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Judaica Festschrift Zu Hermann Cohen

Essays in Jewish Philosophy (German)

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HERMANN COHENS

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Presented

to the

LIBRARIES

ofthe

UNIVERSITY OF TORONTTO
by

DR. OSCAR SINGER

ND
DR. WILLIA2I SINGER

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JUDAICA

FESTSCHRIFT
zu

HERMANN COHENS
SIEBZIGSTEM GEBURTSTAGE

BERLIN

VERLAG VON BRUNO CASSIRER


1912

c^"

*^^VOF^^

DRUCK VON W. DRUGULIN

IN LEIPZIG

HERMANN COHEN,
DEM BEGEISTERTEN VERKNDER DER LEHREN
DER PROPHETEN, DEM WISSENSCHAFTLICHEN
VERFECHTER DER EWIGEN WAHRHEITEN DES
JUDENTUMS BERREICHEN WIR ZUM SIEBZIGSTEN GEBURTSTAGE DIESE SAMMLUNG
VON AUFSTZEN AUS DEM GEBIETE
DER WISSENSCHAFT DES JUDENTUMS ALS ZEICHEN DER
DANKBARKEIT UND

VEREHRUNG
IM AUFTRAGE DES KOMITEES

ELBOGEN

KELLERMANN

BERLIN,

4,

JULI 1912

MITTWOCH

Inhalt:
Seite

Max

....

Wiener, Zur Geschichte des Offenbarungsbegriffs


Israel Abrahams, The Tobit drama in the sixteenth Century

Hermami Vogelstein, Thora, Propheten, Weise


M. Steckelmac/ier, Die Psalmen in der Beleuchtung

25
31

einiger ihrer

und neueren christlichen Interpreten


Benzion Kellermann, Die philosophische Begrndung des Judentums
Felix Perles, Die Autonomie der Sittlichkeit im jdischen
lteren

Schrifttum

40
jr

jq^

J. Heitiemann, Philos Lehre

vom Eid

log

J^ ^a^/z^-r, Joseph Ibn Kaspi als Bibelerklrer


yacob Gnttmann, Die Beziehungen der maimonidischen Religionsphilosophie zu der des

Abraham

ibn

Daud

119
135

Bergmann, Die stoische Philosophie und die jdische Frmmigkeit


Lewkowits, Maimunis Theorie der Prophetie

145

167

L. Treitel, Die alexandrinische Lehre von den Mittelwesen oder


gttlichen Krften, insbesondere bei Philo, geprft auf die

Frage,

ob und welchen Einflu

auf das

sie

Mutterland

Palstina gehabt

^ji

Adolf Schwarz, Enthymematische Analogieschlsse in der Bibel


Ludwig Blau, Zur demotischen und griechischen Papyrusurkunde

Eugen

185

207

Der Wiederaufbau des jdischen Tempels in


Elephantine
ein Kompromi zwischen Juden und SamaMiitcoch,

ritanern

Horovitz,

ber

227
die Bekanntschaft Saadias mit der griechischen

Skepsis
.

Henry Malter, Mediaeval Hebrew Terms

for

Nature

Israel Friedlaender, Ein Gratulationsbrief an Maimonides

Hartwig Hirschfeld, Antikarische Polemik


philosophie

in

2\^

253
257

Sa'adiahs Religions261;

Vin

INHALT
Seite

A. Bchler,

IJber

7,wciten

und

Minim von Sepphoris und Tiberias im

die

dritten Jahrhundert

271

D. Shnonsefi, Kleinigkeiten

297

Zur Lehre vom Logos bei Philo


Immanuel Low, Aramische Lurchnamen
Siegvumd Salfeld, Vorboten der Judenemanzipation

303

Leopold

L.

Colin,

Munk, Die Judenordnungen

Uml'erto Cassuto,
6\

Un

in

333
in

Kurmainz

347

....

377
389

Hessen-Cassel

ignoto capitolo di storia ebraica

Maybaum, Erklrung

einiger biblischer Stellen

H. Flesch, Akzentstudien
M. Cliaviizcr, R. Achitubs aus Palermo hebrische bersetzung
der Logica Maimunis
Ludivig Geiger, Briefe von Wilhelm Wolfsohn an Berthold

Auerbach
Hochfeld, Einige

Bemerkungen zum

Begriff

und zur Methode

der praktischen Theologie

M.

481

Die leitenden Ideen der jdischen Predigt

Levin,

der

in

Gegenwart

Max

EschelbacJier ,

493

Recht und

Billigkeit in

der Jurisprudenz des

Talmud

501

Julius Guttmann,

Spinozas

Zusammenhang

mit

dem

Aristote-

lismus
J. Horowitz,

dem

515

Entwicklung des alexandrinischen Judentums unter

Einflsse Philos

A. Freiniann,

423

457
469

K. KoJder, Die Nchstenliebe im Judentum


.S".

405
411

MeschuUam

535
b.

Kalonymos' Polemik gegen

Karer
Kalischer, Die Wertschtzung der Arbeit

die

569

Talmud

579
609

N. A.
Ismar Elbogen, Die messianischc Idee in den alten jdischen
Gebeten
Alphons y. Sussnitzki, Die Entstehung des Christentums im

659

in

Bibel und

Auge um Auge, Zahn um Zahn


Nobel, Studien zum talmudischen Pfandrecht

J. Horovitz,

Lichte des historischen Materialismus


Philipp Bloch, Spuren alter Volksbcher in der

669
681

Aggada

703

Zur Geschichte des

Offenbarunofsbepfriffs.

Von Max WiENER-Stettin.

Die

Geschichte der wichtigsten Entwicklungsstufen, durch welche


die historischen, die positiven" Religionen hindurchgegangen
lt

sind,

Wenn

sich

deutlich

vom

Ofifenbarungsbegrifif aus

Auge fassen,
und in den
Werdegang ja ganz analog

wir die Religion des Judentums ins

beiden anderen verluft der historische

berschauen.

Leben vor allem zwei Entwicklungsder Regel als die biblische und die nach-

so treten in ihrem geschichtlichen

perioden heraus, die in

biblische charakterisiert werden.

Mit dieser religionshistorischen Ein-

teilung wird nicht blo uerlich der

getragen, welche die Bibel fr

ungeheuren Bedeutung Rechnung


das gesamte Kulturbewutsein des

Volkes der Schrift" gehabt hat.

In ihr dokumentiert sich nicht nur

unabsehbare Tragweite einer literargeschichtlichen Tatsache fr


das ganze dreitausend Jahre erfllende Leben der jdischen Gemeindie

Sondern mit jener Zerlegung werden zugleich auch zwei


innerlich fundamental verschiedene Religionsstufen bezeichnet.
Jede
von diesen empfngt aber ihr eigentmliches sie auszeichnendes Geprge durch die besondere Stellung, die eigenartige Beleuchtung, in
welcher dem einen wie dem anderen Zeitalter Wesen und Begriff
schaft.

einer gttlichen Offenbarung erscheinen.

Was

der

und wie sich seine Bedeutung gewandelt hat, das vermgen wir hier nicht auf eine scharfe
Formel zu bringen, wenn dieser ganzen Untersuchung nicht vorgegriffen werden soll, und darum sei er an dieser Stelle nur roh
umschrieben als der Begriff einer Erkenntnis, die ihren Ursprung
Offenbarungsbegrifif besagt

nicht den natrlichen"

sich allenthalben in den Hantierungen des


Lebens manifestierenden Krften des menschlichen Geistes dankt,

sondern die betrachtet wird

als ein

Wissen, das irgendwie

unmittelbar von Gott herstammender Eingebung entfliet.

dem

Quell

FESTSCHRIFT COHEN

dem

populren religisen

es,

irgendwelche inhalt-

des

Offenbarungsbegriffs

Diese vorlufige Erklrung, welche mit

Bewutsein wohl bereinkommt, vermeidet


Bestimmtheiten

liche

auszuzeichnen;

Moment

ab,

sie

Charakteristika

als

sieht

insbesondere von

da das aus

dem

dem

sehr naheliegenden

gttlichen Geiste abgeleitete

Wissen

seinem prophetischen Empfnger ber Dinge Aufschlu gewhre, die


dem Auge des nicht so beglckten Sterblichen ewig verschleiert

Wohl

blieben.

aber steckt

in

dem

naiven wie

in

dem durch

theo-

logische Reflexion bearbeiteten und sublimierten Offenbarungsbegriff

von Gott entquellende Erkenntnis das


Kriterium ihrer absoluten Evidenz in sich selber trage, da sie in
ihrem Offenbarungscharakter verbrgt und so vor jedem Zweifel
menschlicher Geister gefeit sei oder doch sein sollte. Was ja zu
dem endlosen Streit zwischen Glauben und Wissen gefhrt hat.

immer der Gedanke, da

die

Die Geschichte des Offenbarungsbegriffs soll hier innerhalb gewisser Strecken seiner Entwicklung in der jdischen Religion verfolgt
werden.

da nur in der scharfen Trennung


zwischen dem gottgeschenkten und dem aus dem Menschengeist
autochthon geborenen Wissen, nur in der entschiedenen Gegenber-,
ja Entgegenstellung der beiden Erkenntniswege jener theologische
Begriff in seiner Bedeutung und Tragweite erkannt werden konnte;
wie umgekehrt auch das Wesen des natrlichen" Lichtes dadurch
an Klarheit gewonnen hat, da es sich von dem Dunkel eines so

Es

ist

von vornherein

klar,

gnzlich disparaten Hintergrundes abzuheben vermochte.

Mit dieser

nicht etwa gesagt sein,


wie schon angedeutet
Scheidung soll
da die beiden Erkenntnismethoden die Tendenz haben, zu verDenn wir werden das
schiedenen Erkenntnisinhalten zu fhren.

grundstzliche Bestreben der jdischen Philosophie

berhren,

das

darauf

ausgeht,

unter

des Mittelalters

Festhaltung

des

Prinzips

Offenbarung aus transzendenter Quelle den Offenbarungsinhalt


Sondern es soll nur darauf hingewiesen werden,
zu rationalisieren.
da Religion, so weit sie Erkenntnis sein will, diese besonderer bereiner

danken zu sollen meint.


Diese Erwgungen fhren nun zu der Stellung des fr die
Geschichte unseres Begriffs grundlegenden Problems, wie innerhalb
der biblischen Religion, aus der diese Fragen ja erwachsen sind,

natrlicher Erleuchtung

der Ofienbarungsgedanke
schiedenheit,

die

lebendig wurde,

wie sich

hier

Spannung zwischen der gewhnlichen

die

Ver-

allgemein

menschlichen und der Idee einer unmittelbar durch Gott gewirkten

WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS

Erkenntnis fhlbar machte.

Und

sobald ein Bewutsein dieser Ver-

Frage zu der Aufgabe, die


Kriterien zu finden, welche fr den menschlichen Geist Wahrheit
und Echtheit gegebener Offenbarungen charakterisieren und verbrgen.
Fr beide Probleme bieten namentlich die prophetischen Schriften
schiedenheit besteht, vertieft sich die

Stoff genug.

Nun

anzunehmen, da jener Unterschied


im Bewutsein des alt-israelitischen Propheten oder der Menschen,
an welche er sich wandte, berhaupt als eine schwer ertrgliche
Spannung, als ein problematischer Dualismus der Erkenntnis wege
empfunden wurde. Aber man wird doch andererseits auch zugeben
es ja durchaus nicht

ist

mssen, da die Personen der biblischen Welt, wenn ihre propheti-

schen Erzieher ihnen von gttlichen Offenbarungen kndeten, sich

und unphilosophischen Denkart ihre beSicherlich haben sie


sonderen Gedanken gemacht haben werden.
die wundersamen Visionen und Auditionen der gotterfllten Seher
Aber ber das bloe Staunen
als etwas Seltsames empfunden.
werden sie schwerlich hinausgekommen sein, wie sie wohl ber
viele andere Dinge und Ereignisse sich wunderten, die ihr enger,
Zu
noch wenig gebter Geist sich nicht zu erklren vermochte.
dem ursprnglichen Glauben an eine Gottheit gehrt gewi auch
der Glaube an ihre Offenbarung, als frheste Lebensuerung der
darber trotz

Religion.

aller Naivitt

Doch wie
Macht

die Gottheit erst sehr allmhlich zu einer auer-

Offenbarung fr den einfachen Geist nicht als ein auer- oder bernatrliches Begebnis gelten,
sondern nur als ein hchst merkwrdiges Geschehen innerhalb einer
im allgemeinen sonst besser bekannten Natur. Sie gehrt fr das

weltlichen

wird, so

kann auch

ihre

primitive Bewutsein zu den mancherlei erstaunlichen Erscheinungen

zwischen Himmel und Erde, vor denen Menschenwitz verstummen


mu.
So wird man auch das Wunder" empfunden haben, das

Gegenstck der Offenbarung in der Welt der ueren Erscheinungen


es gilt als ein besonders merkwrdiges Vorkommnis, das sich von
anderen Begebnissen eben nur durch einen ausnahmsweise hohen
Grad von Seltsamkeit unterscheidet. Anhebende Reflexion begegnet
=

uns bereits

in

gewissen Stcken des Pentateuch.

Es

sei hier

nur

da ein besonderes Wort Kli die gttliche


Schpferttigkeit, wie sie sich namentlich in den Wundern darlegt,
bezeichnet.'
Aber das ist nicht mehr als ein Anfang. Offendarauf hingewiesen,

'

Nu

16,

30; Jes 41, 20.

FESTSCHRIFT COHEN

barung und Wunder bedeuten fr die Religion der Bibel


etwas anderes wie fr die Religiositt der Spteren. Die
und Unvergleichbarkeit der Offenam Mastabe der immanenten gemessen, das
barun^serkenntnis
absolut Geheimnisvolle und Rtselhafte der Wundererscheinung,
wenn sie auf das regelrechte Naturgeschehen bezogen wird, das
sind Probleme, die dem Bewutsein der entstehenden Religion noch
Und sie blieben ihm darum fremd, weil
nicht aufgegangen sind.
noch keine Wissenschaft jenen festen Untergrund geschaffen hatte,
von dem sie sich abheben mssen, um berhaupt als Probleme

vollkommene

Andersartigkeit
,

oder

gefhlt

migkeit.

erkannt

zu

werden: das

ist

der Begriff der Gesetz-

Darum kann

Aufgabe haben,

unsere Frage nur den Sinn der historischen


den Grad von Reflexion zu bestimmen-, der sich

schon bei der biblischen Religion regt, wo der Dualismus von gttlicher Offenbarung und menschlichem Wissen auftaucht. Es ist uns
hierbei nicht um Vollstndigkeit nach der religionsgeschichtlichen
und exegetischen Richtung hin zu tun, nur einige markante Stellen
sollen

allem

hervorgehoben
in

und verwertet werden.

Sie finden sich vor

der prophetischen Literatur.

Im Namen und im Auftrage

Gottes reden die Propheten zu den

Menschen. Sie verlangen fr ihre Verkndigungen vor allem darum


Gehr und Respekt, weil sie der gttlichen Offenbarung, der Quelle
Die allgemeine Tendenz,
aller Wahrheit und Weisheit, entflieen.
die bereinstimmende Absicht aller der Weisungen, die sie als Boten
und Sprecher Jhvhs an ihr Volk richten, ist sicher darauf beschrnkt,
auf die sittlichen Zustnde einzuwirken. Dieser Grundcharakter des
durch sie vermittelten gttlichen Offenbarungswillens leuchtet auch
dort klar hervor,

wo

sie nicht

schlechthin als B- oder Strafprediger

drohen, sondern als eigentliche Propheten, als erleuchtete


Zukunftverknder den Schleier des Geheimnisses von dunkeln ver-

mahnen und

borgenen Dingen aufheben wollen.


Sind es durchgehend ethische Motive und Tendenzen, welche
ihre Wirksamkeit bestimmen, so liegt es nahe, ihr sittliches BewutTorot
sein als das eigentliche und wahrhafte Fundament aller ihrer
auszuzeichnen.

Da

sie

geniale

Pfadfinder

auf

dem

Gebiete

der

echten Sittlichkeit gewesen, wird ja heute allgemein zugestanden.


Doch fr uns handelt es sich um ein anderes: wir mssen zwischen

berzeugung,
Die
Selbstbewutsein ihrer Religiositt, scharf unterscheiden.
schneidende Alternative etwa, welche die Grten von ihnen zwischen

dem
dem

objektiven

Sachverhalt

und

ihrer

subjektiven

WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS

Frmmigkeit des Kultus und einem Gottesdienst der Menschenstellten, erscheint einem modernen Betrachter leicht als ein

einer
liebe

das einfach aus naiv schpferischer Erfassung der ethischen


Wahrheit geboren ist. Gegen diese Deutung als den Ausdruck des
Urteil,

faktischen reinen Sachverhalts wird sich schwerlich etwas einwenden

Denn

lassen.

es

mu

auerhalb der wissenschaftlichen Diskussion

bleiben, soweit diese sich mit der Religionsgeschichte beschftigt,

ob

tatschlich Einflsse transzendenter Herkunft, wahrhafte Erleuchtungen der Gottheit, im Geiste jener Mnner solche berzeugung
ber dieses Problem kann nur Erkenntnistheorie
gewirkt haben.
entscheiden, aber nicht historische Kritik. Etwas ganz anderes aber
bedeutet die Frage, wie die Ofifenbarungstrger selber ber ihr Bewutsein und den Charakter ihrer Erkenntnis gedacht haben. Und

da

ist

von vornherein die Vorstellung abzuwehren,

irgendwie

und

als

erschien
liche

als

Was

Rationalisten gefhlt haben.

sie

als

ob

sie

Namen

im

sich

Gottes

Wort Gottes verkndet haben, ist das Gute. Aber es


ihnen nur darum als das Gute, weil es sich ihnen als gtt-

das

Offenbarung enthllte.
Es leuchtet ohne weiteres

da

ein,

Und zwar

geleitet,

berall da,

wo

lichen Angelegenheiten

Propheten sich

Sie fhlen sich

erkorenen Vertrauten Jhvhs wissen.

besonderen Willen

alle

als die

durch seinen

von dem Lichte seiner Weisheit

erhellt.

es ihnen auf eine Beeinflussung der ffent-

ankommt.

Wenn

ihre

Reden ausnahmslos

Spruch Jhvhs und


hnlichen, so haben wir es hier mit der Erscheinung der Audition
zu tun, in der sie die Gottheit unmittelbar und sinnlich zu sich reden
hren.
Natrlich ist damit nicht gesagt, da jede einzelne der uns

mit Formeln anheben

Also

wie:

spricht Jhvh,

berlieferten Prophetenreden, welcher jene

Wendung

sprnglich aus der erlebten Audition hervorgegangen

voraufgeht, urist.

So manches

wird auf die Rechnung der literarischen Fixierung und Redaktion zu


setzen sein.
Diese kann entweder aus der Hand des Propheten

stammen, der seine Offenbarungen fr sptere Geschlechter niederschrieb, oder von Spteren herrhren, die sicherlich nicht immer mit
ngstlicher aufs

Wort bedachter

Wir mssen annehmen, da

Gewissenhaftigkeit gearbeitet haben.

so die Gottesreden in

uns eine andere Gestalt darbieten,


gelautet haben.
spiele

'

sei

Aus der

Flle

als die

manchen Punkten

ursprnglichen Eingebungen

der hier zu Gebote stehenden Bei-

nur eines hervorgehoben, die schriftstellerische Formung,

Vgl. besonders

Am

3, 7;

Jes 30,

iflF.;

Jer

n,

17; 38, Mff-: 42,

2.

FESTSCHRIFT COHEN

in

welcher uns die Jhvhsprche bei Arnos

Da man

es hier bei der straffen

i,

Form und

2,

6 entgegentreten.

der knstlerischen

Stili-

sierung nicht mit den rohen Produkten prophetischer Ekstase zu tun

Aber gerade die stete


haben kann, das mu jedem Leser klar sein.
Wiederholung jener Formeln, die als fester Bestand in die literarische
Kunstform der prophetischen Reden eingeflochten erscheinen, beweist,
da das prophetische Wort immer und berall aus der Quelle der
gttlichen Offenbarung hervorgeflossen sein will. Bei den Epigonen
der groen Gottesmnner, bei Haggai und Maleachi, finden wir bis
zur Ermdung oft die erwhnten Hinweise auf die bernatrliche
Abstammung ihrer Weisungen an das Volk. Gerade sie scheinen
'

von des Gedankens Blsse angekrnkelt, weniger aus unmittelbaren Erlebnissen des bersinnlichen zu schpfen; und in der hufigen
aber,

Wiederholung der Einkleidung liegt offenbar die Akkommodation an


an die festgewurzelte Erwartung der Zuhrer, die das Wort Gottes
und nur dieses vernehmen wollen. Der Prophet Jeremia verwahrt
sich gegen das berhandnehmen der Ekstatiker, die immer wieder
einen Spruch Jhvhs (tJ'O) zu verknden haben. ^ Sie gelten ihm nicht
schlechthin als Betrger,

aber er leugnet

die Echtheit

ihres

Pro-

phetentums.3

Bedeutsamer noch als die hier berhrte Erscheinung der Auditionen, bei denen ja die Grenze zwischen tatschlichem Erlebnis und
literarischer Fixierung flieend bleibt, sind fr unsere

Visionen,

dem

in

denen sich

Errterung die

ein bersinnliches in anschaulicher Klarheit

prophetischen Geiste enthllt.

Und indem

die Visionen durch-

gngig mit Auditionen verbunden sind und im allgemeinen auf diese


abzielen, nehmen die letzteren an dem bersinnlichen Charakter teil,
der jene fr das Bewutsein des Schauenden unzweifelhaft auszeichnet.
Sie fehlen bei keinem Propheten, von dem wir nicht gar zu wenig

Die wichtigste Rolle kommt ihnen bei der Berufung zu, was
die oben ausgesprochene Ansicht besttigt, da der Erleuchtete sich
in ihnen des Verkehrs mit der Gottheit am deutlichsten bewut wird.
Aus der Darstellung der Offenbarung in dem brennenden Dornbusch^
geht hervor, da die auerordentliche Naturerscheinung, die Mose
ihn erst auf das Aueralso eine Vision
am Gottesberg schaut

wissen.

'

pheten
*
5

Vgl.

GlESEBRECHT, Die Berufsbegabung der

alttestamentlichen

S. 40.

Jer 23, 16 40; vgl. den Kommentar von


Vgl. darber weiter unten.

Ex

3,

2ff.

DUHM

z.

d. St. S.

185.

Pro-

WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS


ordentliche vorbereitet, das er

vornehmen

wie der flammende Dornstrauch

soll.

Denn

als

Mose

sieht,

nicht eingeschert zusammenfllt,

doch hintreten und diese gewaltige ErDarauf erst, als Mose so auf hchst Merk-

sich: Ich will

da sagt er zu

scheinung betrachten".

wrdiges gefat

ist,

redet Jhvh, beziehungsweise sein Engel, zu ihm.

Hier hat also die berlieferung die Vision, die ein Prophet bei seiner
Berufung erlebt, gerettet. Bei den Schriftpropheten, in deren Bcher

Empfindungen und Erfahrungen fr einen


spteren Betrachter noch klarer spiegeln, als dies bei den lteren
der Fall ist, tritt die Bedeutung der Inauguralvision, wenn mglich,
noch aufflliger hervor. Es sei hier nur der drei Groen" gedacht.
Es verdient der Hervorhebung, da die in Jesaja Cap. 6 geschilderte
sich

religisen

die

ja

Erscheinung die einzige eigentliche Vision ist, die wir diesen Seher
schildern hren.' Wie die beigefgte Zeitbestimmung im Todesjahre

mu

dem

und seiner
schriftlichen Fixierung ein gewisser Zeitraum liegen; was ja auch an
und fr sich aus der Natur der Sache folgt. Daraus kann aber
gewi nicht geschlossen werden, da es sich hier um nichts anderes
des Knigs Usia" beweist,

um

handele denn
gisen

zwischen

eine poetisch-mythologische Einkleidung der

Programm

das prophetische

Idee,

die

Sicher haftet

dem

Ereignis

des Jesaja

reli-

enthlt.

Gottesbegriff des Jesaja nichts von den anschaulich

phantastischen Bestimmungen an,

die jene

Erscheinung

zeigt.

Sie

berwundenen Stufe an. Aber man


mu offenbar annehmen, da im visionren Zustande, der sich ja
eben von der Tageshelle des klaren reflektierenden Bewutseins
gehren vielmehr einer

fr ihn

unterscheidet, mythologische Vorstellungen zu neuer Realitt erweckt

So mu es dabei sein Bewenden haben, da das Begebnis


in seinem Kern eine alte Vision ist, die in einem einzigen Bilde und
Etwas anders liegt die
in einem kurzgefaten Gedanken besteht.*
Frage bei Jeremia. Es steht nicht unbedingt fest, ob die Wahrnehmung, die er bei seiner Berufung schildert, eine Vision ist oder
ein reales Objekt hat. 3
Aber andere fr das Bewutsein des Propheten reale Momente sichern ihm die Empfindung, da er berwerden.

Jhvhs Hand des zuknftigen Sehers Mund


berhrt, so erfhrt er offenbar eine solche Einwirkung, die andere
Propheten hnlich beschrieben haben.* Jeremia fhlt sich an diesem
natrliches erlebt.

Wenn

Dillmann, Der Prophet Jesaja

Vgl.

'

DUHM, Kommentar

Hierber

Ez

I,

s.

z.

S. 53

d. St.

CORNILL, Das Buch Jeremia

3, 14 u. a. St.

f.

Kn

3,

15

i,

11 S. yf.

FESTSCHRIFT COHEN

Tage

ber die Vlker und ber die Reiche, auszureien

eingesetzt

und einzureien und zu vernichten und zu bauen und zu pflanzen".


Jhvhs Wort soll in seinem Munde zu Feuer werden, das Volk aber
zum Holz, das von diesem Feuer verzehrt werde (5, 14). Diese Ausdrcke sind mehr als bloe Sinnbilder fr die groe Aufgabe eines
geistigen Fhrers schlechthin, sondern ein Bekenntnis der Zuversicht,

da die der gttlichen Offenbarung entstammenden Weisungen, die


der Prophet verkndet, die Zukunft nicht blo ahnen, sondern
geradezu gestalten sollen. Ahnlich wie nach biblischer Anschauung
Segen und Fluch wunderbarerweise Wirkungen hervorzubringen bestimmt sind.
Bei Ezechiel ist es ja augenfllig, da das menschlich
selbstndige Bewutsein ganz zurcktritt; da sein Geist nichts

anderes sein

will

wie das Gef,

in

das die gttlichen Offehbarungen

darum um so eher verzichtet werden.


Die Offenbarung gilt als das freie Geschenk Gottes, in dem sich
seine Liebe und seine Frsorge fr sein Volk zeigt.
Bleibt sie aus,

Auf

flieen.

so
sie

Einzelheiten darf

das ein Beweis des gttlichen Zornes;* nur frevler Sinn weist
zurck. ^ Sie gehrt also zu der Art der Beziehungen, die zwischen

ist

Gott und den Menschen obwalten,

und wird als selbstverstndlich


hingenommen, wenn auch natrlich fromme Denkart sich dieser
Gunsterweise dankbar freut. 3 Doch darin liegt keine Reflexion erkenntnismigen Charakters. Immerhin treffen wir einen Vergleich
mit analogen Erscheinungen nicht-israelitischer Religion an. Im Segen
des Bileam (Nu 23, 23) heit es: Es gibt keine Beschwrung in
Jakob, keine Wahrsagerei in Israel; zu seiner Zeit (lies so mit GlESEBRECHT a. a. O. S. "J"] und Baentsch, Kom. z. d. St.!) wird ihm
gesagt, was Gott tut."
Hier wird also im Sinne der echten von
der heidnischen geschiedenen Prophetie der Gedanke einer magischen
Beeinflussung der Gottheit abgewiesen und statt dessen der Standpunkt geltend gemacht, da Jhvh selbst aus freien Stcken seine
Erwhlten erleuchte.
Dieser Standpunkt setzt den Begriff eines
sittlichen
Gottes voraus, welcher der einsichtige und besonnene
Leiter der Geschicke der Menschen ist; er kann darum nicht wie
ein naturhafter Dmon durch Zauberei, das heit durch Anrufung
eines anderen strkeren Dmons, berhrt werden.
Der Prophet wei sich aber nicht blo kraft der Eigentmlich-

Sam

Am
Am

7,

3,

I;

14, 37ff.

12; Jes 28, 9ff.

2, II.

WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS

von Gott in besonderer Weise erfllt und


berufen, auch der Inhalt der Offenbarungen schliet zumeist den
Gedanken aus, als ob sie ein Produkt bewuter Reflexion seien. Auf
die Flle der Voraussagungen im eigentlichen Sinne und zwar spezieller
Zukunftverkndigungen braucht nur kurz hingewiesen zu werden.
keit

Erlebnisses

seines

Wenn

kommende Heil, das messianische Reich, den Herrscher


aus dem Stamme Davids verheien, so fhlen sie sich nur als die
von Gott erleuchteten Vorhersager. Und dieses Urteil trifft erst recht
da zu, wo die Prophetie Einzelheiten und persnliche Schicksale zum
sie

das

Gegenstande hat. Weniger selbstverstndlich aber knnte es scheinen,


ob die Politik, welche Mnner wie Jesaja und Jeremia vertreten, zu
'

Knige von Juda bewegen wollen, lediglich religisen


Motiven entspringt und nicht vielmehr die Eingebung staatsmnnischen Weitblicks ist
Die allgemeine politische Situation zur Zeit
der

sie

die

des Jesaja aber

kleinen

die

die:

ist

palstinisch -syrischen Staaten

haben erkannt, da der Vormarsch der assyrischen Macht und ihre


eigene Vernichtung unausbleiblich

wenn

sei,

sie in ihrer Zersplitterung

beharren und nicht Anschlu bei einer Assyrien ebenbrtigen Gromacht finden. Das konnte nur gypten sein. Und sie handeln
gem dieser Ansicht, gegen welche aus politischen Grnden schwerlich Stichhaltiges einzuwenden war.
Tatschlich hat das Jesaja auch
niemals versucht.
Und doch hat er Zeit seines Lebens dagegen
gekmpft, da sich Juda an dieser Politik seiner Nachbarn beteiligte.
Ihn beherrscht eben ein religises Motiv, das gleiche, das in seinem
lteren Zeitgenossen Hosea wirkt: Israel darf sich nicht in die Hndel
der groen Staaten mischen, nicht mit irdischen Machtmitteln dem
Schicksal vorgreifen, das Jhvh unmittelbar durch persnliches

Eingreifen und unerhrte Wundertaten vollzieht und fr Israel


gnstig wenden wird. *
Wenn man daran denkt, da Jesaja dem
Knig Ahas geradezu das Eintreffen eines gttlichen Wunderzeichens
in

Aussicht

man

wird

stellt,

in

sehen wollen.

Aber mit

um

dem
Und

seinem Rate zugnglich zu machen, so


Propheten niemals einen gewiegten Staatsmann
von den anderen lt sich leicht dasselbe zeigen.

diesen

ihn

Feststellungen

zwar die klar zutage liegende


begriffs berhrt:

Gott

sondere Beziehung,

'

Jes 22, 15

'

Jes

5,

12;

Jer

7,

I3ff;

Seite

doch nur

die eine

seiner

Wahl

in

f.;

10,

und

eine be-

im unmittelbaren Bewutsein der

28, i2ff.
8,

des biblischen Offenbarungs-

mit Menschen

tritt

die nur

ff.;

ist

12; I9, 3; 28, 21; 29; 3I, 4

U. a.

ihrer

FESTSCHRIFT COHEN

10

gewrdigten Persnlichkeiten

erlebbar

In

ist.

dem Charakter

des

durchgngig die Anschauungswelt der Religion


der Bibel beherrscht, ist von vornherein der Gedanke mitgesetzt,
da sich Gott gewissen Menschen manifestiert und da dieses ErGottesbegrififs, wie er

eignis

etwas Aul^erordentliches, etwas Wunderbares"

Wunder"

Aber das

ist.

noch nicht im scharfen Gegensatz zum Begriff des


gesetzmigen Naturgeschehens, weil dieser noch unbekannt ist und
vorerst nur das unbestimmte Gefhl einer gewissen Regelmigkeit
der natrlichen Erscheinungen besteht.
Und doch macht sich schon innerhalb des biblischen Gedanken,,

kreises

steht

eine gewisse Reflexion bemerkbar.

Zwar

die Ttschlichkeit

von Offenbarungen berhaupt, ihre Mglichkeit gilt niemals als Problem.


Die verstandesmige berlegung aber erwacht, wenn das Bedrfnis
gefhlt wird, wahre von falschen zu unterscheiden; ihr Inhalt wird
also zum Problem, und zwar schon fr den alten Israeliten der Bibel.
Bedeutet die prophetische Erleuchtung nichts anderes

als

Erlebnis ihres Trgers, so wird der Subjektivitt und

Schlimmerem
Kriterium und

noch Tr und Tor geffnet, weil

ja jedes objektive

jede Kontrolle ausgeschlossen erscheint.

Wie
Das

ist

ein inneres

Irrtum oder Echt-

Wahrheit oder Lge zu erkennen?


sind Fragen, die zwar
nicht fr den Propheten existieren, der seines Berufes gewi ist;
wohl aber fr die, an welche er sich wendet. Solche Probleme
zeigen in aller Klarheit das Deuteronomium; wie der Offenbarungsheit,

trger selber mit ihnen

Buche Jeremia.

Da

sie

zu

ringen hat,

das

erfahren wir aus

dem

uns gerade hier begegnen, hat seine guten

Grnde.

Der Zustand,

in

dem

sich

uns die biblische Religion

darstellt,

Es ist ein weiter Weg, der


von den noch recht naturwchsigen Anschauungen gewisser Partien
ist

der einer

lebendigen Entwicklung.

und Samuelbcher, der volkstmlichen Religion, zur


Hhe der prophetischen Erkenntnis und zum Gesetz der Tora fhrt.
Dieses Bewutsein haben aber die Propheten nicht. Sie fhlen sich
nicht als Schpfer von Neuem, sondern als die Verknder der Religion
des Mose.
So sicher es ist, da sie die religisen Werte radikal
umgewandelt haben, so wenig empfinden sie sich als Revolutionre.
Doch ob die Menschen, denen ihre Worte gelten, ebenso denken,
das ist von vornherein nicht gewi.
Die Propheten grnden die
berragende Bedeutung, die sie fr die moralischen Pflichten im
Gegensatz zu den Werken des Kultus in Anspruch nehmen, darauf,
da Jhvh schon den Urvtern angesagt habe, was er wahrhaft
der Richter-

WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS


keine

wolle:

Opfer,

sondern

Rechttun.'

II

Jeremia behauptet,

am

Tage des Auszugs aus gypten sei nur vom Dienste des Herzens,
aber nicht von Tieropfem die Rede gewesen. Mute man ihm nicht
die Vorschrift der ungesuerten Brote entgegenhalten, die, sicherlich

doch auch zum gering zu schtzenden Kultus


In Wahrheit schaltet hier ihre sittliche Erkenntnis recht

eine uralte Satzung,

gehrt?

souvern mit berliefertem Gut.

Damit

die

ist

Frage nach

am

Sie klagen ja selbst

Eingebungen
knden. Es mu
die

ihres

ihrer gegenseitigen Beurteilung gestellt.

meisten ber die falschen Propheten, welche


eigenen Herzens

als gttliche

Weisheit ver-

auch objektive inhaltliche Kriterien der Echtheit der Offenbarung geben.


Das Problem wird
brennend, sobald die religise Entwicklung zu einem gewissen Abschlu gelangt ist, wenn das Fazit aus der Vergangenheit gezogen
wird.
Eine Religion, die aus dem Quell der Offenbarung hervorflieen will, darf es nicht gelten lassen, da dieser Quell einmal
irgendwann endgltig versiegt sein kann; aber soll ihr Inhalt sich
nicht ins Wesenlose verflchtigen, den schlimmsten Widersprchen
ausgesetzt sein,

also fr sie selbst

so

mu

sie

der schrankenlosen Subjektivitt zu be-

gegnen wissen, zu der ihr Prinzip leicht verfhren kann. Das heit:
sie vermag ohne objektive Grundstze nicht auszukommen.
Diese Einsicht hat sich im Deuteronomium in gewissen Bestimmungen ber Prophetie und Offenbarung kristallisiert. Das Deuteronomium ist ein religises Gesetzbuch, in welchem sich die Ergebnisse
der bisherigen

Aber

prophetischen

Offenbarung niedergeschlagen haben.

noch mitten im lebendigen Strom der schpferischen Arbeit an der Religion.


Es mu mit deren Fortsetzung
rechnen, zugleich aber Vorsorge treffen, da die Grundlagen seiner
eigenen Anschauungen in aller Zukunft gesichert bleiben; es mu
es steht selbst

also mit

dem

reinen

Subjektivismus brechen, welcher

der

auf das

unkontrollierbare innere Erlebnis gestellten Offenbarung anhaftet.

der Art, wie sich das Deuteronomium dieser Aufgabe entledigt,


die groe Schwierigkeit des

26: Wenn

unter dir ein

nicht kanntest,

'

Am

5,

Lat uns anderen Gttern

so hre nicht auf die

25; Jer

7,

22.

tritt

Problems zutage.
Wir erfahren Dt 13,
Prophet auftritt, oder einer, der (Offen-

barungs)trume hat und dir Zeichen und Wunder


Zeichen und Wunder, das er dir angekndigt, auch
er dabei aber sagte:

In

Worte

folgen,

und das
eintrifft: indem
die du (bisher)
gibt

dieses Propheten oder

FESTSCHRIFT COHEN

12

jener Prophet oder Trumer aber soll gettet werden,


Trumers
"
deinen Gott
weil er Auflehnung gepredigt hat gegen Jhvh
,

Diese Stelle hat zur stillschweigenden Voraussetzung, da das ganze


Gesetz, auf das Israel verpflichtet worden ist, durch einen Pro-

pheten, nmlich durch Mose, dem Volke

Dessen
Autoritt aber und damit zugleich die Verpflichtung zur Anerkennung
der durch ihn verkndeten Offenbarung grndet sich auf Zeichen
Wie aber, wenn nun
und Wunder", deren das Volk Zeuge war.'
in Zukunft irgendein Seher ebenfalls gewaltige Zeichen und Wunder
ausfhrt und, gesttzt auf solche Wunderbeweise, das Volk Jhvh
entfremden und einem Gtzen in die Arme treiben sollte! Bezeichnenderweise verlautet nichts darber, da dieser Wundertter etwa
ein Betrger sei.
Ja, die hinzugefgte Erklrung (V. 4bf), dalj Jhvh
durch ihn des Volkes Treue erproben will, scheint geradezu besagen
zu wollen, da er in gutem Glauben als ein Opfer falscher Eingebungen gehandelt hat. Vor echten Wundern und Wunderttern
bermittelt worden.

wird also hier zu Vorsicht gemahnt; an das kritische Urteil der eigenen
Vernunft und der feststehenden religisen Erkenntnis appelliert.

gegen die besondere Bewertung dieser


Stelle der Einwand erheben, da es sich hier ja um das hauptschliche
Fundament der israelitischen Religion handele, das gegen alle neuen
Offenbarungen, und seien sie noch so augenscheinlich durch Wunder

Nun

liee sich vielleicht

bedaubigt, sicher gestellt werden soll: die Einzigkeit Gottes steht


gerade fr das Deuteronomium im Zentrum der religisen wie der
sittlichen Gesetze; und der Prophet, der von dem einen Jhvh auf
Gtzen hinfhren will, mu freilich allen Wundern und Zeichen zum
Trotz

als falsch entlarvt

werden.

Dazu bedarf

es keiner tiefgrndigen

berlegung. Gegen die Betonung des religisen Fundamentes spricht


aber der Einleitungssatz des Kapitels, welcher dem besprochenen
Abschnitt unmittelbar vorangeht: Alles, was ich euch heute gebiete,
sollt ihr

beobachten, es auszufhren; du

sollst

ihm

nichts hinzufgen

und nichts davon weglassen." Es ist nicht einzusehen, warum dieser


Vers gegen die vorliegende Kapiteleinteilung zum vorangehenden
Abschnitt gezogen werden soll," whrend er doch stilistisch wie
Der Satz ist nmlich eine
inhaltlich trefilich zum folgenden pat.
Einfhrung fr den Inhalt dieses 13. Kapitels, das sich durchweg mit
der Mglichkeit einer Abrogierung oder durchgreifenden Umgestaltung

Dt

Vgl.

4,

34;

6,

22;

7,

19-

Kommentar von STEUERNAGEL

z.

d. St.

WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS

I3

der Grundlehren der deuteronomischen Religionsanschauungen befat.


Der Satz ist vielmehr ein Ausdruck der berzeugung des Gesetzgebers, da

die

Offenbarung ihrem Inhalte nach

geschlossen zu gelten hat.

als prinzipiell

Alle zuknftige Prophetie

mu

ab-

im
Rahmen des hier dargelegten Grundrisses halten. Das aus diesem
hier herausgegriffene Prinzip des Monotheismus aber darf nur im
Sinne eines Beispiels aufgefat werden, da es als die vorzglichste
der religisen Grundlagen am nchsten liegt.
Von den Kriterien der wahren Prophetie spricht aber noch eine
andere Stelle im Deuteronomium, die mit der eben interpretierten
sich nicht vereinen lt.
Kap. i8, i8ff.: Einen Propheten will ich
sich

ihnen erstehen lassen aus der Mitte ihrer Brder wie dich und

will

Mund legen, und er soll ihnen alles sagen,


Wer aber auf meine Worte nicht hrt, die
er in meinem Namen redet, von dem werde ich Rechenschaft fordern.
Jedoch der Prophet, der sich vermit, in meinem Namen etwas zu
reden, was ich ihm nicht befohlen, oder der im Namen anderer
meine Worte in seinen
was ich ihm befehle.

Gtter reden wird, der Prophet

soll sterben.

Wenn du

aber bei dir

denkst: woran sollen wir

denn erkennen das Wort, das Jhvh nicht


geredet hat; (so wisse:) was der Prophet im Namen Jhvhs redet,
ohne da es geschieht und eintrifft, das ist ein Wort, das Jhvh nicht
geredet hat.
In Vermessenheit hat es der Prophet geredet!
Habe
keinen Respekt vor ihm."
Hier wird als das Kennzeichen der
wahren Prophetie das Eintreffen des durch sie verkndigten Ereigangegeben.
Es knnte scheinen, als ob diese Stelle in dem
Propheten den eigentlichen Mantis, den Seher oder Vorhersager

nisses

whrend Kap. 13 den religisen und moralischen Fhrer im


Auge hat. Bei genauerem Zusehen aber erweist sich eine solche
erblickt,

als irrtmlich.
Was fr ein Ereignis ist es, dessen
Verwirklichung die Echtheit und gttliche Abstammung eines Prophetenwortes verbrgen soll?
Bezieht sich dieses berhaupt auf
irgendwelche zuknftige Erfllung? Nein. Denn ein fernliegendes

Unterscheidung

Ereignis, das jetzt angekndigt wird,

kann doch nicht

fr

den Augen-

wirksame Besttigung der Echtheit dienen. Es ist berhaupt nicht gestattet, anzunehmen, da der Inhalt der prophetischen
Rede an unserer Stelle in der Zukunftsverkndigung zu suchen ist.
Der Seher, den Jhvh hier zu erwecken verheit, soll vielmehr den
gttlichen Willen dem Volke offenbaren.
Es wre nicht verstndlich, wie vor einem Ungehorsam gegen ihn gewarnt werden knnte,
wenn er etwas anderes als das in die Tat umzusetzende gttliche
blick

als

FESTSCHRIFT COHEN

14

Gebot verknden

wollte.

Demnach

ist

anzunehmen,

dali

das Er-

das er weissagt, durch sein Eintreffen die Echtheit des eigentlichen Inhaltes seiner "Worte dartun soll, nmlich der durch ihn verWir haben es also mit einem niN zu
kndeten Weisungen Jhvhs.
eignis,

einem Besttigungszeichen, wie es zum Beispiel Jesaja dem


Knige Ahas anbietet, um ihn davon zu berzeugen, da der prophetische Rat gttlicher Weisheit entstammt. * Damit ist festgestellt,
da die Anschauung von Dt i8 mit der von Dt 13 im Widerspruch
tun,

da dort ja dem Zeichen" die Echtheit verbrgende Kraft


abgesprochen wird.
Man knnte versucht sein, dieser Schwierigkeit so zu begegnen, indem man den Ausdruck in Kap. 13 urgiert. Dort sei nur davon die
Rede, da der wunderttige Prophet das Fundament" der israeDagegen
litischen Religion untergraben wolle, den Monotheismus.
steht,

msse

sich

unwiderruflich

die

hier aber handle es sich

sondern

gltiger,

Haus aus gar

um

feststehende

Erkenntnis

irgendwelche Gebote von nicht allgemein

von
sich dem Grund-

vorbergehender Bedeutung,

nur

nicht geurteilt

auflehnen;

werden knne, ob

sie

ber

die

des bereits bekannten Willens Jhvhs einfgen oder nicht. Indes


scheitert dieser Lsungsversuch an unserer Interpretation des Zu-

ri

sammenhangs von Kap.

Man kommt

13.

der Wahrheit nher,

wenn man den Widerspruch

noch unsicher tastende Bestreben,


das subjektive Offenbarungserlebnis dadurch ungefhrlich zu machen,
da man es zwingt, sich vor objektiven oder doch wenigstens anDas geschieht
erkannten religisen Wahrheiten zu verantworten.
schon ganz deutUch und mit klarem Bewutsein in Dt 13. Hier
kommt der Standpunkt zu Worte, da die Rehgion, die der Niederschlag der lebendigen sich in den Propheten immer aufs neue vollziehenden Offenbarung ist, Grenzen und Wlle aufrichten mu, um
ihr Wesen behaupten zu knnen. Sie gibt einen Kanon, eine Richt-

ihm

anerkennt.

In

schnur fr

alle

des religisen

knftigen Offenbarungen.

Dogmas

Mit Dt 13

ist

der Begriff

gegrndet, sofern darunter ein Lehrsatz ver-

der von der organisierten religisen Gemeinde als gltige


Und es ist ja die Aufgabe des deuteroanerkannt wird.

standen

Norm

zeigt sich das

ist,

Auf
nomischen Gesetzes, die religise Gemeinde zu organisieren.
der anderen Seite lebt aber noch ungebrochen der Geist, der diese
Religion geschaffen hat: die Prophetie ist noch nicht erioschen.
'

Jes

8.

WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS

Diese Strmung
spruch.

in

Tendenzen

dieser

spalt

findet

Dt

i8

Aus dem Zwie-

ihren Ausdruck.
sich

erklrt

der

aufgezeigte

hier

I5

Wider-

'

Diese Situation

mu

sich

aber auch

in

der eigentlich prophe-

dem Deuteronomium gleichbei Jeremia, in dem Streit mit

sischen Literatur widerspiegeln, die mit


zeitig

Wir

ist.

den falschen

am klarsten
Propheten". Warum gelten
finden sie

sie als falsch?

Es

leuchtet

da die Kriterien, welche das Dt angibt, nur die grbsten Irrtmer und Lgen abzuwehren vermgen; sie bieten nur den negaein,

Mastab zur Ausschlieung offenkundiger Verkehrtheit. Aber


sie versagen, wo es heit, Kern und Wesen einer religisen Persnlichkeit auf Treue und Echtheit zu prfen. Die israelitische Religion
wirkte aber noch ber jene Zeit hinaus vornehmlich durch PersnZum mindesten war diese Art der Einwirkung weit
lichkeiten.
strker, als die, welche vom fertigen formulierten System, von der
tiven

Also

ausging.

heiligen Schrift",

kommt

es

darauf an,

die

letzten

Triebkrfte der Prophetie aufzudecken; nur so kann das eigentliche

Wesen, das innerste Motiv ihrer Lehre erkannt werden; weit klarer
und eindeutiger als auf dem Wege des Rckschlusses von dem
System.

religisen

Denn

dieses

ist

nicht

restlos

aus ihrem Geiste

geflossen, sondern durch mancherlei Rcksichten beeinflut.

kommen

Damit

wir nicht zu einer psychologistischen subjektierenden Betrach-

tungsweise

dieser Dinge;

es

tritt

im Gegenteil der

letzte objektive

Grund der wahren" Prophetie hervor.


Jeremia wendet sich Kap. 23, 940 gegen Propheten, die seiner
berzeugung nach Land und Volk durch ihre Weissagungen ins
Verderben strzen.
Er konstatiert (v. I3f) einen tief greifenden
Unterschied zwischen den Weissagern, die einstmals in Samaria auftraten, und denen in Juda.
Jene sind Baalsdiener, prophezeien im
Namen des Baal; den judischen vermag er das nicht vorzuwerfen;
sie

wollen

Jeremia an

(vgl.

Namen

Das erkennt auch


Jhvhs wirken.
besonders den Gegensatz der beiden Halbverse 27 a

durchaus im

und b). Aber er hlt ihnen vor, da


Herzens verknden, nicht Jhvhs Wort.

sie

(16)

die

Schau des eigenen

Wer

(von ihnen) hat

Es macht natrlich fr unser Problem sachlich nichts aus, wenn die beiden Kapitel den Hnden verschiedener Bearbeiter entstammen sollten. Die
hier vorgetragene Interpretation spricht dafr und wrde die fr diese Ansicht
beigebrachten formellen Momente wirksam untersttzen vgl. den Kommentar
von Steuernagel.
^

l6

FESTSCHRIFT COHEN

im Rate Jhvhs gestanden, sein Wort gesehen und gehrt? (i8) Nein,
Jhvh hat diese Propheten nicht gesendet, hat zu ihnen nicht geredet. (2i) Jeremia will von ihren Offenbarungstrumen nichts wissen;
von ihrer ganzen Art nichts hren. Denn was hat das Stroh mit
dem Weizen gemein? (28)
Aber ihr guter Glaube an ihre eigene Sendung, ihre subjektive
berzeugung wird nicht angezweifelt. Diese Seher berufen sich auf
Trume und Visionen, in denen ihnen Weisheit von Gott kundgetan
wird. Jeremia leugnet mit keinem Wort die Mglichkeit, da das
die Pforten zur Verbindung mit dem Jenseitigen, bernatrlichen
sind. W^ie sehr auch in seiner eigenen Wirksamkeit das Ekstatische,
das Mirakulse zurcktritt, so bekennt er sich doch zu der Auffassung,
da diese Erscheinungen nicht etwa lediglich Ausgeburten der Phantasie, Hirngespinste sind.
Auch nach seiner Meinung offenbart sich
Jhvh in solchen Erlebnissen.
Doch er berschreitet schon die Schranken dieses Standpunktes.
Denn das Wunderbare dieses Erlebnisses wiegt ihm nichts gegen
den Inhalt der Lehre, die auf diesem Wege dem Menschen zum
Bewutsein kommt. Die Offenbarung mu ihre Echtheit vor der
Kritik der eigenen sittlichen Vernunft erweisen knnen.

Vermag

sie

dann helfen keine Zeichen, Trume und Mirakel. Diese


Probe aber bestehen jene Propheten schlecht. Es ist bezeichnend
und von groer Wichtigkeit, da Jeremia an ihrer Lehre viel weniger
auszusetzen wei als an ihrem Leben. Es steht ihm von vornherein
fest, da Menschen wie sie, welche schauderhafte Verbrechen bees

nicht,

welche die Ehe brechen, lgen, Missetter in ihrem Trotz


bestrken, nicht die Werkzeuge und Sendboten Gottes sein knnen.
(14) Ja, diese schamlosen Propheten Jhvhs erscheinen ihm schlimmer
gehen,

als

die

gtzendienerischen von Samaria.

wir nicht

viel.

von einander
gerade

als

ein

(30)

Beweis ihrer

ihrer

Lehre erfahren

da sie die Worte Gottes


Dieser Mangel an Originalitt gilt nicht
Falschheit, wohl aber als bezeichnendes

Jeremia beschuldigt
stehlen.

Von

sie,

Symptom.
Unwahrheit erbringt dem Jeremia die
verhngnisvolle Wirkung, welche ihre Predigt auf das Volk ausbt.
Sie verknden Heil, wo Jhvh doch Vernichtung bringen wird; sie
wollen der Verderbnis der Herzen nicht wehren (17). Htten sie wirklich
im gttlichen Rate gestanden, dann wrden
so urteilt er

Den

vollen Beweis ihrer

von seinem bsen Wandel abbringen, es aber nicht


durch Heilsverkndigung an der ernsten Einkehr und Umkehr hinsie

das Volk

WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS

dem

Noch

(22).

hren wir

fters

in

der Prophetie das,

der wahre Seher ein Unglcksprophet

ist.'

Da

1/

da

Urteil,

aber von unzweifel-

Zukunftsgemlde entworfen wurden,

haft echten glnzende lockende

da von ihnen das Glck des messianischen Reiches, die Herrlichkeit


des knftigen Israel verheien ward, so ist ein solches Urteil mit

wahren Propheten

des

der sittlichen Frsorge besteht,

in

Messias das Land mit der Rute seines Mundes schlagen

machen zwischen dem


knder, der seinem Publikum nach dem Munde
ein Unterschied

ist

Amt

Es kann nur den Sinn haben, da das

Vorsicht aufzunehmen.

zu

wie der
soll.

leichtfertigen

Es

Heils-

und dem von

redet,

echtem sittlichen Idealismus beseelten Propheten, dem alle Misere


der Gegenwart nicht den Glauben an das Gute, d. h. an die Zu-

nimmt

kunft,

Indem Jeremia von

dem

mit

des Verkehrs

Jenseitigen an das Urteil der sittlichen Vernunft appelliert,

tatschlich

ist

allen vorgeblichen Erlebnissen

Dieses Ergebnis

neue

eine

um

tritt

der

Stufe

religisen

Einsicht

erreicht.

so klarer hervor, als er nicht blo die

Mg-

Erfahrungen anerkennt, sondern sich selber bewut


ist, an ihnen teilzuhaben.
Ja, er verkndet die neue Erkenntnis von
der wahren Offenbarung selber wieder als Jhvhs Spruch. Aber dieser

lichkeit solcher

ist

nunmehr

eins mit der

Sicherlich

hat

Sprache des

diese

Einheit

sittlichen Gewissens.

faktisch

Amos und

schon

bei

seinen

gngern bestanden.

Auch

nur das Gute,

was den Menschen wahrhaft zum Heile

Aber

erst

Auch

bei jenen

Jeremia
ist

Jesajas Gott verkndet


dient.

gewinnt volle Klarheit ber diesen Sachverhalt.


Gottes

Wort

tatschlich mit der

Forderung der

doch das Bewutsein von dieser Tatschlichwird ihnen durch die als ein Mysterium erlebte Offenbarung

Sittlichkeit

keit

das,

des

Vor-

identisch,

vermittelt.^

xion,

die

Bei Jeremia aber entscheidet letzthin die sittliche Refle-

ihrer selbst

bewute

sittliche

Erkenntnis darber, ob Jhvh

wahrhaft gesprochen hat oder nicht. Erwgen wir zu dem noch,


da bei keinem Propheten das Ekstatische so weit in den Hinter-

grund

tritt

wie bei diesem, so

liegt

zu Tage, da das religise Be-

von der mythologischen Grundlage vllig abgelst, sich


mit dem sittlichen vollstndig zu decken beginnt. Die sittliche Ver-

wutsein,

immer das Fundament der echten Prophetie gewesen, ist


nunmehr auch ber dieses ihr Wesen klar geworden. Und

nunft, die

sich

'

Jer 28.

Vgl. die auerordentlich charakteristische Stelle

Micha

6, 8.

l8

FESTSCHRIFT COHEN

dieses Resultat

ist

herbeigefhrt

nicht

worden durch theoretische

da sich etwa Zweifel an der Mglichkeit der


Offenbarung eines Jenseitigen regte,
was niemals bestritten wurde,
sondern durch die zur reinen Klarheit geluterte Erkenntnis, da
das Wesen Gottes reine Sittlichkeit ist und nichts anderes.
Skepsis, nicht dadurch,

Nach
lung

des

diesen Feststellungen
in

wollen

wir die biblische Entwick-

Frage stehenden Problems verlassen

Charakteristische

der

Wandlung

beleuchten,

die

es

und noch das


in

der mittel-

Zu Anfang dieser Betrachtungen ward darauf hingewiesen, da die beiden hauptschlich


zu unterscheidenden Stufen der israelitischen Religion gerade in
alterlichen Religionsphilosophie erfahren hat.

zum Offenbarungsbegriff von

Rcksicht auf ihre Stellung

einander

Fr beide gilt zwar die Voraussetzung, da gttOffenbarung den Weg zum gottgewollten Dasein erschliet,

zu trennen sind.
liche

da

ihre Tatschlichkeit

das Fundament des sittlichen und

als

gisen Lebens angesehen wird.

Aber whrend

die biblischen

reli-

Men-

von Gott ausgehende Verkndigung als ein Phnomen


empfanden, das unaufhrlich und lebendig in ihrer Mitte wirksam
war, besonders begnadete Persnlichkeiten, Propheten und Seher,
unmittelbar erfllte und durch sie alle zeitgenssischen Volksangehrigen mit seinem Heile beglckte, war fr die nachbiblischen
Zeiten der Mund der Weissager verstummt. Was jenen als gegenwrtig erlebtes Ereignis galt, von dessen Wirklichkeit man sich
durch die unmittelbar anschauliche Tatsache der Prophetie fortwhrend berzeugen zu knnen glaubte, das war fr die Spteren
ein fr allemal in die Vergangenheit gerckt, zur Geschichte geworden. So charakterisieren sich die beiden Perioden genauer: aus
dem Erlebnis einer bernatrlichen Offenbarung wurde Reflexion
ber ein verflossenes Erlebnis, ermglicht durch eine lckenlose und
schen

als

die

unbedingt zuverlssig anerkannte Traditionskette, welche die

je-

Gegenwart mit den grundlegenden Ereignissen der Vergangenheit verknpfte. Diese scharfe Trennung zwischen den zwei Religionsstufen, derjenigen der Offenbarung und der ausschlielichen Reflexion
ber die vollstndig abgeschlossene Offenbarung, hat sich wohl in
keiner anderen Religion so rcksichtslos und entschieden vollzogen
wie im Judentum.
weilige

Der zweiten Phase,

als

deren Vertreterin hier nur die Religions-

philosophie betrachtet werden


grundstzlich

anderes

wie

soll,

der

gilt

nun die Offenbarung

ersten.

Denn

jetzt

erst

als

etwas

ist

jener

WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS

I9

Untergrund bereitet, von dem aus der Gedanke einer unmittelbaren


Erleuchtung der menschlichen Erkenntniskraft durch Gott in seiner
ganzen Schrfe erfabar wird. Dieses Fundament ist die Idee der
wissenschaftlichen Vernunft.
Fr das biblische Bewutsein ist die
Offenbarung eine hchst merkwrdige Erscheinung: aber sie ist nicht

mehr

als

das seltsamste

Wundern auch

Phnomen

in

einer an Seltsamkeiten

berreichen Welt.

sonst

Sie

nicht

fllt

und

dem

aus

Gefge dessen heraus, was man als Natur und Wirklichkeit im


brigen zu kennen und anzusehen gewohnt ist. Etwas ganz anderes
aber

bedeutet

fr

sie

einen Geist,

in

welchem der Gedanke der

wissenschaftlichen Erkenntnis aufgetaucht

ist.

Jetzt ist sie zu

einem

Fremdkrper, zu etwas absolut Andersartigem, Unerfabarem geworden. Ihr Inhalt mag so klar und einleuchtend sein, wie er wolle;
ihre Tatschlichkeit jedoch mu als schlechthin unbegreiflich gelten.

Denn

sie

stellt

sich

ja

durch ihren Begriff

in

Gegensatz zu

Es handelt sich um zwei


disparaten Erkenntniswege.
Dagegen verschlgt

natrlichen

Lichte",

in

ihrer

dem

Wurzel

selbstverstndlich

da auf dem Standpunkte des religionsphilosophischen Offenbarungsglaubens die natrliche Erkenntniskraft als
die Schpfung desselben Gottes anerkannt wird, von dem auch die

nicht

der Einwand,

bernatrliche herstammt.

Der Satz wre

eine petitio principii: er setzt

Recht bestehende Geltung des transzendenten Erkenntnisprinzips


voraus, wo doch noch seine logische Begrndung in Frage steht.
Die rationalistische mit Saadia anhebende Religionsphilosophie
hat die Tendenz, den Inhalt der Offenbarung mit den Ergebnissen

die zu

der wissenschaftlichen Reflexion einszusetzen; aber

wohl

als

anders

ihr

sie

Fundament das Faktum der Prophetie

gearteten

Erkenntnisweise

an.

erkennt gleichals

einer ganz

Daraus wchst eine Zwie-

im methodischen Charakter der rationalisierenden Offenbarungstheologie.


Sie will Wissenschaft sein und als solche allein
die wissenschaftliche Methodik handhaben, und sie schliet zugleich
ein Element in sich, das sich der rein und restlos erkenntnismigen
Erfassung grundstzlich zu entziehen strebt.
Das ist des nheren
spltigkeit

zu beleuchten.

Das allgemeine Wesen der Wissenschaft besteht in der Entfaltung und grenzenlosen Anwendung des Begriffs der Gesetzmigkeit.

Dieser begrndet ein Sein, das durch die Geltung eines Systems

von Gesetzen Einheit

und Zusammenhang, ja geradezu erst den


Charakter des Seienden erhlt. Fr die Erkenntnis kann nur dasjenige als wirklich gelten, dessen Reduktion auf jene alle Mannig-

FESTSCHRIFT COHEN

20
faltigkeit

Welches

bringende Regeln und Normen zu leisten ist


wie sie sich in untergeordnete Systeme gliedern,

zur Einheit
diese sind,

wie diese von einander abgrenzen, daran


nur

da

darauf an,

eine

allgemeinste

liegt

uns nichts. Es

Gesetzmigkeit

kommt

anerkannt

was mit dem Anspruch auftritt,


Element im Ganzen der Wirklichkeit zu sein. Die Immanenz des
Bewutseins, wenn man so den durchgngig gesetzmigen Charakter
seiner Gegenstnde bezeichnen will, darf nirgends und niemals durchUntertan

der alles

werde,

bleibt,

brochen werden.
Dieser Forderung trgt auch die Methode der Philosophie der
Offenbarungsreligion Rechnung. Greifen wir eines ihrer Hauptprobleme
Gott ist ein Objekt des Wissens, ein
heraus, ihre Lehre von Gott.
besonderes einzigartiges; sicherlich, aber unsere Erkenntnis von

ihm

ist

durchaus

bedingt

und

durch

verbrgt

die

Methode der

Um

seine Existenz festzuwissenschaftlichen Erkenntnis berhaupt.


stellen, bedient sie sich derjenigen Erkenntnismittel, die berhaupt

Das Dasein Gottes wird

Existenz zu fixieren geeignet sind.

unter

ihrem Gesichtspunkte gem den Regeln und Kriterien aufgezeigt,


die das Dasein anderer wissenschaftlicher Gegenstnde fr die Erkenntnis zu sichern bestimmt und fhig sind. Sie sucht darum einen
gesetzmigen Zusammenhang klar zu legen, der zwischen Gott und
der brigen Wirklichkeit bestehe. So gilt ihr etwa nach dem kosmolodschen Beweise Gott als die auerweltliche Ursache der Welt.
Dieser Konzeption liegt der Gedanke zugrunde, da die Begriffe
Gott und Welt durch die Idee einer Totalitt des wirklich Seienden

berhaupt zusammengehalten und fr die Anwendung von Gesetzen


und Normen als einheitlicher Geltungsbereich verstanden werden.
Die Religionsphilosophie hat in der Frage der Erkenntnis des
Darin
Zurckhaltung beobachtet.
liegt nicht etwa die Anerkennung von irgend welchem Mysterium.
Wenn Maimonides die Lehre von den negativen Attributen aufstellt,
so ist das eine docta ignorantia, welche der besondere Charakter

Wesens Gottes

des

die

diskreteste

Erkenntnisgegenstandes

ein besonderer

fruchtbarer

Weg

negative Attribut

einer allgemein wissenschaftlichen

wirklicher

schwierigen Ziele

Das

erheischt.

Erkenntnis

vorzudringen.

so

Es

weit

stellt

wie

sich

als

Methode,

mglich

zu

ist

in

dem

eine neue Kate-

Die Immanenz im oben


angedeuteten Sinne wird nirgends durchbrochen. Diese Methode
der Religionsphilosophie ist nur von der Rcksicht auf ihren Gegen-

gorie

seiner

Logik der Wissenschaft

dar.

stand geleitet, nicht aber durch die Offenbarungstatsache.

Sie

ist

WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS

Rationalismus

in

dem

Sinne,

da

ihrer

berzeugung nach

21
die freie

von keiner Offenbarung untersttzte wissenschaftliche Vernunft die


Hauptlehren und Begriffe der Religion grundstzlich antizipieren
kann. Dasein Gottes, Weltentstehung, Freiheit des Willens, Unsterblichkeit der Seele: diese fundamentalen Bestimmungen im System
der Theologie knnen durch reine philosophische Deduktion ergrndet werden und sind auch nach dem Urteil jener Denker durch die
bisherige Geschichte der Metaphysik tatschlich sicher gestellt.
Es
ist richtig, da die prophetische Erleuchtung zeitlich die Erkenntnis

Gegenstnde vorweggenommen hat. Dadurch ist den Menschen der Weg zur moralischen und wissenschaftlichen Kultur erDie auf sich selbst gestellte Vernunft mu einen
leichtert worden.
dornenvollen Weg berwinden, bevor sie zu so hoher Weisheit vordieser

dringt.

es also

Aber

sie bricht sich

Bahn

trotz aller Schwierigkeiten.

nur auf den Erkenntnisinhalt ankommt, so

ist

Wenn

keine prinzi-

Trennung zwischen Religion und Wissenschaft mglich. Denn


selbst vor dem diffizilen Gebiete der im engsten Sinne positiven"
religisen Pflichten, der scheinbar hoffnungslos irrationalen Machtsprche des gttlichen Willens, der kultischen Vorschriften macht der
Eifer der wissenschaftlichen Vernunft nicht Halt. Saadia scheidet zwar
zwischen den r^T'yoty miJQ und den nv'^D^ "0; aber er gibt sich Mhe,
in jenen den Rest des Irrationalen nach Mglichkeit zu verflchtigen.
Aber bei alledem bleibt doch die Offenbarung fr die Religionsphilosophie als Fundament bestehen, wiewohl sie durch den ihr
innewohnenden Begriff die absolute Andersartigkeit und Inkommensurabilitt im Vergleich zu dem Erkenntnisbegriff der wissenschaftlichen Methode bedeutet.
Dieser Gegensatz darf nicht verwischt
werden, wenn nicht das Grundproblem der Religionsphilosophie hinfllig werden soll, das ja in dem Nachweis der Einheit von Vernunft
und Offenbarungsinhalt besteht.
pielle

Soweit

ist

alles in

bester Ordnung.

Die Schwierigkeit aber be-

wenn nicht der Inhalt der Offenbarung und seine Rationalisierung zum Problem gemacht wird, sondern die Tatsache ihrer
Existenz als eines Elementes der Wirklichkeit, das sich dem System
des wissenschaftlich Erkennbaren nicht eingliedert und sich ihm nicht
eingliedern darf
Es ist ein offenkundiger Selbstwiderspruch, das
ginnt,

Wunderbare, das sich durch

sein

Wesen von dem

Gebiete des als

gesetzmig zu begreifenden Seins absondert, verstehen, erklren, ja


auch nur konstatieren zu wollen. Hier gibt es nur die Alternative,
das Wunder als eine Illusion abzuwehren oder es als Gast aus einer

FESTSCHRIFT COHEN

22

transzendenten Welt anzuerkennen, dann aber hinsichtlich des mystischen Bewutseins, in welchem jenes Erlebnis stattfindet, auf jede
wissenschaftliche

Kontrolle

Die zweite Mglichkeit

verzichten.

zu

unertrglicher Versto gegen den Geist der Erkenntnis


sein, der nicht dulden kann, da sich irgend ein Sein ihrer Aufsicht

wrde

ein

und ihrem

Urteil entziehen darf.

Wissenschaft zeigt die Religionsphilosophie die Tendenz, die Offenbarung nicht blo nach der Seite
ihres Inhalts zu rationalisieren; sondern auch ihre von alters berlieferte Erscheinungsform, das Offenbarungssubjekt aus dem Bereiche

Gem ihrem Charakter

als einer

des absolut Wunderbaren und darum fr die einheitliche Vernunft


Unertrglichen nach MgUchkeit zu entfernen. Dieses Bestreben
,

zeigt am deutlichsten die Theorie des Maimonides ber das propheUns interessieren nicht die psychologischen und
tische Bewutsein.

da das Prinzip
des echten Offenbarungsbegrififs, der die gttliche Erleuchtung nur
als etwas schlechthin und grundstzlich Wunderbares und UnbegreifDie Hauptsache

metaphysischen Einzelheiten.

liches

auffassen kann,

durchbrochen wird.

mystischer Vorgang angesehen


jener Ofifenbarungsgedanke
aufgeopfert,

die

Sie wird nicht als ein

vielmehr wird die Mystik,

allein

prophetische

ist,

seinen Platz

Funktion

aus

in

welchem

dem Bestreben
dem Zusammenhang
hat,

uerer metaphysischer und innerer psychischer Krfte zu erklren.

da zu der Zusammenwirkung von ttiger Intelligenz, Vernunft und Einbildungskraft und gewisser anderer physischer
und psychischer Voraussetzungen noch der unabldtbare, nur in seiner
Tatschlichkeit anzuerkennende Willensakt Gottes hinzutreten mu,
wenn die prophetische Wirksamkeit ermglicht werden soll. Die

Wir bersehen

nicht,

da nach Maimonides die prophetische Kraft nichts


anderes ist wie das bis an die Grenzen der Mglichkeit gesteigerte
Erkenntnisvermgen; ein natrliches Vermgen, das auch in den
Er erkennt, da die Vision ein Vorspekulativen Denkern wirkt.

Hauptsache

ist,

verwandt mit dem Zustande


des Traumes. Wenn die Divinationsgabe, das Ahnungsvermgen,
eine unerlliche Vorbedingung der Prophetie ist, so handelt es sich

gang

in der Seele des

dabei nur

um

Schauenden

eine Kraft der Seele,

ist,

die zu ihren natrlichen Eigen-

schaften gehrt, hier aber zu hchst gesteigerter Wirksamkeit entwickelt ist.


So erscheint die besondere in der Offenbarung sich

Erkenntnisproze, der demjenigen der Spekulation durchaus analog ist. Das Mystische ist aus
dem Offenbarungsgedanken auch nach der funktionellen Seite hin

uernde

gttliche Erleuchtung

als

ein

WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS

23

Man

knnte dieses rationalisierende beziehungsweise


psychologisierende Verfahren mit der modernen Religionspsychologie
ausgeschieden.

Frage nach dem objektiven WahrUntersuchungsobjektes von vornherein aus ihrer Inter-

wenn

vergleichen,

heitsgehalt ihres

diese nicht die

Da

essensphre ausschiede.
zu

Tage

tritt,

das

liegt

diese

Trennung

bei

Maimonides nicht

an der psychologistisch-metaphysischen Sub-

struktion seiner Erkenntnislehre, die

dem

aristotelischen Beispiele folgt.

Jedenfalls hat er

durch seine Methode im Prinzip die Zwiespltigkeit

berwunden, die

dem

Begriff einer Offenbarungsphilosophie anhaftet.

Diese Schwierigkeit wurde im groen

und ganzen bersehen.


Die Philosophie der Religion geht durchweg von der Voraussetzung
aus, da die spezielle Mitteilung Gottes an die Menschen eine geschichtliche Tatsache ist wie andere auch, die aus der Vergangenheit

berichtet werden.

verflossenen

Zeiten

An

andere Geschehnisse gehalten, die aus

berliefert

werden, erscheint

sie

zwar

als

ein

Faktum von einzigartiger Wichtigkeit und unvergleichlichem Reichtum an Folgen; was an ihrem Inhalt liegt. Aber an Tatschlichkeitscharakter

von denen

unterscheidet
die

sie

sich nicht

von anderen Begebenheiten,

Geschichtsbcher zu erzhlen wissen.

Wir meinen,

die Theologie, welche ber die Religion der Offenbarung reflektiert:

ordnet die Erscheinungen, die fr

sie

festationen des Transzendenten gelten:


nisse,

gttliche

Erleuchtungen,

als die

wunderbaren" Mani-

die bernatrlichen" Ereig-

Visionen,

die

den Propheten

ein-

gegebenen Weissagungen, von denen die heiligen Schriften reden,


im allgemeinen den anderen natrlichen Vorkommnissen bei, die
aus

frheren

Zeiten

werden.
Sofern nur die Tradition
welche die Kenntnis dieser Dinge bermittelt
hat, wenn nur die Sicherheit besteht, da Tuschung und Irrtum in

wohl beglaubigt

berichtet

ist,

der berlieferung

ausgeschlossen

sind,

gelten jene

schlechthin

als

mit denen man sich abzufinden hat, wie man


den Tatsachen Rechnung tragen mu. Dabei ist wohl zu
bemerken, da hier der biblische Standpunkt lngst aufgegeben ist,
historische Fakten,
berall

welcher

in

nisbegriffs

Ermangelung
das

eines strengen wissenschaftUchen Erkennt-

bernatrliche"

Nur der Versuch des Maimonides,


nalisieren, gelangt

dem

Natrlichen"

nivelliert

hat.

die Offenbarungsfunktion zu ratio-

wieder zu einer einheitlichen Auffassung.

Soweit

aber die Religionsphilosophie besonderen Wert darauf legt, rationale


Spekulationen durch die geoffenbarte Weisheit zu kontrollieren oder
gar zu korrigieren, wie das besonders gern Saadia in seinen Auf-

zhlungen

und

Gegenberstellungen

von

Vernunftbeweisen

und

FESTSCHRIFT COHEN

24
Schriftargumenten

mu

tut,

die strikte Auseinanderhaltung der beiden

Erkenntnismglichkeiten bestehen bleiben. Das heit aber, die Idee


der Offenbarung ist, bevor sie berhaupt zu einem historischen

Problem werden kann, zu allererst als ein erkenntnistheoretisches zu


Bevor die Wirklichkeit der einen oder der anderen
betrachten.
Offenbarung, von der die berlieferung berichtet, geprft werden
kann, mu erst die Frage nach ihrer Mglichkeit berhaupt gelst
Diese Notwendigkeit wird besonders von den Denkern bersein.
sehen,

philosophische Skeptiker der spekulativen Vernunft

als

die,

ihnen gesichert dnkenden Boden der

dem

auf

mitrauend,

sich

berlieferten

religisen

Erkenntnis

doch wenigstens zu tun glauben.

Wenn

Levi.

allein

ansiedeln

Wie zum

Beispiel

wollen

oder es

von Jehuda ha-

er fr die Gttlichkeit der jdischen Religion vor allem

da die grundlegende Manifestation Gottes am Berge


Sinai vor den Augen von Millionen sich vollzogen habe, whrend

ins

Feld

fhrt,

vorgebliche

die

Inspiration

eignis in einsamer Seele

rische Problem;

Muhammeds

gewesen

ein

so sieht er eben nur das histo-

sei,

ob die Offenbarung
eines solchen ebenso erkannt, ebenso kon-

aber nicht das sachliche;

des Transzendenten

als

unkontrollierbares Er-

als

werden knnte, wie eine beliebige Tatsache.

statiert

Sie

gilt

ihm

Faktum der Vergangenheit, das


man als tatschlich geschehen ansehen mu, wenn nur der Bericht
darber gengend beglaubigt ist. Was Millionen Menschen gesehen
eben

wie

irgendein

historisches

mu doch wahr

haben,

sein!

und zwar der


eben der mittelalteriichen Religion
eigen,
jdischen nicht mehr als der christlichen und der islamischen
da sie in der Idee einer wunderbaren, die Grenzen des natrlichen
Geschehens bersteigenden Manifestation des Gttlichen ihr Funda-

Aber

es

ist

ment erblickt. In dem Streite der Religionen gegeneinander stand


darum der historische Beweis in der vordersten Reihe, was gerade
der Gedankengang Jehuda ha-Levis am besten bezeugt. Die Kehrseite war natrlich, da die Diskussion innerhalb einer Religion sich vor

um

den Inhalt der gttlichen Lehre entspann. Ihn galt es


immer tiefer zu erfassen, seine Schnheit, Wahrheit, Vernnftigkeit
zu verstehen, mit dem natrlichen Licht des Menschengeistes zu
allem

durchdringen.
gestellt

Und darum

wurden, nur

berhren Betrachtungen, wie

das Grenzgebiet

Wahrheit

mit

dem

ist,

Guten.

der jdischen Religion.

an-

Es

da Gottes Offenbarung
wie es den Propheten gewi war, da sie eins ist

war den Religionsphilosophen eben so


die

sie hier

sicher,

The Tobit drama

in

the sixteenth Century.

By Israel ABRAHAMS-Cambridge.
the Middle Ages, but the
Tobit story was always populr
The
era of the Reformation synchronised with a general augmentation
in

due to the publication of so many


vernacular translations by Protestants. The Roman Catholic Church,
no less than the Reformed, took the Apocrypha under its aegis in
of interesL

Nor was

this entirely

At the very moment when Protestant versions


Apocrypha in the hands of the masses, the Council

the sixteenth Century.

were placing the


of Trent was held.

On

April

8,

1546,

at

its

fourth

session,

the

Tridentine Council confirmed the older decision reached at Carthage

and Tobit, among other books of the Apocrypha, was thenceforth to be accounted sacred and canonical ("pro sacris et canonicis").
Possibly this was in part designed as a tacit rebuke to Lutherans
who, while agreeing that the Apocrypha might be read with reverence and profit, doubted its canonical authority.
That the sixteenth Century interest in Tobit was not due primarily to the inclusion of the book in the Zrich, Lutheran and
Coverdale Bibles of 1524, 1534, and 1535 respectively, is clear from
the Mystery Plays.
Of these Plays a good bibliography may be
found in Baron James de Rothschild's great edition of Le Mistere
du Viel Testament (Vol. V, pp. xviii xlvi, Paris 1885). The number
of sixteenth Century Plays on the subject of Tobit was large. These
Plays were not, at all events the best of them was not, inspired by
in 397,

the

vernacular

versions.

Dated January

7,

Coinedia, Die gantz histori Tobie mit seinem, sun

of the

German

translations.

and so of course introduces


After his wont, he adds his

1533,
is

Hans Sachs'

quite independent

Sachs foUows the Latin text closely,


no dog, and knows nothing of an Edna.
own original touches, and makes of the

FESTSCHRIFT COHEN

26

drama

once exhilarating and pathetic.


He provides a Prologue and Epilogue spoken by a Herald, There
is nothing satirical in Sachs' Tobte; in fact the Tobit dramas differ
here fundamentally from the Esther plays, which were often polemical.
In our own day, interest in Tobit has been revived by the
discovery of an Aramaic version of the Ahiqar legend at Elephanmaterial a genuine, effective

tine.

But to Sachs and

"Herolt"

in his

contemporaries Tobit appealed on more

his

The

grounds.

elemental

at

story

is

Weil

Der
Der
Der
Der

Und
felicitously

sie ist

ber-trifft,

der eleut ein spiegel,

kinder-zucht ein wares siegel,

mildten

barmung wol

geduld ein schnes

thugend

ein schild,

frbild,

ein Hechte lucern

der gotsforcht ein glantzend stern.

does Sachs open, and the whole of his play

Witness such a rendering as

style.

form of the Golden Rule (Tobit,


do to no man"):

Was
Das

And he

Sachs'

histori heyliger schrifift,

Die ander kurtzweyl

marvel of

by

opening address:
Ein

Thus

characterised

thus

du

nit wilt,

lass ein

iv,

das

15:

this

"What thou

man

is

of the negative
thyself hatest,

dir thu,

andern auch mit rhu!

proceeds:

weysen rathes frag!


Lob Got von hertzen nacht und tag
Und bit, das er dein wege rieht,
Das du wandelst in seinem Hecht!
Und im vertraw in allen dingen!
So mag dir hie und dort gelingen.
In not die

Such masterly ease cannot be

paralleled

any other writer of


supreme in this genre.

in

Mystery Plays. Sachs Stands, as a styHst,


That Luther pronounced Tobit a drama was not the cause but the
This is impHed in
result of the existence of plays on the subject.
Luther's Prefaces to Judith and Tobit. Sachs also wrote a Judith, but
narrative poem.
Dated as it is May 3,
it
is a
it is not a play;
1533.

it,

like

the

same

Luther's version of the

author's Tobit,

was

actually written while

Apocrypha was being

the publication of the famous edition of 1534.

printed,

and before

ABRAHAMS, THE TOBIT DRAMA IN THE SIXTEENTH CENTURY

2/

has been suggested that the translator of the Appcrypha in


Luthers as in the Zrich Bible was of Jewish ancestry. But there
It

is

nothing but the

name (Leo

support the idea,

to

Jud)

and Jud

was able to throw no light on his family history. Be that


may, the sixteenth Century, which saw the production of so

himself
as

it

many

and versions, emanating from Christians, also


witnessed a new birth of interest in the story on the part of Jews.
Several Hebrew editions were issued at this period, the first appearTobit plays

ing in

Constantinople

written

all

On

1516.

in

and has written

that need be said,

Gaster has

these editions Dr.


it

well, in

the Proce-

edings of the Society of Biblical Archaelogy, 1896 p. 208. Though


neither Jerahmeel nor Josippon contains the story, nevertheless that
the medieval Jews were familir with Tobit at an early period

how

from the Hebrew and Aramaic


texts, from the liturgical use, and from the appearance of a complete Version of the tale in JOSEPH Zabara's Sefer Shaashuim. This
early,

it

difficult to

is

say

clear

is

was written

in

^1K

Akrish suggests as one Solution of the puzzle that

was first printed in the second half of


the sixteenth Century. STEINSCHNEIDER (Cat. Bod. col. 1084) shows
that the date of publication was (Constantinople) between 1570 and
The editor was Isaac Akrish, and his marginal note on
1577.
Zabara's Version expresses some surprise that the Spanish poet had
regarded the tale as something unknown (Zabara calls it nn ntTJ?
"rsi).

1200, but

Zabara's day the

str}''

it

was not generally found except

books. (His marginal note

in

in Christian

worth reprinting, it runs thus: pns^ 1D


noiia im hvciy^ p ^mta nson oisnn in ntryon nt t^npy
is

nn "IHK
pny: inni nnsun nson ^

nno^HD ntyyon

nis^b b |vd

:joi

"?

hm

vh i:on

ini ^ p-i^sn

^3

i^^^sn ^^1 1 tj'npn \whb).

Akrish's

second Suggestion that Zabara's phrase only implies that the poet
was consciously embellishing the tale "after his manner", is less

Zabara was

probable.

He had

memor>'.

We
Lincoln.

will

now

not

so

much

inventing

as

recalling

not read the story, but had heard

some one

from
teil

it.

pass to sixteenth Century England, to the city of

The Fourteenth Report (Appendix,

Part

viii)

of the Histo-

MSS

Commission has several entries with reference to a Tobit


Play. These inform us that on January 26, and again on November 24
of the year 1566, a "stage play of the story of Toby'' was appointed
to be performed, partly at the public charge, on Whitsun and
Pentecost. These entries occur on pages 60 and 62 of the volume
rical

cited.

So, too,

an

earlier

notification

(p.

57)

records that in July

FESTSCHRIFT COHEN

28
1564 there was
Testament".

What
Tobyas

is

The

play was this?

made

in

"the

played

also

storye

of

Tobias

in

only other reference to an English

Henslow's Diary (May 1602) where

of the Performance of

Henry

Old

the

we hear

"playe called Tobyas", and

Chettle's

That would suggest that


Chettle's Play was printed, but there is no record of such a fact.
As Chettle also wrote a Jephtha, we may presume that his Tobyas
But as W. W. GREG remarks in
dealt with the Apocryphal hero.
his edition of Henslowe (II 222): "Nothing is known of the piece".
also are told of the ''Boocke of Tobyas".

may

be that Chettle re-worked the Lincoln play, after his not


unusual method. But then nothing seems known of the Lincoln play

It

Yet

either.

nature of the

On
list

it

is

not

latter,

think impossible to identify the source and

even though

text appears hopelessly

its

the page referring to Lincoln last cited, there

of stage properties employed at the Performance.

is

lost.

a curious

This

has

list

been printed before {Ge7itleme}{ s Magazine, Vol 54 p. 103), hence I


need not repeat it for a third time. But among the "properties"
These are: "Item, a
are three which immediately arrest attention.
prison with a coveryng.
Item, the

Kyngs palace

at

Item,

greate idoll with a clubb

These have no obvious con-

Laches".

any version of Tobit, except that contained in the


This is a very long
already named Mistere du Viel Testament.
work which was slowly elaborated in the fifteenth Century (cf Petit
a French series of
It is
du Julleville Les Mysteres, ii 354, 370).
Mystery Plays which was first published in 1500, and again in 1542.
Now in this French version of
It Covers a large part of the Bible.
Tobit, the story of the assassination of Sennacherib by his sons is
closely welded with the main plot, though in the original texts the
nection

with

reference

to

the

Mistere, however,

Sennacherib incident
these

see Tobit cast into prison.

the appearance

among

merely

casual.

In

incidents are related at great length.

See the Assyrian King at Lachish,

we

is

we
It

see

is

him worshipping

not too

much

the

We

his Idol,

to infer

from

the Lincoln properties of Lachish, the idol,

and the Prison, that the English play also included the Sennacherib
story, and that it was accordingly some version derived from the
Mistere.

That the Mistere shows

in

other places clear signs of Jewish

influences has already been pointed out


etc.).

The same phenomenon

presents

by ROTHSCHILD
itself

in

(I

pp.

ix

the Tobit section.

ABRAHAMS, THE TOBIT DRAMA

The added Sennacherib

IN

THE SIXTEENTH CENTURY

seem

incidents in particular

from a Hebraic source.


worship of the Golden

to

In the Mistere, Sennacherib

The monarch's

Calf.

me

29

to

sets

come

up the

eldest son proposes

that his father shall imitate Jeroboam's example.

Le

principal des principaulx

Fut Jeroboam, qui fit faire


Adorer nuyt et jour les veaux;
Prenons donc a luy exemplaire.

This must have been suggested by the Rabbinic exegesis of Hosea


The golden calves of Jeroboam (Ephraim) were carried into
X, 6.
Assyria by Pul, to become a gift to King Jarib, i. e. Sennacherib.
(See Rashi ad loc, and Yalqut on 2 Kings xviii, 236, from the
Seder Olam.) But this is not all. Sennacherib in the Mistere vows
to slay his sons as a sacrifice to
this

his god.

It

their father's design

that they anticipate

is

because they hear

and assassinate him.

Says the King:


Conclusion, je les tueray.

Tuer? Non feray. Si feray


Vela le point ou je m'accorde.

noz dieux

les sacrifiray,

Sans en avoir misericorde.

The two

become aware

sons

of this purpose.

"What?," answers

sacrifice" cries the eider son.

lay tuer".
cf.

This idea

Qimhi on

Rabbinic

is

found also

Kings xix

tradition,

"De nous

37).

in

the

veult faire

his brother,

"AUons

Talmud (Sanhedrin 96

a;

Senacherib's sons, according to this

slew their father because they learned that he

intended to sacrifice them.

(in^

aipO nVsoi

in:i

inn

'7^

This was not derived from


lOp Mlin Y\rh).
Jerome, for though this Father, on Isaiah xiv, recites the Jewish
traditions regarding Nebuchadnezzar, he is silent, when dealing with
Isaiah xxxvii, as to the Rabbinic legends about Sennacherib.
On

nm'?Dp1

^"!^in

1J?at!^

the other hand, in the Version of Tobit referred to in Isaac Akrish's

marginal note, the Sennacherib legend

is

fuUy elaborated.

to in Tobiben Tobiel'm the History of Moses

(.T'j;

irm

It is

referred

HJyo^jy D-iM

nm)

on p. 14b. after Constantinople edition (15 16) and on p. 29b of the


Venice issue (1544). Only one other piece of evidence need be
adduced. In the Mistere, the Tobit play foUows immediately on
the

Dr.

dramatisation of Job.

Gaster

(ch

ii

12)

Now

the Job

in

the

story

is

Hebrew

text

printed

by

interwoven with the Tobit

FESTSCHRIFT COHEN

30
Story.

"The

author", says Dr.

GaSTER

of the

Hebrew

writer,

"must

have thought these two (Job and Tobit) to be contemporaries". The


author of the Job-Tobit sections of the Mistere must have shared
If so, it is probable that he based it on a Jewish tradition.
this belief.
near to Job, but
the Order there (Tobit, Judith, Esther, Job) had no influenae on the
must
arrangement in the Mistere, where Judith comes last.
In the Vulgate,

it

is

true, the

order brings Tobit

We

therefore probably trace the Mistere order to the

same Jewish

circle

of ideas which treated Job and Tobit as contemporaries. Speaking


generally, the extent of the Rabbinic influenae on the Mystery Plays

Middle Ages, and especially of the fifteenth and sixteenth


Whether the incenturies, has not yet been adequately recognised.

of the

fluenae

was

direct or indirect

is

another question.

Thora, Propheten, Weise.


Von Hermann Vogelstein.
babylonische Exil bedeutet nach jeder Richtung eine grund-

Das

strzende Umwlzung.

srab

sich

als

Restauration.

Wiederherstellung der

alten,

Das nachexilische Judentum


Aber es war tatschlich

man

meinte, da

tatschlich hatten die alten

Von den

und

nicht

eine

sondern die Schaffung neuer Zustnde,

nicht Restauration, sondern Renaissance.

beibehalten,

fhlte

die

sie

Worte

Die

alte

Terminologie war

gleichen Begriffe bezeichne;

eine vllig vernderte Bedeutung.

alten Institutionen bestand eigentlich fast nur

der alten Weise

noch Tempel

Die Prophetie trug einen


vernderten Charakter und war berdies im Absterben. Die religise
Wissenschaft und der Volksunterricht begann aufzublhen. An die
Stelle der verstummenden prophetischen Predigt trat die Sabbath-

und Priestertum

in

fort.

Aber

neuen Institutionen
haben sich nur in allmhlicher Entwicklung herausgebildet. Mit Recht
hat darum bereits LEOPOLD Low die Frage nach Entstehung und

predigt des schriftgelehrten Volkslehrers.

die

Entwicklung des Rabbinertums aufgeworfen.* Zutreffend stellt er fest,


da die Rabbiner und Prediger nicht die Nachfolger der alten Propheten

um

sind.

Seine weiteren Schlufolgerungen sind jedoch schon

deswillen abzulehnen, weil die nachexilische Entstehung der ge-

samten biblischen Chokhmaliteratur heute als feststehend anzusehen


ist.
Neuerdings hat G. Klein in den ersten Kapiteln seines Altesten
christlichen Katechismus" den bergang in groen Zgen skizziert.
Eine eingehende Untersuchung lag dem Zwecke seiner Arbeit fern.
Aber die Bedeutung einer solchen Untersuchung, die die allmhliche
'

Leopold Low, Gesammelte Schriften Bd. IV. Low nimmt mit seiner
ein bereits vom jdischen Kulturverein gestelltes Thema wieder auf.

Abhandlung

FESTSCHRIFT COHEN

32

und Wandlung der Begriffe klarstellt, erhellt ohne


weiteres.
Sie gewhrt einen Einblick in die religise und geistige
Struktur des vorexilischen Israel etwa im letzten Jahrhundert und
Entwicklung

lt hnlichkeit

Im

treten.

wie Abweichung

der

nachexilischen

Mittelpunkt stehen die drei Begriffe

Zeit

hervor-

Thora, Propheten,

Weise.
Eine Flle meist prophetischer Stellen nennt neben dem Knig
drei fhrende Stnde im alten Israel, nmlich Priester, Propheten

und eine

dritte Kategorie,

fr

kommen. Weise, Hupter


Richter und lteste.

Micha

3, II.

Deuteron

Jerem

16, 18

(D^Ji'SI),

18,22.

Hirten

(D^VII),

Beamte

(DniT),

welche diese Dreiteilung angeben, sind

Stellen,

4, 9; 8,

verschiedene Bezeichnungen vor-

die

i8, i8; 23; 26; 29, i; 32, 32.

Klagel

2, 9.

In

Jerem

Ezech

7, 26.

18 und 34, 19 sind

i,

Weisen oder Beamten nicht erwhnt,


Zephanja 3, 3. 4 nennt neben Priestern und Propheten noch zwei
28 nnty und
Kategorien, nmlich ^^S) und D^tr, Ezech 22, 25
D'^N^ti'i (nach der offenbar korrekteren Lesart der LXX).
Jerem 2, 8
Zu beachten
zhlt Priester, Propheten, Hirten und minn ''trsin auf.
ist ferner Hos 3, 4, wo Knig, Beamter, Opfer, Masseba und Ephod
und Teraphim genannt werden, sowie die eigenartige Stelle
II Chron 3, 4.
Von den Propheten erwartete man Orakel (DDp), Rede 021)
Vision (ptn). In der Tat weist das israelitische Prophetentum die
Entwicklung auf vom Orakel zur Rede, um sich dann allmhlich zur
Apokalypse umzubilden, in der noch lange nach dem Erlschen der
Prophetie ihre Spuren und Auslufer erkennbar sind. Allerdings ist
die

Propheten,

13, 13

die

bei

dem

diese

Auftreten der ersten Schriftpropheten das Orakelwesen fr


Propheten im allgemeinen bereits berwunden und tritt nur

noch an verhltnismig wenigen


ist

Bereits bei

Stellen zutage.

Amos

Aber wir drfen


Schrift aufgenommenen

das Wesentlichste seiner Prophetie 121 (Rede).

nicht blo an die in den

Kanon der

Heiligen

Propheten und deren Gesinnungsgenossen denken, sondern an die


unendlich viel grere Zahl der in ganz anderen Anschauungen befangenen falschen" Propheten, deren Auftreten natrlich fr die
Auffassung des Volkes vom Prophetentum magebend sein mute.
Lehnten doch z. B. Amos und Micha und hnlich auch Jeremia
jede Gemeinschaft mit diesem Prophetentum ab.
aus den angezogenen Stellen zu schlieen

sein,

Immerhin drfte
da, whrend man

frher das Hauptgewicht auf das Orakel legte, zu Jeremias Zeit das

Volk vom Propheten

in erster

Reihe

im

forderte.

Das

scheint be-

VOGELSTEIN, THORA, PROPHETEN, WEISE

33

werden durch das Prophetengesetz im Deuteronomium,


das dem Propheten lediglich das Wort" im Namen Gottes zuweist.
Ganz besonders charakteristisch ist Jerem i8, i8, wo offenbar eine
Nicht
sprichwrtlich gewordene Redensart wiedergegeben wird:
schwindet Thora vom Priester und Rat vom Weisen und Rede vom
ZU

sttigt

,,

Propheten", weil hier Jeremia nicht seine eigene, sondern die An-

schauung der Volksmenge und gerade seiner Gegner zum Ausdruck


Dieselbe sprichwrtliche Redensart wendet Ezechiel an,
bringt.

wenn

er

7,

man [vergeblich] Vision vom Pround Weisung wird vom Priester und Rat von den

26 droht: Da wird

pheten fordern,

ltesten schwinden."

Vision,

sei

es als ekstatische

Schau,

sei

es

prophetisch dichterisches Phantasiegebilde, begleitet die Prophetie


meisten tritt sie zurck bei
von ihrem ersten Auftreten an.
als

Am

und den im Buche Sacharja enthaltenen Prophetien tritt sie wiederum stark in den Vordergrund,
nimmt fast eine berragende Stellung im Buche Daniel ein und dominiert in den pseudeprigraphischen Apokalypsen zum Alten wie zum
Neuen Testament wie in der Offenbarung Johannes. Charakteristisch
Der Verfasser
fr diese Wandlung ist Spr 29,18 DJ? pS^ pm j^Nn.
lebte zu einer Zeit, in der entweder noch ein Rest der alten Prophetie
erhalten oder doch noch die Erinnerung an sie lebendig war; die

Hosea und Jeremia;

Prophetie

bei Ezechiel

gekennzeichnet

aber wird

Entwicklung

in

Vision" ^

als

der Auffassung der Prophetie

Neben

gehen die

dieser

alten

An-

schauungen noch einher; auch nach Jeremia finden wir noch DDp
Die Prophetie im
als die Bezeichnung prophetischer Wirksamkeit.
alten Israel hat eine rasche Entwicklung zum hchsten Gipfel ge-

nommen; das

Exil

hat

sie

entwurzelt,

visionren Elements begnstigt

hat

und durch

die

das Hervortreten

des

beginnende und ebenso

rasch zur Blte gelangte religise Gelehrsamkeit die Prophetie ab-

Da

Veranlagung der Propheten


diesen bergang zur Vision begnstigt hat, soll keineswegs in Abrede
gestellt werden; stehen doch die deutero- und tritojesajanischen
Reden in dieser Hinsicht in einem gewissen Gegensatz zu Ezechiel

sterben

lassen.

die

persnliche

Sammlern verfaten berschriften der prophetischen Bcher Jesaja, Obadja, Nahum, vgl. auch Habakkuk,
whrend die Bcher Jeremia und Arnos als Reden ("'lan) die Propheten bezeichnet werden. Ganz anders ist die berschrift ..."? 'n n^n, die eben die Worte
des Propheten nur als Gottes Wort kennzeichnet; so ist auch Sach 7, 7 und 7, 12
^

Vgl. auch Klagel.

2,

zu verstehen, nicht etwa in


"13T

gewesen

sei

9 und ptn in den von den

dem

Sinne, da die

zum Unterschiede von den

Sache der frheren Propheten

jetzigen.

FESTSCHRIFT COHEN

34
wie zu Sacharja
vllig

u. a.

vernderte

Aber im

Milieu

die

Grunde ist denn doch das


Ursache zu der Wandlung der

tiefsten

letzte

Prophetie.

und nachexilischer Entwicklung.


Im Mittelpunkt steht die Thora. Durch
diese uralte Bezeichnung wird scheinbar das Alte festgehalten, whDie

religise

Wissenschaft

ist

exilischen Ursprungs

Umwandlung

rend tatschlich der Begriff eine durchgreifende

er-

fahren hat.

Die Terminologie bezglich des Priestertums ist eine durchaus


einheitliche. Der Priester gibt min (Weisung); von der priesterlichen
Unterweisung, und nur von dieser, wird an zahlreichen Stellen, soweit

stammen, das Verbum min angewandt.


Die entgegenstehenden Stellen im Deuteronomium finden sich durchweg nur in den Teilen, die nicht zu dem ursprnglichen Bestnde
Hier ist eine ganz eigenartige Entwicklung
des Buches gehren.
festzustellen. Die priesterliche, bez. auf die Priester und deren Ttigkeit bezgliche Literatur der spteren Zeit hlt die alte, eng umschriebene kultische Bedeutung des Wortes fest, whrend es daneben
seit der Promulgierung des Deuteronomiums eine ganz andere, umfassendere und tiefere Bedeutung erhlt. Diese doppelte Bedeutung
sie

aus

vorexilischer Zeit

des Wortes Thora kennzeichnet und erklrt eine gewisse Zwiespltigkeit der nachexilischen Entwicklung, wie andererseits die

Anwendung

gesamte religise Lehre den ersten


Friedensschlu zwischen priesterlicher und prophetischer israelitischen

Wortes Thora

des

auf

die

Religion anzeigt.

Von den oben


Zeph

3, 3. 4.

Jerem

angefhrten

18, 18.

charakteristisch auf den

Ezech

Priester.

Stellen
7, 26.

beziehen

Deuteron

Deuteron

17,

17, 8

ff.

Micha 3,
8 ff. Thora

11.
als

wird, obgleich

beides einheitlich behandelt wird, der Unterschied zwischen der Unter-

weisung des Priesters (Hlin) und der Entscheidung des Richters (St^O)
scharf festgehalten.
wir

aus

der

Nach Ezech

Was

der Inhalt der Priesterlehre

prgnanten Bedeutung des Wortes


44, 23 ist es

Aufgabe der

Priester,

in

ist,

ersehen

spterer Zeit.

das Volk ber heilig

und unrein zu belehren, und ganz ebenso umschreibt


der Priesterkodex (Levit 10,10.11) den Priesterberuf. Bereits bei
Zephanja 3, 4 begegnen wir dem Gebrauch des Wortes Thora in
diesem Sinne. Deutlicher noch ist Haggai 2, 1 1 Frage doch den
Der Inhalt der Frage ist, ob ein GegenPriester nach der Thora.
stand durch Berhrung geheiligt wird.
Diese Priesterlehre haben
die Vorhaltungen Maleachis (2, 8. 9) im Auge, da die Priester die

und profan,

rein

VOGELSTEIN, THORA, PROPHETEN, WEISE

Thora nach Ansehen der Person

und

erteilen

mit ihrer Thora. Diese priesterliche Thora

35

viele zu Falle bringen

Klagel

2, 9 gemeint und
Chron
wo
von
der
Zeit
die
Rede
ist,
ebenso
in der in Israel
15, 3,
(nilD)
wahrer
kein
kein
Gott,
weisender
Priester und keine Weisung
(min) war. Im Priesterkodex ist dann eine weitere Entwicklung
des Begriffs nach dieser Richtung zu beobachten. An nicht weniger
als 24 Stellen ist Hliri durch Ritual" zu bersetzen.^
Ganz hnlich
der Plural in Ezech 43, ii; 44, 5 von den Bestimmungen ber den
Tempelbau. Von den brigen Stellen in diesen priesterlichen Schriften
ist ebenfalls eine Anzahl in demselben Sinne als Priesterlehre, bez.
kultische Vorschrift aufzufassen.
Noch haben wir in Deuteron 33, 10
eine Stelle, in der Priesterlehre und gottesdienstliches Ritual ein
wenig unterschieden werden. Hier ist fr das Ritual das Wort StTO
angewendet, das genau in der gleichen Bedeutung in dem Bericht
ist

II

ber
II

auf

die

Kn

17,

samaritanischem

Gebiet

26 ff. gebraucht wird, die der

angesiedelten

Kolonisten

israelitische Priester in

Ritual des Gottes Israels unterweist (Din,

miO V. 27.

dem

In gleicher

28).

Bedeutung findet sich tDDtyo auch noch z. B. Ps 81, 5. Wenn nun


fr min und das Verbum min mehrere Bedeutungen festzustellen
sind, so ist ganz besonders zu beachten, da fr die priesterliche,
kultische Unterweisung kein anderes Wort zur Anwendung kommt.
Es kann einem Zweifel nicht unterliegen, da die anderen Bedeutungen des Wortes sich aus dieser entwickelt haben.
Die priesterliche Belehrung wurde nicht in schulmigem Unterricht, sondern auf Anfrage in konkreten Fllen erteilt.^
Aber die
erforderliche Kenntnis, um diese Belehrung geben zu knnen, mute
der Priester sich angeeignet haben; sie war die selbstverstndliche
Voraussetzung fr den Priesterberuf 3 Die Kenntnis dieser Priesterlehre mute also innerhalb der Priesterschaft esoterisch berliefert
werden.

Ob man

dabei an Priesterschulen zu denken hat oder, was

wahrscheinlicher

an mndliche berlieferung von Vater auf


Sohn, bez. vom amtierenden Priester an den jungen Priesternovizen,
bleibe dahingestellt.
Aber gerade fr diese Unterweisung in eng
geschlossenem Kreise ist niin der prgnante Ausdruck, wie Jes 8, 16
viel

Num

Exod

5, 29.
^

7, 22ff.
3

12, 49.

30;

Lev

6, 13.

ist II

6, 2. 7.

21; 19,

Folgt aus Micha

Ebenso

ist,

2.

3. 11

Kn

18; 7,

i. 7.

14; 31, 21;

Deuteron

n.

37; 12, 7; 13, 59; 14,

dazu Lev 11,46.


9 11. Mal 2, 7. Haggai

17,

17, 27f. zu verstehen.

Vgl. Jer 18, 18. Ezech

2.

7, 26.

3*

32. 54. 57.

3, II.

Sach

FESTSCHRIFT COHEN

36

wo

ergibt,

von der prophetischen Unterweisung an die Jnger

es

angewendet wird. Das fhrt weiter zur Erkenntnis der ursprnglichen


Bedeutung des Wortes wie zum Verstndnis des Bedeutungswandels.
Die Erklrung des Wortes Thora und die Herleitung von dem Losdes

orakel

Priesters

recht

ist

'

unwahrscheinlich.

Wre

dies

das

Anwendung auf nichtpriesterliche Beverstehen sein. Dagegen ist durchaus zuzu-

Ursprngliche, so wrde die

lehrung nicht wohl zu

geben,

das Losorakel, das der Priester warf (HT), die Termino-

dali

da nunmehr min speziell die Bezeichnung


Die Bedeutung, von der
fr die priesterliche Unterweisung wurde.
wir auszugehen haben, ist vielmehr: mit dem Finger weisen, zeigen
Der Hebrer
(vgl. Spr 6, 3), demzufolge besonders den Weg weisen,*
absolut an hnlich wie Tlh\i^ mit dem Objekt T.
So
wendet
ergibt sich zunchst die Bedeutung der mndlichen Unterweisung,
und zwar nicht sowohl der prophetischen Belehrung durch die Rede,
sondern vorzugsweise der priesterlichen auf Anfrage hin.
Die sptere Bedeutung von Thora im Sinne der gesamten religisen Lehre einschlielich der Morallehre datiert von der Auffindung
des Deuteronomiums. Der Bericht in II Kn 22 liefert den Schlssel
logie insofern beeinflut hat,

mn

und

hierzu

dem

in

gibt zugleich einen Fingerzeig zur

das Deuteronomium entstanden

Kreises,

dem ganzen

Bericht

In

ist.

aufgefundene Buch weder von

das

wird

Bestimmung des
einer

mitwirkenden

der

Personen noch von dem Verfasser des Berichts als Thora bezeichnet;
auch die Prophetin Hulda nennt es nicht so. Einzig und allein der
Fr alle anderen sind Thoroth
Priester Hilkia nennt es minn 1DD.
nur die alten Weistmer der Priester; dies Buch, das neben wenigen

Weistmern so viel von den Grundgedanken der


Prophetie enthlt, ist nach der bis dahin herrschenden Anschauung
Lnger als ein Jahrhundert hatte der Kampf zwischen
nicht Thora.
In der
prophetischer und priesterlicher Religion in Israel gewhrt.
Natur des Priestertums liegt die Betonung des ueren, kultischen
Elements. So grundverschieden die prophetische Religion von allem
Heidentum war, so nahe waren die Berhrungen der priesterlichen
priesterlichen

97;

Stade,

Bibl.

GDEMANN,

s.
2

So

am

Theologie des

Exod
2,

15, 25).

== Micha

ugf.,

Nowack,

Bibl.

Kn

Sam

4, 2.

II

(=

12, 23.

Weg fhren, bez. den Weg


mit doppel32, 8. Spr 4, n

min auf einen


Ps

25, 8.

11

Chron 6, 27), Ps 27, ii; 86, ii;


Hierher gehrt auch die Konstruktion mit dem
I

Archologie

Quellenschriften S. IV.

deutlichsten Jes 30, 20 f.

weisen mit n konstruiert

tem Akkusativ

AT

8,

36

II

119, 33 (vgl.

auch

partitiven ^D Jes

VOGELSTEIN, THORA, PROPHETEN, WEISE

3/

Formen und Anschauungen der "heidnischen


Auf diesem Wege drang das Heidentum immer wieder in

Religion mit den religisen

Umwelt.

Dem

Israel ein.

ethischen Monotheismus der Propheten, der Opfer-

und uere Frmmigkeit gering schtzte, stand die von den


Priestern gehtete und in ihren altberlieferten Kultformen gewahrte
kultus

Volksreligion gegenber.

Wie

verschrften sich whrend des

der persnliche

lich ist

Aber

Jeremia.

Priesterschaft

Ha

berall bei

Kampfes

gleichartiger Entwicklung

die Gegenstze, leidenschaft-

der Priester gegen ihren Standesgenossen

dennoch auch in der


Jeremia war Priester, und an der

die prophetischen Ideen hatten

Wurzel geschlagen.

Spitze der jerusalemischen Tempelpriesterschaft stand zur Zeit Josias

der

durchaus der Prophetenpartei zuzuzhlende Hilkia.

tritt

bei hnlicher

Grundanschauung zwar nicht

Hier nun

die Gegenstzlichkeit,

wohl aber die Verschiedenheit zwischen dem aus priesterlichem Geschlecht stammenden Propheten und dem prophetischen Anschauungen
huldigenden Priester zutage. Jeremia nennt die Opfer nicht von Gott
geboten,

(Kap.
die

7);

Gebot vielmehr ethischen Charakters sei


der Priester hlt die berlieferten Kultformen fest und wei

dessen

ethischen

einziges

Ideen

des

Den Propheten

bringen.

Prophetismus
ist

die

mit

ihnen

in

Einklang zu

Luterung der religisen Idee und

des religisen Bewutseins zu danken

die praktische Verwirklichung,

berfhrung aus den Kpfen einer kleinen geistig hoch stehenden


Schicht in das lebendige Bewutsein des Volkes und damit die Umwandlung aus der religisen Erkenntnis Weniger zu einer Religion
die

konnte nur auf

dem Wege

den die Priester einschlugen.


Den Propheten leitete einzig die Wahrheit seiner Ideen ohne Rcksicht auf ihre praktische Durchfhrung im Augenblick; der Priester
hat mit psychologischem Verstndnis fr das Empfinden der Volksseele diese Ideen mit Hilfe der alten Formen in das Bewutsein des
Volkes zu pflanzen gesucht. Ihm wurden die ethischen Ideen des
erfolgen,

Prophetismus zu Thoroth ebenso wie die kultischen berlieferungen.


In diesem Kreise der prophetisch gesinnten Priesterschaft ist das
Deuteronomium entstanden, das den Ausgleich zwischen prophe-

und

Fr dieses Priestertum
war der Begriff der Thora erweitert und umfate nunmehr die gesamte religise Lehre. Es bedarf keines Wortes, da dieser Sieg
der prophetischen Ideen ein Zurcktreten der Prophetie und eine
tischer

priesterlicher Religion

brachte.

des Priestertums zur Folge haben mute. Benun nicht mehr des prophetischen Dabar, dessen

erhhte Bedeutung
durfte

es

Inhalt ja

doch
bereits

in

der Thora enthalten war.

Damit mute auch

FESTSCHRIFT COHEN

38
die

Bekmpfung der

kultischen Vorschriften durch die Prophetenpartei

aufhren, da diese sich

Weise wie

in gleicher

Der

aus der Thora ergaben.

die ethischen

fast unmittelbar

folgende

Lehren

Zusammen-

bruch hat diese Entwicklung begnstigt, die vllig vernderte Stellung


und der vllig vernderte Charakter der Prophetie bei Ezechiel
Haggai, Sacharja und Maleachi

IIKn

wie

Stellen

oder gar Thoroth

Nun mute

als

9,

In nachexilischen

10 u.a. kann dann sogar Thora

durch die Propheten

erteilt

genannt werden.
soweit

Aber auch

apokalyptischen Charakter annahm.

Priestertum blieb die Fhrung nur, so weit es sich den prophe-

tischen Inhalt der

hat

Dan

unverkennbar.

die Prophetie notwendigerweise rasch erlschen,

sie nicht visionren,

dem

17,13.

ist

es

Thora zu eigen gemacht

unbedingte Suprematie erlangt.

die

hatte.

Zunchst

freilich

Erst allmhlich mute

durch den auf der neu gewonnenen Grundlage entstehenden Stand


der Schriftgelehrten die Opposition und der Kampf gegen das im
Opferkult erstarrende Priestertum sich erneuern.

Der

dritte

der fhrenden Stnde sind die

Die bliche

D''D3n.

bersetzung weise, Weisheit gibt nur die Bedeutung wieder, die


das Wort zu einer ganz bestimmten Zeit und innerhalb eines bestimmten Zweiges des biblischen Schrifttums, in der Chokhmaliteratur,
erhalten hat.

Hier bedeutet es den Weltweisen, bez. die Weltweisheit

im Sinne jener Literatur und ganz besonders die Trger dieser Weltweisheit und dieser Literatur. Aus der Bedeutung der Chokhmaliteratur
innerhalb des biblischen Schrifttums erklrt es sich, da man leicht
geneigt ist, diese Bedeutung von DDH auch auf andere biblische
Stellen

zu

bertragen.

Aber

Weisheitsliteratur

diese

nachexilischen Zeit an und weist nach Inhalt und

gehrt

Form

Parallelen mit der hellenistischen Popularphilosophie auf.^

der

zahlreiche

Aber

diese

Bedeutung kommt dem Wort nur in einer Phase des kulturellen


Lebens zu. Fr die ltere Zeit ist diese spezielle Bedeutung nicht
zutreffend. Hier ist vielmehr DSn der Gelehrte ^ oder zum mindesten

Friedlnder, Griech. Philosophie im

philosophischen Diatribe der Griechen


Kultur usw.

(in

s.

bei

Lietzmanns Hdb. zum NT)

schichtliche Anspielung in

AT

S.

S. 61.

Die Parallelen aus der

Wendland,
39

ff.

Hellenist.-rmische

Nebenbei

sei

auf eine ge-

den Proverbien hingewiesen. Prov 16, 32 spielt auf


der die Zgellosigkeit selbst war und sich durch den

Demetrios Poliorketes an,


Mangel an Selbstzucht selbst um die glnzendsten bereits erzielten Erfolge
brachte. In l'^j? nD*? liegt die bersetzung des Beinamens iroKiopKTfinis vor.
* S. Leopold Low, Ges. Sehr. IV
193 f. Die Gleichsetzung mit den Spruchweisen bei

Low

ist

allerdings irrig.

VOGELSTEIN, THORA, PROPHETEN, WEISE

was

der Gebildete,

jene ltere Zeit,

fr

in

39

der es eine allgemeine

am

Volksbildung nicht gab, eng verwandte Begriffe waren;

Wort fr jene
kundig".
Das Wort

ist

das

bezeichnet

wiedergegeben durch
auch die Kenntnis oder

vielleicht

Zeit

ltere

besten

daher

Fertigkeit auf irgendeinem technischen

Gebiete.

Jes

3,

wird

der

Zauberkundige (D^tJ'in QDri), Jerem 9, 16 die des Klagegesanges und


der Trauergebruche kundigen Frauen so genannt'. Daneben findet
Der Richter und Beamte
sich DDn auch in der Bedeutung klug.
soll, wie an zahlreichen Stellen gefordert wird, ein ]1Di1 DDH ti'"' sein;
das Gleiche erbittet Salomo fr
regieren zu knnen.*

Hier

ist

sich,

nODn

um

sein

Volk gut und gerecht

die Kenntnis der Rechtsbestim-

den Rechtsfall und


Eine ganz eigenartige Verdie Anwendung der Rechtsnormen.
bindung ist das hufig vorkommende ^h DDH, das Prov 16, 21 ganz
charakteristisch dem ]'\2^ an die Seite gestellt und fast gleichgesetzt
wird. Es ist der Ausdruck fr die nicht durch Studium oder bung

mungen, m'\2D

die Einsicht, das Verstndnis fr

erworbene, sondern auf natrlicher Veranlagung beruhende Fhigkeit.

Die Bekleidung eines obrigkeitlichen Amtes setzte zum wenigsten


die Kunst des Lesens und Schreibens voraus; und wer schreiben
konnte, verfgte ber ein ansehnliches Mali von Bildung. ^ In BabyAssyrien und gypten war die Brokratie bereits frhzeitig

lonien,
in

hohem Mae

In ffentlichen Angelegenheiten wie in

ausgebildet.

wurde dort viel geschrieben. Der Kodex


Hammurabi spricht u. a. von Schenkungsurkunden, verlangt bei der
Eheschlieung den Ehekontrakt usw. Sicherlich ist in den Kleinstaaten Israel und Juda mit vorwiegend buerlicher Bevlkerung
nicht so viel regiert" und geschrieben worden wie in diesen Grostaaten mit hoch entwickelter Kultur. Aber auch hier ist ausreichend
geschrieben worden. Unter den hchsten Staatsbeamten wird mehrfach der ISID genannt^, dem militrischen Hchstkommandierenden
war ein eigener 1S1D beigegeben s, die Zuteilung der einzelnen Zweige
privaten Rechtsgeschften

der Staatsverwaltung an bestimmte Ressortchefs setzt eine geordnete

Verwaltung voraus,

bei

der

es

nun einmal ohne

viel

Schreibwerk

ist es aber, wenn Stade a. a. O. I 253, verleitet durch die


auch Jerem 18, 18 D3n einfach mit zauberkundig bersetzt und in
Jerem 9, 16 eine Beziehung auf Ahnenkult und Totenbeschwrung vermutet.
^ Deuteron i, 13. I Kn
3, I2; vgl. Gen. 41, ;^2^3 Vgl. Otto Weber, Die Literatur der Babylonier und Assyrer S. 25.
^

Unrichtig

Jesajastelle,

Kn

S.

4, 3.

II

Kn

22,

3fTf.

Jer 36,

10. I2fif. u. .

mein: Militrisches aus der israelitischen Knigszeit

S. 6,

FESTSCHRIFT COHEN

40

Da

nicht abgeht.
viel

auswrtige Politik auch

die

den Kleinstaaten
der Auffindung der Amarna-

Schreiberei erforderte, bedarf seit

briefe keines

Beweises mehr.

in

Beispiele diplomatischen Briefwechsels

sind in der Bibel das Schreiben, das der Syrerknig seinem Feldherrn

Naeman

und das Glckwunschschreiben Merodach Baladans an Hiskia. Von schriftlichen Geheimmitgab,

Botschaft

die

Sanheribs

erlassen wird berichtet:

Davids Schreiben an Joab, Uria betreffend,


Isebels Schreiben an die ltesten in Sachen Naboths.
Aber auch
abgesehen von der Staatsverwaltung ist viel geschrieben worden.
Jeremia 29 berichtet von Jeremias Sendschreiben an die Exulanten
und von Semajas Beschwerdeschrift.
Besonders aber sind viele
Privaturkunden geschrieben worden.
Bericht ber Jeremias' Gutskauf
jdisch -aramischen

in

Ein klassisches Zeugnis

Anathoth (Jer
von Elefantine

32),

zu

der

ist

dem

jetzt

eine Flle von


Analogien bieten. Die Beschreibung des Kaufkontrakts lt erkennen,
da bei Grundstckskufen schriftliche Vertragsschlieung erforderlich
Zur Abfassung solcher Urkunden bedurfte man schreib- und
war.
die

rechtskundiger Mnner.

Papyri

Es

sonach wahrscheinlich, da es in
Juda hnlich wie in Babylonien eine besondere Zunft der Schreiber
oder Notare gegeben hat, wie ja auch in den Papyri von Elefantine

ist

der Schreiber stets erwhnt wird.

Diese Rechtskunde und die

Fhigkeit zur Abfassung rechtsgltiger Urkunden wird

und
DDn

von

zweifellos
ist

sonach der

9,

Richter

dem hheren Vervvaltungsbeamten gefordert.


Mann mit gelehrter Bildung, der eben um dieser

Bildung willen zu einem hheren Staatsamt


zeichnet Jer

vom

qualifiziert

ist.

So be-

22 neben der Militraristokratie (1U3) und der Geld-

den Gelehrten- oder Beamtenadel.*


Diese Begriffsbestimmung wird durch die eingangs aufgefhrten

aristokratie (y]}) DDP!

unbedingt gefordert.

den beiden identischen Stellen Jer


18,18 und Ezech 7, 26 wechselt DDH mit D^ipt, in Deuteron 16, 19
wird fr Richter und Beamte als Voraussetzung angegeben, da sie
D'^ODn und D'^pns sind, d. h. rechtskundig und gerecht. Die Aufgaben,
die ihnen zugewiesen werden, wie die Vorwrfe, die gegen sie erhoben werden, fhren weiterhin zur Identifizierung des Begriffs DDn
Stellen

mit ^,

DI',

"itsitj',

nyn,

DDH der umfassendste

In

IV^,

Begriff",

^S^i,

weil

'pyr.

Genauer ausgedrckt,

er fr

alle

diejenigen

gilt,

ist

die

befhigt sind, irgendeine der so bezeichneten Stellungen einzunehmen.

Eine genau przisierte Begriffsbestimmung scheint nicht mglich zu


'

Das.

S. II.

VOGELSTEIN, THORA, PROPHETEN, WEISE

4I

immerhin lassen sich einige Punkte annhernd bestimmen, l


ist die allgemeinste Bezeichnung fr den Inhaber eines Amtes mit
obrigkeitlicher autoritativer Befugnis in der Zivilverwaltung wie im
In Verbindung mit "j^n bezeichnet es den Offizier, in
Heeresdienst.
Verbindung mit der von ihm kommandierten Truppe die Offizierscharge, und zwar vom Hchstkommandierenden der gesamten
Truppenmacht bis herab zum Subalternoffizier ^ Mehrfach wird der
Gouverneur der Hauptstadt ^ einmal auch die Gouverneure der Bezirke oder Kreise genannt J; beide mter drften militrische gewesen
In der Zivilverwaltung werden z. B. im Buche Nehemia die
sein*.
Kreishauptleute D^IB' genannt unter Angabe der von ihnen verwalteten Bezirke, bei Salomo ist es die Bezeichnung der den Vgten
sein;

vorgesetzten obersten

nur

Zivilverwaltung

Im allgemeinen scheint es in der


hheren Beamten angewendet worden

Beamten s.
die

fr

zu sein.

Die

das ltestenkollegium

sind

D'^ipt

scheinend von den Brgern selbst erwhlt.

immer nur

der Pluralform

in

Verwaltung,

Feststellung

die

genannt.

und

jeden

einer

Sie

werden

Stadt,
als

Hnden

In ihren

an-

Behrde
lag

die

Beurkundung

erforderlichenfalls

wichtiger privatrechtlicher Akte sowie die Polizeigewalt .

nyn und

bezeichnen anscheinend nicht beCtimmte Beamten-

JJ'NI

sondern sind allgemeine Benennungen fr die Hupter


oder Fhrer des Volkes. 7 "'tJ'i war ein hoher Beamter von vor-

kategorien,

nehmem Range,

hier

mag

die

der Exekutivbeamte, der nicht

bersetzung Frst

zutreffen.

in leitender Stellung

ItOltJ'

ist

ist.

genaue Umschreibung der Amtstitel


und Amtsbefugnisse, die ohnehin nicht vllig durchfhrbar ist, ist
die Feststellung, da Jurisdiktion und Administration voneinander
und von beiden wiederum die priesterliche Entscheidung getrennt
Wichtiger

Das.

'

3 I

S. 8

Kn
Kn

aber

die

als

ff.

22, 26. II
20, 14

Kn

23, 8.

ff.

Fr die Provinzialgouverneure wird


nianon
5

'ntr
I

Kn

^ Vgl.
7

dies durch die

Verwendung der

'njl3

sehr wahrscheinlich gemacht.


9,

23

u. ,

Deuteron.

Vgl. Sir 10,

2,

22, 13

ff.

Ruth

wo Ty n

und VTb zusammenfat.

4.

Deuteron

21, iff.

die beiden Begriffe des ersten Halbverses BIW

Der Vers

ist

zu bersetzen:

Wie

der Richter emes

Volkes so sind auch seine Rte, und wie die Leitung einer Stadt, so ihre Bewohner.
Ryssels bersetzung verwischt die durchaus klare Einteilung vollstndig.

FESTSCHRIFT COHEN

42

den Beamten genannt,


Deuteron 17, 11 wird die Einsetzung von Richtern und Beamten
verlangt, Jes i, 26 verheit die Wiederherstellung durch Wiedereinsetzung guter Richter und Beamten, Jer 3, 2 zhlt Richter, Prophet,

war^

Zeph

3,

sind

Richter neben

die

Orakelmann und ltesten auf.


Die Trennung zwischen priesterlicher und

weltlicher Gerichts-

Deuteron 17, 8 ff ausgesprochen. Freilich ist die Stelle


vielfach miverstanden worden, so bereits im Talmud und so noch
von Kautzsch; die richtige Auffassung bietet nur teilweise Ibn
Esra, klar erfat hat Samuel b. Meir die Stelle: Wenn dir eine
Sache zu schwierig zur Entscheidung (tSDlfD) ist, und zwar eine
Kriminalsache (l) oder eine Zivilsache (]''"l) oder eine SchadenDa sollst du zu den levitischen Priestern und
sache (V^i)
barkeit

zu

dem

ist

Richter, der in jenen

Tagen

sein wird,

kommen und

fragen,

Entscheidung (taD^O) kund tun


Gem der Weisung (min), die sie dir geben, und gem dem Urteil
"
(tsS'O), das sie dir sprechen werden, sollst du verfahren
Der Talmud deutet irrig D*T auf die Frage, ob das Blut als rein oder
unrein anzusehen ist, und begreift unter yi Kriminal- und Zivil-

und

sie

sollen

die

dir

Meir und Ibn Esra erklren mit Recht D"I auf


es handelt sich um die Frage, ob Mord oder TotKriminalflle
]n auf Zivilstreitigkeiten bezglich. Die dritte
schlag vorliegt
Gruppe deutet Ibn Esra flschlisch auf krperliche Verletzung oder
ttliche Mihandlung, Samuel b. Meir dem Talmud mit Recht folgend auf den bei Aussatz u. dgl. zutage tretenden Schaden, fr den
y:ii das charakteristische Wort ist.
Die Entscheidung hierber lag
Auf sie bezieht sich die Weisung",
in der Hand des Priesters.
proze.^

Samuel

b.

whrend der Richter


'

die
10,

in

Kriminal- oder Zivilsachen Urteil spricht 3.

Gegen NowaCK, Archologie

309. 321

f.

P"r die nachexilische Zeit ist

Trennung von Verwaltung und Gerichtsbarkeit durch Sirach bezeugt, der


24

ttDItri

birio

(11?)

am

nebeneinander

als

die angesehensten Stnde nennt.

Ebenso zeigt v. i und 2 die Trennung der Gewalten (s. vor. Anm.). Sir 10, 5 ist
ppno parallel mit nbtPOD gebraucht; ebenso bedeutet es Jes 33, 22 den politischen
Fhrer, den Gesetzgeber zum Unterschied von dem Richter, dem die Anwendung
des Rechts obliegt.
^

Sifre

z.

St.; b.

Snh 87a, Nid

mischen Targums, ferner Raschi


3

In Deut. 19, 17

Denn

geratene Glosse.

ebenso die beiden Verss. des jerusale-

u. a.

9 veranlagte, in den Text


die Stelle handelt lediglich von welthcher Gerichts-

D'insn offenbar eine durch

17,

auch nur von den Richtern die Rede, whrend Deuteron


die Erwhnung des Priesters sachlich gerechtfertigt und die Teilung konse-

barkeit, in v. 18
17

ist

19 a;

ist

VOGELSTEIN, THORA, PROPHETEN, WEISE

43

Die Terminologie hlt die Unterschiede durchweg fest; nur die mehrfache Bedeutung des Wortes C3Btyo bringt leicht Verwirrung.
Es
an dieser Stelle einmal

ist

dung"

in

der allgemeinen Bedeutung Entschei-

irgend welcher zweifelhaften oder strittigen Frage,

in

der speziellen Bedeutung richterliches Urteil" gebraucht.

Bedeutung Ritual"

und

Eine

in

dritte

Deuteron 21, ifif. wird die


Entscheidung, zu welcher Stadt der Fundort der Leiche gehrt, den
Altesten und Richtern, die Shnezeremonie den ltesten und Priestern
spezielle

s.

o.

S. 5.

zugewiesen.

Gegen

Trennung von Justiz und Verwaltung sind scheinbar


anzufhren Jerem 26, Deuteron 19, 12. 21, 18 ff. 22, 13 ff.
Allein
Jeremia 26, 16 f. zeigt, da die erkennende Behrde nicht die Beamten
waren, sondern die Volksversammlung unter Vorsitz der Beamten.
Das war anscheinend der Fall bei Anklagen wegen Gotteslsterung
oder Hochverrat; denn auch in einem zweiten gleichartigen Falle,
in dem Proze Naboths, ist, wie I Kn 21, 13 zeigt, die Volksversammlung zur Urteilsfllung berufen.
Deuteron 21, 18 ff. und 22, 13 ff.
handelt

um

es

die

sich

aber nicht

Ausbung der

um

einen

ordentlichen Proze, sondern

Die ltesten sind nicht erkennende richterliche, sondern lediglich beurkundende und in dem
einen Falle ausfhrende Exekutivbehrde.
Deuteron 21, 18 ff. bezeichnet den Fortschritt gegenber dem frheren, in Genes 38 widerdie

gespiegelten Zustand.

und

patria

potestas.

Es bedarf der bereinstimmung beider Eltern

Erklrung unter Vorbringung der Beweise vor der Ortsbehrde. Hierdurch wird der Spruch beurkundet und fr vollstreckbar erklrt. Ebenso bringen Deuteron 22, 13 ff. die Eltern die Beweisihrer

stcke vor der Ortsbehrde

bei, die die Aussage des Ehemanns als


verleumderisch beurkundet und ihn kraft ihrer Polizeigewalt in Strafe

nimmt.

Wie

Hochverrat und Gotteslsterung ist bei der Anklage


des Mordes die Volksversammlung die erkennende richterliche Behrde (Num 35, 24 ff.). Die ltesten (Deuteron 19, 12) sind auch
bei

hier lediglich die die Vollstreckung des Urteils vollziehende Exekutiv-

Im Deuteronomium ist nicht angegeben, wem die richterFeststellung, ob Mord oder Totschlag vorliegt, zufllt.
Die

behrde.
liche

Pflicht

der ltesten

ist

quem
in

lediglich,

den Mrder durch ihren Bttel

durchgefhrt ist; nur dafj v. 8 die weltlichen Streitsachen den kultischen,


den folgenden Versen die priesterlichen Entscheidungen denen des weltlichen

Richters vorangestellt sind.

FESTSCHRIFT COHEN

44

dem

holen zu lassen und

Blutrcher zur Vollstreckung des gefllten

Todesurteils auszuliefern. Die

Lcke im Deuteronomium wird durch

Num

Dali beide Stellen verschiedenen Quellenschriften


35 ergnzt.
angehren, ist hier belanglos, da die jngere Numeristelle die Ab-

Volksversammlung

urteilung durch die

hat.

Denn

es

ist

wohl denk-

da im Laufe der Entwicklung richterliche Befugnisse der


ganzen Gemeinde auf die ltesten bergehen aber es ist zweifellos^
da die Entwicklung sich nicht in der Richtung der bertragung
richterlicher Kompetenzen von den ltesten auf die ganze Gemeinde

bar,

vollzogen hat.

Der Spruch des Richters wird durch

Dty (DSIi') gekennzeichnet;

dem

Erkenntnis geht die richterliche Feststellung des Tatbestandes


(Untersuchung) voraus (ty"^)^ Den Ausspruch des politischen oder

Verwaltungsbeamten nennen Jeremia und Ezechiel in der bereinstimmenden Stelle n:JV- Das Wort bedeutet im ffentlichen Leben
Entscheidung, Beschlu, Verfgung, ebenso wie yVV als feststehender
Terminus nicht den Berater, sondern den zu solcher H'^V berechtigten und verpflichteten hheren Beamten bezeichnet.^
Unerklrt bleibt, wer die niinn "'trsin Jerem 2, 8 sind. Trotz
mancher Bedenken scheint es doch, da sie mit den soeben genannten Priestern zu
besonders hart

identifizieren seien,

tadelt,

indem

er

und da Jeremia

die Priester

auf ihre zwiefache Aufgabe,

den

Opferdienst und die Gotteserkenntnis aus den alten Thoroth hinweist.


Die Promulgierung des Deuteronomiums brachte eine vollstn-

das Volk des Buches" geworden. Freilich ist es nicht richtig, sie in frherer Zeit als das
Volk des Wortes zu bezeichnen 3. Denn so hoch uns die prophetische Religion ber der kultischen Frmmigkeit der Priester steht,

Die Juden waren

dige Vernderung.

mssen fr jene Zeit prophetischer Dabar und priesterliche


Thora neben einander als gleich mchtige Quellen religisen Lebens
anerkannt werden.
Nun der Ausgleich herbeigefhrt war, waren

so sehr

beide zu einem Strom vereint.

Die Thora war nicht mehr Priester-

sondern auch gleichzeitig prophetische Volkslehre;


das Grundgesetz fr das gesamte Volksleben sein, daraus

lehre allein,

sie

sollte

er-

Deuteron

19, 18

17,4.

Micha 4, 9 und Hieb 3, 14 neben -[h; Jes 19, 11 neben on, Jes i, 26
(s.o.) und Hiob 12, 17 neben D'DSl'; ferner Prov 11,14; 24, 6; vgl. Jes 19,17- IChron
diese
27, 32. 33. II Chron 25, 16. Esra 7, 28; 8, 25 vgl. unser deutsches Rat". In
^

Terminologie fgt sich unschwer Jes


3

Wellhausen,

Isr. u.

11, 2 ein.

jd. Gesch. 158.

VOGELSTEINj THORA, PROPHETEN, WEISE

45

gab sich die Notwendigkeit intensiver Volksbelehrung. Aber dies


Problem hat damals wohl noch niemand wirklich erfat. berdies
war der Friedensschlu zwischen Prophetie und Priestertum keineswegs ein allgemeiner. Unter der kraftvollen Regierung Josias mag
Unmittelbar nach seinem Tode
er aufrecht erhalten worden sein.
erhoben die Anhnger der alten Priesterreligion, die durch den
Friedensschlu

zugunsten der jerusalemischen Tempelpriesterschaft

zurckgedrngt waren, wieder

ihr

Haupt, und die politische Situation

Wiederum
schrfstem Kampfe gegen

begnstigte das Eindringen des Heidentums.


bis

zum

schaft,

Falle Jerusalems in
einschlielich

steht Jeremia
die Priester-

der jerusalemischen Tempelpriester.

glcklichen politischen Verhltnisse lieen zu einem

Die un-

Aufbau auf der

neu gewonnenen Grundlage nicht gelangen. Das Exil fhrte den


Umschwung herbei. Die Geschichtsauffassung der Propheten wurde
mehr und mehr magebend, die Reden der Propheten und die

Thoroth aus alter Zeit gewannen erhhte Bedeutung. Je mehr man


die Hoffnung auf Wiederherstellung hegte, um so eifriger mute man
sich der Erforschung der alten Thoroth zuwenden, auf deren Grundlage das neue Israel erstehen sollte.
So entstanden die Schulen
der Schriftgelehrten, und so erklrt sich fr die erste Zeit das berwiegen der Priester in dem Schriftgelehrtenstande. Denn einmal
waren die Priester von alters her die Trger der Thoroth, sodann
sollten sie in erster Reihe bei der erwarteten Restauration bereit
und fhig sein, den Dienst genau nach den Vorschriften zu versehen,
und schlielich suchte, da die Prophetie mehr und mehr verstummte,
das Volk naturgem religise Belehrung vorzugsweise bei den
Priestern.

Charakteristisch

ist

die

mit

dem

Falle Jerusalems vllig

vernderte Stellungnahme der Prophetie, fr die das Wiedererstehen

Tempels das Symbol des Wiederauflebens Israels und ihrer


religisen Ideale wurde.
Tempel und Priestertum rcken auch fr
die Prophetie seit Ezechiel in den Mittelpunkt.
Ganz im Gegensatz
zur vorexilischen betont die exilische und nachexilische Prophetie
die Bedeutung der kultischen Frmmigkeit. Jetzt erst ist der deuteronomische Friedensschlu zwischen prophetischer und priesterlicher
Religion vollkommen.
Richtet doch der Prophet Haggai selbst
Fragen kultischen Inhalts an die Priester, nennt doch Maleachi den
des

Priester einen Gottesboten.

In

Aber

Babylonien
fr

die

entstanden

religise

die

Schulen

der

Schriftgelehrten.

Gelehrsamkeit wurde nun nicht die gleiche

Ausdrucksweise angewandt wie vor dem Exil fr die gewissermaen

FESTSCHRIFT COHEN

46

Man war sich der Verschiedenheit zu sehr

weltliche Rechtsgelehrsamkeit

Der auf

bewut.

religisem Gebiet Gelehrte hie ISID.

In diesem

Kreise entstand neben anderen Schriften der Priesterkodex, diesem

Kreise gehrte

handenen Thoroth zu

migung

vornehmster Vertreter Esra

als sein

Thora verband,

einer

zur Einfhrung

derselben

der die vor-

die knigliche

Grundgesetz

als

an,

Geneh-

fr die jdische

Juda erwirkte und im Verein mit Nehemia die Anerkennung der Thora durch den Volksbeschlu der groen Versammlung herbeifhrte. Hier bei Esra findet sich zuerst die Bezeichnung
Kolonie

in

des Buches

wie

min

als nty

200
Deuteronomium

oder

minn oder

n\"l'?

nmn

nSD ebenso

Jahre frher der Priester Hilkia das prophetisch-priester-

fast

liche

"lD

als

des genannten religisen

Thora bezeichnet hatte. Diese Festlecrun<?


Lehrgebudes mute den Rest der Prophetie

erlschen und die Belehrung durch die Soferim an ihre Stelle treten
lassen.

So

ist

Maleachis mahnender Hinweis auf die Thora Moses

gleichsam das Abschiedswort der Prophetie.

Von

besonderer Bedeutung sind die

Bestrebungen

Esra zurckgehenden

Belehrung des Volkes, die ihren Ausgangs-

die

fr

bis auf

punkt von Thoravorlesung und Predigt nahmen. Hier soll nicht auf
die Versuche zur Lsung des groen Problems der Volksbildung ein-

gegangen werden,

eine

die

eigene umfangreiche Untersuchung er-

Bedeutung dieser Bestrebungen nach der Richtung der Zurckdrngung des Priestertums skizziert werden.
Der
Zugang zur Thora stand allen offen, und wenn zu Esras Zeiten auch
nur die Priester
denn die Leviten sind nur die degradierten nichtzadekitischen Priester
die Volkslehrer waren, so war bereits etwa
ein Jahrhundert spter das nichtlevitische Laienelement unter den
Soferim sehr stark vertreten und berwog bald den Levitenstand'.
Nach derselben Richtung tendierte die Einrichtung des opferlosen
fordern, sondern die

Gottesdienstes, dessen Mittelpunkt die Belehrung bildete,

des Tempels, die Begrndung der Synagoge. Es kann

auerhalb

kaum einem

Zweifel unterliegen, da eine solche Zurckdrngung von Esra beabsichtigt

die

mit

man
dem

war,
in

vermutlich

den kaum

schlielich

s. 434).

S.

drei

der wenig gnstigen Erfahrungen,

Menschenaltern

Priestertum gemacht hatte.

wiederum, wie es

infolge

die

mein:

in

seit

Denn

dies

der Natur der Sache lag,

kultische

Seite

der Wiederherstellung
Priestertum hatte

mehr und mehr

des religisen Lebens im Auge.

ausIn

Ursprung und Entwicklung des Apostolats (Monatsschritt 49

VOGELSTEIN, THORA, PROPHETEN, WEISE

anderer Weise

als frher

und dennoch

in

4/

gewisser Hinsicht hnlich

wiederholte sich der Gegensatz zwischen Priestertum und Prophetie


in

dem Gegensatz

zwischen Priestertum und Soferim.

Die Haltung

des Priestertums, die von Maleachi wie von Nehemia herben Tadel

Vorgnge wie der von Josephus Altert. XI 7, i berichtete


u. a. muten das Ansehen des Priestertums schwchen.
Die imponierende Gestalt des Hohenpriesters Simon des Gerechten, die feierliche Wrde, die er dem Opferkult zurckgab, hat Priestertum und
Opferdienst mit neuem Ansehen umkleidet. Sirach und die rabbinische berlieferung erkennen Simons Suprematie unumstritten an.
Die syrische Religionsverfolgung und die religise Befreiung durch
eine Priesterfamilie, der nun das Hohepriesteramt zufiel, haben wiederum Tempel und Priestertum erhhte Bedeutung verliehen. Es
ist die Antinomie des Pharisismus, da er seiner innersten Tendenz
nach das Judentum von Tempel und Priestertum zu lsen sucht,
whrend die Verhtnisse immer wieder Tempel und Priestertum in
den Vordergrund rcken.
Trotz allem ist noch whrend des
Bestandes des Tempels die religise und geistige Fhrung des Volkes
dem Priesterstande entwunden worden und in die Hnde des Gelehrtenstandes gekommen.
Dazu trug die in dieser Zeit entstehende Chokhmaliteratur das
erfuhr,

Ihrige bei.

Diese

religise,

aber nicht kultisch gerichtete,

an den

universalistischen prophetischen Ideen orientierte Literatur stellt


die Opposition gegen das berwuchern des Formelhaften, gegen
priesterlich enge Auffassung dar^
Die alte, lngst erloschene Bezeichnung DDn, die einst fr den weltlich" Gebildeten Anwendung
gefunden hatte, wurde nun von diesen Laien" adoptiert, vielleicht,
ja wahrscheinlich unter dem Einflu des griechischen o-o<^6<i. So erhielt das Wort die Bedeutung der Weltweise, so tritt uns D^n und
noDn besonders in den Proverbien und im Koheleth ganz im Sinne
der griechischen o-oc^d? und o-o</)ta entgegen, wobei allerdings zu beachten ist, da diese Weisheit, wenigstens so weit die erhaltene
Literatur

Kunde

gibt,

durchaus

religis gerichtet

gewesen

ist.

Die gemeinsame Gegnerschaft gegen das ungelehrte, religis im


tieferen Sinne uninteressierte, im Formelhaften erstarrende Priestertum hat Chakhamim und Soferim enger zusammengefhrt, die weitere

Trotz mancher Einwendungen, die im einzelnen geltend zu machen sind,


hat G. Klein, der lteste christliche Katechismus S. i8fT. die Grundlinien richtig
'

gezeichnet.

FESTSCHRIFT COHEN

48

Entwicklung hat das Sofertum verndert, die Verhltnisse haben die


Chokhma in dem eben skizzierten Sinne absterben lassen. Wiederum
Die neutestamentlichen
Schriften kennen noch die Bezeichnung Sofer, die bald darauf in
dieser Bedeutung vllig geschwunden ist und nur noch in der ursprnglichen Bedeutung Schreiber fortlebt. Die Mischna nennt be-

tritt

ein

Wandel

in

der Terminologie

ein.

So hat nach etwa dreiviertel Jahrtausenden das Wort DDH wieder eine hnliche Bedeutung erlangt wie

reits die

Gelehrten Chakhamim.

in alter Zeit,

nur da es einst die juristische,

samkeit

kennzeichnet,

Wissen

in sich schlietit.

die

freilich

Thora, Propheten, Weise"

Wandlung der

Begriffe

auch

spiegeln

und Deutungen

jetzt die religise

das

in

ein

weltliche

der

Gelehr-

juristische

Entwicklung und

wesentliches,

vielleicht

das wesentlichste Stck der jdischen Religionsgeschichte wieder.

Die Psalmen

der Beleuchtung einiger ihrer lteren

in

und neueren
Von

Die

STECKELMACHER-Mannheim.

Dr. M.

Psalmen bedeuten

seit

Interpreten.

christlichen

aus der die Menschen

die heilige Quelle,

Jahrtausenden fr ihre tiefsten Seelenbedrfnisse Befriedigung


Nicht nur

schpfen.

auch von

allen

Israel, in

dessen Mitte

um

entsprungen, sondern

wachsenden Scharen zu
mit ihren lebendigen Wassern den Durst

andern Vlkern

dieser Quelle gepilgert,

man

sie

ist

in

nach Trost, Erbauung und Erlsung zu stillen. Wie eine Hindin


nach Wasserbchen verlangt, so verlangt nach dir meine Seele, Gott!
Meine Seele drstet nach Gott, dem lebendigen Gott, Wann werd'
ich's erreichen und vor Gott erscheinen?"
Das war gleichsam der
Ruf der Menschheit geworden, der Ruf der Sehnsucht nach einem
Ausdruck fr das, was sie im Seelengrunde bewegte, nach einer
religisen Lyrik, die sich ausspricht und dadurch zur Ruhe zu gelangen hofft. Sie ward gefunden in den Psalmen. Mag die Kunst
eines Homer, eines Shakespeare, eines Mozart ergtzen, erschttern,
zur Bewunderung fortreien, dem Schnheits- und Wahrheitssinn
Befriedigung gewhren; mag die Wissenschaft in ihren verschiedenen
Zweigen dem Forschertriebe und der Denkkraft die reizvollste Beschftigung bieten; mgen Kunst und Wissenschaft den Menschen
weit hinausheben ber das Alltgliche und ihn dadurch bilden und
bessern: eines erlangt er auch auf diesen Hhen nicht, so wenig wie
der in den Niederungen des Materiellen verharrende Herdenmensch

ununterbrochenes

Weise

Seelenglck,

Seelenfrieden.

Ihn bedrckt

in

zwar Arbeit und


Zerstreuung zeitweilig vergessen machen, aber nicht bannen knnen.
Eben deshalb bezeichnet auch die Stufe der Resignation, wie sie
ein Spinoza und ein Goethe erklommen, keineswegs noch das ersehnte
beglckende Ziel. Diese groen Geister faten eben die berzeugung,
irgendeiner

irdische

Unzulnglichkeit,

die

FESTSCHRIFT COHEN

50

nach ewigen, ehernen Gesetzen, und es fromme zu


sich gegen sie aufzulehnen. Aber wenn auch die so bewirkte

es verlaufe alles
nichts,

Ruhe einen bleibenden Charakter an


die Ruhe der Entsagung, die eben als

sich trage:

es

ist

doch nur

solche einer bleibend trau-

rigen Grundstimmung entspricht.


Blicken wir dagegen auf den Psalmisten!
Auch er kennt die Mhsal des Lebens, die Trnen des Smanns,
die Bedrngnis durch Feindestcke, die Leiden des Krpers und der
Seele, kurz den ganzen Jammer der Erde: aber er spricht: Wahrlich, beruhigt und beschwichtigt hab' ich meine Seele wie das entSein Glaube vermittelt ihm ein
whnte Kind bei seiner Mutter."
ses Gefhl der Sicherheit, wie es das Kind in seiner Mutter beOder Gott deucht ihm ein
stndiger liebewarmer Nhe empfindet.
,,Er beruhigt meine Seele, fhrt mich auf die rechten
treuer Hirt
Auch wenn ich im dunklen Tale wandle, furcht' ich nichts
Pfade
Nur Gte und Liebe folgen mir alle
Bses, denn du bist bei mir
Tage meines Lebens." Und wenn er in ganz ungewhnlichen Nten
gar nicht mehr ein und aus wei, so betet er: Ich verirrte mich
.

wie ein verlorenes


wieder von seinem

Lamm,
Gott

o suche mich!"
Ich

gefunden.

Und
bleibe

er fhlt sich bald


stets

bei

dir,

du

habe ich im Himmel und neben dir


wnsche ich nichts auf Erden." Hier haben wir das Geheimnis der
berwltigenden Wirkung, welche die Psalmen von jeher auf jedes
ergreifst

meine Rechte.

Wen

Es

Menschenherz ausgebt haben.

ist

das unmittelbare herzliche

Verhltnis zu Gott, das Gefhl des Geborgenseins bei ihm, der alles

unserm Besten fgt

nur zu

dieses

beharrende

Besitztum im

Innersten der Seele bei allem Wechsel der ber sie dahinfahrenden

den Psalmen gelangt es zur


wahrsten, packendsten Verkndung. Darum der Widerhall
ueren

Geschicke

in

vollsten^
in allen

Herzen.

Man

hat der jdischen Religion vorgehalten, da

sie

ursprnglich

philosophisch begrnde, sondern entweder in


nackter Unmittelbarkeit, oder als Ergebnis geschichtlicher Vorgnge
Aber wie sehr hat sich dies gerade angesichts der neueren
darlege.
ihren Inhalt nicht

Philosophie gerechtfertigt, in der ein

Kant auch

den scharfsinnigsten

Versuchen, den Tatbestand des bersinnlichen logisch oder besser:


Wen'
spekulativ sicherzustellen, ein fr allemal ein Ende machte.
traf aber dieses Geschick?

bewiesenen
seines

Nur

den, der seinen Gott blo als einen

besessen hatte, nicht aber den, der, wie der Psalmist,

Gottes stets

in

seinem

Herzen

aufs unmittelbarste

und

leb-

STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER

NEUERER INTERPRETEN

U.

CI

hrteste gewi war.

Die spter auch im Judentum aufgekommene


philosophische Forschung bezweckte in der Hauptsache nur, den
jdischen

Gottesbegriff in

Beisatz und in seinem

Einklang

aber ihn berhaupt erst

mit der Vernunft aufzuzeigen, nicht

demonstrierend hervorzubringen, gleichsam

Er hatte

erst zu schaffen.

Reinheit von allem trbenden

seiner

ja sein volles

Leben im Herzen, wie

es

gerade die Herzenssprache der Psalmen so besonders mchtig kundgibt. Was das Herz im Menschen, das ist der Psalter in der Bibel"
Franz Delitzsch konnte nichts Treffenderes seinem Psalmenkommentar als Motto vorsetzen.

Wie

sehr das innerhalb des

wurde, das erhellt schon aus

dem

Judentums von

jdischen Gebetbuche,

Psalmen einen Hauptbestandteil

die

jeher empfunden

bilden.

Da

in

welchem

aber nicht nur

sie

Menschen

sich eignen mit so auerordentlichen Schicksalen, wie


ber die Juden ergingen, fr Menschen, die einen Mrtyrergang
ohnegleichen durch die Geschichte gemacht haben und ^Iso vor allen
fr
sie

die

aufrichtende,

ermutigende

und heilende Kraft der Psalmen zu


erproben Gelegenheit hatten, da die Psalmen auch zu einem Gebetbuche der Menschheit sich eignen, das mag zunchst ein

Martin Luther bezeugen.


Man hat"
sagt er in

bersetzung

der Vorrede zu seiner markigen Psalmen-

vergangenen Jahren fast viel Legenden von den


Heiligen
Exempelbcher und Historien umhergefhret und die
Welt damit erfllet, da der Psalter dieweil ... in solchem Finsternis
lag, da man nicht wol einen Psalm recht verstund, und doch so
trefflichen, edlen Geruch von sich gab, da alle frommen Hertzen
auch aus den unbekannten Worten Andacht und Kraft empfinden
und das Bchlein darum lieb hatten.
Ich halte aber, da kein
.

in

Exempelbuch
auf Erden kommen mag .. denn der
ist.
Und wenn man wnschen sollt', da aus allen Exem-

feiner

Psalter
peln

usw.

beste

das Beste

Weise

werden."

Es

gestellet

folgt

und zusammengebracht und auf die


wrde; so mte es der jetzige Psalter

gelesen

nun

die

auch nach neueren christlichen Auslegern

unhaltbare Motivierung, da der Psalter ja das Christentum prophezeie


und schon deshalb dem Christen teuer und lieb seyn" msse. Aber

Luther fhrt fort:


da man darinnen
.

ber das
lieset

.,

und gebetet haben


eitel

stumme

Heiligen

alles ist

Tugend
mit Gott geredt

des Psalters edle

wie die Heiligen

da die anderen Legenden ... uns schier

frhalten:

aber der Psalter

4*

lebendige

FESTSCHRIFT COHEN

52
Heiligen uns einbildet

..

Grund und Quelle

ihrer

knnen

ein

...

Denn

Hertz uns frlegt, da wir in den


Worte und Werke ... in ihr Hertz sehen
auch

ihr

menschlich Hertz

ist

wie ein Schiff auf einem

wilden Meer, welches die Sturmwinde von den vier rtern der Welt
Hier stlJt her Furcht und Sorge fr zuknftigen Unfall:
treiben.

Hie

Traurigkeit von gegenwrtigem bel.

Grmen und

dort fhret

und Vermessenheit von zuknftigem Glck; dort


Solche
blaset her Sicherheit und Freude in gegenwrtigen Gtern.
Sturmwinde aber lehren ...das Hertz ffnen und den Grund
Was ist das meiste im Psalter denn solch ernstlich
herausschtten
Reden in allerlei solchen Sturmwinden ? Wo findet man feiner Wort
von Freuden .. denn die Dankpsalmen haben? Da siehest du allen
Heiligen ins Hertz, wie in schne lustige Grten, ja wie in
Wort von
den Himmel ... Wiederum wo findest du tiefere
webt Hoffnung

Da

du abermal allen
also auch wo sie von Furcht oder Hoffnung
Heiligen ins Hertze
reden, brauchen solcher Wort, da dir kein Mahler also knnte die
also frbilden
Furcht oder Hoffnung abmahlen, und kein Cicero

Traurigkeit denn die Klagepsalmen.


.

siehest

ist das allerbeste, da sie solche Wort gegen Gott


Und
Denn wo man sonst gegen Menschen
und mit Gott reden
.

gehet es nicht so stark von Hertzen, brennet, lebet


Daher kmmts auch, da der
und dringet nicht so fast.
Psalter aller Heiligen Bchlein ist, und ein jeglicher in
wasserlei Sachen er ist, Psalmen und Wort drinnen findet,
die sich auf seine Sachen reimen, und ihm so eben sind,
redet,

um

seinetwillen also gesetzt, da er


Der Psalter sei
selbst nicht besser setzen, noch finden kann."
sie
darum ein wohlverwahret Geleit, dem man ohne Fahr nachfolgen
kann ... Der Psalter lehret dich in Freuden, Furcht, Hoffnung,
Summa Wilt du die
Traurigkeit gleich gesinnt seyn und reden
und
heilige christliche Kirche gemahlet sehen mit lebendiger Farbe

wren

als

sie

allein

Gestalt, in

einem kleinen Bilde gefasset, so nimm den Psalter

.,

so

was
hast du einen feinen, hellen, reinen Spiegel, der dir zeigen wird,
die Christenheit sey ..."
Ist es

mglich, den ewig frischen,

Menschenseele

gleich

erquickenden

unerschpflichen

Religionsborn

und jede

der

Psalmen

von einem wahrhaft


gottdurchdrungenen Christen, einem wirklichen Frommen der Welt-

inniger

und treffender zu

schildern,

als es hier

vlker" geschieht?

Nicht so dithyrambisch, weil nicht so kongenial, aber doch auch

STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER


mit groer

Wrme,

NEUERER INTERPRETEN

C^

und, weil er in ihnen nicht gerade prophezeiende

Beglaubigungen des
wertvoller urteilt

U.

Christentums

HERDER

wissenschaftlich

ber die Psalmen.

LUTHER

zunchst ganz hnlich wie

erblickt,

Gottes fr eundschaft: daher


mtsart und individuellem

Sie sind

Stimme

auch

einer

um

so

sagt er

persnlichen

Seelen von groer GeGottvertrauen so wert waren; denn alle


sie

allen

fanden ihre eigenste Sprache des Herzens darinnen und wuten sich
nicht besser auszureden, als mit des alten Helden Worten."
Viele

Ausdrcke von ihnen sind noch

dreitausend Jahre spter, die


moralische Aufsicht Gottes ber den Zusamder Dinge zu bezeichnen." (Geist d. hebr. Poesie II* S. 211 ff.

treffendsten,

menhang

um

jetzt,

eine

Muller.) Sein Streben, den Psalmen gerecht zu werden, spricht


sodann Herder in der Bemerkung aus: Den Empfindungen, die in
den Psalmen herrschen, trete man weder als Feind entgegen, noch
ed.

als blinder

Verteidiger vor: sie sind Charakterzge einzelner

Menschen
und mssen als solche erklrt werden." Er meint die hin und wieder
heftig hervorbrechenden, in Verwnschungen sich uernden Gemtserregungen, die man zwar nicht als Muster heiliger Empfindungen"
ansehen, aber doch verstehen und schtzen" lernen msse. (Das. S. 182.)
Insbesondere die deutsche Literatur habe den Psalmen viel zu danken.
Klopstocks schnste Oden seien Tne aus Davids Harfe; viele seiner
Lieder
haben unserer Sprache eine Einfalt und Wahrheit des
.

lyrischen

Gesanges eigen gemacht, die wir

bei

unseren glnzenden

Nachbarn vergeblich suchen." (Das. S. 205.)


Mit gleicher Wrdigung sehen wir die christlichen Exegeten aus
der Mitte des vorigen Jahrhunderts
wie Heinrich Ewald, Franz
Delitzsch, Hermann Hupfeld
sich zu den Psalmen verhalten.
Auch Delitzsch hebt insbesondere dankbar den heilsamen Einflu
hervor, den die Psalmen auf die deutsche Literatur ausgebt haben.
Wiedergeboren aus dem Psalter, erscholl das deutsche Lied vom

Ostseestrande bis
erster
die

Liebe."

Psalmen

zum Fue der Alpen

Andererseits
christologisch

Ewalds Kommentar von

nhert

in

er

der vollen Inbrunst erneuerter


sich

verwertenden

wieder

dem

frheren,

wogegen
Deutung frei ist und

Standpunkte,

jeder christologischen

doch voll warmer, begeisterter Bewunderung der poetischen, religisen


und moralischen Vorzge der Psalmen. Er geht auf ihren Inhalt
mit

dem ganzen Rstzeug moderner

Kritik ein; aber es

ist

eine fein-

und zugleich objektive Kritik, die er bt, und darum eine


ebenso bedeutsame wie sympathische Leistung.
Das Gleiche ist von HuPFELDs Psalmencharakterisierung zu
sinnige

FESTSCHRIFT COHEN

54

Es

rhmen.

liegt

hier"

sagt er

ein

Schatz der edelsten

und tiefsten religisen Empfindungen, Gesinnungen, berzeugungen


und Ahnungen vor, die die echt sittliche Natur und Wirkung der
alttestamentlichen Religion auf Herz und Gesinnung in ihrer ganzen
Dabei zum grolJen Teile ohne partikulaFlle und Reinheit zeigen.

und reine religise Wahrheiten und Gefhle, auf alle Menschen und alle Zeiten anwendbar: weil im unmittelbaren Ergu des Herzens zu
Frbung, ganz allgemeine

ristische

mehr zurck
und das persnliche und allgemein menschliche hervortritt. Diese
religise Poesie ist ein dem hebrischen Volke eigentmliches Kleinod, da kein anderes etwas dem hnliches beDaher ist auch die Wirksamkeit und der Gebrauch der
sitzt.
Gott

partikularistisch-theokratische

das

Verhltnis

Psalmen zu allen Zeiten, besonders in der christlichen Kirche sehr


gro gewesen: ja sie ben unstreitig unter allen Bchern des ATs
fortwhrend den grten Einflu auf das innere Leben der Kirche.
Sie sind die Quelle des Kirchenliedes geworden: zuerst
durch Nachbildungen Luthers und anderer Zeitgenossen, woraus
allmhlich der groe Liederschatz der evangelischen Kirche
dann
hervorgegangen ist; und fortwhrend Vorbild aller geistlichen
Poesie." (D. Psalm. IV S. 429.) HuPFELD fhrt dann diese Cha.

noch im einzelnen aus bezglich der Vorstellungen ber


Gott, ber Gottes Heiligkeit, den Glauben an Gottes Gerechtigkeit, der keineswegs ein Aberglaube sei, wie man ihn gewhnlich
rakteristik

mit
eine

Vergeltungsglaubens" brandmarkt, sondern


unveruerliche Grundlage alles lebendigen Gottes-

dem Namen

des

den rechten Gottesdienst in den Psalmen


als einen Gottesdienst des Herzens und Lebens", und ber die erhabenste Vorstellung von dem Menschen", von seiner Wrde und
Hoheit, von des Menschen Frmmigkeit in den Psalmen als einer

glaubens;

ferner ber

innerlichen, sittlichen, seiner Gottesfurcht,

die nicht

knechti-

sondern kindliche Liebe und Anhnglichkeit,


brnstiges Verlangen nach Gemeinschaft mit Gott, gesttzt auf seine
Barmherzigkeit und Gte und die berzeugung, nur in ihm Leben

sche Furcht

ist,

und Seligkeit zu finden. Auch die Gesetzeserfllung ist nicht


blo uerer Werkdienst, sondern freiwillig, mit Lust, aus

Liebe

zu Gott."

(Das.)

Es ist nun erstaunlich, den grellen Gegensatz zwischen diesem


warmen, von gerechtem und liebendem Eingehen zeugenden Verstndnis der lteren Ausleger und der unfreundlichen, oft geradezu

STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER


feindlichen

Stellungnahme

nehmen. Es

ist,

als

Hauch des Antisemitismus

DuHM,' und auch

eines

ein eisiger

eines

NEUERER INTERPRETEN

neueren zu

der

ob uns

U.

Hauch

55

den Psalmen wahrzu-

der scharfe,

frostige

aus den Psalmenarbeiten namentlich

GuNKEL* entgegenwehte. Welch

eine

Trockenheit und Poesielosigkeit, welch eine Verdrossenheit und innere


Teilnahmlosigkeit herrscht schon in des Erstgenannten Einleitung

den Augen DUHMs enthlt der Psalter


fast nur Plattes und Triviales, die erhabenen poetischen Metaphern
darin fr Gottes Walten in der Natur, die herrlichen anschaulichen
Bilder fr Gottes Vorsehung nimmt er ganz buchstblich als krassen

zum Psalmenkommentar.

In

Anthropomorphismus, und nichts von einer hheren, reineren Ethik


will er in den Psalmen finden, kurz, wir bekommen das gerade
Gegenteil von dem zu hren, was die Frheren von den Psalmen so
begeistert zu

rhmen wuten.

nun etwa eine wirklich grere Wissenschaftlichkeit,


eine gesteigerte Objektivitt, die solch nchternere und schrfere
Ist es

Kritik mit sich gebracht?

