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Haritonova I. J. Theoretische Grammatik Der Deutschen Sprache, Syntax

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INHALTSVER ZEICHNIS . _ BINLEITUNG \ Gegenstand der Syntax. Grundbegriffe der syntaktischen For- SCHUM. c+ ee A des 7 Der Satz. Der nominative und der kommunikative Aspekt des Red ee ah we em Sk ose a [\* | DBR SATZ AUF DEM VORKOMMUNIKATIVEN NIVEAU : iyo der Valenz 9 Aligemeines (4. 3-6 4 eset ate toe et & 15 Definition def Valene 9-0. 2 eer et 16 Stufen der Valenzanalyse . - + + 2 7 et tt tt 17 Valenz und Wortarten «0. 0-12.02 .e reese ttt 21 Theorie der Wortfigung Aligemeines . ees ee ne ee we es 25 ‘Arten der syntaktischen Verhaltnisse in einer Wortfiigung 27 Mittel_ zum “Ausdruck der syntaktischen Verhaltnisse in einer Wortfigung ..- +s - ee ee ttt ttt 28 Modellierung der Wortfigungen - - © + + + st tt 29 ~ Umfang der Wortligungen . . . we ee ss et 32 Teilnahme der Wortfigungen am Satzbau 2... ee 33 Erweiterung der Wortfigungen - © - ++ ss sts 34 «Theorie der Satzmodelle . 2 - - + ee tre ttt 35 Syntaktische Paradigmatik . 6. 6s pe re se at _DER.SATZ AUF DEM KOMMUNIKATIVEN NIVEAU Aktualisierung der Satzpradikation Kategorie der Affirmation/Negation . ee ewer ie Kategorie der Temporalitat . 2. + + ee st tte 52 Kategorie der Modalitat . . aka SRR B= > Se Kategorie der Person... oe 2 ee st ttt 58 Text- und Situationsgetundentielt des Satzes Kommunikative Gliederung des Satzs .-. ee ee 64 Satzverflechtung und Sataverflechtungsmittel . . . + + 68 STELLUNG DER SATZELEMENTE Allgemeines io kom oe Fo Sw aS 78 . 4 Strukturell motivierte Stellung der Satzelemente . . - - - - 80 Semantisch motivierte Stellung der Satzelemente . . . . + + 91 Kommunikativ motivierte Stellung der Satzelemente . . . . 94 METHODEN DER SATZANALYSE finslyse mach den Satzgliedern lode der unmittelbars it Transformationsmethode 7 ee . Allgemeines Arten der Transformationen ) ) ) 1° Generierung des zusammengesetzten Satzes | LATENTER AUSDRUCK DER PRADIKATIVITAT aes ral sitenle Pradikation . | orie der Temporalitat einer latenten P: : Kategorie der Affirmation/Negation einer ining - Theorie der Vatenz ape a, Wortfiigung . . . . usdruck der syntaktischen Kategorien ines aktuellen Satzes exe und situate n eines aktuellen Satzes Stellung der Satzelemente nde desi Sattea Ree ee Satzanalyse. . atenter Ausdruck der Pradikativita Zitierte Literatur cae \ EINLEITUNG GEGENSTAND DER SYNTAX. GRUNDBEGRIFFE DER SYNTAKTISCHEN FORSCHUNG Die Entwicklung der modernen Linguistik, die mit den Namen von de Saussure in Westeuropa und Baudou- in de Courtenay in RuSiand verbunden ist, 1a8t zur Er- kenntnis kommen, da& man zwischen Sprache und Rede zu unterscheiden_hat. Das Problem der Wechselwirkung von Sprache und Rede ist eines der kompliziertesten Probleme der Sprachwissenschaft. Kurz skizziert, besteht das_dialek-— tische Wechselverhaltnis zwischen Sprache und Rede in folgendem: ) Unter der Sprache (langue) versteht man das abstrakte ) System von Moglichkeiten-und-Mitteln, welche die poten- tiellen Kenntnisse eines die Sprache beherrschenden Indi- yiduums ausmachen. Diese potentiellen Kenntnisse — und zwar sind es die Kenntnisse-des Wortschatzes und der Re- geln zur Kopplung und Gruppierung von Wértern — bil- den-die sprachliche Kompetenz oder die Sprachkraft (nach W. Humboldt). Die sprachliche Potenz realisiert sich in der Rede (pa- role). Die Sprache wird nur durch die Rede zum Mittel. der menschlichen Kommunikation.Die Rede ist die ge: brauchte Sprache. Die Sprache ist die Méglichkeit; wenn der Mensch spricht oder schreibt, das heift die Sprache gebraucht, um seine Gedanken zu aufern, wird sie zur Rede, zur Wirklichkeit. Auf diese Weise-wird die Dichotomie Sprache (lan- gue) —Rede (parole) durch folgende Oppositionen defi- niert: Sprache — Rede Méglichkeit — Wirklichkeit Potenz — Gebrauch das Soziale — das _ Individuelle Zusammenfassend: die Sprache ist die potentielle Kennt- nis des Menschen, die Rede ist seine Tatigkeit und das Re- sultat dieser Tatigkeit. i i | Der Gegenstand der linguistischen Forschung ist also die Sprache als dialektische Einheit von Sprache/Rede, »ats-Einheit des Allgemeinen und Einzelnen in der _Kom- munikation“ (Riese). Die Sprache bildet ein hierarchisches System. Dieses System besteht aus einzelnen Ebenen, die Teilsysteme der Sprache sind. Die unterste Ebene ist die phonologische Ebene, und ihre Einheit ist das Phonem. Die nachsthdhere Ebene ist die morphologische, deren Einheit das Morphem ist. Ihr folgt die lexikalische Ebene mit ihrer Einheit — dem Wort. Die oberste Ebene ist die syntaktische Ebene; ihre Einheit ist der Satz. Schematisch kann man diese Struktur wie folgt darstellen: | Satz —— syntaktische Ebene lexikalische Ebene | Wort | | Morphem | morphologische Ebene | Phonem = |<-—————— Die Einheiten einer unteren Ebene sind die Konstituenten der nachsthdheren Ebene, und umgekehrt, die Einheiten einer oberen Ebene lassen sich in Elemente der unteren Ebene gliedern. Die—sprachlichen Einheiten haben je zwei Seiten: die formale Seite (das Bezeichnende, der Ausdrucksplan) und die inhaltliche oder semantische Seife (das Bezeichnete, der Inhaltsplan). Die Einheit der untersten Ebene — das Phonem — wird nur durch den Ausdrucksplan charak- terisiert. Das Phonem besitzt keinen Inhaltsplan. Die Rede bildet cin lineares System. Wenn die Sprache ein Arsenal von-einzeinen Einheiten ist, so ist die Rede ein Produkt, ein Resultat der menschlichen Tatigkeit, die sich mit Hilfe der sprachlichen Mittel volizieht. In der Re- de erhalten die Wérter eine bestimmte Form und werden zu Wortformen, die miteinander nach bestimmten Regeln verkniipft werden, Auf diese Weise entstehen Wortfiigun- gen und Satze, die ihrerseits miteinander verflochten und aufeinander bezogen werden. Die Rede enthdlt alles, was die Sprache umfaBt. AuBerdem wird die Rede durch sol- phonologische Ebene 8 che Erscheinungen charakterisiert, die der Sprache nicht eigen sind. In erster Linie sind das: 1) die Monosemierung aller polysemantischen Elemen- te der Sprache; . 2) Satz- und Textverflechtung und die dazu dienenden Verflechtungsmittel; 3) Sparsamkeit des Ausdrucks und Ubercharakterisie- rung als dialektische Einheit. Die meisten Elemente des Sprachsystems, mit Ausnah- me der Phoneme, sind polysemantisch, d. h. sie kénnen potentiell verschiedene Bedeutungen ausdriicken bzw. verschiedene Bedeutungsschattierungen haben. In einer aktuellen Aussage wird diese Vieldeutigkeit durch den Kontext oder die Sprechsituation aufgehoben, wenn die Vieldeutigkeit nicht der Absicht der Sprechers dient. So bekommt das vieldeutige Morphem -er je nach dem Kon- text eine, und nur eine bestimmte Bedeutung, d. h. wird monosemiert: Er ist alter als du. Es war ein heller, schéner Tag. Wir sahen eine Reihe grofer Baume. In der Ferne sah man dunkle Walder. Ein vieldeutiges Wort wird durch seine Umgebung ak- tualisiert (W. Schmidt, II). Vgl.: Der Roman besteht aus drei Kapiteln. Ich bestehe auf meinem Recht. Er bestand die Probe gut. Auch eine Wortfiigung und ein Satz kénnen potentiell vieldeutig sein, was in der Rede immer aufgehoben wird. Der Satz im Redestrom ist eine nur relativ selbstandige Einheit, er hdngt von den benachbarten Satzen ab und bildet mit ihnen zusammen einen Text. Die Kontinuierlich- keit des Redestroms wird durch mannigfaltige Satzver- flechtungsmittel erzielt, die nur in der Rede zur Geltung kommen. Die Rede wird zum Unterschied von der Sprache einer- seits durch eine bestimmte Sparsamkeit des Ausdrucks, die sogenannte Sprachékonomie charakterisiert, anderer- seits ist fiir die Rede eine Ubercharakterisierung, die Re- dundanz des Ausdrucks typisch. Die Sparsamkeit aufert sich in der Verwendung von elliptischen Satzen und anderen Arten der Auslassungen und die Redundanz liegt z. B. bei verschiedenen Wiederho- lungen und Doppelungen vor. Diese Merkmale der Rede sind der Sprache nicht eigen, aber sie basieren aul Eigenschaften des sprachlichen Sy- stems. Zwischen den sprachlichen Einheiten existieren zweier- lei Beziehungen: die paradigmatischen und die syntagma- tischen Beziehungen. Die paradigmatischen Beziehungen sind assoziative Beziehungen, die—die Gemeinsamkeit der grammatischen oder/und lexikalischen Bedeutung von sprachlichen Ein- heiten voraussetzen. Die paradigmatischen Beziehungen liegen z, B. in einem morphologischen_Paradigma _vory wo eine Reihe von Formen durch die Gemeinsamkeit des lexi- kalischen Morphems und der grammatischen Bedeutung zusammengestellt und 2usammengehalten wird. So z. B. ist das Kasusparadigma durch die Bedeutung des Kasus, der Zahl und durch den Stamm des Wortes gestaltet und einzelne Formen dieses Paradigmas sind aufeinander be- zogen: der Wald die Walder des Waldes der Walder dem Wald den Waldern den Wald die Walder Das Paradigma des Verbs ist viel komplizierter, weil in einem verbalen Paradigma die grammatischen Bedeu- tungen Zeit, Modus, Genus, Person und Zahl mitwirken. ©. I. Moskalskaja bestimmt das Paradigma so: ,,Unter Paradigma einer Wortart yersteht man die Gesamtheit der Wortformen, die den Wortern der betreffenden Wortart eigen sind“ (Moskalskaja, I, S. 56). Die morphologischen Paradigmen sind exakt und streng systemhaft. Die mor phologischen Paradigmen sind Bezieh- ungen zwischen Wortformen auf Grund der Beziehungen zwischen Morphemen. Nach der Analogie mit morphologischen Paradigmen ist man bestrebt, die paradigmatischen Beziehungen auf anderen Ebenen des Sprachsystems zu ermitteln. So be- zeichnet man-mitunter als paradigmatisch die Beziehun- en zwischen den Einheiten der lexikalischen Ebene — den Wértern. Eine Reihe von Wartern, die sich durch die Gemeinsamkeit der jexikalischen Bedeutung auszeichnen, bilden zwar kein strenges Paradigma im morphologischen Sinn, befinden sich jedoch in paradigmatischen Bezieh- ungen: 10 Lexikalische Beziehungen sehen der Gedanke schauen die Idee - gucken die Vorstellun; blicken der Einfall . spahen die Absicht Wortbildungsbeziehungen sehen der Gedanke voraussehen das Gedachtnis aussehen das Andenken die Aussicht gedankenlos vorsichtig Die paradigmatischen Bezichungen-zwischen den syn- taktischen Binheiten — Satzen und ihren Tei ii r ilen — W - gungen sind Gegenstand-vieler Diskussionen und Site: sree a eee Syntax (s. S. 47). in Gegensatz 2u den paradigmatischen Bezieh bilden die syntagmatischen _ Beziehungen Pafetien den aac Elementen. Diese Beziehungen zeichnen sich a urch aus, da® sie nicht-assoziativ, sondern linear_sind enn zwei (bzw: mehrere) Einheiten miteinander linear vera dp werden, befinden sie sich in syntagmatischen pcer ie, Ree B. jede Wortfiigung durch die n Beziehu! i n Wortern gekennveichnet ingen von zwei (bzw. mehreren) im die paradigmatischen und syntagmatischen Bezi i itagmat ezie- hangs zu veranschaulichen stellen wir sie einander gege- Morpheme: Paradigmatisch Syntagmatisch ich frag-e wir frag-t-en du frag-st ini er frag-t + Wortformen: der Wald des Waldes 7 2 dem Wald die Schénheit des Waldes_ 3 den Wald ‘ ~ Worter: sehen der Mensch | einen Men- schen sehen schauen der Mann einen Mann ds blicken die Frau ‘und eine Frau i sehen iu Dem System der Sprache sind potentiell sowohl die patadigmatischen als auch die syntagmatischen Beziehun- en eigen. In_der Rede liegen nur die syntagmatischen seziehungen vor, weil die Rede linear vollzogen-wird,-ob- woh! die gesamte Struktur der Rede implizit auch die pa- radigmatischen Beziehungen voraussetzt. Einzelne Gebiete der Sprachwissenschaft befassen sich mit einzelnen Ebenen der Sprache: die phonologische Ebe- ne ist der Gegenstand der Phonologie, die morphologi- sche — der Morphologie, die lexikalische Ebene wird von der Lexikologie studiert, und mit der syntaktischen Ebene befaBt sich die Syntax. Diesé-Differenzierung ist jedoch Konventionell, da die Ebenen ineinander greifen und nicht streng unterschieden werden kénnen. Deshalb sind auch einzelne Sektoren der Sprachwissenschaft eng miteinander verbunden_und befinden sich in_einem,Wechselverhaltnis. Die Syntax ist die Lehre von den GesetzmaBigkeiten der Tinearen Redegestaltung. Da die Rede aus Saizen be- steht, ist_¢ 3: ste Begriff. der.Syntax und die Maupisunelt der_syntaktischen Ebene. Der Satz ist eine Einheit mit-vielen Aspekten, so daB aus dem Gesamtproblem des Satzes sich andere Probleme der syntaktischen Forschung ableiten lassen. Der Satz besteht aus einzelnen Wortformen, die sich nach bestimmten Regeln verkniipfen. Daraus ergibt sich der Problemkreis der ‘kombinatorischen-Eigenschatten und Potenzen des Wortes, welcher in den Fragen der syntakti- sehen Beziehiingen, der Valenz, Distribution, Figungspo- tenz usw. seinen Ausdruck findet. : > Die~Probleme der kombinatorischen Eigenschaften des Wortes betreffen die Erzeugung des Satzes-nicht_un- mittelbar, sondern durch die Wortfiigung, die zu den nomi- nativen Einheiten gehért. Die Worter verbinden sich zuerst zu Wortfiigungen, und erst aus letzteren werden SAatze ebildet. Daher ist fiir die syntaktische Tradition folgende egenubérstellung (Opposition) von Bedeutung: der Satz als pradikative, kommunikative Einheit — die Wortfiigung als nicht pradikative, nominative Einheit.