nadeliges Martensitgefüge
(γ-Gitter des Austenits  engeres α-Gitter des Martensits ohne Platzwechsel
der C-Atome)
 Härteanstieg durch die Gitterverzerrung, wenn C-Gehalt > 0,2%

Entstehung des kfz-Martensitgitters


(Bild: F.S. Rostásy)

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 39


Beeinflussung der Stahleigenschaften
Wärmebehandlung

 Abschrecken: an der Luft, in Wasser, Öl, Blei je nach erforderlicher


Abkühlgeschwindigkeit (muss größer sein als Austenit-Zerfallsgeschwindigkeit);
Abschreckgeschwindigkeit muss mit abnehmenden C-Gehalt steigen; am
höchsten in Wasser, am kleinsten in Blei
 Abschrecken führt zu Härteverzug und Eigenspannungen
 Anlassen an Luft in Metall oder Salzbädern
 Anlaßtemperatur: 150 bis 600°C (abhängig von gewünschter Zähigkeit)

Brinellhärte in Abhängigkeit von Kohlenstoffgehalt


vor und nach dem Abschrecken
(Bild: F.S. Rostásy)

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 40


Beeinflussung der Stahleigenschaften
Wärmebehandlung

Einfluss der Anlasstemperatur auf die Festigkeit und Bruchdehnung


(Bild: F.S. Rostásy)

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 41


Beeinflussung der Stahleigenschaften
Wärmebehandlung

Vergüten
 Ziel: angehobene Festigkeit und hohe Zähigkeit
 Verfahren: nach dem Glühen gesteuertes Abkühlen und anschließendes
Anlassen bei 350 bis 550°C
 Bei unterperlitischen Stahl entsteht ein sehr feinkörniges Vergütungsgefüge
hoher Zähigkeit (Vergütungsstähle nach DIN EN 10083)

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 42


Beeinflussung der Stahleigenschaften
Wirkung von Legierungselementen

 Unlegierte Stähle:
− Fe-C-Legierungen mit normal geringen Gehalten von Stahlbegleitern
Mn, Si, Al u.a., die die Stahleigenschaften nicht nennenswert beeinflussen
 Legierte Stähle für hohe Beanspruchungen und besondere Einsatzgebiete
(tiefe und hohe Temperaturen, korrosive Medien etc.)
− Zugabe von Legierungselementen
− Bildung neuer Kristallarten
 In der Praxis unterscheidet man:
− niedriglegierte Stähle (Summe der Legierungselemente < 5%)
− hochlegierte Stähle ( Summe der Legierungselemente > 5%)
 Kohlenstoff: wichtigstes Legierungselement; bis 0,8% Kohlenstoffgehalt
erhebliche Unterschiede in den Werkstoffeigenschaften  Zunahme der
Stahlfestigkeit, Abnahme von Schweißbarkeit, Zähigkeit etc.
Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 43
Beeinflussung der Stahleigenschaften
Wirkung von Legierungselementen

Eigenschaft C Si Mn Cr Al Ti Mo Ni V W Nb
Festigkeit + + + + + + + + + +
Streckgrenze + + + + + + + + + +
Härte + + + + + + + + + +
Verformungsvermögen − − − − − − − + − − −
Kerbschlagzähigkeit − − + − − +
Kaltverformbarkeit − − − − − − − − −
Warmverformbarkeit − − + −
Schweißbarkeit − − + − + +
Kaltverfestigung + + + + + +
Härtbarkeit, Vergütbarkeit + + + + + + + +
Korrosionsbeständigkeit + + + + + + + + +
Verschleißfestigkeit + + + + + +
Warmfestigkeit + + + + +
Kaltzähigkeit + − − + − − −
Cr – Chrom Ni – Nickel + positiver Einfluß
Ti – Titan V – Vanadium - negativer Einfluß
Mo – Molybdän W – Wolfram ohne Zeichen: kein oder unbek. Einfluss
Al – Aluminium Nb – Niob

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 44


Formgebung von Stahl durch Umformen
Warmverformung

Grundlagen der Warmverformung


 Formgebung des Stahl wird als dann Warmverformung bezeichnet, wenn
sie oberhalb der Rekristallisationstemperatur geschieht, d.h. oberhalb
derjenigen Temperatur, oberhalb derer die gewünschte Ausbildung neuer
Kristalle noch möglich ist.
 Durch mechanisch bewirkte plastische Verformung des Stahls bei hohen
Temperaturen  Korngrenzen verschieben sich  neues Kristallgefüge
nach der Verformung bzw. anschließender Abkühlung
 Warmverformung mit anschließender
Kristallbildung führt zu regelmäßigem
Gefüge  Rekristallisation
 Naturharter Stahl
Einfluss des Warmformgebungsverfahrens
auf das Gefüge
(Bild: F.S. Rostásy)

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 45


Formgebung von Stahl durch Umformen
Warmverformung

Verfahren der Warmverformung:


 Warmwalzen
− im hellrotglühenden Zustand bei Temperaturen von 1.050 bis 1.150°C werden
Blöcke oder Vorprofile durch zwei gegenüberliegende Walzen gezogen
− Formstahl, Breitflanschträger, Betonstahl, Walzdraht, Schienen,
Spundwandprofile; Flachstahl, Radreifen, Vollräder
 Schmieden und Pressen
− Nicht walzbare Werkstücke werden zur Formgebung geschmiedet oder
gepresst; erfolgt bei 900 – 1.200 °
− Freiformschmieden durch Wenden und Drehen auf Amboss mit
Schlaghammer oder hydraulische Pressen (Pressen des Werkstückes in
Formen)
 Strangpressen
− Pressen durch eine Matrize für komplizierte Profile und Hohlprofile
Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 46
Formgebung von Stahl durch Umformen
Warmverformung

Halbzeug Fertig-Erzeugnis

Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 47


Formgebung von Stahl durch Umformen
Kaltverformung

 Kaltformgebung: Verformung unterhalb Rekristallisationstemperatur,


meist bei Raumtemperatur
 Festigkeit steigt mit Verformungsgrad  Kaltverfestigung
 Einbußen von Verformungsvermögen (ggf. Rekristallisationsglühen zur
Anhebung des Verformungsvermögens)
 Durch Kaltverformung entsteht Verstreckung der Körper
(Verformungstextur), Folge: Anisotropie

Einfluss Kaltformgebungsverfahrens auf das Gefüge


(Bild: F.S. Rostásy)
Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 48
Formgebung von Stahl durch Umformen
Kaltverformung

 Verfahren
− Ziehen (z.B. von Spanndrähten)
− Tiefziehen (Bleche)
− Kaltverdrillen (z.B. BSt 420/500 RK)
− Kaltbiegen (Stahlstäbe, Spannstäbe, Bewehrung)
− Kaltpressen, Stauchen (Köpfchen auf Spanndrähten)

Ziele Kalt- und Warmverformung:


 Warmformgebung  Formen ohne Beeinflussung des Gefüges
 Kaltformgebung  Herstellung hochfester Fertigprodukte geringen
Querschnitts: Spannstähle, tiefgezogene Bleche, blanke, unverzunderte
Oberflächen, maßgenaue Querschnitte
Prof. Dr.-Ing. Iris Marquardt Baustoffkunde II 49

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