Die Antwort wird sich uns ergeben, wenn wir nun einzelne besonders bezeichnende Auffassungen der genannten Exegeten etwas
nher betrachten.
In dem herzigen Psalm 23 heit es: Du richtest mir den Tisch

an angesichts meiner Widersacher" usw. Der Dichter will sagen:


er hat
Obgleich der Feind in meiner unmittelbaren Nhe ist
keine Gewalt ber mich, kann mein Glck nriir nicht rauben,
Gottes hhere Macht wehrt ihn ab.
Es wird Gottes schtzende
Allmacht gegenber aller sonstigen unmittelbar bedrohenden ber-

macht

DUHM?

vgl.

etwa

Dan Kap,

u.

gepriesen.

Was

sagt aber

Die Widersacher mssen zusehen, wie Jahve seinen Gast

mit berflu bewirtet.

Es

ist

schade, da selbst in diesem Idyll die

Anspielung auf die Feinde nicht ausbleibt."

GUNKEL: Das

Und noch

spitziger

dadurch
es ihm mignnen, das Zu-

Glck, das der Psalmist geniee, werde ihm

gewrzt, da seine Feinde, die


sehen haben.
So wird durchaus unberechtigterweise ein kleinlicher Zug hineingedeutet, der das herrliche Lied, das schon Unzhligen Trost und Ermutigung gespendet, verunstaltet und gewissermaen diskreditiert.
Wir haben vorhin gesehen, wie ein Luther im Psalter das ganze
erst

'

Die Psalmen, Freiburg i. B. 1899.


Ausgewhlte Psalmen, Gttingen 1905.

FESTSCHRIFT COHEN

56

Christentum vorgebildet fand:


antisemitischen

dem

ra aber ward

gehssigen Subjektivismus unserer

es vorbehalten,

auch

in

dieses bisher

Juden und Christen gleich heilige Gebiet entweihend einzudringen


und folgerichtig berall das NT auch gegen die Psalmen auszuspielen.

Was

lehren die Psalmen ber Gott?

Schmecket und schauet, da gtig ist der Ewige." (34, g.)


Wahrlich, bei dem Ewigen ist die Liebe, und viel bei ihm der
Wahrlich, du, o Herr, bist gtig und verzeihend und
Erlsung."
reich an Liebe fr alle,

die dich anrufen."

Du, o Herr, bist

barmherzig und gndig und langmtig und reich an Liebe


und Treue." (86, 5. 15.) An Hunderten von Stellen werden Gott
hnliche Epitheta zugeschrieben; namentlich

ist

der Ps 103 voll von

ihnen und besonders bemerkenswert wegen der ausdrcklichen Reminiszenz

an die schon Moses gewordene

Offenbarung (Exod

24, 6):

Der Ewige, der Ewige ist barmherzig und gndig und langmtig" usw., einer Reminiszenz, die noch Num 14, 17, wie bereits
erwhnt, Ps 86, auch Ps 145, Joel 2, 13, Neh 9, 17 und sonst wiederkehrt, so da> selbst GUNKEL gestehen mu, es sei eine Art
Glaubensbekenntnis der Frommen geworden und wurde

darum

oft zitiert."

nun aber gleichwohl dazu, weiter zu sagen: Diese


Worte von Gottes Gnade und Barmherzigkeit klingen dem israelitischen Frommen noch eindrucksvoller als uns. Damals war ja die
Botschaft von Gottes Liebe zu den Sndern, wie sie Jesus
gebracht hat, noch nicht erschollen. Das israelitische Volk

Wie kommt

war

seit alters

er

gewohnt

.,

die furchtbaren Prdikate Gottes zu be-

Solche Bemerkung kann nur aus der Sucht, das Judentum


Haben wir ja aus den angefhrten
zu verkleinern, erklrt werden.

tonen."

Genge ersehen, da dem israelitischen Frommen"


nichts gelufiger war, als die Lehre von der Liebe Gottes,
ja, da sie ihm, wieGunkel selber es ausspricht, eine Art Glaubensbekenntnis" war, und also Jesus, indem er diese Lehre verkndete,
nur verkndet hat, was in Israel seit alters als ein Grunddogma galt.
Ja, nicht nur die Lehre von Gottes Liebe, sondern auch die
Schriftversen zur

von den furchtbaren Prdikaten Gottes"


von Gottes Zorn
haben Jesus und seine Jnger akzeptiert und vielfach in verschrftester
Form angewandt. Vgl. Luk2i,22f.: Denn das sind die Tage der
Rache, da erfllt werde alles, was geschrieben ist. Weh aber den
Schwangern und Sugern...; denn es wird groe Not auf Erden

STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER

NEUERER INTERPRETEN

U.

57

geben und ein Zorn ber dies Volk." 3, 7: Ihr Otterngezchte, wer
hat denn euch gewiesen, da ihr dem zuknftigen Zorn entrinnen
Ev. Joh

werdet?"

Wer dem Sohne

36:

3,

nicht glaubet,

der wird

das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibet ber ihm."

Rom
lose

Denn Gottes Zorn


wird geoffenbaret ber
Wesen." 2, 5 Du aber nach deinem verstockten
18:

I,

Tag

hufest dir selbst den Zorn auf den

des Zornes."

denen, ... die der Wahrheit nicht gehorchen

Thessal

2,

16:

kommen."

4,

6:

Um

Herzen

2, 8:

Aber

Ungnade und

Zorn."

Denn der Zorn ist schon endlich ber sie geDer Herr ist der Rcher ber dies alles." Col 3, 6:

kommt

welcher willen

Unglaubens."

alles gott-

der Zorn Gottes ber die Kinder des

Und

Ebr. 12, 27. 29:

weiden mit einer

er soll sie

eisernen Rute, und wie eines Tpfers Gef soll er sie zerschmeien."

Denn unser Gott


Es
ist

ist

ein verzehrendes Feuer".

gekommen der groe Tag seines


."
gekommen dein Zorn
14, lO: Der
ist

Zornes Gottes trinken."


lichen Zornes die
voll

14,

19

Rede, und

6,

Zorns."

12,

wird von

dem Wein

18:

17:
.

es

des

von der groen Kelter des gtt7; 16, i von den sieben Schalen
Und Babylon
ward gebracht

ist

15,

V. 19:

gttlichen Zornes".

Offenb. Joh.

vor Gott, ihr zu geben den Kelch des Weines von seinem grimmen
Zorn."

Ganz eigentmlich nimmt sich alledem gegenber die weitere


Auslassung GUNKELs aus, da nach dem Psalmisten sich Gottes Gnade
nur auf die

wenn

sie

Frommen

Denen vergibt er ihre Snden,


sich einmal verfehlen. Den Frevlern aber, die Gott

den Rcken kehren,

ist

beziehe.

Gott

so heie es berall in den Psalmen

kein gndiger, sondern ein zorniger Gott."

Viel tiefer sei Gottes

Gnade im Evangelium Jesu erkannt, wo Gottes vergebende


Vaterliebe dem Snder erbarmend entgegenkommt."
Aber schon aus der vielfachen Betonung der gttlichen Langmut htte die berzeugung gewonnen werden mssen, da die Psalmisten auf

dem gesunden Standpunkte

verbesserlichen Frevler gegenber


Reuigen aber, auch wenn er noch so
verzeihend

Worte:
Weile
.

.,

denn

Ich sah seine

sich
viel

gesndigt htte, liebreich

ganz im Geiste der Jesajanischen


seiner Verschuldung willen zrnte ich eine kleine

seine

Um

Arme

dem unablehnend verhlt, dem

stehen, da Gott zwar

er

Wege

ffnet,

ging abtrnnig

und

auf

dem Wege

seiner Willkr.

und trsten...
Heil, Heil dem Fernen wie dem Nahen."
Und selbst der Psalm 90,
wo es, wahrscheinlich von dem unverbesserlichen Wstengeschlechte
will

ihn heilen, ihn leiten

FESTSCHRIFT COHEN

58

(Delitzsch), heit: Alle unsere Tage schwinden hin durch deinen


Zorn," womit beginnt er? Mit der Anerkennung: Ewiger, eine Zu-

du uns von Geschlecht zu Geschlecht."

flucht warst

schliet

Mit

er?

der

Bitte:

Sttige

Und womit

am Morgen

uns

mit

deiner

Gnade, da wir jubeln und uns freuen alle unsere Tage." Solche
Anerkennung und solche Bitte wren sinnlos gegenber einem gestrengen Herrn'', in dessen ewigem Zorn die Vergnglichkeit der

Menschen
seiner

Grund

ihren

Letzteres

hat.

Gesinnungsgenossen (wie BiCKELL)


dekretiert,

willkrlich

zu

die

ihr

nun aber DuHMs und

ist

darum wird
passenden Gedanken seien

nicht

Idee,

fixe

interpoliert.

Vollends unwahr aber

Evangelium

da das

ist es,

erst erkannt

Gottes vergebende Vaterliebe komme dem Snder


entgegen. Sagt nicht der Psalmist ausdrcklich: Gtig und gerecht
ist der Herr, darum zeigt er den Sndern den Weg" (Ps 25, 8)?
Man denke aber namentlich an Stellen, wie 2 Kon 17, 13: Der
Ewige lie Israel warnen durch alle seine Propheten und ihm sagen:
htte,

Kehret zurck von euren bsen Wegen" und


wiederholt bei Jeremia

Hos

15; 44,4),

14,2,

iff.;

(7,

wo

die gleiche Feststellung

25, sff.; 26, 2; 29, 19; 32, 33; 35, 14.

Gott gleichsam bittet: Kehre um,

Israel,

zum Ewigen, deinem Gotte!" Jes 65, iff.: Ich lie mich erkunden von solchen, die nicht nach mir fragten, lie mich
finden von solchen, die nicht nach mir suchten; ich sprach:
Da bin ich, da bin ich zu einem Volke, das meinen Namen nicht
anrief. Den ganzen Tag habe ich meine Hnde ausgebreitet
nach einem widerspenstigen Volke." Vor allem aber an den
Vershnungstag, an welchem, wie es in einem alten Gebet heit,
Gott den Frevlern die Hand hinreicht und seine Rechte ausstreckt,

um

sie

Gottes
barmend entgegen.
gelehrt

habe,

und urteile, ob erst das Evangelium


Vaterliebe komme dem Snder er-

wieder aufzunehmen

Weltschpfer,

gegen
Hrer des Gebets, zu dir kommt alles Fleisch
alle Wesen.
Du Zuversicht aller Enden der Erde und der fernen Meere"
(Ps 65).
Gtig ist der Ewige gegen alle, und seine Barmherzigkeit geht auf alle seine Geschpfe
Die Augen aller harren
Du ffnest deine Hand und sttigst alles Lebendige
auf dich
mit Gnade ... So preise denn alles Fleisch seinen heiligen Namen"
Natrlich bettigt Gott, der

seine Liebe

(Ps 145).
lichsten

Es

ist

unerfindlich, wie

Universalismus

sagen

Duhm

kann:

angesichts solches deut-

Nicht

selten

werden unter

STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER

NEUERER INTERPRETEN

U.

,allem Fleisch' nur die Israeliten verstanden."

59

3- XXVII.)
Sogar von dem Ps. 104, der den alles wunderbar weise erschaffenden und erhaltenden Gott preist, auf den alles, Mensch und Tier,
harrt, und der alle mit seiner Gte sttigt, vermag DuHM nur zu
sagen, die Dichtung bte heute nur noch ein historisches InterRichtiger sagt hier GUNKEL: da in solch altem Gedicht von
esse."
ewigem Wert ist der Geist, der in dem wunderbaren Bau des Weltalls nicht das Erzeugnis eines blinden Ohngefhrs sieht, sondern den
Willen einer alles beherrschenden Vernunft, die wir staunend bewundern und anbetend verehren." Es fnden sich zwar hnliche

Verherrlichungen

Worin

Sonnengottes

des

(Einl.

den

bei

alten

gyptern.

Naturpsalmen Israels von denen der Fremde


unterscheiden, das ist das Hauptstck der Religion, da der gyptische Gott die ,Tagessonne' selber ist, der hebrische aber die
Sonne geschaffen hat: der gyptische ist in die Natur verflochten,
der hebrische steht ber und auer ihr." Je mehr wir die Religionen
des Orients kennen lernen
um so mehr werde der eigentmliche
Vorzug der Religion Israels hervortreten.
sich aber die

Aber

dem

da

an einen Nationalgott,
und berhaupt an Nationalgtter geglaubt habe, kann auch GuNKEL
freilich

aus

Irrtum,

Zwar erschallt es
Lande
erzhlt

Israel

den Psalmen: Singet dem


Ewigen alle
unter den Vlkern seine Herrlichkeit
denn alle Gtter der Vlker sind Gtzen, aber Gott hat den
Himmel geschaffen
Gebet dem Ewigen, ihr Vlkergeschlechter
Gebet dem Ewigen die Ehre!"
Und der Schluakkord: Alles,
was Odem hat, lobe den Herrn!"
Aber heit es nicht (Ps 82)

nicht heraus.

berall in

ruft

GUNKEL

Ich dachte,

ihr seid

Gtter

aber wie Menschen

werdet ihr sterben." Wer sind diese Gtter? Da haben wir die
auch vom Psalmisten geglaubten Nationalgtter. Der Psalmist meint
aber, wie der Zusammenhang zeigt, menschliche Richter, die, wie
jeder Anfnger aus
tretend,

zuweilen

macht

urteil

Nichts

Exod

auch EIo h im

Was

als

heien.

Stelle

Gottes ver-

Aber das Vor-

ist

es

fr die christliche

Gemeinde

eine Gefahr"

steht aber in diesem wahrscheinlich der Makkaberzeit

Der Dichter klagt, da die Feinde ins Heiligtum


es entweiht und die Knechte Gottes gemordet haben,
fleht, Gott mge helfen, um der Ehre seines Namens

gedrungen,
er

= Gtter

die

denn auch, wenn GuNKEL bei der


Psalms von einem ,,partikularistischen Geist

Vorurteil

angehrigen Psalm?

und

als

blind.

Besprechung des 79.


im AT" redet und diesen
nennt.

22,7.8. wei,

FESTSCHRIFT COHEN

60

willen; hnlich wie im Ps 83,


da der
uns sie vertilgen
.

.,

werde", und der Psalmist Gott

wo

die Feinde sprechen:

Name
bittet,

Israels

nicht

Auf, lat

mehr genannt

nicht etwa, da er diese Feinde

da sie suchen deinen Namen,


Ewiger, und erkennen, dein Name allein ist der hchste
ber der ganzen Erde." Wer sehen will, der sieht gerade hier
denselben universalistischen Zug, der auch durch jene Jesajanische
Weissagung geht, da dereinst feststehen werde der Berg des Gottesund es wrden zu ihm, als zu
hauses auf der Spitze der Berge
einem Bethause aller Vlker" die Nationen hinstrmen. Das Heiligtum" auf Zion war eben als das Symbol der Mission Israels erschienen, die reine Gotteserkenntnis von diesem hehren Mittelpunkte
an hinausstrahlen zu lassen in alle Welt. Ward nun dieses Heiligtum entweiht, so ging es gleichsam um die Ehre des gttlichen
Namens. GUNKEL aber sieht hier nichts als gekrnkten nationalistischen Ehrgeiz" und kleinlichen Ritualismus, der sich gegen
die Verletzung der strengen Reinheitsgesetze durch die Heiden aufbume. Und den Gipfel des Miverstandes ersteigt er, wenn er zu
den Worten: Warum sollen die Vlker sprechen: wo ist ihr Gott?"
bemerkt: Das Judentum ist gewohnt, ber die Landesgrenzen zu
schielen und zu fragen, was seine Nachbarn Moab, Edom und die
Allein von den Vlkern
Philister zu seinem Ergehen sagen."
berhaupt, nicht von Moab, Edom und den Philistern war die Rede.
vernichte, sondern dahin bringe,

Aber GuNKEL nennt jene

.,

um

von des Psalmisten


in Wahrheit grandiosem Universalismus abzulenken und glaubhaft
zu machen, es handle sich nicht um die Ehre des Weltengottes,
Die ganze jdische
sondern um kleinliche nationale Eitelkeit.
Literatur kennt aber berhaupt keine jdische Nation im
profanen oder gar modern chauvinistischen Sinne, und es ist
darum durchaus unangebracht, wenn GUNKEL bemerkt: Zugleich lt
kleinen Natinchen,

uns solcher Partikularismus die Hoheit des Apostels erkennen, der


den Satz geschrieben hat, da Gott nicht nur ein Gott der Juden
ist,

sondern auch der

Heiden."

Auch

vielmehr der

das konnte

Apostel nur von den Juden lernen.

Da

der Gott, der die Welt erschaffen hat, auch

wrtig und allwissend gedacht

wird,

als

als

ein Gott,

allgegendessen Vor-

sehung sich auf die speziellsten Geschicke der Menschen erstreckt


und dessen Plne dem Sterblichen unergrndlich sind, das ist eine
berzeugung, die geradezu das Lebenselement der Psalmen bildet, und
es charakterisiert nur wieder eine arge Voreingenommenheit, wenn

STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER

GUNKEL

NEUERER INTERPRETEN

U.

6l

berzeugung erst im Psalm 139 entdeckt und sagt, der


Dichter sei von der Originalitt seines Gedankens selber
berrascht. Er erkennt zwar die kraftvolle Frische an, mit der
der Dichter ohne alle philosophische Reflexion, aus reinem Enthusiasmus, die Gottesvorstellung ins Schrankenlose erhebt, weshalb
denn auch der Psalm in der christlichen Gemeinde noch bis auf
diesen Tag mit Recht als klassischer Ausdruck dieser Ideen" gelte
aber der obligate Futritt darf auch hier nicht fehlen, wie wir
bald, im Verfolg der weiteren Frage, was die Psalmen ber den
diese

frommen Menschen lehren, ersehen werden.


Der fromme Mensch befleiigt sich vor
reinheit und -gradheit, der Moralitt.

allem der

Herzens-

Heilig sollt ihr sein"

diese Grundforderung des Pentateuch durchweht auch die Psalmen.

Herr, wer darf in deinem Zelte weilen?

Wer

redlich wandelt

und

und redet Wahrheit in seinem Herzen" (Ps 15).


Wer darf besteigen den Berg des Herrn?
Wer reiner Hnde
und lauteren Herzens ist, der nicht zum Falschen seine Seele
erhebt und nicht trglich schwrt" (Ps 24).
Aus diesen und hnlichen Stellen erhellt doch deutlich, da sich die Psalmisten vollkommen bewut waren, da das uerliche, nur legale FrommGerechtigkeit bt

sein nicht genge, sondern vor allem die

msse.

Gleichwohl bringt es

DHM

Gesinnung

fertig,

untadelig sein

zu behaupten, da,

wenn

Demtigen Leuten hilfst du," dies natrlich" nur gesprochen sei von einem demtigen Benehmen gegen
Gott, nicht etwa von jener inneren Demut, die auf dem Bewutsein der sittlichen Unvollkommenheit beruht, und noch abwrdigender
zu Psalm 4, dem Psalmisten gelte das Sndigen mit Worten fr
schlimmer als das Murren im Stillen.
In dem Vers 5 aber, auf
den er sich beruft, steht das gerade Gegenteil! ,.Zittert und
sndiget nicht, sprechet in eurem Herzen (vgl. Hos 14, 3) auf
eurem Lager und schweigt." DUHM korrigiert aber willkrlich und
der Psalmist

setzt

es

emprt

(18, '28)

sagt:

klingt geradezu barbarisch

und

statt

sprechet"

TIS

eurem Herzen auf eurem Lager" (vgl.


Ps 16, 7; 17, 3) streicht er einfach. So wird daraus: Tobt, doch
verfehlt euch nicht, seid emprt, aber schweigt," und die Heiligung
der religisen Heuchelei ist evident gemacht!
Dabei kann DuHM
zu Vers 8 in demselben Psalm: Du hast Freude mir ins Herz gegeben, mehr als wenn ihr Korn und Most viel sind" zu bemerken
nicht umhin: Dieser Vers gehrt zu den Beweisen, da die alteuch",

in

testamentliche Religion in ihren besten Vertretern sich ber das sinn-

FESTSCHRIFT COHEN

62

Vergngen an Gott
kennt, das ihr, schon vom blo kulturhistorischen und philosophischen
Gesichtspunkt aus, einen hohen Rang zuweist."
Die modernen Psalmeninterpreten machen sich aber der
Interesse

liehe

hoch erhebt und

ein

inneres

noch greren Verfehlung schuldig, da sie durchwenn mglich


aus wahr haben wollen: der Fromme des Psalmisten sei berhaupt
nur der der Zeremonien sich Befleiigende, der Frevler dagegen sei der im uerlichen Gesetz Laxe und namentlich der
Andersglubige. Wenn es also im Psalm i heit: Heil dem Manne,
der nicht im Rate der Frevler wandelt usw., sondern an der Lehre

des Herrn seine Lust hat und

in seiner

Lehre sinnet Tag und Nacht",

damit der pharisische Schriftgelehrte" gemeint, der bestndig


die Thora studiere (GUNKEL), der in seiner Thora murmelt", d. h.

so

sei

in

um

seiner unpunktierten Thorahandschrift mhsam Wort


Wort entziffert und mit halblauter Stimme ausspricht und

dann das Gelesene repetiert und glossiert" (so DUHM, der dergleichen
wohl besser von manch einem modernen christlichen Professor der
alttestamentlichen Exegese aussagen knnte), der alle Bruche
der Furcht Jahves" pnktlich befolge. Der uerlich Fromme sei
eben der Idealmensch.
Nun vergegenwrtige

den Feldherrn Josua, dem


von Moses eingeschrft wird, da die Thora nie von ihm weiche,
brumme" Tag und
nach DUHM
und da er in ihr sinne oder
Nacht, ob damit gemeint sein konnte, da er, der seine ganze Kraft
auf die Schaffung eines neuen Staatswesens und auf die Eroberung
eines im Besitze mchtiger Vlkerschaften befindlichen Landes kon-

man

sich einmal

Thorastudium
habe den frag-

zentrieren mute, unausgesetzt nur mit beschaulichem

er
ob der Autor des Buches Josua
entlehnt oder nicht
lichen Ausdruck, wie DUHM will, dem Psalm
nicht vielmehr nur meinen konnte einen Willen, der sich die Gotteslehre, den Geist der Thora, stets zur Richtschnur nimmt.
Gewi galt es von jeher als ebenso verdienstlich wie beglckend,

sich befasse,

Gotteswort vertraut zu machen (vgl. besonders Ps 119).


kannten die Psalmisten sicheriich schon das religis Erhebende

sich mit

Auch

dem

der Zeremonialsatzungen, wenn diese mit dem rechten Geiste erfat und
bettigt werden: aber da ihnen, wie den Propheten, dieser Geist die

Hauptsache war, da ihnen alles Zeremonial nur Mittel zum Zweck,


Zweck und Wesen der Religion aber moralisches Gutsein bedeutet
hat
das kann keinem Zweifel unterliegen. Werden ja berall nur
moralische Vorzge als Merkmale des Frommen gepriesen,

STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER

NEUERER INTERPRETEN

U.

6^

als Frevler aber nur die Unmoralischen genannt. J^ur den


Unmoralischen wird das Recht auf Tempel und Gesetz abgesprochen.
Bei

darf der Bse nicht weilen.

dir

vor deinen Augen, du hassest


die

alle

Prahler drfen nicht stehen

beltter
(Ps

Betrger verabscheut der Herr."

Die Blutgierigen und


Ich sa nicht

5.)

mit

mit Frevlern sitze ich nicht. Ich wasche


Leuten der Falschheit
in Unschuld meine Hnde, so will ich deinen Altar umkreisen,"
(Ps 26.) Da sehen wir es ja klar, was die Frevler" den Psalmisten
.

Das Waschen der


falsche Menschen, Blutmenschen.
Hnde in Unschuld" aber ist genau so zu verstehen, wie die hn.?
liche Wendung in Psalm 24: Wer darf besteigen den Berg des Herrn
Wer reiner Hnde und lauteren Herzens ist," also der
Moralische. Aber GUNKEL pat es besser, hier eine Art Weih-

sind:

wasserkessel" zu vermuten.

Wahrheit ist im ganzen Psalter auer den Opfern


gar keines Zeremonialgesetzes gedacht, und der Opfer sogar
In

du hast kein
Brandopfer magst du nicht. Die Opfer
Wohlgefallen an Opfern
Gottes sind ein reuiges Gemt" usw. (Ps 51.) Nicht deiner Opfer
Ich nehme nicht aus deinem Hause
wegen stelle ich dich zur Rede

zuweilen

scharf abweisendem

in

Wahrlich,

Sinne.

Zum

Frevler aber
Du
.?
spricht Gott: Was hast du meine Satzungen zu knden
Siehst du
hassest ja Zucht und wirfst meine Worte hinter dich.
einen Dieb, so gesellst du dich ihm und mit Ehebrechern machst
du Gemeinschaft. Deinen Mund lt du zum Bsen schalten, und
deine Zunge schmiedet Trug. Du sitzest und redest bel von deinem

Farren und Bcke

deinen

aus

Hrden usw.

Bruder" usw.

Unmoralischen haben
Frevler, und die Frommen als die

Also

(Ps 50.)

sich die Psalmisten die

als

die

moralisch Makellosen gedacht.


In

ihrer

ganzen

GUNKELs Bemerkung zum Psalm 139


ich vorhin meinte

intolerant:
mglich,
lt

keine

Diese Religion

Duldung

ihre Ausrottung.

ber Gerechte

stndlich

gewesen."

nimmt

Ungerechtigkeit

der

aus
ist,

das

hier

aus

es ist der Futritt,

den

ist

sich

von

keine Frage, beraus

Andersglubigen,

Das Wort von dem

sondern wenn

Gott,

der regnen

und Ungerechte, wre diesen Menschen unver-

Aber wo

etwas von Andersspricht: Wenn du, Gott, die

ist

glubigen" die Rede? Der Psalmist


Frevler ttest
so mt ihr von mir weichen, ihr Blutmnner, die
mit Arglist von dir sprechen, zum Falschen sich erheben." Also
die Frevler" sind wieder nur die Mrder, die Mnner der Tcke und

FESTSCHRIFT COHEN

64

Gewalt, mit einem Worte: die Unmoralischen. (Vgl. u. a. die Pss 36.
Dagegen illustrieren die angebliche jdische Intoleranz
94. 140.)

Psalm verse wie:

Gtig

ist

der Herr gegen

herzigkeit geht auf alle seine Geschpfe."

alle,

und seine Barm-

Er gibt Brot allem Fleisch,

denn ewig whrt seine Gnade," oder Midraschworte wie: Gottes


Barmherzigkeit geht auf Gerechte wie auf Frevler." (Tanch.
ed. Buber, Nizzab. 5.) Wer von allen Weltbewohnern drfte sprechen:
IVlir hat er nicht die Sonne am Tage und den Mond in der Nacht
scheinen lassen?"

(Lev.

31, 5.)

r.

Und wenn

der

Talmud

einschrft:

auch den Gtzendienern Liebe erweisen, ihre Armen ernhren, ihre Kranken pflegen, ihre Toten bestatten" (GlTTlN 61 a und anderw.), so klingt das doch weit toleranter,
als etwa ntl. uerungen, wie 2. Epist. Joh. lO: So jem'and zu euch

Man

gleich

soll

kommt und

den

den nehmet nicht zu Hause,

bringet diese Lehre nicht,

und gret ihn auch


teilhaftig seiner

flammen

Israeliten

Denn

nicht.

w^er

bsen Werke!"' 2 Thessal.

wird Jesus erscheinen

Gott nicht erkennen, und ber

die, so

der macht sich

ihn gret,
i,

8.

9:

Und mit Feuer-

Rache zu geben ber

nicht

die,

so

gehorsam sind dem Evan-

welche werden Pein leiden, das ewige VerSo jemand den Herrn Jesum Christum nicht
I. Corinth.:
derben."
Phil. 3, 19: Der Feinde des Kreuzes
lieb hat, der sei Anathema."
gelio unseres

Herrn

.,

Verdammnis."
Weil es im i. Psalm heit, der Fromme werde einem Baume
gleichen, dessen Laub nicht welkt, oder im Psalm 19, in der Beobachtung der gttlichen Vorschriften liege groer Lohn, so soll sich
Wir Evangelidarin eine verwerfliche Lohnsucht aussprechen.
sind gegen die Idee von ,Lohn' in der
sagt GUNKEL
schen"
Religion sehr eingenommen und haben sicherlich allen Grund dazu:

Christi ist die

Menschen so aufgefat
wird, als ob der Mensch, der Gottes Gebot erfllt hat, auf den Lohn
einen Anspruch, ein gewissermaen einklagbares Recht habe,
so liegt die Gefahr nahe, da der Mensch anstatt auf Gottes
Gnade, auf seine eigene Leistung vertraut, und das wre allerdings
der Tod der wahren Religion, wonach Gott immer der gndig
Gebende, der Mensch aber der demtig Empfangende sein mu."
Ich verweise diesem Gerede gegenber auf die unzhligen uerungen
der Psalmisten, in denen sie betonen, da sie alles nur von
denn,

wenn das

Verhltnis von

Gott und

'

Vgl.

dagegen Aboth

diener) (Bertinoro) mit

4,

15

Komme jedem Menschen

dem Grue

zuvor",

und Gittin 62 a.

(auch

dem

Gtzen-

STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER

Gottes Gnade erwarten.


Psalm
26, 3.

Deine Gnade

Ich greife

Rette meine Seele,

6, 5:

ist

hilf

Gottes Gnade.)

mir

NEUERER INTERPRETEN
aus

der

um

deiner

mir stets vor Augen."

meiner Unschuld, erlse mich und


er sich nicht schuldbewut

U.

mir gndig."

sei

65

berfHe heraus

Gnade

willen."

Ich wandelte

in

(Also auch,

wo

erwartet der Dichter alles nur von


Ich danke dir, o Herr.
denn deine

ist,

86, 12. 13:

.,

Gnade war gro ber mir." 130, 3: Wolltest du Snden beachten,


Herr, wer knnte bestehen. So harre, Israel, auf den Ewigen, denn
bei dem Ewigen ist die Gnade."
Wie uralt diese Vorstellung im
Judentum ist, beweist das Wort Jakobs: Zu unwrdig bin ich all
der Gnaden, die du deinem Knechte erwiesen", und wie sie zu allen
Zeiten festgehalten wurde, beweisen Midraschaussprche, wie: Alle
bedrfen der Gnade, selbst Abraham, dessentwegen sich die Gnade

ber die Welt ergossen, bedurfte ihrer" (Gen r. 60, 2), ferner: Es
gibt keinen, der nicht Gott verschuldet wre, aber er ist gndig und
barmherzig und verzeiht die frheren Vergehungen" (Exod r. 31, i)

Welche Verdienste der Mensch auch aufgehuft, es reicht


noch nicht fr den Odem seines Mundes" (Lev r. 4, 2);' beweisen

ferner:

vor allem die tglichen Gebete: Herr der Welten, nicht um unserer
Gerechtigkeit willen flehen wir zu dir, sondern nur um deiner groen
Barmherzigkeit willen. Was sind wir
was unsere Verdienste und
Liebestaten" usw. Unser Vater im Himmel, verfahre mit uns gndig,
.

um

Namens

deines groen

den Bugebeten aber heit


es: Ich wei wohl
da in mir keine Gerechtigkeit ist
aber
ich bin schuldig
und wenn du mich nach meinen Taten richten
wolltest
ach und weh mir
und wolltest du mich lutern
es bliebe nichts von mir brig."
Wie ist es da nur mglich, zu behaupten, der Jude betrachte
.

vor.
ein

Cor

jeglicher

einklagbares Recht"?
Lohngedanke auch im NT.

aber der

vielfach

Der aber pflanzet und der da begieet.


wird seinen Lohn empfangen nach seiner Arbeit."

3, 8.
.

Nun kommt

In

die Hilfe Gottes als ein

So

willen."

14:

Wird jemandes Werk bleiben ... so wird er Lohn empfangen."


Darum fleiigen wir uns
2 Cor 5, 9 f.
da wir ihm Wohlgefallen.
Denn wir mssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhle Christi,
auf da ein jeglicher empfange, nach dem er gehandelt hat." hn.

lich

Rom

lo, 26.

'

2,

6;

Ephes

Vgl.

14, 10;
6,

ffenb. Joh 12, 8;

14, lO; 22, 12;

Ebr

2, i f.;

2 wird das fnfte Gebot mit der Lohnverheiung,

auch Albo, Ikkar. IV

16. 47,

48 und

a.

FESTSCHRIFT COHEN

66

wohl ergehe" usw. ohne weiteres aus dem Pentateuch


herbergenommen. Wir sehen also den Lohngedanken sogar, wie
das letzte Beispiel zeigt, auch mit Bezug auf dieses Erdenleben
auf da

dir's

im NT ausgesprochen. Da er aber hier sonst aufs Jenseits geht


und ewige Seligkeit oder ewige Hllenqual in Aussicht stellt, whrend
die israelitische Bibel zu allermeist von diesseitiger Vergeltung redet
und die jenseitige nur hier und da andeutend erwhnt, begrndet
mit nichten die schmhende Bemerkung GuNKELs: Wo aber solche
raffinierte Zuspitzung,

die wir

,pharisisch'

nennen,

fehlt,

kann der

Gedanke an den Lohn unschuldig sein." Diese Unschuldigkeit" ist


nicht einzusehen, wenn einmal das Prinzip der Lohnverheiung verDagegen darf von der diesseitigen Verheiungsidee des
urteilt wird.

ATs

gesagt werden, da

sie

mit

dem

ethischen Tatbestande ber-

da Sittlichkeit Erhaltung und Frderung des Lebens,


Unsittlichkeit dagegen dessen Untergrabung und Vernichtung zur
unzweifelhaften Folge hat.
Dabei ist noch zu beachten, da die Psalmisten, wenn sie von
Lohn sprechen, keineswegs nur an materielle Gter denken. Vielmehr: wenn sie auch zuweilen irdischen Besitz erwhnen und besonders ein glckliches Familienleben, ein wackeres Weib und Kinder,
einstimmt,

die wie

lbaumschlinge" den Familientisch umringen,

als

Gottes-

segen des redlich schaffenden, gottesfrchtigen Mannes bezeichnen;


so gilt ihnen doch andererseits irdischer Reichtum in seiner VerSie sprechen von Palsten als Grbern,

gnglichkeit als gar nichtig.


sie

preisen das

Wenige des Gerechten gegenber den aufgehuften

Schtzen des Frevlers,

seine Herrlichkeit nicht nachfahre in die

Gruft.

aber

dem
Der Hauptlohn

ihnen

ist

Herzensfreudigkeit,

Seelen friede. Du hast Freude mir ins Herz gegeben, mehr,


In Frieden lege ich mich
als wenn ihr Korn und Most viel sind.
hnlich Ps 105,3; 119,
nieder und entschlummere" usw. (4, 8 f.).*
Und gerade im 19. Psalm, in welchem GUNKEL Lohnsucht
72. III.
so stark ausgeprgt findet, stehen die Verse: Die Lehre des Herrn

vollkommen, erquickt die Seele ... Die Gebote des Ewigen sind
gerade, sie erfreuen das Herz", und selbst der inkriminierte Ausdruck, was sagt er denn? Sie sind kstlicher denn Gold und ser
denn Honig, in ihrer Beobachtung ist groer Lohn," also darin

ist

schon, da der

auer ihnen,
^

Mensch

liegt

die

Beseligung.

gttlichen Gebote bettigt,


(Vgl.

Aboth

Wir haben oben gesehen, was sogar

DUHM

nicht

erst

4, 2.)

zu diesem Verse

bemerkt

STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER

U.

NEUERER INTERPRETEN-

6?

Eine der beglckendsten Eigenschaften des Frommen ist sein


Gottvertrauen. Man hat neuerdings der jdischen Religion allen

Individualismus abgesprochen;

nur eine kollektive Religion,


die fr das Individuum nichts brig habe.
Allein der Psalm 91 ent-

hlt

sie sei

auch nach GuNKEL einen gewaltigen,

ungeheuren, unMein Gott, ich ver-

ja einen

berbietbaren Ausdruck des Individualismus".

Du

mein Gott; ich wei, da deine Augen


auf mir ruhen von dir bin ich mir alles Guten gewrtig." Dies innige,
persnliche Verhltnis des Frommen zu seinem Gott sei das schnsie
traue auf ihn"

bist

Kleinod der Psalmenpoesie,"


der

so

sich

berall

ausspricht".

den Psalmen.

Es sei ein weltberwindender Glaube,


Solchem Glauben aber begegnen wir

Der Herr

ist mein Licht und mein Heil,


mich frchten?
Wenn mir beltter nahen
straucheln werden sie und fallen. Wenn ein Lager sich gegen mich
lagert, so frchtet nichts mein Herz. Wenn sich Krieg gegen mich
erhebt
auch dann vertraue ich."
Und wie bei drohendem

vor

in

wem

ich

sollt

Unheil solch unerschtterliche Festigkeit, so bei unentrinnbarem oder

schon hereingebrochenem die ruhigste Ergebung.


Und nun, auf
was hoffe ich, o Ewiger, mein Harren geht auf dich." Ich verstumme, ffne nicht meinen Mund, denn du hast es gefgt." (39, 8. 10.)

Doch das

Gebete Jesu
geschehe!"
hat Jesus

sei

Von dem

Verkleinern kann nicht gelassen werden.


sagt

GUNKEL

Nicht mein, sondern dein Wille

der Psalmist noch weit entfernt.

dem Geiste,
von den Frommen seines

so beten gelernt, nicht nur

dem Ausdrucke
Hohepriester Eli

nach,

ruft,

vom

was gut ist


Der Ewige

Allein in

Wahrheit

sondern sogar

Der
Der Ewige

Volkes.

Schrecklichsten getroffen, aus:

seinen Augen." Ja sogar der Krieger


Joab
tue, was gut ist in seinen Augen."
Aber dem Gottvertrauen
sagt man
halte die Gottesfurcht die Wage, die Furcht vor dem ewigzrnenden Gotte, die
die Seele in ewiger Unruhe schweben lasse. Wir haben aber bereits
vorhin gezeigt, was es mit dieser ewig nachgesprochenen Phrase
ist

es,

er tue,

spricht:

auf sich hat.

in

Den erwhnten

zahlreichen Psalmstellen, die sie wider-

noch die eine angefgt, die allein schon solch groben


Miverstand htte hindern mssen: Nur einen Augenblick whrt sein
Zorn, lebenslang seine Gnade." (30, 6.)
Oder man wiederholt die
Legende, die Gottesfurcht des Psalmisten bedeute nur seine ngstlichkeit, ob er nicht eines der unzhligen Zeremonialgesetze auer
acht lasse. Wenn er im Psalm 5 Gott bittet: Ewiger, leite mich
in deiner Gerechtigkeit, ebne vor mir deinen Weg," oder im Psalm 19:
legen, sei nur

5*

FESTSCHRIFT COHEN

68

Irrungen, wer merkt sie, von

verborgenen

Snden

reinige

mich,"

spreche sich hier nicht das Verlangen aus, auch innerlich rein
sagt DUHM, denvor Gott zu stehen, nein, es spreche sich hier
nur kleinliche ngstlichselben Irrtum unermdlich wiederholend
so

keit weo-en der vielen

vernachlssigt worden

Zeremonialvorschriften

aus,

ob nicht eine

sei.

Aber wer sagt, da der Psalmist berhaupt von Zeremonialgesetzen spricht? Er spricht offenbar nur von moralischen Snden, wie Neid, Migunst, Rachgier, Lsternheit, Hochmut und hnlichen, die man eben im Verborgenen, im Herzen
becreht, und von denen der Psalmist als ein wahrhaft Frommer eben
gleichfalls rein bleiben

In Wahrheit

ist

mchte.

denn unter Gottesfurcht nur das verstanden,

Mensch mit Rcksicht auf sein Gewissen


empfindet' Er schwrt wahr, selbst zum eigenen Schaden wie
aus Scheu vor der Rge seines Gewissens; das
der Psalmist sagt
Er empfindet ein wohliges
nennt der Gottglubige Gottesfurcht.
Gefhl ber die Harmonie zwischen seinem Leben und seinem GeDer moralische Imperativ
wissen, das ist religis Freude in Gott.
ist der Bibel vollkommen vertraut; nur ist er ihr das gewaltige Echo

was

der

moralische

Weil Gottesfurcht nur diesen reinen


Sinn in der Bibel hat, kommt sie in ihr auch immer wieder mit
Zum Beispiel ii2, i: Heil dem Manne,
beseligtester Freude vor.
der den Ewigen frchtet, an seinen Geboten hat er groe Lust."

der gewaltigen Gottesstimme.

Wenn man

aber auch hier wieder auf die berlegenheit des NTs.


hinweist, so sei daran erinnert, da der Ausdruck Gottesfurcht"
auch da mehrfach vorkommt. (Vgl. u. a. i Petri i, 17; Ebr. 12,28;
Und wenn es Rom 8, 15 heit: Ihr habt einen
Off. Joh 12, 18.)
kindlichen Geist empfangen, durch welchen wir rufen: Abba, lieber

durchaus jdisch, wie das stndige:


Unser Vater im Himmel" in den jdischen Gebeten, aber auch
schon die pentateuchischen Stze: Kinder seid ihr des Ewigen,
Du sollst lieben den Ewigen, deinen Gott, mit
eures Gottes"

Vater"

so

ist

auch das

deinem ganzen Herzen" usw. beweisen.

Nun noch etwas

Vgl. Prov.

und des Bsen


furcht

liegt's,

8,

ber diejenigen Psalmen, in denen unsere Mo-

13 Gottesfurcht heit das

Weg

und verkehrten

das Bse zu hassen".

Mund

Bse hassen: Stolz und Hochmut

hasse ich".

16,

6 In der Gottes-

STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER

NEUERER INTERPRETEN

U.

dernen entweder einen Affekt vermissen, oder

als

69

zu Unrecht vor-

handen betrachten.
Zu den ersteren gehrt der schon erwhnte Psalm 91. In seinem
festen Gottvertrauen spricht der Dichter: Ob auch zu deiner Linken
Tausend und Zehntausend zu deiner Rechten fallen
an dich tritt
das Verderben nicht heran."
Das ist Hartherzigkeit"
sagt
GUNKEL,
der Psalmist empfindet kein Erbarmen, indem er die
Snder zum Verderben verurteilt. Allein die Erwartung eines Affekts

Man

empfindet Mitleid, wenn irgendein wirkliches Leid die Mitmenschen, seien sie gut oder bse, trifft

ist

hier psychologisch verfehlt.

oder bedroht.

Man

empfindet aber kein Mitleid bei der bloen Feststellung einer abstrakten, wenn auch herben Lebenswahrheit
wie

da die Frevler bei ihrem Ansturm gegen die Guten ihren


Untergang finden
bei einem Fazit, das man im Rckblick ber
den Weltlauf in ethisch oder religis reflektierender Betrachtung
hier,

gewinnt.

Wie

lebendig aber das Mitleid,

wo

es psychologisch natrlich

aktuellen Vorgngen
in der Bibel waltet, das veranschaulicht Abrahams Gebet fr Sodom und Amora, Jonas Verhalten
gegen Ninwe, beweisen Jesajas und Jeremias Klagen ber das Unglck

ist

bei

sogar feindlicher Vlker, zeigen vor allem die zahlreichen


pentateuchischen Gebote zugunsten der Armen und Fremdlinge, und
fremder,

Psalmen mit ihrem hufigen Lobe des mitleidsvollen Wohltters (zum Beispiel n, 21.26 und 112,4) und ihrer scharfen Verurteilung der gegen Witwen und Waisen sich hart Benehmenden
(zum Beispiel 82 und namentlich 94). Der Vorwurf GUNKELs knnte
auch

die

aber,

wenn

ein

solcher

gelten

gelassen wird,

wohl mit grerem

Rechte geltend gemacht werden im Hinblick auf das Verhalten


gegen Mutter und Brder in den Evangelien (Mat I2,4y{.) und
deren uerungen ber die ewiger Hllenpein berantworteten Unglubigen, wo Heulen und Zhnklappen" sein wird.
(Das. 13, 50
und 22, 13; 25,41. 46: Gehet hin von mir, ihr Verfluchten, in das
ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel
Und sie werden in die
ewige Pein gehen.")
.

Umgekehrt wird das Menschliche des Affekts zu wenig

be-

rcksichtigt in einigen Psalmen, in denen eine begreifliche Erbitterung

den Dichter zu Verwnschungen


behaglichen Studierstuben aus

fortri.

Wie

dergleichen

leicht

ist's

doch, von

Entladungen bervoller

Gemter als Unchristlichkeit" oder zhen jdischen Ha" zu


verdammen! Man versetze sich aber in die Lage von Menschen,
die, wie in Psalm 137, von den grausamen Babyloniern nicht nur

FESTSCHRIFT COHEN

70

der kstlichsten Besitztmer beraubt, sondern obendrein noch gehhnt,

sondern auch an der Ehre verletzt


sich einen ohnehin Heimgesuchten vor,

nur leiblich drangsaliert,

nicht

wurden; oder

man

stelle

gegen den sich falsche Freunde mit lgenhaften Anklagen erheben


er hatte sie einst mit Wohltaten berhuft, und nun schmieden sie
gegen ihn Rnke und berliefern ihn dem Henker wie in den
ob da eine gewisse Fassungslosigkeit nicht
Psalmen 69 und 109,
Da ganz allgemein von zhem jdierklrlich und verzeihlich ist.
schen Ha" zu reden, wie GUNKEL tut, welch ein hlicher Rck-

gegen die milden Urteile eines LuTHER, Herder, Hupfeld!


Oder man denke sich einen ehrlichen Mann, der boshafterweise mit
wirklichen Verbrechern zusammengeworfen und dem Verderben entgegengefhrt wird; er wei sich von der ihm zur Last gelegten
da wendet er sich
Schuld frei, jedoch man hrt nicht auf ihn
betend zu Gott, wie in Psalm 26: Richte du mich, Ewiger, denn
Raffe nicht mit Sndern
ich bin in meiner Einfalt gewandelt
ist es
meine Seele hin und mit Blutmenschen mein Leben" usw.
da recht, wie die Modernen tun, wegwerfend von unchristlicher
Selbstgerechtigkeit" zu sprechen? Wer wollte dem unverschuldet
auf der Anklagebank Sitzenden die Beteuerung seiner Unschuld, zu
der, wie Hupfeld richtig sagt, jeder ehrliche Mann berechtigt und

schritt

sogar verpflichtet

Aber

selbst

ist",

wenn

als Selbstgerechtigkeit" auslegen!

hier nicht eine spezielle,

gemeine Unschuldsbeteuerung

vorlge,

sondern eine all-

so darf diese doch keines-

wegs so absolut verwerflich befunden werden, weil der christliche


Mastab, nach welchem allein solche unbedingte Verurteilung geschehen kann, dem jdischen Psalmisten zu Unrecht angelegt wird.
Man kann es verstehen, da gewisse christliche Exegeten stutzig
werden, wenn sie hin und wieder in den Psalmen Beteuerungen der
Es widerstreitet dem christlichen
eigenen Unschuld begegnen.
Prinzip, wonach alle Menschen gleichsam schicksalsmig durch
die Erb Snde belastet sind, da von irgendwelcher Unschuld geredet
werde. Es ist von vornherein unmglich, da ein Mensch gerecht
sei

vor Gott.

Wer

also seine

Unschuld beteuert, durchbricht

ein

Hauptdogma!
Allein das Judentum kennt ja glcklicherweise jene prinzipielle,
Zwar als Faktum gesteht es der
fatale Unmglichkeit nicht.
Psalmist in frommer Demut unzhligemal ein, da er die Idealitt
der gttlichen Forderungen nicht erreicht und daher der gttlichen Gnade bedrfe. Aber es ist doch nicht gewissermaen ein
Prinzip, ein christliches

STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER

U.

NEUERER INTERPRETEN

/I

stehen glaubt, so da es schlechter-

Fatum, unter welchem er zu


dings unmglich wre, vor

Gott

Gerechter zu

ein

Darum
Fromme die

sein.

knnen vereinzelte Ausnahmen, in denen der jdische


berzeugung von seiner Unsndigkeit hegt, doch nicht den strenden
Eindruck machen, den sie dem erbsndeglubigen Christen machen.
Sie knnten uns allenfalls als

Kundgebungen der Unbescheidenheit

einzelner unsympathisch oder

auch tadelnswert, nicht aber als DurchGrundartikels verdammenswert er-

brechungen eines

religisen

scheinen.

Jene Modernen htten indes wieder daran denken mssen, da


sich gerade im NT uerungen eines Selbstbewutseins finden, das
sich sehr wie Selbsgerechtigkeit ausnimmt (zum Beispiel Mat 12, 41 f.;
Ev. Joh 8, 12; Off. Joh 22, 12), und ebenso Verwnschungen wie
2

Tim

Alexander, der Schmied, hat mir

4, 14:

viel

Bses erwiesen,

der Herr bezahle ihm nach seinen Werken." (i Tim i, 20 heit es,
Paulus habe diesen Alexander dem Satan bergeben.) Gal i, 8 f.
die anders predigen,

werden diejenigen verflucht,


fangen haben.

Das.

5,

I2; Wollte Gott,

da

denn

sie

emp-

ausgerodet wrden,

sie

Cor 16, 22; Phil 3, I9-)' Im Judentum aber ist magebend geworden, was die fromme Beruria ihrem
Gatten R. Meir, da sie ihn bse Nachbarn verwnschen hrte, mit
die

euch verstren."

Bezug auf Psalm

um

(hnlich

104, 35 zurief:

er solle

die Vertilgung der Frevler beten,

um

die

Besserung,

nicht

sowie das talmudische Wort:

Die gekrnkt werden, aber nicht wieder krnken, ihre Beschimpfung


hren, aber nicht wieder beschimpfen, das Gute aus Liebe tun und
auch in der Heimsuchung ihren Frohsinn bewahren, von ihnen sagt
die

Seine Freunde

Schrift:

sind wie die Sonne,

wenn

sie

aufgeht

in ihrer Kraft."

Auch

die bisherige Errterung hat lediglich

Verteidigung und

Wiederverkleinern beabsichtigt. Mit der Treue


zum Judentum und dem Glauben an seine noch nicht erledigte

nicht etwa ein

Mission

verbinden wir gleich Jehuda Halewi und Maimonides die

berzeugung, da die Tochterreligionen gottgewollte Vorkehrungen


sind, um die Befreiung der Menschheit aus dem Heidentum, deren
sittliche

Veredlung und so den Anbruch des Gottesreiches mitzu-

bewirken.
^

Es

ist

unerfindlich, wie

Duhm

angesichts

all

Stellen bezglich des Ps gi sagen kann, er knnte,


,,du wirst es

im

NT

dieser neutestamentlichen

wenn man ber

schauen, wie den Frevlern vergolten wird"

stehen!

V. 8b

hinwegsieht,

auch

FESTSCHRIFT COHEN

72

Das fhrt uns schlieCilich zu dem, was sich in den Psalmen


ber die letzten Dinge findet.
Wir haben einerseits einen
mchtigen Individualismus in den Psalmen wahrgenommen, einen
unerschtterlichen Glauben an eine auf jeden Einzelnen sich erstreckende Vorsehung.

Hieraus

persnliche Unsterblichkeit

mute auch der Glaube an

eine

allmhlich sich entwickeln, wie wir

ihn in der Tat bei einzelnen Psalmisten schon hervorblitzen sehen.

Die

Konsequenz

volle

zieht

das

allerdings erst

sptere

jdische

Schrifttum.

Andererseits begegneten wir in den Psalmen einen nicht minder

Universalismus, wonach Gott auch auf die Vlker sein


Augenmerk richtet, und die unausweichliche Folge hiervon ist der
starken

auch von den Propheten verkndete Glaube, da dereinst alle Vlker


in reiner Gotteserkenntnis sich vereinen werden.
Wie nun bei den
Propheten neben einem, ganz unpersnlichen Messianismus ein solcher
einhergeht, in welchem ein Davidide als Trger der groen Zeit
erscheint, so auch in den Psalmen.
Aber hier wie dort tritt das

Unpersnliche,

also

die

Idee

einer

allgemeinen Herrschaft

des

Rechts und der Liebe, als das Wesentliche der ZukunftshofTnungen


Nirgends aber ist etwa, wie wieder die Modernen den
hervor.
Psalmen unterstellen, von einem Weltherrnvolk", einer Herrschaft der Juden ber die ganze Welt" die Rede. Nirgends

von diesem Wahn.

eine Spur

Selbst

der

angeblich

messia-

gegen die wider den Gottgesalbten


tobenden Vlker und Knige wendet, schliet mit der Mahnung:
Dienet dem Ewigen mit Furcht!" Und der Psalm 46, der den
messianischen Satz enthlt: Er vernichtet die Kriege bis zum Ende
der Erde", schliet mit der Aufforderung: Erkennet, da ich Gott
bin, ich erhebe mich ber die Vlker." Der Psalm 96 fordert
von den Vlkern, Gott die Ehre zu geben, ihm, der kommt, die
Erde zu richten, er wird richten den Erdkreis mit Gerechtigkeit und
die Vlker mit seiner Treue", so da sogar DuHM gestehen mu,
der Psalm zeige, da der Tempelkult ... die Idee des weltumfassennische

2.

Psalm,

der

sich

den" Gottesreiches lebendig


97. Psalm:

vielen

und

Der Ewige

Inseln

regiert,

freuen ...

sich

erhielt.

Begeistert kndet endlich der

es juble

die

Es verknden

Erde, es mgen die

die

Himmel

sein

Heil,

Vlker schauen seine Herrlichkeit. Beschmt werden alle


Gtzenverfertiger
denn du. Ewiger, bist Hchster ber die
ganze Erde." Selbst GuNKEL fat diesen Psalm als unpersnlich messianisch auf, aber er fgt doch hinzu: Israel werde in der
alle

STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER

U.

NEUERER INTERPRETEN

73

Ganz unbegreiflich. Hier ist


ja berall nur von Gottes Weltknigtum die Rede! Eben so falsch
DUHM: Der Psalm spricht die Empfindungen aus, die der Jude
ein von diesem Exegeten immer wieder gebrauchter, seine antibeim Gewitter
semitisch infizierte Gesinnung verratender Ausdruck
hat; es zeigt Jahves Knigsmacht, die die Welt zur Unterwerfung
und Anbetung ntigt, den Juden aber mit Freude und Sicherheit
Aber der Psalm spricht ausdrcklich vom Jubel der Erde
erfllt."
und von der Freude der fernen Inseln und ermuntert alle GeMessiasra das Weltherrn volk"

sein.

rechten zur Freude

in Gott.

Nein,

der Jude" hofft zwar zuversicht-

da sein reiner Monotheismus dereinst Gemeingut der Menschheit


wird geworden sein und eintreften wird: Es werden dich preisen
deines Mundes Worte vernommen"
sie
alle Erdenknige, wenn
(Ps 138); Erkennen wird man einst deinen Weg ... Es werden

lich,

preisen

dich

Vlker,

die

Gott,

dich

preisen

alle

Vlker.

Es

werden sich freuen und jubeln die Nationen, wenn du mit Geradheit
die Vlker richtest und die Nationen leiten wirst auf Erden ... Ja,
der Jude"
es werden ihn verehren alle Enden der Erde" (Ps G'j)
alledem mit dem Psalmisten durchdrungen: aber demtig
ist von
ruft er auch mit ihm aus: Nicht uns, o Herr, nicht uns, sondern
deinem Namen gib Ehre!" Nichts von Triumph oder gar Herrschaft
Israels, sondern einzig und allein von Gottes Triumph und Herr-

schaft

ist

Es

Rede.

hier die

ist

ein Unrecht,

das durch die erwhnten schiefen und ge-

hssigen Auslegungen begangen wird, ein Unrecht gegen das Judentum, aber auch gegen die Andersglubigen, denen das herrlichste

Erbauungsbuch

das Gesangbuch der jdischen wie christlichen

Kirche", dieses wichtigste und gebrauchteste aller Bcher des ATs."

(Hupfeld, Pss I, Vorr. V)


verleidet wird.
Es sollten aber die
Psalmen weiterhin die gemeinsame Andachtsquelle aller bleiben, die
aus den Beengungen des Lebens sich zu Gott flchten und erheben
wollen.

Hier wenigstens sollten die Herzen sich

sich vereinigen in
selige Zeit,

da

eine Herde.

dem

alles

zusammenfinden,

und auf die glckWahrheit nur einen Hirten und

Blick auf den Vater aller

fhlt,

es gibt in

Die philosophische Begrndung des Judentums.


Von Benzion Kellermann-B erlin.

Wenn

wahr

da die Lsung eines Problems aus seiner


richtigen Formulierung entspringt, so knnte es bedenklich
scheinen, von einer philosophischen Begrndung des Judentums"
es

ist,

Versteht

zu sprechen.

man

gar unter philosophischer Begrndung


die logische Rechtfertigung der methodischen und systematischen

Grundlagen einer wissenschaftlichen

Deduktion ihres
Seinsursprungs aus der Erkenntnis, so mu die Rechtmigkeit eines
derartigen Titels prinzipiell bestritten werden. Unter den zahlreichen
Definitionen des Judentums finden wir keine, die in ihm das System
oder die Methodik wissenschaftlicher Gesetzesbildung erblickt. Gesetze
enthlt das Judentum.

freilich

sogar

viel

zu

viel:

rjfiLcrv

ttAIov

Disziplin,

Nach

die

der Ansicht mancher Kritiker

Aber

Travros.

es

enthlt nicht nur

Gesetze, sondern auch religise Begri"e, die allerdings in einer ganz

bestimmten Korrelation zu den Gesetzen stehen. Und auch die


Gesetze knnen nicht durchweg als wissenschaftlich" gelten. Denn

neben den ethischen

Forderungen und

den durch

sie

bedingten

Rechtsvorschriften stehen Vorschriften heteronomer Gattung, die nicht

durch den wissenschaftlichen Ursprungsbegriff" der Allheit, sondern


in

dem

partikularistischen

Begrndung

Gedanken der Vielheit

ihre zureichende

erfahren.

von

Judentums gesprochen
werden, so mu vor allen Dingen eine Ausscheidung aller partikularistischen Vielheitsgesetze oder doch wenigstens ihre Herabstimmung
und Relativierung zu subjektiven Maximen in die Wege geleitet
werden. Wir erhalten dann Gesetze mit Allheitscharakter einerseits
und damit in notwendiger Wechselwirkung stehende religise VorSoll

also

stellungen

einer

andererseits.

Philosophie

des

Vorstellungen

jedoch,

die

zu

AUheits-

FESTSCHRIFT COHEN

^6
gesetzen

in

notwendiger Wechselwirkung stehen, also auf die gegen-

seitige Begrndung hinweisen,


wie jene Gesetze.

Sie

fordern

die

demnach

den Charakter von


Also erhebt sich nach Ausscheidung

tragen

Gesetzen, Aufgaben, Ideen.

der partikularistischen Vielheitsgesetze die


Idee,

zum Denkwerte

gleiche logische Basis

selbst

religise Vorstellung

zur

der Wissenschaft.

den einzelnen Schritten dieses Idealisierungsprozesses vollsich die Erhebung des Judentums als Religion zur Erkenntnis,

In
zieht

zur Philosophie.

Da nun das Judentum


hat

ganz besonders

wiesen: Nicht nur in

mehr noch in
Ethik und sthetik,

weit

einer derartigen Idealisierung fhig

ist,

Hermann Cohen

durch seine Philosophie beseinen religionsphilosophischen Schriften, sondern


seinen systematischen Werken: in der Logik,
die

als die

treibenden Krfte seiner Kantinter-

pretation erwachsen sind.

Einwnde entgegen: Gibt es


denn eine jdische Logik? Was hat die Grundlegung der Wissenschaft mit dem Judentume gemein ? Diese Fragen knnen in unserer
polemisch und apologetisch gestimmten Zeit nicht grndlich genug
Unwillkrlich jedoch tnen hier die

erledigt werden.

Eine jdische Logik gibt es

freilich

nicht,

jdische Mathematik oder eine jdische Physik.

allgemeine

so wenig

wie eine

Der notwendige und

Geltungscharakter dieser Wissenschaften beruht gerade

einem berempirischen und berindividuellen Bewutsein ihren Ursprung haben. An dieses berempirische Bewutsein appelliert der durch den Begriff der Wiedererinnerung" bestimmte Stilcharakter der Platonischen Dialoge nicht minder als die
darauf,

da

sie in

sittliche Kritik

der Propheten.

Nein, eine jdische Logik gibt es so wenig wie ein jdisches Be-

wutsein, sofern

Einheit

der

man

unter Bewutsein die schpferische unendliche

Kultur versteht.

Denn das berempirische begrndet

Nur bei der


Umkehr dieses Verhltnisses zwischen Unendlichem und Endlichem
entstehen spezifische Denkregeln, die jedem subjektiven Einfalle
Rechnung tragen. Auf diese Weise entstand vorzugsweise die
christliche Logik, die zurckzuweisen nicht so sehr die Aufgabe
das Empirische, das Unendliche bedingt das Endliche.

des Juden als vielmehr die Pflicht eines wahrhaften Philosophen ist,
der in dem Sein der Wissenschaften als dem Sein des Denkens das
Sein

der Dinge

geborgen

sieht.

Und

weil es vor allem

Kant be-

schieden war, die aristotelischen Fundamente der christlichen Logik,

KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENITJMS

77

der Scholastik mit ihrer Vergottung der Empirie, zu erschttern, und


auf den Trmmern dieser Scheinphilosophie das Banner Piatos aufzupflanzen,
in

mu auch

deshalb

der Wiederaufrichtung Kants

der Vertreter der reinen Philosophie


die

Und wenn nun ein


Denken Kants und dem Judentum
haupt erblicken.

Aufgabe der Philosophie bersolcher Philosoph zwischen

dem

innere Beziehungen" entdecken

mssen glaubt, so will er damit nichts anderes sagen, als da


auch das Judentum nur in dem Transzendenzcharakter seiner kon-

zu

stituierenden Grundbegriffe

der

Geschichte

glaubt.

die

der Vlker

Damit aber

ist

die

Immanenz der Weltgesetze,

ihre

Realisierung

erfahren,

die

in

gesichert

inhaltliche Identitt zwischen Idealismus

und Prophetismus erwiesen: In der Einheit der Idee vollzieht sich


die philosophische Begrndung des prophetischen Judentums.
Der Aristotelismus war freilich mit seiner Erledigung durch Kant
nicht erloschen.
Bald nach Kant traten die Genieschwnge" jener
Vornehmen" in Kraft, die da glaubten, mit Hilfe divinatorischer
Intuition das fruchtbare Bathos der Erfahrung" berfliegen zu knnen,
erhoben die Romantiker ihr Haupt, um dem Aristotelismus zu neuem
Leben zu verhelfen. Und Hegel blieb das Verdienst, durch seine
Dialektik des Begriffes die

zu begrnden.

Auch

Romantik zu

rationalisieren, sie begrifflich

Parmenideische Parole: Denken


ist Sein, aber freilich nicht das in den Wissenschaften latente Platonische Sein der Urteilsfunktionen, sondern das widerspruchsvolle Sein
der Einzeldinge, der Empfindungsinhalte, der empirischen Wirklichfr ihn galt die

So entstand das kulturflschende Prinzip des Historismus:


was ist, ist vernnftig, und nur das Vernnftige ist. Mit einem
Schlage war durch diese Losung allen kulturellen Entgleisungen
die philosophische Sanktion erteilt: Das Unrecht ist", also ist es
vernnftig. Der moralverachtende bermensch ist", also ist er vernnftig.
Die Klassen- und Rassengegenstze sind", also sind sie
vernnftig. Der wirkliche Staat
das ist der ideale Staat. Gibt
es eine glnzendere Rechtfertigung jedes kulturellen Tief- und Rckkeit.

Alles,

denn
auch erklrlich, da die herrschende" Religion zu ihrem Rechte
kommt. Das hchste Ziel aller Vernunft- und damit aller Seinsentwickelung ist der absolute Geist", und das Wesen der Religion ist
die Vorstellung des absoluten Geistes.
Die adquate Vorstellung
dieses Begriffes bietet der Gott des Christentums; denn in dem Gedanken der Trinitt sind alle Forderungen enthalten, welche das
Wesen des absoluten Geistes konstituieren. Mit diesem Schlustein
standes!

Bei einer solchen Vergottung des Wirklichen"

ist

es

FESTSCHRIFT COHEN

78
seines

philosophischen

bildet,

hat

Hegel

Trinitt

in

Wahrheit

Fundament

sein

seine durch die begriffliche Dialektik nur kaschierte

bereinstimmung mit
besondere

Gebudes, der

Romantik endgltig dokumentiert.

der

Ins-

hat er dies durch seine metaphysische Interpretation der

erreicht

eines Begriffes,

Katholizismus zentrale Bedeutung

der ja im Protestantismus und

So

erhlt.

ist

Hegel

getreu

als echter Jnger des Aristoteles


den Maximen der Romantik
auch der philosophische Bannertrger des kirchlichen Christentums
geworden.

Auch

seine Rechtsphilosophie inauguriert

der Wirklichkeit:

sophie

Alles,

was

Rechte, das mit uns geboren, das in

ist,

Hegel

ist

mit seiner Philo-

vernnftig.

dem ewig

Von dem

flieenden Quell der

moralischen Rechenschaft" seine Natur erneuert, von diesem Rechte


will

Hegel

nnftig.

nichts

Wo

wissen.

Nur das Historisch-Gewordene

ist

ver-

aber das rechtliche Gemeinschaftsleben nicht in der

Ethik seine erzeugende Grundlegung erblickt, da fehlt das Faktum"


der Ethik, und damit

fllt

die Ethik als die

spezifischen Provinz des Kulturbewutseins.

Begrndungsweise einer
Eine weitere Kritik des

Hegelianismus drfte sich bei den soweit skizzierten Folgen des Systems

wenn sich nicht in neuerer Zeit ein apologetischer Interpret Hegels gefunden htte.
In seiner Geschichte der neueren
Philosophie schreibt WiNDELBAND: Wenn er aber gerade in der
erbrigen,

Vorrede zu seiner Rechtsphilosophie jenen typischen Ausspruch


Alles,

was

verstanden

ist,

ist

vernnftig,

so konnten nur solche,

tat:

die ihn mi-

oder nicht verstehen wollten, dies Wort dahin deuten,

ob nach seiner Meinung alle bestehenden Institutionen als absolut


vernnftig gelten und deshalb so, wie sie sind, festgehalten werden
Von einem solchen bornierten Konservativismus, den ihm
sollten.
Anhnger oder Gegner imputierten, ist bei HEGEL keine Rede. Wer
seine Lehre kennt, wei, da Vernunft fr ihn mit Entwickelung
identisch ist, und da die Wirklichkeit fr ihn nur in dem Sinne
als vernnftig gelten kann, als sie den notwendigen Proze einer
Entwickelung darstellt, in welcher die ursprngliche Anlage, das
heit in diesem Falle der Gesamtgeist des Volkes zur vollen VerOhne zunchst auf eine kritische Analyse
wirklichung kommt".
als

dieser

Worte einzugehen,

stellen

wir

fest:

Vernunft

ist

gleich

dem

notwendigen Proze der Entwickelung des Gesamtgeistes, der in


den Anlagen des Volkes gegeben ist. Von einer ethischen Wertung des Gesamtgeistes kann schon deshalb keine Rede sein, weil
Demdie Ethik selbst einen Teilbegriff des Gesamtgeistes bildet.

KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS

nach mu auch

die

vernnftig gelten.

/Q

Entwickelung eines unsittlichen Gesamjtgeistes als


Damit ist aber nach wie vor der Satz in Geltung:

auch wenn es unsittlich ist, ist vernnftig. Der


zwingende Charakter dieses Schlusses liegt schon in der Tatsache
begrndet, da zum obersten Wertmesser nicht der Kulturgeist der
Menschheit, das heit der Allheit, erhoben wird, sondern der Kulturgeist des Volkes, das heit der partikularistischen Mehrheit, die in
ihren Ansprchen auf absolute Geltung direkt die Vernichtung der
Allerdings knnte man hier einwenden, da auch
Allheit bedeutet.
Hegel nicht an den Gesamtgeist eines Volkes, sondern an den
der Menschheit dachte, und Vernunft wre dann der notwendige
Entwickelungsproze des Menschheitsgeistes. Da eine solche Interpretation jedoch unmglich ist, drfte aus folgender berlegung erhellen: Wie man auch immer den Begriff der Entwickelung" fassen
mag, stets wird er ein bestimmtes Ziel markieren, das der Gegenstand der Entwickelung zu erreichen bestrebt ist. Dabei ist es gleichgltig, ob das Ziel dieser Entwickelung die Verwirklichung eines
auerhalb des Gegenstandes liegenden Zweckes ist oder die rein
Alles

Wirkliche,

formale Vervollkommnung der Entwickelungsmglichkeit.

Dort ist
das Ziel qualitativ, hier ist es quantitativ. Und es bedarf keines
weiteren Beweises, da in der quantitativen Entwickelung die qualitative vorausgesetzt wird, denn die hier in Frage stehende Quantitt
entsteht durch die Vervielfltigung einer bestimmten, wenn auch
nur

keimartig, in

stimmt gearteten

der Anlage" vorhandenen Form, oder eines beZweckes.


aber von zu erstrebenden oder

Wo

erstrebten Zielen die Rede ist, da stehen wir nicht mehr auf dem
Boden notwendiger Kausalitt wie in der mathematischen Naturwissenschaft, sondern wir sind in das Gebiet der anthropologischen

Wertung des

Seins, in das Gebiet der Teleologie abgeschweift.

Nun

unterscheidet sich das Gebiet der Teleologie von dem der mechanischen Naturbetrachtung gerade dadurch, da nur auf dem Gebiete

mechanischer Naturbetrachtung von einer


gesprochen werden kann.

So gro nun auch

die Kluft zwischen kausaler

Naturbetrachtung sein mag,

Vershnung:

Wenn

notwendigen

die

es

gibt

teleologische

registriert, die zu ihrer definitiven

doch

die

Kausalitt

und teleologischer
Mglichkeit einer

Probleme
Behandlung der mathematischen
Wissenschaft

die

Naturwissenschaft bermittelt werden. In dieser Vorbereitung fr


die Wissenschaft der kausalen Notwendigkeit liegt der methodische
Wert der Teleologie, und damit auch der der Entwickelung. Von

FESTSCHRIFT COHEN

80

einem .notwendigen Proze einer Entwickelung" knnte mithin erst


dann gesprochen werden, wenn die Resorption der Teleologie durch
Demnach tritt ein zweiter methodischer
die Physik erledigt ist.
Unterschied zwischen Physik und Teleologie hervor: Die Physik ist
Selbstzweck, die Teleologie Mittel zum Zweck. Freilich wird die
Resorption niemals zu Ende gefhrt. Ist doch die unter der Direktive einer Zweckidee sich vollziehende Synthese kategorialer Funktionen ebensosehr eine Aufgabe unendlichen Charakters, wie die ewig
neue Begrndung und Rechtfertigung der die Wissenschaften konstituierenden Prinzipien der Erkenntnis.

Mag

deshalb ein biologisches

Problem noch so grndlich durch Chemie und Physik und damit


es wird inimer noch
auch durch Mathematik bewltigt werden,
ein teleologischer Rest bleiben, der sich nicht nur in dem ewig
neuen Vollzug der Synthese ausspricht, sondern noch mehr in der
SynZuflligkeit des bestimmt gearteten Charakters der Synthese.
thetisch verfahren aber auch die Wissenschaften der Kausalitt:
Die mathematischen Naturwissenschaften. Die Zurckfhrung einer
physikalischen Erscheinung auf ein in mathematischen Formeln sich

kundgebendes Gesetz hat freilich den Charakter einer psychologischen


Analyse. Aber die Analyse ist nur Schein. Gerade durch die Zurckbeziehung auf die mathematische Formel, also auf die Einheit
der Realitt, wird der synthetische Aufbau der physikalischen Erscheinung gerettet" und ihre wissenschaftliche Verifizierung ermglicht.

psychologische Genese,
logische Wertung. Das Umgekehrte ist

Analytisch verfhrt also nur die

synthetisch aber

ist

die

beim teleologischen Verfahren der

Hier werden zunchst die

Fall.

psychologischen Gebilde durch eine Zweckidee synthetisch vereinigt,

um
in

durch diese Vereinigung der Analyse, das heit ihrer Auflsung


die den Gegenstand konstituierenden logischen Komponenten, ent-

gegengefhrt zu
teleologisch
sich
ihres

um

werden.

verfhrt,

ein

Hier
rein

also

ist

die

Synthese, soweit

psychologischer Vorgang,

weil es

eine Vereinigung psychologischer Gebilde handelt, die

Endlichkeitscharakters

Ursprung haben, sondern

nicht

in

der

reinen

sie

Erkenntnis

dank
ihren

Tatsachen der Beobachtung sich zunchst als Empfindungsinhalte legitimieren. Erst die durch
teleologische Synthese vorbereitete Analyse bringt auch hier die
logische Synthese hervor, insofern durch die Erkenntnis der in den
als

psychologischen Gebilden verendlichten Einzelkategorien die logische


Struktur der Gebilde begrndet wird. Der Unterschied zwischen

kausaler und teleologischer Synthese

springt

nunmehr unmittelbar

KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS

Augen:

die

in

Die kausale Synthese bedeutet eine logische Be-

grndung, die teleologische eine psychologische, die

Verwandlung

in eine logische hinsteuert.

logie mit Logik

identifiziert

werden

jene restlose Verwandlung mglich sein

Wenn

lsung kann geleistet werden.

als

ausgeschlossen

gilt,

Nur

die asymptotische Auf-

aber eine vllige Auflsung der


in

mechanische Be-

dann bedeutet der Ausdruck Windel-

BANDS: Notwendige Entwickelung" eine contradictio

in adjecto.

kam bis jetzt nur die Wissenschaft des Seins:

Indessen

matische und

beschreibende

die

da

auf die

so wenig wird jemals

darf,
:

freilich

So wenig jedoch Psycho-

Entwickelung

Teleologie in Kausalitt, der

wegung

8l

die

mathe-

Naturwissenschaft, in Betracht.

methodische Kluft zwischen den


beiden Disziplinen sicher nicht durch einen Begriff berbrckt werden
darf, der das Spezifikum der einen der genannten Wissenschaften
bildet. Wie verhlt es sich aber mit der Wissenschaft des Sollens,
mit der Ethik: Darf ihr oberster Grundsatz der notwendige Proze
einer Entwickelung" sein? Jetzt wird der Gegensatz zur Wissenschaft
Hier

lie

erweisen,

sich

die

der Kausalitt noch schroffer als der zwischen beschreibender und

mathematischer Naturwissenschaft. Die asymptotische Annherung


einer Biologie an die Bewegungsmechanik lie bei aller Aufrechterhaltung der spezifischen Diff"erenz insofern eine Vereinigung zu, als
die Biologie

der

kausalen Betrachtung die Probleme

gleichsam

dieser Zurstung erschien sie

als

matischen Naturwissenschaft, die ihr ewiges


offenbart.

Bei der Ethik

zurstet.

In

Instrument der mathe-

Ziel,

ihren ewigen

Zweck

ein solches Rangverhltnis der hrteste

ist

Widerspruch gegen ihr eigenes Prinzip. Die Ethik ist Autoteile. Ihr
Prinzip ist im ausgesprochenen Gegensatze zur kausalen Notwendigkeit die

Freiheit.

Und

der Primat der praktischen Vernunft erblickt

den Zweck der Kausalitt


heit in der Kausalitt.
in

dem notwendigen

satz zu erblicken

und

ist,

Wenn

nun nach

HEGEL auch

fr die Ethik

Proze einer Entwickelung" der oberste Grundso

fllt

Sein, die Ethik wird

Rechte.

der Freiheit, aber nicht den der Frei-

in

Dabei

zunchst die Schranke zwischen Sollen

gleich der Natur,

hat

man wohl

der Pantheismus

tritt

in

da nicht die
Natur von der Ethik absorbiert wird, dann kme wenigstens wie bei
Fichte der Primatcharakter der Ethik zu einer bestimmten Geltung.
Vielmehr ist das Umgekehrte der Fall. Die Ethik wird zur Natur, als
seine

zu beachten,

ob es sich bei ihr um Linien und Flchen handelt.


Wenn nun
Windelband den HEGELschen Seinsbegriff als den notwendigen
Proze einer Entwickelung" definiert, so macht er sich zunchst einer
6

FESTSCHRIFl"

82
contradictio

Hegel

In

schuldig.

hinaus,

indem

er

COHEN

noch ber
den Begriff der Entwickelung durch das
der

Tendenz aber geht

dem

Beiwort: notwendig" direkt auf eine Linie mit


prinzip der kausalgesetzlichen Naturbetrachtung

Nach

er

Notwendigkeits-

stellt.

diesen Darlegungen kann wohl die Rettung

Hegels

nicht

gelungen bezeichnet werden. Aber das Charakteristische dieses


Rettungsversuchs liegt darin, da noch in der neueren Zeit die Auseinandersetzung mit Hegel im Sinne einer Rezeption seines
Systems unternommen wird. Es mu doch etwas Typisches in
als

diesem Systeme sein, das immer aufs neue wieder aktuell ist. Es
kann auch nicht schwierig sein, dieses Typische zu entdecken:
Hegel ist der Philosoph des Darwinismus. Nicht in dem Sinne, als
ob er die logischen Grundlagen des Darwinismus entdeckt htte, das
hat Kant mit seiner formalen Zweckmigkeit" schon lngst erledigt.

Aber HEGEL hat den Darwinismus zum philosophischen

Unter begriff

Logik figuriert,
Kant hat die logischen Grundlagen fr den Darwinismus entdeckt,
Hegel den Darwinismus fr die Logik: Die Biologie wird zur
Systembegriff erhoben,

als

dessen

die

Knigin der Wissenschaft. So kann nunmehr der alte Streit zwischen


Philosophie und Naturwissenschaft als geschlichtet gelten, denn die

Das

Philosophie hat sich der Biologie unterworfen.

Und

das biologische Ich.

das biologische Ich

ist

reine Ich

ist

das geschichtlich

gewordene Ich. Und ein geschichtlich gewordenes Ich ist auch das
Und so mute der Hegelianismus bei
Ich des bermenschen.
Nietzsche landen. Es kann keine ergiebigere Kritik Hegels geben
Die Lehre vom
als die Entstehung der Lehre vom bermenschen.

bermenschen ist nichts anderes als die Illustration zum Satze: Alles,
was ist, ist vernnftig, und nur das Vernnftige ist: Die Macht besiegt

Und nicht
Auch Schopenhauer

das Recht, das Sein das Sollen.

anders verhlt es sich

mit Schopenhauer.
wickelung die metaphysische Quintessenz.

erblickt

in

der Ent-

Nur ist die Spekulation


Schopenhauers antizipierend, whrend die Nietzsches sich retrospektiv verhlt: SCHOPENHAUER reflektiert ber das Ende der Ent-

wickelung, und in der Verzweiflung an der Erreichung des Endzieles

das psychologische Motiv seines Pessimismus zu suchen, NIETZSCHE


reflektiert ber die Distanz zwischen Gegenwart und Anfang der

ist

Entwickelung,

stimmt er

Hymnus

in

und

in

seiner

der Erkenntnis des physischen Fortschrittes

bermenschphilosophie

auf die Entwickelung an.

wickelung das Grundmotiv der

So

einen

bildet bei

Spekulation.

panegyrischen

beiden die Ent-

Die Systeme beider

KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS

83

Denker besttigen den durch HEGEL begrndeten Bankerott der

Und da

Kultur.

in

der neuesten Zeit der ganzen Scheinkultur der

Hegelianismus im Blute steckt, das beweisen nicht nur die Auswchse


in

der Kunst,

die

kulturvvidrigen Motive des

vom

Historismus ge-

tragenen Rechts- und Staatslebens, das beweisen vor allen Dingen


die Vertreter der wissenschaftlichen Theologie, die als Hegelianer

Christentum die absolute Religion" erblicken.

tum hat

sich

seiner

Umklammerung

im

das Judennicht erwehren knnen.


DerJa, selbst

selbe Hegelianismus, der durch seine Dialektik der Vernunftentwicke-

um

wahren
Kulturmotive zu entwurzeln, der ganz besonders das Recht der
Schwachen, der Vielen-Allzuvielen verwirft, der das Judentum als eine
inferiore Religion gegenber dem Christentume bezeichnet, derselbe
Hegelianismus dient als philosophische Staffage fr die Begrndung

lung die Ethik vor der Logik kapitulieren

des historisch-partikularistischen Judentums.

lt,

Kann

alle

es eine schrfere

Kritik dieser Richtung geben, als da sie ihre philosophische Recht-

fertigung

geht

dem

kulturfeindlichen Hegelianismus verdankt!

Verwirrung

Ja,

so weit

da die
,,Ethische Kultur", deren Ziel in der Selbstndigkeit und Unabhngigkeit der Ethik gegenber der Religion besteht, da auch
sie ihr auf dem Entwickelungsgedanken basierendes Fundament in
jenem Philosophem geborgen sieht, das gerade die Religion als den
letzten Schlugedanken aller Kultur preist. Am allerdeutlichsten aber
treten die gefhrlichen Konsequenzen dieser Philosophie in einer Anschauung zutage, die man geradezu als eine Kopie des Hegelianismus ansehen kann, in dem Monismus. Hier wird die Einheit und
Identitt der naturnotwendigen Entwickelung mit einer solchen Schrfe
durchgefhrt, da nicht nur wie bei HEGEL die Ethik von der Logik
absorbiert wird, sondern ebenso sehr auch die Logik von der Ethik.
Die Ausnahmestellung des Menschen im Kosmos ist berwunden.

Auch

die

philosophischen

in

das anorganische Gebilde

ist

Grundbegrififen

mit einer Seele behaftet.

physikalische Gegenstand unterscheidet sich in keinem Prinzipe

ethischen Subjekt.

Damit

der Menschenseele

liegt in

die

der Logik dieser

der doch

fllt

Der

vom

die Willensfreiheit, die Unendlichkeit

SCHELLINGsche Identitt triumphiert. Es


Anschauung beschlossen, da der Mythos,

die Naturkrfte

als

beseelte

Wesen

vorstellt,

wieder zu

seinem Rechte gelangt.

Deshalb erhlt in dieser philosophischen


konomie auch die Religion wieder ihre Macht, vor allen Dingen
in ihrer mythischen Urform.
Aus diesem Grunde kann sich auch
der Vertreter der auf monistischer Grundlage sich erhebenden Reli6*

FESTSCHRIFT COHEN

84

Kalthoff, nicht dazu verstehen, den Christusglauben zu beseitigen. Er verfhrt nur konsequent, wenn er Christus als den Typus
des NiETZSCHEschen bermenschen auftreten lt. Vom Hegelianismus zum Monismus, vom Monismus zum Animismus, vom Animismus zum Solipsismus fhrt eine gerade Linie.
Der Ursprung einer solchen Philosophie liegt jedoch einzig und
allein in der flschlich vollzogenen Identitt zwischen Kausalitt
und Teleologie, zwischen Idee und Begriff Diese Fehlerquelle
in ihrer ganzen logischen und ethischen Tragweite erkannt und
eliminiert zu haben, ist die philosophische Tat Hermann Cohens.
gion,

Wozu
Kant

aber bedurfte es dieser neuen Aufklrung? Hatte nicht schon

Grenzen zwischen Kausalitt und Teleologie mit aller


Klarheit endgltig festgelegt? Hatte er nicht den Aristotelismus
mit seiner Vergottung des Daseins, der Empirie, des Einzelnen
berwunden? Oder wies das Kantische System doch noch manche

Lcken

die

Nahrung
boten? Dies ist nun tatschlich der Fall. Es zeigen sich Mngel
in der Disposition, in der Przision der Terminologie und in der
Absage an scholastische Doktrinen. Nicht selten kommt es vor,
auf,

die

der von ihm bekmpften Ontologie neue

da die zweite Auflage die erste korrigiert, aber die Korrektur wird
ohne ausgesprochene Begrndung und ohne ausdrckliche Desavouierung der frheren Ansichten vollzogen.
Dazu kamen noch die
Fortschritte der mathematischen Naturwissenschaft, die in manchen
Problemen ber das Niveau hinausstrebten, das KaNT von NEWTON
und den Klassikern bernommen hatte. Indem nun Cohen all den
erwhnten Mngeln Rechnung trug, indem er bei seinem Zurckgehen
auf Leibniz in dem Gesetze der Kontinuitt den Ursprungsbegriff
der Realitt neu entdeckte und zum fundamentalen Zentralpunkte des Systems erhob, indem er ferner die Glieder des Systems
in die erforderliche Wechselwirkung zueinander brachte, zweideutige
Termini durch neugefeilte ersetzte, und die Fortschritte der modernen
Naturwissenschaften bercksichtigte, mu er als der Wieder- und
Neuentdecker des Idealismus, als der Fort- und Weiterbildner der
Meistergedanken bezeichnet werden.
Soll nun diese Wertung nicht den Charakter einer unbegrndeten
Vorwegnahme erhalten, so ist ein nheres Eingehen auf COHENs
Gedankenwelt an dieser Stelle unerllich. Geht man hierbei von
dem Gesichtspunkte aus, da den systematischen Werken Cohens
der Ertrag seiner exegetischen Arbeiten zugute kommt, so darf es
nicht Befremdung erregen, wenn vor allen Dingen einer kritischen

KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS

85

Wrdigung seiner systematischen Werke das Wort geredet wird.


Auch der Vorwurf der Weitlufigkeit darf nicht erhoben werden, wenn
wir fr die philosophische Begrndung des Judentums auf die Logik
der reinen Erkenntnis Bezug nehmen. Philosophie ist Einheit der
Erkenntnis, und diese wiederum bedeutet die Einheit der Methode.
So bildet die in der Logik begrndete Einheit der Methode die Einheit
des Kulturbewutseins, also der Naturwissenschaft, der Ethik und
der sthetik.

Da nun

sich zweifellos auf seine

die unumgngliche
I.

die philosophische Verifizierung des

Ethik

Judentums

auch hier die Logik


seine philosophische Begrndung.

erstreckt, so ist also

Bedingung

fr

Die Logik der reinen Erkenntnis.

Die Logik der reinen Erkenntnis

im strengen, ausschlielichen
Gegensatze zur formalen Logik des Aristoteles zur Auszeichnung gekommen. Fr Aristoteles ist der letzte Grund des Seins das nicht
weiter zu definierende, nur durch den Hinweis der Interjektion zu
charakterisierende Einzelding.
Die Logik hat unter solcher Voraussetzung keine andere Aufgabe, als das Allgemeine aus den Einzeldingen zu abstrahieren, und unter den so abstrahierten Begriffen
Verbindungen zu stiften, die als nicht undenkbar", das heit als
dem Satz des Widerspruchs nicht widersprechend gelten knnen.
Ob aber diesem Gedachten" auch Gegenstnde entsprechen, ist eine
Frage, ber welche in letztem Grunde die Metaphysik zu entscheiden
hat.
Aus dieser Charakteristik ergibt sich die Unzulnglichkeit und
Unselbstndigkeit des Denkens nach zwei Seiten, die freilich in
Wahrheit nur eine bedeuten: Das Denken empfngt sein Material,
seinen Gegenstand von einer Instanz, die auerhalb seines Ressorts
liegt; und eben deshalb kann es auch niemals wissen, ob Begriffen,
die seinem abstraktiven
ist

Denken

ist

entspringen, Realitt eigen

gnstigsten Falles nur Durchgangspunkt

vom

ist.

Es

Einzelgegenstand zur

Metaphysik: Die Stiftung einer unbedingten Einheit im Sein aber,


die

doch bewut oder unbewut das

Ziel

aller

wahren Philosophie

kennzeichnet, das namentlich durch Plato in der Einheit der Idee"

ihm versagt. Der Grund


eines solchen Notstandes ist einleuchtend: Fr Aristoteles ist der
Begriff des Seins nicht die Einheit des Prinzips, aus welchem sich
seinen klassischen

die

er

von

heit,

ist

allen

fand,

bleibt

methodisch ableiten liee;


er nichts anderes als die leere Kategorie des Seins, die
Seinsgegenstnden als das ihnen gemeinschaftliche, das

unendliche

vielmehr

Ausdruck

Flle

einheitlich

der Gegenstnde

zugrunde

liegende

Attribut

abstrahiert.

Ein

FESTSCHRIFT COHEN

86

solcher allen spezifischen Inhalts entkleideter Begriff

ist

nur eine leere

auf die Entstehung der Gegenstnde keinerlei Hinweis


enthlt.
Fr Plato aber ist das Sein der Inbegriff aller in den
Wissenschaften vom Sein latenten Prinzipien, durch welche die

Formel,

die

Wissenschaft des Seins und damit das Sein selbst konstituiert wird.
Klar tritt diese Schpferkraft des Seins in der Mathematik hervor,
die in ihren zahllosen gesetzlichen Verstelungen restlos auf die Einheit des Seins als die Einheit des

Denkens zurckfhrbar

ist.

Bildet

aber die Mathematik den Urtyp der Wissenschaft, so besteht zwischen


Sein und Wissenschaft ein streng korrelatives Verhltnis:
es

gibt

ohne Wissenschaft gibt es keine


bleibt

Und

begrifflich

formulierbare Funktion

diese Korrelation zwischen Sein

vorbildlich

fr

Klassiker

alle

Sein

und Erzeugung der Wissenschaft, und

keine Begrndung

des Seins.

Ohne

des

und Wissenschaft

Denkens.

Besonders bei

mathematischen Naturwissenschaft NEWTONS


herrschende Methode geradezu die Besttigung seiner fundamentalen
Lehre: Das Denken hat nur soweit Geltung, als es sich auf Gegenstnde der Erfahrung bezieht. Also mu in der Wissenschaft auch

Kant

bildet die in der

das Sein als denknotwendiger Begriff das Sein der

Wissenschaft bedeuten.

Mit

dieser Erkenntnis

Erfahrung

war nun

aller

jeder

Meta-

physik der Boden entzogen.

Die Frage, ob es auerhalb der die


Wissenschaften konstituierenden Denkgesetze noch andere Realitten
des Seins gebe, mute schon deshalb als unmethodisch abgewiesen
werden, weil es auerhalb des Seins der Wissenschaft kein Sein gab:

Das Schicksal der Beweise


Freilich

hatte

Vorwegnahme".

diese

fr

das Dasein Gottes war besiegelt.

Erkenntnis zunchst den Charakter einer

Lsung des Problems, sonVor allen Dingen muten die als die

Sie enthielt nicht die

dern nur seine Formulierung.

Grundlagen der Wissenschaften sich enthllenden Prinzipien' ber ihre


Herkunft, ihren Ursprung Rechenschaft ablegen", wenn wirklich das
Denken nur dasjenige in der Erfahrung wiedererkennen" sollte, was
Welches sind also die Grundes selbst in sie hineingelegt hatte.
legungen der Erfahrung als der Mglichkeit der Gegenstnde" der
Erfahrung? Kant unterscheidet zwei Gruppen von Grundlegungen:
Die Begriffe des reinen Verstandes und die der reinen Anschauung.
Und indem er in seiner Kritik der reinen Vernunft" der Lehre von
den reinen Verstandesbegriffen die der reinen Anschauung, des

Raumes und der

auch unmittelbar ein


Werturteil ber das gegenseitige Verhltnis der beiden Gruppen gefllt: Die Anschauung bildet die Grundlage des Verstandes.
Zeit voraufgehen lt, hat er

KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS

Wenn

aber

Kant

der Sinnlichkeit ein derartiges bergewicht

insofern er trotz

einrumt,

87

aller Reinheit" die

Anschauung

als ein

dem Denken nicht homogenes, aber gleichwohl berlegenes Gebilde


bezeichnet, mu dann nicht der Verdacht entstehen, da Kants Erkenntniskritik nur eine graduelle, aber keine prinzipielle Verschieden-

gegenber der Scholastik bedeutet? Um so begrndeter ist


dieser Verdacht, als Kant das in den Formen des Raumes und der
Zeit sich darbietende Mannigfaltige" als ein den Formen des Verstandes Gegebenes" charakterisiert. Wre dann nicht der Verstand
heit

zu jener Passivitt wieder verurteilt, die das Kennzeichen der AristoteUnd da bei der Doppelheit der Erfahrungslischen Logik bildet?
quellen die Einheit des

berhaupt

in seiner

Begrndung.

Denkens gebrochen, und damit das Denken

Souvernitt beseitigt wird, bedarf keiner weiteren

Denn wenn Denken und Anschauung

zwei prinzipiell

Erkenntnisquellen markieren, so bedarf es einer prexistenten Kraft, die eine harmonische" Vereinigung dieser Quellen
bedingt, und so ist wieder jene metaphysische Realitt auf den

verschiedene

Kant

durch eine transzendentale


Subreption an die Spitze der Mglichkeit aller Dinge" gestellt wird.
Hier haben wir denn auch die Bresche zu erkennen, durch welche
Hier wieder
die kaum berwundene Scholastik ihren Einzug hlt.
Schild

gehoben,

konnte

He GEL

die

der realistische

nur

Anknpfung fr seine ontologische


die freilich nur das zum Ausdruck brachte, was ihm
Schalk im Nacken diktierte".
die

Dialektik finden,

nach

logische

nach der ganzen Disposition seines Systems


keinen Zweifel, da ihm Raum und Zeit als Denkeinheiten gelten;
und seine Fassung dieses Problems in der zweiten Auflage der
Kritik der reinen Vernunft besttigt gleichsam, wie Natorp richtig
bemerkt, den Apriorittscharakter der Anschauung. Allein auch
diese Korrektur kann nicht darber hinweghelfen, da die Voranstellung der Zeit und des Raumes vor die Gesetze des Denkens ein

Zwar

lt

Kant

ernster Fehlgriff

ist"

(Natorp).

Die erste Feststellung und kritische Klariegung dieses Fehlers


ist

das Verdienst

Hermann Cohens.

Aus welchen gedanklichen Motiven heraus gelang ihm


Entdeckung?
Die Beantwortung dieser Frage
Zentralmotive der

Cohen sehen

fhrt

uns unmittelbar

diese

in

die

Gedankenwelt, die besonders instruktiv

Logik der reinen Erkenntnis ihre systematische Begrndung


gewinnt. Die Cohen sehe Logik will als eine Logik des Ursprungs

in seiner

88

FESTSCHRIFT COHEN

gelten.

In

diesem Begriffe

ist

das ganze Programm przise und


im Sinne Piatos und Kants Denken

bndig formuliert. Die Logik ist


der Einheit: Nichts darf also an
brig bleiben,

dem Gegenstande

der Erfahrung

das sich der Determination des Denkens entziehen

von dem Denken bestimmt werden.


Eine solche restlose Einheitsbestimmung ist aber nur mglich, wenn
der wissenschaftliche Gegenstand ein Erzeugnis des Denkens ist,
seinen Ursprung ausschlielich im Denken besitzt. Also handelt
es sich in der Logik des Ursprungs um die Gesetze der Erzeugung
des Gegenstandes der Erfahrung. Ist aber der Gegenstand ein aus-

Einheitlich

knnte.

soll

er

kann der Sinnlichkeit keinerlei Recht,


geschweige denn ein Vorrecht am Aufbau des Gegenstandes zugebilligt werden, es mte denn ihre Zurckfhrung in das Denken
mglich sein. Dann knnte freilich die Mitwirkung der Sinnlichkeit
schlieliches Denkerzeugnis, so

am

synthetischen

dern

sie

Aufbau des Gegenstandes

mte sogar an

nicht nur gebilligt, son-

erster Stelle gefordert werden.

Denn

das

kann kein Erkenntniskritiker bestreiten, da ohne zeitliche und rumliche Determination kein Gegenstand existieren, das heit Gegenstand
der Erfahrung werden kann. Bilden doch neben der Zahl Zeit und
Raum die Grundkomponenten der mathematischen Physik, also jener
Wissenschaft, die als das Urerzeugnis des Denkens gilt. So entsteht
nunmehr die fundamentale Frage: Auf welches wissenschaftliche
Faktum kann sich der Kritizismus berufen, um die Idealitt der
reinen Sinnlichkeit zu begrnden, um die Realitt des wissenschaftlichen Idealismus zu erweisen?

Die Antwort

auf

diese

Frage

erteilt

nicht

Kant, sondern

Cohen.
Es

ist

das von Leibniz und

Infinitesimalmethode, das nach

Newton

Cohen

entdeckte Prinzip

der

die Realitt des wissenschaft-

lichen Idealismus, der Philosophie des Ursprungs endgltig verbrgt."

Der Kardinalsatz der Infinitesimalrechnung


ist

als

das Integral,

das heit

als

die

Summe

lautet:

Das Endliche

unendlich vieler un-

endlich kleiner Teile aufzufassen, oder allgemeiner ausgedrckt:

Unendliche

Das

der Grund des Endlichen.

Entsprechend den logischen


Grundkomponenten des physikalischen Gegenstandes kommen fr
diese Rechnung drei Probleme in I^etracht: i. Das Reihenproblem,
2.

ist

Das Tangentenproblem,

3.

Das Problem der Geschwindigkeit.

Alle drei Probleme zeigen uns, wie durch Operationen mit

dem

Unendlichen das Endliche zur Bestimmung, das heit zur Erzeugung


gebracht wird: Im Reihenproblem wird durch den Zusammen-

KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS

8Q

Schlu unendlich vieler unendlich kleiner Gren der endliche Wert


der Reihe bestimmt. Im Tangentenproblem wird der Gedanke
durchgefhrt, da durch die Steigung der Tangenten, das heit durch
den Zusammenschlu der unendlich vielen unendlich kleiner Tan-

gentialpunkte die Richtung der Kurve ihre

Bestimmung

erfhrt,

und

im Problem der Geschwindigkeit zeigt schon der einfache Satz:


Die momentane Geschwindigkeit wird durch das Verhltnis zwischen

dem

zurckgelegten unendlich kleinen

Wege und

der entsprechenden

unendlich kleinen Zeit strecke bestimmt, da nur durch das Unendliche das Endliche erzeugt wird. Damit aber ist entschieden, da sich
der Erzeugung der mathematisch-physikalischen Grundgebilde das
Denken des Ursprungs realisiert und fr denkfremde Elemente, die
in

in

der Empirie ihre Quelle haben, kein

kann

Raum

ist.

Kant

an die mathematisch-physikalische Wissenschaft als an jenes Faktum appellieren, das ihm zur Deduktion der
synthetischen Grundstze dient.
Es mute erst das Faktum der
mathematischen Naturwissenschaft durch das Faktum der Infinitesimalrechnung przisiert werden, wenn ein Abschwenken in materialistische
Jetzt erst

Bahnen verhtet werden sollte. So ist erst durch COHEN die transzendentale Methode Kants auf dem Gebiete der Logik einwandfrei
begrndet worden.

Nun

wird

freilich

behauptet, da auch

Kant

die entscheidende

Erkenntnisleistung des Infinitesimalen erkannt", indem er seinen Begriff der intensiven Gre" als den der realisierenden" bezeichnet
habe. Das hat freilich auch COHEN nicht bestritten. Aber was

Kant

unbeachtet He,

ist

die berlegung, da das Infinitesimale der

Hebel der Kritik" (Cohen) werden mute.


so wrde

dem Denken

die Sinnlichkeit nicht

knnen; so wrde das reine Denken


geschwcht worden sein.
2.

Wre

dies geschehen,

haben zuvorkommen

in seiner Selbstndigkeit nicht

Die Ethik des reinen Willens.

In der Charakteristik der Logik der reinen Erkenntnis glauben

den Nachweis dafr erbracht zu haben, da erst durch die


logische Wertung der Infinitesimalrechnung das von Kant geforderte
Faktum der Wissenschaft" seine genaue Fixierung und Przisierung
gefunden hat, durch welche nunmehr jede Art von Ontologie auch
aus den letzten Schlupfwinkeln der Erkenntnis verscheucht wird: der
wir

Hegelianismus, die Philosophie des absoluten Geistes, kann nunmehr


als ernste

Meinung" nicht mehr

in

Frage kommen.

Htte

COHEN

FESTSCHRIFT COHEN

90

nur diese Korrektur an der KANTischen Grundlegung vollzogen


Interpret und
er mte dadurch allein schon als der kongeniale
Neuschpfer Kants betrachtet werden. Aber seine Bedeutung geht
ber diese Leistung hinaus: Die Logik Kants hat er verbessert,
der Logik
die Ethik Kants hat er begrndet. Fr die Begrndung
wennhatte zwar Kant das Faktum der Wissenschaft" entdeckt,

absoluten Reinheit. Die mute erst durch


Auswertung des Infinitesimalen gewonnen werden. Fr

gleich nicht in seiner


die logische

aber

die Ethik

schaftlichen

uns

lt

Kant

mit

Faktums berhaupt im

dem Nachweis

eines

Stich, der wird einzig

wissen-

und

allein

Hier wird der Schler zum Meister.


Der zentrale Begriff in der KANTischen Ethik ist der Begriff der
Autonomie, dessen historische Vorbereitung in den Begriffen der Frei-

durch

Cohen

heit und des

erbracht.

kategorischen Imperativs
sei

Der Sinn

der Forderung enthalten: In der ethischen


der Mensch stets Selbstzweck, niemals Mittel zum

dieses Zentralbegriffs

Gesetzgebung

sich vollzieht.

ist

in

Zweck. Woher gewinnt Kant diesen Inhalt?


Faktum, aus welchem er diese Forderung

Ein wissenschaftliches
als

die konstituierende

Faktums deduzieren knnte, steht ihm nicht zur Verfgung. Er ist deshalb bei dem Mangel der Deduktion auf die
Exposition angewiesen, das heit, er entwickelt aus der Idee des
Guten die synthetischen Begriffe der Notwendigkeit und Allgemein-

Realitt dieses

derartige Forderung enthalten, wie sie der Begriff der


Ist diese Forderung aber wirklich in diesen
kundgibt.

heit, die eine

Autonomie

Begriffen enthalten? Sind nicht Notwendigkeit und Allgemeinheit die


konstanten Exponenten eines jeden einzelnen synthetischen Grund-

Ein angebbarer Inhalt kann aus diesen Begriffen niemals


gewonnen werden. Man hat nicht ohne leise Persiflage gegen diese
Exposition geltend gemacht, da auch der Verbrecher wnscht,
seine libertinistischen Grundstze mgen allgemeine und notwendige

satzes?

Geltung eriangen, und die Moral des bermenschen sttzt sich gleichEine derartige Latitde der
falls auf diesen Begriff der Autonomie.
Interpretation

ist

nur

mglich

Einheit des strittigen Begriffes.

handen.

Es

gilt

die

ein anderes?

Aus KanTs

dem Mangel

Dieser Mangel

Was haben

Frage:

Gesetzgebung zu verstehen ?

bei

ist

wir unter

einer

logischen

tatschlich vor-

dem Auto

der

das empirische Einzelselbst, oder


Definition der Freiheit geht hervor, da
Ist es

im Auge hat Denn er versteht unter


heit ohne
.^Freiheit" das Vermgen, eine Handlung von selbst, das
uere Veranlassung anzufangen, also ist es der Begriff des abso-

er das empirische Einzelselbst

KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS


luten Einzelselbst, das

Da

Kausalitt handelt.
sein

im bewuten Gegensatze zur


dieses Selbst aber ein Ziel

Kant

der Gedanke wird von

soll,

9I

mechanischen
und kein

Datum

nicht weiter erwogen.

So

kann sich Kant auch auf dem Gebiete der Ethik von den in
direktem Gegensatze zur Reinheit stehenden Data" nicht emanzipieren.
Wenn aber das Selbst die gegebene Voraussetzung und nicht das
Ziel der Handlung ist, so bleibt immer noch die alte Frage offen:
Welchen Inhalt hat die von selbst" angefangene Handlung aufzuweisen?
So wird die Unbestimmtheit zur Bestimmungswillkr, und
jeder Interpret findet in diesem Selbstbegriff" die Grundlage seiner
spezifischen Intentionen.
Das ist aber die genaue Analogie zum
Seinsbegriff der vorkritichen Logik. Jedwede Art der Begrndung
und Formulierung sank zur subjektiven Spielerei herab, weil eben

die Orientierungstafel der Wissenschaft fehlte, als deren konstitutives

bewhren hatte. Auch die Anleihe,


die Kant bei der Theologie macht, indem er den Gottesbegriff
als der Ethik hchstes Gut" preist, kann die Verlegenheit nicht
beseitigen, in die Kant durch die unmethodische Grundlegung der
Ethik geraten ist. Durch die Auflsung des Guten" in hohe und
hchste Gter hat Kant nicht nur den Einheitscharakter der einzig
und allein aus dem Denken zu begrndenden Idee des Guten gebrochen, indem er die Einheit des Unendlichen in die Einheit der
Prinzip der Seinsbegriff sich zu

dem Eudmonismus

Mehrheit verwandelt, sondern, er hat direkt

Wort

geredet,

wenn

er ein hchstes Gut", also eine

empirische Einzelheit,

gewissermaen

das Ziel der Ethik bezeichnet.

als

Denn der

Erreichung eines Einzel gutes bettigte Affekt kann nie

fr die

reiner Affekt bezeichnet werden.


Alle diese von Cohen beregten Schwierigkeiten lsen sich
lend, wenn das Faktum der Wissenschaft auch fr die Ethik

Und

dieses

schaft entdeckt.

Hier

gezeigt wird.

Wissenschaft des
als

Faktum hat CoHEN


Bathos

erkannt.
ihrer

in

in

der

der

als

spie-

auf-

Rechtswissen-

Erfahrung"

fr

die

Hier sind die Grundbegriffe der Ethik

Sittlichen.

Menschheit

die

das

ist

konstituierende Krfte

Ethik

das

Wenn

unendlichen

der Einheitsbegriff der

Zusammenfassung,

in

mu auch die Rechtswissenschaft


diesen Begriff als Realitt verwerten.
Und dieser ist der Staat.
Der Staat stellt schon im rmischen Rechte jene ideale Einheit

ihrer

Allheit

bedeuten

der Gemeinschaft dar,

das Ziel
Staates

der
ist

soll,

in

so

welcher die unendliche Zusammenfassung

Organisation

die Einheit der

Denn das Einheitsprinzip des


Handlung. Die Einheit der Handlung
bildet.

FESTSCHRIFT COHEN

92

strenger Bercksichtigung

aber kann unter

der

Einheit

der

unendlichen Handlung

jener Handlung,

die

nicht

nur die

einen

logischen

Einheit

das heit also

sein,

einzelnen Menschen,

sondern die

unendlichen Allheit, in ihrer unendlichen Zusammenfassung zum Gegenstande hat. Aber gerade diese ideale

Menschheit

in ihrer

Handlung bildet
der nur soweit den Charakter

Einheit der

diese mit der

moralischen

die

Konstitution des idealen

einer

juristischen Person

sich identifizieren lt.

Staates,
trgt,

als

Mithin kann und

darf der Staat nur solche Gesetze erzeugen, die das Allheitsinteresse,
niemals aber das Interesse des Einzelnen in seiner empirischen Bedingtheit
ist

im Auge haben.

Das

Gegenteil dieser Einheit der Allheit,

die Einheit der Mehrheit, die unbedingt zur

Auflsung der

das heit des Staates fhren mu, wenn sie nicht


ihre Korrektur durch die Allheit
logischen Mehrheit

ist

jedem Partikularismus das

Allheit,

"analog
findet.

Urteil gesprochen, sobald er

der

Damit

den Cha-

Anspruch nimmt.
Jetzt erhlt auch der KANTische Begriff der Autonomie seine
nicht des
Die Autonomie ist das Gesetz
prgnante Bedeutung,
empirischen Einzelselbst, sondern des Selbst der Menschheit; dem-

rakter der Allheit fr sich in

nach

ist

das Selbst der Gesetzgebung nicht die

Voraussetzung,

sondern das Ziel der Ethik, das am klarsten in der Formel sich
ausspricht: Grnde das Menschheitsselbst in der Erzeugung von
Nur in der Begrndung solcher SelbsthandAllheitshandlungen.
lungen gewinnst du dein eigenes Selbst, dein eigenes Ich, deine
Freiheit. So ist also das Einzelselbst ein Erzeugnis des Menschverhlt sich zu diesem wie die Ausfhrung zur Idee.

heitsselbst,

es

Damit

denn

ist

auch

Ursprungs entkleidet,

das
seine

Ich

seines

logische

empirisch -psychologischen

Herkunft

liegt

durchaus

auf

ethischem Gebiete. Ist aber die Lehre vom Ich das Grundprinzip
der Psychologie, so hat die Psychologie von der Ethik ihre
Direktiven zu erwarten,
sein:

Die Freiheit

Noch aber

ist

ein

nicht

aber

darf das

durchaus ethischer

Umgekehrte der

Fall

Begriff.

Frage zu erledigen:
Die Ethik ist nicht nur an der Begrndung und dem Aufbau
ihrer Gesetze interessiert, sie erstrebt vor allen Dingen auch die
Verwirklichung ihrer Gesetze im Rechts- und Staatsleben der
bleibt eine

Welcher Begriff verleiht ihr nun diese Realitt? Es ist der


Gottesbegriff, und das von ihm realisierte Kulturfaktum ist die Geschichte. Die Geschichte ist im Sinne CoHENscher Philosophie
Vlker.

nichts anderes als das Bettigungsfeld fr den fortschreitenden Sieg

KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS

Und

dieser Sieg wird erfochten

93

durch

den Glauben an
die Macht des Guten, den wir als reinen Gottesglauben zum Schlustein der Ethik und zu ihrer Bekrnung erheben. Dieser Glaube hat aber
weder einen metaphysischen Charakter, noch den des Postulats", er
des Guten.

Handlung zum Durchbruch gelangende Idee,


er ist die Bedingung fr die sich im sittlichen Aufbau der Weltgeschichte kundgebende Harmonie zwischen Sollen und Sein: die
ewige Idealisierung der Gegenwart durch die messianische Zukunft bezeichnet das Walten der Gottheit.
So gelangt die CoHENsche Philosophie auf dem Wege strengster
Objektivitt und bei absoluter Wahrung der methodischen Reinheit
zum Judentume der Propheten, dessen religiser und sittlicher
Hhepunkt in dem Zielbegriffe der CoHENschen Erkenntniskritik, in
dem Messianismus, seine welthistorische Bedeutung gefunden hat.
Genauer mte man freilich sagen: die CoHENsche Schlufolgerung
ist die schlichte Konsequenz jener Begriffe, die mit der Idee Platos
anheben und ber Kepler, Galilei, Descartes und Leibniz zu
Kant hinfhren. Damit ist nichts anderes behauptet, als da das
Denken der Klassiker unbedingt eine gemeinsame Rechtfertigung des
prophetischenJudentums bildet. Freilich darf man bei dieser Wertung nicht bersehen, da diese Klassiker, insbesondere Plato und
ist

die in der sittlichen

vom

Leibniz, durch den

Geiste des Prophetismus getragenen Philo-

sophen erst ihre richtige Interpretation und geschichtliche Stellung gefunden haben
Beweis genug, da prophetisches
Denken und klassisches Denken in der Einheit der Idee ihren Ursprung haben
so gewi nach Cohens originaler kritischer Deutung

Platos

die

Einheit

der

Idee"

nichts

anderes bedeutet,

als

die

Einheit des Denkens in den Grundlegungen des Seins als des Seins

Wenn

der Wissenschaft.

Platos Ideenlehre
als

Natorp

in

seinem Vorworte zu

ausfhrt: Ich stehe nicht an,

den zu nennen, der

geffnet hat," so

deshalb

uns, wie fr

Kant,

so fr

Hermann Cohen
Plato

die

Augen

Worten nur hinzuzufgen, da er nicht


kritische Wrdigung des Judentums, insbesondere

ist

diesen

minder auch fr die


fr seine Propheten und Philosophen die orientierende Fhrte entdeckt
hat.
Diese Entdeckung war um so wertvoller, als gerade in neuerer
Zeit der

Versuch gemacht

wird, alle jene

erwhnten philosophischen

Kant, fr die philosophische Rechtfertigung


Anspruch zu nehmen. Ja, KaNT selbst, dessen

Klassiker, insbesondere

des Christentums

Methodologie auf

in

dem

Gebiete der Erkenntnis und des Willens bei

der strengen Durchfhrung seiner Prinzipien unbedingt

in

den Messia-

FESTSCHRIFT COHEN

94

nismus der Propheten einmnden mu,

wie dies schon der

in seiner

Rechtsphilosophie latente Zielbegriff des ewigen Friedens" evident

macht, eben derselbe Kant steht in seiner Religion innerhalb der


Grenzen der Vernunft" im schroffsten Gegensatze zum Judentume. Wie
laut sich dieser Widerspruch begreifen?

Der philosophische Grund dieser Anschauung lag fr Kant in


der Formulierung seines Gottesbegriffes. Kant konnte kein Interesse fr den jdischen Gottesbegriff gewinnen, weil sein am dogmatischen Christentum orientierter Gottesbegriff der logischen und
ethischen Motivationskraft ermangelte,

der

wahrhaft

begriffes der

Philosophie

kritischen

Propheten

die das Spezifikum des

Cohens

verifizierten

von

Gottes-

bildet.

am

Eingange unserer Darstellung wurde betont, da


von der philosophischen Begrndung eines Begriffes nur dann gesprochen werden knne, wenn er sich als der Realitt erzeugende
Ursprungsbegriff eines bestimmten Kulturfaktums erweist. Ein solches
Kulturfaktum steht dem Judentume fr seine Ethik im Rechts- und
Bereits

Staatsleben der
der

Vlker, fr seinen

in

dem Faktum

Und

wie die Weltgeschichte,

des ethischen Seins,

das notwendige Korrelat

Weltgeschichte

die Verwirklichung

Gottesbegriff

zu

Gebote.

zum Rechte bildet, so mu auch der Gottesbegriff als die Realitt der
Geschichte das Korrelat der Ethik sein. Den intuitiv reinsten Ausdruck fr dieses Korrelatverhltnis hat der Prophetismus in seinem
messianischen Reichsbegriffe geprgt. Nun stehen freilich auch

dem

Christentume solche Kulturfakten nicht

kein

unmittelbares

fern,

aber es hat zu ihnen

Verhltnis, es sieht sie unter einem bestimmten

empirischen Gesichtspunkte an, der sich als trennende Kluft zwischen

den ethischen Ideen und ihren Kulturfakten erweist: die Idee ist
konkretisiert in der Person Jesu, und erst ber ihn hinweg findet sie
Diese Mythenbildung vollzieht sich auf
ihren Weg in die Kultur.
Kosten der Ethik und damit auch des Gottesbegrififes. Wenn aber
die Ethik in einem menschlichen Individuum restlos darstellbar ist,
dann bildet sie nicht mehr eine unendliche Aufgabe, und sie bedarf

mehr zu ihrer Verwirklichung. Nur die prophetische


Revision des Mythos kann das unmittelbare Verhltnis zwischen Idee
und Kultur gewhren.
So tritt gerade in der Ethik und im Gottesbegriffe deutlich hervor, was das Judentum Cohen verdankt. Er hat mit seiner Grund-

keiner Gottheit

legung der Ethik,


liegt,

die

Ethik

deren

wieder

methodische Substanz in seiner Logik


zu dem gemacht, was der Prophetismus

KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS


gefhlt, aber nicht

zum

logischen Ausdrucke gebracht hat:

95

Zur un-

endlichen Aufgabe, deren Erfllung die Idee der Gottheit als logische
Das ist aber die gleiche Aufgabe, die wir
Notwendigkeit fordert.

den Sinn einer philosophischen Begrndung des Judentums formuInsofern also Cohen die Philosophie Platos und Kants zu
lierten.
ihrer reinsten Begrndung und Vollendung gebracht hat, ist er auch
als

der philosophische
Allein nicht nur

Begrnder des prophetischen Judentums.


dem prophetischen Judentume verleiht Cohen

eine philosophische Verifizierung, sondern er unterzieht auch das tal-

Wrdigung. Erweist
nach, da der groe prophetische Zug in keiner Entwickelungsphase
Geradezu klassisch ist in
des Judentums vllig ignoriert wurde.
dieser Hinsicht seine Abhandlung: Liebe und Gerechtigkeit. Hier
wird festgestellt, da die Ethik des talmudischen Judentums nur eine
nominelle aber keine faktische Vielheit kontradiktorischer Forderungen
kennt.
Jene groe Antinomie zwischen Liebe und Recht, die im
Paulinischen Christentume zu einer Eliminierung des Rechtes fhrte,

mudische und philosophische

ist

einer kritischen

im talmudischen Judentum ausgeschlossen: Denn

die Liebe

das

das Recht; das heit: der Begriff Liebe ist entweder mit dem
Begriffe des Rechtes identisch, oder er ist nichts anderes als die affekt-

ist

volle

Erfassung des Rechtes, also eine sthetische, aber keine ethische

Angelegenheit.

Cohen der prophetische Zug im


philosophischen Judentume: Ob man sich an Saadja oder Bachja,
immer gilt die ethische Einheit
anDaud oder Kreskas wendet
Besonders stark zeigt sich nach

des Individuums

als

das Ziel

aller

Die rituellen VorNiveau der sittlichen; nur

Spekulation.

schriften stehen bei ihnen nicht auf

dem

Aber alle
Mittel fr das Sittliche sollen sie Geltung heischen.
diese Philosophen werden von einem Meister berstrahlt, dessen
Ethik Cohen eine Monographie widmet: Maimonides, Zum ersten
Male wird in dieser Schrift mit Erfolg der Versuch gemacht, Maimoals

nides in

seinen

lassen.

Der

ethischen Zielen als Schler

attributenlose

Platos erscheinen zu

Gott des Maimonides

ist

das

genaue

Pendant zu dem die wahre Realitt erzeugenden Nichtsein ([it] ov)


Platos. Und wenn nun Maimonides dieses Nichtsein, das vielmehr
das wahrhafte unvergleichliche Sein ist, mit den Forderungen der
dreizehn Eigenschaften",

also

mit

dem

Inbegriffe

aller

sittlichen

Forderungen ausstattet, so hat er mit aller Klarheit dem KANTlschen


Primatcharakter der praktischen Vernunft den prgnantesten Ausdruck verliehen.

FESTSCHRIFT COHEN

96

So

ist

es

Cohen

gelungen, nicht nur die Kontinuitt zwischen

Maimonides und den Propheten evident zu machen, sondern auch


zwischen Maimonides und Kant, zwischen philosophischem Judentum
und

kritischer Philosophie.
3.

Die sthetik des reinen Gefhls.

berblicken

wir

Cohens Bedeutung
tums, so
1.

ist

kommen

fr

auf

Grund

bisherigen

unserer

die philosophische

Darstellung

Grundlegung des Juden-

wir zu folgenden Resultaten:

Der Messianismus

inhaltlich identisch mit

als Zielbegriff

dem

des prophetischen Judentums

Abschlulibegriff der reinen Ethik, der

Gottesidee.

Niemals aber htte der Gottesidee dieser eminent sittliche


Wert zugebilligt werden knnen, wenn nicht die Ethik des reinen
Willens in der Logik des reinen Erkennens ihre methodische Zu2.

rstung erfahren htte:

Ohne Logik keine Ethik.


Ohne reine Vernunft keine praktische Vernunft.
Ohne Denken und Wollen kein Judentum.
So erweist sich das Judentum als die ewige Aufgabe der Humanitt, die rastlos von Ziel zu Ziel fortschreitet, immer neue Werte
erzeugend, neue Fragen enthllend. Es gibt keinen Stillstand, keine
Gegenwart, nur die Zukunft hat das Recht auf Sein. Nur in der
Erzeugung von Zukunftswerten gewinnt der einzelne Mensch sein
Recht

am

Dasein, an der Gegenwart.

Es

ist

ein frisches, frhliches

Wagen, dem sich der Einzelne ergibt, um sich zu behaupten, ein


grandioser Zug des Hoffens und Strebens durchweht sein Denken
und Handeln. Und doch mischen sich leise in dieses lichte Hoffen
bange Schatten der Wehmut, der unstillbaren Sehnsucht. Wohl
schreitet die Arbeit am groen Bau der Humanitt fort, wohl trage
ich selbst zum Gelingen mein eigenes Scherflein bei aber bleibt
nicht noch unendlich viel Erdenrest an meinem Dasein haften? Ist
es nicht ein unmgliches Beginnen, mein physisches Ich in das
transzendentale Menschheitsich aufzulsen?
Tritt nicht an jeder
neuen sittlichen Leistung die Kluft um so gewaltiger hervor, die sich
zwischen meinem Ich und dem Menschheitsich ghnend weitet?
Und ist nicht trotz der Gottesidee die Gefahr vorhanden, da ich
bei aller optimistischen Gesinnung an der Erfllung meiner Menschheitsaufgabe verzweifele?

Wo

gibt es eine Instanz zur Beschwichtigung dieses faustischen

KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS

Dranges?

Hier

07

keine Wissenschaft und keine Sittlichkeit, hier


einzig und allein
die Kunst.

hilft

Und

so

hilft

treten wir

in

neues Heiligtum

ein

ein, in die

Sphre

des Gefhls.

Unter welchen Bedingungen jedoch soll das im Kunstwerk objektivierte Gefhl die Vereinigung zwischen Einzelich und Menschheitsich vollbringen?
Es ist klar, da diese Vereinigung eben so ewig
sein mu, wie das Bedrfnis nach dieser Vereinigung: Das Gefhl

mu

unendlich und rein

mischung.

von jeder empirisch-endlichen BeiUnter welchen Voraussetzungen aber kommt dieses reine
sein, frei

Gefhl zur Geltung?

Diese Frage beantwortet

Cohen

sthetik des reinen

in seiner

Gefhls."

Auch

Cohen

in

der

Bearbeitung des

seinen Ausgangspunkt von

sthetischen

Kant, um

Problems nimmt

ihn derartig zu ver-

und zu ergnzen, da schlielich auch hier von einer berwindung des Meisters gesprochen werden mu.
Die Problemlage fr Kant war folgende: Das Erkennen erzeugt
in den synthetischen Grundstzen die mathematische Naturwissentiefen

Das Wollen erzeugt in der Idee der Freiheit die Gesetze


der Ethik. Welchen spezifischen Inhalt hat aber das Fhlen in der
sthetik zu erzeugen? Soll die Kunst im Dienste der Ethik oder
schaft.

der Logik stehen, da es doch andere Bewutseinsstoffe nicht gibt?

Offenbar darf beides nicht eintreten.

Denn

in

beiden Fllen wird

die sthetik ihres spezifischen Erzeugungscharakters beraubt.

Und

doch mu sie zu beiden Welten ein Verhltnis gewinnen, wenn sie


von Inhalt erfllt sein soll. Wie bestimmt sich aber dieses Verhltnis?
In seiner Kritik der Urteilskraft bemht sich Kant vergebens um
eine eindeutige Bestimmung: Bald wird bei ihm die Sittlichkeit von
der Natur, bald die Natur von der Sittlichkeit verschlungen. Dadurch aber sinkt in beiden Fllen die Kunst von ihrer Selbstndigkeit
herab und wird zur Magd des logischen oder ethischen Bewutseins:

Das Feldgeschrei

L'art pour l'art" hat in dieser kritischen Entgleisung

seinen logischen

Grund.

Gnzlich versagen aber

mu

eine solche

Tendenzkunst gegenber den beregten Wnschen des Einzelmenschen. Sein ganzes Streben geht auf einen momentanen Ausgleich zwischen dem Einzelselbst und dem Allheitsselbst. Die Kunst
und nun entpuppt sie sich als das
sollte die Brcke schlagen,
Allheitsselbst, dessen Rckbildung und Auflsung in das Einzelselbst
gerade von

ihr

bewirkt werden

sollte.

Von

hier aus lt sich ver7

FESTSCHRIFT COHEN

g$
Stehen, da

man der Kunst

Sollen und Sein prinzipiell bestreitet

So mu
ersetzen: Ohne

setzt.

Vershnung zwischen
und an ihre Stelle die Religion

die Mglichkeit jener

Mystik das an der Vernunft orientierte Gefhl


Nur durch
Religion keine Ethik, keine Sittlichkeit.
die

eine neue Fundamentierung konnte eine solche Folge verhtet werden.


Und wie vollzieht sich diese Fundamentierung? In der gegenseitigen

Durchdringung der beiden Bewutseinsrichtungen,


der Logik, in der Logisierung der Ethik.

in

der Ethisierung

Nicht die Ethik

allein,

nicht die Logik allein bilden die sthetische Vorbedingung; nur ihre
Vereinigung kann die Voraussetzung sthetischer Gebilde sein. Das

wahre Kunstwerk mu beiden Bedingungen entsprechen, und nur


darin kann es einseitig verfahren, da der einen Richtung eine Prponderanz gegenber der anderen zugebilligt wird: Vertreten mssen
Und diese Richtungen knnen nicht in momentanen
sie beide sein.
stofflichen Erscheinungen zu Worte kommen, sonst wre ja ihre

vom Stoffe gebndigt, vorbergehend. Nein, in


methodischen Verfassung erheischen sie Beachtung. Wie

Vereinigung,
ihrer

ihre

weil

Methoden unendlichen Charakters

Vereinigung nur eine ewige

sein.

sind,

Und da

so

kann auch

ihre

trotz der unendlichen

Aufgabe ihrer Vereinigung in einem einzelnen sthetischen Gebilde die


Vershnung zwischen Sollen und Sein vollzogen wird, ist das tiefste
Geheimnis der Kunst, ist das Werk des Genies. Eine andere Frage
reinen
ist, ob das Kunstwerk wirklich als ein adquater Ausdruck des
Welchen logischen Forderungen mu das
Gefhls gelten kann.
reine Gefhl entsprechen, um das Kunstwerk als die konkrete Vereinigung zwischen Einzel- und Menschheitsich zu begrnden? Denn
an die

Methode

der

Reinheit

wie die Logik und die Ethik.

bleibt das Gefhl

ebenso gebunden,

In der Ermittelung der

Methode

zeigt

da wir ihn direkt als den


Entdecker der Methode ansprechen mssen. Die Aufgabe war fr ihn
um so schwieriger, als er sich nicht wie in der Logik und Ethik
auf wissenschaftliche Fakta berufen kann, da eine sthetische Wissenschaft mit objektiver Gesetzmigkeit nicht nur nicht existiert, sondern

sich

Cohen

so selbstndig

und

originell,

Bekundet sich doch das Wesen des


Genies in der persnlichen Note seiner Eigengesetzlichkeit. Und
dennoch soll bei Wahrung dieses Standpunktes eine gesetzmige
Begrndung des Gefhls stattfinden. Wie lst sich diese Antinomie?
Es mu der Nachweis gelingen, da die Urmethode der Logik und

auch nicht existieren

darf.

Ethik auch in der Lehre


Spezialschpfungen wird.

vom Gefhl zum erzeugenden Quell seiner


Und dieser Nachweis wird von COHEN

KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS

Der Ursprung des

-erbracht.

der Antizipation,

Denk- und

das heit

ber

dem Elemente,

dem

Denkens und Wollens

liegt in

kontinuierlichen

Erzeugen von
Die Kontinuitt der Erzeugung, die

in

Willensrealitten.

fortschreitende Schpfung,

reinen

99

die

Bewegung

oder besser,

in

der

ist

also ein Prius gegen-

Bewegung

gelangt

das

Element

oder die Mehrheit der Elemente zur Realitt. Mithin ist


die Bewegung der Urquell, der erzeugende Punkt des logisch-ethi-

Aber auch fr das Gefhl ist Bewegung der


Ursprung, oder noch prziser: Das Gefhl ist selbst jener Urtyp der
Bewegung, aus welcher Logik und Ethik entspringen. Schon ein
schen

Bewutseins.

auf die Sinnesphysiologie besttigt die Richtigkeit dieser Annahme. Gemeinhin wird die Temperaturempfindung als der Urakt
der Eigenbewegung angesehen. Diese Eigenbewegung aber bildet

Blick

keineswegs die Antwort auf einen das Nervensensorium treffenden Reiz.


Vielmehr besteht das Charakteristische dieser Eigenbewegung darin,

da sie vor dem Eintreffen des Reizes bereits latent ist und in der
Verarbeitung des Reizes, das heit in der Empfindung, dem Urakt
des Gefhls, nur jene Ttigkeit fortsetzt, die vor dem Entstehen des
Reizes vorhanden war.

Element

Bildet

der Empfindung,

aber die

Bewegung

mu auch

ein apriorisches

Empfindung als
logisches Element aus der Bewegung stammen. Damit ist aber die
Gleichung geschlossen: das Fhlen als Bewegung bildet den Ursprung
des Denkens und implicite auch des Wollens.
Ist nun das Gefhl als der Urtyp der Bewegung erkannt, so
kann auch seine methodische Homogenitt mit den brigen Bewutseinsfunktionen als gesichert gelten. Worin aber besteht sein inhaltliches Spezi fikum gegenber den erwhnten Bewutseinsarten? Als
ein Urtyp des Bewutseins mu es rein sein.
Worin aber soll sich
in

so

die

seine Reinheit, das heit die selbstndige Erzeugungsart seines Inhalts

bewhren?

Da

es

auer Logik und Ethik keineriei Bewutseinsder Reinheitscharakter des Gefhls in der ewigen

inhalte gibt, so

mu

Vereinigung

der beiden Arten seine einzige Aufgabe erblicken.

Das

Objekt dieser Vereinigung fhrt also seine Entstehung auf die Vereinigung der logischen und ethischen Gefhlsschwingungen zurck.
Wenn sich aber gerade in diesem Konflux der Gefhlstne die
ganze Grundsubstanz des Individualsubjekts prsentiert, so ist
das sthetische Objekt die Urschpfung des Subjekts, seine ureigenste
Offenbarung, sein wahres und reinstes Selbst: Das individuelle Selbstgefhl erzeugt das sthetische Gebilde, whrend das individuelle

Selbstbewutsein

ein

Erzeugnis des ethischen Allheitsselbst bedeutet.

FESTSCHRIFT COHEN

lOO

Eine andere Frage

ist

die:

Wie

stellt

sich diese subjektive Gefhls-

Welcher neue besondere


Logik und Ethik auf dem
Inhalt wird durch die Vereinigung der
Grunde subjektiver Gefhlseinheit erreicht ? DaC wir bei der Schpfung
den Trger logischeines solchen Gebildes nur an den Menschen, als
Aber was fr
ethischer Funktionen denken, erhellt ohne weiteres.
Welcher Zeit, welchem Orte, welchem
ein Mensch soll dies sein?

am

einheit

objektivierten

dar?

Gebilde

Typus, welchem Stamme, welcher Kultur soll er angehren? Jede


Bestimmung wre ein Versto gegen die Forderung der ethischen
Also mu es
Allheit, die eine Komponente jener Vereinigung bildet.
sich, die Idee des Menschen sein, die dem Knstler
Und die Darstellung der Idee kann nur
als Aufgabe voranleuchtet.
Frei mu der Mensch von allem Zeitin negativer Form erfolgen.

der

Mensch an

und Transitorischen sein: in


ewigen Vorwurf der bildenden Kunst

lichen

seiner

Nacktheit

bildet er

den

sonst knnten nicht die Griechen

unsere ewigen Lehrmeister fr knstlerische Gestaltung gelten.


den
Bei ihnen aber knnen wir auch die Motive erkennen, die
Knstler beseelten. Das zentrale Motiv bildet fr sie der Eros als
als

die

Liebe

zur Einheit der Kultur, zur Einheit des Bewutseins, zur

Einheit des Menschen.

So mssen

der Gefhlsschwingungen, der sich

motiv objektiviert,

als

Liebe

wir denn auch jenen Konflux

zum

knstlerischen Gestaltungs-

charakterisieren,

und der nackte Krper

Organ und Werkzeug, durch welches sich die Liebe aktiviert.


Dem rein nackten Krper haucht die Liebe die gttliche Seele
ein und erhebt ihn zum Gotte, derweil sie ihn zum Menschen
Dieses Hinaufpotenzieren des Natrlichen zum Sittlich-Gtterhebt.
lichen, diese Verklrung des Natrlichen im Menschen zur Hhe der
Menschheit ist der hchsten Liebe Werk, ist die reinste adquate

bildet das

Schpfung der Gefhlseinheit, ist Urtat des Bewutseins, dessen abschlieende Vollendung das reine Gefhl bedingt.
Unwillkrlich vernehmen wir hier den Einwand: Ist dies nicht
Hat nicht das paulinische und johanneische Christentum
Religion?
Bildet dann nicht
in der Liebe die Summe aller Religion erkannt?

doch
lt

den Grundbegriff der Kunst? Und


sich nicht auch dadurch die kunstfeindliche Haltung des Judendie Religion in der Liebe

tums verstehen?
Die Fragen erfordern eingehende Behandlung. Bevor wir jedoch
die Priorittsfrage stellen, mssen wir die Frage der Identitt
untersuchen: Ist wirklich die Liebe der Religion mit der Liebe der

Kunst

identisch?

Was

versteht die Religion unter Liebe?

Gehen

KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS


wir von

der Tatsache aus, da

die

gttlichen

Attribute

lOI

nur eine

Hypostase ethisch-logischer Relationen bilden, so mu& in dem Satze:


der Liebe selbst der hchste Rang unter den
Gott ist die Liebe
Wie verhak sich
gttlichen Eigenschaften zugesprochen werden.
zu den brigen sittrein ethisch betrachtet
jedoch die Liebe
Sie ist zweifellos berhaupt keine sittliche
lichen Forderungen?

Forderung, sondern nur ein


heit doch nichts anderes

Weg
als

zur
die

Erfllung der Forderung, das

vom

Gefhl beflgelte Tendenz

Logik und Ethik, wie wir sie als das


Fundament der sthetik kennen lernten. Demnach ist ihre ethische
Bedeutung von der Lsung der Frage abhngig: Inwieweit trgt die
Liebe in ihrer Tendenz der Erfllung ethischer Forderungen dem
der Vereinigung zwischen

Rechnung? Von der sthetischen Liebe


wissen wir ja, da sie nur dann als rein gelten kann, wenn die
Ethik in ihrem unendlichen Allheitscharakter als Vorbedingung beAllheitscharakter der Ethik

rcksichtigt

wird.

Wie

steht

es

also

mit der religisen Liebe in

bezug auf ihr Verhltnis zur Ethik? Der Universalismus der ProDemnach mu auch
pheten kann nicht mehr bestritten werden.
die Liebe des prophetischen Gottes universalistisch sein.
Wenn wir deshalb die Ethik neben der Logik als Vorbedingung
der sthetik fordern, so knnten wir ruhig Ethik durch prophetisches
Judentum ersetzen. Freilich drfen wir nicht bersehen, da wir im
prophetischen Judentume keine logisch fundierte, sondern nur eine
intuitiv erfate Ethik vor uns haben, die erst durch systematische

Vorbedingung erhoben
werden kann. Das ndert jedoch nichts an der Tatsache, da die
prophetische Ethik inhaltlich mit der wissenschaftlichen bereinstimmt.
Andererseits bleibt gerade durch den strengen TranszenIdealisierung auf die Stufe einer sthetischen

denzcharakter des prophetischen Gottesbegriffes eine Relativierung


der Ethik ausgeschlossen. Freilich bildet der Messiasgedanke nur einen
Begriff, keine Idee. Freilich

lichkeit

auf Erden.

Aber

wird hierdurch die messianische Zeit Wirkdiese Zeit wird

derartig in

unbestimmte

Fernen gerckt, da der Unendlichkeitscharakter der Ethik kaum dadurch betroffen wird. So konnte Michelangelo in den von prophetischem Geiste getragenen und durchwirkten Gestalten des Alten
Testaments diejenige ethische Vorbedingung erblicken, die fr die
klassische Kunst fr alle Zeiten verbindlich ist.
Im Neuen Testamente mu jedoch der Universalittscharakter
der Liebe schon deshalb getrbt bleiben, weil die Einheit der von der
Liebe verwirklichten Ethik durch die singulare Gestalt Jesu unter-

FESTSCHRIFT COHEN

102

bunden ist. Nur nach seiner Prophet isierung kann auch das Christentum als Vorbedingung der reinen sthetik in Betracht kommen. Man
wird dagegen nicht einwenden drfen, da gerade die Gestalten des
Neuen Testaments die unerschpfliche Motivquelle fr die klassische
Kunst darstellen. Denn gerade hier zeigt es sich, da die Hhe und
Originalitt der Kunst erst nach der Humanisierung und Prophetisierung der neutestamentlichen Dogmen und Gestalten hervortritt.

Was

uns gerade bei

dem

sthetischen Erleben so tief ergreift

das

das Ewig-Menschliche, das Prophetische, mit welchem ein Lionardo,


ein Raffael die neutestamentlichen Motive interpretiert.
berall tritt
ist

uns die Liebe

weil sie

sieghaft,

Humanitt sieghaft entgegen


gerade eine berwindung des Konfessionellen und

als Gte, als vollendete

Partikularistischen predigt. Nicht das Gttliche wird erniedrigt, sondern

das Menschliche wird erhht, reicht bis an die Gottheit heran. Diese
Sehnsucht nach Erhhung des Menschlichen, diese tiefe und reine
Liebe zum Menschen

in

seiner

physisch-ethischen Dualitt,

Streben nach der Begrndung der menschlichen Einheit

als

dieses

des gtt-

wo drckt es sich
und schner aus
wie Cohen noch beder biblischen Lyrik,
den Psalmen,
sonders hervorhebt
bestimmend und orientierend
Lyrik
lichen

Ebenbildes

reiner

als in

die

in

fr die

als

Goethes

bezeichnet werden mssen!

Und dennoch

die

Abneigung

des Judentums gegen die bildende Kunst? Sie lt sich nur aus jener

mangelhaften philosophischen Einsicht erklren,

reinen sthetik
strebende

die

empirische

Vollendung

des

setzt, in

Menschen,

Cohen

an Stelle der

welcher nicht die zu

sondern

bedingte Gegebenheit den knstlerischen Vorwurf

So

die

seine

er-

empirisch

bildet.

auch in jener Bewutseinsfunktion, die einen unvershnlichen Gegensatz zum Judentume zu


bilden scheint, eine neue Quelle zur Verherrlichung und philosophischen Begrndung zu entdecken. Diese Universalitt der kulturellen Rechtfertigung ist bis jetzt noch von keinem philosophischen
Und
Interpreten versucht, noch viel weniger verwirklicht worden.
weshalb? Weil noch keiner so wie Cohen mit jener Stimmung an
das Judentum herantrat, die den wahren Knstler fr seine Schpferkraft legitimiert.
Es ist jene tiefe, unsagbare Liebe, die sich nicht
rezeptiv gegenber ihrem Objekte verhlt, die es vielmehr in seiner
ewigen Umschpfung und Umgieung neu erzeugend auf immer
hhere Stufen der Vollendung bringt.
ist

es

denn

gelungen,

Die Autonomie der

Sittlichkeit

im jdischen Schrifttum.

Von Felix PERLES-Knigsberg.

Der

dem

gewidmet ist, hat


schon zu wiederholten Malen' den Begriff der Autonomie der
Sittlichkeit erklrt und dabei gezeigt, da dieser Begriff wie der
Religion berhaupt so auch der jdischen Religion fremd sei und
So deckte er auch den Grundirrtum von
ihr innerlich widerstrebe.
Lazarus' Ethik des Judentums auf, in der die Autonomie als Prinzip
verehrte

Meister,

der jdischen Ethik hingestellt

So unumstlich nun

diese Festschrift

ist.

Tatsache ist, da das Judentum in


Phasen seiner Entwicklung sich zur Heteronomie bekannte,

allen

die

Anschauung am prgnantesten zum Ausdruck kommt in dem Satz: Hher steht der, der auf Befehl handelt, als der, der nicht auf Befehl handelt",* finden sich doch im
und so sicher

die jdische

jdischen Schrifttum verschiedene Stellen, an denen die Erkenntnis

von der Autonomie der

Im folgenden
sprung

geprft,

Sittlichkeit blitzartig aufleuchtet.

seien diese Stellen mitgeteilt

und zugleich

Schriftgelehrten, in deren

kommen, den

sei

Munde

zu erklren

und auf ihren Ur-

versucht,

die betreffenden

wieso die

Aussprche vor-

innern Widerspruch bersehen konnten, in

dem

sie zur

jdischen Lehre stehen.

An

vorkommenden Midraschstelle heit es von


den Frommen der vormosaischen Zeit: Als die Thora noch nicht
einer zweimal

Gesch. u. Wiss. d. Judent. XLHI (1899) 396ff. 438.


Gedenkbuch zur Erinnerung an David Kaufmann 675 ff.
Ethik des reinen Willens
'

Monatsschr.

f.

321

ff.

b Kidduschin 31* und Parallelen nt:?ij;i r^m li' 'ttO nirij?i nnSD ^na.
Wajikra Rabba 2, 10. Elia Rabba cap. 7 (ed. Friedmann S. 35) hv nj>

in'^o nniK

icj?

cm

cn^

mm

rtin'i.

FESTSCHRIFT COHEN

104

gegeben war, hielten

dieselbe von selbst." Die oft angefhrte Mischnastelle': Wir finden, da unser Stammvater Abraham
die ganze Thora hielt, als sie noch nicht gegeben war", entbehrt
des charakteristischen Zusatzes von selbst" und wurde auch schon
von den Alten nicht im Sinne der Autonomie verstanden, sondern
als ob Gott ihm persnlich schon die Thora offenbart htte.
Denn
die in der Mischna herangezogene Schriftstelle Genesis 26, 5 ist in
der Tosephta* direkt erklrt: das lehrt, da ihm schon die Worte
der Thora und die Worte der Schriftgelehrten offenbart waren."
Bekanntlich ist dieser Gedanke dann noch vergrbert worden, indem
man erklrte, da Abraham schon alle spteren Vorschriften des
Kultus und Ritus gehalten habe,3

An
Verbums

sie

zwei anderen Stellen wird der Doppelsinn des hebrischen


nt^V dazu bentzt,

um

Autonomie

den Bibeltext hineinzudeuten. Die eine Stelle lautet:' Wenn ihr die Thora
beobachtet, so rechne ich es euch an, als ob ihr sie gemacht httet." Auffallenderweise nimmt Lazarus, wo er von
der Autonomie spricht s, nicht auf diese klare Formulierung des Gedankens Bezug, sondern auf die dort unmittelbar folgende: Wenn
ihr die

die

Thora beobachtet, so rechne

selbst geschaffen httet"

(DDSj;

selbst in

ihr

euch

Die andere

Stelle

ich es euch an, als


Dn^t^y ibXD).

ob

Jeder, der die Thora hlt und wahrhaftig erfllt,


hat gleichsam sie selbst eingesetzt und am Berge Sinai gegeben." Auch diese wichtige Stelle ist Lazarus entgangen, trotzdem er a. a. O. auf die dort folgende andere Deutung des Verses
hinweist: Wer die Thora wahrhaftig erfllt, dem wird es so angerechnet, als ob er sich selbst geschaffen htte."7
In der pseudepigraphischen Literatur findet sich auch eine Stelle,
die sich mit der oben an erster Stelle angefhrten eng berhrt:*
Denn zu jener Zeit (d. h. im Zeitalter der Patriarchen) war das
lautet:^

Kidduschin 4, 14 Ende nani hv nj? n"?i3 minn ^3 n im Dnnax ntryiy lysn.


5, 20 nnsiD nani n*iin nan 1^ ^b:iv; lb.
3 Bereschith Rabba 64, 4 (zu Gen 26, 4) und Parallelen.
Wajikra Rabba 35,7 (zu Lev 26,3) T'K nnix n^V)}^ nacn 'nno ni
Dm Dn-B.'j? cn i^^w D3*"?5? nbya rnn minn n nn-iDU? n yin T'n on vgl. die
linliche Deutung von Deut 29, 8 durch Eleazar (ben Pedath) b. Sanhedrin gg^.
5 Ethik des Judentums I 124 122.
^ Tanchuma K2n ^3 (zu Deut 26,16) niinn n D^^on Vi oni n'WVl n"*^
^

Kidd.

'VD -ina n:mi


7 iosj>

mpn

in i^xa nnax"? nni

nj> in i'?3 ainsn

nij?i.

v^y n^y nno"?

min

nu^iyn bs

pnv

'n

Syrische Baruchapokalypse (Kautzsch, Pseudepigraphen 434)

no.
57, 2.

PERLES, DIE AUTONOMIE DER SITTLICHKEIT IM JD. SCHRIFTTUM

IO5

Gesetz ungeschrieben bei ihnen allgemein bekannt, und


die Werke der Gebote wurden damals vollbracht".
Wichtig ist auch die schon im Sifra'- vorliegende Unterscheidung von D^taStJ'O und mpn, wonach erstere solche Vorschriften bezeichnen, die, wenn sie nicht geschrieben stnden, htten
geschrieben werden mssen, d. h. die Gesetze des Rechts und
der Moral, im Gegensatz

zu

den

anderer Verpflichtungsgrund

kein

rituellen Vorschriften,
als

bei

denen

das Machtgebot Gottes be-

stehe.

Endlich

noch der Begriff des 2bb "("iDn IlT zu erwhnen,


eine nicht von auen gebotene, sondern vom eigenen

ist

der ebenfalls

Gewissen

diktierte Sittlichkeit

der eben besprochenen Sifrastelle

geschrieben

Handelt es sich aber

bezeichnet.

um

solche Gesetze, die auch un-

Geltung beanspruchen, so werden mit ^bb

solche Pflichten

knnen und

bezeichnet,

in

"ilDZ^n

die gar nicht schriftlich fixiert

sich jeder Kodifizierung entziehen,

121

werden

kantisch ge-

also

sprochen, Moralitt im Gegensatze zu Legalitt.

Aussprche bezw. Begriffe auf dem Boden des


palstinischen Judentums entsprungen, oder sind sie von auen hineingetragen worden? Wenn es schon aus Innern Grnden wahrscheinlich ist, da wir hier vor einem exotischen in den Garten der
Haggada verpflanzten Gewchs stehen, sprechen noch mehr uere
Grnde fr diese Annahme. Denn die beiden oben angefhrten
Stellen aus der Baruchapokalypse und aus dem Sifra zeigen deutlich den Einflu der griechischen Anschauung von den a.ypa4>oi. v^ioO
Diesen Begriff haben die Juden, wie sogleich nachgewiesen
werden soll, durch die Vermittlung von PHILO erhalten, dessen
Spuren im palstinensischen Schrifttum sich durchaus nicht auf die
Lehre vom Adyos und einige kosmogonische Anschauungen beschrnken. Philo bezeichnet seine Schrift ber Abraham schon in
der berschrift direkt als das erste Buch der ungeschriebenen Gesetze" (vo/icv h.yp(ji<jiv To TrpwTov), und da er selber diesen Begriff der
Sind

ed.

D'm
'131

67^

all

diese

Weiss 86*

ms^Biri uvt\ n'?^pi

lanab n^n ^na

(zu

Lev

d-'^"''?

18,4)

n"'3in3n n^nann

nn33 vh \bv vgl.LAZARUS

als

Quelle angefhrt

Lazarus 400 No.

d. Wiss., Phil.-hist.

]i:d

a. a.

rhvf.

iyn -dso n

]nn2'? n\n i^a lansi

O. 9192,

wo

x"? i'jxtr

indes nur

Joma

ist.

23;

Perles, Boussets Rel.

sucht 49; 76 Anm. i; 81.


3 Vgl. Rudolf Hirzel 'Aypacpos

Akad.

mina

muj?i nvnjjm rchur\

d.

Judent.

kritisch unter-

den Abhandlungen der


KL, Bd. 20 (1903) No. I S. 398.
v6fios in

kgl, schs.

I06

FESTSCHRIFT COHEN

griechischen Philosophie

entlehnt

hat,

kann nach HiRZELs' Unter-

suchungen nicht mehr zweifelhaft sein.


Ohne Anspruch auf Vollstndigkeit fhre ich folgende Stellen
an, an denen Philo hnlich wie in den oben mitgeteilten rabbinischen
Aussprchen die Patriarchen als Verkrperung der ungeschriebenen
Gesetze hinstellt und die sittliche berlegenheit einer derartigen
Pflichterfllung gegenber dem bloen Gehorsam vor geschriebenen
Gesetzen rhmt.

Denn die beseelten und vernnftigen Gejenen Mnnern verkrpert, die er aus zwei Grnden

De Abrahamo
sind

setze

in

i:^

da die gegebenen
Verordnungen der Natur nicht widerstreben, zweitens, da es denen,
die nur wollen, nicht viel Mhe machen kann, nach den gegebenen
Gesetzen zu leben, da die Frheren, bevor noch etwas von den besonderen Gesetzen aufgezeichnet war, leicht und gern nach der ungeschriebenen Gesetzgebung gelebt haben, so da man wohl sagen
weil er erstens zeigen wollte,

verherrlicht hat:

mu, da die gegebenen Gesetze nichts als ein Kommentar zum


Leben der Alten sind, die uns ihre Werke und Reden knden. Denn
ohne Zglinge und Schler von irgend jemand gewesen zu sein und
ohne da sie von Lehrern darber belehrt waren, was man tun und
reden msse, sind sie aus eigenem Antrieb und eigener Erkenntnis
(avTrjKoot Koi avTOfjLaeis) ihrer Natur liebevoll gefolgt, und da sie der
Meinung waren, da die Natur selbst die lteste Satzung sei, wie
sie es ja auch tatschlich ist, waren sie ihr ganzes Leben gesetzestreu." 3

De

Wer den geschriebenen Gesetzen Gehorsam


nicht unbedingt Lob, da er nur durch Zwang und

3:*

iustitia

verdient

leistet,

benen

festhlt,

williges

Wer dagegen

an den ungeschriepreiswrdig, da er seine Tugend als etwas frei-

Furcht vor Strafe erzogen wird.


ist

wie ein Protest gegen die hier formulierte

a. a.

Buch IV

O.

bersetzung

1618
in

149)
II

289

miSO
Anschauung.

Der oben angefhrte Satz

erweist."

vgl.

L.

auch

COHN

Anm.

Heinemann

J.

die

Werke

ntr'iyi

(zu Philo

'rni klingt

ber die Einzelgesetze,

Philos von Alexandria in deutscher

i.

Die oben
aus dem
Abweichungen
gegebene bersetzung der Stellen stammt mit geringen
oben angefhrten Werk von L. COHN.
3 Vgl. ber die Stelle Treitel in Monatsschr. f. Gesch. u. Wiss. d. Judent.
*

Mangey

II, 2.

COHN

6.

Ol yp

^fixpvxoi.

Kai XoyiKol voi ktX.

LIII (1909) 42.


+

MII,

361.

CS150

fih yp

Tois

vaypacpeuri

p6fJ.oti

iru'bapx^v

ktK

PERLES, DIE

ibid. 9:'

als

AUTONOMIE DER SITTLICHKEIT IM JD. SCHRIFTTUM

Das selbstgebotene Rechttun

ist

10/

berall wertvoller

Dieser Satz erinnert an die schon im Sifre*

das erzwungene."

belegte rabbinische Lehre, daCt der aus Liebe Handelnde hher stehe
als

Doch

der aus Furcht Handelnde.

noch mehr zu

fern

liegen,

whrend
Gehorsam gegen Gottes Gebot

meint

De

humanitate

9,

Autonomie

er die

als

{avTOKeXeva-rov),

scheint in Philos

die

inso-

der Sittlichkeit

Rabbinen nur den freudigen

fordern.

Weil

Ende:^

Worten

diese

nun nicht

aus

freien

Stcken die Tugend gebt haben, erzieht er sie wider ihren Willen
und bringt sie zu Vernunft durch heilige Gesetze, denen das Tugendhafte

freiwillig,

das Schlechte widerwillig gehorcht."

den Rahmen der philonischen Ideenwelt passen, sind nun auf einem heute freilich kaum mehr zu ermittelnden Wege zur Kenntnis der Rabbinen gelangt, und ihre Aufpfropfung auf den Baum des Judentums erfolgte wie so hufig in
hnlichen Fllen mit Hilfe der haggadischen Exegese.
Es lt sich brigens unschwer erklren, wieso die Rabbinen
sich des Widerspruchs zwischen Philos Lehre von der Autonomie
der Sittlichkeit und der jdischen Anschauung von Gott als dem
alleinigen Gesetzgeber nicht bewut geworden sind.
Gott ist im
Judentum nicht nur der Gesetzgeber, sondern auch das ideale
Diese Stellen, die ganz

Vorbild der Sittlichkeit,

in

der selbst die Tugenden bt,

die er

vom

Menschen fordert.* Er ist also sein eigener Gesetzgeber, oder wie


Samuel Hirsch es ausdrckt: 5 Gott ist absolut frei, und die Ebenbildlichkeit des Menschen ist eben dies, da Gott auch den Menschen
frei will.
Der Mensch soll seinem Wesen gem leben; dann lebt
er dem Schpfer seines Wesens gem, und so ist er religis und
frei."
Obgleich nun die Begriffe Freiheit und Autonomie nicht verwechselt werden drfen,^ kann man doch jedenfalls mit dem gleichen

11,368.

193 To yp er' vdyKtjS

Ti>

aTOKiXeviTToy Karp^ofa

TijMiTepoif

iravTa-)(pv.
^
5

Zu Deut

II,

6, 5 (ed.

391.

94

Friedmann
oiJs,

iireidr)

72>^).

yv(J!)fjLai.i

Vgl. namentlich Jeremia 9, 23

iKOvalan kt\.

und

die

treffenden Ausfhrungen

von

L. Lazarus, Zur Charakteristik der talmudischen Ethik (Breslau 1877) 7, wo


namentlich der Hinweis auf n"3pn hv rnnD2 psnn (statt des zu erwartenden

vmSDn)

Beachtung verdient.

Die Religionsphilosophie der Juden S. 23- Mir nur bekannt aus


Zitat bei Steinthal, ber Juden und Judentum 201.
S

Siehe

Cohen, Gedenkbuch Kaufmann 677 ff.

dem

FESTSCHRIFT COHEN

io8

Rechte sagen: Gott ist autonom, also mu auch der Mensch, der
in sittlicher Beziehung sein Ebenbild darstellen soll, autonom sein.
Und wenn die Autonomie, wie Cohen sagt,' nur fordert, da wir
die Ethik selbst entdecken mssen, mute den Rabbinen diese Forderung sehr harmlos klingen und konnten sie nicht ahnen, da sie
in ihren letzten Konsequenzen der Religion geradezu den Boden unter
den Fen entzieht. Sie begriften noch nicht den tiefen Sinn der
Autonomie, wie er erst durch Kant in seiner ganzen Bedeutung erfat und systematisch entwickelt wurde, und glaubten daher, jenen
Gedanken Philos unbedenklich herbernehmen zu drfen, ohne damit

von den Bahnen jdischen Denkens sich zu entfernen.

a. a.

O, 682.

Philos Lehre

vom

Eid.

Eine quellenkritische Untersuchung.

Von

Dr.

J.

HEINEMANN-Frankfurt

a.

M.

Quellenuntersuchungen zu Philo von Alexandrien besitzen wir


aus der Feder von Theologen, denen meist der volle berblick ber das philologische Material mangelt, und von Philologen,
Sptjudentums fern liegt. Darunter hat die
Kritik der zahlreichen Partien gelitten, in denen Philo jdische und

denen

die Literatur des

und hieraus erklrt sich wieder die


Unklarheit, die ber das hellenistische und das rabbinische Element
Ich hoffe, auf diese Probleme in grerem
in Philos Bildung herrscht.
Zusammenhange zurckzukommen, und mchte hier nur an einem
besonders lehrreichen Stcke zu zeigen versuchen, wie eng sich die
verschiedenen Bestandteile seiner Bildung verschlingen, und da aus
griechische Quellen verwertet;

ihrer

Auflsung der Philologe wie der Theologe lernen kann.


ber den Eid spricht sich Philo am ausfhrlichsten im Anfang

des zweiten Buches

De

specialibus legibus

(g

38

COHN)

aus,

im Anschlu an das Verbot des Dekalogs, den Namen Gottes oti


fULTam zu gebrauchen, unter welches nach ihm, wie nach Josephus
und der rabbinischen berlieferung, jedes mibruchliche, also auch

Er redet zunchst vom assertorischen


der vermieden oder doch umschrieben werden solle;

jedes unntze Schwren

fllt.

Eid (SS 2 8),


dann von Gelbden (9 31), die im allgemeinen streng einzuhalten
sind, soweit sie nicht gegen Recht und Sitte verstoen oder von

Frauen ohne Einverstndnis der Ehemnner bernommen sind;


diesen Teil ist eine Abschweifung ber den assertorischen Eid S

und Bemerkungen ber

die

Strafe

der Meineidigen

in
1

eingeschaltete

der Anordnung der Unterteile vgl. die Anm. zu % 26 in meiner


bersetzung der Schrift de spec. leg. (= Schriften der jdisch-hellenistischen
Literatur in deutscher bersetzung, herausgegeben von COHN, II. Band).
'^

Wegen

I I

FESTSCHRIFT COHEN

Ein Anhang enthlt Bestimmungen ber Dedikationen an den Tempel


(SS 32-38).
Die Prfung der Herkunft seiner Angaben, soweit sie nicht ausdrcklich auf die Bibel zurckgefhrt werden, wird mit der Defini-

Nach

tion des Eides beginnen mssen.

10

plant. 82,

de decal.

tv<u /xapTvpWLV Oeov Trepl

86,

und Leg.

all.

sacr.

205 ^ao-i

III

Trpdyparos dp(^La-rjTOvp.evov.

aXXo

opKo<s ovSiv

ebenso de

ftaprupia eov Trepl irp6.yp.aT0s d<f>i(Tr]Tovfivov-

de

ist

r;

Ab. 91,
.

opKov

Letztere Stelle zeigt,

was man auch ohnehin annehmen drfte, da Philo die Definition


nicht aufgebracht, sondern bernommen hat
aber woher? Kaum
aus dem Judentum: denn die Mischna neigt nicht zu streng wissen-

Also schpft Philo wohl aus griechischer


Quelle, und zwar wahrscheinlich aus stoischer.
Von den Schulhuptern sind uns zwar weder Definitionen noch uerungen, die auf
schaftlichen Definitionen.

solche schlieen lassen, unmittelbar berliefert.

Dagegen

findet sich

Anrufung Gottes
als Zeugen, auch bei Cicero de officiis III 104: est ius iurandum
affirmatio religiosa; quod autem affirmate quasi deo teste promiseris,
Wie berhaupt in den Offizien, bewegt sich Cicero
id tenendum est.
auch an dieser Stelle ganz in stoischem Fahrwasser: vgl. den folgenden
105 <dolere> ne malum quidem esse maxima auctoritate philosophi
affirmant. Es ist wohl auch nicht zufllig, da der Stoiker Marc Aurel
p-qr^ opKov Seo/icj/os //.ryTt dvdpdj-n-ov
(3, 5) mahnt, das Gute zu tun
Tivos pdpTvpos: auch hier scheint der Gedanke vorzuschweben, da
im Eid Gott als Zeuge angerufen wird. Endlich spricht fr unsere
Vermutung, da Philo gerade Definitionen mit Vorliebe der Stoa
das Eigentmliche der philonischen Definition,

die

entnimmt.^

Wie

steht aber Philo zu der

Frage nach der

Berechtigung

des Eides?

Nach der

HiRZELs ber den Eid (S. lopfif.)


soll die religise Erwgung, da der Mensch in seiner Schwche unfhig sei, das zu leisten, was den Zweck des Eides ausmachte", im
Judentum und Christentum zur grundstzlichen Verwerfung des Eides
vortrefflichen Schrift

gefhrt haben; ebenso


^

freilich,

wie das Christentum den Standpunkt

Vgl. die Definition der species (de provid.

58,

Arnim VStF.

II 86),

des

Krpers (de op. 36 = II 358 Arn.), der Zeit (de op. 26 = II 358 Arn.; vgl.
auch Chrysipp fg. 509), der Tugend als Lebenskunst (Leg. all. I S 57 = ^I 202
Arn.); ferner (bei Arnim nicht notiert) de spec. leg. II 185 die Freude als
^vxv^ eXoyoi iTra/xr, vgl. Diog. La. VII 116; de spec. leg. IV 149 u. . die Sitten
als &ypa(f>oi f6oi: vgl. HiRZEL, ypacpos v6fiOS, S. 27.

HEINEMANN, PHILOS LEHRE VOM EID


der Bergpredigt nicht beibehielt,

Anschauung

reprsentieren

mag"

soll

auch

(S. iio),

Philo,

III

der die jdische

den Eid nicht immer mit

gleicher Entschiedenheit ablehnen.

Beide Behauptungen scheinen mir unrichtig.

noch gibt

Philo'

Am
besten
als

er jdische

klarsten spricht er

ist,

Anschauungen wieder.
sich ber den Dekalog

nicht zu schwren; als Zweitbestes

Schlimmstes

der Meineid.

(^ 86)

vermeiden suchen und nur

Weder schwankt

et

gilt,

Daher

richtig zu

soll

rts dvdyKr) idCoLTo

84 aus.

Am

schwren;

man den Eid

zu

mit grter Vorsicht

Ebenso ber die Spezialgesetze II 2 ff.: Eigentlich sollte das Wort des Weisen dieselbe Zuverlssigkeit haben wie
Man schwre also nur d iaioivro al xp^ml (= kKixia-Qm 9),
ein Eid.
und auch dann bei den Eltern oder den Elementen (darber spter),
aber p) fvdvs ( 5) nicht ohne weiteres bei Gott. Jedenfalls ist also
das leichtfertige Verfahren der meisten Menschen unbedingt zu verSchrfer
werfen und der Eid unter allen Umstnden zu halten.
soll sich Philo nach HiRZEL a. a. O. leg. all. III 207 aussprechen,
wenn er meint, da-eeis av vo/iia-deiev ot (f)dcrKOVTes ofxvwai Kara ueov. Aber
auch hier ist nicht jeder Schwur verworfen, sondern nur der Schwur
Auf den Einwand, wie Gott schwren und sich damit
bei Gott.
selbst als Zeugen benennen knne, antwortet Philo, indem er den
schwren

( 85).

Spie umkehrt: nur Gott kann bei sich schwren, da nur er sich erkennt;

wir

Menschen

knnen

aber

nach

dem Buchstaben von

20 hchstens bei seinem Namen (eos und Kvpios)


schwren, da sein Wesen uns unerkennbar ist ( 208); nicht im
Schwren, sondern in dem Anspruch darauf, bei Gott schwren,
das heit ihn erkennen zu knnen, liegt die Gottlosigkeit. Von
vlliger Verwerfung jeden Eides kann schon mit Rcksicht auf die
zitierten Bibelstellen keine Rede sein, welche den Schwur auch nach

Deut

6,

13

10,

Philos Auffassung gestatten.