(Sprachkunde, 3. 266). Folglich hat die Syntax zwei Hauptgegenstande: Satz und Wortfiigung. 7 Die strenge Konsequenz der syntaktischen Struktur fordert_jedoch, da& der Satz als Hauptgegenstand und die Theorie des Satzes als zentraler Abschnitt der Syntax betrachtet wird. Alle anderen Probleme, die mit dem We- 12 + “sen, mit der Erzeugung und mit den Eigenschaften des Satzes zusammenhangen, sind zwar fiir die Syntax un- entbehrlich, aber der Theorie des Satzes untergeordnet. Daraus resultiert, daS man die Hauptabschnitfe der Syntax wie folgt zusammenfassen kann: I. Theorie des Satzes. 1. Régularitaten der Wortverbindung (Valenz, Distribu- tion, Fiigungspotenz). 2. Theorie der Wortfiigung. 3. Probleme der Satzgestaliung. Il. Methoden der syntaktischen Analyse. IJ. Theorie der Redegestaltung (Textlinguistik). Im folgenden wird der Satz als Hauptgegenstand der Syntax beschrieben und alle anderen Probleme werden im Lichte der Satztheorie behandelt. DER SATZ. DER NOMINATIVE UND DER KOMMUNIKATIVE ASPEKT DES SATZES Eine besondere Stellung im System der sprachlichen Einheiten nimmt die Einheit der oberen Ebene des Sprach- systems — der Satz —ein. Der Satz unterscheidet sich von den Einheiten der anderen Ebenen (Wort, Morphem, Pho- nem) in erster Linie dadurch, daB er nicht_im_Sysiem der Sprache _als_gegcbene Einheit vorhanden ist, sondern jedesmat i ede neu gestalfet wird. Er wird also nicht reproduziert, sondern neu geschaffen. Man kann Pho- neme, Morpheme und Wérter listenmaBig erfassen und als Arsenal der sprachlichen Mittel darstellen. Jede Sprache besitzt auf einer bestimmten Stufe ihrer Entwicklung, syn- chronisch gesehen, eine endliche Zahl der Phoneme und Morpheme. Potentiell kann man das auch von Wortern be- haupten, wenn man sich ein sehr groBes Wérterbuch vor- stellt, das alle in dem bestimmten Moment in einer Sprache vorhandenen Worter umfaBt. Dagegen ist die Zah] aller méglichen Satze einer Sprache immer unendlich, und“man ‘kann sich keine Liste vorstellen, die wenigstens annahernd eine endliche Zahl der Satze enthalten wiirde. Die Satze werden immer neu geschaffen und gestaltet. Diese Tatsa- e Bt viele Wissenschaftler den Satz nicht als eine Einheit der Sprache, eine Einh Rede zu bezeichnen. Dadurchaber_wird die streng truktur des n- sprachlichen Systems verletzt. Wenn der Satz keine Ei 13 heit der Sprache ist, so ist er keine Einheit der syntakti- schen Ebene. Und was ist denn die Einheit der syntakti- schen Ebene, wenn nicht der Satz? Oder gibt es iiberhaupt keine syntaktische Ebene? Was ist dann die obere Ebene des Sprachsystems? Um diesen Widerspruch zwischen dem Wesen des Satzes und der theoretischen Unterscheidung zwischen Sprache und Rede zu beseitigen, werden dem Begriff des Satzes zwei Interpretationen zugeschrieben: 1) der Satz auf dem vorkommunikativen Niveau '; 2) der Satz auf dem kommunikativen Niveau. Obwohl die Zahl aller méglichen Satze unendlich ist, werden sie nicht von jedem Sprecher (bzw. Schreiber) willkiirlich geschaffen. Es gibt konstante Merkmale, die jedem Satz anhaften, bestimmte feste Regeln des Satzbaus, Ausgangsformen der Satzgestaltung, die eine Struktur als einen Satz pragen. Eine solche Form ist das Satz-Muster, der Satz-Etalon, der noch keine Merkmale des kommunikati- ven Funktionierens in der Rede hat. Diese Ausgangsform des Satzes nennt man das Satzmodell. Ein Satzmodell ohne seine kommunikative Gestaltung werden wir als Einheit der Sprache, als Einheit der syntaktischen Ebene der Sprachstruktur betrachten. Im Redestrom funktioniert jeder Satz als eine kommu- nikative Einheit. Das wird dadurch zustande gebracht, daB das Satzmodell aktualisiert wird. Das Modell bekommt seine zusatzlishen kommunikativen Merkmale, die es aus einer Einheit der Sprache in eine Einheit des linearen Sys- tems der Rede verwandeln. “DER SATZ AUF DEM VORKOMMUNIKATIVEN ‘ NIVEAU Die Theorie des Satzes auf dem vorkommunikativen Niveau umfaBt, neben dem Problem der Satzmodelle, auch caige untergeordnete Probleme. Die wichtigsten von ihnen sind: 1) das Problem der Valenz und Fiigungspotenz des Wortes; 2) das Problem der Wortfiigung. Wenden wir uns zunachst einer kurzen Betrachtung dieser Probleme zu. ! Der Ausdruck ,,Niveau" bedeutet eine bestimmte Stufe der Satz- generierung, im Unterschied zum Ausdruck ,,Ebene“, d. h. eine be- stimmte Stufe der Sprachstruktur, “4 od THEORIE DER VALENZ ALLGEMEINES im Redestrom alle Worter sich zu Wortfiigungen, Sat- ae, SB tegemelnschatien vereinigen, sind die Gesetzma- Bigkeiten ihrer Kombinierbarkeit eine der wichtigsten Fra- ntax. feta f orn der Untersuchung dieser Gesetzmafigkeiten sind zwei Erscheinungen auseinanderzuhalten: 1. die Fiigungs- und 2. die Valenz. ee et potema de Wortart (bzw. Wortform) besitzt die Fahigkeit, unabhangig von ihrer lexikalischen Bedeutung, mit ande- ren Wortarten (Wortformen)—in Verbindung zu treten, eniweder als fibergeordnetes oder auch als untergeordne- tes Glied der Wortfaigung. Z. B., das Substantiv im Nomi- nativ der Tisch kann sich verbinden: 1) mit einem finiten Verb (der Tisch steht), . 2) mit einem kopulativen Verb (der Tisch ist rund), 3) mit dem Genitiv eines Substantivs (der Tisch mei- nes Vaters), sae 4) mit Sunny Wusenstiih im Genitiv (Karls Tisch), 5) mit einem Adjektiv (der runde Tisch), 6) mit einer Prapositionalgruppe (der Tisch zum Schreiben), rs 7) mit einem Adverb (der Tisch dort). | So kénnte man fiir jede Wortart im allgemeinen und jede Wortform im besonderen eine Liste ihrer Fiigungs- moglichkeiten aufstellen, so wie es W. Admoni fiir das Substantiv im Akkusativ, als untergeordnetes Glied, macht (Admoni, 1, S. 64—85). Unter diesen Fiigunsméglichkeiten gibt es solche, die fiir den Aufbau eines Satzes notwendig sind, und solche, die fir den Aufbau eines Satzes nicht notwendig sind. In dem Satz Der grope Schreibtisch mei- nes Vaters steht am Fenster kénnen die Bestimmungen grofe, meines Vaters weggelassen werden, ohne daB der Satz dabei ungrammatisch wird. i a Diese Gesamtheit aller Figungsméglichkeiten, die einer Wortart bzw. einer Wortform innewohnen, werden wir im folgenden Fiigungspotenz nennen. | ; 2 Von der Fugungspotenz unterscheiden wir die Va- lenz (die Wertigkeit) eines Wortes. Der Begriff Valenz ist dem Gebiet der Chemie entnommen und ist leicht zu verstehen, wenn-man an die Valenz eines Atoms denkt. 5 (unter der Valenz versteht mian in dér Linguistik die Eigenschaft eines Wortes, als tibergeordnetes, dominieren- des Glied einer Wortfiigung notwendige Bestimmungen _au fordern, die durch die lexikalische Bedeutung dieses. Wortes bedingt sind, Ohne diese notwendigen Bestimmun- gen hat das Wort keine satzbildende Kraft. Fassen wir zusammen Kennzeichen de’ und die der Valenz. iigungspotenz. Kennzeichen der Fiigungspotenz 1) Unabhangigkeit der Fiigungspotenz von der lexika- lischen Bedeutung des Wortes; 2) Fahigkeit des Wortes, dominierendes oder abhangi- ges Glied einer Wortfiigung zu sein; 3) Gesamtheit aller notwendigen und nicht notwendi- gen Bestimmungen. ’ Kennzeichen der Valenz (1) Bedingtheit der Valenz durch lexikalische Bedeutung des Wortes; 2) Eigenschaft des Wortes, nur dominierendes Glied einer Wortfiigung zu sein; 3) Eigenschaft des Wortes, nur notwendige Bestim- mungen zu fordern.J Also ist der Begriff Fiigungspotenz weiter als der Be-: griff Valenz, Die Fiigungspotenz ist jedem Wort eigen, fie Valenz — nur denjenigen-Wortern, die-sich-durch—ihre lexikalische Bedeutung andere Wérter unterordnen. J DEFINITION DER’ VALENZ Auf die Eigenschaft bestimmter Worter, notwendige Er- ganzungen zu fordern, haben viele Wissenschaftler hinge- wiesen und diese Eigenschaft verschieden terminologisch fixiert. QO. Behaghel unterscheidet vollstandige Begriffe (Him- mel, Erde, rund, schlafen, sterben, liigen) und unvollstan- dige Begriffe, die noch einer Ergénzung bediirfen (Teil, Empfanger, ahnlich, nehmen, suchen, beliigen) (Behaghel). Man unterscheidet atch autosemantische und synse- ° mantische Wérter, Autosemantische sind _,,vollstandige Begriffe', synsemantische — ,,unvollstandige Begriffe, 16 ae os -- Nach’ W. W: Winogradow kénnen Worter eine relative oder eine absolute Bedeutung haben. . Der Ausdruck ,,Valenz ist’ mit dem Namen des franzé- sischen Linguisteri L. Tesniere verbunden. J. Erben spricht auch von der Valenz (Wertigkeit) des Verbs, welches notwendige Erganzungen fordert und das ganze Satzschema bestimmt (Erben). H. Brinkmann unterteilt die Wérter in geschlossene und offene Begtiffe und nennt ,,die Fahigkeit des Verbums, weitere Stellen im Satz zu fordern“ auch ,,Valenz des Verbs“ (Brinkmann). i Einen grofen Beitrag zur Theorie der Valenz haben ‘die sowjetischen Linguisten und die linguisten der DDR geleistet (Helbig, I, II, 1V, Beitrage). Der Begriff Valenz wird zunachst am verbalen Stoff ausgearbeitet. Es wird vorausgesetzt, da® das finite Verb das strukturelle Zentrum des Satzes bildet und die Zahl der Satzglieder bestimmt. Die Theorie basiert auf der Er- kenntnis, daB® das finite Verb in jeder Wortfiigung, auch in der Fiigung: Verbum finitum + Substantiv im Nomi- nativ (der Vater arbeitet) dominierend ist. Die vom Verb geforderten, notwendigen Satzglieder, die das sogenannte strukturelle Minimum des Satzes bil- den, werden die Mitspieler des Verbs genannt. Zu den Mit- spielern gehéren nicht nur notwendige Objekte, sondern es werden auch Subjekt, notwendige Adverbialbestimmun- gen und Pradikative mitgezahlt. STUFEN DER VALENZANALYSE Die Valenz eines Verbs wird in drei Stufen untersucht. Auf der 1. Stufe (Wertigkeitsstufe) wird die quantita- tive Analyse vorgenommen. Es wird festgestellt, wieviel Mitspieler-vom_Verb_gefordert-werden, das _heift; wieviel \Leerstellen das Verb in einem minimalen Satzmodell eréffinet. ehmen wir das Verb besichtigen. Um einen Satz zu bilden, braucht das Verb minimum zwei Mitspieler: Wir besichtigen die Ausstellung. Wenn wir die Erganzung die Ausstellung weglassen, so ist der Satz ungrammatisch: * Wir besichtigen '. ' Hier und weiter bedeutet das Zeichen (*), daS der Satz gramma- tisch falsch ist (ungrammatisch). (218 O78 7 Yeass6uecioa 064, Gawiwed GaidsuoTeKa; Ohne den zweiten Mitspieler hat das Verb keine satz- bildende Kraft. Zeichnen wir den Stellenplan des Satzes: ..besichtigen... Das Verb besichtigen erdffnet zwei Leerstellen, dieses Verb ist zweiwertig. Man beschreibt seine Wertigkeit auf solche Weise: besichtigen 2. Es gibt nullwertige, einwertige, zweiwertige, dreiwer- tige Verben. Als nullwertige-gelten unpersonliche Verben: Es schneit. Es regnet. Es donnert. Hier ist die erste Stelle nur formal ausgefiillt. Nach W. Schmidt aber sind solche Verben einwertig (einstellig), weil das unpersdnliche es eine Stelle vertritt (Schmidt, I, S. 198). Vv Ejinwertig sind die Verben, die mit einem Mitspieler einen grammatisch richtigen Satz bilden: schlafeny, arbei- ten), bliihen,, lachen, u. a. Das Kind schlaft. Der Vater arbeitet. Die Blumen bliihen. \V Zweiwertig sind die Verben besuchen, betrachten2, ge- falleny, beobachtens, vertrauens u. a. Vgl.: Er besucht seinen Freund. Der Film gefallt mir. Y Dreiwertige Verben legens, beibringens, verdan- kens u. a. erdiinen drei Leerstellen: Er legt das Buch auf den Tisch. Der Kranke verdankt dem Arzt seine Genesung. _Der Lehrer bringt den Schiilern das Rechnen bei. Auf der quantitativen Stufe wird zwischen der obliga- torischen und der fakultativen Valenz unterschieden. Es gibt Verben, die in einem Kontext nur eine, Leerstelle eréffnen,-in einem anderen — zwei Leerstetten fin der tra- ditionellen Grammatik werden solche Verben halbtransiti- ve Verben genannt. Das sind die Verben lesen, schreiben, essen, trinken, singen, tanzen, studieren u. a. Das Satzmi- nimum (die minimale Zah! der notwendigen Satzglieder) kann bei solchen Verben verschieden sein: Er liest. Oder: Er liest ein Buch. Er singt. Oder: Er singt ein Lied. Er studiert. Oder: Er studiert Medizin. Der zweite Mitspieler ist nicht immer-angegeben (wenn er im entsprechenden Kontext unwichtig ist), aber stets mitgedacht. Diese fakultative Valenz wird auf folgende Weise bezeichnet: essen), lesen, Singensa). 