Aber schon mit

dieser eingeschrnkten Mibilligung des Eides,

den Schriften ber den Dekalog und ber die Spezialgesetze


zu Tage tritt, stellt sich Philo in Gegensatz zur jdischen Anschauung.
Dt 6, 13 =-= 10, 20 wird der Eid mindestens gebilligt; anderwrts, z. B.
Ex 22, 7. 10, wird er vorgeschrieben, wie Philo de spec. leg.IV 36 ganz
richtig angibt, ohne den Widerspruch gegen seine Schwurtheorie zu
Und die Rabbinen
fhlen. Patriarchen und Propheten schwren oft.

wie

sie in

Soweit es sich

um

assertorischen Eid handelt.

von Hirzel allein hier bercksichtigten


ber Gelbde s. unten.

den

FESTSCHRirr COHEN

112

haben zwar vor leichtfertigen Schwren im Privatleben gewarnt,


aber den Gerichtseid nicht nur in den von der Bibel vorgesehenen
Fllen beibehahen, sondern in einer Anzahl weiterer Flle neu angeDie Verwerfung des Eides durch die Esser und in der
ordnet'.
Bergpredigt beweist nichts fr die jdische Volksanschauung; vielmehr scheint aus der Bergpredigt eher hervorzugehen, da die

Warnungen der Rabbinen vor leichtfertigem Schwren

sehr angebracht

waren.

Auch

mu

Eides

die Mibilligung des

also,

wie vermutlich die

aus griechischer Quelle stammen; ihr Nachweis wird


durch das von HiRZEL gesammelte Material sehr leicht. Nicht selten
empfand man in Griechenland den Eid als eine Entwrdigung des freien
Definition,

Mannes: Zeus nickt nur (HmzEL S. 122); von Neoptolemos wird kein
Eid, sondern nur ein Handschlag verfangt (Soph. Phil. 811 ff.); Quin98 meint: iurare nisi necesse est gravi viro parum conAuch nach Kaiser Marcus (3, 5) soll man des Eides nicht be-

IX

tilian

venit.

2,

nach Epiktet (Ench. 33, 5) ihn mglichst ablehnen: er hat


Und nun bealso als eine Herabwrdigung des Weisen gegolten.
achte man, da Philo de spec leg. II S 2 die Verwerfung des Eides
drfen,

also des stoischen Weisen, folgert, dessen

aus der Natur des

o-TrovSatos,

Wort schon

Festigkeit

also wieder

die

aus der Stoa.

auch hier

Ja,

er

habe: offenbar schpft

des Eides

zeigt

sich

von den

die

Stoikern gern betonte bereinstimmung zwischen den Eigenschaften


Gottes und denen des Weisen, der ja dem Zeus nicht nach-

auch Gottes Adyoi sind


S 204, de sacr. Ab.

steht":
all.

aus

III

dem Wesen

kennbarkeit

93.

des (nrovSahs

Gottes

nach spec.

rkol

beruht

der

all.

III

II

leg.

^3.

diese Ableitung

Ebenso wie

die

Uner-

griechischer,

wenn

Glaube

auf
S 206)
auf stoischer Spekulation.
(leg.

leg.

an

Endlich zeigen
auch nicht gerade
de spec. leg. II 2 ff. vorgeschlagenen Ersatzformeln griechischen
sprung. Nur den Schwur bei den Eltern hat er aus Gen 31, 53,
Jakob bei der Furcht seines Vaters Isaak" schwrt und Philo

Dagegen

gen. subj. fr einen gen. obj. hlt.

findet

sich

die

Ur-

wo

den
der Rat

sogenannten elliptischen Eid zu schwren, auch bei schol.


Aristoph. Frsche 1374 und Suidas s. v. /^a t6v: eWairriKm o/xvvei. kol
einen

ovTWS (Oos
ToioTJTOts

o/3KOts

trpoa-ddvai.

Vgl.

Tois dpxatots cvtoT

ccTTi

XPW^^''

Die

fJLr]

vpoo-TiOevat tov

''"fi'^'yMt^o/ievot,

oVtc

Sitte ist also griechisch,

Frankel, der

ciTTeiv

6e6v

fiev ixa tov,

zumal sich

gerichtliche Beweis, S. 305

e'uoOecrav Se TOis

ff.

ein

Vo/ia e

Eid beim

fit)

."
.

HEINEMANN, PHILOS LEHRE VOM EID


auf hebrisch

kaum

formulieren

liee.

Auch

fr

II3

den

dritten

Vor-

den Himmelskrpern zu schwren, beruft sich Philo nicht


auf Bibelstellen, wie Dt 32, i, die ja auch etwas anders gemeint sind;
ihm schweben vielmehr die sogenannten Eide des Rhadamanthys
(HiRZEL S. 96 ff.) beim Hund, bei der Gans und hnliche" vor oder
auch Eide bei den Elementen, wie sie bei den Pythagoreern blich
waren (DiELS, Elementum S. 48) da er gerade die Himmelskrper
als Ersatz fr Gott vorschlgt, erklrt sich aus deren Auffassung als

schlag, bei

deol oparoL

(nach Plato, Tim. 40 d).

Die Mibilligung des assertorischen Eides nebst den Versuchen


seiner Umschreibung ist also im Gegensatz zur jdischen Anschauung
aus griechischen Quellen geschpft.

Eine Klassifikation der Eide


kennt die alte Mischna Schebuoth

T;

3,

der Bergpredigt und bei Philo.

tum,

in

vom

Gelbde,

Schwanken zu
kritische

11

vom

spren.

und promissorische
im klassischen Alter-

in assertorische

vom

spec. leg. II

Gelbde, ohne das

aber eine gesonderte quellen-

ist

Behandlung seiner Lehre

Er redet de
g 12

Gerichtseid,

Natrlich

sie fehlt

vom

promissorischen

Eid

er-

forderlich.

Seine Beispiele fr diese Art von Eiden sind eigentmlich gewhlt.

Von

Verpflichtungen gegen den Tempel, dergleichen auch

in

Griechenland hufig waren, spricht er nur gelegentlich (^ 12, 32 ff.);


Vertrge, die in Griechenland gern beschworen wurden, eidliche Ver-

sprechungen an andere, wie sie in den Officien so oft besprochen


werden, oder Beamteneide kommen gar nicht vor. Er denkt vorwiegend an Gelbde, deren Einhaltung in keines anderen Interesse
liegt: nichts mit dem und dem zu schaffen haben zu wollen, luxuris
zu leben, keinen Wein zu trinken und dergleichen; und zwar auch

an solche, die nicht beschworen sind, also streng genommen nicht


Solche Gelbde sind in Griechenland hchst
als opKOL gelten knnen.
215 erwhnt den Schwur der Phoker, nicht in die
Heimat zurckzukehren; man knnte an den Racheeid des Achill
oder an Amphitryons Vorsatz erinnern, sich vor Erfllung der Pflicht
selten:

HiRZEL

S.

Um

der Blutrache der Liebe zu enthalten.

so hufiger sind

sie in

der

Mischna, die unter einer .fc//^<^?/^/^ einen assertorischen oder einen Gelbniseid versteht, dagegen im allgemeinen nicht an Vertrge denkt und Be-

amteneide nicht kennt

'

oder

Es gibt

nicht,

vier Arten

Anscheinend hat man solche Gelbde so


von Schwren

oft

[den Schwur], da ich essen werde

gegessen habe oder nicht."


8

FESTSCHRIFT COHEN

114
beschworen, da Philo

sie

a potiori opKoi nennen oder doch

dem

Be-

Annahme,
Lehre vom promissorischen Eid aus jdischen Quellen

des Eides subsumieren kann.

griffe

Jedenfalls wird

die

da Philo die
schpft, durch seine Behandlung besttigt
Philo scheidet 5 9
12 zwischen frommen, bereilten und unsittlichen Gelbden; erstere mu man nicht nur halten, sie erscheinen ihm

Was kann

geben als wahrhaft zu


sein und dazu Gott als Zeugen zu haben!" ( lo). Das stimmt schlecht
zu der Mibilligung jedes Eides, die der Schler der Stoa von dem
anrovSam erwartete. Und es widerspricht freilich auch dem Standpunkt
des offiziellen rabbinischen Judentums. DieRabbinen waren keine Freunde
von Gelbden mit oder ohne Eid. Wird doch im Talmud (Taanith 1 1 ^)
das Gelbde des Nasir (Num 6) geradezu als Snde bezeichnet, trotz
Amos 2, II. Man errterte aufs sorgfltigste, was fr Gelbnisformeln
formale Gltigkeit haben sollten; whrend aber z. B. bei der Besprechung der Festtagsgesetze gern Beispiele aus dem Leben der
Gelehrten angefhrt werden, hren wir meines Wissens nie von einem
Mischnalehrer, der Nasir gewesen sei. Um so beliebter waren solche
Gelbde im jdischen Volk. Reiche Leute zahlten armen Nasirern
die Kosten fr ihre Opfer; eine Unmenge Gelbnisformeln berliefert
uns die Mischna und das Neue Testament; Sprche Sal 20, 25 und
Sir 18,22 warnen vor unbesonnenen Gelbden; Evangelium Matth 15,4
ist von Shnen die Rede, die ihre Eltern darben lassen und ihr Vermgen dem Tempel zuwenden dem alexandrinischen bersetzer von
Num 6, 2 gilt das Nasirgelbde als iieyaX-q e^x^j, und mit Philo (de
spec. leg. I 247 ff.), dem es als Beweis unbeschreiblich groer
offenbar als lobenswert.

es schneres

IV

72) als Zeichen der


Selbstweihe auf, im Gegensatz zur rabbinischen Anschauung. Er be-

Frmmigkeit

gilt,

fat es

Josephus

(Alt.

hohen Wertschtzung der frommen" Gelbde in bereinstimmung mit den jdischen Massen; und vorzugsweise
an diese, nicht an die geistige Oberschicht, die sich mglicherweise
bezglich der Gelbde mehr der griechischen Art angepat hatte,
wendet sich die Schrift ber die Einzelgesetze.
Nicht verbindlich sind ( 9. 17) bereilte und unsittliche Gelbde.
Philo scheidet nicht sorgfltig zwischen beiden und kann ja auch
nach seinen psychologisch-ethischen Grundanschauungen die Leidenschaft nicht wohl als Mutter guter Vorstze ansehen. Seine Ansicht
scheint zu sein, da bereilte Gelbde nicht gehalten zu werden
findet sich also mit seiner

Vgl. die Einleitung zu meiner bersetzung, S.

4.

HEINEMANN, PHILOS LEHRE VOM EID

II5

gebrochen werden mssen ( 14). Nun


glaubt HiRZEL S. 56 in diesem Punkt Philos Abhngigkeit von griechischen Anschauungen annehmen zu sollen. Er fhrt eine Reihe
von Fllen an, in welchen man auf erzwungene Eide oder auf solche,
deren Folgen im Momente des Schwrens nicht zu bersehen waren,

brauchen

das
Se

(S 9),

Euripides (Hippol. 612) anwandte:

Wort des

Aber

dvc/ioTos.

(fiprjv

unsittliche

yXwa-a

17

diesen Fllen handelt es sich

in

6fi(x>ixox'

-q

durchweg

um

Vertrge oder Versprechungen, an deren Einhaltung der andere


ein Interesse hat; und je verbreiteter nach HiRZELs Nachweisungen
die Errterung der Gltigkeit solcher Versprechungen in Griechenland
war, um so beachtenswerter scheint mir Philos Schweigen ber diese

Denn aus

Frage.

der Ungltigkeitserklrung asketischer

Gelbde

noch nicht diejenige von Verbindlichkeiten gegen andere.


Allerdings kann er bei Liebeseiden doch wohl nur an Versprechungen
gedacht haben; mglicherweise schwebt ihm Piatos (Symp. 183^)
Wort von der a-vyyvdjfi-q (vgl. Philo 15 (rvyyvovs) der Gtter gegen
folgt

'

die bertreter

Im brigen

des Liebeseides vor.

redet er aber nur

von Gelbden, und zwar von solchen, die auch in der Mischna hufig
sind, und entscheidet ganz im Sinne der Mischna. Wenn nach I4f
Gelbde, etwas Verbotenes zu tun, gebrochen werden sollen, so entspricht dies der rabbinischen Theorie, da sie ungltig sind, weil
der Schwrende bereits seit der Gesetzgebung am Sinai eidlich zum
Gegenteil verpflichtet ist" (M. Scheb. 3, 6); das Gelbde ist ebensowenig gltig, wie etwa eine in den Formen der Ehe vollzogene Verbindung

zwischen

man

in

ist

diesem

Mibrauchs

des

Blutsverwandten

nchsten

den

Blutschande,

der

Fall

Eides schuldig,

verpflichtet

wie

Ehe

als

in

jenem

gilt;

eines

aber durch das Ge-

lbde" ebensowenig sich oder andere wie durch die Eheschlieung".


Dem entspricht vllig Philos Anschauung 15, da der be-

Schwur

trefi'ende

wre.

zweite
21'*.

22^)

gesetze,

eine

Snde

Whrend aber

ist

die

an rituelle Vergehen,

denken,

gewandten

Richtung

Kriminalverbrechen

wie

Verletzungen

der

Speise-

gem der mehr dem Ethischen

Philo

setzt

und die Erfllung nur eine


Rabbinen (vgl, auch T. Scheb.
zu-

Denkens dafr nicht sehr geschickt


wie wenn ein Mrder oder Ruber sich

seines

Ersatzansprchen gegenber auf ein Gelbde knnte berufen wollen.


Er htte ofl'enbar besser auf die von HiRZEL angefhrten Konflikts-

9 als

Ausnahme:

fn-ewic

^t]

pyal

ridadOt

t)

XcXvrTTjKTCi ipuTts

vlai CLKdcKTOi TJ]v Sidvoiav iKfirivaffiy.

8*

fj

ivi-

FESTSCHRIFT COHEN

Il6
flle

(Versprechungen an Verbrecher) exemplifiziert

gekannt

wenn

er sie

htte.

Auch

Gelbde (^ i6), mit jemand nicht


verkehren, nicht speisen und nichts von ihm annehmen zu wollen,
sind bekanntlich in der Mischna hufig nachweisbar. So beginnt die
Mischna Nedarim mit den Beispielen ich gelobe, von dir entfernt zu
bleiben, mich von dir getrennt zu halten, nichts von dem Deinigen
die folgenden unsozialen

auch das Gelbde, sich nicht begraben lassen


wenn auch erst im Talmud, Sanh. 46** (verfgt

zu kosten, zu essen";
zu wollen, findet sich,

jemand

Auch

ihn nicht zu begraben,

die Auffassung

solchen Gelbden

so richtet

hnlich:

ist

man

sich nicht danach').

tadelt Philo die fxta-avOpwma, die in

so erblickt die Mischna Ned.

liegt,

9,

in

ihnen

einen Versto gegen das Verbot des Menschenhasses und die Pflicht

der Nchstenliebe

(Lev

19,

17

Whrend aber nach

f).

der

Philo

Schwrende, sobald er sich des tadelnswerten Charakters des Gelbdes


bewut geworden, es brechen und Gottes Verzeihung erflehen soll,

mu nach
lichkeit
sei,

der Mischna die Erklrung, da

man

sich der Ungesetz-

oder der Konsequenzen des Gelbdes nicht bewut gewesen

vor einem Sachkundigen oder vor drei erwachsenen Mnnern,

nach jdischen Anschauungen ohne weiteres zu einem Gericht


eine Einzusammentreten knnen, abgegeben werden (M. Ned. 9)
richtung, deren Bedenklichkeit man einsah (M. Chag. i, 8), und die

die

wohl nur getroffen war, um durch Ermahnungen leichtfertigem


Schwren vorzubeugen. Mglicherweise hat Philo die Einrichtung
und die Bedenken gegen sie gekannt und letztere geteilt; die Mahnung,
von Gott die Heilung fr Seelenkrankheiten zu erwarten, a fi-qSiU
dvOputTTiov

Aber

tKavos

Ida-aa-Oai

scheint

17),

(5

fast

darauf hinzudeuten.

eine prinzipielle Verschiedenheit ber die Gltigkeit der

Dispense im

besteht nicht:

Recht

nicht;

Sinne

Gelbde

der Kirche kennt das jdische

das Urteil der drei Leute oder des Sachkundigen

ist

und hat die Ungltigkeit des Gelbdes


Fr den Vorsatz luxurisen Lebens ( 18 ff.),

analytisch, nicht synthetisch,

zur Voraussetzung.

dessen Behandlung Philo Gelegenheit zu


einfachen

Lebenswandel

funden

19):

werden nicht

Wie

die Kreise,

hat er Beispiele

groen Diatribe fr
in

Alexandrien ge-

ber die uns die Mischna unterrichtet,

der Lage zu derartiger Verschwendung gewesen

sein.

sehr sich Philo in der folgenden Behandlung der Frauen-

( 24f. 29f.)

in

gibt,

einer

und Tempelgelbde

( 32fif.)

sowie

in seiner

Bemerkung

Weil das Snde wre und niemand eine Snde rechtsgltig fordern kann.

HEINEMANN, PHILOS LEHRE VOM EID

I7

an den Wortlaut der Septuaginta in


bestndiger Abweichung von der rabbinischen Auffassung hlt, ist in
den Anmerkungen zu meiner bersetzung gezeigt. Dagegen fordern
seine Angaben (^ 28) ber die Strafe auf Meineid eine kurze Beber die Anzeigepflicht

Nach der

trachtung.

(S 26)

Bibel lt Gott den,

der seinen

Namen

mi-

bruchlich nennt, nicht ungestraft (Ex 20, 7; Philo ^ 27); eine geDaher wendet der Talmud
richtliche Strafe wird nicht angegeben.

den allgemeinen Grundsatz (T. Macc. 13^^ an, da


Vergehen gegen Verbote, soweit die Bibel keine schwerere Strafe
vorschreibt, mit Geielung zu ahnden sind.^ Nun erklrt Philo 28:
die Strafe durch Menschenhand wird verschieden angegeben: die
einen schreiben Todesstrafe, die anderen Geielung vor, und zwar
(Schebu.

21=)'

Besseren und besonders

setzen die

Frommen

Todesstrafe

fest,

versammelter Gemeinde;
gesinnten Menschen fr eine ebenso schwere
Die milder Gesinnten" sind die Rabbinen;

die milder Gesinnten ffentliche Geielung vor

Schlge gelten aber frei


Strafe wie der Tod."

auch die Angabe, da die Geielung vor der ffentlichkeit zu vollstrecken sei, trifft insofern zu, als die Anwesenheit von zehn Personen
erfordert wurde (Midr. Tann, zu Dt 25, 3). Dagegen kann die Todesstrafe nicht von jdischen Gewhrsmnnern Philos gefordert worden
sein, da das der Todesstrafe uerst abholde sptjdische Recht
stets hchstens in solchen Fllen auf Tod erkennt, in denen es die
Thora vorschreibt. Jene Bestrafung ist vielmehr nur die Konsequenz
aus Philos oben errterten, griechischen Quellen

entnommenen An-

schauungen vom Eid. Gilt schon das Schwren als etwas Verfngliches und mglichst zu Vermeidendes, so ist der Meineid die
schwerste aller Snden. Mag Philo die Konsequenz auf die Bestrafung
selbst gezogen oder (wofr der Wortlaut spricht) griechischen Ge-

jedenfalls gibt er der hellewhrsmnnern entnommen haben


nistischen Auffassung den Vorzug vor der rabbinischen, derart,
da er 252 nur die erstere Ansicht erwhnt und hier die letztere
mit Ehrbegriffen entschuldigt, wie sie bei den an Prgel gewhnten

gyptern (Ammian 22, 16, 23) nicht hufig zu finden waren.


Die Analyse der Behandlung des Eides durch Philo ergibt also:
er folgt der Septuaginta in der Auffassung der Frauen- und Tempelgelbde,

stoischen Lehren

bezglich des assertorischen Eides,

der

Nicht 20a (so Ritter, Philo und die Halacha, S. 47, 6).
Vorausgesetzt, dali die Tat vor Zeugen und nach Verwarnung erfolgt

Kautelen,

die Philo nicht kennt.

ist

FESTSCHRIFT COHEN

ii8

jdischen Volksanschauung

in

der Lehre

vom

Gelbde.

Wo

er eine

Gewhrsmnnern empfunden hat, ist er


eher geneigt, den Philosophen recht zu geben als den Rabbinen.
Ihn als Rabbi" zu bezeichnen htten wir selbst dann keinen Grund,
wenn er das gleiche Ma von Vertrautheit mit schriftgelehrten Anzwischen

Differenz

seinen

'

sichten,

da

wie

er vielmehr

keine

weilen

Ahnung
sei

hufiger bekundete.

hier,

auf

z.

hat,

Wie

es

Wissenschaften,

kann

CoHNs

setzung und auf die

vom gesamten

B.

E.

Da

dies nicht der Fall

ist

jdischen Profanrecht seiner Zeit

hier nicht nher dargelegt

werden;

einst-

zum ersten Bande der Philo-berAnmerkungen zum zweiten Bande verwiesen.


Einleitung

Schwartz,

phil.-hist.

Nachrichten der

Gttinger Gesellschaft

Klasse, 1908, S. 537 ff., getan hat.

der

Joseph Ibn Kaspi

als Bibelerklrer.

Von W. BACHER-Budapest.

JOSEPH

Ibn Kaspi entfaltete im ersten Drittel des vierzehnten Jahr-

hunderts eine vielseitige und fruchtbare schriftstellerische Ttig-

Die Philosophie bildete den hauptschlichen Gegenstand


seiner wissenschaftlichen Bestrebungen; er kommentierte Maimunis
Aber im VorderF'hrer und verfate philosophische Kompendien.
keit.

grunde seines Interesses stand die Auslegung der heiligen Schrift,

Werke gewidmet

der ein betrchtlicher Teil seiner

ist.

Er

trachtete,

den Bibeltexten philosophische Spekulation


zur Geltung zu bringen, ebenso wie er in der Bearbeitung des hebrischen Wortschatzes der Bibel und auch sonst in der Errterung

Maimuni folgend, auch

sprachlicher Fragen

in

die Begriffe

und Regeln der Logik

als

ma-

gebend anwendete.

Whrend

JOSEPH Ibn Kaspis bibelexegetischen


Schriften nur weniges bekannt geworden war, sind im Laufe der
letzten Jahrzehnte (1903
19 12) durch ISAAC Lasts unablssige Bemhungen fast alle bisher gehrigen Arbeiten Ibn Kaspis gedruckt
worden^ und wir besitzen nunmehr in guten Ausgaben seine Kommenbisher

aus

zum grten Teile


dieser Kommentare nur

tare

der biblischen Bcher, Allerdings sind einige


sehr kurz, whrend zwei Bcher (Pentateuch

und Proverbien) mit je zwei Kommentaren versehen sind. Eine bersicht der von LAST herausgegebenen Schriften Ibn Kaspis nach der
LASTschen Editionen lauten: l. 1D3 ""^3 mJ?, Zehn Schriften
2. r)D3 naans, Weitere
des R. Joseph Ibn Kaspi. Zwei Bnde (1903, 1904).
Zwei Bnde (1905).
3. ."iDD ^inx, Adne Keseph. Zwei Bnde
zwei Schriften
(1911, 1912'. Die sechs Bnde zitiere ich mittels folgender Abkiirzungen: KK I,
^

Die

Titel der

II;

MK

I,

li;

AK

I,

II,

I20

FESTSCHRIFT COHEN

am

Reihenfolge der biblischen Bcher orientiert

besten ber ihren

Inhalt.

Auf den Pentateuch beziehen

sich

niDH (auch '1D3 riT genannt) und ^Q:^h


kein

*)-i:JO.

Kommentar, sondern

fortlaufender

1BD

beiden Schriften:

die

Die erste

bietet

in:

(MK

ist

I)

ersten Teile

all-

gemeine Darlegungen ber den tieferen Sinn der erzhlenden Teile


des Pentateuchs, im zweiten Teile in chronologischer, den Wochenabschnitten sich anschlieenden Reihenfolge spezielle Ausfhrungen

Da die nicht erzhlenden Abschnitte


sichtigt sind, kommen auf Leviticus nur einige Zeilen,
nomia nur einige Seiten. Das andere Werk (MK 11)
zu

dem

Inhalt.

nicht berck-

auf Deuteroist

Kom-

ein

mentar im eigentlichen Sinne, beschrnkt sich aber ebenfalls zumeist


auf die erzhlenden Abschnitte, macht nur ausnahmsweise die
anderen Abschnitte zum Gegenstande der Auslegung und lt
ganze Partien des Pentateuchs ohne Kommentar, indem auf die
Auslegung der Vorgnger hingewiesen wird; unter diesen ist be-

Namen

sonders der oft mit

zitierte

Abraham

Ibn Esra zu verstehen.

Die Kommentare zu den prophetischen Bchern fhren den


Titel >*)DD ""ilN. Der Kommentar zu Josua ist ganz kurz (AK I i
lo),
von dem zu den Richtern (ib. lo 12) sind nur die ersten vier

Kapitel erhalten; ausfhrlich genug sind die zu Samuel

12

(ib.

44)

und Knige (ib. 44 75), der lngste der zu Jesaja (ib. 79 190).
Der Komm, zu Jeremias (II, i 24) ist fr einzelne Kapitel sehr
knapp, der zu Ezechiel (ib. 25 48) bricht in der einzigen Handschrift, in welcher das Werk erhalten ist, mit Kap. 21 ab; die zwlf
kleinen Propheten (ib. 49156) sind recht ausfhrlich kommentiert;
doch fehlt der Schlu mit Maleachi.
Von den Hagiographen sind die Psalmen berhaupt nicht
kommentiert; dafr haben wir zwei Kommentare zu den Proverbien,
die einander

zum

Teil ergnzen; der eine

sonderen Titel ^DD

der andere

nnrJli'ri;

(KK

(ib.

83

80)

137)

hat den be-

ist

ohne

Titel

Der Komm, zu Hiob, genannt '"jOD ]'rh (KK I, 135 179),


enthlt mehr zusammenfassende allgemeine Errterungen als Einzelerklrungen. Die Kommentare zu Hohelied und Koheleth gehrten

gelassen.

Hohenliede

Koheleth

dem

zu

ursprnglich

183

(ib.

(ib.

ersten

184)

185215)

ist

hat

heit

pD

m^"''?J

(ib.

blo
die

eine

Form

der Proverbien;

kurze

der

Einleitung,

einzelner

zum

der zu

Abhandlungen.

Auslegung von Ruth (KK II, 4 10)


11
Der Kommentar zu Esther
28).
Daniel hat keinen Kommentar. Esra
31 -39).

Der
msD vereinigt
und den Klageliedern (ib.
Titel f)DD

Kommentar

die

BACHER, JOSEPH IBN KASPI ALS BIBELERKLRER


(mit

Nechemja) und Chronik sind kurz kommentiert

der

*^D3

weder eine eingehende Kennzeichnung der

soll

nil^n

4258)/

betitelten Schrift (ib.

Hier

in

121

aufgezhlten Schriften enthaltenen Bibelexegese

in

den

Ibn Kaspis, noch

Darlegung seines Verhltnisses zu seinen Vorgngern versucht

eine

werden.

Ich

will

nur einige Stze allgemeiner Art, die dazu dienen

knnen, Ibn Kaspis Auffassung von der heiligen Schrift und ihrem

und in denen sich eine gewisse Originalitt


der Anschauung kundgibt, hervorheben und damit zur Kentnis Ibn
Kaspis beitragen. Beitrge zur Kulturgeschichte und Linguistik, die
aus seinen bibelexegetischen Schriften zu holen sind, habe ich jngst
in der Monatsschrift fr Geschichte und Wissenschaft des Judentums
Inhalte zu charakterisieren

(Jahrgang 19 12) mitgeteilt,

I.

Die biblischen Bcher

In der Einleitung

Kaspi

zum

als Literaturwerke.

zweiten Proverbienkommentar vergleicht Ibn

Sprche Salomos mit den die Sprche der Philosophen"


enthaltenden Bchern (KK I, 83) und stellt dann die These auf, da
alle Worte der Thora und der brigen Bcher der Bibel nach ihrem
Wortsinne zu verstehen sind, gleich den Bchern des Aristoteles ber
Logik und Physik, es wre denn, da der Wortsinn sich als unmglich erweist.
Die Wiederholung von Exod 6, 10 12 in
die

6,

2930

Ibn KaspI mit dem Hinweise auf hnliche


den Werken der Philosophen, wie Aristoteles

rechtfertigt

Wiederholungen in
und seine Genossen"; sie dienen dazu, den (in diesem Falle durch den
Einschub v. 13 28) unterbrochenen Zusammenhang wiederherzu-

(MK

stellen

da auch

wenn

II,

151).

Zu

macht er darauf aufmerksam,


Worte zu wiederholen pflegen und,

Jes 36,

die Philosophen ihre

den Faden der Darstellung unterbrochen haben, ihn mit


der Einfhrungsformel: wir wollen nun aufs neue erlutern" oder
wir wollen dies genauer erlutern" wieder aufnehmen (AK I, 143;
sie

zum Teile allegorische Exegese enthlt das Buch 1D3 mi3


75142) zu einigen Abschnitten des Pentateuchs (Exod 25), Jesaja 6,
Ezechiel i, Zach 16.
Die Geheimnisse in Abraham Ibn Esras Pentateuchkommentar erlutert die Schrift nniDn ITB (KK II, 145172).
* n''BlDi'?'n noiD nsDS in iDon nt.
Zunchst meint er das bekannte Werk
dieses Namens: die Apophthegmen des Honein. Ibn Kaspi verfate fr seinen
Sohn eine Spruchsammlung desselben Namens: .S. Steinschneider, Die hebr.
*

(KK

Philosophische,

II,

bersetzungen des

Mittelalters, S. 352.

FESTSCHRIFr COHEN

122

AK

Vgl.

HO, zu Micha

II,

6, i).

Fr das Buch

sowie fr

Jesaja,

Bcher der anderen Propheten mu man voraussetzen, dali ein


bestimmtes Ordnungsprinzip und Einheit des Inhaltes in ihrer Abdie

Buche des
Jedes Buch ist nach den Vorzgen seines
Aristoteles (AK I, 105).
Verfassers zu beurteilen; man darf an das Buch der Chronik nicht
denselben Mastab anlegen wie etwa an die Bcher Moses'. Der
Verfasser der Chronik krzte seinen Stoff und nahm nach eigener
Wahl in sein Buch auf, was ihm gut dnkte. Nur weil auch dieses
Buch wichtige Gegenstnde enthlt, wurde es unter die Bcher der
heiligen Schrift aufgenommen (KK II, 47).
zur

fassung

Da

wie

Geltung

gelangte,

Josua

16 ff. Josua

in

9,

erwhnt

nicht

darf nicht als

ist,

werden; denn die Verfasser der Bcher


alles zu berichten und wir mssen das was

betrachtet

Schwierigkeit

sind nicht verpflichtet,


sie berichten,

irgendeinem

bei

ohne Rcksicht auf das Fehlende, als dankenswert hinVon diesem Gesichtspunkte aus betrachtete
I, 6).'

nehmen (AK
Ibn Kaspi manche Einzelheiten der biblischen Geschichtserzhlung.
Die Angabe der 20 Jahre" in I Sam 7, 2 ist eine Freundlichkeit
des Verfassers, wie sie sonst nicht immer von den Verfassern der
Bcher gebt wird

(AK

Besonders betont

14).^

I,

vermite Einzelheiten der Erzhlung, es

sei

nicht Pflicht des Ver-

fassers^, diese Einzelheiten zu berichten; so zu I

zu

20, 39

ib.

1,42);

(MK

Kn

II,

(ib.
5,

44); zu

I,

15

(ib.

Exod.

Sam

II

27);

I,

ib.

47);

18,

4, 3

(ib.

II,

11,

bezug auf

er in

Sam

(ib.

I,

31);

14

(ib

I,

II

4,

19

Sam

51);

zu

(ib. I,

21,

13);
(ib.

Gen 11,31

198).

In bezug auf die Verschiedenheit des Berichtes von der Eroberung

Sam

dem

Chron ii,4ff
bemerkt Ibn Kaspi: Wundere dich nicht, wenn es zwischen den
Verfassern der einzelnen Bcher Verschiedenheiten gibt, denn es

Jerusalems durch David

waren

in II

ihrer Viele, die die

5,

6ff von

in I

Begebenheiten aufzeichneten

(AK

I,

32).+

Auffallend findet er die zahlreichen Einzelheiten, die der Verfasser

des Buches Samuel


hat

(ib.

I,

Da

in die

Erzhlung von

II

Sam

11

aufgenommen

35).

D'^miyn in I

Kn

17,

4 nicht Raben, sondern Personen be-

naa ^on pn onon nni3 Mb j"' ^3.


2 nnson "inis n^on nin nonn wy" nb) nson 3ni3 non
Zu Jes 7, 3: nnson nni^b
3 -iBon ams"? nnin^T'K; auch kurz mn ^k.
B^n^s h^n i2n3"'B' (AK I, 93). Auch sonst nnsn ]".
^

nn3''t9

Ebenso

zu Jesaja 36,

(AK

I,

143).

msn

BACHER, JOSEPH IBN KASPI ALS BIBELERKLRER

123

den Propheten Eljahu zu verpflegen bestimmt waren, beweist


die unmittelbar darauf (V. 9) folgende Angabe von der Witwe, der
Es ist das die Art der Verfasser
dieselbe Bestimmung zuteil wurde.
der biblischen Bcher, da sie eine Angabe durch eine andere daGenaue Zahlenangaben, wie
nebenstehende erklren (AK I 59).^
deutet, die

in

Jes

(ib.

I,

sonst bei den biblischen Schriftstellern nicht blich

7, 8, sind

94).^

In Jes. 26, 17

ist

in

dem

Bilde der Auferstehung die Wieder-

das im Exil den Toten gleiche, zu verstehen,

herstellung Israels,

ganz wie

unter

der allegorischen Vision Ezechiels, wie er

sie selbst

am

Wir drfen die Worte keines


Schlsse (Ezech 37, 11
14) erklrt.
Verfassers anders erklren, als er selbst es tat.3 Allerdings kann

man an

die

Worte

in Jesaja

(AK

der Toten knpfen

I,

auch die Verheiung der Auferstehung

125).

Die Propheten

2.

als Prediger.

Rede ber Aschur (Jes 10, 5) leitet Ibn


Kaspi mit folgender Vorbemerkung ein: Die Reden der Propheten
sind wie die Predigten der Prediger bei uns oder bei den Christen;
denn auch die Propheten hielten ihre Reden an verschiedenen Orten,
ber verschiedene Gegenstnde und zu verschienenen Zeiten; manchDie Erklrung

mal sprechen

der

ber denselben Gegenstand zu wiederholten Malen,

sie

(AK

Zu
Jer 35, I spricht er von der Redaktion des Buches Jeremias und
bemerkt folgendes: Die prophetischen Reden waren wie Predigten,
die an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten gehalten
aber zumeist mit verschiedenen Ausdrucksweisen

Und

I,

105)."^

von ihnen gehaltenen Predigten


zu einem Buche vereinigen und zu den einzelnen Predigten das Jahr

wurden.

angeben,
die

in

sowie viele Prediger

dem

sie

alle

gehalten wurden, aber sich durchaus nicht an

chronologische Folge der Jahre halten mssen, ebenso tat Jere-

mias, der die Reden, die er unter Jojakim gehalten hatte, nach die

unter Zidkija gehaltenen

stellte

(AK

II,

18).

gegen Edom,

fgt sich an die vorhergehenden Kapitel,


Jes 34,
von der Rettung Jehudas aus der von Aschur drohenden Gefahr, an.

nioipon nsp2 n'^ion "anis Tin

]3 '3

insn iwins.

Vielleicht sind dabei nicht

die biblischen Schriftsteller, sondern Schriftsteller berhaupt gemeint.


* "iBDO nibnxn
nioipn nannn D"'"iSDn 'Snia i-iKn h "jbsai.
3 in nwjjir na pi ibd ^3^ nur nma wn-'s ^ib y),
4
imi ^D Q^^)i)ir\ bw^ ij'jty D''inn niu^m (1. i^s) ]^ij?3 rn D^w^ain nan
.

FESTSCHRIFT COHEN

124

kundgetan werden der Unterschied zwischen denen, die


Gott dienen und denen, die ihm nicht dienen. Die in der Anordnung
der Abschnitte keinen Plan erkennen wollen, irren; das ganze Buch

Damit

soll

gewissermassen eine einzige Predigt, die ein Prediger auf


einmal gehalten hat und in der die Gegenstnde zueinander im

Jesaja

ist

Verhltnis stehen und miteinander verknpft sind (AK I, I4i).5


Ibn Kaspi sagt zuweilen: Jesaja predigt, zu 17, 12 (ib. 114)'

und bezeichnet seine Rede als Predigt, zu 24, i (ib. 131).* Ebenso
Auch
spricht er von den Predigten Jeremias, zu i, 15 (AK II, 2)^.
von Moses sagt er in der Einleitung zum Deuteronomium: Moses
wollte am Ende seiner Tage vor dieser neuen Gemeinde (der neuen
Wstengeneration) predigen: Worte der Mahnung und -Belehrung
in

allgemeinen Stzen und

ihm in den Mund legte. Noch heute ahmen wir


nach, wenn wir ffentlich predigen wollen (MK I, 164).'

und wie Gott


sein Beispiel

In

Deut

ihre

es

Hinweis auf den Brauch der Prediger,

findet sich ein

32, 3

Rede mit der Lobpreisung Gottes


Da in Jes i, 27 der Prophet erst

Hrern

dann

spricht,

(AK

diger

wie sein erhabenes Denken

in Einzelheiten,

I,

84).

sie in zweiter

Dasselbe

gilt

einzuleiten

(MK

Person anredet,
i,

304).

Person von seinen

in dritter

von Nachum

II,

Art der Prewo der Prophet

ist

14,

nachdem

er unmittelbar vorden Unterdrcker anspricht,


her das Wort an den Unterdrckten gerichtet hatte. Der Prophet
Weltgegenden,
ist wie der Prediger, er wendet sich nach den vier
bald nach rechts, bald nach links, bald nach vorn, bald nach rckwrts und redet bald in zweiter, bald in dritter Person (AK II, ii4).
Der Wechsel der Personen in Jes 27, 8 ist besonders als Ausdrucks-

pltzlich

(AK

weise der Prediger gerechtfertigt

D-'Dn'nD

inD3^

bsi

n"'3^2j?,i

m'?

3iB>^

^^

pD

I,

127).

in B^nno nn

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'sbi

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^sb

Di ns^V-os nsi

nD

^131

S. unten,

Ab-

BACHER, JOSEPH IBN KASPI ALS BIBELERKLRER


3.

Ein

Moses und

I25

die Propheten.

wiederholter Gedanke Ibn Kaspis

da die Bcher
der Propheten als Auslegungen zur Thora angesehen werden knnen.
In den Schluworten des Kommentars zu Jesaja (AK I, 190) bittet
oft

ist

es,

Thora erkennen zu lassen nebst den Bchern der


Propheten, die Erklrungen zur Thora seien. ^
Zu Jes 7,15 bringt
er die Worte sobald er wei das Bse zu verschmhen und das
Gute zu erwhlen" mit denen in Gen 3, 5 (wissend Gutes und
Bses) in Parallele und findet in jenen eine Erklrung fr diese; die
wesentliche Aufgabe der Propheten war es, die Thora zu erklren
(AK I, 95).
Fr die Worte inni inn (Gen i, 2) verweist er auf
die Bcher der Propheten, die Aufschlu ber ihren Sinn enthalten.
Dazu fgt er emphatisch hinzu: die Propheten haben die ganze
Thora erklrt, so da wir, wenn wir ihre Bcher recht verstehen,
des Pentateuchkommentars Ibn Esras oder eines andern nicht bedrfen (MK 11,6).
Ein andres Mal (ib. II, 17) heit es, da die
Erklrung der Thora sich in den brigen heiligen Bchern findet. ^
Denselben Gedanken drckt Ibn Kaspi auch so aus: Es gibt
nichts in den Bchern der Propheten, was nicht aus der Thora
Moses' stammte (AK I, 170).+ Ferner: In den Bchern der Propheten gibt es nichts, was nicht schon in der Thora stnde, selbst
er Gott, ihn seine

Ankunft des von uns erharrten Messias. Freilich versteht dies


nur, wer vollkommene Vertrautheit mit der hebrischen Sprache
und den Regeln der Logik besitzt (MK II, 40).5
Ibn Kaspi wiederholt, vielleicht ohne es zu wissen, den Gedanken des alten Amora Josua ben Levi, wonach alles, was nachher
die Propheten verkndigten, bereits in den Reden Moses entdie

halten

sei.^

Die Abhngigkeit der Propheten von der Thora drckt IBN


Kaspi hier und da so aus: Die Propheten haben dies von Moses

So wenn Jesaja

gelernt.

Frauen Jerusalems

1.4

n"?

(AK

aufzhlt,

D'irnB Qnvf obiD

in

3,

18 ff.

whrend

n''"'3in '"id dj?

die

Schmuckgegenstnde der

ein einziges

inmn

Wort

nv"i^ laar D\n'7K.

S.

zu ihrer Be-

auch zu Ezech

II, 25).

ntro

min

-ibd sin

]V3nn nsKbtti

Exod.

r.

c.

nayn

42

(8).

uhu n^w^an nBD "p^s im i".


mN'pni yTtr "a pn m ^t ah n:n\
S. Die Agada der palst. Amorer I, 164.

]iwb n-noj

FESTSCHRIFT COHEN

126

Zeichnung gengend gewesen wre

(AK

89).^

I,

Oder

der Antithese der Erniedrigung und des Erhabenseins

die

Anwendung

in Jes 5, 15

16,

Deut 28, 43 hnlich sei (A I, 91).^ Ferner zu Jes 41,25


(vom Norden" und vom Sonnenaufgang her", d. h. vom Nordosten),
Zu 2, 13 f. Bume und Berge sind bildliche Bezeichib. I, 15 2.
nungen fr hervorragende Menschen. Diese Art der Bezeichnung
von Menschen mit Benennungen anderer Wesen ist bei den Propheten blich; Moses zeigte sie ihnen (AK I, 86).* Zu II Kn
wiederholt aus V. i f., verweist IBN Kaspi auf Wieder7, 19 f,
die der in

-5

holungen

Num

der Thora, wie

in

Exod

8,

Exod

4 (nach

25, 31);

Num

und bemerkt, hierin haben die Propheten


das Verfahren ihres Lehrers Moses befolgt (AK I, 68). s Eine hnliche Bemerkung macht er zu Richter 2, 6f{. (wiederholt' aus Josua
(nach

33, 4ff.

24,

12)

28 ff.)
4.

Die Thora
fr

ist

ein

philosophische

Buch

Die Thora.

kein

Begriffe

groe Menge, die

fr das Volk, fr die

Verstndnis

Fr das Volk

hat.

konnte Moses nicht ein Buch verfassen, wie etwa die Schriften des
Vielmehr ist die
Aristoteles ber die Seele und ber Metaphysik.

Thora zur Veredlung der Menge bestimmt, als Buch zu bestndiger


Damit aber dieses Buch nicht der philosophischen BeLektre.
griffe entbehre, enthlt es an einzelnen Stellen wunderbare Stze,
die zur Physik und Metaphysik gehren (MK II, 238 f.).^
Bei Gelegenheit des Berichtes ber die wunderbare Heilung der

von den Schlangen Gebissenen (Num 20) lt sich Ibn Kaspi


dermaen ber die Wunderberichte der Thora aus: Was die
Schlange betrifft, so bin ich in ihrer Hinsicht nicht verlegen,
viele der Kommentatoren sind. Aber mich drckt hiebei eine

B^sin -io n"?

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i'jia

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wie es
einzige

unten Abschn.

7.

!?:i.

nj?n ^lon'?

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D\s^32n

folgen-

ni

nj?

I,

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103 oben:

nj;i

'baty

^n*?

nso in

BACHER, JOSEPH IBN KASPI ALS BIBELERKLRER

12/

Verlegenheit, v^on der ich nie geheilt werden kann, es wre denn,

da Gott einem seiner Propheten befhle, mir ebenfalls eine Schlange


anzufertigen,

auf die ich zu blicken htte,

um

geheilt zu werden.

Jene Verlegenheit besteht darin, da ich nicht wei, was die Schlange
bedeuten soll, sowie ich nicht wei, was Brustschild und Ephod des
Hohepriesters bedeutet, nicht was das Holz bedeutet, das Moses
in

das Wasser von Mara warf und ebenso die andern seiner Taten,

die

er alle auf Gottes Befehl ausbte.

Wie

Taten

sollten wir seine

und Wunder verstehen, da wir doch die Taten der anderen, tief unter
Moses stehenden Propheten, wie Elijah und Elischa, nicht verstehen!
(MK I, 163). Also ein Ignoramus hinsichtlich der Wunder.

Den Gedanken Maimunis, da

Thora

die Opfergesetze der

Zugestndnis an die Kultusformen des Heidentums sind (More


wird bei IBN Kaspi so umschrieben:

Moses schrieb

Buche unter dem Zwange des zu jener

sie

in

III,

ein

32)

seinem

Zeit bei allen Vlkern herr-

schenden Brauches (MK II, 229).' In demselben Sinne sagt er in


bezug auf das Gesetz von der roten Kuh (Num 19), den Sinn des-

um

selben zu ergrnden halte er nicht fr tunlich,

Moses

in

was

seiner Weisheit wute,

er tat,

als

so weniger, als

er dieses Gesetz,

das den Anschauungen jener Zeit entsprach, niederschrieb

(ib. 11,265).^

Zum

Gesetze von der Ehescheidung (Deut 24, 3) bemerkt Ibn


In allen Rechtsverhltnissen zwischen Mann und Weib hat

Kaspi:

unsere Thora das

Der Dekalog

(MK

I,

Wohl
ist

des Mannes im

als Inbegriff

Auge (MK

II,

249). ^

der ganzen Thora zu betrachten

141).

5,

Logik

ist

Hebrisch und Logik.

das Steckenpferd Kaspis; auf

sie

mu

alle

Etymo-

logie zurckgefhrt werden, daher die stereotype Phrase: im Hebrischen und in der Logik". Diese Worte STEINSCHNEIDERS * finden
in

den nun im Drucke zugnglichen

m:n

'

mb

(1.

p"i

n^nan mbv;:: nz'h yan yn

*,X'3n) DX-inn

sinn ]a?2

inn

d'712

'3

d"iji

exegetischen

Schriften

mai nson uns n"y

1:11 ntfotr

Ibn

j?n'

nioiKn inio.

na j?t D3n n-'n nio >3 '{dv b:i.


3 -i3tn Di'jty'? i:n-i"in to^an -i3tn oy napan (1. ""rn) "rn "^ra. Dazu setzt er noch,
was fr seine auch sonst sich kundgebende Ansicht ber das weibliche Geschlecht charakteristisch ist, das billigende MNI pi.
'

inn ]otni Kinn

's'?

nipj?

Die hebrischen bersetzungen des Mittelalters

S. 93.

FESTSCHRIFT COHEN

128

Kaspis ihre volle Besttigung, In jener Phrase s ist die berzeugung


von der bereinstimmung zwischen dem sprachlichen Ausdrucke
der Gedanken, wie ihn das Hebrische, speziell die Sprache der
Bibel bietet und den Regeln des Denkens, wie sie in der Logik
formuliert sind, ausgesprochen.
Es drfte von Interesse sein, einige
Beispiele der Bibelexegese Ibn Kaspis, bei denen er dieses Schlagwort Hebrisch und Logik" anwendet, nher zu betrachten.'

Zu Gen

Die Ausdrucksweise

25.

9,

im Hebrischen und

wird

Knecht

der

Knechte"

der Logik auf jede Steigerung einer

in

Eigenschaft angewendet, wie

,,

z.

B. in

lp (Exod

D"'ti''1pn

36, 33), also

ganz besonderem Mae Knecht (MK II, 38).


Zu Gen
Dieser Hinweis auf das in
21, 4 Wie Gott ihm befohlen hatte".

hier:

in

Gen

17,

auf den besonderen Fall Isaaks

(MK

richtig

zu n*1Di

II,

II,

(Jer

60).

2,

yy).

29)

Zu Gen

ist

im Hebrischen und

Gen 30, 34
und nimmt den
In

Annahme

an*; eine solche

*1DS

Anwendung

zu lesende allgemeine Gebot mit

12

38,

i.

in

erklrt er "ID2 als

desselben

der Logik

Maskulinum

Ausfall der Prposition 2 vor

sei richtig in

Hebr. und Logik

(MK

In jener Zeit" kann sprachlich und logisch

enge Zeitgrenze anzeigen (MK II, 88).


Zu Gen 41, 13. Das Subjekt der Verba 2^n und n^n kann Joseph
sein; Hebrisch und Logik gestatten es, das, was seine Deutung der
sowohl eine weite

Trume

als eine

ankndigt,

ihm

selbst zuzuschreiben

(MK

II,

90).

Bei einem groen Teile der Bibelstellen, bei denen IBN KasPI

Schlagwort anwendet, handelt es sich um Eigentmlichkeiten


der biblischen Diktion, syntaktischer oder rhetorischer Natur, von
denen Ibn Kaspi mit seinem Schlagworte feststellt, da sie dem hebrsein

ischen Sprachgebrauche und den Regeln der Logik gleicherweise ent-

Solche Eigentmlichkeiten sind: Der Gebrauch des Singudes Plurals (zu I Sam 4, 15; Jes 3, lO; Echa 4, 16).

sprechen.
lars

statt

Wechsel von Femininum und Maskulinum


Status

constructus

fr

(Jes 53, 10;

absolutus (Arnos

Status

des Imperfektum (Jes 33, 20; Obadja

statt

4).

Ruth

6, 6).

2,

21

3).

Imperativ

Weglassung des

5 \v:n:i> 'inj^a.

Es

'

ist

ntig zu beachten, da unter Logik der ganze

telischen Organons, also


'

wie

"13

aristo-

ist.

In dieser isoliert dastehenden Auffassung wre bK>in 1:2 eine Kombination

-ipn n"7ij?

Wort

auch Rhetorik inbegriffen

Umfang des

als

KK

(Deut

21, 3. Jes 21, 10).

Kamelnamen
II,

6: D-^nva

hnlich erklrt Ibn Esra, nur da er das

auffat.

nach

Til-ipi,

V.

8.

BACHER, JOSEPH IBN KASPI ALS BIBELERKLRER

Verbums des

Seins (Jer 19,

drucksvveisen

(I

Sam

Hos

i;

8,

Andere

i ').

Arnos

27, lO; Jesaja 3, 6;

I29

elliptische

Echa

3, li;

i,

Aus-

14).

Hyperbolische Ausdrucksweisen (Jos 2, 1 1 Jerem 52, 20; Arnos 4,9).


Tropen verschiedener Art (Jes 58, 7; Jer. 'jj, 6; Hosea 7, i; Joel i,
;

Echa

3;

Frage im Sinne der absoluten oder relativen NegaUmschreibende Redeweise (Jer 3, ii).3
tion (Jes 49, 15).*
Zu Jes I, 10 bemerkt Ibn Kaspi die Anrede Frsten Sodoms",
Volk Amoras", sei den Kennern des Hebrischen und der Logik
16).

I,

leicht verstndlich;

ebenso liege

fr dieselben keine Schwierigkeit in

dem Umstnde,

da der Prophet erst (V. 9) das Schicksal Jerusalems und Judas von dem Sodoms und Amoras unterscheidet und
Auch sonst
dann sie Sodom und Amora gleichstellt (AK I, 81).

da richtiges Schriftverstndnis nur von Kennern des


Hebrischen und der Logik erwartet werden kann.'^

betont

er,

Einige

6.

Die

alte

Normen der Bibelexegese.

tannaitische

der heiligen Schrift,

die

Norm von

der menschlichen Redeweise

ursprnglich nur auf sprachliche Erschei-

nungen der Bibeltexte bezogen wurde, spter aber (vom


hundert

an), in erweiterter

Anwendung

10.

Jahr-

namentlich auf die Anthropo-

morphismen und Anthropopathismen der

zu einem obersten

Bibel,

auch bei Ibn Kaspi


im Vordergrunde. Er ist auch hierin ein Schler Maimunis. Von
den sieben Geboten", die er denen ans Herz legte, die sein Buch
Prinzip der rationellen Bibelexegese wurde, steht

des Geheimnisses" (der erste

Kommentar zum

wollen,

folgende

enthlt

das

fnfte

Pentateuch) studieren

uerung ber jene Norm:

Dieser Satz unsrer Weisen lst die meisten Zweifel in der Thora,

wegen

seiner groen Allgemeinheit;

oberstes Prinzip,

ein

AK

onbll ?,
*

'J?n

MK
D^is"?

alle

sie

lst."^

mchte ich sagen, es ist


Er zitiert den Satz z. B.

84 \\'''^T\'y\ nava n-iDnb pas nix'Sn ni^o


Vgl. folgende Seite, Anm. 3.
II

AK 162 rin-'sn j^ican


AK II, 3 mi.T' nj?nn lox
I,

AK
'jm

das

fast

II,

23: ]Vin2i

"ynv.

MK

I,

49.

nipBon

nn

ebnioi j?i03n by

in

dk psi n^nty 103

nays 72.

Erweitert durch die

II, 3: nin'?N3i j?2t32i


5

"jy

Tri :iD Kin

]rinni

naya

"iTia h"\ li^arna

Ib.

I,

n"-" nsitr isn

h\^

mi" nenn

x.'i.

p-'jnn ni najrn n:

\vir\i\

-isi

nayn

]','7n nt ]i3J

'im 'yn j^sid

'p3.

"pa inw

ini'j'72'?

nsa npis

MK

Nennung der philosophischen

"icKon nn

nm ayas mn

80

-'S

II,

-jz-.

Disziplinen

".

.an 'ia

'iit!;'?D

min

mm

minsB?.

V'?

na

\ih\

FESTSCHRIFT COHEN

130

Hier bemerkt er nnilich, der Ausdruck ^^y)


sei vermge der Norm von der menschlichen Redeweise auch von
Gott ausgesagt (Exod 30, 17); ferner, da(i er ebenso auch den AusII

Sam

druck

"lt^3i

ZU

i6, 14.

Richter

liJpm,

Mit dieser letzten Bemerkung

besonders auffallend

16 nicht

10,

zielt

er auf das

Targum,

in

finde.

dem

Ausdruck gar nicht bersetzt ist und weist stillschweigend


^
klrung Maimunis (Moreh I, 41) als unntig ab.

der

die Er-

Mit besonderem Nachdrucke betont Ibn Kaspi die Integritt


des Bibeltextes gegenber der besonders von Abulwalid Merwan
Ibn Ganach in systematischer Weise angewendeten Annahme fehlender
Wrter oder von Wortvertauschungen. Die betreffenden Pforten (KaIbn Ganachs grammatischem Hauptwerke nennt- er Pforten
des Todes"; er klagt auch Abraham Ibn Esra und David Ibn
in

pitel)

Kimchi dessen an, da sie hierin oft Ibn Ganachs Beispiel befolgten.
Er selbst betrachte es als Snde, in den heiligen Bchern irgendeine Vertauschung oder einen Wegfall oder eine Vernderung anDie einzige Ellipse, die er zugesteht, ist der Wegfall
zunehmen. ^
von Funktionsbuchstaben und der des Verbums sein; wie z. B. zu
Exod 20, 16, wo vor "Ipti' 1)^ zu ergnzen sei rwvh. Fr diese Art
der Ellipse beruft sich Ibn Kaspi auf Aristoteles. 3

bemerkt Ihn Kaspi zu Jes 61, 6, no^nn so


erklren, da der erste Wurzelbuchstabe anstatt des N (in nn"',
Ps 44, 4) gesetzt ist; denn einen solchen Konsonantentausch gibt es
im Hebrischen nicht; vielmehr gab es eine besondere Wurzel "l^

Man

darf nicht,

im Hebrischen. Htten wir alle von unseren Vorfahren verfaten


Bcher in unseren Hnden, wir fnden mehr Beispiele dieser Wurzel

(AK

l,

182 f.).

Mit der

Norm von

der menschlichen Redeweise der Bibel ver-

bindet Ibn Kaspi als zu ihr gehrend die ebenfalls alte tannaitische

S.

auch

MK

162 (zu

II,

3" sbx n^-'annn n\nnin ^nv^

AK

Exod

10,2): Kiniy

lanb

bb:>

"jiii

1ID3

nt

Dix

nbn

^31
'3

]'\\ifb^

iitr"?

min min

"jssi

]:)h)

n3j?3 ipj;n

xanx ']') n"'Dmpn D'tr-in niVT3 D'tau lanix 1" n-ii


HB'y nxji pN D3nni D"n D\n'?x '"inn vipn nsD '?33 'Ut^i ]nDni mian oitr taiscxi ^^b
n-'ai mipD n? ita'ja n"? ""npri psi s-nj> p D3nn nii ni nytj' d'3"i d^vw nt b:>2,
Gegen Ibn Ganachs Wortvertauschungen s. bei AK I, 45 (zu I Kn 2,28).
2

I,

141

(2M34,

13):

MK

II,

208 nibi

ns-'bn IBD^-IK ni "i-Tinw

Kaspi auch
I,

36.

S.

die als

nrni pn D^2in33 pon w mix b "'3 i^nyTin 133


mN-'SDn. Unter .Wrtern des Seins" versteht Ibn

tt'ioiffn

i3l

Copula dienenden Demonstrativpronomina

auch vorige

Seite,

Anm.

i.

in, K\n

s.

MK

BACHER, JOSEPH IBN KASPI ALS BIBELERKLRER

Norm von
die

Worte

bemerkt
in

der hyperbolischen Redeweise der Bibel.

Exod lo, 23:


Wie oft soll

in

er:

Es gengt

In Hezug auf

standen keiner von seinem Orte auf


ich es wiederholen? Die Thora spricht
sie

hyperbolischer Redeweise,

Redeweise.

I31

die

Thora

spricht

in

menschlicher

ein Beispiel statt vieler tausender, allerdings

nur fr die Einsichtigen, die stets die Weisheit anstreben und die
in

dem berwiegenden

Menschen

Teile

ihrer

Zeit

denkende

sind.'

Menschen und

7.

Pflanzen.

Aus den Einzelexegesen Ibn Kaspis


gehoben

Wirklichkeit

in

sei

zum Schlsse

hervor-

merkwrdige Auseinandersetzung zu Deut 20, 19.


Sie lautet: Eine der Ursachen fr das Gebot der Thora, mit den
anderen Lebewesen Mitleid zu haben,* ist nach meiner Meinung die
Absicht, uns zu lehren, da wir Menschen ihnen sehr nahe verwandt
sind, da wir und sie Kinder Eines Vaters sind, da wir unter dienchste Klasse

selbe

was

seine

die groe

Wesen

der

Menge, was

gehren, ^ entgegengesetzt

dem

die der Wissenschaft der

Natur Baaren
denken, denen infolge dessen die Kenntnis vieler Wahrheiten verborgen bleibt und die dadurch einem auf Irrtum beruhenden Hochmute verfallen. Die Thora geht aber noch weiter, indem sie uns
zu wissen gibt, da wir auch mit den Pflanzen in eine Klasse gehren wir sollen erkennen, da wir und die Kruter, wie Kohl und
Lauch, Brder sind und unser Vater Einer ist.
Darum verbietet
uns die Thora, Fruchtbume zu fllen mit Hinzufgung der Begrndung: denn der Mensch ist ein Baum des Feldes, womit gesagt sein
;

Mensch gehrt mit dem Baum des Feldes unter die


Klasse der Pflanzen. So sagt auch der Prophet (Jes 40, 6):
Menschen sind Gras; und unsere Weisen sagen (Erubin 54a):
der

soll:

eine
alle

die

Menschenkinder gleichen den Pflanzen des Feldes. Sowie


fhrt
dann IBN Kaspi weiter aus
in dem vorhergehenden Gebote (Deut

20, loff.)

die

Schonung der

Lebewesen befohlen
==

MK

II,

166:

mx

wird,

-"in

in

der

belagerten

so wird hier die

ptyba 'n

'i "'Kan

\\^h2 niin

Stadt befindlichen

Schonung der Pflanzen

mm

ni^v "ax

noans nnpit^n

d-'Ojjb nt53

ny

D"'ino'? is d-'B^k ^h:! nnx "ptTDa ni.


* Hier verweist er auf den Satz des Talmuds (Sabbath 128b): Rcksicht
auf das Leiden der Lebewesen ist biblisches Gebot.
3 nnx aiipn 13J1D '3 Die Menschen und die anderen Lebewesen gehren unter
die eine Klasse der Lebewesen.

"jyEsa n'''?"'2tt'o

on^aoi 1112 dhdi i^K>n

9*

FESTSCHRIFT COHEN

132

Ganz kurz

Ibn Kaspi den hier


dargelegten Gedanken im Kommentar zu Jerem 5, 10 so aus: Weil
die Pflanze diejenige Klasse der Wesen ist, zu der auch der Mensch
gehrt, pflegen die Propheten die Menschenkinder mit Ausdrcken
zur

gemacht.

Pflicht

'

Bume und Kruter

fr Pflanzen,

spricht

zu bezeichnen. *

Kaspi begrndet zwar die Zusammengehrigkeit von


Pflanzen und Menschen damit, dali die Wesensklasse der Pflanzen
auch die Gattung der Menschen in sich einschliet, da, logisch betrachtet, die Menschen Pflanzen sind; aber neben diesem Argumente wird bei ihm die tiefere, ans Mystische streifende Betrachtungsweise vernehmbar, wonach alle Lebewesen Brder des Menschen sind, gleich ihm Kinder des einen Vaters: Gottes; und ebenso
sind Menschen und Pflanzen Brder, Kinder des Vaters, der sie alle
Ibn

Dasein

ins

Weise an
ASSISI,

rief.

Diese Betrachtungsweise

die bekannte

den Wolf

der

Dem

Brder bezeichnete.

anvertraut war, befahl

er,

auffallender

in

FrnCISCUS VON
Bruder anredete und die Blumen als

Anschauung des
als

erinnert

dem

Klosterbruder,

nicht nur fr zur

heiligen

die Pflege des Gartens

Nahrung dienende Gewchse

zu sorgen, sondern einen Teil des Gartens

frei

zu lassen, damit in

nach der Jahreszeit Pflanzen wchsen, denen unsere


Schwestern, die Blumen entsprieen. 3 Franz VON ASSISI (starb 1226)
Ob dieser Kenntnis von den
lebte hundert Jahre vor IBN Kaspi.
Ideen des christlichen Heiligen hatte und bei der hier in Frage
stehenden Anschauung von ihm beeinflut war, wage ich nicht
ohne weiteres anzunehmen.
Die Mglichkeit eines solchen Einflusses ist vorhanden, da Ibn Kaspi mit christlichen Priestern persnlich verkehrte, auch Lateinisch verstand und wohl auch christliche Schriften las.^ Jedenfalls tritt bei Ibn Kaspi zu der mit Franz
demselben

MK

nninn

je

Nur

35 f.

einige Stze seien hier

nnx 2
D^nx mtnni ansn iod nipn\ni iiniKty
.

ini:"? nt p-'SDn

bi

"'in

im Original angefhrt:

on. lin: ni cnb D-'nnp

j;n:ty nj?

nos

ijniKB' n'?'?33 liynin

"is

nj?

1310^^
lan:

vniso

"3

bbz-y

-in u-'nxi.
'

AK

II, 4:

mxn

'ia

niia"?

d'?d D''"'33n

lini

dj mx"? jid

nosn nrn inva

hortum dicebat ut non totam terram


coleret solum modo pro herbis comestibilibus, sed aliquampartem terrae dimitteret
ut produceret herbas virentes, quae temporibus suis producerent fratres flores.
Speculum Perfectionis. ed. Sabatier (Paris 1898) p. 231. Den Nachweis dieser
Stelle verdanke ich der Freundlichkeit meines Kollegen Professor A. Balogh.
S. meine eingangs erwhnte Abhandlung in der Monatsschrift, 1912, S. 20g ff.
3

Similiter etiam fratri, qui faciebat

BACHER, JOSEPH IBN KASPI ALS BIBELERKLRER

I33

ASSISI gemeinsamen Idee von dem Bruderverhltnis zwischen


Menschen und Pflanzen der ausdrckliche Hinweis auf die Quelle

VON

dieses Verhltnisses,

Mgen

den Vater im Himmel,

hinzu.

diese Mitteilungen aus den Schriften eines alten philo-

sophischen Bibelexegeten dem hochverehrten Jubilar, der aus der


Flle seiner philosophischen Lebensarbeit auch die Gedankenwelt
unserer Bibel beleuchtet hat, als

kommen

sein.

Gabe

aufrichtiger

Huldigung

will-

Die Beziehungen der maimonidischen


Religionsphilosophie zu der des

Abraham

ibn Daud.

Von Jacob Guttmann.


n der Feier des siebenzigsten Geburtstages von HERMANN COHEN
drfen auch die Vertreter der Wissenschaft des Judentums nicht
teilnahmslos vorbergehen. Als deutscher Philosoph, als der hervor-

ragendste und tiefgrndigste Fortbildner der das deutsche Geistesleben noch immer so mchtig beherrschenden Kantischen Lehre

gehrt unser Jubilar der deutschen Wissenschaft und

dem

deutschen

Volke an. Aber wir Juden sind stolz darauf, diesen deutschen
Denker auch den unsrigen nennen zu drfen, und mit noch grerem
Stolz erfllt es uns, da dieser gefeierte Meister der Wissenschaft
zu aller Zeit mit der ihm eigenen Herzenswrme seine innere Zugehrigkeit zum Judentum bekannt, da er es als seine wissenschaftliche und als seine sittliche Pflicht erachtet hat, in dem die Ehre
des Judentums und vielleicht mehr noch die des deutschen Volkes
entwrdigenden Kampfe,

der

gegen uns gefhrt

wird,

mit uner-

schrockenem Mannesmut nicht nur fr die Wahrung der staatsbrgerlichen Rechte der Juden, sondern auch, was wir noch viel
hher anschlagen, fr die Anerkennung der Daseinsberechtigung des
Judentums, seiner Kulturaufgabe und seiner noch immer nicht abgeschlossenen

weltgeschichtlichen

solchen Aufgabe

Mission

einzutreten.

Zu

einer

war HERMANN COHEN besonders berufen durch

seine Vertrautheit mit

dem

jdischen Schrifttum, zu der er

in

seiner

Jugend einen sicheren Grund gelegt hatte, und die er, auch als ihn
sein Entwicklungsgang ganz anderen Gebieten zufhrte, unablssig
zu erweitern und zu vertiefen bemht war. Davon legen auch einige

Abhandlungen Zeugnis

ab,

die,

der Geschichte der jdischen Reli-

gionsphilosophie gewidmet, deren Verstndnis und Wrdigung auch


In
in weiteren wissenschaftlichen Kreisen zu frdern geeignet sind.

FESTSCHRIFT COHEN

36

Abhandlungen, in der er mit tiefeindringendem Scharfsinn die Ethik des Maimonides beleuchtet, wobei er freilich, wie das
nun einmal in der geschlossenen Art seines Denkens liegt, die Anschauungen dieses geistesmchtigsten Vertreters der jdischen Religionsphilosophie des Mittelalters ein wenig umbiegt und sie seinem
einer dieser

Gedankensystem anzupassen sucht, hat CoHEN mit besonderem Nachdruck auf Abraham ibn Daud aus Toledo als den
Vorgnger des Maimonides hingewiesen.' So sei es mir gestattet,
mich an dieser von den Vertretern der Wissenschaft des Judentums
unserem verehrten Jubilar dargebrachten Huldigungsgabe mit einem
eigenen

kleinen Beitrag zu beteiligen, der die Beziehungen der maimonidischen

Religionsphilosophie zu der des


In

des

Abraham

ibn

Daud

behandelt.

Kapitel des More, das er seiner Darstellung der Lehren

dem

Kalam gleichsam

als

geschichtliche

Einleitung vorausschickt,'

Maimonides, nachdem er zuerst von dem Einflu gesprochen hat, den der Kalam, die Lehren der Mutakalimun und der
Mutaziliten, auf einige der Gaonim und auf die Karaeer ausgebt
htte ,3 da sich seine andalusischen Glaubensgenossen alle den
Philosophen angeschlossen htten und zu deren Ansichten hinneigten,
soweit diese nicht mit den Grundlehren der Religion im Widerspruch

bemerkt

da sie dagegen in keiner Beziehung in den Wegen der


Mutakalimun gewandelt wren.* Darum zeige sich in dem wenigen,
was von ihren neueren Schriftstellern brig geblieben sei,s in vieler
Beziehung eine bereinstimmung mit dem System, das er im More
stnden,

Wie

vortrage.^

diese von

Maimonides gegebene Charakteristik der

H. Cohen, Charakteristik der Ethik Maimunis, in dem von der Gesellschaft zur Frderung der Wissenschaft des Judentums herausgegebenen Sammelwerk: Moses ben Maimon. Sein Leben, seine Werke und sein Einflu (Leipzig
^

1908)

I,

S. 78

f.

More I. Kap. 71 (MUNK, Guide I, S. 337338)3 Vgl. Jacob Guttmann, Die Beziehungen der maimonidischen Religionsphilosophie zu der des Saadia, in der Festschrift zu Israel Lewys siebzigstem Ge'

burtstag (Breslau 191

1) S.

311

ff.

Zaddik und bei Bachja ibn Pakuda an kalamistischen Einflssen nicht fehlt, hat schon MuNK bemerkt (Guide I, S. 339 not. i).
5 Danach htte es in Spanien neben den uns bekannten noch viele andere
religions-philosophische Schriften gegeben, die schon zur Zeit des Maimonides
verloren gegangen wren. Merkwrdigerweise wird aber solcher Schriften in
der uns erhaltenen Literatur nirgendwo Erwhnung getan.
^ Schrifterklrungen von Andalusiern werden von Maimonides zitiert More I,
Kap. 42 (Guide I, S. 149 f.) und Kobez (Gutachtensammlung ed. LICHTENBERG)
4

I,

Da

es auch bei Josef ibn

Fol. 18, kol. d.

GUTTMANN,

D.

BEZIEHUNGEN

D.

MAIM. RELIGIONSPHILOSOPHIE USW. I37

andalusischen Denker auf keinen seiner uns bekannten Vorsfncrer


in

dem Mae

wie

Abraham

auf

ibn

Daud

zutrifft,

so drfte auch

von Maimonides selber zugestandene bereinstimmung seiner im


More vorgetragenen Lehren mit denen der jdischen Andalusier bei
keinem in dem Umfange wie bei Abraham ibn Daud nachzuweisen
Im Gegensatz zu Salomon ibn Gabirol, Bachja ibn Pakuda,
sein.
Abraham bar Chijja, Josef ibn Zaddik und Abraham ibn Esra, die
zwar einzelne Elemente der aristotelischen Philosophie aufalle
genommen haben, in ihren Grundanschauungen aber mehr oder
minder dem Neuplatonismus huldigen, und zu Jehuda Halewi, der es
prinzipiell ablehnt, die Lehren des Judentums irgendeinem philosophischen System anzupassen, darf Abraham ibn Daud als der erste
Aristoteliker unter den jdischen Religionsphilosophen bezeichnet
werden. Mit einer umfassenden, auch auf die ferner liegenden
die

naturwissenschaftlichen

Schriften

Aristoteles ausgestattet, entwickelt

erstreckenden

sich

Abraham

ibn

Kenntnis des

Daud

in

der Dar-

und schwierigsten Probleme der peripatetischen Philosophie einen so ungewhnlichen Scharfsinn, da ihn ein
so ausgezeichneter Kenner dieser Philosophie wie Chasdai Crescas
mit den hervorragendsten Kommentatoren des Aristoteles auf eine
Linie stellt.' Ebenso vertraut wie mit den Schriften des Aristoteles
ist Abraham ibn Daud mit denen der arabischen Aristoteliker,
die
er so hoch stellt, da er sie mit demselben Ehrennamen, den er an
einer Stelle auch dem Aristoteles beilegt,^ gewhnlich als die wahren
Philosophen" oder als die Mnner der wahren Spekulation" bestellung

der dunkelsten

zeichnet.3

Auf der Grundlage der

arabisch -aristotelischen

Philo-

sophie baute sich auch das religionsphilosophische System auf, das

Daud

in

Darstellung bringt;

in

Abraham

ibn

seinem Buch
ihm besitzen

vom Erhabenen Glauben"


wir den

ersten Versuch,

zur
die

Grundanschauungen der aristotelischen Philosophie den Lehren des


Judentums anzupassen und so zu einer bereinstimmung zwischen
Religion und Wissenschaft zu gelangen.
In seinem Standpunkt als
Aristoteliker wie in seiner Tendenz, die Lehren des Judentums mit
denen der arabisch-aristotelischen Philosophie in Einklang zu bringen,
mit

Abraham

ibn

Daud bereinstimmend,

ist

Maimonides, wie wir

Chasdai Crescas, Or Adonai, Anfang des ersten Abschnitts. Vgl. GUTTMANN, Die Religionsphilosophie des Abraham ibn Daud aus Toledo (Gttingen
^

1879) S. 14.
*

Emuna Rama (ed. Weil, Frankfurt a. M.


Vgl. GUTTMANN a. a. O. S. 15, A.6.

1852) S. 42, deutsche bers. S.53.

FESTSCHRIFT COHEN

138

Abraham ibn Daud


berhmte Verfasser des More hat es

zeigen werden, in wesentlichen Punkten durch


beeinflut

worden

ja,

der

nicht verschmht, sich zuweilen die Ausfhrungen seines Vorgngers


nicht nur ihren

Grundgedanken nach, sondern

bis in ihre einzelnen

Zge anzueignen.^
Schon auf die Form der Darstellung und auf die Verteilung des
Stoffes im More ist vielleicht das Vorbild des Emunah Ramah nicht
ohne Einflu geblieben. Wir halten es wenigstens fr kein zuflliges

Werk des Maimonides


die Form einer an einen

Zusammentreffen, da das

Abraham

ibn

Daud

in

gleich

dem

des

jngeren Freund

und ebensowenig,

da jedes der
beiden Werke in drei Hauptabschnitte zerfllt, in die auch der Stoff
in vielfach bereinstimmender Weise verteilt ist, wenn "sich auch
Maimonides selbstverstndlich an sein Vorbild nicht geradezu gebunden hat.3 Diese Vermutung einer gewissen Abhngigkeit auch
in der ueren Form wird an Wahrscheinlichkeit gewinnen, wenn
gerichteten Epistel gekleidet

ist,^

wir uns durch den folgenden Nachweis davon berzeugen, wie zahl-

und bedeutsam die Anregungen sind, die Maimonides in sachlicher Beziehung dem W^erke des Abraham ibn Daud zu verdanken hat.
Wie fr Abraham ibn Daud, so besteht auch fr Maimonides
reich

Zweck aller menschlichen Erkenntnis in theoretischer Beziehung in der Erkenntnis Gottes. Die Beschftigung mit den
der letzte

anderen Wissenschaften, wie z. B. mit der Mathematik und der


Logik, so notwendig und unerllich sie als Vorbereitung fr die
Gotteserkenntnis sein mag, hat doch an sich keinen Selbstzweck
und ist nur insofern von Wert, als sie zur Erreichung der GottesMit

erkenntnis beitrgt.*

Abraham

ibn

Daud stimmt Maimonides

GUTTMANN a. a. O. S. 9. Vgl. auch COHEN a. a. O. S. 79Derselben Einkleidung bedient sich allerdings auch Josef ibn Zaddik
seinem Mikrokosmos".
Vgl.

'

GUTTMANN a.
Emuna Rama S. 45,

Vgl.

3
4

More

I,

Kap. 34 (Guide

I,

a.

O.

S. II,

A.

2.

deutsche bers.
S. 119), II,

in

S. 57,

GUTTMANN

Kap. 23 (Guide

II,

a.a. O. S. 23, 116,

S. 181), III,

Maimonides Einleitung zu Abot, Kap.

Kap.

An

28, 51

der

letzt(Guide
nbyin
i\w nm
angefhrten Stelle heit es: nsDi ^lacnn n'pxB^a Nwn n'''?3n3 )b
n\T' ,1^X3 xsra nmni D'^ptDn n^'^CDi nDi:nn b m^Kwo nmn!? mbiiannm o-tannri
"Tiin typnn nv^'' yip -[b ib y^y^nj? ,nB"ion "smi "bscn nsn "jiim bzvn mn"? :l:^:sn
TT" m''SD nnc nyT'b nn V'i^t^ Tn n? ^b n\T1 in'?n. Hier schwebt Maimonides wohl

III, S. 214, 435),

5.

folgende Stelle bei Abraham ben Daud vor, Emuna Rama S. 45 nbsty "'0 onm
h
nv i^iTn ""pn nu'j) ntren 'jB'a'? nsi nt^K ""n id3 nntn n"'B'j>D3"i tbdo3 liot
:

GUTTMANN,

D.

BEZIEHUNGEN

D.

MAIM. RELIGIONSPHILOSOPHIE USW.

I39

da eine positive Erkenntnis des gttlichen Wesens


Menschen versagt sei. Im wahren und eigentlichen Sinne
berein,

darin

dem

knnen Gott nur negative Attribute beigelegt werden. Negative


Bestimmungen mgen aber wohl gengen, uns vor irrtmlichen Vorstellungen zu bewahren; niemals kann jedoch durch sie allein eine
positive Erkenntnis erlangt werden.*
Unsere Erkenntnis Gottes beschrnkt sich daher auf die Erkenntnis

vom Dasein

Gottes und auf

von der Unerkennbarkeit seines Wesens.^ Wie die


Sonne, so sagen beide, sich eines von arabischen und jdischen
Philosophen hufig angewandten Vergleiches bedienend,^ durch die
Kraft, mit der sie in die Erscheinung tritt, auf das menschliche
Auge eine blendende Wirkung ausbt, so bleibt uns auch Gott gerade wegen der Macht und Gewalt seiner Erscheinung unerkennbar.*
die Erkenntnis

Von

vorkommenden Gottes namen, so fhren


beide bereinstimmend aus, diente nur das Tetragramm in seiner
allen in der Schrift

gegangenen Aussprache als ausschlieliche Bezeichnung des gttlichen Wesens.


In der bei uns
blichen Aussprache (Adonai) jedoch wird dieser Name auch auf
die Engel angewendet.5
Wie Abraham ibn Daud weist auch Maimonides die Ansicht der Philosophen" zurck, da die Ausdehnung
eigentlichen,

nsna

insic''

uns aber verloren

nnnty nt^nv .b^yb

h n^2K)V HD naN2 Dna


nn*?

^'[p''

"mann

Dixi

nbub

n^onm

rmzwnn nosna d"dib

n^nsns

''jiKn

ity ,D''b3nn

E^^^pcn
]3i

,iBDi3n

naonn norn.
*

Emuna Rama

S. 51,

deutsche bers.

S. 56,

deutsche bers.

S. 65;

More

I,

Kap.

58,

Kap.

58,

59 (Guide

I,

S. 241, 252).
^

Emuna Rama

S. 241, 252).

Diese Lehre, bis zu

dem

More

59 (Guide I,
Alexandriner Philo hinaufreichend, kehrt
S. 71

I,

bei den arabischen und jdischen Philosophen hufig wieder (vgl.


ihr

Guttmann

Lewys siebzigstem Geburtstag, S. 320 321). Die Fassung, die


Abraham ibn Daud gegeben hat, kommt aber der des Maimonides am

in Festschrift zu

nchsten.

Guttmann, Die Religionsphilosophie des Abraham ibn Daud,


Die dort gegebenen Nachweise lassen sich noch erheblich vermehren.
4 Emuna Rama S. 53, deutsche bers. S. 67; More I, Kap.
59 (Guide I,
S. 252). hnlich auch bei Bachja, Herzenspflichten I, Kap. 9 (ed. Stern, Wien
1856) S. 7479, Jehuda Halewi, Kosari IV, 3, V, 21, ABRAHAM IBN ESRA, Jesod
More, S. 43 a; Dieterici (Lautere Brder) Anthropologie d. Araber S. 113, Mose
ibn Esra im Namen des Alfarabi in Zion (Hebr. Zeitschrift) II, S. 122123. Vgl.
3

Vgl.

S. 132, A.

I.

Steinschneider, Alfarabi
A.

am

I.

Auch

hier

kommt

Kaufmann, Theologie des Bachya S. 93


Fassung bei Abraham ben Daud der des Maimonides

S. 98, 247,

die

nchsten.
5

S. 268).

Emuna Rama

S. 83,

deutsche bers.

S. 105;

More

I,

Kap. 61 (Guide

I,

FESTSCHRIFT COHEN

I40

der gttlichen Vorsehung auch auf die sublunarische Welt oder gar
auf die singulren Dinge

in

unvereinbar

einheit Gottes

sei,

ihr

Lehre von der Wesens-

mit der

weil durch die Vielfltigkeit der ge-

wuten Dinge eine Vielfltigkeit auch in das Wissen und in das mit
ihm identische Wesen Gottes hineingetragen wrde. Diese Schlufolgerung, so meinen beide, beruht auf einer irrtmlichen Gleichstellung des gttlichen und des menschlichen Wissens, whrend in
Wirklichkeit das gttliche Wissen von dem menschlichen durchaus
verschieden sei und, wie Maimonides sagt, mit diesem nur den

Namen gemein

habe.^

Maimonides wie
bei Abraham ibn Daud die Darstellung der Theorie von den Bewegungen und der Beseeltheit der Himmelskrper. Daraus erklrt
sich ihre bereinstimmung in vielen Punkten dieser Lehre, wenn
Auf arabisch-aristotelischer Grundlage beruht

bei

auch die ziemlich drftige Darstellung des Abraham ibn Daud keinen
Vergleich aushlt mit der tiefen und grndlichen Behandlung bei
Maimonides, der neben den einschlgigen Schriften des Alfarabi und
des Ibn Sina auch die auf diesem Gebiete ziemlich reichhaltige
genssische Literatur

Auch

zum Gegenstand eingehender

zeit-

Studien gemacht

den Belegen fr die Schriftgemheit dieser Lehre


stimmt Maimonides mehrfach mit Abraham ibn Daud berein.
Auch in Betreff der Lehre von der Prophetie finden sich
mannigfache Berhrungspunkte, die auf eine Beeinflussung des Maimonides durch Abraham ibn Daud schlieen lassen. Wie nach
Abraham ibn Daud von einer Prophetie im strengen Sinne des
hat.^

in

-5

Wortes nur da

die

Rede

sein kann,

wo

die gttliche Mitteilung sich

Angelegenheiten der Gesamtheit bezieht, wogegen


Mitteilungen, die minder wichtige Angelegenheiten, oder

auf wichtige
solche

gar nur die eines Individuums betreffen,

sehen

sind,* so spricht

kaum

als

Prophetie anzu-

auch Maimonides, wie es scheint von dem-

selben Gesichtspunkte aus, so untergeordneten Personen, wie Hagar,

Manoach und

anderen, einen prophetischen

Rang

einmal einer gttlichen Vision gewrdigt worden


'

Emuna Rama

S. 87,

deutsche bers.

S. iio;

More

ab,

wenn

seien.s

III,

Kap.

sie

In

16,

auch

seiner

20 (Guide

III, S. 109, 147).

More

Kap. 9,24.
3 Vgl. GUTTMANN a. a. O. S. 115, A. I.
* Emuna Rama S. 71, deutsche bers. S. 89.
5 More II, Kap. 42 (Guide II, S. 323), More II, Kap. 35 (Guide II, S. 278)
fhrt Maimonides aus, da die Wunder der anderen Propheten nur einzelnen
*

Vgl.

II,

GUTTMANN,
psychologisch

D.

BEZIEHUNGEN

D.

MAIM. RELIGIONSPHILOSOPHIE USW. I4I

beraus interessanten,

die verschiedenen Stufen

der

Begabung

behandelnden Darstellung fhrt Abraham ibn Daud aus, da der Prophet zuweilen in einem spteren
Stadium seiner prophetischen Wirksamkeit von der niedrigeren
Stufe der Traumprophetie zu der hheren Stufe der Prophetie im
wachenden Zustand aufsteige. Es knne aber auch vorkommen,
da der Prophet vorbergehend von der Prophetie im wachenden
Zustand wieder zur niedrigeren Stufe der Traumprophetie hinabsinkt,
und zwar dann, wenn er beim Eintritt in die hhere Entwicklungsstufe der auf ihn einstrmenden Gewalt der prophetischen Erscheinung
erliegt und so, gewissermaen von einer Ohnmacht befallen, die
Fortsetzung der Erscheinung in einem Traumgesicht erblickt. Als
prophetischen

Beispiel dafr fhrt


an.

Whrend

Abraham

die bis Genes.

gesichte gewesen seien,

sei

ibn

15,

Daud den

Abraham

berichteten Erscheinungen

Abraham

zhlten Offenbarung zur Prophetie im

Wenn

Patriarchen

mit

Traum-

der an dieser Stelle er-

wachenden Zustand

gelangt.

demselben Kapitel heie, da Abraham


die Erscheinung beim Bundesopfer im Schlummer erblickt habe,
so sei darunter eben ein solcher durch eine Ohnmacht erzeugter
es trotzdem weiter in

Rckfall zu verstehen^

Eine hnliche Erklrung dieser Bibelstelle


findet sich auch bei Maimonides.^
Die Erwhlung zum Propheten
hat nach Maimonides wie nach Abraham ibn Daud zur Voraussetzung,

da sich

in

dem

betreffenden Individuum mit den erforder-

Begabung,
ein Charakter von makelloser Lauterkeit vereinige. Ganz besonderes
Gewicht, bemerkt Abraham ibn Daud, legt die heilige Schrift in
dieser Beziehung auf die Eigenschaften der Demut und der Wahrheits- oder Gerechtigkeitsliebe, zwei sittliche Vorzge, die bei Mose,
dem grten aller Propheten, zur hchsten Vollkommenheit entwickelt waren. Als Beleg fr Moses' Gerechtigkeitsliebe fhrt er
sein Eintreten fr den schuldlos angegriffenen Hebrer (Exod2, 13)
lichen geistigen Fhigkeiten eine hervorragende sittliche

Personen bekannt geworden


Freund und Feind geschehen

seien,

whrend

die

Wunder Moses'

ffentlich vor

seien. Vgl. Guttmann a. a. O. S. 168 a.


deutsche bers. S. 90.
' More II, Kap. 41 (Guide II, S.
314). Als Beweis dafr, da die dem Propheten erscheinenden sinnlichen Gestalten nur als in der Phantasie des Propheten
sich abspielende Vorgnge aufzufassen seien, beruft sich Maimonides More II,
^

Emuna Rama

S. 72,

Kap. 46 (Guide II, S. 353) in bereinstimmung mit Abraham ibn Daud Emuna
Rama S. 73, deutsche bers. S. 91 auf Ezech. 8, i 8, wo der im Exil weilende
Prophet sich nach Palstina versetzt glaubte, was doch offenbar nur eine Vision

sein konnte.

FESTSCHRIFT COHEN

142

und

fr

Rcuels Tchter (Exod

3,

17) an,*

Auf

diese Beispiele beruft

sich bei derselben Gelegenheit auch Maimonides.*

Eine

Beeinflussung

durch

Abraham

ibn

Daud

tritt

uns

bei

Maimonides auch in seiner Begrndung der Theodicee entgegen.


Die Frage, wie das Vorhandensein des Bsen in der Welt zu erklren und mit dem Glauben an das Walten einer gttlichen Vorsehung zu vereinigen sei, wird von Maimonides in bereinstimmung
mit Abraham ibn Daud so gelst, da Gott wohl als der Urheber
alles Guten, des Positiven und Realen in der Welt, zu betrachten
sei, da es dagegen im Begriff des Bsen als einer Privation, der
Abwesenheit alles Guten und Realen, begrndet sei, keinen Urheber zu haben. Gott als das absolut Seiende schafft- das Sein;
alles Sein aber ist gut.
Das Bse jedoch, insofern es bse ist, hat
seinen Grund in der Materie, die als das Nichtseiende der Grund

UnvoUkommenheit

aller

in

der Welt

ist.3

Wie

in

diesem Grund-

gedanken, der, seinem letzten Ursprung nach auf Plato zurckgehend,


sich allerdings, wenn auch nicht in solcher Schrfe, schon bei Saadia

und bei Alfarabi und Ibn Sina findet,+ so berhrt sich Maimonides
auch in vielen Einzelheiten mit den Ausfhrungen des Abraham ibn
Daud. Gleich Abraham ibn Daud bestreitet auch Maimonides die
Ansicht, da das Bse in der Welt das Gute berwiege.s Als
wirkliche bel knnen nach Abraham ibn Daud nur solche Mngel
angesehen werden, in Folge deren ein Ding nicht zu derjenigen
Vollkommenheit gelangt, die ihm seiner Natur nach zukommen
mte. Dagegen knnen solche Mngel, die sich mit Notwendigkeit
aus der Natur eines Dinges ergeben, nicht als bel bezeichnet
werden.^ Ebenso lehrt Maimonides, da alle angeblichen UnvoUkommenheiten des Menschen, die daher stammen, da der Mensch
ein materielles Wesen ist, nicht als bel zu betrachten seien."
Gar manches, was wir als ein bel ansehen, so fhrt Maimonides
wiederum in bereinstimmung mit Abraham ibn Daud aus, erscheint
uns nur deshalb als ein solches, weil wir die Dinge immer nur ab-

gesondert fr sich oder

'

Emuna Rama

Beziehung zu einem einzelnen

deutsche bers. S. 94.


More II, Kap. 45 (Guide II, S. 336).
Emuna Rama S.93 94, deutsche bers. S. 1 19
Vgl. GUTTMANN a. a. O. S. 199.

Emuna Rama
Emuna Rama

More

III,

Indi-

S. 75,

in ihrer

deutsche bers.
O.

S. 94,
a. a.

Kap. 12 (Guide

III, S. 71

f.).

S. 120;

120; More
More

III,

III,

Kap.

Kap. 10
12.

12.

GUTTMANN,

BEZIEHUNGEN

D.

MAIM. RELIGIONSPHILOSOPHIE USW.

D.

I43

viduum und nicht in ihrem Zusammenhang mit dem Universum beUnter diesem Gesichtspunkte betrachtet, wrden uns die
trachten.
Dinge in ganz anderer Gestalt erscheinen, und wir wrden an ihnen
irgendein Moment entdecken knnen, das uns ihre Zweckmigkeit
fr das Ganze oder doch wenigstens die Naturnotwendigkeit ihrer
Existenz erkennen

Was

liee.''

das Problem der Willensfreiheit des Menschen

betrifft,

so lehren beide, da durch das Wissen Gottes die Natur des


nicht aufgehoben werde;

lichen

eben

als

Gott wisse das wahrhaft Mgliche

da sich die

solches, so

Mg-

Willensentschlieung

freie

des

Menschen dabei noch immer bettigen knne.^ Gegen die Annahme,


da Gott alles vorausbestimmt und nichts der freien Entschlieung
des Menschen berlassen habe, erheben beide den Einwand, da
dann jeder Trieb zur Selbstttigkeit im Menschen unterdrckt und
er auch die fr die Erhaltung seines Lebens notwendigen Verrichtungen unterlassen wrde.3 Ebenso wrde diese Annahme auch auf
das religise und sittliche Verhalten des Menschen den nachteiligsten
Einflu ausben, indem dadurch der Glaube erzeugt wrde, die
Glckseligkeit des Einen wie die Verdammnis des Anderen seien
durch gttliche Vorherbestimmung unwiderruflich entschieden und
demgem sei eine Einwirkung des Menschen auf sein Schicksal
ausgeschlossen."^

Mit Jehuda Halewis und

Abraham

Daud

ibn

unter-

scheidet Maimonides unmittelbar von Gott ausgehende Wirkungen,


natrliche,

das heit durch das Naturgesetz bedingte,

vom

freien

Willen des Menschen ausgehende und accidentielle oder durch einen


Auf die zuflligen und durch
Zufall herbeigefhrte Wirkungen.^

Vorkehrungen des Menschen abwendbaren W^irkungen beziehen sich,


wie Abraham ibn Daud bemerkt, die in der Schrift gebotenen
Verordnungen, da der Zaghafte und der Neuvermhlte von der
Teilnahme an einem Feldzuge entbunden werden sollten und da
das Dach eines neuerbauten Hauses zur Verhtung von Unfllen

EmunaRama S. 95, deutsche bers. S. 121 More III,


Vgl. GUTTMANN a. a. O. S. 203, A. i.
Emuna Rama S. 96, deutsche bers. S. 123; More III,

S. 68).
^

Kap. 12 (Guide

III,

Kap. 20 (Guide

III,

S. 151).
3

MANN

Emuna Rama
a. a.

das.;

O. S. 207, A.

Emuna Rama

Kosari V,

Emuna Rama

S.

Maimonides

Einleit.

zu Abot, Kap.

8.

Vgl.

GUTT-

i.

das.,

Maimonides

das.

Vgl.

Guttmann

a. a.

20 (ed. Cassel, S. 416).


das.,

More

III,

Kap. 48 (Guide

III, S.362f.).

O.

S. 208.

FESTSCHRIFT COHEN

144

umgeben

mit einem Gelnder zu

sei.'

Dieselben Schriftverordnungen

werden bei der Errterung der Lehre von der Willensfreiheit auch
von Maimonides angefhrt.^
Wie fr Abraham ibn Daud, so bildet auch fr Maimonides
die Erkenntnis Gottes die notwendige Vorbedingung der Liebe zu
Gott;^ beide stimmen darin berein, da die rechte Erkenntnis Gottes

und seiner Eigenschaften mit Notwendigkeit zur Liebe Gottes fhren


hnlich wie Abraham ibn Daud teilt auch Maimonides
mte.*
smtliche Gebote der Schrift in drei Gruppen: i. in solche, die sich
auf den Glauben, 2. in solche, die sich auf die Sittlichkeit und

3.

solche,

in

auf die Pflichten des Gesellschaftslebens be-

die sich

mssen nach Maimonides alle 613 Ge- und


Verbote der Thora eingereiht werden, so da ein jedes von ihnen
einem bestimmten Zwecke dient, denn Gebote ohne vernnftigen
Sinn und Zweck knnten -nicht, wie es von den Geboten der Thora
heit, als ein Zeugnis der Weisheit und Einsicht derjenigen gelten,
die sie beobachten.^ Auch zu dieser fr die maimonidische Auffassung
des Zeremonialgesetzes entscheidende Anschauung hat vielleicht Abraham ibn Daud insofern die Anregung gegeben, als nach ihm dem
Zeremonialgesetz gegenber der Glaubenslehre, der Sitten- und Gesellschaftslehre des Judentums eine nur untergeordnete Bedeutung zukommt, weil es, fr unsere unzulngliche Einsicht wenigstens, vielfach
einer vernnftigen Begrndung entbehrt. Soweit sich aber fr die Zeremonialgesetze ein Grund nachweisen lt, sind sie gar nicht als eine
besondere Gruppe zu betrachten, sondern im Hinblick auf die ihnen
innewohnende ethische Tendenz dem Sittengesetze beizuzhlen.7

ziehen.s

'

Emuna Rama

Einleit. zu

Emuna Rama

das.

Abot, Kap.
S. 100,

8.

deutsche bers.

Vgl. Mischne Thora, Jesode

S. 215).

a. a.

In diese Gebote

Emuna Rama

O.

S. 104,

More

das.,

III,

Thora

S. 128;
II,

More

III,

Kap. 28 (Guide

III,

2 f.

Kap. 52 (Guide

III,

S. 454).

Vgl.

COHEN

der bei Maimonides sogar eine Identitt der Erkenntnis und der

Liebe Gottes konstatieren

Emuna Rama

will.

deutsche bers. S. 131 More III, Kap. 31 (Guide III,


S. 248). Maimonides fat die beiden bei Abraham ibn Daud gesonderten Gruppen:
n^sn ninan und nvnon ninan, die Gebote der konomik und die der Politik, in
5

S. 102,

zusammen. Die Einteilung ist also nicht, wie RosiN (Ethik des Maiinonides
Abraham ibn Esra entlehnt, sondern geht auf Abraham ibn Daud
zurck. Vgl. auch Bacher, Die Bibelexegese Moses Maimnis S. 104, A. i.
6 More III, Kap. 31 (Guide III, S. 24748).
eine

S. 21) meint,

Emuna Rama
233 f.; COHEN a. a.
7

S.

S. 102,

O.

S.

deutsche bers.

78 f.

S. 131.

Vgl.

GUTTMANN

a. a.

O.

Die stoische Philosophie und die jdische Frmmigkeit.


Rabbiner Dr. BergmanN-B erlin.

und der jdische


Weise sind drei verschiedene Typen. Jeder von ihnen hat seinen
eigenen Charakter. Dennoch wer diesen Mnnern etwa in einer Stadt
Palstinas begegnet wre und ihren Vortrgen gelauscht htte, der
htte bald eine gewisse religise und ethische Verwandtschaft zwischen
Was das Handbchlein Epiktets, was die
ihnen herausgefunden.
Bergpredigt Jesu, was der Mischnatraktat mit den Sprchen der
Vter" lehren, trgt in vielen Punkten eine gleiche religise und
ethische Frbung. Einzelne Aussprche der Stoa, des Evangeliums
und der Agada stimmen inhaltlich, manchmal auch wrtlich berein.
Die bereinstimmung zwischen den Lehren der Stoa und des
Christentums ist schon im Altertum bemerkt worden. So schreibt
der Kirchenvater Tertullian: Seneca ist oft auf unserer Seite. Diese
bereinstimmung hat einen christlichen Schriftsteller veranlat, einen
Briefwechsel zwischen Seneca und Paulus zu erdichten und den stoischen
Philosophen darin zum Jnger des christlichen Apostels zu machen.

Der

Wegen

stoische Philosoph, der christliche Apostel

bereinstimmung ist im Mittelalter die Fabel entstanden, Epiktet sei fr das Evangelium gewonnen worden, er habe
jedoch unter dem Druck der Christenverfolgungen unter Nero und
Die
seinen Nachfolgern die christliche berzeugung verheimlicht.'
Frage der bereinstimmung zwischen der Stoa und dem Christen-

tum

dieser

der Neuzeit wissenschaftlich behandelt worden. Bald hat


das Neue Testament ^ bald die Stoa als den lernenden und

ist

man

in

Zahn, Der Stoiker Epiktet und sein Verhltnis zum Christentum,^ Erlangen und Leipzig 1895, S. 6. 33.
^ Baur, Seneca und Paulus, ZwTh 1858, 2. und 3. Heft.
^

10

FESTSCHRIFT COHEN

I^

empfangenden

Teil

hingestellt^;

zuletzt

sind

dagegen

Stoa

und

Christentum voneinander getrennt, die Differenzpunkte zwischen beiden scharf betont und die Originalitt und die Unabhngigkeit beider

worden^
Aber auch zwischen dem Judentum und der Stoa besteht in
schon
vielen Punkten eine bereinstimmung und eine Verwandtschaft:
Josephus schreibt, er habe sich der pharisischen Sekte angeschlossen,
kommt.^ Dieser
die der stoischen Schule unter den Griechen nahe
Frage ist jedoch bis jetzt eine wissenschaftliche Untersuchung nicht
Nur in ganz allgemeinen Urteilen haben einzelne
zuteil creworden.
Forscher auf die bereinstimmung zwischen dem Judentum und der
Stoa hingewiesen und die Abhngigkeit des Judentums von der Stoa
festgestellt

behauptet. So schreibt BOUSSET: berall (im Sptjudentm) finden


Ethik,
wir eine auerordentliche Bereicherung und Verfeinerung der
teilweise nicht ohne direkten Einflu der humanen sptgriechischen

durch stoisch-kynische Wanderprediger auf den


Gassen und Mrkten verkndigt, jedermann zugnglich war." Noch
bestimmter urteilt Bertholet, das Sptjudentum sei vom Griechentum, besonders aber von der Stoa beeinflut worden; es lassen sich

Popularethik,

die

ganz betrchtliche Einflsse der griechischen, speziell der stoisch^


kynischen Popularethik ... auf die jdische nachweisen".
Dem sogenannten Sptjudentum wird in der theologischen
Wissenschaft nur eine geringe Schpferkraft zugeschrieben. Es ereine bereinscheint darum erklrlich, da das Judentum, wenn
stimmung zwischen ihm und der Stoa besteht, ohne weitere Be-

grndung als der empfangende Teil hingestellt wird.


Vodiegende Abhandlung soll zur Aufhellung des Problems beitragen, ob und in welchen Punkten das Judentum von der stoischen
Popularphilosophie beeinflut worden ist.
Vorerst mu eine Frage noch beantwortet werden. Ist es denn
denkbar, da die Lehrer des Judentums, die sich in die vier Ellen
der Halacha" zurckzogen und einen Zaun um die Lehre und eine

Scheidemauer um das jdische Volk aufzufhren sich bemhten, ist


Weisheit
es denn denkbar, da sie mit den Lehren der griechischen
O. Kuiper, Epictetus en de christelijke moraal, Amsterdam 1906.
2 Theol.
Briegersche Zeitschrift fr KirchenLiteraturbl. 1905, N. 6 ff.
Giet>en 191 1.
geschichte 1906, S. I29ff. BONHFFER, Epiktet und das N.T.,
1

Zahn

Jos. Vita 2.

a. a.

BousSET, Religion des Judentums ^ Berlin 1906, S. 485. BERTHOLET,


Das religionsgeschichthche Problem des Sptjudentums, Tbingen 1909, S. 15.
4

BERGMANN, DIE STOISCHE PHILOSOPHIE UND

D. JD.

FRMMIGKEIT

I47

Berhrung kamen? Auf welchem Wege konnten denn ,die Juden


oder wenigstens ihre Lehrer die Gedanken der stoischen Philosophen
in

kennen lernen?
Die Lehrer des Judentums konnten die Gedankenwelt der Stoa
vor allem durch die Vermittlung der griechisch gebildeten Diasporajuden kennen lernen. Zwischen den Juden im heiligen Lande und
ihren Brdern in Alexandrien bestand ein lebhafter Verkehr. Palstinensische Lehrer kamen nach Alexandrien, und in noch grerer
Anzahl kamen Juden aus der Diaspora nach Jerusalem zu den WallAus vielen Tausenden" von Stdten strmten nach
fahrtsfesten.
einem Worte Philos viele Tausende zu jedem Wallfahrtsfeste nach
der heiligen Stadt.'

Philo

selbst hat gleich

anderen Diasporajuden,

wie er an einer Stelle beilufig erwhnt, eine Reise nach Jerusalem


unternommen, um nach Vtersitte im Tempel zu beten und zu opfern.*

von diesen griechisch gebildeten Diasporajuden lieen sich


sogar in Jerusalem nieder, sie bildeten dort eigene Gemeinden und
grndeten eigene Synagogen. Sie brachten Opfergaben in den Tempel

Viele

und brachten auch nach dem heiligen Lande griechische Bildung.


Durch die Vermittlung dieser Diasporajuden, denen, wie Philo beweist, die damals populre stoische Gedankenwelt nicht fremd war,
konnten auch die jdischen Weisen in Palstina einiges aus dieser
Gedankenwelt erfahren.
Die Kenntnis der stoischen Gedankenwelt konnte den jdischen
Zu
Weisen auch auf anderen Wegen noch vermittelt werden.
den jdischen Wallfahrtsfesten kamen nach Jerusalem auch griechische Proselyten, um den hchsten Gott anzubeten und ihm zu
opfern.
Zu den Festspielen, die Herodes in Jerusalem einfhrte,
Wenn nach
trafen fremde Knstler und fremde Zuschauer ein.
Jerusalem keine griechischen Heiden kamen, welchen Sinn hatte die
griechische Tafel am herodianischen Tempel, die die Heiden vor

dem

Betreten des Heiligtums warnte?

Im

heiligen

um

jene Zeit das Publikum aller antiken Grostdte

denen die griechische Bevlkerung und die griechische Bildung vorherrschend waren
und aus denen, wie z. B. aus Askalon, stoische Philosophen hervorgingen.
In diese Stdte kamen gewi auch die Wanderprediger,
die

Lande gab

es

auerdem Stdte,

Philo, de monarchia 2, i.
Die Werke Philos von Ale.xandria
gegeben von Leopold Cohn, I S. 4.

in

um

sich ver-

in

deutscher bersetzung heraus-

FESTSCHRIFT COHEN

148

um ihm

Lehren der kynisch-stoischen Philosophie zu


Die Juden waren schon als Kaufleute gezwungen, die
predigen.
griechischen Handelsstdte zu besuchen und mit den Griechen zu
verkehren. Mgen auch die niederen Stnde der jdischen Bevlkerung in Palstina die griechische Sprache nur mangelhaft oder
berhaupt nicht gekannt haben, die Kaufleute und die Gebildeten,
einzelne Lehrer und Reprsentanten des Judentums waren mit ihr
Der Philosoph Oenomaos aus Gadara war ein Freund des
vertraut.

sammelten,

Wie

R. Meir.

die

Talmud

der

erzhlt, fhrten Philosophen",

das sind

den Lehrern des Judentums Gesprche, und es ist nicht unwahrscheinlich, da der eine oder der
andere von diesen Philosophen" zu den stoischen Wanderpredigern
gebildete

griechisch

Heiden,

mit

gehrten, die ihre Lehren berall verbreiteten.

Trotz

Abschlieung

aller

Wegen

schiedenen

in

kehrte

Griechentum

das

Im Judentum

Palstina ein.

mus Wurzel, der unter dem Einflsse


Der Gnostizismus, der viele Elemente

auf

fate der Essenis-

des Pythagorismus entstand.


der

griechischen Philosophie

fand unter den jdischen Weisen zahlreiche Anhnger.

enthielt,

ver-

In

der Sprache der Mischna und des Talmuds findet sich eine groe
Zahl von griechischen Fremdwrtern. Die Halacha zwar war exklusiv,

ihr

aber die

Agada

bediente sich oft griechischer Fremdwrter,

waren griechische Mythen, fremde Weisheit und

bekannt.

Wie

die Griechen

die

jdische Bibel

Sitte nicht un-

lasen

und mit der

Berhrung kamen, so konnten


die damals verbreiteten Lehren der
auch die
stoischen Popularphilosophie kennen lernen.
Ob und in welchem Mae das geschehen ist, das soll jetzt

religisen

Welt des Judentums


Lehrer des Judentums

in

untersucht werden.
I.

I.

Die volkstmliche Form.

Der

stoische Popularphilosoph

und

Darum bewegen

sich

der jdische Weise wollen Volkslehrer


beide

der

in

sein.

volkstmlichen, auf die Massen wirkenden Formen.

stillen

Arbeit

der Schulen geht,

besonders

der Stoa,

eine

Die Stoiker sind


den Schulen und zugleich Volkserzieher und Wander-

Propaganda

her, die sich

Philosophen

in

an die Massen wendet."^

prediger auf den Gassen und den Mrkten.

in

Neben

Wendland,

So aber

Die hellenistisch-rmische Kultur

Judentum und Christentum, Tbingen

1907, S. 40.

in ihren

verhlt es sich

Beziehungen zum

BERGMANN, DIE STOISCHE PHILOSOPHIE UND

D. JD.

FRMMIGKEIT

I49

auch mit den jdischen Weisen. Wer ihnen volksfeindlichen Gelehrtenhochmut zuschreibt, der verkennt sie in ihrem Wesen und

zwar im Lehrhause
manch schroffes Wort gegen den unwissenden Am-haarez, in der
Agada aber bekunden die jdischen Weisen, da sie mit ihrem
Denken und Fhlen im Volke stehen und seine Freuden und seine
Sorgen kennen. In der Agada wollen sie dem Volke den Weg des
Lebens weisen und in seiner Not es trsten und aufrichten. Das
Volkstmliche zeigt sich bei den stoischen Philosophen und den
Streben.

Bei

den Fragen

jdischen Weisen
fr

in

der Halacha

sich

dem Leben heraus


kurzen, dem Gedchtnisse

der Art, wie sie beide aus

das Leben lehren, ihre Wahrheiten

des Volkes

fllt

leicht

in

einprgenden Sprchen und

Gleichnissen verknden.

Von den

in

wirksamen

vielen Beispielen sollen hier nur

einige angefhrt werden.

Seneca erwhnt das Wort des Stoikers Hecato Willst du gewerden, so liebe". Man vergleiche damit die Sentenz des Simon
.-

liebt

Zoma: Wer wird geehrt? Der

Menschen ehrt.^
In einem Ausspruch Epiktets werden die Gewinnsucht, die Genusucht und die Ruhmsucht als die Quellen der Snde genannt.
Dreierlei, so lehrt Seneca, mu man nach einem alten Worte meiden:
Ha, Neid und Verachtung. Mit diesen beiden Aussprchen vergleiche man die beiden Sentenzen der jdischen Weisen: Das bse
Auge, der bse Trieb und der Menschenha bringen den Menschen
aus der Welt". Oder: Eifersucht, Begierde und Ehrsucht bringen
den Menschen aus der Welt".^

b.

Epiktet,

dem schon

die

Origenes

eine

volkstmliche,

die

Menge

packende Lehrart nachrhmt 3, vergleicht das Leben mit einem Kriegsdienst, in dem jeder seinen Posten behalten mu, bis das Signal ihn
abruft, mit einem Drama, in dem jeder seine Rolle zugeteilt erhlt,
mit einem Haushalt, in dem der Hausherr jedem sein besonderes

Akibas:
Ketub.

j.

Ab 4, i. Vgl. dieselbe Form in dem Leichenspruche


be Liebe (an dem Toten), auf da sie auch an dir gebt werde
31b. Oder in dem Worte Gamaliels: So lange du barmherzig bist, wird

Seneca, ep.

9, 6.

Gott deiner sich erbarmen j. B. K. 6 c. Dieselbe volkstmliche Prgung tragen


viele neutestamentliche Sprche, z.B.Lc. 6, 37: Vergebet, so wird euch vergeben,
oder das Herrnwort im ersten Klemensbrief 13, das mit dem Spruch Gamaliels
bereinstimmt:

'EXcare, iva iXerrfre.

Epiktet bei Stob. 2^77Eleasar hakappar Ab. 4, 21.


^

Orig.

c.

C.

6, 2.

Seneca

ep. 14, 10.

Josua

b.

Chananja

.\h. 2, 11.

FESTSCHRIFT COHEN

150

Amt

Gro

zuweist.^

an Gott und rufe ihn

man

ist

als

Helfer und Beistand an".

das volkstmliche Bild der

Kurz

Lohn

der Tag,

ist
ist

gro,

Werk

der Kampf, gttlich das

.... denke

Damit vergleiche

Agada vom menschlichen Leben:

gro die Arbeit,

die Arbeiter

sind trge,

der

und der Hausherr drngt."^

Die Gottheit, so sagt Seneca, schreibt die Verdienste der Anspruchslosen in ihr Rechenbuch ein. Sie kennt den Tag, da die
Heimzahlung mit Zinsen erfolgen wird. Ich wei es, was ich jedem
Den einen bezahle ich erst nach langer Frist, den anderen
schulde.
Ein hnlich volkstmliches Bild findet sich
schon im Voraus".
in einem Ausspruche Akibas: Das Buch ist geffnet, die Hand

wer entleihen will, kommt und entleiht. Die Einforderer


gehen an jedem Tage herum und fordern von den Menschen die
schreibt ein;

Schuld

ein".

Beliebt

sind

in

der stoischen Diatribe


Epiktet sagt:

Knigsgleichnisse.

Wer

mit

und

dem

in

der

Agada

die

Kaiser oder sonst

einem Machthaber verwandt ist, hlt sich fr geborgen. Wie viel


mehr sollte uns der Gedanke, Gott zum Schpfer, Vater und Versorger zu haben, alle Furcht und Trauer benehmen". Und an einer
anderen Stelle schreibt er: Ein vorsichtiger Wanderer, der durch

von Rubern bedrohte Gegend reisen

macht die Reise


nicht allein, sondern wartet, bis er einen mit Bedeckung versehenen
Reisegefhrten findet. So macht es im Leben der Verstndige ....
Wem soll ich mich nun anschlieen? Dem Reichen, dem Mchtigen?
Was hilft mir das? Nun will ich mich bei dem Kaiser beliebt machen,
dann wird mir niemand etwas antun. Aber um das zu erreichen,
was kostet es fr Mhe? .... So fragt er sich und gelangt zu der
Erkenntnis, da er ungefhrdet durchkommen kann, wenn er sich
eine

Von den

Gott

anschliet."

soll hier

nur ein einziges

will,

vielen Knigsgleichnissen des

als Parallele

Midrasch

angefhrt werden: Ein Knig

dagegen residiert in Rom.


Der Knig lie seinen Diener kommen und ihm hundert Litren
Gold geben. Der Diener lud sie auf und ging seinen Weg. Da
berfielen ihn Ruber und nahmen ihm alles, was der Knig ihm
gegeben und was er bei sich gehabt. Konnte der Knig ihn vor
hatte einen Diener in Syrien.

Zahn

Epiktet

diss. II

Seneca

de benefic.

a. a.

O.

S. 13

Er

selber

f.

18, 28.

Tarphon Ab.

4, 32.

Ab.

3, 16.

2, 15.

BERGMANN, DIE STOISCHE PHILOSOPHIE UND

D. JD.

FRMMIGKEIT

51

mit
Rubern bewahren? Darum heit es: Der Ewige segne dich
vor Rubern.^
Reichtum, der Ewige behte dich
Der stoische Popularphilosoph und der jdische Weise wollen
Beide wollen auf die Massen wirken und geben
Volkslehrer sein.

ihren Lehren

eine

volkstmliche Prgung.

Allein

zwischen beiden

besteht nicht nur eine formale sondern in vielen Punkten auch eine

gedankliche bereinstimmung.

Gott und die Seele. Der Stoiker Diogenes aus Babylon lehrt, Gott
durchdrinee die Welt in hnlicher Weise wie die Seele den Krper.^
2.

hnlich sagt Seneca:

Was

ist

stoisch,

in

der Welt

ist,

das

ist

der Geist

Der
er ist auf dem Boden der pantheistischen Annach der die Gottheit nicht ber der Welt

im Menschen; was dort


Vergleich

Gott

schauung entstanden,
sondern in ihr wohnt und

die Materie

ist,

ist

hier

der Leib.3

durchdringt wie die Seele den Krper.


Den Vergleich Gottes mit der Seele bernimmt von den Stoikern
Philo Denn was der groe Lenker im Weltall ist, das ist wohl der
menschliche Geist im Menschen. Er ist selber unsichtbar, sieht aber
sie

durch die Vermittlung Philos,


gelangt dieser Gedanke in das jdische Schrifttum: Wie Gott die
Welt erfllt, so die Seele den Krper; wie Gott sieht, selber aber
unsichtbar ist, so auch die Seele; wie Gott der Welt Leben schenkt,
so die Seele dem Krper; wie Gott rein ist, so auch die Seele.5
Der Vergleich Gottes mit der Seele findet sich auch sonst im jdischen Schrifttum. Der Mensch kann seine Seele nicht sehen, wie
alles".

Von den

Stoikern,

vielleicht

knnte er Gott sehen! Das wird von jdischen und christlichen Apologeten den Heiden zugerufen, um ihnen klarzumachen, da Gott fr
das menschliche Auge unsichtbar ist.^ Der Gedanke, da Gott die
wie die Seele den Krper, konnte nur bei den Stoikern
Im jdischen Lehrentstehen, die die Immanenz Gottes annahmen.
hause, wo Gott ber die Welt gestellt wurde, ist dieser Gedanke
nicht entstanden; er ist dort vielmehr der stoischen Popularphilosophie

Welt

erfllt

entlehnt worden.

Die Stoiker beschftigen sich mit dem Problem,


wie die Seele entstanden sei. Pantius, ein Philosoph der mittleren
3.

3
*

Die Seele.

diss. I 9,7. IV 1,91. Num r. 11, 5.


Philodem de piet. p. 82 ed. Gompertz.
Seneca ep. 65, 24.
de opif. mundi 23.
Berach loa. Midr. Schoch. tob zu Ps 103, 4.
Bergmann, Jdische Apologetik im nt Zeitalter

Epiktet

S. 74

und Note

i.

FESTSCHRIFT COHEN

152

knne nur durch geschlechtliche Fortpflanzung vermittelt werden. Posidonius dagegen meint, es sei unmglich, da die Seele durch Zeugung entstehe, sie msse vielmehr
von auen in den Menschen hineintreten.' Wann und wie das
Doch ist es mehr als wahrgeschieht, lt sich nicht ermitteln.
die Seele

behauptet,

Stoa,

scheinlich,

da nach Ansicht des Posidonius

die Seele bei der

Zeugung

den Menschen einziehe. Wie TertuUian mitteilt, htten die Stoiker


angenommen, da die Seele erst bei der Geburt mit dem Leibe sich
verbinde.^ Das Problem der Entstehung der Seele wird auch in
einem Gesprche zwischen Antoninus und Rabbi behandelt. Antoninus belehrt Rabbi, da die Seele schon bei der Empfngnis in den
in

Menschenleib

eintrete.^

Schon der Ausspruch Rabbis: Diese Sache

hat mich Antoninus gelehrt", beweist,

da das behandelte Problem

von auen und zwar, wie wir jetzt wissen, aus der stoischen Popularphilosophie in das Lehrhaus gelangt ist.

Whrend aber

in

dem

Vergleich Gottes mit der Seele und in

des Problems

der Besprechung

der Seelenschpfung

ein

stoischer

werden kann, knnen wir in den folgenden Pazumeist wohl nur eine bereinstimmung aber kein Abhngig-

Einflu festgestellt
rallelen

keitsverhltnis konstatieren.

Die gttliche Vorsehung. Die Vorsehung Gottes erstreckt


sich auf alle Geschpfe; an den kleinsten Geschpfen aber zeigt sie
sich am grten.
Dieser Gedanke findet sich in der Stoa und im
4.

und auch bei Philo wird die


Ameise als Beweis fr die gttliche Vorsehung hingestellt.* Ahnlich aber wird von R. Jochanan erzhlt, er habe, wenn er eine
Ameise erblickte, Gottes Vorsehung gepriesen und gesprochen:
Deine Wohlttigkeit ist bis an die Berge Gottes" Ps 36, /.s Gottes
frsehende Gte fr die Tiere (fr die jungen Raben) wird schon
in der Bibel verherrlicht, und der Gedanke, da die gttliche Vor-

Judentum.

Bei

Kleanthes,

Cicero

sehung gerade an den kleinsten Geschpfen am meisten sich kundDer Glaube an


tut, ist durchaus im Geiste der Bibel gedacht.
Gottes gtige Vorsehung hat nichts spezifisch Stoisches und ist im

'

SCHMEKEL, Die Philosophie der

de anima

Sanh 91b.

Wendland,

mittleren Stoa, Berlin 1892, S. 196. 249.

25.

Die philosophischen Quellen des Philo von Alexandria in

seiner Schrift ber die Vorsehung, Berlin 1892, S. 8


5

ChuUin 63 a.

Note

4.

BERGMANN, DIE STOISCHE PHILOSOPHIE UND

D. JD.

FRMMIGKEIT

I53

Judentum keineswegs, wie behauptet wurde, unter fremdem Einflu


entstanden.'

Das Gottvertrauen.
Die stoische Philosophie ist religis
und darum optimistisch. Der stoische Weise lernt zwar resignieren
5.

und auf das Wertlose

verzichten,

aber er hat bei alledem ein frh-

liches Herz, weil er auf

Gott vertraut.

spruche Epiktets heit

es:

Wer

mit

In einem schon zitierten Aus-

dem

Kaiser oder sonst einem

Machthaber verwandt ist, hlt sich fr geborgen; wie viel mehr sollte
uns der Gedanke, Gott zum Schpfer, Vater und Versorger zu haben,
alle Trauer und Furcht nehmen".
Der Weise vertraut auf Gott und
ist frei von Sorgen.
Wenn ihr heute satt geworden seid, sitzt ihr
da und jammert wegen des morgenden Tages, woher ihr essen sollt.
Elender, hast du heute, so wirst du auch morgen haben. Hast du
aber nicht, so gehe. Die Tr ist offen".^ Dieses frhliche Gottvertrauen erfllt auch die Bcher der Bibel und lebt in den Lehren der
jdischen Weisen fort. Wer fr heute zu essen hat und fragt: was
werde ich morgen essen?, dem fehlt das Gottvertrauen". Wer Brot
in seinem Korbe hat und fragt: was werde ich morgen essen?, der
gehrt zu den Kleinglubigen".3 Von einer Entlehnung kann hier
nicht die Rede sein.
Wohl aber kann behauptet werden, da das
Gottvertrauen des jdischen Frommen eine kraftvolle religise berzeugung ist, whrend das Gottvertrauen des stoischen Weisen eine
matte philosophische Reflexion bleibt.
Dem Armen, der keinen
Ausweg aus seiner Not findet, empfiehlt Epiktet am letzten Ende
den Selbstmord: Hast du aber nicht, so gehe. Die Tr ist oflen.
6. Die Leiden.
Dem Glauben an die frsehende Gte Gottes
entspringt der Gedanke, da die Leiden ein Erziehungsmittel und
ein Zeichen gttlicher Liebe sind.
Von den vielen Stellen in den
Schriften der Stoiker soll hier nur das

Wort Senecas

angefhrt wer-

Die also die Gottheit liebt, hrtet sie ab, prft sie, bt sie".
Derselbe Gedanke wird in der Bibel, in den Apokryphen und vielfach
den:

auch

in

der

Agada ausgesprochen.

weis gttlicher Liebe".*

(in

Bertholet

der

vgl.

2.

O. S. lo,

Holtzmann,

Epictet

Eleasar aus Modim, Mach, zu

6, 30.

diss.

31.

Lc

9, 19.

Ex

16,4.

EHeser

b.

Hyrkanos, Sota 48b.

18, 28.

Seneca, de provid.

6, 5.

Nt. Zeitgeschichte 1895 S. 229

Auflage gestrichen).

'

Mt

Deut

a. a.

Allein

Heimsuchungen sind ein Bediese ebereinstimmung in der Auf-

4.

Eleasar

b.

Jakob, Mech. zu Ex 20,33.

Sifrd zu

FESTSCHRIFT COHEN

154

den Leiden beruht keineswegs auf Entlehnung. Sie


vielmehr in dem gemeinsamen Glauben an die Gte Gottes bevon

fassung
ist

grndet.

Das

7.

Was

vom Depositum.

Gleichnis

der

Mensch

hat,

ist

ihm von Gott verliehen worden. Das ist die Ansicht der stoischen
Philosophen und der Glaube der jdischen Frommen. In den Trostder kynisch-stoischen Diatribe wird hufig ausgesprochen,
da das Leben und alle Erdengter dem Menschen von Gott verliehen werden und mit Recht jeder Zeit zurckgefordert werden

schriften

Handbchlein gibt Epiktet dem Trauernden


folgenden Trost: Sage nie von etwas: Ich habe es verloren, sondern ich habe es wiedergegeben. Dein Shnchen ist gestorben? Du
Dein Weib ist gestorben? Du hast es wiehast es wiedergegeben.
Dein Landgut wurde dir entrissen? Auch dies ist
dergegeben.
wiedergegeben worden."' In gleicher Weise trstet Seneca einen

um

seinem

In

drfen.

seine Kinder trauernden Freund:

hatten einen,
so,

da

sie

dem

sie

Meine Kinder sind

mehr zugehrten

als dir.

Ja

sie

Bei dir weilten

sie

tot!

jeden Augenblick von dir gefordert werden konnten.***

Derselbe trstende Gedanke

und zwar unabhngig


Jochanan b. Zakkai trauert

sich

findet

auch in der Agada.


von der Stoa
ber den Tod seines Sohnes. In dieser schmerzvollen Stunde trstet
ihn sein Schler Eleasar b. Arach mit folgenden Worten: Gestatte
mir ein Gleichnis. Jemand hat vom Knige einen Gegenstand zur Aufbewahrung erhalten. In dem Gefhle der Verantwortlichkeit jammert
er tglich:

Wenn

ich

doch schon der Sorge

um

das mir anvertraute

Gut glcklich ledig wre! Auch du, o Meister, hattest einen Sohn,
der in der Lehre bewandert war und der nun frei von Snden aus
der Welt geschieden ist. Solltest du nicht dem Trste zugnglich
sein, nachdem du, was Gott dir zur Aufbewahrung gegeben, glcklich wiedercregeben hast?" Denselben Gedanken, da die Kinder,
von Gott nur als Aufbewahrungsgut gegeben, im Tode ihm zurckerstattet werden, verwendet Beruria, um ihren Gatten im Schmerze
ber den
8.

Tod

seiner beiden

Der Genosse

Gottes.

Shne zu

trsten.3

Epiktet nennt den Zyniker einen Teil-

haber an der Herrschaft des Zeus";

dem Weisen

verheit

er,

da

'

Enchir

KiCKH, Gott, Mensch, Tod, Unsterblichkeit. Bltenlese aus den Schriften

11.

des L. A. Seneca, Wien 1874, S. 83.


j Ab. di R. N. 24.
Midr. Mischle

g.

E.

BERGMANN, DIE STOISCHE PHILOSOPHIE UND

D. JD.

FRMMIGKEIT

I55

wrdiger Gast der Gtter, ja ihr Mitherrscher" sein wird.


Seneca verkndet dem, der das hchste Gut ergreift, da er anfangen wird, der Genosse der Gtter" zu sein.^ Den Titel Miter

ein

und den Aposteln vorbehalten,

arbeiter Gottes" hat Paulus sich selbst


die

an

dem Aufbau

des Gottesreiches

Schrifttum wird dieser Titel

auch von Paulus


recht

richtet,

Frommen

Werk
9.
gilt

ein

unabhngig von der Stoa und

Richter verliehen: Der Richter,

der

ge-

Aber auch von den

Mitschpfer Gottes".

es,

fort.

Die Nachfolge Gottes.

auch

in

Wie

allen

in

der Stoa Gott als vollkommenes

ist

Oder an

Gott gegenber unsere Pflicht?

Wenn

ethischen Religionen

Wesen und

folge Gottes als die erste sittliche Forderung.

Was

jdischen

da sie mit dem Werke Gottes sich beschfdie Gutes tun und die Sittlichkeit frdern, setzen Gottes

heit

Alle,

tigen".3

wird

dem

sicher

Im

mitwirken.^

So

die

Nach-

schreibt Epiktet:

Einfach ihm zu folgen".

mssen
auch wir treu sein .... Wenn er wohlttig ist, so mssen auch
wir es sein. Ist er gromtig, so sollen auch wir so sein". Seneca
nennt den Guten einen Nacheiferer Gottes".* Sowohl Aristeas als
auch Philo fordern in gleicher Weise wie die Stoiker von dem
Menschen, da er Gott folge und ihm nachstrebe 5; auch die jdischen Weisen in Palstina ermahnen: Lasset uns Gott gleichen!
Wie er barmherzig und gndig ist, so sei auch du barmherzig
und gndig".^ Allein die Lehrer des Judentums haben diese sittliche Forderung keineswegs, wie einzelne annehmen wollten'', dem
Griechentum entlehnt, sondern nur im Geiste des biblischen Gebotes
aufgestellt: Seid heilig, denn der Ewige euer Gott ist heilig".
10. Die Snde, aber nicht die Snder.
Von Seneca stammt
das Wort: Das Beste ist, die Snden aber nicht die Snder auszu-

tums

einer

anderen Stelle:

Epiktet, diss. III 22,95.

'

Wernle, Anfnge

Sabb. loa.

15.

Enchir

Seneca

15.

unserer Religion

Midr. Schir haschirim

Gott

treu

ist,

so

ep. 31.

S. 97.

r.

Anf.

Lazarus, Ethik des Juden-

122.

Epiktet, diss.

Aristeas 42, 5-43,

12, 5.8.
i.

20, 15.

II

14, 13.

Philo de caritate

Seneca de prov.

i.

II 404.

Abba Saul, Mech. zu Ex 15, 2. Vgl. Sifre zu Deut 11, 22. Sifr zu Lev 19, 2.
Ebenso Mt 5, 48. Lc 6, 36. Auch der Islam stellt als ethisches Ideal auf, da
man sich bestrebe, in der Lebensfhrung die Eigenschaften Gottes zu bettigen.
^

GOLDZIHER, Vorlesungen ber den Islam,

HOLTZMANN, Nt.
strichen). Bertholet a.
7

S.

30 ff. Note

Zeitgeschichte 1895.
a.

i.

S. 226f. (in

der

O. S. 10 (vielleicht wenigstens").

2.

Auflage ge-

FESTSCHRIFT COHEN

156

die Sentenz zugeschrieben:

Ihm wird auch

rotten.^

Halte Frieden

fhre Krieg gegen die Laster.^'

mit den Menschen und

Einst

war

R. Meir ber das Treiben seiner bsen Nachbarn aufgebracht. Da


sprach zu ihm sein Weib Beruria: .... Heit es denn: Vergehen
Es heit doch: die Snden Ps 104,25. Bete
sollen die Snder?

dann gibt es keine Frevler mehr. 3


Seneca verdankt seine Sentenz gewi nicht dem Judentum, aber auch
Beruria, die Frau des jdischen Weisen, hat ihren Gedanken nicht
aus der stoischen Popularphilosophie geschpft.' Die Forderung, die
Snden aber nicht die Snder zu verdammen, ist vielmehr in der
Agada wie in der Stoa eine Konsequenz des Gebotes, in allem Gott
nachzufolgen: Wie Gott gegen die Snder langmtig ist, .so sollen es

fr

da

sie,

auch

die
1

sie

Bue

Menschen

tun;

sein.

Richte nicht eher

Richte nicht.

in

einen anderem Gerichte,

worden bist". Was


Epiktet in diesem Ausspruch fordert, das verlangt auch Hillel in
seiner Mahnung: Richte deinen Nchsten nicht eher, bis du selbst

bis

du

bei der

selbst

Gerechtigkeit

gerichtet

Diese beiden bereinstimmenden


Sentenzen sind voneinander unabhngig. Epiktet und Hillel schpfen
ihren Gedanken aus der allgemein menschlichen Erkenntnis, da alle

in

seine

Lage gekommen

bisf'.s

Menschen, der Richter wie der Gerichtete,

und Fehlern unterworfen

in

gleicherweise Schwchen

sind.

Die stoischen Popularphilosophen und die


jdischen Frommen legen beide das Schwergewicht auf das sittliche
Tun. Zeno oder ein anderer Stoiker verglich die Philosophie einem
12.

Das

sittliche

Tun.

den Bumen, die


Ethik den Frchten entspricht. Wer nur auf das Studium sich verlegt,
ist nach einem Worte Epiktets nur Philologe und nicht Philosoph.^ So
sehr auch die jdischen Weisen das Studium der Lehre hochhielten,
in ihrer berwiegenden Mehrheit gaben sie dem sittlichen Handeln

dem

Obstgarten, in

die

Logik der Mauer,

die Physik

Wissen grer ist als sein Tun, gleicht


dem Baume, der eine geringe Wurzel und ein reiches Gezweige hat
den Vorzug.

Jeder, dessen

Res optima est, non sceleratos extirpare, sed


Jesus und die Rabbinen, Leipzig 1905, S. 109.
^

Pseudoseneca de moribus

WLFFLIN

34.

Proverbia

45.

scelera.

Vgl.

BiSCHOFF,

Publii Syri sententiae rec.

S. 122.

Berach. 10 a.

BiSCHOFF

Epiktet

Barth, Stoa

fr.

a. a.

O.

60. SpiESS,
31.

Logos spermaticos, Leipzig

1871, S. 91. Hillel, A.b

2, 5.

BERGMANN, DIE STOISCHE PHILOSOPHIE UND

FRMMIGKEIT

D. JD.

I57

vom Winde entwurzelt und umgeworfen wird".


Die bung guter Werke ist dem Studium vorzuziehen". Nicht das
Studium sondern das Tun ist das Wichtigste". In der Versammlung
und daher

zu

leicht

Lydda wurde zwar zum Beschlu erhoben, das Studium der Lehre

sei

wichtiger

als

das Tun, bezeichnend aber

die

ist

Begrndung,

Studium zum ben guter Handlungen fhre".'


Die stoischen Philosophen
13. Die Versitthchung des Lebens.
und die jdischen Weisen wollen auf das Leben einwirken. Bei beiden
ist das Streben vorhanden, die Menschen und ihre Lebensart zu verbessern. Die stoische Popularphilosophie verwirft den Luxus. In seiner
Diatribe ber die Nahrung fordert Musonius, der Lehrer Epiktets,
Einfachheit in der Lebensweise.^ Als ein Stck der Lebensordnung
des Philosophen Antoninus wird von seinem Biographen besonders
weil das

die

humicubatio

hervorgehoben.^

Auch

in

den Lebensregeln der

wird Abhrtung

und Einfachheit gefordert. I


Brot mit Salz, trinke Wasser mit Ma, schlafe auf der Erde und
fhre ein Leben der Mhsal", das ist die rechte Weise, um in den
Mit besonderer Vorliebe wendet
Besitz der Gotteslehre zu gelangen.'*
Seneca
sich sich die kynisch-stoische Diatribe gegen die Athleten.
protestiert gegen die Grausamkeit der Gladiatorenkmpfe und die
entsittlichende Wirkung der Schauspiele.s Auch die jdischen Weisen
verbieten den Besuch des Theaters und der Rennbahn; sie verbieten
es aus religisen Motiven, weil im Theater den Gttern gehuldigt
Wer in der Rennbahn
wird, aber auch aus ethischen Grnden.

jdischen Weisen

vergiet Bluf'.

sitzt,

14.

Den

Die Arbeit.

stoischen Philosophen

gebhrt das Ver-

von der Schmach, als ob sie eines freien Mannes


unwrdig sei, befreit zu haben. 7 Es lag eben in ihrem praktischen,
auf die Versittlichung der Menschen gerichteten Streben, da sie
mit den anderen Lastern ihrer Zeit auch den Miggang ausrotten
Aber auch das Judentum hat die Arbeit verherrlicht. Die
wollten.
jdischen Weisen waren einfache Mnner, die vielfach im Handwerk
dienst, die Arbeit

'

b. Hai,

Eleasar
j.

Ab

b. Asarja,

Chag. 76c.

Abuja, Ab. di R. N.
Gamaliel, Ab. 3, 17. Kidd. 40b.

3, 17.

Elischa

b.

Simon b.
und die kynisch-stoische Diatribe

Wendland,

Sachs, Beitrge

Ab.

Sen. ep.

Tos. Ab. z. 2, 1. j. Ab. z. 40a.


BONHFFER, Die Ethik des Stoikers Epiktet

Philo
1

106.

6, 4.
7, 2.

90, 45.

Wendland

a. a.

O. 43.
S. 73.

S. 12.

24.

Jehuda

FESTSCHRIFT COHEN

158

die wirtschaftliche Grundlage ihrer Existenz hatten.

Schon das

allein

wenig berechtigt die Behauptung ist, die jdischen


Schriftgelehrten seien volksfeindlich und hochmtig gewesen. Viele

beweist,

wie

von ihnen kamen


ihrer

in

das Lehrhaus aus der Werkstatt,

Hnde Arbeit das Brot erwarben, und

der Arbeit und der Mhsal waren,

standen

wo

sie

weil sie selber


sie bei

durch

Mnner

den Mhseligen

und den Beladenen.

Der Stoiker Kleanthes trug des Nachts Wasser in die Grten,


um sich am Tage philosophischen Studien widmen zu knnen. Von

dem

Tropaicon,
die

Hillel

Hlfte

das er tglich durch Arbeit verdiente, verwendete

eine Hlfte

aber gab er

den Unterhalt seines Hauses, die andere

fr

dem

Trhter des Lehrhauses,

um

sich Zutritt

zu den Vortrgen zu verschaffen.'

Unter den naturgemen Dingen


Liebe die Arbeit", so
zhlt Herillus die Liebe zur Arbeit" auf.
Den, der den Hunger frchtet,
lautet auch ein Wort Schemajas.^
redet Epiktet folgendermaen an: Kannst du nicht Wasser tragen,

Tr bewachen?
Aber es ist schimpflich, in solchen Dienst zu treten. Lerne nur erst,
was schimpflich ist, und dann nenne dich vor uns Philosoph". hnlich ruft ein Lehrer des Judentums aus: Ziehe ein totes Vieh auf
dem Markte ab und empfange Lohn, aber sprich nicht: ich bin ein
groer Mann, den die Arbeit herabwrdigt". ^
Im Vergleich zum Neuen Testament zeigen die
15. Die Ehe,
stoische Philosophie und das Judentum ein weit positiveres Verhltnis
zur menschlichen Gesellschaft und eine grere Wertschtzung des
menschlichen Gemeinschafts- und vor allem des Familienlebens. Nach
Paulus ist an der Ehe etwas Unreines: Zlibat und Virginitt stehen
ihm hher als die Ehe. Paulus denkt in diesem Punkte weder wie
ein stoischer Philosoph noch wie ein Rabbi.
Denn der Stoiker Antipater ist der Meinung: Wer nicht Weib und Kinder hat, entbehrt
der lautersten Freude der Liebe". Und ein jdischer Rabbi lehrt:
Wer ohne Weib ist, entbehrt der Freude, des Segens und des
Die Ehe ist eine soziale und sittlich wertvolle Einrichtung.
Trostes".*
Wer von der Ehe nichts wissen will, so schreibt Musonius, vernichtet
nicht schreiben, nicht Rinder hten, nicht eine fremde

fr

seinen Teil

das Haus,

Barth, Stoa
Barth, Stoa

Epiktet

"^

Antipater bei Stob.

'

die

S. 126.

Joma

S. 125.

Ab.

Stadt, das Menschengeschlecht.

35 b.

2, 10.

Baba bathra iioa.


flor. 3, 15. Jebam 62b.

diss. III 26,7.

In

BERGMANN, DIE STOISCHE PHILOSOPHIE UND

D. JD.

FRMMIGKEIT

IsQ

gleichem Sinne uern sich auch die Lehrer des Judentums: Wer
ehelos bleibt, verringert die Gotthnlichkeit des Menschen".
Wer
an der Pflicht der Fortpflanzung des Menschengeschlechtes nicht
teilnimmt,
i6.

ist

gleichsam ein Blutvergieen"^

Kindliche

Die Liebe

Piett.

stoischen Philosophie als eine


eine

religise

Pflicht.

In

zu

sittliche, in

den

Eltern

gilt

der

in

der jdischen Religion

einem besonderen Traktate

ber

als

diese

Frage entscheidet Musonius, der kindliche Ungehorsam sei nur dann


Pflicht, wenn die Eltern dem Kinde etwas sittlich Verwerfliches
empfehlen. Die Rcksicht auf die Eltern mu dann der Stimme
Gottes weichen. Dieselbe Frage wurde auch im jdischen Lehrhause errtert und dahin entschieden, da die Pflicht, die Eltern zu
ehren, dann aufhre, wenn sie von dem Kinde die bertretung eines
gttlichen Gebotes fordern, denn ihr alle (Eltern und Kinder) seid
verpflichtet, Gott zu ehren". ^
Die Ehrfurcht vor den Eltern mu in
einem solchen Falle der Liebe zu Gott weichen.

Das Verdienst der Vter.


der bis jetzt immer als ein

In

17.
griff,

der Begriff

seinen

Verdienste

spezifisch jdischer gegolten hat:

der Vter". 3

Seneca sagt: Was die

dem einen um seiner


und Voreltern willen manches nach, dem andern, weil aus
Enkeln und Urenkeln und spteren Nachkommen einmal Gutes

Gottheit

Eltern

vom

der Stoa findet sich ein Be-

so

betrifft,

sieht

sie

wahrscheinlich

werden wird". Die Gottheit ist auf das Verdienst der Vter und
auch auf das Verdienst der Kinder bedacht, die Menschen aber
sollen darin der Gottheit nachstreben.
Der eine hat groe Mnner
erzeugt, mag er sein, was er will, er hat Anspruch darauf, da wir ihm
Gutes tun, denn er hat solche uns gegeben, die wirklichen Anspruch
darauf haben. Der andere ist von trefflichen Vorfahren entsprossen;
sei er, wer er sei, die Seinigen seien ihm Schutz und Schirm."* Der
Begriff von dem Verdienste der Vter" enthlt ein abspannendes
und ein anspornendes Moment. Whrend aber bei Seneca das entlastende

Moment

betont wird,

spornende und verpflichtende

Das Verdienst
es gilt fr

der Vter

tritt

in

der jdischen Ethik das an-

Moment mehr

in

den Vordergrund.

den Kindern eine Verpflichtung auf;


die Kinder, wenn sie das Werk der Vter fortsetzen.
legt

Musonias bei Wendland a. a. O. S. 34. Eleasar b. Asarja, Elieser


Hyrkanos Jebam 63b.
^ Musonius bei SCHMIDT, Ethik der Griechen II S. 146.
Jebam 5 b f
3 Lazarus, Ethik des Judentums I 28. 438.
* Seneca de benef. 4, 32.
^

b.

FESTSCHRIFT COHEN

l60

soll,

Wie

Selbsterhaltung und Nchstenliebe.

i8.

wenn

ein

Mensch handeln
und

eine Kollision zwischen der Pflicht der Selbsterhaltung

der Pflicht der Nchstenliebe

eintritt,

das wird sowohl

in

den Schulen

Wenn bei einem


ergreifen, um sich

der Stoiker als auch im jdischen Lehrhause behandelt.

Schiffbruche zwei gleich weise Mnner dasselbe Brett


zu
der

retten,

so

wird,

dem Tode

sich

wenn das

beide zu tragen nicht vermag,

Brett

widmen, an dessen Leben

am

wenigsten

liegt.

Mensch soll gerettet werden. So entscheidet der


Stoiker Hecato.* Das gleiche Problem wird auch im jdischen Lehrhause behandelt aber anders entschieden. Es reisen zwei in der
Wste, aber nur einer von ihnen ist mit Wasser versehen. Wrde
er sein Wasser mit seinem Reisegefhrten teilen, so wre es nicht

Der

wertvollere

gengend,

um

beide zu erhalten.

Trnke

wre

er es allein, so

sein

Gefhrte unrettbar verloren. Ben Paturi entscheidet, keiner drfe


sein Leben retten und dabei das Leben seines Mitmenschen preis-

Es mgen

geben.

dagegen meint,
liebe sei
19.

Kollision

in

und beide umkommen. Akiba


einem Konflikt zwischen der Eigen- und Nchstenalso beide trinken

das eigene Leben zu bercksichtigen.*

Whrend

Der Mittelweg.
zwischen

dem Gebot

in

dem

Schulbeispiel

der Selbsterhaltung und

von der

der Pflicht

der Nchstenliebe die Lehrer des Judentums anders entscheiden als


die Philosophie der Stoa, wird in bezug auf das sittliche Handeln im

allgemeinen von beiden die gleiche Regel

vom

Mittelweg aufgestellt.

Als ein Gesetz des Handelns ergibt sich bei Pantius die Billigkeit,
die das eigene Wohl und auch das Wohl des Nchsten berckDie Gerechtigkeit ist die Mitte zwischen der allgemeinen
sichtigt.

Ein hnlicher Gedanke ist in dem Wahlspruch Rabbis enthalten: Welches ist der gerade Weg, den der
Mensch erwhlen soll? Der Mensch handle so, da sein Tun ihm

Liebe und der Eigenliebe.

selbst

zum Ruhme

werden

solle".

gereiche, aber

auch von den Menschen gerhmt

Tat
von Gott vergolten wird, ist der Stoa wie dem Judentum eigen. Er
Aber
wurzelt bei beiden in dem Glauben an einen gerechten Gott.
20. Seid nicht wie die Diener.

von beiden wird auch

iten*

die

Der Gedanke, da

Forderung

aufgestellt,

die gute

da der Mensch

Cicero off. III 15,63. 23,89. Schmekel a. a. O. S. 295.


Sifr zu Lev 25,36. Baba mezia 62b. Vgl. Bacher, Agada der TannaS. 60, Note i.
Zitiert bei

Schmekel

a. a.

O. S. 221.

Rabbi,

Ab

2, i.

BERGMANN, DIE STOISCHE PHILOSOPHIE UND

D. JD.

FRMMIGKEIT

l6l

Gute nicht um des Lohnes willen tun solle. Senejpa lehrt:


Daran halte sich unser Sinn, wenn er nicht von seinem Ideale abdas

irren will: nicht als Mietling trete er

heran zu edlem Wirken".

Das

groen und edlen Seele eigen, nicht auf die Frucht der
Wohltaten zu schauen, sondern auf diese selbst." Fast wrtlich
stimmen in diesem Punkte die Aussprche der jdischen Weisen mit
Seneca berein: Seid nicht wie die Diener, die dem Herrn um des
ist

einer

Lohnes

willen dienen."

jedoch nicht an

hat,

21.

fordert

Heil dem, der an Gottes Geboten Gefallen

dem Lohn

fr die Erfllung der Gebote."'

Der Mensch soll nicht schwren.


Epiktet: Den Eid vermeide, wenn

das aber nicht angeht, so vermeide

Marc

man

ihn,

In seinem

Handbchlein

es angeht,

vllig;

soweit es mglich

ist".

wenn
Bei

der vieles aus Epiktet schpft, findet sich der Spruch,


solle keines Eides und keines Menschen als Zeugen bedrfen.
Aurel,

Die Lehrer des Judentums haben zwar nicht wie die Essener den
Eid unbedingt verworfen, aber auch sie haben gelehrt, man solle
sich von dem Eide mglichst fernhalten.
Unsere Lehrer sprachen:

Es

ist

nicht gut, da der

Das Sprichwort

lehrt:

Mensch

Ob

selbst fr die

Wahrheit schwre."

schuldig oder unschuldig du sollst nicht

schwren".^

Ein angeblicher Spruch Senecas besagt, die schlichte Aussage


solle als eben so unverletzlich gelten wie der Eid.
Ebenso lehrt ein
jdischer Weiser: Nein und Ja sollen wie ein Schwur gelten.

Es

soll

hier

nicht

untersucht

werden,

ob Epiktet unter

dem

was weniger wahrscheinlich ist, unter


dem Einflsse Jesu das Vermeiden des Schwures gelehrt hat.'* Sicher
ist, da die Lehrer des Judentums in ihren Ermahnungen, man solle
sich von dem Eide fernhalten, von den Stoikern unabhngig sind.
Die Lehrer des Judentums fordern das Vermeiden des Eides in erster
Reihe aus religisen Grnden
der Gottesname ist ihnen ein Heiligdie Stoiker
tum, das nicht mibraucht und entweiht werden darf
dagegen aus ethischen Motiven und zwar, weil sie die Pflicht der
Einflsse der Pythagoreer oder,

Wahrhaftigkeit streng auffassen.


22.

Die Reinheit des Krpers.

Seneca de benef.

Hyrkanos,

Ab

z,

4,25.

i, i.

Die

Pflicht,

den Krper

Antigonos aus Socho,

Ab

1,3.

rein zu

Elieser b.

19 a.

Epiktet Enchir. 33, 5. Marc Aurel 3, 5. Tanch. zu Wajikra g. E. j. Schebuot 37 b.


3 Zahn a. a. O. S. 43 Note 33.
Eleasar b. Pedath, Schebuoth 36 a.
*

Zahn

a. a.

O. S. 3^. 43 Note 23II

FESTSCHRIFT COHEN

102
halten,

begrndet Epiktet mit der Verwandtschaft der Menschen mit

Gott.

hnlich sagt

Hillel zu seinen

Schlern:

Wie

die Knigsbilder

im Theater und im Zirkus reingehalten und von dem abgesplt


werden mssen, dessen Obhut sie anvertraut sind, so ist auch das
Baden des Krpers eine Pflicht fr den Menschen, der im Ebenbilde
Gottes erschaffen worden ist.^
Wie Epiktet dieses Leben mit dem
23. Die Seele ein Gast.
Aufenthalt in einer Herberge vergleicht, so heit es auch in einem
Worte der Agada: diese Welt ist deine Herberge, die zuknftige
aber das Wohnhaus.^ In der stoischen Popularphilosophie kehrt das
Bild Senecas oft wieder: Was ist die Seele des Menschen ....
anderes als ein im menschlichen Leibe gastweise wohnender Gott.

Im

Geiste dieser Popularphilosophie wirft Hadrian vor seinem

die

Verse hin:

Tode

Du rastloses reizendes Seelchen mein


Des Leibes Gast und Kamerad".
In einem Gesprche mit seinen Schlern nennt auch Hillel die Seele

Man

einen Gast im Krper.


erweisen,
sie nicht

24.

denn heute

mehr
Einen

weilt

msse,

die Seele

so sagt

er,

dem Gaste Liebe

noch im Krper, morgen

ist

hier.'

Tag

dem Tode.

Der Mensch
Dieser Gedanke

vor

soll

an den

Tod

findet sich in der


denken und edel leben lernen.
Stoa und von ihr unabhngig auch im Judentum. In einem Briefe
schreibt Seneca: Erweise doch dieses deiner Seele vor dem Tage
deines Todes: la deine Fehler in dir gestorben sein". Und gewissermaen als Erklrung dieses Ausspruches darf eine andere Stelle
in den Briefen Senecas gelten Man richte jeden Tag so ein, als ob
er die Reihe schlsse, als ob er die Summe der Tage voll machte".
hnlich lautet ein Wort des R. Elieser b. Hyrkanos: Tue Bue
einen Tag vor deinem Tode". Als R. Elieser von seinen Schlern
gefragt wurde, ob denn der Mensch den Tag seines Todes vorher
wissen knne, gab er ihnen zur Antwort: Um so eher wird der Mensch
Bue tun, denn vielleicht stirbt er schon am nchsten Tage. So
:

wird er
*

Tage

alle seine

Epiktet

diss.

IV

in

11,2.

Bue

Hillel,

verbringen.s

Lev.

r.

c. 34.

Moed

katon 9 b.
* Seneca bei Pfleiderer, Vorbereitung des Christentums in der griechischen Philosophie, Halle 1904, S. 55. Hadrian bei Deissmann, Licht vom Osten
3

S. 210,
s

Epiktet

Note

2.

diss.

24, 14.

Hillel Lev.

Sen. ep. 27. ep.

12.

r.

c. 34.

Ab

2, 10.

Ab

di R.

N.

15.

BERGMANN, DIE STOISCHE PHILOSOPHIE UND


25.

Besser

Dem

als die Unsterblichkeit.

in der stoischen Philosophie der hchste

Wert

FRMMIGKEIT

sittlichen

63

Leben wird

zugeschrieben.

Ein

gut und nach deinen Lehren, o Philosophie, zugebracht,


einer sndenvollen Unsterblichkeit vorzuziehen".
Noch schrfer

Tag,
ist

D. JD.

sittlich

wird

derselbe

gesprochen:

Gedanke

Besser

in

ist

dem Worte

eine

guten Werken verbracht,

Stunde

als alles

in

Weisen ausdieser Welt, mit Bue und

eines jdischen

Leben der kommenden Welt".^

Das Ideal des Weisen. Die Verwandtschaft zv/ischen der


Stoa und dem Judentum zeigt sich auch in dem Ideal des Weisen,
das sie beide aufstellen. Der Weise nach dem Sinne der Stoa ist
gengsam. Als Epiktet gefragt wurde, wer unter den Menschen
reich sei, antwortete er: Der Gengsame.
Weise ist, wer sich nicht
darber rgert, was er nicht hat, sondern damit sich freut, was er hat".
Ebenso lehrte Simon b. Zma: Reich ist, wer sich mit seinem Teil
Der stoische Weise ist demtig. Die Philosophie, so schreibt
freut". ^
Seneca, ist kein Schaustck, die Menge zu gewinnen, noch ein Mittel
zur Selbstverherrlichung.
Auch im Judentum wurde von dem Weisen
vor allem Demut gefordert: Mache die Lehre nicht zu einer Krone,
um dich damit gro zu machen".^ Der stoische Weise ist der rechte
Knig.'*
Seine hchste Tugend ist die a.ira.dua. Er ist frei von allen
Leidenschaften und Begierden, frei von Ha gegen seine Beleidiger;
er ist sanftmtig, nachsichtig und vertrglich.
Dieselben Tugenden
werden auch im Judentum von dem Weisen gefordert. Den, der
sich mit der Thora beschftigt, kleidet sie mit Demut und Gottesfurcht.
Sie entfernt ihn von der Snde und nhert ihn der Tugend,
gewhrt ihm knigliche Wrde
macht ihn sittlich, langmtig und
vergelich gegen alle Beleidigungen und erhebt und trgt ihn ber
26.

alle

.,

Dinge.5
II.

Zwischen der stoischen Popularphilosophie und der jdischen


Frmmigkeit besteht eine gewisse Verwandtschaft. Aber es gibt
zwischen beiden auch viele und tiefgreifende Differenzpunkte.
Man hat den Stoizismus eine religise Philosophie genannt. So

Cicero Qu. Tuscul.

Epiktet

fr.

52.

172. 129. bei

Jakob,
Spie

Seneca ep. 16. Zadok, Ab


Barth, Stoa S. 159.

Epiktet

diss. II 22,36.

Ab

Ab
a. a.

4, 17.

O.

S. 369.

Ab

3, i.

4, 5.

6,1, vgl,

Grtz, Geschichte der Juden3 IV


II*

178.

FESTSCHRIFT COHEN

104

mag, eine Philosophie bleibt er doch. Trotz


Stellen bei Epiktet und Seneca, die der Geist warmer und

religis

vieler

er

auch

sein

reiner Religiositt durchweht, entbehrt die stoische Popularphilosophie

im ganzen der starken

Frmmigim Grunde der Verwandte

religisen Kraft, die der jdischen

Weise bleibt
der griechischen Philosophen, whrend der jdische Fromme ein
Nachkomme der gottbegeisterten Propheten ist. Dem Hungernden
erffnet Epiktet als letzten Ausweg aus seiner Not den Selbstmord,
einen Ausweg, den die jdische Frmmigkeit als einen Mangel an

keit

eignet.

Der

stoische

Gottvertrauen und

irreligis

empfunden

htte.

Trotz seiner spteren theistischen Frbung bleibt der stoische


Gottesbegriff pantheistisch: Gott ist in der Welt, er ist eins mit der
Natur. Die jdische Frmmigkeit dagegen hlt an einem persnlichen Gott

fest,

der ber der Welt

ist.

Es

ist

aber gerade dieser

Glaube an den persnlichen Gott, der der jdischen Frmmigkeit


Auch die Stoiker nennen Gott den
Kraft und Wrme verleiht.
Vater der Menschen, aber im stoischen Denken schliet diese Vaterliebe Gottes keineswegs wie im Judentum den Menschen persnlich
in ihr Herz, da er, unter dem Schutze Gottes sich geborgen fhlend,
mit frohem Herzen das Leid des Lebens ertragen knnte.
zwischen der jdischen und der stoischen Ethik besteht
Im Judentum ist der Glaube an Gott
ein tiefgreifender Unterschied.
der Quell des sittlichen Handelns, in der Stoa dagegen ist es die
Vernunft, das Wissen, die richtige berzeugung von dem Wert der

Auch

Das Judentum
Stoa dagegen: Tue es,

Dinge.

ordnung es fordern.
das Naturgeme, fr

lehrt:

Tue das

Gute, denn Gott will es;

die

und WeltFr den stoischen Philosophen ist das Gute


den jdischen Frommen ist das Gute ein gttweil die Vernunft

und

die Natur-

hches Gebot.
der jdischen Frmmigkeit die bertretung des
gttlichen Gebotes, in der Stoa dagegen bedeutet das Wort a/iapria
eine Abweichung von dem Pfade der Vernunft aus Unwissenheit

Die Snde

ist in

Die Snde ist den Stoikern kein religises Problem. Sie wissen nichts
von dem zerknirschten Herzen und dem demtigen Gebet des Snders um Vergebung. Unter den stoischen Attributen Gottes fehlt
die

sndenvergebende Barmherzigkeit.

Die jdische Frmmigkeit preist das Mitleid mit dem Bedrftigen.


Solange du der Menschen dich erbarmst, wird Gott deiner sich erbarmen". Epiktet dagegen verbietet das Mitleid, Seneca nennt es

BERGMANN, DIE STOISCHE PHILOSOPHIE UND


eine

Schwche.

Das

Ideal des Stoikers

vom

keinem Affekt und auch nicht

D. JD.

FRMMIGKEIT

die Seelenruhe, die

ist

l6$

von

Mitleid gestrt wird.^

Weise ist schmerzlos, er fordert im Schmerz ReDer jdische Fromme


signation und Abhrtung gegen alle Leiden.
trgt die Schmerzen mit innerer Freude, er fordert Gottvertrauen
und Hoffnungsfreudigkeit und preist Gottes Liebe, die sich auch in
den Heimsuchungen kundgibt.

Der

stoische

Der

jdische

Fromme

will

Gott nachstreben, aber er bleibt sich

ewig des weiten Abstandes zwischen Gott und

Dem

dem Menschen

be-

Weisen fehlt die tiefe Demut, die der Religiositt eigen ist. Epiktet wagt den Ausspruch: Du bist ein Gott,
o Mensch". Seneca schreibt von dem Weisen: Alle Jahrhunderte
mssen ihm dienen wie einem Gott". Oder noch mehr: Es ist
etwas, worin der Weise Gott bertrifft. Dieser dankt es der Natur,
da er nichts frchtet; der Weise dankt es sich selbst".^
wut.

stoischen

Die jdische Frmmigkeit und die stoische Popularphilosophie


weisen viele Berhrungs- aber auch viele Differenzpunkte auf

Wo

bereinstimmung in der Lehre und in der Lebensauffassung


besteht, dort darf noch nicht auf ein Abhngigkeitsverhltnis geeine

schlossen

werden.

Vereinzelte

Gedankensplitter wie

der Vergleich

Gottes mit der Seele, der Vergleich der Seele mit einem Gast, der
nach seiner himmlischen Heimat zurckstrebt, das Problem von der

auch das Wort von dem Mittelweg


sind aus der griechischen Umgebung in das jdische Lehrhaus gelangt.
Nichts aber rechtfertigt die Behauptung, da die ZentralEntstehung der Seele,

vielleicht

gedanken der jdischen Frmmigkeit wie der Gedanke der Vorbildlichkeit Gottes und der Glaube an eine gtige Vorsehung stoischen
Ursprungs sind.

Es

lassen sich keineswegs betrchtliche Einflsse der stoischen

Die Verfeinerung und


Bereicherung der Ethik des Sptjudentums ist selbstndig und nicht
unter hellenischem Einflu erfolgt. Die griechische Art des Denkens
und der Begriffsbildung und die ethischen Definitionen der Stoa bleiben
dem palstinensischen Judentum fremd. So viel fremde Elemente
Popularethik

auf die jdische

nachweisen.

auch das Judentum aufnimmt und verarbeitet, der eigene Geist und
die Schpferkraft, die in ihm leben und auf religisem und ethischem

'

j.

Baba kama

Epiktet

6c. Test. Zeb.

diss. II

17,33.

8.

Epiktet

diss. III 22, 13.

Seneca de brevitate

Seneca de dem.

vitae 15. ep. 53.

2, 5

FESTSCHRIFT COHEN

l66
Gebiete fortwirken,

drfen

nicht

unterschtzt,

noch weniger

vllig

negiert werden.

Die jdische Frmmigkeit verhlt sich zur stoischen Philosophie


wie der Prophet zum Philosophen. Sie haben beide viele verwandte
Zge, aber in ihrem innersten Wesen sind sie verschieden.
Der Idealtypus des Griechentums ist der Philosoph, der IdealGriechentum und Judentum,
typus des Judentums der Prophet.
Philosoph und Prophet treffen

in

Alexandrien zusammen und ver-

Juden in Alexandrien blicken zu


Moses und Plato mit gleicher Verehrung empor. Prophet und Philosoph schlieen auch im Christentum einen Bund, der von' den
Kirchenvtern geweiht wird. Die Kirchenvter haben nach einem

schmelzen zu

einer

Einheit;

die

Worte Harnacks das Testament der Antike, das aus Griechenland


stammte, mit dem Testament des Judentums und mit dem Urchristentum

zu

einer

Einheit

verbunden.

In

Palstina

widerstrebt

Frmmigkeit der Verbindung mit der griechischen Weisheit, der Prophet wendet sich von dem Philosophen ab und baut
aus eigener Kraft seine Gedankenwelt auf. In der jdischen Relidie jdische

gionsphilosophie

setzung zwischen

zwischen

des Mittelalters

dem

findet

jdischen und

dem Propheten und dem

eine

dem

erneute Auseinander-

griechischen Geiste statt,

Philosophen.

Judentum und

Griechentum, Prophet und Philosoph haben die europische Kultur


geschaffen.

Damit

ist

unsere Untersuchung zu Ende.

denes Zeichen der Verehrung

fr

Sie soll als beschei-

den Mann gelten, der uns mit

gleicher Meisterschaft die Gedankenwelt der Philosophen wie der Pro-

pheten verstehen gelehrt hat und

in

seinem

Wesen und

in seiner

Weltanschauung eine harmonische Verbindung beider Idealgestalten^


des Propheten und des Philosophen, darstellt.

Maimunis Theorie der Prophetie.


Von Rabbiner

Dr.

LEWKOWITZ-Schneidemhl.

uns Juden der Gegenwart nicht


nur ein auergewhnliches historisches Faktum, dessen eigentmliche Form und geschichtliche Bedeutung wir zu erkennen suchen,

Das

prophetische Judentum

sondern zugleich ein ideales

ist

Ziel,

fr

dem

wir uns in reformatorischer

nhern bemht sind. Der moralische Grundzug unserer


Religion tritt wieder, wie in der Religion der Propheten stark und
deutlich hervor, seitdem unter dem Zwang wirtschafdicher VerhltKultur
nisse und infolge der umgestaltenden Wirkung der modernen

Arbeit zu

das Zeremonialgesetz seine herrschende Stellung verioren hat. Neben


diesen auflsenden Krften, die eine Erstarrung des Judentums verhindert und die Bahn fr seine Weiterentwickelung freigemacht
haben, hat aber an der Umwertung der religisen Werte, an der
energischen Betonung des Sittlichen auch die an die Gedankenarbeit
Kants anknpfende idealistische Philosophie ihren nicht unbetrchtlichen Anteil.

und der religisen Gedankenwelt der Propheten


bestehen, wenn man von der Verschiedenheit der Gesichtspunkte abSie stimmen nicht nur in der Besieht, wesentliche hnlichkeiten.
urteilung des Sittlichen berein, in der andachtsvollen Verehrung des
Guten als des hchsten und alles beherrschenden kosmischen Wertes,
in der rcksichtslosen Energie, mit der sie den ganzen Menschen
Zwischen

ihr

und auf seine sittliche Lebensarbeit hinweisen, sie gleichen


einander auch in dem sozialen Charakter ihrer moralischen Gesetze,
im Inhalt ihrer sittlichen Forderung. Daher ist es kein Zufall, wenn
Cohen, der Fhrer der neukantischen Schule, mit der ihm eigentmlichen Kraft die Bedeutung des prophetischen Judentums betont und
den Beziehungen nachgeht, die zwischen Sittlichkeit und Religion
erfassen

bestehen.

l68

FESTSCHRIFT COHEN

Das

Charakteristische an diesen religionsphilosophischen Unter-

suchungen

ist

die

Konsequenz, mit der

wo

wird, selbst da,

sie

unvermeidlich erscheint.

vollen

Phnomen der Prophetie

bare,

gleichsam

Trotzdem

scheint

In

dem

das Gtdiche

Beziehung zum

persnliche

Cohen

Metaphysik abgewiesen

alle

geheimnisin unmittel-

Menschen zu

treten.

Theorie der Prophetie,


der schpferische Vorgang der prophetischen Erkenntnis bleibt vllig auerhalb
des Gesichtskreises,
er unterwirft vielmehr den Inhalt der prophegibt

keinerlei

tischen

Verkndigung

einer tiefgreifenden Analyse.

dieses Standpunktes wird

um

so deutlicher,

Die Originalitt

wenn man darauf achtet,

wie die mittelalterliche jdische Religionsphilosophie dies Problem


behandelt. Ihr bedeutendster Vertreter Maimonides geh.t im More
auf die einzelnen Lehren der Propheten nicht
griff

prophetischen Judentums

eines

Dagegen

gibt

er eine

ein,

berhaupt

scheint den Be-

nicht

zu

kennen.

ausfhrliche Theorie des Prophetismus.

Sie

im folgenden in ihren Grundzgen dargestellt und kritisch gewrdigt werden. Dazu ist die Befreiung der Maimunischen Gedanken
von der Fessel der aristotelischen Formeln notwendig und ihre bersoll

tragung

in die

Form

des modernen Denkens.

Maimonides unterscheidet, von der naiven, unphilosophischen Ansicht

der

Menge abgesehen,

fassungen

der

grundstzHch verschiedene Auf-

zwei

Die

im
Prophetismus eine natrliche Erscheinung, die sich mit Notwendigkeit
aus dem Wesen des Propheten, aus seiner geistigen und sittlichen
Vollkommenheit ergibt.
Ihr stellt Maimonides die jdische Anschauung gegenber, derzufolge die prophetische Erkenntnis von

dem

Prophetie.

freien Willen Gottes abhngt.

heidnische

Philosophie

Das bedeutet

sieht

fr ihn nicht etwa,

da prophetische Anlage, wie alle Genialitt, ein Geschenk der Gnade


ist,
sondern auch da, wo alle natrlichen Bedingungen fr die Prophetie gegeben sind, kann, seiner Ansicht nach, die prophetische Erkenntnis ausbleiben.

II.

B. Kap. 32. Gott offenbart sich zwar nur einem

Menschen, der die hchste Stufe

und ethischer VollOffenbarung ist dann nicht naturnotwendig, sondern bleibt trotzdem die freie Tat des gttlichen Willens.
Bezeichnend fr Maimunis Denkweise ist seine Behauptung, da die
Prophetie, abgesehen von der gttlichen Gnade, nicht nur an seelische,
sondern auch an physiologische Bedingungen, an eine bestimmte
krperliche Struktur und wechselnde Zustnde des Krpers und der
Seele gebunden ist. Kap. 36. Darin verrt sich neben dem Einflu
der aristotelischen Erkenntnislehre auch die naturwissenschaftliche

kommenheit

erreicht hat, aber die

intellektueller

LEWKOWITZ, NLAIMUNIS THEORIE DER PROPHETIE

Betrachtungsweise des Arztes.


wie

schliet,

in

er

ist

nicht konsequent,

mancher anderen Frage, auch

sondern

bei seiner Erklrung

Kompromi zwischen Dogma und

der Prophetie einen

Vernunft, eine

Anerkennung seiner philosophischen Bedeutung


unzureichend bezeichnet werden mu.

Lsung,
als

Aber

169

die bei aller

dem Geheimnis

Die Ehrfurcht vor

kann uns nicht

schpferischer geistiger Pro-

den bernatrlichen, wunderbaren


Charakter der Prophetie zu leugnen. Maimunis Anschauung ist fr

zesse

hindern,

uns nicht nur deshalb unhaltbar, weil

sie die

strenge Gesetzmigkeit

Geschehens aufhebt und den Wunderglauben mit unserer Religion unlsbar verknpft, Judentum und Wissenschaft in unberbrckbaren Gegensatz zueinander stellt, sie erscheint uns auch ethisch
nicht einwandfrei, weil sie das Handeln Gottes von der sittlichen
Norm lst und ein mystisches Prinzip der Gnade und Willkr an ihre
alles

Stelle setzt.

Der

klassische Philosoph des

Judentums

zeigt

sich hier

dogma-

befangen und macht der Tradition, der Volksmeinung bedenk-

tisch

Doch

liche Konzessionen.

soweit sein dogmatischer Standpunkt es

zult, sucht er die Prophetie natrlich zu erklren.

unsere

Phantasie

wachem Zustand

Gedanken

die

beschftigen,

fortsetzt

so wird,

und

Wie im Traume

gestaltet,

die uns in

seiner Ansicht nach,

auch

der Geist eines Propheten, der sein Erkenntnisvermgen bis zur Voll-

kommenheit durch geistige Arbeit entwickelt, seiner sinnlichen Natur


Herr geworden ist und nicht von dem ehrgeizigen Streben nach
persnlicher Geltung geleitet, sondern von der Sehnsucht nach Erkenntnis und Wahrheit erfllt ist, nur Erhabenes und Reines, Gott und
seine Engel schauen, gltige Erkenntnisse und wertvolle sittliche
Normen gewinnen. Kap. 36. Das bedeutet aber nicht, da der
Prophet aus eigener Kraft die Wahrheit erkennt, er bedarf dazu
vielmehr der Inspiration.'

Diesen bernatrlichen Vorgang jedoch sucht Maimonides, soweit


wie mglich, natrlich

darzustellen.

Sobald der erste Ansto ge-

Propheten gleichsam in Bewegung


gesetzt hat, verluft alles andere in durchaus gesetzmiger, natrlicher und erkennbarer Form. Demnach ist Joels Urteil: Maimonides

geben

ist,

Gott die

Seele

des

darum kann
Fhigkeit und Anlage

hlt die Prophetie als solche fr nichts bernatrliches,

er an die

'

Kap.

Aufgabe

36.

sich

machen,

sie

als eine

FESTSCHRIFT COHEN

170

der Menschennatur zu erklren "S zu berichtigen.


wird im More der Wunderglaube nicht beseitigt,

Minimum

Wirklichkeit

sondern auf ein

reduziert.

Dieselbe Haltung zeigt Maimonides,

wenn

Erscheinungen und Vorgnge, von denen die

Reden

In

wunderbaren
Propheten in ihren

er die

berichten, nicht als wirklich gelten lt, sondern als imaginr

Scheinbar wird ihnen damit der Charakter des Wunderbaren genommen, in Wahrheit aber tritt nur an die Stelle der
krperlichen Form die geistige; der Wunderglaube wird seiner grb-

bezeichnet.

und

sten

im

am

Prinzip

meisten anstigen

Form

entkleidet, vergeistigt, sublimiert,

Die Visionen der Propheten sind ja


natrliche Schpfungen der prophetischen

aber festgehalten.

Maimonides nicht freie,


Phantasie, sondern von Gott inspiriert.
Man darf sich durch die allegorische Deutung der prophetischen
Bilderrede, die Maimonides mit genialer Kunst bt, nicht tuschen
lassen. Ihre Tendenz ist rationalistisch und naturalistisch, der Inhalt
und Sinn der Visionen soll als natrlich und vernunftgem erwiesen
werden, aber ihre Entstehung bleibt bernatrlich und wunderbar.
fr

Wo

berdies aus besonderen Grnden, wie bei

dem

biblischen Be-

von der Offenbarung am Sinai, die allegorische Deutung unmglich ist, nicht die Vision eines Einzelnen, sondern ein vom ganzen
Volk beobachteter wirklicher Vorgang dem Wortlaut zufolge angenommen werden mu, trgt Maimonides kein Bedenken, von einer
besonderen, von Gott auf wunderbare Weise geschaffenen Stimme zu
richt

Das wre

sprechend

eine vllig unbegreifliche Inkonsequenz,

im More wirklich der entschiedene Versuch gemacht werden

wenn
sollte,

die Prophetie als natrliche Erscheinung zu erklren.

Zwischen Rationalismus und Wunderglaube schwankt Maimonides


der prophetischen Divination
Er versteht darunter zwei fr uns absolut verschiedene
untersucht.
Fhigkeiten, die Gabe intuitiver Erkenntnis, die nicht wie das logische,

wenn

auch,

diskursive

er

die

rtselhafte Kraft

Denken von Folgerung

zu Folgerung

mhsam

fortschreitet,

sondern mit einem Schlage das Endresultat trifft, auerdem aber


das Vermgen, zuknftige Tatsachen als gegenwrtig zu sehen, ber
das sinnlich in der Erfahrung Gegebene hinauszublicken 3. Er versucht
nun,

die

"
3

Divinationsgabe der Propheten

Spinozas Theolog.
Kap. 33Kap. 38.

natrlich zu erklren,

als

Politischer Traktat auf seine Quellen geprft S. i8.

LEWKOWITZ, MAIMUNIS THEORIE DER PROPHETIE

I7I

Steigerung und Potenzierung eines allgemein menschlichen Ahnungs-

um so

beim Propheten Vernunft


und Phantasie in gleicher Vollkommenheit entwickelt sind und sich
gegenseitig untersttzen, Kap. 38, whrend bei Phantasten und Wahrsagern die Intelligenz nicht stark genug ist, so da sie Wahres und
Falsches durcheinander mengen. Aber auch hier wird die wissenschaftliche Erklrung abgeschwcht und getrbt. Die Divination der
Propheten wird nicht als ein natrliches, wenn auch seltenes menschliches Phnomen, sondern als Wirkung des gttlichen Geistes bevermgens, das

zeichnet.

Ihr

begreiflicher wird, weil

Zusammenhang

mit

der

ethischen

Gewiheit

des

Propheten von der Gerechtigkeit und Liebe Gottes bleibt unerkannt.


Mit Entschiedenheit vertritt Maimonides den supranaturalistischen
Standpunkt, wenn er von den W'undern spricht, die die Propheten
verrichtet haben.

Die Fhigkeit, Wunder zu tun gehrt, seiner ber-

zeugung nach, zum Wesen des Prophetismus, und je grer sie ist,
desto hher ist ihm auch der Rang des Propheten. Mose bertrifft
darum alle anderen Propheten, weil seine Wunder im Angesichte des
ganzen Volkes, also in voller ffentlichkeit geschehen. Kap. 35.
Lt Maimonides sich hier durch seltsame uerlichkeiten dazu
verleiten, im Propheten einen Wahrsager und Wundertter zu sehen,
so trifft er wiederum mehr den Kern, wenn er vom Propheten Mut

Nur handelt es sich da nicht


und Unerschrockenheit verlangt.
immer um den sittlichen Mut, die eigene berzeugung, die Majestt
der moralischen Forderung der irdischen Macht, den Groen der
Erde gegenber zur Geltung zu bringen (Kap. -^y), sondern Maimonides denkt auch an den natrlichen Mut, der sich aus dem Gefhl
der eigenen Kraft von selbst ergibt und in heroischen Taten offenbart^. So wird ihm Simson sonderbarerweise zum Propheten^, wenn
er auch, wie die anderen Richter, den niedrigsten Typus des Propheten

darstellt.

Aus

der Tatsache, da der Prophet ein Held

monides, da auch der Held ein Prophet


Stimmung, der sittlichen Begeisterung, die

ist.

ist,

schliet Mai-

In der ekstatischen

zum Handeln

treibt,

sieht

Merkmal der Prophetie und wird durch den


Wortlaut der heiligen Schrift darin bestrkt, die die Richter und
er

ein

wesentliches

Ohne Zweifel hat


Helden vom Geiste Gottes" erfat sein lt.
Maimonides hier richtig gesehen, wenn er den Trieb zur Aktivitt,
Kap. 38.
Kap. 45.

FESTSCHRIFT COHEN

172

das selbstlose, energische, ideale Handeln fr ein wesentliches Zeichen


der Prophetennatur hlt, doch ist seltsamerweise seinem Genie die

und Bedeutung des prophetischen


Geistes entgangen, er htte sonst den Begriff der Prophetie schrfer
und enger gefat und Simson nicht einen Propheten genannt.
Seiner Ansicht nach besteht zwischen Mose und den spteren
selbstndige, schpferische Kraft

Propheten nicht nur ein Unterschied des Grades, sondern des Wesens."
Mose allein ist der Schpfer des Monotheismus, der Empfnger der
hchsten gttlichen Offenbarung und darum der von Gott beauftragte
Alle spteren Propheten sind neben ihm Geister
Gesetzgeber.*
zweiten Ranges, geniale pdagogische Naturen, dazu bestimmt, Israel
fr die Lehre des Mose zu erziehen und reif zu machen. 3 Es braucht
nicht erst gesagt zu werden, da
lichen

Maimonides der religionsgeschicht-

Bedeutung der Propheten nicht gerecht

Aus

wird.

dieser irrtmlichen Beurteilung des Lehrgehalts der prophe-

tischen Religion

erklrt

sich die

verschiedenartige

und der spteren Propheten, da ihm Mose


menschlichen

Wesen

wird,

das

alle

fast

Wertung Mosis
zu einem

ber-

Krperlichkeit berwunden und

wie die Sphrengeister, die Engel, ohne Vermittlung des Erdgeistes,


der ttigen Intelligenz" Gott erkennt. Die Tradition allein, die Mose
eine Sonderstellung anweist, htte Maimunis Urteil nicht bestimmt,
zeigt sich ja gerade

lieferung

im More, wie selbstndig und

gegenbersteht.

Kj-aft der Propheten, ihre

Sobald

aber

Bedeutung

die

fr die

frei

geistige,

er der

ber-

schpferische

Hherentwickelung der

mosaischen Religion erkannt ist, schwindet auch die Mglichkeit,


eine Wesensverschiedenheit Mosis und der spteren Propheten anzunehmen. Whrend Maimonides zwei verschiedene Arten der Prophetie und Offenbarung annimmt, ist das Problem der Prophetie
fr

uns ein einziges.

den hchsten Typus des Menschen,


er besitzt die grte erreichbare menschliche Vollkommenheit, die
sittliche Reinheit der Gesinnung, voll entwickelte Verstandeskraft und
eine gestaltungskrftige, auf die leiseste Anregung reagierende Phan-

Der Prophet

reprsentiert

Kap. 36. Sie ist das eigentliche Organ der Prophetie. Ist
sie mangelhaft entwickelt, so da die geistigen Inhalte nicht bildhaft
gestaltet werden, dann wird aus dem Propheten der Philosoph.

tasie.

'

'

Kap.
Kap.
Kap.

3539.

39.

LEWKOWITZ, MAIMUNIS THEORIE DER PROPHETIE

I73

berwuchert sie den Intellekt, dann enthalten die Offenbarungen,


Trume und Visionen Phantastisches, Richtiges und Falsches. ICap. 37.
Beim Propheten befinden sich also die hchsten seelischen Krfte

Er schpft

im vollen Gleichgewicht.

seine Erkenntnis aber nicht aus

der Tiefe der eigenen Seele, sondern empfngt eine Inspiration von
auen, der einstrmende Gottesgeist wird vom prophetischen Intellekt
die Phantasie weitergeleitet, die die Denkinhalte

aufgenommen und an

Kap.

knstlerisch gestaltet.

36.

und Phantasie zur Erklrung der


prophetischen Rede zusammenwirken lt, in der Phantasie das notwendige Organ der Prophetie erblickt, erscheint uns als seine wertvollste Erkenntnis, als seine bedeutendste Leistung fr die Bestimmung
der prophetischen Natur. Da er Intelligenz und Phantasie so scharf

Da Maimonides

hier Intellekt

voneinander sondert, der Phantasie nur die Rolle des gestaltenden


Knstlers zuweist, der seine Ideen erst von einem anderen empfangen
Daran ist die Erkenntnislehre des
mu, darf nicht berraschen.
Aristoteles schuld,

von einem dem begrifflichen Denken

die

gleich-

Denken nichts wei. Dagegen


ist es befremdend, da er bei der Bestimmung der besonderen Prophetengabe Mosis sein Urteil ber die Notwendigkeit und den Wert
der prophetischen Phantasie ndert. Er uert sich da nur in vorwertigen knstlerischen,

bildhaften

Andeutungen, trotzdem lt sich erkennen, da,


seiner Ansicht nach, Mose nicht nur ohne Mitwirkung des Erdgeistes,
sondern auch ohne das Medium der Phantasie, als reiner Intellekt
Das lt sich mit dem Satze: Die
seine Offenbarungen empfngt'
Phantasie ist das notwendige Organ der Prophetie" schwer vereinsichtigen

und

leisen

baren.

Dieser Widerspruch lt auf einen tieferiiegenden Irrtum schlieen.


Gleichviel, ob Maimonides dem Plato, oder dem Aristoteles nher
steht,

in

jedem

Falle

ist

sein religionsphilosophisches

Denken durch

den Intellektualismus der griechischen Philosophie bestimmt. Die


hchste seelische Kraft ist ihm die Vernunft, und so werden ihm
die Propheten zu spekulativen Denkern, die in genialer Intuition metaphysische Wahrheiten erkennen und in allegorischer, dichterischer
Rede aussprechen. Ihr unbezwinglicher Drang, ihre Offenbarungen
dem Volke mitzuteilen, ist nur die Folge der Kraft und Flle des
auf

sie

'

einstrmenden gttlichen Geistes, der auch die Philosophen

Kap.

36.

FESTSCHRIFT COHEN

174
ZU literarischer Arbeit
unterscheidet,

ist

Was

treibt.'

nicht

den Propheten

vom

Philosophen

ethische Genialitt, die schpferische

seine

Kraft und Strke des sittlichen Empfindens,


der Phantasie, der zur Intuition befhigt.

sondern der Reichtum

Die bildhafte Sprache der

aber nicht die adquate, natrliche und hchste Form


der metaphysischen Erkenntnis. Darum lt Maimonides den Mose
Gott ohne Hilfe der Phantasie, als reine Intelligenz in begrifflichem
Phantasie

ist

Denken erkennen.
Es ergibt sich

daraus, dai^ er die Bedeutung der prophetischen

Meinung
strenden Einwirkungen der Auen-

Ekstase nicht richtig einschtzt.

Sie schliet nach seiner

den Propheten nur gegen die


welt ab und ermglicht so das freie, ungehemmte Spiel der Phantasie.*
In Wirklichkeit aber

ist

das ekstatische Fhlen, das

aufrhrende Erleben, die

Seele

tischen Schaffens,

und

kenntnis,

die

dem

aus
Glut

alle

Tiefen der

geheimnisvolle Quelle des prophe-

sittlichen

Gefhl selbst stammt die Er-

des Empfindens strmt naturnotwendig

dichterischer Rede, in Bildern

Fr Maimonides handelt

und Visionen

in

aus.

es sich offenbar nur darum, die schein-

bare Phantastik der prophetischen Rede zu beseitigen, das irrationale

Moment, das

die reine Geistigkeit des jdischen

droht, unschdlich zu

nach

machen, und so

rationalistischer Bibelexegese die

Monotheismus be-

erklrt er aus

dem

Bedrfnis

Gestalten,

die

Propheten

die

schauen, fr Schpfungen der Phantasie und konstruiert danach das

Wesen

der

Propheten.

Die

tiefe

Verwandtschaft, die innere Zu-

sammengehrigkeit von Kunst und Religion hat er nicht erkannt,


daher lt er den vollkommensten Propheten die Wahrheit unverhllt schauen, begrifflich denken, und nur fr die Menge wird sie in
die verbergenden und schtzenden Schleier der Dichtkunst gehllt.

Den

geheimnisvollen Vorgang der gttlichen Offenbarung be-

Maimonides mit den Formeln des neuplatonischen AristoteDie Emanation des gttlichen Geistes strmt durch Verlismus.
mittelung des Erdgeistes in die Seele des Propheten.3 In die Sprache
schreibt

der

Gegenwart bersetzt bedeutet das, da

Schaffens der Prophetengeist seine Einheit mit

in

der

Ekstase des

dem Weltengeist

fhlt.

den Anspruch erheben, eine metaphysische Erklrung der Offenbarung zu

Dieser Satz kann natrlich nicht, wie Maimonides glaubt,

'

Kap.
Kap.
Kap.

37.
41.

36.

LEWKOWITZj MA.IMUNIS THEORIE DER PROPHETIE


geben,

1/5

das Mysterium des geistigen Schaffens dringt unsere Er-

in

kenntnis nicht,

aber wenn

man

darin nur eine vorsichtige psycho-

Beschreibung des prophetischen Seelenzustandes erblickt,


dann wird eine solche Vermutung durch die prophetischen Reden
Man wird die verschiedenen Wendungen,
selbst deutlich besttigt

logische

mit denen

sie

die Ekstase,

das Ergriffensein

vom

gttlichen Geiste

beschreiben, nicht anders deuten knnen, sie haben nur diesen einen
Sinn.

Vom

psychologischen Standpunkte aber wird man, von allen


erkenntniskritischen Bedenken abgesehen, gegen Maimunis Auffassung
der Offenbarung einwenden mssen, da sie den schpferischen Akt
des prophetischen Denkens veruerlicht und mechanisiert So wenig
Sicheres

wir

auch ber die seelischen

Vorgnge im Geiste der

Propheten behaupten knnen, eins ist sicher, da zwischen der Offenbarung, die ein Prophet empfngt, und der Struktur seiner Seele die
denkbar engste Beziehung besteht, da die Persnlichkeit des Propheten
den Inhalt seiner Offenbarung wesentlich bestimmt und nicht, wie
das indifferente, unpersnliche Werkzeug des gttlichen Geistes ist, und da demnach der prophetische Geist nicht die
ausschlielich passive Rolle spielt, die ihm im More zugewiesen wird,
bei Maimonides,

sondern im

Phnomen

des

prophetischen

Schaffens

die

schpferischen religisen Krfte des menschlichen Geistes


sind

und

sich offenbaren.

tiefsten

am Werke

Die alexandrinische Lehre von den Mittelwesen oder


gttlichen Krften, insbesondere bei Philo, geprft auf
die Fraee,

ob und welchen Einflu

sie

auf das

Mutterland Palstina gehabt,


Beitrag zur Geschichte der jdischen Religionsphilosophie.

Von

geschichtliche Tatsache, da der welthistorische

bekannte
EsKampf zwischen
den
ist

tum und

Treitel.

L.

eine

beiden Kulturmchten, palstinischem Juden-

hellenistischem Denken, oder jdischem Glauben und grie-

chischer Weltweisheit, innerhalb der palstinischen Kreise mit einem


entschiedenen Sieg des ersteren geendet hat. Innere Grnde sind es,

eben die Grundabweichung palstinischer Denkweise in Sachen der


Religion, da auch zur alexandrinischen Religionsphilosophie, dieser
edelsten Blte jdisch-hellenistischer Bildung das Verhltnis sich zum
Teil feindlich

gestaltete.

Gleich das erste,

auslegung, auf die sich dieselbe

sttzt,

die allegorische Schrift-

mute

in

dem

nischer Gesetzeslehrer schrfste Verurteilung erfahren

Kreise palstivielleicht,

wenn

auch nicht recht erweisbar, ist darauf das bekannte Verdikt des
n^bn^ h nmnn n^iS n"?: Pirke Ab. 3, 8 zu beziehen. Sehr bald
und so weit konnte schon die Kunde von
ist in diesen Kreisen
der eigentmlichen Auslegungsweise der Alexandriner gedrungen sein

ungeheure Gefahr erkannt worden, die dem Fortbestand allen


Religionsgesetzes von der Verflchtigung des Schrifswortes in leichte
Gedankengebilde drohte. Die Synagoge, wenn man so die palstidie

mute der allegorischen Schrifterklrung aus diesem Grunde Tr und Tor verschlieen, sie berlie
es der Kirche, das Erbe allegorischer Schrifterklrung anzutreten,
die davon, wie bekannt, desto ausgiebigeren Gebrauch gemacht.

nischen

Kreise

bezeichnen

darf,

sonst zeigte das Gesicht dieses jdisch-alexandrinischen Hellenismus in Lehre und Leben eben nichts Sympathisches fr palstinische

Auch

Relicionsbegrifife.

Die Denationalisierung oder die Ausschaltung des


12

FESTSCHRIFT COHEN

178

theokratischen Gedankens, der durch das gesamte pentateuchische


Religionsgesetz geht, fr den Philo durchgehends ethisches Prinzip

war fr palstinische Anschauung etwas unsagbar BefremdVollends aber war


liches, mute in diesen Kreisen kalt, leer lassen.
der Gottesbegriff, wie er in Alexandrien, im jdischen Hellenismus
sich herausgebildet, fr Palstina etwas, was man daselbst gar nicht
Der farblose auerweltliche Gott der Alexandriner, der
verstand.
um seiner Erhabenheit willen gar nicht in die Welt des Geschehens
eingeht, wie er bei Philo gelehrt wird, war fr palstinische Begriffe
einfach ein Nonsens, er widersprach allem und jedem, was die Propheten, die gottbegeisterten Snger der Psalmen von Gottes unmittelbarem Wirken in der Welt verkndet, was, weil es mit glubigem
Gemte hingenommen ward, allein auch die Gemter zu erwrmen
vermochte. Und doch daneben Ausdrcke und Begriffe, wie i<"10"'0,
"1p\ sn^DtJ', dazu die Middoth, inn mo und D^omn 0, die auf den
ersten Blick so frappante hnlichkeit mit den Swafias oder Xoyot
den Mittelwesen, gttlichen Krften bei Philo, zeigen. Wie
d.
sollte sich da nicht die Frage erheben, ob und wie weit hier jdischGewi sind die
hellenistische bezw. philonische Einflsse vorliegen.
hnlichkeiten lngst von jdischen und christlichen Forschern erkannt worden, aber eine scharfe Abgrenzung nach palstinischer
Seite vermit man, und erscheint darum erneute Untersuchung, wie
sie im folgenden gegeben werden soll, zum mindesten nicht bersetzt,

i.

flssig.

Was Gelehrte
zum

wie C. Siegfried

in

seinem Philo von Alexandrien"

Zeller in Geschichte der griechischen PhiloS. 383 Anm. 2 bestimmt hat, den Logos als

Teil auch einen E.

sophie" Illb,

3,

Aufl.

Haupt- und Mittelpunkt der Lehre von den gttlichen Krften bei
Philo in die Nhe des 'm N1'' zu bringen, sie fr nahe verwandt
zu erklren, ist das, da allzu viel Gewicht auf die bloe Wortbedeutung der beiden termini gelegt worden.
aber

ist

gelangen.

Auf diesem Wege

Lsung der vorliegenden Frage nicht zu


Mehr hat man sich davon zu versprechen, da der gene-

zu einer sicheren

tischen Entwickelung der hier in Betracht

gesprt wird.

kommenden

Begriffe nach-

Bei Philo sind wir in der glcklichen Lage, ihn selbst

ber die Entstehung seiner Lehre von den gttlichen Krften abhren zu knnen. Er lt keinen Zweifel darber, da dieselben
Erjebnis der starren Transzendenz seines Gottesbegriffes sind; das

ganze System der Mittelwesen oder gttlichen Krfte, wie er es an


unzhligen Stellen seiner allegorisch-exegetischen Schriften mit behag-

TREITEL, DIE ALEXANDR. LEHRE

VON DEN MITTELWESEN USW.

I/O

lieber Breite darlegt, ist mit innerer

Notwendigkeit aus diesem seinem


Gottesbegriffe hervorgegangen. Einmal die Lehre von dem schlechthin
transcendenten Gotte aufgestellt, der als solcher nicht unmittelbar
in die
alles,

Welt der Materie eingehen kann


aus der vXr] erschuf Gott
nicht da er dieselbe, das Urgemisch von Stoff, berhrt htte,

das durfte er seiner glckseligen Natur nach nicht"

329 ed. C., zitiert bei E. Zeller


feststeht, da Gottes Wesen im Wirken,

sagt er de spec.

da andererseits fr ihn
in der Einwirkung auf die
Welt besteht, war aus diesem Dilemma nicht anders herauszukommen
als durch die immerhin von einer gewissen Genialitt zeugende Annahme von Mittelwesen, gttlichen Krften, die den Verkehr Gottes
mit der Welt vermitteln, wie er ausdrcklich an derselben Stelle
weiter lehrt. Damit war aber auch die andere Annahme gegeben,
da diese gttlichen Krfte Trger eines eigenen Seins sind, mit
anderen Worten, da ihnen Persnlichkeit zukommt; die gttlichen
^^^^-

I,

Krfte bei Philo, voran der Logos, erscheinen personifiziert.


Wenn
sie an anderen Stellen doch wieder vielmehr als Eigenschaften Gottes
oder,

wenn von

eigentlichen Attributen Gottes bei Philo nicht ge-

redet werden darf, als vielmehr der Gottheit innewohnend hingestellt

werden, so

das eine der zahlreichen Unklarheiten, in die unser

ist

Freund sich auch sonst verwickelt

Das

alles

hat E.

hat,

Zeller berzeugend,

stellungskunst gegeben,

ohne es auch nur zu merken.


lichtvoll,

wie es seiner Dar-

Gesch. d. Phil. d. G. III b von S. 360


an auseinandergesetzt; aber was er nicht besprochen, auch nicht berhrt hat, als gar nicht in den Rahmen seines Werkes fallend, ist
die daran sich knpfende Frage, ob und wie weit Philo damit noch
auf dem Boden eines strengen Monotheismus als Jude steht; desto
mehr aber interessiert die Frage uns, interessiert sie den jdischen
Theologen.

Da

leuchtet denn

a. a. O.,

ohne weiteres

Mittlern oder Mittelwesen, wie

Philo nennen

mag

er

ein,

immer man

da die Annahme von


die gttlichen Krfte bei

selbst hat dafr das Bild des Siegelabdruckes

(de Monarchia 47 C)
die einmal
eigenes Sein, eigenes Wirken haben,

aus
teils

Gott herausgesetzt,
erschaffend,

teils

dann

ordnend,

da solches mit dem strengen Monotheismus der Lehre des Judentums sich nimmer vereinen lt. Schon daraus folgt mit absoluter
Gewiheit, da

und was sonst von derartigen Begriffen hier noch in Betracht kommt, Mittelwesen im Sinne Philos
nicht sein knnen.
Nur noch in der, alexandrinischer Denksphre
angehrenden, Apokryphen- Literatur findet sich Ahnliches, es ist das
'I0''0,

t^lp'',

t<ni''3ty

12"

FESTSCHRIFT COHEN

l80
in

Kap.
von der Sapientia gegeben wird. Wenn es daselbst von
es ist in ihr ein Geisteshauch, Hauch von der Allmacht

der Sapientia Salomonis,

VII, 22

ff.

ihr heit:

Gottes,

von

Ausflu

der

in

der Schilderung,

Gottes,

Herrlichkeit

die daselbst

Spiegelbild

seiner

vermgend, alles erschauend", was fehlt


da noch zur Hypostasierung oder Personifizierung der Sapientia zu
einer Art zweiten gttlichen Wesens, wie es im Logos Philos erscheint? Kein Zweifel, da Philo bei der Mischung der Farben zu
dem Riesenkaleidoskop seines Logos, wenn man es so nennen darf,
davon besonders stark beeinflut worden, so sehr im brigen die

Wirkenskraft, selbst

alles

darin

durchaus einem E. Zeller bei


In alexandrinischen Kreisen hat solche
sein eigenster Gedanke ist.
Nebenordnung gttlicher Mittelwesen keinen Schreckensruf aus-

Logos-Lehre

gelst,

wohl aber

pflichte ich

in palstinischen; in letzteren, fragt

setzen: ]n nnty"! Tlty n)b^

Metathron,

dieses

on Otr Talm. Chag.

rtselhafte

Engelwesen.

man

15 a in

So bedeutet

mit Ent-

bezug auf
hier

der

von gttlichen Wesen eine schwere


Gefahr fr den strengen Monotheismus, als dessen Wchter die Synagoge dasteht. Hier lag auch nicht die geringste Veranlassung
zur Annahme von Mittelwesen, vermittelnden Krften vor; palstinisches Judentum nimmt durchaus nicht Ansto an der Anschauung,
da Gott mit seinem Wirken unmittelbar in die Welt, und sei es
auch in die Welt des physisch Bsen eingeht, hier ist Gott, umgekehrt, innerweltlich, so da man auch nicht vor der uersten
Konsequenz zurckschrickt, und die Art, wie Jesaja 45, 7 von Gott
spricht Bildner des Lichts und Schpfer der Finsternis, FriedensDeutstifter, erschaffend auch bles" ganz selbstverstndlich findet.
licher noch Talm. Ber. 55a: Fr drei Dinge in der Welt behlt sich

bloe Schatten

einer Zweiheit

Bestimmung vor, es sind Hungersnot, Fruchtbarkeit


und guten Herrn. Das alles in Konsequenz dessen, da in Palstina
vllig unfabar war der Gedanke eines nebengeordneten gttlichen
Wesens. Es mag dem Umstnde, da E. Zeller eben nicht im
Judentume steht, zugute gehalten werden, da er bei Memra meint,
da hier Einflu des philonischen Logos vorliege und demgem die
die eines gttlichen MittelMemra auch hnliche Bedeutung d.
wesens habe. Es erscheint nach dem Dargelegten solches vllig
ausgeschlossen, und ist nach all dem zu sagen:
Philos Lehre von den gttlichen Krften hat nirgends
und zu keiner Zeit in Palstina ein Echo gefunden, nicht
in mischnischer und nicht in talmudischer Zeit.
Gott

oberste

i.

TREITEL, DIE ALEXANDR.

So erbrigt denn
niOty

J^ID^O Slp^

Am

prfen.

l8l

darauf den tatschlichen Gebrauch von


der Middoth, ]nn
und D^onin '0, zu

nur,

mo

wie

evidentesten zeigt sich die Abwesenheit jeden Charakters

von personifiziertem Sein bei


fr 'n

LEHRE VON DEN MITTELWESEN USW.

Nip'';

es

ist

die aramische

nnD, nichts weiter, wie deutlich aus der lngst

Bezeichnung
in die

Gebet-

ordnung bergegangenen Stelle, Jes 6, 3


yi b^ ''Vo zu
erfahren. Es ist ein Umgehen des Gottesbegrififs" sagt Z. Franke L
in seinem Zum Targum der Propheten Literar. Beil. z. Jahresbericht
n"'"lp'^

d.

Da

Sem. 1872".

ferner 1D''0 nicht Mittelwesen

sein kann, geht aufs klarste aus

n"'m"3im

nSJ'l

VT

"'n

K10"!Dn

dem Targum

hervor; es hiee

zu

im Sinne Philos

Exod

14, 31

'li''l3'n"l

doch unserm Targum

Onkelos eine Ungeheuerlichkeit unterschieben, wollte man dasselbe


so verstehen, als htte der Glaube an ein zweites gttliches Wesen
zu gleicher Zeit bei Israel Eingang gefunden. Es ist erklrende
schreibung des Gottesbegriffs selber, wie solche erklrende

schreibung auch bei

Mose

Frage bei

riger ist die

UmUm-

ntig gefunden worden, sonst nichts. Schwie-

NnrDtJ',

indem da der Sinn, die etymologische


es drfte davon auszugehen sein, da

Bedeutung dunkler ist. Indes,


der Bezeichnung TlS^D^ hufig Vt beigesetzt wird, dessen Sinn klar ist.
Damit wird auch Sinn und Bedeutung von nyoty klarer, durchsichEs drfte, wie dies auch E. Zeller herausgefhlt hat a. a. O.
tiger.
p.

368

Anm.

I,

die Lichterscheinung zu bedeuten haben, in der die

Gottheit

thronend

gedacht wird,

Gottheit

werdend.

Wie

Vorarbeit

zum Abglanz

der

solche Ideenassoziation

er-

gleichsam

so
fr

wonach

da
schon als in Licht gehllt gedacht wird, auch an das viel angewendete
C lty p^b wird man denken knnen, was Gesenius' Wrterbuch s. v.
pty geradezu fr den Ursprung von n^DtJ' erklrt. Doch gleichviel,
ob auch sonst noch eine Bedeutungsnuance fr den Ausdruck Tiy^
gefunden wird, so viel liegt klar zutage, da das alles keineswegs auf
die Vorstellung von gttlichen Mittelwesen fhrt. Bei den beiden Middoth, D^omn D und ]nn ', wie sie in dem bekannten Midrasch n"npn 1DN
scheinen biblische Vorstellungen wie Ps 104,

mon

2,

die Gottheit

n Ber. rabb. s. 12 zusammenbegegnen und sonst vielfach in Talmud und Midrasch, liegt der Vergleich mit den beiden Plauptkrften, den obersten Mittelwesen, der
SvvafjLLs aa-iXiK-q und Svvafiis evipyeris bei Philo, wegen der hnlichkeit
besonders nahe, er ist geradezu unabweisbar, zumal auch die Quelle
es sind dies bekanntlich die Gottesnamen mn"'
dafr bei beiden,
die gleiche ist. Gleichwohl vermag ich auch hier nicht
und U^7\bn
'1D1

n^onnn

O'j'iyn

^iS t<mn

philonischen Einflu zu erblicken; das

Umgekehrte

erscheint als das

FESTSCHRIFT COHEN

l82

da die Middoth des Talmud und Midrasch


lter als Philo, wie sie sind, wenn sie auch nicht vor ihm literarisch in
Talmud und Midrasch fixiert worden, von Palstina erst den Weg in
Ein geschrfteres
die alexandrinische Denksphre gefunden haben.
Denken der mischnischen Zeit, deren Anfang, wenn auch noch ohne

Wahrscheinlichere

d.

i.

Niederschlag,

literarischen

bekanntlich

weit

vor

Philo

zurckliegt,

Gott bestimmte Krfte besonders unterscheiden, was zur Benennung von nn fhrte. Ausgangs- und Anhaltspunkte mochten

lie in

und deren Benennungen, wie Bti>1 pHS verbunden mit T^S "lOTp'' riOKI IDh V' 89, 1 5 bieten. Man sieht bei nherer
Prfung, da die beiden Middoth auch gar nicht dem Sinne nach mit
den Krften bei Philo, der kniglichen Gewalt als der einen, der wohltuenden Macht als der anderen zusammenfallen. Der Sinn von kniglicher Gewalt liegt gar nicht in ]nn '. Gerechtigkeit", was dieses
biblische Vorstellungen

allein bedeutet,

Die Middoth sind ferner

um

Gott,

lehrt

de

sagen

was

mehr und weniger als knigliche Gewalt.


nach palstinischer Anschauung nicht Krfte

bezeichnet

die Swa/x,eis des Philo sind, wie er ausdrcklich

wenn man

conf. ling. 171 ed. C, sie sind Krfte",

will,

von ihnen
schon so

aber Krfte in Gott, Eigenschaften Gottes, die nicht aus

Zeller anzunehmen scheint,


wenigstens fr die Zeit nach Philo a. a. O. S. 370 Anm. i. Von
lteren Forschern so auch Nachman Krochmat in s. More Neboche
ihm herausgesetzt

auftreten, wie dies E.

Middoth bezeichnen Energien, scheinen


nur aus Gott herausgesetzt zu sein, in Wahrheit DlIpO Dj; 'nnino DH
Einmal nur,
sind und bleiben sie mit ihrem Urquelle verbunden".

ha-seman, schaar 12

die

kommt

im Sinne eines wirklichen Mittelwesens vor, es ist dies in liturgischer Literatur, in den Selichoth,
der bekannten Gebetstelle: '''?:i^inn )ybv D'm mD, doch dies ist
sptes Produkt, geht ber den altpalstinischen Gedankenkreis hinaus;
so weit ich sehe,

D''m

'0

Anschauung. In dieselbe Kategorie


des Kabbalistischen, Frhkabbalistischen wren auch die sogenannten
nvni mit ihrer Hypostasierung als wirksame Krfte in Midrasch
und Talmud zu rechnen, wie Talm. babl. Ber. 55 a ^'nb '^ .TH V^^'
pKI n^OtJ' pn "linity nvm. Ebensowenig sind endlich die Engel"
ich vermute hier kabbalistische

in

der

Bibel

gleichbedeutend

mit

gttlichen

Krften,

Mittelwesen

Engel haben unbestreitbar Persnlichkeit,


werden ihnen krperliche Bewegungen
Gestalt,
es wird ihnen
beigelegt; die Bibel gibt damit nur den Volksglauben, die VolksDie Engel umstehen lobsingend den Thron
anschauung wieder.

im Sinne

Gottes,

Philos.

sind

Die

die Begleiter Gottes,

seine Boten,

die

dem Menschen

TREITEL, DIE ALEXANDR. LEHRE

VON DEN MITTELWESEN USW.

183

danach sind sie Mittler


mute auch einen Philo auf
Begriffe, wie sie ihm philo-

seine Befehle, seine Botschaften berbringen,

zwischen Gott und Mensch.

Das

den Gedanken bringen, da seine

alles
Aoyot,

sophische Spekulation eingab, mit den ayyeAot, fr die vielmehr der


Glaube seines Volkes die Quelle ist, identisch seien; vgl. die Stellen
Aber da die Engel krperlich gebei E. Zeller S. 363 Anm. 2.

dacht werden, bezeichnet allein schon einen einschneidenden Gegensatz zu seinen Swa/xe oder Aoyot, die, wie er ausdrcklich de conf.
Zum anderen erUno-. 172
sagt, vorjToc, rein geistiger Natur sind.
scheinen die Engel in den Erzhlungen der Heiligen Schrift wie

den Augenblick gemacht, die im nchsten Augenblicke nicht


mehr da, auch nicht einmal besonderen Namen haben. Bekanntlich
sind die Engelnamen Gabriel, Michael, Raphael und andere nicht paSie sind eben nicht Trger eigenen Seins,
lstinischen Ursprungs.

fr

und bleiben ein Werkzeug in der Hand


Gottes, das auer Wirksamkeit tritt, so die Sendung, zu der sie erschaffen, vollbracht ist, whrend die Mittelwesen Philos, einmal aus
Gott herausgesetzt, ihre eigene Wirkenssphre haben und behalten.
die
und darin erblicke ich den Hauptunterschied
Endlich aber
Svvdixeis oder Aoyot bei Philo haben, sozusagen, dogmatische Bedeueigenen Wirkens;

sie

sind

tung, sind intesrrierende Teile eines theologischen Systems, blutlos,


wie Begriffe, die die philosophische Spekulation geschaffen, die Engel
in

der Bibel dagegen sind poetische Gebilde, die Leben haben und

darum auch Krper haben mssen.


Es erhebt sich danach die Frage, was die Funktion, die Bestimmung ist, die "lp\ na^O und Sn^DtT haben, da, wo von Gott
gesprochen wird; die besondere, etymologische, Bedeutung derselben,
deren oben gedacht worden, erklrt den Zweck ihrer Verwendung
ausreichend nicht. Die Lsung drfte sich aus einem etwas nheren

Eingehen auf den Gang biblischer Hermeneutik ergeben. Es ist bekannt, da an nichts so sehr palstinische wie alexandrinische Hermeneutik Ansto genommen als an den zahlreichen Anthropomorphismen und Anthropopathien von Gott in der Bibel. Es erschien
fr die
dies fr palstinische Denkweise als nicht geringere Gefahr
Religion als die Annahme von nvw\ "TllI^.
durften
darber war man sich frhe klar
In keinem Falle
des
dieselben in einer bersetzung oder sonst einer Wiedergabe
Bibelwortes wiederholt werden; damit war die Aufgabe der UmAls willkommenes Hilfsschreibung des Gottesnamens gegeben.
und Ausmittel zu solcher Umschreibung boten sich eben Begriffe

FESTSCHRIFT COHEN

184

drcke wie N"lp^ "lO'O und n^Dtr dar; die etymologische Bedeutung
derselben, deren oben gedacht worden, tritt dabei zurck, oder der Sinn
erscheint verallgemeinert. Nehme man ']^VDn "n n''0, das Targum zu

da dies Umschreibung
fr Gott selbst ist, von dem nicht gesagt werden durfte, da er in
Gesellschaft mit Menschen, wie dem Richter Gideon, auch nur als
Helfer, sein werde; gleich im nchsten Verse wechselt damit niOty,
wie inVD2 '''^ t<rii''Dti' n^Sl zeigt, zum sichern Beweise, da nO"'0
nicht ein besonderes Wesen neben Gott darstellt, da es sonst doch
Sucht man schon
nicht mit Nni''3tJ^ htte vertauscht werden knnen.
Richter

6, 12,

es leuchtet

ohne weiteres

eine nhere Erklrung fr

"l"*

auch

ein,

in

solchen Fllen, so

mag

an

das Wort Gottes als Allmacht Gottes gedacht werden. IJnd selbst
dies bedeutet sn^ nicht mehr in Beispielen wie nx no^n n^Sn ns
Hier scheitert jeder Versuch,
]1imij;, dem Targum zu Gen 6, 7.
eine besondere Eigenschaft Gottes in

"ID''D

suchen zu wollen; der

ob die Gottheit den Menschen lieber nicht


geschaffen htte, das ist Gott selbst, und no^ nichts als Umschreibung mit Zurcktreten aller etymologischen Bedeutung. Analog
ist der Gebrauch von Tl^Dt^ zu bloer Umschreibung, wobei nichts
Sinn

ist klar,

mehr von

es

ist:

als

ursprnglicher,

etymologischer Bedeutung zu finden,

in

b)yn ,b Targum zu Ex 33, 20,


wie A. Berliner in s. Targum Onkelos liest, da es Umschreibung
fr Gott selbst ist, geht unzweifelhaft daraus hervor, da unmittelbar
Beispielen, wie ^ni^Dty ^S n^ ^in^O^

darauf

folgt:

S^i

<ii"'tn"'

n,

wo

offenbar

dasselbe,

nmlich

nur da hier nicht Umschreibung gebraucht wird.


Es ist damit der Kreis palstinischer Begriffe und Bezeichnungen,
die irgend wie bei einem Vergleich mit den Mittelwesen bei Philo
in Betracht kmen, durchmessen; wir haben gesehen: es ist kein

Gott, gemeint

Raum

ist,

wie nicht fr Versinnlichung des Gottesbegriffes, so ganz


und gar nicht fr zweite gttliche Wesen, und zu begreifen ist das
tiefe Schweigen ber Philo und philonische Spekulation im Talmud,
darin,

Midrasch und der davon abhngigen Literatur. Berhrungen mit


wie ich a. a. O. gezeigt
den Agadoth Philos gibt es in groer Zahl
aber im Kern und Mittelpunkt der Denkweise beider, in der Lehre

von Gott trennt eine

tiefe

Kluft beide.

Enthymematische Analogieschlsse

in

der Bibel.

Von Adolf ScHWARZ-Wien.


welchem Sinne immer, das Buch der Weltliteratur genannt werden, uns Juden wird sie stets viel mehr als
allen Anderen sein; selbst dann noch, wenn ihre religisen Wahrheiten und ihre sittlichen Lehren berall Anerkennung und Geltung
Gewi hat auch Homer fr die Griechen,
erlanet haben werden.
Shakespeare fr die Englnder, Goethe fr die Deutschen eine erhhtere
Bedeutung als fr die anderen Nationen, aber es ist doch ein gewaltiger Unterschied, ob ein Volk seinen Geistesheroen das Empor-

Die

Bibel

kommen

mag,

in

zur Lebenshhe, oder ob es ihnen seine Lebenserhaltung

Ohne

verdankt.

gegangen.

seine Bibel

wre das jdische Volk lngst unter-

Nicht etwa blo deshalb,

weil

sie

mit ihren aus

der

Gottesidee flieenden Lehren zu emer Lebensfhrung anleitet, welche


die Tage und Jahre verlngert und auf das goldene Zeitalter des

messianischen Reiches vertrstet, sondern vielmehr aus dem Grunde,


weil sie unserem Geiste in gleichem Mae wie unserem Gemte

Die Bibel hat uns Juden nicht allein glauben,


sondern auch denken gelehrt; darin liegt ihre hundertfach erhhte
Bedeutung fr uns. An dem Gottesworte und durch das Gotteswort

Nahrung geboten

hat.

hat sich unser volkstmliches Denken im Lauf der Jahrtausende

all-

mhlich zu einem streng wissenschaftlichen entwickelt. Der Talmud,


welcher aus der Bibel herausgewachsen ist, hat trotz aller Scholastik,
die wir in ihm finden, das Denken der jdischen Nation durch dialektische Vertiefung zur Hhe emporgefhrt und so den Boden vorbereitet,

unserer

auf welchem im finstern Mittelalter die klassischen Werke


Ob der Talmud,
Religionsphilosophen entstanden sind.

der spanischen Glanzzeit der jdischen


bahnt, in unseren Tagen mit seiner Pflugschar

welcher heute genau so wie


Wissenschaft die

Wege

in

'

l86

FESTSCHRIFT COHEN

Acker der Philosophie durchzieht, ob er nicht auch


an der Gre der allerdings ganz vereinzelten jdischen Mnner

nicht auch den

einen bescheidenen Anteil hat, welche in der neuesten Geschichte der

Philosophie einen Ehrenplatz einnehmen, das

ist

eine Frage, die sich

jedem aufdrngen mu, der sich in die Meisterwerke dieser jdischen


Denker zu vertiefen die Kraft besitzt. Es will mir darum nicht unangemessen erscheinen, zu dieser Festschrift einen Aufsatz beizusteuern,
in welchem gezeigt werden soll, da die hermeneutischen Analogieschlsse des Talmuds sich aus der Bibel herausentwickelt haben.
Den engen und innigen Zusammenhang des Qol wachomer mit
den in der Bibel vorkommenden volkstmlichen Schlssen habe ich
in

meinem hermeneutischen Syllogismus

ich

gezeigt

habe,

vertreter des
als eine

rein

da kein Geringerer

insofern nachgewiesen, als


als

R. Ismael,

der Haupt-

logischen Prinzips die Konklusionsformel

Di<

noi

Fortentwickelung der hebrischen Partikel ]n betrachtet und

im Hinblick auf dieses den Schlu einleitende Wrtchen


Gen 44, 8 als einen der zehn poini ]^^p der Thorah bezeichnet hat.
Sogenannte Schlsse a minori ad majus gibt es ber dreiig in der
Bibel, aber mit einer unverkennbaren Konklusionsformel gibt es in
Wir knnen mithin die Entwickelung
Wirklichkeit deren nur zehn.
des Qol wachomer von seinen allerersten Anfngen in der Bibel bis
zu dem Punkte verfolgen, da er in der Quaderhalle des Tempels als
Schlu vom Besondern auf das Allgemeine dem Umfange nach
einen streng wissenschaftlichen Charakter angenommen hat. Weniger
erfolgreich nach dieser Seite hin war meine Untersuchung des der
da

er nur

Induktion als Vorstufe dienenden hermeneutischen Analogieschlusses.

ganzen Reihe von


Entwickelungsphasen vorfhren, indem ich zeigte, da lange vor den

Wohl konnte

ich

dessen

Werdegang

zwei exegetischen Analogieschlssen,

in

dem

einer

isorrhematischen (mt^

mu)

und juxtapositionellen i^pT\), die rein logischen zur Anwendung


kamen und da der vollstndige Analogieschlu mit seinen zwei
Prmissen und seiner Konklusion aus dem zetistischen ("'^iJ HO), und
dieser wieder aus dem enthymematischen sich herausentwickelt hat;
aber einen Anschlu dieses letztern an die Bibel habe ich vergeblich
gesucht. Und doch sollte man von vlkerpsychologischem Standpunkte bei der vorwiegend induktiven Denkweise des jdischen
Volkes erwarten, da weit eher die Wurzeln des Analogieschlusses
als die des Syllogismus in der Bibel blogelegt werden knnen.
Konklusionsformel des Syllogismus in ^H . . . Di< HDI,
|n nachgebildet wurde.
.
wie ich behaupte, der biblischen 'DI

Wenn

die

SCHWARZ, ENTHYMEMATISCHE ANALOGIESCHLSSE IN DER BIBEL

warum

sollte

fragen,

die

schlusses

formel ]D

dann,

so mute ich mich immer wieder von neuem

Konklusionsformel

"73

des

enthymematischen

Analogie-

Dt^D nicht gleichfalls der biblischen Vergleichungs-

iS/

1tyD nachgebildet

worden

sein.

GewilJ steht dieser

da wenn auch
nicht alle biblischen Vergleiche, bei denen wir dieser Formel begegnen, sodoch zum mindesten die biblischen Gleichnisse den Keim
Aber gerade darin liegt
einer logischen Denkoperation enthalten.
denn wir haben es ja fast durchgehends
die groe Schwierigkeit
mit poetischen Stcken zu tun, und da hat die mit Metaphern und

Annahme

nichts entgegen, sobald nur gezeigt wird,

Bildern operierende Rhetorik

selber eine Tafel ausgesteckt mit der

Warnung, den Gleichnissen logische Beweiskraft

Indes,

beizulegen.

der Gedanke, da die Gleichnisse der Bibel sich mglicherweise von


jenen anderer Literaturen wesentlich unterscheiden, lt

nicht

sich

ganz abweisen, und bei einer intensiveren Beschftigung mit ihnen


kann man die interessante Wahrnehmung machen, da nicht alle
Nicht etwa

Gleichnisse der Bibel einander gleichen.

in

dem

Sinne,

da die einen weniger, die anderen mehr hinken, da die einen


weniger, die anderen mehr Poesie enthalten, sondern darin, da bei
ihnen die Beleuchtung des Hauptbildes durch das Gegenbild eine
Zeigt uns das Gegenbild einen oder mehrere
verschiedene ist.
nebeneinanderstehende Gegenstnde, dann

will

Gleichnis

das

das

Hauptbild blo beleuchten, und die Logik hat dabei weiter nichts
zu tun. Zeigt uns jedoch das Gegenbild zwei oder mehrere in kau-

salem Zusammenhang stehende Gegenstnde, dann

will

das Gleichnis

das Hauptbild durchleuchten, und da darf die Logik wohl, weil


sie in der Kausalitt ein Freibillet zu allen Demonstrationen besitzt,

immerhin wagen nher zu treten und braucht nicht zu befrchten,


schnde abgewiesen zu werden. In solcher Nhe betrachtet, zeigt
uns das durchleuchtende Gegenbild neben seiner poetischen Form
auch einen logischen Inhalt, indem es sich vor unseren Augen bald
als Ober- bald als Untersatz enthllt, so da wir in dem Gleichnis,
das heit in dem Gegen- und Hauptbilde zusammen, einen enthymematischem Analogieschlu vor uns haben. Diese Behauptung kann
es

am

einfachsten dadurch bewiesen werden, da hier eine Reihe bibli-

scher Gleichnisse
fr

in

Analogieschlsse aufgelst und

den hermeneutischen Analogieschlu

M
S

ist
ist

aufgestellte

P
in a gleich

sTsrp

in

die

Formel

von mir

FESTSCHRIFT COHEN

l88

Da

diesem Verfahren auch die Exegese


nicht ganz leer ausgehen wird, glaube ich khn behaupten zu drfen.
I. Deuter 22, 25 27 '131 Hti'isn nnj?in riN tr^n :i^ mt^n ci
eingekleidet werden.

inp

^V

ti'^

tyN3

Dip^ 1

npyu n^iJO mtrn

"131

nio tan nnvi^

^3

ntn

^D

nmn

]^n

]3 tys: insil.

im

nsryn ^ myi'?i

Hat aber der Mann

auf freiem Felde angetroffen und ihr gewalt-

die verlobte Jungfrau

sam beigewohnt,

bei

so soll der

Mann

usw. allein sterben;

dem Mdchen

aber darfst du nichts anhaben, das Mdchen hat keine Todessnde


begangen; denn es verhlt sich mit ihr, wie wenn jemand seinen

Nchsten

angetroffen hat,

tung bringen.
gnstig:,

und ermordet. Denn da er sie auf dem Felde


konnte ihr, auch wenn sie geschrien, niemand RetEs fgt sich fr unsere ganze Untersuchung uerst

berfllt

dem

da wir

ersten Gleichnis der Bibel bei einer Rechts-

Das

Sache begegnen.

Strafrecht

ist

weniger

nichts

als

poetisch.

Niemand, der sich den kausalen Zusammenhang zwischen Mrder


und Ermordeten zum Bewutsein gebracht hat, kann auch nur fr
einen Augenblick dem Gedanken Raum geben, da es der Thorah
hier

um

einen

Redeschmuck

zu tun

sei.

Ja,

schiedene Erklrer meinen, ausschlielich

wenn

um

es sich, wie ver-

die Straflosigkeit der

Geschndeten handeln wrde, dann htten wir allerdings, da man


doch einen Toten allenfalls verurteilen aber keineswegs bestrafen
kann, blo ein hinkendes Gleichnis vor uns. Ganz anders jedoch
liegt die Sache, wenn die Schuldlosigkeit' der geschndeten Braut
begrndet werden soll; denn dann mssen wir den im Gegenbilde
ist P also formulieren: Den meuchlings Erenthaltenen Obersatz

mordeten (M), der sich in seiner Ohnmacht nicht zur Wehr setzen
konnte (a), trifft keine Schuld (P). Diese Ohnmacht ist das tertium
comparationis, und deshalb enthalten schon die drei Worte "inn ]2
ntn sowohl den Untersatz, S ist in a gleich M, als auch den SchluDie geschndete Braut (S) ist darin, da sie in ihrer
satz S ist P.
Ohnmacht sich nicht zur Wehr setzen konnte (a) dem Ermordeten
(M)

t\
'131

gleich;

ergo

auch der

So

fat

y:, (n)Bn b"r\

ni b"n ni3n

trifft

pipn

]n.

die

Geschndete keine Schuld.

Sifre Deut. Sekt. 243 die

i] ^^io ,nn"'n

mnan

Sache auf

im

Wenn
nti'jjr

die

nh myibi

mtss' nb rio stin mj?3^

]"

auf den logischen Inhalt des

Bei einem nhern Eingehen


mehr dieser midraschischen Deutung, finden es

Gleichnisses bedrfen wir nicht

aber auch nicht auffallend, da die Thorah die Geschndete von jedem todeswrdigen Verbrechen freispricht, weil ja der in seiner Gattenehre ttlich verletzte Brutigam sich nicht ohne weiteres mit der Straflosigkeit seiner Braut
einverstanden erklren drfte. Vgl. noch Synhedrin 73 a.

SCHWARZ, ENTHYMEMATISCHE ANALOGIESCHLSSE

IN

DER BIBEL

89

den Untersatz scheinbar wiederholt, so


geschieht es hauptschlich aus dem Grunde, um die gewlinliche
Form' der Wehrlosigkeit hervorzuheben, keineswegs aber um uns
erst zu sagen, worin die geschndete Braut dem meuchlings Er-

Thorah dennoch

mordeten gleich

in

27

v.

darf eben nicht bersehen, daC> die Thorah

Man

ist.

26 uns den Gedanken nahelegt, es sei


ihr nicht um die Begrndung des Schuldspruches ber den Mann,
sondern des Freispruches ber das Mdchen zu tun, weil sie ja im
mit der Konstruktion des

v.

entgegengesetzten Falle htte sagen mssen


"IDT

im

nt:'j;n

mj?2'?1

'131

lHZ)

Dlp""

Aber ebensowenig darf bersehen werden,

ah.

''2

daC>

Thorah Moses vor allem ihren sittlichen ^ Standpunkt hervorkehrt.


Sie brandmarkt die Schndung einer jungfrulichen Braut als moralischen Mord; damit gewhrt sie uns einen Einblick in die Seele der

die

Geschndeten, die wir von jedweder Schuld freisprechen mssen,


sagt uns aber auch zugleich, da sie den moralischen genau so wie

den

leiblichen

Jes 29,

2.

Kmn

Mrder mit dem Tode


8

7.

bnx

bv

Und

]VS in.

Vd

n^i:in

mn

wie ein

hm^
Traum,

pon

D^xnijn n^ijn b^

D'?n^ iji'jo^ ijysj np^'i |>^pni

bv 'i^n^n

bestraft.

'td^

]d npp)^
ein

mm
itJ^sii

aynn n'jm
^'V

Dibno

n'7'h ]itn

^^i<'2

nim ypn)

mm

n^m
'idi

n:m
Schwrm

nnri

Nachtgesicht wird sein der

welche Uriel belagern, alle, die sie und ihre Burg


bekriegen und bedrngen. Und wie wenn der Hungrige trumt, er
esse und dann erwacht mit leerem Magen, und wie wenn der Durstige
all

der

Heiden,

trumt, er trinke und dann erschpft aufwacht mit lechzender Seele,


so wird der Schwrm all der Heiden sein, die den Berg Zion belagern.

Der Prophet

zeigt uns hier recht anschaulich

den gewaltigen

Unterschied zwischen einem bloen Vergleich und einem wirklichen


Gleichnis 3.
Er vergleicht den Zustand der vom Feinde befreiten
Zionsburg mit dem beglckenden Erwachen aus einem bsen Traum.

Vgl. Sifre

1.

c.

y^i

]\si

npys b"n ,miOD

nws

n^^n

n^ya b)2^

nSD mtfs

^3

Zeit130 die Vergewalgte ohne Rcksicht auf


fr
Beweise
und Ortsverhltnisse fr straflos, whrend das mosaische Gesetz
zu
die aussichtslose
fordert, um die Vergewaltigte fr schuldlos
'

Hammurabi

erklrt

Gegenwehr

erklren.

glauben,
Diejenigen Exegeten, welche m"7n3 in Dl'jnn: emendieren zu mssen
und als
Vergleiches
eines
wollen nicht sehen, da sich Jesaia des Traumes als
mdem
gegriffen,
eines Gleichnisses bedient; aber auch Luzzatto hat daneben
und
er den Traum in v.
auf die untergehenden, im Kriege fallenden Assyrer
3

in V. 8

auf die in ihr Heimatland zurckkehrenden Flchtlinge bezieht.

FESTSCHRIFT COHEN

190

im

Jesaia sieht

Wlle und Bollwerke benehmen

einschlieloen.

immer enger
den Atem; ihre

Geiste, wie die Assyrer die Hauptstadt


ihr

schon die einer Sterbenden; sie liegt bereits im Staube;


da geschieht, vorausgesetzt, dali sie im letzten Augenblicke noch
in sich geht, das groe Gotteswunder einer unerwarteten Errettung,

Stimme

ist

ganze Belagerung war nichts mehr als ein bser Traum,


der im Nu verfliegt. Doch um den Seelenzustand des bitter enttuschten Assyrers auszumalen, gengt nicht ein einfacher Vergleich;

und

die

dazu bedarf es schon eines packenden Gleichnisses. Jesaia zeigt uns


im Gegenbilde einen Trumenden, in dessen Gesichtszgen wir die
unverkennbare Wirkung des vllig gestillten Hungers und Durstes

dann wieder den aus diesem schnen


Traum Erwachenden, an welchem wir die Zeichen des von bitterer
Enttuschung beschleunigten Verfalls sehen mssen. Und nachdem
deutlich beobachten knnen;

wir diesen

Erwachenden nher betrachtet haben, sagt uns der Pro-

phet: So wird der

Wovon

Schwrm

der die Zionsburg Belagernden aussehen.

der Assyrer trumt, das braucht uns nicht erst gesagt zu

Wir wissen es ja, da er in Gedanken bereits das Fleisch


Wir wissen
der Bewohner Jerusalems verzehrt und ihr Blut trinkt.
aber auch, welche verheerende Wirkung diese ungestillte Raubgier,
dieser unbefriedigte Blutdurst auf den aus seinem ertrumten Himmel
Es ist nicht allein die
jhlings herabstrzenden Feind ausben wird.
werden.

poetische Schnheit,
die

in

dem

die

packende Rhetorik des

Bildes, es

ist

auch

Gleichnis steckende logische Wahrheit, welche uns so

mchtig ergreift. Wir hren gleichsam, wie der Prophet konkludiert.


Wer im Traum seinen Hunger und Durst stillt, mu durch die Enttuschung des Erwachens noch viel elender als zuvor sich fhlen.
Assyrien gleicht einem solchen Trumenden; deshalb wird sein Er-

wachen

ein katastrophales sein.

hat Jesaia nicht

ist in

3.

a gleich

Untersatz S

ist in

a gleich

ausgesprochen, aber uns gengt sein Enthymem;

denn wir vervollstndigen

Den

M; ergo

Jes 31,4 vbv

es,
ist

"ip^

itrs

Wie

ein

indem wir sagen:

ist,

weil

a,

P.

P.
"iDita

bv

Tsm

n^M^n mn^ iti'^D

Lwe, ein Jungleu ber seiner Beute


brllt und, auch wenn eine Menge von Hirten gegen ihn aufgeboten
wird, vor ihrem Geschrei nicht erschrickt und von ihrem Toben
sich nicht anfechten lt, so wird der Gott der Heerscharen auf die
den Berg Zion und dessen Hgel Belagernden herniederfahren usw.
'IDI

nnyn:

"pyi

]V:{.

Um

auf der einen Seite die plastische Schnheit des Bildes zu ge-

SCHWARZ, ENTHYMEMATISCHE ANALOGIESCHLSSE IN DER BIBEL

I9I

nieen und auf der andern die zwingende Logik des Gleichnisses zu
erkennen, mu man sich mit dem Propheten gegenwrtig halten, da

Assyrien

ihm mit

um

sich einen

selber

Lwen

dnkt,

umklammerten

festen Krallen

der ber Juda,

Lamme

dem von

blo zu brllen braucht,

gypten mit Angst und


Und darin hat Assyrien vollkommen Recht;

die Hirten des zur Hilfe herbeieilenden

Schrecken zu
auf gypten

erfllen.

Doch

kein Verla.

ist

der

Lwe

vermeintliche

wird

da er selber zur Beute geworden, da ihn


selber eine Hand umklammert, welcher ihn zu entreien alle Kniges nur allzubald erfahren,

zusammen

reiche

Man

nicht die Kraft besitzen.

hrt in der

Rede

des Jesaia ganz deutlich das Brllen des Lwen aus der Ferne; man
hrt aber noch viel deutlicher, wie dieses Lwen-GebrUe, als wre
es ein sanftes Suseln, mchtig, mchtig bertnt wird von dem die
groen und gewaltigen Weltreiche erschtternden Himmelsdonner;

man

hrt und sieht, wie Assyrien urpltzlich krachend

Zuckende

strzt.

Erde

fahren ber die in finstere

Blitze

hin, das Gewitter

ist

zusammenNacht gehllte

sehr nahe; auf die Blitze folgen unmittel-

bar die drhnenden Donnerschlge,

den Worten des


Propheten einen auergewhnlichen Nachdruck verleihen, und es
will uns bednken, als hrten wir auch aus dem Donner heraus,
zuerst den einen Satz: Dem Lwen (M) ist durch sein alle Welt
einschchterndes Brllen (a) der unentreibare Besitz seiner Beute
gewhrleistet (P), und dann den zweiten Satz: der Zchtigung Gottes
ist Assyrien
unrettbar anheimgefallen.
Aber auch dieses in die
Welt hinausgedonnerte Enthymem ergnzen wir mit dem Untersatz:
Die Donnerstimme des Strafgericht haltenden Gottes (S) gleicht dem
Brllen des

Lwen (M)

darin,

als wollten sie

da

sie

alle

zur Hilfe Herbeieilenden

lhmenden Schrecken versetzt (a). M ist P; S ist in a gleich M;


ergo ist S P, oder mit Worten ausgedrckt: Assyrien ist unrettbar

in

verloren.

schlu

Und

jetzt,

aufgelst

nachdem

haben,

wir das Gleichnis in einen Analogie-

sehen wir

erst',

mit

welch

feiner

Ironie

den tdlichen Schrecken der feigen Hirten hervorblo


zuheben,
von der Unerschrockenheit des Lwen redet, erkennen
wir erst, da er mit geflissentlicher Absicht von dem Gleichnis in

Jesaia,

anstatt

4 rasch hinweg zum Vergleich mit den fliegenden Vgeln in v. 5


hinbereilt, weil es ihm widerstrebt, bei der Niederlage Assyriens
lnger als unbedingt notwendig zu verweilen; weil es ihn drngt, die

V.

Wir sehen aber auch, wie

V. 4 b das Bild zerreit

und

erst

haltlos die
in v.

Behauptung Dillmanns

fortsetzt".

ist,

da

FESTSCHRIFT COHEN

192

wunderbare, an die Zeit der Einsetzung des Pessachfestes gemahnende Erlsung mit vier' Worten zu kennzeichnen.
Jes 52, 14.

4.

15 iHKiD tj'\s nntyo

Do^D

^)d ,n^:n

D^m

]^'?y

lODty -iii>3.

DI "inD nim
Wie Viele sich ber Dich entsetzten
so unmenschlich entstellt war sein Aussehen und seine Gestalt
so wenig menschenhnlich
so werden viele Vlker auffahren,
Knige ber ihn den Mund zusammenpressen 3, denn sie sehen, was
ihnen nie erzhlt worden und sie erfahren, was sie nie gehrt haben.
Dem eigentlichen Wortlaute nach bedient sich der Prophet hier
eines einfachen Vergleiches, um die Zukunft Israels, des Gottesknechtes zu zeichnen, indem er diese Zukunft mit der Vergangenheit
und Gegenwart in Parallele stellt. In Wirklichkeit jedoch ist es ein
Gleichnis, das Gleichnis vom Spiegel, an das er denkt, nur da der
Prophet mit echt dichterischem Feingefhl es verschmht, ausdrcklich von einem Spiegel zu sprechen.
Wir haben in diesem Verse
zwei Gegenbilder, das Entsetzen und die Bewunderung, beide sollen
nicht allein den Gottesknecht in die rechte Beleuchtung rcken,
sondern ihm auch ber sein eigentliches Wesen Aufschlu geben.

"isD

x^

i:innn

-itrs

""D

lyot:'

DH^D

isDp^ vb)f

D^iJ

nt""

]D

1ty1 1-1 nnb.

Der

Spiegel,

in

dem

sich

alles

getreu abbildet, sagt jedem wie er

Die Mienen der Menschen, welche die von uns empfangenen


Eindrcke reflektieren, sind ein solcher Spiegel; mithin knnen wir
aussieht.

aus den Mienen der uns umgebenden Menschen herauslesen, ob wir

niDS b^'sm pa. Da auf nioa der Hauptton gelegt werden


mu, versteht sich wohl von selbst. Vgl. die T\b'it<: b\ff maitr'? 'T in Exod 6, 6. 7.
Die nij? nnss erinnern lebhaft an das Wort Dnira ''E33 bj? nsn ttf^ in Exod
'

V.

5b

''^ni

19, 4-

Jene Exegeten, welche dieses erste p in "'3 emendieren zu mssen glauben,


verraten damit nur, da ihnen das volle Verstndnis fr die feine Pointe fehlt.
Das Entsetzen ist blo der Widerschein des Aussehens; wie das Entsetzen, so
ist die entstellte Menschengestalt.
Ich sage umgekehrt, wenn "^2 stnde, mte
es in p emendiert werden.
3 RDK behauptet, ns
pp bedeute ebenso den Mund aufreien wie den
^

Mund

und wie es scheint, sttzt er sich hierbei ausschlielich auf diese


Stelle in Jesaia; denn Ps 107, 42 und Hiob 5, 16 ist ja vom Verstummen die Rede.
In diesem Falle jedoch ist seine Behauptung gewi eine sehr gewagte. Bauern,
die Maulaffen feilhalten, reien vor Bewunderung den Mund auf, aber Knige,
schlieen,

die berall ihre Hofzeremonienmeister haben, springen nicht vor Erstaunen in die
Hhe und stehen auch nicht mit offenem Mund da. Das wute Deutero-Jesaia,

obgleich er an keinem Knigshof lebte, genau so wie sein lterer Namensbruder.


LUZZATTO meint, die Knige werden vor Scham schweigen; das ist insofern ein
Irrtum, als die

Scham keinen Gegensatz des

Entsetzens bildet.

SCHWARZ, ENTHYMEMATISCHE ANALOGIESCHLSSE IN DER BIBEL

I93

schn oder hlich erscheinen.


Wir haben also in der Rede, richtiger in den zwei Versen es Propheten neben dem Vergleich auch ein Gleichnis, und zwar wieder

ihnen

als

anziehend oder abstoend,

Es

Enthymem.

ein

der

fehlt

schweigt der Prophet,

als

Obersatz

dafr sagt

er

ist

dem

Vom

P.

Gottesknecht:

Spiegel
In

groen Entsetzen so Vieler spiegelt sich Deine Verkrppelung

dem
in

der

Vergangenheit und Gegenwart genau so ab, wie sich in Zukunft


Deine Heldengestalt in dem Staunen der Knige und der Bewunde-

Es

rung zahlreicher Nationen abspiegeln wird.


schlsse mit demselben Ober-

insofern verschieden, als

in

sind zwei Analogie-

und Schlusatz, nur der Untersatz ist


dem ersten Entsetzen, im zweiten BeP; S ist in a gleich M, ergo ist S P.
beide Male konklusionelle Bedeutung.

wunderung bedeutet ^ M ist


Das Wrtchen p^ hat also
Der bergang von der zweiten Person zur dritten ist fr diese Auffassung irrelevant, denn er ist weniger eine rhetorische Wendung,
sondern weit mehr der Ausflu tiefen Zartgefhls. Es widerstrebt

dem

eben

Propheten,

dem

Gottesknecht

Gesicht zu sagen, wie

ins

darum wendet er
um von ihm frei reden zu

schrecklich, wie abstoend seine Jammergestalt


sich

gleichsam den Fernstehenden

zu,

ist,

Ebenso bekundet Jesaia einen ungewhnlichen Takt damit,

knnen.

da er dem Hlichen den Spiegel nur eine Sekunde, dem Herrlichen hingegen einige Minuten vor die Augen hlt.
Was es war
und was es ist, das so Viele mit Schrecken und Grauen erfllt, ist

Aussehen

des Gottesknechtes; doch die Ursache dieses Aussehens verschweigt der Prophet ganz diskret, dafr spricht er um so

das

Knige und Nationen Auergewhnliche?

ausfhrlicher davon, da

zu

sehen und

Jes 54,9. 10:

5.

'1D^

hren bekommen werden.

zu

nnm

mi2>

ifh

^j;

inj? ''nv^m

^n nom.

niy

Denn Noahs Wasser

^b

ist

nt

3^0 ^3

mir das; wie

P hingegen bedeutet jedesmal das uns aus dem Spiegel entgegentretende


Abbild. Da es einmal ein Schreckbild, das andere Mal wieder ein Prachtbild
^

ist,

liegt
'

wahrlich nicht

Da vor dem

wiederholen sind,

ist

am

Spiegel.

zweiten

]3

die

Worte D^m

yb]f lOOl?

etwas SelbstverstndUches

"itPx:

in

Gedanken

zu

das nicht erst bewiesen zu

werden braucht.
3

Mit der Septuaginta

'')2''D

zu lesen, lt sich kein Besonnener einfallen;

Handschriften haben, mu trotz der


Konnivenz des RDK als eine falsche zurckgewiesen werden,
4 Es ist durchaus nicht ntig, nDx: zu emendieren; auch ohne i]"3 hat das

aber auch die Lesart

"')2''3,

die

Wort komparative Bedeutung.

einzelne

Vgl. Jer 33, 22.


13

FESTSCHRIFT COHEN

194

Noahs Wasser

Erde zu
bringen, so habe ich geschworen, Dir nicht zu zrnen und Dich nicht
zu schelten.
Wenn auch die Berge schwanken und die Hgel
wanken, meine Gnade wird doch nicht von Dir weichen und mein

ich geschworen habe,

nicht frder ber die

Um

Friedensbund nicht wanken.


es einzusehen, da wir hier nicht
einen gewhnlichen Vergleich, sondern ein echt dichterisches Gleichnis

vor uns haben, mssen wir vor allem ber die wahre Bedeutung

der fnf Wrtchen

'h

riKt

ni

""D

volle Klarheit erlangen.

Worauf

denn eigentlich dieses rii<T? Auf nichts anderes, als


auf den Zornausbruch, von welchem der Prophet soeben gesprochen.
Bei aller Selbstndigkeit, welche die zwei Verse 9 und 10 als Strophe
fr sich beanspruchen, greifen sie doch auf das unmittelbar Voraufgehende zurck. Mitten in seiner von Liebe berstrmenden Rede,
in welcher Jesaia das ganze babylonische Exil als die unausbleibliche Folge der pltzlichen Entfernung Gottes aus Israels Mitte bezeichnet und diese Entfernung einen ^"ip ^f]W eine Zornesflut nennt,
bezieht

sich

kann er auch nicht umhin,


anzudeuten.

Und

das tut

die

Ursache dieser Zornesflut wenigstens


so diskret wie nur mglich, mit fnf

er,

kurzen Worten, indem er die hochgehenden


mit der Flut zur Zeit

Es

durchleuchtet.

denn im
sagen,

Nu

ist

die

mehr

gleichsam eine momentane Rntgenbeleuchtung;

Entartung

groe Flut, so hat

des Gotteszornes

v/eniger vergleicht, sondern weit

wissen wir, Jesaia

wie

Zornesergu

Noahs

Wogen

jetzt

will

der

mit diesen fnf Wrtchen uns

Menschen

zur

Zeit

Noahs

die

der Abfall Israels von seinem Gott dessen

Folge gehabt.
Krzer und knapper kann kein
aber auch nicht zarter jemand an seine nunmehr ge-

zur

Gleichnis sein,

Schuld erinnert werden. Und wie knstlerisch ist die Wendung, mit welcher der Prophet von dem Tadel zur Verheiung
tilgte

Die Zuhrer haben seiner Rede mit angestrengtem


Denken lauschen mssen, um aus den letzten fnf Wrtchen etwas

hinbergleitet.

Und wenn das


war doch ihr Unmut

Mibilligendes herauszuvernehmen.
bei Allen der Fall gewesen, so

in

Wirklichkeit

rasch verflogen;

denn im nchsten AugenbUck konnten sie nicht umhin, sich zu sagen,


da Jesaia aus dem Grunde von der groen Flut zu sprechen ge-

Mit Recht erinnert Luzzatto, da ejitD^ gleichbedeutend mit f[ViV2 sei,


indem er auf Spr. Salom. 27, 4 verweist. Umso unbegreiflicher bleibt es, da er

von dem Gleichnis merkt, da er sagt "Ijs Nin nin ]''ij;n ,^b riKt na ^0 "'S
D"nx
nou d"bj;si
y^nn hy mp "najj' ^* ^'''J' 'npnojc^ "pnan yiy^
.n^nna ono na lyi's

nichts

'3 np-j) Mbvf

SCHWAR2, ENTHYMEMATISCHE ANALOGIESCHLSSE IN DER BIBEL

I95

ohne derselben Erwhnung zu tun, nicht


gut von dem Bunde Gottes mit Noah htte reden und dann mit
diesem den Bund Gottes mit Israel vergleichen knnen. In Wirklichkeit jedoch werden nicht die zwei Bndnisse miteinander, sondern
Gottes Zornes-Ausbruch mit der groen Flut in Parallele gestellt
Noahs Gewsser (M) knnen, weil sie an der durch ein Bundeszeichen verbrgten Liebe Gottes zur ganzen Menschheit eine unbersteigbare Schranke finden (a), niemals die ganze Erde zerstren (P).
Gottes Zorn (S) gleicht den Gewssern Noahs (M) darin, da er an
dem aus Liebe zu den Patriarchen am Sinai geschlossenen Bund
mit Israel einen Damm findet (a). Deshalb kann der Zorn Gottes
ist P; S ist in a
Oder:
(S) Israel niemals ganz vernichten (P).
Es ist keineswegs ntig, an einen neuen
gleich M; ergo ist S P.
Schwur Gottes, oder, was dasselbe bedeutet, an einen neuen Bund
mit Israel zu denken. Die Exulanten sind ja noch in Babylon, und
da erinnert sich Gott, menschlich gesprochen, seines Schwurs und
macht dem babylonischen Exil ein Ende. Und aus diesem Exil
nimmt dann das befreite Volk die berzeugung mit, da auch in

ntigt war,

weil er doch,

wenn

Zukunft,

selbst

geraten

sollten,

Fels, auf

dem

nicht aufgelst

sein

seine

Bestand durchaus nicht gefhrdet

es ruht, der ewige Gottesbund,

jes 55, 10. II: mtj''' i6 ni2m


^D npn ^b 2r^^ t<b -so i*^ "ity

D-'oti'n

nm

weil der

nicht erschttert

und

n\T

]3

umn ti^ iu'kd


psn n n^m d

ibt^ni

^d

'i3i

^d

^msn -Ity n.S n^y n. Denn wie der Regen


Schnee vom Himmel herabkommt und dorthin nicht zurck-

IB'

und der

ist,

werden kann.

6.

vnn^tJ'

Schwanken

starken Sttzen wieder ins

n^'p^m

da er die Erde trnkt und

kehrt, es sei denn,

so wird mein

Wort

sein,

das aus meinem

sie

befeuchtet usw.,

Munde kommt,

es wird

zurckkommen, es sei denn, da es getan, was ich


Wir haben
gewollt und glcklich vollendet, wozu ich es gesendet.
von dem Gottesworte noch lange nicht die rechte Vorstellung, wenn
wir ihm blo die befruchtende Kraft des Regens beilegen, denn, so

nicht leer zu mir

sagt Jesaia,
erst

dann,

wir

erkennen das eigentliche

wenn

wir es wie den

trachten, der seine

Sendung

Regen

vollbringt.

jenen der Menschen unterscheidet,

ist

Wesen
als

Was

des Gotteswortes

einen Gottesboten bedie

Boten Gottes von

die ber jeden Zweifel hinaus-

gehobene Gewiheit, da sie den ihnen erteilten Auftrag ausfhren.


Bei Menschenboten kann es vorkommen, da sie ihre Mission in die

Hndedes Auftraggebers
leer,

unverrichteter

zurcklegen, oder, wie Jesaias sich ausdrckt,

Sache zurckkehren. Bei den Gottesboten


13*

ist

das

FESTSCHRIFT COHEN

196

Aufgabe, wie jede NaturDie Kenntnis dieses Unterschiedes

sie lsen ihre

ganz und gar ausgeschlossen,

mit Naturnotwendigkeit.

kraft,

zwischen Gottes- und Menschenboten setzt der Prophet bei seinen


Hrern ohne weiteres voraus; deshalb kann das Gleichnis, mit wel-

chem

Wesen

er das

des Gotteswortes durchleuchtet, ein

Enthymem

Regen und Schnee (M) nicht leer in


den Himmel zurckkehren, oder, was dasselbe ist, da sie ihre Bestimmung erfllen mssen (P). Die Ursache dieses Mssens (a) gibt
er nicht an; das kausale Verhltnis zwischen dem Regen und Schnee
auf der einen und dem Wachstum der Erde auf der andern Seite
ist viel zu offenkundig, als da er darber auch nur ein Wort zu
Regen und Schnee (M) knnen nicht umhin,
verlieren brauchte.
Jesaia sagt blo, da

bleiben.

von Gott gesendete Boten sind

weil sie

trag auszufhren

Bote Gottes

erteilten

Auf-

Das Gotteswort (S) gleicht darin, da es ein


dem Regen und Schnee (M); ergo ist S P, oder

(P).

ist (a)

mit Worten

den ihnen

(a),

das Gotteswort

ausgedrckt,

mu

vollenden,

wozu es

nie

Auf dieses ebenso schne wie wahre Gleichnis konnte


und nimmer ein Dichter, sondern nur ein Prophet kommen, nur

ein

Mann, der

bestimmt

ist.

sehr

war,

Gottes

reden mute.

oft

Und doch

Mund kam,

Gottes

eigenem Antrieb, sondern weil er ein Bote


wider seinen Willen zum Volke gehen und

nicht aus

hat Jesaia hier unter

nicht jede Prophetenrede,

dem Worte,

das aus

und was gar nicht

erst

gesagt zu werden brauchte, noch viel weniger einen hypostasierten


Logos, sondern, wie das folgende Kapitel unwiderleglich beweist,
einzig und allein das geoffenbarte Sittengesetz und das die Schp-

Das vom Himmel


welcher seine Sendung

fungsidee verkrpernde Sabbathgebot verstanden.

stammende

mu und

vollenden

ist

der Gottesbote,

vollenden

wird.

Und

der Trger dieses Gotteswortes,

Israel

Heimat zurckkehre,

alte

seine

Sittengesetz

um

dazu

ist

es ntig,

zunchst aus

dem

da

Exil in

daselbst durch die gewissenhafte

Bettigung des Sittengesetzes die Bestimmung des Gotteswortes zu


frdern und vollenden zu helfen.
7.

jes 65,8:

bsn n^ntrn
der Ewige:

"?

not^i

^rb:ib n:ij; ]V^b n^^yj; ]3 i^ nD-in ^d "inn^ntyn.

Wie

in

der Traube sich Most

sagt, verdirb sie nicht,

Knechte

'

^Dty^n li'iTnn s^ nti'KS

denn es

ist

Segen

Die Septuaginta, welche "naj? in der Einzahl


erfat und dann den ganzen Vers miverstanden.
^

So

io hd
spricht

und man von ihr


so werde ich um meiner
Seitdem der Patriarch

findet

darin,

willen tun, nicht alles zu verderben.

'n

liest,

hat das Gleichnis nicht

SCHWARZ, ENTHYMEM ATIS CHE ANALOGIESCHLSSE IN DER BIBEL


fr die

Snder

in

Sodom

igj

gebetet hat, wissen wir, da die Verdienste

noch so groen Mehrheit zustatten


kommen knnen. Was Jesaia hier seinen Zuhrern mitteilt, ist demnach eine alte, oft wiederholte Wahrheit, dafr aber ist die Form,
der kleinsten Minderheit

in

einer

welche er diese Wahrheit

einkleidet,

sondern

nicht allein neu,

von der Traube ist eben dazu


bestimmt, das Volk aufzurtteln. Nicht von dem einst hochgepriesenen Weinberg', auch nicht von einzelnen Weinstcken desselben
kann mehr gesprochen werden. Die Zeiten, da die Redner sich des
Weinstockes ^ oder gar des Weinberges als Gleichnisses bedienten,
um den von Israel ausstrmenden Segen zu schildern, sind lngst
Die Frommen und Gerechten, um derentwillen Gott die
vorber.
Anderen verschonen will, sind keine Weinstcke im Weinberg und
auch keine Trauben am Weinstock, sondern blo vereinzelte Beeren
auch

Das

tiefergreifend.

Gleichnis

an der Traube. So weit hat da die Verderbnis um sich gegriffen,


da von dem ganzen kostbaren Weinberg nur noch einige Beeren
Es ist hchst charakteristisch, da Jesaia so
sich erhalten haben.
allgemein vom Most in der Traube redet und den Ausdruck D^nij;
mit solcher ngstlichkeit vermeidet, da er den Grund der fr die
Traube geforderten Schonung ausdrcklich hervorheben mu. Die

Traube (M) ist wegen ihres Most oder Segen verheienden Teiles
Da der berrest Israels (S)
(a) gegen Vernichtung geschtzt (P).
durch die Knechte Gottes (a) der Traube (M) und die Knechte
Gottes den mostspendenden Beeren gleichen, mag Jesaia nicht aussprechen. Er begngt sich mit dem Enthymem: die Gesamtheit (S)
wird durch die Knechte Gottes (a) vor gnzlichem Untergang bewahrt (P). Er konnte sich mit aller Bestimmtheit darauf verlassen,
da seine Zuhrer, ohne das Enthymem in einen vollstndigen
Analogieschlu aufzulsen, sich sagen werden es sind nur noch vereinzelte Beeren, die uns als Traube am Stock erhalten.
:

8.

Jes 66,22: nty^y ^is nty ntrnnn

nm

n^ti^nnn u'i^n

ityNs

^d

DKiV p n D1i ^^S)b moiy. Denn wie der neue Himmel


und die neue Erde, die ich schaffe, vor mir fortbestehen, spricht der
Es ist
Ewige, so wird fortbestehen Euer Samen und Euer Namen.
ein unsere Propheten besonders auszeichnender Zug, da sie bei aller
Hingebung fr die Angelegenheiten ihres Volkes den Blick doch
DDtri DDyiT

auch zugleich auf das Weltganze gerichtet


^

Vgl. Jes

Vgl.

5, I.

Hosea

3. 4.

10,

7 und
und 14,

ibid. 27,2.

8; Jer 2, 21

Ez

17, 8.

halten.

Dieser

Zug

ist

FESTSCHRIFT COHEN

198

ihrem Universalismus tiefbegrndet, aber ebenso durch das


eigene Volksinteresse bedingt. Wenn Jesaia von einem neuen Himmel
und einer neuen Erde redet, so versteht er nichts anderes darunter

wohl

in

Neugestaltung der staatlichen Verhltnisse in


den Hauptreichen der Erde. Mit dieser Neugestaltung bringt er die
Erlsung Israels aus dem babylonischen Exil in einen kausalen Zu-

als eine welthistorische

Ihm

sammenhang.
der

diese Erlsung als die unausbleibliche Folge

gilt

bevorstehenden Umwlzung

in

Babylon.

Kann

es

da berwerde be-

wenn der Prophet die alte Verheiung, Israel


stehen solange der Himmel ber der Erde sein wird, nicht

raschen,

neut,

sondern gleichsam

Oder mu

als

blo er-

logische Wahrheit demonstriert?

eine

etwa nicht in die Augen springen, da zu einer Zeit


da groe Vlker in ihren Heimatlndern aufgerieben werden, ein
Fast hat es den
exiliertes Volk in seine alte Heimat zurckkehrt?
Anschein, als wre fr Israel, das auf fremdem Boden zu einem
Volke geworden, der vorbergehende Aufenthalt in einem fremden
Mit den Exulanten
Lande eine unerlliche Existenzbedingung.
es

kehrt ein unter fremdem Himmelsstrich neu verjngtes Geschlecht

nach Palstina zurck, ein Geschlecht, das von der Gewiheit erfllt
sein mu, das kleine Vlkchen Israel werde, weil es eine Schpfung'^
Gottes ist, alle andern Vlker berdauern. Der neue Himmel und
,

neue Erde, die Gott gemacht, werden, sich immer wieder aufs
neue verjngend, fortbestehen. Wenn auch die welthistorischen Erdie

eignisse die

alten Staatengebilde

auflsen

du'rcheinanderrtteln, die leiblichen

und

Nachkommen

die

Erdenbewohner

der untergehenden

Nationen sterben ja doch nicht ganz aus. Die Frage ist nur, ob
diese Nachkommen den alten Namen behalten werden, oder einen
Babylon wird als Land nicht zerstrt
neuen, fremden annehmen.

doch seine Bewohner werden demnchst Perser heien.


Der neue Himmel und die neue Erde (M) mssen, weil sie eine
Schpfung Gottes sind (a), ewig bestehen (P). Ob alt oder neu,
Himmel und Erde behalten ihre Namen, so wird fortbestehen Euer
Samen und Euer Namen". Das sich stets verjngende Israel wird
den alten Namen habend S ist P. Das ist wieder ein Enthymem;
ist, da Israel als Schpfung Gottes
denn, da S in a gleich

werden,

gelten

mu,

ist

so

selbstverstndlich,

sagen braucht.

Vgl. Jesaia 43, 21.


Jerem 31,36; 33, 26

"js"!" ynt

,3pr

J?"-

da Jesaia

es

nicht erst zu

SCHWARZ, ENTHYMEMATISCHE ANALOGIESCHLSSE IN DER BIBEL

I99

^npmn ]3 ti^^N ^in ? iimn pnT iij^ns ^d


Denn wie der Grtel eng anliegt an
min'' n''n ^D nSI ^Nlty^ n"'n "pD,
des Mannes Hften, so hatte ich mir das ganze Haus Israel und
das ganze Haus Juda eng verbunden. Auf symbolische Weise soll
dem Volke die immer nherkommende Katastrophe angekndigt
werden. Auf Gottes Gehei hatte sich Jeremia einen linnenen Grtel
gekauft; doch kaum hatte er ihn zu tragen angefangen, erhielt er
Jer 13, II:

9.

"^N

auch schon den Befehl, an den Euphrat zu gehen,


daselbst in einer Felsennische zu verbergen.

der Prophet
vlliff

den Grtel

unbrauchbar.

aus,

Ob nun

und siehe
Jeremia

da,

Nach
er

um

den Grtel

langer Zeit grbt


zerschlissen

ist

dem Volke den

und

fadenscheinigen

Grtel gezeigt, oder blo dessen Geschichte ihm erzhlt hat, kommt
auf eins heraus; denn in dem einen Falle hat es seine Vergangenheit

und Zukunft

stellung vor

in

konkreter Form, im anderen

sich gesehen.

Felsennische gelegen, als er

Der

vom

in bildlicher

Dar-

Grtel hat weit, weit lnger in der

Propheten getragen wurde.

Dort

war er dem zermrbenden Einflsse der Feuchtigkeit ausgesetzt und


Gottes Absicht war, Israel
ist dadurch vllig unbrauchbar geworden.
zu seinem Bundesvolke, oder was dasselbe ist, zu seinem Preis und
Ruhm zu machen. Das htte Israel nur im engsten und innigsten
Anschlu an Gott, gleichsam als Grtel Gottes werden und bleiben
Indes war diese enge Verbindung von nur kurzer Dauer.
knnen.
Wo
Israel lie sich nicht lange von seinem Gott als Grtel tragen.
nun dieser ehemalige Gottesgrtel whrend der langen, langen Zeit
des Abfalls gelegen, welchen zersetzenden und auflsenden Einflssen
er ausgesetzt gewesen, das dem Volke zu sagen, hielt Jeremia fr
berflssig. Er konnte sich getrost auf das enthymematische Schlieen
da seine Zuhrer das tertium
comparationis von selbst herausfinden und sagen werden: wie die
zerstrende Feuchtigkeit den Grtel, so hat der mit Unsittlichkeit
gepaarte Gtzendienst uns zermrbt und zersetzt.
10. Jer 42, 18: ^ncm ^DS "jn: nti'xs ^;nty^ \n'? m^oi: 'mo hd ^d
seines

Stammes

nn^O DDNnn

DD^'?y

^non "jnn ]D n^triT

^ntr^

by.

Denn

also spricht

wie mein Zorn und


ausgegossen wurde ber die Bewohner Jerusalems, so wird

der Gott

Grimm

verlassen; er wute,

der Heerscharen,

der

Gott

Israels,

mein Grimm ber euch ergieen, wenn Ihr nach gypten gehet.
Das ist allerdings ein Vergleich und kein Gleichnis, aber ein Vergleich, der an Lichtkraft alle Gleichnisse der Welt aufwiegt. Jeremia
fhrt dem Volke kein Schreckbild vor die Seele, sondern stellt ihm
den Schrecken in seiner ganzen Leibhaftigkeit vor Augen, um es
sich

200

FESTSCHRIFT COHEN

von einem verhngnisvollen Schritt zurckzuhalten. Wir mssen nur


die Situation genau kennen.
Palstina hat keine Hauptstadt; der
Salomonische Tempel liegt in Trmmern; es gibt keinen Knig und
auch keinen Statthalter mehr. Schon vor Monaten ist ber Jerusalem
die Katastrophe hereingebrochen.
Trotzdem ist das Volk noch
immer nicht zur Besinnung gekommen; im Gegenteil, der harte Schlag
scheint es noch mehr betubt zu haben.
Die Streitigkeiten dauern
fort, und das Blutbad in Mizpah erfllt die sprlichen Volksreste mit
solcher Todesangst, da sie nur noch in dem Lande, wo ihre Ahnen
einst Sklaven gewesen, den letzten Rettungsanker erblicken.
Zum
Scheine freilich unterbrechen sie die fluchtartige Auswanderung und
kommen zu Jeremia mit der Bitte, er mge sich an den Himmel
wenden und einen Gottesspruch fr sie erflehen, dem sie sich bedingungslos unterwerfen wollen. Zehn volle Tage ringt der Prophet
mit sich im Gebet; er hat die Gewiheit, da sie ganz bestimmt auf
einen

Auswanderung nach gypten

die

billigenden

Gottesspruch

rechnen und keinem andern sich unterwerfen wrden. Es gehrt


nicht wenig Mut dazu, einen Rasenden zur Besinnung bringen zu
wollen, aber auch viel Besonnenheit, um dabei das rechte Mittel anzuwenden. Nun, Jeremia bringt nicht allein den ntigen Mut auf,
sondern

Er

ist

stellt

auch besonnen genug, zum wirksamsten Mittel zu

dem

Volke, das mit

dem Munde

greifen.

einen Gottesspruch ver-

und mit dem Herzen schon in gypten weilt, den leibhaftigen


Schrecken in der Gestalt des aus tausend Ruinen rauchenden Jerusalem vor die Augen, um es zu sich selbst zurckzurufen. Es ist
langt

die letzte

Rede, die Jeremia auf

dem
dem

blutgetrnkten

Boden

Palstinas

und diese Rede gipfelt in


Satze, da Gottes Grimm ber
die Auswanderer in gypten sich genau so ergieen werde, wie er
sich ber die Bewohner Jerusalems ergossen. Und wie er sich ber
Jerusalem ergossen, das sehen sie, ob sie wollen oder nicht. Auch
wenn sie die Augen schlieen, umgibt sie der Feuerschein der brennenden Hauptstadt; auch wenn sie ihre Ohren verstopfen, hren sie
das Prasseln der zum Himmel emporzngelnden Flammen; auch
wenn sie davonlaufen, folgt ihnen das Wehgeschrei der unzhligen
Verwundeten. Sie sehen die Tausende und Tausende der in
den Straen Jerusalems liegenden Leichen und hren das letzte
V^^, mit welchem Zehntausende ihr qualvolles Leben aushauchen.
Und das alles soll sich in gypten wiederholen! Gewi, denn die
Snde, welche sie mit der geplanten Auswanderung zu begehen im
Begriffe sind, wiegt all die Snden auf, welche den Fall Jerusalems
hlt,

SCHWARZ, ENTHYMEMATISCHE ANALOGIESCHLSSE

heraufbeschworen.
lich; seine

Rede

Das

IN

DER BIBEL

201

sagt ihnen zwar der Prophet nicht ausdrck-

enthlt nur die zwei Stze: Die

Bewohner Jerusalems

(M) haben durch ihre Snden (a) den Zorn Gottes ber sich heraufbeschworen (P). Die Auswanderer nach gypten (S) werden ebenso
den Gotteszorn ber sich heraufbeschwren (P). Aber er konnte es
seinen Zuhrern ruhig berlassen, da sie selber zu dem Ober- und
Schlusatz den Untersatz hinzufgen und sich noch im letzten Augen-

sagen werden: Die Auswanderer nach gypten (S) gleichen


durch ihre Snde (a) den Bewohnern Jerusalems (M). Armer Jeremia! Du glaubtest das Denken deines Volkes beeinflussen, du glaubtest die Revolution mit der Logik beschwren zu knnen und mutest
blick

am Ende

deines an Enttuschungen berreichen Lebens dich davon

berzeugen, da die Logik der Tatsachen strker


des gesunden Menschenverstandes.

ist

als die

Logik

Ezech IS, 6: irn yv^ p:in yv ntyxs dm"? 'n i hd pb


W^b^^y ''2V ns ^nn: ]D n'?D'? i6 Tnni Iti'. Darum spricht Gott
der Ewige also: Wie das Holz des Weinstockes unter dem Holz des
II.

Waldes, das ich


ich die

dem Feuer

Bewohner Jerusalems.

der Parabel

sein, die

zur Speise bestimmt habe,

Dieser Ausspruch

Ezechiel soeben

dem Volke

soll

so

mache

die Erklrung

vorgetragen.

Gott,

der Prophet, habe ihm die Frage vorgelegt, wozu denn


das Rebholz sich eigne. Jedes andere Holz des Waldes eignet sich
zu den verschiedensten Zwecken, zu knstlerischen und gewerblichen
so erzhlt

Gegenstnden, zu Baumaterial wie zu Hausgerten; nur das Holz


des abgestorbenen Weinstockes taugt rein zu nichts; nicht einmal
ein Pflock kann aus ihm gemacht werden, zumal wenn es an seinen
beiden Enden und in der Mitte vom Feuer versengt wurde. Auf

Antwort schuldig, und darum sagt


ihm Gott, da die Parabel das Verdammungsurteil ber die Bewohner Jerusalems enthalte. Der Weinstock bedarf der festen Sttzen,
an denen seine Reben sich emporranken; eine solche Sttze sollte
Israel an seinem Gotte haben; doch es verschmhte diese Sttze;
es verkannte seine innerste Natur, wollte es den Bumen des Waldes
gleichtun, und die Folge war, da der Weinstock zu welken und
zu verdorren begann; und als er dann mit seinen beiden Enden ins
Feuer kam, da zeigte sich, da auch sein innerer Teil versengt wurde.
Doch da Israel durch seine Untreue gegen Gott dem abgestorbenen
Rebholz gleich geworden, das dem Volke auseinander zu setzen, ist
ganz berflssig. Die Parabel besagt blo: Das abgestorbene Rebdiese

Frage

bleibt Ezechiel

holz (M), das zu nichts

die

mehr taugt

(a),

ist

dem Feuer

verfallen (P).

FESTSCHRIFT COHEN

202

Moral dieser Parabel lautet: Israel (S) ist gleichfalls nur noch
liegt
fr das Feuer etwas wert (P). Der Untersatz S in a gleich
in dem Enthymem keineswegs so fest eingeschlossen, dali ihn nicht

Und

die

jeder mit Leichtigkeit herausschlen knnte.'

Arnos 3, 12: n^V^D ^flt^ nSH ^20 npH b')i' "ItJ^XD Ti 1 HD


^"2 i'pur ]2 in bnn i.
So
^nv p'im nt3D nDa pnotJ^n n^^vn
spricht der Ewige: Wie der Hirt aus des Lwen Rachen zwei
Schienbeine oder ein Ohrlppchen rettet, so sollen sich retten die
Shne Israels, die in Peath Mittah und in Damask Eres wohnen.
Ich freue mich ganz besonders gerade bei diesem Verse, der nach
wie vor eine crux interpretum ist, nicht blo die von mir fr den
hermeneutischen Analogieschlu aufgestellte Formel anwenden, son12.

dern auch auf die unerlliche Notwendigkeit dieser Anwendung hinweisen zu knnen. Sowohl unsre alten Kommentatoren als auch die
modernen Exegeten tappen im Dunkeln und wissen nicht ein und

Das Propheten-Targum

aus.

z.

St. ist

keine bersetzung,

sondern

genau so wie Seder olam cap. 22 eine midraschische Erklrung.


Raschi, der feinfhlige und taktvolle Kommentator, der das Targum
historisch zu fundieren sucht, bemerkt in seiner Intuition 12^13 ''no ^"X
Abraham ibn Esra und David Kimchi behaupten mit vollem Ernst,
da die in der Sophaecke und auf einem Prachtbett sitzen Kranke
seien, die an dem Kampfe teilzunehmen verhindert sind, ohne zu
bedenken, da wirklich kranke Mnner nicht sitzen knnen, sondern
Die
liegen mssen, wenn sie nicht in den Krieg gehen sollen.

Sache bequem, indem sie von einer unheilbaren Textverderbnis reden, so da einige unter ihnen den zweiten
Halbvers ganz unbersetzt lassen, andere wieder nach """n einen
Punkt setzen und den Halbvers mit dem folgenden v. 13 verbinden.

Neueren machen sich

die

Endlich glauben manche die Worte tS'^V pt^'nn elliptisch auffassen


zu knnen, als stnde IV HSSn pt^^^m HD nDn int^n D^at^rn.
Diese Neuen bersehen jedoch ein sehr wichtiges Moment, da nm-

Analogieschlu un92, 7, wo die zehn 'hp


;noini der Thorah in einer Baraitha des R. Ismael aufgezhlt werden, heit es
an zehnter Stelle nn^ inn'ras U? "3 t^S V'p n3K"?)3'? T\\V' '? D^H invna T^iT^. Mag

da die Erklrung der Parabel


mittelbar auf einen Qol wachomer folgt. In Ber. rab.
^

Interessant

ist,

als

immerhin dieser zehnte r\"^p von der Hand des R. Kalonymos aus Rom herrhren (vgl. m. herm. Syllogismus p. 83), mag er auch nicht zu jenen gehren,
welche die Konklusionsformel ]n haben, da jedoch Ezech 15,5 mit zu den
einigen dreiig Schlssen a minori ad majus in der Bibel gezhlt werden kann,
wird doch niemand bestreiten wollen.

SCHWARZ, ENTHYMEMATISCHE ANALOGIESCHLSSE IN DER BIBEL

2O3

Auffassung Arnos sich selber insofern untreu wird, als


er gerade diejenigen vom Feinde verschont bleiben lt.'JderenjVerweichlichung und ppigkeit er doch strengstens tadeln ;^mu.;,;, (Vgl.
Da gibt es nach meinem unmalJgeblichen Dafrhalten nur
6, 4.)
lieh bei ihrer

Schwierigkeiten Herr zu werden, und das


des Gegenist die volle Durchleuchtung des Hauptbildes mittelst
bildes, oder, was auf dasselbe herauskommt, die Auflsung des
ein

einziges Mittel,

aller

Gleichnisses in einen AnalogieschlulJ.

Die zwei Schienbeinchen und

das Ohrlppchen (M) bleiben nur deshalb, weil der Lwe sie zu verschlucken unter seiner Wrde hlt (a), als das Verchtlichste der

Raubplatz zurck (P). Das ist der Kern des Gleichnisses; wenn Amos von einer Rettung durch die Hirten redet, so
will er mit ausnehmend feiner Ironie sagen, da der Hirte, dessen

Beute auf

dem

berwachung

Herde anvertraut war und der eben darum

die

fr

jedes verlorene Stck Schadenersatz leisten mu, sich selber vor der
Verurteilung zu retten sucht, indem er den Beweis fr den berfall

von einem Lwen zu erbringen sich bemht.^ An einen Kampf


des Hirten mit dem Lwen, wie ihn einst David bestanden ^ denkt
Amos nicht im Traum; das wre auch kein erfolgreicher Kampf,

dem der Mensch seine eigenen Knochen riskiert, um dem Rachen


des Lwen ein Ohrlppchen zu entreien. Nein, nein, der Hirte hat
sich verkrochen und dem Lwen die Beute berlassen; er wartet in

bei

seinem Versteck ungeduldig den Augenblick ab, da er die Beweise


Und
seiner Unschuld auf dem Felde wird zusammenlesen knnen.
genau so, meint Amos, wird es sich mit dem berfall Samarias durch
die

An

Assyrer verhalten.

einen

wirklichen

Kampf

ist

nicht

zu

auch Samaria viel zu schwach. Der Prophet hat


alle Nachbarvlker aufgefordert, auf den Bergen Samariens Zeugen
des Strafgerichtes zu sein, welches Gott ber die durch Raub und
Betrug reich gewordene Hauptstadt^ hlt. Ihre Palste, die mit geraubten Schtzen gefllt sind, sollen geplndert und die ganze HauptDie ganzer Nein, die Teile,
stadt zur Beute des Lwen werden.
denken; dazu

Vgl.

ist

Ex

Mischpatim Kap.
^

Vgl.

abv

22, 12
16,

Sam

BK

17,

b -t^i^in ly

11

a und

inx^a"" t^iD'' t^lD

dK und dazu die Mechilta

Nachmanis Pentateuch-Kommentar

z.

.St.

3436.

wenn die Zahl der vom Assyrer Verschonten nur


Lnd
eine kleine sein wird, von den Bewohnern des Reiches gesprochen werden.
knnen wir nicht umhin, v\)) pc'Dll Hiio nKD als Eigennamen zu betrachten, so
3

kann

Es kann

es

handeln.

sich

ja unmglich,

erst recht nicht

um

das Reich, sondern

um

die Stadt

Samaria

204

FESTSCHRIFl'

wo

COHEN

Reichen zu wohnen verschmhen, diese


zu plndern, wird auch der Assyrer unter seiner Wrde halten.
Oder mit anderen Worten: Diese wenigen Stadtbezirke (S) gleichen
den^; Schienbeinchen darin, da sie dem Assyrer verchtlich erscheinen (a), ergo werden sie von ihm nicht verschluckt werden (S
ist P).
Mithin haben wir es niclit mit verweichlichten Personen zu
tun, die auf seidenem Pfhl sitzen, sondern mit Mnnern, die in den
die paar Stadtviertel,

die

tiefergelegenen, muldenartigen Stadtteilen

wohnen. Diese Stadtteile


allen Seiten, mit Ausnahme

den Mulden, welche Samaria auf


der nordstlichen, von den umliegenden Bergen trennten. Da Omri
iK 16,24 die neue Residenzstadt auf dem ganzen Berg erbaute, so
konnte eine Ausdehnung derselben nur auf den niedriger gelegenen
Punkten sich vollziehen. Ganz besonders mssen es zwei muldenartige Tler gewesen sein, die zur Zeit Jerobeams II. von einer wenig
bemittelten Volksklasse bewohnt waren, und da das grere Tal
den Namen Damaskusbett erhielt, kann niemanden berraschen, der
da wei, da dieser Knig Damaskus dem Reiche Juda zurckerobert hat (2 K 14, 28).
Die geschichtlichen Tatsachen und die
lagen

in

topographischen Verhltnisse berechtigen sicherlich zu der Annahme,

da nt3 nSD und


fat

sie,

gegen

1^"!^

p^^"^

nomina propria

sind;

erheben; dort

wo

sie

LXX

solche

als

Mag man

teilweise wenigstens, die Septuaginta auf'.

die Lesarten der

und

im allgemeinen noch so

viele

auch

Einwnde

zu einem bessern Verstndnis des massoretischen

Textes eine Handhabe

bietet,

darf

man

sie

gewi nicht unbenutzt

auf der Seite liegen lassen, wie es hier von den modernen Exegeten
geschieht.

Bei diesen zwlf

Nummern kann

ich es fglich

bewenden

lassen,

und verweise nur noch auf Jeremia 31,27; 32,42; 33,20 22 und
It^ND beZach 8, 13 15, wo wir der Vergleichungsformel p

gegnen.

Selbstverstndlich

gibt

es

der

in

heiligen

Schrift

sehr

Vergleiche und auch nicht wenige Gleichnisse ohne die genannte

viele

Sie liest

....

otws iKawaa^aovrai

KarivivTL t^s ^uX^y, koI ev Aa/j.aaK^ iepus.

oi

vlol

'lo-poTjX

oi

KaTOiK0vvT\i

Sie transkribiert CIJ? in

Dem

iepeisl

iv '^a/xapeiq.

Vgl. jedoch

entsprechend hat auch die


Vulgata sie eruentur filii Israel, qui habitant in Samaria in angelo lecti et in
panno Damasceno strati (et in Damasci grabato). Gewi sollte man nach wie
vor ptt^l Wi5?n anstatt ly pc'Dia erwarten, aber es scheint dies doch immerhin,
wie Itj;''' ^>VK>^ Gen 15,2 deutlich zeigt, kein ganz vereinzelter Sprachgebrauch
gewesen zu sein. Vgl. hierzu meinen Aufsatz in Freie Jdische Lehrerstimme"
die Hexapla, die

auch

K\tirr)

u.

Kpdaros hest.

,,

Nr.

I.

SCHWARZ, ENTHYMEMATISCHE ANALOGIESCHLSSE

Zu

IN

DER BIBEL

2O5

gehren ganz besonders PS127, 4. Spr. Sal.


6,2729; 10,26; 24,13. 14; 25,4. 5. Mir war es vor allem darum
zu tun, fr den hermeneutischen Analogieschlu einen Anschlu an
Dieser Anschlu hat sich nun viel enger und
die Bibel zu finden.
Formel.

inniger als

letzteren

beim Qol wachomer erwiesen, denn

gleichungsformel

DIJ'D

die talmudische Ver-

deckt sich vollstndig mit

dem

biblischen

nun letztere, wie ich gezeigt habe, keine bloe


Vergleichungs-, sondern eine wirkliche Konklusionsformel, dann ist
die Kette der Entwicklung beim hermeneutischen Analogieschlu
genau so wie beim Qol wachomer lckenlos geschlossen, und man ist
vollauf zu der Behauptung berechtigt: Alle logischen Denkoperationen
des Talmuds, der Syllogismus, der Analogieschlu, und da dieser
blo eine Vorstufe der hermeneutischen Induktion bildet, auch der
Induktionsschlu, alle haben sich aus der Bibel herausentwickelt.
.

'W^'D,

Ist

Zur demotischen und griechischen Papyrusurkunde.


Von Ludwig BLAU-Budapest
nach dem Erscheinen der Papyri von Assuan^ habe ich
in einer Arbeit, in welcher ich diesen berraschenden Fund beleuchtete, unter anderem auch nachgewiesen, da diese Privaturkunden
aus dem 5. vorchr. Jahrhundert nach Form und Inhalt in wesendichen

Gleich

den rabbinischen Urkunden bis auf den heutigen Tag


weiterleben.^ Ich will nun hier zu beweisen versuchen, da die jdischaramische Papyrusurkunde der national-gyptischen gleicht und da
wesentliche Punkte beider Urkunden sich in der griechischen Papyrusurkunde wiederfinden. Das Quellenmaterial zu meiner Untersuchung
entnehme ich ausschlielich dem lehrreichen Werke Grundzge und
Punkten

in

WiLCKEN

Chrestomathie der Papyruskunde", das L. MiTTElS und H.

soeben herausgegeben haben (Leipzig 191 2).


Diese vorzgliche Einfhrung in die Papyrologie, welche die
bisherigen Ergebnisse der Papyrusforschung zusammenfat", ermglicht es auch dem Auenstehenden, sich an der Lsung der neuen

Aufgaben, welche die Papyrologie der Wissenschaft

Das neue

Material

soll

nmlich, wie

WiLCKEN

stellt,

(I,

p.

zu beteiligen.

XV)

bemerkt,

nicht zugunsten einer selbstndigen Papyruswissenschaft isoliert wer-

Hauptaufgabe der Papyrusforschung


darin zu sehen, da sie auf der soliden Basis eines gemeinsamen Unterbaues die neuen Materialien in die verschiedenen historisch arbeitenden Wissenschaften hinberleitet,
um die neuen Einzeltatsachen wieder in die groen ZuVielmehr

den.

A. H.

London

die

Sayce and A. E. Cowley, Aramaic Papyri discovered

at

Assuan,

1906.

Die Papyri von Assuan und Elephantine (ungarisch),


A. aus: Ungarisch-jdische Revue" Jahrg. 19071908).
*

(S.

ist

Budapest 1908
\

<A

^'5^

'^'^j^^J'^

FESTSCHRIFT COHEN

20S

sammenhnge
gangen

zu bringen, aus denen sie einst hervorge-

sind".

nun einen Zusammenhang aufzeigen, der nicht auf der


Heerstrae der Papyrologie liegt, indem ich neben den schon erwhnten aramischen Papyri die Bibel und den Talmud, sowie die
rabbinischen Urkunden des Mittelalters zur Vergleichung heranziehe.
Palstina hngt geographisch eng mit Ag}'pten zusammen und wurde
von demselben seit dem grauen Altertum sowohl politisch als auch
kulturell gewaltig beeinflut. Die enge Verbindung der beiden Lnder
Ich

will

hat bei allen Wechselfllen der politischen Geschichte kulturell zu


keiner Zeit eine dauernde Unterbrechung erlitten.

Es

ist

somit von

vornherein wahrscheinlich, da das Rechtsleben des jdischen Volkes

von gyptischer Seite einen Einschlag erhalten hat. Doch will ich
keine a priori -Schlsse machen, sondern blo die Mglichkeit eines
Einflusses betont haben.

Das gedachte Werk von MlTTElS und WiLCKEN, dem


schon erwhnt, das Quellenmaterial entnehme,
in

zerfllt in

wie

ich,

zwei Teile,

einen historischen und einen juristischen Teil,

zwei Hlften,

von denen die

erste die

und jeder Teil in


Grundzge" und die zweite

Jeder Teil besteht aus zwei besonders

die Chrestomathie" enthlt.

paginierten Bnden, ich werde also den von mir bentzten juristischen

den L. MiTTEIS verfat hat, einfach mit der Seitenzahl zitieren


und die Chrestomathie durch Hinzufgung eines 2 von den Grundzgen unterscheiden.
Teil,

I.

Bevor

ich in die

Untersuchung

eintrete, setze ich die

zum Ver-

Urkunden ntigen Definitionen von MiTTEIS her.


Ihrer Stilisierung nach werden die Urkunden eingeteilt in
objektive und subjektive, je nachdem ber den beurkundeten
Hergang vom Standpunkte eines unparteiischen Beobachters in der

.stndnis der

dritten

Person

selbst,

in

der

referiert

wird

(z.

ersten Person

B. o/xoXoyet 6 8e6va)

redend,

die

oder die Parteien

Urkunde

redigieren

(z.

B.

o/joAoyw)" (S. 49).

Eine andere Einteilung

Urkunden.

ist

Erstere werden von

die

in

ffentliche und private

einem ffentlichen Funktionr

er-

ohne Zuziehung eines solchen" (50).


Die demotische Urkunde wurde von einem Priester oder von
Auerdem werden
einem privaten Urkundenverfasser aufgesetzt.

richtet, letztere

Zeugen

und

zwar bei Immobiliar -Verkaufsurkunden (einschlielich

BLAU, ZUR DEMOTISCHEN

der Hypothezierungen) meist

kommen auch

UND GRIECHISCHEN PAPYRUSURKUNDE

2O9

zugezogen;

doch

in

der Zahl von i6

Die Stilisierung beginnt in


Zahlen vor.
objektiver Form: ,Es spricht N. N.'; sodann wird die Parteierklrung
in direkter Rede und in der ersten Person formuliert; auerdem oft
durch Eides- und Verwnschungsformeln (letztere gegen die Zuwidergeringere

Das Datum steht


bei dieser, wie berhaupt bei fast allen Objektivurkunden,
an der Spitze des Kontextes. Die Urkunde wird ganz vom /iovoy/Da<^os
geschrieben; die Parteien und Zeugen setzen keine Unterschrift bei,
wohl aber werden ihre Namen, da Zeugen wie Parteien die Urkunde
handelnden) unter den Schutz der Gtter

von auen

gestellt.

den Siegeln hinzugefgt" (53).


Das Schema ist demnach i. Datum, 2. Kontext, 3. Versicherung
durch Eid und Verwnschung, 4. Der Schreiber ist ein Notar, 5. Parversiegeln,

teien unterschreiben nicht, 6.

Zeugen

versiegeln.

AUdies gilt mit geringen Modifikationen auch von der aramischen Urkunde. Sie unterscheidet sich von der demotischen blo
in zwei Punkten.
In Punkt 3 insofern, als sie die Versicherung fr
das Einhalten des Vertrages nicht durch Eid und Verwnschung,
sondern durch eine Konventionalstrafe

festlegt,

und

in

Punkt 6

inso-

Zeugen nicht ihr Siegel, sondern ihre Unterschrift auf


die Urkunde setzen. Die gypter waren nmlich in der Regel nicht
schreibkundig. Zur Bekrftigung meiner Behauptung setze ich den

fern,

als die

Hauptinhalt des

Am

Papyrus B

hierher.

des 21. Regierungsjahres des Xerxes


sprach Dargeman, Sohn des Charschin ... zu Machseja, Sohn des
Jedonja
wie folgt: Du hast mir einen Eid geleistet ber mein
.

18.

Kislev

um

Klage erhoben habe


du hast mir geschworen bei dem Gott Jahu und mein Herz ist befriedigt.
Ich soll kein Recht haben wegen dieses Grundstckes gegen
Grundstck,

dessentwillen ich gegen dich

dich klagbar zu werden.

Sollte dies

jemand

in

meinem Namen

tun,

Kebes und dieses Grundstck bleibt dein Eigentum und


du bist fern von jedem Prozesse wegen dieses Feldes. Diese Urkunde
hat geschrieben Ethan bar Abba in der Festung Syene auf das Gehei des Dargeman.
Folgen die eigenen Unterschriften von acht

zahle ich 20

Zeugen."
Dieselbe

Form haben

smtliche

aramischen Urkunden

von

Assuan und Elephantine, nur fehlt in manchen die Konventionalstrafe


und die Zahl der Zeugen variiert. Eine genaue Vergleichung der
demotischen und aramischen Papyrusurkunden wre eine lohnende
Welche Resultate eine solche
Aufgabe fr einen gyptologen.
14

FESTSCHRIFT COHEN

21

Arbeit zutage frdern wrde,

drfte die hier folgende Analyse der

national-gyptischen Kaufurkunde zeigen, welche ich auf Grund der


bei Mitteis abgedruckten deutschen und griechischen bersetzung

kurzen Bemerkungen ber das nationalgyptische Recht bezeichnet MiTTEis (S. 167) als sicher folgende
Grundstze: i. Jeder gyptische Immobiliarverkauf setzt die Errich-

Nach

vornehme.

einigen

tung zweier Urkunden voraus, von denen die eine die ,Urkunde fr
Die
Silber', die andere die .Urkunde des Fernseins' genannt wird.
Griechen nennen in offiziellen bersetzungen solcher demotischer

Kaufurkunden die erstere

irpaa-is,

die zweite aTroo-racrtov (sc.

Das Schema der beiden Urkunden

a-vyypa(fi-)])."

folgendermaen:

lautet

Die Urkunde fr Silber.


1.

hast gegeben, mein Herz

Du
ist

mit

dem Geld

i.

(Leyd. P.

'AiriqvSoKyja-ds

3):

fn.

[t^s ti/x^].

zufrieden.

am

(Folgt in beiden die detaillierte Beschreibung des Kaufobjekts;

Schlu zusammenfassend:)
2.

Ich habe es Dir gegeben, Dir

eehrt

2.

(Leyd.
'o-'"

es.

28): eSwKa

1.

o-oi

[.

<tov

..

rajc^oi.

01

(Es folgt eine nochmalige krzere Beschreibung des Objekts.)


in Silber

3.

Ich habe ihren Preis

4.

von Dir empfangen, vollstndig


ohne irgendeinen Rest.
Mein Herz ist damit zufrieden.

6.

Kein Mensch der Welt, weder


ich noch mein Geschlecht, soll

3.

o-o Trjv

Wer

ihretwegen

auftreten wird in

men

oder

jemandes

in

gegen Dich
meinem NaWelt,

der

tovt(o[v nfiriv Ik ttAtj/jovs]

'Kir[^v]h6Kria-s

4.

(Leyd. 33/34):

C.

o[k IvKaAc (TOt TTipl tJoUTCV.

6.

(Leyd. 34):

oW

kyu>

[o]vt'

p-i.

aXXos

to[v I/a]oC yevous Kvpuva-ei ai;[Twv

otto t^s Se t^s ^/icj^as.

7.

(Leyd. 35): 'Eav


Tre[pl

dem Namen irgend

in

^Ho-fx^qv] irapa

[k<u

aveu Travros {vTi\o\6yov.

Macht ber sie haben, auer


Dir von heute ab.
7.

(Leyd. 32):

8e ris o-oi eireXey

aujrwv ck re tou

/^tos r

aAAov

(?)

/xo 6v[6-

aTroo-JT^o-oj.

den

entferne ich von Dir.


8.

Ich

will

sie

(die

Sache)

Dir

garantieren (wrtlich: reinigen)

8.

(Leyd. 36)
raGra

[dTro]

Kai

ea[u!>](rw

a-vyypacpQv

croi

....

gegen jede Urkunde.

910. Dir gehrt

sie (sowie) die

darauf bezglichen

Urkunden

9-10. (Wessely
5'

e[io-]tv

al

spec.l. 78):

yeyoi/wai

Kar'

o-ai

a{>TC>v

UND GRIECHISCHEN PAPYRUSUTiKUNDE

BLAU^ ZUR DEMOTISCHEN

21

und Vertrge, wo immer sie


auch sein mgen; jede Ur-

/xe[va]i /iot Kar'

airdv

kunde, welche allgemein dar-

iracrai

koI [crujvaAAay/iara

ber

ausgefertigt

worden

a-iryypa(j)al

7ra[vjTa

ist,

jede Urkunde, welche mir persnlich

worden

darber
ist,

koL

iraa-ai

al

"/yervrj]-

o-iry[y]pa</)[ai]

Trepiyeij/eTai {moi Bi-

tv

Kaiov d7rai'T[wv]

ausgefertigt

und jede Urkunde,

durch welche ich auf

ein

sie

Anrecht habe.
gehrt

Dir

11.

sie

samt ihrem

II.

Recht
12.

Den Eid und

Beweis],

12.

(Wess., Spec.

mit Ver-

besserungen von Schub art [bei

Rechts der obigen Urkunde,


welche ich Dir ausgefertigt habe,
damit ich sie (d. h. Eid und

(r[^oi

Spiegelberg
o]pKos

7r/Do<o">-

l7rt[8etgi]s

n?

p. 10]): dv 81

XfjOij wre (rwTAe[cracrai

TrjotTjcrc.

(leiste).

werde ich tun (leisten) ohne


.... Einspruch gegen Dich.

Die Urkunde des Fernseins


1.

II

1.

welche Dir vor Gericht auferlegt werden im Namen des

Beweis) tue
13.

[den

Ich trete Dir ab (die Liegen-

i.

Schaft),

{airoa-racriov).

(Wessely
l.

spec. tab. 13 Nr. 29


dc^to-ra/iea

[S. 6]):

3-

VTrap)^ovary]s rjfiLv

(t^s

.)

(Folgt genaue Beschreibung des Objekts.)


2.

ber welche ich Dir im

2.

Jahre des ewig lebenden Pharao


eine

Verkaufsquittung

fertigt

sie.

der Welt an dich zu

5.

Noch

ausge-

Ich habe dieserhalb kein

(d. h.

7re7r[oj7jTat

1.

aKoXovdws

9)':

6 TrpicrvTepos

crot

[y]

rj/xdiv

[TT/adJcrt.

habe.

Dir srehrt
4.

(Wessely sp.

Wort

richten

kein Recht daran).


soll

irgendein

der Welt es knnen

Mensch

....

3.

[Stj

4.

5.

S'

ecTTt].

(WESSELY

i7/;i[e]6V

Xov
CTTjs

e[.

ii):

1.

koI ovdeU

KaTaAe[t]7r[Tja[i TJwt Ka66.

.]s

[Aoyos arro t^s evecrrw]-

[t)]iJ.epa[s

[X/soJvoi/

eirl

t]ov [o-i5j/z7ravTa

ovK

Kai

i^ea-rai

[t'jjfJ-dv

ovt' [dAAw] ovSevl aTrAws [Kvpiiveiv


auTTJs
CTTjs]

ttAt^v

crov

rjixepa[s]

airo

eTi

tv^s

Tov

XPovov.
14'

o-ecTTCu-

a[7ra]i'Ta

FESTSCHRIFT COHEN

212

67. Wer ihretwegen gegen Dich


auftreten wird in meinem Namen [oder in dem Namen irgend

8.

jemandes in der Welt], den


werde ich von Dir entfernen.
Du kannst mich mit dem Recht

6.

(1.

13/14):

'Eav

mt^P

[v

v[lo$

6vydTrjp

rj

[Se

o.8eX]cf>b'i

eV-o-Ti^oro/iev

7r]aT^[p

rj]

[^ d]SA[<;^^

[iTreXOrj

o-oi]

17

....

[aiTo]v aTro a-ov.

der Verkaufsquittung verfolgen,


.
welche ich Dir im Jahre
des ewig lebenden Pharao aus.

Sfestellt

habe.

Eine Kaufurkunde findet sich unter den aramischen Papyri nicht,


wir knnen also nicht wissen, wie sie geheien hat. Dagegen wird
die Urkunde des Fernseins" mehrmals genannt, denn pmo "IDD, die
,

Auflassungsurkunde",

ist

wrtlich bersetzt nichts

anderes

als

die

Urkunde des Fernseins". Ausdrcklich nennt sich pm TSD in der


Aufschrift Papyrus B, Papyrus F und Papyrus I und zweimal wird ein
Eine Urkunde des
solches in Papyrus D (22 und 25) erwhnt.
Fernseins" ist auch Papyrus E, wenn sie sich auch in der Aufschrift
nur Urkunde" schlechthin nennt. Wie wir weiter sehen werden,
sind dem Inhalte nach auch noch andere Papyri Urkunden des
Betrachten wir nun die demotische Kaufurkunde Zeile
Fernseins.
fr Zeile.
1.

Du hast gegeben, mein Herz

ist

mit

dem Geld

zufrieden."
Charakteristisch

ist

hier

der Ausdruck

mein Herz

ist

zu-

den aramischen Papyri ein technischer Terminus. B 11 Du hast mir geschworen und hast mein
Herz zufrieden gestellt" 0:ia^ nntSMI); F5 Mein Herz ist zufrieden mit diesem Eid" 0^2^ 2)^)); G 5 Dein Herz ist zufrieden".

Derselbe

ist

auch

in

frieden"; G 15 Ich habe es erhalten und mein Herz ist


zufrieden"; H 8 Ihr habt unser Herz zufriedengestellt
ber diese Gter und unser Herz ist damit zufrieden". Der
fragliche Ausdruck kommt auch in den Elephantine- Papyri' vor,
Nr. 27, Zeile 9 und Nr. 35, Zeile 7.
2.

Ich habe es dir gegeben, dir gehrt es."


mich davon
7 Dieses Haus habe ich dir gegeben und

ent-

E. Sachau, Aramische Papyrus und Ostraka aus einer jdischen MilitrKolonie zu Elephantine, Leipzig 191 1. Diese Papyri hat auch A. Ungnad herausgegeben (Aramische Papyrus aus Elephantine, Leipzig 191 1).
'

BLAU, ZUR DEMOTISCHEN


es gehrt dir

fernt,

UND GRIECHISCHEN PAPYRUSURKUNDE

und deinen Kindern".

4-

213

8 Ich entferne mich

K ii Wir entfernen
von euch ... es gehrt euch fr immer".
uns von dir ... bezglich des Sklaven Petosiri, der dir als Anteil
zugefallen

ist".

Ich habe ihren Preis in Silber von dir empfangen,


vollstndig ohne irgendeinen Rest. Mein Herz ist damit
3

4.

zufrieden."

den Papyri nicht, weil bis jetzt


Kaufschein berhaupt nicht vorliegt. Da jedoch diese Art von

Der

ein

erste

Satz findet sich

Quittierung blich war,

folgt aus

in

15 (oben bei Zeile

Bei der

i).

Zubilligung des Eides erklrt die Prozepartei an der schon angefhrten Stelle (B II) gleichfalls:

Du

hast mir bei Jahu geschworen

und mein Herz ist zufrieden bezglich dieses Grundstckes,


dich deswegen nicht belangen knnen".

ich

soll

im demotischen Text, ist aber im griechischen vorhanden und lautet: Ich soll dich dieserwegen nicht belangen
knnen". Diese Formel kommt auer an der soeben angefhrten
Es ist eine
Stelle noch vor E 8, F 7, H 11, J 10, K 8 und sonst.
stndige Formel, die auch in anderen Wendungen ausgedrckt wird.
Zeile 5 fehlt

Kein Mensch der Welt, weder ich noch mein Geschlecht soll Macht ber sie haben auer dir von heute ab."
6.

Ausfhrlicher

ist

die

Eigentumsbertragung

in Zeile

der Ur-

kunde des Fernseins" ausgedrckt: Es soll keiner von uns noch


irgendein anderer Macht ber es haben auer dir von heute ab
bis in alle Zeit" (Ewigkeit). Statt des zusammenfassenden mein
Geschlecht" heit es in dieser zweiten Urkunde (Zeile 6) detailliert:
Vater oder Mutter, Bruder oder Schwester, Sohn oder
Tochter". Alldies begegnet uns auch in den Papyrus. In der
Schenkungsurkunde D spricht der Vater zu seiner Tocher, nachdem
das Objekt der Schenkung genau beschrieben worden, wie folgt:
Ich habe es (das Grundstck) dir gegeben bei meinem Leben und
darber Macht haben von heute ab bis
du willst, kannst du
in Ewigkeit und deine Kinder nach dir.
Weder Sohn noch eine andere Tochter, Bruder und
es schenken.
Schwester und Frau und ein anderer Mann sollen Macht haben ber

bei

meinem Tode, du

sollst

Wem

dieses Grundstck

auer

dir

(8-11).^

'

Siehe weiter unten S. 217.

und deinen Kindern

bis in

Ewigkeit"

FESTSCHRIFT COHEN

214

Wer ihretwegen gegen dich auftreten wird


meinem Namen oder in dem Namen irgend jemandes
7

8.

in
in

der Welt, den entferne ich von dir. Ich will sie (die Sache)
dir garantieren (wrtlich: reinigen) gegen jede Urkunde."
Die Fortsetzung des soeben angefhrten Papyrus lautet folgendermaen: Wer Proze oder Streit erhebt gegen dich oder deinen
Sohn oder deine Tochter oder deinen Mann (Rechtsnachfolger)
wegen dieses Grundstckes, welches ich dir gegeben, und gegen dich
Klage fhrt vor einem Hauptmann oder Richter, soll dir oder deinen
ohne Proze und
Kindern (ein Strafgeld von) lo Kebes geben
.

ohne
dir.

alte

gehren und deinen Kindern nach


Man soll nicht produzieren drfen gegen dich eine neue oder
Urkunde ber dieses Grundstck, welches ich dir gegeben, um
Streit

und das Haus

es einem anderen

soll dir

Die Urkunde, die man gegen


nicht ich habe sie geschrieben und

Menschen zu geben.

dich produziert, wird falsch

sein,

angenommen werden im Proze, solange diese Urkunde


Hand ist' ... Hier hast du die Urkunde des Fernseins,

sie soll nicht

in deiner

welche Dargeman, Sohn des Charschin, der Harazmier,


ich habe sie dir
mir ber dieses Grundstck geschrieben hat
gegeben, du besitze sie. Wenn morgen oder bermorgen Dargeman,
ein

Stck,

Sohn des Charschin, oder sein Sohn wegen dieses Hauses Klage
erhebt, produziere diese Urkunde und prozessiere mit ihm."
E II 12: Es soll kein Mensch gegen dich eine neue oder
alte Urkunde produzieren drfen auer dieser, die ich dir geschrieben
und gegeben habe. Wenn gegen dich eine Urkunde ausgeht, so
Nach genauer Beschreibung der
habe ich sie nicht geschrieben."
Lage des Hauses durch Angabe der Grenznachbarn nach den vier
Himmelsgegenden folgt zum Schlu: Dieses Haus habe ich dir
gegeben; ich entferne mich davon; es gehrt dir fr immer,

wem

du willst, gib es".


Zeile 3 wird die Kaufurkunde erwhnt,
welche der frhere Besitzer ausgefertigt hat, und Zeile 6 heit es von
derselben: ich habe sie dir (der neuen Erwerberin) bergeben". In
dem Heiratskontrakt Papyrus G garantiert As-Hor, der junge Ehegatte, seiner Frau Mibtachja den Genu seines Hauses und seines
sonstigen Vermgens mit den Worten: Wer gegen Mibtachja auftreten wird, um sie zu vertreiben von dem Hause des As-Hor und

Hierauf folgt mit denselben Ausdrcken die Erklrung, da der Aussteller


selber auch nicht das Recht haben soll, gegen diese Schenkung Einspruch zu
erheben.
'

BLAU, ZUR DEMOTISCHEN

seinem Vermgen,

UND GRIECHISCHEN PAPYRUSURKUNDE

21

Kebes (als Strafgeld) zahlen und


beistehen im Prozesse'" (30
31).

soll

ihr

lo

Urkunde soll ihr


Das Merkwrdigste aber ist, da der Terminus: ich werde
reinigen" noch im 4. Jahrhundert (post) in Babylonien im Kaufbrief
gang und gbe war. In einer Diskussion wird Baba Mezia 15 a die
diese

Garantieformel

des Kaufbriefes

folgendermaen

die

zitiert,

Ich werde aufstehen und beruhigen und reinigen


Einspruch, Raschi]

und wegwischen

[vor

lautet:

jedem

[jeden Einspruch] von diesem

Kauf usw."^
Zeile

Urkunden

Die Zusicherung der auf das Kaufobjekt bezglichen


in den aramischen Papyri durch die bergabe derwobei ausdrcklich erklrt wird, da jede andere Ur-

13.

ist

selben ersetzt,

kunde, welche sich auf dieses Rechtsgeschft bezieht, falsch ist, solange
die gegenwrtige Urkunde im Besitze der anderen Rechtspartei sich

Hiermit

befindet.

ist

kurz ausgedrckt, da der Ausfertiger der Ur-

Eid und den Beweis", welche der Partei


aus diesem Rechtsgeschft entsteht, zu leisten ohne Einspruch".
Bei der Urkunde des Fernseins" ist die Identitt der Rechtsausdrcke der demotischen und aramischen Urkunde geradezu in
die Augen springend. Vom Titel Urkunde des Fernseins" war schon
pm ("lD). Die
die Rede: aTroo-racriov ((rvyypa(f>i)) ist buchstblich

kunde

sich verpflichtet, den

berlassung des Objekts wird mit dt^io-rayuea ausgedrckt, wie K 11


mit nin:K Ip^nm wir entfernen uns". Fr Abtretung", Auflassung"
F 6 Ich entferne mich von dir
ist der aramische Terminus pm.
von heute ab in Ewigkeit" bezglich einer Forderung; H 15 Er sei
fern

rabbinischen Recht heit die

Im

von diesen Gtern" (Mobilien).

Urkunde der Entfernung" \>^b ItSty.


Sagt jemand zu seinem Nchsten: Ich habe kein Anrecht und keine
Worte ber dieses Feld; ich habe damit nichts zu tun (wrdich:
so hat
keinen Streit^; meine Hnde (Macht) sind davon entfernt

Zessionsurkunde

gleichfalls

er nichts (rechtsgltiges)

sammlungen
nSD

findet sich der pl^D

nb [nDjyi.

'

nat

]'Vk

Baba Bathra 43a

y-i

"Itaty

Vielleicht

'J'at p"'"l!2K1 '211 ^SiVH^


(cf.

In den rabbinischen Formular-

gesagt "J.

ist

auch heute

Y^

mp

zu lesen

Whrend

noch.-

vor

dem

Richter.

D^plX 3K.

Kethuboth 83a): mc' hy

'b

yn

nnnm

y-i n^n"?

imxn

Der Talmud schliet die


n^ ni pay 'b y)
alten Termini aus, wodurch er deren Weiterbestand beim Volke
D','?^

-IC

Hb njno mpbiDO

11.

nnSTi ]n = 33ni ^n (der Papyn). p'jiDD = pm.


Sefer Haschetaroth ed. Halberstamm S. 66: b-\ onani i^

verrt.
*

naa "t jpbooi poj?

iV'sk.

n'iia 'b

^\'b^

2l6

FESTSCHRIFT COHEN

den fraglichen Papyri der Terminus bei Mobilien und bei einer
Forderung gebraucht wird, steht er im Talmud bei Immobilien. Es
in

demnach sehr

ob man, wie MiTTEIS (i66) meint,


zwischen Mobiliar- und Immobiliarkauf differenzieren mu.
Doch
dies nur nebenher.
MiTTEls bemerkt, da der Terminus aTroo-racriov
vorwiegend dann angewendet wird, wenn es sich um Kontrahenten
gyptischer Nationalitt handelt" (176).
Hiermit wrde es gut
stimmen, wenn dTroo-Tcio-iov bersetzung eines gyptischen Wortes wre.
Dies vermag ich nicht zu entscheiden, sicher ist aber, da dieser
Terminus dem aramischen pmo Fernsein" gleicht. Beide Termini
ist

zweifelhaft,

drften quivalente eines gyptischen Terminus sein.

Sehr interessant

ist

vom

Gesichtspunkte des aramischen Ter-

minus, was Mitteis (178) ber den dritten griechischen Ausdruck


fr die Auflassung sagt.
fter wird der Terminus Trapaxyip-qo-Ls,
7rapaxo)pLv

gebraucht.

Und zwar kommt

dieser,

im Gegensatz zu

auch in den Urkunden selbst vor. Freilich nicht blo


Auflassung des Eigentums; er bedeutet vielmehr das ,Weichen'
(cedere) von irgendeinem Gegenstand schlechthin, kann daher auch

KaTaypd^iLv,

fr die

Forderung gesetzt werden und steht nicht blo


bei kaufmiger, sondern auch bei tausch- oder vergleichsweiser
Rechtsberlassung."
Was zunchst die Bedeutung von Trapax<apdv
betrifft, so ist zu konstatieren, da der rabbinische Ausdruck 2p''^nD0
fr die Zession einer

gleichfalls

ich weiche" bedeutet,

noch nher
merken, da

Was

plVo

(itaty)

steht also TrapaxwpT^o-is

Sache anbelangt, ist zu beE eine Schenkungsurkunde ist und da heit es auch:
Ich entferne mich davon (vom Hause), dir gehrt es" (Zeile 7 und 16)^
und da in F bei einer vergleichsweisen berlassung derselbe Terminus angewendet wird (Zeile 6).
Whrend aTroa-Taa-iov und Kara\(i>pr]a-is quivalente eines gyptischen (und aramischen) Terminus sind, ist KaTaypa^ri (KaTaypd<f)uv)
ein wirklich technischer Ausdruck der altgriechischen Rechtssprache.
Hieraus folgert MiTTEis (176), da es wohl nur durch die zuflligen
Verhltnisse unserer berlieferung begrndet ist, da das Wort in
seiner einschlgigen Bedeutung in der Ptolemerzeit selten zu belegen
ist".
Viel nher drfte die Annahme liegen, da dieser Terminus
gerade deshalb, weil er der griechischen und nicht der nationalgyptischen Rechtssprache angehrt, selten gebraucht wurde.
Kehren wir nun zu unserer Urkunde zurck. Zeile 3. Dir ge^

als

pn"l (1D).

Ebenso Sachau Nr.

die

35, 4 (cf. 73 Nr. 5, 3).

BLAU, ZUR DEMOTISCHEN

hrt

Wort
15,

n. 3)

7.

11.

Dir gehrt es"

16.

Ich habe kein

Zeile 4.

sie".

Wort an

der Papyri 221) (K^l)

14,

das vielfach

und griechisch

UND GRIECHISCHEN PAPYRUSURKUNDE


4,

15,

dich zu richten"

ist

19,

8).

J
das stndige

variiert

Adyos.

(A

21/

K^ (auch assyrisch dinu u dababu)'


wird. 221 ist hebrisch ^121 (oben 215,
Zeile 5.

Noch

soll

irgendein

Mensch

schon bei der ersten Urkunde besprochen


worden. Auch fr die Gewhrleistung sind schon Parallelen beigebracht worden. Hier sei nur noch bemerkt, da statt des allgemeinen
irg-endein Mensch" und wer in meinem Namen oder in dem Namen
es tun knnen".

Dies

irgend jemandes

in

ist

der Welt",

das

der demotische Text bietet,

in

den aramischen Papyri stets eine Aufzhlung der Verwandten gegeben wird, wie im griechischen Text, jedoch mit dem Unterschiede,
da Vater und Mutter nie genannt werden. Ich lasse hier eine Zusammenstellung folgen.
Sohn und Tochter, Bruder und Schwester, Verwandter und nicht
Verwandter (Militr oder Zivil) ^ (A 8, B 12. 13). D 10 und J 11 wird
noch hinzugefgt: Weib und ein anderer Mann; E 8 heit es: Weder

noch mein Sohn und mein Same oder ein anderer Mann sollen
gegen dich auftreten knnen". F wird nur Sohn und Tochter genannt und zwar bei beiden Rechtsparteien. H 10: Wir und unsere
Shne und unsere Tchter und unsere Brder und unser Mann
Auch in den
(Rechtsnachfolger), Verwandter und Stadtbrger.3
Elephantine-Papyri findet sich diese Aufzhlung der Erbberechtigten,
welche Klage erheben knnten oder gegen welche Klage erhoben
werden knnte. Es ist nun nicht uninteressant, dieselbe Formel in
jdischen Formularen 2000 Jahre spter wiederzufinden. Bei Juda
bar Barsilai (elften Jahrhundert in Barcelona) liest man^: TtT "'0 b2
m.T "pmii ly-ir pimi 2)1]) ninT n nm ]2 D^iyn mnn vnnsa

ich

Die Klausel der griechischen Urkunden:

vev

5t'/o;s

Kai Kplaeui

(Nr. 132, Z. 23

Chr.; 133, 26 aus 108 v. Chr.; 62,9 aus 303 n. Chr.) ist das
aus dem Jahre iio
griechische quivalent dieses technischen Ausdruckes. An allen drei Stellen
v.

findet sich
Kai

irdffijs

noch je ein anderer Zusatz

(koI

Trda-ris

evpj](Ti\oylas

Kai irda-ns KaKorexviai

Worte finden sich aber berall,


und formelhaften Charakters. Es drfte sich nicht um

virep^^aeus Kai ivpeaiKoydas), die ersten

zwei

Beweis ihres Alters


eine Phrase handeln (MiTTElS I, S. 120 und II, S. 69. Vgl. noch I, S. 122).
^ Militr oder Zivil"
werden nur ausnahmsweise (auch E 10) genannt:
nnpi bin byi p-'mi anp nnxi nx mii -12. Sachau bersetzt falsch p^T^^\ ^np mit

ein

naher und entfernter Verwandter".


3 nnp bya ohne vorheriges bin hy^.
4 Sefer Haschetaroth ed. Halberstamm 46; abgekrzt angedeutet 51 bis;
Jahrhunderts.
60,21
22; 100, 16. Auch in Formularsammlungen des sechzehnten
;

74,

FESTSCHRIFT COHEN

2l8

mpn

])V^^'\

n^li

IS

"'li

Wie

in

den Papyri der zur

Militr-

Gehrige (Jude) und Stadtbrger (gypter), so wird bei


den vernderten Verhltnissen entsprechend, der Jude und

kolonie
Barzilai,

NichtJude genannt.

Elieser ,Melli hat

Venedig 1552, Nr.

ed.

nmrT'l.

HURWITZ

Vitry ed.

26),

noch dieselbe Formel

nur der Schlu lautet

794, Nr. 562

(wie in

und 796, Nr. 571)

(f 2n Vd^

Machsor

ahertmlicher:

Jude oder Aramer", wie der Gegensatz nicht selten


im Talmud ausgedrckt wird.
Die Eigentumsbertragung Kvpievetv ist das quivalent vom ara'NlK 1

"'Hin"'

mischen \^^b herrschen". D 9 ii: Du sollst darber herrschen


von heute ab bis in Ewigkeit' und deine Kinder nach dir, wem dir
beliebt, schenke es; es soll weder mein Sohn oder meine Tochter
usw. noch ein anderer Mann herrschen ber dieses Grundstck

und deinen Kindern bis in Ewigkeit." C6 13: Du hast


nicht das Recht {^^b^) zu verkaufen oder zu verschenken anderen
auer deinen Kindern von meiner Tochter Mibtachja, sie sollen darber
herrschen (|^t^^'?L^) nach euch ... sie hat nicht das Recht (Tl^'^b)
es zu nehmen und anderen zu geben auer deinen Kindern von

auer

dir

ber die andere Hlfte


herrschen
ber die andere Hlfte herrschen deine Kinder von
18 von einem Haus nebst beweglichen Gtern und

Mibtachja, sie sollen darber

herrschst

du,

Mibtachja".

Wrtlich

d'?X;

Wenn

also

da

dem

in

b),

nj;*!

OTro t^s eveo-rwo-Tjs r^fiipas

nit

(D 9 und

em

rov a-ufMiravTa xpovov ist

sonst), krzer

bv IV (E

i6).

das babylonische Schulhaupt Rab (um 230) verordnet,


Scheidebrief eingeschrieben werde '?j;'?1 ]i*T OVO (Gittin

so hat er nur eine uralte zivilrechtliche Formel in eine ehe-

rechtliche
in

6 von einem Sklaven.^

Der Ausdruck

85

Urkunde aufnehmen

lassen.

Dieselbe Formel kehrt noch

der rabbinischen Auflassungsurkunde wieder.3

Wir knnen nach den voraufgehenden Parallelen mit


Sicherheit behaupten, da die jdisch- aramische Urkunde in gypten mit der national-gyptischen bis auf
geringe Abweichungen, die kaum in Betracht kommen

Die rabbinische Kaufurkunde (1. c. 46 oben) detailliert die Macht des


Kufers ber das gekaufte Ackerfeld: Er kann damit machen, was er will, er
hat die Macht es zu bearbeiten usw., zu verschenken usw. und ich habe mich
davon vollstndig entfernt". In der Hauskaufsurkunde heit es: er hat
Macht ber dieses Haus und diesen Hof" usw.
3 Sefer Haschet. 66.
^

BLAU, ZUR DEMOTISCHEN

UND GRIECHISCHEN PAPYRUSURKUNDE

knnen, vollkommen bereinstimmt.

219

Die Errichtung von zwei

den Juden nicht blich gewesen sein.


Dies folgt nicht so sehr aus dem Umstnde, da(i ber ein und dasselbe Rechtsgeschft keine zwei Urkunden erhalten sind, denn dies

Urkunden

drfte

indes

bei

verhltnismig geringen Urkundenmaterial, welches


wir gegenwrtig besitzen, ein Spiel des Zufalls sein, sondern vielmehr
aus der Tatsache, da in der zu einem Familienarchiv gehrenden,
auf drei Generationen sich erstreckenden und augenscheinlich sorg-

knnte bei

fltig

dem

aufbewahrten Urkundensammlung keine einzige Doppelurkunde

vorhanden

ist.

Urkunde E, in welcher der


Kauf des zu berlassenden Hauses und der hierber ausgefertigte
Kaufbrief erwhnt ist und dabei nur von der bergabe einer einzigen
Urkunde gesprochen wird. Eine zweite Urkunde wird es also
ber diesen frheren Kauf nicht gegeben haben.

Den

aber

strksten Beweis

liefert

IL

Urkunde

makedonischen Eroberer in
gypten ist ursprnglich reine Privaturkunde. Die Syngraphophylaxurkunde ist eine objektive und wird fast ausnahmslos von sechs
Zeugen (daher (Tvyypa4>rj lla/xaprvpos) errichtet. Sie wird erffnet
Die griechische

der

dem Regierungsdatum; sodann folgt sofort der Kontext.


Die Zeugen werden erst am Schlu aufgefhrt. Sie pflegen
mit
die

Urkunde

nicht zu unterschreiben; ebensowenig tut dies der Aus-

wohl aber wird dieselbe, oder genauer gesagt, das Innenexemplar davon durch die Zeugen und den Aussteller von auen
versiegelt, wobei jedem Siegel der Name des Sieglers beigesetzt wird.
Einem der Zeugen wird die Urkunde in Verwahrung gegeben, weshalb dieser (rvyypa<iio4>vXa^ genannt wird. ... Im Fall eines Prozesses
hat er die Urkunde dem Gericht vorzulegen. Die Abfassung der
steller;

war reine Privatsache und wurde


daher von irgendeiner schreibkundigen Person, meist wohl
von einem gewerbsmigen Urkundenschreiber, vollzogen"

(rx;77/3a</)o<^vAa^-Urkunde

(Mitteis 54 f.).
In den von mir unterstrichenen Punkten dieser Beschreibung
stimmt die aramisch-jdische Papyrusurkunde mit der griechischen

vollkommen
die mit

berein.

Sie

ist gleichfalls

dem Regierungsdatum

eine objektive Privaturkunde,

beginnt und worauf sofort der Kontext

Die Abfassung vollzieht eine Privatperson oder ein gewerbsmiger Urkundenschreiber. AUdies gilt im Wesen auch von der
folgt.

FESTSCHRIFT COHEN

220

talmudischen und nachtalmudischen Urkunde.


die

Zeugen

als

Abfasser

steht bezglich der

in

Zeugen

Nur

den Vordergrund.

treten in letzterer

Ein Unterschied be-

insofern, als diese nicht ihr Siegel,

sondern

Urkunde setzen, wie dies die aramischen Urkunden zeigen. Bemerkenswert ist indes, da der Terminus fr unterschreiben" im Talmud ITi siegeln" lautet. Dieser
Unterschied stammt offenbar daher, da die Juden seit altersher
schreibkundig waren. Die Zahl der Zeugen variiert in den jdischen
Wenn im
Papyrus (Papyrus A und B: 8; C und D: I2; F: 4).
mosaischen Gesetzbuch die Aussage von zwei oder drei Zeugen zur
Entscheidung eines Rechtsstreites fr gengend erklrt wird (Dt 19, 15,
cf. 17, 6), so ist hieraus nicht zu folgern, da in der Praxis bei Ausfertigung von Urkunden nur soviel und nicht mehr Zeugen heranihre eigene Unterschrift unter die

gezogen wurden. Dieses Gesetz will blo sagen, es sei gegen den
Usus auch eine geringere Zahl von Zeugen als gengend zu betrachten. So ist der Ausdruck zwei oder drei Zeugen" zu verstehen,
den schon der Talmud fr auffallend hielt und deshalb aus ihm den
Rechtsgrundsatz folgerte, da zwei Zeugen hundert gleichzustellen
sind. In

der Praxis wurden noch im zweiten Jahrhundert (post) mehr

Besonders interessant

zwei Zeugen verwendet.

ist

Urkunde

einer

lteres

Zeugnis

fnf

Zeugen

als die

aus

unterfertigt

dem

waren" \

sptestens

eine

Wenn

aus gedachter Zeit stammende kasuistische Bemerkung:

Man

als

auf

hat hier ein

Jahre 360 stammende Teilfreilassungs-

urkunde Nr. 361, zu welcher MiTTEis (II, 2, p. 404) einleitend bemerkt: Man beachte, da die Fnfzahl der Zeugen, die Justinian fr
seine Manumission vorgeschrieben hat (C. J. 7, 6, i, ic), schon hier
vorkommt. Die Vorliebe fr diese Zahl ist auch sonst im rmischen
Im
Urkundenwesen zu erkennen (MiTTEIS, RPR i, 296 A. 16).
ist sie fr die
noch vor der Zeit unseres Papyrus
vierten Jahrhundert
Kodizille legal geworden (C. Th. 4, 4, i), was auch auf die sonstigen
Urkunden zurckgewirkt haben kann."
merkwrdigsten ist aber die bereinstimmung der biblischen

Am

und talmudischen Urkunde mit der griechischen der Ptolemerzeit


MiTTEis sagt
bezglich der doppelten Ausstellung der Urkunde.
hierber unter der berschrift Innen- und Auenschrift" das folgende:
Eigentmlich sind der griechischen Objektivurkunde der Ptole-

Tosefta Baba B.

Nach dem

11, 11

XII. Tafelgesetz

Zeugen zugegen

(419,9

Zuckermandl):

D"'nx?

ntrn

v'?j>

lonn

iii.

mssen bei einem Kauf fnf rmische Brger

sein (Gaius, Inst.

lib.

I,

119).

als

BLAU, ZUR DEMOTISCHEN

UND GRIECHISCHEN PAPYRUSURKUNDE

221

gegen Flschungen Platz greifenden


Manahmen. In den ltesten Syngraphophylaxurkunden wird der
Kontext auf demselben Papyrus zweimal geschrieben (z.B. Hib. 84a
[131]; 91; 96; Amh. 42; Rein. 22 u.a.). Das Stck des Papyrus, auf
welchem die erste Fassung steht, wird zusammengerollt, mit einem
Bastfaden durchzogen und auf diesen werden die Siegel der Zeugen
und Aussteller gesetzt, so da ohne Bruch der Siegel nicht mglich
ist, diese Innenschrift" zu erffnen; sie wird erst im Streitfall erffnet,
um den authentischen Text zu erhrten. Bis dahin gengt die
Auenschrift", d. h. die zweite auf dem Papyrus stehende Ausfertimerzeit

die

gung, welche

zur

Sicherung

unverschlossen

bleibt;

dieselbe

ist

not-

andererseits

wendig, damit sich jede Partei ber den Vertragsinhalt auch ohne
Erffnung der Innenschrift vergewissern kann" (S. 77 f.).'
Man wird an Jeremia Kap. 32 erinnert, an die einzige Stelle der

welcher ein mittels Kaufbrief zustande gekommenes Rechtsgeschft erwhnt wird. Jeremia kauft den Acker seines Vetters, an
dem er das Recht der Erbschaft und Einlsung", d. h. das Vorkaufs-

Bibel, in

recht besitzt.

den Acker von meinem Vetter Hanamel zu


Anathoth und wog ihm das Silber dar, siebzehn Silberschekel
(10) Dann schrieb ich den Kaufbrief, versiegelte und nahm
Zeugen hinzu und wog das Silber auf der Wage. (11) Sodann
nahm ich den Kaufbrief, den versiegelten mit dem Gebote und
den Satzungen, sowie den offenen. Ich gab dann den Kaufbrief
Baruch, dem Sohn Nerijas, des Sohnes Machsejas in Gegenwart
Ich

(9)

kaufte

Gegenwart der Zeugen, die den


Kaufbrief unterschrieben hatten und in Gegenwart aller Juder,
die sich im VVachthofe aufhielten. Ich gebot Baruch in ihrer Gegenwart: So spricht der Herr: (14) Nimm diese Urkunden, diesen
Kaufbrief, den versiegelten samt diesem offenen, und lege
sie in ein Tongef, damit sie lange Zeit erhalten bleiben.
Denn so spricht der Herr: man wird noch Huser, cker und Weinmeines Vetters Hanamel und

in

zum Herrn, nachdem


ich den Kaufbrief Baruch, dem Sohne Nerijas gegeben ....
Doch sprachst Du zu mir, o Herr: Kaufe dir den Acker um Silber
(44) iMan
und nimm Zeugen hinzu ... So spricht der Herr
wird cker fr Silber kaufen und Kaufbriefe schreiben

berge

in

diesem Lande kaufen.

Ich betete

der spteren Ptolemerzeit wird die Innenschrift verkrzt;


rmischen Zeit ist sie bald vollstndig verschwunden (Mitteis ebenda).
^

In

in

der

FESTSCHRIFT COHEN

222

und versiegeln und Zeugen hinzunehmen im Lande Benjamin".

Was

und offene Kaufbrief"

kann nach
der graeko- gyptischen Gepflogenheit nicht zweifelhaft sein. Vers
Dinnn nipDH "1SD der versiegelte und
heit es ausdrcklich "'I^Jn
Ebenso wird Vers 12 (zweimal) und Vers 16 der
offene Kaufbrief".
Kaufbrief als eine einzelne Urkunde genannt. Eine einzelne
Urkunde indiziert auch der Terminus: IDD5 DJID (Vers 10 und 44) eine
der versiegelte

ist,

Urkunde schreiben"
ist

blo Vers

14,

(wrtlich: auf ein Tierhautblatt schreiben). Schwierig

wo

Urkunden" genannt werden,


Kaufbrief und der versiegelte und dieser offene"
nb^T] n''1DDn diese

worauf dann dieser


folgt, und dem Plural entsprechend gesagt wird: lege sie in ein
Tongef, damit sie lange Zeit erhalten bleiben" ^ Das einfachste
ist, da man den Plural D'^IDDH auf die auf einem Blatte ausgestellte
Doppelurkunde bezieht; das darauffolgende nsi Htn n^p^T] "ISD nx
nin ''l'?n "ISD n1 mnnn ist nichts anderes als die Nennung der Urkunden: diesen Kaufbrief, den versiegelten und den offenen" ^ Man
knnte auch daran denken, da der Verkufer die Urkunde, mittels
welcher er in den Besitz des fraglichen Grundstckes gelangt ist,
dem neuen Kufer bergibt, wie das nach Ausweis der aramischen

Papyrus bei den Juden in Syene-Elephantine blich war, so da


Jeremias nebst der neuen auch die alte Kaufsurkunde zur Auf-

bewahrung bergeben htte. Doch ist diese Annahme nicht ntig


und auch nicht wahrscheinlich. Angesichts der Tatsache, da mit
Ausnahme von Vers 14 stets lediglich von einem Kauf Instrument
gesprochen wird, das sich in zwei Teile spaltet (Vers 11), halte ich
es fr ganz sicher, da Jeremia nur eine einzelne Urkunde mit
Innen- und Auenschrift ausgefertigt hat* Die Worte miJOn
^pnm, welche Vers 1 1 zwischen Dinnn und ^)b:^n stehen, drften den
Inhalt des versiegelten Teiles nher erlutern,

selben nebst der Fixierung des Kaufes gewisse

da nmlich

Anordnungen

in

dem-

getroffen

Erb- und Einlsungsrecht hervorist.


Doch ist dies Nebensache, da hier nicht der Prophetentext interpretiert, sondern lediglich die Tatsache festgestellt werden

und
gehoben

gleichzeitig vielleicht das

sind

soll,

da

in

Juda im Jahre 587 vor unserer Zeitrechnung


nao nxi ninnn nsi ntn nipDn ibd nx n'psn n-'nann n

nnnn

Die zwei Worte nxi nxi sind wie das lateinische et et zu verstehen.
Hat Jeremia zwei gesonderte Urkunden ausgestellt, wre dies eine Par-

allele zur

ntn

'ibin

demotischen Kaufurkunde.

nip"?