18 Die obligatorische Valenz (in jedem Kontext zu realisfe- rende) steht ohne Klammer, die fakultative —in Klam- mern. Die fakultative Valenz ist mit freier Fiigungspotenz nicht zu verwechseln.. Die Fiigungspotenz gestattet dem Verb, unzahlige, fiir den Satzbau nicht notwendige Satz- glieder anzuschlieBen: Jetzt liest er im Lesesaal mit groBem Interesse ein spannendes Buch. (Das Satzminimum ist durch Kursiv- schrift hervorgehoben). 7 Die I}. Stufe der Analyse ist die qualitative Untersu- chung der verbalen Valenz. Auf dieser Stufe wird. die, grammatische (die Distribution)! ‘des Verbs er- mittelt. Das heift, es wird festgestellt, welche Mitspieler die. vom Verb geforderten Leerstellen.ausfiillen. Nehmen wir wieder das Verb besichtigen: Wir besichtigen die Ausstellung. Aus dem Satz ist ersichtlich, da& zwei vom Verb eréffnete Leerstellen durch folgende Mitspieler besetzt werden: 1) durch Substantiv im Nominativ (oder durch alle Wor- ter, die ein Substantiv im Nominativ ersetzen — Prono- men, Substantivierungen usw.); 2) durch Substantiv im Akkusativ. Bei der Analyse auf Stufe II werden folgende Symbole verwendet: - Sn — Substantiv im Nominativ (auch alle Wérter, die das Substantiv im Nominativ ersetzen) Sa — Substantiv im Akkusativ Sd — Substantiv im Dativ Sg — Substantiv im Genitiv pS — Praposition und Substantiv Adj — Adjektiv Adv — Adverb I — Infinitiv ohne zu Inf — Infinitiv mit zu NS — Nebensatz Nehmen wir das Verb sich befinden. Auf Stufe I ist das Verb sich befinden, zweiwertig. Auf Stufe II werden die Leerstellen wie folgt ausge- fiillt: sich befindeng—— Sn, Adv/pS (die zweite Leerstelle kann entweder durch ein Adverb oder durch ein Substan- tiv mit Prdposition besetzt werden), z. B.: Er befindet sich hier. Oder: Er befindet sich im Zim- mer. : Wenn man einwertige’ Verben qualitativ festlegt, so ist ihr Mitspieler meistens ein Sn: Das Kind schlaft. Die Son- ne scheint. Nicht ausgeschlossen sind andere Mitspieler: (1) Mich friert. (Sa) (2) Mir graut. (Sd) Die 111. Stufe ist die Stufe der semantischen Analyse, die iiber die lexikalische Umgebung des Verbs Aufschliis- se zu geben hat. Das heiBt, es wird ermittelt, durch wel- che lexikalische Gruppen die vom Verb erofineten Lbeer- stellen beset erden. Die Regeln der lexikalischen Waht heiBen\Sele! regelp ie jkaJischen Beschrankungen heifen USetektionsbestitankul €.Die Ubereinstimmung der lexikalischen Bedeutung des Verbs mit der lexikali- schen Bedeutung seiner Mitspieler wird auch semantische Kongruenz genanntz Betrachten wir das Verb essen: Stufe I: esseniy ‘ Stufe II: essenya) — Sn, (Sa) Fir Sn besteht folgende Selektionsregel: es darf nur ein Substantiv sein, das entweder einen Menschen oder cin menschliches Kollektiv bezeichnet. Alle anderen seman- tischen Gruppen der Substantive sind hier ausgeschlossen: Vgl: Der Mann ift. : Gegenstande: * Der Tisch iBt. Abstrakta: * Die Freude i8t. Tiere: * Der Hund ift. Der zweite, fakultative Mitspieler — Sa —kann nur durch Substantive ausgedriickt werden, die etwas Efibares bezeichnen. Alle anderen sind ausgeschlossen: Vgi.: Ich esse Brot. Gegenstande: * Ich esse einen Tisch. Abstrakta: * Ich esse einen Gedanken. Also, Stufe III: essen) — Sn, (Sa) 2 — ein Mensch (ein menschliches Kollektiv) a — Nahrungsmitiel— Es gibt Verben, die ohne Selektionsbeschrankungen einen Satz bilden kénnen. Nehmen wir das Verb gefallen: Stufe I: gefallens Stufe II: gefallens — Sn, Sd Stufe III: Sn — ohne Selektionsbeschrankungen Sd — Lebewesen Vgl.: Das Buch gefallt mir (Gegenstande). Dieser Mensch gefallt mir (Lebewesen). Dein Gedanke gefallt mir (Abstrakta). 20 Diese Studentengruppe gefallt mir (Kollektiv). “Folglich wird jedes Verb auf drei Stufen nach seiner quantitativen Valenz (Wertigkeit), nach seiner grammati- schen Umgebung (Distribution) und nach seiner lexikali- schen Umgebung (Selektionsbeschrankungen) bestimmt3 Wie schon erwahnt, resultiert die Valenz des Verbs aus seiner Bedeutung3Es ist aber aligemein bekannt, da8 die meisten Verben vieldeutig sind. Daraus folgt, daB Wie Va- lenz eines Vérbs nur unter Beriicksichtigung seiner even- tuellen Vieldeutigkeit ermittelt werden kann.) So ist das Verb bestehen vieldeutig: a) bestehen (vorhanden sein, existieren) Stufe I: besteheng Stufe II: bestehens —- Sn, Adv/pS Stufe HI; Sn — Abstrakta, Kollektiv Adv/pS — Warter mit lokaler oder tempo- raler Bedeutung Die Widerstandsgruppe bestand dort. Die Widerstandsgruppe bestand seit 2 Jahren. b) bestehen (sich bewdhren, mit Erfolg absolvieren} Stufe I: bestehens Stufe I]: besteherz — Sn, Sa Stufe III; Sn — Lebewesen : Sa — Abstrakta Der Student hat die Priifung bestanden. c) bestehen (auf etw. beharren) Stufe I: besteheng Stufe II; besteheng — Sn, pS Stufe III: Sn — Menschen pS: p—auf, Sd—Abstrakta Er besteht auf seiner Behaupting: + Das Verb bestehen hat auch andere Bedeutungen. Aber schon aus angefithrten Beispielen ist ersichtlich, da8-die Valenz des Verbs je nach seiner Bedeutung verschie- den’ ist. VALENZ UND WORTARTEN ‘Der Begriff Valenz wird von einigen Linguisten als Besonderheit des Verbs betrachtet, von den meisten aber wird anerkannt, daB Ydie Valenz auch anderen Wortarten zukommt.\Das besagt, daB fauch andere Wortarten (Sub- stantive, ~Adjektive, ‘Adverbien) untergeordnete Bestim- mungen zu sich nehmen kénnen, die fiir das syntaktische 2) Minimum des Satzes ui i ind In die: m., Zu- sammenhang ist zwischen den sogenannten tf len Potenzen und den ¢ len Potenzen zu unterscheiden (Abramow, I, 11). Wenn dem Verb, das als Zentrum des Satzes angesehen wird, nur die zentrifugale Potenz eigen ist, d. h. die Verknitpibarkeit mit untergeordneten Wér- tern, so wird fiir andere Wortarten die zentripetale Po- tenz nachgewiesen, das Streben zum tibergeordneten Wort, zum Satzzentrum. Die zentripetale Potenz ist Eigenschaft einer Wortart, einer Wortform. Die zentrifugale Potenz hangt von der Semantik des Wortes ab. Es entsteht die Frage, ob Substantive und Adjektive auch zentrifugale Potenzen haben, allerdings nicht als Zentrum des Satzes, sondern als Zentrum einer Wort- fiigung. VALENZ DER SUBSTANTIVE Vergleichen wir zwei Satze: (1) Auf dem Tisch liegt ein Buch meines Bruders. (2) Auf dem Tisch liegt ¢ine Menge Blumen. rel dem Versuch, das Satzminimum zu ermitteln, stellt es sich heraus, da die e des Substantivs im Satz (1) sich leicht rea eeteRe (ein Buch meines Bru- ders — ein Buch), wahrend der Satz (2) die gleiche Pro- zedur nicht durchlaufen kann (eine Menge Blumen — eine Menge): (1) Auf dem Tisch liegt ein’ Buch. (2) * Auf dem Tisch liegt eine Menge. Es ist leicht zu erkennen, da® der Satz (1) als abge- schlossen wirkt, weil das Substantiv ein Buch autoseman- tisch ist (einen vollstandigen Begriff ausdriickt), wahrend der Satz (2) nicht abgeschlossen ist, weil das Substan- tiv eine Menge synsemantisch ist (einen »unvolistandigen Begriff* ausdriickt) und folglich eine notwendige Bestim- mung fordert. Es gibt einige Gruppen von Substantiven, denen die Valenz eigen ist. Das sind in erster Linie: 1)Verbale Substantive, die von zwei- bzw. dreiwerti- gen Verben abgeleitet-sind: das Eréfinen (eréffneng), die Verwertung (verwerteng), die Umegestaltung (umgestal- tena), die Zergliederung (zergliederng), die Befreiung (be- freieng) u. a.: Beim Frdffnen des Briefes fand ich ein Photo. 22 ichnungen und _ MaBangaben — eine Meade se Raine gine Anzahl, die Gesamtheit, eine Sammlung, ein Stiick, ein Kilo u. a.: Hier ltegt BA i poiaiee —— i ammiun Z | Es ae olmerides betont werden: das Verb pesimmt die Zahl der Glieder des ersten Grades, d. h. eer die unmittelbar an dem autben ae waa Seale Das Substantiv aber fordert die notwen po oeee cet des zweiten Grades, die nicht unmittelbar an Reren i ndern zum Bestand einer substantivischer Ficute gohiten. Deswegen besetzen die Glieder des zwei- ten Grades keine selbstandige Leerstelle im Satz. VALENZ DER ADJEKTIVE — A aii fie jekti erden in vier Gruppen eingeteilt, je nac int 0 ee obligatorische Valenz, eine fakultative 2 ine Valenz eigen ist. | | valor peg Ns itd vou Adjektiven gebildet, die eine obligatorische untergeordnete Erganzung fordern. Vergleichen wir: (1) Er ist peeund, i *Er ist ahnlich. . ; pe data ist ungrammatisch, weil eine Leerstelle im Satz nicht ausgefiillt ae Si Er ist seinem Vater ahnlich. E a fhiese fetnache ist auf die Bedeutung der beiden pdlekt- ve zuriickzufiihren: das Adjektiv gesund driickt einen =o - standigen“ Begriff aus und braucht keine weitere Er- dnzung, das Adjektiv Ghnlich driickt einen unvollstandi- ran Begriff aus und hilt eine Leerstelle offen. Zu dieser Gruppe gehéren auch Adjektive — wert, bedirftig, Jeng, zugetan, eingenommen, gleich, gewachsen, verwandt, i lirdig, bewuBt u. a. . a ‘ ; ; ee ocailtatine ene der Adjektive mit obligatori- scher Valenz ergibt verschiedene Moglichkeiten: Die Leer- stellen kénnen durch Substantive in verschiedenen Kasus sgefiillt werden, z. B.: “ Er ist des Lobes wiirdig (Sg). Er ist dem Vater ahnlich (Sd). Das Buch ist einen Rubel wert (Sa). Er ist mit ihm befreundet (pS). P= Zur zweiten Gruppe gehdren Adjektive, die eine fakul- tative, untergeordnete Erganzung fordern: schuld, verant- wortlich, bése, froh, traurig, zufrieden, begeistert, miide u, a. Eine Erganzung dieser Adjektive ist zwar immer mitgedacht, aber nicht immer im Satz explizit ver- treten: Ich wollte antworten, da® der Xaver daran schuld sei. {J. Becher) Die dritte Gruppe kennzeichnet sich dadurch, da® die Valenz eines vieldeutigen Adjektivs von_sejner jeweils aktualisierten Bedeutung abhangt. Das Absisaht fer Er- ganzungen des Adjektivs macht zwar den Satz nicht un- grammatisch, kann aber. den Sinn des Satzes-v6llig yerandern: (1y-Der Mann ist 20 Jahre alt. Der Mann ist alt. z (2) Der-Fruf-ist nur ein Meter tief. Der Flu8 ist tief. (3) Der Mann ist 1 M, 80 groB. Der Mann ist gros. Zu dieser Gruppe gehdren z. B. Adjektive, die eine Per- son oder einen Gegenstand von der physischen Seite cha- rakterisieren: alt, groB, breit, hoch, tief, schwer, lang, stark u. a. Diese Adjektive haben strenge Selektionsbeschran- kungen: das untergeordnete Wort driickt eine MaBangabe oder eine Mengebezeichnung aus. Die Bedeutung des Adje- ktivs hangt in jedem einzelnen Fall von dem untergeordne- ten Wort bzw. der untergeordneten Wortgruppe ab: Vgl.: (1) Das Zimmer ist nur 8m? grof. Das Zimmer ist klein. (2) Das Zimmer ist 30 m? gro8. Das Zimmer ist groB. Das Adjektiv kann in einer direkten oder einer tibertrage- nen Bedeutung gebraucht werden: Vel.: (1) Die Frau ist sehr reich. (Sie hat viel Geld, sie ist vermégend). (2) In ihrem Innern war sie reich, sehr reich an Erinnesungen: (A. Seghers) Die vierte Gruppe umfaft-alle-Adjektive, die keine un- tergeordnete Erganzung fordern, und folglich durch keine Valenz zu charakterisieren sind. Sie konnen untergeordne- te Wérier haben, die aber grammatisch nicht notwendig sind: schén (sehr schén), gut, golden, neu u. a. Diese. Adjektive bezeichnen vollstandige Begriffe. 24 } | | | Bei der Betrachtung der Adjektive und der Substantive unter dem Blickwinkel der Valenz ist der Unterschied zwi- schen ihrer Valenz und der Valenz der Verben hervorzu- heben: 1) Die Valenz des Verbs legt die Zahl der Leerstellen im Satz-test, die unmittelbar zum Satzminimum-—gehéren ‘und auf der oberen Stufe der hierarchischen Satzstruktur zu bestimmen sind. Die Valenz des Substantivs bzw. Adjektivs 1aBt iiber Leerstellen urteilen, die nicht unmittel- bar zum Satzminimum gehéren, sondern sich auf der zwet- ten oder dritten Stufe der hierarchischen Satzstruktur befinden. 2) Die Valenz ist jedem Verb eigen, da das Verb als strukturelles Zentrum des Satzes die Zahl und die Art seiner Mitspieler bestimmt. Daher hangt von der indivi- duellen Beschaffenheit des Verbs ab, wieviel und welche Mitspieler es fordert. Dagegen ist die Valenz nicht jedem Substantiv oder Adjektiv eigen, und von der individuellen Beschaffenheit des Substantivs /Adjektivs hangt in erster Linie ab, ob es itberhaupt ein untergeordnetes Wort (oder Wortfiigung) verlangt. Deswegen kann man_behaupten, daB ein beliebiges Verb seinem Wesen als Wortart nach eine relative Bedeutung hat, einen ,,unvollstandigen Be- griff* ausdriickt, wahrend Substantive/Adjektive je nach ihren individuellen lexikalischen Eigenschaften relativ oder absolut sein kénnen, einen ,,vollstandigen“ oder einen ,unvollstandigen“ Begriff ausdriicken konnen (Vgl. die Einteilung der Adjektive in vier Gruppen). THEORIE DER WORTFUGUNG ALLGEMEINES Die Fiigungspotenz erméglicht es den Wortern, ver- schiedene Wortverbindungen zu bilden. Die Wortverbin- dungen sind zahlreich und mannigfach: 1) die Verbindung einer Praposition mit einem Be- griffswort (aus dem Haus, fiir den Sohn, von Pusch- kin, fair immer); 2) die Verbindung eines (wird gemacht); 3) die Verbindungen der Worter, die als Wortreihen beigeordnet sind (Studenten und Aspiranten) u. a. Hilfsverbs mit einem Vollverb 25 Der Gegenstand unserer Betrachtung sind freie Wort- fiigungen (Wortgefiige, Wortgruppen), die zum Unter- schied von den oben genannten Wortverbindungen durch folgende Merkmale gekennzeichnet werden: . . 