BLAU, ZUR DEMOTISCHEN

UND GRIECHISCHEN PAPYRUSURKUNDE

223

bei einem Immobiliarkauf dieselbe Urkunde zweimal geschrieben wurde, von denen die eine versiegelt und die
andere offen gelassen wurde. Dies steht auer jedem
Zweifel \
Der Hergang des Kaufgeschftes ist genau beschrieben. Der
Acker wurde gekauft, das Silber (der Kaufpreis) zugewogen, der
Kaufbrief geschrieben, versiegelt, Zeugen zugezogen,^ der fertige
Kaufbrief in Gegenwart der untergefertigten Zeugen und anwesender
Leute einem dritten zur Aufbewahrung bergeben. Baruch
Die
erscheint hier als ein veritabler Syngraphophylax.
Urkunde wird ihm vor allen, die am Rechtsgeschft teilgenommen,
bergeben und ihm ein feierlicher Auftrag bezglich der Aufbewahrung der Urkunde gegeben. Der Prophet betont, er habe zu
Gott gebetet, nachdem ich Baruch das Kaufinstrument bergeben
hatte", was wohl heien soll, nachdem das von Gott anbefohlene
Kaufgeschft vollstndig zu Ende gefhrt war.
Die Bestellung der Zeugen" wird nach der Versiegelung genannt (Vers lO und

man

aus Vers

12,

44).

wo

Was

hierunter

es heit: in

Kaufbrief unterschrieben hatten" 3.

zu

verstehen

ist,

ersieht

Gegenwart der Zeugen, die den


Fraglich wre nur, wo die Zeugen

Die Exegeten wuten mit der versiegelten und offenen Urkunde nichts
anzufangen. Rothstein schreibt bei Kautzsch, Die Heilige Schrift, i. Aufl.,
'

Textkritische Eriuterungen, S. 45:


lich

Wenn

zum ursprnglichen Text gehren

so mten

(die

,das

Gebot und

LXX drcken

die Satzungen' wirk-

beide Worte nicht

aus),

darin Kunstwrter der Gerichtssprache vorliegen, auf deren nhere

Erklrung wir zu verzichten htten.

Dasselbe

gilt

von der Unterscheidung des

.versiegelten und des offenen Kaufbriefes' hier u. V. 14. Da aber in dem Hauptberichte V. 10 nur von einem einfachen, vor Zeugen versiegehen Kaufbriefe die
Rede ist, so liegt die Vermutung nahe, da jene Unterscheidung erst nachtrglich

den Text hineingebracht worden ist, weil man das plurale tantum nnBD V. 14,
das auch iKn 21, 8 und ganz sicher Jes 37, 14 einen (zusammengefalteten) Brief
bezeichnet, miverstand und sich nach einem zweiten Brief umsah; neben dem
offener' angenommen und diese Unter.versiegelten' wurde nun noch ein
scheidung aus V. 14 auch in V. 11 zurckgetragen." Die pltzliche Unterscheidung zweier Kaufbriefe ist unbegreifUch." Hitzig und Stade dachten

in

an zwei Teile ein und desselben Kaufbriefes (ebenda).


2
So kurz V. 44, ausfhrlicher V. 9 11. Die Schluworte von \'. 11 ,,ich
wog das Silber auf der Wage" scheinen berflssig, da das Zuwgen des
Silbers" bereits vorher erwhnt war.

Mglich

ist

indes, da nach der Perfek-

tionierung des Kaufgeschftes ein abermaliges genaues


stattfand. So wre das hinzugefgte Wort aufder

Wgen

Wage

die V. 9 genannte
3

Kaufsumme

nipon nE3C2 n-anrn.

Vgl.

der

Kaufsumme

zu verstehen,

whrend

nicht noch einmal erwhnt wird.

Nehemia

10,

Wir

verpflichteten uns D'nnsi

FESTSCHRIFT COHEN

224

ob auf der Innen- oder auf der Auenseite?


Nehemia lo, i legt die erstere Vermutung nahe. In diesem Falle
wrde der prophetische Kaufbrief auch in dieser Beziehung der
Syngraphophylaxurkunde geglichen haben, in welcher die Zeugen im
versiegelten Teile aufgefhrt worden sind.^ Doch wird man aus der
Reihenfolge: ich schrieb und versiegelte und bestellte Zeugen", sowie aus der noch 800 Jahre spter bestehenden Praxis, auf die wir
sofort eingehen, zu schlieen sein, da die Zeugen ihre Namensunterunterschrieben

haben,

schrift auf die

Auenseite gesetzt haben.

Die Mischna spricht von der versiegelten Urkunde wie von


etwas Alltglichem. An der Hauptstelle fixiert sie die Unterschiede,
welche zwischen den beiderlei Urkunden bestehen. Die Stelle lautet
wrtlich:

Innenseite,

Rckseite.

Urkunde sind die Zeugen auf der


bei der verbundenen Urkunde sind die Zeugen auf der
Haben die Zeugen die einfache Urkunde auf der RckBei der einfachen

(i)

unterschrieben,

seite

beide ungltig,

oder die verbundene auf der Innenseite, sind

R. Chanina,

Sohn Gamaliels

sagte:

Wenn

die

Zeugen

verbundene Urkunde auf der Innenseite unterschrieben haben,,


ist sie gltig,
denn man kann sie in eine einfache verwandeln.
R. Simon, Sohn Gamaliels sagt: Alles richtet sich nach der Landessitte.
(2) Die einfache Urkunde hat zwei Zeugen, die verbundene
drei.
Hat die einfache Urkunde blo einen Zeugen oder die verdie

bundene blo zwei Zeugen, sind beide ungltig."*


Die Amorer identifizieren "llJ'IpO mit Dinn. Die historisch interessanteste Interpretation ist diejenige, die im palstinischen Talmud
an erster Stelle im Namen R. Immis ("'D'^S
''OS) gegeben wird und
wie folgt lautet: 3 Ich nahm den Kaufbrief, den versiegelten", das
ist der verbundene, und den offenen", das ist der einfache im ver-

und unterschrieben". Hernach folgt: 13"'in3 IlM^ IVIl Dinnn ^J?1 auf dem Versiegelten waren unsere Obersten, Leviten, Priester". Hier scheint D''3n3 ,,auf der
Innenseite schreiben" und Dinnn "jyi ,,auf der Auenseite schreiben" zu bedeuten.
^ Wenn man D"'3n3n vokalisiert, bedeutet der fragliche Satz:
die im Kaufbrief verzeichnet sind".
2

Baba Bathra

10,

1-2:

.... r\vb:i "icipoi n':3.

inj? tsitrs

tsji

Cf. Tos. B. B. 11,

viinKO

vnj? "itipi i3in vnj? diipb

tja

i.

mnnn

ni napon td nxnpxi
nn ciVf^ niw ba ni"? ni y^v a^pnn ni niiton n^ ,iii'ipo3a> tiitrsn nt i^Jn
rmnKC ntl i:in nt niy'jB'a Die Gebote und Satzungen" werden auf die Unterschiede gedeutet, welche zwischen den beiden Urkunden desselben Kaufbriefes
bestehen; die .versiegelte Urkunde" und die offene Urkunde" bilden zusammen
3 j.

Baba

B. 17c oben: nxi ityipon n?

ein einziges Kaufinstrument.

,,

BLAU, ZUR DEMOTISCHEN

UND GRIECHISCHEN PAPYRUSURKUNDE

Mit anderen Worten:

225

verbundene (d. h. der versiegelte) Kaufbrief besteht aus zwei Urkunden, aus einem, der verbunden (d. h. versiegelt) ist, und aus einem anderen, der ausgebreitet
Das ist buchstblich die Syngraphophylax(d.h. offen) ist.

bundenen".

der

urkunde der Ptolemerzeit.


Die Rabbinen von Caesaraea"* deuten den Kaufbrief" wohl
auf die einfache Urkunde, aber die Worte: den versiegelten und den
offenen" (Kaufbrief) beziehen sie ganz in derselben Weise wie Immi

Hiernach folgt im
auf den verbundenen und auf den einfachen".
Namen Jirmijas (2. Hlfte des dritten Jahrhunderts) auf Grund von
Tradition (Halacha) die folgende Beschreibung des Inhalts der ver-

bundenen Urkunde: Die verbundene Urkunde ist also (angefertigt): Man schreibt den Namen des Verleihers und den
Namen des Entleihers und die Namen der Zeugen und das
Datum. Dann bindet man sie zu und schreibt (noch einmal)

ebenso unten."
Die Sache liee sich noch weiter verfolgen, doch darf ich den
mir gewhrten Raum nicht allzu sehr berschreiten und will mich
daher auf noch einige Bemerkungen beschrnken. Der Terminus
"ItyipO verknoten" zeigt darauf hin, da diese Art Urkunden ursprnglich auch bei den Juden durch einen Faden verbunden wurde.

nach welcher die Urkunde zeilenweise


gefaltet und jede Falte von einem Zeugen unterschrieben wurde,
drfte nicht das Richtige treffen. Die Mischna* fordert soviel Zeugen,
Waren die Zeugen weniger als die
wieviel Dnti'p die Urkunde hat.
dann nannte man die
z. B. 7 D''1l5>p und nur 6 Zeugen usw.,
n"'"ltyp,
Urkunde eine kahle" 3. Hieraus folgerte man, da die fragliche Urkunde gefaltet und jede Falte einzeln vernht und von je einem

Die

traditionelle

Erklrung,

Zeugen unterschrieben wurde. Das in Rede stehende Wort bezeichnet


aber eigentlich den Knoten, ein Iti'lp ta: also eine verknotete Urkunde. Jeder Knoten wurde nun durch die Unterschrift eines Zeugen
Der Terminus tSIt^D ^^, der nur als
o-es-en Lsung sicherp;estellt.
Gegensatz zu

IlS'IpO

13:

gebraucht wird, drfte

vielleicht die einfache

Urkunde" bedeuten.
Ich lege indes auf die Erklrung der Terminologie kein besonderes Gewicht, nachdem das Wesen der Sache feststeht. Noch im

b. B. B. 160 b wird dies

GittinS, 10:

Tosefta Gittin 7 Ende;

nvo

im Namen Rafrems

y2^^ viwptr

'73

,n'\p

(R. Efraem) mitgeteilt.

ai int^v

b. Gittin 81 b.

15

FESTSCHRIFT COHEN

226
fnfte Jahrhundert (post)

war

die verbundene"

Urkunde

in

Babylonien

bekannt^ und es gab Orte, wo man lediglich solche anfertigte. Die


Babylonier brachten die Sitte der Verbindung" der Urkunde mit den
dem jhzornigen Priester, der seine
Priestern in Zusammenhang.

Um

Frau abscheiden will, zur Beruhigung Zeit zu verschaffen, htten die


Rabbinen den gefalteten Scheidebrief fr Priester obligat gemacht.'
Hiervon ist soviel mit Sicherheit zu entnehmen, da zur Zeit des
babylonischen Talmuds die Priester sich noch dieser sorgfltigen Urkundenart bedienten. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, da die
Doppelurkunde vornehmlich bei der Aristokratie Judas, welche in
Jeremia
erster Reihe die Priester vertraten, gang und gbe war.

war

gleichfalls Priester.

ber

die

bernahme der Garantie

(eama-is)

und andere Punkte

der griechischen Kaufurkunde werde ich an anderer Stelle handeln,


hier sei nur kurz bemerkt, da sie schon in den aramischen Papyrus-

urkunden genau so vorkommt, wie in den spteren griechischen. Sie


ist also nicht sicher nur eine Denaturierung des altgriechischen Instituts",

'

wie Mitteis 189 vermutet.

Baba
Baba

B. 165 a: ni^ipD ""rnin .... tsi^

'*i^^i^ ''in3 "'

nn lox.

B. i6ob.

Der Wiederaufbau des jdischen Tempels


Elephantine

in

ein

Kompromi zwischen Juden

und Samaritanern.
Von Eugen Mittwoch.
den Tempel

drei wichtigsten

Die

in

Elephantine betreffenden Ur-

kunden, bereits vor fnf Jahren von EDUARD Sachau verffentlicht*, haben damals in der wissenschaftlichen Welt berechtigtes Auf-

sehen erregt, brachten

sie

uns doch die erste

Kunde von der

dischen Militrkolonie auf der obergyptischen Nilinsel und von

Tempel- und Opferkult, den


heiligtum Jerusalems
Jetzt liegt der

die

Juden daselbst

fern

vom

j-

dem

Zentral-

ausbten.

gesamte Papyrusfund von Elephantine^

vor,

und

damit sind auch jene drei Urkunden in ein helleres Licht gerckt
Ihr tieferes Verstndnis ist um so eher mglich geworden, als noch
ein vierter auf den jdischen Tempel bezglicher Papyrus hinzugekommen und durch die Flle der anderen Urkunden die ganze

Wesensart der jdischen Kolonie uns

Das

religise Milieu

dieser jdischen

viel

vertrauter

geworden

ist.

Gemeinde der Diaspora und

den Juden des Heimatlandes, sowie die politischen


Beziehungen zwischen den Juden auf der einen und den Persern
und gyptern auf der anderen Seite hat Eduard Meyer klar beEr hat in einer auch fr weitere Kreise berechneten
leuchtet.
ihr Verhltnis zu

Schrift

die vielfach zerstreuten Zge, die uns die

Urkunden

bieten,

zu einem Gesamtbild vereinigt und dieses in den Rahmen


der allgemeinen politischen und Kulturgeschichte jener Zeit gefat.
glcklich

Eduard Sachau,

Drei aramische Papyrusurkunden aus Elephantine,

Abhandlungen der Berliner Akademie 1907.


^
Aramische Papyrus und Ostraka aus einer jdischen Militrkolonie zu
Elephantine, bearbeitet von EDUARD SACHAU-Leipzig 191 1.
3 Eduard Meyer, Der Papvrusfund von Elephantine, Leipzig 1912.
15*

FESTSCHRIFT COHEN

228

Immerhin wird es der weiteren Forschung vorbehalten bleiben


mssen, die eine oder andere Schwierigkeit, die die Urkunden noch
bieten, zu lsen und manche Lcke, die fr unser Verstndnis noch
vorhanden

Wenn

ist,

auszufllen.

wir heute die auf die Zerstrung und den Wiederaufbau

des jdischen Tempels bezglichen Papyri einer Betrachtung unterziehen, so mge zunchst ihre Vorgeschichte und ihr wesentlicher

Worten

Inhalt in ein paar


Seit

dem

skizziert

werden.

siebenten vorchristlichen Jahrhundert gibt es in

eine starke jdische Diaspora.

gypten

Die Juden haben von der Regierung

die Erlaubnis erhalten, ihrem Gotte einen

Tempel

zu errichten.

Und

Kambyses in gypten einzog, fand er diesen Tempel gebaut


Whrend man nun die Tempel der gyptischen Gtter alle
vor.
Jahrhunderte lang
zerstrte, hat diesen Tempel niemand verletzt."
also haben die Juden bereits ihren Opferkult in diesem Tempel ausals

gebt, als er im Jahre 410


Priester

v.

Die gyptischen

Chr. zerstrt wurde.

hatten die Abwesenheit des persischen Satrapen Arsames,

den Hof des Perserknigs gegangen war, benutzt, um mit


Hilfe des persischen Generals Widarnag (Hydarnes) und seines
Sohnes Nephajan einen Angriff auf den Tempel zu unternehmen,
der an

Eduard Meyer

der dessen vllige Zerstrung im Gefolge hatte.

hat mit Recht darauf hingewiesen, da hierbei nicht nur die Motive

des Judenhasses, sondern auch politische Grnde mitgespielt haben.

Da

die

den Juden eine Hauptsttze


wollte und den persischen Komman-

gyptische Priesterschaft

der persischen Regierung treffen

in

danten fr eine Maregel gewonnen hatte,

Erhebung gegen

einer

die Perser

selbst

die

fhren

in

letzter Linie

sollte,

zu

kann kaum

zweifelhaft sein."'

Papyrus

vom

Kopie'
einer Eingabe, in der sich die Juden von Elephantine an Bagoas,
den persischen Statthalter in Jerusalem, wenden. Sie schildern den
Vorgang, der sich bei der Zerstrung des Tempels vor drei Jahren
abspielte,

I,

der

weisen darauf

Jahre 407

hin,

datiert

ist,

bildet

die

wie lange Zeit der Tempel bereits be-

geben ihrer Befriedigung darber Ausdruck, da die Missetter, die den Tempel zerstrt htten, von der gerechten Strafe erAber den Wiederaufbau des Tempels htten sie,
eilt worden seien.
stehe,

Meyer,

Eine zweite Kopie (mit nur geringfgigen Abweichungen)

rus II vor.

a. a.

O. Seite

jd,.

liegt in

Papy-

MITTWOCH, DER WIEDERAUFBAU

D. JD.

TEMPELS IN ELEPHANTINE 229

den drei Jahren noch nicht durchin dieser Angelegenheit bereits frher an
Bagoas einen Brief geschickt, ebenso an den Hohenpriester Jochanan
und seine Genossen, die Priester in Jerusalem, und an Ostan, den
Bruder des 'Anani und die Vornehmen der Juden. Doch sie htten
Juden von Elephantine,
setzen knnen; sie htten
die

in all

keine Antwort erhalten.

nun die Juden von


Elephantine die Bitte an Bagoas: Wenn es unserem Herren gut
scheint, so mgest du des Wiederaufbaues des genannten Tempels
gedenken, da man uns nicht gestattet, ihn aufzubauen. Sieh auf
die Empfnger deiner Wohltaten und Gnaden hier in gypten. Es
mge ein Brief von dir fr sie geschickt werden in Betreff des
Tempels des Gottes Jahu, ihn in der Festung Jeb (Elephantine) wie
In deinem Namen
er frher gebaut gewesen war, wieder aufzubauen.
werden ;sie das Speiseopfer, Weihrauch und Brandopfer darbringen
auf dem Altar des Gottes Jahu." Die jdischen Bittsteller weisen
noch darauf hin, welches Verdienst der Satrap sich erwerben werde,
falls er ihrer Bitte willfahre und bemerken schlielich, da sie die
ganze Angelegenheit in einem anderen Briefe dem Delajah und
Schelemjah, den beiden Shnen des persischen Statthalters von Sa-

Im

marien

weiteren Verfolge

richten

Sin-uballit, mitgeteilt htten.

Es erheben
1.

des Briefes

Warum

sich hier folgende Fragen:


ist

nicht gleichzeitig mit der Bestrafung des

Widarnag

und des Nephajan den Juden von der persischen Regierung auch
die Erlaubnis erteilt worden, den Tempel wieder aufzubauen:
2. Warum wenden sich die Juden Elephantines nicht einfach an
Arsames, den persischen Satrapen in gypten ^ oder nicht ausschlielich an ihn, sondern auch an den Statthalter in Jerusalem,
der doch keineswegs dem Satrapen von gypten bergeordnet gewesen sein kann?
3. Warum haben die Juden in den ganzen drei Jahren von Bagoas keine Antwort erhalten, und ebensowenig von der Priesterschaft in Jerusalem, an die sie sich ebenfalls gewandt hatten?
Gemeinde von
4. Aus welchem Grunde wendet sich die jdische
Elephantine auch an die Shne des persischen Statthalters von
Samaria und warum teilt sie dem Bagoas mit, da sie sich an jene
gewandt habe?
Bevor wir uns der Beantwortung dieser Fragen zuwenden, mu
^

ber dessen Verhalten

siehe weiter unten Seite 231

Anm.

i.

FESTSCHRIFT COHEN

230

noch eine befremdliche Tatsache Erwhnung


Papyrus III kennen lernen.
I

finden,

die

Dieser enthlt ein Prokotoll, das der Bote, der die


enthaltene Bittschrift nach Palstina berbracht
(II)

in

wir

aus

Papyrus

hatte,

auf

Grund der Verhandlung mit Bagoas und Delajah niedergeschrieben


Der Bescheid lautet folgendermaen: Der Tempel soll
hat.

wieder aufgebaut werden, Speiseopfer und Weihrauch


wie frher auf jenem Altar wieder dargebracht werden.
Es

ist

bereits wiederholt die auffllige

Tatsache hervorgehoben

worden, da, whrend die Juden darum bitten, Speiseopfer, Weihrauch und Brandopfer wieder darbringen zu drfen, ihnen nur die
beiden ersten Opfergattungen' gestattet werden, hingegen in jenem
Protokoll von Brandopfern nicht die Rede ist. Man hatte zunchst
angenommen, da die Perser mit Rcksicht auf die gypter, die das

Verbot ausgesprochen haben


Ed. Meyer ^ hat aber mit Recht darauf hingewiesen, da
drften.
nur einige bestimmte Tierarten in gypten sich einer besonderen
Pflege erfreut haben, da aber andere Tiere, wie Ochsen und Schafe,

Tieropfer verabscheut

htten,

dieses

den jdischen Opfern die Hauptrolle spielen, zu allen Zeiten


geschlachtet worden sind. Er gibt fr das Verbot der Perser einen
Nach der Lehre Zoroasters habe die Veranderen Grund an.
brennung von Tieren eine Befleckung des heiligsten und reinsten
die bei

Elements, des Feuers", gebildet.


Allein

wenn dem

die Brandopfer

stehenden

vorher
Oder, wenn sie in einem bewollten, so htten sie nach der

so wre, so htten die Perser schon

verbieten

mssen.

Kultus nicht eingreifen

Zerstrung des Tempels von vornherein keinen Zweifel darber gelassen, da Brandopfer in Zukunft auf keinen Fall mehr zugelassen

werden wrden. Dann htten die Juden unmglich sich noch mehrere
Male in dieser Angelegenheit an die persische Regierung wenden
knnen.

mchte nun versuchen, das Verbot des Brandopfers aus


einem Vorgange zu erklren, der gleichzeitig auf die oben erwhnten
vier Fragen eine zureichende Antwort ergeben wrde.
Ich

Speiseopfer (minchah) und Weihrauch gehren immer zusammen:

dem

dem

das Mehlopfer nicht


als minchah, sondern als Schuldopfer" (ascham) dargebracht wird (Leviticus
,,er giee kein l darauf und streue keinen
5, II) heit es ausdrcklich:

vgl. Lcviticus

2, 2;

2,

15.

In

Weihrauch darauf, denn


^

A.

a.

O.

S. 88f.

einzigen Falle, in

es ist ein Schuldopfer".

MITTWOCH, DER WIEDERAUFBAU D. JD. TEMPELS IN ELEPHANTINE 23

Zur Zeit als die Juden in Elephantine den Tempel errichteten


und den Opferkult daselbst einfhrten, war dies kein unerhrter
Vorgansf. Auch in Palstina selbst waren damals allenthalben KultSttten vorhanden, auf jeder

Hhe und

unter jedem grnen

gab es Tempel oder wenigstens Opferaltre.


eine gewaltige
lstinas

in

Wandlung

erfolgt:

Baume"

Inzwischen aber war

Jerusalem war fr die Juden Pa-

der Tat das ausschlieliche Heiligtum und

alle

anderen

waren vernichtet worden. Die Juden Palstinas haben


nun sicherlich auf den Tempel in Elephantine mit scheelen Augen
geblickt, wenn sie auch nicht die Macht hatten, ihm den Untergang
zu bereiten. Als dann der oben geschilderte Vorgang, nmlich die
Zerstrung des Tempels durch persische Soldaten auf Betreiben der
gyptischen Priester erfolgte, haben die Juden Jerusalems, besonders
die Priesterschaft diesem Tempel sicherlich keine Trne nachgeweint.
Sie werden sich sofort an den persischen Statthalter in Jerusalem
gewandt haben, damit dieser auf seinen Kollegen in gypten^ einwirke, da der Wiederaufbau des Tempels auf keinen Fall gestattet
werde. Davon haben natrlich die Juden Elephantines Kunde erhalten.
Und so wenden sie sich sofort im Jahre 410 an den Statthalter in Jerusalem und an den Hohenpriester in der Hoffnung, da
Kultsttten

jener den Widerstand der Priesterschaft zu berwinden imstande sein


werde. Aber die Juden Jerusalems haben in dieser Frage offenbar

nachgeben wollen. Jede fremde Kultsttte war ihnen ein Dom


im Auge, und sie mochten sie auch auerhalb des Landes nicht

nicht

mehr dulden.
Anders verhielt es sich natrlich mit den Samaritanern. Ihnen
mute um so eher daran gelegen sein, da die Bitte der Juden von
Elephantine

erfllt

werde,

als

sie

ja

ebenfalls

in

Jerusalem nicht

das Zentralheiligtum erblickten, sondern ihrem eigenen Heiligtume

in

Samaria den Vorrang zuerkannten.


Die Unterhndler der elephantinischen Juden werden in Palstina
allmhlich hinter diese Tatsache gekommen sein, und so erklrt es
nicht
sich, da sich die Gemeinde von Elephantine im Jahre 407
wieder an den Hohenpriester wendet, sondern nur noch an den persischen Statthalter Bagoas und an die Shne des Statthalters von

hat den Juden offenbar Entgegenkommen gezeigt, vgl.


Papyrus I, Zeile 30 Femer, von alledem was uns angetan worden ist, wei Arsames nichts". Das kann nur heien: er ist daran unschuldig (vgl. Meyer,
'

Arsames

selbst
:

Seite 85,

Anm.

i).

FESTSCHRIFT COHEN

232
Samaria.

Hierin haben

wir einen diplomatischen

Zug

zu erkennen.

Die Gemeinde von Elephantine sucht eben Hilfe und Untersttzung


dort, wo sie sie erlangen zu knnen hofft.
Ob im allgemeinen der
schroffe Gegensatz zu den Samaritanern, der sich inzwischen in Palstina

wir

entwickelt hatte, in Elephantine bestand oder nicht', knnen

aus dieser Tatsache

nicht

schlieen.

Grnde der Diplomatie

knnen auch grundstzliche Gegner zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles zusammengefhrt haben.
Den Erfolg der Bittschreiben aus dem Jahre 407 haben wir uns
folgendermaen zu denken: Die Samaritaner, vertreten durch Delajah, den Sohn des Statthalters, setzen sich bei dem Satrapen in
Jerusalem mit aller Macht dafr ein, da den Juden nicht nur der
Aufbau des Tempels, sondern auch der vllige Opferkult, also
die Darbringung von Speiseopfern, Weihrauch und Brandopfern wieder gestattet werde. Die Priesterschaft von Jerusalem war zunchst
auch jetzt noch zu keiner Konzession bereit. Bagoas befand sich
also in einer schwierigen Situation.
Er wollte sowohl den Juden als
auch den Samaritanern gefllig sein, und er mochte daneben auch
des materiellen Gewinns, den die Juden in ihrem Bittschreiben ihm
diskret' in Aussicht stellen, nicht verlustig gehen.

So kam
da

sah,

phantine
sie

es

sie

denn zum

Kompromi.

Als die Priesterschaft

ein-

die vllige Hintertreibung jedes Opferdienstes in Ele-

auf die Dauer nicht werde durchsetzen knnen,

so viel zu retten, als nur irgend mglich.

Man

suchte

einigte sich da-

da die unblutigen Mehl- oder Speiseopfer 3, rnit denen die Darbringung von Weihrauch verbunden war ^, gestattet wurden, whrend
die Tier- oder Brandopfer nach wie vor untersagt bleiben sollten.s
Die Juden von Elephantine sahen ein, da mehr sich nicht erzielen lassen werde.
Sie fanden sich also mit dem Verbot des
Brandopfers ab und suchten nun, nachdem der Widerstand der
Juden von Jerusalem wenigstens zum Teil gebrochen war und Bagoas sie demgem wenigstens zum Teil gnstig beschieden hatte,
hin,

Das

letztere folgert

daraus

Meyer

a. a.

O. S. 80.

Siehe darber die feinen Bemerkungen Meyers Seite 85.


Aus Leviticus 5, 11 (Lehre vom Sndopfer) geht hervor, da das Mehloder Speiseopfer hinter dem geringfgigsten Tieropfer, nmhch dem Tauben*

opfer, rangierte.
^

dem

Anm. i.
90, Anm.

Siehe oben Seite 230

5 Auch Meyer, Seite


i, denkt einen Augenblick daran, ,,da man
jdischen Gesetz eine Konzession machen wollte", gibt aber diese Annahme

als ,,vk'enig wahrscheinlich" sofort wieder auf.

MITTWOCH, DER WIEDERAUFBAU


auf Grund

gypten

dieses

D. JD.

auf den

Bescheides

TEMPELS IX ELEPHANTINE 233


persischen Statthalter

von

So haben wir uns Papyrus IV. (Sachau


Seite 31 fg., Meyer Seite 87) zu erklren.
Fnf wohlhabende Juden
von Elephantine wenden sich entweder direkt an Arsames, oder an
eine einflulJreiche Persnlichkeit, die auf Arsames einwirken kann,
und stellen ihm ein groes Geschenk, nmlich 1000 Artaben Gerste,
einzuwirken.

wenn ihrem Wunsche

in Aussicht,
ist

leider

annehmen

drfen, da er

scheides

auf

Zeile 10

und

willfahren werde.

unvollstndig auf uns

nur

nach^ dem

das Bittschreiben
11

Wenn

gekommen.

Dieser Papyrus

Wir werden aber

Eintreffen des gnstigen Be-

des Jahres 407 geschrieben

wurde.

dieses Bittschreibens lauten:

unser Herr

und der Tempel des


Gottes Jahu wieder aufgebaut wird, in der Festung Jeb (Elephantine) wie er vordem gebaut war, und Schafe, Rinder, Ziegen
uns

fr

eintritt,

dort nicht als Brandopfer ^ dargebracht werden,

rauch und Speiseopfer, so

sondern Weih-

."
.

Daraus geht hervor, da die Juden sich mit dem Verbote des
Brandopfers abgefunden haben, da sie eben nicht mehr hatten erreichen knnen.

Fassen wir das Ganze noch einmal zusammen, so wrde sich


ergeben: da die Juden Jerusalems die Zerstrung des Tempels in
Elephantine von vornherein mit Freude begrten und alle Mittel
anwandten, um eine Erlaubnis zum Wiederaufbau des Tempels zu

da also die Juden Elephantines bei dem Statthalter


in gypten allein nichts ausrichten konnten, sondern sich auch
nach Jerusalem und zwar sowohl an den persischen Statthalter als
auch an die jdische Priesterschaft wenden muten; und da sie endlich, um gegen die Vorstellungen der letzteren ein wirksames Gegengewicht zu schaffen, die Hilfe der Samaritaner in Anspruch nahmen.
Die jdische Priesterschaft und die Samaritaner wirkten nach zwei,
verschiedenen Richtungen auf Bagoas ein, und die teilw^eise Erlaubnis der Wiedereinfhrung des Opferdienstes wrde somit auf ein Kompromi zwischen Juden und Sam arit an er n zurckzufhren sein.
hintertreiben;

So auch Meyer Seite 88 oben.


So etwa mu der Sinn sein. Die genaue bersetzung macht wegen des
dunklen Wortes makju'^ Schwierigkeiten. Es ist damit aber sicherlich keine
Tierart gemeint. Das Wort wird vielmehr (etwa als Absolutus von maklih")
.Verbrennung" bedeuten; vgl. das im sptem Hebrisch bhche mikl'' Brandsttte, Herd". Siehe Lew, Neuhebr. u. Chald. Wrterbuch Bd. HI, Seite 222 a.
[Ebenso jetzt auch EPSTEIN in ZATW, 1912, S. 129].
^

,,

Cber

die Bekanntschaft Saadias mit der griechischen

Skepsis.

Von HOROVlTZ -B reslau.


Richtungen der griechischen Skeptiker
sind die Nachrichten bei den jdischen Religionsphilosophen
des Mittelalters und in der lteren Literatur der Araber sehr sprlich, so da man danach auf eine nur geringe Bekanntschaft mit
jenen schlieen knnte. Abgesehen von einigen flchtigen uedie verschiedenen

LTber
/

rungen

wird

die

skeptische

mit Stillschweigen

sophie

Richtung

bergangen.

der

Nur

griechischen

Philo-

beilufig erfahren wir

von Maimuni in seiner Darlegung der Prinzipien der Mutakallimun,


da sich die Letzteren zu den Sinneswahrnehmungen skeptisch verhielten und der Ansicht waren, da dem Zeugnis der Sinne kein
Glauben beizumessen sei. Maimuni knpft daran die Bemerkung, da
die Mutakallimun ihre Ansicht den Sophisten entlehnt htten und
zu ihrem skeptischen Standpunkte sich durch ihre naturwissenschaftlichen Annahmen gezwungen sahen, welche dem Augenschein hufig schnurstracks widersprechen.

Bemerkung Maimunis
Skepsis

man

nicht zu

zu tun habe.^

es

XH

ersehen,

Doch

ist

aus der kurzen

mit welcher Richtung der

Ein anderes Mal

zitiert

Maimuni

in

o'nwn nmpnn
'131 D'JB "Jca D'inn niwn [I. mit Munk ncn] \yav, nnmon '3 nn.
Bei genauerer
Unterscheidung sind es drei Gesichtspunkte, von denen sie ausgehen. Da die
Mutakallimun, von welchen Maimuni redet, Anhnger der Atomenlehre Demokrits waren, knnte man annehmen, da sie auch hinsichtlich ihrer Skepsis den
^

Vgl.

More

"]},.

Ton

riBn nn^ vh D'B'innB' diok

my

Sinneswahrnehmungen gegenber ledighch Demokrit folgen. Von Wichtigkeit


ist daher eine versprengte Notiz bei Ibn Hazm,
Kitab al-fasl fi al-Milal V. S.
53, welche mit den Worten beginnt: <*J ^^_^ ^LJ\ ^^ ^y*^ ^..y^-^^^ vJ^lS
JoAJ usw. Vergleicht man diese Stelle mit Sextus Empiricus Pyr. H>'p. II 215
und III 98, wodurch sie erst verstndlich wird, so ergibt sich, dat die Mutakallimun Maimunis Anhnger der spteren Skepsis waren.

FESTSCHRIFT COHEN

236

gegen die Mutakallimun den bekannten Ausspruch


des Aristoteles, da die Dinge sich nicht nach'unseren Vorstellungen
richten, diese vielmehr sich jenen anpassen mssen, wenn sie wahr
Maimuni betrachtet diesen Ausspruch, den er irrtmsein wollen.
Ucherweise dem Themistius in den Mund legt, wie eine unumsthche Wahrheit, die wegen ihrer inneren Evidenz keiner weiteren
seiner Polemik

Begrndung bedarf, und macht es der Mutakallimun zum Vorwurf,


da sie nach dem entgegengesetzten Prinzip verfahren und, anstatt
von den Dingen auszugehen, mit ihren vorgefaten Meinungen an
die Betrachtung der Dinge herantreten.^
Auch Abraham Ibn Daud, ein Vorlufer Maimunis, schenkt der
griechischen Zweifellehre gar keine Beachtung. Ja noch mehr, eine
gelegentliche uerung verrt, da ihm die extremen Ansichten der
griechischen Skeptiker vllig unbekannt waren. Wir haben nicht
gehrt", bemerkt er einmal, da jemand in seiner Torheit so weit
gegangen sei, den Satz von der Gleichheit zweier Dinge, die einem
dritten gleich sind,

Da

Zweifel zu ziehen,"*

in

die Skeptiker sich

auch an die Axiome herangewagt und speziell der angefhrte Satz


von Karneades bestritten wurde, davon war Ibn Daud offenbar
nichts bekannt, und es erscheint ihm eine solche Verirrung des
menschlichen Verstandes undenkbar.
Auch Jehuda Halewi, bei dem man vielleicht seiner ganzen RichJ

tung nach am ehesten eine Hinneigung zum Skeptizismus erwarten


knnte, bergeht die Skepsis mit Stillschweigen. Er ist der Ansicht,
da der natrlichen Erkenntnis gewisse Grenzen gesetzt seien, und
bestreitet den Philosophen das Recht, in Fragen der Religion mitzusprechen, aber von der Skepsis ist er weit entfernt. Wie er ber
gewisse Fragen
hervor,

in

aus einer Bemerkung

der Skeptiker denkt, geht

der er die

prophetische Erkenntnis

mit der sinnlichen

Daselbst 71 nst^i nwsn i" 10 Dvaoon noxe i3 lann ^3 ^b noi ^^3^


niK"'Sn nnx ni3K'03 nvnoNn mvin ^3 nijjnn nns. Schon Narboni macht, wie Munk
z. St. bemerkt, darauf aufmerksam, da dieser Satz nicht dem Themistius, son'

dern

dem
2

ejBtfon

Aristoteles angehrt, vgl. Aristoteles,

Vgl.

nn

Em.

r.

S.

60

piD^tr

nmlich: DMty nn in

ni'jSDn

nj?

isn"? d-'I

v'^^*'

nnsi

Von

Metaph.
^^^

III. 6.

"'"5'

"'J'

^''J'''

"'^''^'^

^^

^"^^

"ic' 'jse'.

auch die Darstellung AlRazis im Muhassal S. 23. Danach haben einige Skeptiker auch die Axiome bezweifelt, indem sie davon ausgingen, da der Satz des Widerspruchs das gewisseste Axiom sei, auf welches alle anderen zurckgefhrt werden. Sie stellten
nun den Satz des Widerspruchs in Frage und glaubten, dadurch auch die an3

Vgl.

Zeller

3.

S.

502 A.

3.

deren Axiome erschttert zu haben.

Interesse

ist

HOROVITZ, BER D. BEKANNTSCHAFT SAADIAS MIT

Wie niemand, meint

vergleicht.

23/

D. GR. SKEPSIS

an der Wahrheit der Sinneswahr-

er,

berstimmen und
jemand, dessen Wahrnehmungsvermgen von der Regel abweiche, als
abnorm angesehen werde, so seien auch die Wahrnehmungen der

nehmungen

zweifle, weil alle hinsichtlich derselben

Propheten ber allen Zweifel erhaben, weil diesbezglich berein-

stimmung unter ihnen

Auch

herrsche.*

die jdischen Neuplatoniker, Isaak Israeli, Gabirol, Bachja,

Josef Ibn Saddik schenken der Skepsis keine Beachtung. Nur im


Vorbeigehen spricht einmal der Letzgenannte von solchen, welche

Sinneswahrnehmungen bezweifeln, und zitiert einen


angeblichen Ausspruch des Aristoteles, wonach es kein besseres
Mittel gebe, diese Zweifler zur Rson zu bringen, als sie zu zchtigen und ihnen Schmerzen zuzufgen, damit sie sich von dem
Gegenteil ihrer Ansicht berzeugen. Desgleichen, fhrt J. Saddik
die Realitt der

fort,

mssen

diejenigen, welche gewisse allemein anerkannte

heiten leugnen,

als

Menschen betrachtet werden,

die nicht

Wahr-

im Voll-

besitze ihrer Verstandeskrfte sind.*

Ganz

anders

Saadia,

sich

verhlt

der

sich

sehr

eingehend

den verschiedenen Ansichten der griechischen Skeptiker beschftigt und dieselben mit Grnden zu widerlegen sucht. Es ist
jedoch nicht unsere Absicht, das Verhltnis Saadias zur Skepsis von
Grund aus zu beleuchten, da dies eine ausfhrlichere Auseinandersetzung erfordern wrde, als der Raum hier gestattet. Vielmehr
mit

sind

es

Wir wollen

richten.

auf die wir unser

vorzugsweise zwei Punkte,

Augenmerk

erstens dartun, das die Ansichten der griechischen

Skeptiker in jdischen Kreisen nicht unbekannt waren und da es


auch an prinzipiellen Anhngern derselben nicht fehlte. Zweitens
wollen wir der Quelle nachgehen, aus welcher Saadia seine Kenntnis der griechischen Skepsis schpfte.

Was

zunchst den ersten Punkt

betrifft,

so verrt uns Saadia

nD3Dn [nmch n-K^in bv] anno bv T^b\'i:r\ n'Knm


wmn mpTioa nn^o lan: "3 i2nio3 u^v^y linj "ny3 'ist onn nn"i5n ^:i ^nn pn
"jj^tsn ]"'3j; SV uv no: irbiy pi'?n^ "d nxii dki T^i'^br^ mrioi.
msi
^
Vgl. Mikrokosmos S. 5 -isi3n b^ n no^bi -i'?ip2 nnV 7^2112 nsos 'lOD^nx
nnana.
n\si3n
'121 pbnn p inv "jani? isiaty mKS 'b^nfu jjns losp lann ]3"i n^yacii
und
Die Stelle, die I. Saddik im Auge hat, findet sich in der Topik I 105 a 3
^

Vgl. Cusari IV.

b::

3.

lautet: oi 5 5^ irw irp6\r)a

X670U Seofiivuv Kai


Ti-Iiav

urt KoXdcreus

Ko\axrew% iovrai,

das Zitat falsch

om

ist

ol

fi

ircLaau

^4<ni> imaKoirelv,

ar^ireo}?.
irbrepov

r/

ol

fi

ev yp iropouvres

x"^' Xev/oj

t)

vopMixy

ov alcr^(Teo3S.

Man

und auf einer Verwechslung der beiden von

brauchten Beispiele beruht.

.y

irbrepov Set

Tis tQiv

rovs eoi-s

Sieht,

uau

Aristoteles ge-

FESTSCHRirr COHEN

238

da es vereinzelte Anhnger der Skepsis gegeben


hat, teils direkt durch einzelne uerungen, die sich auf seine Zeitgenossen beziehen, teils indirekt durch den Eifer, mit welchem er
sich gegen die verschiedenen Richtungen der Skepsis wendet. Nicht

die Tatsache,

im ersten Abschnitt seines religionsphilosophischen Werkes


Emunot, widmet er denselben eine sehr eingehende Widerlegung,
sondern auch seine Ausfhrungen in der Einleitung zum genannten
Werke, wenn sie auch scheinbar einem anderen Gegenstande gelten,
bezwecken in Wirklichkeit nichts anderes als eine Bestreitung der
Skepsis. Er stellt sich hier eine doppelte Aufgabe er will einerseits
die Ursachen des Irrtums und des Zweifels darlegen, andererseits

blo

die

Mittel

Saadia

zu

ihrer

in erster

Beseitigung

Reihe darum zu

angeben.
tun,

Hierbei

ist

es

jedoch

eines der wirksamsten Argu-

mente der Skepsis zu entkrften. Die Verbreitung des Irrtums und


des Zweifels unter den Menschen, die Tatsache, da Ansichten, die
Jahrhunderte hindurch fr wahr gehalten wurden, sich hinterher als
falsch herausstellten, ist nur zu sehr geeignet,

das Vertrauen

in die

Macht des menschlichen Erkenntnisvermgens zu erschttern und


den Boden fr die grundstzliche Skepsis vorzubereiten. Eben
darum ist Saadia bemht darzutun, da Irrtum und Zweifel nicht
etwa in einem nicht zu beseitigenden Mangel der menschUchen
Natur ihren Grund haben, sondern lediglich aus Fehlern und Migriffen entspringen, die wir uns hufig bei der Forschung nach der

Wahrheit zuschulden kommen lassen. Nur wenn man sich diese


ganze Tendenz der Einleitung vor Augen hlt, tritt in das rechte
Licht der Satz, mit dem Saadia beginnt. Er preist Gott, dem das
Wesen der lauteren Wahrheit zukomme und der dem Menschen die
Existenz ihrer Seele verbrgt hat, wodurch sie sich der Wahrheit ihrer sinnlichen und Verstandeserkenntnis klar bewut werden.'
Man versteht diese Worte in ihrer eigentlichen Bedeutung erst dann,
wenn man sie von dem Gesichtspunkte auffat, da sie gegen den
extremen Zweifel gerichtet sind. Um die Skepsis zu bekmpfen,

nimmt Saadia

weil

seinen Ausgangspunkt von der Selbstgewiheit,

wie er meint, wenn wir auch an allem zweifeln wollten, doch


an unserem Selbst, an der Existenz unseres eigenen Ich nicht zweifeln
knnen. Hier sei demnach der feste Punkt, von dem aus der Zweifel
wir,

'

Vgl.

yyy] yv nis^ )h na? b^v' \nbN


'T^ii^ ^^'^^ n.T'^niD ns insdi n-rna nax cniB'Di m^s onanab

Em. Anfang:

omri'' ^3 ly"'"'
'131 pns nj;n\

r\'^^^'2n

nDn

[1.

^"^

-[ni

noNon

HOROVITZ, BER D. BEKANNTSCHAFT SAADIAS MIT D. GR. SKEPSIS

239

und wenn auch Saadia das alles mehr andeutet


als ausfhrt, so ist es doch immerhin von Interesse, bei ihm~ einen
Anklang zu finden an einen Gedanken, den auch Augustin einmal
flchtig ausspricht,* und der spter durch Cartesius fr die Ent-

ZU berwinden

sei,

wicklung der Philosophie sich so fruchtbar erwiesen hat. Mit der


Bemerkung Saadias ist eine Stelle bei Al-Razi zu vergleichen, aus
der hervorgeht, da gerade die Ichvorstellung von einigen als ArguDie scheinbar gewisseste
ment fr die Skepsis bentzt wurde.
sagte man,

Erkenntnis,

hlt

schrferen Analyse nicht stand,

einer

was dem Ich zugrunde liegt, vermgen wir nicht zu erkennen, und inbezug auf die Frage, was unter dem Ich zu verstehen
sei, gehen die Meinungen weit auseinander.^
Wenn die Widerlegung der Skepsis das Leitmotiv Saadias auch
in der Einleitung ist, so kann man daraus ersehen, wie sehr ihm
gerade an der Bekmpfung dieser Richtung gelegen ist, und der
Eifer, den er nach dieser Seite hin entfaltet, ist eben darauf zurckzufhren, da er einer gewissen Geistesstrmung im Judentum seiner
Zeit wehren will. Darauf weisen die uerungen Saadias selber hin.
Eine gewisse Zweifelsucht, die Saadia selbst als einen Hauptschaden
seiner Zeit bezeichnet, hatte sich weiter Kreise bemchtigt, und das
Streben, seine Zeitgenossen von jenem bel zu heilen, ist es vorzugsweise, das ihn zur Abfassung seines religionsphilosophischen
Werkes bestimmte. In der Schilderung, die Saadia von seiner Zeit
denn

das,

entwirft, spricht er

als

Soliloqu,

Vgl. Al-Razi

zweites

^.yj\

I,

de

a. a.

trinitate

O. S. 24.

Argument folgendes

eXJJ

JiL^l

\3^

Jli

s.is^

II.

die jeden Halt verloren haben,

von solchen,

\j^iJJL\

X.

14.

Eine von den Richtungen der Skepsis fhrt


an:

*\UJ\ ^\

dJ^ L^^l^ ^L_>U)

^ J^ ^ ^^H=-^^^^^

<>Jyb ^.y^,

?'-'**^^

s.LJ:>)\

l^\

jt-'

^\

Cr

*>^.y>

Cr^. ^^- ^ ^^-^[


J*^ Cr* H=-^^ ci^y"*'-^

^-^^^ "^^^y"-

,^ Ha-^^

die

?j4-^

geht auf Sextus Emp. Py. Hyp. II 2228 zurck. Es


handelt sich um die Frage, wer denn Richter ber die Wahrheit sein soll. Wenn
geantwortet wird: der Mensch, so wenden die Skeptiker ein, da gerade ber
den Begrifif des Menschen selber die Philosophen unter sich nicht einig sind.
Es werden hierauf die verschiedenen Definitionen des Demokrit und Plato anMenschen
gefhrt, und 2332 wird dann noch weiter die Unerkennbarkeit des
Pointe
Die
nachgewiesen.
aus der Unerkennbarkeit der Seele und des Krpers
Al-Razis
des Beweises ist bei Al-Razi eine andere, doch ist die Abhngigkeit

vgl. S. 163.

von Sextus

Die

Stelle

zweifellos.

FESTSCHRIFT COHEN

240
in

einem bestndigen Wechsel

Anschauungen

ihrer

begriffen sind,

Menschen vergleicht, die nicht wissen, welchen Weg


sie einschlagen sollen. Er redet ferner von solchen, die nahe daran
sind, im Meere der Zweifel unterzugehen, ber welche die Wogen des
Irrtums zusammenzuschlagen drohen und denen niemand die rettende
Hand reicht, um sie aus dem Abgrund zu sich heraufzuziehen,^
und

die er mit

Aus

dieser Schilderung

jedoch

lt

sich

blo

auf

das Vor-

handensein einer skeptischen Stimmung bei Einzelnen schlieen, nicht


aber auf ein Bekenntnis zur Skepsis als Doktrin. Da es jedoch auch
an grundstzlichen Anhngern der Skepsis, welche den Zweifel selbst

zum

Prinzip erhoben hatten, nicht fehlte, geht aus folgender

Im Anschlu an

Saadias hervor.
sagt er

des

Glaubens

Weise wie Maimuni oben, nur derjenige sei


Dinge zur Grundlage macht und sich in seinen

hnlicher

in

weise, welcher die

Ansichten nach

trich hingegen derjenige, welcher

ihnen richtet,

verfhrt, in der

umgekehrt
richten

seine Definition

uerung

Meinung, da die Dinge sich nach ihm

Hierauf ergeht er sich

werden.

in

von
Knechte

einer Schilderung

Leuten, ber die er sich nicht genug wundern konnte, die


sind und keinen Herrn zu haben glauben, weil sie in der Einbildung
leben, da das nicht vorhanden sei, dessen Existenz sie leugnen,

und da umgekehrt dasjenige vorhanden

Wenn dem

sie als wirklich setzen.

sein msse, dessen Existenz

so wre, so brauchte ja derjenige,

der kein Geld hat, sich blo einzubilden, da seine Scke voll Geld
Aber wie schnell wrden
sind, und der Hungrige, er sei satt usw.

einem gleichen Irrtum befinden sich diejenigen, die da meinen, da sie, wenn sie an Gott
nicht glauben, sich ungestraft seinen Geboten entziehen knnen.^
Es macht nicht den Eindruck, das unter den Leuten, ber die sich
Saadia wundert, die Stoiker gemeint seien, wie BLOCH annimmt,3
vielmehr spricht der Wortlaut dafr, da Saadia hier von Zeitgenossen redet, und zwar dem ganzen Zusammenhang nach von Anhngern des Protagoras. Da Saadia, wie man vielleicht nach

und

diese ihres Irrtums inne werden,

lediglich die Ansicht des Protagoras

den Schuworten sagen knnte,


5

Em.

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2

Em.

S. 6

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D^E^ix pis; nin

pDD DH 1^ Yvf ^0 nn nxn nxi 'i3i ^tan miy ip^mn no.


3 Bloch.
Vom Glauben und Wissen Saadiahs S. 20 N.

i.

noxon

nr *?

HOROVITZ, BER

auf gewisse

da

sie

D.

BEKANNTSCHAFT SA ADIAS MIT

Freigeister

Zeit

seiner

24 1

D. GR. SKEPSIS

bertrgt und blo sagen

will,

so handeln, als wrden sie sich zu jener Ansicht bekennen,

denn der Anfang und die ganze


Darstellung macht den Eindruck, da Saadia von solchen spreche,

scheint

uns nicht einleuchtend,

die sich faktisch zur Ansicht des Protagoras

bekennen.

Da

es in

den Tagen Saadias Leute gegeben haben soll, die berzeugte Anhnger des Protagoras waren, ist nicht verwunderlicher als die Tatsache, da die Lehre eines Thaies oder irgendeines anderen vorsokratischen Philosophen Parteignger im Judentum hatte/ Von
Anhngern der Skepsis in jdischen Kreisen berichtet auch Ibn
Hazm. Er handelt in einem besonderen Kapitel von der Isosthenie,
dem bekannten Satze der Skeptiker, da sich jeder Behauptung eine
entgegengesetzte von gleicher Strke gegenber stellen lasse, und
unter den Anhngern dieser Lehre nennt Ibn Hazm auch Juden.
Ibn Hazm spricht allerdings von verschiedenen Stufen der Skepsis,
von Skeptikern, welche die Lehre von der Isosthenie in bezug auf
die Existenz Gottes in Anwendung bringen, und demgem behaupten, da man das Dasein Gottes weder bejahen noch verneinen

knne,

vielmehr

die

Frage

unentschieden

lassen

msse.

Zu den Skeptikern dieser Klasse zhlt er einen jdischen Arzt


Namens Ismail b. Junus. Andere beschrnkten ihre Skepsis auf die
Sendung der Propheten, das heit die Offenbarung, und unter den
Skeptikern dieser Gattung erwhnt er einen andern jdischen Arzt,

dem

haben will.^ Interessant ist es, bei dieser


Gelegenheit auch von Leuten zu hren, die man als Vorlufer von
gewissen modernen Bestrebungen bezeichnen knnte, und deren
Skeptizismus sich in der Ansicht uerte, da man von dem, worin
mit

er selbt disputiert

die verschiedenen Religionen einander widersprechen, vllig absehen

und

an das Ethische, das ihnen allen gemeinsam ist,


Ob auch diese Richtung unter den Juden Vertreter

sich lediglich

halten msse.

'

Vgl.

Em.

S. 30.

Aus Sahrastani

ersten Satz der Genesis

II S.

256

Hazm,

iJ^\)\

^^\SJi^

^yL\ ^i5U> OJl3^ ....

Jy\

1J>.A

jj,\

zu ersehen, da

im Sinne des Thaies deuteten.

Vgl. Ibn

ist

a. a.

O. V. S. 119

'<>)i\

>:.yl5;:

J<yiJl

Ua

manche den

Vgl. Cusari V.

Jyl Jl ^y

(Jl

^--*J^.

v.^.^JbJo.

16

2.

<--^>

0^

'^^

242

FESTSCHRIFl'

hatte,

ist

aus den Worten Ibn

stand nun,

das Ibn

Hazms

Hazm von

COHEN
nicht zu entnehmen.

Der Um-

verschiedenen Graden der Skepsis

redet und hierfr nicht allgemeine Gesichtspunkte aufstellt, sondern

den Unterschied im Verhalten zu einzelnen Fragen erlutert, schwcht


den Wert seines Zeugnisses merkUch ab, und es entsteht die Frage,
inwieweit wir es bei den von ihm genannten jdischen rzten mit
Skeptikern im eigentlichen Sinne zu tun haben. Man braucht ja noch
kein Skeptiker in erkenntnis-theoretischem Sinne zu sein,

wenn man
Zusammen-

Aber ein
hang zwischen dem Skeptizismus jener rzte und der griechischen
Skepsis ist jedenfalls bezeugt, wenn man nicht annehmen will, da

in

irgendeiner Frage sich skeptisch verhlt.

Ibn IJazm nur flschlicherweise einen Hauptgrundsatz der griechischen


Skepsis auf gewisse Richtungen
zeigt sich ber die

seiner Zeit

bertrgt.

Bedeutung jenes Grundsatzes genau

Ibn

Hazm

unterrichtet,

und so ist auch seiner Darstellung zu trauen, wenn er die von ihm
genannten Skeptiker als Anhnger desselben bezeichnet.^ So werden
die uerungen Saadias durch Ibn I^azm ergnzt, und wir begreifen,
warum er mit besonderem Eifer die Skepsis bekmpft.
Wir wenden uns nun zu der Darstellung, die Saadia von der
Skepsis gibt. Er unterscheidet vier Richtungen in derselben. Die
erste Richtung ist die der Daharijja, welche die Weltewigkeit behaupten. Man kann die Anhnger dieser Richtung als Sensualisten
bezeichnen, sie leugnen jede Verstandeskenntnis und lassen nur die
unmittelbare

Wahrnehmung

gelten.

Von diesem ihrem Prinzip aus


Teilen als ewig. Da sie nm-

Welt in allen ihren


lich nur das fr wahr halten, was mit den Sinnen wahrgenommen
wird, ein Anfang und ein Ende der Welt aber noch niemals wahr-

erklren sie die

Als Beweis fr ihre Behauptung berufen sich die Anhnger der Isosthenie
auf den Widerspruch der Meinungen unter den Menschen, wobei namentlich auf die Verschiedenheit der reUgisen Vorstellungen hingewiesen wird. Es
ist der von den Skeptikern genannte
rpinvos ir rrji bia(pu]vlas,
und auch sie
weisen gern auf die Verschiedenheit der Anschauungen auf religisem und ethi'

u, a.

schem Gebiete hin. Obgleich Ibn Hazm von alledem wie vom Hrensagen redet
und seine Darstellung verschwommen ist, so ist doch kein Zweifel, da er die
griechische Skepsis im Auge habe und nicht etwa blo mibruchlich die Bezeichnung von dort entlehnt hat. Unter den Beweisen, die er den Skeptikern in
den

Mund

auf S. 123 das Argument, da jeder Beweis auf ein


regressus in infinitum hinauslaufe, d. i. der rpiros e/s ireipov iKdWui'. Auch die
Frage des Skeptikers an den Dogmatiker das., woher er wisse, da er wisse,
legt, findet sich

verrt deutlich den griechischen Ursprung.

HOROVITZ, BER D. BEKANNTSCHAFT SAADIAS MIT D. GR. SKEPSIS

genommen

wurde, so

sei

die

243

Welt ohne Anfang und Ende?

Die
Ansicht der Rechthaberischen, der Obstinaten.
Ihr erkenntnistheoretischer Grundsatz
lautet, da sich die Wirklichkeit der Dinge nach unseren Vorstellungen richte, und diesem Grundsatz gem antworten sie auf

Richtung

zweite

bezeichnet

Saadia

als

die

ob die Welt ewig oder geschaffen sei, sie sei fr jeden


so, wie sie ihm scheine, fr den einen ewig, fr den anderen geschaffen.^
Die dritte Richtung bilden die Ephektiker. Sie sind der
Ansicht, da man sich jedes Urteils enthalten msse, weil das
die Frage,

Denken

und dem zuckenden Blitze


vergleichbar nicht gefatit und festgehalten werden knne. Die Vertreter dieser Ansicht sind nach Saadia noch trichter als die Vorgenannten, weil jene mit der Wahrheit den Irrtum verbinden,
whrend die Ephektiker Wahrheit und Irrtum zugleich aufheben.3
^

vielen

Em.

S.

32

Zweifeln unterworfen

'131

nm

mybi'o

3D-iiii

u'Wib iJ-Dn bi nniN-i Mby bis" n2 bn

nbnn nh

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nyi sini nianpi


n"'j"'i2Xo ]\s

vhm

nj>n

"'i-'irvn

cntr nn3j?D2ir n^nin"!

nj?im

r;iD "^i

Die Daharijja unterscheiden sich von den arabischen


und deren Ansicht als
achte Schpfungstheorie von Saadia aufgefhrt wird, dadurch dad die Aristote-

)1D

nVi

n'^xn.

Aristotelikern, die gleichfalls die Weltewigkeit behaupten,

liker

eine erste

bewegende Ursache annehmen, whrend

die Daharijja eine

solche nicht anerkennen.

Diesen Unterschied hebt Ibn Rosd, Tahafut al Tahafut


S. 8 mit Bestimmtheit hervor, und in demselben Sinne lautet die Erklrung, die
Al-Gazzah, Alunkid ed. Schmoelders S. 14 von den Daharijja gibt. Mit Al-Gazzali
stimmt in aufflliger Weise berein die Darstellung von den verschiedenen
Klassen der Philosophen bei Al-Kifti ed. Lippe S. 49, so da der Letztere aus dem
Ersteren oder beide aus einer gemeinsamen Quelle geschpft haben. Al-Razi
a. a. O. S. 127 gebraucht einmal die Bezeichnung Daharijja unrichtiger Weise,

indem

er berichtet, einige von den Daharijja htten Gott die Erkenntnis seiner
Wesenheit abgesprochen. Dazu bemerkt der Kommentator Tusi, Al-Razi habe
sich im Ausdruck vergriffen, denn er htte von Philosophen, nicht von den Daharijja sprechen mssen, da diese berhaupt eine erste Ursache nicht annehmen.
Wir finden also auch hier, da die Negierung einer ersten Ursache das charakteristische Merkmal der Daharijja war, so dafi die Behauptung Al-Razis nur als eine
Entgleisung aufzufassen ist. Die von ihm mitgeteilte Ansicht gehrt Mu'ammar
an, dessen Lehre von den Ma'ani auch zu den Karern gedrungen ist.
Die
Ansicht der Daharijja wird von Saadia auch in der Einleitung zum Jcslra-Kommentar als erste Theorie erwhnt. ber den angeblichen Zusammenhang der
Ansicht der Daharijja mit ihrem Sensualismus vgl. w. u.
^ Em. S.
34 n"? (arab. .>_^J1 ...jlar^^) nitrpj?n "''?j?3 nj?T XTi itTV nnsn njjnm
niynn "'B2 abn ni\s n'?sx anann nnax "'s nn^ niumno nviioip nixsmn d-'dc.
3 Em. S. 35 n-'iyixn n!? (arab. '^^^\ ^^.-Jbj^) nT'oyn nyi ny ^iun nj>nm
]vyn "'s nx ": ima y'k' Hb^ -inn mDj/"ty in nosn "3 nwn
D\sn linjsi mpsD
"': niirpyn ^trixK) n"'!?3D nnv n'?xi 'i3"i trsr,"' bi -i^sx^ Hb ni'?n p'\'2T\ iod [erg. "inix]

16

FESTSCHRIFT COHEN

244

Am

weitesten

in

Richtung, die wir

ihrer
in

Skepsis

gehen

die

Anhnger der

vierten

Ermangelung eines passenden Namens Agnos-

nennen wollen, obgleich diese Bezeichnung leicht miverstanden


werden kann. Sie unterscheiden sich von den eben genannten
Ephektikern dadurch, da sie nicht blo die Verstandeserkenntnis wie
jene leugnen, sondern ihre Skepsis auch auf die Sinne ausdehnen und
gar keine Wahrheit zurcklassen. Auf die Frage, ob die Welt ewig
oder geschaffen sei, oder beides oder keines von beiden, desgleichen
wenn man sie in bezug auf etwas Wahrgenommenes fragt, ob es
ein Mensch oder ein Tier sei oder beides oder keines von beiden,
haben sie immer nur die eine stereotype Antwort: jeder der genannten Flle sei mglich.* Soweit die Darstellung Saadias.
Vergleichen wir nun die genannten vier Richtungen mit den
verschiedenen Schulen der griechischen Skepsis und gehen wir den
stiker

Quellen

aus denen

nach,

Saadia seine Kenntnis der skeptischen

Ansichten schpfte, so geraten wir

Was

in nicht

zunchst die Unterscheidung zwischen der dritten und vierten

Richtung, den Ephektikern und Agnostikern,


in

geringe Schwierigkeiten.

betrifft,

so lt sie sich

der Geschichte der griechischen Skepsis nicht nachweisen.

Aber

ber diese Schwierigkeit knnten wir uns leicht hinwegsetzen, und

den Irrtum vielleicht darauf zurckfhren, da schon die Alten sich


ber den Unterschied zwischen den verschiedenen Richtungen der
Skepsis klar waren und dieselben nur schwer auseinanderhalten
noKno nov nbi nnpiy nissoin nnosn h man onc Saadia gibt sonst
keine Begrndung der verschiedenen skeptischen Ansichten, nur fr die in Rede
stehende Richtung deutet er einen Grund an. Doch bedrfen seine Worte noch
'131 nn"" "ipirni

der Erklrung
*

Em.

S.

vgl. w. u.

36

D.ni

(arab. ^^^j-Jufcls:^-'^ v^-o*.J>^)' D"''?3Dn nj)T

iB'j?

r\wbvr] nynni

nx Y ^3 noNi m)> nwnion icna cynon onts'nsn dj? "wh cyn


den angefhrten Worten ist der Unterschied zwischen der
dritten und vierten Richtung so deutlich angegeben, da man sich in dieser
Beziehung in gar keinen Vermutungen zu ergehen braucht und jeder Versuch,
die Worte Saadia anders zu deuten, hinfllig erscheint. Die arabische Bezeichnung gibt Tibbon S. 66 richtiger durch D"'O^J?non wieder: die nichts zu wissen
vorgeben. In Ermangelung einer passenden Bezeichnung haben wir das Wort
durch Agnostiker wiedergegeben, nur darf man das Wort nicht in dem Sinne
nehmen, in welchem es heute gebraucht wird. Auch im Kommentar zu den
Sprchen S. 52 spricht Saadia von den ^'bnxJnD und den ]""im und sagt von
ihnen, da sie sich mit der Wissenschaft beschftigen, nicht um die Wahrheit zu
finden, sondern um Zweifel zu erregen. Auch hier ist die bersetzung DerenBURGs D''"?^1K fr ^'bnXJn falsch und wegen des Zusammenhanges sinnlos, da von
Toren nicht riD3n3 D''j;i' gesagt werden kann.

ViT^
'131

k"?

hbo "121 DiB'S

tynio"?

bl.

In

HOROVITZ, BER

D.

BEKANNTSCHAFT SAADIAS MIT

Daraus liee sich


eines bestimmten Merkmals

245

D. GR. SKEPSIS

Ermangelung
in der arabischen berlieferung von
selbst sich die Unterscheidung zwischen einer radikalen und milden
Skepsis herausbildete, von welchen die eine lediglich die Verstandeserkenntnis, die andere auch die Sinneserkenntnis aufhebe. Eine weit
grere Schwierigkeit entsteht fr uns, wenn wir auf den Ursprung
der beiden ersten Ansichten eingehen. Wer ist denn Urheber der
Ansicht, die Saadia den Obstinaten zuschreibt? Man erkennt leicht in
der Behauptung, da die Dinge so sind, wie sie einem jeden erscheinen, den Satz des Protagoras, da der Mensch das Ma aller
Dinge sei. Und wer ist Vertreter der sensualistischen Theorie, die
konnten.'

vielleicht erklren,

Saadia den Daharijja zuschreibt?

dem

Unterschiede, da wir in

goras

selber

vor

uns haben,

dem

wie

in

Wiederum Protagoras, nur mit


einen Falle den Satz des Prota-

im anderen Falle

die

Ansicht,

auf

welche Plato im Theaetet den Satz zurckfhrt. Die Behauptung, da


der Mensch das Ma aller Dinge sei, deckt sich nach Plato mit der
dem Theaetet in den Mund gelegten Behauptung, da das Wissen

Wahrnehmung

Da

den Daharijja zugeschriebene sensualistische Ansicht tatschlich mit der von Plato im
Theaetet bekmpften identisch sei, bedarf keines Beweises, denn sie
auf

sich

beschrnke.^'

die

deckt sich sachlich vollstndig mit derselben.

Es

lt sich

jedoch

noch obendrein nachweisen, da die Darstellung Saadias selbst auf


den Theaetet zurckgehe, und dadurch wird die Schwierigkeit um so
grer.
Da nun die von Saadia den Daharijja zugeschriebene
sensualistische Ansicht aus dem Theaetet stamme, ergibt sich aus
dem Nachweise, da auch die Einwrfe Saadias gegen dieselbe auf
den Theaetet zurckgehen. Ganz deutlich verrt den Platonischen
Ursprung der Einwurf, da es eine Erkenntnis geben msse, welche
die

Wahrnehmungen

'

der verschiedenen Sinne mit einander vergleicht

Vgl. Gellius, Noct.

att.

XI

vetus autem quaestio et a multis scriptori-

bus graecis tractata est, in quod et quantum Pyrrhonios et Academicos philosophos intersit. uterque enim ffKeirriKoi, i(j>eKriKoi, Troprp-tKoi. dicuntur, quoniam utrique
nihil affirmant nihilque comprehendi statuunt. Der Unterschied, der dann folgt,
soll darin bestehen, da die Akademiker wenigstens den skeptischen Stzen
selbst Gewiheit zuschreiben, whrend die Pyrrhoneer selbst diese blo als ungewi hinstellen, vgl. Sextus I 220 235 ber die vielen angeblichen Unterschiede
zwischen den Skeptikern und den einzelnen Richtungen der Akademie.

elprqKivai.

Tavra.

Plato,

Theaetet 151

irepl iirurT^iJLTjs,

aUriytr
5y,

(pr)s,

iiri<Tr7)fi7);

KivdvfeOea iyToi \6yoy ov <pav\oi>

fKeye Kai llpuirayopas. rpirov oi nvo. XKov

etpj}K

airra

FESTSCHRIFT COHEN

246

und ZU einander in Beziehung setzt' Das Gleiche gilt von dem


Einwurf, da man auch das fr wahr halte, was der augenblick-

Wahrnehmung entzogen

lichen

Auch

und Abwesenden.^

gangenen

wie

ist,

in

des Ver-

Erkenntnis

die

einem

Einwand,

dritten

welcher sich auf die Erkenntnis des Zuknftigen bezieht, knnte


man eine Reminiscenz an Plato erblicken, aber die beiden erwhnten
Vergleichspunkte reichen

um

hin,

zu beweisen, da die den Daharijja

zugeschriebene Ansicht mit der des Protagoras im Theaetet identisch

und aus dem Theaetet

dem

entlehnt

Richtungen

dargestellt wird,

Quelle nur zwei verschiedene

Grundansicht

ist.

Wenden

wir

Em.

Vno Hin

nn

S.

n^n"'

Kint^D

34

b nx

'i:i

dh nnx

n3j?Dn DK1 "im

uns

mrw

13''n

nyn ybn) msin ein

ini

nixn

Wir

was

in

Formulierungen

nun zu der
Ephektikern zuschreibt und fragen

'

sei. 3

wir,

irin"?

einer

nns nnnan

und derselben
Saadia den

die

wie es sich mit dieser ver-

^b i" nj^tan

in ny^Kin nxi

zwei ver-

als

mni

D-'iniD

nnix

nxn

vbti by nbiro

b^ sio -as 13 inxi on^*? yir\ b D^trnin n^x

in

demnach zu

der ursprnglichen

dritten Ansicht,

^mv\''Vf

vwr\ bv nbw

sind

da bei Saadia

Resultate gelangt,

aufflligen

schiedene

selbst

noi ini

"?=

ib

t^Ejan

n"'N-in im'?''' ]3

'JN

b^

^\^n^n

n ppn
-ini m

n-'x-i
nxn nisiso n-i k"? in im'?. Vgl.
Gedankengang, nachdem der Satz, Wahraufs neue aufgenommen ward. Von dem Beweise

iniss yi nan

B^^ty

Plato, Theaetet 184 den nmlichen

nehmung und Wissen

sei eins,

des Aristoteles fr die Existenz des Gemeinsinns unterscheidet sich die Darstellung Saadias durch den Satz '131 Sl "'3K ]3 "in1, woraus ganz allgemein folgt,
da es ein und dieselbe Seele ist, von welcher alle Funktionen ausgehen, und

Vereinigung aller Wahrnehmungen im Zentralsinn.


Davon abgesehen, bentzt ja Saadia den Gedanken in gleichem Sinne wie Plato
zur Widerlegung der Ansicht des Protagoras, so da nur Plato in Betracht kommt.
2 Em. S.
35 -[bn itr nunontt' "|"' nn "73^ Dnnnn nnniD nmx itin "3 -[
i3t2 \pn^t '<:sD iti^inn om nxn ir xini nx 'i3i nxnw m '231 rtvv na'x D^B'jJom na
ibsx 1V3tDi1 Dnion[i] Dmis !?3p itrx i'jstri V"!i"' in "jax, vgl. Piaton Thaetet 163:
Ti at; fiirqfxi)v ov \iyeis fiivroi n; usw.
Ebenso Aristocles bei Eusebius praeparatio ev. XIV 20, wo die Einwrfe Piatos im Theaetet zum Teile ausgezogen
nicht etwa ledigUch eine

sind: '0 7

/irjj

ecKrd/ttej'os

bTLOVv, etrat fiefivTHJidvos, olSe fikv, aia'ha.veTai o'

ovk^ti.

3 Fraglich bleibt es dabei, in welchem Zusammenhange die Ansicht des


Protagoras mit der von der Weltewigkeit stehe und welche Philosophen man
sich unter den Vertretern der letzten Ansicht zu denken habe. Zu den Daharijja
zhlte man, wie es scheint, mehrere vorsokratische Philosophen, wie beispiels-

50 als den ltesten Vertreter dieser Richtung nennt


und als dessen Gesinnungsgenossen er S. 104 die Inder bezeichnet. Anderer-

weise Thaies, den Al-Kifti


seits

S.

schrieb man, wie es scheint, gesttzt auf Plato Theaetet 152

und

Aristoteles

1009 b I2ff. die Ansicht des Protagoras vielen vorsokratischen Philosophen zu.
Zwischen beiden Ansichten fand man dann einen natrlichen Zusammenhang.

HOROVITZ, BER D. BEKANNTSCHAFT SAADIAS MIT

Als wir bei der zweiten Ansicht waren, erkannten

hlt.

247

D. GR. SKEPSIS

wir, dali sie

mit der ersten zusammenfalle, und nun sind wir bei der dritten, und

da es sich mit dieser nicht anders verhalte.


Was behauptet denn die dritte Ansicht? Doch nur, da es keine
Verstandeserkenntnis gebe, eben das behauptet ja auch die erste,
nur da der dritten ein anderer Name angehngt ist, der im Grunde
gar nicht auf sie pat. Denn die Bezeichnung der dritten Ansicht
als ephektische, kann nur bedeuten, da wir uns jedes Verstandesurteils enthalten mssen, nicht aber jedes Urteils berhaupt, und
Sollen wir annehmen,
dasselbe gilt auch nach der ersten Ansicht.
sich

es stellt

da auch

heraus,

hier als

dritte

Ansicht ausgegeben wird, was

der ur-

in

sprnglichen Quelle nur eine andere Formulierung der ersten An-

war?

sicht

Wir

halten es

wenn wir es
Wenn nmUch die dritte

nicht fr ausgeschlossen,

auch nicht direkt behaupten mchten.


Ansicht irgendein neues Moment enthalten soll, so kann es nur in
der Begrndung liegen, und in dieser sind die Worte, da das
Denken dem zuckenden Blitze vergleichbar nicht stille stehe und
nicht festgehalten

werden knne,

bei aller

Krze sehr bezeichnend.

da wir unsere Meinung schnell


wechseln, da unsere Ansichten vernderlich sind, da der Sinn vielmehr zu sein scheint, da wir dieselben gar nicht festhalten knnen.
Die Worte erinnern an Heraklit und die Erzhlung von seinem
Freunde Kratylus, der zuletzt die Dinge nicht anders bezeichnen
zu drfen glaubte, als indem er mit dem Finger auf sie hienwies,
weil sie nach seiner Meinung schon whrend der Rede sich verndern, und was in dem einen Augenblicke wahr sei, es in dem andern
nicht mehr ist.^
Da nun Plato im Theaetet die Ansicht des ProSie

scheinen

"

nicht zu

besagen,

Vgl. Aristoteles loioa 7

5^ waxrav pQvTes ravTi)v Kivovitnjv Ttif

S^ ToO fj.eTad\\ovTOS ov^^v aKiev/xevov, vepL ye rb irdvTr] TrvTWS

oKreeiv.
kvtwi'

eK

yp raim)S

TjpaKKeiTi^eiv,

VTr6\rj\peu}s

Kai o'Lav

ii,r)i^cfev

KpaTuXos

et^e',

rj

eradWov

aKporTTj 56^ tQiv

os r

reKevroMv

(pJuffiv,

Karo,

ovk ivd^x^"''^'^

elpTjfieviv,

tQ>v cpacr-

t)

oifhkv Coero Selv Xiyeiv,

dXX

iKLVi 6vof.
Hict witd nun allerdings nur die Beweglichkeit des
Objekts hervorgehoben, aber auch die Worte Saadias knnen so verstanden
werden, da der Gedanke nicht festgehalten werden knne, weil er schon im

Tov dcLKTvXov

Auerdem gelangt man zum selben Resultat,


da es kein wahres Urteil gebe, auch wenn man von der Beweglichkeit des Subjekts

nchsten .^ugenbUck nicht wahr

ist.

ausgeht, wie beispielsweise auch Plato

im Theaetet 284

in

bezug auf die Nicht-

beharrlichkeit des Subjeks ausfhrt, da es in der Konsequenz der Heraklitischen

Lehre

liege,

da es auch keine Wahrnehmung gebe:

inroiaaovw dlov rijs tov pq.v

ij

Koveiv; p.iveiv irori

ec aiiri^

tQ

Tt 0^
pq.v

-n-epl
r)

aicr&Tjo-ews

.Kovi.v;

ipoOev

ore &po.

FESTSCHRIFT COHEN

248
tagoras

und gewissermaen
Stzen, des Theaetet, des Protagoras und

auf die Heraklitische Lehre

von

eine Gleichung

drei

grndet'

wo

Heraklit durchfhrt, so lge der Fall hier so, wie oben,

um

es sich

das Verhltnis zwischen der zweiten und ersten Ansicht handelte.

Aber wir knnen uns nicht auf Grund einer nicht sicheren Interpretation weniger Worte in Vermutungen ergehen und lassen es
dahingestellt, ob auch hier ein hnliches Verhltnis obwaltet wie
oben. Welches Miverstndnis aber auch zu Grunde liegen mag, an
da auch die dritte Ansicht mit
der ersten zusammenfalle, und es stellt sich als Ergebnis heraus, da
nur zwei Richtungen einander gegenberstehen: auf der einen Seite
die subjektivistische Ansicht des Protagoras, auf der anderen die
Skepsis Pyrrhos. Den Gegensatz beider Richtungen stellt Saadia
richtig dar durch die Antwort, die er in deren Namen auf die Frage
der Tatsache

ist

nicht zu ndern,

betreffend die Weltschpfung gibt*

Zu dem

gleichen Ergebnis, da

Richtungen gegenberstehen, gelangen wir auch, wenn


wir von den Namen, mit welchem Saadia die verschiedenen Richtungen bezeichnet, ausgehen und sie mit anderweitigen Angaben versich nur zwei

gleichen, worauf wir jedoch nur kurz hinweisen wollen.^

pq.i'

Trpo(Tp7]Tiou

fx&Wop

Tl.

ij

117)

pq.v

ore

ti.v'

\\r)u

ata'hr]a-LP

SWov

tj

p.T\,

Trdpruv ye

Vgl. auch Philoponus, Scholien zu Aristoteles 35 a 25.

TrdKTws Ki.vovnivuv.

Theaetet 152 ff.

'

SchoHen zu Aristoteles 22 b 45, die Ansicht der Skeptiker der des Protagoras gegenber. Auf die Frage, ob die Seele
sterblich oder unsterblich sei, antworte Protagoras, was jedem scheine, sei wahr,
*

In gleicher

Weise

steUt David,

die Ersteren hingegen, sie sei sterbUch oder unsterblich oder beides oder keines

Gem

von beiden.
^/cX'^Tj

KoX rpLirovs

i]

dieser Antwort fhrten sie noch einen eigenen

a'lpeais

avrOiv,

iireiSri

T/jtTrXSs eiroLOUPTO

Namen

ras nropia^.

seinem Kommentar zu Al-Razi S. 23 A. nennt drei Parteien der


Sophisten. DieLa'adrijj, .ii,>\\Ul, die Nichtwissenden (von |^^>\ "^ ich wei nicht).
Es sind diejenigen, welche sagen, wir zweifeln und zweifeln, da wir zweifeln.
Die 'Indijj (do^LoJl), die Obstinaten, welche behaupten, es gebe kein Urteil,
und scheine es noch so evident, dem nicht ein widersprechendes von gleicher
3

Tusi

in

Strke entgegengestellt werden knnte. Die Subjektivist en, die Indijj(von ^^>-^
bei mir, nach meiner Ansicht), welche behaupten, es sei fr jeden das, was er fr
halte, wahr imVerhltnis zu sich selbst, falsch imVerhltnis zu einem anderen.
Entgegengesetzte Urteile seien gleich wahr im Verhltnis zu verschiedenen Sub-

wahr

Die gleichen Parteibezeichnungen hat das Zitat bei Delitzsch, n"'^n |>5>
nur wird von den Obstinaten blo gesagt, da sie alle Wahrheit leugnen,
ohne da eine Erklrung ihres Namens gegeben wird. Nun liegt auf der Hand,
da fr die zweite Ansicht bei Saadia die Bezeichnung Indijj zutreffender ist
als Indijj nitypj?n """jva, und man mchte zunchst annehmen, da bei Saadia

jekten.
S. 324,

eine Verwechslung vorliege.

Aber

bei nherer Betrachtung drngt sich

der

HOROVITZ, BER

D.

BEKANNTSCHAFT SAADIAS MIT

249

D. GR. SKEPSIS

Entsprechend den beiden Ansichten, die wir zuletzt erhalten,


ordnen sich auch die Einwrfe, die Saadie erhebt. Der subjektivistischen Ansicht des Protagoras wirft er vor, da sie gegen den
Satz des Widerspruchs verstoe. Ebenso erhebt er gegen die
Skepsis alle jene Einwnde, die den Skeptikern schon in aller Zeit
von ihren Gegnern entgegengehalten wurden. Sie laufen im WesentErstens, da sie sich mit ihrem eigenen
lichen auf zwei hinaus.
Prinzip in Widerspruch setzen, so z. B. wenn sie die Zurckhaltung von

schon ein Urteil enthalten ist.' Es ist derselbe Einwand, wenn auch mit anderen Worten,
wenn die Agnostiker gefragt werden, ob sie auf Grund einer Erkenntnis oder eines Nichtwissens behaupten, da es keine Erkenntnis
gebe,^ oder wenn gefragt wird, auf welche Weise sie denn hoffen,

jedem

Urteil empfehlen,

whrend

hierin selbst

Gegner durch Grnde zu berfhren, wenn sie selbst behaupten,


da es keinen Beweis gebe.3 Der zweite Einwand luft darauf hinaus,
da die Skeptiker durch ihr eigenes praktisches Verhalten ihre
Lehre Lgen strafen.* Auf alle diese Einwrfe haben die Skeptiker,
so gut sie konnten, geantwortets, und von Interesse ist fr uns dabei
ihre

nur,

zu

vertraut

inwieweit Saadia

sehen,

mit

der

Literatur

einschlgigen

Auf einem Miverstndnis der skeptischen Ansicht

war.

da die ganze Unterscheidung von Indijja und Indijja nur auf


einem Irrtum beruhe, da in dem erstem Namen berhaupt kein Hinweis auf eine
bestimmte Richtung gegeben ist, vielmehr blo eine Hindeutung auf den Gedanken, da jeder Behauptung eine entgegengesetzte von gleicher Berechtigung
entgegengestellt werden knne, welche Ansicht dem Protagoras und den Skeptikern gemeinsam ist. Es scheint demnach, da La'adrijja der allgemeine Name

Gedanke

ist,

mit

auf,

die ganze Partei der Sophisten bezeichnete, innerhalb deren

dem man

man

die der Subjektivisten, Indijja, und der Skeptiker, La'aDie einzelnen Schulhupter scheinen nur wenig bekannt gePyrrho wird von Alfarabi, philosophische Abhandlungen ed.

dann zwei Richtungen,


drijja, unterschied.

wesen zu sein.
DlETERICl S. 50 genannt.
'

Em.

Ibid. S. 36 n'?i2 1 vnD

S. 35

Ibid. S. 35

m^oj?n ]d noy^t

iniavBB^

nTvn n"pb n^acin vn nb


*

Ibid. S.

36

noD

nu^n on

^hv omo

li

nToyn ist

b nne obs n^nn d.

j^noa,

n)^ d-'Xsv m-'vn Dr^-nb ddj?

onnan

"'S

noi

D-ynoi p^^^iT^b n^ni.


mninr^ ? iisn nyn h'sw b uoy n^sn

ini

ni xbi"?!

iij? -lOiKi

'"IST

nnsw

's nij? toi"!

no "3.
gengt
5 Auf die Belege im Einzelnen lohnt sich nicht hinzuweisen,
auf das bereits erwhnte Fragment aus der Schrift des Aristo des bei Euseb.
praep. ev XIV 20 hinzuweisen, was die gegnerische Seite, und auf Sextus Pyr.
Hyp I 1315 u. 197; I 2224, was die Antworten der Skeptiker betrifft. Vgl.
auch Theaetet 178, David, Scholien zu Aristoteles 23a 6ff., Philoponus das.
'131

n""in ^b v^tf nan

^32 nats^ni ncont^n

"'s

iij?

nii

"i3i

piKn

ont?

es

35 a 22 ff.

FESTSCHRIFT COHEN

250
scheint es zu beruhen,

wenn Saadia

meint, da die Skeptiker durch

Schmerzen von der Unwahrheit ihrer Behauptungen berzeugt werden


sollen, da es den Skeptikern niemals eingefallen ist, an der Wirklichkeit der Empfindungen und Gefhle als innere Zustnde zu zweifeln.'
Aber auch dieses Miverstndnis ist alt, wie schon daraus hervorgeht, da dem Aristoteles eine gleichlautende uerung in den

Mund

gelegt wird.^

Nur

noch auf die Ausfhrungen Saadias in


der Einleitung, soweit sie mit unserem Gegenstande zusammenhngen, hingewiesen. Irrtum und Zweifel
das ist der Grundgedanke
haben ihren Grund nicht in einem innern Unverdes ersten Teiles
mgen des Menschen, die Wahrheit zu erfassen, sondern in einem
fehlerhaften Verhalten unsrerseits, sei es, da wir nicht mit der
ntigen Sorgfalt forschen und vorzeitig unsere Ttigkeit einstellen, sei
es, da wir nicht gengend vorbereitet an die Untersuchung herantreten, das gesuchte Objekt nicht kennen oder mit den Methoden
in

aller

Krze

sei

des wissenschaftlichen Verfahrens nicht vertraut

sind.-5

Aus

der weit-

Gedankens heben wir einen Punkt


Saadia meint, da es bei
hervor, der uns beachtenswert erscheint.
einem mangelhaften Verfahren unsererseits geschehen kann, da wir
das Objekt, das wir suchen, vor Augen haben, ohne es zu erkennen.
Diese Bemerkung ist nach unserem Dafrhalten nur verstndlich,
wenn man an die zuerst von Plato aufgeworfene Frage denkt, wie
denn Erkenntnis berhaupt mglich sei, da wir das, was wir nicht
wissen, nicht suchen knnen, und wenn wir es gefunden, das Gesuchte nicht in ihm erkennen wrden, wenn wir es nicht schon vorher unbewut in uns getragen haben.'^ Auch Al-Tusi kennt diese
Frage und fhrt sie als Argument der Skeptiker an. 5
An seine Ausfhrungen ber die Quellen des Irrtums schliet
lufigen Auseinandersetzung dieses

Saadia eine Errterung ber die Quellen der Wahrheit,

'

Sextus Pyr. Hyp.

Vgl. oben S. 237.

3
nj?
'131

"121

Vgl.

x"?i

mx

^aa"? nipBon r\b^Sii nsD n^nn s?mNT


^iWD '3 nipaon nna whsDi B'ina n^jcian

nxn ^b nnp-'i?.
80 und Aristoteles 995 a

inxs'' IN

Meno

p.

33,

der Gedanke nur flchtig gestreift wird, fr uns nicht


5

>3r-sti

Al-Razi

der er auf

19 20,

Enumot Anfang nnain rm '1:1


MTT b) vib n\T'C' nts^Bxi 'm nno
t?"!"!''

in

a.

a.

<-^ ^'^^^

O.
^'^^

S.

24

"^^3

^;;,1

(ein

<^-^^XL ^h,

zweiter
'joli )X

doch kommt

letzterer,

wo

in Betracht.

Grund der Skeptiker)

U^-oLS'

Ik^Xjuo ^^^ j^l i__)^)>k^l

<*J1

HOROVITZ, BER D.BEKANNTSCHAFT SAADIAS MIT D. GR. SKEPSIS

standesurteil,

folgerung

vom

Notwendigkeit beruhende SchluBekannten aufs Unbekannte. Zu den Wahrheiten


die auf logischer

Klasse

ersten

der

3.

Es gibt nach ihm drei 'solcher


Wahrnehmung, 2. das unmittelbare Ver-

sinnliche

die

i.

Bezug nimmt.

die Skeptiker direkt

Quellen:

25

gehren

alle

Erkenntnisse,

nehmung unserer Sinne verdanken, wie

die

die wir

der

Erkenntnis

Wahr-

von der

ueren Erscheinung der Dinge; zur zweiten alle Wahrheiten, die


uns unmittelbar einleuchten, wie die sogenannten Axiome und die
zur dritten alle Wahrheiten, die sich uns nicht von
sittlichen Urteile
;

selbst aufdrngen, aber aus Erkenntnissen der beiden ersten Klassen

sich

mit Notwendigkeit

kennen die

drei

ergeben.

Nicht

alle,

Quellen der Wahrheit an.

bemerkt Saadia, erManche dehnen ihre

Skepsis selbst auf die Wahrheiten der ersten Klasse aus, manche verhalten sich ablehnend blo gegen die beiden letzten Klassen, die
weitaus grte Zahl bestreitet die Erkenntnisse der dritten Klasse.'
Im Gegensatze dazu entwickelt Saadia seinen eigenen Standpunkt,

und aus seinen Darlegungen ist zu ersehen, da er mit den verschiedenen Argumenten der Skeptiker bekannt war. Die verschiedenen
Arten von Sinnestuschung, die Halluzinationen der Fieberkranken,
wie auch die Traumvorstellungen sind nach Saadia kein Beweis,
da den Sinnen berhaupt kein Glaube beizumessen sei. Vielmehr
folgt daraus blo, da wir uns vor gewissen Tuschungen in acht

nehmen mssen, Wahrnehmungen

nicht mit Einbildungen verwechseln

drfen und die Aussagen unserer Sinne der Kontrolle unseres Ver-

standes unterwerfen mssen.^

Sehr ausfhrlich verweilt Saadia bei den Erkenntnissen der


dritten Klasse, namentlich bei dem Schlu von der Wirkung auf die
Ursache, wobei er gewisse Regeln aufstellt, nach denen bei diesem
Schlsse zu verfahren sei. Es ist bekannt, da die Skeptiker den
Kausalbegriff speziell zu einem Gegenstand ihrer Angriffe machten.
Sie stellten es in Frage, ob es eine Ursache gebe und, die Existenz
vorausgesetzt, bezweifelten sie die Mglichkeit, sie zu erkennen.

war das mit ein Grund, warum Saadia sich gerade mit
dem Begriff der Ursache so eingehend beschftigt.

Vielleicht

'131

Em.

nDn

S. 7

'SB'O.

gehandelt, vgl.

nan^ u-xn no UD^c'n iv3i


Wir haben ber diese Stelle wie auch das Folgende anderwrts
die Psychologie der jd. Religionsphilosophen S. 46, und gehen
b)!

njn nanjir

darum auf das Einzelne

Em.

S. 8.

n"'is

nicht ein.

ii^Kin naxan h

FESTSCHRIFT COHEN

252

Fassen wir alles zusammen, so ergibt sich, das Saadia mit den
Ansichten der griechischen Skeptiker, mit ihren Argumenten und
den Einwrfen ihrer Gegner ziemlich vertraut war. Er hatte zwar
kein richtiges Bild von den einzelnen Richtungen und Schulen, was
darauf zurckzufhren ist, da ihm nur mangelhafte Quellen zu Gebote
standen, aber ber die Fragen, um die es sich handelt, zeigt er sich
gut unterrichtet.

Ja, es erscheint

merkwrdig, welche ausgebreitete

Kenntnis der griechischen Philosophie er fr seine Zeit besa, und

um

wenn man bedenkt, aus welchen zweifelhaften


Quellen er sich seine Kenntnis verschaffen mute. Wir haben auch
gesehen, da der Eifer, mit welchem Saadia die Skepsis bekmpft,
darauf zurckzufhren ist, da es vereinzelte Anhnger der Skepsis
dies

so mehr,

gab, und da die Ansichten der griechischen Skeptiker keineswegs,

wie

man nach den

waren.

sprlichen Nachrichten erwarten knnte, unbekannt

Es drngt

sich

demnach

die

Vermutung von

selbst auf,

da

auf die Entwicklung der jdischen und arabischen Religionsphilosophie


in

der lteren Zeit auch die Lehren der griechischen Skeptiker nicht

ohne Einflu gewesen


zuweisen,

ist

sind.

Diesen Einflu jedoch im Einzelnen nach-

hier nicht der Ort.

Mediaeval Hebrew Terms for Nature.


By Henry Malter,
Word
Themation
has

nT^S""

Dropsie College.

the simple meaning of which

creation or for-

is

been used by Hebrew philosophic writers since


Judah Ibn Tibbon synonymously with V^ta for nature. Thus nonn
in Ibn Tibbon's translation of Saadia's 'Amnt, chapter X,

mTn

end of the Eleventh Theory


"natural

1864,

p.

spekulative Wissenschaft",

not

science"^

Leipzig

(ed.

157)
as

denotes

GuTTMANN

280 see also p. 279,


note 2) has it. Thinking that the passage contains an allusion to
a certain theory of Aristotle, GUTTMANN even proposes to drop the
Word riTm in Ibn Tibbon's version or to replace it by VDtJTI, which
is

found

in

this

Saadia,

p.

the manuscripts of the so-called Paraphrase.

however, aside from


in

des

Religionsphilosophie

{Die

its

latter,

general inaccuracy, does not prove anything

For the word

instance.

The

bzi^,

has been used by the

too,

translators in a diverted sense to designate the innate talent, disposition or natural Constitution of a person.

the

translator

s^^

which,

means man's

par

like

excellence used

^-^

natural

in

nntiTtO

gifts,

p.

and

'?Dty

for the

Arabic

the passage of Saadia referred to above^,


his mental

Ibn Tibbon's translation was, indeed,

quera (miian nni,

Even Samuel Ibn Tibbon,

149)

who

equipment by
criticized

birth.

Samuel

by Shem Tob

points out that nStJ'nD

is

Pal-

not the

adequate equivalent for the word 'i^ used there by Maimonides


"

p. 23,

1,

In this sense m"'S"'n nosn


7 (as a

synonynx of

is

*.

used also by Nahmanides, ni^m, Vienna 1873,

JT'trwia nB?j?D

physics).

n-suan nr,o, 1,2: rbatyim inntrno dj; wi; III, 17, near the beginning of
fifth
Theory: *.3D0 vn?o "^rntr nai; see Munk, Guide, III, p. 127, note i.
the
3 'Amnat, ed. LANDAUER, p. 310, last line.
4 Quoting the Arabic of Maimonides (nnx'pipvoi nnitaD J) ini) he asserts
that the correct rendering would be rni'?:B'lOl inT'lf DJ? Kini, and referring to
'

FESTSCHRIFT COHEN

254

The

seem to have been in doubt as to the proper


rendition of i^-k.
For each time the word is used by Maimonides
in Arabic Ibn Tibbon offers a more or less dififerent quivalent in
Hebrew: Hi^tyno {Guide, 1,2); nj;nt21 H^T (1,75; MuNK, ad locimi,
translators

note 6);

p. 449,

HNnn

(I, 'j6,

MuNK,

yno

p. 548); vataion

(II,

17) for

which a manuscript variant has n'T'i"'! (see MuNK ad locuin, p. 131,


note I comp, also II, 36 nj^ntaiH nj;nn ^obtr for the plural ''0'?D
;

"lD^N);

"PDJT

undecided,

likewise

MuNK,

(III, 17,

but

127,

p.

renders

note

the

word

in

passages more correctly by m^in, respectively

same uncertainty

is

the

^^<^'^2,

and

yiita.

For the Arabic

while one of the

which

also

like

for

puts 'dwr\

jk

MSS.

reads

m^^M

one

..^-LJI^ s^LJI

lJ^^}\

i^^b

where the

^Lyii.sn j;^t3^;

''D

comp. RosiN,

^=^

{Anint, p. 319,

{Enmnbt, end,

p.

161).

(beginning of chapter
p.

75)

is

4,

^^

,^J>^

(Am.,

10)

1.

he

In other init

by

n^J2.

:inion.

Similarly for

n-^^^n n^:nn^ {Eiminbt, 82,

while .T'i^n pn ^y

H^iDD),
p. 198,

ysta.

Ajjint, p. 145, last but

rendered rfi^m

have wrongly

HTU'' for

Hebrew

he imitates the Arabic term, rendering

editions

Hebrew

disposition,

equivalent to the

{Aiunt 162, bottom):

Stands for 'L.J^\


variety of

is

j^iUkJl

D^j;3J3n riDn

Eviiinbt,

line,

and dSlL.

^M^

^LJI

stances, however,

So

last

riltas^fc^

Die Ethik des Maimonides, p. 62, note i.


We have noticed already that Judah Ibn Tibbon uses

So

The

the editions of Samuel Ibn Tibbon's version have HT^J^n

ri^ii^Di'?

<*^-o

is

corresponding

by the superscription of the

evidenced

chapter of Maimonides' "Eight Chapters".

n^ti'li.!,

Judah Al-Harizi

i).

1.

15).

We

(p.

99)

thus see here a

expressions for natiire, or more properly for the innate

character, or Constitution with which one

Shem Tob Palquera defines


prompts man to action without

n"l''i}''

was

created.

as a property of the soul which

previous reasoning or deliberation '.

Ibn Tibbon's translation, continues: NU ^"^ inDE^n in-fS^ d1p3 p^nyn Nini
103 nnx nan n anj?nn b moj "jsu? n'?nni ms "'S i'?2B' nn^s"' dj? Vm ixra nscno^
"pDif -lib ntos ^py "iioii m"'S'< <'2nys Hiiisi "'"isn ]'3J?n i"'2Db yn" xint
ini
nabn "jDtyno n^nn-D no n": ni^nipo x"?! nioomso n ]\x taiB'S nM-'trs; comp. Schever
'"i-'ij"'

in

Judah

al-Harizi's translation of

Maimonides' Guide (edited by Schlossberg,

London 1851), p. 12, note 5.


Comp. Levi b. Gerson, 'n nion":, II, 8,
which has the same meaning.
' See his Dl'pnn mJX, pubHshed by the
'

ed. Leipzig, p. 119: nT'3\n u?nc3,

writer in the Jewish Quarterly


Review, 1910, p. 478: nib^non "p^ .f)2n nibiys ^ys'c xnvh nsni' csj^ ]"':j; m''i'\ni
riTni xbl. This accords essentially with the definition of nature given by Aristode,

MALTER, MEDIAEVAL HERREW TERMS FOR NATURE


In the plural,

mT'lJ'',

255

the term signifies the various original qualities

which make up one's nature. Hence distinction is sometimes made


between niT^'' and riH, the former referring to the natural propensities and inclinations, or to "the fashion of the inner man", Arabic

3)^

(see

Lane

s.

v.),

the latter to the fashion of the outer man,

appearance, or also acquired habits and manners, Arabic ^J,y^.


Judah Ibn Tibbon's translation n^nnDDI rmi^rs^:! bn for ^OSD^
his

npN'?5si npbS

''3

{Kiisari,

I,

95),

while showing a distinction in the

usage of the two terms, seems, therefore, to be inexact,


as pS^5t<

is

in as

much

not the plural of p^S (which seems to be the reading

of the noun immediately before) but of p75.

CaSSEL's translation

mit uerer und innerer Vollendung" agrees with the Arabic rather

must be admitted, however, that most


of the authors use riHD and mTiJ^ promiscuously. There is, moreover, much confusion as to the qualities which are to be considered
as innate and unchangeable and those which are subject to changes
by training and education. Al-Gazzali, pT^ ""itND, p. 74, in discussing
the matter, says: 1DD DH nnentT ^1132.1 V D'^tSlin D^ti^i mp UtJ^n IDD
^nty i'^np^ h^i ni^i}\T
nn m-nom n^ijr nn mTi{\m nnnnty intj^n
^^Jy lOS nann ]\Sty ThbT\\
Whatever the truth in that matter may
be, the passage quoted shows clearly the usage of the Hebrew terms
than with the Hebrew.

by Abraham Ibn

It

Hisdai, the translator of Gazzli.

Another question which was raised in connection with this


matter was whether the qualities termed nn''^\ e. g. greed, cowardice, courage, shrewdness, and the like, are inherent in the rational
soul or in its lower faculties only, e. in the sensitive and vegetative soul.
i.

Palquera

in

the passage referred to above (page 254, note 2) quotes

divergent views, but

is

himself of the opinion that

all

such

qualities,

and Impulses, originate from the appetitive or sensuous soul (niNnon tySiH), which agrees essentially with
li^Si 1321
the view of Maimonides, Commentary on Abot, II, 1 1
pbn^ isso^ D^D nnan ni'?j;Dti' n^DJsn nsi tynsb \y(^'M^x\ 'w^ ^iuri pisn
as also the natural instincts

Physics,

II, I;

see Zeller, Philosophie der Griechen

(3),

11,2, pp, 331, 3S4, 494;

comp. Kusari, I, 70 "j"]^ and CaSSEL ad loctim.


^ So
also Todros Todrosi in his translation of Averroes' Commentary on
the Poetics of Aristotle (TB'n D ms2) published by Fausto Lasinio, Pisa 1872,
p. 20, last line; comp, my notes in Zeitschrift fr hebr. Bibliogr. VII, 95, with
reference to the passage from Kusari, and Palquera, tfpn (Haag 1779). 23*:
rnnoi rmr^i'' n^an^.

FESTSCHRIFT COHEN

256

nnon nvn^ns p
again

that

dj isijo^

t^Din ^p'?no n-iiynon'.

^b)

Samuel Ibn Tibbon uses throughout

n^'ri^K b^XSS"?, while

Shem Tob

Palquera coins the phrase

ated, as

ZUNZ3

it

to

was

in

in his

this Observation in the style of

recognize him

n'l'pV

numerous works. The


terminology should not be underestim-

nn^^''*, which occurs very frequently

importance of such differences

We notice here
nnOH m'?VD for

Palquera that helped

work

as the author of the encyclopaedic

(MS. in the library of Leiden) which had been previously ascribed by STEINSCHNEIDER and others to Samuel Ibn
Tibbon.
As striking examples of the synonymous use of HTS^ and VlltO
two further passages may be added here. Joseph Ibn-Saddik, D7iy
pp, Breslau 1903, p. 70, top: iDi^D ns; p nn)pb M 1^$: rhn nnN
n pmnty j^::t3"i <Din n^by nsiiti' nyv and Palquera, miDn nmo,
D''B1D"l'?"'n

p. 54:

niJ^T

5nyT

n"?!;!

yntS

nnni.

The word

Arabic ^^sl-^ of Maimonides, Dallat,

means:

iLks,

indoles,

natura

nTil^ Stands here for the

I,

103b, which again,

like

Jioniinis.

Comp. SCHEYER, Das psychologische Syste?n des Maimonides, Frankf. a. M.


p. 104, note 14. The same theory is expounded by Palquera more elaborin numerous passages of his niVjjnn "IBD, edited by VenetiANER, Berlin

1845,

ately

1894; see for instance ib., p. 72.

Comp. Steinschneider, Hebr. bersetzungen, p. 8, note 53 and


especially p. 360, note 751, and ZfhB., VII, 95. Emanuel of Rome, tenth Makama
(ed. Lemberg 1870, p. 78, col. i
1314) has niT'SNT nn3 (nvT'S\n.?).
^

1,

See Hebr.

Comp. Palquera, ni'jJJn, 17: 7m^r\ 1t


The edition has corruptedly n"l"'n'' n^V"?:

who quotes

Bibliogr., IX, 135, Ges. Schriften, III,


"jj?

nSliC

see

277279.

'.

MUNK,

the correct reading from the manuscripts.

Guide.

I,

372,

note

2,

Ein Gratulationsbrief an Maimonides.


Von Israel Friedlaender (New
des Mannes, den
Zu EhrenGemeinschaft
mit gleichem

York).

die philosophische

dische

aus

dem

Welt und

die j-

Stolze den ihrigen nennt, sei

Schutte der Jahrhunderte ein Schriftstck ans Licht ge-

zogen, welches auf die Lebensgeschichte des Maimonides, des groen

Philosophen und Juden, ein interessantes Streiflicht

wirft.

Das

Schrift-

stck, welches sich bei nherer Prfung als ein Gratulationsbrief

an
Maimonides herausstellt, ist aus der Sonderkollektion maimonidischer
Genisahtexte in Cambridge entnommen, zu der ich durch die Liebenswrdigkeit des Herrn Professor

ScHECHTER Zugang

erhielt

und aus

der ich zwei auf Maimonides bezgliche Texte bereits bei frherer

Gelegenheit verffentlicht habe.^

Der vorliegende

einem einzigen auf beiden


Seiten beschriebenen Blatte, welches 24
22 cm gro ist.
Die
oberen und unteren Zeilen sind nur zum Teil erhalten, da die Ecken
weggerissen sind. Bedauerlicher ist es, da der Brief in der Mitte
abbricht und uns ber den Schreiber im Dunkeln lt. Doch geht
aus dem Inhalt deutlich genug hervor, da es ein Schler oder
Jnger des Maimonides war. Eine Vermutung ber dessen Identitt
wird man am Schlu dieser einleitenden Bemerkungen finden.
Was die Veranlassung zu dem Briefe betrifft, so geht aus dem
aus

Brief besteht

Zusammenhang
zu

einem

gerufen

klar hervor,

ehrenvollen

wurde.

aber

Zwei

da

er

zugleich

Ereignisse

durch Maimonides' Ernennung


zeitraubenden

aus

der

Amte

hervor-

Lebensgeschichte

des

Maimonides kommen hierbei in Betracht: seine Anstellung als Hofarzt und seine Ernennung zum Oberhaupt (hebrisch Ngid, arabisch
^

In der Monatsschrift fr Geschichte

(1908) p. 621

ff,

und 53 (1909)

und Wissenschaft des Judentums 52

p. 469ff.

17

FESTSCHRIFT COHEN

258

gyptischen Judenheit'.

der

Ra'is)

entschieden

stnde

fr

die

letztere.

deutet darauf hin, da es sich nicht

um

nung, sondern

wenigstens

heit,

Ehrung
gypten,

eine

in

Doch sprechen mehrere UmDer ganze Ton des Briefes

um

eine individuelle Auszeich-

an der die gesamte Judenein lebhaftes Interesse hatte.


Die
handelt,

groe Freude, die der Briefschreiber ber die glckliche Besetzung


des hohen Postens ausdrckt, ist nur dann recht verstndlich, wenn

Auch liegt es
von allgemeiner jdischer Bedeutung war.
nahe, das im Briefe vorkommende Wort Ri'sa (Oberhoheit, Oberdieser

herrschaft")

in

technischem Sinne

Ra'Iswrde" zu interpretieren,

als

Bedeutung scheint auch die Titulatur Rsch ha-Rschim


Oberhaupt") ^ und der Wunsch, da die gesamte Judenheit mit
einer langen Lebensdauer des Maimonides gesegnet werden mge+,
da der Brief die
hinzuweisen.
Ja, es ist nicht ausgeschlossen,
speziellen Vorgnge, die sich vor Maimonides' Ernennung zum Ngid
Wie wir jetzt aus der der Genisah entabspielten, reflektiert.
stammenden SuttaroUes wissen, hatte vor diesem Zeitpunkt ein
gewissenloser Mann, namens Sutta, auch Sar Schlm genannt, die
Ngidwrde usurpiert und die gyptische Judenheit mit eiserner
Faust beherrscht. Maimonides, der nicht minder Suttas rcksichtsloses Regiment zu fhlen bekam ^, wurde der Retter der gyptischen
Judenheit, indem er, wie sich der Chronist ausdrckt, das Gtzenbild
aus dem Heiligtum entfernte" 7 und nach dem Sturz des Tyrannen

und auf

diese

Da Maimonides Ngid

war, lt sich

kaum

bezweifeln, vgl.

Kaufmann

ZDMG

Bemerkenswert ist es, da


Monatsschrift 41, 463 und in
51, 450.
als solcher bezeichkann,
nirgends
ausdrcklich
urteilen
soweit
ich
Maimonides,

in

net wird, whrend dieser Titel seinem Sohne

Doch wird

in

und von der

findet

nides als bnin

mundi

Abraham

hufig beigelegt wird.

im Besitze E. N. Adlers beBibliothek unseres Seminars eine Kopie besitzt, Maimo-

einer Geschftsurkunde, die sich

1198.

S-in

(In

die

nrs '^-n

na

'^-ha

tituliert.

Das Datum

ist

[4J959

Aera

Marx aufmerksam
nx ,^^5>Kt2DK p ixan

der Urkunde, auf die mich Professor

machte, figurieren auerdem die folgenden Namen: ]Dn^N


Als Ra'is wird Maimonides allgemein
nmn ]3 und dessen Frau mi/N HD.)

von den arabischen

Schriftstellern bezeichnet.

'

Zeile 25, 28, 29.

Zeile

4.

Rsch

Ra'is.

Kaufmann

Vgl.

Monatsschrift 41, 463.

Zeile 15.

Jewish Quarterly Review VIII, 541

JQR V, 421
JQR VIII, 547,

^ S.
7

Suttas,

f.,

in

Kaufmann

Zeile

i.

ff.

Cf.KAHANA

in

Haschiloah XV, 175

ff.

a. a. O.
Ich beziehe den Ausdruck auf die Absetzung

FRIEDLNDER, EIN GRATULATIONSBRIEF AN MAIMONIDES


selber mit der

Ngidwrde bekleidet wurde.

sachen

sich

liee

die

Im Lichte

259

dieser Tat-

Ausdrucksweise

eigentmliche

des Briefnur
der
der
nicht
gyptischen
Judenheit, sondern
',
auch ausdrcklich der Ra'iswrde, die durch den Bsewicht Sutta

schreibers erklren

geschndet worden war, zu ihrem neuen so hervorragenden Trger


gratuliert.
Auch die zitierten Bibelverse, in deren Sprache der
Briefschreiber Gott dafr dankt, da er sein Volk nicht im Stiche
lie

und ihm Maimonides

als

Erlser schickte ^ knnen erst angesichts

denen Maimonides' Ernennung ein Ende


setzte, richtig gewrdigt werden.
Sein Wunsch, da Maimonides
bei Hofe Gunst finden mge 3, zeigt, was ja von jeher bekannt war,
da die Ra'iswrde einen hohen von den Landesherrschern verdieser traurigen Verhltnisse,

Rang

liehenen

reprsentierte.

Wahrscheinlich

zeichnung des Maimonides auf seine Anstellung


das Ergebnis seines

in dieser

folgte
als

diese

Aus-

Hofarzt und war

Eigenschaft bei Hofe neugewonnenen

Einflusses,

Den Kernpunkt
der

anonyme

unseres Textes bildet der Passus, in welchem

Ausdruck gibt, da die


Ttigkeit des Maimonides hinderlich

Briefschreiber der Befrchtung

neue Stellung der literarischen


Auch diese Befrchtung pat vorzglich zur Ngidsein werde*.
wrde, die die religise und gerichtliche Oberhoheit ber smtliche
gyptische Gemeinden involvierte und mit einer Reihe zeitraubender

Funktionen verbunden war 5.

Was

die

geplanten

und

infolge

der

neuen Amtspflichten in ihrer Ausfhrung bedrohten' Werke betrifft^,


so hngt deren nhere Bestimmung von der chronologischen Fixie-

Nach KAUFMANN 7 war Maimonides bereits


im Jahre 1172 mit der Ngidwrde bekleidet. Danach wrde sich
der Briefschreiber auf den Mischne Torah und den More beziehen.
Nach Grtz* dagegen, und diese Zeitansetzung ist aus allgemeinen
Grnden vorzuziehen 9, folgte Maimonides' Ernennung zum Ngid auf
rung der Ernennung

Zeile 28.

Zeile 26 f.

Zeile 16 f.

Zeile 31

5 Cf.

ab.

f.

GrTZ, Geschichte der Juden VI

258.

^ Zeile 32 f.
7

Monatsschrift 41, 215.

^ a. a.
9

Es

Cf. ib. p. 463.

O. 302.

ist

kaum anzunehmen, da Maimonides

bereits 1172, acht Jahre vor

der Vollendung seines Mischne Torah, eine so dominierende ffentliche Rolle


Die anti-karische Verordnung aus dem Jahre 1176 (Monatsschrift 53,

spielte.

17*

FESTSCHRIFT COHEN

260

zum Hofarzt und wrde daher ungefhr

seine Befrderung
II 87

Jahr

sein

als

fallen,

Mischne Torah

bereits vollendet

in

das

war und

der gesamten Diaspora rasch Verbreitung fand. In diesem Falle


wrde der More in erster Linie in Betracht kommen. Wie die ge-

in

samte literarische Ttigkeit des Maimonides sich nach einem festen


methodischen Plane vollzog, so war namentlich der More, wenn
auch in modifizierter Gestalt, bereits am Beginn seiner Laufbahn in
Aussicht genommen'. Die Vorrede zum More lt ziemlich deutlich durchblicken, da sich der Ausfhrung des More Schwierigkeiten entgegengestellt hatten. Es waren, wie Maimonides ausdrcklich

hervorhebt % die mit seinem Lieblingsschler Joseph Ibn 'Aknin

gepflogenen Studien und Gesprche, die in ihm den Entschlu, der


bereits eingeschlummert war, wiedererweckten", und es war die Abreise desselben Ibn 'Aknin, die,

nach Maimonides' eigenem Gestndnis 3,

More nunmehr

ihn dazu bevvog, den

ernstlich in Angriff zu

und ihn dem wissensdurstigen und von

nehmen

religisen Zweifeln geplagten

Jnger kapitelweise zuzusenden 4. Vielleicht darf man aus diesen perder Arbeitslast eines verantwortungsreichen
snlichen Umstnden,
Amtes und der klar erkannten Pflicht seinem Lieblingsschler gegen-

ber,

da

unser

den literarischen Charakter des More ableiten, dessen Disposition an systematischer Abrundung hinter der des Mischne Torah
zurcksteht und die kapitelweise Entstehung an der Stirne trgt.
Diese Tatsachen und berlegungen sind vielleicht aber auch
geeignet, uns auf eine Spur hinzulenken, die zur Identifikation unseres
Anonymus fhrt. Zieht man die oben dargelegten Umstnde in
Erwgung, dann kann man sich kaum des Gedankens erwehren,
Briefschreiber,

der

fr

die

unvollendeten

Werke

des

469 ff.) unterschreibt Maimonides zusammen mit neun anderen als unus inter
pares. Die Worte !?io "jnin 2">n n liinsT n-Tiitri in der von Kaufmann
verffentlichten Kethubba (Monatsschrift 41, 215) knnte man, falls die Urkunde
aus Fostat stammt, darauf beziehen, da Maimonides damals als die oberste religise Autoritt der Stadt Kairo galt. Danach wren meine Bemerkungen Monatsschrift 53, 473 zu berichtigen. Man sieht hieraus wieder einmal, wie sehr die
Lebensdaten des Maimonides einer grndlichen Revision bedrfen.
'

(arabischer Text

MUNK

Kommentar zur Mischna, Einleitung zum Perek Chelek


HOLZER Berlin 1901 p. 24) und andererseits More ed.

Vgl. einerseits den

I,

ed.

s^-

More

Ibidem.

Ibidem.

ed.

Lichtenberg

MuNK
Cf.

II,

I,

2^

MUNK,

31

'^.

Notice sur Joseph ben Jehuda

p.

23 und

Kobez

ed.

FRIEDLNDER, EIN GRATULATIONSBRIEF AN MAIMONIDES


Meisters ein so rhrend liebevolles Interesse an den

201

Tag -legt,

kein

Die schwrmerische, aber


zugleich naive Aufrichtigkeit atmende Sprache und der bei allen
berschwenglichen Hflichkeitsphrasen vertraulich klingende Ton
passen zu keinem besser als zu Joseph Ibn 'Aknin, der mit grenzenloser Liebe und Verehrung an seinem Meister hing und den der
andrer als eben derselbe Ibn 'Aknin

ist.

Meister mit gleichem Stolze seinen Schler nannte'.

Im folgenden gebe

den Brief

ich

Text und bersetzung

in

der letzteren lasse ich die umstndliche Titulatur, die


hebrisch abgefat ist, beiseite und beginne mit Zeile 20, wo der
arabische Text und der eigentliche Inhalt des Briefes beginnt.
wieder.

In

Text.

umi inD
[ii]:i\niD

Ksn

irsysy

3no

in

ip"

irs

'jni

innty'?
'?^-i:o

nn"in

n^n*?

miyn

rmn
nn

D^a'^ti'%1

r^j? ]iDi ^iJi'^

n j;mj

nmn

iii

DDm

D^tyin

mn

^^:i

ip

i:^

nuD

icno

li^tynsi i:^nDi irt^ij:

"lanoi n^tyjsin "lni n^trnpn

n^n y^a,

'ira^n niDj?

nsn moi'

pinn

n^tyn^ ]nii

ty^tasn

pnmn

nan nnn noDnn nipD Q:inon ]7o

"p^^d

[ni]mi np]i iion

nmnn

mo-'

nijy

^^do

.Tt^ini

Tn^ D^imn bin "nnyon t: rm^x ntyn

nmnn

n^'?^^s

ipD vjs^ n^oDn b^) nmj;n

11

So np na nn nn ino nv
ity\T

pnsn pmn

ty-^tasn

niJiii

ti'ti'

nitoo

in'?di

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mn

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Mit der obigen Annahme wrden die uns bekannten Daten aus dem
Leben Ibn 'Aknins vorzglich bereinstimmen. Ibn 'Aknin begab sich nach Kairo
um II 85 (Grtz a. a. O. 299). Er verlie Kairo um 11 86 (ibidem) tmd war 11 87
bereits in Aleppo (MuNK, Notice p. 21). Maimonides' Ernennung zum Ngid
fand also kurz nach Ibn 'Aknins Abreise statt. Unser Brief drfte also von
^

Aleppo aus an Maimonides gerichtet sein.


^ Die Handschrift hat nsn,
doch ist das
schreiber ursprnglich beabsichtigte, war wohl
Vater

der Propheten), das Oberhaupt".


Wohl nosj?3 zu ergnzen.

(sc.
3

So nach Zeile

11 zu schreiben.

3 in

ty

gendert.

Was

D'ty-in t?NT 3t<n r\WQ

der BriefMoses, der

10

202

FESTSCHRIFT COHEN
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Lichtenberg 1, 14*= npn nibnp ''^'?3 "ijoyi


vna. In einem andern an Maimonides gerichteten Brief, der sich
ebenfalls in der Cambridger Sammlung befindet, wird dieselbe Wunschformel
arabisch gebraucht: nn"'nn nnJiriM mge Gott sie (die Gemeinden) mit seinem
^

VD"

Dieselbe Formel in Kobez ed.

ni2'>"iK31

Leben krnen!"
'

Siehe die einleitenden Bemerkungen.

Statt

DiS-'D.

Jeremia

Als erstes

23, 6.

Wort

ist

ohne Zweifel

r\i(p2

,,

seine Lebensdauer" zu ergnzen.

Nur Raum fr ein Wort. Etwa [npc'Jyi und seine Liebe"


Der Zusammenhang erfordert ein Wort wie xnmijn.
Ich ergnze

[nan]!*?!.

zu ergnzen.

Siehe die bersetzung und die einleitenden Be-

merkungen,
'

^.

" Psalm

"
*3

Vgl.

94, 14.

Ruth

S "^

^^^^Jj)^^,

4,14.
*

Lob

II

rnit

dem Akkusativ

der Person und

.Jemand zu etwas gratulieren".


'* Der Wrde, d. h. der Ra'iswrde.
^5 Beachte den Dual.
Siehe die bersetzung.

<

]o*d 20

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D^p^"i

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in"':j^i

15

der Sache

25

FRIEDLNDER, EIN GRATULATIONSBRIEF AN MAIMONIDES

-^bi^Vn n'?'?ss

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4^^^^ -j^n^

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263

''[n]b[i^]

iTs

tj oi m^t

35

ipi

bersetzung.

Mge

2. 2o

Gott [seine Lebensdauer] ver-

lngern
21

des groen Lehrers.

Mge Er ihm

23

24

Ruhm

begrnden
Gott der Allmchtige kennt die starke Sehnsucht Ihres Dieners
nach Ihrer hohen Person 7, [seine Liebe?],
wie auch seinen Schmerz ber sein Fernbleiben von Ihrer Gesellschaft, vom Verweilen in Ihrer Gegenwart und vom Anhren
Ihrer hochehrwrdigen Person, Als ich vernahm, was Gott der
Allmchtige der (jdischen) Nation an Glckseligkeit und der

immerdar gewhren und seinen

22

Ehre, Hilfe und Wohltaten


fest

VV[rde]8
25

der Oberhoheit 9 an Auszeichnung durch die Ernennung Ihrer


mge
hohen Person, unseres Meisters, des groen Lehrers,

Ruhm

hoch und seine Ehre erhaben sein!


verliehen hatte, da war meine Freude und mein Jubel darber
sehr gro und ich sprach: ,denn der Herr wird sein Volk nicht
verstoen, noch sein Besitztum preisgeben'.
Ich dankte Gott dem Allmchtigen und ich sprach: ,Gepriesen
sein

26

27

Lediglich Spuren. Mglich

ist

auch,

gem dem

mittelarabischen Sprach-

gebrauch, n"? zu lesen.


^

Vor np

Richtig wre

scheint ein

zu stehen, das ich jedoch nicht deuten kann.

i<r\'by.

iXJi*.
'---

s.

5 L^gj_>l.

6 II
7

Samuel

19,20.

So bersetze

Die Suffixe

Titulatur gebraucht wird.

Femininum

Anrede an hochgestellte Personen als


werden infolgedessen berwiegend im

ich rnsn, das in der

gebraucht.

Anm.

Siehe

rijsa (richtiger ri'sa).

S. 262,

des Ra'is bedeuten.

9.

In technischem Sinne knnte dies die

S. die einleitenden

Bemerkungen.

Wrde

FESTSCHRIFT COHEN

264
sei

der Herr, der seinem Volke Israel einen Erlser nicht ver

sagt hat'.
Und was mich betrifft,
28 so gratuliere ich der (jdischen) Gemeinschaft und der
zu

der Ehrung,

die Gott in

Wrde

seiner Gte ihnen beiden^ durch

die Oberhoheit^
29 Ihrer

hohen Person hat zukommen

lassen.

Denn^

Wrde und

heit Ihrer Stellung, Ihre ehrenreiche

die

Erhaben-

Ihre angeborene

Oberhoheit stehen bei mir


30

31

meiner Seele an jedem Orte und zu jeder Zeit auf derselben Stufe, und nichts Neues ist bei mir zu der Ehrung
Ihrer hohen Person hinzugekommen, als was schon immer in

und

in

meiner Seele gewesen war.

33

aber wei

ich,

da nichts

hohen Person hinzugekommen ist


als die Ablenkung Ihrer Aufmerksamkeit von den der (jdischen)
Gemeinschaft so ersprielichen Werken und Schriften,
die (zu verfassen) Ihre hohe Person bereits beschlossen hat,
und ich bin davon uerst schmerzlich berhrt. Mge Gott

Neues

32

Wohl

bei Ihrer

der Allmchtige

Ihretwegen

34

(?)

das

bel

,Und mge
Verschuldung anrechnen !'5

sucht

(beseitigen?).

trifft,

so

ist

36

D.

h.

D.

h,

Schaden

mir mein Herr nicht

als

Was

der Ra'Iswrde, dem Ra'isamt.


sowohl der Judenheit als auch der Ra'Iswrde.

Vgl. S. 263,

Zu

es

der Ihren

nun andere Dinge bemir Ihr erhabener Befehl zugegangen


Und ich habe bereits gefunden, zusammen mit
Verdienst(?).

35

dessen,

Anm.

9.

ist
etwa: ,,Ich gratuliere nicht Ihnen persnlich".
Maimonides' eigene Person kann nicht mehr hher gestellt werden.
5 Dies bezieht sich wohl auf die Offenherzigkeit, mit der der Briefschreiber
die Folgen der maimonidischen Ernennung beurteilt.

subintelligieren

Antikarische

Polemik

in

Sa'adiahs Religions-

philosophie.

Von Hartwig Hirschfeld -London.


den von mir

Unter
Kitb
da

al

die

Sa'adiah-Fragmenten befindet

den Titel "On the traditional Laws"


Nachtrglich fand ich, da das betreffende Stck dem
Amnt angehrte*. Nun unterliegt es keinem Zweifel,

sich eines,

beilegte \

verfifentlichten

welchem

ich

oben erwhnte angebliche Abhandlung das Traditionsgesetz

da die Worte n'^V^o'?^ y\S"HJ'^ zweimal in


derselben vorkommen. Die Existenz eines Aufsatzes Sa'adiah's mit
diesem oder hnlichem Titel ist aber lngst mit Recht vermutet

zum Gegenstande

hat,

worden, nur konnte

man

ber den Titel nicht ins Reine

kommen 3.

Die verschiedenen Angaben ber diesen Gegenstand sind von PozNANSKI zusammengestellt worden, wobei es allerdings zweifelhaft
blieb, ob jenes Werk, der Ansicht Bachers zufolge mit dem IsTtb
al

Amnt

identisch,

oder aber, wie

MUNK

meinte,

ein

selbstn-

diges Gesetzeskopendium darstellte*.

Der

richtige Titel scheint in

einem anderen,

gleichfalls

verffentlichten Sa'adiah-Fragment seines arabischen

Exodus

enthalten zu sein und lautet n^^DD^

von mir

Kommentars

V^^ni:''? ^

DS^p^N

zu

"pStan

Abweisung der Spekulation in Sachen der Traditionsgesetze" 5, Die


irrtmliche Fassung des Titels in frheren Erwhnungen rhrte daher, da die handschriftlichen Quellen es zweifelhaft lieen, ob man
DS^p"? oder DS''p'?S lesen sollte.
Meine Meinung geht nun dahin,
da Sa'adiah wirklich eine Abhandlung mit dem genannten Titel
^

3
4
5

Jew. Quart. Rev. XVII, p. 721 sqq.


Ibid. Oct. 1905 p. 146.

See Poznanski ibid. X p. 259.


Ibid. Ein y'Knc'? 2Sn3 wird auch von
JQR XVIII, p. 607.

Neubauer

in

JQR

VI, 705 erwhnt.

266

FESTSCHRIFT COHEN

verfat, sie aber spter

dem

greren

Werke

einverleibt

und ihm im

ber Gebot und Verbot" handelnden Kapitel einen nicht


unpassenden Platz angewiesen habe.
dritten,

habe bei einer frheren Gelegenheit' die Ansicht ausgesprochen, da eine mechanische Einteilung von Sa'adiahs Schriften
in exegetische, halachische, polemische und philosophische^ untunlich ist. Es scheint mir vielmehr, da sie smtlich einen einheitlichen
Plan verfolgen, nmlich die Bekmpfung des Karaismus 3. Hauptschlich zu diesem Zwecke und zur Belehrung seiner rabbanitischen
Brder hat er die Bibel bersetzt und erklrt, und auch sein philoIch

Werk

sophisches

bungen

ein.

man den

reiht

Um

sich,

wie sich zeigen wird,

in diese Bestre-

seine wissenschaftliche Ttigkeit zu verstehen,

mu

Einflu des Karaismus

im zehnten Jahrhundert richtig erfassen. Derselbe war hauptschlich den breiteren Massen der jdischen
Bevlkerung in islamischen Lndern gefhrlich. Es war die religise
Erziehung derselben, welche Sa'adiah sich zur Lebensaufgabe gemacht
hatte.

Daraus ergibt

dem

nicht

da das Kitb

al

Amnt

bloen Bedrfnis Sa'adiahs seine Stellung

markieren

Die

sich,

sondern

verdankt,

Verhltnisse

erforderten

sich
fr

sein

Dasein

zum Kalm

zu

seinen Gesamtplan einreiht.

in

rabbanitische

Leserkreise

einen

sicheren Fhrer durch die wirren Pfade der spekulativen Theologie.

Ein solcher war auch


die

fr die Minoritt

Werke der arabischen Theologen

der Gebildeten, die sich

in

erwnscht.

vertiefen konnten,

Dies widerspricht der oben ausgesprochenen Ansicht nicht, da die

Karer bekanntlich den mutazilitischen Kalm adoptiert hatten.


Zu den schwersten Bedenken, die Sa'adiah in den Lehren der

JQR

XVII,

p. 714.

Steinschneider, Die arabische Literatur der Juden

Umstand

p.

48 sqq.

von Frheren unbeachtet gebheben. Schmiedl,


Studien p. 165 erwhnt nur, da S. die Karer als Anhnger der Lehre der
Seelenwanderung bekmpft.
Guttmann, Die Rel.-Phil. des S. p. 30 Anm.
findet, da S. sonst den Karaismus in diesem Buche nicht bercksichtigt, hegt
daran, da er sich in den religisen Grundwahrheiten mit ihm auf demselben
3

Dieser

ist

Boden

wei, der Hauptdifferenzpunkt aber, die Autoritt der

es sich,

mndhchen Lehre,

diesem Buche berhaupt nicht errtert.


Ibid. p. 102. So erklrt
da S. in unserem Buche jede Polemik
auch gegen den Karaismus

wird von

S. in

Neumark, Gesch. d. jd. Philosophie


den Ausdruck NiOV jO mp (ed. Landauer III p. 128)
unterlt.

(gegen Ideenlehre und Atomistik). Das


karischer Polemik kein Wort.

ist

des Mittelal.
auf Karer

I,

449 bezieht

und Rabbaniten

nicht unmglich, aber sonst von anti-

HIRSCHFELD, ANTIKARISCHE POLEMIK IN SA'aDIAHS RELIGIONSPHILOS. 26/

Karer finden mute, gehrte ihre Auffassung der Prophetie. Whrend


die Propheten fr Saadiah die Vermittler des mndlichen Gesetzes
darstellten, sahen die Karer ihre Aufgabe in ganz anderem Lichte.
Dies geht klar hervor aus einer Stelle in jEFETHs Einleitung zu
seinem Kommentar zu Hosea, woselbst er die Wirksamkeit, oder wie
er es ausdrckt, den Nutzen" des Propheten in folgende acht
Punkte zusammenfat. Ich teile die Stelle in bersetzung mit:'
Erstens: Belehrung des Volkes auf mndlichem Wege ber

Gebote und Verbote, in Anlehnung an die spekulativen Gesetze, um


fr diese und jene Welt vollstndigen Nutzen zu ziehen (Deut
6,

2425).

Zweitens: Gott wirkte durch die Propheten Zeichen und


Wunder. Dies beruht auf drei Grundstzen: i. Besttigung der
prophetischen Aussprche, durch welche die Macht Gottes natrliche Vorgnge zu verndern sowie da auer ihm kein anderer
Lenker seiner Welt vorhanden ist, bewiesen wird. 2. Besttigung der
Prophezeiungen durch dieselbe Belehrung, welche Gott uns durch
das Wort Mosis hat zukommen lassen (Exod 4, i). Gott versah
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FESTSCHRIET COHEN

268

nach deren Ausfhrung das Volk ihn als wirklichen Gesandten ansah (Exod 4, 30
31). 3. Die Propheten wurden
durch die von ihnen in schweren Zeiten bewirkten Wunder ausgezeichnet, wie durch Josua geschah, als er Sonne und Mond zum
ihn mit drei Zeichen,

Feinde niedergemetzelt hatten


CJosua 10, 13). hnliche Wunder geschahen auch durch Elia und
Dies sind drei Grundstze, welche den Nutzen von WunderElisa,

Stillstand brachte, bis die Israeliten ihre

Volk darstellen.
Drittens: Die Sendung von Propheten dient dazu, die Snder
um Gottes Vergebung zu gewinnen
zur Umkehr zu ermahnen,
(2 Kn 17, 13). Jedes Prophetenbuch enthlt bekanntermaen Strafreden und Ermahnungen und Rckruf des Volkes zum Glauben und
zur Umkehr, worauf des weiteren einzugehen uns zu weit fhren
taten fr das

wrde.

haben fr das Volk zu beten, um Gottes Zorn


von demselben abzuwenden, wie aus der Geschichte Moses, Arons,
Samuels und der brigen Propheten bekannt ist.
Fnftens: Sie haben die Menschheit ber die Zeitlufte zu belehren und zu warnen. Viele von denselben hoffen auf die gttlichen
Verheiungen, frchten Drohungen und lassen ab von Unglauben
und beltaten.
Sechstens: Sie geben aus den Ereignissen verschiedener Zeiten
Kenntnis von dem v/as geschehen soll, damit die Menschheit an
Gottes Werke sowohl als an seine Propheten glauben soll (Is 48, 35).
Siebentens: Befestigung der von Propheten entblten Exulanten im Glauben, wenn diese die Schriften der Propheten lesen
und aus denselben die Geschichte der frheren und spteren Ereig-

Viertens:

Sie

nisse lernen.

Achtens:

Exulanten ber die whrend des


Gott
Exils sich ereignenden Vorkommnisse (Ps 94, 19; 71, 20
21).
hat dieser acht Ntzlichkeiten wegen seine Propheten zu seinem
Sie

trsten

die

Volke geschickt.

Was

da die
rabbinische Auffassung einer der Hauptaufgaben der Propheten sorgfltig vermieden, und selbst der im ersten Punkte vernehmbare
Anklang an dieselbe durch Heranziehung der freien Spekulation
abgeschwcht wird. Wie scharf hier der grundstzliche Gegensatz
in

diesen Ausfhrungen hauptschlich

beider Sekten zu

Tage

tritt,

auffllt,

ist

zeigt sich aus der folgenden Saadiah-

nischen Erluterung der Prophetensendung, und es verdient hervor-

gehoben zu werden, da dieselbe

in

dem Eingangs

dieser Studie

HIRSCHFELD, ANTIKARISCHE POLEMIK IN Sa'aDIAHS RELIGIONSPHILOS. 269

enthaltenen

Abschnitte

des

AI Amnt

K.

enthalten

ist

Die

Stelle lautet:^

Da

des

Teile

nmlich

Gesetzes,

mu

spreche,

Bemerkungen ber die beiden


der spekulativen und traditionellen

ich gerade diese allgemeinen

ich auseinandersetzen, worin die

Sendung von Propheten

besteht.

Notwendigkeit

der

Ich habe nmlich gehrt, da es

welche behaupten eine Notwendigkeit fr Propheten sei


nicht vorhanden, da ihr eigener Verstand sie befhige Gutes und
Bses zu unterscheiden. Bestrebt die Wahrheit zu suchen fand ich,
da, wre die Sache wie sie behaupten, der Schpfer ja am besten

Leute

gibt,

wei und er wrde keine Propheten entsandt haben. Vollbringt er


ja doch nichts zweckloses. Bei weiterem Nachdenken fand ich, da

Menschheit der Propheten durchaus bedarf, nicht nur wegen


des Unterrichts in der mndlichen, sondern auch wegen der spekuDenn die Bettigung der letztgenannten kann nur
lativen Lehre.
dann vollkommen werden, wenn die Menschen von Propheten andie

Zum

Beweise diene, da die Vernunft Dankbarkeit


gegen Gott fr seine Wohltaten vorschreibt, ohne dieselbe jedoch
in bezug auf Ausdruck, Zeit und Form nher definiert zu haben.
Eine solche Definition zu geben bedurfte es der Propheten, welche
geleitet

werden.

Gebet nannten und ber seine Tagesstunden, seinen WortCharakter und Zweck besondere Bestimmungen trafen. Ferner

dieselbe
laut,

Es fehlt aber an einer Definition in


Mannes Ehegattin wird, ob diese

verbietet die Vernunft Ehebruch.

welcher Weise ein Weib eines


lediglich durch einen Spruch, oder Geld, oder den eigenen Willen
oder den ihres Vaters, durch zwei oder zehn Zeugen, oder smt-

Einwohner der

liche

Stadt, oder

irgendein Zeichen,

Da kamen

oder Beschrei-

Propheten mit MorgenEin anderer Beweis ist, da die


gabe, Ehebrief und zwei Zeugen".
Vernunft Diebstahl verbietet, ohne zu erklren in welcher Weise ein
Mensch eigenen Besitz erwirbt, ob durch Arbeit, oder Handel, oder
Erbschaft, oder Herrenlosigkeit, wie durch Jagd zu Land oder zu
Wasser, oder durch Kauf fr Geld, oder durch Besitzergreifung oder

bung

ihrer

Person geschieht.

die

durch ein Wort. Da sind noch allerhand lange und breite


Zweifel in diesem Kapitel, welche die Propheten durch endgiltige
Entscheidung beseitigen. Hierher gehrt ferner die Bestimmung des
Schadenersatzes. Vernunft erfordert ja, da jeder der irgendwelchen
lediglich

Schaden angerichtet
^

AI Amnt ed.

hat, dafr

LANDAUER

aufkomme.

p. 118.

Sie hat aber keine Richt-

FESTSCHRIFT COHEN

2/0

ob diese durch ZurechUveisung allein, oder von


Beschimpfung begleitet, oder durch Geilielung geshnt werden solle.
Ist Geielung verhngt worden, mu das Ma derselben bestimmt
werden. Dasselbe ist mit Zurechtweisung und Beschimpfung der
Fall, es mte denn sein, da nichts als Todesstrafe zufriedenstellend ist. [Es ist auch die Frage] ob das Strafma aller Schadenschnr gegeben,

oder

gleich,

stifter

in

verschiedenen

Fllen

verschieden

ist.

Da

Propheten mit angemessenen Bestimmungen, haben einige


Klassen zusammengestellt und anderen Geldshne auferlegt. Wegen
dieser hier aufgezhlten und hnlicher Dinge brauchen wir Propheten.
Denn wren wir auf unsere eigenen Meinungen angewiesen gewesen,

kamen

die

auseinandergegangen und htten ber nichts berEndlich aber brauchen wir sie fr die traditionellen

dieselben wren

eingestimmt.

Gesetze, wie ich auseinandergesetzt habe".

Auf

diese

Einleitung

Auseinandersetzungen

des Werkes, woselbst

er

weist
die

der Verfasser

in

der

wahrhafte berlieferung"

an sich wahrscheinlich, da diese Einleitung geschrieben wurde, nachdem das


Material des Buches gesammelt und geordnet war. Den mglichen
als

vierte

Erkenntnisquelle bezeichnet', hin.

Es

ist

Einwurf, da metaphysische Spekulation von den Weisen als uner-

wnscht dargestellt worden sei, beantwortet er mit dem Hinweise


auf den Ausspruch eines Propheten (Jes40, 2I)^ Die Weisen, sagt
er, haben jedoch verboten die Bcher der Propheten bei Seite zu setzen
und an individueller Meinung festzuhalten, was wohl zu richtigen'
aber auch zu falschen Schlufolgerungen fhren kann. Der Zweck
des Werkes sei einerseits um ber das was wir von der propheberlieferung

tischen

wissen,

Klarheit

zu

gewinnen,

andererseits

jedermann widerlegen zu knnen, der gegen uns in irgendeinem


Punkte unseres Glaubens polemisiert. Hat ja Gott uns fr alles
wessen wir in Dingen der Religion brauchen, durch seine Propheten
belehrt.

'

Ibid. p. 14.

Ibid. p. 21.

Ibid. p. 22.

ber

die

Minim

von Sepphoris

und Tiberias im

zweiten und dritten Jahrhundert.

Von

Unsere

A. Bchler, London.

Kenntnis des Lebens und Treibens der Juden Palstinas

im zweiten Jahrhundert

ist

noch immer keine ausreichende, wie es

bei der Eigenart unserer Quellen

kaum

Bestand des von R. Johanan


Jamnia vom Jahre 70 bis 135

Zakkai gegrndeten Lehrhauses

b.

anders zu erwarten

ist.

Der
in

im Talmud und Midras


wohl keine zusammenhngende Geschichte, aber doch betrchtliche
Bruchstcke eines Bildes vom religisen und wirtschaftlichen Leben
Die Verlegung des
in Juda whrend des genannten Zeitraumes.
Lehrhauses von Jamnia nach Galila und dessen Bestand von 136
bis ungefhr 400 in Usa, STar am, Sepphoris und Tiberias gewhren
erhielt fr uns

Leben verschiedener Volksschichten der galilischen


Juden, indem Halacha und Haggada das stndige und wechselnde
Handeln und Denken von Juden und NichtJuden in gelegentlichen
Bemerkungen beleuchten. In diesen Bruchstcken werden einigemal,
wie wohl bekannt, Minim (D"'i"', ]^0) vorgefhrt, teils religise Fragen
Einblicke in das

mit jdischen Lehrern errternd,

teils

als

von diesen

in ihren Bibel-

und Gesetzeserklrungen im Lehrhause widerlegt. Seit Grtz' grundlegender Arbeit, Gnostizismus und Judentum, sind die Minim wiederholt und eingehend behandelt worden, und es gibt kaum eine auf
sie bezgliche Talmud- oder Midrastelle, die den Forschern entgangen wre. Aber merkwrdigerweise ist in diesen Untersuchungen
die Frage nach Zeit und Ort als nebenschlich wenig beachtet
worden, und Nachrichten, die durch Entfernungen und Jahrhunderte
Mgen
getrennt sind, wurden als Zge eines Bildes verwendet.
auch Angriffe auf das Judentum sich durch Jahrhunderte wiederholt
haben, es ist von vornherein nicht wahrscheinlich, da sie gleiche
Zustnde widerspiegeln. Hier wird der Versuch gemacht werden,

FESTSCHRIFT COHEN

272
Stellen der

Agada

zu besprechen, die sich auf die

Minim des zweiten

Sepphoris und Tiberias beziehen. Die


Begrenzung, zeitlich und rtlich, ist einerseits durch den erhaltenen,
sicher datierbaren Stoff geraten, andererseits aus Rcksicht auf die

und

dritten Jahrhunderts in

damals vorhandenen griechischen und heidnischen Elemente in Galila


und auf das Christentum besonders wichtig.
Es werden aber hier nicht die ausgesprochenen Anhnger der
Lehre Jesu behandelt werden, wie Jacob aus K'far S'khanja, den
R. Eliezer b. Hyrkanos vor 135 in Sepphoris traf und von dem er
mro b^ 12"I, eine nicht als minisch erkennbare halachische Erklrung hrte.

In Sepphoris, das vielleicht der Mittelpunkt seiner Lehr-

oder im Bezirke dieser Stadt sollte er den Neffen des


R. Ismael, ben-Dama, heilen, wurde aber von R. Ismael daran verhinderte Auch sollen hier die in Tiberias und Sepphoris als Zauberer
ttigkeit war,

auftretenden Minima nicht weiter beachtet werden, und es sei nur

da einer derselben R. Eliezer b. Hyrkanos,


R. Josua b. yananja und R. Akiba im ffentlichen Bade von Tiberias
festbannt und den See teilt, von R. Josua aber selber unbeweglich
gemacht wird. ber ein Jahrhundert spter sieht R. Jannai in den
Straen von Sepphoris, wie ein von einem Min in die Luft geworfener

beilufig

erwhnt,

Kalb niederfllt; und ungefhr ein Jahrhundert spter sieht


R. yinena b. IJananja in nsi:i von Sepphoris einen von einem Min
in die Luft geworfenen Schdel gleichfalls als Kalb zurckfallen,
was sein Vater als Schwindel bezeichnet. Obwohl bekannt ist<, da
Stein als

Astrologie und Wahrsagerei bei den Ebionern heimisch waren, ist


es fraglich, ob die eben genannten Minim Christen waren und demselben Kreise in Sepphoris angehrten, wie der Wunderheiler Jacob

aus K'far S'khanja.

Auch

wird hier kein Versuch gemacht werden,

das noch immer rtselhafte Wort ]"" zu erklren. Denn einerseits


zeigt der Gebrauch desselben vor dem Jahre 135, da es hretische

Baraitha in 'Aboda zara 16 b, To. HuUin

Revue des Etudes Juives XXXVIII,


die Christen 21
^

I, 9.

In Gittin 6b, jer.

I, i,

43 c 10,

nher Sepphoris

als

Akko

Synh. VII, 13, 25

II, 22, jer.

To.

Scheidebrief vor R. Ismael, und R.

liche

I,

Ilai

r.

1,8,

Bacher

Jesus, die Hretiker

in

und

'Aboda zara II,2,4od

3 bringt ein

Mann

73,

Kohel.

r.

aus K'far Sasai einen

macht diesen aufmerksam, da der Ort

ist.

21 61. BERGMANN,

und gnostische Zauberer.


HiLGENFELD, Ketzergeschichte

StraCK,

Kohel.

ff.

'Aboda zara 27b, To. Hullin

3 jer.

1899, 42,

II 24,

434.

Apologetik

35,

nennt

sie christ-

BCHLER, BER DIE MINIM VON SEPPHORIS UND TIBERIAS USW.

2/3

Juden bezeichnete; und auch der Satz R. Johanans vor 279, da


Israel erst in Verbannung ging, als es zu 24 Gruppen von Minim
geworden war% setzt das Vorhandensein jdisch-hretischer Schulen
zur Zeit desselben Lehrers voraus.
Andererseits wird diese Untersuchung zeigen, da in Galila im zweiten und dritten Jahrhundert
Min in erster Reihe auerjdische Sektirer bezeichnet und auch
R. Johanan

anderen Stellen von solchen allein spricht; dagegen


kaum ein Satz zu finden ist, worin der Min mit einiger Wahrscheinlichkeit als Jude erwiesen werden knnte, so da der angefhrte
Ausspruch R. Johanans nicht weiter belegt werden kann^
in

Zwei bekannte, sehr lehrreiche Midrastellen in Koheleth rabba


bezeugen zunchst das Vorhandensein von Minim in Galila. Zu
I, 8 wird dort berichtet, da Hanina, der Neffe des R. Josua b. Hananja,
nach K'far Nahum ging und dort von Minim betrt wurde, am
Sabbat zu reiten. Ob der Bericht tendenzis und unwahr ist, oder
unsere Frage gleichgltig; er lehrt jedenfalls zwei Tatda im ersten Drittel des zweiten Jahrhunderts, als Hananja

nicht, ist fr

sachen

in Galila

lebte,

in

K'far

Nahum Minim

lebten und

da irgendein
Lehrer, hier Hananja, zu diesen Antinomisten in Beziehungen stand.
Das besttigt auch die Zusammenstellung des R. Issi aus Caesarea zu
7, 26 von Lehrern, die der Snde des nii" in die Hnde geraten
unter anderen PJananja, Neffe des R. Josua, der sich rettete,
whrend die Leute von K'far Nahum gefangen blieben. Dieser Ort
sind,

am

Westufer des Tiberiassees^ in Galila; und die Sekte der


Minim bestand hier noch nach mehr als hundert Jahren, da ein

lag

Schler R. Jonathans, wahrscheinlich des aus Sepphoris bekannten


Lehrers dieses Namens, zu ihnen floh, wie die angefhrten Stellen
erzhlen.

Diese nennen ferner R. Jehuda

der Minim gut beantwortete.


als

dem

R. yijja mit

hause

in

Sepphoris

Patriarchen verkehrte, gehrte er

um

mit standen Lehrer in

Da

Nakosa, der viele Fragen


er Schler des R. Jehuda I war%
b.

200

dem

Lehr-

wie etwas spter R. Jonathan. SoGalilas zwischen 100 und 250 in Beziehungen
an,

Synh. X, 290,57.
Er spricht in Synh. 38 b vom jdischen onipsK, mit dem man sich in keine
Errterung einlassen soll, da eine solche ihn zu noch grerer Hresie fhrt
5 Siehe S. Klein in ZDPV, 1912, 4ofif.
^

jer.

Baba kamma

Wo Hananja gelebt hat,

er

dem Lehrhause

R.

Gamaliel eine

81 b, bathra 71a.

nicht bekannt. Aber nichts spricht dafr, da


Jamnia angehrt hat. Da R. Jode der Galiler dem
Entscheidung Hananjas meldet (Nidda 24 b, s. Hyman,
ist

in

18

L-^

FESTSCHRIFT COHEN

274

Minim in K'far Nahum, welche am einfachsten daraus zu erklren


sind, da in Sepphoris selbst Minim lebten, die die Lehrer beeinfluten und sie auf K'far Nahum hinwiesen. Ob sie gnostische Juden
oder Christen, ob sie Juden- oder Heidenchristen waren, lt sich
Die charakteristischen
aus den kurzen Berichten nicht ersehen.
Einzelheiten der Schilderung von R. Jonathans Besuch bei den Minim
(Kohel r. i, 8 4) sind noch immer zu dunkel, um die Frage nach
ZU

der einen oder der andern Seite zu entscheiden'.

Als die Lehrer von Jamnia nach Galila wanderten, fanden

sie

und mehrere Stellen im Midras weisen auf solche in


Sepphoris hin. Zunchst sei R. Jose b. Halaftha genannt, der in
Sepphoris wohnte und mit einem Min die Auferstehung der Toten
errterte (Genes r. 14, 7, Midr. -^ 2, 9).
R. Josua b. Karha, dessen
Wohnort in Galila nirgends erwhnt wird, der aber hchstwahrscheinlich in Sepphoris lebte ^, warnte eindringlich vor den Minim
und vor Verkehr mit denselben, der auf Abwege fhrt \ Er knnte
hierbei an antinomistische Lehrer hnlich denen in K'far Nahum
gedacht haben, die in Sepphoris lehrten.
Ein Zeitgenosse des
Patriarchen R. Jehuda I, R. Simon b. Menaja, sagte"*: Trinke vom
Wasser deines Schpfers und nicht trbes Wasser, damit du nicht
den Worten der Minim folgest s. Was er mit trbem Wasser meinte,
hier Minim;

cxan nnbin 503 a) und R. Joe b. Halaftha als einziger in seinem Namen tradirt
(To. Pea III, 5), hat er in Galila gelebt.
Siehe M. Friedlnder, Der vorchristl. jd. Gnosticismus 71, der an
^

Ophiten denkt.
^ Er besuchte R. Johanan b. Nuri, der erst in Sepphoris und dann unweit
davon in li''3J: wohnte (jer. Kil'aj. IV, 29b 30; 'Erub. I, 19c 18; Sukka I, 52a 43;
b.'Erub. IIb) und der nach den Angaben des R. JoPoe (To. Ma^aser seni I, 13;
Baba bathra II, lO; Kelim 2, I, 5; 'Ahil. V, 8) seinen Vater R. Halaftha
in Sepphoris
besuchte (vgl. auch To. Kelim 3, 11,2; Sebi'ith IV, 13; Megilla II, 4).
R, Josua und R. Joe wird derselbe Satz zugeschrieben (To. Synh. XIV, 6), und

R. Jehuda der Patriarch suchte R. Josua b. Karha auf (Megilla 28 a; Midr. 'A 92, 15),
als er seinen Wohnsitz nach Sepphoris verlegte.
3 II. Rezension 'Abth R. Nathan III, 7a zu Prov.
5, 5: '3"i ,l3"n n'^Vj; pmn

wahrscheinlich

nx y\n b) n"':"'on ^sn ihn b\ff mK"? D"'nai .n^yn im sb n y nois nmp p jjB^in"
onnan n y\ ''3\s ^bm ^m^ "'S by i^x 'is nitaa ,nn^ -\n ,nn"'a'j>03 b^::in "jc on-'nm
DiTB^Vi bBDX sbl. In I. Rezension II, 7 a. b. anonym und mit einigen Varianten.
4 Sifre Deut 48, p. 84a zu Prov 5, 15: b^i ^xin b\v D-ttO nnt ,T>'i3 D" nnty
wy "nm nj; "i^ni nmaj? nrurn.
5 Vgl. dieselbe Gegenberstellung aus viel spterer Zeit in Kohel r. 2,1:
niv -iDna nou ,niy "'ima hdski min 'imn nojx naoaxi nsoix -in onas -an
.

min

"nan^.

BCHLER, BER DIE MINIM VON SEPPHORIS UND TIBERIAS USW.

2/5

nicht klar; vielleicht nichtjdische, philosophische Lehren, wie sie

ist

mehrere Lehrer in Jamnia mit groem Eifer sich aneigneten und sie
als Auslegungen von Genes i und Ezech i auch in Galila gepflegt
wurden und, wie der Fall Elisa b. 'Abujas zeigte, zu gefhrlichen
Irrlehren fhren konnten.

Nun

wissen wir, da R. Simon

b, Menaja
Fragen errterte (Bes 26*) und diesen
Patriarchen und dessen Shne als von Gott ausgezeichnet rhmte
('Abth VI, 9, jer. Synh. XI, 4, 30=^ 55); er gehrte sonach dem
Kreise des Patriarchen an, und zwar, da dieser schon erwachsene
Shne hatte, der Zeit des Lehrhauses in Sepphoris. Im selben

mit R. Jehuda

gesetzliche

Kreise finden wir R. Ismael

b.

R. Joe, des Sepphorensers, Fragen

von Minim beantworten', welche unten besprochen werden sollen.


Der Patriarch selbst hatte ebenfalls religise Fragen mit Minim zu
errtern (Hll. 87
In

bereiteten.

mehrere

die ihm,

*),

der

ersten

Sepphoris

wie wir sehen werden,

Hlfte

ansssige

des

viel

Verdru

dritten Jahrhunderts

Amorer Minim

hatten

bekmpfen.
R. Jannai und R. Jonathan saen einmal beisammen; da kam ein
Min und befragte sie ber den Widerspruch betreffs Rachels Grab
in Genes 35, 19 und I Sam 10, 2, und R. Jannai forderte R.Jonathan
in

zu

Frage zu beantworten ^ Hier, wie in mehreren anderen


Fllen, weisen Minim Widersprche in der Bibel nach, um zu zeigen,
da diese nicht gttlich sein knne. R. Jonathan sagt (Genes r. ^^
48, 6), da "Jin in der Bibel immer m:"'0 bedeute, am deutlichsten
die

auf,

in

Obwohl

in dieser Bibelstelle weder Juden-, noch


Heidenchristen, weder Ophiten, noch andere Gnostiker gemeint sein
knnen, sondern nur Juden, denen R. Jonathan einen Charakterzug

Jes

33, 14.

der Minim seiner Zeit und

noch

da

Umgebung

zuschrieb,

so folgt daraus

Minim R. Jonathans ausschlielich Juden waren.


Und ein anderer Satz desselben Lehrers und die Stze seines Freundes
R. Hanina aus Sepphoris werden es deudich machen, wo die Minim
in

nicht,

die

dieser Stadt hauptschlich zu suchen sind.

In Tiberias,

wo im

zweiten Jahrhundert mehrere Lehrer wohnten,

bezeugen nur wenige Nachrichten das Vorhandensein von Minim.


Zwar lebte dort der Apostat Elisa b. 'Abuja (jer. IJagiga 11 yj^);
Synh. 38b unten.

"

r.

14 legt

I, I,

stellt

ihm

ein

In Berakh. 50 b, jer.

Min

Ma aser

seni IV,

9,

55 b 58, Threni

Trume behufs Deutung vor und R. Ismael


Blutschande des Mannes fest. Goldfahn in

seine

aus denselben greuclhafte

XIX, 169 ff. hlt diesen fr einen Gnostiker.


Midr. Samuel XIV, 6 nsj nn, vgl. auch Samuel ibn

Grtz' Monatsschrift 1870,


*

m:

Genes
ed.

r.

82, 9; in

BuBER

p. 40.

18*

Gama

FESTSCHRIFT COHEN

276

Beobachtung, die seinen Glauben erschtterte, im


Tale Gennesar's machte, mu er seinen stndigen Wohnsitz am
In Tiberias lebte auch sein Schler
Tiberiassee gehabt haben.

und da

er

die

am

R. Meir, da er

Hamtha Vortrge hielt' und am


Nun lesen wir (Midr. ^ 104, 35
Tiberias ^

Freitagabend

in

Sabbat im Lehrhause in
5 27), da in seiner Nachbarschaft ein Min wohnte, der ihn mit Bibelversen so viel qulte, da R. Meir dessen Tod herbeiwnschte 3; und
auch andere seiner Gesprche sind, wie wir sehen werden, mit Minim
gefhrt worden, wie auch seine Frau Beruria einem Min ber Jes
54, I Rede zu stehen hatte (Berakh. I0)'^. Von 150 bis 250 scheint
Tiberias weder ein Lehrhaus gehabt, noch Lehrer beherbergt zu

denn nach langer Unterbrechung finden wir erst die drei


zeitgenssischen Lehrer R. Johanan, R. Simon b. Laki und R. Eleazar b. P'dath nachdrcklichst gegen Minim Stellung nehmen, was
dafr spricht, da es zwischen 250 und 279, dem Todesjahre
haben;

R. Johanans,

in

Tiberias

Minim gab,

die

fr

manchen

eine Gefahr

bildeten.

Was

Da

haben nun die Minim


R. yanina b. liama (um 220

Sepphoris und Tiberias gelehrt?


250) am hufigsten mit Minim ge-

in

nannt wird, ist es ratsam, erst seine Gesprche anzufhren. Ein


Min sagte R. Hanina (Peah. Sy^ unten): Wir sind besser als ihr,
i6d 45, Num r. 9, 20, Lev. r. 9, 9.
Vgl. Sifre zutta zu Num 19, g (ed. HOROVITZ 133)
II, 77b 24.
p ^\'ph "all TNO mi nnatsa ms2 nni 2v apv' p ii?'^ ""^n n\n nn dj?d tid
Dlf l^SCV yitt'; in jer. Berakh. I, 4b, 35, Midr. Sam XIX, 4 zeigt R. Jacob b. Idi
dem R. Johanan den Platz, wo R. Meir im Namen des R. Ismael Stze angefhrt
hat, offenbar in Tiberias, wo R. Johanan spter lebte und lehrte.
3 Die Parallelstelle in Berakh, 10 a hat statt Min "'iina in:n; aber es ist
nicht einzusehen, da gewaltttige Mnner ihn sollten gerade mit Versen ge^

jer.

Sota

'

jer.

Hagiga

I,

qult haben.

Erwhnt sei noch ein Satz aus der Schilderung der der messianischen
vorangehenden Zeit seitens R. Nehemias, eines Kollegen des R. Meir (Synh. 97a,
Cant. r. 2,13, 4, Sota 49a, Bacher, Agada der Tannaiten II, 236, 5): nsBnil
ni3"'0"? nisVn "ps, was Bacher bersetzt: das ganze Rmerreich wird dem Christentum zugefallen sein. Ist es aber denkbar, da ein Lehrer um die Mitte des
4

zweiten Jahrhunderts solches fr mglich gehalten hat? 150 Jahre spter sagte
der Amorer R. Jishak dasselbe; und sein Zeitgenosse R. 'Abba b. Kahana

BACHER, Pal. Amorer II, 481, 5) sagte: Wenn du


die Bnke der Lehrhuser mit Minim gefllt siehst, harre auf das Kommen des
Messias. Es scheint aber sachlich undenkbar, da R. 'Abba sollte gemeint haben,
Christen wrden die jdischen Lehrhuser fllen. Es klingt wahrscheinhcher,
wenn hresch angehauchte Jnger gemeint waren.

(Threni

r.

i,

13,

Cant.

r.

8, 9, 3,

BCHLER, BER DIE MINIM VON SEPPHORIS UND TIBERIAS USW.

2//

denn von euch erzhlt I Reg ii, i6, da Joab und ganz Israel sich
sechs Monate in Edom aufgehalten und alles Mnnliche in Edom
ausgerottet haben; ihr aber seid schon viele Jahrhunderte bei uns,
ohne da wir euch etwas zuleide getan htten. R. Ilanina entgegnete:
Willst du, da einer meiner Jnger dir antworte? R. Hoa'ja trat
hervor und sprach: Weil ihr nicht wisset, was ihr tun sollet; ihr
herrschet nicht ber alle Juden, um alle vernichten zu knnen, und
wenn ihr die unter euch wohnenden vernichtet, wrdet ihr ein verstmmeltes Reich genannt werden. Der Min antwortete: ^D1"n KSi!

Es ist
Damit sinken wir, damit steigen wir.
da der Min ein NichtJude, ein nationaler Rmer
mit

dem

nicht zweifelhaft,
ist,

der sein Volk

jdischen der biblischen Zeit vergleicht und aus der Bibel

Juden ein grausames Volk seien. Er mu die


Bibel genau gelesen haben und kann, wie z. B. die Matrone des
R. Joe b. yalaftha in Sepphoris^ ein bibellesender Heide gewesen
sein. Da er die Juden herabsetzt und seine Beweise fr die Gegenwart aus der biblischen Vergangenheit holt, scheint fr einen Christen
zu sprechen aber in der ersten Hlfte des dritten Jahrhunderts konnte
ein solcher noch nicht von seinem herrschenden Volke sprechen und
pat auch die Schwurformel nicht zu einem Christen. Warum der
Rmer als Min bezeichnet wurde, ist nicht ganz klar; wahrscheinHch
weil er das Judentum angriff und hierzu die Bibel heranzog.
In
Kethub. Ii2a, wo die groartige Fruchtbarkeit Palstinas geschildert
wird, sagt ein Min dem R. Hanina: Ihr rhmet euch eures Landes
mit Recht; mein Vater hinterlie mir ein S'ah Feld und es versieht
mich mit Ol, Wein, Getreide und Hlsenfrchten und auch mein
Vieh weidet darauf. Wieder spricht ein NichtJude, der unter Juden
in Palstina, genauer in Galila lebt, und entweder aus der Bibel
oder aus mndlichen uerungen der Lehrer das Lob des Landes
kennt.
Nicht das Mindeste weist auf einen Judenchristen hin, der
von Palstina anders gesprochen htte. Da hier kein Angriff, sondern die Anerkennung einer jdischen Behauptung vom Heiden
ausgeht, ist die Bezeichnung Min wahrscheinlich dem sonst geuerten
Zweifel des Heiden an der Richtigkeit der Schilderungen der Bibel
oder der Rabbinen zuzuschreiben, wie aus der folgenden Stelle zu
erkennen ist. In Gittin 57 % wo der Volksreichtum Palstinas in
zahlreichen Stdten als ungeheuer geschildert wird, sagt ein Min
dem R. Hanina: Ihr lgt, (wie der gegenwrtige Zustand des Landes
beweist,

da

die

Midrasch Tannaim ed.

Hoffmann

262.

FESTSCHRIFT COHEN

2/8
beweist).