1) sie bestehen aus mindestens zwei Begriffswértern (Substantiv, Verb, Adjektiv, Adverb, Pronomen, Zahiwort), z. B.: ein Buch lesen, ein neues Buch; 2) sie sind nicht beigeordnet, sondern beruhen auf dem Prinzip der Unterordnung (Subordination): ein Buch lesen (das Substantiv hdngt vom Verb ab); = 7 3) man unterscheidet folglich in jeder Wortfigung ein dominierendes, ibergeordnetes Glied (Kernwort) und ein abhangiges, untergeordnetes Glied: ein Buch Jesen (le- sen — das dominierende Glied, ein Buch — das abhangige Glied). 7 Die freien syntaktischen Wortfiigungen unterscheiden sich von stehenden Wendungen, die semantisch und syn- taktisch-eine Einheit bilden und nicht zu zergliedern sind: in Frage kommen, Anwendung finden, Pech haben usw. Die ersten sind der Gegenstand der Syntax, die letzten sind der Gegenstand der Phraseologie. | Es kommt oft vor, daB die freie und die phraseologische Bedeutung in einer Wortfiigung zusammenfallen. Vgl.: an den Kopf werfen (a) einen Stein an den Kopf werfen, (b) eine Beleidigung an den Kopf werfen reine (saubere) Hande haben (a) nach dem Wa- schen reine Hande haben, (b) reines Gewis- sen haben Auf dem Zusammenfallen der freien und der phraseolo- gischen Bedeutung einer Wortfiigung ist folgender Witz aufgebaut: — Darf ich Sie unter drei Augen sprechen? — Wieso unter drei Augen? — Nun ein Auge habe ich bereits auf Ihre Tochter ge- worfen. — Ach so meinen Sie das. Dann sprechen wir vielleicht unter zwei Augen. — Wieso unter zwei Augen? — Na, eins soll ich doch gewif zudriicken? Als freie Figungen sind die Wortgruppen sowohl se- manitisch, als auch syntaktisch zerlegbar:|sie bestehen aus 26 | i zwei (oder mehreren) Begriffswértern und bilden zwei (oder mehrere) Satzglieder. Als stehende Wendungen sind sie als eine semantische Einheit und als ein Satzglied zu betrachten. Die Wortfiigungen entstehen nicht nur nach den Re- geln der Fiigungspotenz (grammatische Regeln der Wort- _ verkniipfung), sondern auch nach den Regeln der seman- i | | | } | tischen Kongruenz (Selektionsregeln). Aus dem Gesagten folgt, daB eine freie syntaktische Wortfiigung folgender- weise definiert werden kann: Eine freie syntaktische Wortfiigung ist eine gramma- tisch (nach der Fiigungspotenz) semantisch (nach der se- mantischen Kongruenz) und_intonatorisch organisierte Verbindung von mindestens zwei Begriffswortern, die durch das Verhdltnis der Unterordnung gekoppelt. sind. Der Grundunterschied zwischen einer Wortfigung und einem Satz bestehi darin, daB der Wortfiigung das pra- dikative Verhaltnis nicht eigen ist. Deshalb sind die Wort- fiigungen nicht zu verwechseln mit pradikativen Verbin- dungen: Substantiv im Nominativ + finites Verb. Mit einem einwertigen Verb stellen solche Fiigungen vollstan- dige Satze dar: Das Kind schlaft. Die Sonne scheint. Der Mann ar- beitet. ARTEN DER- SYNTAKTISCHEN VERHALTNISSE IN EINER WORTFUGUNG Das Verhaltnis der Unterordnung, das fiir die Wortfi- gungen kennzeichnend-ist, weist drei Arten der syntakti- schen.Bezichungen auf: Kongruenz, Rektion und An- schlu8 (AnschlieBung). Die Kongruenz ist ein Verhaltnis, bei dem das abhan- gige Wort dieselben formalen Kategorien erhalt wie das Kernwort. Die Kongruenz ist z. By fir-die Verbindurlg des, Substantivs mit einem Adjektiv besonders typisch: ein neues Buch, ein schwarzer Tisch, alle schweren Auf- gaben. Die Rektion ist ein Verhaltnis, bei dem das Kernwort einen bestimmten Kasus des abhangigen Wortes-verlangt. Zum Unterschied von der Kongruenz wird dié Rektion rch die lexikalische Bedeutung des Kernwortes bestimmt, %..Ba > dem Freund helfen. (Sd), das Verhaltnis der Rektion (Sg), einen Rubel wert (Sa). 27 Der AnschluB ist ein Verhalinis, bei dem: 1) ein Wort der Wortfiigung (oder beide Worter) un- flektierbar ist, z. B. in der Verbindung eines Verbs mit dem-Adverb: schnell laufen, laut sprechen; 2) eine Prapositionalgruppe frei angeschlossen wird: in der Bibliothek arbeiten. ti Fall 1) ist der Anschtu8 von der Rektion zu unter- scheiden: die Rektion ist die Forderung eines bestimmten Kasus und basiert auf der lexikalischen Bedeutung des Kernwortes. Im Falle der prapositionalen Rektion wird eine bestimmte, einzig mdgliche Praposition gefordert. Bei dem Anschlu8 ist die Prapositionalgruppe frei an- | geschlossen. Die Praposition hangt nicht von der lexika-/| lischen Bedeutung des Kernwortes ab und ist leicht aus-// wechselbar. \ Die regierte Prapositionalgruppe spielt gewohnlich im, Satz die Rolle eines Objekts. Die angeschlossene Praposi+ tionalgruppe —die Rolle einer Adverbialbestimmung: Rektion Anschlup (1). sich an den Som- sich an den Tisch setzen (ne- mer erinnern ben den Tisch, um den Tisch usw.) auf dem Tisch liegen - (unter dem Tisch, neben dem Tisch usw.) (2) sich auf die Prii- fung vorbereiten MITTEL ZUM AUSDRUCK DER SYNTAKTISCHEN ——-VERHALTNISSE IN EINER WORTFOGUNG Die Mittel, die syntaktische Verhaltnisse zum Ausdruck bringen und die Wérter zu einer Wortfiigung organisie- ren, sind folgende: Flexionen und Artikel. Durch Flexionen und Artikel kommen Rektion und Kongruenz zum Ausdruck: eines neuen Buches, dem Bruder helfen, des Rates be- diirfen, der Heimat treu (sein). Priapositionen. Sie dienen: 1) zum Ausdruck der prapositionalen Rektio: — fiir den Frieden kampfen, an einem Thema arbeiten; = 2) zum Ausdruck des Anschlufes — an einem Tise! sitzen, in einer Schule lernen. . _ 28 Wortstellung. Die Wortfiiguingen haben eine bestimmte Wortstellung. Beim Anschluf ist manchimal die Kontakt- stellung das einzige Bindemittel in der Wortfiigung. Vergleichen wir folgende Satze: co. (1) Vor seiner Riickkehr (1) In anderen dhniichen aus Sibirien war ein Biichern fehlen Ilu- Brief gekommen. strationen. (Wortiiigung: —Riick- (Wortfiigung: in ahn- kehr aus Sibirien) lichen Bichern) (2) Vor seiner Rickkehr (2) In anderen Biichern war ein Brief aus Sibi- fehlen ahnliche I!lu- rien gekommen. strationen. ste (Wortfiigung: ein (Wortfiigung: ahnti- Brief aus Sibirien) che Illustrationen) Ein weiteres sehr wichtiges Bindemittel ffir eine Wort- fiigung, sowie auch fiir einen Satz, ist die Intonation. MODELLIERUNG DER WORTFOGUNGEN .Nach der Zugehérigkeit des Kernwortes-zu_einer- Wort- art werden die Wortfiigungen in folgende.vierHauptarten eingeteilt: . {) verbale Wortfiigungen mit einem Verb als Kern- wort; “ ; 9) substantivische Wortfiigungen mit einem Substantiv als Kernwort; | a 8) adjektivische Wortfigungen mit einem Adjektiv als Kernwort; . 4) adverbiale Wortfiigungen mit einem Adverb als Kernwort. , . j Jede von diesen vier Arten umfaSt eine ganze Reihe vortModellen und Varianten von Modellen. Die Modelle werden nach der Zugehérigkeit des abhangigen Wortes zu einer bestimmten Wortart ermiitelt. Die Varianten der Mo- delle werden nach der_Form des abhangigen Wortes er- mittelt. VERBALE FUGUNGEN 1. Modell: Verb + Substantiv (V + S)' Varianten: 1) V + Sa (Rektion) ein Buch lesen, die Vorlesungen besuchen 1 In jedem Modell ist das Kernwort als erstes angegeben, unab- hangig von der Wortstellung in der Wortfiigune- 29 2) iar oe (Rektion) lem Freund helfen, dem Sinn entsprechen 3) V+ Sg (Rektion) p des Freundes gedenken, sich des Wortes enthalten ) 4) V+ pS (Rektion) sich fiir die Kunst interessieren an einem Thema arbeiten 5) V+ pS (Anschlu8) in der Ecke stehen in einer Woche kommen Il. Modell: Verb +- Adverb (V -+ Adv) Varianten: 1) V + Adv (Anschlu8) fleiBig arbeiten, oben liegen 2) V+ pAdv (Anschlu8) nach rechts gehen, von oben sehen HI. Modell: Verb + Verb (V + V) Varianten: 1) V+I1 (Verb + Infinitiv) (Anschlu8) arbeiten gehen, lesen lernen 2) V+iInf (Verb+Infinitiv mit zu) (An schluB) zu verreisen beabsichtigen, zu studieren beginnen 3) V +- Partizip I (Anschlu8) singend arbeiten, lachend sprechen 4) V + Partizip I vorgebeugt sitzen SUBSTANTIVISCHE FUGUNGEN 1, Modell: Substantiy + Adjektiv (S + Adj In allen-Varianten dieses Modells estaht dey Verhalinis der Kongruenz. Varianten: 1) S + Adj ein schones Wetter, das ferne Land 2) S+ Pr (Substantiv + Pronomen) einige Menschen, alle Studenten 3) S+ Partizip I : das schlafende Kind, die studierende Jugend 4) S+Partizip Ii die angefertigte Obersetzung, das durchgenommene Material 5) S + Numerale die dritte Stunde, der erste Schritt ve Il. Modell: Substantiv-+ Substantiv. (S + S) coe In allen Varianten dieses Modells besteht-das Verhaltnis der Rektion. Varianten: 1) S + Sg die Besprechung des Films, die Eroffnung der Ausstellung 2) S+So (ohne Angabe der Kasusform) eine Menge Rosen, ein Stiick Brot 3) S+pS das Interesse fiir den Sport, der Kampf fiir den Frieden IIL. Modell: S + Adv (Anschlu8) das Haus driiben, das Zimmer oben Hier gibt es keine Varianten. IV. Modell: S -+ Inf (Anschlu8) der Wille zu -kampfen, der Wunsch zu stu- dieren ADJEKTIVISCHE FUGUNGEN I. Modell: Adjektiv + Substantiv (Adj +S) . In-allen-Varianten dieses Modells besteht das Verhaltnis der Rektion. Varianten: 1) Adj + Sd dem Vater ahnlich, dem Freund dankbar 9) Adf-++-Sa den Preis wert, den Gedanken los 3) Adj + Sg des Lobes wiirdig, der Hilfe bediirftig 4) Adj + pS stolz auf die Leistungen, zur Abfahrt bereit I. Modell: Adj + Adv (Anscitlu) héchst interessant, grammatisch richtig Hier gibt es keine Varianten. Ill. Modell: Adj + Inf (Anschlu8) bereit zu helfen, gewchnt zu arbeiten Hier gibt es keine Varianien. ADVERBIALE FUGUNGEN 1. Modell: Adv -+ Adv (AnschluB) —sehr weit, gestern abend Au®erdem gibt es noch pronominale Wortfiigungen _talles das) und Wortfiigungen mit dem Numerale als Kernwort (beinahe hundert). * $l UMFANG DER WORTFOGUNGEN Ihrem Umfang nach sind einfache und komplizierte Wortfiigungen zu unterscheiden. Einfache Fiigungen werden in zweigliedrige und drei- gliedrige eingeteilt. Zweigliedrige Wortfiigungen bestehen aus-einem iibergeordneten Wort und einem untergeordne- ten Wort: ein Buch lesen (sieh auch alle oben angefiihrten Beispiele fiir Modelle und Varianten der Modelle). Dreigliedrige Wortfiigungen bestehen aus drei Begriffs- wértern-und sind nicht in weitere Fiigungen zu zerglie- dern. Sie entstehen in den folgenden Fallen: ‘T)\wenn die Valenz des untergeordneten Wortes noch ein notwendiges drittes Wort fordert: ein Mann mit Verstandnis fiir Humor (* ein Mann mit Verstdndnis — semantisch nicht abgeschlossen), ein Stiick Brot essen (* ein Stiick essen), ein Wort lateinischer Herkunft (* ein Wort der Her- kunft), ein zwei Kilometer langer Weg (ein langer Weg — hat eine andere Bedeutung). 2) bei dem sogenannten ,,Akkusativus des inneren Objekts“, d. h. in der Verbindung-eines_einwertigen Verbs mit einem Akkusativ: “ein helles Lachen lachen (* ein Lachen lachen), ein schweres Leben leben _(* ein Leben leben), ; den Schlaf der Gerechten schlafen (* den Schlaf schla- en). 3), bei einer idiomatischen Wendung, die als ein Wort fungiert: von dem Freund Abschied nehmen. Komplizierte Fiigungen entstehen_bei gleichzeitiger Realisierung einiger Fiigungspotenzen des Kernwortes: 1) bei der Realisierung der Valenz eines dreiwertigen Verbs: den Vater um Geld bitten, dem Freund ein Buch schenken; (2) bei der _Realisierung der Fiigungspotenzen_ eines Substantivs: die Teilnahme der Arbeiter am Wettbewerb. Komplizierte Wortfiigungen sind in einfache zerlegbar: den Vater um Geld bitten = den Vater bitten + um ‘Geld bitten; die Teilnahme der Arbeiter am Wettbewerb = die Teilnahme der Arbeiter + die Teilnahme am Wettbewerb. Der Unterschied zwischen einer einfachen dreigliedri- 32 gen Wortfiigung und einer komplizierten Wortfiigung kann graphisch dargestellt werden. (Mit dem Zeichen o sind die Wérter markiert, die ein ande- tes Wort unterordnen). Einfache dreigliedrige Wortfiigungen 1) ein Mann mit Verstandnis fiir Humor 2) ein Wort lateinischer Herkunft tes? 3) ein helles Lachen lachen Lf tf 4) ein zwei Kilometer langer Weg lecemersarstt Lal Komplizierte Wortfiigungen 1) der Roman des Schriftstellers iiber die Jugend Port ut 2) den Vater um Geld bitten fits tea a? 3) die Teilnahme der Arbeiter am Wettbewerb TS Also sehen wir in einfachen Wortfiigungen die einfache Unterordnung (0), in komplizierten Wortfiigungen — die doppelte Unterordnung (0 0). TEILNAHME DER WORTFUGUNGEN AM SATZBAU Nach ihrer Teilnahme an dem Satzbau sind nicht alle Wortfiigungen gleichwertig. Wie bekannt, gibt es in jedem Satz Satzglieder des 1., 2., 3. usw. Grades. Die Glieder des 1. Grades sind Satz. glieder, die die vom Verb geforderten Leerstellen im Satz 2 6217 . 33 ausfillen und folglich unmittelbar an dem Satzbau teil- nehmen. Diese Glieder hangen unmittelbar vom Verb ab. Die Glieder des 2. Grades hangen von den Gliedern des 1. Grades ab und nehmen folglich nicht unmittelbar, sondern in einer Wortfigung (als untergeordnetes Wort) an dem Satzbau teil. Es sind meistens Attribute. Die Glieder des 3. Grades hangen von den Gliedern des 2. Grades ab usw. z. B.: Er besucht regelmaBig diese sehr interessanten Vorle- sungen. Stellen wir die syntaktische Abhangigkeit in diesem Satz graphisch dar: I! ‘besucht—————_- + ¥ ¥ 1. Grad er regelmaBig diese Vorlesungen 2. Grad : interessanten ‘ 3. Grad sehr In diesem Zusammenhang unterscheidet man. 1) die Wortfiigungen, die aus Gliedern des |. Grades bestehen und im Satz zwei Stellen besetzen. Das sind z. B. alle verbalen Wortfiigungen (besucht regelmaBig, besucht die Vorlesungen); 2) die Wortfiigungen, die im Satz nur eine Stelle be- setzen. Das sind z. B. die substantivischen Wortfiigungen (die interessanten Vorlesungen); 3) die Wortfiigungen, die im Satz keine Stelle besetzen. Das sind z. B. adjektivische Wortfiigungen (sehr interes- santen). ERWEITERUNG DER WORTFOGUNGEN Die Wortfiigungen kénnen erweitert werden. Das erfolgt durch: 1) Hinzufiigen von Satzgliedern des 2. oder 3. Grades: ein Buch lesen ein neues Buch lesen; der Roman des Schriftstellers———-> der Roman des bekannten Schriftstellers; ein spannender Roman der Roman; 2) Hinzufiigen von gleichartigen Gliedern: ein Buch lesen ein Buch und eine Zeitung lesen; triibe Tage ein héchst spannen- ->triibe und kalte Tage. THEORIE DER SATZMODELLE [Der Satz als Einheit der-Sprache sowie der Satz als : Einheit der Rede wird durch seine bilaterale Natur gekenn- zeichnet.. Das besagt, da der. Satz zwei Seiten hat: den _ _ Inhaltsplan und den Ausdrucksplan. Der Inhaltsplan ist itt” die Bedeutung des Satzes, eine Situation, ein Absch “der objektiven Wirklichkeit. Der Inhaltsplan ist di ‘mation, die_der Satz_trigt~ Der Au play. ist. ~die“Form, die sprachliche Gastaflung des Gedanken. Da der Inhaltsplan und der Ausdrucksplan dem Satz als Ein- heit der Sprache innewohnen, wird der Satz auf dem vor- kommunikativen Niveau, als Satzmodell, durch zwei kon- ‘stante Merkmale bestimmtz\!) ‘das minimale struktureHe “Schema, das aus einer bestimmten Kombination der Wort- formen besteht (der USCS RES 2) die typisierte Bedeutung des Modells (der In slteplan sy Das Modell stellt das Minimale, das “lypischste, das Einfachste dar. Das soll wie folgt verstanden werden: Das Minimale bedeutet nur die fiir den Satzbau notwendi- gen Wortforimen;_das Typische besagt, da8 der Satz als typisches Muster einer ganzen Reihe von analogen Satzen verstanden wird;.das Einfachste bedeutet, daB der Satz in seiner Ausgangsform genommen wird, so wie das Wort in seiner Ausgangsform als Einheit des Wortschatzes (in einem Worterbuch). Wenn also das Modell schon poten- tiell einen Satz darstellt, wird das Modell durch das Hauptmerkmal_des Satzes charakterisiert und zwar durch | die Pradik. tat. tat, ees : Die Pradikativitat,die.Subjekt-Pradikat-Beziehung, ist das Verhaltnis der Aussage zur_objektiven Wirklichke—+— Dieses Verhalinis wird in drei syntaktischen Kategorien | des Satzes realisiert: Kategorie der Temporalitat, Katego- rie der Modalitaét, Kategorie der Person. Die Kategorien der Temporalitat, Modalitaét, Person sind grammatische Mittel zur Aktualisierung eines Satzes in der Rede. Da aber * das Satzmodell ein typisches Muster eines natiirlichen Sat- zes darstellt, sind die Kategorien Zeit, Modalitat und Per- son in einem Satzmodell in ihrer Ausgangsform vorhanden, Daraus folgt, daS das konstante Merkma! einer typischen Struktur, die durch die Pradikativitat gekennzeichnet wird, nur der Bestand derSatzelemente (Wortformen) ist. Die Realisierung der Kategorien Zeit, Person-und Modalitat gehért zu den-verinderlichen Merkmalen und ist auf dem 2 : 35 rt kommunikativen Niveau zu betrachten. Folglich soll der Begriff_,,Bedeutung des Satzes“ auf zweifache Weise ver- standen werden. Unter—der Bedeutung eines_Satzmodells Z (im Sprachsystém) wird verstafiden: eine typisierte Bedeutung (ein ‘bestimmter abstrahierter Sachver- halt) + eine abstrahierte syntaktische Bedeutung (Pradi- kativitaét), Unter der Bedeutung eines aktuellen Satzes (in der Rede) wird verstanden: eine denotative Bedeutung (ein konkreter Sachverhalt der objektiven Wirklichkeit) + + eine aktuelle syntaktische Bedeutung (Zeit, Modalitat, Person) + eine kommunikative Bedeutung (Einordnung in die Redekette) (s. S. 48ff) (Gulyga IV). Das Problem der Satzmodellierung ist ein verhdltnis- magig-junges Problem,-das-noch~viele-ungeléste Fragen einschlieBt. Das sind:(1)) Kriterien zur Gewinnung der Mo- delle;/2)) die Wechselbeziehung zwischen den strukturellen und semantischen Modellen;/3) die Darstellungsart dieser Wechselbeziehung; 4) die Richtung der Betrachtungsweise: Struktur —> Semantik oder Semantik —> Struktur. Mit der Modellierung der deutschen Satze haben sich viele Linguisten befa8i_Die strukturellen.Satzmodelle wur- den verschieden angesprochen (als Kernsatze, Satztypen, Grundformen der Satze, Satzformeln u. a.) und nach ver- schiedenen formalen Kriterien gewonnen: nach der Zahl, Stellung oder Form der Satzglieder. So geht W. Jung (nach H. Glinz) von der Stellung des \finiten Verbs aus und unterscheidet folgende Arten von /Satzen: Kernsdtze (mit Zweitstellung des finiten Verbs), )Spannsatze (mit Endstellung des finiten Verbs) und Stirn- 7 {satze (mit Spitzenstellung des finiten Verbs) (W. Jung). l Sehr produktiv ist die Methode, die auf der Valenz des Cverbs basiert. Diese Methode setzt voraus, da8 das Verb das strukturelle Zentrum des Satzes bildet und die Zahl der Leerstellen im Satz (das syntaktische Subjekt mitge- zahit) bestimmt. Die Zahl der vom Verb geforderten Leer- stellen bildet, wie bekannt, das strukturelle Minimum des Satzes. — ) Auf der Valenz des Verbs beruht die Methode von fs \ L_Erben, der seine vier Grundmodelle nach der Zahi der “notwendigen Erganzungsbestimmungen gewinnt (Erben, S. 232 ff.). Seine Satztypen sehen so aus: : 1. EB; Vv (Satze mit einer Erganzungsbestim- mung) 36 ———+ 2. E.——V——-E, (Sdtze mit zwei Erganzungsbe- E stimmungen) 7 2 (Satze mit drei Erganzungsbestim- 3. Ey M les mungen) 7 : (Saétze mit vier Erganzungsbe- 4. Ey v (e stimmungen) 4 Aber J. Erben begniigt sich nicht mit einer strukturel- len Betrachtungsart der Satztypen: er verbindet das struk- iurelle Prinzip mit dem semantischén, indéin er jedem der vier Satztypen eine inhaltliche Charakteristik zuordnet;/ Der Typ 1 —ist Vorgangssatz (Vater schtaft) Der Tup 2—a) Urteilssatz (Grofvater ist Rentner) b) Handlungssatz (Katzen fangen Mau- se) usw. of Diese semantischen Interpretationen sind anfechtbar.’ Wenn wir, z. B., den Typ ! (Vorgangssatz) betrachten, so~ sehen wir, da8 nach diesem Modell auch folgende Satze gebildet werden: Der Mann arbeitet. Die Kinder tanzen. Die Mutter kauft ein. Es liegt auf der Hand, da diese Satze keine Vorgangs- _ sdtze, sondern Handlungssatze sind. Diese Thkonsequenz, “die aus der Verbindung von semantischen und strukturel- len Kriterien resultiert, erschwert das Handhaben der Theorie von J. Erben. Ein Versuch, auf dem formalen Wege die Grundiormen der deutschen Satze zu gewinnen, wird in der Duden- _ ¢)Grammatik (von P. Grebe) unternommen (Duden, S. 434 “ify. Hier werden die Grundiormen-mit Hitie der sogenann- ten Abstrichmethode festgelegt, die darin besteht, daB allec nicht notwendigen~Satzgliederherausgestrichen werden, so da® der Mindestbestand von notwendigen Gliedern — bleibt. Auf-solche-Weise~entstehen 31 Grundformen der < deutschen Sitze, die zugleich ihre-semantische Interpreta- ~ tion erhalten (als Zustands-, Vorgangs-, Tatigkeits-, Hand- “Tungssatze). Dieser minimale Satzbestand, oder ,,das Satzgeriist“, ist aber nicht-der~erforderliche grammatische Bestand, son- dern vielmehr ein inhaltliches Minimum. So werden alle Glieder als notwendig bezeichnet in einem solchen Satz: Der Forschungsreisende sprach zu den Schulkindern iiber seine Afrikareise (Duden, S. 454). Wenn man aber 37 von der Valenz des Verbs sprechen ausgeht, so mu man auch folgende Satze als grammatisch richtige Satze an- erkennen: Der Forschungsreisende sprach iiber seine Afrikareise. Der Forschungsreisende sprach zu den Schulkindern. Folglich sind zwei Erganzungsbestimmungen nicht gram- matisch, sondern inhaltlich notwendig. Dasselbe kann man von dem folgenden Beispiel sagen: Mein Freund berichtete meiner Mutter iiber mein Exa- men (Duden, S. 454). Die Erganzung meiner Mutter ist fiir das grammatische Minimum entbehrlich. Dabei bilden die meisten Grundformen der Duden- Grammatik eben das grammatische Minimum des Satzes: Inge achtet auf ihre Schwester. Ich bin diesem Mann fremd. Die Beratung dauerte zwei Stunden usw. Durch die Verschwommenheit der Kriterien wird die Prak- tikabilitét dieser Grundformen (Grundmodelle) in grofem Mafe beeintrachtigt. In seinem Buch ,,Der deutsche Sprachbau“ entwickelt W. Admoni.12.logisch-grammatische Satztypen, die, wie er selbst schreibt, nach einem formalen Ausgangspunkt_un- terschieden werden. Neben der logischen, sachbezogenen Beschreibung (wo der Autor die Widerspiegelung der ob- jektiven Realitat in den Satztypen anstrebt). differenziert W. Admoni die Satztypen grammatisch.{Admoni, 1): Typ 1: Subjektsnominativ + Verbum finitum (Arbeiter arbeiten. Arbeiter haben gearbeitet). Typ 2: Subjektsnominativ + transitives Verb + Ob- jektsakkusativ (Arbeiter fallen Baume). Dazu gehdren auch Satze: Subjektsnominativ +, -+- Verbum finitum -++ Objektsdativ (Er ist mir begegnet. Er gefallt mir). Als noch eine Unterart wird hier auch die Kon- struktion mitgezahlt: Subjektsnominativ + Ver- bum finitum -+ Objektsdativ + Objektsakkusativ (Er schenkte ihr Biicher). Auf solche Weise werden weitere 10 Satztypen gramma- tisch Testgelegt" ~~ ——Aber die Anwendung der beiden Kriterien (objektiver Sachverhalt und-Struktur)—fiihrt offensichtlich dazu, daB der_formale Unterschied der Satztypen nicht konsequent durchgefihrt wird. So sieht man schon aus den ange tihr- 38 Ga pie ten Beispielen, daB im Typ 2 drei strukturell verschledene! Satze vereinigt sind. Andererseits werden manchmal struk- tureil gleiche Satze verschiedenen Satztypen zugeordnet: Arbeiter fallen Baume (Typ 2).----——— Ich habe Angst (Typ 8). - Aus dem Gesagten folgt, daB die 12 logisch-grammati- ‘ schen Satztypen von W. Admoni fiir die methodische Pra-, xis auch viele Schwierigkeiten bieten. - Eine Theorie deutscher Satzmodelle ist von den Lingui- \ sten der DDR entwickelt worden. Dieser Theorie liegen folgende Voraussetzungen zugrundé: 1) das finite Verb wird als strukturelles Zentrum des Satzes, als ,,Festpunkt des Satzes" betrachtet, das den Stellenplan des Satzes bestimmt; 2) die Grundmodelle werden nach dem quantitativen riterium gewonnen: sie unterscheiden sich nach der Zahl der Satzglieder. MaBgebend fiir die Grundmodelle ist das Verb und seine notwendigen Mitspieler (vgl. die Stufe I der Valenzanalyse) ; / 3) auBer den Grundmodellen unterscheidet man noch die Submodelle, die nach dem qualitativen Kriterium auf- gestellt werden. MaSgebend fiir Submodelle ist die Art der Mitspieler-tvgt die Stufe I) ~~ . : a Auf solche Weise ergeben sich aus der verschiedenen Wertigkeit der Verben folgende Grundmodelle (Schenkel) : 1) Satze mit nullwertigen Verben: ee, Es schneit. 2) Satze mit null-(ein) wertigen Verben: Es regnet Asche. Es hagelt Schlage. 3) Satze mit einwertigen Verben: Das Kind schlaft. Der Schnee taut. 4) Satze mit ein-(zwei) wertigen Verben (das heift mit Verben, die einen obligatorischen und einen fakulta- tiven Mitspieler haben): Die Mutter backt (den Kuchen). Der Arzt hilft (dem Kranken). Der Patient wartet (auf den Arzt). Der Student arbeitet (an einem Referat). 5) Satze mit zweiwertigen Verben: Er beobachtet die Vorfahrt. Er vertraut dem Lehrer. Er gedenkt des Toten. v Berlin ist die Hauptstadt der DDR. Berlin liegt an der Spree. Berlin ist groB. 6) Satze mit zwei-(drei) wertigen Verben (das heiBt mit Verben, die zwei obligatorische und einen fa- kultativen Mitspieler haben): Der Sohn begleitet die Mutter (zum Bahnhof). Der Staatsanwalt klagt ihn (des Mordes) an. Die Kinder befreien den Vogel (aus dem Kafig). Er fragt (beim Lehrer) an, ob der Sohn in der Schu- le war. 7) Satze mit dreiwertigen Verben: Er gewohnt ihm das Rauchen ab. 2 Der Dompteur brachte den Tieren Kunststiicke bei. Er stellte die Blumen auf den Tisch. Er stellte die Suppe warm. es Vel. auch zehn Grundmodelle, die auf Grund der Va- lenz gewonnen sind (Helbig, Il). AuBer den Grundmodellen wird eine begrenzte Zaht spicler unterscteiden. Als Mitspieler werden folgende For- ots Submodelle gewonnen, die sich nach der_Art-der_Mit- men in Betracht gezogen: Substantiv in reinem Kasus (Sn, Sa, Sd, Sg), (Adj), Adverb (Adv), Partizip (Part), Substantiv mit Praposition (pS), Adjektiv Nebensatz (NS), Infinitiv ohne zu (I), Infinitiv mit zu (Inf). Da die Zahi_der Submodelle zwar begrenzt, aber ziem- Jich_groS ist, werden wir-hier aul die Betrachtung-aler— Submodellé verzichten. . Als Beispiel behandeln wir das Grundmodell 5 (Satze mit zweiwertigen Verben). 