R. Uanina erwiderte: Palstina wird das Land des Hirschen

("'iS

genannt; wie die Haut des Hirschen dessen Krper nicht

fat,

|*"1S)

so dehnt sich Palstina,

wenn

es

bewohnt

ist,

und schrumpft

zusammen, wenn es unbewohnt ist. Da die genannten Schilderungen


nur in den Lehrhusern und Synagogen vorgetragen wurden, mte
Min entweder einen Judenchristen bezeichnen, oder einen Juden,
der ber die agadischen Ausmalungen der Rabbinen spottet, wie ein
anderer Min ber R. Johanans Schilderung von Jerusalems knftigem
Glnze (Baba bathra 75^), der schlieUch berzeugt wird. Die freche
uerung spricht nicht gegen einen Juden, da galilische Gegner
der Rabbinen in ihren Worten nicht whlerisch waren und R. IJanina
selbst von Sepphorensern verhhnt wurde (jer. Ta'anith 11166^ 46
52).
Und doch klingt es nicht wahrscheinlich, da ein Jude so gesprochen
htte; nach den vorher angefhrten Bemerkungen von Minim war
es eher ein Heide, der die vielfach wiederholten Schilderungen auch
auerhalb der Synagoge gehrt haben konnte und der wegen seiner
scharfen Kritik als Min bezeichnet wurde.
Vllig verschiedenen Charakters ist die Kritik eines Min gegenber R. Hanina (Joma ^6^, S7^)'- J^^zt ist es klar, da ihr unrein seid
nach Threni 1,9. R. Hanina erwiderte: Lies, was in Lev 16, 16 steht:
Der mit ihnen in Mitten ihrer Unreinheit wohnt; auch wenn sie unrein
Kein Jude, und hate er die
sind, ruht Gottes Majestt unter ihnen.
Rabbinen noch so heftig, kann von der Verwerfung der Juden seitens
Gottes derart gesprochen haben. Auch ein gnostischer Jude knnte
im uersten Falle nur von der Verwerfung der jdischen Religion,
Es ist hier offenbar jemand
nicht aber des Volkes geredet haben.
gemeint, der gegen die beharrliche Behauptung der Juden auftritt,
da sie trotz aller Leiden von Gott als auserwhltes Volk geschtzt
seien: entweder ein Heide, der die Bibel las und darin die Besttigung seiner, auf die furchtbare Lage der Juden gegrndeten berzeugung von der Verwerfung ihres Volkes fand, oder ein Christ.
Aber ein Heide, der an die Auserwhlung Israels nicht geglaubt
oder auch keine Kenntnis von derselben gehabt hatte, kann kaum
so gesprochen haben, als ob er ein besonderes Interesse an dem Ergebnisse des Beweises gehabt htte. Nur ein Christ, der sich und die
Anhnger der Lehre Jesu an die Stelle des verworfenen Israel setzen
wollte und der aus der Bibel den Nachweis fr die gegenwrtige
Stellung der Juden fhrte, kann so gesprochen haben; wie Justin
Martyr die Juden seiner Zeit aus den Vorwrfen der alten Propheten
als Gtzendiener, Ruber und Mrder erweist. Die gleiche Behaup-

BCHLER, BER DIE MINIM VON SEPPHORIS UND TIBERIAS USW.

tung wird schon

um

die Mitte des zweiten Jahrhunderts

2/9

von R. Meir
ein von Gott

widerlegt ^ als ein rmischer Befehlshaber (pcn) Israel


verachtetes Volk nennt, das einem mit Schande und Spott aus

Hause gejagten Sklaven gleiche und von Gott verstoen

sei;

dem

er hat

euch unter uns exiliert, solltet ihr nicht unsere Lebensweise annehmen? R. Meir antwortete: Wir gleichen einem Sohne, den sein
Vater wegen schlechter Lebensfhrung verstoen hat; aber wir
bleiben Kinder Gottes und er ist bereit, uns wieder aufzunehmen.
R. Meir lebte in Tiberias, wo der rmische Statthalter oder ein
hherer Beamter mit ihm Unterredungen gepflogen hat^ Als Rmer
ist dieser, wie andere vor ihm, der Ansicht, da ein besiegtes, unter
den Siegern lebendes Volk seine nationale Lebensweise aufzugeben

und

die des

Herrn anzunehmen habe.

herbeigefhrte

Lage

ist

seinen

in

Israels jetzige,

Augen

von den Rmern

ein untrgliches Zeichen

Da die
und der Verwerfung Israels.
Religion der Juden dem Rmer nur eine der uerungen ihres nationalen Daseins ist, hat das Gesprch fr ihn keinen religisen Anstrich, und R. Meirs Antwort folgt nur dem angezogenen GleichNur der Schlu
nisse mit einem seiner Hoffnung entsprechenden.
des Berichtes, wonach der Hegemon erklrt: ihr seid wahr und
des

Zornes

euere Lehre

seines

ist

Gottes

wahr", scheint,

zuweisen, der die gedrckte

falls

echt, auf einen Proselyten hin-

Lage der Juden

bespricht; aber seine

Grnde unterscheiden sich nur wenig von denen des Min 3. R. Meir
befate sich auch sonst mit der Behauptung der Verwerfung Israels .
In Sifre Deut 32, 5 308 sagte er: Die Israeliten werden Gotteskinder genannt, auch wenn sie voll Gebrechen, wenn sie verderbt
und tricht sind. Auch wenn Gott die Israeliten verwirft, weil sie
ihn erzrnen, nennt er sie seine Shne und seine Tchter (Sifre
Buber, Sammlung agad. Kommentare zu
Esther 81, Bacher, Tannaiten II, 35, Bergmann, Jdische Apologetik 136.
^ R. Meirs Bemerkung,
da Gott die Juden in ihr Land fhren werde,

JELLINEK,

mon nn

1,21,

scheint frs Ausland zu sprechen; doch hat er das ganze, ber das rmische

Reich versprengte Volk im Auge.


b. Halaftha die Frage,
der Erstgeborene war)
(sonach
warum Esau als erster aus
(Genes r. 63, 8); sie wollte offenbar beweisen, da die Juden kein Recht htten,
sich als bevorzugt anzusehen (Bergmann, Jd. Apologetik I37ff.)- Sie unterscheidet sich vom Hegemon nur durch ihre Kenntnis der Bibel, aus der sie ihren
3

In Sepphoris richtete eine

dem

Malrone an R. Joe

Mutterleibe

kam

Beweis gegen die Juden nimmt; R. Joc antwortet ihr daher mit Bibelversen,
deren es genug gegen Esau gibt. Nichts spricht dafr, da sie eine Christin war.
+ Bacher, Agada der Tannaiten II, 26 ff.

FESTSCHRIFT COHEN

280

Deut

32,

Ihr seid Kinder

19 320).

dem Ewigen, euerem

Gotte

96), ihr seid auf jeden Fall Kinder Gottes. Die


wiederholte Betonung desselben Gedankens seitens desselben Lehrers
(Sifre

Deut

14,

da nach der furchtbaren Katastrophe unter barKochba die Verwerfung Israels fter betont wurde. Ob blo von
den Vertretern der rmischen Macht in Tiberias oder auch sonst,
besagt deutlich,

ist

erst zu ermitteln.

Merkwrdigerweise findet sich die gleiche Behauptung von der


Verwerfung Israels schon im ersten Jahrhundert. Ein Philosoph*
sprach zu R. Gamahel: Ihr sagt, euer Gott wende sich euch zu und
werde euch von unter den Vlkern sammeln sind nun euere Propheten
Sie gehen mit ihren
wahr oder falsch? Sie sagen (Hosea 5, 6)
Schafen und ihren Rindern Gott suchen und finden ihn nicht, er
hat sich von ihnen getrennt. Da er sich von euch getrennt hat,
wie sollte er zu euch zurckkehren? R. Gamaliel zeigt ihm aus Deut
25, 9, da ybT\ nicht die Bedeutung der Trennung habe, und der
;

Philosoph

stimmt

der

Erklrung

zu.

Dieser,

wie

der

Min des

R. IJanina, hat die Bibel gelesen und einen Beweis fr die Verwerfung Israels gefunden, weil ein solcher ihm willkommen war; er
ist

kein Jude, da er von eueren Propheten" spricht.

R. Gamaliel

antwortet ihm mit einer Bibelstelle, und da derselbe sich befriedigt erklrt, scheint er die Widerlegung verstanden zu haben, was bei

einem Heiden nicht ohne weiteres anzunehmen ist. Da R. Gamaliel II auch in Sabb. ii6a. b. mit Christen verkehrt, wre es auch
Ein Min deutete dem
hier mgUch, an einen solchen zu denken.
R. Josua b. Hananja mit stummer Gebrde im Palaste des Kaisers
an, da Gott von den Juden sein Antlitz abgewendet habe, und
R. Josua antwortete ebenso, da Gottes Hand sie schtze (Hagiga 5 '').
Dieses kann sich ganz gut in Palstina zugetragen haben, als Kaiser
Hadrian sich in Juda aufhielt, und Heidenchristen mgen schon
damals solche Beweise gefhrt haben; oder beide Parteien standen
vor einem Hegemon, der sie aus politischen Grnden vorgeladen
hatte*.

Derselben

Auseinandersetzung

gehrt

die

beleidigende

Min gegenber R. Josua ('Erub. loi^) an: Du Dorngestrpp! Denn von euch ist geschrieben (Micha 7, 4): ihr Bester
ist wie Dorngestrpp. R. Josua erwiderte: Lies den Vers zu Ende:

uerung

eines

Midr. ha-Gadol zu Lev 26,9 (Bacher,


V' 10 Ende,
ist
der Sprecher als Min eingefhrt.
ersten
Stelle
der
Tannaiten I, 82,6); an
* JOEL, Blicke in die Religionsgeschichte I, 35.
*

Jebam. 102b, Midr.

BCHLER, BER DIE MINIM VON SEPPHORIS UND TIBERIAS USW.

28 1

Gehege; das besagt, dalj auch der erste Teil


Nur
im gnstigen Sinne von Israel verstanden werden mu.
jemand, der in der Bibel nach herabsetzenden uerungen ber
Israel suchte, kann auf den angefhrten Vers gestoen sein; wohl
kaum ein Heide. Einen solchen wrde R. Josua nicht mit der Auslegung des Verses widerlegt haben. Am besten passen die Worte
Und auch
in den Mund eines Heidenchristen, wie Justin Martyr.
die Frage eines Min an Beruria, die Frau des R. Meir (Berakh. lo*)
Er sagte: es steht gescheint einem Heidenchristen zu gehren.
schrieben (Jes 54, i): Juble, Unfruchtbare, die nicht geboren hat;
soll sie jubeln, weil sie nicht geboren hat? Beruria antwortete: Lies
den Vers zu Ende: denn zahlreicher sind die Shne der Verdeten
Was heit nun
als die Shne der Geehelichten, spricht der Ewige.
der erste Teil? Juble, Gemeinde Israels, die einem unfruchtbaren
Weibe gleicht, insofern sie keine Kinder fr die Hlle geboren hat,
wie ihr. Was der Min mit seiner Frage gemeint hat, ist nicht gesagt, aber aus der verletzenden Auslegung Berurias ersichtlich. Er
der Redliche

ist

ein

verhhnte die Juden

als ein

unfruchtbares Volk, das ber seine Un-

Tat sagt Justin Martyr (Apologie


die Verdeten in diesem Verse seien die Heiden, die jetzt
I, 53),
die einst den Juden und Samaritanern von Gott gegebene Lehre
in grerer Zahl angenommen haben, als die Christen aus den Juden,
und das habe Jes 54, i prophezeit \ Sonach htte in Juda vor
135 R. Gamaliel und R. Josua solche Fragen von Heidenchristen
zu beantworten gehabt, in Tiberias zwischen 136 und 160 R. Meir
und seine Frau', in Sepphoris vielleicht R. IJanina b. Hama zwischen
220 und 250. Es mge gleich hier hinzugefgt werden, da die
Angreifer als Grund der Verwerfung Israels die Anbetung des goldenen Kalbes anfhren, allerdings erst zwischen 280 und 320^.
2. Der Kollege und Freund des R. Hanina im Lehrhause von
fruchtbarkeit jubeln

6;

Vgl.

In der

soll.

noch die Parallele

in

Cant.

r. i, 5, 3,

und BACHER,

Pal.

Amorer

III, 83,

Bergmann,

Jd. Apologetik 137.


R. Meir hat sicherlich Christen gekannt, da er

nach Rasi bei RabbinoSchule in Sabb. ii6a unten das Evangelium ]r!?J p genannt
hat; siehe BACHER in Revue des Etudes Juives XXXVIII, 1899, sgff.
3 R. Jishak in Cant. r. 1,6 iTn n noiK nnoixi h^v^b D'iio n^ipn nioiKW "Sib
Dnn3, R. Levi in PefJiktha 77b, Lev r. 27,8, Tanh. B. IIO 1$; ber Sifre zutta
ed. KNIGSBERGER, Anfang s. Bacher, Pal. Amorer II, 329, 4: 1 'l^ri pb nj;
.b^yh nb-'na na"? yv nnoiKi ^3j?n nwj?DS innnx yiy^ \nv "i" by moiKn bs nj:
'

wicz oder seine

Siehe auch

Bergmann

141,

und Marmorstein, Religionsg. Studien

I,

2off.

FESTSCHRIFT COHEN

282
Sepphoris,

Nahum

R. Jonathan,

floh,

ist

in

der

dessen Schler zu den Minim nach K'far

Agada

mit einigen, sehr bemerkenswerten

Nahman

im
Namen des R. Jonathan (Genes r. 8, 8): Als Moses die Thora
schrieb und die Schpfung jedes Tages niederschrieb und zum Verse
(Genes i, 26) gelangte: Gott sprach: Wir wollen einen Menschen
machen in unserem Ebenbilde, nach unserer hnlichkeit, sprach
Moses: Herr der Welt, warum gibst du den Minim Anla zu reden?
ber

Stzen

Minim

vertreten.

R. Samuel

Gott antwortete: Schreibe, und wer irren


die Schpfung des Menschen mit
riet

b.

will,

mag

irren.

sagte

Gott be-

Hier

den Dienstengeln.

Minim die Grundidee des jdischen Glaubens,


den Monotheismus, in Frage gestellt und den Plural in den drei
unterstrichenen Worten des Bibelverses als Beweis fr eine Mehrheit
Ein jngerer Zeitgenosse des
von Gottheiten angefhrt haben.
R. Jonathan, R. Simlai, der in Nahardea in Babylonien geboren
erfahren wir, da die

Juda ansssig war, aber auch R, Jannai in Sepphoris


bediente (Baba bathra in') und an R. Jonathan dort agadische
Fragen richtete (jer, Peah. V, 32^ 73, b. 62'') und auch in Tiberias
lehrte (Peik. r. XXIII, 115 b), gab auf die Frage der Minim, ob
mehrere Gottheiten (DTl'?) die Welt erschaffen und was die Mehrzahl in ntyyi in Genes i, 26 bedeute, ob etwa eine Mehrheit von

und

in

Lydda

Schpfern

dem

er

in

(jer.

Berakh. IX, 12 d

auf das

58), eine

folgende Zeitwort

""*"!

befriedigende Antwort, in-

und das Suffix

in

10^32

Wer

waren diese Minim? Judenchristen, die, wie die Juden,


an nur einen Gott glaubten, knnen solche Fragen nicht gestellt
haben; sondern entweder Gnostiker, die den Schpfer der Welt vom
hinwies.

hchsten Gotte unterschieden,

oder Heidenchristen, die Jesus

als

Auer der bereits angefhrten Frage haben die


Minim den R. Simlai noch ber die Mehrheit der Gottesnamen befragt, nmlich die drei in Josua 22, 22 und Psalm 50, i, so da an
Nun
trinittsglubige Christen zu denken wre (Genes r. 8, g)\
fhrt Justin Martyr (Dialogus c. Tryphone 62) als Auslegung der
jdischen Lehrer von ntryi an, Gott habe entweder zu sich selbst
gesprochen oder zu den Elementen, der Erde und den anderen,
aus denen wir den Menschen gebildet glauben; und seine eigene
Meinung ist, Gott habe zu jemand gesprochen, der von ihm numeGott verehrten.

Jd. Apologetik 8388, der diesen Punkt zuletzt behandelt


hat, meint, da die Polemik der Lehrer gegen die Annahme zweier Gtter oder
einer Mehrheit in Gott dem Christentum und zugleich dem Gnostizismus galt.
^

Bergmann,

BCHLER, BER DIE MINIM VON SEPPHORIS UND TIBERIAS USW.


risch verschieden

und

ebenfalls ein intelligentes

Wesen

283

Denn
Meinung

war."

mchte nicht sagen, da die


einer Gruppe unter euch (uns) richtig sei, oder da deren Lehrer
beweisen knnten, Gott habe zu den Engeln gesprochen oder da
die menschliche Form das Werk von Engeln sei'". Somit ward die
von R.Jonathan gegebene Erklrung von ntT^i schon hundert Jahre
vor ihm von den Rabbinen gelehrt ^ und die von ihm bekmpfte
von

so fhrt er

dem

Justin,

richtige

fort,

ich

Und wenn auch

vorgetragen.

Angabe vorhanden

Justins

des Plurals

des Heidenchristentums,

Vertreter

in ntJ>J?i

ist,

keine

als

ltere

die

einzig

Parallele

zu

so lt sich die rabbinische Erklrung

aus der von

"liO

in

Genes

3,

22

als

schon

um

100 vorhanden erweisen. Denn wie Justin diese Stelle als Beweis
fr die Rcksprache Gottes mit irgend jemand ber den ersten
Menschen anfhrt, so hat ein Lehrer Pappos gegenber R. Akiba

den Plural in UOO auf die Engel bezogen 3. Und es ist beachtenswert, da Simon Magus in den pseudo-clementinischen Homilien
oder mehrere
(16, II) Petrus entgegenhlt, da die Bibel selbst zwei
Gottheiten zugebe, da es heit: Gott sprach: Wir wollen einen
Menschen machen nach unserem Ebenbilde, nach unserer hnlichkeit; Gott sprach: der Mensch ist wie einer von uns geworden.
das Schpferwort: wir wollen
machen, hat Gott zur Weisheit gesprochen; in Wahrheit gibt es nur
Einen Schpfer, da es heit: Gott schuf, und nicht: schufen die

Petrus verteidigt die Einheit Gottes:

da Min in unseren Stellen Judenchristen


nicht bedeuten knne, sondern entweder einen Gnostiker, wie der
Magier Simon, oder einen Heidenchristen, wie Justin der Mrtyrer.
Gtter.

'

Hieraus wird

klar,

Siehe auch Altercatio Simonis II, 8, BERGMANN 87.


In Synh. 38 b sagt Rabh: Als Gott den Menschen erschaffen wollte, schuf

er eine Abteilung von Dienstengeln

Mensch

und

fragte

sie,

in unsereni Ebenbilde erschaffen werde";

ob sie wollten, da ein


da sie Bedenken uerten,

verbrannte er sie und ebenso andere Abteilungen, die er erschaffen hat. Diese
Dichtung beruht auf der Voraussetzung, da ntJ'J?! auf Gott und die Engel sich
bezieht. Rabh, der in Sepphoris der Schule des Patriarchen R. Jehuda I angehrt
hatte, mag diese Erklrung dort gehrt haben, da auch R. Hanina, der demselben

Genes r. 8, 4 sagt: Als Gott den Menschen erschaffen


wollte, beriet er sich mit den Dienstengeln und sprach zu ihnen-, wir wollen eben
Menschen machen. R. Josua b. Levi, der Freund R. Haninas, dagegen erklrte,
Gott habe sich mit Himmel und Erde beraten (Genes r. 8, 3 wo 'lb n3 zu lesen
berein.
ist, Bacher, Pal. Amorer I, 184, i). R. Johanan stimmt mit den ersteren
Lehrhause angehrte,

Genes

D15B y^-i

r.

Tpy

21, 5,
""ai "

in

Cant.

lox

Mekhiltha zu Exod 14, 18, p. 33 a: D1SB


.mcn '':"poo nnss lioa nnxs n^n mn ]n.
r. i, 9,

'31

vn

FESTSCHRIFT COHEN

284

Das Hineintragen mehrerer Gottheiten in das Bibelwort seitens


der Minim findet sich in Sepphoris schon um das Jahr 200. Ein
Min sprach zu R. Ismael b. R. Joe (Synh. 38b unten): Es heit
(Genes 19, 24): Der Ewige He auf Sodom und aufAmora Schwefel
und Feuer vom Ewigen vom Himmel regnen; htte es nicht heien
mssen: von ihm?

Es

antworten.

'Ada und

Silla,

Da

sprach ein Walker: Lasse

heit (Genes 4, 23):

Lemekh sprach

ihn, ich will

ihm

zu seinen Frauen:

hret meine Stimme, Frauen Lemekhs, merket auf

meine Rede; es htte heien mssen: meine Frauen; aber es ist


bibhsche Redeweise, ebenso hier. Als R. Ismael den Walker fragte,
woher er diese Erklrung habe, sprach er: aus dem Vortrage des

Deutung der
schwierigen Worte keinen Schlu gezogen hat, unterliegt es keinem
Zweifel, da er einen der wiederholten Gottesnamen auf einen zweiten
Gott bezog; und wir haben auch hier entweder einen Gnostiker oder
einen Heidenchristen zu sehen. So zieht auch Justin denselben Vers
an (Dialogus 56), um zu beweisen, da der Gott, der Abraham,
Jakob und Moses erschien, verschieden sei vom Schpfer des Alls;
und einer der Tryphon begleitenden Juden gibt hierauf sogar zu,
da einer der beiden Engel, die nach Sodom gegangen sind, von
Moses der Ewige genannt wird und verschieden vom Ewigen sei,
der Abraham erschienen \sV. Denn nicht nur Philo und die HeidenR. Meir habe ich

Wiewohl der Min aus

sie.

seiner

haben an den Logos geglaubt, sondern auch Juden, die,


wie der eben genannte Jude, die Beziehung des einen Gottesnamens
auf den Logos zugegeben und nur die Gleichsetzung des Logos
mit Jesus abgelehnt haben. So berichtet auch Origenes % da kein
christen

mit denen er wissenschaftlichen Umgang


gepflogen, habe zugeben wollen, da Logos und Sohn Gottes identisch seien; und er fgt hinzu, da der Jude des Celsus den Logos
Damit ist auch gesagt, da der
als rein und heilig anerkannt hat.
einziger der vielen Juden,

24 einen zweiten Gott ableiten wollte, kein


gnostischer Jude gewesen sein kann, da auch ein solcher nicht zwei
Gottheiten zugegeben htte. Justin, der sich die Logoslehre angeeignet,
der aus Genes

Min,

19,

Logos mit dem Johannesevangelium Jesus zu


setzen, zeigt in seinen biblischen Beweisen hiefr, da der Min nur
ein logosglubiger Heidenchrist gewesen sein kann.

um

an die

Stelle des

Wie R.

Meir, der in Tiberias lehrte, sich aber

Siehe M. Friedlnder, Patristische

Contra Celsum

II,

FRIEDLNDER

u.

a. a.

auch

talm. Studien 107.

O.

82.

in

Sepphoris

BCHLER, BER DIE MINIM VON SEPPHORIS UND TIBERIAS USW.

285

haben mu' und dort vom angefhrten


Walker ber Genes 19, 24 gehrt wurde, diese Stelle erklrte, haben
wir eben gesehen er mag hiezu durch Deutungen der Minim veranZeit

einige

aufgehalten

lat

worden

sein.

Nun

finden wir dieselbe Schwierigkeit des Bibel-

textes von den Lehrern auf verschiedene Weise erklrt ^ R. Jishak


stimmt genau mit R. Meir und bezieht beide Gottesnamen im Verse

auf Gott selbst;

R. Eleazar

ebenso

P'dath,

b.

der nur hinzufgt,

da der erste Gottesnam.e mit 1 Gott mit den Engeln bezeichne. Dagegen erklrt R. Jehuda b. R. Simon, der um 300 dem Lehrhause
in Lydda angehrte, den ersten Gottesnamen als den Engel Gabriel,
was sehr khn und auffallend ist, aber auf lteren Auslegungen beDiese befaten sich mit den drei zu Abraham gesandten
ruht.
Eneeln, denen Tannaiten die Namen Michael, Gabriel und Raphael
gaben 3; und es wird errtert, wozu drei und nicht weniger Engel
geschickt wurden und welche einzige Aufgabe jeder zu vollfhren
Im Ergebnis der Meinungsverschiedenheit wird erklrt, da
hatte.
Gabriel

Sodom

zerstrte 4, d. h.

""M

von R. Jehuda

wird, wie

b.

Simon,

auf den Engel Gabriel bezogen. Nicht blo die schwierige Wiederholung des Gottesnamens, sondern auch die Deutung der Gnostiker

und Heidenchristen auf einen zweiten Gott oder Jesus mgen die
Rabbinen gezwungen haben, Gott im ersten Falle auf Gabriel zu
beziehen.

Es

Hiefr lag noch eine andere Veranlassung vor.

eben erwhnt, vorausgesetzt, da

alle drei

wie

wird,

Mnner, die zu Abraham

R. Joe b. Halaftha rhmt ihn gegenber den Sepphorensern als groen,


heiligen und sittHchen Mann (jer. Berakh. II, 7, 5 b 56, Genes r. 100, 7); als R. Meir
^

Sabbath Trauernde begrite, fragten die Leute von Sepphoris, ob


Siehe auch
ein so vielgerhmter Mann einen solchen Fehler begehen sollte.
das Genizafragment in Jew. Quart. Review XIV, 489, wo R. Meir der Vorgnger des R. Joe in Sepphoris als 'Ab-beth-din gewesen zu sein scheint.

einmal

am

Genes

r.

51,2: 'M po^D

N'n "1 -ij Dtpo

"73

iiv"? "21

piDB3 D-oys 'n

loir

T:ie

nn piDB2 Q'j>E
3 Baraitha

"TiB?

10U'

"-a-i

iDK

tsvnnnis'

in min''
.in "j-na

^a-i

ntfn "'pno in -'sh^n ^2^

e^npn

nt

" dko '?naj

lyso n^mnai n^Kniai nnina

T3T0 n"2pn n^on ni

ni

ono

pnr "m

n'?n
b)!

^2->

Ton

nos .im

n-'ai

nnx,

ysONl nnn Tina ps^no vn rtwbv "an


in Joma 37a,
.i'?i2i3 ]t3pi la^D^a "jnj
j?si2X2 VxD'o nmnx !?sx iNntr mcn 'dk'jo na^b^a ^y-i pi
stand
l'?0tt'2 "PXBII ll'Ca "jN'iai als die drei Dienstengel zu Abraham kamen,

Derekh

'eres III

der Mitte, Gabriel zu seiner Rechten und Raphael zu seiner Linken.


Genes r. 50,2, Babamesi'a 86b ^ic? Vi nin"''? ^n nirij? nn "l'70 1" 3n

Michael

in

bxn2i ,p'7nDi'i in-ncn ic "pn:' V .D"'Dbn


ei"? n ^sn"? Vbii ono n iisn"? nbn:.

ib'

nnoi ni .nn

nin"'"? ptyiv d'3':d

FESTSCHRIFT COHEN

286

kamen, Engel waren; ebenso


der

Mitte

der

in

stehende,

in

der Baraitha des R. HijjaS

wo

als

angesehenste Engel Michael genannt

und vom Amorer R. Joe b. Zimra^ der in Sepphoris lebte


wie vor ihm der eben genannte R. Hijja, und welcher betont, da
Gott und drei Engel Abraham erschienen. Nun findet sich eine
ltere Meinungsverschiedenheit ber die Gottesnamen in Genes i8
und 19, die auf die Frage betreffs der Engel einiges Licht wirft.
Eine Baraitha in Sebu'oth 35 b lautet: Dnnnxn mirQ D^OSn mctf bj

wird,

n^miN riDiDn
^in

!?in

tDi^n

]n "inny s^io

sin

n min^ nn "iont xn ^r ]od) ti'mp it *]


nnin matr "jd (.iitn im3 ]03 nrDjr ^i n'^npno nnv
i n^T\ ^ns i ^n nn^"? '^)b "io^i nDN'iir' trmp Ninty nro
^n:i n-i

inn trnpn

Ansicht sieht

nt

""i"Ifc<

nrnn^i
in

Genes

in^n

n-^an"?

^d

ty^ii'

Gottesnamen

18, 3 nicht als

Die erste

1^:73.

'lii

an,

sondern

an einen der Engel gerichtet, wie die Baraitha des R. Hijja; I5ananja dagegen meint, auch "'i'IS sei Gottesnamen und Abraham
habe damit Gott angeredet. Wie dieser Lehrer den ganzen Zusammenhang erklrte, ist aus Rabhs und R. Eleazars ergnzenden
Bemerkungen ersichtlich 3, die meinen, Abraham habe Gott gebeten
zu warten, bis er die

vor

verse

dem

Ob

Wanderer empfangen habe.

Jahre 135 blo

diese Kontro-

exegetischer Natur war,

oder von

Deutungen der Minim veranlat wurde, wissen wir nicht. Aber


schon Justin fhrt als die Ansicht des Juden Tryphon an (Dialogus
56), da Gott und drei Engel Abraham^ erschienen, zwei derselben
gesandt waren, Sodom zu zerstren, und einer, Sarah die frohe Botschaft zu bringen und sich nach Erledigung seines Auftrages zu entfernen. Justin dagegen nahm an, da einer der drei Engel Gott war,
aber nicht der hchste Gott, der nicht auf Erden wandelt, sondern
Jesus. Er fhrt hiefr noch das Versprechen in Genes 18, 10 zusammengehalten mit Genen 21, 12 als Beweis an, woraus folgen soll, da Gott
'

Genesr.48, iobx3''nfioN]niB'bn:ibx"'^n"'a-i"'3n

,'T'r5>3 ^n

tiksd X3 dn 'ans nax^i.

rmb^\ "js
X1D? nn "dv "ai nca irj?"? "n-n pv "an
Seine Beziehungen zum Patriarchen
Dia"? n'"!"' nb Xtaib bi"? ib nnaisi yby U^biy
R. Jehuda I und die Tatsache, da R. Eleazar b. P'dath den greren Teil
seiner Aussprche tradiert, wie den des Sepphorensers R. Hanina, beweisen, da
^^

Genes

r.

44, 11

D-'ax'po

er in Sepphoris gelebt hat

(Bacher,

Pal.

Amorer

Sabb. 127a, Sebu'oth 35b: "is n^apn


nii Kimiy"? 'Si nos ."iJi -iinyn : bn yyy^
3

^bvs siaxB'nj? ]non


l-j-'ya ]n

Tsso

"jini"?

im"?

b\^''

a"'n"ni<

I,

116,

in Tix^f xi

pirp ]'k nTn'.:'a

sj n.s "ans los^i aTia .T'apna iV"!.

i).

noarn n!?nj 21-10 min""

ma

,mi

mix

^anx inx^i n^nan r\y^u

"iB^a

mo n"3pn mo3

sbt?

BCHLER, BER DIE MINIM VON SEPPHORIS UND TIBERIAS USW.

287

Engel das Versprechen berbracht habe. Tryphon


beachtet diesen Beleg nicht weiter, gibt aber schlielich doch zu,
da einer der Engel Gott war.^ Um solchen Erklrungen und anRabbinen
geblich jdischen Zugestndnissen zu begegnen, muten die
und ihre Ausdie Aufgaben der einzelnen Engel genau umschreiben
legung auch in Genes 19 folgerichtig durchfhren. Diese Absicht

und nicht

ein

auch aus R. Haninas Bemerkung zu Exod 3, 2 (Exod r. 2, 5),


^^
als
da der Engel, der Moses im Dornbusch erschien und neben
Michael
n^n"? bezeichnet wird (3, 4), Gabriel, nach R. Johanan
Die Schwierigkeit der wechselnden Gottesnamen veranlagte
war.^
erhellt

Aber auch Justin (Dialogus 59) behandelt diese


Seht ihr
Stelle und sagt den Juden, Tryphon und seinen Genossen:
und der zu
nicht, da der Gott, von dem Moses als Engel spricht
ihm in der Feuerflamme redet und Moses erklrt, da er der Gott
solche Erklrungen.

Abrahams, Isaaks und Jakobs


ein

Tryphon entgegnet, da

anderer Gott, Jesus war?3

sondern

nicht der Weltschpfer,

ist,

die Steile

nur besage, da ein Engel in der Feuerflamme erschien, aber Gott


Wirklichkeit
selbst mit Moses eine Unterredung hatte, so da in
sich
zwei Wesen beisammen waren, ein Engel und Gott selbst, die
Tryphon gibt schon hundert Jahre
in der Erscheinung ofienbarten.

von diesen vorgetragene ErEs war die allklrung; neu sind blo die Namen des Engels.
gemein angenommene Erklrung, die in Galila in den Lehrhusern
vor R. Hanina

und R. Johanan

die

gegeben wurde; und der Zeitgenosse

R. Meir,

Justins,

mag

sie in

Tiberias ebenso vorgetragen haben, wie R. Joe in Sepphoris+,


sie auch erst im Namen R. Haninas angefhrt wird.+
1

Siehe

JOSEPHUS,

Goldfahn

Antiquit.

I,

II,

in

Grtz' Monatsschrift

2 verweist,

wo

XXII,

sich die drei

1873,

112,

wenn

der auf

Mnner, die sich essend

nachher als Engel zu erkennen gaben.


2 R. Johanan fgt noch hbzu:
Wenn man JofJe den Langen sah, wute
man, da Rabbi dort war; ebenso wo Michael erschien, erschien auch Gottes
gestellt hatten,

Herrlichkeit.

Homilien i6, 14 sagt Petrus dem Simon


Magus: Auch wir wissen, da die Bibel Engel Gtter nennt, z. B. den, der im
Dornbusche sprach und der mit Jacob rang; und dieselbe Bezeichnung ist ebenso
auf den als Immanuel geborenen angewendet, der mchtiger Gott genannt wird.
Er bezog sonach cn"? in Exod 3, 4 auf den Engel (Vers 2), noch nicht auf Jesus.
4 Ein Heide fragte R. Josua b. Karha,
den Kollegen des R. Meir und
3

In den pseudo-clementinischen

R. Joe,

warum Gott im Dornbusch

erschien (Exod

wie JUSTIN (Diaeinem so kleinen Teile der


r.

2, 5);

logus 60) erklrte, der Weltschpfer knne nicht in


Erde erschienen sein; der Heide mag ein Christ gewesen sein.
5 Dieselbe Antwort, wie zu Genes 19,24, wre auch zu Exod 24,

IDK TiV ^N1

FESTSCHRIFT COHEN

288

wurden aus der Bibel noch andere Beweise fr


zwei Gottheiten angefhrt. Ein Min sprach zu Rabbi (HuUin 87a):
Der Gott, der die Berge erschuf, schuf nicht den Wind, da es heit
(Arnos 4, 13): denn siehe, der Bildner der Berge und der Schpfer
des Windes. Rabbi entgegnete: Narr, lies den Vers zu Ende: der
Ewige der Heerscharen ist sein Name. Der Min erbat sich drei
Tage Zeit, eine Widerlegung zu finden, und Rabbi fastete drei Tage.
Als er den Segen zum Anbeien sprechen wollte, meldete man ihm,
da ein Min Einla begehre; da sprach Rabbi: Sie geben mir als
Labung Gift usw. (Psalm 69, 22). Ein Min trat ein und sprach: Rabbi,
ich bringe dir eine frohe Botschaft: dein Gegner fand keine Antwort und strzte sich deshalb vom Dache und starb. Rabbi lud ihn
zu Tische und frug ihn nach der Mahlzeit, ob er den Becher des
Segens trinken oder vierzig Goldstcke haben wolle? Der Min whlte
den Becher. R. Jishak sagte: Jene Familie besteht noch unter den
Groen des Landes und heit FamiHe des bar-Levianus.' Man beachte,
da der zweite Besucher weder Heide, noch Heidenchrist sein kann,
da ihn Rabbi zum Sprechen des Tischgebetes auffordert und derRabbi mu aus dem Tone, in dem der
selbe es auch annimmt.
Mann die Freudenbotschaft berbrachte, gesehen haben, da derEr hatte mit dem Min nichts gemein und wute
selbe ein Jude war.
wahrscheinlich nur als Nachbar, was dem Min widerfahren war.^
In Sepphoris

'

b nbj? zu erwarten gewesen, da nmlich Michael Moses sagte, zu Gott hinaufzugehen. Statt dessen finden wir in Synh. 38 b unten, da R. Idi, ein Amorer
des vierten Jahrhunderts, auf die Frage eines Min antwortete: 1Dt?t5> pitSBD nt
ditD, es bezieht sich auf Metatron, dessen Name derselbe wie
mp3 "'0 ''3 a^nsn
^^

(Ob das fehlende Subjekt oder der vorhandene Gottesname Metatron


ist, ist nicht sicher. Nach Rasi sprach Metatron; nach Nahmani zu Exod 23, 21
sprach Gott zu Moses, dieser solle zu Metatron hinaufgehen; vgl. auch BaCHER,
Pal. Amorer III, 708.) Da er einen Engel nennt, wre am ehesten an Michael
Gottes

ist.

zu denken, mit
bersetzt.

wie EUsa

ihm

dem

in

der Tat

Targum

jer.

Justin versteht in Exod


'Abuja in Hagiga 15a,

zu

Exod

23, 20. 21 unter

b.

als er

24,

das fehlende Subjekt

dem Engel Jesus (Dialogus

Metatron im Himmel

75),

sitzen sieht, in

eine zweite Gottheit erblickt.


^

In Synh. 39 a fragt ein

Min den R. Gamaliel

dieselbe Frage, aber dieser

gibt eine andere Antwort.


^

lich,

eine

R. Jishaks

Angabe von dem Fortbestand der Familie

bezieht sich natr-

wie Rasi bemerkt, auf den guten und nicht den bsen Mann, und es

vornehme jdische Familie gemeint;

Was GOLDFAHN

in

Grtz' Monatsschrift

auf Miverstndnis, R. Jishak lebte

vornehme Juden.

in

vgl.

mein

XIX,

Political

and

ist

social leaders 34.

1870, 175 hierber sagt, beruht

Tiberias und dachte nur an galilische

BUCHLER, BER DIE MINIM VON SAPPHORIS UND TIBERIAS USW.

Es

289

vom Judentum

des zweiten Besuchers keinerlei Schlu


auf den jdischen Ursprung des Min gestattet, und es liegt auch
nicht der mindeste Beweis dafr vor, da der Min ein Judenchrist
ist

daher

Im

war.

Gegenteil, die Tatsache allein, da er zwei Gottheiten bei

Schpfung nachweisen will, zeigt berzeugend, da er kein


Judenchrist war, sondern entweder ein Gnostiker oder ein Heidenchrist.
Das Fasten Rabbis und die lange Bedenkzeit des Min lassen
die Beharrlichkeit und Lstigkeit der Argumente des Min ahnen;
sie erinnern an den Wort- und Versschwall und die Blasphemien
Justins des Mrtyrers, die der Jude Tryphon sehr schwer empfand*.
Es mu solche Minim in allen Stdten gegeben haben denn in Sifre
Deut 32, 21 ^ 320 p. 137 b wird der Satz: durch ein trichtes Volk
will ich sie krnken", auf Minim gedeutet, wie es in Psalm 14, i heit:
der Tor spricht in seinem Herzen: es gibt keinen Gott.^ Sie leugnen
Gott, indem sie zwei Gottheiten an seine Stelle setzen und auerdem Lohn und Strafe leugnen.
Eine anonyme Baraitha in Sifre Deut 329 zu 32, 39 wendet
sich gleichfalls gegen die Annahme zweier Mchte.3
Erst werden
die Leugner jeder Gottheit im Himmel widerlegt durch den Hinweis
der

Siehe auch Berakh. 7a: ein Min, der


Levi wohnte, plagte diesen mit Versen.
*

in

der Nachbarschaft des R. Josua

b.

nach der Lesart des Jalkut Mekhiri zu Psalm 14, i heit


es: 101 ntv"7x <2i .nana nnmnai np nv n
-idk 2*1 na ]3n an nox dd^j^s ^3: vi3
yyTi " im Namen R. Eleazars, was eine Baraitha ist
In einer Baraitha
Berakh. 12 b lesen wir (vgl. Rabbinovicz): idi in ]3i mi-D it 0233^ '"inx '3n
n\n'? r n^2 bli -ion, in der Parallelstelle in Sifre Num 115.- DSaa"? nn '-iinn K^i
*

In Jebam. 63 b

"\i^

D\n^K3 nV"

"jbni,

mit Hinweis auf Psalm

von

If.U

wo das Wandeln nach dem Herzen


bez.

i,

14,

aus Caesarea, die Frau

Kohel

7,

26,

als Irrlehre

als nU"' erklrt

wird

wo, wie im Midr. Kohel zur Stelle

gedeutet wird.

Rasi zu Berakh. 12b

Verdrehung des Sinnes der Thora zu irrigen Auslegungen und


Gtzendienst, was nur auf Gnostizismus und Heidenchristentum pat. Das Herz
scheint den bsen Trieb zu bedeuten, der zur Annahme von Irrlehren fhrt, wie
Berakh. IX, 5, Sifre Deut 6, 5 32 erklrt: j?l "iv^ni Z'WH ns"'3 123^ "733 ynb " n n3nKl
Gott mit ganzem Herzen, d. h. mit beiden Trieben, dem guten und dem bsen
zu lieben; und Genes, r. 48, 11 R. 'Aha DSsb invoi in Genes. 18, 5 erklrt npoi
D':x'?03 tihvff yin -is-' y mos xnn 023*? nym xb
i3 3T13 ]\s 0333^ da Engel
nur den guten Trieb haben.
3 nviE'i "Ti -iDixn
.D'OB'3 nin yH d-'-idi!? n3iB'n nx? .in "JN "'JK "3 nnj? ikt
h n'nb k"?! rwnnb h ^13'' y xdi ik .>no)> n^nbn y^ )b onoisi mix y^'v d^o3
erklrt diese als

-ax n"ix3S

" i^Kui "jx-iw

DM'jx y nj?b30l ]nnN

-[bo

"3X1

^^

nox n3 noixi

,n''nxi n"'x '-ax noi"?

nw'?n

y^nb

yvn^, siehe den etwas verschiedenen Wortlaut

MANNs Midrasch Tannaim

p. 202.

19

x^i
in

p-in"?

HOFF-

FESTSCHRIFT COHEN

290
auf: ich, ich bin es;

dann durch

die Fortsetzung des Verses: es gibt

keinen Gott neben mir, die Anhnger der Lehre von zwei Mchten
im Himmel. Als dritte werden die widerlegt, die wohl an einen Gott

da er weder tten, noch beleben, weder


Schlechtes noch Gutes tun knne, durch den Schlu: ich tte und
belebe, und Jes 44, 6. Die Widerlegung durch Bibelstellen scheint
aber

glauben,

sagen,

dafr zu sprechen, da hier jdische oder judenchristliche Gnostiker


und Atheisten bekmpft werden. Aber es ist nicht zu vergessen,

da

gehren, keinerlei
Gnostiker,

die

welchem Kreise sie auch anEindruck machen: ebensowenig auf Heiden oder

auf Gottesleugner,

Bibelstze

so da hieraus keinerlei

die Bibel nicht anerkennen,

oder andere Sekte gezogen werden drfen.


Der Urheber der Auslegung lehrte in der Synagoge oder im Lehrhause und wollte seine Zuhrer dem verderblichen Einflsse der
Schlsse auf die eine

Hretiker entziehen,

hatte

aber offenbar Atheisten und Gnostiker

Die letzteren sind auch in Misna Synh. IV 5 gemeint:^ Gott hat bei der Schpfung nur Einen Menschen erschaffen,
damit die Minim nicht sagen, da es im Himmel mehrere Mchte
gebe; und der erste Mensch wurde erst am Freitag erschaffen, damit
die Minim nicht sagen, Gott habe bei der Schpfung einen Mit-

im Auge.

allein

arbeiter

gehabt.

Damit

wonach Gott

ist

(Dialogus 62)

zunchst Justin

zu

ver-

den heiligen Geist, Gottes Herrlichkeit,


Sohn, Weisheit, Gottesengel, Herr und Logos und Obersten des
Heeres Gottes, Jesus erschuf, mit dem er sich bei der Schpfung
Da Justin sich den Logos angeeignet hat, so ist es mgberiet.
lich, da die Rabbinen entweder die Logoslehre oder den DemiKeinesfalls dachten die Lehrer
urgen der Gnostiker bekmpfen.
der Misna im zweiten Jahrhundert noch an den Sohn Gottes; denn
ihr Kampf gegen diesen gehrt einer viel spteren Zeit, zwischen 280

gleichen,

erst

und 350, an.^


Zwei Gottheiten wurden, wie bereits oben (S. 284) erwhnt, aus
der Mehrzahlsform des Gottesnamens DNl^N und aus zwei oder
mehreren, nebeneinanderstehenden Gottesnamen herausgelesen. Hiefr ist die teilweise bereits behandelte Reihe von Fragen nochmals
anzufhren, die die Minim an R. Simlai gerichtet haben (jer. Berakh.

"Tn"' mx ni23; Baraitha


b
Synh. 38a, To. VIII, 7 nann annix a^i^nn m^ bu ,nD "iDi si '-'w an ]3i"i i3n
" HM ^m nnoi n^i'on m^ i6& ,no "jeji r\2:s snya "laa ons
o^nwa nn"
n^xia nwjj2 in "ji-ia w^pnb.
^

Ctra nviwn

T\':i'\n

oneiix

D''i"'on

'

Siehe die Stellen bei

BERGMANN,

Jd. Apologetik 81

ff.

BCHLER, BER DIE MINIM VON SAPPHORIS UND TIBERIAS USW.

29 1

IX I, I2d 58): Wieviele Gottheiten (Deut r. 2, 13 nVItJ'-)) haben die


Welt erschaffen? Er erwiderte: Fraget ihr mich, fraget den ersten
Menschen in Deut 4, 32: vom Tage, als Gott den Menschen erschaffen
hat

wo

auf Erden,

Gottesnamen

in

t<13

in

Was

der Einzahl steht.

Josua 22, 22 VIV

in

^^

n\n^ ^

"^

bedeuten die
n^^bN ^? Er

verweist auf die Einzelzahl des Prdikats yiV, die eine Mehrheit im

Subjekte

ausschlieft.

Psalm

in

"Ip"""!

Was

Was

bedeuten

die

Namen

Er hebt wieder

50, l?

bedeutet in D^ti^np Tihi^

"IJIT

die Einzahl

"'"'

^nbi< bi<

der Verba

Josua 24, 19? Er verweist auf in und auf KIH "lip b^ in der Fortsetzung des Verses.
Was bedeutet D^nnp D\n^S in Deut 4, 7 ? Die Fortsetzung liNlp b:)2
V^S* mit dem Suffix der Einzahl vb widerlegt jede Mideutung auf
hervor.

eine Mehrzahl

der Gottheiten.

Von

in

diesen Stellen finde ich

allen

keine bei Justin, so da sie wahrscheinlich in der ersten Hlfte des

zweiten Jahrhunderts noch nicht als Beweise fr eine Mehrheit von


Gottheiten angezogen wurden, wie

Doch

sind.

hat,

sie

wie bereits erwhnt

auch

als

solche ganz haltlos

(S. 283),

Simon Magus, der

dem

Petrus einige dieser

Vertreter einer frhen gnostischen Hresie,


Stellen als

Beweis dafr vorgehalten, da die Bibel

selbst zwei

oder

mehrere Gottheiten zugebe; so auer Genes i, i noch Psalm 50, i


(Pseudo-clement. Homilien 16, 5. 6). Somit hat vor den Christen der
zweiten Hlfte des dritten Jahrhunderts der samaritanische Gnostiker

des ersten Jahrhunderts, Simon, die Bibel auf die gnostische Mehrheit

von Gottheiten mideutet. Der Zeitgenosse des R. Simlai. R. Johanan in Tiberias, sagt ebenfalls (Synh. 38 b), da die Thora selbst
solchen Mideutungen begegnet, und fhrt an fr D"T ^l den
Singular in Genes i, 27, fr m"li n::n in Genes ii, 7 ITT in 11, 5, fr
n^n'p.sn ih:^^ Genes 35, 7 >mN r^l)V^ ^J^"? in 35, 3, fr D^nnp D\n'?N in
Deut 4, 7 die Fortsetzung vb> li^lp b^2, fr nns'? n\n^N ID^H in
II

Sam

7,

23 das folgende

l'?

nns'?.

Wir erfahren

hieraus gleichzeitig,

da diese und hnliche Stellen von Minim in Sepphoris und Tiberias


als Beweise fr mehrere Gottheiten in der Bibel verwendet wurden;
und wir wissen nun, da diese Minim keine Judenchristen, sondern
entweder Gnostiker oder Heidenchristen waren.

Zum
gefhrte

Schlsse dieser Skizze


Sifrestelle

sei

hingewiesen,

noch einmal auf

wo

die (S, 289ff.) an-

Ansicht widerlegt wird,


weder Gutes, noch Bses

die

da Gott weder tten, noch beleben,


tun knne. Diese Irrlehre wird einmal im Namen der Minim angefhrt
in
einem sehr lehrreichen Ausspruche des R. Simon
b. Lakis,

der in

Tiberias

vor 279 an der

Seite

des
19*

R. Johanan

FESTSCHRIFT COHEN

292

Die Minim sagen, da Gott die Toten nicht belebt, die Reuigen
nicht aufnimmt, die Unfruchtbaren nicht bedenkt, und aus dem Feuer
nicht rettet; aber Elijah, Knig Manasse*, Pianna, Hananja, Miael und
Azarja bezeugen das Gegenteil. Wer sind diese Minim? Da es sich

wirkte.*

um

Behauptung handelt, da die Wiederbelebung der


Toten nicht in der Thora stehe (Synh. X, i), sondern um die vllige
Leugnung der Auferstehung der Toten, so kann kein Christ gemeint
sein, da die Auferstehung Jesu die Grundlage des Glaubens an ihn
Es ist nur von Sadduzern und Samaritanern bekannt, da
bildete.
sie die Auferstehung nicht anerkannten; aber die Polemik der Tannaiten und Amorer ist nicht gegen diese, sondern gegen Minim
So versuchten R. Gamaliel II und R. Josu b. I^ananja
gerichtet.
(Synh. 90 b ff.) die Minim durch Bibelstellen von der Lehre von der
Auferstehung zu berzeugen, aber nur Deut 4, 4 machte auf sie einen
R. Meir in Tiberias beweist dem Hegemon, der beEindruck.-'
hauptete, Israel sei von Gott verworfen worden (oben S. 279), auch
In Sepphoris sucht R. Joe b. yalaftha einem
die Auferstehung.
Min, der seinen Hinweis auf ein Wiedersehen in der kommenden
hier nicht

die

Welt zweifelnd aufnimmt, durch die Wiederherstellung gebrochenen


Glases dieselbe Lehre zu beweisen (Genes r. 14, 7, Mid. V' 2, 9). Und
auch die Schule des R. Ismael, die sich in Galila befand, bediente
sich desselben Beweises (Synh. 91

In Sepphoris lehrte R. Simai

a).

da es keinen Abschnitt in der Bibel gebe,


worin die Auferstehung der Toten nicht angedeutet wre; nur htten

Deut

(Sifre

32, 2 306),

wir die Fhigkeit nicht, alle die Stellen zu deuten (vgl. R. Simai in

Synh. 90b).

Den Trgern

griechischer Bildung

mag

der Glaube an

die Auferstehung des Leibes unbegreiflich erschienen sein; aber mit

diesen befate sich die Polemik der Rabbinen

Tanhuma

Amorer

I,

Wi

B.

30,

372,4): ^n-no n^HD

Tanhuma
NU *]nn

Xltri

tff'\'i\>n

nicht.-

Da

28 (Parallelen bei

y'^

-[b ntss"'

R. Simon

Bacher,

Pal.

D-'yon dn v^pb ^"\ iok

non nx n^nnty ^"'J>o wb nn T\b na


naitsTin im "n^apw n^jjo nin nn Br\b ii D^nc bapD T\"2pT\ yav
"b "'in
D^BN nn napV nn nnpj; npia n":ipn y^ n^ron "]? no"' dk ,-t?"i nyo nnsx .ntr:o
nps "'S ^m^ nan n 'mpst? Tyo
,7pino min'' .'iii ^^^"1 ti>?D nns nn ,'1:1 nan nx

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iDNiw

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n^iin

b^v^'o n"'ian bn^it

"in

vfn

'?"'So

n"3pn yi<

i"?

ik"'

min\

Es ist beachtenswert, da R. Johanan (Synh. 103a) sagte: Wer dem Knig


Manasse den Anteil an der knftigen Welt abspricht, entmutigt die Reuigen.
3 Bacher, Tannaiten I, 82.
Siehe BERGMANN, Jd. Apologetik 121 ff; dagegen JUSTIN, Dialogus 80,
'

'

Friedl..nder, Vorchristi, jd. Gnosticismus uff.

19.

BCHLER, BER DIE MINIM VON SAPPHORIS UND TIBERIAS USW.

293

den Minim auch die Lehre anfhrt, da Gott die


Reuigen nicht aufnehme', welche als gnostisch bekannt ist, drften
auch die Leugner der Auferstehung derselben Schule angehren.
Marcions Abweisung derselben mag in Tiberias und Sepphoris Vertreter gefunden haben; und diese Gnostiker sind es, die von R. Simon
von

b.

Lakis

b,

Lakis und R. Johanan widerlegt werden.

==

berblicken wir die hier besprochenen, auf die Minim bezg-

da die Minim im zweiten und dritten


Jahrhundert in Sepphoris und Tiberias das Judentum als von Gott
verworfen darstellten, eine Mehrheit von Gottheiten lehrten und sie
aus der Bibel erwiesen, Gott gegen Bue gleichgltig beschrieben
lichen Stellen, so finden wir,

die Auferstehung

und
unter

Min

leugneten.

Judenchrist

ein

zu

In keiner dieser Nachrichten

verstehen,

in

keiner

ein

ist

deutlicher

Hinweis auf das Christentum zu finden oder eine Anspielung auf


In den meisten Fllen handelt es sich um bibellesende HeiJesus.
den, die gegen das Judentum und seine wesentlichen Lehren Stellung

wenigen Stellen, mit denIn keinem der angefhrten


Stze ist ein jdischer Gnostiker festzustellen. Die meisten Parallelen
zu den Erklrungen und Behauptungen der Minim liefert der Heidenchrist Justin der Mrtyrer, der vieles den Vertretern der Logoslehre

nehmen, antinomistische Gnostiker, oder,


selben bereinstimmende Heidenchristen.

in

und Ausgestaltung des Christentums


verwendet hat. Einige Parallelen Uefert der Magier Simon in seiner
Lehre von der Mehrheit von Gottheiten in der Bibel.-^
entlehnt und es fr die Darstellung

Damit

Abrede
Reihe von Talmudstellen Min
soll nicht in

gestellt

sich

werden, da in einer ganzen

auf Juden mit hretischen An-

sichten bezieht; aber alle diese Nachrichten betreffen

Meinungen und

Zustnde vor dem Jahre 135 und zwar injuda.

befat sich die

'

(Exod

So

Exod r. 13,3 sagt: Ich habe sein Herz schwer gemacht"


den Minim Anla zur Annahme, da Gott die Reue Pharaos
da sagte ihm R. Simon b. Lakis: Mge der Mund der Minim

R, Johanan in
10, i)

gibt

gar nicht wollte;

geschlossen werden, denn Gott geht mit Sndern nach deren eigenem Gebahren
(Prov 3, 34).
* R. Johanan beweist die Auferstehung aus
Jas. 52, 8 (Synh. 91b); siehe

um

Bacher,

Pal.

.\morer

GOLDFAHN

I,

337,

2.

XIX, 1870, 164 meint, da unter Minim


Christen in der weiten Bedeutung des Wortes gemeint seien, Judenchristen,
Gnostiker wie Marcion und Heidenchristen. Aber seine Bemerkungen ber die
einzelnen Stellen aus dem 2. und 3. Jahrhundert haben spezifisch Christliches
5

in Grtz'

nicht erweisen knnen.

Monatsschrift

FESTSCHRIFT COHEN

294

einem Juden, wie


schon Rasi aus den letzten zwei Bestimmungen mit Recht erschlossen
hat; der jdische Min wird einem Heiden gleichgeachtet: das Tier,
das er schlachtet, ist Gtzenopfer, sein Brot und sein Wein sind
Baraitha

oft errterte

zum Gensse

in Hll,

13 a* sicherlich mit

Bcher sind wie Zauberbcher, seine


Bodenertrgnisse sind unverzehntet; nach einigen sind seine Kinder
DnTlOO.
Die hier erwhnten Bcher, Thoras, werden auch in einer
Baraitha in Gittin45b erwhnt ^ wo sie ausdrcklich als eine Thora
von einem Min geschrieben bezeichnet werden. Meines Wissens beverboten,

seine

handelt kein Lehrer der nachhadrianischen Zeit in Palstina solche


Bcher oder ThoraroUen; dagegen errtern Lehrer der vorhadria-

was mit solchen Bchern aus Rcksicht auf


ihnen enthaltenen Gottesnamen geschehen solle (Sabb. ii6a,

nischen Zeit in Juda,


die in

XVI

15

Baraitha

in

jer.

To. XIII

c,

5,

Ros haSana

Sifre

17

a',

Num
wo

16)

3.

Derselben Zeit gehrt die

auer Minim noch Angeber und

Epicorsim genannt sind, die die Thora und die Auferstehung leugnen.
Ihre Zeit lt sich aus der Parallele in Synh. X i bestimmen, wo
Minim wohl nicht ausdrcklich genannt, aber gengend gekennzeichnet
sind: Die folgenden haben keinen Anteil an der kommenden Welt:

wer da sagt, da die Auferstehung nicht in der Thora steht, da die


Thora nicht von Gott kam, und der Epicuros; R. Akiba sagt: auch
wer drauenstehende Bcher liest und wer eine Wunde durch geDer Zusatz des R. Akiba zeigt, da
flsterten Spruch heilen will".
der erste Teil aus der Zeit ^or_l3S stammt. Diese Minim haben
Abfassung einer besonderen Benediction veranlat,
weil sie innerhalb der jdischen Gemeinden und in den Lehrhusern
hretische Ansichten hegten und wahrscheinlich auch verbreiteten.
Dagegen standen die Minim, mit denen diese Untersuchung sich

R. Gamaliel

wegung

ppi
.

des galilischen Judentums. Die gefhrliche BeJuda unter dem Einflsse des zerstrenden Gnostizis-

auerhalb

befat,

zur

II

in

ioan

3-\ 'in

.l"

"nsa *iidoi

nir"!

nayi

i"j>j?

Yh^Dt

"iDi

^NiwM

nsi isnD
^'o

]3n3ts'

tiit?"'

^d

ninti

lanst? nnin isd lyopi

yban mir

pn: an nos
xam nni

ibd "antrso

'ni3i.

Siehe BACHER, Revue des Etudes Juives XXXVIII, 42, Agada der Tannaiten I, 259, TolJ. Jadaj. II, 13, JOEL, Blicke I, 72.
4 i3mo WT'Bwi D'-nDn n^nna nsswi mina nsst n^D"np^Bn"i m-nDoni i^ran bz
D^mn n ix'Bnm ini?i n^n y'^'2. nn^nn unawi lus, Joel,
Dan"':'? ^"'mv
3

Blicke

I,

30

ff.

33.

BCHLER, BER DIE MINIM VON SAPPHORIS UND TIBERIAS USW.

mus wurde durch den

Patriarchen

29$

und das Lehrhaus amtlich und

von einzelnen Lehrern privat bekmpft. Die, wie es scheint, nicht so


ernsten Angriffe auf das Judentum und dessen Religion in Galila
wurde ganz der Verteidigung der einzelnen Lehrer in Tiberias und
Sepphoris berlassen.' Als eine Einzelheit aus dem inneren Leben
der Juden in Galila im zweiten und dritten Jahrhundert gewhrt
dieser

Kampf

einen nicht uninteressanten Einblick in die Auffassung

der Lehrer von der Stellung Israels zu Gott und von Gott selbst.
Es sei hier noch auf eine fter behandelte Ebzelheit wegen der zeitlichen
Bestimmung nochmals hingewiesen. In Berakh. 12a lesen wir: 10 min" 21 "lOS
t\n b^m
"nn "2n "ca 'in .yyn noipn "as Di'^tsa na^ty n"? p nnp"? iwpn ^'bnja
yyr\ na-.pn "^so Di'^ton "last? xb p nnp"? itrps ^^nia "loix ini, Samuel sagte: Man
wollte den Dekalog auch auerhalb Jerusalems in das Morgengebet einfgen,
aber unterliefj es wegen bler Nachrede seitens der Minim; in einer Baraitha
'

berichtet dasselbe R. Nathan.

In jer. Berakh.

I, 8,

3 c 31 lautet der Parallelbericht

Dv boi nnann mcj? ^mp in-'W n\n y-12 i^dk pn^nn lani na 'pkid' 'sm nants
"yna nvb i"? una pa"? i*? nnis u"' b yyw n:j?t3 jso pix ^nip ]'k n. Es ist auffallend, da SanieTTein babylonischer Lehrer vor 254, und R. Nathan, ein babylonischer Lehrer der ersten Hlfte des 2. Jahrhunderts, der nach Galila kam
und sich dem Lehrhause in Usa anschlof5, sollen als einzige ber eine aufJerjerusalemische, palstinische Institution berichten; beide haben es offenbar in
"joi

den babylonischen Schulen berichtet. Wann diese Abnderung erfolgte, ist nicht
ersichtUch. Joel, Blicke I, 36, denkt ohne weiteres an die Schule in Jamnia vor
verweist auf
135, wofr kein Beweis vorliegt. Bergmann, Jd. Apologetik 65,
bezeichnet
Demiurgen
des
Werk
den Valentinianer Ptolemus, der das Gesetz als
mit Ausnahme des Dekalogs, der das reine Gesetz Gottes ist (siehe auch BOUSSET,

Hauptprobleme der Gnosis lio, HilgenfELD, Ketzergeschichte


hat schon Marcion dieselbe Unterscheidung gemacht.

346).

Vielleicht

Kleinigkeiten.

Von

In

D. SiMONSEN.

Ehren

einer Festschrift zu

eines Meisters wie

Herman Cohen

im Grunde nur Arbeiten erscheinen, die in jeder Beziehung


Vollgewicht halten. berzeugt da die anderen Beitrge zu diesem
Werke den groen Ansprchen entsprechen, darf ich vielleicht kleineres bieten.
Die Umstnde verhindern mich das zu leisten, was
sollten

ich

gern wollte,

Denker auch mit dem vorlieb


mein bescheidenes Ehrengeschenk dar-

so wird der groe

nehmen, was ich heute

als

bringen kann.

Herman Cohen

hat klar und

eindrcklich

Reinheit

die

der

Gottesverkndigung und der Sittenlehre der Propheten Israels ge-

Doch whrend

Kiew ein
Proze vorbereitet, der nicht zustande gekommen wre, wenn nicht
noch immer unter den Unwissenden der Wahnglaube erhalten wrde,
schildert.

ich

dieses

schreibe,

wird

in

da die Juden fr religise Gebruche Menschenblut ntig htten.


Die wahnsinnige Beschuldigung, der wir z. B. im Namen Apions bei
Josephus begegnen, hat bekanntlich auch die Christen getroffen, und so
auch die zweite Beschuldigung Apions, die Josephus zu widerlegen hat,
da die Juden einen Eselskopf anbeten.' Whrend die Blutbeschuldigung etwas allgemein Barbarisches und dadurch auf ihrem Gebiete
gewissermaen etwas Verstndliches ist, ist es schwieriger zu fassen
wie man dazu gekommen ist, gerade den vollkommen bilderfreien
jdischen Kultus

S. Th. Reinach
isme Paris 1895. Index
^

"

189S.

dem

mit

S. II i)

ist

nicht

in

Textes d'auteurs Grecs


s. v.

Richard Wijnsch

Verhhnung der

Eselskopfe

Ane und Meurtre

Verbindung zu bringen.*
et

Romains

(Sethianische Verfluchungstafeln aus

,,

au Juda-

Rom.

Leipzig

da das sogenannte Spottkruzifix wirklich zur


nach dem eben
Eselsverehrung" der Christen durchaus mglich ist".

sicher,

christlichen Glaubenslehre gezeichnet sei, ,,da

Gesagten eine tatschliche

relatifs

rituel.

FESTSCHRIFT COHEN

298

Gesehen hat man nun, da es damit zusammenhngt, da die Alten


den dem gyptischen Seth und dem mit diesem identifizierten
Typ hon geheiligten Esel vor Auge gehabt haben und weiter SethTyphon mit einem kanaanischen Baal v^ermengt haben \ Es scheint
mir aber doch noch dasjenige zu fehlen, was speziell den Eselskult
mit dem bei den Juden verehrten Gotte (ich spreche hier ja unter
den Voraussetzungen jenes Zeitalters) in Verbindung bringen konnte.
Nun lese ich aber in Erman, Die gyptische Religion (2. Auflage
1909, S. 249 f.), folgendes ber Zauberei durch Anrufung von TyphonSeth, Wer einen Feind lhmen will, der nimmt einen Eselskopf
und spricht also Ich rufe dich an
Typhon-Seth
Ich rufe
deinen wahren Namen an ... Jo-erbeth Jo-pakerbeth
usw." Dazu
bemerkt Erman: gyptisch ist unter anderem das Jo, denn Jo
bedeutet den Esel, unter dessen Bild man sich den schrecklichen
Seth dachte und dessen Kopf der Magier ja auch vor sich hat".
Nun scheint mir alles klar. Apion hat J o einerseits als das gyptische
Wort fr Esel gefat, andererseits als einen der bekannten Kurzformen, in denen der hebrische Name Gottes vorkommt.
Ein
sprachliches Miverstndnis lge dann dem theologischen Unsinne
.

zugrunde.

Da

Miverstndnisse bei Ungelehrten und bel-

sprachliche

wollenden Schlimmes zeitigen knnen,

ist

selbstverstndlich.

Auch

knnen sie aber falsche Beurteilungen hervorrufen.


In einer groen dnischen Kirchengeschichte (Fr. Nielsen
IP 1898, 414) heit es, da man (etwa um das Jahr 1000) die Juden
fr treulos und unzuverlssig" hielt. Zitiert wird dabei das Charfreitagsbei redlichen Gelehrten

Oremus

gebet:

et

pro perfidis judaeis.

Der

gelehrte und parteilose

Verfasser hat bersehen, da perfidus" nicht die Bedeutung hat, wie


unser perfid". Man hlt die Juden fr treulos", was das Gottesbekenntniss

betrifft,

also

dogmatisch, wogegen

sie

den

Menschen

gegenber, rein moralisch, zuverlssig" genug sein konnten.^'

man nach und nach dem

Unglubigen"

alle

Da

schlechte Eigenschaften

und perfid" dann so schlimm wird, da z. B. MLLER


von Itzehoe und GOETHE erklren es gar nicht deutsch bersetzen
zuschreibt,

S.

WNSCH

1.

c. S.

89 ber

Vermengung des gyptischen Seth mit dem

kanaanischen Baal.
*

Nielsen verweist

Die Juden
ganz genau

in
ist;

u. a.

auf den bekannten schnen Aufsatz Dllingers

Europa", Akademische V^ortrge I, S. 216, wo auch nicht alles


doch sagt DLLINGER S. 237 ausdrcklich, daC> die Vertrags-

treue" der Juden nicht angetastet wurde.

SIMONSEN, KLEINIGKEITEN

ZU knnen,'

Schlielich

nur spteres.

ist

schaft ber Religionsha

und

siegt

299
sogar Vlkerfeind-

perfid" wird zur Bezeichnung Albions"

besonders gestempelt.

meinen Glaubensgenossen durch


Miverstndnis etwas beigelegt, was ihnen nicht zukam, so hat

Hat nun

ein

einer meiner Landsleute

ein Gelehrter

andererseits

ersten

Ranges mir einen Landsmann be-

den ich in dieser philosophischen Gesellschaft reklamieren


mchte. Steinschneider spricht in seinen Hebrischen bersetzungen
des Mittelalters I, 211 von einem bersetzer oder Verfasser philosoraubt,

phischer
falsch

Schriften

bersetzt;

namens BOETHIUS aus Dalmatien.


der

betreffende

Boethius ex provincia Daciae.

Boethius

heit

Dies

ist

Er hat

de Dacia

oder

aber nicht das alte Dacien

oder Dalmatien, sondern entweder einfach Dnemark oder die Kirchenprovinz Dacia, zu der damals (13. Jahrhundert) Dnemark gehrte.
Fr die Forscher der mittelalterlichen Philosophie sind hier brigens

noch Fragen zu lsen ber


Boethius,^ welcher

Bo,

dem

resp.

Name

die verschiedenen dnischen gelehrten

nur eine Latinisierung von

altnordischen

Bui

dem

dnischen

ist.

Um

wieder zu jdischen Sachen zurckzukommen, knnte ich


auch ein anderes Namenmiverstndnis STEINSCHNEIDERS nennen.
In dem oben genannten Werke i, 305 Anm. 283, will er O. H. ScHORR
Dieser hat

berichtigen.

in

He-Chaluz

V/erke Isak Albalags mitgeteilt,


steller

des

13.

in

7,

dem

167 Auszge aus einem


dieser spanische Schrift-

Jahrhunderts eine Bemerkung macht darber, ob es

da das an sich Vergngliche ewigen Bestand bekommen


knnte. Zur Beleuchtung nennt er eine jdische Anschauung, da
Serach, die Tochter von Jakobs Sohn Asser ewig lebe, und die bei
NichtJuden herrschende Vorstellung, die solch ewiges Leben dem
ti^Vl ntsn ]1i zuschreibt.
SCHORR versteht unter den hebrischen

mglich

sei,

Wrtern Johannes den Evangelisten, was ebensowenig dort zu lesen


ist wie Steinschneiders Korrektur a. a. O. Johannes den Tufer.

Zu

Juan (Johannes) Butadeus (resp. spanisch Votadios) ^, der


Name fr den sogenannten ewigen Juden", in dieser Form

lesen

lteste

ist

deutsche Wortforschung XIII, 320.


1. c. siehe auch

'

S. Zeitschrift fr

'

Auer den Hinweisen bei Steinschneider

Siger de Brabant 1899.


3 ber das Verhltnis zwischen den

Mandonnet:

Namen Butadeus und Votadios mu


mich begngen auf Gaston Paris, Legendes du moyen ge 1903, S. igff.
zu verweisen. Rtsel sind hier noch zu lsen.
ich

FESTSCHRIFT COHEN

300

kaum

sonst

bei

einem so alten spanischen

Schriftsteller

nachge-

wiesen.

aber der jetzt gewhnliche Namen des ewigen Juden:


Ahasverus? Da er nach dem alten Perserknig (Buch Ester I, i)
benannt sei, ist ausgeschlossen. Die oben erwhnte, zufllige Zu-

Woher

sammmenstellung von Assers Tochter mit der andern Figur hat


mich auf eine Fhrte gefhrt, die vielleicht eine Antwort auf das so
Im i6. und 17. Jahrhundert also in der
oft Gefragte geben kann.
Zeit der Entstehung der modernen Form der Ahasveruslegende, ist
der Name Ahasverus oder Assuerus nichts Seltenes bei Christen.*
Assuerus wird den biblischen Namen Asser reprsentieren (noch jetzt
bei Juden in der Form Assur vorkommend), ist aber andererseits die
Der Name des ewigen
lateinische Wiedergabe des Ahasverus.^
Juden wre im Volke also eigentlich Assur = Asser, dann von einem
Ahasver vermengt. Ob dies nun damit zuGelehrten mit Assuerus
sammenhngt, da des Patriarchensohn Assers Tochter Serach nach
dem oben erwhnten Volksglauben ewiges Leben haben soll, oder
deshalb genommen ist, weil im 16. Jahrhundert ein jdischer auch in
christlichen Kreisen bekannter Pseudomessias^ Asser aufgetreten ist

oder sonst irgendeinen Grund hat, ist vorlufig nicht zu entscheiden.'^


Da ich im obigen nicht nur geantwortet sondern auch gefragt

ob nicht in dem unter


Himmelsstrichen vorkommenden Verbrennen des Judas" zur

darf ich vielleicht auch weiter fragen,

habe,
vielen

Frhjahrszeit ebenfalls ein sprachliches Miverstndnis vorliegt.


ist doch gewi sicher, da man schon in vorchristlicher Zeit bei

kunft der schnen

Tage den Winter,

Es
An-

symbolisiert durch den Riesen,

den Gewaltigen der Urzeit, verbrannt hat,5 und dieser Winterriese,


als Halmpuppe oder sonst wie dargestellt, hat dann auch in christlicher Zeit einen Namen gehabt, der an die Gestalten der Urzeit gemahnt hat. Hier im Norden nannte man einen Riesen Jtun^; es wre

Ahasver s. bei E. KNIG: Ahasver, der ewige Jude, 1903,


21. Von Assuerus nenne ich z. B. den bekannten Maler und Holzschneider
S. 20
Assuerus van Landerzeil in Amsterdam, Mitte des 16. Jahrhundert.
~ Ezra
4, 6, auch griechisch Acro-ouijpor.
3 Vgl. GraetZ: Geschichte der Juden IX, Anhang Note 3.
^

Zitate

fr

4
5

A. 31.

KNIG c. trifft gewi nicht das Ziel.


Vgl. Grbers Grundri der romanischen
E.

1.

Stubenvoll,

Philologie

Heidentum im Christentum

II,

(1891) S.

2 (1897) S. 241

2223

(vgl-

auch

44. 64. 66. 68).


^

Grundbedeutung nach FALK und TORP Etymologisk Ordbog: der Esser.

SIMONSEN, KLEINIGKEITEN

3OI

auch gar nicht unmglich, da man in Griechenland und in Spanien,


wo man den Judas jetzt am Charsamstag verbrennt, an solche Jtun
oder an die Goten der Vorzeit angeknpft hat' Und nachdem dann
jene Vorstellungen von den Riesen im Volksbewutsein ganz geschwunden sind, die christlichen Erzhlungen aber leben, hat die

Halmpuppe den anklingenden Namen des Judas


angenommen.

Die Er^vhnung der Goten fhrt mich nach


ausgezeichneten Gelehrten, dessen Jubeltag wir
wird Westdeutschland

seit

dem

resp. des

dem

Juden

Vaterland des
Bekanntlich

feiern.

dem Namen

Mittelalter hebrisch mit

Aschkenaz bezeichnet. Wo dieser hebrische Name in der Vlkertafel Genesis X, 3 vorkommt, bezeichnet er gewi weder Deutschland
noch ein diesem naheliegendes Land. Wie ist man nun dazu gekommen, Deutschland mit diesem Namen in Verbindung zu bringen?
Dort in der Vlkertafel ist Aschkenaz der lteste Sohn des Gomer,
der wieder der Erstling des

Gomer nach dem Talmud

(s.

Patriarchensohnes Jafet

Krauss

in

Nun

ist.

ist

der Monatsschrift fr Wissen-

Judentums Bd. 39, S. 2) der Stammvater der Goten (resp.


der Geten). Und woher kamen die Goten? In der Geschichte des
Jordanes ber Herkunft und Taten der Geten belehrt er uns,* da
sie aus der Insel Scandza kamen, indem er jene Insel als officina
gentium oder vagina nationum" bezeichnet. Nun klingt der Name
dieser im Norden liegenden Insel Scandza, deren Namen die Goten
dann nach dem Kontinent gebracht haben sollen, sehr stark an jenen
Namen Tity an. Mit den gotogermanischen Stmmen wandert nun
schaft des

der

Name

Punkt der
tracht

'

ein

wenig nach

Jafetiten,

dem

Sden, doch nur zu

dem

nrdlichsten

der fr die Juden des frhen Mittelalters

in

Be-

kommt.
Vgl.

Sandfeld-Jensen: Nationalfhlsen og Sproget

(1910) S. 39 f. rum-

nisches Jidov" wird einerseits fr den Riesen der Urzeit, andererseits fr den

Im dnischen Elucidarius ed. Knudsen 1909, 148 wird NimJuden verwandt.


Da Judas" mit dem Juden zusammengestellt
rod Jude statt Riese genannt.
wird, ist so einfach, dalJ es kaum zu sagen ntig ist; s. z. B. in der Zeitung Hhmizpe 1912 u. 14 Correspondenz aus Zurygrod (Galizien) ber Verbrennung der
Juden" zur
^

Osterzeit.

Moderie, Anschauungen ber Herkunft der Goten

forschung XII, III

f.

s.

Z.

f.

d.

Wort-

Zur Lehre vom Logos

bei Philo.

Von Leopold Cohn- Breslau,

ber

den Logos

bei Philo

ist

frher viel gestritten worden.

Bei

den Unklarheiten und Widersprchen, in denen Philo sich zu


bewegen scheint, ist es ungemein schwer, ber den in den mannigfaltigsten Farben schillernden Begriff, ber sein Wesen und seinen
Ursprung,

ins

klare

zu

kommen.

Dennoch hat

sich

im Laufe der

mancher Meinungsverschiedenheiten im einzelnen in der


Hauptsache eine gewisse bereinstimmung herausgebildet. Die gelehrte Forschung ist im allgemeinen zu dem Ergebnis gelangt, da
die Lehre vom Logos und von den Mittelkrften, wie sie bei Philo
vorliegt, als eine Mischung aus platonischen, stoischen, neupythagoreischen und jdischen Elementen anzusehen ist.
Gegen dieses Ergebnis hat sich neuerdings Widerspruch erhoben. EDUARD SCHWARTZ

Zeit

trotz

kommt

Aporien im vierten Evangelium" auf Philo zu


sprechen' und stellt die Behauptung auf, da der Logos Philos von
seinen

in

Hause aus mit der griechischen Philosophie


er

ursprnglich

nichts zu tun habe,

nichts anderes sei als das biblische

da

Wort" Gottes;

von jdischer Spekulation weit mehr abhngig, als man


gewhnlich annehme, und habe aus dieser auch die Lehre vom Logos
bernommen. SCHWARTZ nimmt auf die Literatur ber Philo so gut
wie keine Rcksicht und glaubt auf Grund eigener Lektre Philos
diese Thesen beweisen zu knnen.
Seine Ausfhrungen haben auf
den ersten BUck etwas Verblffendes. Sieht man aber genauer zu,
so erkennt man, da er von unbegrndeten Voraussetzungen ausgeht, die zumeist auf ungengender Kenntnis des Judentums bePhilo

sei

'

Nachrichten von der K. Gesellsch.

1908, S.

537

ff.

d.

Wiss. zu Gttingen, Philol.-hist. Kl.

FESTSCHRIFT COHEN

304
ruhen,

und durch mancherlei Miverstndnisse und

verfehlte Inter-

gelangt.

Der Ansicht

pretationen

zu

falschen

eines Gelehrten wie

Schlufolgerungen

wird mancher leicht geneigt

EduaRD Schwartz

Gewicht beizulegen. Es drfte daher nicht berflssig


erscheinen, seine Beweisfhrung ein wenig zu beleuchten.^
Schwartz beginnt mit der Bemerkung, man habe Philo zu einem
griechischen Philosophen zu stempeln versucht*, der den Logos des

sein greres

Evangeliums aus der hellenischen Spekulation hergeholt habe;


man habe dann aber zwischen dem Philonischen und Johanneischen
Logos eine Scheidewand aufrichten wollen. Beides sei verkehrt, der
Logos Philos und der Logos des vierten Evangeliums htten denselben Ursprung, nmlich die jdische spekulative Exegese. Das
glaubt er fr Philo bestimmt behaupten zu knnen: wer auch nur
vierten

mit so geringer Kenntnis des A. T., wie jich sie besitze, Philo selbst
der ist ber die Flle der Berhrungen und Beziehungen
liest.
.,
berrascht, die Philo mit den spteren Teilen des A. T. verbinden".
.

Von

solcher Berhrungen

einer Flle

ist

mir nichts

bekannt,

ich

den weiteren Ausfhrungen von SCHWARTZ nicht


finden; denn die wenigen Hinweise auf die Psalmen, auf Jesus Sirach
und die Weisheit Salomos sind nicht der Rede wert. Man mu im
Gegenteil erstaunt sein, da von einem jdischen Schriftsteller und
Erklrer des Pentateuch auf die andern biblischen Schriften so wenig
Bezug genommen wird. Wie sprlich bei ihm Zitate aus den Pro-

kann

sie

auch

in

pheten, Psalmen und den andern Bchern sind, ist bekannt.^ Man
braucht nur einen Blick in die Midraschim hineinzuwerfen, in denen

immerfort zahllose Belege aus allen Teilen der Bibel zur Erklrung
herangezogen werden, um zu erkennen, wie verschieden (trotz mancher
Berhrungen in der Methode) Philos Bibelexegese von der des rabbinischen Judentums

teuch

mit Hilfe

Philo

ist.

es nur darauf an, den Penta-

kommt

der griechischen Philosophie zu

eriutern.

Nun

Schon die Art und Weise, wie SCHWARTZ von Philo spricht, verrt deutlich,
wie falsch und ungerecht er ihn beurteilt: Philo heit bei ihm der alexandrinische
Rabbi" oder Rabbiner", jener flache Schwtzer", der charakteristische Typus
^

des Rabbiners, der mit seiner philosophischen Bildung prunkt" u. .


* Mit diesem Vorwurf sagt SCHWARTZ durchaus nichts Neues.
Man hat
griechischen
nur
als
Philo
die
lngst darauf hingewiesen, da die Darstellungen,
Philosophen behandeln, einseitig sind und der Eigenart Philos nicht gerecht
werden; vgl. J. FREUDENTHAL, Monatsschr. f. Gesch. u. Wiss. d. Jud. 18 (1869),
417,

und meine Bemerkungen Neue Jahrb.


3

An

anderer Stelle

Frmmigkeit, wie

sie die

(S. 543)

sagt

f.

klass. Altert.

Schwartz

selbst,

(1898), 517.

da von der jdischen

Psalmen atmen, bei Philo nichts zu finden

ist.

COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO

3O5

meint SchwaRTZ: Von griechischen Pilosophemen findet sich nur


einzelnes, das aus dem Zusammenhang gerissen ist ^; die Fetzen platonischer, stoischer, neupythagoreischer, si<eptischer Doktrin, so

Wertab und zu erhalten haben, widerstehen hartnckig dem


Versuch, sie zu einer einheitlichen Lehre zusammenzuordnen". Darauf ist zu erwidern: Philo ist als Philosoph Eklektiker, und das Wesen
des Eklektizismus besteht darin, da er sich nicht zu einer einheitlichen Lehre zusammenordnen lt.
Was Schwartz hier von Philo
sagt, gilt ebenso von Cicero und Plutarch.
Philo will ja auch in
den exegetischen Schriften gar nicht systematischer Philosoph sein,
volles

sie

er will die Bibel philosophisch erlutern,

und zu diesem Zwecke

zieht

Theoreme aus der griechischen Philosophie heran, die seiner Anschauung entsprachen und ihm zur Begrndung des Bibeltextes geer

eignet

erschienen.

die Philosophie bei

Wenn SCHWARTZ

dann weiter behauptet, da


Philo nur Tnche sei und die griechischen Termini

dnne Hlle, durch die die jdischen Vorstellungen durchschimmern, so ist vielmehr das Gegenteil richtig. Die religisen
Grundanschauungen Philos sind jdisch, aber sie sind bei ihm so
mit griechischen Vorstellungen verbrmt und durch philosophische
Theorien so stark modifiziert, da sie hinter diesen fast ganz verschwinden. Diese Grundanschauungen saen allerdings bei ihm so
fest, da er trotz aller philosophischen Aufklrung ein frommer und
gesetzestreuer Jude blieb und die strengste Befolgung der biblischen
Vorschriften verlangte.
Auch den Glauben an den Vorrang des
israelitischen Volkes hielt er fest, weil er wie jeder glubige Jude
von der berzeugung durchdrungen war, da dieses Volk ein Priestervolk sein solle, das von Gott auserwhlt sei, den Menschen den
einig-einzigen Gott zu verknden und fr das ganze Menschengeschlecht zu beten und zu opfern. Die jdischen Anschauungen
Philos beruhen auf der griechischen Bibel, und zwar hauptschlich
eine

auf

dem

Quelle

Gesetz

d.

h.

dem

seiner jdischen

Pentateuch,

Religiositt

der

beinahe

die

genannt werden kann.

einzige

Spt-

jdische Vorstellungen, die sich nicht unmittelbar aus der Bibel ab-

man

ihm recht

Der Grund dafr


liegt in seiner Unkenntnis der hebrischen Sprache und wichtiger
Momente der traditionellen Entwicklung des Judentums. Daher
leiten

lassen,

findet

bei

selten.

^ Da Philo mehrere rein philosophische


Schriften verfat hat und da auch
n den exegetischen Schriften ganze philosophische Abhandlungen eingestreut

sind, ignoriert

Schwartz

vollstndig.

20

FESTSCHRIFT COHEN

306
sind

die

Berhrungen

mit

dem Rabbinismus und

Exegese verhltnismig schwach.

So

ist

es falsch,

der rabbinischen

wenn SCHWARTZ

behauptet, da Philo auch die richtige Deutung des Gerechten" auf

mit

Die zitierte Stelle (de praem. et poen. ^ 125)' hat


Gerechten und dessen Deutung nichts zu tun. Philo um-

kenne.

Israel

dem

Deut 28, 13 Karaa-rrjo-ei a-e kv/dios o eos crou


K(^aAy;v,
19
die er wie den ganzen Abschnitt richtig auf das den
gttlichen Geboten gehorsame jdische Volk bezieht, das er aber
schreibt nur die Bibelworte

in seiner

psychologischen Erluterung (wie so

Weisen

identifiziert;

der Gerechte"

Auch

heit

oft)

mit

dem

stoischen

das jdische Volk bei

Lehre von dem Rest der Frommen" kann


ich bei Philo nicht finden.
ScHWARTZ zitiert dazu de spec. leg.
An dieser Stelle ist
II 47 mit deutlichem Anklang an Jes 42, 3",
nicht vom Rest der Frommen" die Rede, sondern von den wenigen
Weisen oder Tugendhaften, die es auf der Erde gibt: vgl. g 44
Philo niemals.

ocroi

r Trap' 'EAAij(riv

77

die

Trapa

apdpocs

da-KrjTal

Von einem An-

cro<f)tas.

An

den beiden
sacrif. Ab. et Caini 124 und de migr. Abrah.
122 (nicht 124) ist mit Beziehung auf Abrahams Frbitte fr Sodom
und Gomorrha (Gen 18, 24 ff.) bemerkt, da Gott um der Tugendhaften willen, wenn es auch noch so wenige sind, auch den Unwrdigen seine Gnade und seinen Segen (tov ttAovtov avrov d. h. die

klang an Jes 42, 3


andern Stellen de

ist

keine

Spur zu

Gaben der Natur) zukommen

lt.

Eindringlich schrft Philo, wie

des Dankgebets

ein.

Philo

entdecken.

steht

SCHWARTZ hervorhebt, die


hier auf dem Boden des

Pflicht

Juden-

tums und des jdischen Gemeindegottesdienstes. Die Psalmen sowohl wie die spteren Synagogengebete strmen ber von Dank
gegen Gott den Schpfer der Welt und Spender alles Guten. Da
in diesen Dankgebeten zugleich das Bekenntnis zu Gott mit enthalten ist, liegt in der Natur der Sache; die hebrischen Bezeichnungen (TIDT) nmn) drcken bekanntlich beides aus (Dank und Bekenntnis, danken und bekennen).^
Falsch sind aber die Behauptungen, da dieses dankende Bekenntnis eine zentrale Stellung im
Judentum gewonnen hat, da es das a-vfxoXov ist, in dem sich die
Juden aller Orten zusammenfinden, und da es in der Eucharistie
^ Ke0a\7j'

fi^y

tov Av&ptaTreiov y^vovs iaeff^ai

Die Gleichung

eix^p^o-Teii'

(prjcri

i^ofioXoyeta'^i

rbv <rirovScuov eire vSpa

= Gott bekennen,

anfhrt, findet sich bei Philo nur an zwei Stellen (leg.

wo er von Juda
miK dort in der

spricht, der

ihm der

Septuaginta durch

all.

i^ofioXoyrrriKbs rpwos ist

i^oiJ.o\oy^(TOfj.ai

bersetzt

die

80. 82,

elfre

Xa6v.

SCHWARTZ
II

95

f.),

nach Gen 29,35, weil


ist.

COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO


der

christlichen Liturgie

fortlebt

seinen Glauben an den einzigen

307

Das Bekenntnis des Juden, das


Gott zum Ausdruck bringt, waren

und sind vielmehr die Worte: Hre Israel, der Herr unser Gott,
der Herr ist einzig" (Deut 6, 4). Das sind die Worte, die von altersher den Mittelpunkt des jdischen Gebetrituals bilden und im Gemeindegottesdienst immer wiederkehren.

Das

ist

das Bekenntnis,

das der Jude bei jeder feierlichen Gelegenheit ablegt, mit dem der
fromme Jude seine Seele aushaucht, mit dem Tausende von jdischen
Mrtyrern in den Tod gegangen sind. Das ist auch das Symbol,

dem

Juden aller Orten sich zusammenfinden. Es ist nun


recht merkwrdig und fr die Geistesrichtung Philos bezeichnend,
da wir dieses altjdische Bekenntnis bei ihm vergebens suchen:
in

die

Hre,

der Satz

Mal

Israel usw."

wie

kommt

in

Philos Schriften

nicht

ein

berhaupt irgend welche Kenntnis eines


Gebetrituals nirgends verrt.
Da das eucharistische Gebet der Meeinziges

vor,

er

den Dankgebeten des jdischen Gemeindegottesdienstes


seinen Ursprung hat, ist sehr zu bezweifeln. Mit grerer Wahrscheinlichkeit ist es aus den Segenssprchen und dem Dankgebet
bei der Mahlzeit an dem Vorabend des Sabbats und der Festtage
liturgie

in

herzuleiten.

scheinlich

Dieses christlich umgestaltete Dankgebet wurde wahranfangs bei der Agape verwendet und spter in den

Morgengottesdienst aufgenommen,
verlegt

wurde.'

Das

jdische

als die

ganze Eucharistie

Bekenntnis

ist

in

jedenfalls

diesen
die

in

christliche Eucharistie nicht bero-egfangen.

Auch

in der Art,

wie Philo ethische Begriffe der griechischen

Philosophie verwendet, will


lichen Bildungsstolz"

durchbrechend, die

Schwartz

nur Flitter" und oberflch-

im Grunde rhre sich, immer wieder


Moral des Judentums. Gewi lt sich nicht
sehen;

Ethik aus der griechischen Philosophie herieiten.

alles in Philos

Was

mit seinen religisen Grundanschauungen in engstem Zusammenhange


steht, ist fr das Judentum in Anspruch zu nehmen.
So die innige

Verbindung von Frmmigkeit (eva-eeta) und Menschenliebe {4>i.\avdp(aTTia), die Bezeichnung der eia-eaa als erste und vornehmste Tugend,
'

darin

Vgl. F. X.
irrt,

Kraus, Realenzykl.

d. christl.

Altertmer

II,

311

ff.,

da er dieses Ritual nur dem Passahabend zuschreibt;

Haucks Realenzykl. V3

P.

der jedoch

Drews

in

561.

Die Stoiker definierten die emieia als irtaT^v ^S" ^pairelas (Stob. Anth.
Da Gott im Mittelpunkt von Philos Weltanschauung steht und die
11 62, 2 W.).
^epawfia SeoC nach ihm die erste Pflicht des Menschen ist, so ist ihm folgerichtig
die eiiaeeia die hchste Tugend.
2

2o*

FESTSCHRIFT COHEN

308

zu Gott, das feste Gottvertrauen,


Sieht
Bibel gegeben sind.
lauter Dinge, die unmittelbar durch die
man von diesen ab, so kann man unmglich leugnen, da Philos

der Begriff der

Reue und Umkehr

und gar auf der Lehre der Stoa aufgebaut ist. Die
dem
Lehre von den Tugenden und Affekten, von der SittHchkeit als
Weisen,
hchsten Gut (/iovov to KaXov dyaOov), die Schilderung des
Tugendhaften, das Weltdie Gleichsetzung des Weisen und des
brgertum des Weisen, die Lehre von der fortschreitenden und vollkommenen Weisheit, die Empfehlung des naturgemen Lebens, der
Leidenschaften
6p6os A070S c^uo-ews, die Bekmpfung der Begierden und
alle diese und andere stoische Lehren nehmen
bis zur Apathie,

Ethik ganz

bei Philo

breiten

so

einen

Raum

man

da

ein,

sie nicht

blo als

oder Aufputz ansehen kann. Auch was er als das Ziel wahrer
hnlich
Sittlichkeit hinstellt, Gott nachzuahmen und ihm mglichst
werden suchen, hat er nicht aus dem Judentum entlehnt, sondern

Flitter

zu

aus Plato, obwohl diese Forderung sich auch aus biblisch-jdischer


Anschauung begrnden lt. Es lag doch fr einen Bibelerklrer
sein,
so nahe, dabei an das Bibelwort anzuknpfen: heilig sollt ihr
denn heilig bin ich der Herr euer Gott" (Lev 19, 2). Aber auch
wird von Philo
dieser Satz, der an der Spitze jdischer Ethik steht,

Er

lebt

und betrachtet es

als

nie angefhrt.

eben

viel

mehr

in

seine Aufgabe,

griechischen Vorstellungen
biblischen

die

Gebote und

Moralvorschriften durch die ethischen Lehren der griechischen Philosophie zu erlutern und zu begrnden.^
Ein Mittel, das SchwarTZ gern anwendet, um zu zeigen, da
bei Philo jdische

Anschauungen versteckt

vorliegen, besteht in der

Gleichsetzung Philonischer Begriffe mit hebrischen Ausdrcken der


In den meisten Fllen beruht eine solche auf Irrtum oder
Bibel.
So setzt er bei einigen Zitaten aus Philo zu to V
Miverstndnis.
in

Klammern

hinzu:

Das

m.T.

heit den Leser irrefhren.

Philo

gebraucht entsprechend seiner Lehre, da eigentlich Gott allein


wahres Dasein zukommt, sehr hufig von Gott den Ausdruck to
Diesen hat er aber aus Plato, nicht
ovTws ov oder auch blo to 6v.
aus der Bibel*; denn die Septuaginta bersetzt nin"' niemals mit
^

Wie

weit das geht, zeigt

gebet de spec.

Wendland

leg.

210

f.

z.

B. das mit stoischer Physik aufgeputzte Dank-

und das Gebet des Hohenpriesters

neuUch hingewiesen hat (Nachrichten der

ibid. 97,

worauf

Gott. Gesellsch. d. Wiss.,

Philol.-hist. Kl. 1910, S. 332).


'

Auch

die hufig

Plato (Tim, 28

c),

vorkommende Bezeichnung

ebenso

ytwriffai Trarrip (ibid.

27

c).

irotrjrrjs

Kai irar-np

stammt aus

COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO

sondern

3O9

und der Umstand, da in der griechischen Bibel Gott bald Kvpto^ (= nin*') bald eos (= DM^K) genannt
wird, hat Philo zu seiner Unterscheidung der beiden gttlichen HauptTo

ov,

stets

mit

krfte veranlat (Kvpios


Svvajxis TTOLifTiKrj

Bezeichnung

Exod

3,

14 eyw

oder

Kvpios;

Svvafj.i's

evipykrLs).

oder

aa-iXtKrj

Die neben

KoAao-rij/jtos

to 6v bei Philo

und

eds

vorkommende

wv findet sich in der Septuaginta nur an einer Stelle:


6

t/zt

ojv

n\"IX

An

ii/xas= 2'hi^ ^:n^tr iTH.

n\1K und

ItJ'fc^

diese StelleS

wv aTrecTTaAKev

/le tt/jos

an der also nicht mn^

dachte Philo wahrscheinlich, wenn er de Abrah. % 121 den


mittleren der drei Mnner, die bei Abraham erschienen, als den
erklrt, der in der Heiligen Schrift o wv genannt werde.
Wie der
steht,

Gottesname lautete und was er bedeutete, war Philo unbekannt.


Das geht aus de vita Mos, II 114 f. hervor, wo er nach
heilige

Exod

28,

36 die

auf

Inschrift

= LXX

dem

des

Stirnblatt

Hohenpriesters

erwhnt und nur bemerkt, da


sie
Buchstaben des (Gottes-)Namens enthielt, der nur im
(eV
dyiots) ausgesprochen und gehrt werden drfe.*
Heiligtum
Philo
wei nicht, da in der griechischen Bibel mit KvpLos das Tetragramtynp

(niiT?

Kvplov)

ayiao-p.a

die vier

maton wiedergegeben wird; er wei nur vom Hrensagen, da die


vier Buchstaben den Gottesnamen enthielten
nicht aber, da sie
TO V (oder o wv) bedeuten oder da diese Bedeutung in sie hineingelegt wurde.
Die charakteristische Stelle Exod 6, 3 (^ mn^ ""Dt^t
3,

nrb TlVlU) konnte Philo


verstand und

nicht verwerten,

er nicht Hebrisch

weil

von der griechischen Bibel abhngig war. In


der griechischen bersetzung (/cat to ovop.a. jxov Kptos ovk lTjAwo-a
avTols) war ihm nun die Stelle so unverstndlich, da er sie ndert,
indem er Kvp tov aus /cuptos macht und dann einen Beweis darin
findet fr seine philosophische Anschauung, da Gott eigentlich
namenlos sei.*
vllig

Sie wird von Philo fter

zitiert: quod det. pot. insid. sol. 160.


de mut.
nom. 11. de somn. I 231. de vita Mos. I 75. Die drei Stellen Jer 1,6. 14, 13.
32 (39). 17, an denen die LXX irrtmlich nns durch &i> bersetzt, drfen hier
^

fglich auer Betracht bleiben.

Mit Unrecht wirft hier Siegfried (Philo 203 ^) Philo eine ungenaue Auffassung der Tradition vor; Philo sagt nicht, da nur der Hohepriester und nur
'

im

Allerheiligsten

Name

Gottes)

KvpUf) Te Kai

*
I

230

den Namen" habe aussprechen drfen.

Mos

de vita

II

132

tQv rerTdpwu

Vgl.

quod deus

e^

ypa/ifj.dTwi',

sit

immut.

wv Svoa tov

log

6uT0i

(der

raTs tov 6;>tos Zwy^cn,

eifS.

de mut. nom.
KoX

(t>aa\ firjpvea-Mi.

y&p

13

/cai

iv iripois a-Ke^j/dfvos,

r6 vo/xa
ei

/jlov

Kvpiov

lort ti tov

vtos

oiiK i5-^\u(ra
i/o/xa,

avroh".

aa<pQt iyvu,

de SOmn.
6ti lojpiov

FESTSCHRIFT COHEN

310

Die Weisheit", behauptet SCHWARTZ, ist bei Philo stets die


jdische n03n. Darin aber, da die a-ocfyca bei ihm auch ,,das moralische Wissen von Gott" bedeutet, liegt doch kein Beweis fr eine
solche Behauptung, Da das gttliche Gesetz (vojjlos) und das Sittengesetz

(Aoyos

6pdb<s

bei Philo zusammenfallen,

(f)vcre(i)s)

Gotteserkenntnis und das Wissen von der

Was

Begriffe.

kannte er die

Tugend

so sind auch

fr ihn identische

HDDn ist, wute Philo nicht, wohl aber


griechische a-o<f>ia und insbesondere die stoische.
Bei
die jdische

den Stoikern geht die o-o^ia, geht die theoretische Wissenschaft in


das moralische Wissen ber. Im Stoizismus sind der Weise (o-o^6s)
und der Gute {dyaOos, a-n-ovSahs), der Tor (acjipwv) und der Bse (/caK-o?)
Nicht der

identische Begriffe.

und der

de spec.
ist

zum Frommen geworden

zum Gottlosen (S. 542), sondern umgekehrt wird bei


Fromme zum stoischen Weisen und der Gottlose zum

Weshalb an der von Schwartz

a^/3)v.

soll,

ist

acjipiov

der

Philo

o-o^os

288 unter der

leg. I

<TO(f>La

(S. 533')

die

angefhrten Stelle

nDSn verstanden werden

Philo allegorisiert das biblische Gebot, da das

mir unklar.

Feuer auf dem Altar stets brennen solle: der Altar bedeutet
die dankbare Seele des Weisen, das Feuer das Licht des Geistes,
die crocjiia, wie umgekehrt das Dunkel der Seele die ac^poa-vrj ist;
denn wie das sinnliche Licht den Augen dient zur Wahrnehmung
a-ot^ia) dem Geiste zum
des Krperlichen, so das Wissen (OTto-Ti^/*?;
Schauen des Unkrperlichen und rein Geistigen, und dieses Licht
leuchtet stets und erlischt nie. Man sieht. Philo bewegt sich auch
Ganz unverstndlich
hier ganz in stoischen Ideen und Ausdrcken.
ist aber der Hinweis (ebenda) auf de opif. mundi 3^ to 8e aoparov
heilige

Kai

vorjTov

yevea-Lv

als

und

Oeiov

Xoyov

die Erklrung

yeyovev

Urlicht,

dem

<^ws vo-qrov,

eiKwv

tov

8tep[Jirjvev(TavTos

dem

'Licht' ist".

Urbild

Philo spricht hier

der sichtbaren Gestirne,

der Ideenwelt von Gott geschaffen wird;

als letztes

T7)v

der Schwulst bedeutet nichts anderes

da das Gesetz, die Tora, das

vom
das

avTov

Ikcivo

(fiws

dieses Ur-

ebenso wie dann der Idealmensch ein Abbild dieses Aoyo? genannt wird, da der ganze koct/xos

licht

voi/ros

nennt er ein Abbild des


mit

dem

Thora zu tun

gttlichen

delos Aoyo?,

Logos

identifiziert

wird.

Was

hier

die

hat, ist unerfindlich.*

ovSh.
Danach ist auch Zeller III 2*, 403 zu berichtigen: der Name des
beSeienden (der Jehovaname) ist der einzige, welcher das Wesen Gottes
zeichnet".
Es mu heien: der Name der Seiende (oder das Seiende)", der
Zusatz der Jehovaname" ist falsch.
" Aus welchem Grunde Schwartz die Gleichung 7rat6e(a
iDI hervorhebt,

Falsch

COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO

3II

depaireur toG Oeov

auch die Gleichung mn^ nx rr\

ist

Der Ausdruck JVW wird

(S. 544).

allgemeinen Bedeutuno-

in dieser

sondern immer nur speziell vom Dienste


der Priester und Leviten im Tempel, und die Septuaginta gibt ihn,
nie in der Bibel gebraucht,

wie ein Blick

in die

Konkordanz von Hatch und Redpath

zeigt, fast

durchweg durch Aetrovpyetv wieder, nie durch depaTrevav. Gott dienen",


was bei Philo Oepaireveiv Tov 6e6v bedeutet, heit hebrisch miT' ns l^j;
(in der LXX gewhnlich mit Xarpeveiv bersetzt, was Philo vermeidet;

Exod

ersetzt er

de confus.

94 durch
fie 6epaTrvrj).
Das in der Bibel so hufige miT' 12)^ wird in der
griechischen Bibel durch depTTw deov wiedergegeben, und an der
8,

AaT/36i5cr)crtv

/iot

i'va

ling.

iva

wo

einzigen Stelle,
Jesaia 54, 17,

ist

Aber auch der

hohem Grade
Apathie
BepaTreia

tois

dem

anfechtbar.
nicht

hinauslaufen.

zusammengehren.

Die

Oepaweveiv

in

der

LXX

vorkommt,

bersetzung von miT'


die falsche Gleichung vorkommt,

depaireovcriv

Satz, in

fr Philo
Oeov

Verbum

das

Kvpiov

Schwartz
das

in

da Weltflucht und
sind, sondern auf die

Hier vermengt er zwei Dinge,


Oeov,

ist

meint,

absolute Ziel

depairda

HiJ?.

die

Philo

die nicht

verlangt,

ist

die

fromme jdische Gottesverehrung (das biblische Gott dienen").


Weltflucht und Apathie dagegen sind griechische Begriffe und Vorschriften der platonisch-stoischen Ethik, und ihr Ziel ist auch nur etwas,
was nicht mit der jdischen Frmmigkeit zusammenhngt, nmUch
die platonische Idee der mystischen Anschauung Gottes.
Diese
unklare und schiefe Auffassung setzt sich auch in den unmittelbar
folgenden Worten fort: und ihr Lohn ist nicht die hellenische
iSaip.ovta, sondern die Ekstase, die im Gebet mit Gott verkehrt und
von ihm Offenbarungen empfngt". Der Lohn der Oepa-n-eia 6eov ist
nach Philo ohne Zweifel die evSai/xovta, wie
Befolgung der gttlichen Gebote verheien

sie in

der Bibel fr treue

Die Ekstase aber


ist nicht der Lohn der (jdischen) Frmmigkeit, sie ist berhaupt
so, wie sie Philo versteht, nichts Jdisches.
Die Ekstase ist die
weitere Folge der Weltflucht und Apathie: nach Abttung der Sinne
sehe ich nicht

ein.

Natrlich gebraucht Philo

er Bibelstellen anfhrt, an

(und

wird.^

iraiSeLa in

denen das hebrische

"IDIO

dieser

Bedeutung

da,

wo

(und "i") in der LXX mit


immut. 54 und de somn.
11). Sonst aber hat es bei

z. B. quod deus sit


de congr, erud. gr. 177 (Prov 3,
ihm die gewhnliche Bedeutung, auch leg. alleg. III 167 <pQs di ^Iwxv^ io'ri vouSeia,
wie die weitere Ausfhrung zeigt und die Parallelstelle de spec. leg. I 288, wo
dafr emaTri/jLij und (TorpLa stehen. Im brigen hat "iD"' auch die Bedeutung belehren".
' Vgl. z.B. de opif. mundi
172. de post. Caini 185, de spec. leg. I 345.

xaiSe/o
I

iraidevew)

237 (Deut

8, 5).

bersetzt wird:

FESTSCHRIFT COHEN

,12

will

der

dem

gttlichen nahe verwandte menschliche Geist in den

Zustand der Ekstase gelangen (e^io-rao-ai) und in das Reich der


Ideen sich aufschwingen, um das letzte Ziel der Philosophie zu erreichen, Gott zu schauen. Die Ekstase hat also an sich mit der
depairaa Oeov, mit der Gottesverehrung im biblisch-jdischen Sinne,
Auch das Gebet wird von Schwartz ganz willkrnichts zu tun.
lich hineingebracht, leg. alleg. III S 42 ff-, wo die Exegese der angefhrten Stellen die Ekstase als die Ekstase des Gebets fassen
Philo sagt, daC mit Gott
soll, ist vom Gebet gar nicht die Rede.
zu verkehren, d. h. in mystischer Weise sich zu Gott zu erheben,
nur dem mglich sei, der sich von allen sinnlichen Fesseln befreit
und den Zustand der Ekstase erreicht hat. Nach dieser falschen
Auffassung von der Ekstase findet dann SCHWARTZ, da die Berufe

und Propheten von Philo in ideale Hhen hinaufgeschraubt werden, und zwar jener noch mehr als dieser, obgleich
man erwarten solle, da ihm die Prophetie nher lag als der Stand
der Leviten. Der Beruf des Leviten und der des Propheten lassen
Die Leviten sind
sich eigentlich gar nicht miteinander vergleichen.
des

Leviten

wegen des bestndigen Tempeldienstes, dem sie ihr Leben


weihen, die idealsten Vertreter der depaTreca eou. Der Prophet dagegen ist ihm der Weise, der von Gott gewrdigt wird, sein Dolfr Philo

metscher (ipfj.rjvev's) ZU sein, der kraft gttlicher Inspiration in Ekstase


gert und im Zustande vlliger Bewutlosigkeit gttliche Offenbarungen empfngt und verkndet. Philos Auffassung von den Leviten beruht ganz auf der Bibel und entspricht der Anschauung des
Judentums. Seine Vorstellung von dem Wesen des Propheten da-

gegen ist aus der platonisch-stoischen Lehre von der intuitiven


Mantik geschpft und stimmt vllig mit dieser berein.' Da Philo
vom Propheten nicht gering dachte und ihn nicht niedriger stellte
als den Priester und Leviten, zeigt allein schon die tiefe Verehrung,
mit der er von Moses spricht und ihn schildert; und die andern
Propheten glaubt er am besten dadurch zu ehren, da er sie Schler
des grten Propheten nennt (Mwvo-ews yvwpLfioi. oder (j)OLTi]Tal). Von
einem inneren Widerspruch also, der in Philos Auffassung von den
Leviten und Propheten liegen soll, kann keine Rede sein. Ebenso-

wenig besteht bei Philo der Widerspruch, da er das Judentum

Quis

poen.

55.

rer. div. her. 259. 265.

Vgl. Plat. Tim. 71 d.

Br^hier, Les idees

philos. et relig.

de spec.

Ion 534

a.

de Philon,

leg.

65,

IV

49.

de praem. et

Posidon. bei Cic. de divin.


p. 185.

als

66.

COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO

und doch

3I3

im eigentlichen- Sinne
Propaganda fr das jdische Gesetz treibt. Ist denn nicht die Verherrlichung des jdischen Glaubens und der biblischen Gebote als
hchste Philosophie die beste Propaganda fr das Judentum? Ist die
Art, wie er von den Proselyten spricht und ihre Bekehrung von dem
heidnischen Irrglauben zu dem wahren Glauben preist und als nachahmenswert empfiehlt, etwas anderes als Propaganda fr das Judentum? Die Schriften aber, die spezifisch apologetischen Charakter
haben und fr nichtjdische Leser berechnet sind, insbesondere also
die Vita Mosis und die 'ATroAoyta virtp 'lovSaiwv, haben neben der Verteidigung augenscheinlich auch Propaganda im Auge.
Die Ursache fr die in Alexandria gebte Spiritualisierung der
Bibel will SCHWARTZ in einer ungeheuren Spannung sehen, die
zwischen der das jdische Leben beherrschenden Hoffnung auf eine
gute Zukunft des auserwhlten Volkes und den realen Verhltnissen,
in denen die Juden unter rmischer Herrschaft lebten, angeblich
bestand und empfunden wurde. Die philosophierende Allegorie soll
nicht aus dem Bestreben entsprungen sein, eine philosophische Lehre
mit der Bibel auszugleichen, sondern aus dem Sehnen und Trachten,
jene Spannung aufzulsen. Diese Behauptungen sind ohne jeden Beweis hingestellt. Von dem Empfinden einer Spannung zwischen den
messianischen Hoffnungen und der geschichtlichen Wirklichkeit ist
weder bei Philo noch sonstwo irgend etwas zu merken. Und wenn
eine solche Spannung wirklich bestand und gefhlt wurde, so sieht
man nicht ein, wie sie durch spiritualistische Exegese der biblischen
Lehren und Gebote beseitigt werden konnte.' Weshalb hat man
denn dieses Heilmittel nicht auch im palstinischen Judentum angewendet, das doch unter denselben Verhltnissen und noch mehr
zu leiden hatte? Weshalb nicht im Mittelalter, in den finsteren Zeiten
der Unduldsamkeit, Bedrckung und Verfolgung? Nicht Allegorie
und spiritualistische Exegese, sondern unverwstlicher Optimismus
und unerschtterliches Gottvertrauen haben zu allen Zeiten dem
jdischen Stamme ber alle Not und Drangsal hinweggeholfen. Die
philosophische Allegorie bei den hellenistischen Juden lt sich nicht
anders erklren, als sie bisher immer erklrt worden ist. Die Juden
hchste Philosophie

glorifiziert

nie

' Es steht mit diesem Gedanken nicht


besser als mit der Vorstellung eines
Gfrrer, Dhne u. a., dafi die Alexandriner in bewuter Weise den Zwiespalt
zwischen Religion und Philosophie, den sie empfunden htten, knstlich zu ver-

decken suchten.

FESTSCHRIFT COHEN

314

Alexandria lernten die griechische Bildung und griechische Philosophie kennen und entdeckten in dieser manche Berhrungspunkte
in

mit ihren religisen Anschauungen.

Unwillkrlich gelangten sie da-

Lehren der griechischen Philosophie mit ihren Glaubenslehren


zu vergleichen und fr die Erluterung der Bibel zu verwenden,
indem sie biblischen Erzhlungen und Geboten einen tieferen (symhin,

Sinn

bolischen)

Dazu bot

unterlegten.

klrungsmethode

dar,

sich

von den Stoikern

die

allegorische

die

Er-

der Deutung der

bei

war.

Mythen und bei der Erklrung der Homerischen Geangewendet wurde und in jener Zeit allgemein verbreitet
Aus jdischer Quelle lt sich die allegorische Bibelexegese

nicht

herleiten.

griechischen
dichte

angewandt,

sie

bestand bereits

in

Alexandrien, wie aus verschiedenen

hervorgeht, an denen er auf symbolisierende oder

bei Philo

Stellen

hat diese Art der Bibeldeutung nicht zuerst

Philo

Bezug nimmt; es ist zu vermuten, da solche


in den Synagogenvortrgen am Sabbat und in den Diskussionen,
die sich daran knpften, vorgebracht wurden.^ Aber es knnen nur
einzelne Erklrungen gewesen sein, die er entweder aus mndlicher
allegorische Erklrungen

kannte

Tradition

Philo

hatte.

ist

wie

und da

wir

er

selbst

bei

solchen

Vortrgen

vernommen

der erste literarische Vertreter dieser Geistesrichtung

Denn da

im Judentum.
fange,

oder

dem Um-

schon vor ihm stattgefunden,


nur bernommen habe, ist frher zwar geglaubt,

sie

sie

die Spiritualisierung der Bibel in

bei Philo

aber nie bewiesen worden,

finden,

SCHWARTZ

tritt

mit der

Annahme

einer

weitgehenden jdischen Spekulation vor Philo in einen bedenklichen


Gegensatz zu einem sicheren Ergebnis der neueren Philoforschung:
er nimmt damit die Vorstellung frherer Forscher wieder auf, die

man schon

da die alexandrinische Religionsphilosophie" lange vor Philo fix und fertig gewesen sei und in Philo
nur einen Vertreter neben vielen andern gehabt habe^ er kommt
wieder zurck auf jenes Phantom einer allgemeinen jdischen Theosophie". 3

beseitigt

glaubte,

Ein Unterschied besteht zwar darin, da

Schwartz

nicht

Freudenthal, Die Flav. Josephus beigelegte Schrift von der Herrschaft der Vernunft, S. 6 ff. Br6hier S. 5 5 ff.
^ Freudenthal a. a. O. S.
d. klass. Altert. I (1898),
38. Vgl. Neue Jahrb.
520 ff. Br^hier S. 45 ff.
^

J.

f.

Die Therapeuten (Jahrb. f. klass. Philol. Suppl. 22, 736). BedenkHch ist auch der etwas unklare Satz: da nicht nur hellenistische Philosopheme. sondern auch orientalische, bis jetzt nicht sicher zu fassende Theogerne zugegeben
sophien bei dieser Spiritualisierung mitgeholfen haben, soll
3

Wendland,

COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO

GfrRER und Dhne andere Erzeugnisse

wie

315

der jdisch-helle-

nistischen Literatur als Beweis anfhrt, sondern aus

dem

Beispiel der

denen nach Philo die Bibel allegorisch ausgelegt


wurde, folgert, da aus solchen Kreisen, wie es der der Therapeuten
war, der Philonische Spiritualismus stamme.'
Die Therapeuten sind
indessen auch von GfrRER und DHNE fr Vertreter der schon
vor Philo bestehenden alexandrinischen Theosophie erklrt worden.
ber den Inhalt der Bibelexegese der Therapeuten und ber ihre
Therapeuten, bei

religisen

oder philosophischen Anschauungen

Schilderung etwas Positives

Wendland

nicht zu

aber aus Philos

ist

entnehmen.

Denn

Philo hat,

Anschauungen
den Therapeuten als Motive fr ihr beschauliches Leben und ihre
Askese untergelegt. Es ist also eine vollstndige Verkehrung der
Tatsachen, wenn Schwartz den Spiritualismus Philos von den
Therapeuten herleitet. Er ist eben auf alle Weise bemht, die Bedeutung Philos so viel wie mglich herabzudrcken und seine ganze
wie

Lehre nicht

als

gezeigt hat^, seine philosophischen

sein

Eigentum, sondern

als

das Produkt vorphilo-

nischer jdischer Spekulation hinzustellen.

Auf

diese Weise,

tungen glaubt

mit

solchen Voraussetzungen

Schwartz den Boden

und Behaup-

geschildert zu haben, auf

dem

oder richtiger die von Philo zu Papier gebrachten


Exegesen der Tora gewachsen sind". Auf dieser schwachen Grund-

die Philonischen

er nun auch die Herkunft der Lehre Philos vom Logos


und den Mittelkrften aus rein jdischer Spekulation beweisen. Die

lage

will

gttlichen Krfte"

{8vvd/iei.s)

sollen aus der Superstition des spteren

werden". Man mchte beinahe glauben, da Schwartz damit auf die unglckselige Idee lterer Forscher zurckgreifen will, die die Quelle der .alexandrinischen Theosophie" in uralter geheimnisvoller orientalischerWeisheit vermuteten.
Oder denkt Schwartz dabei an Reitzensteins haltlose Hypothese von der
,

Beeinflussung Philos durch die Hermetischen Schriften?


'
Schwartz spricht dabei von der Schilderung des Paschafestes der
Therapeuten. Wenn das Paschafest nicht ein lapsus calami ist fr das Pfingstfest,

das einige Forscher verstehen wollten, sondern ernsthaft gemeint ist, so mu


werden. Das alle sieben Wochen wiederkehrende, am Vor-

dem widersprochen
abend des

50.

Tages

gefeierte

Fest

jdischen Feste direkt identifizieren.

der Therapeuten lt sich mit keinem


Hchstens knnte eine Anlehnung an das

gefunden werden, das sieben Wochen nach dem


Passah gefeiert wird. Das Passah selbst ist schon dadurch ausgeschlossen, da
die Therapeuten bei dem Festmahl gesuertes Brot genieen.

Wochen- oder

^ a.

a.

Pfingstfest darin

O. S. 732

ff.

FESTSCHRIFT COHEN

3l6

Judentums hervorgegangen

Mund

die

den Gottesnamen nicht

in

den

nehmen wagte: Gott hat keinen Namen, sondern nur seine


Wie die ehrfrchtige Scheu, den heiligen Namen Gottes

zu

Krfte".

der Idee

auszusprechen, zu

(niiT)

sein,

von der Namenlosigkeit Gottes

und zur Annahme von Mittelkrften fhren konnte, ist nicht einzusehen. Man hat das Tetragrammaton nicht nach seinem Lautvvert
ausgesprochen, man sagte dafr Adonaj (Herr). Spter gebrauchte
man fr den Gottesnamen auch andere Umschreibungen, am meisten
Dtyn (der Name), aber man hat darum nicht Gott fr namenlos ge-

angenommen,

halten und Mittelkrfte

auch gar

sagt

Philo

keinen Eigennamen

nicht,

die statt seiner

da Gott keinen

(ovofia Kvpiov).

Und

Namen

Namen
hat,

haben.

sondern

die Erklrung- dafr liegt in

seinem Gottesbegriff. Bei Philo ist die Gottheit nicht mehr der
lebendige Gott des Judentums, sie ist bei ihm zu einer abstrakten
Idee verflchtigt (to V, fiovds, ev). Wir wissen nur, da Gott ist,
sein

Wesen aber

ist

unfabar,

unerkennbar.

Darum

hat

Gott

keinen Namen, weil er eigenschaftslos ist, weil man sein


Das sagt Philo ausdrcklich an den
nicht bezeichnen kann.

eigentlich

Wesen
von SCHWARTZ angefhrten Stellen (de mut. nom. ii. leg. alleg.
Aus dieser berspannung der Transzendenz Gottes sind
III 207).^
auch die Mittelkrfte bei ihm zu erklren. Wie den abstrakten
auch den dualistischen
Gegensatz Gott und Materie, Idee des Guten und Prinzip des Bsen.
In seiner Erhabenheit und Abstraktheit kann und darf Gott nicht in
unmittelbare Berhrung mit dem Materiellen und Bsen treten.
Darum bernehmen die Krfte" oder Wirkungen" Gottes die Vermittlung; diese identifiziert Philo zunchst mit den platonischen Ideen ^
da Gott die oberste Idee ist oder noch ber den Ideen steht, dann
aber auch mit den stoischen wirkenden Krften in der Natur, den
Gottesbegriff,

so

entlehnt

Philo

aus Plato

wie es scheint, schon in der Stoa selbst mit


den platonischen Ideen in Verbindung gebracht waren.3 Also nicht

\6yoi

(nrepfjLaTtKOL,

die,

Lehre von den gttlichen Krften keine philosophische, sondern


Theosophie
ist, will SCHWARTZ aus der Heimlichkeit schheen, mit
superstitise
der Philo sie umgibt. Philo bezeichnet aber die allegorischen Bibelerklrungen
^

Da

berhaupt
*

in

De

als

Mysterien.

spec. leg.

329

rats ffudrois Svvdfieai.v, Hiv ^rvfiov 6voa ai I54ai.

63 (HARRIS S. 64) ras irpiirai rov vroi


SCHMEKEL (Philosophie d. mittl. Stoa, S. 430

Exod.
3

die

II

Quaest.

dvm/jLeis iS^as ISeuy inrapxo'aau


ff.)

hat es sehr wahrschein-

hch gemacht, da Posidonius bereits die platonischen Ideen mit den stoischen
X701 airepuauKoi (und den pythagoreischen Zahlen) verknpft hat.

COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO


aus jdischer superstitiser Theosophie,

317

sondern aus Vorstellungen,

die Philo der griechischen Philosophie entlehnt hat,

ist

die

Lehre von

den gttlichen Krften zu erklren. Diese Krfte oder Ideen sind


Auch diese
zahllos (dixvrjTot) und haben viele Namen (iroAvww/otot).
Tro\vu)wixia ist nicht jdisch, sie stammt gleichfalls aus dem Stoizismus,
speziell aus Posidonius, der von seiner mit dem stoischen Logos
identischen Gottheit sagt, da sie vermge ihrer Krfte oder

Wirkungen

viele

zeichnet Philo

die

Namen

trage.'

schpferische

Als die zwei obersten Krfte be-

oder gndige

{Koa-jxoiToirynKri,

t'Aews)

und die herrschende oder strafende (aa-cXiK^, KoXaa-T-qpios), die er in


den beiden Bezeichnungen fr Gott (eos und Kvpios), die in der SeptuaEs ist mglich, da
ginta gebraucht werden, ausgedrckt findet.
Der palstinische Mihier die jdische Theologie eingewirkt hat.
drasch kennt nmlich eine hnliche Unterscheidung von Gottes
Barmherzigkeit und Gerechtigkeit: wo mn"' in der Bibel steht, sei
Gottes Eigenschaft der Barmherzigkeit

(D''n"in

mo)

gemeint,

wo

DM^N, Gottes Eigenschaft der Gerechtigkeit Onn mo). Wenn Philo


diesen Midrasch gekannt hat, so hat er ihn jedenfalls falsch anDenn er geht von der Etymologie der griechischen
gewendet.
Wrter eds und Kvpios aus und findet demgem in Oeos (= D\n'?i<)
die gndige und in KvpLos (= m.T) die strafende Kraft Gottes, lehrt
also gerade das Gegenteil von dem, was in dem Midrasch ausgedrckt ist. Man knnte also hiemach hchstens von einer geringfgigen Berhrung mit jdischer Spekulation sprechen. Die Lehre
von den Krften" aber lt sich nicht auf diese, sondern nur auf
die griechische Philosophie zurckfhren^.

Vor allem aber, fhrt Schwartz fort, ist es unmglich die


Lehre von den Krften von der Angelologie zu trennen. Wie sich
aus superstitisen Grnden im AT. die Oftenbarung durch den "JS^D
mn"" an Stelle der direkten setzt, ist bekannt: Krfte und Engel
'

Diog. La. VII

135

eV t'

eripai'i duoiiaalaiS Trpoaovod^ea^ai.


irpotTovofj.dieiT^at
'

Die

eo Kai vovv

el^-ai

147

Kai

elap^vrju

Kai

Aia iroXXats rs

.7-6 itjkov Si irdvTiv, 6 iroXXats irpoa-ijyopiati

Kara ras Svvdeis.

von der trv de plant. 127, meint Schwartz, werde erst


wenn man bedenke, da die Spteren den Namen seiner HeiligDC) mit dem Wip 131 identifizieren. Das tun nicht erst die Spteren,
Stelle

verstndlich,
keit" (itnp

schon die Bibel identifiziert beides: Ex 3, 15 (danach Ps 135, 13) mit Bezug auf
die dort gegebene und bis auf den heutigen Tag in Gebetstcken festgehaltene
Bezeichnung Gottes als ,,Gott .Abrahams, Isaaks und Jakobs". ber die Unrichtigkeit der Worte ,,zum Namen Gottes bekennt sich der Jude in der Eucharistie
und im Psalm" s. ob. S. 307.

FESTSCHRIFT COHEN

3l8

am

sind dasjenige

Wesen, das von den Menschen

gttlichen

erfat

werden kann, daher, fr Philo wenigstens, identisch". Die Lehre


von den Krften von der Angelologie zu trennen ist keinem Menschen
eingefallen, da Philo ausdrcklich die Swdixeis 6eov mit den ayycAot der
Da im AT. die Offenbarung durch den Engel
Bibel identifiziert.
Gottes an Stelle der direkten geschieht,

dieser Allgemeinheit

(in

ist

Die Engel sind im Pentateuch, der fr


Philo allein in Betracht kommt, Diener Gottes, die als Boten von
ihm ausgesandt werden, um einen gttlichen Befehl auszufhren,
ausgedrckt) nicht

richtig.

Menschen zu

seinen Willen kundzutun,

und zu schtzen

leiten

u. dgl.';

Offenbarungen werden (in der Regel) von Gott selbst erteilt. Als
Gottes Diener (vTrrjpeTai, Siokovoi, Sopvcfiopoi,, Sopvcfiopova-ai) werden aber von
Philo auch die Swa/xas deov bezeichnet, die als Mittler zwischen Gott

und der Welt stehen wie

die Engel; daher sind beide fr ihn iden-

Diese Gleichsetzung war um so leichter, als schon die Stoiker


die in der Natur wirkenden Xoyot o-irepixaTiKoi mit den Dmonen des
Die griegriechischen Volksglaubens zusammengebracht hatten.

tisch.

schon von Plato (Symp. 202 e) als Mittelwesen


zwischen den Gttern und Menschen bezeichnet werden, galten den
Stoikern als hhere geistige Wesen (yj/vxi-Kai ova-iai). Die Engel sind
chischen

die

Saifxove^,

nach Philo gleichfalls rein geistige Wesen ^ und bedeuten dasselbe


was die Saifiove's bei den griechischen Philosophen.^ So kommt es,
da die Swafieus (= ISeai), die Aoyot (a-TrepfiaTiKot) und die ayycAot (=
BegrifTe

identische

Philo

fr

latfioves)

Wenn demnach

sind.*

genannt werden,

Aoyoi (deov)

Engel von Philo an zahlreichen Stellen

auch Philo: de plant. 14. de somn. I 141. de Abrah.


De confus. Hng. 174. de Abrah. 115. de spec. leg. I 66.

So

% 16 ^uxO'S

de plant.

gig.
0^1'

14

Am

XKoi

os

vwrdrw

5'

ehcu

KaXovat, Mojuff^s 5^

/liv dia(p^poi'Ta,

ras Ka'^apWTdrai

eiwer

yy^Xovs MtoucT^s

daifiova^,

(j>ik6(jo<poi.

Sai/wvas Kai yyiXov^ dv/xara

'f'*'

(piKoaocpiricravTe^ i^pwas

s oi jj-h irap'

(\{/vxds),

ibairep
/xkv

(ppovrifidrup

eydXov a/nX^ui aKoal Kai


XXot

ol

bvbfJiaTL-

irarpl

^etor^pwv

Kai

Kai

<t)i\6<TO<f>oi,

yp ras tov

5iayy4XXovai.

iiruc^poK

6 5^ lepbs

Tjijuv

irapb

irarps

Kai

Xbyos

dyy^Xovi

iwiKeXeija-eii

EWijffi.

140 ff.; Philo schildert

rots

S. i26fTf.) die

Ka^apdjraTai Kai pta-rai (i/vxal),

virapxoi oe toD irav-rjyefibvoi,


Kai dKoiovaai.

etwe

KuXelv

Salfiovas

ratjTecs

irpoa<pvea-Tipi^

xP^f^''^

iyybvoiv Kai ras tQv iyybvwv xP^ias

fepxofi&ovs avnvs

<Twi(j)p fiecrLraLi Kai SiaiTrjrais

171 175 (SCHWARTZ

5'elal

icpopQcrai. irdura

Kai

KaTibvras ela-fiyayev,

Xbyon

xPV<^^^'' ^'*

'''^

Vgl. auch
pxv^ a&rov Kpdros.
fhrt nur einen Teil dieser Stelle an).

ire^piK^vai rbv irajnrpvTaviv Kai rb /M^yiffTOV

ling. S

XKai

iTriKaxovcrai
6\pii,

'

077^01;? vpocrayopevn.

deutUchsten zeigt das die Stelle de somn.

da im Anschlu an die
Bevlkerung der Luft mit reinen Seelen:

vo/j.dteii'.

iv 5^ koX rairrbv viroKelfievov.

platonisch-stoische Kosmologie (BrHIER

ei^bvuiv

115.

fat sie

De

die

ri

re'infirivai

rQ
rols

Kai

de CCnfuS,

COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO

319

knnen das nicht einfach 'Reden' Gottes sein, wie Schwartz


behauptet. Die Aoyot knnen an allen diesen Stellen nur im philoSO

Sinne

sophischen

ausgedrckt wie

darin

Begriff"

werden,

verstanden

es

den

in

kungen, Ideen, Bilder", die im gttlichen


wie Strahlen von ihm ausgehen.
Aoyoi

die

Die

spekulative

Krfte oder Wir-

Wesen

enthalten sind und

Aoyot sind nichts anderes als

Nur hat

der Stoiker.

a-irep/xaTLKOL

derselbe

ist

Swa/iets:

an die

Philo

Stelle der

stoischen Weltvernunft den Gott des jdischen Off'enbarungsglaubens

deshalb

gesetzt,

heien

Man

Aoyoi 6doi.

um

orav

.,

dcrc/zaTots aKTtcrt

yuev
ttjs

kol

evcfiopfj

AoytK?js

ayyeAovs* ...orav ydp


at

(racf)i(rTaTat

rrjv

to

115 ...rj

a'iprjrai,

t/i/ros

d(rKr)TiKfj

rals dp^erinrois kol

dOavdrois Aoyot?,

elKocriv,

aTToAtTrwo-iv

ytvovrat

tov

al

ovs KaAeif eo9

eov

avyat,

dvareAAet

KaraAryi^ets,

Es

Kai dcrevea-Tepov Aoywv, ovkti Trpay/xdTOiV, c^eyyos.

da mit den dcimrot

angefhrten Stellen

tov reXe(Tcf>6pov 6eov TrepiXdfnrerai, rav 8e

"^vx^jv

TrpayfidTOJV

tjv

B, de somn.

tt/dos

Tr-qyrjs

KaraaLvrj kol d(f)Opy, Tals (Ketvuiv

Schwartz

oder

Aoyot Oeov

die Unmglichkeit einzusehen, unter

Z.

,,

ihm auch

bei

braucht nur die von

im Zusammenhange zu lesen,
Aoyot
Reden" zu verstehen.
BiavoLa

Aoyot

diese

to

8l

o>v

Sevrepov

auf der Hand,

liegt

den Abbildern der Ausstrahlungen der

Aoyot,

gttlichen Vernunft, nicht Reden'' gemeint sind, sondern die ewigen

Ideen und unsichtbaren Krfte in der Natur, wie de opif. mundi 43


...ras (nrepjj.aTiKds ovo-tas..., ev aus dSrjXoi Kai d</)avis 01 Aoyot twv

oXwv
eis

oder de spec.

eiVt

leg. I S

Der Gegensatz

c/cyovovs Sitjkovo-i.

-^^yo'? Tr/ooyovwv,

^37

TrpdyfxaTa

und

do/jarots etSecrtv,

Aoyot bedeutet nicht

Sachen" und Reden", sondern im platonischen Sinne wirkliche


Dinge" und Abbilder oder Erscheinungen der Dinge", wie doch
aus dem Gegensatz /3;(eTi)7rots KTio-t und rat? cKetVwv t/coo-t klar hervor-

Danach mssen wir auch an den andern von ScmVARTZ

geht'.

angefhrten

Schwartz
"

avrQ
TTjf

TT/js

p.a.Twv

(^tXoed/Uoyt
-

weiter

bei

Sia

tu>v

.Tro-}(p(cTL

Was

yp

de fuga

ttjs

Kai (pvXaKas
fxoa-dfiei'Oi,

76 ...

Kai

al

vepl

(^'

ao(pLai

(seil. TriavQiv)

finden

da

will,

er

die

t d\r;eiar ip^yyos fjpi_aTo 6 es iva-

oi5

avrrjs

oiix ^veKa

'^apro}!'
tov TrXeidvuiv

\6ywv,

yerai Se

ifjLireipos yei'^-at

eou Kai rCiv lepujTaTuv avroO 5vydfj.euv

et inv. 144

de confus.

genauer erlutert wird:


oidav

angedeutet

Wenn

ablehnen.^

oyS^

Trpay-

^rff]<jei.i

T(p

ktK.

zeigt die Parallelstelle

Tr]v

Philo

imarifiris

^iaf avrQiv

Reden"

bersetzung

die

Vgl. de migr. Abrah.

(TTpaTTTeiu

^rroj'

Stellen

fi

oOx

4'^xV^ Trepi^iovras,

6in-as,

alux'^'"^'^'-

opg.i
Iva.

'"'^

oOj Kokeiv los yy^Xovi.

mit

ling.
roiis

toi>s

27

gemeint ist,
wo dieselbe Bibelstelle (Gen 19, 4)

Upom
f.,

koI fudvrovs \6yovs

ia-Teipu4vovs

ao(plav Kai TvcfyXoin

ddyotaf

tovs ^evu^ivra'! iepovi Kai aLovs \6yovs airnj, <ppovpovs

dM(f>^ipu(ri

Karo.

tQv

'bddjv

Kai

lepQiv

\6yiav

awo-

FESTSCHRIFT COHEN

320

Gleichung ayyeXoi
das

Aoyot

zugeben.

nicht

Adyoi etot

(=

dyycAovs.^

Er

bernommen

eov

wo

fgt an einigen Stellen,

Philo

Worte hinzu

deov) spricht, die

Svvayxets

so kann ich auch

hat,

oi's

damit nur sagen: ich nenne Aoyoi

will

von den

er

eos dvo/xaCciv

6uol,

was man

mit biblischem Ausdruck ayyeAot nennt", also dasselbe, was er anders-

wo

mit den Worten

ausdrckt:

Man

ayyeAoi nennt".^

knnte

die

die

heilige

(Moses)

Schrift

einrumen, da von gebildeten

allenfalls

Alexandria schon vor Philo die biblischen Engel mit den


griechischen Saifiove? zusammengebracht wurden. Aber die Gleichung

Juden

in

Aoyot

^106

nommen,

hat Philo nicht aus jdischer Spekulation ber-

ayyeAot

den philosophischen Begriff der 8wa/xts 6eov aus


der griechischen Philosophie gewonnen hat und deren Verknpfung
mit den Aoyot der Stoiker auch nur dieser entlehnen konnte. Auch
das allmchtige Wort Gottes" in der Weisheit Salomos (i8, 15)
kann nicht als Beweis gelten fr Philos Abhngigkeit von jdischer
Spekulation in dieser Beziehung. Die Weisheit Salomos nennt nicht
weil

er

den Engel, der

Wort

g}^ptische Erstgeburt

die

Gottes": o 7ravToSva/xds

Gott, da

Exod

ttet,

das

allmchtige

Adyos ist nur eine Um.schreibung fr

(tov

29 Gott selbst es ist, der die Erstgeborenen


Wenn der Verfasser der Weisheit Salomos dieses

12,

der gypter ttet.

'Wort Gottes' dann

personifiziert (wie dies

B. schon bei Jesai 55, 11

z.

Chron
21, 16 den Pestengel, so geschieht es nur, weil er Anthropomorphismen vermeiden wollte, wie das sptere Judentum berhaupt.^

und

geschieht)

poetischer Weise hnlich schildert wie

in

Mit Philos Aoyot hat das nichts zu

tun.

und aus dem Umstnde,


da der Adyos Oeov auch der lteste der Engel" genannt wird, schliet
SCHWARTZ weiter, da der Logos bei Philo das Wort Gottes" ist

Aus der Gleichung

deov

Ao'yot

yyeAot

Man

und nicht das immianente stoische Weltgesetz.

Schwartz

nur die Stelle an, die

De

'

Vgl. die

migr. Abrah.

oben

174 yy^Xovs ras

TWjrai
3

S.

i/'u^s

Schon

LXX

die

raurai eiwe KaXelf


oi

Woi

ersetzt

(piXocrocpoi,

z.

Exod

B.

28.

5^ lepbs Xyos yyfKovs eiwe KaXeiv.

4,

24

nw

irap4\^
4

KcLv

K0ffe2(T^(u

(Trjfia

Seivs

Exod
Praep. Evang. IX

ixrfiiiTU)

Kar rbv

/JL&Tot.

pcDf,

'laparjX,

ny^vTi

irptjiTbyovov

iroKvdiyvp.ov virp-)(ovTa.

Kai

yyeXos (Euseb.

KvpLov

und der

mit den

Worten

durch yyeXo;

jdisch-hellenistische Dichter Ezekiel umschreibt


TTws

12, 13

29).

^(6xpfws wc vlbs eoO 7rpo(Tayopevea^aL,

rjs

146).'*

de somn. I 115.
gig. 6, femer de confus. ling.
ecrTTiySs \6yos.
de SOmn. I 141

de confus. ling.
3183 angefhrte Stelle de

Salnoyai ^u

(\f/vxo-s)

hier zitiert (de confus. ling.

173.

sehe sich aber

airov^a^iro}

avrov \6yov, tov Yy^Xw;' irpedvTaTov, ws av pxdyyeXov,

Kai yap dpxv xal

Trpocrayopeijerai.

vofia ^eov Kai


.

Kai

yp

ei

Xyos Kai 6 Kar' elKva v'ApuTTOS

Tfir)

iKavol

eoC iratbes

vop.l^ea'ai.

COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO

321

denkbar, da Philo dabei an das biblische Wort Gottes" gedacht hat? Oder kann irgendeiner seiner griechischen Leser unter

Ist es

diesem Ayos das biblische Wort Gottes" verstanden haben? Wie


die Aoyoi deov an den eben besprochenen Stellen nicht Reden Gottes"

den mit den SwafULs identischen Begriff ausdrcken,

sondern

sind,

dem

so kann auch mit

Singular Adyos

hier nur ein philosophischer

Beweis dafr sind auch die verschiedenen


Namen des Aoyos, die ganz der TroAvww/ita des Aoyos im stoischen
Pantheismus entsprechen (s. oben S. Si/O- Wie die Aoyot 6eov bei
Begriff gemeint

sein.

den stoischen Aoyot o-irepfMaTiKoi stammen, so kann auch


der Logos bei ihm nichts anderes sein als der stoische Aoyos koivos
oder o T^s cftva-ews Aoyos, die immanente und alles durchdringende
Weltvernunft, Sein religiser Monotheismus vertrug aber nicht den
Wie also die Aoyot der
pantheistischen Charakter dieses Logos.
aus

Philo

geworden sind, so der stoische Aoyos


cf)vcre(os
zum 6eov oder Oetos Adyos. Der stoische Logos ist die
TTJs
Weltvernunft, der Inbegriff aller Adyot o-Tre/j/xartKot. Philos Logos ist
die Zusammenfassung aller Adyot etot, er ist die gttUche Vernunft,
die in Gott immanent ist und von ihm ausstrahlt, das Abbild {elKuyv)
und die Ausstrahlung (dTavyaarfia, aTrppota) Gottes. Da die Adyot deov
mit den platonischen Ideen oder Swa/iets und mit den Engeln der
Bibel identisch sind, so ist der Logos, der oberste der Adyot, auch
Stoiker

bei

ihm zu

Aoyot

die allgemeinste Idee

Krfte"

bedeutet

Trpea-vraTos)

Logos

twv

(tSea

twv

(i7ye/xwv

deov

Swa/iewv),

iSetSv,

der Anfhrer der

apxervTros ISea)^

der lteste oder vornehmste (beides

der Engel*

Seine Identitt mit

dem

stoischen

an zahlreichen Stellen klar zu Tage, zumal Philo ihn


hufig geradezu mit stoischen Namen wie d o-Trep/iart/cds Adyos oder
liegt

oder

d opOos Adyos

(1.

d TTJS <f>va-ws Adyos

dvod^eahau) yeyvafiev, dXXd

elKujv

\6yos
*

spec. leg. III

Si.aTpi<pei

207

rev.

airroO

Leg.

\byop

alleg. III

div. her.

irpbt

oca yiyove,

de somn.

150

a-irepaTiKs Kai yfPv-rjTtKos

119 dparos Kai

toO 6utos X670S,

X70J \7r)s Kai

leg. alleg.

kuI 6 X670J 5e tov eoO

239

ttj!

f.

tov

'eoO

rwv Ka\wp \6yoi

i]

(jirepfiarkid]

eUdva, top

6pj.

de

agric.

ttjp iirtfKeiap rrjs

worauf Exod

wird (ebenso de migr. Abrah.

23,

174).

quis

Quaest

20

de

Idoii

51

kpas Tavrrji

iyui dTrocrr^Xw

post.

21

in

de

tQiv 6vt(j3p ovaia,

St/Xwti/cos irdpTWP.

top p^op avrov \6yop Kai irpwrbyopov v16p, ts

zitiert

a-rrepfiaTiKos Kai Tex^/cr SeZ6s icxTi \6yos.

y4\rjs old Tis /MeydXov affi\^u)s vrrapxos SiaS^^erat,

t6p dyyeXop

top vurdru X670J'.

iSiav,

rbp ifyefiva iraaQp tQp toiovtuip 5wd/ieup,

Exod. II 68 (Harris S. 67)


vita Mosis II 128 t^s (t>i(Jewe
irpofjTTja'dfj.ei'OS

px^TVwov

ris r!^ yeviKUTdTu) aiirov \6yu},

yp

irpea-vraTOS Kai yefiKTaTOi tCjv

dyyeXop

\6yov toO iepvrdTov eou 70p

de/5oys dnvos aiirov,

irpfcrvTaTot.

De

III 175

ttjs

roi.

bezeichnet* und mit Attributen

Caini

68

FESTSCHRIFT COHEN

322

Die Auffassung, da der Logos bei

des stoischen Logos belegt/


Philo die gttliche Vernunft

bedeutet,

dem

erhlt

weitere

eine

Sttze

Stoizismus stammende* Lehre,

da
die menschliche Vernunft mit der gtdichen nahe verwandt und
deren Abbild sei.^ Dabei ist zu beachten, da Philo (wiederum in
durch

aus

gleichfalls

die

bereinstimmung mit den Stoikern) in dem Logos des Menschen


den Aoyos ev8id$Tos und den Xoyos TrpotfioptKos unterscheidet, diese Unterscheidung aber bei dem gttlichen Logos nicht macht: in der gttlichen Vernunft ist eben eine Trennung des Gedachten und des ausgesprochenen Gedankens nicht mglich, Gottes Gedanke und Gottes

Wort

Diese Einheit

sind eins.

dem

in

ist

griechischen Begriffe aus-

gedrckt; denn Aoyos, das ursprnglich Wort" (==


hat

bedeutete,

oder Rede"

prjfia.)

der philosophischen Sprache auch die Bedeutung

in

Vernunft" und Gedanke"

So hat auch der

erhalten.''

Aoyos Oeov

bei Philo eine dreifache Bedeutung: die gttliche Vernunft, der gtt-

Gedanke, das gttliche Wort. Die bersetzung gttliches


Wort" ist besonders an solchen Stellen geboten, an denen er auf
Bibelstellen Bezug nimmt, in welchen das Wort Gottes" (prjfjia eou)
liche

6 irpo(TTdTr]s

eTrlrpoTTOs

7)

Ebenso vom
t)

StSdtTKaXos

oJuXfTai

X670S =

etos

irori

TL

ij

irarrjp

fj

Saliniy,

quod deus

lepevs

xPV x^^elv tou


vpoaTrrjv

eKuTTtf

61/

KoKeiv toO av/Kpla.TOS

(plXoi'

ti

t)

sit

iep^a.

Kai

immut.
Hierzu

i)yfx6ya

134

vgl.

iirlrpoTros

Mark Aurel

ij

5,

irari]p

27

irSjvaafia

IduKev,

Zei)j

6 p's \6yos.

T)fiC}v,

yap

cra

iavTOV'

StOj d4 iariv iKarv vous Kai X7oy.

Quis rev. div. her.

'

30 Tov

iiiaov

jrpayd.TUi'

tCsv

X670;'.

de Cherubim

eavTo \6y},

28

d^VKivriTraTOV

yp Kai

eiy,

de spec.

leg.
i<7Tli>

u^pdmivoi vovi

ry yhei

rfjs

eUuu

Xyov crvyyiveuiv,
II

III

eKfiayelov
rjv

t)

wairadpLa

(paat TViru'^rjvaL

(p'

i^alpeTov

irapaaxop-ivov

Kai eyicrT-qv

oS Ka^dnep pxeT^Trov yiyovev

iravyaaa yeyovcbs.

t)

Kara

T-qv
.

ekSva rov vtos^ireiST]

^eoeidrjs

de exsecr.

Zwpedv,

dv'^piiirivos vovs.

ttjv

163

wpbs

Tbv

Quaest. in

62 (Harris S. 26) "hvrjTbv yhp ovUv neLKOvia^vai irpbs Tbv dviordTio Kai iraT^pa
iMvaTO, dXXa Trpbs Tbv Seirepov eo', os ^cttlv iKeivov \6yos- I5ei ydp Tbv \oyiKbv

iv v'bpiinrov ipvxv ruirov irb eioi;

ber

braucht

(pOcreios

of^dvaTOv,

'''h"

dv^pibiruv

Gen.

143. 156.

207 i^vxv ydp v^p-rrov riiov,


px^virop IS^av, Tbv ywTdru X670;', TUTrwefj.

foO.

irpbs

tSiv

/xaKaplas

81 ^VXV"

airrov

tGiv 'okwv

ex quo pars et in hoc pectus mortale

230 Mo \6yovs, 'iva fih px'^Tvwov Tbv virip vz-ms, 'iTepov 5k


V^s VTrdpxoma. de opif. mundi I46 rrs av'iipUTros KaTO. /xh rijv dtdvoiav

Tbv Kah'

5'

dei,

div. her.

(^KelwTai \6yij}

de

Kai irvpSr)

Mark Aurel 5,27. Diog. La. VIT

Quis rev.

3
p.lp.7)ixa

mens

San. Epist. 120, 14 ...

defluxit. cf.

eoO

^j/^epfxov

ffvfiirivTiav

X7S Kai fiaXuxTa 6 tov alriov.

^ep/jLv

X670S

13 toj royuei TcDf

ist,

X70V

x^P'^'X^^'''*'

die mannigfaltigen Bedeutungen, in welchen X67os bei Philo ge-

vgl. die

Zusammenstellungen von Grossmann, Quaest. Philon. altera

X7V Philonis, Lips. 1829.

COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO

Da

vorkommt.

er das biblische p^/xa 6eov mit seinem


Dieselbe Verbindung haben wir an einer Stelle, wo Exod

Logos.'
25,

22

wird.^

Aoyos

323

verbindet

avwev

AttA-^cro)

tov

dva

IXaa-TTjpiov

twv ^(.povijx erlutert

jik(rov

Es wre aber sehr verfehlt, in diesen Stellen, wo wir also


wegen des synonymen Ausdrucks p^/xa mit Wort" bersetzen

mssen, einen Beweis

sehen dafr, da der Philonische Logos


berhaupt nichts anderes sei als das biblische Wort Gottes. Diesen
wenigen Stellen steht eine Unmasse von Stellen gegenber, an denen
nur die gttliche Vernunft" oder der gttliche Gedanke" verstanden

werden kanru

zu

Der Ausgangspunkt des Philonischen Logos kann

nur der spekulative Begriff der griechischen Philosophie gewesen sein,


den zuerst Heraklit geprgt 3 und die Stoiker weiter ausgebildet

Vom

haben.

bunt

bibhschen Wort Gottes" fhrt keine Brcke zu der

Lehre vom Logos bei Philo. Das mn"" nm der


der Septuaginta bald durch Aoyos Kvpiov bald durch

gestalteten

wird

Bibel

in

priim Kvpiov bersetzt.

Philo nennt seinen

Logos niemals

denn unter Kvptos versteht er etwas anderes


Die Gleichung Aoyos deov (oder Aoyos duos)

das Tetragrammaton.

als

Aoyos Kvpiov,

ihm

mn"' "im hat

bei seiner Unkenntnis des Hebrischen ganz fern gelegen.

Wo

also

Philo

von einem Worte Gottes im biblischen Sinne spricht, also


von einer Offenbarung oder Willenskundgebung Gottes, da gebraucht
er nicht den spezifischen Ausdruck Aoyos deov (oder Aoyos ddos), son-

wirklich

dern andere unzweideutige Ausdrcke wie Aoyiov oder XPWI^^'^- Man


wird auch bei Philo keine Stelle finden, wo in so charakteristischer

'

Leg.

alleg. III

o5t6s

173

6 eds rrj ^pvxV) Jrpoaev^yKacr'bai.

UduKev

iffrif 6

iavTOv

oKrtrj

-qv

Kai

yvi^aiov

^(pa/uev

\6yov yiypavTai ydp-

,,ovk iKKXtveh irb

inv. 137

Kai

\6yov
eiire.

ii'rfTi^cravTes

"elov,

pros"

tI

t6

(prjal,

Quaest.

to

pyj/ia

Exod

\6yoy

rpvxw

piovatv

vixos

(Deut

Tpo(p^,

^v 548wKev

ttjv acyCKiia]v

KaXei

28, 14).

eoO

70W

prjiia

Kai

de fuga

et

epo" a'iivTes pruxa eoy kuI

evaoi.

vwiTa^e Kvpios" (Exod

ovtos yhp 6 pros, tv

I02

(pi\ocro(piav,

tov priaTOS ktX."

(ro(pleu

16, 15),

de pOSt. Caini

elvai

Tpitpov iarl rr]v

^' ov vaaoL waiSeUu Kai

totO",

(Exod

Kai tov eavrou

pri/j.a

(payeh, tovto to prjfia" (V. l6).

T)pXu

Taxmtv 656v,

(139)

tLs odv 6 prot,

16, 16).

68 (Harris S. 66):
Philo deutet v n^aov auf den
Logos und nennt ihn (wegen XaXTjo-w) cpuvr] Kai \6yos, und dem entsprechend heit
Gott hier \4yuv. Aber gleich darauf spricht er von demselben Logos in den
ihm gelufigen Ausdrcken: liretTa 6 toO ovtos \6yos,
a-irepfianKT} tZv vtuv ova-la
und beschreibt die Stufenfolge der 5vvduis, die von ihm ausgehen. Ebenso bezeichnet er leg. alleg. III 175 den Logos, den er eben erst mit dem prjfia eoO
verbunden hat, als die allgemeinste Idee (r6 yeviKilnaTov tQv 6vtuv).
'

in

II

rj

Act.

28,

(Diels

Doxogr. 323)

t6v Si owiai tov Trai^s oiriKovra.

'SpdK\eiTOt

owlav diMppAm^^

ive(paLvTO \6yov

FESTSCHRIFT COHEN

324

Weise von der Macht, Gre und Ewigkeit des gttlichen Wortes"
gesprochen wird, wie es in der Bibel geschieht.^
Weiter behauptet SCHWARTZ: Und dieses 'Wort Gottes' ist bei
ihm ebenso wie in der Weisheit Salomonis (9, i) und dem vierten
Evangelium dasjenige, das die Welt geschaffen hat". Die Weisheit
Salomos beweist wiederum fr Philo nichts. Dort ist natrlich das

Wort" gemeint, durch das Gott (nicht das) die Welt geschaffen
hat, dort liegt die rein jdische Anschauung klar zu Tage, der ganze

dem

Satz klingt wie eine bersetzung aus

Hebrischen.'

Bei Philo

von SCHWARTZ angefhrte Stelle de sacrif. Abelis et Caini


8 die einzige, an der er sagt, da die Welt durch ein Wort Gottes"
geschaffen sei. Es geschieht im Anschlu an die Bibelworte Deut
ist

die

Moses starb auf Befehl Gottes"

34, 5

dem Grunde,

aber nur aus

koctixos eSrjfxovpyeiTo,

a-vfjiiras

Worte hinzu

Philo fgt nun die

bersetzt.

hier miT^ ''S"^V

wie die

8ta p-q^aros Kvpiov,

8l

LXX
ov koi

weil er damit

da Gott den Weisen der Welt


gleichwertig erachtet. 3 Philo bertrgt hier also auf das Wort" etwas,
was er sonst vom Logos aussagt, hnlich wie er an den vorhin be-

den philosophischen Satz beweisen

sprochenen Stellen Aoyos und

will,

prjixa

verbunden

6eov

Das konnte

hat.

im Griechischen Aoyos und prjixa synonyme Ausdrcke sind.


Aber allerdings liegt hier ein Widerspruch insofern vor, als prj/xa
nicht das bedeuten kann, was Aoyos in der philosophischen Sprache
er,

weil

bedeutet.

Was

Philo unter

dem Logos

der Weltschpfung wirklich verstanden hat,

Vor

Stellen klar genug.

Gottes Werkzeug bei

als

sagt er an zahlreichen

allem in der grundlegenden Auseinander-

mundi 1 5 ff. Hier


sieht man so recht deutlich, wie weit Philo sich von der biblischjdischen Anschauung entfernt. Verstand Philo unter dem Logos
das Wort Gottes" oder sah er in diesem die Wurzel seines Logos,
setzung ber den Weltschpfungsproze de

z.

B. Jesai 31,2. 40,

0e^

iVa fid^s, Ti TOV

Traripo}!'

ip-ya^/xei/os Kai
^

Wie

Kai

8. 55, II.

Kvpie

aocpbv

tov

Ps 33,

iXiovs

IdOTiov

rb fiev

yap

Xeioripup

tj

K6crfJt.w

es

8, 3),

aTbti.a

(TVfJi.o\op

'f/vxv

Cos

119,89.
r

irvTa

tQ avrQ

r/yetTai

crov

\byi^ Kol t6

wv

iv

Xytp

eavrov.

Wahrheit ber das Verhltnis zwischen Logos und

(Deut

Also der Logos

107, 20.
iroirjaas

t6v TiXeiov ir tui> irepiydwv vyuv

Philo in

dachte, erhellt aus leg. alleg. III 176


/xaros eoO"

6. 9.

ffov,

opif.

a}^\' ewl Traurl

priixari.

prip.a

rip iKTropsvo/uLhip 5td (7T-

rovriari Kai Si iravThs tov \6yov TpacpT^aerai Kai oi ^povs a&rov'

tov \6yov,
^byip'

to bk

prjfia

yair7)aaip.ev

^^V '''V
das allgemeine

5'

p-ipos aTOv.

hv

7]p.is,

ei

rp4<pTai S^ tuiv p,^p re-

Kai fxipei Tpa(peiripiiv avTOV.

{to yeviKbv), das ,,Wort" nur ein einzelner Teil


des Logos; das Wort hat also nicht die schaffende Kraft wie der Logos.
ist

COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO

32$

SO mute er den Grundsatz von der Schpfung des Alls difrch das
Wort Gottes an die Spitze seiner Errterung stellen. Wie aber ent-

ihm die Welt? Nicht durch das Wort Gottes. Philo lehrt
Er unternicht eine Schpfung ex nihilo, sondern eine Weltbildung.
scheidet in bereinstimmung mit stoisch-pythagoreischer Lehre zwei
Weltprinzipien, die wirkende Ursache und die passive Materie.' Gott
als die wirkende Ursache (o twv oAwv vov? nach stoischer Terminologie
genannt) schafft die Welt, indem er die leblose und gestaltlose
Materie belebt und gestaltet. Die Art und Weise, wie das geschah,
Weil eine
schildert Philo dann im Anschlu an Piatos Timaeus.
schne Nachahmung nicht ohne ein schnes Vorbild entstehen kann
steht bei

und

wahrnehmbare Dinge nicht tadellos werden, wenn sie


einem Urbilde und einer Idee nachgebildet sind, so formte

sinnlich

nicht

gedachte Welt, die Ideenwelt (koc/zos vor/ros), um


dann vermittels dieses unkrperlichen Vorbildes die krperliche oder
Gott

die

zuerst

wahrnehmbare Welt

sinnlich

(kV/xos ala-rjTos) herzustellen.

Wie

der

Baumeister den Plan zum Bau einer Stadt oder eines Gebudes
zuerst in seinem Geiste entwirft und nach dem Muster dieses Planes

den Bau ausfhrt, ebenso bildete Gott, da er die Welt zu schaffen


gedachte, zuerst im Geiste ihre Formen, setzte aus ihnen die gedachte
Welt zusammen und stellte nach diesem Muster die sinnlich wahrnehmbare Welt her. Wie nun der Plan des Baumeisters in seiner
Seele eingeprgt ist, so hat auch die Ideenwelt keinen andern Ort
als die gttliche Vernunft; denn die gttUche Vernunft (Aoyos Oem)
ist

die Sttte der gttlichen Krfte"

auch
K0O-/X0S

V01JT0S ist

nichts

anderes
der

welt,

deren Quelle

weltschaffende,

die

demnach, so
als

Koa-fios

In

aus Plato.

die

vorjTos

dem

(o

das Urbild des

pythagoreisch

weltschaffende Prinzip

die

schliet Philo diese Auseinandersetzung,

Vernunft Gottes
als

und eine Kraft" ist


Gte Gottes ist. Der

(Swa/^ets),

6eov Aoyos).
Koc-fios

Die Ideen-

ala-Otyros,

beeinfluten Stoizismus

stammt
ist

das

der als mit der Gottheit identisch gedachte

Logos, die immanente Weltvernunft. ^ Bei Philo wird entsprechend


seinem jdischen Gottesglauben der stoische Logos zum Aoyos eov.
Der Weltbildner ist (wie bei Plato) die Gottheit, die gttliche Vernunft

das Werkzeug

ist

(opyavov),

mit

dem

die

Welt hervorgebracht

Diog. La. VII 134 So/ceT oavrdis pxo.i elvcu tGiv 6\tDv dijo, rb iroiovv Kai to Kay^pv.
Sext. Emp. adv. math. IX 11. DiELS, Doxogr. 289. Seneca Epist. 65, 2.
^ Diog. La. 1. 1. T iiXv olv TTwaxov elmt ttji' iroiov oihtUlv, ttjv Xt/v, t6 5^ woiovi'
rhv iv avrrj Xdyov rbv ^e6v tovtov yp atoiou vra ha. wdffTjs airrijs 8r]iovpyeti> ^Kaara.
*

Seneca

1.

1.

causa autem,

id est ratio,

materiam format.

FESTSCHRIFT COHEN

326

dem

wurde, das Urbild, nach

Danach kann
wo der Logos von Philo
wurde.

sie gestaltet

es

keinem Zweifel unterliegen, da berall,


in
Verbindung mit der Weltschpfung genannt wird, nur die gttliche
Vernunft verstanden werden kann. Und diese Auffassung erhlt
nur eine weitere Besttigung, wenn einmal an Stelle des Logos der
Gedanke Gottes oder die allgemeinste Idee ' oder die Gesamtheit
der Krfte" 3 als Mittler der Weltschpfung genannt wird. Nur bei
dieser Auffassung erklrt es sich auch, da fr den Logos bisweilen
'

die Weisheit

Gottes

(a-ocjita)

Schwartz

eintritt.*

meint,

man

solle

durch die Verquickung mit den platonischen Ideen nicht

sich

irre

fhren lassen, er findet in der Vermischung und Vertauschung des

Logos mit der Weisheit einen Beweis

da Philo vllig in der


jdischen Spekulation stecken geblieben sei. Die Sache verhlt sich
gerade umgekehrt. Wir haben gesehen, da in der Lehre von den
Mittelkrften (abgesehen von der uerlichen Verbindung der Engel
mit den Swa/xets durch Vermittlung der Saifioves) wie in dem Logos
als Mittler bei der Weltschpfung nichts Jdisches enthalten ist.
Diese Verbindung mit der platonischen Ideenlehre und mit der a-o<f)ta
beweist gerade, da Philos Logos nichts mit jdischer Spekulation
zu tun hat. Wenn Philo im Anschlu an die stoische Lehre die
Weisheit die Quelle der allgemeinen Tugend (yevucv) dper-q) und der

De

spec. leg. III

(Tvviarr) tpopais aKyois,

auch quod deus

sit

rbv yp irpetTTepov

189

eUbra iXdavey,

Xoyia-fjLp

dXXa diavolq, eoC,

immut.

31

^i>

6;/

ri

iraripa Kai

raOra ovk TravTO/xaTKrb^VTa

Vgl.

dvod^eii' ^/is.

TrotrjTriv

Koa-fj-os

verepos vls eo5, are ala^ros &v'

irpecreluv

^Luaas irap' iavri^ Kara/x^veiv

yp

vorfrbs 5' iKeivoi

dafr,

SiepOTj^Tj.

De

migr. Abrah. 103 \X'

iKelvT)

ixiv

i]

(xcppayh

I8ia

ISedv,

i(7Tiv

Ka%' ^v

e6s iT&ircae rbu Kcrov.

De

confus. ling. 172

5ta

Kff/xoi,

So

als

6pyavov der

drjfuovpyreh Kap-oi.

Weltbildung quis

de fuga

det. pot.

gttliche

insid.

sol.

rer.

et inv. 109 aoiplas,

dieser Personifizierung wird die

quod

tovtuv tQ>v Bwfieuv

Kai

aadi/xaTOi

vorp-bs

iiryrj

ei?

ffO(plq.

rb Tov (paipoixivov rovSe p)(iTVTrov, ISiais opdrois avara'heis.

54.

aotpLa

81.'

^s

tol

30.

de fuga et

Logos das Urbild der menschlichen Vernunft

das Urbild der menschlichen Weisheit:


Wie der Logos
nlfir)ij.a rr]p iwlyeiov (Tocplav.

'6\a

leg. alleg.

199

^Xec

ist,

43

inv. 109.

als Vater:

Wie

so die gttliche
ravrrjs

Bei

eis yii>ecnv.

Welt neben Gott

zur Mutter der

de ebr.

heres

div.

der

<ro(f>La

us &v apxeTiirov

vibs "iieod genannt wird, so die Weisheit


de fuga et inv. 50. Das Urlicht, das (pCi vo7]t6v, ist de somn. I 75
der Logos, de migr. Abrah. % 40 die (To<j>la. Ebenso wie von der iroXvuvvfiia des
Logos (s. ob. S. 317) spricht er von der iroXvupvp.ia der gttlichen Weisheit: leg.

'istvydT-qp

alleg.
Kai

eoO:

43

yp dpxn"

TTjp fierdpcnov Kai


c-^

ovpdvLov aocpiav iroXXots ovacn iroKvdjvvov ovaav SeS^Xw/ce*

eUdva Kai paaiv ^eov

/c^/cXtjkc.

Vgl.de Confus. ling. 1 46 (ob. 5.320*).

COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO

Kardinaltugenden nennt und dann die

vier

man

dem Logos- gleich-

o-o(/)ta

was

32/

Wort
Gottes" soll. Ebensowenig kann von diesem die Rede sein, wenn
einmal das Manna auf den Logos und ein anderes Mal auf die gttso

setzt',

sieht

nicht,

Identitt

selbst aus der

Juden
und Prov 8

und der

rief,

vor allen Kreaturen bei Gott war..., und dies vorDasein der Weisheit drfte die Spekulation des Koo-/ios

Weisheit,

die

weltliche

haben: die platonischen Ideen

erzeugt

vot;tos

Dem

behauptet:

Kombination von Gen


des Wortes, das das Licht ins Dasein

von

ergibt sich

hier das biblische

Schwartz

Weisheit gedeutet wird,^

liche

die

wirklich

nur Etikette",

sind

Fr den Juden, der jdisch denkt, bedarf es gar nicht erst dieser
Kombination, die Identitt des gttlichen Wortes und der gttlichen
Weisheit folgt unmittelbar aus der biblischen Vorstellung von dem
Wesen des einig-einzigen Gottes. So spricht der in jdischem Gedankenkreise sich bewegende Verfasser der Weisheit Salomos in
einem ParalleUsmus von dem Wort und der Weisheit Gottes. 3 In
der Sap. Salom. ist die Weisheit, obwohl bei ihrer poetischen Schilderung auch stoische Termini mit verwendet werden (7, 24), nur die
*

Leg.

ToO "^eov

alleg.

ao(pias,

I
.

64

iK r^r

ireTTOir/rat

yeviKri aperf}.

dperds*

tj

^ai

(pdffKuv

rod ofTos

p.kv

TT\v

\6yo^

eibi

de post. Caini

b 5k

5'

"ES^/i

iKiropeveTai
.

yeviKTis

-rijy

S\ov

Sk<i)v

6t'

avrr)

(cf.

E5^/U

dvaxebpeMOv Kol

yp toOtov
ras

leg. alleg. III 15)'

SrjXot

So

."

de SOmn.

242 KoXel

II

riacapas pxds", \iycj Si

eis

Setoj \6yos in

p-^h

/cor

5i

Kareiai. 5k wcnrep irb irijyijs t^j aocpias ttotu/xoD Tphi^ov

kpbs oOros X-yos (f>opi^TCU

di.a(Tvi>i<7TT]a-i,

yeviKTi peTTJ)

(ij

Trori^ei

ffxi-^fTox.
Weiterhin wird dann der
durchdringende Kraft geschildert: ( 245)

rbv etov Xyoj

Kai b eoO \6yos

p-ivroi

riffcrapas ipers

als die alles

5i icrriv 6 SeoO \6yos'

i]

ovTOi

i^

yevuo) pen) irb t^s 'E5^//, t^s

f]

\2J ovtws

koKQiv irp^euu

TTT/yf;

irorafibs
<To<plau

t^s to eo5 ao(pias'

'ES^/jl,

pxV y^P

vo/to^njs

ras apxa-s

rirrapei irb

if etei

dk

ai

iKiropei/erai

ow

kv

XafjLdvei

^p7]fj.ov

alp6p.eifoy

irKi^pr)

toO ao<plas vd/xaros

Kai Kevbv eavroO p-ipos ix^^->

eis

v\j/os

di,

ttjv ffVfexV '^"^

ras

eis

stoischer Manier

{pSXKw)

eirdWijXov

oh

rijs

evdov

iniyTJs iKelvTjs ipopdv.

Leg. alleg.

tQi>

roO SeoO

oaa yiyove.

iffriv,

J)j'

115
i

leg. alleg. II 86

Kpav Kai

also wie sonst der


sol. S

7]ois

rb yb,p ptdvva

ri^ yeviKWTdrii) airrov \6y({>

tI", tovt6 iari rb yeviKJTarov twv vtuv kuI b \6yos dh tov eoC

ip-qveveTOL

Kuraros

III 175 SiaTpi<peL yap

i}

yp aKpoTOos w^rpa (Deut

irpiTiaTr^v irep-ev irb tCov

Logos die oberste der

8,

Vgl. auch

15) ^

eavroO SwdpetJiv ktK. (die

Swdp^eis).

quod det

yevi-

<TO(pia

Weisheit
pot. insid.

ff-

Sap. Sal,

9, I. 2

voiT^ffas

TO.

irdvra

ii>

Xytf)

coi;

("11213),

Kai

rfi

a-o<plq,

<rov

Im rabbinischen Midrasch wird an die Stelle des


Wortes" oder der Weisheit" die Tora gesetzt und in Anlehnung an Prov 8, 22
gelehrt, daC) Gott im Hinblick auf die Tora die Welt geschaffen habe (Beresch.

(]ni3:ni) carco-Ki^twas f^pcvTroy.

R.

c.

iMos

Anfang), oder da die Welt auf der Tora gegrndet sei


1, i).

(Tanchuma

zu

FESTSCHRIFT COHEN

328
Personifikation

einer Eigenschaft Gottes,

nicht

ein Mittelwesen

im

Fr Philo dagegen, der griechisch denkt, ergibt sich die Identitt des Aoyos Oeov und der a-otfiia eov daraus,
da er unter dem Logos die gttliche Vernunft" versteht. Wenn
SCHWARTZ auf de ebr. 30 f. hinweist, wo Prov 8, 22 direkt zitiert
wird, so findet sich dort nichts von einer Identifizierung der Weisheit mit dem Wort Gottes, sondern nur die Allegorie von der Weisheit, mit der als fj^rjrrjp Gott als Trar-qp die sichtbare Welt geschafi'en
habe. Hiernach mu die a-o(f>ia lter sein als der Kocr/to?, ebenso wie
sonst der Logos der Trpio-vrepos vlos Seov und der koo-/xos ato-T^ro? der
v(orepos vlbs Oeov genannt wird.
Zur Besttigung zitiert nun Philo
Prov 8, 22 o 6eos eKT-qcraTo ^ /le -jrpcTia-Trjv tQv eavTov epyiov. Da aber
dieses vorweltliche Dasein der Weisheit die Spekulation des koo-^os
vorjTos erzeugt haben soll, ist eine haltlose Vermutung, die das, was
bei Philo selbst steht, vllig ignoriert und ihm widerspricht.
In
Philos Darstellung des Schpfungswerkes kommt weder die Weisheit
noch ein Hinweis auf Prov 8, 22 vor. Die platonischen Ideen sind
bei Philo nicht Etikette: nur durch Plato ist Philo zu seiner Lehre
Philonischen Sinne.^

vom

gelangt.

Ko<r/*o? vorjTos

dem Logos,

Und

die Identifizierung des

der gttlichen Vernunft,

Koa-fios vorp-6s

erklrt

sich

nur aus der

stoischen Lehre von der immanenten Weltvernunft,

dem

Aoyos ^wews,

mit

der die Welt gebildet hat.


Philo dazu kam,
vorjTos),

Twv

das

tSewv),

Man kann

die gttliche Vernunft die intelligible

Urbild

(dpxeTvwov)

Dinge,

aller

(Koa-fios

Idee

(t8ea

zeitigen

Nicht fr den, der die Philonischen Begriffe auf Plato oder

unentwirrbares

biblische

die hchste

Wort" Gottes solche Theorien

die Stoa oder alle beide zurckfhren


ein

Welt

die oberste der gttlichen Krfte (Swanets) usw. zu nennen,

nicht aber, wie das biblische

konnte.

hiernach wohl begreifen, wie

Rtsel",

bleibt diese Identifikation

sondern weit mehr

Wort" Gottes hineinbringen

Es war

will,

ein verhngnisvoller Irrtum,

den,

der das

DHNE

den Weis-

fr

will.

da Gfrrer und

und der Sap. Sal. mit dem Philonischen Logos


und daher die alexandrinische" Philosophie in nuce schon in
diesen Bchern finden wollten. SCHWARTZ nhert sich dieser Auffassung in beheitsbegriff des Jesus Sirach

identifizierten

denklicher Weise.

Wenn

brigens

Wellhausen

(Evang. Joh.

S. 123

')

behauptet,

da Philos Logosbegriff genau mit dem der Chokma bereinstimme, so wiederholt er offenbar nur die Ansicht von Schwartz.
* Beachtung verdient die bersetzung iKr-na-aro (= 'iap), die
auch Aquila,
Symmachus und Theodotion boten (ebenso Vulg. possedit\ whrend die LXX
tKTKjfv hat. Auch die Worte vpiTia-rqv tQ>v iavToO ^pycov weichen von der LXX ab.

COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO

Die
weiter,

von Wort und Weisheit, meint

Vereinigung
setzt

sich

nicht

die

der Philonischen Ethik

in

329

fort.

SCHWARTZ
Auch hier soll

sondern der jdische Ofifenbarungsglaube oder die jdische Spekulation vom Worte" Gottes
zu Grunde liegen.^ Ich verzichte darauf, schon mit Rcksicht auf
den verfgbaren Raum, seine weiteren Ausfhrungen im einzelnen
berall

zu beleuchten; es

stoische Philosophie,

mte immer von neuem

bereits

Gesagtes wieder-

denn es sind zum Teil dieselben Stellen, die er immer


seiner Weise interpretiert, whrend jeder unbefangene

holt werden,

wieder

in

Leser darin nur griechische Philosophie sehen kann, die

in die

Bibel

und mit biblischen Anschauungen verquickt wird.


Die so hufige Verbindung und Vertauschung des Aoyos 6eov mit dem
hineingedeutet

stoischen

opos

den Logos
des

Aoyos

ttJs

^vo-ews

lt

es schlechterdings

nicht

zu,

das Wort" Gottes zu erklren und die Verwendung


opOos Aoyos als etwas Unwesentliches anzusehen.
Schlielich
als

macht SCHWARTZ doch das Zugestndnis: Gewi ist ein Unterschied


zwischen dem niiT "im des AT. und dem Aoyos eios des Rabbiners,
und es soll gar nicht geleugnet werden, da die philosophische
Bildung des Exegeten diesen Unterschied erweitert und vertieft hat".
Es besteht aber nicht nur ein Unterschied: Thilos Logos hat vielmehr von vornherein nichts mit dem nirf 131 gemein, seine wesentlichen Elemente haben ihren Ursprung in der griechischen Philosophie.

Philo besa, wie alle seine Schriften zeigen, eine ausgedehnte

Kenntnis der griechischen Philosophie, insbesondere der platonischen


und stoischen. Die philosophischen Anschauungen, die er daraus
gewann, hat er dann versucht auf dem Wege der Allegorie aus der
Bibel

herauszudeuten

und so

die jdischen

Glaubensvorstellungen

den griechischen Weisheitslehren auszugleichen. Die philosophische Theorie ist das magebende Moment in seiner Bibelexegese,
ihr gegenber sind die Spuren eines Einflusses jdischer Spekulation
mit

sehr

gering.

Philosophie

Philo

ist

ihm

kein Rabbiner,

sondern Philosoph,

und die

Tnche. Ich kann hier nur


wiederholen, was ich an anderer Stelle* gesagt habe: Philo bezweckt
ist

bei

nicht

blo

Vershnung des jdischen Glaubens und der griechischen Spekulation.


Aber die Spekulation ist fr ihn der wirkliche Ausgangsdie

im Griechischen so
Philo neben anderen Ausdrcken (al
*

mu

Selbst ein

gelufig-er

Ausdruck wie

6 lepbs X670S,

Beweis herhalten.
Die Werke Philos von Alexandria

als
*

den

kpal ypa<pal u. .) fr die Bibel gebraucht,

in

deutscher bersetzung

I,

S. 21.

FESTSCHRIFT COHEN

330

punkt, die Bibel nur der formelle;

wuchert die biblische Grundlage,


zu sehr in den Hintergrund".*

die philosophische Theorie ber-

sie

ScHWARTZ

drngt die jdische Anschauung

den Ausfhrungen ber Philo


und dessen vermeintliche Abhngigkeit von jdischer Spekulation
durch seine Untersuchungen ber den Prolog des Johannesevangeliums; sie sollen seine Auffassung sttzen, da der Logos des vierten
Evangeliums nicht aus der griechischen Metaphysik hergeleitet werden drfe, sondern im Kern und Wesen jdisch sei. Es liegt mir
fern, ber die Bedeutung des Johanneischen Logos mich in eine
Diskussion einzulassen. ^ Aber ein Satz, den ScHWARTZ dem Exkurs ber Philo vorausschickt, darf nicht unwidersprochen bleiben.
Er meint (S. 537), da kein griechischer Philosoph auf den Gedanken verfallen konnte, da das Denken Fleisch wurde, und behauptet dagegen von den Juden: dem Juden, der gewohnt war das
Veranlat wurde

zu

'Wort des Herrn' als eine lebendige Realitt zu empfinden, dem das
Gesetz und die Propheten als Reden Jahves galten, lag der Glaube
an eine leibliche Erscheinung dieser Kraft Gottes durchaus nicht
Darin liegt eine Verkennung des Judentums und jdischer
fern".
Anschauung, wie sie krasser nicht gedacht werden kann. Zwischen
der Empfindung einer lebendigen Realitt und dem Glauben an eine
leibliche

Erscheinung

wurde im Judentum

als

liegt

eine

unermeliche Kluft.

lebendige Realitt empfunden.

Gott selbst
Aber schon

das zu allen Zeiten festgehaltene Verbot bildlicher Darstellung

zeigt,

Eine ganz hnliche Charakteristik Philos las ich krzlich bei J. Kberle,
Snde und Gnade im religisen Leben des Volkes Israel (Mnchen 1905) S. 539:
Philo stand mit seinem System, das der Geschichte der griechischen Philo
sophie, nicht aber der der jdischen Frmmigkeit angehrt [das trifft nicht ganz
Bei ihm ist die Philosophie nicht nur uerer Anstrich, sondern das
zu], allein.
griechische Denken und die griechische Weltanschauung greift entscheidend
*

und umgestaltend

in

sein ganzes

dem

Denken und Fhlen

Oft

ein.

ist

es auer-

Gebahren den Ausdruck der wirkUch vorhandenen Frmmigkeit zu vernehmen."

ordentlich schwierig, hinter

gespreizten philosophischen

Theol. u. Kirche
Nur Harnacks Worte seien hier angefhrt (Ztschr.
Da die fnf ersten Verse des Prologs sich weder aus
2 [1892], 213): .
dem A. T. noch aus der Literatur des spteren palstinensischen
Judentums erklren lassen, ist in neuerer Zeit von mehreren ausgezeichneten Gelehrten aufs grndlichste gezeigt worden. Der Logos, der hier
eingefhrt wird, ist der Logos des alexandrinischen Judentums,
der Logos Philos."
*

f.

COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO

33 1

da der Gedanke an eine leibliche Erscheinung nicht aufkommen


konnte. Nie durfte ein Jude, wie er sich auch Gott dachte, von der
Vorstellung des bersinnlichen sich entfernen.

Und

ebenso verhlt

den Vorstellungen von den Eigenschaften Gottes. Auch


Philo ist weit davon entfernt an eine leibliche Erscheinung zu denken
wenn er den Logos vlbs Oeov nennt; es ist bei ihm nichts als metaes sich mit

phorische Bezeichnung.

Glaube an den

Aus dem Judentum

lt sich der christliche

Menschengestalt auf Erden erschienenen Sohn


Gottes in keiner Weise erklren. Dieser Glaube war es, der das
Christentum vom Judentum schied und eine unberbrckbare Kluft
in

zwischen beiden schuf.

Auch

jdische

Hellenisten,

wie der Jude

Tryphon im Dialog des Justinus Martyr, empfanden die Vorstellung


von dem Gottmenschen und dem Fleisch gewordenen Logos als
Frevel und Gotteslsterung. Wie schwer es den Juden wurde, sich
zu dieser Lehre zu bekennen, zeigt auch der lange

Judenchristen und Heidenchristen.

Kampf

zwischen

Die Vergttlichung Jesu und die

Lehre von der Fleischwerdung des Logos sind nicht auf dem Boden
des Judentums erwachsen, sie haben ihren Ursprung in Vorstellungen
des griechisch-rmischen Heidentums.

Aramische Lurchnameni.
Von Immanuel Lw-Szeged.

Wurmzngler (Chamleon).

2.

1.

Pflanzennamen

IKx^o^l

PSm

PSm

bei

956

(LA auch

?,

nicht das Tier, sondern

128

und zwar IKjoI


bei

BA

aber

I^.*j,,

XevKos.

llia>w

/xeAas,

859.

154 = ZDMG 39,

Gal XII

?Kij

DBB

l^ju,)

die Pflanze

trotz

ist

x/^"'^^*^''

1837.
302, 5;

BA

li^x^a^l

und bei Cardahi.

Honein

hat dafr Diosc

rend SergiUS l^ij fr

352 f.

= DBB

859. 860

wh-

ll;.*,

x"A"^'^""^s setzt.

Irrige Identifikationen fr IK,:


I)

irrig

DBB

595

UJ^i^).

UasiOA*

Jbaaol

CardahI:

>y^\^ -^^y^ Jp^^

(J^g..***^

^J,J,^<

>^\ ^5?^

<i3^^

o'^y ^*5

(bei

CjLo 5*3
ij-^'

AUDO

'^*v

Cr^.^^

o'"*^ Diosc.

SV

657:

Bltter wie apvoyAwo-o-ov.


2)

^^U
3)

Cardahi
^^\

^^

^^y h^^ ys^

J''-:^^ (^^

LA

IK.4^a^l IKam

index 212.

npn, n^pn. Die Tradition lt


uns im Stich: weder Rai noch Aruch geben eine Erklrung. Es
ist immer sehr milich, einen Tier- oder Pflanzennamen auf Grund
einer Etymologie zu bestimmen. Ich mu mich gegen den Versuch
2.

n^pT

Das

08 b

c)^:;^'-*-'^

oy^-j*^ -^-^ ^^^ l^Sm nur o^^Jj'^-

DUVAL BB

oaijT <^^^i\

Snh

V*J5

yto,

erste Kapitel der

nipt,

Lurchnamen (Eidechsen) erschien

in

der Gold-

ZIHER-Festschrift 126147, das dritte (Schlangennamen) in der HARKAVY-Fest-

406.

61,

das sechste (Frosch und Krte)

der V0G1^:-Festschrift 391 bis


Meine Fischnamen erschienen in der NLDEKE-Festschrift 549 570.
*
^^^^U. DOZY nur die Pflanze: chardonette. ;>bl DOZY aus Ibn Bait;

schrift 37

aus Leon:
Bot. II

in

addad, berberisch. Chamaeleon, die Pflanze,


35 aus Largus, II 393 aus Isidorus.

Meyer, Gesch.

d.

FESTSCHRIFT COHEN

334

MUSSAFIAS, der das Wort mit

Sturmwind {U^) mand. Gr.


102) kombiniert und auf das angeblich nur von Luft lebende Chamleon deutet, durchaus ablehnend verhalten, obwohl sich ihm viele angeschlossen haben.

S^p"*?

(Migdal 'z

v.

{slk)

Jak.

Herschel Emden

73 a

II

Schnhak nr. 160, Lew I 551a, Jew. Enc. sv.


Ebensogut knnte man i<p^t JLoj {zekk) Schlauch, oder

Lewysohn"
lizard.).

p.

224,

mit Jastrow, V'^y^ the transparent one" kombinieren.

Wo

Kontext,

Tradition und Sprachvergleichung versagen, bleibt nur ein non liquet

Mige etymologische Kombinationen sind schdlicher Ballast.


Da das Chamleon von der Luft lebt, glaubte das Altertum.
Oken vi 643, Lenz 4306"., Boch. I 1080 ff., RDK sv-.T^^'h-. pK^Vp
ein Vogel, der von Luft lebt: (Abramowitsch III 267).
Darauf
grndete BoCH. seine vielfach nachgeschriebene Erklrung des
Wortes nDti'in von l/^Dt^i.
So noch Jew. Enc. und Meyer Conv.
Lex. und noch neuestens: Guide to the exhibition of animals ....
mentioned in the Bible, London, British-Museum, 191 1, 17, unter
Chamleon; Ges.'s und KNIG sv. In dem wunderlichen Buche
Barsilai von Ahron Marcus (Berlin 1905, p. LVII heit es: Der
Vogel notl'in von notJ'i
zwischen Haut und Krper wie mit einer
Lufthlle umgeben, flDJ^in wre demnach gleichbedeutend mit Luftballon". P. LXI: Phusalos, eine Krtenart, wohl identisch mit JlDti'in,
brig.

die sich aufblst".

Boch I
von Fischer zu Bxt
3.

i'^nn

1058 falsche Konjektur nach


366 nachgeschrieben.

o-^^'t^

^^^

iOH,

ed Urmia. Nldeke] BA 3721 (u. BHebr) (Maclean 94 khlmt, nicht ns., a sand-lizard, chamaeleon) XJ^h^^m
des Gleichklangs halber? Lev 11, 30 fr OOin gesetzt. BA [PSm 1753,
4.

i^Joii-oii

by.\: LA]

[so

.^.LkJl

^J>\

'^Lo

y*>^

t':>^^-

DBB

726

xa.\ia.ikki>iv

der Schlange hnlich ^ (lk^uA), Rcken glatt mit


schwarzen und roten Streifen. BHebr Schol in Lev. ed Kerber Lpz.

lnger

1895

als

p.

^j-jI.

lloSoij,

19:

^-^

Derselbe

o<N

320:

^'**'

T*^

LojA-

JL.^>iai>-aju.

liAia

Bar Kef

msm^po

falsch:

j^^oVaj

JL^o^^-.

IK-a><.

Das von Lewysohn aus Sohar II 80a angefhrte XD'pt ist kein Tiername,
auerdem ist der Sohar bekanntlich kein testis linguae.
* [NLDEKE: Diese Definition fhrt auf eine Blindschleiche,] aber die anderen Merkmale und die arabischen bersetzungen schlieen die Blmdschleiche,
'

die

dem Altertume

galt, aus.

brigens nicht fr schlangenhnlich, sondern fr eine Schlange

LOW, ARAMISCHE LURCHNAMEN


JLojtA,

l^oo;,

und zu

C^^>js^

{]^^tQij

voAt^eo&A

I^oa

JL^jBj

I ^'.

Derselbe hat zu

iKfQ^.
Card.

.ttju.

335
\oJ1mj>

== ^^-il *Lo, zu

JL^iiaik-OAi

den grten ^\^ Arten gehrig. [Ob die spteren Syrer das Wort
anderswoher als aus Lev 11,30 kannten? NLDEKE.]
XafMaiXewv, bersetzt: Ifsi.; i-W' Jak Edess. und Bar Kefa PSm

BHebr

1284.

PSm
'ij\^

Bt

BocH

i753f. Ibn

bers. 153,

3.

^\y^

<ki

Iloia^

DBB

15 12

r^jo

DBB

das.

PSm

IJIoOdJLs.
la,5s,

wo

und Vulg.

DBB

=="

1754

JLa\juK*soj

^^.al.

TToAuTTovs,

LXX

1082.

JLfta

903:

DBB

860

vi|^ opa^iX--.

llax*.

Dann

\-lj.

Steinsciin.

HD.

fr

mp.

14 zu

2,

^byL\

])iibi^m

^^'))lc\.:L.

345

Hex Zeph

.^4^0]);.^

726.

BB

verweist

auf

unter diesem Fischnamen der Physiologus

(Ahrens p. 72 deutsch, p. 54 syr., Land IV 92) erzhlt, dieser Fisch


nehme die Farbe seiner Unterlage an, wie das Chamleon. Vom
verfolgten Polypus berichtet dies Plin 9,46, Aelian Var.

Gronov.

Kohler, Das Tierleben im Sprichwort

St.

z.

hist.

I,

und

(1881) 130 aus

(Fischnamen Nr. 88.)


Jak. Edess. Hexaemeron, Leyden (cod. Or. Syr. Nr. loi H.) 61 v
nachdem er JUu-., Jl,,^ (Eidechsennamen Nr. 16) behandelt hat:
Theognis.

V^

i^jQ3

^^Kdo

yae6-

tloVlj^

jlfajja

^i_L<^
*'"^!

J .ia

Ajuo

-H^ <a

V! v.^^

^ACOQ^^boeo .voopKj

marg.]

^1 Ka^qI ya^JjpJLa Jja-

.;O

ooull

r-Ks *^

m\->

lloio^i

Ka* j^,

Aa^j

Ijjl

i^jta

<?

^x

^oo,v

)ia^ bojkoo

JLii

JLlso

I'*?':

Sal. ibn

No

ftia

^a^N

X^U

JL&^I

]l;

[o-.^-3

i*->a

.^Q(0,-lj

oa

JJl

f>\\aN

^r*?

J-^f"^

63b. J>jY. ,X^\

v!

Jb^-vl

lri9 .s^oa

Ut^

Jiaj

3)1^

i>'.J>^9l

j'^ss

-Uai

[al,

J-..aso

'^J? .Naa.:^

1-^!

jl-f

.ytOM^t

IIj^s^

.oa*.3jjo

iiOssa

^;'

lo^ <^>m^rr)o

.titJk;

marg.]

>->rhj

Isf.^ v'

Melech

<c-;i;

IpolK iJLo^^

^\x Umqi

marg.]

t^oi.

^i^^

\oot\.

.\Q6(:.'Ka

ficabpl!,
Qe

.^f^el

y,..!;;

Kaa<1 Itk^

\<>QoM

.ooaAasss,?

n DURN, Mgen Abt

Dozv).

ifS

ca^e^JUe;

.ttuajko.^

Jl

.tf.jr>N.

[4vpc*;o

ks^oJLl

--*o

-o*^ Vv.

Jlooti

\>-iS<n

Oy.;>^

Ji^

.^wj^JOo|

)asssa

yooo

>pc;^&.:

{IqJ^JA

^A.at

IJL<^s JL^!

J^viN^nY

,_,,

^a^

,^

)^{

.\<)|^

iL^rrnin

.iKxia

CN^jto

]io,

Jiaj

NX^-^

v' -v*

Vull 647 (Die Pflanze


dem Salamander verI

Jes 34, 14 mit

wechselt.
'

namen
3

Lies:

Nr.

Ich gebe

diese Stelle als Ergnzung zu

NLDEKE.
NLDEKE.
JUi^LS NLDEKE.

Ur=>rM

4 ?
5

jlf...

12.

>

meinen Eidechsen-

FESTSCHRIFT COHEN

336

,joo w^mi:aJao
llo^^kOA;

JLXiOa l^t;

J-A^^OitO

l.*dt

j^joOAO i^ ^t
et

lo^i

))1^

.tiOjw

OOi

loa

.)lia,^

-^^^

O"

l^^.^

Icut

i'-'^ ^^a>

J-^^^jo

^^!

iloLAMpoO &^l J-COSO^;

ijlUO;

LanE: das mnnliche Chamleon

jli^.

y*!

^'^

*^

^,\^V

.t^Q^
^''' ^'i^

.IIojlBjO

cxr5^^ ?^ grer als

nach der Sonne und nimmt von ihrer Hitze


verschiedene Farben an\ [fters bei den alten Dichtern: sitzt unbeweglich bei der grten Sonnenglut. NLDEKE.] Damiri I 209,

Es dreht

ssLkt.

DozY

261.

210,

sich

pl.

Cj\^^'j^ und auch <^}^f^ cameleon, wie das

Weiber und Kinder im Karmel


benutzen den Farbenwechsel des Chamleons, um ihr Glck zu
Vulgr heit es in Syrien auch birbachti und wird
erproben.
mit dem Reimspruche birbachti schuf li bachti (sieh mir mein
Tier heute noch

in Palstina heit.

ZDPV

Glck) angeredet.
als

30,

Qazwini

141.

II

^^y^, grer

301

<~J^\ dreht sich nach der Sonne. ZDMG


hirba = Chamleon Jacob, Beduinenleben' 24. AbulForsk p. IX literarisch b^, vulgr fochacha, mataDin.

^.Ui*, pers. ^^^-'^.

40, 240.

walid^ zu

VULL.

krif

614 wird

b^

fr

syrisch

erklrt

43 P^rs.

L_-)lXd\

1447 ^yt>. I 379 '^^'t:^.- I ^7 zu ^yj^^\ s. c^y^y^


Farben wechselnd". I 236 ai^v^. I 647 YUU. eine Art Jfj^ ^^\.
dUxo^..

II

Seetzen IV 509 Fleischer aus dem trk. Kamus, >^-^^\ =


^llL'^^\ [BOCH. I 1058 f] trk. kertenkele der gewhnlichen Eidechse trk. y^ keler hnlich, aber dick und grobuchiger,
hirb Mnnchen des umm-hubein (Mutter des
daher ^^.y^".
Nach Anderen ein dem Kertenkele hnkleinen dickbuchigen).
liches Tier, welches sich mit dem Kopf immer nach der Sonne
wendet, trk. ^jXS U
In

Sonnenanbeterin".

Felseneidechse",

dem Mae,

als

pers.

^iX^^j^.

^^\

Einwirkung der

die

die

Wrme

El-hhebene Seetzen

strker wird, spielt es verschiedene Farben".

442 nach Fleischer Chamleon oder diesem sehr nahverwandte


'^^-^^^ cA^^ ?^ of the form of
Eidechsenart. Lane: cAr^ ?^
III

the

*b^,

das heit Chamleon, broad

the belly, or

it

*b^dem *b^

the female of the

is

(vgl. niD

the breast and large in

in

?)

DozY

II

437,

hnliches Tier.

ber den Farbenwechsel des Chamaeleons LiNDAU 51a


Oken VI
73 a Brehm 170; beim Hardaun 61, beim Colotes 170.
= uns zu taoin RDK (LA ona)
Michlal Jfi zu Lev 11.
^

Sefer haberith
643f.

LOW, ARAMISCHE LURCHNAMEN

j^\
^r^

^\,

^.y cameleon, DozY.

ZDMG

f^\

cumulus,

lat.

C:,i^

33/

le

40,

240

Grnbaum

g.

Aufstze 343 von

capuchon du burnous (DozY),

von der

also

Kopfform.

^\ und

^3^vX>j

Damirl

1082.

Wir essen

Sonnenanbeter

als

^y^^^ Grnbaum

209 hat zu *bj*.: t-j^l^^^y^ 3^.^}^^

was

alles

kriecht

und

sagte ein alter Beduine zu einem Medinenser.

y^

O.

BocH

(3-rr*-^^ >^^

dem Chamleon,

auer

luft,

a.

Jacob, Altarab. Par-

Beduinenleben' 247.
KDOin Onk, fr t3Din ist nicht etwa aus

allelen 9.
5.

dern wie an derselben Stelle


14.

19.

j^-iaNajw,

sriD,

fc^HtS^n

und

Fr das biblische
sowie nach Saadja und AbulwaLiD

34.)

Hebraismus.

^ .\ a.M

entstellt,

son-

(Eidechsennamen
kann man nach
Chamleon gelten

J<iS

tSDin

*b^

lassen.

Schlangenart Ges. '5

Eine
Tiern. Sy

WB

(assyr.

hulmittu nach DELITZSCH

277) oder Eidechse nach kopt.

hants

ist

es gewi

Auch Sandeidechse, scincus ist unbegrndet (Verhandl.


abgedruckt Rahmer Litbl. 1887
d. k. k. zool.-bot. Ges. Wien 1885
Schwarz d. heil. Land deutsch 300, p. 368 LUNCZ schliet
p. 73).
sich Saadja an und beschreibt die Beweglichkeit der Augen des
Chamleons. Chamleon in Jerusalem: Oken VI 648. In den sdlichen Kstenstrichen Palstinas kommt das gemeine Chamleon
ziemlich hufig vor.
BDEKER Pal. LIII. In Mesopotamien RiTTER

nicht.

XI

51.
6.

t?nD

Eidechsen Nr.

171 unrichtig

kau ach

19.

LXX

u.Vulg.

xaA'a'Aewi',

danach

Brehm

Chamleon.

nennt Jak. Edess 61 v den JL^.i<ii-av


xp^fiatXewv das ist
JL.il
der Griechen. Er hat auch 54V 1uj> Kxaol J_^.ioi^Qj, eierlfa:.j
legender Vierfer neben Ibuaaol Ji;*- li^;ovj jlw. Das Wort kennen
7.

JiJL

weder BA, BB, EN, noch PSm, Brock., Cardahi, Audo, Brun.
An eine Entstellung aus x i-uj,, Nr. 6, wird man kaum denken wollen,
[xjjuj knnte richtig sein, womit noch nicht gesagt ist, da das
Wort echt aramisch, und nicht Transkription ist, wie jd.-aram. i<nD
Eidechsennamen Nr.

19.

NLDEKE.]

^lo

chTn

ns Maclean 130

davon verschieden: a mosquito, gnat. Natrlich


u. mischn
Ly s. v. nicht damit zu kombinieren.
8.

n^i'rOD

Glosse zu

LA

]^iniD,

'O

in

MPsalm 78,11

p.

ist

ist

auch n33

bibl.

350 Buber

(vielleicht

eine

den Paralleltexten fehlend),

fr das

22

biblische

FESTSCHRIFT COHEN

338
Dliy

ist

LW

II

Nachtrge p. 11.
C 440 chamaeleon ist die Pflanze und stammt aus

PSm

596, 898.

meine Bemerkung zu Krauss

S.

x/^''^^'^''

KoHUT

292 gegen
lljjLs

9.

nicht

jedenfalls

956. Pflnn 128,

Das Wort

5.

sehr zweifelhaft; es

ist

oben Nr.
neben besser bezeugtem J^aw
zu li^x^.A^I li^jLa hat DBB 860 Honein x'^H-"^'-^^^^
steht

^evKos lliQj^

X-

Diosc.

Jlioiu

132

III

EN

habel

43,

86

t'jja-

11^*,

und

Ib^i;

lioaaol

fr

fl;f*)

lioo^ol

/xcAas

also Chamleon.

shabeleta Chamaeleon.

pl.

einem hauri-Texte.

in

fif.

irrig

und analog

352 f.

10. iMjk^f.
11.

(und C.

ll'rjco

859f.

DBB

Eines

S.

Krokodil Nr.

6.

D.H.MLLER Mehri
Tages kam zu uns ein

Chamleon, das wir mit Steinen warfen. Es verwandelte sich, wurde


schwarz und wei und rot und grn, bis wir es umbrachten."

Panzerechsen.

4.

.roV;

1.

Fischotter

St. p. y6:

und

BB

'ardin == iwSpts

bei

;nnt^nm.

Dazu

vxu.^;

Ahrens

wu

i^^-J

DBB

1385 zu

durch

KpoKoSeiXiov

^^^1^

1368

8.

Nileidechse

Im Texte

PSm

in

Blo

hii-

fr .so:s..;ajBop

BHebr.

*=J;,

|;rju;

2720 noch durch

o-KiyKov ovpd,

(Brun

Geop

40, 17

^\

>

iA.}<ij;ajB.

ist j3?j

DBB

771

Vitae prophetarum
Vcf>(i>6,

.si,

17: rwv vSaraiv

gyptisch

Chrest. 55, 2

cod. H. ^j.

PSm

ol

1368 aus

Orjpes,

19, 12

BB

cap. 15

lasii.

gr.

Nestle,

;.

KaXovo-iv

ois

Index,

Ol

KiyvTmoi

"EAAipes Se KopKoSrjXov^.

2.

Nr.

NESTLE

j;v*

172).

auch
was weder

DUVAL BB

gengend erklrt wird. [);f^ Krokodile, Vita Antonii


SCHULTHESS. NLDEKE.]
Unerklrt

2716 zu

ibid.

^L**-<JJ1

BA

|;fjt..

BA PSm

^Lo..J:Jl.

<3r^^

HoFFMANN

ist.

weiter kurz

l;<i*j;

xoo,jjB SQjajixo

PSm

ist

p.

und

)>^.r^

40,

20 Ahrens 58,9: der


der Wasserhund, welcher der

KpoKoSeiAos.

>fn*.fi\..;javj

PSm

Tychsen

heit der

qurqdilqls, das

Feind des
z.

Nileidechse"

)i'ii^

(Krokodil).

jli-

crocodilus

BROCK

149

aus

AS

4, 142,

s.

Eidechsen

12.
3.

v^-o^

[1^"'^''

der kanaanische

zerk vorkommende
Schlangennamen Nr.

Name

fr

das im

Nhr

ez-

NLDEKE.] Fischnamen Nr. 17.


Jew. Enc. sv. Leviathan. Hiob 40, 25 Kro-

Krokodil?
12.

auch bei Syrern nur biblische Reminiszenz, nicht KrokoMendelssohn hlt 'b auch Ps 74, 14 fr Krokodil und schliet
dil.
sich auch Ps 78, 45 lteren Erklrern an, die den Frosch der gyp-

kodil, aber

Gegen gyptischen KatzenProoem, 60. Behemoth und Leviathan

tischen Plage fr das Krokodil halten.

und Krokodilkultus

Sibyll.

LOW, ARAMISCHE LURCHNAMEN

Henoch

Go,']. 8 p.

269 Kautzsch, 4Esra

6,

49 ff.

330
p.

367 f. Kautzsch,

Syr. Baruchapokalypse 29,4 p. 423 Kautzsch, Jellinek, Beth haMidr. VI, 150 berall auch die eschatologische Leviathanmahlzeit an

der Rabbi den Antoninus teilnehmen lassen

Rabbi

will.

(Krauss, Antoninus

Die kleineren Fische knnten vor dem grten, 400


Pars langen Fische nicht bestehen, wenn der Leviathan nicht am
u.

60).

Ouatember des Monates Tebeth sein Haupt erhbe, sich schttelte


und allen Fischen des Meeres Schrecken einjagte, (M. Konen bei
Jellinek, Beth ha-Midr. II 38). Die Haut des Leviathan beschftigt
ebenfalls die Phantasie der Agadisten. (Pes.

Die palstiden Leviathan durch den Engel Gabriel erlegen


(Bb 75 a). Wer die Tierhetzen der heidnischen Amphitheater nicht
mit angesehen hat, wird den Entscheidungskampf des Behemoth und
des Leviathan sehen. Das Urbild dieses eschatologischen Kampfes
sahen die Rmer 58 vor Chr. als die Ungeheuer des Nil, Krokodil
nische

Agada

r.

188 ab.)

lt

und Hippopotamus bei den Festen des Scaurus in der Tierhetze


dem Volke vorgefhrt wurden. Friedlnder Sittengesch.3 II 368.

Otto Keller
8,

96)

(Tiere

bemerkt, es

wahrscheinlich,

sei

des
nicht

da Scaurus

klassischen

Altertums

ausdrcklich

207

berliefert,

nach

aber hchst

beiden miteinander kmpfen

die

Plin

lie.

Dieser Krieg des furchtbaren Sugetierkolosses mit den grlichen

Amphibien wird auch auf die Nerven der blasierten Rmer Eindruck
gemacht haben. Knstlerisch verwertet finden wir den Gegenstand
an der berhmten schnen Statue des Nilgottes im Vatikan; an der
Schmalseite zu Fen des Gottes sind Nilpferde und Krokodile im
Kampf miteinander dargestellt. Otto Keller, Die antike Tierwelt I
406: Schon seit dem Jahre 58 vor Chr. bildeten sie eine nicht sehr
seltene

Attraktion: besonders

dem Kampf

der Nilpferde mit den

Krokodilen, einer Art Seeschlacht der grten Bestien, schaute das

Publikum der Hauptstadt mit Leidenschaft zu. Vgl. Lev. r. 13, 3


Tanch Semini 6. Da der Agadist von den Tierkmpfen ausgeht, hat

Bacher

Aruch und nach ihm Benvenisti


denken an die Treibjagd i^Pi^'^^
caccia, Oth Emeth z. St.), Mainzer verweist darauf, da Augustus 36 Krokodile kmpfen lie (Jagd,
Fischfang und Bienenzucht Fft. 1910, 9 n. i). Den Kampf des Behemoth und des Leviathan verarbeitet Meir b. Isak Nehrj in
Worms (gest. vor 1096) mit den Worten des Midrasch in seinem
betont (Ag. Pal.

III 606).

aramischen liturgischen
151. Jew.

Enc. und sar

Einleitungsgedichte
Jisrel

sv.

Akdmt

(Zunz Lg

moTp) zu folgenden

versen:
22*

Knittel-

FESTSCHRIFT COHEN

340

dem

Leviathans Kampfspiel mit

Stier der

Bergesnacken:

Wie in wildem Kriege sie einander ringend packen,


Wie des Behemoth Hrner stoen gleich gewaltgen Recken,
Doch entgegen schnellt der Lurch in seiner Schuppen Schrecken.
Jetzt der Schpfer nahet mit dem Schwert, dem ungeheuren,
Mahl und Imbi zu
4.

Kai.
pers.

U^Hi Brock.

wa Dimna

26, 15

nihang, aus

liche persische

bereiten seinen

Brun

Wort

Lagardes Emendation gA 65 fr v^o,l


30, 770 BROCK 4a. BA bei PSm 47 v^.?,

aus

ZDMG

nihaka,

skr.

Frommen, Teuren.

nihank. ^i^iMj>^ das gewhnKrokodil, [fter im Schahname, obwohl es

fr

ar.

im Bereich des Iranischen schwerlich Krokodile

und -Lw-^' VULLERS zu (^i


JoJsJ II
5.

II

1381, <*^LLvJ, ,^\Jj3

1206, crocodilus, alligator aus skr.

Das

transkribierte

schrieben: orA^ioj

C83I. 835.

ILrJiOjB

j^

>eDa\^;Q.0O{jB,

Bee

k/dokoSciAos

78.

AUDO

axsa^iQxtOis

II

445. 461,

<*<af*JC.

erscheint mehrfach,

>o\*MajB, vceoi^^jB^jB

O^.AiU0Va*K/30Kdl'tAot

Nldeke]

gibt.

Brock 341

Brock

auch ver337b 341a,

aus Bh.

tfiS^jBtOJB,

^l.

Armen. Hbschmann 358kokorAuf


dilos, mhd. kokodrille, span. cocodrilo, it. coccodrillo.
Kephalonia der Hardun heute noch krokodilos oder korkodilos
Brehm 59. ber KpoK. HOMMEL, Tiernamen 329, der es irrtmlich
aus einer Quelle mit karkadann stammen lt.
Delitzsch bemerkt zu Hiob40, 25: Einen eigentlichen Namen
des Krokodils besitzt die alttestamentliche Sprache nicht, auch die
Dl'pmip'lp

Eskl hakfer 24, d

talmudische behilft sich mit

cea

== viridis Herod.

5.

fr<np1"lp

KpoKoSuXos, das

ist

lacerta cro-

Gattungsname gewundener und


pn langgestreckter Ungetme". In bezug auf fc<npl"lp ist dies trotz
Lewysohn 220 unrichtig. S. Froschnamen Nr. 6.
5 a. *^"'DJ
6.

;jaAa

s.

2,

6g,

]JV)b

Eidechsen Nr.

ist

32.

jib^ Chamleon

EN

43, 86, aber ^^^^0*0*

nach

DBB

Hunt bei PSm 4343 i. Krokodil .L-j, 2. verschiedene


1959
Eidechsen, die ja die Glossographen nicht unterscheiden: ^^U-\ i_.^.^\
[LA: <;yi, j;^!] J^y}\ ^3>^1.]

Lagarde gA 71 p^uLOA skr. gumgamara = pers. ^U-4*j^.


^U-4*j^-co],
ZDMG 50, 650 gigumra = Kindermrder, ^U.a^
Vllers Igy jysiJJ^\ dem^U-^^-*^ hnlich ZDMG ^6, 630 pars, sismr, np. ssmr (VULLERS II 574 zu ^.U^*, 854 zu j^sp.S, Qaz:

[1.

LOW, ARAMISCHE LURCHNAMEN

J^)

Wini zu
fr

^U-^^

;vim*m BrOCK 233a: SEETZEN III $02 ^L*Mh*o falsch


^L-^", mit Beschreibung des Krokodils.

Fremdsprachlich: Vllers
Nr. 16.

Diosc.

ii^t^, Cifo^ in
I

Spanien

354 Ihn Bt bei

DOZY

W^,

J-^

Sprenger

HoMMEL

34 1

1898:

373.
m-wl

u. d.
I

s.

Eidechsen

Pflanze

K/joKoSetAtov

928 o5j5^ Nilkrokodil

Maghreb

156.

habe mir aus Ibn Bt cod

(Ich

notiert).

die

th. hargast, Krokodille.

J-**^ Wright Kai. wa-Dimna 80,


bei Brock 399. Brun 721. mvti. = ji,^ i-^jaKso, IKai Ii^jl PSm 1368.
AUDO II 627: u^ixeiiol, ou.-L*ojol mit der irrigen bersetzung JL^r* statt
gyptisch pj-msh, fem. tj-msh (NLDEKE OS 1105), t-emhy'r*'.
seh HOMMEL 329, X"-H-i^^ Herod. 3, 69, cro^xos Strabo 17, i HOMMEL
Vorkommen:
444. Salmas. Ex. Plin. 613a E. BOCH. I 1043. II 655,
Ritter VII 49. X 1031. XI 510. 723. Im Nhr ez-zerk (blauer
Flu hat man noch 1877 ein Krokodilweibchen erlegt (Bdeker
Pal. 265); es ist der Krokodilflu des Plinius.
1904 kam die Haut
eines kleinen im Krokodilflu getteten Krokodils in yaif zum Verkaufe. ZDPV 31, 229. Im Nhr ez-zerk existiert noch bis heute
7.

uo.*.

Fremdwort

das Krokodil (timsh)

dem

13.

ZDPV
109.

II,

des Krokodils

ZDPV

30 (1907) 141

Jahrhundert ber das

ez-zerk

ZDPV

ZDPV

Eine Erzhlung aus

des Krokodils im

Nhr

255 aus CONDER, Quart. Statements 1888, 166.


Die frheren Nachrichten ber das Vorkommen
13,

in Palstina

hat Saint- Aignan

886 zusammengestellt.

109 aus: Acad. de Sainte-Croix d'Orleans.

II,

memoires

Vorkommen

Lectures et

1886, 534549: Saint-Aignan, Les crocodiles en PaleSeetzen II 73. IV 275 f. Schwarz d. heil. Land ed. Luncz
377n aus GA RDbZ III 401: \>^ = b)pii')p.
^Lv.j" Damiri I 148, bei Syrern auch zu Delphin!
Fischnamen

stine.

p.

Nr. 49

PSm

839. Krokodil

AuDO

BA

zu

v^j.o,l.

EN

43

DBB

1385.

PSm

und zu k/ookoSciAos.
Bei Juden: nottn^ Saadja Ps 78, 45. Abulw. 438 (Bacher),
I. Esra, Bacher, Ibn Esra als Grammatiker
172, Bachja 90d, Nachmani 510,3 und Abarbanel zu Ex 7, 25. 8,2. Sa'ar hasmajim
Maimni, Gifte ed. Steinschneider 95 n. 4. Lands25 a, 42 b.
berger, Iggereth 92. 247. Emendation fr D^n lionn 1. D^nDOnn
Midr. Agada II 157 Buber, Rej 27, 155. 311. Obadja Bertinoro,
4343. 4461.

371. II 461 zu hyr^

Reisebeschreibung, Jahrb.

f.

Gesch.

Daselbst: Als Erdkrokodil wird

III

205.

bezeichnet die freilich ungefhrliche


ruddaa, die einer grnen Schlange hnlich sieht, aber mit Fen versehen ist
und bis zwei Fu lang wird.
^

FESTSCHRIFT COHEN

34-2

Bei Arabern:
(^L.*-^!

kodil

Kro-

551

,3.^-=.

unempfindlich wie ein Krokodil werden.

[Der

II

eine

i--;-^.

davon:

_L_,JJ1);

J^

DOZY

I-.!-^"

445 -L*vmP, doch auch 450

Pflanze,

calamint,

Sha

393.

-*U^1 schon bei Muhammads Leibdichter Hassan 22, 8; bei


Spteren selten. NLDEKE]. Krokodilvogel DozY U 79. 854: ^Uj.

Plural

^^^ ^^.5 ^'f^- Syrer


crocodile ^^^a _L*^', caymane
U*.:J1

zu

Berggren ms

jjftsu.

der

DMG:

Zu 'jllJ'On wiederholt DEEwALDs, der Dichter spiele Hiob

J.^-^.

LITZSCH den agadischen Einfall


HlTZlG und
40, 25 auf den gyptischen Namen des Tieres an!
Del. z. St.
8. jiAjl (In
den Achikarsprchen 54, 12 a Sachau, vgl. OLZ
Neuere j191 1, 531 l'^in == Drache) ns. Krokodil. Maclean 323.
dische Schriftsteller gebrauchen ]"'in fr Krokodil Schnhak Nr. 157.
:

Abramow.

Lindau

51b,

(Fischnamen Nr. 39 Schlangennamen Nr.

26.)

III 45, jedenfalls

Sefer haberith 73a.

richtiger als

Philo erwhnt das Krokodil (924

b)lin 3"ipj;n

ed. Paris,

de praem.

et poenis.,

ad Cajum, Rej 41, 191). Sonst kommen jdische Schriftsteller aus Anla der gyptischen Froschplage auf das Krokodil zu
sprechen. Nach Abarbanel kamen sie in wunderbarer Weise eigens
aus dem Ozean in den Nil (zu Ex 7, 27). Ibn Esra' bekmpft die

570

leg.

dem

Agadisch
wird berichtet, Jeremia sei von den Juden in gypten gesteinigt, von
den gyptern aber in Ehren bestattet worden, da sie auf sein Gebet
von der Krokodilplage befreit worden waren (Midr. Agada II 157
Buber). Dasselbe berichten auch christliche Quellen (Vitae prophetarum 16, Nestle syr. Chrest. 55. Book of the Bee 78). Herodots und Aristoteles Nachricht, da das Krokodil nur den Oberkiefer
bewege, geht durch die mittelalterliche arabische und jdische LitenN''J2:J 42b S"*"'2n ed.
ratur.
Sa'ar hasmajim 25a 42b HDOn
Auch Abarbanel zu
Ven. 1547 f. 20b, II n^:it3 33c, 7 ^^in).
Identifikation der gyptischen

Frsche mit

Krokodil,

Ex

7, 27.

Gesehen hat Obadja aus Bertinoro das Krokodil auf seiner Reise
(1489): Der Frosch timsah, grer als ein Br, hat Knoten auf
der Haut, Die Schiftsieute behaupten, es gebe noch zweimal so
groe.
Sie stammen von den Frschen aus Mosis Zeit,"
^

Mangels geeigneteren Ausdruckes nennt ihn L Esra nnson XSO:

Abarbanel

die Frsche D^jjisn citspn a^ii nennt.

jn,

wie

LOW, ARAMISCHE LURCHNAMEN

343

Jehuda Hedessi

Sehuppenbewachsene gibt es unter den Seetieren, wie der Kokordilos und


Er hat vier
seine Arten beschuppt ist wie die Fische des Meeres.
Fe und mammae, wie die Tiere des Feldes. Alle Menschen
frchten ihn, denn Schwert, Speer und Lanze durchdringen seinen
Panzer nicht und des Bogens Sohn jagt ihn nicht in die Flucht.
Alte Fabeln wiederholt B. Saphir Reisebeschreibung I 28 a. II 92:
Das Krokodil sondert keine Fkalien ab; es ffnet den Rachen und
Eine Beschreibung versucht

Vogel

ein

Reste" dort heraus.

frit die

Schildkrten.

5.

I.

*U.

506 iM^X Uv.

PSm

^yi

j)i4^

PSm

ZDMG 24,
BA Nr. 2880 'i^ls^-h^ sUs^--*J\ ^^\. BA bei
aSj}\ lai ]^rJ>^^; !^.aisj*, IIqju-. BA daselbst noch:
hj=^ -s^^. JIJL^ liest NLD. ZDMG 30, 355

i--^.

3y^ J^.i

1746 bei Jos.

Wrights Ausgabe

EN

490. 1915
II

BB

527.

LXX

lUsa.

43,
JLxi

zitiert

BHebr

|l^^

pl.

dLis:^-***-^^

vorschlgt.

(1148):

PSm

bei

716.

BHebr

Styl. 43, 17 fr JL^^l.^ -01, ^oi^^s

1.

jlJU,^ -o,,

^\j>

da das ms. so hat, wie Nldeke


80 i.^iL*Jl j^> mnnliche Schildkrte. DBB

48, 6

ebenso HUNT bei PSm 3973 AUDO


12 iLouua jl^ y^l (Boch. I 6y, 70 und 1091.

U.s:^-**'),

(5^,

Hos

zeigt,

12,

nach iU, und mischn. *?:. GEIGER jZ I 60. XI 168.


Symmachus bei FiELD hat statt x'^^^^"-'- hier dTpaxot. Zipser BChan
I 31), zwei Arten (J-iSoi): im Meere und auf dem Lande j:^vqI y^l
In Beziehung auf Hos 12 irrt PSm mit
!,v^j^ Od; s^;a^.xajoo Jl^^xoo.
seiner Bemerkung gegen K. Card. I 171 c_.U-*Jl (-^i* yt^ ^3^^ J^irrig

Sternbild x^'^^. auch Lyra genannt, BHebr und Hunt bei


Die Schildkrte
716.
lUs,; llop^ A>i 305 nomen constellationis.

Das

PSm
im

Hommel, Astronomie

Tierkreis:

DBB
3yi U-r^

PSm

1966
->^y.-

4130

AuDO

u.

3.

566 jL^i f^j


iieu; ]L^ Landsberger, Fabeln

Goldberg, Chofes Matmonim

v^ tr^^^^!
Mo; l~^^. Card.:

"Ji^

Nr. 35.

Ahrens 60

d.

^4*
5-iy.l

Sophos

J-*,

Jls,^

U=^! und

fr

zu l>y^

Hoffmann zur Stelle p. yy. Irrtmlich steht )L4,


lies mit Frnkel U^ (Fischnamen Nr. 27) cod P

bei

il^,^

DBB
UL

^\c^\

II

L-isw^L^Jl <*.^ >'-^.. IJ^ouilo

Nr. 38.

^\

der alten Chalder

1759

^_-V).

SeetzEn
?:

317.

BB: U5ov JL^

IV

518.

mischnisch Sifra 49 c

Falsch

LewySOHN

p.

atm
vorl.

223 yaOXos.

Iv^juuD.

Pflanzennam.

p.

159.

JACOB, Beduinenleben ^ 23.


n"3
W^^iyn D^yilB^Jm W'bin

FESTSCHRIFT COHEN

344

Aruch

na'n^n n^'j^ini.

RAbD

281.

II

>i

bekennt, da er keine tradi-

Erklrung des Wortes kenne, errt aber richtig, da es die


von ihrer [Rcken-]Rundung benannte Schildkrte se\\
tionelle

fX^ mnnliche Schildkrte Brock 56 aus Wright,


wa-Dimna 248, 10 n. 2. [Wright konjiziert i-A,5sa fr l\l der
iaaik*^

2.

Kai.

NLDEKE.]

Handschrift; es wird da, als fremder Ausdruck, erklrt.


"ln

4.

Jint

5.

imn

6.

hmes,

s.

Henne

4.

Eidechsen Nr.

13.

Schiltkrott" Eidechsen Nr. 16.

BxT(7ii) 823
mehri:

und

Lewysohn

^b^D ist trotz

III 270. Z.

PSm.

S.

keine

Fischnamen Nr.

Zab

i.

II

ist

362

keine

Nr. 544. 308. Nr." 578.

232. 373.

Auch

Ly

II

319

lo^^h

Abramo WITSCH
nicht x^^^s

ist

trotz

39.

3,

an den sonstigen

wie

selbe

n.

Schildkrte.

Dil^D, Dil^D

8.

und

legt die Eier unter einen Stein

299. 3 24 f. 368, 4. 27

7.

D, H. MLLER, Mehri

Schildkrte.

Es grbt und

Rtsel:

(nach Haj, Maimn! und Anderen dasStellen,

LW

also KoAdva, KoXwva

Frankel,

KrenGEL, Hausgert
nach REJ 57,291, Dalman 17a 190a und F. Perles (brief-

Einleit.

56

Frsche Nr.

3.

n)

z.

V. 1909)

lich 3.

Jerusch.

b Krauss

x^<""'s

obwohl Sophocles

Sept. Judith 14, 15

dazu

ein Fragezeichen

ZDMG

288

II

vttottoSiov,

Fuschemel,

Perles verweist auf

setzt.

355 x^^^^V^- Ii'i den Zusammenhang der


Mischnahstelle pat der Fuschemel besser als Stange''.

^oikj

NLDEKE,

BXT

]n

D^'?''Si

9.

30,

Eidechsen Nr. 32.


pers. slhpi, sahlifa,

1368 testudinis species.

S.

dem
zalhafa, sondern gut semitisch. So NLDEKE gegen ZDMG
612. 643. Arabisch sU-sxi-co SacHAU, Gavaliki 43, DOZY sv. der
10.

I^usoi^ kein Lehnwort aus

des

merkt,

Fremdwortes Aussprache

langen

der dazu sulfka Pestbeule,


I

REJ

RDK

^i^inei

53,

189.

zu

n5p.

de?

xints

"jiij?

npitp

ynn

inis

Kints'

prov.

tartugue

Maim. Einl. Tohoroth, Landsberg Iggereth 246 Iz.


Biesenthal und Lebrecht z. St. tartuga marina Saar hasa-

Bissa scudellera GrNBAUM,


Levita tD^nSbc^ Schiltkrott: Bxt 823.
Gefe aus tierischen Exkrementen TSabb. XIII 130,20, b i6b, 58a.
b.

inns i8b:

niDl'pn

Jd.-deutsche Chrest. 542.


"bl

jitai

Cancer, Krebs, ga-

pItD-ita

majim 30a. 43
C-'j'jJ

b]}

das

be-

schwankend und

sei

Wort wie

stellt]:

50,

Schiltfrot

csilD-illD.

174 f.

TKel. Em V 583, 20.


Ohol. 5, 5; 6, I. T. VII 603, 36. Para 5, 5. Mikw. 4, i. Jad. i, 2. Ukz. 2, 10. Mit
no'?n gemischt Kel. 11, 4. TKel. Bm. I 578, 36; mit Erde jNazir VII 56 d, 1718.
TKel. Bm. I 578, 34. Haj zu Kel. 11, 4. Mainzer, Jagd 59. Mit Schildkrten

Men. 69ab. TZeb.

X 495.

14 (Schibb. haleket 165). Kel. 10,

i.

hat das
177.

Wort

Archol.

nichts zu tun, trotz


II

643

n. 257.

Ben Chan.

II 325. 466.

S. zu

Krauss,

LW

II

LOW, ARAMISCHE LURCHNAMEN

345
.

lpago, crapaudine auf eine Beule

bertragen.

' -

Sha 1037.

sLisrU-)

Card. ZU Lei, ^ilLj DBB 191 5.


hat fr testudo auerdem buzi, tirse p. IX und sukar. Usc^-^
Tledth Alexander 33. FoRSK 142: Ova testudinis sicca beid elqolqom ^JI Jxo. i^.^a\^> EN 43, 80. BA bei PSm 2643. 3973DBB 1353. (Mit fc^n'D^D, einem Fisch verwechselt: s. Fischnamen

FORSK
FORSK

VIII und 12

'<iJLl.y,

*Li.sn.iil>

Nr. 62.)

Fleischer zu Seetzen IV 518 zu


von ^r^
p.

Emys

krte,

Trionyx aegyptiaca, Nilschildkrte. (FORSK,

vpios)

IX tirse

502 <*-*o^l (Schildkrte

III

Testudo triunguis IV 505

d^s}"^ Wasserschild-

<^.y^\

f.

syriacaEHRB, ^.^^ dJ.^-^ Landschildkrte, Testudo

marginata Schpf.)
11.

^^^^

dSyi
gilt

lieu?

DBB

Un'r^

U5^y*-"^

1456
-r^;

L.5-*-**^-.5

den Morgenlndern

fr eine

21

n.

cod.

..5^*-**^-3

^y

S.: ^^^

L-A-!iU*Jl.

y^o,

k'ij}\^

Die Schildkrte

Art groen Frosches, daher trkisch

y-o eigentlich der mit einem Gehuse versehene


Frosch.
(Fleischer Seetzen IV 519). Ungarisch: tekno's beka:
der Frosch mit dem Waschtrog.
HONIGBERGER, Frchte aus d.
Morgl. 564 trkisch = kaplun, tozbagha, arabisch zilfi, bakheh,
persisch senghpuscht. Persisch = VuLLERS I 69 ^y^y>\ in Oriente
kaply baga

testudo) (136:

697

C^s-i:o

dJ>^

c>^<^^ ^^t

^iXl-ioL,

isli-sr-*^

503

336 <::-^.

d3^L^

DOZY:

L-i-ixif.

^b.

954 ^\S^>, 157

(Schildkrotschale),

Ub

^^.J^y

lacerta,

b nimmt Thureau-D ANGIN

Hrozny macht

an und

ba

dieser

Vermutung

BXT

^^^r.

58/

jj C-^. ^V
^s-^d.^"^ =

846

cu-<io_

(^X^

^-ix^

i---to.

^3Il ybj ^ysx^\ und C-<-;^^" testudo.

Gesenius, Maltesische Sprache 51


assyrisch

e/V

X-^^'?)

46

II

54 ^^>L--< -L

x^Xwvrj

ecaille,

^*XjJ^

geltend,

die

da die

lteste Gestalt des Zeichens

ungnstig

vielleicht nicht

Fr
Bedeutung: Schildkrte

Cj^'j^ Schildkrte.

WZKM

ist.

1911, 238.

Siehe Eidechsennamen Nr. 34.


2S galt vielfach fr Schildkrte. Die englische Bibelbersetzung
12.

n:J

testudo.

hatte ebenfalls tortoise, das in der Revised version in

verbessert wurde.
Selbst

Halevy

mit 2^,

48 a,

meint noch, die

Schildkrte benannt.

Sefer

LUNCZ: D^
Bei

Lekah tob semini

haberith

72 a.

2:$

great lizard

32 a y^a: ]UD HDI^ pJi'H Hf.


JllViy seien von der hnlichkeit
f.

NLDEKE OS

SCHWARZ, D.

h.

1023.

Ebenso LiNDAU

Land 301

deutsch, 367

al-selchefi, aber auch die Eidechse dabb.

den Fabeldichtern:

2:J1

bn Berachja

p.

208.

Hase und

FESTSCHRIFT COHEN

340
Schildkrte (oben Nr.

GORON, Mischle Jehd

n:jm n:ii"lNn

i)

148,

ni'm nnyn n"nj;n n^^sn 123 aus Lafontaine.

man LA y^'^bp
Num 12, 17 soll

Num

zu

13. Yl^'h)pb

7, 3

ns m'?:v Pesiktha 8 a,

Krauss LW II
505. Dalman 362. Ly IV 310b denkt an cella, Jastrow 1328 an
Y^bp. Jedenfalls verfehlt ist x^^^'^ und x^^'^^'^ zu D"''?^ KrauSS
LW II 177, oben Nr. I. 'A(rm8oxe\(ovr) iio\>-^mt, J.Aa:i.| Phys. TYCHSEN
p. 18 und p. 163. (Ahrens 55, ["T, bers.]) Land cap. 73. S. Fischnamen Nr. 71.
^y..^ = xeAoJio; NLDEKE, Pers. Stud. 2, 43
SCHULTHESS WB 205.
Cant

r.

6,

zu x^'^^ov gehren,

r.

IfA

14.

Nr. 15.

s.

= S DBB
=
H
auch
BHebr. J^W
191

15-

Uj

kennt
JLoi,

noch nicht
sein sollte.

Ob

dazu gehrt

887

bei

PSm

iyl PSm 3973


AUDO II 527

J-ii,

[Das e wre auch dann

Sp"*"!

SR

i,

280, 3

Schildkrte

NLDEKE.]

Usufia: zihilfi.

DBB

JL;,

wenn mand.

garantiert,

1456

^v. HUNT. das.

^U-sil.*^!

richtig

? ?

tortoise.

284:

aus

Cardahi

aber

iU., aLj,

Kj

2643 zu

J-jj

Im Karmel

ZDPV

xe^wvj;.

qr,

heit

30, 141.

Irrig

PSm

qry
die

31, 258.

pl. Lvjb

qryi ns.

Schildkrte

MacleaN

qurq'a,

Vgl. auch Nr. 16.

in

i3ji\

1697 tenuitas", subtilitas" bersetzt.

Ibw^ao^ro.

DlEZ^ 717 aus malayisch kurakura,


Meerschildkrte, korakora groes Schiff, portugiesisch cor a cor a,
corocora vom arabischen ^^v.
Davon romanisch: caracca.
16. i'i^'r^ ein Schiff, KepKovpos

Fraenkel 217
I

(nach Nldeke). 294.

Hbschmann, Armen.

Gr.

307.
17.

Dimna

ioiM

(fAuut)

PSm

4345 und BROCK, aus

75, 14; 166, 8: 176, 10.

Eidechsennamen Nr. 32

Brun

entstellt:

Wright

Kai. wa-

704: Schildkrte. [Ob aus;,yi-L*o

NLDEKE.]

Vorboten der Judenemanzipation


Von

Dr.

in

Kurmainz.

Siegmund Salfeld.

den Bildern aus der Vergangenheit der jdischen Gemeinde


Mainz" konnte dem Generalreskript des letzten Kurfrsten, Friedrich

In

Karl Joseph von Erthal (1774 1802), vom 9. Februar 1784, das die
soziale Lage der Juden verbessern und ihre materiellen und geistigen
Krfte fr den Staat gewinnen sollte, nur wenig Raum gewhrt
werden.

zwang

Die konomie

der

als

Festschrift erschienenen

Bilder"

zur Beschrnkung und verbot eine eingehendere Besprechung

der vorwiegend durch Archivalien' bezeugten Bestrebungen, die Juden


aus sklavenhnlichem Zustande zu befreien und ihr Dasein wrdiger

nun auf Grund der einschlgigen, in der


Mainzer Stadtbibliothek aufbewahrten Archivalien ein ausfhrlicher
Beitrag zur Geschichte der Emanzipation der deutschen Juden geboten werden.
zu

gestalten.

Was

Hier

soll

Kurmainz angestrebt wurde, ist nur ein kleiner Teil


der groen Bewegung des Aufklrungszeitalters, die von Lessing,
Mendelssohn, Dohm und anderen in Preuen, von Joseph IL in
in

von Mirabeau, Abbe GregoiRE und anderen in Frankreich inauguriert worden ist, und der die Juden Gleichberechtigung
und kulturellen Aufschwung zu danken haben. Ob hierfr jdischerseits im Kurstaat vorgearbeitet, ja gekmpft wurde, erfahren wir
nicht, denn aus den Kreisen der Unterdrckten flieen die Quellen
nur sprlich; der Druck hatte Mut und Hoffnung geschwcht, und
fr das, was die Welt versagte, entschdigte das Haus und die
religise Praxis in der Gemeinde, im Gotteshause und Lehrhause.
Bezeichnend ist, da die von der kurfrstlichen Regierung verordneten
und berwachten Judenlandtage,' die unter dem Prsidium des Obersterreich,

'

Siehe weiter unten.

FESTSCHRIFT COHEN

248

rabbiners tagten, sich lediglich mit Steuerfragen, Schutzrenovationen,


Gesetzstudium und Zeremonialsachen befaten, und dali die wenigen

bekannten Landtagsberichte ber soziale Fragen keinen Aufschlu


geben. Man fgte sich, so gut es ging, in die bestehenden Verhltnisse und war zufrieden, wenn das jahrhundertalte Joch, an das

man

sich allmhlich

wegs

bejubelte

gewhnt

hatte,

etwas erleichtert wurde.

man wohlwollende Bestimmungen.

Keines-

Aufrichtiger, reicher

Jubel stieg erst in spterer Zeit aus den dankbaren Herzen empor.
Das Jahrhundert vor Erla eines neuen Judengesetzes zeigt

ununterbrochene Reihe von Beschrnkungen, von Mitrauen und Feindseligkeit, eine Kette schmhlicher Verordnungen,
entwrdigender Ausnahmegesetze. Mit Erffnung eines neuen Ghetto
meist eine

kam

Der Kurfrst Johann Philipp (1647 1673) verDezember 1662, eine neue Judengasse in Mainz zu

neues Leid.

ordnete
bauen.

'

am

8.

Denn

weil die Mainzer Judenschaft

sich allzusehr

ber-

hufe und dadurch der Brgerschaft, den Handelsleuten sowohl bei


Wohnungen und Nahrung merklich entzogen (so!) und um deswillen
nicht wenig

Klagen gefhrt werden";

die allzuvielen Taschenbriefe

Regierung durch
und Handel und Hand-

weil ferner die

benachteiligt sei

werk nicht geschdigt werden drften, so sollten fr die Folge nur


zwanzig schutzverwandte Juden mit Weib, Kind und Gesind" in
Mainz geduldet werden. Sie muten die bis dahin bewohnten Grundstcke verlassen, in einer neu zu erbauenden Gasse sich ansiedeln,
durften dort ein Gotteshaus errichten, whrend ihre jetzo inhabende
Behausung und Synagog zu anderweitigem Gebrauche wiederumb in
brgerliche

Hnden

zu verkaufen

sei".

Die ber die bestimmte Zahl

vorhandenen Juden sollten die Stadt rumen und sich dort auf dem
Lande, wo man sie dulden wolle", niederlassen; des kurfrstlichen
Der Handel mit ebaren und
Schutzes drften sie gewrtig sein.
fetten Waren", mit Korn und Wein ward untersagt, der Verkauf von

Tuch und Seidenwaren


Handel

in Silber,

auf zwei Geschfte beschrnkt, jedoch der

Gold, Juwelen, Wechseln, Pferden, Vieh,

Federn,

SCHAAB, Diplomatische Geschichte der Juden zu Mainz, 223ff.; Salfeld,


Bilder aus der Vergangenheit der jd. Gemeinde Mainz, 43 f.
' Taschenbriefe
waren eine Art Passepartout fr die Zollsttten, fr die
Sie wurden Einzelnen auch gratis gewhrt.
ein Pauschquantum gezahlt war.
Siehe u. a. Mainzer Domkapitel-Protokolle v. 1729 1732 im Kreisarchiv Wrzber Annullierung der Freiheits- und Taschenburg [KA.] fol. 629, 654, 658.
^

Judensachen im stdtischen Archiv zu Mainz, Verordn. v. 7. Okt.


Vgl. femer daselbst Churfrsll. Verordnung (gedruckt) v. 19. Dez. 1775.
briefe

s.

1763.

^
H

SALFELDj VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ

Bettwerk,

alten

Kleidern und

dergleichen

freigegeben.

349

Was

die

jdischen Einwohner an Zinn, Kupfer, Messing, Federn und andern


Produkten ber einem Viertel Zentner verkaufen wollten, durften sie

sondern muten es im stdtischen Kaufhaus


abwiegen, Geldgeschfte und Verschreibungen waren vor den weltDie Vergnstigung der Taschenlichen Gerichten zu vollziehen.
nicht in ihrem Hause,

briefe hrte auf.

Fremde Juden

durften Mainz nur durch das Eisen-

Rhein oder durch die Gaupforte betreten, nachdem sie


Lnger als acht Tage durfte kein
ihr Zollzeichen gelst hatten.
Fremder ohne Zollzeichen beherbergt werden. Keiner sollte mehr
trlein"

am

Knecht und

als einen

halten.

Im Winter

eine

Magd, aber keine

hatten die Juden auf

christliche

Sugamme

dem Wochenmarkt

ihren

Bedarf vor lo, im Sommer vor 9 Uhr morgens einzukaufen. Ihre


Sie waren verGassen sollten allabendlich geschlossen werden.
pflichtet, 50 Feuereimer zu beschaffen und bei Feuersbrnsten bereitzuhalten.

den man weise und


gerecht genannt hat, und der zwei Jahre nach diesem drakonischen
Erfasse, nachdem er das ungehorsame Erfurt bombardiert und unterworfen hatte, bei einem splendiden Gastmahl in Mainz mit volltnenden Worten Liebe und Toleranz pries. Wer Andersglubige
verdammt, der sndigt gegen Gottes AUiebe und Gerechtigkeit, wer

Das war

sie verachtet,

die Judenpolitik

eines Frsten,

hasset oder verfolgt, der handelt gegen die Grundstze

Eine Auflage, die nach Verhltnis auch den Christen verordnet war und
nicht nur fr Mainz, sondern auch fr andere Orte galt. KA. Wrzb. a. a. O.
fol. 753; Mainzer Judensachen, Anfrage des Churpflzischen Regierungsrats,
Stadtdirektors in Mannheim v. 26. Jan. 1789, was fr eine Ordnung in Mainz
der Judenschaft wegen von derselben in Feuer- und Wassernten zu leistenden
Beihilfe vorgeschrieben sei". Antwort: Unsere dahiesige Judenschaft, welche
aus loi schutzsssigen Juden bestehet, ist verpflichtet: 100 brauchbare Feuereimer auf ihre Kosten bereit zu halten." Diese Eimer werden in der Synagoge
aufbewahrt und von Zeit zu Zeit von der Polizei kontrolliert. Wenn Feuer in
der Stadt oder in den Landorten ausbricht, mssen die Juden sobald der Alarm^

Schu geschehen" mit den Eimern

zur Brandsttte eilen.

Man

hat kein Beispiel,

da es dieselben jemals an der thtigsten Mithilfe htten fehlen lassen, selbst


Der Lage
nicht, wenn an einem Sabbat sich ein solches Unglck ereignete."
Wasserbei
Mithilfe
der Judengasse wegen braucht man sie in Mainz nicht zur
gefahr heranzuziehen .... Wenn im Notfalle wir derselben bentigt wren,
wrden wir ihnen wie bei Feuersgefahr auch bei dieser Gelegenheit keinen
anderen Zwang und keine hheren Schuldigkeiten als unsern brigen christlichen
Unterthanen auflegen und sie in allem mit gleichen Rechten wie diese behandeln."

FESTSCHRIFT COHEN

350

und Glaubenslehrer predigt Sanftmut


und Geduld, Liebe und Menschenachtung. Alles leidenschaftliche
ermuntert nicht zu edelm VorEifern erweckt keine Frmmigkeit
satze, zu tugendhaftem Bestreben, aber es entfernt, erweckt Erbitterung und eine verderbliche Eifersucht im Staate." Das ist nur
ein kurzer Auszug aus der erwhnten Bankettrede.'' Wie stark kontrastierten solche Tiraden mit dem Unglck, das dem Staate und
der Stadt Erfurt widerfahren, weil die Protestanten nicht nach Vorschrift beten wollten", und mit den Bestrebungen, die Juden, deren
Chebra-Kadischa-Statut von 1662 den Geist der Liebe atmet, zu
demtigen. Nicht, um den angeblich verderblichen Einflu der Juden
zu verhten, hat man sie aus den besseren verkehrsreichen Stadtteilen verwiesen und in die Judengassen, die sich nun auf dem unAll ihr Volkes-

der Religion.

gesundesten Boden erhoben, eingepfercht, nein, die Judenhuser sollten


ansehnlicheren Gebuden weichen. Denn als die Nachwehen des
Dreiigjhrigen

der den

Krieges,

berwunden waren, erwachte

in

Kurstaat

Anlegung neuer Straenzge, der


in

Sie trieb den Kurfrsten zur

drei Bleichen mit ihren

Kommuni-

das Stadtinnere, zum Bau einer Rheinbrcke und zu um-

fassenden Festungswerken.
ist

hatte,

Mainz, wie vieler Orten nach ber-

standenen Katastrophen, die Baulust.


kationen

geschdigt

arg

Da

jdisches Geld ihm hierbei geholfen,

denn

nicht festzustellen, aber wahrscheinlich,

die

Verordnungen

von 1662 scheinen nicht in der beabsichtigten Strenge befolgt zu sein.


Erst neun Jahre spter wurden sie durch Reskript vom 12. November
167 1 rcksichtslos erneuert und verschrft. Die Zahl der geduldeten
Familien ward von 20 auf 10 herabgesetzt, auch kamen einige neue
Beschrnkungen hinzu.
Johann Philipps Judenpolitik ward die Direktive seiner Nachfolger.
Lnger als ein Jahrhundert war sie von verderblichem Einflu.
Schon 1674 hat Lothar Friedrich von Metternich-Burscheid (1673
1675) auf Drngen der Konkurrenz den Juden den Wein- und Fruchthandel wieder verboten und mit Konfiskation etwaiger Vorrte gedroht.
Zu den alten Belstigungen kamen neue, wie ein Schreiben Damian

Hartards von

der

Leyen (1675

1678)

an das Vizedomamt im

Das Verhltnis
zu den Juden erhellt u. a. aus KA. Wrzb. Domkap. Protokolle v. 1663 1666
Judendimittierung aus dem Mainzer Erzstift; Ingrossatur-Buch fol. 86: Decretum
^

MtJLLER, Die letzten sieben Kurfrsten von Mainz,

pro Judaeis

Moguntinis

Judenordnung
8/o zu nehmen.
.

1662

1671

1662;
fol.

das.

fol.

121,

125,

149.

131,

146:

Maintzische

235: Jndultum Judaeis concessum auf 10 Jahre

k:

11

SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ

35

Rheingau vom 29. Januar 1776 zeigt, wonach bei allen aus dem
Staate gehenden Mitgiften eine erhebliche Steuer, der sogenannte
zehnte Pfennig", zu erheben sei. Etwas Licht flutete in die Judengassen, als Lothar Franz von Schnborn (1695
1729) zur Regierung
Als Ausdruck der auf ihn gesetzten Hoffnungen widmeten
kam.
ihm die Juden bei seiner Inthronisation einen Glckwunsch auf

die

Platte,

silberner

auf der

auf der einen Seite eine hebrische,

anderen eine deutsche Inschrift

zeigte.

Ihre Hoffnungen schienen

Er gestattete ihnen die Annahme eines Rabbinen,


der von ihm approbiert werden sollte und dem bis zu einem gewissen
Grade die Jurisdiktion bertragen wurde. ^ Er gab den Frucht- und
Weinhandel frei und lie den durch die Zeitverhltnisse bedingten
Zinsfu von 8 Prozent bestehen. Mit Nachdruck aber bestand er auf
der Abgabe des zehnten Pfennigs" von dem jdischen Vermgen,
das auer Landes ging. Da die uere Lage der Mainzer Juden
sich auch unter diesem wohlwollenden Frsten nicht gnstiger gestaltete, beweist ein Regulativ vom 10. Februar 1724, betreffend
den von den Vorstehern, damals Vorgnger genannt, erwirkten Beschlu, Rechtssachen ohne den Rabbiner zu erledigen, und eine Verordnung vom 18. Juli 1724, die uns zwischen den Zeilen lesen lt,
sich zu erfllen.

wie schwer es den durch die ungnstigen Zeitverhltnisse

arg ge-

schdigten Juden wurde, die erheblichen Steuern aufzubringen.


Gemeindeleitung mute, um die frstliche Gnade nicht zu

vom

scherzen, eine Direktive

Staate erwirken, nach welcher

sie

Die
ver-

der

Herrschaft ohne die bislang schwer empfundene Schdigung vieler


Gemeindemitglieder gerecht werden konnte. Wie die nicht unerheb-

Lasten

lichen

'

Judenschaft

drcken

muten,

SCHUDT, Jdische Merckwrdigkeiten

Mitgeteilt von

zeigt

deutlich

IV, 149;

SCHAAB

O. 261.

a. a.

Whrend der

einander
(1687

die

in

Regierungszeit Lothar Franz' waren drei Rabbiner nach

Simon Enosch, auch Dr. Leo Simon genannt


R. Isachar Berusch (Bernhard Eskeles, 1716 1723) und R. Isak

Mainz

1714),

ttig: R.

Lob

b.

1729), ber welche Lwenstein, Zur Geschichte


Rabbiner in Mainz (1615 1848) im Jahrb. der jd.-Hterarischen Gesellschaft,
Seckel Ethausen (1723

der
III,

Eine Verordnung,, wie die Annahme des Judenrabbiners


geschehen solle" befindet sich im stdt. Archiv zu Mainz, sie ist datiert vom
30. Januar 1696 (Churfrstl. Verordnungen III, 52), ist 17. Juli 1732 von Philipp
225

ff.

zu vergleichen

Karl, 21. Juli 1732

erneuert.

SCHAAB

Sie
a. a.

ist.

vom Domkapitel und

10.

Febr. 1747 von Johann Friedrich Karl

auerdem Bestimmungen ber Handel und Zinsnahme.


Betr. des Handels der Juden vgl. die Beschwerde der Krmer-

enthlt

O. 262.

und Schneiderzunft

v. 5. Juli

1697 in Mainzer Judensachen (Stadtarchiv).

FESTSCHRIFT COHEN

35'

erwhnten Reskripts: Wir wollen drittens, da unter


dem Namen herrschaftliche Gelder diejenige ordinari und extraordinari Anlagen, welche wir oder mit unserm gndigsten Consens
unsere Hof kammer an unsere Judenschaft ausschreiben oder zu fordern

S 3

des

haben, unter denen gemeinen Gelder aber die Neujahrs-Gelder, die


Martins-Gns-Gelder, Domkapitularische sogenannte Synagog und
'

gebhrende Gelder, sodann die Armenhausgelder, so lange diese Anlag whret, die Glockengelder zur Pfarr
ad S'""" Emmeranum, die einem zeitlichen Rhentmeister schuldige
zeitlichen Erzpriester

einem

Zapfgelder respectiv deren jenigen, so selbige der Gemein zu zahlen


haben, die Gelder fr die Armen Studenten bei den. Patribus der
Societt, die Gelder, so in der Fasten fr Fisch zur Behuf deren

und der Societt angewendet werden,


zu denen Leuchten in der Judenga er-

P. P. Franziscaner, Capuziner

die Feldschtzengelder, die

forderliche

Speesen,

die

Kurpflzischen Taschengelaitsgelder,

die

deren Vorgnger, armen Kranken -Wrter,


aller gemein Diener, deren Schechter, die Gelder zu Baw und Unterhaltung der armen Herberg, Juden Kirchhof und Suberung der
Gassen, nicht weniger der Brunnen und Feuerordnung, das Geld fr
Salaria

des Rabbiners,

den Hecht pro rectore magnifico in der Charwoche, alle gemeine


und sonsten
Capitalien und deren davon verfallenen Interessen
Nach der kurzen Regierung
keine verstanden werden sollen."*
des den Juden nicht freundlich gesinnten Kurfrsten Franz Ludwig
.

(1729

1732) ward

in

unruhvoller Zeit ein wohlwollender, hochherziger

Karl von Eltz (1732 1743), zu seinem Nachfolger


Die Juden wandten sich nicht vergeblich an ihn um Beerwhlt.
freiung von der Zehnpfennig-Steuer, die sie von der Aussteuer ihrer

Frst,

Philipp

auerhalb des Erzstifts verheirateten Kinder zu zahlen hatten. Wir


haben", so dekretiert er am 17. Juli 1732, hiebey [nmlich Erla der

Nachsteuer]

in

reifliche

und

billige

berlegung gezogen, mit was

Zu Martini muten in vielen Orten den Verwaltungsbeamten fette, zierlich


aufgeputzte Gnse verehrt werden.
* Dazu kamen noch besondere direkte Besteuerungen, z. B. ,,bei Aufrichtung
der Landmiliz (1700) ein bestimmtes Quantum Kupfer aufzubringen", (BamBERGER, Historische Berichte ber die Juden der Stadt und des ehemaligen
Frstentums Aschaffenburg, 14); ferner in das Jagdhaus zu Aschaffenburg Federn
und Bettzeug gratis zu liefern (Extractus Protoc. Camerae Electoralis Mogunt.
^

Mainzer Stadtarchiv; Bamberger a. a. O. 52); die Abnahme von


Tuch und Wollenwaren aus der Armenfabrik bei Rezeption eines Schutzgenossen
des Jonas Bonte
(s. Vicedomamts-Bericht v. 25. Juni 178g, die Schutzannahme
[Bondi] aus Dresden betr., im Mainzer Stadtarchiv).
26. Jan. 1767,

SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ

353

schweren und gemeinen Lasten besagte Judenschaft unsers Erzstifts ohne da beschwehrt ist, dergestalt, da selbiger
allerdings schwehr fallen will bey denen dermahligen schlechten und
bei den Hausteuern
nahrungslosen Zeiten solche aufzubringen
und Erbschaften ist ein mehreres nicht als Einhundert Gulden jhrlich
erheben zu lassen."^ Den Forderungen der sturmdurchtobten Zeiten
Rechnung tragend, schuf die Mainzer Judenschaft 1741 ein Gemeinde-

vielen Herrschaftlichen

das

Statut,^

Leben ordnen

sollte.

der gering

Kraft

zum

ihr Verhltnis

Staate, ihr Wirtschafts- und inneres

Dieses Statut wirft helles Licht auf die

sittliche

geschtzten und verachteten Juden, die bei aller

Zurcksetzung eine schlichte Religiositt sich wahrten, mit Vorliebe


das Studium des Gesetzes pflegten und die Hoffnung auf bessere

Auch

Zeiten nicht aufgaben.

mit Johann Friedrich Karl von Ostein

1763)

und Emmerich Joseph von Breidbach (1763 1774)


kamen die besseren Zeiten noch nicht. Den Letztern haben die Juden
mit reicher Hoffnung begrt. Sie haben an seinem Wahltage einen
(1743

solennen Gottesdienst mit Predigt ihres Rabbiners R.Moses Brandeis


abgehalten und vertrauensvoll der Zukunft entgegengesehen. *

Ihr

Der Kurfrst war ein wissensreicher,


weiser Regent und edler, im Leben erprobter, erfahrener Frst,
der bei seinem Regierungsantritt alle Nhr-, Lehr- und Verkehrs-

Vertrauen war berechtigt.

einem beklagenswerten Zustand des Verfalls antraf"


und bei seinem Tode das Land in gesunden Verhltnissen,
Er hatte
schuldenfrei, materiell gekrftigt und blhend hinterlie.
anstalten

in

Mainzer Stadtarchiv judensachen Verordnung v. 1 7. Juli 1732, darin gestattet


den Handel mit Waren, alten wie neuen Kleidern,
letztere mssen jedoch von eingesessenen Schneidern verfertigt sein; erneuert
18. Mrz 1773, die Nachbesteuerung beschrnkt sich lediglich auf die auer."; 11. Dez. 1797, die Nachsteuer
halb des Erzstiftes verheirateten Kinder
beziehe sich nur auf die verheirateten Kinder, involviere aber nicht die Freizgigkeit von allem und jedem auer Landes gehenden Vermgen."
* Original, etwas defekt, in meinem Besitz, ungengende Transkription bei
SCHAAB a. a. O. 325 ff. Siehe auch Salfeld, Bilder ... 62.
^

Kurf. Philipp Karl ferner

LWENSTEIN

"

Liturgie

a. a.

O. 228.

und Rede sind

in

einem auf Pergament (17 Foliobltter) ge-

schriebenen, fr den Kurfrsten bestimmten Dedikationsexemplar enthalten.


Titel lautet: ,,Eine

herrn

den Fnfften

Emmerich Joseph

Julii

von

1763 an

dem

dem

allhiesigen

Wahl Tag

Der

unsers Landes-

Rabbiner Moyses Brandeis

Synagoge allhier in Mayntz von samtlicher getreuen Judenschaft mit einer Illumination und Music angestellte Dancksagung und Gebett, so
auf Herbrisch und Teutsch hier folgt." Neuerdings beschrieben von O. LEHMANN
im Mainzer Anzeiger v. 4. April 1912 u. in d. Beil. der Jd. Presse Nr. 12, 1912.
.

Verfasste, in der

23

FESTSCHRIFT COHEN

354

und Industrie gehoben, Handel und Verkehr gefrdert, die Schiffahrt belebt, Fabriken und Manufaktureien erweitert
und neu angelegt, die Stadt durch Bauten verschnert, das Armenwesen und die Krankenpflege geordnet, eine Schulreform angebahnt
und fr Humanitt begeistert.^ Solcher Mann, sollte man meinen,
htte auch das Los seiner jdischen Landeskinder von Grund aus
bessern mssen.
Wohl ist er fr sie hin und wieder eingetreten,
aber trotzdem blieb er ein Sohn seiner an Vorurteilen reichen Zeit, und
seine Bestrebungen, allen leidenden Landeskindern ein gerechter,
liebevoller Vater zu sein", machten an den Thoren des Ghetto Halt. *
Erst der letzte Kurfrst von Mainz, Friedrich Karl Joseph von Erthal
Landwirtschaft

(1774

1802),

dessen Charakterbild

seiner liberalen Ttigkeit

wegen wie

in

der Geschichte schwankt, der

sein kaiserlicher

Freund Joseph

II.

von Osterreich angeblich verkannt und im Vergleich zu dem scharfblickenden Emmerich Joseph als falsch spekulierender Obskurant
verketzert wurde, schlug betreffs der Juden eine neue Politik ein.
Im Anfang seiner Regierung streng kirchlich sich gebend und
der freisinnigen Richtung seines Vorgngers abhold, frchteten
Bald aber schlugen Gesinnung und
ihn die Juden als ihren Feind.
Ttigkeit in das Gegenteil um, er gefiel sich in der Rolle eines Freigeistes, der auch vor dem Kampfe mit Rom nicht zurckschreckte." 3
Ehrgeizig und eitel, haschte er nach Anerkennung und Bewunderung
dort, wo er sie am ehesten erwarten konnte und kam bald in Abhngigkeit von seinen Ratgebern, deren einflureichster wohl der
Weihbischof Valentin Heimes war.'* Dieser Beamte wird als klarer
und fester Kopf geschildert, der durch hervorragende Talente, durch
geschwinde, durchdringende Einsicht sich auszeichnete und dessen
Herzensgte und Menschenfreundlichkeit auch den Juden zugute
kommen sollte. Seinem Einflu ist es zuzuschreiben, da schon 1782
der Kurfrst sein Augenmerk auf die moralische und soziale Lage

ber ihn HenneS, Die Erzbischfe von Mainz, 326; MLLER a.a.O. 341
2 Beweis: Verordnung (Mainzer Stadtarchiv) v. 26. Jan. 1767. Zur Ergnzung
des Churf. Jagdzeugs zu Aschafifenburg hat jeder Jude des Ober- und Untererzstifts
150 Stck weifie Federkiel, eine Wittwe die Hlfte in das dortige Jagdhaus zu
liefern; Verordnung (das.) v. 2. Aug. 1773 (auf Vorstellung vom 8. Juli d. J.) es
wird den Juden nicht gestattet, an Sonn- und Feiertagen ohne erhebliche Ursach
^

S.

fif.

zum Doktor, Barbierer und zur Apotheke zu gehen


Note
wird erlaubt. S. auch
2, S. 352.
3 Bockenheimer, Kurmainz im Frstenbunde, 14.
aus ihrer Gassen zu gehen;

das. 17;

Mller

a. a.

O. 397.

SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ


seiner Schutzjuden richtete

Mit

verbessern.

und mit ihm nach Mitteln

dem Ausschreiben vom

15,

355

suchte, sie zu

Februar 1782 nehmen

diese Bestrebungen ihren Anfang.

Kurfrstlich Mainzisch. Hofraths-Prsident,


Kanzley- Direktor,

Geheime Hof- und Regierungsrthe.


Unsern

Gru zuvor

etc.

Unter den mancherley Gegenstnden,

die die landesvterliche Einsicht Sr. Kurfrstlichen

Gnaden

beschftigen,

beherzigen Hchstdieselbe auch das Schicksal der in Hchstdero Kurlanden befindlichen Juden. Da es aber vordersamst auf die moralische
Verbesserung derselben ankmmt: so habet ihr ungesumt einzuberichten
a) wie viele Juden, mnnlich und weiblich, sich in euerem Amtsbezirke
befinden? b) welche Gewerbe dieselben treiben, und wovon sie sich
ernhren? c) wie die Verfassung und Gesetzgebung derselben beschaffen
seye? in welchen Gegenstnden sie den Beamten und in welchen dem

Rabbiner und welchem Rabbiner sie unterworfen seyen? d) wie diese


Verfassung zu bessern seye? e) ob den Juden erlaubt werden knne,
mehrere Nahrungszweige zu treiben? f) in welchem Zustande sich die
in euerem Amtsbezirke befindlichen jdischen Schulen befinden?
was,
wie und durch wen daselbst gelehret wird, und wie, und durch welchen
Beytrag und Anstalten dieselben gebessert werden knnen. Wir gewrtigen ber smmtliche vorliegende Gegenstnde eueren erschpfen-

den Bericht und verbleiben etc.


Mainz, den 15. Februar 1782.
Freyherr von Frankenstein.

Schon nach einigen Wochen, am 2. April, resolvieren die Rte,


nachdem sie die Listen ber Personal- und Nahrungsstand eingereicht
hatten, da dem Rabbiner in Sachen Jude contra Jude die erste Instanz
in Zivil- und Religionssachen zu bertragen sei und da er nach
der Thora, dem Schulchan aruch und Maimonides entscheide. In
Polizei- und Kriminalfllen sei das Vizedom- und Gewaltbottenamt
zustndig.
Es sei nicht rtHch, dem Rabbiner, ohne ihn und die
Gemeindemitgheder zu verletzen, die Gerichtsbarkeit zu entziehen
denn die Juden seyen mit ihrer Religion toleriert". In Zivilsachen
stehe

dem

gravirten Teil die appelations instanzen ganz offen".

Da

drei Viertel der

Mainzer Juden arm oder schlecht bemittelt

knnten

nicht abgeben.
Fabriken solcher
das Geld seither auer Landes geschleppt sei, knne

Waren,

sie

seien,

so

sich mit entreprisen

fr die

man

anzulegen unbedenkHch erlauben.


Nahrungszweige ihnen zu
gestatten, durch welche Christen sich ernhren, wrden Beschwerden
hervorrufen, denen

man

wieder abhelfen mte.

Die meiste, schir


23*

FESTSCHRIFT COHEN

356

Juden sind dahier in der deutschen Sprache, dem Lesen und


Schreiben gar wenig gebt, denselben will es daher auch schwer

alle

da

fallen,

angehalten werden jene Aufstze, so eine gesetz-

sie solten

liche Kraft

haben

sollen, in

deutscher Sprache zu fertigen", deshalb

das Schulwesen, das sich

sei es rtlich,

und

fr

stimmte eine kurfrstliche Verordnung,


Gerichtspflege
zu

Justiz

approbieren zu

die letzte Schulklasse einen christlichen Lehrer anzu-

der im Deutschen unterrichte.

stellen,

Verfassung befinde,

vom Rabbiner

zu verbessern, die Lehrer auch ferner


lassen

in rgster

mit

am

1783 beda die Juden betreffs der


Bereits

i.

Juli

den Christen gleichzuhalten, ihnen schleunige

administriren"

und da

sei

Christen behandelt werden

drften.

sie

Vier

nichts hrter als die

in

Wochen

kam

spter

das

folgende Generalreskript, das vorlufig die Anstellung eines Rabbiners


dekretierte, die

Bestimmungen
Gerichtspflege wiederholte und den Juden zur

Grenzen seiner Befugnisse

ber die staatliche

festsetzte, die

machte, ihre Geschftsbcher usw.

Pflicht

Der Kurfrst

fhren.

in

deutscher Sprache zu

Juden
zu mehren und zu

behielt sich vor, in der Verfassung der

nach hchstem Wohlgefallen

und Gutdnken

mindern."

Kurfrstlich Mainzische Landes-Regierung.


Durch erhebliche Grnde finden Wir uns bewogen, wegen den in
dem Kurstaate befindlichen Juden zu verordnen und zu gebieten, wie
folgt:

Behlt es dabey sein Bewenden, da fiir die smtlichen Kurlande (Erfurt und Eichsfeld lediglich ausgenommen) nur ein einiger
Rabbiner angestellt werde und verbleibe, dergestalten zwar, da die
kurfrstlichen Vicedom- und Obermter und Vogteyen strcklich darauf
i)

zu wachen haben, da kein fremdherrischer Rabbiner in den Kurlanden


Es sind
irgend einige Gerichtsbarkeit ausben mge. ^
2) jedoch alle und jede Landjuden in Civilsachen, selbst in Sachen
Jude contra Jude, bei Obsignationen, Inventuren und Theilungen, auch
bei Straffllen, lediglich die Ceremonialsachen ausgenommen, in Zukunft
der christlichen Obrigkeit, so wie christliche Unterthanen untergeben.
Die Ehepakten auf dem Lande werden in Zukunft von der gewhn-

lichen christlichen Obrigkeit errichtet.


^

Der

meist unter

Am

8.

fr

den Kurstaat erwhlte Rabbiner war R. Chajim Hirsch Berhner,

dem Namen

R.

Noach

Z'wi bekannt. Siehe

Lwenstein

a.a.O. 239.

Juni 1783 gewhlt, ward er am 9. Februar 1784 durch kurfrstliches Dekret


nachdem er vor einer Regierungskommission eine Prfung abgelegt

besttigt,

hatte.

vom

Die Anstellungsurkunde, in der das weiter unten abgedruckte Reskript


gleichen Datum, soweit es die Amtsbefugnisse des Rabbiners betrifft, ent-

halten

ist,

bringt

SCHAAB

a. a.

O. 405

ff.

SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ

357

Es werden die Schultheien, Amtsvgte, Ober- und Vicedommter


auf das gemessenste hiebei angewiesen, den Juden, so wie den Christen
gleich schleunige Justiz zu pflegen, und sie in keinem Stcke hrter,
als andere christliche Unterthanen, und besonders auch in den Gerichtsgebhren, dieselben den letzten gleich zu halten.
3) Bleibt aber der Rabbiner in der kurfrsthchen Residenzstadt
Mainz, und wo die Stadtmainzischen Juden Beklagte, noch zur Zeit in
Sachen Jude contra Jude Richter erster Instanz.
Da derselbe in
Ceremonialsachen aber ohne Unterschied fr alle und jede Juden in
den Kurlanden die Obrigkeit der Juden bleibe, versteht sich von selbst.
4) Wird der Rabbiner von den ihm untergeordneten Juden unterhalten, dergestalten
da dieselben provisorie bis auf anderweite Verordnung in 6 Klassen nach dem Vermgens-Anschlage von 30
I fl.
I
fl.
40 kr.
2 fl.
2 fl. 30 kr. zu diesem
30 kr.
Unterhalte beytragen.
Die kurfrstlichen Aemter schicken daher ungesumt die neuesten Schatzungsregister an kurfrstliche Landesregierung
ein, nebst dem Verzeichnis und Vermgensstande jener Juden, so seit
,

dem Tage der Verfertigung jener neuesten Schatzungsregister sich verheurathet haben. Es wird seiner Zeit die genaue pnktliche Bestimmung
des Beytrags einer jeden Klasse nachfolgen.
Wird dem Rabbiner zwar die Kopulationsgebhr hchstens zu
5 fl. und 45 kr. fr die Ehepakten oder Staar von dem Ehepaare
nachgesehen; doch ist demselben auf keine Weise erlaubt, auer dieser
Kopulationsgebhr von irgend einem Ceremonial- oder Schulgegenstande
uiiter irgend einer Rubrik an Douceurs
oder sonstiger Gebhr das
mindeste zu erheben.
In den ihm belassenen Civil-Prozesachen der
Juden in der kurfrstlichen Residenzstadt Mainz contra Juden bezieht
der Rabbiner nichts mehr an Sportein oder Gerichtsgebhren, als was
5)

hnlichen Fllen ein Vicedomamts-Beysitzer nach der InstructionsBestallungsnote zu beziehen hat.


Von vorkommenden Strafen
bezieht der Rabbiner ledighch nichts, es fallen alle und jede Strafgelder der Stadt- und Landjudenschaft zu irgend einer gemeinntzHchen
in

und

Verwendung, deren Bestimmung Seine Kurfrstliche


sich vorbehalten, zur Hlfte, zur andern Hlfte aber

Gnaden gndigst

dem

stadtmainzi-

schen Armenhause anheim. In Civilsachen aller Juden, jene der kurfrsthchen Residenzstadt Mainz ausgenommen,
von Obsignationen,
Inventuren und Theilungen der Juden, die dem christlichen Gerichtsstande gegenwrtig bergeben sind, beziehen die respective Schultheien,

Amtsvgte und Obermter nicht mehr Sportein oder Gerichtsgebhren,


als dieselben vermge Instruktions- und Bestallungsnote von christhchen
Unterthanen zu beziehen befugt sind.
6) Htten in Zukunft die smthchen Juden in den Kurlanden bey
Strafe der Nullitt ihre Handelsbcher, Inventuren, Kontrakte und alle
Schriften und Urkunden, woraus eine gerichtliche Verbindlichkeit entsteht,
in deutscher Sprache und Buchstaben zu fertigen.'
'

land

Referat ber vorstehende Verordnung im Journal von und fr Deutsch(1784),

I.

288.

FESTSCHRIFr COHEN

358

sich zwar bevor, in dem


Verfassung
der
Juden nach hchstem Wohlweiteren Umlaufe in der
gefallen und Gutdnken zu mehren und zu mindern; doch hat dasjenige,
was hier oben verordnet ist, andurch seine gesetzliche Kraft. Die kurfrstlichen Vicedom- und Ober-Aemter haben daher die gegenwrtige
Verordnung allsogleich bekannt zu machen, Selbsten und durch ihre
Amtsvgte zu vollziehen und auf Vollziehung derselben pflichtmig
zu wachen.

Seine

Mainz,

Kurfrstliche

am

Gnaden behalten

9ten Julius 1783.


Freyherr von Frankenstein

Was
um
in

der Kurfrst versprochen, suchte er gewissenhaft zu erfllen,

so eifriger, da sich seinen Bestrebungen in christlichen

jdischen Kreisen Hindernisse entgegengestellt hatten.

vom

und auch
Sein Aus-

Februar 1784 normiert das Gehalt des Rabbiners


bestimmt, einen Landtag der Juden wie in frheren Zeiten in
Aschaffenburg abzuhalten, erklrt nochmals Buch- und Geschftsfhrung in deutscher Sprache fr obhgatorisch, regelt das Vorschreiben

9.

mundschaftswesen und die Mitgiftfrage, untersagt die damals bliche


frhe Beerdigung jdischer Leichen, verlangt die Einrichtung von
2
3 jdischen Schulen im Erzstift und ordnet die staatliche Prfung
Auerdem enthlt das Reskript einen Paragraphen
aller Lehrer an.
ber den Jugendunterricht, der ein denkwrdiges Zeichen echten

Wohlwollens bleibt. Hier merken wir den Einflu eines Ratgebers,


der das gesamte Schulwesen des Kurstaats mit Einsicht, Sachkenntnis und Besonnenheit systematisch geordnet hat, des Freiherrn
von Bentzel-Sternau, der seine pdagogische Tchtigkeit bereits unter
dem Kurfrsten Emmerich Joseph bewhrt hatte und sie spter unter
dessen Nachfolger Friedrich Karl Joseph als Restaurator und Kurator
der Mainzer Universitt erfolgreieh

besserungen

freute

sich

damals

Deutschland und betrachtete


wenigstens
sei.

in

den

Gewhren wir

'

sie

der
als

ganze
ein

seine

aufgeklrte

SchulverTeil

Werk, das noch

von

niemals,

systematisch

bearbeitet

der kurfrstUchen Verordnung

selbst das

katholischen
jetzt

ber

bewies.

Staaten,

Wort:

Anselm Franz Freiherr von Bentzel-Sternau war 28. Aug. 1738 geboren,
Siehe Nheres Allgem. Deutsche Biographie II, 347;
er starb 7. Febr. 1785.
Journal von u. fr Deutschi. II, 521 ff. ber seine organisatorische Ttigkeit
unter Emmerich Joseph und Friedrich Karl Joseph vgl. MeSSER, Die Reform
des Schulwesens im Kurfrstentum Mainz unter Emmerich Joseph (1763 1774)
^

S.

u,

13, 172.

SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ

359

Kurfrstlich Mainzische Landes-Regierung.


Wir besttigen hiermit, und wiederholen anhero seinem ganzen
das unterm 29. Julius 1783 wegen der Verfassung der
Judenschaft von Uns erlassene Generalreskript, und weisen die smtInhalte nach,

lichen kurfrstlichen Beamte ernstgemessen hiermit an, dahin zusehen,


da sothanes Generalreskript durch alle Punkte auf das genaueste vollzogen werde, ohne auf irgend eine Einwendung, insonderheit auf jene
eines anderen Herkommens, oder auf den Vorwand, da gegen sothanes
Generalreskript vom 29, Julius 1783 an Uns Vorstellung gemacht
worden, die mindeste Rcksicht zu nehmen.
Wir verordnen anbey

weiter

Da, um unter anderen allen und jeden in den smtlichen


Kurlanden befindlichen Juden, ohne irgend eine Ausnahme, fr den
Unterhalt des Stadt- und Land-Rabbiners gndigst bestimmten Beytrag
nach 6 Klassen von 30
i fl.
i fl. 30 kr.
2 fl.
45 kr.
2 fl. 30 kr., und fr die zur Vergtung der Reisekosten des Rabbiners
weiters bestimmten Beitrge und sonstige Unkosten zu bethtigen, mit
Anfang des knftigen Monaths May in der kurfrstlichen Residenzstadt
Aschaffenburg, in Gegenwart, und unter Aufsicht des von Uns dazu
eigends committirten kurfrstlichen Vicedomamts - Direktors daselbsten,
ein allgemeiner Juden-Landtag gehalten werde,
bey welchem die Juden
i)

'

Den

Geleitbrief des Rabbiners d. d.

4.

Mai 1784

s.

bei

411. Der erste, der ber diejudenlandtage, besonders ber die

Schaab
in

a. a.

O.

Hessen-Cassel,

nhere Kunde bringt, ist F. U. KOPP, Bruchstcke zur Erluterung der deutschen
Geschichte u. Rechte (Cassel 1799) 11, I57ff.: Hessen-CasseHsche Judenversammlungen in politischer Hinsicht. Das von KOPP benutzte Constitutenbuch der

smmthchen Hessischen Judenschaft vom Jahre 1690" ist von L. MUNK nher
in der Jubelschrift fr Dr. J. Hildesheimer (Berlin 1890) beschrieben worden,
deutsche Abt. 69 ff., hebrischer Teil 7785. Nach den Forschungen Kopps
schrieb L.

,,Die Judenlandtage in Hessen-Cassel" in Monatsschrift fr


Wissenschaft des Judentums XLI, 505 ff. Nach Kopp fanden nicht nur
Hessen-Cassel, sondern auch in Hessen-Darmstadt, im Hochstift Paderborn,
Fulda, im Chur-Mainzischen und sonst (z. B. im Brandenburgischen, s. KNIG,

Gesch.
in
in

Munk

u.

Annalen der Juden in den Preuischen Staaten, 104) statt. ber die in Kurmainz
abgehaltenen Landtage ist bisher nur wenig bekannt geworden. Bamberger,
Historische Berichte S. soff., erwhnt einen Landtag in Miltenberg 1769 unter
der Leitung des Mainzer Rabbiners R. David Michael Scheuer (Lwenstein
a. a. O. 231) und ber den im darauffolgenden Jahre in Aschaffenburg abgehaltenen, dessen Protokolle sich in einer Transkription im Mainzer Stadtarchiv befinden.
Das von Bamberger a. a. O. 88, Beage 4 gegebene fragmentarische
Originalprotokoll ber den Landtag vom Mai 1770 (Sonntag, 24. Ijar 530) betrifft
hauptschlich das Thorastudium, die Errichtung von Lehrhusern usw. Weitere
Tagungen sollten von drei zu drei oder von vier zu vier Jahren stattfinden, wir
erfahren jedoch erst durch vorliegendes Reskript von der am i. Juli 1784 in
Aschaffenburg abgehaltenen Versammlung. Siehe auch Bamberger a. a. O. 48.

FESTSCHRIFT COHEN

360
aus

Aemtern,

allen

ohne

Ausnahme,

sich

htten,

einzufinden

der-

gestalten jedoch, dat> der Rabbiner keinen Schreiber oder Gehilfen


von hier auf den Landtag mitnehme, den er in Aschaffenburg findet,
da das Landtags-Protokoll an Uns zur Genehmigung eingesendet werde,
da ohne unsere Genehmigung irgend eine Verhandlung sothanen
Landtags weder eine gesetzliche Kraft habe, noch da eine von den
daselbst behebten, und vorkommenden Zahlungen ohne unsere weitere
Genehmigung ausbezahlt werde.
Es liegt daher den kurfrstlichen Beamten ob, diese Verordnung
den Amts-Juden bekannt zu machen und dieselben anzuhalten, auf dem

Landtage zu erscheinen.
Wir verordnen

Da

und jede gemeine Juden rechnungen in deutscher


Jahre von dem Amtsvogten abgehrt, berselien,
und aufbehalten werden, da der Amtsvogt fr eine jede gemeine
Judenrechnung, als Gebhr der jhrlichen Revision 30 kr. beziehe, und
da ein jedes Amt alle Jahre eine Tabelle der smtUchen von den
2)

Sprache

alle

gefertigt,

alle

Amtsvogteyen revidierten Judenrechnungen, mit der summarischen Be-

merkung der Einnahme und Ausgabe und des baaren Restes an Uns
einsende.

Da

Ansehung des Dotis und des Vorzugsrechts des Dotis


bey jdischen Konkursen das kxirfrstliche Landrecht die Entscheidung
3)

in

lediglich gebe.'

4) Da alle und jede jdische Vormnder, von heutigem Datum


durch die gewhnliche christliche Obrigkeit besttigt, auch in Ermange-

lung testamentarischer Vormnder, von der gewhnlichen christlichen


Obrigkeit, jedoch nach jdischen Gesetzen bestellt, und solchergestalten
die Erblassungen der Juden von der gewhnlichen christlichen Obrigkeit abgetheilt, und abgethan werden mgen, wie Wir bereits in Unserem
Generalreskript vom 29. Julius 1783, verordnet haben, und welches

Wir hiermit seinem ganzen Inhalte nach nochmalen besttigen.


Die kurfrstliche Obrigkeit beziehet von der gleichen Besttigung,
Inventur und Abtheilung nicht mehr, als dieselbe von christlichen
Unterthanen zu beziehen

hat.

Wir gebieten
5) Da in den Kurlanden kein Jude ein gemeines Judenamt begleiten mge, ohne von dem Amt geprfet und besttiget zu seyn, in
welcher Rcksicht der Amtsvogt fr die Prfung und den Bericht zusammen nicht mehr als 30 kr., der Amtsverweser fr die Besttigung
eben auch 30 kr., und der Amtsschreiber fr die Fertigung des Besttigungsdekrets nicht mehr als 12 kr. zu beziehen hat.

Aschaffenburger Landtag zur Zeit des Mainzer Rabbiners R.


Seckel Ethausen (1723 1729) erwhnt.
^ Churfrstlich-Mayntzische Land-Recht und Ordnungen (Mayntz
1755) Tit I,
Das. S. 14

ist

ein

Von Heuraths-Gut und Ehe-Beredungen;


und Tit XXII 11 pag. 45.

8 daselbst, betr. etwaiger

Konkurse

SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ

36 1

Da

der Rabbiner, oder die Vorsteher auf keine Weise und


in keinem Falle befugt seyn mgen, an Gelde oder Geldswerthe, vielweniger an Leib und Leben zu bestrafen, und da des Rabbiners
Gewalt in keiner Rcksicht auerhalb Ceremonial- Gegenstnden, und
auerhalb der Judenschule sich erstrecken mge.
7) Da in Ansehung der Erlaubnis zu Heurathen, und in Ansehung der Grojhrigkeit fr die Juden eben das gelten msse, was
in Ansehung der Christen verordnet, und gesetzlich ist und zwar beydes
bey einer nahmhaften unnachlssigen Geldstrafe und bey Nichtgiltig6)

keit der Grojhrigkeit.

So entfernet Wir brigens sind, der Religionsfreyheit der einmal


geduldeten Juden den mindesten Zwang anzulegen und in irgend einem
Betracht etwas zu verordnen, das den Grundstzen dieser einmal geduldeten Religion nicht angemessen wre: so halten Wir es dem zu
frhe, oder gar noch zur Pflicht, um zu verhten, da kein Jude aus
Miverstand seiner Glaubenslehre, dennoch lebendig begraben werde,
8) Zu gebieten, da von dem heutigen Datum kein Jude, ohne
Unterschied des Geschlechts oder Alters begraben werde, ohne da
wegen dieser Begrbni der Amts-, Stadt- oder
Ortsphisikus nicht einen
Todtenschein ausgestellt htte.
Der ausstellende Phisikus bezieht fr
einen solchen Todtenschein in keinem Falle mehr als 6 kr.
Wir weisen

Beamte an, die angestellten Phisicos hiernach gehrig


und wohl darnach zu sehen, da kein Jude zu frhe

die kurfrstlichen

zu

instruieren

begraben werde. ^
Mit gleicher Abneigung gegen allen Zwang der Gewissensfreyheit
der einmal geduldeten Juden, und ledigHch in der bestgemeinten
Absicht durch eine bessere Erziehung der jdischen Jugend fr die
erwachsenen Juden beyderley Geschlechts, und fr die knftige Generation eine grere Glckseligkeit zuzubereiten, befehlen
9)
d. J.

Da binnen dem

alle wirkl.

Zukunft

angestellte

heutigen Datum, und


jdische ffentliche

dem

Wir

iten November

und Privat-Lehrer und

Juden, welche ffentlichen oder Privat-Unterricht ertheilen wollen, von der gewhnlichen Amtsschul- Kommission, Oberamtsoder Amtsvogte in allen Gegenstnden^ wie die christlichen Schullehrer,
geprfet, da jene, welche hinreichend bestehen, und von der Schulin

alle

tchtig befunden und erklret sind, von dem Amte


werden mgen, fifenthchen oder Privat-Unterricht zu geben;
da aber nach dem iten November 1. J. 1784, keinem Juden erlaubt

kommission

als

authorisiret

Die Mndigkeit trat nach zitiertem Landrecht (Tit. V, 14) mit dem
ein, konnte aber von der Regierung frher, jedoch nicht vor dem 20.
Lebensjahre, bestimmt werden.
^ ber die Beerdigungsfrage s. Kayserling,
Moses Mendelssohn, 2. Aufl.
'

25.

Jahre

Grtz, Gesch. der Juden, 11. Bd., 2. Aufl., 28 ff.; von zeitgenssischen
Autoren M.J.Marx, ber die Beerdigung der Juden, Hannover 1784 (Besprechung im Journal v. u. f. Deutschland I, 2 [1784] 227 f) und M. HERZ, ber die
frhe Beerdigung der Juden, Berlin 1787, 2. Aufl. 1788.
277

ff.;

FESTSCHRIFr COHEN

362

mge, ffentlichen oder Privat-Unterricht zu geben, es seye dann


nach gegenwrtiger Absicht geprfet und authorisieret; dergleichen Prfung und Authorisierung geschieht jedoch unentgeltlich.
In derselben Absicht haben Wir
10) den kurfrstlichen Vicedomamts - Direktor zu Aschaffenburg
angewiesen, mit Zuziehung des Stadt- und Landrabbiners auf dem bevorstehenden Landtag der Juden es dahin einzuleiten, dali zwey oder
drey allgemeine Judenschulen in den Kurlanden errichtet werden, und
dal5 uns der Plan der Lehre und des Unterhalts, auch die Oerter, wo
sothane Judenschulen angelegt werden knnten, zu Unserer weiteren
Genehmigung, und Verfgung gehorsamst vorgelegt werde.
Um dabey lediglich nichts zu verabsumen, was zur Bildung und
zu dem knftigen Glcke der Juden befrderlich seyn knne, geben Wir
11) denselben frey, ohne es jedoch zu gebieten, da die
jdische Jugend eben wie die christliche ohne Unterschied des Geschlechts,
oder Alters, die christlichen Land- und Stadtschulen, Real- und Normalschulen, namentlich jene in der kurfrstlichen Residenzstadt Mainz, und
Schulen aller Art besuchen mge.
Wir versehen Uns, die smtlichen kurfrstlichen Beamte werden
diese bestgemeinte Verordnung den christlichen und jdischen Unterthanen wohl erklren, damit dieselben eines Theils weder durch Mitrauen oder Miverstand vereitlet werde, andern Theils, damit die
erzielte allgemeine Bildung und Glckseligkeit durch wechselseitige Vertrglichkeit und durch wechselseitiges Bewirken in alle Wege befrderet
sein

derselbe

werde.
Gleichwie aber die Moralitt und die Fhigkeit durch Arbeit und
Verdienst den hinreichenden Lebensunterhalt zu verdienen, die erste
Eigenschaft eines Unterthanen sind, also gebieten Wir
12) Da von dem heutigen Datum an kein Jude den kurfrstlichen
Schutz erhalte, der wegen seines Gewerbes und Wissenschaft im Deutschlesen,

Deutschschreiben und Rechnen von

lnglich geprfet sey,

und wegen

dem Amtsvogte

nicht hin-

seiner Moralitt hinreichende Zeugen-

schaft beygebracht habe.

Der prfende Amtsvogt

bezieht fr eine solche Prfung nicht mehr,

kr. und nicht mehr.


Beamte an, von dem heutigen Datum,
auer dem gewhnlichen Inferendum, auch den Befund der Prfung
an Uns jederzeit einzuberichten, inmaen wir entschlossen sind, die

24

als

kr.,

der Aktuarius aber 12

Wir weisen

Berichte,

die kurfrstlichen

welche

diesen

Befund nicht

enthalten,

ledigUch

zurckzu-

senden.
Dieselben gndigste und menschenfreundliche Beweggrnde, welche

Verordnung veranlasset haben, haben auch Se. Kurgndigst bewogen,


zu verordnen. Uns auf den Fall, wenn Juden in den
Gndigst
13)

die vorstehende

frsthche

Ob und wo diese Schulen errichtet wurden,


Aschaffenburg und Buchen, s. w. u.
*

in

Gnaden

ist

nicht ermittelt, vermutlich

SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ

363

Kurlanden Huser ankaufen, und die Besttigung des Kufers einmal


ausgebracht haben, gegen dieselbe bis auf eine allenfallsige andere
Verordnung der fhrwhrende Abtrieb der Christen gegen die Juden
von heutigem Tage an nicht mehr statt haben solle, ^ Auch
14) Dali den Juden in den Kurlanden, vom heutigen Tage an,
gndigst erlaubt seyn mge, Manufakturen und Nahrungsgewerbe, wozu
weder Zunftartikel, noch Gesellen oder Lehrjungen erfordert werden,
vorzglich in der Neustadt zu Hchst zu errichten und zu treiben.

Und

gleichwie
15)

Se.

Kurfrstliche

Gnaden gndigst

oder wenig angebauten Gemarkungen,

um

geneigt sind,

in grolen

die Grundstcke in Ertrag

Werth zu bringen, den in dem Amte einmal geduldeten Juden


gndigst zu erlauben, Grundstcke anzukaufen; also gewrtigen Wir
unfehlbar binnen 2 Monathe den pflichtmtMgen Bericht, ob, und in
welcher Mas in den einzelnen Ortschaften den Ortseingesessenen Juden
gndigst gestattet werden mge, Grandstcke daselbst anzukaufen, und
Ackerbau zu treiben.^
Wir legen den kurfrstlichen Aemtern auf, die gegenwrtige Verordnung den Christ- und jdischen Unterthanen wohl bekannt zu machen,
und den Inhalt derselben wohl zu erklren, sothane Verordnung durch
alle Punkte in Vollziehung zu setzen, und darinn zu Handhaben, in
allen und jeden bei Uns etwa anhngigen einschlagenden Gegenstnden,

und

in

Abtriebrecht war das sechs Wochen, bezw. sechs Monate giltige Recht,
wonach Blutsverwandte verkaufte Grundstcke, die Familienmitgliedern gehrt
hatten, oder die im Erzstift Ansssigen die an Auslnder veruerten Immobien
wieder an sich bringen durften. Die gesetzlichen Bestimmungen bringt Tit. XXIV
^

des Churf. Mayntz. Land-Rechts, 47 ff,


Regierungsverordnung v. 29. Dez. 1761
(Stadtarchiv): ,,Auf Klage der Juden, da sie oft von Brgern und Einwohnern,
welche sich zum Abtriebrecht meldeten, aus ihren Behausungen vertrieben und

Ernhrung geschdigt wrden, weil man behaupte, sie htten die besten
Nahrungshuser acquiriret, wird zur Abthuung dieser Beschwerden und zuknftigen Verhtung der ferner daraus entstehenden bsen Folgen verordnet: i) Jeder
in ihrer

jdische Schutzgenosse

Wohnung, worber

ist

in

dem

ungestrten Besitz seiner an sich gebrachten

er Churf. Consens hat, zu belassen.

und Huser ber 30 Jahre Besitz eines Juden

Wo

kein Consens

ist

sind, sei es erworben oder vererbt,


durch brgerlichen Abtrieb nicht mehr angefochten werden. Die
fehlende landesherrliche Genehmigung ist binnen drei Monaten einzuholen. 2) Dahingegen sollen Brger usw. das Abtriebsrecht haben gegen alle Judenhuser
und Wohnpltze, welche erst in neuerlichen Zeiten und unter 30 Jahren acquiriret
worden. 3) Bei ffentlichen Versteigerungen von Wohnhusern sollen Juden nicht
mitsteigern. 4) Es ist fr die Folge den Juden untersagt, irgend ein Wohnhaus
ohne churf, Consens eigentmlich an sich zu bringen. 5) Die Juden werden fr
ohnfhig erklrt, cker, Weinberge, Wiesen, Waldungen oder andere unter dem
Namen Wohnhuser oder Wohnungen nicht verstandene Stcke eigentmlich

drfen

sie

zu besitzen."
^

S.

auch Bamberger

a. a.

O. 46

u. 48.

FESTSCHRIFT COHEN

364

Entschlieung zurck steht, sich darnach zu bemessen, binnen 2 Monathe den befohlenen Bericht einzusenden und
berhaupt in allen zweifelhaften, und nicht vorgesehenen Fllen an
Uns einzuberichten , worauf Wir nicht entstehen werden, das Weitere

WO

vielleicht

unsere

zu verfgen.

Mainz, den gten des

Homungs

1784.

Freyherr von Frankenstein.

Der

Befehl, die

Landtage zu besuchen, sich dort abschtzen zu

lassen und einen Beitrag

zum Gehalte des Rabbiners

zu leisten, rief

Gemeinden des Kurstaats wach.


Sie wandten sich deshalb an die Regierung und machten geltend,
da sie frher nie zu solchen Pflichten und Leistungen herangezogen
Die Behrde ging auf ihre Vorstellungen nicht ein, denn es
seien.
lag ihr sichtUch daran, das begonnene Werk der sozialen und moralidie Opposition

einzelner jdischen

schen Verbesserung der jdischen Landeskinder durchzufhren.


beharrte deshalb energisch auf ihrem Standpunkt:

Sie

Kurfrstlich Mainzische Landes-Regierung.


Es

ist

Sr.

Kurfrstlichen

Gnaden gehorsamst vorgetragen worden,

welchergestalten die Judenschaft mehrerer kurfrstlichen Aemter unterthnigst nachgesucht hat, von Besuchung des Landtages in Aschaffenburg sowohl, als von dem Beytrage zu Unterhaltung des Rabiners

gndigst frey gegeben zu werden, inmaen dieselben nie weder zu


dem einen, noch zu dem andern gezogen worden, auch da der
Landtag spter hinaus verlegt werden mge, worauf Hchstgedachte
Se. Kurfrstliche Gnaden gndigst befehlen:

Da es einmal fr allemal sein Bewenden dabey habe, da


Magabe
der von kurfrstlicher Landesregierung unterm 29. Julius
nach
i)

1783 und

Februar 1784 erlassenen General-Reskripten, fr die Judensmtlichen Kurlanden nur ein einiger Rabiner angestellt
werde, und da kein fremdherrischer Rabiner in den Kurlanden irgend
eine Verrichtung vornehmen drfe, da daher
2) Die Judenschaft aller und jeder kurfrstlichen Aemter ohne
Unterschied, ohne Ausnahme, und ohne Rcksicht auf wirklich geschehene, oder knftige Vorstellung schuldig, und gehalten sein solle,
auer dem hergebrachten Beytrage zu dem alten stndigen Gehalte
des Rabiners von 320 fl., dem neu gndigst hiezu bestimmten stndigen
Gehalte von 680 fl. (als wodurch der auf 1000 fl. zu Unterhaltung
des Rabiners bestimmte volle Gehalt von 1000 fl. vollzhlig wird)
nach den in den vorhergehenden angefhrten General-Reskripten bestimmten 6 Klassen jehin, die Reise Kommissions-Prfungs- und Verpflichtungskosten aber fr diesmal nach jener Bestimmung und Ermigung, welche den beiden Vicedomamts- Direktoren zu Mainz und
schaft

9.

der

zu Aschaffenburg anheute zugeht, zu entrichten, dergestalten zwar,

SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ

365

3) Da an dem stndigen Beytrage von 680 fl. sowohl^ als an


diesjhrigen aulJerordentlichen Beytrage die untererzstiftische Judenschaft drey Fnftel, die obererzstiftische Judenschaft aber zwei Fnftel

dem

beytragen

solle,

und da

Judenschaft die in den Vicedommtern in und auer der Stadt Mainz, in den Obermtern und Aemtern
Starkenburg, Knigstein, Kronberg, Hirschhorn, Hofheim, Rdesheim,
Gernsheim, Lahnstein, Neubamberg, Hchst, Ohlm, Eltvill und Alges4)

zu

der

untererzstiftischen

heim befindlichen Juden, hingegen die in den andern dahier nicht


genannten kurfrstlichen Aemtern befindlichen Juden zu der obererzstiftischen

Mase

Judenschaft

gezhlt,

und dorthin

in

der vorgeschriebenen

ihren Beytrag liefern, auch da

5) Die zu der untererzstiftischen Judenschaft gezhlten Juden durch


Vorsteher oder sonstige Bevollmchtigte den 15. May, oder zum lngsten
einige Tage spter in loco Mainz, die zu der obererzstiftischen Judenschaft aber unfehlbar den iten Julius d. J., in loco Aschaflfenburg zu
dem Landtage erscheinen, respective bey dem Vicedomamts-Direktor,
dazu committirt ist, sich melden, und ihren
als welcher eigends
Schatzungs-Ansatz in gehriger Form vorzeigen sollen, damit in der
gndigst bestimmten Mase der gndigst bestimmte Beytrag realisirt
werden knne; wobey
6) Se. Kurfrstliche Gnaden die unterm agten Julius 1783 und
9ten Februar d. J. von der kurfrsthchen Regierung erlassenen GeneralReskripte gndigst besttigen, und gndigst aufgeben, jene Verordnungen pnktlich in Ausbung zu erhalten.
Wir unverhalten diesen hchsten Befehl den smtlichen kurfrstlichen Aemtern mit der Weisung, ihn gehrig bekannt zu machen, in
Vollziehung zu setzen, und seiner Zeit anher einzuberichten, wie die
drey vorliegenden General -Reskripte in Vollziehung gesetzt sind, und
in Ausbung erhalten werden.
Mainz, den 27. April 1784.
Freyherr von Frankenstein.

Auf den Landtagen war man wegen der Organisation des jdischen Elementarschulwesens zu keinem Entschlsse gekommen. Berechtigtes Mitrauen

gegen

viele,

von Vorurteilen nicht

freien christ-

Pdagogen, der konservative jdische Geist, der sich nur


ungern vom Herkmmlichen trennt, und besonders die finanzielle
Schwche der erzstiftischen Judenheit waren die Hauptschwierigkeiten, die sich der Einrichtung und Erhaltung von konfessionellen
Schulen entgegenstellten. Auf Vorstellung der Juden sah die Regierung vorlufig davon ab, allgemeine Judenschulen einzurichten",
bestand aber darauf, da die Jugend den ffentlichen Lehranstalten
anvertraut und dort zu Tchtigkeit und Vaterlandsliebe herangebildet
werde. Etwaigen Bedenken ward einsichtsvoll und klug vorgebeugt.
Jdische Kinder sollten den christlichen gleichgestellt sein und von
lichen

FESTSCHRIFT COHEN

366

Lehrern und Schlern rcksichtsvoll und liebreich behandelt werden.

und Buchen, wo die Schaffung jdischer Schulen

In Aschafifenburg
sich ermglichen

werden.

Den

Untertanen

lie,

sollten geprfte Israeliten als

Lehrer angestellt

den staatlichen Lehranstalten vorgebildeten jdischen

in

sollte

der

Weg

zu

ehrenvoller

brgerlicher

Ttigkeit

Deshalb wird anschlieend an die Verordnung betr.


Schulbesuchs der Kauf von Immobilien und der Betrieb des Ackerbaus freigegeben.' Nheres besagt folgendes Reskript vom 27. Sepgeebnet werden.

tember 1784.*

Kurfrstlich Mainzische Landes-Regierung.


Demnach die smtliche auf dem vorgewesenen Landtage versammelte Judenschaft sich erklrt hat, da sie wegen ihrer zerstreuten
Wohnorten, wegen ihrer minder zahlreichen und minder bemittelten
Judengemeinen, und zu Ersparung der Unkosten keine eigene allgemeine
Judenschulen errichten knne und wolle, und solchergestalten der
lote des Generalreskripts vom pten Februar d. J. auf sich beruhen
mge: so lassen Se Kurfrstliche Gnaden
1"" dieses gndigst geschehen, in der Voraussetzung jedoch, da
die Juden nach dieser Erklrung die Christenschulen besuchen, und
da sie sich dort zu tchtigen kurfrstlichen Unterthanen bilden werden.
Se Kurfrstliche Gnaden besttigen daher ganz vorzglich die 9,
II und 12 des besagten Generalreskripts, und befehlen gndigst, da
die Judenkinder an Schulgeld in keinem Falle mehr bezahlen sollen,
als die christlichen Kinder, und da die Schullehrer sowohl, als die
christliche Schuljugend, worauf die Lehrer insonderheit zu sehen htten,
den jdischen Schulkindern ja nicht mit Verachtung, sondern mit
gleicher Rcksicht begegnen, und da beede die jdische Jugend vorzglich liebreich behandeln sollen.
Gleichwie auch Hchstgedachte
Se Kurfrstliche Gnaden die einige Absicht haben, da die Juden zu
ihrer eigenen Glckseligkeit gebildet werden sollen, keineswegs aber
jene, der Gewissensfreiheit derselben den mindesten Zwang anzulegen;
also genehmigen Hchstdieselben nicht minder, da nach dem bittlichen Antrage der Judenschaft fr das obere Erzstift in Aschafifenburg

nmlich

und

in

Buchen

Churf. Verordnung

in

Absicht der Religion zween Judenlehrer

Da wahrgenommen,

da verschiedene Schutzjuden blo aus der Absicht, sich in einen Ankauf ganzer Bauerngter einlassen, entweder ganz oder zerstckter verkaufen zu knnen, und eben
dadurch einen der churf. Verordnung v. 27. Sept. 1784 ganz entgegengesetzten
Sinn beilegen wollen, so wollen wir zur Verhtung mehrerer sich allenfalls ergebender Unterschleifen, erwhnte Verordnung dahin erklren, da die Erlaubnis
zum Gterankauf den Schutzjuden blo in der Absicht gestattet sei, um sie zu
behalten, sich davon zu nhren und allenfalls selbst zu bebauen." S. auch Journal
v. u. f. Deutschland II (1785), 520.
^

Auch

bei

v. 16.

Bamberger

Juni 1785:

a. a.

O. S. 46 ff. abgedruckt.

SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ


mit einem jhrlichen Gehalte von 200

fl.

36/

angestellt werden, jedoch nicht

nderst, als dali

Diese Lehrer nach

a)

und

authorisiert werden,

dem

angefhrten Generalreskripte geprfet,


und da b) die Judenschaft zu Protokoll sich

welchem Fundus sie diese jhrliche 200 fl. entrichten wolle.


den Kurlanden befindlichen Juden auf diese Weise
fr die Wohlthaten, welche Se Kurfrstliche Gnaden denselben gndigst
zuwenden, empfnglich werden: so erlauben, gestatten und erklren
erklre, aus

Indem

die in

Hchstdieselben hiemit gndigst:


2*^

da

in

allen

Aemtern und Gemarkungen, wo Juden

bereits

angesessen sind, lediglich die Gemarkung der Stadt Mainz, oder den
sogenannten Burgbann ausgenommen, die eingesessenen Juden liegende
Grnde und Immobilien, wie dieselben heien mgen, ankaufen, in
dieselben sich immittiren lassen,

und

sie besitzen,

und Ackerbau

treiben

eben wie christliche Unterthanen, ohne irgend einem weitem


als auch eben die christlichen Unterthanen unterworfen zu
seyn, auch da Juden, welche in andern Gemarkungen, wo bisher keine
Juden angesessen waren, Immobilien ankaufen wollen, zwar einer besonderen Besttigung bedrfen, da jedoch ohne erhebliche Ursache
^
diese Besttigung nicht verweigert werden solle.
" Erneuern Se Kurfrstliche Gnaden gndigst das Generalreskript
3
vom 2 9ten Julius seinem ganzen Inhalte nach, abrogiren gndigst alle
jener und der gegenwrtigen Verordnung zuwider laufende geschriebene
Gesetze, Verordnungen, Herkommen und Observanz, und befehlen
gndigst: da diese beyde Verordnungen auch in den Vogteyorten,
so viel nmlich nicht Recesse in Contrarium bestehen, bekannt gemacht
und zur Vollziehung gebracht werden, auch von allen Richtern und
Justizstellen darnach gesprochen werde.
Wir unverhalten hiemit diese hchste AVillensmeynung Sr. Kurfrstlichen Gnaden, und weisen die kurfrstlichen Aemter an, dieselbe
gehrig bekannt zu machen und in Vollziehung zu setzen.
Mainz, den 27. September 1784.
drfen,

Abtriebe,

Freyherr von Frankenstein.

Der Versuch,

die

Vicedom-Amt

dargelegt v^^erden:

Jugend in den
ffentlichen Schulen zu ermglichen, milang, und zwar aus Grnden,
die in der Eingabe der Mainzer jdischen Schutzgenossenschaft an
das

Ausbildung der

israelitischen

Ein kurfrstlich hochlbliches vicedom-Amt geruhete ohnlngst


das hohe Regierungs Rescript uns bekannt zu machen; inhalts ween
wir gehalten sein sollen, unsere Jugend von 10
14 Jahr ihres Alters
zur Erlernung des Teutsch Lesens und Schreibens, wie auch rechnens
in die Kristliche Schuhlen zu schicken.
Wir als Unterthane und Schutzgenossen haben auch bereits gezeigt,
da wir keinen Anstand genohmen, diesem hohen Landesobrigkeitlichen
.

Vgl. S. 363, No.

15.

FESTSCHRIFT COHEN

368

Befehl zu gehorsamen, unsere Pflichten aber machen uns zur Schuldigkeit, eine unterthnige Gegenvorstellung in diesem alleinigen Ziel und
Maali dargegen einzubringen, dali durch die Einschickung unserer
Jugend nehmhch mnnlichen Geschlechts zur Schuhl deren kristlichen

Kindern die hohe Absichten in der Folge nicht erreichet werden, theils
wegen der bey der Jugend herrschenden Ausschweifung, theils wegen
mangelnder Furcht der Elterlichen Aufsicht, wie wir dann wrcklich
bemercket haben, da der Fortgang in der Lehr des Lesens, Schreibens
und Rechnens noch wenig zugenohmen habe und eben deswegen wir
mittelst Anlegung eines bestimmt hinreichenden Fonts bey uns beschlossen haben, einen besonderen kristlichen Lehrer hierzu anzunehmen
und zu besolten, auch in unserer Gali ein allschon gemiethetes Ziminer
hierzu anzureihen, allenfalls auch geschehen lassen zu wollen, da uns
von hoher Obrigkeitswegen, wann der unsrig erwehlte nicht anstndig,
ein geprfter Lehrer angeordnet werde, den wir salarirten, und welcher
zu bestimmten Stunden in das in unserer Ga gemietete Lehrzimmer
sich begeben thue.
An Ein Kurfrstlich hochlbliches vicedom-Amt gelange demnach
unser unterthniges Bitten, obvermeldeten zum mehreren Nutzen unserer
Juden, wie zur besseren Erreichung der hohen obrigkeitlichen Absicht
gemachten und vorgetragenen Schlu zu genehmigen, und zu erlauben,
sonderlich, da dem gemeinen Mann hierunter kein neuer Last aufgeleget wird, sondern der Font von besonderen Gutthtern durch eine
Colect allschon errichtet worden, getrsten uns also
Hertz Jacob Reinach, Vorsteher dahier
.

Moyes Homburg, Hof-Factor


Lob Salomon Lorch, Vorgnger
Moyes Liebmann Oppenheim, Vorsteher
Nathan Isaac Goldschmit, Vorsteher.

Die Archivalien geben uns keine Auskunft ber den Erfolg dieses
Gesuchs. Jedenfalls hatten sich die Zustnde im Mainzer Ghetto
einige Jahre spter

noch nicht gebessert.

Denn

eine bereits 1784

angeordnete, aber 1789 erst vollendete Revision der Gemeinde wei


von erfreulichen Verhltnissen kaum zu berichten.
Die uere
Politik

nahm

Regierung bald derart

die

in

Anspruch, da

jdischen Schulangelegenheiten und der sozialen


weitere Aufmerksamkeit nicht

Staatlich

sie

den

Hebung der Juden

mehr widmen konnte.

vorgenommene Revision der jdischen


Gemeinde Mainz
17841789.

i)

Wir

Kurfrstlich Mainzische Landesregierung.


erteilen

dem K. Hofrath und Vizedom-Amts-Direktor den

Auftrag, je eher je besser, eine Vissitation der dahiesigen Judengasse


und gemeine vorzunehmen und zu untersuchen: a) den Zustand der

SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ

gemeinen Aemtem, b) der gemeinen Kassen und Rechnungen,


gemeinen Bcher und Urkunden, d) der gemeinen Reposituren,

369
c) der

e) der
Schul-Anstalten fr beiderlei Geschlecht und der Synagoge, fj der Gefngnissen, g) der Armen- Anstalten, h) berhaupt alle Personal- und
Realgebrechen und was bei einer so ansehnlichen Gemeine nur vorkommen kann, und einer Einsicht von Obrigkeits wegen bedarf.
Gleichwie Wir Uns nun versehen, es werde der K. Hofrath und Vize-

wichtigen Geschfts mit allem Eifer und


entledigen, also gewrtigen Wir ber den
und
Einsicht sich unterziehen
Fortgang oder am Ende, wie es das Geschft mit sich bringt, die
schuldigen Anzeigen, Protokollen mit Beilegung der Urkunden und

dom-Amts Direktor
-

dieses

Bericht seines Gutachten.


Mainz, den 24. September 1784.

Lieb

PL

Kissel, Sekr.

An
K. Hofrath und VizedomAmts-Direktor Heimes
dahier.

Judengemeinde
dahier vorgenommene Untersuchung betr. Expediert
2)

(Bericht) Die bei der


d. 6.

K. H. L. Reg.

um

erliese

Juni 1789.

an gehors. Unterschriebenen ein H. Reskript


Judengemeine dahier vorzunehmen und

eine Untersuchung bei der

alsdann das Gutachten hierber einzusenden.


Diesen zum Nutzen des States als auch der Judengemeinde selbst
in jedem Betracht ganz ntzlichen Auftrag htte Commissarius verschiedene mahlen bis aufs innerste in vollkommener Erfllung zu setzen
gewagt, wegen dem Mitrauen der Juden aber, auch gegen den bestgesinnten Kristen, habe er nicht weiter einzudringen vermocht, als was
ihn seine Augen htten sehen, und durch das viele Durcheinander
reden von mehreren Juden htten auffangen gemacht

ad A)

Den Zustand

der gemeinen

Aemter

betr.

gemeine Vorsteher wren in der Judengemeinde, wovon Jedes mahl


einer, nach dem andern einen Monat lang, nach jd. Ausdruck zu
Diese wren die Reichsten von der Gemeinde, und
regieren habe.
derjenige, welcher der Monats-Bamas [Pames] oder Schultheis seye,
gebe die Anweisungen zu Geld-Einnahme und Ausgabe, bestrafe die
in der Synagoge vorgehende Verbrechen, auch die Klagen Jud contra
Besoldung beJud, wenn solche von keinem grolien Belange wren.
ziehen diese 5 Vorsteher keine, ebenso wie die 6 gemeine Einnehmer,
deren Obliegenheiten sind, die von den Vorstehern genehmigte Einnahmen und Ausgaben zu erheben, zu verausgaben und zu verrechnen.
Auch diese sollen nicht die mindeste Besoldung nehmen, sondern diese
5

Arbeiten zum

besten

der Gemeinde

ohnentgeldlich verrichten.
24

Das

FESTSCHRIFT COHEN

370

Amt

des
bekannt.

Rabbiners

ad B)

ist

schon K. H. Reg. wie auch dessen Person

Den Zustand

der gemeine Kasse und Rech-

nung betr.
ad C) Die gemeine Urkunden und Bcher.
ad D) Der gemeinen Reposituren
und Haushaltung
Dieselben haben in einem Buch ihre Rechnungs-Einnahmen und
in andern ihre Rechnungs-Ausgaben, und bei diesen 2 Rubriken Einnahme und Ausgabe haben dieselben die Rechnung bis anher gefhrt.
Es ist daher jedermann begreiflich, wie alles sowohl in der Einnahme
wie Ausgabe durch und unter einander geschrieben seie.
Ob nun
gleich die Einnahmen und Ausgaben seit dem J. 85 bis daher in
deutscher Sprache verfhrt worden sind, so fhren dieselbe dem ohngeachtet das Schazungs -Anlag Buch, worin eines jeden Schuzjuden sein
zu bezahlendes Quantum auf einem besonderen Blatt vermerkt ist, in
hebrischer Sprache und machen also dadurch die chte und wahre
Einnahme einzusehen beschwerlich und ohne Zuziehung eines vertrauten
Juden ganz unmglich.
Die gemeine Kasse wird von den 3 ltesten Gemeine Einnehmern,
welche auf der gemeine Stube stehet, durch 3 verschiedene Schlssel
verwahret
die gemeine Bcher sind noch alle in hebrischer Sprache
geschrieben, solche werden auf der gemeine Stuben aufbewahret
was aber darin geschrieben stehet, knnen nur jene wissen, die das
hebrische verstehen. Die betr. Gemeine Urkunden und die derselben
von Zeit zu Zeit zugehenden Ordinationen sind nach den Materien
separiert und mit einem blauen Bogen Papier Umschlag, worauf eine
so

ist

dieser ebenso, wie die Juden in ihrem Betragen

sind.

hebr. Inschrift

ist.

Kein eigenes repositur Zimmer ist vorhanden und der Schrank,


worin die Urkunden und gemeine Bcher solten verschlossen sein, ist
zu klein.

ad E) Die Schulanstalten fr beider]. Geschlecht


die Synagoge betr.

und

Oeffentliche Schul Anstalten sind noch z. Zeit bei der Judengemeinde


jedoch wollen die Vorsteher einen Plan zu derselben Erkeine
richtung schon vor einigen Jahren K. H. Reg. eingegeben haben. Die
Reichen, Bemittelten, auch die mittelmlg bemittelten Juden haben
zum Unterrichte ihrer Jugend eigene Lehrer vulgo Bager [Bachur,
Mehrz. Bachurim], welchen dieselbe neben einem Honorarium freie
Kost und Quartier geben mssen.
Die Einrichtung in der Sinagoge ist uerst schmuzig, und man
wird derselben keine Beleidigung zufgen, wenn man dieselbe einem
riesigen Schornstein vergleichet, worin noch Koth v. 20 Jahren aufzu-

SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ

3/1

Der vorige Rabbiner dahier solle es vor mehreren


finden ist.
20 Jahren, wo Hoffaktor moises homburg aus Andacht die Sinagoge
durch einen Tncher hat ausweisen lassen, demselben sehr nachdrcksamst verwiesen haben, da er die Sinagoge habe reinigen lassen.

ad F)

Haben

die

Gefngnis

Juden

in

ihrer

Gasse kein eigenes

der selben wurde von diesen vormals der sogen, kleine


Vergehung eines oder andern Juden gebraucht.

statt

ad G)

Armen Anstalten

Bann bei

betr.

Die Juden besizen ein eigenes Armenhaus, worin dieselbe die


hies. Armen kranken sowohl als auch die fremden anher kommenden
ber die Verpflegung der armen
kranke Arme verpflegen lassen
alljhrlich
aus ihrer Gemeinde einen bedieselbe
whlen
Kranken
mittelten Jud zu einem sog. Almosenpfleger, welcher die von Versteigerung der thora allwchentlich 3 mal eingehende Gelder erheben,
berechnen und zur Verpflegung der Kranken anwenden mssen. Einmal
im Jahre mu ein jeder Jud, welcher nicht unter die Klasse der Armen
gezhlt werden will, die thora an sich ersteigern,' und der reichste

Jud mu dafr
einer aus der 3.

Klasse von Vermgen 6 fl.


Klasse 4 und einer aus der 4. Klasse 2 fl. bezahlen.
Rth.

der in

2 ter

Reichen und bemittelten Juden eine Gesellschaft


unter sich gemacht, welche wchentl. Gelder zusammenschieen und
davon den Armen und schamhaften Juden Holz fr den Winter an-

Dann haben

kaufen.

2)

die

ad H)
Die real- und personal Gebrechen bei der Judengemeinde knnen
sehr vielfltig sein, jedoch ist unter der ganzen Gemeinde nicht ein
einziger Jude zu finden gewesen, der nur eine derselben htte angegeben. Von verschiedenen hat man nur soviel herausbringen knnen,
da denselben die Einrichtung mit 5 Vorsteher und 6 Einnehmer aus
der Ursachen nachteihg wre, weil erstere alle Monate das Vorsteheramt verwechselten; wodurch groenteils entstnde, da dasjenige, was
der eine Vorsteher in seinem Monat zum Nuzen der Gemeinde verordnete vom folgenden Monatsvorsteher entweder verabsumt oder gar
aufgehoben wrde.
2) Da die 5 Vorsteher mit ihren verheurateten Kindern und Anverwandten mehr als die halbe Judengemeinde ausmachten^ wodurch
dann fter groe Parteilichkeit unterlaufe;
eigenes
3) wre den meisten G. Vorsteher ihre Handlung und
Interesse weit mehr am Herzen gelegen, als das Beste der Gemeinde

dies bewahrheite sich;

das Recht, zur Thora aufgerufen zu werden, erwerben.

'

Soll heifJen:

Salfeld, Bilder ...

92, Nr. 5.

24*

FESTSCHRIFT COHEN

372
4)

von daher zu hellem Tage,

Gemeinde mit mehr als


Kapitalschulden beladen wre, und welche zu bezalen den
als

die

40,000 Fl.
Vorstehern keine Angelegenheit wre.
5) wren bis 50 fremde Judenbuben dahier, um beim Rabbiner
zu studieren.*
Diese mlJten von den hiesigen Schutzjuden in Kost
und Quartier erhalten werden, wodurch die Wohnungen rar gemacht,
da schier kein ordentlicher Schutzjud wohnen knne.
6) wenn fremde Rabbiner oder Vorsnger hier durchpassirten und
ihre Sinagoge besuchten, so erhielten dieselbe nicht allein reiche Geschenke, sondern auch ihr dahiesiger Aufenthalt und weitere Reisekosten wrden ihnen noch von daher bezalt.
Berichtender hat mit allem Vorbedachte smtlich diese Gegenstnde mehrmal eingesehen, vielfltig erwogen und auf der Sachen
Abnderung fters gedacht
seine ihm bei jedem Gegenstande eingefallene Zweifel durch genohmene Einsicht endlich dahin resolviert,
K. H. L. Reg. nunmehr anzurathen, die jd. Gemeinde dahier in eben
jener Form, wie die Christen Gemeinheiten seien, auch dahin einrichten
Des Endes die smtliche Vorsteher und gemeine Einnehmer
zu lassen.
der gestalten zu redomieren, da einer davon das perpetuirliche Vorsteher Amt, die brige 4 aber ad dies vitae als Beisitzer verbleiben
mten, sodann von den gemeinen Einnehmer einer zum stndig. Einnehmer und noch einer zu dessen ControUe, nicht weniger einen gemeine Schreiber als actuar beizugeben wre.
Beim Absterben der
gemeine
Beisizer
wird
wenn
genug
sein,
statt
dermalen
4 nur 2 Bei4
sizer beibehalten wrden.
Ebenso sind dermal 3 Gemeine Bediente,
wo doch die ntige Verrichtung von einem versehen werden knnte,
2 von ihnen knnten mit ihrem Gehalte ad dies vitae in die Ruhe
gesetzt und nur einer beibehalten werden.
Wrde nun nach dem soeben geuerten gehorsamst. Vorschlage
ein perpetuirlicher Vorsteher, ein g. Einnehmer, einer zu dessen ControUe und ein gemeiner Schreiber angestellt werden, so knne dem
g. Einnehmer durch eine noch zu entwerfende instruction und Rechnungsformular die Fertigung der jhrl. Gemeinderechnung
so dann
den vorbenannten 3 Personen die Verwahrung der gemeine Kasse

Die von der Gemeine Judenschaft

am

29. Sept. 1784 eingereichte Liste

Namen: Elias Metz, Joseph Bulweiler, Manuel


Amschel Schlchter, Hirsch Ellinger, Low Reiss
Frankfurt, Menge Bdesheim, Simon Frth, Samuel Grnhuth, Joseph Gugenheim, Moies Frth, Abraham Brandei, Mayer Lob Frth, Feist Metz, Moes
Hirsch Schlnger, Joseph Mutzig, Moses Hoblich, Jeremias Hanover, Isaak
Hanover, Wolf Aach, Simon Guttentag, Jacob Mannheim, Jacob Sultzbach,
Isaye Saargemnd. Samuel Nagelspurg, Moes Coblenz, Hayum Bonn, Wolf
Amsterdam, Joseph Prag, Mandel und Abraham Redendorf, Przeptoren, Aaron
Bamberg, Przeptor, Joe! Lichtenfeld dito, Low Alten-Kunstatt dito, Abraham
Fitzdorf dito, Joel Hamburg dito, Sender Brandei, Savel Horburg, Joel Ochder Bachurim enthlt folgende

Hanau, Abraham

frth,

H agenau,

Beer Nieder-Wifjen, Przeptor, Joseph Brzenheim


David Ellinger dito.

vidt dito,

dito,

Abraham Neuen-

SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ

373

ad c) Der gemeinen Bcher und Urkunden


ad d) Der gemeinen repositur
ad g) Der armen Anstalten dergestalten anvertraut werden, da&
der gemeine Einnehmer die zu Fhrung einer Rechnung ntige ManualienRechnung und Rechnungsurkunden in deutscher Sprache verfertigen
und stellen msse. Soviel von dem anzustellenden personale.
Gleichwie nun vorzusehen ist, dalJ in den ersten lo Jahren auch
das neu anzustellende personale von ihren einmal angewhnten Mischmasch nicht so leicht wird abzubringen sein, so wird es allerdings
notwendig werden, an das neu anzustellende personale die geschrfste
Verordnung zu erlassen, daii dieselbe keine Ein- noch Ausgabe, die
mehr als 5 fl. betragen, ohne vicedomamtliche Einwilligung und von
daher erhaltenen ptoclar extrait weder von der Gemeinde zu erheben
noch zu verausgaben, wovon die Ursache allein Berichtender darin
angiebt, weil er sich noch nicht gengsam berzeugt glaubt, da die
eingesehene Rechnung acht seien und alle Einnahmen und Ausgaben
enthielten und allein dadurch zu erzwingen hoffet, wenn dieselbe ber
alle Ein- und Ausgaben mit v. D. ptlar Extractum beweisen mten.

Den Low Salomon Lorch bringt Berichtender zum perpetuiriichen


Vorsteher
zum gemeinen Einnehmer den Beyfus Marx und zur
Controll desselben den Joseph Hausen, sodann zum gemein Schreiber
den Michael Hausen und zu einem g. Diener den Baer Lorch um
daher in unterth: Vorschlag, als ersterer bekanntlich der reichste Jud
dahier ist und fr welchen die gemeine Judenschaft die meiste Achtung
heget und welcher bei der Gemeinde alles am ersten durchzusezen
vermag
Den 2ten hat Berichtender als den fhigsten gefunden,
welcher sich von dem g. Einnahmen und Ausgaben die grte Kenntnisse erworben hat, auch welcher zuverlssig zu Herstellung der Ord-

nung im Rechnungswesen die Hand am ersten bieten wird.


Der
3 ter ist ein im Rechnungswesen wohl gebter Mann, stillen Betragens
und zu Aufsicht des Einnehmers vollkommen geeigenschaftet.
Der
4te hat eine gute Hand deutsch zu schreiben
ist schon seit etlichen
20 Jahren bei dem Rabbiner als actuar gebraucht worden, verstehet
die Einrichtung der gemeine Bcher und reposituren und Verwahrung
der Urkunden, wenn ihm hierzu aus der gemeine Kasse die gehrige
Einrichtung mit Schrnken gemacht wird, und ist immer bei den jd.
Gerichtsverhandlungen gebraucht worden.
Der ste ist ein armer
Schutzjud, welcher von den g. Vorsteher wegen seiner bis dahin

geleisteten Diensten belobt worden.

Durch diesen gehors. Vorschlag drfte


Gebrechen um daher vorgebogen sein, als

nun

vielen

angezeigten

ad I et 2 und 3 man sich lediglich an dem in besondere Pflichten


nehmenden ersten Vorsteher nur allein zu halten htte; an welchen
man die zum Nachteile der Gemeinde durch seine Verabsumung
unterlaufenden Nachteile bei derselben Wahrnehmung rgen knne,
zu

auch welcher zuverlssig nicht so viele Anverwandte hat


steher zusammen haben.

als

die 5

Vor-

FESTSCHRIFT COHEN

374

gemeine Einnahmen und Ausgaben


von dem g. Einnehmer zu stellende Rechnung kldich
eingesehen werden kann; so mgen sich dadurch gar leicht Mittel finden
die Einnahmen zu vermehren, solche ohne Rcksicht herauszutreiben,
auch viele Ausgaben ergeben, welche zum Teil ganz gestrichen und
zum Teil eine groe moderation werden vertragen knnen, wodurch

ad 4)
durch die

man

in

so ferne einmal die

jhrl.

etwas zu Zahlung der Schulden wird erbrigen knnen,


welche sich bis daher, statt auf Mittel zu derselben Abzalung zu
denken, vergrert haben.
alljhrl.

5) smtliche fremde Judenstudenten von hier auf einmal auszuweisen, wird auf den Fall nicht rtlich sein, wenn dieselbe

ad
a)

auf ihre eigene Kosten dahier studieren, oder

wenn diesen die unentgeldliche Verpflegung in Kost und


von Reichen Juden dahier gegeben wird. Nur alsdann glaubt
Berichtender, da diese von hier hinwegzuschaffen sind, wenn dieselben
oder aber wenn dieauf Kosten der verschuldeten Gemeindekasse
selben den hiesigen Schuzjuden mit einem Zwange zu Verkstigung
und Verpflegung von den Vorstehern sollten aufgedrungen und verb)

quartier

pfleget werden.

Weit schdlicher sind der hiesigen Judengemeinde beim Absterben


eines Rabbiners ein aus dem Auslande beschriebener fremder Rabbiner,
und die meistenteils aus Fohlen hier angenohmen werdende Lehrer,
Grtenteils sind die Rabbiner
in Rcksicht derselben Aufklrung.
Mnner von altem Vorurteile, die in ihrem ganzen Leben kein anderes
und welche wegen
Buch als den Tallmuth kennen gelernt haben,
20
30 Jahren sich von der
ihrer einsmaligen Befrderung durch
menschlichen Gesellschaft abzuhalten nun angewhnt haben.
Von
solchen Mnnern soll eine ganze Landjudenschaft eine gesunde moral
Solten wohl
vorgetragen und diese zu Menschen gebildet werden.
noch Juden, wie dieselben noch jetzt sind, in hiesiger Gegend noch
anzutreffen sein, wenn derselben Rabbiners nicht mit Vorbedacht
wrden die Juden
derselben Kinder noch
dieselbe verabsumten
eine Sprache reden, wovon man in dem schlechtesten Winkel der

und Gott wei,


wenn dieselbe nicht polnische
Lehrer htten. Wrde man noch
woher und aus welcher Gegend
Juden oder derselben Kinder antreffen, welche stets mit Schmutz behaftet sind, wenn solcher ihnen nicht von den fremden, polnischen
Lehrern zugebracht wrde, welche gewohnt sind alle Jahr nur einmal
Stadt nichts wei,

ein

Hembd

zu wechseln.

Berichtender glaubt gehors. und ohnmageblich, da in der ZuAbsterben eines Rabbiners dahier alsdann aus der hiesigen
Judengemeinde ein Rabbiner zu whlen wre, wenn sich unter derselben
ein Subject vorfinden sollte, welches in der Prfung einem Auswrtigen
gleich wre.
2 Da zum Unterricht im mosaischen Gesazze ein aus hiesiger
Gegend durch den Rabbiner vorher zu prfender Lehrer, von dessen
Moralitaet man durch vorgelegte Zeugnisse genugsam unterrichtet werden

kunft bei

S ALFELD,

knnte,

VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION

IN

KURMAINZ

375

zum

Unterricht der jd. Jugend anzustellen seie, jedoch dergestalten, dali der hiesige Rabbiner schuldig sein solle, von den
hiesigen Schuzjudenshnen eine gewisse Anzal der Fhigsten herauszuziehen und diese zu knftigen ffentlichen Lehrern im mosaischen
Geseze zu unterrichten, welche alsdann angehalten werden mten, die

Normalschule zum Unterrichte der Schullehrer fleiliig zu beauch sich am Ende eines jegl. Jahres wenigstens aus einem
Gegenstande ffentlich prfen zu lassen.
Davon knnten alsdann
in der Folge v. einigen Jahren einige als Lehrer bei der jdischen
Jugend dahier aufgestellt und zuverlssig mehreren von den hiesigen
Schuzjuden Kindern ihr Glck im Auslande dadurch gemacht werden,
und hierdurch mag wohl der erste und festeste Grundstein zu knftig
chter Bildung der Juden am ersten gelegt werden, wenn an die
hiesige

suchen,

Pflanzen die erste Hand angelegt wird.


ad 6) Nicht allein diese, sondern mehrere unnze Ausgaben werden
der Judengemeinde dahier erspart werden, wenn derselben gemeinde
Rechnungswesen zu einem obrigkeitlichen Einsehen allhrlich gebracht

werden mu.
Berichtender schlieet nun gegenwrtigen Bericht und glaubt zuda, wenn seine wenige Gedanken ber den gehors. gemachten Vorschlag sollten genehmigt werden, alsdann erst hierdurch
der wahre Zustand der hiesigen Judengemeinde in allen seinen Teilen
nach und nach erst eingesehen, die chte Verbesserung daran vorgenohmen und diese Gemeinde zum Nuzen des Staates ihre Richtung
erhalten knnte.
Mainz, den 19. Mai 1789.
versichtlich,

Hiermit enden
die

Juden des

in

Erzstifts

Kurmainz

die

aus gesellschaftlicher und sittlicher Knecht-

schaft der Freiheit entgegenzufhren.

anderer Seite

kommen.

anerkennenswerten Versuche,
Dieses hohe Gut

Bald brausten die Strme

sollte

von

vom Westen

und den erlsenden Dreiklang Freiheit, Gleichheit, Brderlichkeit" auch in die dumpfen Judengassen
trugen.
Das Schicksal der Juden und ihrer Gasse war entschieden.
heran, die die frische Maienluft

Am

26. Fructidor des 6. Jahres der franzsischen

Tore des Ghetto' und 1808 besuchten

betr.

bereits 31

Republik

fielen die

Kinder der brger-

' Salfeld, Bilder ... 46.


Das Dekret der franzs, Munizipalvenvaltung
Auflassung der Judengasse lautet:
Registre General
Bureau de
No. 2149
No.

Liberte
'

Egalite
'

Departement du Mont-tonnerre.

>-

Canlon de Mayence.
Deliberation de l' Administration tnunicipale de la Commune de Mayence.
Seance du 26 fructidor, l'an 6 de la Republique fran^aise une et indivisible.
L'Adm'" mpale.

'

FESTSCHRIFT COHEN

3/6

Freigewordenen die ffentlichen stdtischen Schulen.^ Dankbar


haben die deutschen Juden ihre brgeriiche Gleichstellung begrt
und, auch unter den spter genderten Verhltnissen, sich derselben

lieh

An

wrdig gezeigt.

die

Stelle

frherer unfreiwilliger Passivitt

ist

Wie wir mit allen Edeln eintreten


Tat getreten.
fr Erhaltung der hohen Gter der Menschheit, so scheuen wir den
Kampf nicht zur Erlangung des ungeschmlerten, uns verfassungsmig verbrgten Staatsbrgerrechtes. Einer unserer treuesten und
unerschrockensten Mitkmpfer ist der edele, tiefe Denker, dem vorstehende Abhandlung gewidmet ist und von dem das Wort gilt,
das das Wirken seines groen Landsmanns charakterisieren sollte:
Sein Leben lehrte!" Glckwnschend und dankbar fgen' wir hinzu:
Seine Lehre belebte!"
die frohgemute

V
il

le

rapport du Citoyen Dittmeyer, Commissaire de police, dans lequel


commune professans la religion mosaique

expose, que les habitants de cette

sont

intentionnes,

de

faire

demolir avec quelque solennite

les

portes, qui se

que
de
regime
separes
ces portes, par lesquels ces citoyens furent pendant l'ancien
la societe de leurs concitoyens, et exclus d'une mani^re despotique et revoltante
de tout commerce avec eux, et dont l'existence doit rappeller la memoire de
ces citoyens, qui furent si long-temps les victimes de la tyrannie et du fanatisme

trouvent l'entree de la rue habitee par eux; considerant,

le

Souvenir

Le

amer de

Comm"

qu'il est juste,

leur ancien esclavage, soient annuUees.

du Dir'^ executif entendu,

Arrite

permis aux preposes des habitants professans la religion mosaique,


de faire demolir avec les solennites, qu'ils jugeront convenables les portes, qui
existent l'entree de la rue, dite rue des juifs, sous la surveillance du citoyens
Dittmeyer, Commissaire de police.
Par les Administrateurs municipaux de Mayence
President; Zentner, Cronauer, Zindt Adm*"";
Umpfenbach,
Signes:
Jl

est

Comm^^ du

Retzer,

Dir. ex.; Mller, Secret.