1) 2) 3) ‘des_Modelles 5 unterscheidet- man—nach_der- © rt der Mitspieler folgende Submodelte: Sn, Sa Das Metall entwickelt eine hohe Tempe- ratur. Sn, Sd Der Raum gehért der Universitat. Sn, pS Der Abiturient bewirbt sich um cinen Studienplatz. Sny, Sne Das Madchen heifit Inge. Sn, NS Der Arzt findet, da® der Patient besser aussieht. Sn, Part Das Institut hat geantwortet. Sn, Adj Der Student denkt dialektisch. Sn, I Die Arbeit dirite beendet sein. Sn, Inf Das Pferd droht zusammenzubrechen. Es gibt Verben, die in einem und demselben Submo- dell Konkurrenzformen zulassen, das heiSt einer von den Mitspielern kann durch andere Formen ersetzt werden. So | kénnen im Submodell 2 Sn, Sd folgende Konkurrenzfor- men auftreten: Das Institut gefallt ihm (Sn, Sd) Zu baden gefallt ihm (Inf, Sd) Es gefalit ihm, daf er eingeladen wird. (NS, Sd) ’ Wir fassen zusammen: aus der Valenz des finiten Verbs ergeben sich: * s Grundmodelle (nach der Zahl der Mitspieler), einige Submodelle innerhalb jedes Grundmodells (nach der Art ‘der Mitspieler). , “— Wie wir gesehen haben, ist diese Theorie konsequent, hat eindeutige und exakte Kriterien. Und doch bedarf sie noch einiger Prazisierungen und Erganzungen. Wir haben festgesiellt, da die Zahl der Leerstellen und die Art der Mitspieler vom Verb aus determiniert wird, d. h. von seiner lexikalischen Bedeutung abhangt. | Die lexikalische Bedeutung der Mitspieler richtet sich nach ° bestimmten Selektionsregelir (s-S. 20)-—"~~ Das besagt, da® bei einem und demselben_ Verb ver- schiedene Worter als Mitspieler auftreten kénnen, die mit diesem Verb semantisch kongruieren. > Nehmen wir ein Beispiel: Der Raum gehért der Uni- versitat. Hier sind die Worter austauschbar, und es erge- ben sich viele lexikalische Méglichkeiten der Stellenbeset- zung: Das Buch gehért der Lehrerin. Das Haus gehért dem Staat. Die Bibliothek gehdrt dem Volk, usw. Folglich kénnen Verben ohne Selektionsbeschrankungen praktisch mit jedem Substantiv oder Adjektiv in Verbin- dung treten. So ein Verb ohne Selektionsbeschrankungen ist das Verb sein. Dieses Verb erscheint im 5. Grundmodell, das Submodell — Sn, Adj: Berlin ist gro8. Wenn das Verb sein mit jedem Adjektiv in Verbindung treten kann, so dirfen wir die Stelle Adj beliebig ausfiillen: Das Buch ist neu. Die Stadt ist jung. Das Haus ist schén, usw. Wenn wir weiter die Worter ersetzen, so k6nnen wir auch ungrammatische Satze bekommen: * Er ist bediirftig. 4l * Der Bruder ist ahnlich. * Das Buch ist wert. Diese Satze sind ungrammatisch aus demselben Grun- de, aus dem wir folgende Sdtze als ungrammatisch be- zeichnen: * Er entwickelt. * Der Raum gehért. * Er sieht aus. Daraus resultiert die Schlu8folgerung, da®.die-Valenz der Adjektive beim Aufstellen der Satzmodelle—auch. eine Rolle spielt. Das kommt besonders deutlich zum Vorschein, wenn wir die Satze gegeniiberstellen, wo die Valenz der Verben und die Valenz der Adjektive nicht realisiert ist: * Er bedarf. * Er ist bediirftig. * Er ahnelt. * Er ist ahnlich. * Er entschlie&t sich. * Er ist entschlossen. Auf diese Weise entsteht die Frage: wohin gehéren Sat- ze (zu welchem Grundmodell und zu welchem Submodell), die ein Adjektiv mit obligatorischer Valenz in der pradika- tiven Funktion enthalten? Es gibt zwei Lésungen zur Schwierigkeit: 1) Man geht nicht von der Valenz des finiten Verbs aus, sondern von der Valenz des syntaktischen Pradikats. Uberwindung dieser , Dann mu8 man nicht nur die Valenz des finiten Verbs in. Betracht ziehen, sondern auch (bei kopulativen Verben) die Valenz des Pradikativs. Diese Entscheidung aber wird die angestrebte Exaktheit, Eindeutigkeit und Einfachheit des ganzen Systems der Grundmodelle beeintrachtigen. 2) Praktischer erscheint folgender Weg: als Mitspieler wird eine freie syntaktische Wortfiigung anerkannt. So- dann werden Faille unterschieden, in denen eine Stelle nicht von einem einfachen Mitspieler (Adj), sondern von einer Art komplizierter Mitspieler besetzt wird, etwa Sd-Adj. Als Ergebnis legen wir dann fiir das Verb sein folgende Kon- kurrenzformen fest: 1) Sm, Sng: Der Mann ist Arzt. 2) Sn, Adj: Der Mann ist gesund. 3) Sn, Sa-Adj: Das Buch ist einen Rubel wert. 4) Sn, Sd-Adj: Er ist seinem Vater ahnlich. 5) Sn, Sg-Adj: Er ist deiner Worte iiberdriissig. 6) Sn, pS-Adj: Der Text ist fiir die Arbeit wichtig. Diese Konkurrenzformen kann man symbolisch zusam- menfassen: Sn (Sa, Sd, Sg, pS)-Adj. 42 Auf jeden Fall mu8 die Valenz des Adjektivs im Sy- stem der deutschen Satzmodelle ihre Widerspiegelung finden. Einen groBen Beitrag zur Theorie der Satzmodelle ha- ben die sowjetischen Linguisten geleistet. Trotz den ver- schiedenen’ Auffassungen von dem Begriff Modell, sind alle Autoren darin einig, da® nicht nur das Inventar der abstrakten strukturellen Schemas magebend ist, sondern auch das nominative Aspekt des Satzes, was nicht nur strukturelle, sondern auch semantische™~ Satz odelle zur Folge haben soll. Damit wird der Tatsache Rechnung ge- -tragen,-daft-def Satz eine bilaterale Natur hat. Eine konsequente Theorie der systemhaften Beschrei- bung der deutschen Syntax legt O. I. Moskalskaja_vor (Moskalskaja, II). Sie versucht, strukturelle Modellierung der deutschen Satze mit der semantischen Modellierung in Einklang zu bringen. Die Verfasserin wahit als Ausgangs- punkt die strukturelle Modellierung. Im Unterschied zu den obenbeschriebenen Modellen betrachtet sie nicht das_|_ Verbum finitum als Satzgipfel sondern légt als Kriferien. dern leégt “als Kri zwei Momente zugrunde:- Vi) Eingliedrigkeit/Zweigliedrigkeit des Modells (d. h. das Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein von beiden Hauptgliedern: Subjekt und Pradikat); 2) Ausdruck von Hauptgliedern. Dementsprechend werden die Modelle nicht verbozentrisch dargestellt, sondern linear, um den Wert der beiden Satz- glieder_(Subjekt = Pradikat) hervorzuheben und das Satz- modell von dem der Wortfiigung zu unterscheiden. Aui diese Weise werden sechs Modellstande (6noxu) gewon- nen, die auf der héchsten Stufe der Abstraktion sind, Jeder »Stand“ wird durch eine ganze Reihe einzelnerModette™ vertreten. Das sind folgende Modellsténde (sie werden weiter ,,Klassen der Modelle* genannt): 1) Zweigliedrige Modelle mit dem nominalen Pradikat: Er ist Schlosser. Die Modelle dieses Standes werden durch die Art des Pradikativs unterschieden.- ee 2) Zweigliedrige Modelle mit dem verbalen Pradikat: Der Mann arbeitet. Er besichtigt die Ausstellung. Die Modelle dieser Klasse werden nach der—Yalenz des Verbs unterschieden, foiglich nach der Zaht und-Art der obligatorischen und fakultativen Mitspieler. In dieser sore | Klasse werden als selbstandige Modelle solche Strukturen .bezeichnet, die das Verb in einer pa m einschlie- Bat Also gehéren folgendé Satzé 7 jiedenen Mo- ellen: . Man beschuldigte den Mann (des Mordes). Der Mann wurde des Mordes beschuldigt. 3) Zweigliedrige -Modelle, wo ein Hauptglied oder bei- de Hauptglieder durch einen Infinitiv_ausgedriickt sind: Turnen macht gesund. Leben heifit kimpfen. 4) Formal zweigliedrige Modelle, wo das Subjekt durch“das formate Wort es ausgedriickt wird: Es dunkelt. Diese Modelle unterscheiden sich durch die Art des Pradi- kats und durch seine Valenz. 5) Eingliedrige Modelle: Stille Nacht. Aufstehen! Vorwartst Diese Modelle unterscheiden sich durch die morphologi- sche Form des Satzgliedes, das das Modell reprasentiert. 6) Phraseologisierte-Modelle: Ich ein Liigner! i Mach, da du fortkommst. Diese Modelle werden dadurch gekennzeichnet, daB® ihre grammatische Bedeutung idiomatisch ist, d. h. nicht un- mittelbar aus ihren grammatischen Formen abzuleiten ist. ~ Eine besondere Rolle spielt hier die Intonation. »Ich ein Liigner!“ — hat eine negative Bedeutung, die aber durch keine grammatische Mittel expliziert wird. Neben den strukturellen Modellen_stellt_der_Autor die semantischen Modelle auf Grund der logischen Analyse auf und konfrentiert_ die semantischen Modelle~mit den ~ strukturellen.Die- Typen der _semantischen Modelle sind: ~~. Determinierende Satze. Darunter — eigentlich deter- minierende Satze, Zustandssatze, Vorgangssatze: Er hat rotes Haar. (Ein eigentlich determinierender Satz). Vater schlaft. (Ein Zustandssatz). Das Licht erlischt. (Ein Vorgangssatz). IL, Relativssdtze. Darunter —verschiedene Arten der Tatigkeitssatze: Sie naht eine Bluse. (Ein Tatigkeitssatz mit einem Agens und Objekt). F Der Lehrer empfiehlt dem Schiller ein Buch. (Ein Ta- tigkeitssatz mit einem Agens und zwei Objekten). 44 Er genieSt das Vertrauen seiner Kameraden. (Ein ab- strakter Relativssatz). Ill. Existentialsatze: Er wohnt in Dresden. Das Zimmer hat drei Fenster. Stille Nacht. Zwischen den strukturellen Modellen und semantischen Modellen det Satze_ gib: in_ei: i Verhaltnis. Jedem strukturellen Modell werden einige semantische Mo- delle zugeordnet, genauso_wie umgekehrt jedes_semanti- scheModelleinigen strukturellen Modellen entspricht. Im ersten Fall kann man-von der Homonymié, im zweiten Fall von der Synonymie der Satzstrukturen sprechen. Da- bei gibt es in jeder synonymischen Reihe ein Modell, das fiir die entsprechende Semantik das typischste ist und folg- lich als Dominante der synonymischen Reihe bezeichnet werden kann, z. B. Ich lese gern. Es macht mir Spaf, zu lesen. Lesen macht mir Spa8. Ich bin ein leidenschaftlicher Leser. Die Dominante fiir diese Reihe ist das Modell ,,Ich lese gern“, weil dieses Modell auf die einfachste Weise die typische Semantik widerspiegelt. Bis heute ist die Konzeption von O. I. Moskalskaja die/) einzige Theorie, die logisch und konsequent eine system- ~ hafte Beschreibung der deutschen Satzmodelle vorlegt. Aus der Ubersicht der deutschen Satzmodelle folgt, daB das Modell des deutschen Satzes folgende Eigenschaften hat: j : 3 i I) die Zweigliedrigkeit (bis auf zwei Modelle); (2) den nominativischen Charakter (das Subjekt als Sufstantiv im Nominativ) ; ; 3) den verbalen Charakter (das’ Verbum finitum). Diese Beobachtung wird bestatigt durch den Vergleich mit der russischen Sprache. Dort, wo im Russischen ein eingliedriges Modell vorliegt, oder das Modell ohne Sub- stantiv im Nominativ, oder das Modell ohne Verbum fi- nitum, haben .wir keine strukturelle Entsprechung im Deutschen. Vgl: Te6e naynnatp. Te6e storo He NOHATD. Du sollst begingen. Du kannst das_ nicht verstehen. Bath 20K LI0. Es will regnen. 45 C€ Heit o6mopox. Sie ist (fallt) in Ohn- macht. Y coceneii cBanp6a. Die. Nachbarn feiern die Hochzeit. Y Hero ceroquA 9k3aMeH. Br hat heute eine Prii- ung. Aus derBeschreibung der Satzmodelle resultiert die Schlu®folgerung, da8 man sich keinesfalls nur auf die syn- taktischen Satzelemente beschranken darf. Ein _wesentli- cher Umstand, der das Satzmodell diagnostiziert, ist sein lexikalischer Bestand. Die Wechselbeziehung zwischen den sprachlichen Ebenen, und insbesondere zwischen Lexik | und Syntax ist eine der wichtigsten Fragen der Sprach- wissenschaft. Die Analyse des lexikalischen Bestandes ist von der syntaktischen Untersuchung nicht wegzudenken. | Deshalb ist jede syntaktische Beschreibung nur unter Be- | riicksichtigung der Selektionsbedingungen méglich. {Unter-dem texikalischen-Bestand oder den Selektions- bedingungen eines Modells ist nicht die individuelle Lexik | zu_verstehen (einzelne W6rter), sondern die kategoriale Lexik_(Wortklassen und Unterklassen). Beispiele der ka- | tegorialen lexikalischen Klassen sind: fiir das Substantiv: Lebewesen — Nichtlebewesen, Gattungsnamen — Nichtgattungsnamen, Abstrakta — Nichtabstrakta, ; Stoffnamen — Nichtstoffnamen u. a.; | fiir das Verb: Tatigkeitsverben — Nichttatigkeitsverben, mit Aktivitat des Subjekts — Verben ohne t des Subjekts u. a. | Die Struktur hangt aufs engste mit der Lexik zusam- men. Sobald die lexikalische Einheit einer Klasse durch die lexikalische Einheit einer anderen Klasse ersetzt wird, andert sich auch das Modell. Die einfachste Struktur S + Substantivs zuriickzufiihren sind: Der Vater schlaft. Ich studiere. Wir arbeiten. Aber: * Ein Stiick liegt. * Ich bespreche. * Der Beginn ist um 8 Uhr usw. | 46 + V setzt bestimmte Selektionsbeschrankungen voraus, | die auf die Valenz des Verbs und auf die Bedeutung des | In den obenbeschriebenen Konzeptionen der Satzmodel- lierung wird dem lexikalischen Bestand unterschiedlich Rechnung getragen. Die Modellierung nach der Valenz be- riicksichtigt die enzaayseTestgetegt id) As die drit- te Stufe der Valenzanalyse festgelegt wird.JAus der Theo- rie von O.. I. Moskalskaja ergibt sich die Beriicksichtigung der Lexik bei der aur semantischer Modelle. Das Wechselverhaltnis zwischen Form und Inhalt eines Satz- modells kann in-der Darstellung des Modells seine Wi- derspiegelung finden, wenn man neben der Struktur auch die Ratecoriatea lexikalischer’ Klassen symbolisch fixiert (Solotowa, S. 13 ff.). SYNTAKTISCHE PARADIGMATIK Neben der Modellierung ist das Problem der syntakti- schen Paradigmatik eines der aktuellsten Probleme der Syntax. Der Begriff der syntaktischen Paradigmatik ist in der Linguistik neu. Von der Einsicht her, da’ dem Sprach- system sowohl paradigmatische als auch syntagmatische Beziehungen eigen sind, fallt ein neues Licht auf die Beziehungen zwischen den Elementen aller Ebenen des Sy- stems. Wahrend aber auf der phonologischen, morphologi- schen und lexikalischen Ebene die paradigmatischen Be- ziehungen der Elemente relativ leicht festzustellen sind, bietet die syntaktische Ebene in dieser Hinsicht grofe Schwierigkeiten. Das ist die Folge von zwei Ursachen: er- stens ist der Begriff, ,syntaktisches Paradigma“ noch nicht exakt formuliert worden; zweitens wird der Begriff des Satzes nicht eindeutig definiert, und es wird nicht streng zwischen dem Satz auf dem vorkommunikativen und dem Satz auf dem kommunikativen Niveau unterschieden. Wenn man das Satzmodell als Element der syntakti- schen Ebene betrachtet, mu8 man das System von Formen, das jedes Modell bildet, als sein Paradigma anerkennen. Deshalb werden paradigmatische Beziehungen nur dem Satz als einer Einheit der Sprache, nicht aber dem Satz als einer Einheit der Rede zugeordnet. So wie ein morphologisches Paradigma wird ein syn- taktisches Paradigma von einer bestimmten syntaktischen Bedeutung zusammengehalten. Je nach dem Aspekt kann man verschiedene Paradigmen eines Satzes aufstellen. 47 ‘ es Von O. I. Moskalskaja wird fiir das Deutsche ein hier- archisches System des Satzparadigmas ermittelt, das sich in drei Stufen gliedert (Moskalskaja II, S. 103 ff.). Auf der ersten Stufe dient als Kriterium die Zielsetzung des Satzes und das Modell erhalt drei Formen — Aussageform, Frageform und Aufforderungsform: Sie spricht deutsch. (Aussageform) Spricht sie deutsch? (Frageform) Sprich deutsch! (Aufforderungsform) Auf der zweiten Stufe ist jedes der drei Paradigmaglie- der in zwei Formen reprasentiert: in einer affirmativen (bejahenden) und in einer negativen (verneinenden): Sie spricht deutsch. Sie spricht nicht deutsch. Spricht sie deutsch? Spricht sie nicht deutsch? Sprich deutsch! Sprich nicht deutsch! Und auf der dritten Stufe modifiziert sich jedes Paradi- gmaglied nach modalen Varianten: Sie spricht deutsch. Sie spricht wohl deutsch. (Sie wird wohl deutsch sprechen). Wenn sie deutsch sprache! usw. Auf diese Weise entsteht ein kompliziertes hierarchi- sches System der paradigmatischen Formen eines Satz- modells. Die paradigmatischen Beziehungen auf der syntakti- schen Ebene, sowie auch auf anderen Ebenen bestehen nicht nur zwischen einzelnen Formen einer Einheit, son- dern auch zwischen verschiedenen Einheiten einer Ebene. Die paradigmatischen Beziehungen innerhalb eines Satz- modells und auSerhalb eines Satzmodells, also zwischen verschiedenen Modellen, sind von O. I. Moskalskaja aus- fiihrlich beschrieben worden (Moskalskaja II, S. 115, ff.). DER SATZ AUF DEM KOMMUNIKATIVEN NIVEAU Die Realisierung eines Satzmodells in der Rede ver- wandelt den Satz aus einer Einheit der Sprache in eine Einheit der Rede. Das geschieht durch die Modifizierung seines Inhaltsplans und seines Ausdrucksplans, d. h. der Satz bekommt die Merkmale, die ihn in das lineare System der Redekette einordnen. 48 | SF Modifizierung des Inhaltsplans 1) Statt der typisierten Bedeutung eines Modells be- kommt ein Satz in der Rede eine bestimmte konkrete deno- tative Bedeutung, d. h. er driickt einen bestimmten Sach- verhalt aus, der auf einen konkreten Abschnitt der objekti- ven Wirklichkeit bezogen wird. 2) Das reflektiert sich in der Aktualisierung der Satz- pradikation. Die Kategorien der Pradikation — Temporali- tat, Modalitat, Person— werden der Situation und dem Kontext der Rede angepaft, dadurch erhalt der Satz seine aktuelle temporale und modale Charakteristik. AuSerdem wird eine von den beiden potentiellen polaren Méglichkei- ten der Pradikation realisiert: Affirmation oder Negation. (Gulyga, I, S. 47). 3) Die Einordnung des Satzes in den Redestrom voll- zieht sich durch die Aktualisierung seiner kommunikativen Bedeutung, seiner Mitteilungsperspektive. Das wird durch die aktuelle Thema-Rhema-Gliederung des Satzes repra- sentiert. Die kommunikative Gliederung bettet den Satz in den Text bzw. Kontext ein und macht ihn zu einem Glied des linearen Redesystems. 4) Der Satz in der Rede wird durch seine emotional- expressive Nebenbedeutung charakterisiert. Der Satz kann expressiv neutral sein oder eine expressive Farbung von verschiedener Intensitat haben. Modifizierung des Ausdrucksplans 1) Die Realisierung eines strukturellen Modells in der Rede geschieht durch Modifizierung. und Verkomplizierung seiner Struktur. Der aktuelle Satz ist in der Regel das Resultat von verschiedenen Transformationen: Elimi- nierung und Expansion, Permutation und Nominalisierung usw (s.S.O9ff). 2) Die Aktualisierung der Satzpradikation hat verschie- dene Kombinationen der sprachlichen Mittel zur Folge, die die Kategorien der Pradikativitaét in einem Satz zum Aus- druck bringen. Statt der Ausgangsform eines Modells ver- fiigt ein Satz in der Rede Uber ein ganzes System von Mitteln, die die Kategorien Affirmation/Negation, Tempo- ralitat, Modalitat, Person ausdriicken. 3) Zum Unterschied von einem Modell wird ein aktuel- ler Satz durch das Vorhandensein von Satzverflechtungs- 49 mitteln gekennzeichnet, wodurch seine Textgebundenheit und seine kommunikative Gliederung zustande gebracht werden. 4) Und schlieBlich enthalt ein Satz auf dem kommuni- kativen Niveau Mittel zum Ausdruck seiner Expressivitat, die fir den Satzbau fakultativ sind. Aus dem Gesagten resultieren zwei Schlu8folgerungen: 1) Jede Modifikation des Inhaltsplans reflektiert sich in der Modifikation des Ausdrucksplans, so da beide Sei- ten des Satzmodells in einem Textzusammenhang zusatz- liche Merkmale bekommen. 2) Alle aufgezadhlten Merkmale eines Satzes auf dem kommunikativen Niveau sind aufs engste miteinander ver- bunden, durcheinander bedingt und voneinander abhangig. Folglich ist die getrennte Betrachtung dieser Merkmale le- diglich aus Untersuchungs- bzw. Lehrzwecken méglich, ihre Trennung soll also nicht als sprachliche Wirklichkeit, sondern als wissenschaftliche Abstraktion aufgefaBt werden, AKTUALISIERUNG DER SATZPRADIKATION Wie schon gesagt, wird unter der Pradikativitat des Satzes die Bezogenheit zur objektiven Wirklichkeit ver- standen, die sich in den Kategorien Temporalitat, Modali- tat und Person 4ufert. Da sich eine Pradikation in Form der Affirmation oder Negation offenbart, zahlt die Katego- rie Affirmation/Negation zu den wichtigsten Kategorien des Satzes (Lomtjew, S. 62). KATEGORIE DER AFFIRMATION/NEGATION Zwei Formen des Satzmodells — affirmative und nega- tive — werden in der Rede verschieden modifiziert je nach dem Ausdruck der Bedeutung Affirmation/Negation. Die deutsche Sprache verfiigt tiber ein reiches System von- Negationswértern (Helbig, II). In der Rede ist aber oft die Nichtiibereinstimmung zwischen dem Inhaltsplan und dem Ausdruckspian nachzuweisen, die sich darin zeigt, da8 ein Satz mit grammatischen Negationsmittein eine bejahende und ein Satz ohne grammatische Negationsmit- tel eine verneinende Bedeutung ausdriickt. Im’ letzten Fall spricht man von einer impliziten Negation. 50, Die implizite. Negation findet ihren Ausdruck in der sprachlichen Gestaltung eines Satzes. Sie kann, formal- markiert oder formal-unmarkiert sein. Als formal-markierte Negation bezeichnen wir die Ne- gation, die durch die wortbildenden Mittel der Negation ausgedriickt wird. Dazu gehéren verneinende Affixe: Pra- fixe un-, mif®B-, a-, des-, in-; Suffixe -los, -frei u. a. (Helbig, Buscha, S. 465—467). Als formal-unmarkiert wird die Negation bezeichnet, die durch strukturelle und intonatorische Gestaltung des Satzes realisiert wird. Das sind folgende Strukturen: 1) Rhetorische Frage oder Ausruf: Wer weif? + Niemand wei8. Wer hatte das erwartet?—+ Niemand hatte das er- wartet. 2) Irreale Konditional- oder Wunschsatze: Wenn ich ein Schwalbe ware, so flég’ ich zu dir, mein Kind! (H. Heine) Wenn ich ein Véglein ware! (H. Heine) 3) In komparativen phraseologischen Strukturen wird eine Aussage durch lexikalisch-semantische Mittel negiert: eae paBt wie die Faust aufs Auge.» Das paBt nicht. Das ist klar wie dicke Tinte— Das ist nicht klar. 4) Als grammatische Idiome sind Wortverbindungen zu betrachten, die mit den grammatischen Mitteln der Ne- gation konkurrieren: Ich bin weit davon entfernt, eine Ant- wort zu geben.— Ich will nicht antworten. Es liegt mir fern, dich danach zu fragen. Ich frage dich nicht danach. (Ich will dich nicht danach: fragen). Als okkasionelle Mittel der Negation betrachten wir Worter und Wortverbindungen, die keine Komponente der Negation enthalten und keine bestimmte Struktur oder Intonation des Satzes voraussetzen. Von besonderem Inte- resse ist der Vergleich solcher Okkasionalismen mit der Ausdrucksweise der Negation in anderen Sprachen, z. B. im Russischen: Auf dem Feld war es fast windstill. (M. W. Schulz) Betpa Ha none mourn He Gpio (mepezon). Kennzeichnend fiir den deutschen Satz ist, dai das Deu- tsche keine pleonastische Verneinung kennt. Die doppelte Verneinung im Russischen oder Ukrainischen, die eine 5i aE kategorische Bejahung bezeichnet, wird im Deutschen durch eine Umschreibung wiedergegeben: (1) Henp3a 6bln0 He BOCXHULaTbCA Ce MY2KECTBOM, KoTOpoe MOGyAHI0 ee, He KONEGACb, CHEAT 9TOT war. Man konnte nicht umhin, den Mut zu bewundern, der sie bewogen hatte, ohne Zaudern diesen Schritt zu tun. (2) Heap3a 610 He y3HaTb STOH MeByWIKH. Sto 6b Te Ke Pasa Zovepu Boctoxa. Man konnte dieses Madchen nicht verkennen. Das waren noch die fremdartigen Augen der Toch- ter des Orients. Aus dem Gesagten ist zu ersehen, da8 in der Rede zum Ausdruck von zwei Bedeutungen— einer bejahenden und einer verneinenden — mannigfaltige usuelle und okkasio- nelle Mittel variieren. KATEGORIE DER TEMPORALITAT Die Kategorie der Temporalitaét darf nicht identifiziert werden mit der morphologischen Kategorie Tempus. Die morphologische Kategorie Tempus haftet dem Verb an und kennzeichnet das Verb als Wortart. Die syntaktische Kate- gorie Temporalitat ist die Eigenschaft des Satzes, sie cha- rakterisiert den Satz als kommunikative Einheit. Die Ak- tualisierung der Temporalitat dufert sich darin, daB die zeitliche Charakteristik des Satzes auf den Redemoment oderjund auf den Redestrom abgestimmt wird. Im Verhaltnis zum Redemoment kann das Geschehen oder Sein eines aktuellen Satzes als gegenwartig, vergan- gen oder kiinftig dargestellt werden. Die temporale Charakteristik des Satzes, die auf den Redemoment abgestimmt ist, kann als absolutes zeitliches Verhaltnis bezeichnet werden. Das absolute Zeitverhaltnis ist nur in bezug auf den Redemoment absolut. Es ist nur unter dem Gesichtswinkel des Momentes des Sprechens gegenwartig, vergangen oder kiinftig, z. B.: Heute arbeite ich den ganzen Tag. Das gegenwartige Geschehen ist nicht objektiv gegen- wartig, sondern nur auf einen Nullpunkt bezogen, und die- ser Nullpunkt ist der Moment des Sprechens. Auf diesen Nullpunkt bezieht sich genauso ein vergangenes und ein kiinftiges Geschehen oder Sein. Wenn man sagt: Ich arbei- te morgen den ganzen Tag, so wird nach einer Zeit (nach 52 einigen Tagen, Wochen usw.) dieses morgen nicht mehr kiinftig sein. Auch ein vergangenes Geschehen ist nicht objektiv vergangen, sondern ist nur vergangen im Verhalt- nis zum Nullpunkt. Die Abstimmung eines Geschehens oder eines Seins auf den Redestrom setzt die syntagmatischen temporalen Be- ziehungen zwischen den Satzen, und somit zwischen zwei Geschehen (oder Sein), voraus. Im Verhaltnis zur sprach- lichen Situation (zu einem anderen Geschehen oder Sein) wird das Geschehen als vorzeitig, gleichzeitig oder nach- zeitig dargestellt. Die temporale Charakteristik des Sat- zes, auf den Redestrom bezogen, ist ein relatives zeitliches Verhaitnis. Wenn eine Handlung friiher und eine andere spater geschieht, so bleibt dieses Verhaltnis zwischen den Handlungen konstant, unabhangig von dem Redemo- ment. Folglich liegt hier ein Paradoxon vor: die absolute zeit- liche Charakteristik des Satzes ist subjektiv, weil sie nur auf den Redemoment bezogen ist. Die relative zeitliche Charakteristik ist objektiv, weil das relative Verhaltnis unabhangig vom Redemoment immer konstant bleibt. In einem Satz kénnen beide Verhaltnisse vorhanden sein, je nach der Betrachtungsweise. (1) Er hat das Gesprach beendet. Jetzt legt er den Hirer auf. (2) Er hatte das Gesprach beendet. Dann legte er den Hérer auf. Der zweite Satz im (1) und im (2) Fall bedeutet einer- seits Nachzeitigkeit, wenn wir ihn im Redestrom betrach- ten. Andererseits bedeutet er, auf den Redemoment bezo- gen, im Fall (1) die Gegenwart, im Fall (2) — die Ver- gangenheit. Zur Aktualisierung der Kategorie Temporalitat dient ein ganzes System von Mitteln, das als Feld der Tempora- litat bezeichnet und erforscht wird. Als Dominante dieses Feldes gilt die morphologische Tempuskategorie des Verbs. Daneben wirken nominale Formen des Verbs und Mittel der lexikalischen Ebene, in erster Linie Adverbien und Wortfiigungen mit temporaler Bedeutung (Gulyga, II). Die lexikalischen Mittel sind in einem Fall fakultativ, weil sie die Tempusform begleiten und ihre Bedeutung unterstiitzen, in einem anderen Fall sind sie obligatorisch, weil sie die Bedeutung der Tempusform konkretisieren oder gar neutralisieren (Gulyga, II, S. 42). Vgl.: 53 (1) Und was er manchmal im Einschlafen gewiinscht hatte, das hatte er nun. (H. Fallada) (2) Gleichzeitig ritckte jener Herr mit einer unverkenn- bar unfreundlichen Bewegung zur Seite... (S. Zweig) Bald darauf verabschiedete ich mich von meinem bra- ven Schwaitzer... (S. Zweig) ~ : (3) Am Abend bist du bestimmt zuriick. (H. Fallada) im Satz (1) unterstiitzen die Begleitworier die relative Bedeutung der Tempusformen; in den Satzen (2) konkreti- sieren die Adverbien die relative Bedeutung des Prateri- tums: Gleichzeitigkeit und Nichigleichzeitigkeit; im Satz (3) neutralisieren die lexikalischen Mittel die Bedeutung der Gegenwart und verleihen der Prasensform die Bedeu- tung der Zukunft. Auf diese Weise bilden die peripheren Mittel des Fel- des der Temporalitat einen Kontext fiir das dominierende Mittel, fiir die Tempusformen des Verbs. Die zeitliche Be- deutung des Satzes wird entweder durch die systemhafte oder durch die kontextuelle Bedeutung der verbalen Form widerspiegelt (Schendels, I). KATEGORIE DER MODALITAT Die Modalitat ist eine ebenso wichtige Eigenschaft des aktuellen Satzes wie die Temporalitat. Unter dem Aus- druck ,,Modalitat' werden in der Linguistik verschiedene Erscheinungen zusammengefaBt; demzufolge ist die Mo- dalitat ein viel diskutierter, komplizierter, verschiedene Aspekte der Charakteristik eines Satzes betreffender Be- griff. Die gréBte Schwierigkeit besteht in der genauen Festlegung des Umfangs des Begriffs Modalitat, der nicht eindeutig verstanden und behandelt wird. Zu den moda- Jen Bedeutungen werden von manchen Autoren folgende Bedeutungen gezahlt: 1) Affirmation/Negation der pradikativen Aussage; 2) Aussage, Frage und Aufforderung; 3) Realitat/Irrealitat der Aussage im Verhdltnis zur objektiven Wirklichkeit. 1) Eine viel diskutierte Frage ist, ob die Bedeutung Affirmation/Negation der modalen Charakteristik des Sat- zes zuzuschreiben ist (Admoni, II) oder eine selbstandige Kategorie des Satzes darstellt (Schendels, 1; Lomtjew). Fiir die zweite Stellungsnahme sprechen folgende Tat- sachen: a) Die Affirmation/Negation ist mit der denotativen a4 Bedeutung des Satzes verbunden, wahrend die Modalitat des Satzes die grammatische Semantik des Satzes charak- terisiert: - (1) Er studiert an der Universitat. (2) Er studiert an der Universitat nicht. Die Satze haben unterschiedliche, entgegengesetzte de- notative Bedeutung, obwohl beideein gleiches Verhaltnis zur Wirklichkeit zeigen, und zwar zur Realitat der Aus- sage. (1a) Er studiert wahrscheinlich an der Universitat. (2a) Er wird wohl an der Universitat nicht mehr stu- dieren. Die modale Bedeutung der Irrealitat neutralisiert zum Teil die Extremitat der beiden Behauptungen (der affirma- tiven und der negativen), hebt aber den Unterschied in der Bedeutung der SAtze nicht auf. Dagegen unterscheiden sich folgende Satze nicht durch ihre Hauptbedeutung, son- dern lediglich durch ihre modale Charakteristik: (1) Er studiert wohl an der Universitat. (1b) Er studiert wohl an der Universitat. b) Jedem Satz auf dem kommunikativen Niveau liegt eine der beiden Formen eines Satzmodells zugrunde; die affirmative oder die negative (Vgl. die II. Stufe des Satz- aradigmas nach O. I. Moskalskaja). Jede dieser beiden Fosmen erscheint in der Rede in einer ihrer modalen Mo- difikationen, so da® die Bedeutungen koexistieren. c) Und schlieBlich hat die Bedeutung Affirmation/Ne- gation ihr eigenes System von Ausdrucksmitteln wie jede selbstandige Kategorie. : Folglich mu8 man die Kategorie Affirmation/Negation als eine besondere selbstandige Kategorie betrachten, ob- wohl sie mit der eigentlichen Bedeutung der Modalitat aufs engste verbunden und wechselseitig bedingt ist. 2) Auch die Bedeutung der Aussage-, Frage- und Auf- forderungssatze kann nicht als wesentliche modale Cha- rakteristik des Satzes anerkannt werden. Diese Satze sind mit ihrer eigentlichen konstanten kommunikativen Seman- tik paradigmatische Modifikationen eines Satzmodells. Dabei kann der Aussagesatz oder der Fragesatz verschie- dene modale Nebenbedeutungen entwickein. Vgl.: Kommst du morgen? K6nntest du morgen kommen? Wiirdést_ du morgen kommen, wenn ... Kommst du vielleicht morgen? usw. 3) Die eigentliche modale Charakteristik des Satzes fiegt in der Opposition Wirklichkeit — Nichtwirklichkeit (Realitat — Irrealitat). Die Bedeutung der Nichtwirklich- Keit umfaBt als modale Schattierungen: Mdglichkeit, Not- wendigkeit, Wahrscheinlichkeit, Vermutung, Unsicherheit, Wunsch usw. Die modale Charakteristik des Satzés kann sich in drei Aspekten auBern: i) Verhdltnis der Aussage zur Wirklichkeit vom Stand- punkt des Sprechers aus (objektive Modalitat); 2) Verhaltnis des Sprechers zur Aussage (subjektive Modalitdt); : 3) Verhaltnis zwischen dem Subjekt der Aussage und der Aussage selbst (Solotowa, 142 ff.). Der erste Aspekt der Modalitat, die objektive Modali- tat, wird mit Hilfe von einer morphologischen Kategorie, dem Modus des Verbs ausgedriickt: Er kommt, wenn er Zeit hat. (Indikativ zum Ausdruck der Modalitat der Wirklichkeit). Er ware gekommen, wenn er Zeit gehabt hatte. (Konjunktiv zum Ausdruck der irrealen Bedingung). An deiner Stelle wiirde er kommen. (Konditionalis zum Ausdruck der potentiellen Még- lichkeit, bei der zusammengefaBten Bedingung). Der objektive Aspekt der Satzmodalitat wird nicht aus- schlieBlich auf die verbale Kategorie des Modus zuriickge- fiihrt. Die kontextuellen Mittel kénnen die Bedeutung einer verbalen Form neutralisieren oder modifizieren (Schen- dels; S: 17), Bs Kommst mal morgen friiher, da setzt sich der Entwick- lungstab zusammen. (Ch. Wolf) Unter dem Einflu8 des Kontextes gewinnt hier der In- dikativ die Bedeutung des Imperativs. Folglich dient die morphologische Kategorie Modus der syntaktischen Kate- gorie Modalitat, und die morphologische Kategorie ist mit der syntaktischen nicht zu identifizieren. Der zweite Aspekt der Modalitat, die subjektive Moda- litat, wird in erster Linie mit Hilfe von lexikalischen Mit- ¢eln — Modalwértern, durch die Formen Futur 1 und II ausgedriickt und zeigt das Verhalten des Sprechenden zur Aussage: : Er kommt wahrscheinlich nicht. (Annahme des Sprechers) Er wird das schon gemacht haben. (Annahme des Sprechers) Er kommt gewi8 rechtzeitig. (Sicherheit, Oberzeugung des Sprechers) Dabei kann eine ganze Reihe von modaien Schattierun- gen mit verschiedenem Sicherheitsgrad ausgedriickt_wer- den: von Sicherheit, Uberzeugung bis Unsicherheit, Zwei- fel (Gulyga, III, S. 26). a. Dazu gehéren auch die Formen: Modalverb + Infini- tiv I], die auch das Verhaltnis des Sprechenden zur Aus- sage ausdriicken: Er mu8 das geschrieben haben. Er soll das geschrieben haben. Er will das gesagt haben. Er mag damals 20 Jahre alt gewesen sein. Der dritte Aspekt der Modalitat — das Verhaltnis zwi- schen dem Subjekt der Aussage und der Aussage — wird vor allem durch Modalverben + Infinitiv I und die Formen sein, haben + Infinitiv I zum Ausdruck gebracht: Er will kommen. Der Satz enthalt nicht den Wunsch des Sprechers, son- dern den Wunsch desjenigen, von dem im Satz die Re- de ist. Es ist eine besondere Beziehung zwischen der zeitli- chen und der modalen Charakteristik des Satzes zu beach- ten. Das Modalverb bezeichnet das modale Verhaltnis des Subjekts zu einer Handlung, die durch den Infinitiv ausgedriickt wird. Dabei ist’ das Modalverb (als Verbum finitum) der eigentliche Trager der absoluten zeitlichen Charakteristik des Satzes. Die zeitliche Charakteristik be- trifft jedoch nicht das Geschehen selbst, sondern ledig- lich den modalen Aspekt des Satzes. Das Geschehen befin- det sich in einem relativen zeitlichen Verhaltnis zur Be- deutung des Modalverbs und wird immer in bezug auf das Modalverb als kiinitig gedacht. Er will studieren. (Er studiert jetzt noch nicht, sondern wird (will) in Zukunft studieren.) Er wollte studieren. (im Moment, auf den die Aussage bezogen wird, stu- dierte er noch nicht.) Dieses Verhdltnis bleibt immer konstant und ist objek- tiv. Das besagt, da8 die Modalverben eine temporal vorausweisende Bedeutungskomponente beinhalten (s. S. 127ff). 57 Alle drei Aspekte der Modalitaét schlieBen einander nicht aus und kénnen in einem Satz zusammenwirken: Er will wahrscheinlich kommen. Er k6nnte vielleicht studieren. Er kénnte vielleicht studieren, wenn er den Wunsch dazu hatte usw. Zum Ausdruck der komplizierten Verflechtung der mo- dalen Bedeutungen dient ein kompliziertes System der modalen Ausdrucksmittel. Dieses System von Mitteln wird als Feld der Modalitat zusammengefa8t und beschrie- ben (Gulyga, II). KATEGORIE DER PERSON Die Subjekt-Pradikat-Beziehung ist die Grundbe- ziehung, die einen Satz gestaltet. Die Beziehung zwischen dem Subjekt und dem Pradikat der Aussage wird durch die Kategorie der Person hergestellt. Nach der syntaktischen Kategorie der Person kennt die traditionelle Grammatik die Einteilung der Satze in_persénliche, unbestimmt-per- sdnliche und unpers6nliche. Der Unterschied zwischen die- sen drei Satzarten basiert in erster Linie auf dem formalen Ausdruck des syntaktischen Subjekts des Satzes. In persénlichen Satzen wird das Subjekt durch einen Substantiv in Nominativ (im weiten Sinne des Wortes) ausgedriickt: Der Mann steht am Fenster. Er beginnt zu sprechen. Alle wissen das. In unbestimmt-persénlichen Sadtzen— durch das Pro- nomen man: Man raucht hier nicht. In unpersénlichen Satzen — durch das Pronomen es: Es dammert. Es ist dunkel. Die traditionelle Einteilung gibt keinen Aufschlu& iiber das strukturelle und das semantische Wesen des Satzes. Diese finden ihre Widerspiegelung in einer konsequenten Unterscheidung einerseits zwischen eingliedrigen/zwei- gliedrigen Sadtzen (strukturelle Charakteristik), anderer- seits zwischen persénlichen/unpers6nlichen Satzen (se- mantische Charakteristik). Zum Kriterium der Unterscheidung zwischen einglied- rigen/zweigliedrigen Satzen dient das Vorhandensein bzw. 58 Nichtvorhandensein eines formal ausgedriickten syntakti- schen Subjekts (oder Pradikats). : In der Position des syntaktischen Subjektes,.d. h. der Position des Substantivs im Nominativ, konnen ver- schiedene Wortklassen variieren (in einem zweigliedrigen Satz): Das Madchen singt. Ich lese. Du gehst durch diesen schénen Wald und denkst... Man spricht viel davon. Ae Die Position des syntaktischen Subjekts fehlt (in einem eingliedrigen Satz): ich friert. Hier wird getanzt. Komm morgen! : Vorsicht! ats, Die semantische Charakteristik des Satzes (Persénlich- keit/Unpersénlichkeit) hangt nicht von dem Subjekt, son- dern von dem Pradikat des Satzes ab und zwar von der lexikalischen Bedeutung des Verbs, das im Satz als Pra- dikat fungiert, oder des Adjektivs, das das Pradikativ darstellt. Persénliche Satze Unpersénliche Satze Ich singe. Es regnet. Hier wird gesungen. Es ist dunkel. Es wird hier gesungen. Es ist windig. Man singt. ot Daraus ist ersichtlich, daB die persénlichen Satze ver- schiedene Strukturen haben kénnen. Mafigebend fiir die Qualifizierung des Satzes als persénlich oder unpersén- lich ist die Méglichkeit, eine eingliedrige Struktur oder die Struktur mit dem formalen es auf eine zweigliedrige Struktur zuriickzufiihren. Wenn eine solche Moglichkeit besteht, ist der Satz als persénlich zu akzeptieren: Hier wird gesungen—> Hier singt man.» Hier singen Menschen (Studenten, Kinder usw.) Es lebte einmal ein Kénig.> Ein Kénig lebte einmal... Mich friert. Ich friere. Es schaudert mich. Ich schaudere. : Die unpersénlichen Satze sind lediglich formal zwei- gliedrig und kénnen in einen vollstandig zweigliedrigen Satz nicht verwandelt werden: Es regnet. * Man regnet.— * Der Tag regnet. Hier sind zwei Ubergangsfalle zu unterscheiden: 59

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