Pour Expedition conforme


Umpfenbach, president.

sign.:

Mller, sre.

Salfeld a. a. O.
ber das
publiques.
'^

76:

Noms

des enfants

vorurteilsfreie,

juifs,

qui frequentent les ecoles

freundschaftliche

Verhltnis

zwischen

Mainzer Juden und Christen schon whrend des Aufklrungszeitalters bringen


wir von den zahlreichen Beweisen nur einen aus Heidenheimer, Zur Geschichte
und Beurteilung der Juden vom XV. bis XIX. Jahrhundert [Monatsschrift fr
Gesch. und Wissenschaft des Judentums LIII, iff.], S. 155: Vom Hause des
Professors Vogt (1749 1789)

Leben daselbst habe

es sich

wird uns erzhlt:

mehrmals

getroffen,

in

dem

uerst ungezwungenen

da ein Mnch, ein Jud und

ein Protestant miteinander spielten, oder auf der einen Seite ein Krippchen ge-

baut, auf der andern die Bsten Voltair's

und Rousseaus

auf der dritten ein Jude seinen Sabbat feierte."

aufgestellt

wurden und

Die Judenordnungen
Von

Unter

den mehr

L.

in

Hessen-Cassel.

MNK-Marburg.

hundert greren und kleineren Verordnungen,

als

im i6., 17. und 18. Jahrhundert betr. der Juden in HessenCassel ergangen sind, fhren vier groe Erlasse aus den Jahren 1539
1679, 1739 und 1749 den Namen Judenordnung". Von diesen sind
die Erlasse aus den Jahren 1739 und 1749 nur Erweiterungen der
Judenordnung vom Jahre 1679, so da die Betrachtung der letzteren
neben der vom Jahre 1539 ein gengendes Bild der fr die Juden
die

den genannten Jahrhunderten geltenden Bestimmungen gibt.


Philipp der Gromtige hatte im Jahre 1524 smtliche Juden
aus dem Lande verwiesen, im Jahre 1532 sie fr sechs Jahre wieder
aufgenommen und nach Ablauf dieser Zeit mit seinen Rten Verhandlungen darber gepflogen, unter welchen Bedingungen sie fernerhin zuzulassen wren. Die auf Grund der Gelehrtengutachten gestellten Bedingungen waren von solcher Hrte, da Philipp selbst
erklrte, sie wrden besser tun, das Land zu verlassen, als solchen
Bedingungen sich zu unterwerfen und alsdann die folgende Judenordnung vom Jahre 1539 publizierte^:
in

(Drenung

pbJltpfen

vt(er

von

(Bottes

gnaDcn antgraac 5U

"^eiJen,

(Braue 5U Ca^enelnbogen, 5Die^, Siegen^nin an tTivi, Wie unD xva6


gefielt Die

3uDen nun

binfurter inn unfern ^urflentbumb, (Brauefcbafften

vnixZ) gepieten gelitten

iErfilicben

yeDee orte

follenn

lcf?erunge

t'eyn

fte

<:)k

vnD geulDet

3uDen vnfren 21mptleuten, auch Den Pfrrberrn

gefetfen fein,

roiDer <Z\;}ti\}atn

mit

Dem

efDe verfprecben,

vnfern berrn, vnnZ)

gion ?u treiben, nodb ju geflatten, fotiDern

D6

inen tHofes
^

Sammlung

vtin^

Frstl.

tt>erDen foen.

^it

\id)

bei

^tn iren

feine bevlige

l^dU

Des alleyn ju bnlten,

propbeten orgegeben b^ben anO ^a&

Hessischer Landes-Ordnungen

I,

S. 120.

fte

FESTSCHRIFT COHEN

378

auch ie jren mit ferner f^t^unge


(Befefi

vnD Den propbcten

Durch

^i(

Juden

t>cn

Calmutifcben

5um

rcerDen.

anDern

Religion,

foen

armen gutthertzigen

die

5am

nit

^ie

(it

befcbn?ercn tcollen,

fein,

geDicbte

gottlofen

xvaren

vnfer

geme^

nit

Dem
^^mit

iDelchc

ircr lalmutifcfcert lerer,

Abgebalten

furnet>mf?en

3uDen geloben

nirgent nea?e fynagogen auffjitridnen, fonDer

verfprecben,

x>ni:>

ntyn Der alten vn^

fi'cb

^^orgebatfeten mit aer ftit 5u gebraueben.

oum

Der 2\eligion ju

preDigern,

1Da6

inn tynidjm n?eg, ^Ann aEeyn mit

Difputieren

Weibern r>nD

)ren

5um

^A^a bcfonDere erorDnen rcerDen.

xvir

tiic

mit nkmante Der vnfern x>on

t>erfprecben,

fjc

man

5U Den PreDigern, X>k

(it

fampt

foen

Dritten

^intitxn

^>men

vierDen,

jncn infonDcrbcit r>crcrDnen u?urDt,

t'ommen

r>nD preDig [)ovtn foen

unD

rcoen

5um
inn Den

ficttcn

^ocb

leiDen.

rnD

foll

orten

X>a

ttyn ^unfftc

verlfau|fen, Doch

oDer Da

fein,

roabf nit vertcn?crn, fonDern

jr

ftc

unD

3imlicber roeifc fauffen

fotten

funfftetif

ftc

Die 5unffte

vmb tynm

^im^

pfmni^ geben, roie es ]ntn vnfre bcampten oDer Brgers


meyflcr vnD Katb fe^en rourDen, nX> foUen feyn rcabt t>ert*auffen, ftc
lieben biicben

feie

inen X>ann juuor Durch vnfrc bcampten urgcrmeyfler oDer Katl?

gefef^t

roorDcn.

3am

fecbflen,

ollen

alle

b^n5>el vffricfotig treiben, mit

irc

Wo

vngeburlicben hanDcl oDer x>inAn^m umbgebn/

fh, vnnD vnrechte hnel

Z>en

triebe,

5um
t>nfrc

foll

sroen

oDcr

nicht

WurDen

t^bernemen.

oDer

Drei

Dauon nach

mehr

tDiDernge

billicher

^uDen,

am

aller

erflen

haben ^tn 5ehenDen Pfennig von folchen

leihen,

nfer amptleut oDcr amptlfnecht,

beifein

^m

vnn^
aber cyntm emen

unD

ftebcnDen, ollen feyntn ^uDifchen gefuchc

arme .euthe

gulDen

nemiidb mit verfallung

t?nD Der fo folcbcn falfcb fcbe i^on

rnnD mit grunDe angejeigt,


vttfamm (Butern.

eyner folches vber;

foKenn vnfere bcampten Darumb

nacb gelegcnheyt vnnD ernfilicb firaffen,


feiner gfitcr.

Uynem

fte

fottichs

oDer

Derfclbigen,

follc

o?ucher,

gefchehcn inn
eynes

rathe,

tait

ruilfen

2ll6

nemlich von einem

hunDcrt gulDcn tyn jar funff (iJulDen oDcr ruae

man

fnf?

Dem

(Thriffen

WurDe aber eyn ^uDc Darber ujud^er


er ^ie hauptfumma feines ausgclihcnen

3U geben pflegt, gegeben roerDen.

vnn^

gefuch

gelte,

vnn^

tcochen

fcfnem
aeyn

mit

man
on

treiben,

Die

Dem thurn
alleyn,

on

folle

aller

hellft

vortrijfen

2lmptt'ned7te,

fo

feiner

gefirafft

verfallen

rcerDen.

vnnD Dar?u

haben,
i^e

foll

auch

r>ora>i|fen feiner hau^fratoen, 2luch

ires

mannes,

vnZ>

oDer burgermeyfler r>nD

on

raths,

beifein

ettruas

hyn ^uDc

fernem

vnferer
leihen.

vier

n?eibe

2lmptleute,
(Befchehc

MUNK, DIE JUDENORDNUNGEN


Aber

fo foc Deribenig fo

folltcbe,

IN HESSEN-CASSEL

D get entlebcnct bat

379

om

^ucrt,

Dem t^uDen was n?iDcr 3u geben, oner et t^uDc


bAptfumm fampt Dem b^lben teyl aller feiner guter x>tv
n Darju nocb fouil als Die bAuptfumma etjclbcn ge
geirefen, b^Ib vne, vnD balb Den beampten, vn:) brgere

fchulig fein

nicfct

fo Dtcfelbig
loren

b^bcn,

libencrt gelte

vnD

meifler

5u

ratt?

firaff geben,

unD Darju

vierfte^en tage inn tburn

gelegt trerDen.

5um

ad^ten, foen

eynen cfDt 5u (Bot fcbroeren, t'cynem burger,

fte

Statthalter, J^atbeAmptmann, burgermeyficr oDer Diener, oDer Dcrfeligen


n?eibern,

cttuas

ja

auch

fcbent'en,

pfcnnigwertb/ bei firaff free ^eibe


nit

vnbiliicben

tymm

eynigen

cuucber

vnZ>

Damit

x>nnt> lebene.

gaabe geflocben, vnZ> Den 3aDen

Durcf?

alfo

nit

tngepurlicfce

b^ni>el

oDer

Pfennig

beamptcn

t)nfere

Defler eb ire x>inAni^en

geflatten

vni>

ju

feben.

WurDc auch Darber


vnZ>

efner rnfer beampter gefcbcni: von 3uDen nemcn,


mnAni?,m oDer vngcpurlicbe b^nDel ju feben, Der fol von x>ns

ire

Darumb

vnnacblffjg gcfirafft toerDen.

5um

neunten,

^uDe efn

tpelcbcr

roeib

(Tbriflen

oDer ^ungfran?

oDer befcblefft, ^en foKen nferc bcamptcn (im leben

fcbenDct,

Darnmb

firaffen.

3um

jebcnDcn, Welcher

t)en

foUen vnfre bcamptcn

im

felbigen

am

vcrfeben t'Sme,

fo

fo

gut

t'omme,

Vn^ ob

er
ficb

t'aufft

Vn^

leben firaffen.

abfauffen, Der 3uDe bb

Daffelbig
fotticb

^uDe gcfiokn gut


ifcynem

oDcr Daruff

Damit

ficb Der

3uDe

uff ettvae leiben,

oDer

Qann juuor erfnDigt, ruober

auch Derjenig fo foicb gut vertauffen,

oDer Daruff entlebnen roiE, foUicbe jutbun macbt b^be oDer

3um

eilfften,

nit.

ite foen aucb vnfere amptt'necfjt, Burgermeyfler x>n^

Katb gan^ vnnD gar ^cynen au^lenDifcben t^uDen


etwas in vnfcrn Un<:>m x>nD gcpieten ju

laffen,

leibet,

geflatten

oDer 5a

ifauffcn oDer ju

t)cr==

t'aufen u?eDer rccnig oDer vil.

3um
mit

licbc

5U

foUen

vnfre beampten

JDas

Darufif feben,

3um

Drei^ebenDen, Wollen roir ^en

ficb

^ic

^urgermeyflcr rnD 2\atb

3uDen Difer
^uDen ju

fleif^

artit'ul

alfo gebalten.

la|fen, ^HQ fit fonDer*


perfonen vnDer intn bAbcn, ^ie beneben vnfern 2(mptt'necbten mit

feben,

Welcber
felbfl

jujolfftcn,

^ae

Die

ftcb

Da

recbtfcbatfen,

x>n^ Difer Zvticvil gebalten.


fic

fat^ungm firaffen mgen.


DiertebenDen, Wollen n?ir b^ben, Das

geben, vot^

nacb Dem

ficb

aber Deren nit baltcn tcijrDe, Das

auch nach

3um

3uDen

fit

er

Denfelbigen vnter fidh

frer

mit uns vbert'ommen jerDen,

fit

\^nl>

vne

i>tn fchuftpfennig

fonDerlicb cyn yeDer,

vermag.

diese Judenordnung,

zuerst

weder von den Juden noch

FESTSCHRIFT COHEN

o80

von den Amtsherren genau befolgt wurde, zeigt das Konzept einer
neuen Judenordnung vom Jahre 1543', in dem Landgraf Philipp den
Amtsherren ber die ungengende Befolgung der Judenordnung
einen strengen Verweis

Eine Verffentlichung dieser konzi-

erteilt.

Verordnung fand nicht statt; doch folgte eine strengere


Handhabung der Judenordnung von 1539, die viele Juden zum VerDies ergibt sich aus folgendem
lassen des Landes veranlat hat.
Schlupassus des frstlichen Ausschreibens vom 20. August 1545.

pierten

oum
^uDDen

bv;ben

Dritten

glaubltcben

xx>iv

beriebt,

Ob

ficb

gleich

Die

vnfer orDnung tjAlben,

vnDer nDere

lcutt?e

au^ nfern Unerr getb^n. Das (k (ich


geccenct, Da Pannen fte nichts Defro weniger mit

vnfern vnDertbnen b^nDlen vn^

partbieren,

toelcbe

wir

ir'efne

ruege

Demnach euch bi^mit inn gnaDen gan?


ernfilich, IDas jr 3a f?unD an, allenthalben in x>nferm ampt ercer ver*
rualtung Die r>erfehng thuiD, ^ae folcher ^uDDen t'eyner eynig h^nD?
lung, oDer parthicrung mit vnfern vn^trtanm treib, Vn^ ^a jr Darber
3U leiDen gcmeynt

fein,

.efeiben

inn h^fft 3iehct, x>n^

etliche betretet, ^it

Darumb vngneDig

(^raffet.

Die zweite Hlfte des 16. Jahrhunderts drfte eine Zeit verhltnismiger Ruhe fr die Juden in Hessen gewesen sein. Es haben
sich bis jetzt keine die Juden betreffenden Verordnungen aus dieser
Zeit gefunden, jedoch ein Brief Landgraf Wilhelms des Weisen an
seinen Bruder den Landgrafen Ludwig, der von solcher Aufklrung
und Duldsamkeit zeugt, da er auch heute noch als vorbildlich be-

Er

zeichnet werden kann.

lautet*:

5reunDlicher lieber ruDer vn^ geuatter,


lein

wtidne

^-ro.

l.

Ph^rher

30?.

halbenn aufgehen la^enn, gelefenn.


roercf vnX> fchier nichts ^arin

ifl,

(Biefjenn

rcir

-o^benn X>a6

XTigrinue

2)etinDenn Daraue

als fabelnn

Der
t>;i6

buch?

'^^i^^^nn
es fchlccht

vonn ^tm Durchl?ochennen

'SACVAmcntlid)tnn broDt vnnDt Dergleichenn, v>nD tcae t>avin

i(?,

fo ein

cimn Neruum h>iben mochtte, folches 3fl alles vonn rcortten


n?or3tenn ausanDernn Authoribus mutuirt, ^tx^em ^a auch folche

rt>enig

30

Argumenta

t/ic

60

man

mu^tt

"^nn beurtem buchlein anget^ogenn rcerDen geltenn foltcnn.


ireine

an^evn eligions X^ercoannthcn aufferhalb Der

2^eligion Derenn ^it C:>brigt'eit 3ugethann geDulDenn,

onDern

iDie

iitnn (Taluiniflen vnK> alle ann^>eve '^ecttnn vcrDriebenn ojerDenn

I,

s.

^aaon

Kopp, Bruchstcke zur Erluterung der Teutschen Geschichte und Rechte

157.
*

papi#

Kopp

a. a.

O.

S. 159.

MUNK, DIE JUDENORDNUNGEN IN HESSEN-CASSEL


Doch gott Der ^er gb^r
potcef

liebe

vnD

roelcber 2vcligion
t6
er

njoUcrt,

fte

gebott bat gcgebenn fortDern

t'etn

fritleben

38 1

bcy

aen erljaltenn bben,

Daramb

Paulus

Slucb <3.

fi'e

voill eufler?

fefen gletcb

toan

fprtcbt

fie

dfo verfielen toolten ae fit ie gottlofen folten meien, fo rourDe


fi'e
beifTen auf Der Welt $tk>mn. Van^ bettcnn alfo ie papificn ein

gute bcmentelung, feine anerc Keligion '3nn ^brcrtn <lanenrt, als Die
Papiflifcbe

xvelcbe

Dan

propositiones

folcbe

fit

fcr

btetx

a>art>afftig

foncrlicb

Dcrobalbenn

50 leyenn,

aber bey

^it^tnn oeittenn sugb^r

unfruchtbar.

^at.

(TafTcl

am

19 ^ebruary 70."

Wilbelm

Aus dem Jahre


erhalten,

die

16 10

spter den

ist

eine

Namen

Reffen

I5

Verordnung des Landgrafen Moritz


Silberbrief"

Das

fhrte.

Original

desselben war auf Pergament geschrieben und wurde bei der Vorsteherschaft der Juden in Kassel aufbewahrt'.

Von

ottee (BnAt>tn, Wir XHori antgraffc 3U

5ue (Tat^enelnbogcn,

Cbun
3uen

?Diet^,

5iegenbain un XTiDa.

tunbt vnnt) benennen bittmit, XTacbDem biebeor Wir

tnter

nfererm cbu 5u roobnen gnaDig vergnnet,

"^ecrm ^unff (ulDen ^cbu^gelt genommen,


bi^

off Seben (BulDen

tin

^eDcr

iommtn

binfuro 21cbt (BolDgulDen in

cbuR

3u

begeben

foU:

tvien^,

efilicbe

vnD von

bernacber aber Datfelbe

^nDlicben aber gecoiiget,

lafftn,

^Sinjug Seben (Bolgulen erlegen

vnferem

(Brave

-oeffcn,

specie

geben,

X>nn^ Da
folcbes

(ich

mit

vnn^

^c^^

fr Den

aucb einer au^

vnfcrn

oDer

vnfer

<rammer venviffen tbun vnD ficb erleDigen foU. Wblti aucb


biebeor <Sie Die ^uDen tint Sln^abl Silber^ in r>nfere XTiun^t, Docb
gegen tint benannte ^ejablung lieffern mu\Jtn: o baben wiv folcbes
2^eutb

in (Bnn,^tn ^odb Derogeflat erlalfen,

^a^ ie vn^ Davor ^abrlicb

tin

aaitn^ eicbsgulDen

an gutber gangbabrer xnunP,t, nemblicb 3eDe


XHeife ^unffbunDert 2?eicb6gulDen 5U ^i^an^tn vnfer^ (Tammers ^djvti^
bcr^ liefern foen, ^argegen u?ir 3bnen nachgeben, ^a 3i)rtv elicbe
vcr|?erben, oDer au^ unferm anDe jieben n?urDen, Dafj al^Dann ibre
quota an Derfelben nacbgelaffen

Vn^ tinqtnommtn

feyn,

hingegen aber ^a ^brer mehr von

terDen, fo al^<:iAnn folcbe^ x>n^ 5U gutben

elDes erhbet tverDen;


3uDen, fo vnter Denen vom

^ommtn,

x>nnZ> ^it .ieferung Des

foUen

'

aud?

Land.-Ord.

<>it

II,

S. 342.

2tDett

in

vnfrem

FESTSCHRIFT COHEN

382

Suvficnt^umb wo\}nm, x>nn^ mit Vnfeuv (Brtigen erwiEtgung

an

folcber

mttt

.icferung

3bnm

-^ulffe t'ommcn,

5U

vnn '3bncn Ac^Ampt

erlegen,

vnnZ)

(ctoerbe \>nrtD

Die

3br

fiftcn,

2irttbcil

pArtbierung,

ie feinen abermaligen Wucher


nei^mmf fonDern ftcb ?ie anDere eim^ billigen (Beroin^ begngen laflTen,
ebne -^inerni^ geflattet tueren, ebne gefebrDe,
3n brt'unt b^ben ?ir "Vn^ mitt eigen -o'^tten nterfcbrieben, vnDt

Deren

ftt

?ue gebraueben, Doch Da^

\'icb

X>nfer Secret

i}icvan

Cag ^anuary Anno

^hn^m vnt
(lin

taufenDt
SL.

3.

geben UjTen jue

(Taifcl

3eitigcr

vnZ>

beu?abret ee

forfleber

bey

ibren

Den lrflcn

ecbjJbunDert vnZ> 3eben

XViovip,,

-j^ejTen.

auf Pergament gefcbriebcne Original

5Da8

(Taifel

iSbrigen

beft'tjet

X>k 32>enfcbajft

Documenten, njovon

unD JuDenfcbafftlicber cbreiber XTacbrid^t

3U
tin

ertbeilen

ionntn,
^^&

Dienet

Dermalen nur 3U iSrlfluterung Der ^"ffllicben Concession

t)om aotcn 3ulii \ss6 i. a. S. oben pag. 337.


unD Der t?orflellung x>om lten VCiay 1655 pag. 342.

Trotz der hohen Abgaben,

die

den Juden aufgelegt wurden,

und der geringen Erwerbsmglichkeit, die ihnen gelassen war, suchten


die Znfte und die einzelnen christlichen Gewerbetreibenden ihren
Erwerb immer mehr zu unterbinden. Es wurde deshalb von der
Regierung ihr Recht zum Schlachten fr ihren Bedarf, zum Gamund Hutehandel ihnen oft besttigt, so im Jahre 1606, als die
Metzger in Kirchhain sie am Schlachten hindern wollten, ferner im

Jahre 1610, 1613, 1615, 1618 usw.


Auch ihren Gottesdienst wollte
man untersagen, so da in einem Kameralreskript im Jahre 161
unter Berufung auf die Judenordnung

vom

Jahre

1539 darauf ver-

wiesen wurde, da die Juden zwar keine neuen Synagogen dort aufbauen drfen, wo bisher keine gewesen, in ihren Husern jedoch

Gebet ohne geschrey vnd Ergernissen der Christen" verrichten


drfen. Die von den Znften, von Ratsherren und Brgermeister
den Juden bereiteten Schwierigkeiten huften sich so sehr, da die
Vorsteher der gesamten hessischen Judenschaft in Hessen-Cassel"
am 15. Mai 1655 eine Beschwerdeschrift an den Landgrafen einreichten, in der sie um Schutz betreffs des Schlachtens, Garn- und
Huteverkaufs baten und da sie unter keinem anderen als Ihre
F. Gnaden dero nachgesetzter Regierung Jurisdiction und Botmig-

ihr

keit stehen

mochten."

In dieser Vorstellung weisen sie darauf hin,

da die gemeine Rechte sie fr Rmische freye Leute und


Brger erkennen auff- und annehmen, auch die Vornemdste Brger-

MUNK, DIE JUDENORDNUNGEN IN HESSEN-CASSEL


liehe Privilege

und da

mitteilen",

383

die Frsten zu Hessen,

so sehr

Widersacher der Juden sich dagegen gestrubt haben, ihnen


laut ihren Schutzbriefen nicht geringe Freiheit, als den anderen
Untertanen, sowie jedes aufrichtige Handeln mit Waaren, die nicht

auch

die

besonders privilegiert sind,

vom

Konzession

frstliche

gestattet haben.

Hierauf erfolgte eine

welcher den Forderungen

20. Juli 1656, in

der Juden entsprochen wurde \

um

Die Erteilung dieser Konzession war von

so grerer Be-

dem Landtag

des Jahres 1655 die Stdte wiederum


die volle Vertretung der Juden auf Grund des frstl. Ausschreibens
deutung, als

in

vom

Philipps

da die

vom

Dezember 1655 heit


Juden gar aus dem Lande vertrieben und unter den

langen erlassenen
es:

In der auf dieses Ver-

1524 verlangt hatten.

Jahre

frstl.

Resolution

20.

Gott- und Weltlichem


Rechte zuwider, be vorab da sie gttliche Verheiung der Bekehrung
haben. (Deut XXX Hos III v. 4 et $. L 14 C de Judas)".
Wenige Tage nach Erteilung der Konzession, am i. August
1656, wurde folgendes interessante Ausschreiben ber die Anstellung
eines Landrabbiners vom Landgrafen Wilhelm erlassen, dessen Original,
auf Pergament geschrieben, sich bei den Judenschaftlichen Dokumenten in Kassel gefunden hat 3.
Von (Bettes (2>nAen Wir Wilhelm anDgraff 5U -Reifen, ^urfl ju
Christen nicht geduldet werden sollten,

-^ersfelDt,

(ratf

5U

(Tat^enelnbogen,

ist

^ie,

XT^iDDa

Siegctibin,

vnDt

ScbatDenburglf/ etc. ^et'ennert i^itvmit;


2ii0

wiifv in glftubtourige

rnferm ^rf^cntbumb
fcbAfften

x>n^t

erfabrung gebrcbt,
Debro

3ucn,

grax>ert;

entfcbeiDen,

I^

Die

tiDt

-(octr^

(Sr^ff*

wAn

von einem frembDtcn

^ulDa vn^t i^o nad^er ^rieDtburgJ: evocirt,


2\;binen

Die in

A^nQt\;)viQen

r-erbaitene Scbu^ertPftrTtbe

3n?ifcben '3bncn vol^rgefaen,

roeIcbcrgef?>;lDt

eto?;

2\binen, an nacbcr

afelbfleri

urcb befagtcn

Dabey gefallene (5elD(lr;tf bAlb

Dc <Dbrtt6 Obrigfeit, ^ie

fhreittigt'eiten

Dem ^urg*

anDer Reifte aber Der gemeinen

"^uDenfd^atft jugecoiefen, ujoDurcb ^iinn nfern '^cb9>x>evxx> antiken nidht


allein

viell

lautfene

vni:>

tcegen Weitte Dee

Wcgee gro^e

t?nt'ofien ge*

mad7t, fonDern vn^ aud? DarDurcb vnfere otjnfiretttige b-^benDe Regalia


"onDt Juris

dictionalia

enDtjogen,

ruelcDtbr

vber nfere cbut^vertcantbe ^uDen

aber

'

Land.-Ord.

II, S.

'

Land.-Ord.

III, S. 122.

Land.-Ord.

II,

337.

S. 620.

tcegen

nfrer

^mblid)

boben ^urfllicben bbenDen

FESTSCHRIFT COHEN

384

Regalien lenger nicht nachgeben noch geflatten t'onnen, fonDer '3hncn


en tJuDen mitt ^rnfl aucb orbe^ltener firaff (Da^ te folcbes bis*
bcro

verfcbtiegcn)

fferlegt,

alt?ier

in

vnferm

^"tf^entbanib

einen

eigenen Kabinen ju beflellcn.

VOan

'Sie

Dan folcbem unferm

befelcb

vntertbenig geborfamb ge?

leiflet

vni> vnf^ vntbert^enig 5u ernennen gegeben,

felbfr

nunmebro

a^ ^ie ntter '3bnen

einen 2^abinen abngeornet vnDt

vmb

gnaDigc Ratifi-

cation r>nDt Confirmation Oe^felben gebetben.


hftben

21l6

nDt

tt)it>r

folchem

ibrem

2(bnortnung

Die bcfcbebcne

vnttertbcnigem

l^iermit ratificirt,

fuci7en

cieferiret

Doch alfo vnDt Der*

gefialDt, Da^;
iErfllicb

fein,

'3bre6

Rabines

teitter

i^nen 3uDcn ?u ricbten vnD 5U fcblicbten, nach

5rDifcl?en

ifd)en

2(bnorDnang

folcbe

(Beborfamb vnDt Zwangsmittel

nicht aber X?ergeringerung

vn^t Jurisdiktion gemeynet


t^ohrs

anDcr, roeiE

nicbt,

al^

3brem tHofa*

gleich anDrer 2<abinen bemchtigt

vn^ 2Ibbruch

r>nferer

h^benDer Regalien

fein folle.

bcy

folcher

HhnorDnung

r>nnter

ft'e

fich

(3is-

roan einer bef K>em Kabiner t'lagen, vn^t ff gegebenen Je^


fcheiD ?eitter fuchen vnZit Der Blagc nicDerfcig cuurDe, ^a^ al^tian
poniret,

Derfelbe Sehen Ktblr.

firaff erlegen

clegenheitt Der ferfprechung

foEe,

f^Eige

i>a^

vn^t anDere nach

folche

nferm Fisco 5um halben ChciE

berechtigt x>nDt eingelieffert roerDen foEe.

Vohve

Dritte, tiamit <>an hieruntter iceine (BefehrDe

gebraucht rcerDen

mge, ^a^ Desiregen einer au^ 3hrem mitteE mit einem leiblichen 3uDen
21yDt

belaDen,

Dem l\abinen

feyn foEen t?nferm Fisco


lieffern

nDt ^a

^ie

hierunter

adjungirt tcerDen
^a

firaff jeDer5eit

Diefelbe

fchulDig

berechnen vnDt ein?u*

etwas anDres 5U tTachtheil vnDt 2lbbruch

>eampten rnDt JDiener habenDen Jurisdiction vn^t

t?nferer oDer t^nfer

(Serechtigt'eit practiciret ujerDen folte, Daffelbe


lieh

vn^

jcDesmable auffricht reDt*

ohne angefcben einiges Der an^Deten Juden Bannes oDer Excommuni-

cation bey leib v>n^t lebens firaff abnju^eigen.


25ef^en ju X?brt'unDt haben toibr Diefes mitt eigener hangen Vnnter^

vnferm S&tfien Secret ^nftegeE

fchrieben vntit mitt

(Befcheben 3u

CbaufenD

(Taf^eE

<)en

lrf?en tTTonathstag

bet'rftigt.

21ugufli,

Des O^in

fechs bunDert funffjig fechf?en Jahres.

tOilbelftt

mppria
t.
I

Johann

(Eanftlar

\pens. /

t^ulrcius

mppria.

MUNK, DIE JUDENORDNUNGEN IN HESSEN-C ASSEL

385

Konzessionen ber Handel und Gewerbe der


Juden, ihre Berechtigung zum Schlachten, ihren Gerichtsstand und
die Anstellung eines Rabbinen wurden spter wiederholt erneuert,
so am I. Oktober 1664 durch die Landgrfin Hedwig Sophie, am

Die

frstlichen

Mrz 1679 durch den Landgrafen Carl,


Im Jahre 1679 wurde auch eine neue Judenordnung erlassen^.
Auch diese hat ihre Geschichte. Bereits im Jahre 1622 forderten
die Rte des Landgrafen Moritz eine Revision der Judenordnung
von 1539, die sonderlich damit zu verbessern sey, dass den Juden
verbothen wrde, liegende Grnde oder Huser anzukaufen, ihnen
15,

auch anzubefehlen, ein besonderes Zeichen an ihren Kleidern zu


Dieser Forderung wurde damals keine Folge gegeben.
tragen".
Nachdem jedoch im Jahre 1643 die Landstnde zwei Bittschriften
um Erla einer neuen Judenordnung eingereicht hatten, wurde eine
solche im Jahre 1646 am 5. Oktober gedruckt, und auch die dazu
gehrigen Ausschreiben waren bereits angefertigt. Diese Judenordnung
Paragraph 26 Bestimmungen ber Zeichen, so die Juden
an ihren Kleidern tragen sollten". Sie wurde jedoch nicht verffentlicht, weil die Juden am 9. Oktober 1646 eine dringende Bittschrift
gegen ihre Publizierung eingereicht und auch die Ritterschaft um
Landgraf Carl hat
vorherige Mitteilung derselben gebeten hatten.
enthlt in

sie

Judenordnung vom Jahre 1679


renoviren und der Zeitbeschaffenheit nach

spter, wie in der Einleitung zur

bemerkt

ist,

revidiren,

verbessern, auch

wo

es nthig befunden, ndern lassen".

druckte Regierungs-Ausschreiben, mit


datiert

vom

15.

Februar 1680.

dem

Das

ge-

diese verffentlicht wurde,

Sie unterscheidet sich in wesent-

von der Judenordnung von 1539. Sie ist bedeutend


umfangreicher, als letztere
sie besteht aus 29 Paragraphen
wenn auch kleiner als die aus den Jahren 1739 und 1749, die 39
Ich beschrnke mich darauf die
resp. 30 Abschnitte umfassen.
wichtigsten Punkte dieser Judenordnung anzugeben.
Die Paragraphen i 6 enthalten Bestimmungen ber die Auflichen Punkten

Juden, ber welche spterhin viele Einzelverordnungen


erfolgten. In keinem Orte, dem nicht von alters her das Recht der

nahme der

Judenaufnahme zustand, durften Juden wohnen. Im Jahre 1779 wurde


hierzu noch angeordnet, da auch in diesen Orten nicht mehr Juden
wohnen drfen, als dies im Jahre 1744 nach einer damals angelegten
Judentabelle der Fall gewesen. Vor der Aufnahme mute der Jude
^

Land.-Ord.

III, S. 120.

25

FESTSCHRIFT COHEN

386

einen Schutzbrief des Landesherrn

haben.

erhalten

Dieser wurde

der der lteste Sohn eines inlndischen Schutzjuden


war, das fnfundzwanzigste Lebensjahr zurckgelegt, wenigstens 500
Reichstaler Vermgen hatte, obrigkeiiche Zeugnisse ber seinen
nur

dem

erteilt,

Handel und Wandel, eine Bescheinigung der Ortsobrigkeit, da die


christlichen Einwohner gegen seine Aufnahme nichts einzuwenden
und eine solche von vier Vorstehern der Judenschaft vorgelegt hatte,
da die Gesamtjudenschaft fr alle Abgaben, die der Aufzunehmende
auch in Zukunft zu zahlen habe, haften wolle. Nachdem diese Bedingungen erfllt waren, mute der Jude mit seinen ber vierzehn
Jahre alten Kindern einen Eid der Treue leisten, in dem er unter

anderem

gelobte, keinen weiteren

Anhang

in

das Land zu bringen,

es nicht wieder zu verlassen, bevor er einen Abschiedsbrief erhalten

dieser kostete

ihm

ein Drittel seines

Vermgens

keinen Unter-

durch seine Hantierungen dem Frsten und den


Untertanen nicht zu schaden, sondern ihren Nutzen und Frommen
Paragraph 7 verbietet jede Lsterung der christlichen
zu frdern.
Religion, die Aufrichtung neuer Synagogen, das Disputieren mit
schleif zu begehen,

Christen ber religise Fragen und das Einladen derselben zur Feier

der jdischen Zeremonien und Feiertage; er befiehlt die

Belehrungen und Bekehrungspredigten

christlicher

Annahme

Theologen.

der

Para-

graph 9 gestattet ihnen, ihren vermeintlichen Gottesdienst", jedoch


nur in der Stille, in einer abgelegenen Wohnung eines Juden zu
halten und verbietet dabei jedes sonderbare Getn und das fifentHche Hornblasen aus den Fenstern und den Husern. Im Jahre 1655
hatten sich nmlich Brgermeister und Rat zu Kirchhain darber
beschwert, da die fnf Juden dort mit groem Geplrr ihre Synagoge halten". Die Regierung zu Marburg forderte darauf die Judenschaft von Kirchhain und Frankenberg vor sich und gab ihnen eine
frstliche Resolution vom 3. Juni 1656 bekannt, nach der sie das
Hiergegen reichten smtliche VorBlasen zu unterlassen haben.
steher der Judenschaft im Frstentum Hessen s. d. Cassel 2. September 1656 an Serenissimum eine Beschwerde ein, da sie als
Juden zur Observierung des Mosaischen Gesetzes und Ceremonien
sich in allen Wegen verbunden achteten, in welchen auch die Hornblasen mit begriffen, wie Levit.

ahm

23 und

Num ahm

29 mit meh-

reren zu sehen, also da sie dasselbe ohne Profanirung ihres Gottes-

bey annahendem ihrem Neuen Jahres-Fest nicht umgehen


konnten, wie denn hin und wieder im gantzen Rom. Reich, wo noch
diensts

Juden geduldet wrden,

man

dessen nicht entbrigt sein knnte, es

MUNK, DIE JUDENORDNUNGEN IN HESSEN-CASSEL

'

38/

auch mit demselben so gethan, da es zu niemands Aergerni oder


Beschimpfung gereicht, gestalt solch blasen nicht auf offener Straen,
sondern in den Husern, wo die Zusammenknfte wren, ohn gro
Gethn geschehe, vndt kaum eine halbe viertel Stunde wehrte, da
es wohl die wenigsten Leute zuhren bekmen, vorab zu Kirchhain,
allwo den Juden Zusammenknfte in einem an der Stadtmauer abda sie samt vndt sonders bei
gelegenen Hause wren
ihrem Gottesdienst und zwar dero Zeit auch in specie bey der
Ceremonie des Hornblasens bei Begehung ihres Neuen Jahresfests

werden mchten".
Die nunmehr ergangenen Resolutionen an die Smtl. Judenschafft im Frstenthum Hessen" Vor die Juden zu Kirchhain vndt
Frankenbergk" vom 3. September 1656 und ein Rescript an die
Regierung zu Marburgk" vom 5. September 1656 ordnen an, da
gelassen

nur das ffentliche rgerliche blasen", nicht das blasen uf ihr ver-

meinte Festtage" verwehrt

sei,

ohne welches

sie

ihren

Vorgeben

nach ihren vermeinten Gottesdienst nicht verrichten knnen."


Paragraph 10 der Judenordnung bestimmt, da alle Juden
Persohnen jung und alt, auff" die Sonn- und Fest-, auch B-, Betund Fasttage sich einheimisch halten, und nicht ber Feld oder
sonsten ausgehen, oder in den Husern einige Hand- Arbeit verrichten,
weniger ihr Schuldener mahnen, sich mit ihnen berechnen, Geld
einnehmen oder ausgeben, sondern sich still und eingezogen halten
und kein Aergerni geben, und diejenigen Predigten, so Wir defalls
anordnen mchten, besuchen, fleiig zuhren, und den Gottesdienst
nach eines jeden Pfarrherrs Anordnung, abwarten, alles bey Straff
zehen Gulden, welche einer jede Persohn, so hierwider handeln wird,
jedesmahls ohnnachlssig zu erlegen schuldig seyn soll".

Die Landgrfin Amalie Elisabeth hatte die Bekehrung der Juden


eifrig betrieben.
Besondere Predigten wurden fr sie in den Ratshusern gehalten; die Judenpredigten des Dekans Justus Saldan vom
Jahre 1647 ^^^ spter wurden im Jahre 1650 gedruckt. Sechzehn
Juden, welche im Jahre 1649 ^"^ Vershnungstage den jdischen
Gottesdienst im

Hause

eines Rabbiners abg-ehalten

und

die auf

dem

Rathause zu Kassel angesetzte Predigt versumt hatten, wurden mit


Gefngnis bestraft, der Rabbiner ward aus dem Lande verwiesen.
Im Jahre 165 1 waren sechs Termine fr die Judenpredigten ausgeschrieben.
Dem Gesuche der Juden um Dispensation hiervon
wurde nicht entsprochen. Auch ein besonderer Judenkatechismus
wurde fr sie ausgearbeitet. Auf ihre diesbezglichen Vorstellungen

25*

FESTSCHRIFT COHEN

388

erfolgte die frstliche Resolution

Gnaden laen

vom

9.

Juni 165

1:

Ihro Frstliche

den der Juden Predigt halber gemachten anstalt auch nochmalen bey der Verordnung, da die vnter dero schtz
wesende Judenschafft den zum Truck gebrachten Catechismum zu
sich nehmen vndt lesen, lediglich bewenden.
Gleichwie es aber die
meynung jetzo dabey nicht hat, da sie deswegen eben gedachten
catechismum auwendig zu lernen vndt darber redt vndt andtwort
zugeben wieder willen gehalten sein solten, also werden Sie dieses
sich zur erluterung des obigen; dienen vnd im vbrigen obged. J. f.
Gn-verordnung gehorsamblich zu gehalten angelegen sein lassen."
Paragraphen 11
14 enthalten Bestimmungen ber die Instanzen
fr Juden als Beklagte und Klger, Paragraphen 15
17 ber ihren
Handel, Paragraph 18 Zahlung des Silbergeldes, Paragraphen 19 27
ber die Geld- und Darlehnsgeschfte, Pfnder, Anzeige gestohlener
Waren, Paragraph 28 ber Abzugsgeld und Abschiedsbrief. Die Judenordnung schliet mit dem Verbote, Geld oder Geldeswert den Beamten
zu schenken mit einer Strafandrohung fr diese, falls sie Geschenke
es ber

annehmen ahnen.

Fr die vielen vom 16., 17. und 18. Jahrhundert erlassenen Einzelverordnungen darf ich auf meine Abhandlungen das Constitutenbuch
der smtlichen hessischen Judenschaft
schrift

zum

vom

Jahre 1690"

in

der Jubel,

siebzigsten Geburtstag des Dr. Israel Hildesheimer"

Die Judenlandtage

in

Hessen-Cassel"

in

der Monatsschrift fr

schichte und Wissenschaft des Judentums" Jahrgang

und
Ge-

895 verweisen.

Un

ignoto capitolo di storia ebraica.

Umberto CASSUTO-Firenze.

Di

Finora

non era nota

l'infuori di quelli

dalla

Spagna

esistenza in Italia di

l'

che

vi giunsero,

cripto-giudei al-

altri

direttamente o indirettamente,

e dal Portogallo, e nessuna conoscenza

si

aveva, ch' io

sappia, di gruppi abbastanza considerevoli di ebrei italiani che, costretti dalla forza

servato
la

nell'

devozione

l'esistenza

ad abbracciare

il

cristianesimo, avessero poi con-

intimo del cuore e della vita familire l'attaccamento e


alla

Ora per credo

fede avita.

secolare

di

cripto-giudei

tali

numerose famiglie ebree

Italia

dell'

poter dimostrare

di

italiani,

l'esistenza

cioe

di

meridionale che lungamente vis-

sero professando in palese le forme del culto cattolico, e conservando


tuttavia nell' animo, di generazione in generazione, fedelt al giudaismo,
di cui osservavano,
i

per quanto era lor concesso dalle circostanze,

e le cerimonie nel segreto delle pareti domestiche. Resta cosi

riti

maggiormente spiegata e
lativa agli aniisini,

nel

giustificata la

come vengono chiamati

formulario liturgico degli ebrei

Riservandomi

presenza di una preghiera rein

ebraico

cripto-giudei,

italiani.'

di parlare altra volta delle

vicende secolari

di

queste

mi limiter ora a occuparmi delle circostanze


e del tempo in cui la conversione ebbe luogo.
II beato GlORDANO da
Rivalto, in una predica tenuta nella
chiesa di S. Liperata in Firenze il di 9 novembre 304, * riferisce che
forse 14 o 15 anni poco pi o poco meno prima di allora un ministro
di re Carlo [d'Angio], frate Bartolomeo, aveva esposto al re che gli

famiglie di convertiti,

ms

Ed. Bologna 1540,

i:"sv"i DN^iJvi ujj^vi

22a e 35b: D-'aimn ^iw "013X1 ^it'


ny^wn bnan i "iiays nm pn^i nenr nipon n^ncai
vol.

c.

I,

Prediche, Firenze 1831, vol.

II, p.

231.

la-'H

ms2

FESTSCHRIFT COHEN

390
ebrei di Puglia

un fanciuUo
II

re,

il

si

allo

erano

resi colpevoli di

rituale,

di ripetere e di schernire la

scopo

martirizzando

passione di Cristo.

qule non aspettava che un' occasione per liberarsi dei suoi

sudditi ebrei, fece prendere

morte e

lunga ponderazione,

gli

il

battesimo

fuggire,

in

masero pi

in

conversione

al

cristianesimo.

di pi

che ottomila, mentre

altri

era

Dopo

narrazione del predicatore.

riuscivano

non
amico

e in tutte le terre del re

tutta Puglia

Uno dei battezzati divenne frate,


uomo colto e lettore in Napoli.

giudei.

Giordano;

la

e impose

ebrei decisero di farsi cristiani, e accettarono

numero

sieche

giudei di tutta la provincia,

loro la scelta fra la

fra

omicidio

e fu

Fin

qui

ri-

di
la

Manifestamente, questa narrazione non

scopo di edificazione
cui mirava fra Giordano, ed alcuni particolari sono evidentemente
Pur tuttavia, non sembra probabile che si debba ritenere
fantastici.
non esservi ombra di vero in quanto riferisce fra Giordano. Nella
stessa predica, poco sopra, egli ricorda una terribile persecuzione
degli ebrei avvenuta quattro anni prima, o anche meno, in Alee da accettarsi

ad occhi

magna, e da alcuni

chiusi,

dato anche

particolari e dalla data

lo

da resulta senza
Rindfleisch, per quanto

che

egli

alcun dubbio trattarsi della persecuzione di


poco esattamente riferita. Nella stessa guisa parrebbe quindi doversi

racconto riferentesi agli ebrei pugliesi, ritenendolo cioe


rispondente ad alcunch^ di reale nelle sue linee generali, per quanto
alcuni dei particolari siano immaginari, altri esagerati, altri per lo
considerare

meno

il

inesatti.

questo proposito va ricordato che

!e

prediche di

Fra Giordano non furono poste per iscritto da lui, ma raccolte da


uno o pi dei suoi uditori, talche e possibile che il redattore non
abbia riferito con fedelt quanto il predicatore aveva realmente detto.
Se non che, il GDEMANN, che gi rilev la narrazione di
Giordano da Rivalto, non avendo trovato nessun' altra testimo'

questo avvenimento cosi importante per gli ebrei dell' Italia


meridionale, fu indotto a revocarne in dubbio la realta. Egli osserva

monianza

di

che mentre nessuna notizia abbiamo del fatto da altra fnte, sappiamo
sovrani della casa d' Angio tennero un' attiinvece per contro che
tudine favorevole agli ebrei: Carlo I ne fu addirittura un benevolo
fautore, e Carlo II, sotto il cui regno sarebbe avvenuto il fatto, li
prese almeno sotto la sua protezione; per di pi sappiamo, egli
i

continua, che nei secoli XIII e

'

fra

XIV

Geschichte des Erziehungswesens

Giordano

h di correggersi in 9

vi

II, p.

furono sempre ebrei in Trani

261,

dove

la

data della predica di

novembre anzieht 9 dicembre.

UN IGNOTO CAPITOLO

CASSUTO,
della

e nel resto

MANN

r asserzione di fra

39 1

Per tutte queste considerazioni,

Puglia.

non solo non

DI STORIA EBRAICA

esita a relegare senz' altro nel

Giordano che

al principio del

il

GDE-

regno delle favole


secolo

XIV non

vi

che potremmo consentire con


lui), ma si esprime altresi in modo da porre in dubbio anche la
veridicit della parte essenziale del racconto. ^
Gi altrove^ io accennai che non a ragione il GDEMANN negava 1' attendibilit di
un ebreo

pi

fosse

questa

Puglia*

in

riservandomi

notizia,

di

(nel

tornar con pi agio

come

e di esaminarlo pi minutamente,

Anzi

tutto,

si

da Rivalto non e

deve osservare che

sull'

argomento,

faccio nel presente studio.

la

testimonianza di Giordano

da potersi

completamente respingere con


tanta agevolezza. Fra
particolari che egli ci narra, se ve ne sono
alcuni indubbiamente inammissibili, ve ne sono altri che costituiscono
un tal qule suggello di autenticita. Cosi la menzione del rninistro
reale Bartolomeo (in cui sar da vedere probabilmente Bartolomeo da Capua, giureconsulto a Napoli e protonotario del regno,
morto verso il 1328); cosi indicazione della data, per quanto approssimativa; cosi il ricordo del convertito che divenne frate e lettore
Per contro,
a Napoli.
argomento allegato dal GDEMANN della
tale

1'

1'

costante presenza di ebrei in Puglia nei secoli XIII e

non

valere a infirmare se
ebrei pugliesi,

babilmente

che

infatti,

la generalit della

come abbiamo

XIV non pu

conversione di tutti

gli

gi notato, sar assai pro-

ma

non pu esser
sufficiente a far negare ogni attendibilit al fatto di una conversione
parziale, anche assai estesa.
D' altra parte, bisogna osservare che
le notizie riferentisi al secolo XIII, essendo anterior! all' epoca in
cui secondo il predicatore avrebbe avuto luogo la conversione, non
hanno alcun valore in tal senso; mentre invece nel trecento le notizie
di ebrei in Puglia vengono a scarseggiare, e ricompariscono con
maggiore abbondanza solo nel secolo XV. II GDEMANN, nell' asserire
che

un' esagerazione

Trani e negli

in

mente

ebrei,

ordinamenti

marittimi

neir

Anzi,

Un

art.

Carlo

il

le

fra

della

Giordano;

luoghi della Puglia dimorarono continua-

evidentemente

attinge

che nonostante

altri

di

citt

di

al

Beltrani, Su

Trani,

vessazioni cui furono

fatti

il

gli

antichi

quale dice appunto''^

segno verso

predicatore dice di pi: in tutta Puglia e in tutte

1'

alba del

le terre del re^.

temperato e il giudizio che della narrazione del Rivalto ^ dato


Apulia della Jew. Enc. II, p. 31 (ove per si parla erroneamente di
po' pi

anzieht di Carlo

Nel mio

p-

n-

art.

II).

su Carlo II d'Angio nella JewrejeskajaEncycl. di Pietroburgo.

FESTSCHRIFT COHEN

392

secolo XIV, essi continuarono sempre a rimanere nella citt di Trani,

ma

prove che

le

il

Beltrani adduce per dimostrare questa sua

asserzione non risalgono pi lontano

Barbiano ebbe

XIV

il

dominio

utile di

dell'

epoca

in cui

Alberico da

Trani, vale a dire fra

la

fine del

XV.' Forse il GDEMANN pensa anche


a Isaia da Trani il giovane, ma non sappiamo che questi dimorasse
proprio a Trani e la sua famiglia potrebbe essere una di quelle
secolo

il

principio del

Per mostrare invece come scarseggino

fuggite.

cipio del trecento, ricorder

che

nell'

notizie al prin-

le

elenco delle quote imposte

alle

una contribuzione del 1320, gli ebrei sono


nominati soltanto, per ci che concerne la Puglia, a proposito di
Otranto e di Taranto, mentre si tace di loro a proposito di Lecce,
di Bari, di Trani, e di tutti gli altri luoghi della Puglia.^
Di pi,
come argomento atto a mostrare che la dimora degli ebrei a Trani
non fu ininterrotta, potrebbe forse valere 1' espressione di un documento che concerne diritti spettanti all' arcivesccvo suUa giudecca
di Trani, e che ricorda che 1' arcivescovo dictas .... iurisdictiones
varie citt

del regno in

et

potestates

eosdem Judeos

exercuit in

quotiens fuerunt Judei in

Trano".3

Non
di
d'

argomento

e neppure

sufficiente per respingere la narrazione

Giordano, ne in tutto

fra

Angi verso

gli

ebrei.

esatto,

benevolenza dei

quello della

Dell' attitudine di questa famiglia

sovrana

non abbiamo che poche notizie staccate,


e del resto anche quel poco che sappiamo ci attesta come uno stesso
verso

suoi sudditi ebrei

sovrano

guardo

si

mostrasse ora mite e toUerante, ora severe e ingiusto

agli ebrei,

ovvero fosse benevolo verso

gli

ebrei di

ri-

una pro-

mal disposto verso quelli di un' altra provincia, indotto volta


a volta da special! motivi del momento. Certo e che Carlo I d' Angi,

vincia e

Un

po' pi addietro ci riporterebbe quel che dice

in Buonarroti, 1876, p. 177

gi abbastanza lontana

178,

dove sembrerebbe che nel

da quella a

il

Beltrani

1377,

cui ci riporta la notizia di

stesso

epoca del resto

fra GiordanO,

cittadini tranesi si lamentassero che per le vessazioni dell' arcivescovo non solo
non venivano pi ad abitare la citt nuovi ebrei, come per l'addietro, ma che
anche quelli che gi vi si trovavano se ne partivano. Per, come mostra l'esame
del documento relative, pubblicato dallo stesso BELTRANI nella sua opera Cesare
Lambertini e la societ familire in Puglia durante 1 secoL XV e XVI, vol I,
parte prima, Trani 1884, p. 128, non si tratta di ebrei, ma di neofiti.
^ MiNiERl-RiCCiO, Notizie storiche tratte da 62 registri angioini, Napoli
i

^^77, P3

195196.

Beltrani,

in

Buonarroti,

1876,

societ familire in Puglia etc., p. 301.

p.

184;

id.,

Cesare Lambertini e la

UN IGNOTO CAPITOLO

CASSUTO,

per quanto

soggetti

confermano

ci

in

il

sua dominazione, e anche

alla

notizie venute in luce posteriormente


egli trascura,

393

e dato sapere, fu assai favorevole e toUerante verso

ci

dei varii paesi

ebrei

gli

EBRAICA

DI STORIA

opera del

all'

le

GDEMANN, o che

Per cio che concerne

suo giudizio.

vediamo che nel 1269 egli scrive al baiulo


locale ordinandogli di non permettere che gli ebrei siano maltrattatati dai crociati'; poco dopo, con una lettera del 15 febbraio 1271
e un' ordinanza del 3 marzo successivo, proibisce le vessazioni cui
gli ebrei erano fatti segno da parte dei baiuli, istigati dai commercianti angioini concorrenti degli ebrei; e due anni pi tardi, nel
1273, interviene ancora una volta in favore degli ebrei ingiustamente
Nella sua qualit di senatore romano,
trattati dai baiuli angioini.*
emise il 6 aprile 1271 un decreto diretto al suo vicario e a tutti
diritti di cui
funzionari con cui ordinava loro di vegliare a che
gi godevano gli ebrei romani non venissero menomati.^ Poco dopo,
ebrei dell' Anjou, noi

gli

nel 1273, prese le difese degli ebrei di Trani


i

procedimenti arbitrari

e di privati.

ebrei.

in

qualit di

da

Girgenti,

vessazioni che

alle

tutto

ci

di

cui

a cui

la

si

medico,

suo

si

le

I'

imposizioni e

prepotenze di funzionari

inquisizione esercitava contro

aggiunga che

il

titolo

arabo

dall'

principale e

egli

aveva

sua corte,

alla

ebreo Farag (Farragut) ben Schalem

1'

dava

incarico di Carlo tradusse


fiche,

arcivescovo e

le

In Provenza, con un editto del 26 marzo 1276, volle

'*

porre un termine
gli

dell'

contro

1'

di

fedele

in latino

Al-Hawi

del

re",

e che per

parecchie opere scienti-

di Razi,

allo

stesso

modo

che pure per desiderio di Carlo un altro medico ebreo, Moise da


Palermo, anch' egli detto fedele del re, traduceva in latino il
trattato De curationibus infirmitatum equorum" attribuito ad IppoTuttavia, e da rilevare per contro che Carlo I presto facile

crate.^

'

Beltrani,

Sugli

antichi

ordinam. marittimi, docum. XVI,

p.

XXIX-

(26 febbraio 1269).

Revue des e'tudesjuives (REJ.), XXIX, p. 235 segg.; il documento de! 1273 e
pubblicato presse Del Giudice, Codice diplomatico del regno di Carlo I e II
d'Angi, III, p. 200 n. i. Vedi nel seguito della stessa nota un'altra disposizione
*

di

Carlo
3

4
5

a favore degli ebrei d'Angi, in data 24 agosto 1275.

VOGELSTEiN-RlEGER, Geschichte der Juden in Rom I, p. 244.


Del Giudice, op. cit. I, p. 314, n. i.
Gross, in Monatsschrift 1878, p. 155 156; Gallia judaica p. 46.
Per questi traduttori, v. STEINSCHNEIDER, Hebr. bers., p. 723, 974, 985.
titolo di "fedele del re a Moise da Palermo, v. MiNlERl-RiCCiO, Alcuni

Per

il

fatti

riguardanti Carlo

p. 172 n.

d'Angi,

In quest' ultimo luogo

Napoh
si

1874, P- 109, e

Del Giudice,

op.

cit. III,

pubblica anche un documento concernente

FESTSCHRIFT COHEN

394

un ebreo rinnegato, Manuforte, il qule,


dopo essere stato giudice e maestro della comunit degli ebrei di
Napoli, abbracci il cristianesimo ed entro poi egli pure nel novero
Questo apostata riusci a persuadere il re che
dei fedeli del re,
nei libri talmudici e liturgici degli ebrei si contenevano bestemmie
esecrande contro Gesu e la Madonna; e in conseguenza di ci, il di
8 maggio 1270, Carlo I, analogamente a quanto era stato fatto in
orecchio

calunnie

alle

Francia

trent' anni

Donin,

ordin

di

prima per
tutti

le

calunnie d'un altro apostata, Nicolas

regno

del

giustizieri

che a richiesta

di

Manuforte e col consiglio del priore dell' ordine dei predicatori,


o del guardiano dell' ordine dei minori, o del prelato del luogo, eseguissero delle perquisizioni nelle case degli ebrei, e se vi trovassero
alcuni dei

messi

di

con

cui

noi

noti

libri

incriminati

fedeli,

alla regia

Carlo

sequestrassero e

li

inviassero, per

Eccezion fatta per della

camera.^

accuse

dette ascolto alle

questo sovrano sono

di

li

di

facilit

Manuforte,^ gU

da mostrarci che

tali

in

mezzo
atti

generale

non solo toUerante, ma addirittura favorevole, e qualche volta


Se non che la datazione fornianche amichevole verso gli ebrei.
Giordano da Rivalto, cioe quattordici o quindici anni
taci da
egli fu

prima della sua predica, tenuta nel 1304, ci riporta al 1289 90, e
in quest' epoca non regnava pi Carlo I, ma suo figlio, Carlo II
Ebbene, di lui
detto lo Zoppo, che successe al padre nel 1285.
abbiamo varie notizie che ce lo mostrano tutt' altro che benevolo
agli ebrei.

ma

non

II

Gdemann

riferisce la fnte

dice che egli

da

la

sua protezione,

cui trae questa asserzione.

Senza dubbio

li

prese sotto

Beltrani, che usa appunto la stessa espressione a propouna disposizione contenuta nei capitoli di Carlo II; ^ ma il

attinge al
di

sito

Farag, che e detto in esso

familire

del re.

raccolto dalle opere del Minieri-Riccio,

v.

neir Italia merid., in Vessillo israelitico, 191

nel

1,

Altre notizie su Farag, che

mio

art.

ho

Sulla storia degli ebrei

p. 341.

MiNiERl-RiCCiO, Alcuni fatti etc., p. 116 117. II docum. e pubblicato da


Del Giudice, op. cit. III, p. 200 segg. Per Manuforte v. anche Del Giudice,
Talmuct (=niD'jn), Cairbott
I libri incriminati sono:
vol. I, pag. 314 segg.
(cosi ha MiNiERi-RicciO; Del Giudice ha Carrboct; evidentemente nuiip,
nel senso molto ampio di ogni poesia liturgica, equivalente quasi a Machzor; cfr.
^

LOEB

REJ. II, p. 249250), e Sedur (= ino).


Un'altra occasione in cui egU cedh alle accuse di questo ebreo convertito
presso Minieri-Riccio, Brevi notizie intomo all' archivio angioino di Napoli,
in

V.

Napoli 1862,
3

p. 89.

In Capitula regni utriusque Siciliae, Napoli 1773, p. 47,

Sugli ant. ord. mar. p. 76;

Ersch

u.

Gruber, Enc,

cfr.

anche Cassel,

art.

cit.

da Beltrani,
estr. da

Juden, Geschichte,

p. 145 b.

t.

UN IGNOTO CAPITOLO

CASSUTO,

Beltrani

nota

stesso

che

1'

DI STORIA EBRAICA

attitudine

Carlo

di

II

verso

395
gli

ebrei

non e in generale cosi favorevole.


E all' opinione del Beltrani
non possiamo che assentire. E vero che e da notarsi la benevola
disposizione gi ricordata; e vero che nel 1292 Carlo 11 ordino alle
autorit della Provenza di non consegnare gli ebrei all' inquisizione
se non nei casi in cui sicuraniente dovessero essere da essa giudicati
a tenore delle disposizioni pontificie;^ e vero che allorquando nel
1306 gli ebrei furono espulsi dalla Francia, e quelli della Linguadoca
cercarono rifugio in Provenza, Carlo II ve li riceve con viva benevolenza, specialmente in Tarascona* (forse nella speranza che nuovi
venuti arrecassero incremento ai commerci e alle finanze del paese);
pero sappiamo per contro che nel 1288 egli espelleva gli ebrei del
Maine e dell' Anjou,j eccezion fatta per quelli che abbracciassero
il
cristianesimo;'* che nel 1294 pubblicava delle costituzioni per gli
ebrei di Provenza, contenenti disposizioni enormemente restrittive, s
e che nel 1308, dietro
reclami degli abitanti di Tarascona, ordinava
che per
avvenire non fossero affidate pubbliche funzioni ad ebrei,
e che quelli che gi le coprivano dovessero abbandonarle ed esser
sostituiti da cristiani.^
Nulla ci vieta quindi di ritener possibile che
chi nel 1288 espelleva gli ebrei dal Maine e dall' Anjou ove non
volessero accettare il battesimo, potesse un anno o due dopo imporre
agli ebrei di Puglia con la violenza la conversione al cristianesimo.
Si ricordi anche che Carlo II e quegli che nel 1300 impose ai musulmani di Lucera, in Puglia, di convertirsi al cristianesimo, e fece
i

1'

passare a
la

fil

di

spada

fede dei padri.

2
3

Del Giudice,
REJ. XXXIX,
REJ. XVII,

che rifiutarono

quelli di loro

di

abbandonare

op.

cit.

345

n.

203

III, p.

n.

p. 97.

p. 213;

1288, ^ pubblicata in

II, p.

XXIX,

REJ. XVII,

Sappiamo che

p.

p.

238; l'ordinanza relativa, datata 8 dicembre

225226.

emano severissime disposizioni


contro quegli ebrei del Maine e dell 'Anjou che dopo aver accettato il battesimo
erano tomati alla fede ebraica; il docum. relative e pubblicato da Del Giudice,
*

op.

cit.

Si riferir certamente a coloro

che due anni prima forzacristianesimo per evitare l'espulsione.


Gross, Monatsschrift, 1878, p. 157; REJ. XXIX, p. 238239 (dove la data
II, p.

345

n.

I.

lamente abbracciarono
s

25 agosto 1290 Carlo II

il

il

h 1297).

REJ. XXXIX, p. 9798.


Un' ampia ed esauriente monografia
intitolata: La colonia saracena di Lucera e
6
7

corso di pubblicazione

in

Arch. Str, per

Egidi su questo argomento,


sua distruzione, e attualmente in
province napolitane; gi^ ne h

di P,
la
le

FESTSCHRIFT COHEN

396

Ma

avvenimento sia
ha ancora di pi. Non e esatto che
ricordato solo da Giordano da Rivalto; io credo di averne trovato
notizia, per quanto in forma alquanto alterata e inesatta, anche
presso

1'

vi

cronisti ebrei.

SalOMONE Usque,

no.

al

del terzo dialogo della sua Conso-

1 1

lagam as tribulagoes de Ysrael'"

riferisce

dagli

sventure patite

le

ebrei delle citt di Napoles e Trana e di altre localit del regno

Vi erano

di Napoli.
il

loro

il

re

numero

e per la loro ricchezza,

impegnato

trovandosi una volta

quali,

e in procinto di

una guerra lunga e pericolosa,

in

mancanza

esser sopraffatto per la


tutti

racconta, ebrei prosperosi per

nel regno, egli

posero a sua disposizione

di mezzi,

talche egli pote continuare con onore la guerra e

loro beni,

in poi

Grato dell' aiuto ricevuto, il re d' allora


uscime vittorioso.
si mostro costantemente benevolo agli ebrei, concedendo loro
favori e ponendoli

superbirono per
obliando

di

pari

alla

la grazia

porre

dei

nobili

sovrana, e

la loro fiducia in

si

regno, talche essi

del

credettero per sempre

Dio.

infiniti

Di

continua

ci,

s'

in-

sicuri,

USQUE,

1'

non tardarono ad esser puniti. Venuto il re in punto di morte,


raccomand al figlio che ricompensasse gli ebrei dei servigi resi allo
II nuovo sovrano, persuaso dai ministri che la miglior rimunestato.
gli

chiam a

se

ebrei al cristianesimo,

razione sarebbe stata quella di convertire


salvandoli cosi dalla dannazione,

espresse loro

Nondichiarassero che non era questa una ricompensa da


suo desiderio

il

ostante che essi

e che

loro desiderata,
di

talche

ebrei

chiesero

consultati

fra

sarebbero

fatti cristiani

coi

tarsi

loro,

grandi

essi

del

a questa condizione,
il

re

di

di ci,

del
si

re potesse lor fare

sua volont;

egli persiste nella

tempo per

presentarono

Dopo

riflettere.

alla loro aspettativa,

XXXVI

nettamente

il

essersi

dichiarando che

re

al

qualora egli avesse lor concesso

essi ricusarono

vol.

il

modo.

tal

in

pi gran favore che

fece bandire in

apparsa unaparte nel

compensarli

regno, nella speranza che

quando, contrariamente
Adirato,

il

non parlar pi

era quello
gli

capi degli ebrei, ed

il

d'

imparen-

re rifiutasse;

ma

sovrano aderi anche

di accettare

il

battesimo.

tutto lo stato che a partire dal

(1911), p. 597 segg.,

si

enel

vol.

XXXVII

mo-

(1912),

p. 71 segg.

un esemplare dell' opera delr Usque, ho pregato l'Eccmo Sig. D. Camerini rabbino di Parma di copiarmi
dair esemplare della Biblioteca Palatina della sua citt il passo che qui c'interessa; e gli esprimo qui i pi vivi ringraziamenti per la cortesia con cui ha aderito
^

alla

Non essendomi

mia preghiera.

riuscito di trovare a Firenze

CASSUTO,

UN IGNOTO CAPITOLO

mento

del bando, nel

ardere

tutti gli

uccisi.

EBRAICA

DI STORIA

tempo necessario perche una

39/

torcia

ebrei dovessero battezzarsi; altrimenti sarebbero stati

miseri ebrei

non ebbero

la forza di opporsi, e, vinti dal

imposta, eccettuati

che seppero resistere con vigorosa

alcuni

costanza e che furono passati a

fil

spada.

di

matrimoni coi grandi del regno, come

grande sinagoga

re

il

Napoli fu convertita

di

timore

che veniva

della morte, abiurarono la loro fede e accettarono quella

loro

finisse di

convertiti contrassero

aveva promesso, e

la

una chiesa dedicata a

in

Santa Caterina.
Fin qui

il

racconto

Joseph ha-Kohen, ^

dell'

USQUE, da

cui riporta

il

fatto tal qule

quasi traducendo punto per punto la sua fnte,


E' solo da rilevarsi che

e solo abbreviandola un poco.

Joseph Ha-

non menziona la citt di Trani, ma parla solo


del regno di Napoli, e non dice in qule citt si trovasse
che divenne poi la chiesa di Santa Caterina.*

KOHEN

vale a

episodio essa

si

la

sinagoga

USQUE e 5000 dell' era


Non e detto per a qule
dire
1240 dell' e. v,
riferisca; JOSEPH HA-KoHEN la riferisce alla guerra

La data posta
ebraica,

in generale

racconto

in testa al

dell'

il

il

sostenuta dal primo dei due re, talche la conversione verrebbe ad


essere parecchio posteriore.

Un

ebreo presso cui troviamo una narrazione che,

altro cronista

per quanto

in

forma assai diversa da quella

HA-KoHEN, pure deve riferirsi,


e Shelomo ibn Verga. Cosi
da

cui

traduco

espulsione

(su

questa

Jehuda,

se
egli

non

dell'

USQUE

erro, allo stesso

racconta

al no.

letteralmente:^

Neil'

data ritorneremo

pi

comunit, Napoles e Trana, furono costrette

JOSEPH
awenimento,
e di

19 del suo Shebet


della predetta

anno
avanti)

due grandi

ad abiurare

la fede,

maggior parte di loro abiur. La causa di questa persecuzione


non 1' ho trovata, ma cosi ho udito raccontare dai vecchi: che un
prete ebbe una questione con un ebreo nella citt di Trana, e cerc
la

50 51;

33n

poj?,

Una

Variante puramente formale fra

i^ ed., p.

2* ed., p.

6465.
1'

UsQUE

il

Kohen

che que-

che ardendo doveva segnare il limite di tempo


concesso per la conversione, ha stranamente riBJsn, 'ara o iurbante. J. S6e,
nelle note alla sua traduzione francese di Joseph ha-Kohen (La Vallee des Pleurs,
Paris 1881, p. 229), osserva che si tratter di un errore di traduzione, per il qule
il cronista avr scambiato il
tocha della sua fnte (Usque) con tocho (cfr. anche
st' ultimo,

in

luogo della

forct'a

LOEB, REJ. XVI, p. 218); ma io ho trovato in un ms. del 33n


al Collegio Rabbinico ItaHano, proprio la lezione npnx, torcia.
3

ed.

Wiener,

p. 43.

pDj?

appartenente

FESTSCHRIFT COHEN

398
di

suscitare

contro

ira

quanti

tutti

e pose la croce di

ebrei],

[gli

Ges nelle immondizie di un ebreo, e al mattino disse di aver visto


in sogno come gli ebrei avessero posto la croce nelle immondizie.
Tosto uscirono molti
[la

croce]

popolo
gli

empi

ma

ebrei,

d' ira, e

AUora

ebreo, nelle immondizie.

cerco di stendere

udendo

giudici,

per ricercare e investigare, e fu trovata

uomo

casa di un

in

si

cristiani

la

mano

sua

contro

levarono per salvare

ci, si

il

il

tutti

popolo

poiche sospettavano che tutto cio provenisse dal prete.


Per, quando videro i giudici che non avevano forza per opporsi,
perche il popolo era grande assai, consigliarono agli ebrei di abiurare
[degli ebrei],

la

fede per salvarsi, poiche non vi

maggior parte
cristiani

paese,

gli

uomini

levarono quelli che dettero fede

al

di

ma

a Napoles,

fuggirono

ebrei

inseguirono, e anche tra

li

si

Alcuni

abiur.

era per loro altro rimedio, e la


i

Napoles, abitanti del

racconto, contro

gli

ebrei

abitanti nella citt di Napoles, affinche consegnassero gli ebrei fuggiti;

se no

avrebbero uccisi

li

Gli uni e gli altri

tutti.

si

videro in pericolo

eccezion fatta per pochi uomini ragguardevoli che

terribile,

erano

si

nascosti nelle case dei nobili; alcuni furono costretti a convertirsi, e


il

dei

resto

nascosti,

quando

cristiani

si

furono

ebbero

calmati,

tuttora paura e fuggirono per andare in paesi lontani.

vi

erano

Napoles uomini considerevoli assai per la loro


sapienza, e specialmente oratori e poeti, e non si trovavano uguali
a loro nel mondo eccetto che fra gli uomini di Provenza, i quali

in

Trana e Bara

furono

in

superiori

cio

tutte

le

tempo, venne a conoscenza del re che


re

ordin

il

del

prete aveva mentito, e

il

impiccarlo: se non che, per riguardo alla sua qualit

d'

di sacerdote

Dopo

famiglie degli ebrei.

il

popolo

si

oppose, e

il

che

re dette ordine

egli fosse

esiliato in isole lontane.

Ora, se noi esaminiamo queste due relazioni,

dell'

USQUE

e del

Shebet Jehuda (quella di Joseph ha-Kohen possiamo lasciarla da


parte, non essendo che una derivazione diretta della prima), vi
riscontreremo uguali i tratti essenziali dell' avvenimento culminante.
In seguito ad una causa che e diversa nelle due narrazioni, gli ebrei
di Napoli e di Trani vengono costretti a scegliere fra la conversione
al

cristianesimo o la morte;

conversione.
degli

ebrei

sovrano,

E
di

maggior parte

di

loro sceglie la

DA Rivalto

appunto quel che racconta GlORDANO


tutta

la

che considera

vorrebbe imporre
di

e la

Puglia.
la

Neil'

USQUE

conversione

agli ebrei riluttanti; nel

morte parte dal furore del popolo,

la

come un

coazione parte dal


beneficio che egli

Shebet Jehuda
e

le autorit

la

minaccia

consigliano la

CASSUTO,

UN IGNOTO CAPITOLO

conversione

come

Napoli e

Trani soltanto,

DI STORIA EBRAICA

399

unica via di scampo.

Vi sono poi nei particolari di questa conversione varie altre divergenze fra le due relazioni
dei cronisti ebrei.
L' USQUE, dopo aver parlato da principio di
di

1'

alla fine del

riferisce

si

suo racconto a

mentre presso IBN Verga il teatro principale dell'avvenimento sarebbe Trani (e forse tutta la Puglia, come appare dalla
menzione di Bari che si trova alla fine), e a Napoli non si avrebbe
che un' azione riflessa. L' accenno alla effettiva esecuzione della
minaccia di morte nella persona di quegli ebrei che rifiutarono di
tutto

regno,

il

trova

convertirsi,

si

per

parla

contro

USQUE non

ha.

nell'

della

USQUE, ma manca
fuga

alcuni

di

ebrei

Ambedue questi punti si


Giordano da Rivalto.

nel Shebet,
in

il

qule

paesi lontani,

trovano invece,

che

come

abbiamo veduto, in
L' Usque ha ancora
in pi la menzione della sinagoga convertita in chiesa, e il Shebet
a sua volta contiene in pi
accenno al rifugio di alcuni ragguar1'

ebrei presso

devoli

notabili cristiani,

cosa che, se

si

spiega ove

si

popolare, non

sarebbe invece molto giustificata nel


caso della presunta ricompensa da parte del sovrano. II punto dove
si ha gran
divergenza fra le due relazioni dei cronisti e precisa-

tratti

di

furor

mente questo della causale della conversione. L' USQUE ha, come
abbiamo veduto, una lunga narrazione di benefici arrecati dagli ebrei
a un re e della ricompensa che il figlio e successore di questo, per
ordine

paterno,

vorrebbe dare

agli

ebrei mediante la conversione;

ha evidentemente un carattere leggendario e probabilmente


origine tarda.
Pi verisimile, almeno nelle sue linee generali,

tutto ci

di

causale ricordata dal Shebet,

la

ed e degno

osservazione che
che ricordano assai da vicino quel che narra
Giordano da Rivalto. Questi parla del martirio di un fanciuUo,
che gli ebrei avrebbero eseguito in dispregio di Cristo e in rinnovazione del martirio di lui e che un pio frate avrebbe rivelato al re;

ha

essa

alcuni

cronista

di

tratti

ebreo

un' accusa che un sacerdote cristiano


avrebbe falsamente avanzata contro gli ebrei, di atti di sacrilegio
commessi sulla croce di Cristo si tratta evidentemente di due cose
molto simili, guardate da due diversi punti di vista. Si noti altresi
che r ecclesiastico da cui parte
accusa e ministro del re secondo
il

riferisce

1'

Giordano da Rivalto,
il

consiglio di

nistri

promuovere

si

confronti quanto narra

la

1'

Usque, che

conversione dagli ebrei parti dai mi-

e consiglieri del sovrano.

Da
zioni,

questo confronto che siamo venuti facendo fra le varie relasembra potersi concludere che 1' USQUE e 1' ihn Verga attingono

FESTSCHRIFT COHEN

400

mune, come
di

ultima analisi ad alcunche di co-

diverse, risalenti pero in

a fonti

ambedue

Trana.

ci

mostra

la

le relazioni,

La

menzione
e in

di

Napoli e

ambedue

di

Trani

al

principio

sotto la forma Napoles e

fnte diretta della narrazione

dell'

USQUE sembra

essere

abbastanza tarda, e aver subito modificazioni e trasformazioni attraverso la fantasia popolare, pur contenendo tuttora alcuni particolari

da dimostrare un certo carattere di


In questo novero e da porsi la menzione della sinagoga
autenticit.
maggiore di Napoli, che sarebbe stata convertita nella chiesa di

minutamente

cosi

circostanziati

Santa Caterina; infatti, vedremo pi avanti come questa particolarit


riceva una luminosa conferma da altra fnte. Anche per le sinagoghe
di Trani, come vedremo, e indubbiamente provata la conversione
in chiese cristiane.

Shelomo

IBN

Verga

poi,

o forse gi

la fnte

aveva davanti a se due sorta d' informazioni una


tradizione scritta, che menzionava la conversione degli ebrei di Napoli
e di Trani senza riferirne la causa (e che e forse quella che ha qualche
cui

egli

attinge,

remoto legame di parentela con la fnte dell' USQUE), e una tradizione orale, che ricordava la causa che occasion la conversione, e
La originaria
che ha fondamentalmente caratteri di verisimiglianza.

comune

fnte

cui risalirebbero

per lontana derivazione

deir

USQUE

e la tradizione scritta di IBN

pari

che

forma

la

pi

Verga doveva

il

racconto

essere, del

antica e genuina della tradizione orale rac-

da quest' ultimo scrittore, assai simile alla relazione di GlORDANO DA RiVALTO.


Per ci che concerne la data dell' avvenimento riferito dai cronisti, abbiamo gi veduto come la datazione dell' USQUE sia incerta,
e debba probabilmente intendersi come riferente il fatto a qualche
tempo, forse qualche decennio, dopo il 1240, se pure la data dell'anno 50QO non e da ritenersi come una cifra tonda e approssimativa.
Shebet Jehuda poi, come pure abbiamo gi veduto, comincia
II
suo racconto con le parole: nell' anno della predetta espulsione.
il
Ora, nel numero precedente (no. 18) e narrata 1' espulsione degli
ebrei dall' Inghilterra, che vien riportata al 5020 dell' era ebraica,
colta

pari al 1260 dell' era volgare;

ma

in realt

l'espulsione dall' Inghil-

ebbe luogo nel 1290 (5050 dell' era ebraica).


L' errore dipender dal fatto che IBN Verga (o forse gi la sua
fnte), ha scambiato una i (50) con una 3 (20).' Se adunque, come
e probabile, la relazione scritta del nostro avvenimento fu trovata da

terra,

come

LOEB,

e noto,

in

REJ. XVI,

p. 218.

UN IGNOTO CAPITOLO

CASSUTO,

IBN

Verga

tratto

il

asseriva

gi

espulsione degli ebrei

dell'

essere

4OI

sua fnte diretta nella stessa cronaca da cui e

o dalla

ricordo

DI STORIA EBRAICA

avvenuta

conversione degli ebrei

la

e questa

dall' Inghilterra,

dell'

Italia

meridionale nello stesso anno in cui ebbe luogo quella espulsione, la

data della conversione

si

Siamo
da GlORDANO DA Rivalto.

ridurrebbe in ultima analisi

1290.

al

epoca indicata
Per tutto ci non mi sembra azzardato affermare che le relazioni
di GlORDANO DA RiVALTO, di SaLOMONE USQUE e di IBN VeRGA
si riferiscono tutte e tre a un solo e medesimo avvenimento, avente
una realt storica obiettiva. Di questo avvenimento non possiamo
precisare i particolari, ma quello che sembra potersi ritenere stabilito
si e che verso il 1290/ per una ragione non ben definita, ma molto
cosi condotti proprio

probabilmente per

1'

all'

accusa

volont del sovrano,

con minacce
molti

di

di

essi,

di oltraggi alla religione cristiana e

agli ebrei di

per

Trani e del resto della Puglia fu

morte imposto di abbracciare


non trovando nel loro animo

il

la

cristianesimo, e

forza

di

che

resistere,

avveniabbandonarono la fede degli avi per quella dominante;


mento ebbe inoltre delle gravi ripercussioni anche a Napoli.
1'

Tuttavia,

potrebbero restare

ancora dei dubbi suUa realta di

questo avvenimento, se non ne avessimo alcuna conferma nei docu-

ma

anche
documenti ci porgono la conferma della conversione di numerosi
Vero e che fra
ebrei pugliesi al cristianesimo verso 1' anno 1290.

menti, la pi attendibile fra

le

fonti storiche;

cosi

non

e:

documenti

che

fino

relativi

al

ad ora sono

regno

di

Napoli e specialmente

stati pubblicati, in

ve ne ha alcuno, per quanto

sia

numero

alla

Puglia

assai rilevante,

a mia conoscenza, che

si

non

riferisca

direttamente a questa conversione; pur tuttavia, possiamo trovare in


essi delle notizie che,

per quanto indirette, non sono

anzi tutto voglio qui ricordare

tolare di Lucera,

un documento

recentemente pubblicato, sotto

dell'
il

meno

preziose.

Archivio capi-

titolo inesatto di

Lucera nel 1454, e con poche parole d' introLoNARDO,^ il qule per non pens a metterlo in

<Un' abiura di ebrei a

duzione,

da

P.

Se presse Del Giudice, op. cit., I, p. 314, n., troviamo ricordato un


diploma del 19 settembre 1291 col qule Roberto conte d'Artois ordina al secreto
di Puglia di pagare la pensione a Gualtiero di Villano dal denaro che si riscuoter per il tributo degli ebrei di Trani, dal che resulterebbe che a Trani si
trovava ancora nel 1291 una comunit ebraica, si tralter evidentemente di un
errore di data, perch^ Roberto II d'Artois fu reggente del regno di Sicilia solo
^

fino al 1289.
'

In Studi Storici, vol.

XVI,

p. 581 segg.

26

402

FESTSCHRIFT COHEN

relazione coi dati forniti

da GlORDANO DA RiVALTO e dai

ne sembra averne apprezzato

ebrei,

neppure averne penetrato


porta

ora e

alcuni

solo

abitanti

di

della

il

notevolissima importanza e

preciso significato.

che

rilevare
citt

la

in

cronisti

Ma

quel che

questo documento

si

Lucera (in Puglia) e di altre


Farum, quorum antecessores

di

im-

c'

parla di
localit

(cosi si
reame di Sicilia citra
esprime una bolla di papa Nicolo V in esso riportata, e datata
quartodecimo kl. Octobris dell' anno 1453) fuerunt judei quique pro
maiori parte iam sunt anni elapsi centum quinquaginta quod magis
coacte quam voluntarie effecti fuerunt xristiani." Vediamo adunque
cristiani d' origine ebraica che si trovavano in varie citt del
che
reame (e nominatamente a Lucera, in Puglia) nel 1453, discendevano
per la maggior parte da ebrei convertiti al cristianesimo piuttosto
per forza che per spontanea volont, centocinquant' anni prima. Se
dal 1453 scendiamo a ritroso nel corso dei secoli per centocinquanGiordano da
t'anni, arriviamo vicinissimi all' epoca indicata da

del

Rivalto

probabilmente confermata

dai

cronisti

ebrei;

ove

si

che manifestamente centocinquanta e un numero tondo

consideri

e quindi approssimativo,

potremo legittimamente trascurare

la diffe-

renza di pochi anni.

conferma indiretta
abbiamo nel fatto storicamente
accertato, grazie a documenti e ad altre testimonianze inoppugnabili,
della conversione in chiese cristiane delle sinagoghe di Trani, e del

Un'

altra

passaggio
II

1'

un monastero del cimitero ebraico

della

stessa

citt.

luogo che aveva servito come cimitero agli ebrei di Trani venne

verso

1302 donato

il

stessa

guisa

don

Pio

ai

come due
alle

frati

dell'

secoli

ordine di

San Domenico,*

nella

mezzo pi

tardi,

nel 1569,

papa

suore di San Pietro Martire in Bologna

il

cimitero

da lui espulsi.^ Che le sinagoghe di Trani, analogamente a quanto avvenne di quelle degli ebrei di Francia espulsi
nel 1182,* e della moschea dei saraceni di Lucera dopo la loro
degli ebrei bolognesi

\
'

ibid., p. 584.

Beltrani, Sugli

antichi ordinamenti marittimi, p. 76 e p. VI,

docum. V. La

murorum

dicte civitatis

ooncessione parla di cuiusdam terre vacue


[Trani] in

qua

eiusdem.

II

site iuxta

actenus cimiterium seu locus sepulture Judeorum civitatis


documento e conservato da un registro del 1302; sar quindi di
fuit

questo stesso anno o di un anno ad esso prossimo.


3 Stern, Urkundliche Beitrge ber die Stellung der Ppste zu den Juden,
p.

146 No. 136.

LOEB, Bulles inedites des papes, in REJ.


d'actes relatifs aux juifs, in REJ. III, p. 211.
4

I,

p. 117;

Robert, Catalogue

CASSUTO, UN IGNOTO CAPITOLO DI STORIA EBRAICA


forzata conversione nel

nando,

300,

'

fossero trasformate in chiese cristiane,

Cesare Lambertini

assicura

ci

primo del suo

nel libro

che mentre

vescovo

tranese,

De

trattato

questo

egli scriveva

4O3

di Isola,

accen-

jure patronatus

(c. 56),

ossia fra

1514 e il 1523, si
trovavano in Trani le chiese di S. Leonardo abbate, dei SS. Quirico
e Giovita, di S. Pietro Martire, e di S. Maria di Scola Nova, che
libro,

erano originariamente altrettante sinagoghe.^

formazione delle sinagoghe


Carlo

di

III,

che

il

Egli fa risalire la tras-

a trecento anni prima,

in chiese

un errore

il

cronologico

manifesto,

tempo
avendo

al

ma

non basta a infirmare


lattendibilit della notizia di tale trasformazione.
Questa del resto
e attestata, almeno per una delle chiese sunnominate, anche da un
documento datato, che ci mostra dovere essa essere anteriore al
1382, nel qule anno l'arcivescovo tranese Antonio concedeva all'
abate Angelo di Francullo la rettoria della chiesa di S. Maria Nova
(evidentemente la Santa Maria di Scola Nova del Lambertini),
Giudecca di Tram.^
sita nella
In un' altra
di queste chiese,
Carlo

III

regnato

quella

dei

SS. Quirico e Giovita, oggi chiesa

tuttora

1382

dal

un' iscrizione

ebraica

1386,

al

sinagoghe

il

1382, e

in

commemora

che ne

Anna,

si

l'erezione

trova
e

la

anno 1247.4 La conversione


chiese deve quindi esser compresa fra il 1247 e

destinazione a sinagoga, avvenuta


delle

di S.

non andremo

nell'

lontani dal vero se col

Beltranis

la riferiremo

epoca stessa in cui fu donato ai frati il cimitero degli ebrei, e


che e appunto
epoca immediatamente successiva a quella a cui
abbiamo riportato la conversione forzata degli ebrei pugliesi al cristiaall'

1'

nesimo.

Notevolissima e poi

cristiana

riguardo

all'

origine

la

testimonianza che abbiamo da fnte

ebraica della chiesa napolitana di S.

Caterina, esplicitamente menzionata da

Salomone Usque, come

gi

abbiamo veduto. Nella Descrittione de luoghi sacri della citt di


Napoli con li fondatori di essi, di PiETRO DE STEFANO, Napoli
176a, leggiamo: Santa Catherina e una chiesa
1560, a c. 175b
antica nominata santa Catherina dela Giudeca, situata appresso al
i

seggio di Porta Nova, et

si

dice che

si

nomina santa Catherina dela

RivoiRE, in Rassegna Pugliese, 1901, p. 183.


Bextrani, Sugli antichi ordinamenti, p. 76.

dovr forse

L'espressione Scola

Nova

uso ebraico di indicare la sinagoga col nome di scola.


1876, p. 170 e n. 2; e in Cesare Lambertini e la
societ familire in Puglia, vol. I, parte prima, no. XLII, p. 178
179.
si

idem,

all'

in

Buonarroti,

ASCOLI,
^

Iscrizioni inedite

o mal note

etc., p.

316 segg.

Sugli antichi ordinamenti, p. 76.

26*

FESTSCHRIFT COHEN

404

Giudeca, a causa che fu edificata da

certi Giudei,

che

si

fero Christia-

Noi troviamo qui registrata una tradizione conservatasi nella


popolazione di Napoli, che, per quanto in forma un po' inesatta, e
ni.

una valida conferma

Ma

notevole

pi

la

questa parte della narrazione

di

conferma

di cui ci

siamo venuti occupando e

di ebrei

convertiti,

ma

sopra ricordato,

Sono

essi

cui

di

ci

della storicit

dell'

dell'

USQUE.

avvenimento

l'esistenza stessa dei discendenti

parla non solo

anche numerosissimi

il

altri

documento

lucerino

documenti

pugliesi.

numero abbastanza con-

cosi detti ?ieofiti^ che vissero in

siderevole in varie citt della Puglia, specialmente a Trani, per oltre

due
i

secoli,

a cominciare dai primi anni del secolo XIV;

cripto-giudei che nell' intimo

dell'

animo

loro

sono

essi

nel segreto delle

loro case conservarono, per quanto fu loro possibile, fedelt secolare


ai

costumi ed

ai riti della

loro vicende, che


struire,

lungo

almeno

religione dei padri.

Delle loro sorti e delle

documenti sopra ricordati permettono di ricoloro grandi linee, mi propongo di parlare pi a

nelle

in altra occasione.

Dopo aver compiuto questo mio modesto studio, ho veduto l'articolo del
ViTO Vitale di Trani, Nobili e mercanti in Terra di Bari nel secolo XV,
^

prof.

pubblicato nel vol.

dove

l'autore,

XXV

parlando

Rassegna pugliese (estratto, Trani, Vecchi, 1911),


importanza che avevano in Trani i neofiti nel quattro-

della

dell'

cento, dice incidentalmente (p. 7) che la conversione dei loro avi al cristianesimo

ebbe luogo

sotto Carlo

Nessun altro,
neofiti, e siccome
II.

ch'io sappia,

aveva

fatto

accenni deter-

l'articolo suindicato non citava nessuna


che mi fosse sfuggito qualche documento direttamente relativo alla
conversione, e da cui ne resultasse con precisione la data. Mi permisi pertanto
di scrivere in proposito al prof. Vitale, il qule con squisita gentilezza di cui gli
esprimo qui le pi vive grazie, mi comunico non conoscere neppure egli aicun
documento diretto, e di aver semplicemente congetturato la datazione per il fatto
che nei documenti tranesi la prima menzione di un neofita e del 1309, e inoltre
perch^ la colonia ebraica di Trani era nel 1247 tanto fiorente da costruire una
nuova sinagoga, mentre al principio del secolo XIV essa veniva privata dei
suoi luoghi sacri. II risultato cui h giunto, indipendentemente da me, e per
altra via, il prof. Vitale, h una riprova della giustezza delle conclusioni sues-

minati

all'

origine dei

fnte, temetti

poste.

Firenze, Febbraio

1912.

Erklrung einiger biblischer


Von

S.

Stellen.

Maybaum-B erlin.

Gern

bin ich Ihrer Aufforderung gefolgt, zur Jubelschrift fr den

70.

Geburtstag des Herrn Geheimen Regierungsrats Professor Dr.

Hermann Cohen

Denn wenn

einen Beitrag zu liefern.

sonst die Frage nicht htte abweisen knnen,

praktischer Theologe, einem


htte,

der nach

der Philosophie,

befugten Kritiker

dem

was

ich, ein

auch
vorwiegend

Manne wie Hermann Cohen

ich

zu bieten

Erscheinen des zweiten Teiles seines Systems

der Ethik des reinen Willens" von einem spruchals

der deutsche Philosoph katexochen anerkannt

und gepriesen wurde, so ist er gerade damit und seither immer mehr
in den Lebenskreis eingetreten, in dem ich wurzle und wirke, und
ist mir dadurch auch persnlich teuer geworden.
Die Verpflichtung
ist nun zwingender, aber auch die Entschlieung unbedenklicher. Denn
dem wahrhaft Groen gegenber ist ja alles, was man zu bieten vermag, gleich klein und unansehnlich. Nicht auf die Gabe, sondern
auf den Geber und seine Gesinnung allein kann es hier darum offenbar ankommen.
Seit

dem

Erscheinen seiner Ethik des reinen Willens" wei es

die wissenschaftliche Welt,

Denkens

die

prophetische Religion Israels steht, die er

tiefgrndig erfat

und

in ihrer

hat wie keiner vor ihm.


Fortexistenz

da im Mittelpunkte seines philosophischen

dieser

freilich

kulturfrdernden Bedeutung aufgezeigt

Hierdurch begrndete er das Recht

Religion

so

so wie

die

Pflicht

fr die

der Piett unserer

Glaubensgemeinschaft, an der geschichtlichen Aufgabe festzuhalten,


die sie bisher

ber

erfllt

Was

in

so hervorragender

Weise der Menschheit gegen-

hat

er aber in theoretischer

Beziehung

und unserer Gemeinschaft aufgezeigt

hat,

als die

das

ist

Aufgabe erkannt

er

auch zu seinem

FESTSCHRIFT COHEN

406

Teile zu lsen stets bestrebt.

In der Gesellschaft zur

Frderung der

Wissenschaft des Judentums" geht er mit seinen ausgezeichneten


Arbeiten allen als anspornendes Beispiel voran, und wo es gilt fr
Gleichberechtigung des Judentums einzutreten, da ist er unser
allzeit bereiter Sprecher, der in unerschrockener Weise bald schwere

die

Klage gegen den Staat erhebt wegen der Verfhrung zum Abfall,
die jetzt wiederum an den Juden verbt wird", bald wie einer der
altisraelitischen Propheten vor den Vertretern aller Religionen die
So ist er unser
messianische Heilslehre des Judentums verkndet.

und unser Trost, dem wir an diesem Jubeltage mit dem innigen
Wunsche nahen, da Gott seine Tage mehre und seine Kraft und
seinen Ruhm erhhe, und dem ich als Zeichen dankbarer Verehrung

Stolz

die nachfolgende Erklrung einiger biblischer Stellen darbringe.


I.

Wie gro

die

Macht der Gewohnheit

wie

ist,

sehr

sie,

die

auch den Irrtum unerschtterlich


festhlt, das habe ich in der jngsten Zeit wiederum erfahren mssen.
Der Nachweis, den ich gegen die bisherige bersetzung des Gebotes
der Nchstenliebe (Lev ig, i8) erbrachtes ist zwar von niemand

Lebenswurzel

aller

berlieferung,

widerlegt worden, aber trotzdem habe ich fast gar keine Zustimmung
gefunden. Natrlich! Seit fast zwei Jahrtausenden hat man unter

dem

Einflu

des Christentums

bersetzung

die

der Septuaginta,

von dem Evangelium durchweg benutzt wird, als korrekt anerkannt, wie sollte man sich jetzt leichterdings von ihr freimachen
die

knnen!
einmal

Und dabei war die von mir


Man kann ja heutzutage
neu.

vorgetragene Ansicht nicht


auf

dem

Gebiete der Bibel-

exegese kaum mehr etwas vllig Neues finden, was nicht schon
andere vorher gedacht haben. Herr Oberrabbiner GDEMANN-Wien
machte mich nmlich darauf aufmerksam, da schon Wessely in
seinem Kommentar zur Stelle genau dieselbe Ansicht vortrgt. Aber

ebenso wie heutzutage wendete sich damals MENDELSSOHN gegen


ihn, ohne seinen Hauptbeweis, da "]D3 nirgends die Bedeutung des
etwa wie ^ti^W? (vgl. I Sam i8, i) hat, und daher auch
Akkusativs
hier mit dem Nominativ wie Du" bersetzt werden mu, irgendwie

zu entkrften.

Der Hauptgrund aber

fr das

die apologetische Absicht, das

Widerstreben

ist

heute wie ehedem

Gebot selbstverleugnender Liebe,

Gemeindeblatt der jd. Gememde,

i.

Jahrgang Nr.

5.

MAYBAUM, ERKLRUNG EINIGER BIBLISCHER STELLEN


das Christentum lehrt,

wie es

gleichfalls

dem

Die grte

zu besitzen.

GUTTMANN- Breslau

Verirrung, sagte mir jngst Professor

4O7

mit Recht,

was das Christentum


hat, auch fr das Judentum in Anspruch zu nehmen, ohne dabei zu
erwgen, da das Judentum in seiner Lebens- und Weltanschauung
so vllig anders geartet ist als das Christentum. Das Judentum hat
in der Sittlichkeit stets nur das fr den Menschen Erreichbare angestrebt und in der Gerechtigkeit die hchste Tugend erblickt.
liegt

in

apologetischen Bestreben,

Selbstverleugnende

darum
das

Liebe

bersetzte schon

zwar

er

fr

aber

geht

alles,

ber

menschliche Kraft,

die

HiLLEL das Gebot der Nchstenliebe LeviQ,

i8,

das hchste Gebot erklrte, seinem wahren Sinne

nach also: Was Dir verhat ist, das tue Deinem Nchsten nicht,"
und das wrtlich bersetzt also lautet: Liebe Deinen Nchsten, e r
i

s t

Du

Auf

die Septuaginta

geht ferner eine bersetzung zurck,

die

und zwar darum falsch ist, weil sie nur einen Teil jenes
Bereiches trifft, den sie eigentlich ganz beherrschen will. Ich meine
ebenfalls

das

der zehn

dritte

Worte Ex

das gewhnlich so bersetzt

20, 7,

Du sollst den Namen des Ewigen, Deines Gottes nicht aussprechen zum Falschen, denn der Ewige wird den nicht ungestraft
lassen, der seinen Namen ausspricht zum Falschen." Diese ber-

wird:

setzung

nicht

ist

zutreffend,

24, 4

erhellt,

allein

Deines Gottes nicht


wir

SSJ^i

schlechthin

Die wrtliche bersetzung

sprechen" bedeutet.

Ps

weil

richtig:

Du

sollst

bertragen auf

den

nicht
hier

ist

des Ewigen

Nur

so begreifen

Falsches.

einanderfolge der einzelnen Gebote des Zehnwortes


sie

ist

vielmehr

so fein durchdacht, da

wie aus

Namen

auch die Stellung unseres Gebotes im Zehnworte.

fllige,

aus-

ist

Die Auf-

ja keine zu-

angeordnet und an allen Punkten


uns bei jeder neuen Betrachtung neue

planvoll
sie

Schnheiten aufzeigt und neue Gedanken

enthllt.

Wie kommt

es

Gebot an dritter Stelle, d. h. an erster in bezug auf


alle diejenigen Gebote steht, welche das menschliche Leben auf
Erden zu einem gottesebenbildlichen ausgestalten? So wichtig auch
die Wahrhaftigkeit der menschlichen Rede ist, und so strflich uns
der falsche Eid erscheint: wenn das Gebot in Wirklichkeit nur diese
Bedeutung haben sollte, knnten wir seine Stellung vor den Geboten
der Sabbatheiligung und Elternverehrung nicht rechtfertigen; wir
wrden vielmehr erwarten, da es unmittelbar vor dem neunten Gebot
nun, da dies

FESTSCHRIFT COHEN

408

aufgefhrt werde, in welchem das falsche Zeugnis wider den Nchsten verpnt wird.

Darum

scheint

Gebot mehr,

mir das

viel

mehr

blo die

als

Wahrhaftigkeit der menschlichen Rede einprgen zu wollen.

wortgetreue bersetzung:

bertragen

Gottes nicht
als

blo

Du

greift

sie

Namen

den

auf Falsches" fat

in

des Ewigen Deines

der Tat mehr

des Gegensatzes zwischen

die Verwerflichkeit

Gesinnung,

sollst

weiter,

sie

dem

Wort und

Empfindung
Stellung unseres Gebotes im
die innere

Nur so wird uns die


Zehnworte begreiflich. Auf die zwei ersten Worte, welche
nicht entspricht.

und

Geistigkeit Gottes verknden,

der Cherub

wie

haftigkeit,

in sich

chtet alles Widerspruchsvolle an

Menschen, auch jedes uerliche Tun,

heit

Die

folgt

am Eingang

die Ein-

das Gebot der Wahr-

des Paradieses

den

Weg

bewachend, der zum Baume des ewigen Lebens fhrt. Es steht da


mit dem scharfen Schwerte der Wahrheit und scheucht das verlogene Scheinwesen der Welt, alle jene falsche Frmmigkeit und
Sittlichkeit, die sich im Gewnde der Gottesfurcht und Tugend einschleichen will in das Heiligtum des Herrn; es steht da und ruft
hinein in das Getriebe der Menschen,

wo

gar

oft die

Lge triumphiert,
das Wort Gottes:

den Lohn der Tugend fordert,


bertrage nicht den Namen des Herrn, Deines Gottes auf das
Falsche!" Denn wo dies Wort nicht beachtet wird, da werden alle

und

die Heuchelei

Gebote der Offenbarung in ihrem innersten Wesen entstellt und geflscht; da ist die Sabbatruhe keine Lust, sondern eine Last, da ist
die Ehrfurcht vor Vater und Mutter ohne Liebe Freundwilligkeit, da
ist das Leben ohne Weihe und Heiligkeit, die Ehe ohne Wrme und
Innigkeit, und des Nchsten Besitz und Ehre sind zwar vor offenen
Angriffen, nicht aber vor geheimen Anschlgen gesichert.

Und

so

ist

die Erfllung unseres

Gebotes die eigentliche Grund-

lage und Voraussetzung alles gottgeflligen Wandels auf Erden.

Eine andere Stelle hinwiederum wird


Septuaginta

dem

dem Wortverstande nach zwar

getreuer Nachfolge der


richtig bersetzt,

eigentlichen Sinn nach in sein Gegenteil verkehrt.

den Satz Jes


Herr:

in

Wenn

i,

20:

i8

Kommt

wie Wolle

sein.

Wenn

Ich meine

doch, lat uns rechten, spricht der

euere Snden wie Scharlach sind,

wie Schnee erscheinen, wenn

aber

sie rot

wie Purpur

ihr willig seid,

so sollen sie wei


sind,

und gehorchet,

so sollen
sollt ihr

sie

den

MAYBAU.M, ERKLRUNG EINIGER BIBLISCHER STELLEN

Segen des Landes genieen, widerstrebt


so

Hier
teil

vom

sollt ihr

ist

aber und seid aufsssig,


Schwerte gefressen werden."
ihr

der Sinn des ersten Satzes vollkommen

Offenbar fhrt der Prophet

verkehrt.

409

zornmtigen Rede

in

Gegenseiner voraufgegangenen
in sein

wie seine Aufforderung: Kommt doch, lat


uns rechten!" beweist.
Was folgt hier aber nach dieser ber-

Die

setzung?

fort,

volle

Verzeihung

Gottes, bevor

noch

die Zeichen der

Reue hervorgetreten sind, was ja auch die unmittelbar darauf folgende


Drohung beweist (C. i, V. 19): Wenn ihr aber widerstrebet und aufsssig seid, so sollt ihr

vom Schwerte

gefressen werden."

Der Fehler beruht hier aber darauf, da Vers 18 nicht in


fragendem Sinne aufgefat wurde. Hier darf nmlich mit der
konditionalen Partikel D, mit der die beiden Satzglieder im Vers 19
beginnen, die gleiche Partikel nicht verwechselt werden, mit der die
beiden Satzglieder im Vers 18 anfangen, denn die letztere hat auch

Bedeutung einer Fragepartikel, da hier der Fragesatz ohne ein


vorangegangenes H (vgl. Gesenius, Lehrgebude g 225) eingedie

leitet wird.

Der Prophet fhrt nmlich im Anschlu an seine voraufgegangene


Rge also fort: Kommt doch, lat uns rechten! sprichst der Herr,
(Oder was meint ihr?) Wenn euere Snden wie Scharlach sind, sollen
sie wohl wei wie Schnee erscheinen? wenn sie rot wie Purpur sind,
sollen sie wie Wolle sein ?
Wenn ihr willig seid und gehorchet, dann
sollt ihr den Segen des Landes genieen, seid ihr aber widerspenstig
und aufsssig, so sollt ihr vom Schwerte aufgerieben werden."
4-

Auf
Gen

49,

die Septuaginta
1 1

geht endlich die falsche bersetzung von

zurck, an der alle bersetzer bis auf den heutigen

festgehalten haben, trotzdem bereits

Raschi das

Tag

Richtige darbietet.

Juden wie Christen folgen der Septuaginta und bersetzen daher


also: Er bindet an den Weinstock seinen Esel und an die Edelrebe
das Fllen der Eselin". So voll ist sein Land von Weinstcken,
da der Juder sie ob der Menge wenig zu achten und zu schonen
braucht",

so

erklrt

DiLLMANN

Allein diese bersetzung verstt

in

seinem

Kommentar

die

Stelle.

gegen den Kanon, den Autor

nie-

mals etwas Unsinniges sagen zu lassen. Denn wenn der Juder auch
ob der Flle seiner Weinstcke ihrer nicht zu achten brauchte, so
knnte er doch sein Reittier nicht an den Weinstock anbinden, weil
er damit

den Zweck, seinen Esel festzubinden, nicht erreichen wrde.

FESTSCHRIFT COHEN

410

Der Reiter wrde durch solchen Vorgang nicht so sehr seinen Reichtum an Weinstcken, als vielmehr strfliche Torheit offenbaren, weil
der Esel sicherlich durchgehen wrde. Aber abgesehen hiervon will
ja der Autor nicht den Reichtum an Reben als vielmehr die Flle
des Ertrages hervorheben. Es wchst ihm nmlich so viel Wein
Nun kommt aber noch
zu, da er sogar sein Kleid in Wein wscht".
denn
der einfache Dativ ]D5'? darf niemals mit der Prposition des Akk.
an" bersetzt werden. Aber, wie bereits gesagt, schon Raschi hat
das Richtige: p nn pnrij'oi riHK ]s:i iiij;i3M nn tj; mo^ mn^ t5^\s

hinzu,

da

die

bersetzung auch philologisch unmglich

ist,

Der Juder wird fr den Ertrag eines einzigen W^einstockes


seinen Esel und fr den einer Edelrebe das Fllen seiner Eselin anspannen mssen". Wie Num 13,3 die Fruchtbarkeit des Landes dadurch gekennzeichnet wird, da die Kundschafter eine Rebe mit
einer einzigen Weintraube abschnitten, die sodann von zwei Mnnern
an einer Stange getragen werden mute, so wird hier der Reichtum

nn

]in.

des Ertrages dadurch hervorgehoben, da fr jeden Weinstock sogar


Tiere angespannt werden mssen, um die Last der Trauben in die
Kelter zu

schaffen.

Das Verbum 1DH aber bedeutet anspannen"

vom Wagen wie vom Tiere in gleicher Weise


gebraucht. Vgl. z. B. ISam 6, 7. 10, IIKn 18, 44.
Baden-Baden, den 15. Mai.

wie binden und wird

Dr. H. Flesch.

Akzentstudien
der Titel einer grern Arbeit, die demnchst teilweise in der
Monatsschrift fr Geschichte und Wissenschaft des Judentums, zum
ist

Was sich nach


Abschlu der Arbeit noch ergeben, verftentliche ich an dieser
Buch erscheinen

Teile aber als selbstndiges

wird.

Dazu sei mir aber folgende Vorbemerkung gestattet.


Das Wesen, die Bedeutung und die Entstehungszeit der Akzente
ist vielfach behandelt worden, was bis nun wenig oder besser gesagt
gar nicht beachtet wurde, ist: die Bedeutung der Akzente als InterStelle.

preten der traditionellen Exegese.

Woran

das lag?

Weil man die

Akzente der Tradition gleichstellte und diese bis auf Moses zurckfhrte,^ oder doch zumindest dem Esra zuschrieb,^ der die in Vergessenheit geratenen Akzente restaurierte. Dadurch konnte man gar nicht
auf die Idee

kommen, da

Akzente im Dienste der Tradition


stehen.
Und selbst diejenigen, die an einen Zusammenhang von
Tradition und Akzenten dachten, faten die Akzente so auf, als
htten sie die traditionelle Auslegung beeinflut.^
^

teuch

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Natrani

m^:

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S. 3

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Mendelssohn in der Vorrede zum Penta-

Vitry (ed.
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Gaon im Machsor

':ODl nhl 110x2 ns by

die

Schgw.

DJja

31t3,

pao

]'X

nnye

Vgl. auch Asulai

der sich auf Sohar beruft, und behauptet DH

'D

ns"?.!.

* Ibn Esra (o^itwa "iSD) yaiyn x^i i'p n3Nn


b D-iaytin "bys nj?T bv i:3\sty itb "73
Jehuda Muscat zu Kusari, Dialog 3, 31 (vgl. auch Kusari), Jakob ben
Chajim in den m^ni niNlpa (Venedig 1586) nip''in
linn nax D^'n p 2py "lON
.nij> xrB' ny imnnc^ l 'roa ]r\'i (Vgl. auch Duran im Maase Efod und Abarbanel in der Vorrede zu nnx n'^m und Ritwa Joma S. 57,3, Algasi im nj?iat? ]0^
im Namen des Ascheri; Meiri zu Nedarim 37b hlt nur die grolJen Trenner fr
alt, die kleineren Trenner seien jngeren Datums.)
3 Vgl. Raschi zu Megilla 12 a Schgw. baip u. a. v. a. St., Ibn Esra zu Ex
34, 5,
Hanau mat ^-lyc? S. 3 u. a. v. a. St., Nathan, Die Tonzeichen in der Bibel,

vb,

''3

FESTSCHRIFT COHEN

412

Da

diese

Ansicht

unhaltbar,

ergibt

sich

daraus,

da

die

Akzente an unzhligen Stellen von der Tradition beeinflut und in


Freilich kann ich nichts Positives ber die
deren Dienst stehen.
Entstehungszeit der Akzente sagen, aber ich fand bei meinen Untersuchunfren den Einflu der mndlichen Lehre auf die Akzente, sie

mssen

also jnger als diese sein.

Nun

wird

man dagegen

vielleicht

da man ja, nachdem ein Zusammenhang zwischen


Tradition und Akzenten erwiesen, auch das Gegenteil behaupten knne:
Dagegen sprechen
die Tradition sei von den Akzenten beeinflut.
aber zwei Umstnde. Erstens, da die Akzente an sehr zahlreichen
Stellen auf die traditionelle Auslegung keine Rcksicht nehmen.
Nun weist ja bereits NORZI mit Bezug auf Maleachi- 2, 15 darauf hin (s. Ackermann, S. 43), da bei aggadischen Erklrungen
einwenden,

den Akzent nicht wohl angehe, da dieselben oft


sogar mit den Vokalen in Widerspruch stehen; allein die Akzente
nehmen auch auf die Halachah keine Rcksicht. So z.B. Ex 12,2
mit Athnach, nach Erakhin 18 n^Dtrm nnv zu verbinden;
'73J;"'
Lev 6, 10 Tini pbn ohne Rcksicht auf Menachot SS*", Lev 18, 6
nnpn, vgldagegen Sifra z.St.; Lev 25,46 nb):b mit Trenner, vgl. dagegen
Zweitens
Gitin 38^; Num 28,26 DD^nj^Sty^, vgL dagegen Sifra z. St.
nehmen alle Bibelerklrer von Raschi^ bis auf HiRSCH keinen Anstand gegen die Akzente zu erklren. Wenn nun die Akzente Tiy7Tl
''i^DQ ntJ'D^ wren, so mte man ihnen ja den Vorwurf des ^?^
Anders aber verHD^riD miachen, das ist aber niemals geschehen.
eine Berufung auf

hlt sich die Sache,

wenn man an

einen Einflu der Tradition auf

Akzente denkt, dann lsen sich alle Widersprche. Die Akzente


erklren zuweilen im Geiste der Tradition, wo dies aber nicht geschieht, wo sie gegen die Tradition akzentuieren, dort sind sie eben
von der Norm geleitet: "itSItJ'S ""TO N:JV SIpH ]^ (Jebam. ii''), der
Vers ist zunchst nach dem einfachen Wortsinne zu erklren,^ was
aber eine ergnzende Erklrung durch die mndliche Tradition nicht
die

Talmud-Tora Progr. Schuljahr 189293, S. 6 ff., Japhet, Die Akzentuation der


heil. Schrift S. 35 u. a. v. a. St. und die sehr verdienstvolle Arbeit von ACKERMANN, Das hermeneutische Element der biblischen Akzentuation S. 39 ff.
20, 16. 49,9 u. a. v. a. St.; s. Ackermann S. 46 ff.
Raschi
(auch Siporno) ISK nn ibsxn h l1 ICBJa ltJ'3
Gen 9, 4 erklrt
fr den ni ]2
'in i^ssn b im it^Ein t]Ki ^nn ], Das Verbot von "nn p
-nn ^D
ist die Ansicht des R. Chanina b. Gamliel (Sanhedrin 59 b), die Halacha verbietet
Hilch. Melachim Absch. 9, Hai. 10. Raschi eraber nur -nn p ISN; vgl.
^

Vgl. Raschi zu

Gen

RMBM

klrt aber

nach dem einfachen Wortsinn.

FLESCH, AKZENTSTUDIEN
(Vgl. darber

ausschliet.

HOFFMANN,

4I3

Levit. allgemeine

Vorbemer-

und Funk, Die Entstehung des Talmuds, S. 8ff., I4fif.)


Die Akzente kommen demnach nicht nur als musikalische Noten,
Tonzeichen und als Interpunktationszeichen in Betracht, sondern
haben auch exegetische Bedeutung, welch letzteres bis nun fast gar
Diesen Nachweis zu erbringen machen
nicht bercksichtigt wurde.
kung, S.

sich

ifif.

meine Akzentstudien zur Aufgabe.

Wenn man

Augen

Wie man

diese Erkenntnis

Akzente nach
bestimmten Regeln gesetzt, was ja durch Hanau in Schaare Simra,
LuzzATO (in Beer nc nmn, Pollaks Halichot Kedem S. 31, im
Kerem Chemed IX u. a. v. a. St.), Nathan, Japhet und Ackermann
nachgewiesen und dagegen die Abweichungen von diesen Regeln zu
erklren versucht, dann wird man direkt auf deren Quelle verwiesen.
Freilich darf man nicht wie Levita denken, der im Tuw taam (Ende
Absch. 2) sagt: "ltT no"? b'imb ]^i inTnn 'zb n^oyan ltr ^d bb^ni
,]n'1iM) V^^^n 1 IIDH n^oys'?"! pif D^oys'? denn willkrlich sind die
Akzente nicht gesetzt. Die Akzente sind vielmehr nach bestimmten
Regeln gesetzt und stammen aus einer Hand.3 Elia Levita (in seiner
dritten Vorrede seines Massoreth hammassoreth und Tuw taam
Kap. 2) schreibt die Akzente den tiberiensischen Massorethen (''DDn
(T'iatS) zu.
Das Fehlen jegUcher Erwhnung der Akzente in Talmud
und Midrasch sind ihm Beweise dafr. In der Einleitung zu den
Akzenten habe ich mich mit den Talmudstellen, in welchen die
gewinnt?

sich

vor

Q^oyta erwhnt, ausfhrlich beschftigt.

MANN

S. 18

ff.,

hlt,

da

die

Ich verweise hier auf

ACKER-

der diese Stellen angefhrt und sorgfltig bearbeitet

Die Literatur ber die Akzente, sowie ber den Streit, der
sich im i6. und 17. Jahrhdt. ber das Alter der Akzente erhob, ist
bei Ackermann S. 6 ff. und Strack, Einleitung in das Alte Testament, 6. Aufl., Paragraphen ber Punktation und Masora sehr berhat.

sichtlich zusammengestellt.

Gen

II,

2g.

Die Verbindung

^^^0"''i^^

p.Tni durch

die

Akzente

auch der Name der


Tochter von der des Vaters durch Sakef katon getrennt sein kann
(wie Gen 41, 45; 50; s. dagegen Ex 6, 23, Num 26, 15 u. a. v. a. St.),
so will die Verbindung n2^D ^3 ]in r\2 auch die Worte HDD^ ^n1

Merchah Tipchah

ist

unverstndlich.

Wenn

21, 24 mit Lev 24,20; Ex 23, 18. 19 mit Ex 34,25.26; Ex 34, ib


Deutr 10, 2 a; Sam II 22 mit Ps 18 (dort wohl Akz. nach DKn, aber
konform den dafr entsprechenden Akz. in den prosaischen Bchern); Sam II,
Halbv. Deutr 12, 15 mit Deutr 15,22; Kn I 22, 10
Kap. 24 mit I Chr Kap. 21
mit Chr II, 18,9 und noch zahlreiche andere Parallelstellen.
3

Vgl.

Ex

bis Schlu mit

FESTSCHRIFT COHEN

414
mit

]'^n

ni nher verbinden.

Der

zweite Halbvers

nmlich Hd"?

Wenn

auch riD von HD^ ''IX


]in getrennt, es wre dennoch eine andere Auffassung als Haran war
der Vater der Milkah und der Vater der Jiskah" unmglich. Nun

]"in"n2 sollte mit

Darga, Tebir acc.

sein.

werden ber den Vater der Sara keine Angaben gemacht, auch
der

beziehungslose

sonst

(Ewald
Gen 12,

vermutet,

sie

sei

Name
das

nDD""

an

dieser

Stelle

Weib Lots geworden),

ist

auffallend
das,

sowie

haben die Tradition veranlat, in Sara,


wenn auch keine Schwester, so doch eine Verwandte Abrahams zu
JIDD'' pVlT "] 10
erblicken und Jiskah mit Sara zu identifizieren.
YD) ^Dnti' n2D^ -in "im ,tj'ipn n)-):!, nn^^ hdd^ noty ip: n^b) mty
rr'S''^ Rabbi Jizchak sagte: Jiska ist Sara, warum wurde sie Jiska
13

und

20, 2;

12

"It

genannt, weil

sie

Prophetin war, oder weil

alle ihre

Schnheit be-

wunderten (Megillah 14 ^ Jalkut z. St.). Nun werden DiaS nt^ ^


na^ und n^b -nn: nty ntyi ganz gleich mit Mahpach, Paschta, Sakef
katon akzentuiert, ]"in r\2 ist aber durch das vorhergehende Sakef
katon gewissermaen mit """Ity D13t< r\^H U^ verbunden, weil r\i^ Dt^l
riD^D Tini als Parenthese aufgefat wird.
Das will die ganz unverstndliche Verbindung HD^ ^2 pH ro hervorheben. ^DSI HD^ ^3N
n3D^ steht demnach dem HD^ "nm nt^ Dt^l nJ^ m^^ HDS erklrend

gegenber.

Diese beiden Sara und Milkah sind Harans

Tchter und mit Milkah und Jiskah identisch,


Gen 24, 60. linriK mit Sakef gadol, welches noch viel grere
Selbstndigkeit hat als Sakef katon.
Es mte linn mit nx verbunden und vor ""Nl mte Trenner stehen, wie z.B. Gen 17, i; 5;
Diese sonderbare
8; 16. Ex 21,4. 26, 24 u. a. v. a. St.; s. LXX.
Akzentuation findet in Gen. rabb. 60, 13 (vgl. Midrasch Aggadah,
Jalkut, Targum Jonatan und Raschi z. St.) (tSD ^r) n^ )b '1 D^i n""l
nioo nj;i nnm ^s^'? ^^t] ns limn np2^ n nn ^b;; 'idi nni n^nn
SpJ^^

n2mi

Itt'yo

'Z^b^

Unsere Schwester!

Mgest du zu jenen

Tausenden werden, welche von Isak abstammen sollen." Mit "'Zh sind
die Nachkommen Esaus und mit 7^221, die des Jakob gemeint. Vgl.
Mendelssohn, Hirsch und Kautzsch, die von den Akzenten geleitet bersetzen: O Schwester! werde du.
Ohne Akzente gelesen
mute man bersetzen: Unsere Schwester du! Werde zu usw.

Gen

32, II.

^nitap mit Asla,

welches schon seiner uern

Form

nach (Richtung von links nach rechts), von dem Folgenden vollstndig
trennt.
"Tlitap mte Paschta haben, ein Trenner, der aber an das
Folgende lose anschliet. Allein die Akzente fassen ''^^p nicht in

dem

Sinne auf: ich bin zu gering fr

all

die Gnade," sondern lassen

FLESCH, AKZENTSTUDIEN

415

von der Tradition leiten, welche ^Hitap in dem Sinne: ich bin
kleiner geworden" auffat. Sabbat 32 heit es: TIDV^ "? D^iy^ ^r "1"
)b i^ti'ij; Di ,Di ah itrj;^ ah a^^ ,Di i'? i^ti'iytj' noM niDO mpen di
nonn "pd ^nitap ip ^0 ,vnvDto i*? joi d: Man soll sich nicht
an einen Ort stellen wo Gefahr droht und sagen, mir wird ein
Wunder erwiesen werden, denn vielleicht wird es ihm nicht erwiesen.
Geschieht aber ein Wunder, dann rechnet man es seinen Verdiensten
ab, denn es heit Tlitap ich bin kleiner geworden (d. h. meine Verdienste) wegen all der Gnade und Treue" (siehe Taanit 20''). In diesem
Sinne bersetzt OnKELOS: |UtD boi yin "tDO ^niDT p^f. Vgl. Raschi
z. St. Ibn Esra, Rmbn und Siporno erklren dem Wortsinne nach
gegen die Akzente.
Ex 30, 23. Ohne Akzente gelesen mute in^isno bersetzt werden: halb so viel als IIIT I; Kautzsch u. a. Dann aber mte
in''2Jn, nachdem es sich auch auf "WM "10 noch bezieht, von 2 ]Dip1
sich

^^

Nach Keritut 5" (vgl. Parallelstell.), t^cn im no TTI


D^nwSi n^^nn 2 mpi mo r^n Dti^n ]oip ,mo ti^on nip ,mQ wurde
auch ^2 ]OJp im Gerichte von 500 Schekel genommen, Wltno
getrennt sein.

heit: seine des

halb
auf

]?3ip

Hlfte betrgt 250; im ganzen 500.

Dtyn pipl mit in^iJHD verbunden.

ist

"im no sondern auf

nach der Tradition

Dt^n p:pi.

Wren

Es

Des-

bezieht sich in^isno nicht

Die Akzente fassen

Dti'n

]0ip1

Akzente der Meinung, da auch


vom Dt^D ]Dip 250 Schekel nur zu nehmen, dann mte eben das
Athnach mit mSO sein. (Maim. Hilch. Kle Hamikdasch Absch. i.
Hai. 2.)
Cf. Jerusa. Sotah Absch. 8, Hai. i.
Vgl. MENDELSSOHN
z. St., der sich auf die Akzente verwundert, da sie gegen die Tradition akzentuieren, MENDELSSOHN hat aber bersehen, da das
Fehlen des Athnach unter mS und die Verbindung von "in^ljno 2
auf.

die

das Gegenteil beweisen,

Lev

22, 2.

Das Athnach mit

Regel, denn der Relativsatz

soll

''lp

ist

vom Relativum

eigentlich

gegen

die

nicht getrennt werden.

DH la bai' ^in 'lpQ ntn


a^tmpQ cn iwa Dn^n) ayi^n did ^a^ip otr-n
n^ano ^trnp nu"!"?
]Oi{y.
Sie sollen sich vorsichtig verhalten gegenber den heiligen
Gaben der Israelitin, die sie mir weihen und nicht entweihen meinen
heiligen Namen: Zerreie den Vers und erklre ihn." Den sie mir
heiligen", das will hinweisen auf die heiligen Gaben der Priester."
Raschi fat also ^^Ip U na )bbn^ ab) als Parenthese auf DH IB'K
^b n^tynpO bezieht sich nicht auf tJ^np Dti' n iV^H^ k"?! sondern auf
^NiU'^ ^in ^trnpD nn^i.
Auch Luther und Kautzsch lassen sich
Raschi

erklrt:

l^^n^
^^

ab)

'b

D^ti>np

FESTSCHRIFT COHEN

41

von dieser Auffassung leiten. Wre lU't^ Relativum von ''lp Dty,
dann wre '^b auch nicht gut verstndlich. Ibn Esra meint, l"?^?!^ b)
habe eine doppelte Bedeutung, nty ^bbn' i(h) ^^Ip DtT ns "l'?^n^ X*?"!
1^ D^tynpn du sie sollen nicht entweihen meinen heiligen Namen,
Diese Auffassung ist
sollen nicht entweihen, was sie mir heiligen.
sehr geistreich und hat viel fr sich, allein sie ist gegen die Akzente
(trotzdem Ibn Esra im D^iUS' sagt: ^"P^^ n^l b)} ^yH tJ^lTD b^
(VDtyn S^l )b nnn ^ D^O^tsn, denn in diesem Falle mte ^S'ltl'"'
Rmbn wendet sich gegen Raschi und meint,
mit Athnach sein.
wenn sich 'h D'^J^lpD DH "Iti't^ auf die Gaben der Priester beziehe,
dann braucht man den Vers nicht zu zerreien, keine Parenthese zu
schaffen, denn der Vers wrde einfach sagen: bi^lti^'' ''iD ''^Ip Tlti^l
ntr n )bbn'' n,b^ ^b n-tynpo nn nti'Ni ^ip d-j n ]nn )bbn'^ ^i
''b
D^tynp DH ViSI pns. Auch gegen diese Auffassung sprechen
die Akzente; denn das Athnach mte in diesem Falle mit ^b oder
mit bmfi^'^ sein. Nun fhrt Rmbn gegen Raschi den Sifra z. St. an,
welcher ja ^^ Q-ity^npO DH Itr mit p'SV 'lp erklrt, ohne da Sifra
von einer Parenthese spricht. Das ist wohl wahr, aber die Parenthese,
welche die Akzente geschaffen, ist durch die Erklrung resp. AusMalbim, der sich Rmbn mit den
legung des Sifra entstanden.
Worten anschliet: D^H ^pbii nma nilVI Dn^D ]^ty li^^iJ 1D10 pm
jiDD n^ njys nb) nn ^inun onsy ii'^n pinoty (j sip^i) isann -insi
inty-ni

]^io

,1^1

d:jV ^srnp

ti>^

ty"ii

nt b'?2o

psy

:jrtJ^

^tj>-ip

o"3i ,pDDn ^^n ij; 'imsD sNitr n'pon'?

i^^n^ N^t:^

ri

''b

n^tynpo

dd^jj;^.

Die

Trennung des Relativsatzes von seinem Relativum verweise auf einen


B'm und hier erklren die Weisen zunchst einfach, da sie sich
zurckhalten von den heiligen Gaben der Kinder Israels, dam.it sie
nicht entweihen meinen heiligen Namen, dann aber auch, da sie ihre
eigenen heiligen Gaben nicht entweihen. Deshalb werde auch die Frage
aufgeworfen, ]"'''iD ]Dl{y ''^'^p, woher ist erwiesen, da sie auch von
ihren heiligen Gaben sich zurckhalten sollen. Malbims Ansicht, da
es keinen DITD (Parenthese) gibt, stelle ich nur einige Beispiele ent-

gegen.

Gen

y,y. 32. 15;

Chr

7, 13.

Samuel

II 22, II. 32,

S. 78).

Nun

gilt

14, 17.
I 4, 18;

24,27;

Knige

Ex

31, 18;

I 12, lO;

Deut

1,33.

Jeremij 20,

i;

3, 19.

Daniel

5,5.
8,

2;

9 (vgl. S. Hanau S. 23, Japhet S. 18, Ackermann


sowohl fr die natrliche Parenthese, als auch fr die

durch die Akzente geschaffene, die Regel: Dem die Rede unterbrechenden Satz geht ein trennender Akzent voran, und ein solcher

von hherer Rangordnung (zuweilen auch von gleicher)

schliet sie."

FLESCH, AKZENTSTUDIEN

Auch an

unserer Stelle

bii'W^ mit

tuiert.

Sakef katon

was

6^

hervorgeht

V. a. St.

Parenthese

in

diese ein, ''lp mit

leitet

diese.

viel beschftigt,
u.

nach den Regeln der Parenthese akzen-

ist

Trenner Athnach, schliet

ja aus R. zu
(vgl.

dem

grern

Raschi, der sich mit den Akzenten

Ex 15, 7; Deut 11, 30 zu Chagigah


ACKERMANN S. 39 ff.), hat diese
Es

der Akzentuierung gefunden.

Lev

417

htte ja das

Athnach

37 u. a, v. a. St.), oder aber mit bi^lty sein


mssen, denn an einer der beiden Stellen sollte die Respiration einmit

""h

(vgl.

treten.

19, 30.

Nun bemerkt

Sifra

z.

St.:

bv

'\yip

,bit,^^

^iS

^trnpD

myi

im: h)y mt^o DiDyn ^ip bv n^n^'n i^xi otai "imi ^irs bv ^2^^n ^"2
n ^i^ b'n ]^^:d p'sv ^t^np '"^ 't!^"P n*? ^b p bxitr^ ""in 'ip nisi
^b n^tJ'npO.
Es will also nti^l das Verbot des Qt3"l imi, b)^'L hervorheben, das nur beim Opfer der Israeliten am Platze. Woraus ist
aber zu schlieen, da dieses Verbot auch beim Opfer des Priesters

angeht?

Demnach

Weil es heit:

''b

D''ti'npO

DH

'[ii,

welches sie" mir heiligen.

dementsprechend
die Akzente.
Von den Akzenten lie sich nun Raschi und die
meisten Erklrer leiten (vgl. MENDELSSOHN). Ohne die Akzente gelesen ist die Konstruktion einfach. Die Priester sollen meinen heiligen
Namen nicht entweihen, den sie, die Spender von Opfern, durch
diese (durch das Opfer) mir weihen (heiligen). Die Satzfgung wird
schwierig, weil )bbT]'' ^b) zwischen Objekt und dessen Relativbestimmung
gehrt

zu ^nt^^ ^:n

D.l nt^

^tJ'npO nii^l,

doch diese Schwierigkeit entstand nur durch die Akzente.


Hirsch bersetzt: Und nicht meinen heiligen Namen entweihen, den
diese mir heiligen", was wohl richtig, aber gegen die Akzente und
gegen Sifra z. St. Vgl, Elija Misrachi und Sifse Chachamin z. St.,
eingeschaltet,

die sich hier vergebens

bemhen Raschi

Auffassung besteht aber

auch

in

zu erklren.

Nach

unserer

Raschi gar keine Schwierigkeit.

Baruch Epstein in Tora Temimah z. St.


Lev 25, 20. Alle Bibelbersetzer versuchen es

Vgl.

ber die Schwierig-

hinwegzukommen, die in nV^UTI Hitm liegt; die eigentliche


Sorge gilt dem achten Jahre, denn der Bedarf fr das siebente ist
Rmbn fat den
durch den Ertrag des sechsten Jahres gedeckt.
Vers dahin auf, als hiee es: n^i-'Oty:! ^Di HO nr^trn Hitra nn '2\
Nach Rmbn ist also "jDKi HD Parenthese, allein es ist nicht nach
den Regeln der Parenthese akzentuiert. Hat ja TlOSn einen greren
Trenner als ^Di<i HD. Die Parenthese wird aber immer mit einem
kleineren Trenner eingeleitet und mit einem hherer Ordnung geschlossen. Mendelssohn, der die Parenthese ausschlieen will, und
Hirsch, der die Akzentuation gegen die Auffassung des Rmbn ins
keit

27

FESTSCHRIFT COHEN

41

Treffen fhrt, sind

da die Sorge

der Ansicht,

schon im siebenten nicht zu essen wagen wird.

von

Sifra beeinflut zu sein.

li-'nNun riN ]Di Vi vnn

Wenn

ihr

sagen werdet,

In Sifra
"?

d. h.

in
in

z.

fr

das achte Jahr

Nun

scheint

St. heit es: D'^n^ny

n^i^ti'n

mtyn

'jDKi

no

Rmbn

nn
,noiV

^D1

nn

Zukunft wird der Glaube an den

Segen des sechsten Jahres schwinden und ihr werdet sagen, was
sollen wir im achten Jahre essen, wir werden doch nicht sen und
Damit will Sifra sagen, ^D^i HO beziehe sich
nicht einsammeln."
Was bedeutet nun
nicht auf nV^ntm mtrn (vgl. Aderet Elijahu).
pny'DU'n nity^ Das ist eben Parenthese. Der Vers ist aufzufassen:
"jd; h nn ^di
irninn n f)Di *?! ynn "? )n
.nv^nTt nit^n
Wenn ihr einmal sprechen sollet (im 8. Jahre), was sollen wir essen,
wir sen doch nicht und sammeln doch nicht ein unsere Frucht im
siebenten Jahre." Das war aber auch die Auffassung der Akzentuation,
die nV^^LiTI nit^^ nach den Regeln der Parenthese akzentuiert.
Tipcha ("PDSrno) leitet diese ein und Athnach (nyac'n) schliet diese.
Die Akzentuatoren haben die Erklrung des Sifra richtig aufgefat,
sonst htten sie auch Hit^i wie in Vers 2i mit Tipcha versehen.
Der erste Halbvers htte auch wie in 2i, Mahpach, Paschta, Sakef
katon, Tipcha und Athnach haben mssen und nur die Parenthese

erforderte eine andere Akzentuation.

Rmbn

auf und findet deshalb in

Parenthese.

Deut

26, 5.

"raxi rt die

fat Sifra nicht richtig

^3 12 ^n mit Paschta, Munach, Sakef katon.

Die Akzente fassen ^n 12 zusammen. Die meisten Erklrer sind


anderer Ansicht. Ibn Esra meint der Qal *T3 knne nicht transitiv
gebraucht werden und er erklrt gegen die Akzente (trozdem er im
Mosn. 4*^ jede Erklrung gegen die Akzente verwirft; vgl. auch Ibn
Esra zu Lev 25,46 nnyn Dni U^V\ whrend mit den Akzenten
ntn n'i^^b zu lesen) ein Verlorener [Armer ''ij^] war mein
n'?v'?
nSlT^"! nn^^ ,nm'? "IDty lin Herz HOMBURG (s. SiPORNO)
Vater".

Wl

nn herumirren" (s. KAUTZSCH), nni r\^ ^n^n (Psalm


Hirsch bersetzt: Dem Unter119, 176), IVnn Dn^yn (Jerem 20,7).
gang nahe. Onkelos (siehe Targum Jonatan und Raschi z. St.)
bersetzt nach den Akzenten n n^ 121'? n2 n0"l. Die Quelle
findet sich in Sifre z. St. nby) in,-!"? V Dn"? 2pV' Tl' i<^^ ^oV
nn l'?D ^0"ln ]:h by. Der Arami (Laban) wollte meinen Vater
(Jakob) vernichten. Die Akzente verbinden deshalb 12 mit ""i
bersetzt

und ''01 erhlt den Trenner (Paschta). Auch die Haggadah schel
Pesach fat diese Stelle so auf. VdH n Hpv"? ^p^ P^^ Laban wollte
Der Arami wollte
alle vernichten, denn es heit: ^2 in '01

FLESCH, AKZENTSTUDIEN

4I9

meinen Vater vernichten." (Vgl. Elija Wilna in seinem Aderet Elijahu


^2 ^2N ^n und die interessanten Ausnn I^ND Vbv ]^'?J;
fhrungen Friedmanns in seiner riDD b^ rn:in p. 90 ff.)

Deut

niD

33, 15.

^JDty

]^:i^)

Die Akzente ganz unverstndlich.


mit

Munach und HiD mit Athnach

mit Merkah,

Es

sollte

Tipchah, Athnach

]1!J"Tl

mit Tipchah,

akzentuiert sein.

"'iDti'

Alle bersetzer

und Erklrer wie Targum, Raschi, Ibn Esra, Rmbn, Siporno, Homburg, Hirsch, Kautzsch u. a. m. erklren gegen die Akzente und
verbinden HiD ^JDt^ im Dornbusch wohnt".
Sifre z. St. erklrt:
nion bv nbi:i ^0 psi ntyyty mo ^iDt^ ]i:{-n Josef erfllte den Willen
meines Himmelsthroners, der mir im Dornbusche erschien.
Auch
Targum bersetzt dementsprechend: ^iDti'
der im Himmel wohnt,
(S"'0li'2 nniDK'T) HiD
aber dem Moses im Dornbusche erschienen
ist (iDK3 Ubim nti'O b^)); s. Jalkut z. St. (vgl. Sebachim 116'' und
riNitJ'
Jerus. Megillah Absch. i Hai. 12, an erster Stelle wird rD
Die Akzente knnen aber auch der Auffassung sein,
aufgefat).
da man von einem einmaligen und flchtigem Verweilen nicht
gut 135^ sagen kann, weshalb sie ''iStJ' von HiD teilen.

Nach KautzsCH und den


meisten bersetzern gehrt D'^^DIDH zu Satz ^
Ohne Akzente gelesen kann man auch nicht anders bersetzen.
Nach Raschi z. St.
Richter

(vgl.

ym^

5,

20.

1n'?i

Tosafot zu Pesachim
1D1D1

mte auch

mit Athnach.

Il8'>

D'^^DIDH

Schgw. D^Ot^n ]0)


mit Athnach sein.

Pesachim

118'' "'nDlsn "lH^i D"'OtJ'n ]0 zitiert,

Einflsse

dieser

Athnach.

(Auch
Pesachim

zitiert.)

bm2

Stelle
in

ti'Nn

und

lPl^l

ist

mit

katon 15^ wird D^nDIDH lon^i 'n ]0


)V3 D^^DIDn im"?: '^n p
es:

118'' heit

]trsi ino^"? ''\)'\pi<b

221Dn

Nun wird wohl


aber gerade unter dem

sind die Akzente gesetzt

Moed

D^tJ'::

Wmi

^nsn npi
aus ihren Bahnen
in-^n:

-in

nnp

in^^^j; D^jy

^ddid

haben sich mit


Schildern gewappnet und mit Sisra gekmpft." Es wird eben D^^DISH
mit Satz ^ mit Dm7D0D verbunden, um zu sagen, da die Sterne
Dm^DOO aus ihren Bahnen hinabgestiegen. (Vgl. Jalkut 5 53 Targu m
s. Rdk, Rlbg und Mezudot z. St
Ilty'P

Die Sterne sind

gestiegen,

Ohne Akzente gelesen ist der Vers zu bersetzen: Sie drfen keine Witwe oder Vertriebene zum Weibe nehmen,
sondern nur Jungfrauen vom Samen des Hauses Israel; eine Witwe
Ezechiel 44,

22.

jedoch, die von einem Priester hinterlassen wurde, drfen

Nun

steht

der Vers

n^inn nur fr bMit

sie heiraten."

Dort wird
Widerspruch mit Lev2i,7. 3.
]nD gefordert und den andern Priestern jede
in

27*

FESTSCHRIFT COHEN

420

i^^hm

H^H
rntr "p^ptn^ IBD Menachoth 45 ^). Dieser Widerspruch
wird Kidduschin 78^ dahin gelst: jH^n D^DI ^Hi ]nDn t^n Ip ^n
tDVnn, da der erste Teil des Verses auf den Hohepriester, und der
Schlu desselben auf gewhnliche Priester angewendet wird." Di< "'S
^"Ity Vif nbinn beziehe sich nur auf den b)iy ]nD und sei ParenAuf die Frage, ob es denn solche Verse gebe, verweist
these.
Kidduschin 78'' auf Sam I 3, 3. Dementsprechend auch die Akzente.
Das Athnach mte mit ^"Ity sein, denn "'S ist hier nicht Begrndung.

Witwe zu
n"n pniD

Nun

S^n

durch Athnach von Satz

""D ff.

]ni

Ti^pm

um

getrennt,

darzu-

Es mte aber auch HiO? mit "[riDD


mit Merkah sein. Es wird aber nio'? von

das dies die Parenthese.

verbunden und ni'?


]n30 getrennt,
zieht,

(tiii

nm

wird aber

stellen,

gestattet

heiraten

inp''

um

anzuzeigen, da

p2

sich gar nicht auf

]n30 heit hier: von den Priestern",

drfen eine solche

Witwe

d. h.

niO^S be-

manche

Priester

heiraten, der Hohepriester aber nicht.

Von

Targum: H'inD IXtJ'D. Nach


den Akzenten zu bersetzen: Sie drfen keine Witwe oder Vertriebene zum Weibe nehmen
(d. h. sowohl die Priester als auch
dieser Auffassung geleitet bersetzt auch

der Hohepriester)

nur Jungfrauen

vom Samen

(der Hohepriester); jedoch eine Witwe,

auch nsi^n,
ehe befreit
liche

d. h. eine die

die

des Hauses Israel

nur

Witwe

(aber nicht

durch das Schuhausziehen von der Levirats-

manche von den Priestern (nmlich gewhnnehmen (siehe Jalkut z. St., Raschi, Rdk und

hat), drfen

Priester)

sich

Mezudoth).

An

an welcher Targ.
Jon. von der wrtUchen bersetzung abweicht, ist er von der Tradition dazu veranlat.
Ich zitiere aber Targ. Jon. manchmal auch
dieser Stelle

als einzige

und an den meisten

Stellen,

Quelle fr eine unregelmige Akzentuation, trotzdem ich

da Jonat. immer lter als die


Akzente. Es ist mir aber unzweifelhaft, da dem Targ. alte, uns
unbekannte Borajtot vorgelegen haben. Ich will nur einen Beweis erbringen, da der Targ. nach ganz alten, unbekannten Quellen gearbeitet.
Jora Deah Absch 374 11 bringt Isseries im Namen des
Kolbo, da man beim Tode des ersten Sohnes, oder des Erstgeborenen die gesetzliche siebentgige Trauer nicht abzuhalten brauche.
Isseries erklrt diesen Brauch fr einen Irrtum und die Norm entscheidet nach ihm. Die Quelle fr diesen Brauch findet sich nur in
In Gen 38, 4 erklrt Jonatan den Namen ]i1N mit D13 DT1N
Jonat.
'?2n'? ^12 TnV 'l^y weil der Vater ihn (den zweiten Sohn) einst
damit durchaus nicht sagen

betrauern

wird."

Dem

will,

Targ. war

also

die

Quelle

bekannt,

aus

FLESCH, AKZENTSTUDIEN

welcher der Brauch stammt, da

man beim Tode

^21
des Erstgeborenen

keine Trauerwoche abhlt.

Diese wenigen Beispiele drften gengen, um


meine Auffassung,
da die Akzente von der Tradition beeinflut,
zu rechtfertigen.
Kanitz,

am

??L^^^U^
13.

Mai 1912.

R. Achitubs aus Palermo hebrische bersetzung der

Logica Maimunis.
Herausgegeben von M. Chamizer, Leipzig.

Abhandlung ber logische Terminologie, jr^nn m'?0,


schrieb Maimuni in arabischer Sprache u. d. T. n^i^i^J "'S bt^pO
kurze

Die

ptaiD^N, angeblich auf das

der auch

in die

Kunst des Operierens mit logischen

nur auf krzestem

Das

Verlangen eines schngeistigen Theologen,

Wege

Begriffen, aber

eingefhrt zu sein wnschte.

wohl eine Jugendarbeit Maimunis, zerfllt in


7 in der Ursprache in der
14 Abschnitte, von denen Kapitel i
Pariser Nationalbibliothek (Nr. 412 de l'ancien fonds) und Fragmente
vom 7. und 8. Kapitel in Oxford (Neub. Cat. vol. I, Nr. 2424, 11)
aufbewahrt werden. Eine hebrische bersetzung, die sich ganz
erhalten hat, verdanken wir dem Fleie des Moses Ibn Tibbon (um
1240 1283), der, wie sein Vater Samuel und sein Grovater Jehuda
Schriftchen,

Ibn Tibbon, zahlreiche arabische

Werke aus dem Gebiete

der philo-

und medizinischen Literatur durch hebrische bertragungen den Juden zugnglich machte.
Die Schwerflligkeit der Tibbonidischen Diktion und ihre zusophischen

dem araKommentare

meist unhebrische Ausdrucksweise, die sie allzu sklavisch

bischen

Originale

nachbildeten,

zu ihren Arbeiten ntig.

So hat

machten schon
sich

frh

auch der ungenannte Besorger

des ersten Druckes unserer Schrift (erschienen 1550 bei Justinian in


Venedig) nach solchen umsehen mssen, und es gelang ihm auch,
zwei

Kommentare

aufzutreiben,

deren Verfasser

sie

ausschlielich

zum Nutzen Studierender geschrieben htten, wie auf dem TitelIn neuerer Zeit (1865) gab
blatte dieser Ausgabe zu lesen ist.
D. Slucki den Kommentar von Mordechai Comti(a)no (st. g. 1490)
heraus, der aber zum Verstndnis des Wortsinnes wenig bietet. Ja
selbst

einem Moses Mendelssohn, der bekanntlich einen umfangreichen

FESTSCHRIFT COHEN

424

Kommentar und
Sprache schrieb
weiterte,

1765

Maimunis Logica

eine Einleitung zu
(i.

Ausg. Frankfurt

u. fter),

blieb gar

O. 1761,

a.

manches

2.,

in

hebrischer

bedeutend

er-

soda er zu Beoder einfach: ^b

unklar,

merkungen gentigt war wie: 3"in """l^T^ myta ^Bi,


W)'VS) "^nyi'^; oft ward er aber durch schlechten Text und DruckEinige Beispiele

fehler zu unglaublicher Erklrung mileitet.

unten in den Noten

s.

weiter

zum Texte.

Tibbonsche bertragung den


Bchermarkt ganz; sie ist handschriftlich vielfach in allen groen
Bibliotheken zu finden und diente allen unsern Drucken als Vorlage.
Neben ihr konnte keine andere bersetzung aufkommen. So ist
alledem

Trotz

z.

handschriftlich

ist

Nr. 1204, 4) und nie im

Nicht

viel

vom

spanischen Arzte

vor 1372) ganz unbeachtet geblieben;


nur einmal vertreten (Paris Fonds hebreu,

Joseph Ibn Vives aus Lorca


sie

die

der Logica

hebrische Version

die

B.

beherrschte

(st.

Druck

erschienen.

besser erging es der Arbeit des sizilianischen Gelehrten

R. Achitub, die wir im folgenden

Auch R. Achitub

selbst

ist in

zum

ersten

Male verffentlichend

der jdischen Literatur bisher fast

ganz unbekannt geblieben; man wute von ihm kaum mehr als den
bloen Namen ^, hchstens noch, da er Rabbiner in Palermo war,
wie aus der Polemik des Salomo ben Abraham Adret aus Barcelona
(1235 1310) anllich des turbulenten Auftretens des Mystikers und
Pseudo-Messias

Abraham

Abulafia

aus Saragossa (1240 bis

etwas

nach 1291), besonders aus dem Rechtfertigungsschreiben des letzteren hervorgeht^. Durch unsere Handschrift tritt nun die Persnlichkeit des R. Achitub etwas mehr in die Erscheinung. Sie schmckt ihn
mit den einem Gelehrten und Rabbiner gebhrenden Ehrentiteln.
Auerdem erfahren wir noch, da gleichwie er Arzt war, auch schon
sein Vater, R. Jizchak, die

Noch mehr aber

vereiniofte.*

Ttigkeit,

winnen.

Rabbinerwrde mit dem rztlichen Berufe

in

die

interessiert uns seine schriftstellerische

wir durch unsere Publikation einen Einblick ge-

Seine bersetzung der Logica

schlieende

sowie die sich daran an-

summarische Inhaltsangabe der

D''p12

T'^

zeigen

uns

meinen Aufsatz ber diesen Gegenstand in der Zeitschrift fr hebr' S. ZUNZ, Zur Gesch. S. 515.
ische Bibliographie X, 171 ff.
3 ber Abulafia s. M. H. LANDAUER im Literaturblatt des Orients 1845,
Sp. 381 ff. Sein Sendschreiben bei Jellinek, Auswahl kabbalistischer Mystik,
I. hebr. Abt. S. 1328.
* Nach Jellinek, im r">in Ditsaip, S. 41
Note, soll Achitub noch einen
^

S.

Bruder, R. David, gehabt haben, der ebenfalls Arzt war.

CHAMIZER,

ACHITUBS HEBR. BERSETZUNG DER LOGICA MAIMUNIS 425

R.

sein Geschick

in

der Behandlung philosophischer Materien

in einer

einfachen und leichtverstndlichen Sprache\

R. Achitubs bertragung, noch im

kannt und fter herangezogen

^,

Jahrhundert ziemlich bewar verschollen, bis sie der Herausgeber


1

6.

vor mehreren Jahren durch einen glcklichen Zufall


handschrift entdeckte, welche

in einer

Sammel-

sich jetzt in seinem Besitze befindet.

Eine kurze Beschreibung der ganzen Handschrift mge hier


folgen.

Der Papierkodex, aus dem 1 6. Jahrhundert stammend, mit Ausnahme von Bl. i'' und Bl. 86^ durchweg in deutlicher orientalischer
Kursive von verschiedenen Hnden geschrieben, umfat 86B1I, (21 15;
II), die Kolumne zu 25, selten 26 und 27 Zeilen.
15
Inhalt:
1.
Bl. I *: Gekritzel und Federproben Bl. i
in deutscher Kursive,
:

**,

Gebet am Krankenlager und eine feierliche Totenbeschwrung.


Der Verstorbene mge keinem, er sei Mann oder Frau, klein oder
gro, verwandt oder fremd irgend einen Schaden zufgen, sondern
sich im Grabe bis zur Auferstehung der Toten hbsch ruhig verhalten.
Schliet: ntyn .nn^in^ n^^nb n^onn n^non j^V'^tyo nt |sin
ein

Xty^^uo
2.
3.

nennen

(?)

n)b

i.

Bl.

2 bis 9* leer; g^:

Bl.

10

23

sich: Jizchak

rohe logikalische Figuren.

der Text unserer Publikation.

Hakohen

Als Vorbesitzer

und, nach dessen Ableben, seine

Shne

Aharon und Joseph Kohanim. Auf Bl. 24 26 eine rekapitulierende


Zusammenfassung der voraufgehenden Vierzehn Abschnitte" unter
dem Titel D'^pIS T"* ^t3"lS. Fragment; beginnt gegen Ende von 'n pIS.
S. Anhang I.
Der Sprache nach von demselben R. Achitub stammend.
4.

Beide Stcke bilden den ltesten Teil der Handschrift.


Bl. 26'' 30 leer;
Bl. 31* 32* Mitte: Miszellen, beginnend

|1

ninn hy nan
32*^ eine

dem

4nsiin pns\

II

^: ii: in^^i^ ^1 nt^ i.

Plato zugeschriebene

Bl

32

*>

\\

32 untere Hlfte bis

Anekdote vom Translator

Mitte das bekannte Rtsel des

ber die dem R. Achitub zugeschriebene


GDEMANN, Erziehungswesen in Italien, p. 202f.;
^

Bl.

]2 n^iin

Abraham

kleine Schrift

NJtsri

Ibn

man,

s.

ZfhB. X, p. 172 u. Note.


* Dr. M. Marx teilt in der Zeitschrift
fr hebr. Bibliographie (X, 95) einige
Varianten mit, die im Texte und am Rande seines Exemplars der ed. pr. aus
der Achitubschen Version angemerkt sind. Auch mein Exemplar derselben

Ausgabe weist zahlreiche Lesarten derselben Provenienz auf.


3 Moses di Medina, Sohn des RaSchDaM (lebte im 16. Jahrh.).
* D. i. Honein ben Ishaq, i^K^t Johannitius Chrisanus; s. STEINSCHNEIDER,
Cat. Bodi.

s.

V.

FESTSCHRIFT COHEN

426
Esra:

p Dmn

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nTa1 ^DDn, geht

5.

Von da

Ausgaben

bis Bl. 38* Logikalisches

der Mitte des

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darunter der in unseren

Kap. eingeschaltete Exkurs

7.

Anhang

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7.

S.

40 58^: m

Ende: min

nrnn n n2

bis Bl. 34'' unten.

krzerer Fassung.
6.

nrn-, dann nnv)

'^b

Philosophische

D^IV^ ]min

1Tj;a

Schlieft mit folgenden,


'

stark korrupten Versen:

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Beginnt: .
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86^ ausfhrHcher anonymer Kommen-

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n:i

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in ^n

Dn an y) f^in :ni^j;n.
Bl. 86 b Fragment in deutscher Kursive: nilJpn IVinn *?^nn.
9.
Der Abdruck des Textes erfolgt genau nach der Vorlage.
Von einigen durch berpunktieren kenntlich gemachten Verschreibungen und Dittographien abgesehen, ist die Handschrift leserlich
und ziemlich korrekt. Grere offenbare Auslassungen (wie in Kap. II
Z. 5 u. Kap, VIII Z. 49
53) sind in den Anmerkungen, die im
brigen durchaus nicht erschpfend sein wollen, ergnzt. Plene und
defektive Schreibung, promiscue vorkommend, ist beibehalten.
nVri D'?tyi

Die zuerst geplante Gegenberstellung des Ibn Tibbonschen


Textes behufs leichterer Vergleichung beider Versionen mute mit
Rcksicht auf Raum und Zeit vorlufig aufgegeben werden. Eine
kritische Ausgabe der jVJinn niOU' des R. Achitub unter Heranziehung des arabischen Urtextes und Vergleichung der Tibbonschen

Version behlt sich der Herausgeber fr eine sptere Gelegenheit vor.

Mge

der hochverehrte Jubilar diese kleine

aufrichtigsten

Dankes von einem

seiner zeitlich ersten

freundlich entgegennehmen, die sich


(^;^>6LiJ.\

Gabe

vom

als

Ausdruck

vier

Schler

erkenntnisreichen Meister"

yX.^^) vor rund vier Dezennien in das Vernunftgeschft"

gedanklicher

bung haben

einfhren lassen.

CHAMIZER,

R.

ACHITUBS HEBR. BERSETZUNG DER LOGICA MAIMUNIS

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428

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Anhang.
I.

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mintrnn nonm nsDon nonn nm n^p'pn ib np'?n: amoSn nonn Dio
nytyn nm inxn myi :p^Dion nonn \m ]i:^in nnni niinnn nonm
DV"is '^'^ ''3-iD lon n:iinn iiiij
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90

FESTSCHRIFT COHEN

454

IL

Die

und

II.

I.,

logische Figur.

III.

Fol.

36a
unten

n'?n:m nn^^n n^tapn .Tnnty -jns niitrsin n:ionn


m'pwni monpHn nn nD^n nioo n^nnsi moDn n^ nsrnti^D

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CHAMIZER,

ACHITUBS HEBR. BERSETZUNG DER LOGICA MAIMUNIS

R.

45 5

Anmerkungen
nn2

Einleitung Zeile 6:

Tun'' bsn, bessere Lesart als

)'\)^:)

Viib imi3 ^^K'a

unserer Drucke. Eine hnliche arabische Wunschformel findet sich in Maimunis Schreiben an die Gelehrten von Lunel, abgedruckt in Ozar Nechmad II,
p. 3, Z. 7. Siehe auch Geigers Note daselbst.
I, 4: n^D 1K in der Hs. ausradiert.
In meinem Exemplar der Ed. pr., Vene-

1550 sind diese Wrter mit Tinte berstrichen, wohl Tilgungszeichen.

dig,

II,

Vor

5:

vom

D'OVS^I ungefhr 2 Zeilen

folgendermaen gelautet haben mochten: b^b


n'bb^Ti
a.

R.

n-'p'rn V'3.

der Hs.

In
II

noinn

II,

ri2"no -ipj n

n''^'?3

px vomRande.

die Punktation

bs ";-ioio Ktrian. n

ber nraiB

13:

II,

||

-n

deutet an,

dafj

7: n^tn

II,

steht nvp^n.

II,

14:

es Schreibfehler fr "inai

ist,

||

wie Z. 20.

nn"iB,

I: bj?isn IN

III,

11,9:

jl

"iKai;

nns

27:

ipm

Schreiber bersprungen, die etwa


Kiis'jn ns^nen nnnn n\nn n^oys^i

wbvs

bvhrj, in (pl.

IV, 9: 'n iVN DIN b:,

mN

R. ^n

a.

Z. 25).

mty

]\si.

n IV, 19: In

derHs. din

nsp
mnin,

"lan

iVN mit Tilgungsstrich.


IV, 38: ni2ij?n a. R. nij:n.
IV, 39, 40: n"'n-irnn
wohl Verschreibung fr r3"inDn HT'rin Hier, wie in der Venediger Erstausgabe,
werden 13 Termini gezhlt, whrend in unseren Drucken me 3'"' steht.
V, 7: nach Viso in der Hs. ncN, mit der Verbesserung am R. in inK, Das

e|ij?

||

||

Wort

besser zu streichen.

ist

VI, 3: Hs. riE'nis-an, d.

VII, 8:

VIII, 2:
16.

mio

St.

-iion a.

nwiBion. n VI, 28: nach T^'[pnT\ ist mbinn zu erg.


VII, 64: "Ninn u'p-'nn verschr. f. "KB^n 'n.

i.

R. v.sp. H. nw\i.

a.

R.

-iinc.

||

VIII, 6: nach

||

'J3lp''E'

fehlt

wohl DIN

!?SN,

VIII, 22: nN"'31pB',Scammonium, ein drastisches Abfhrungsmittel.

II

nSBJ>(<>..oi.ft)adstringierendes Mittel.

VIII, 29: TiBlnnDN^O l.riBlon

i|

'D.

||

II

vergl. Z.

VIII, 23

VIII, 30I.:

nixan irp\nn im n^N-iip un.


VIII, 4953: In der Rekapitulation fehlen
Kunstausdrcke Mian, msjn nsN^, m^ian p\n, dbih (nsNbo)
||

die

IX, 26:

X,

I:

myon

n^n

umzustellen.

||

riN n'bpiB,

X, 14 nnsn,

hier fehlt on; in den

X, 3:

u.

D"'t5'''N

verschr. fr m^SB'n

am

Drucken:

nach Anhang I, 23 u. 32/33


Ven. besser nmn. X, 30 h:ih na^B'-ni;
Vielleicht ist ^3^ Verschreibung fr 'bth

in D":" "iiy sind

-ir\r

R.

' 'b.

nmn,

]31N"i^.

ed.

||

"y^B^,

Am

XI, 35-37: von inip^riDiT bis myn fehlt in den Drucken.


Rande meines
Ex. der Ed. pr. steht dieser Passus in folgender Fassung: lann im nip^DDn IHNI
nj>n "imn iniN nipbrion Nnp:i niN^'Ssn jrata UNipa i:k ksdji?. || XI, 74 nach pimn narr
fehlt: n^niyn.
XIII, 10:

1.

den Beispielen
.3j?n

bjji

nniN.

XIII, 14:

II

fr 3313 als t\r\W

33i2n

bj?

fehlt

als

XIII, 34-36 Zu
Drucken die Erklrung:
"cnn 33i3ni n3non 33i3n bv V'-i

Beispiel

nav-

II

lesen wir in den

ncNjn 33i3n dci 'D^own 33i3ni

Dazu bemerkt M. yiNi ^n"' "O nt "73 ))\


itrn^B TiVT V 3B'j?n nj; 'i3i nsntin
'on IN nano 3312 no
Da in unserer Hs. der ganze Passus fehlt, so ist anzunehmen, da er als ursprngliche Glosse vom Rande in den Text hineingekommen war. XIII, 61 Das unverstndliche D"'3n3n DNip der Drucke, worber
alle Kommentatoren, MENDELSSOHN nicht ausgenommen, gestolpert sind, erweist
sich nach unserer Hs. als Verlesung fr D'3n3n riNnp. ber die Homonymie
,

II

von

3113

s.

More

III,

i.

FESTSCHRIFT COHEN

456

Um

an einigen Beispielen zu zeigen, wie die Versionen des Achitub und von
Ibn Tibbon von einander abweichen, seien hier folgende Stze aus dem XIII.
Kapitel gegenbergestellt.

Achitub

Ibn tibbon

y7]

mb

t?ii v^t<

j!no

D''on

niK-in in

'?vi

nirn n"3 by^ n=i=n

'on 23i5ni

33i:ni

^Vi 32"i2n

bj;

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von mb b^xm

23i2n

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1.75:

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Fr 1^3 133 nioisn 'DSn

D"'i1npn,

"jj;

Dunn

nion
|itr^3

unter denen wohl die vor-

sokratischen Philosophen (^yoX)i\) gemeint sind, haben unsere Drucke-. niD'jB'n.


Welches ist die richtige bersetzung.? || XIV 49-51: Die Logik gehre,
nach den Philosophen, nicht zu den eigentlichen Wissenschaften, sondern sei
"nur das Organ, die Propdeutik, ohne welche keine Wissenschaft mglich ist.

Dieser Gedanke

wird so

]Vinn n3Nbo3

mo

"?

by

ausgedrckt:

'Tb

m03nn

i mo"''? ]3n''

'p^3

Bb)ii<

xV n" nsn bu

Di" ^'Jnn

n3ba ^3

'bo "n ah.

Seit der

sich aber der Unsinn "nn bj; fortgeerbt. M. bessert


aber die unglaubliche Bemerkung hinzu: nibn n'3iy 1CS1
31^3 mn "ipi nilD3nn. Also "nn bj;= auf der Hochschule!! Bei Slucki steht "nD
XIV, 77-79: Unsere Drucke:
in Parenthese
XIV, 70: nxp3n.??; 71 nep:n??
"733
?
n-insin
n'^in d-'Idd D"'E31Di^b'?i. Meni"?
ixs"
133
nnv ISS''
"biKi 3-ivn ]wb b
!"
delssohn fat ''b!|1 im Sinne von ^b), mchten doch keine mehr erscheinen

ersten

"nn

in

Druckausgabe hat
131,

fgt

||

||

und knpft daran eine lngere Bemerkung. Htte ihm unsere Lesart: Dm SBC'l
so wre uns das schiefe Urteil ber Maimunis
D''3"i "inv ipnyin nbv vorgelegen,
Wertschtzung der philosophischen Literatur in arabischer Sprache erspart geXIV, 84: nach "iDibsn erg. nsion n3x'7D.
blieben
Z. 36, 74: bV^ D"T = V't D3"D1
Anh. I, Z. 7276 vgl. More I, 6. 28. 44.
b\^2 nn der vom Glck Hochgestellte," ist hier Abbreviatur und epitheton ornans.
Z. 76. 84: das Eingeklammerte vom Herausgeber ergnzt.
II
II

II

Zur besonderen Ehrung des Jubilars wurde fr den Abdruck des seltenen
Buches eine ebenso seltene Type gewhlt, die seit bald 450 Jahren nicht im Gebrauch war. Es ist dies die schne, mit Handschriften zum Verwechseln hnliche Schrift, mit der der Arzt und Buchdrucker Abraham Conat aus Mantua,
teilweise unter Beihilfe seiner Gattin Estella, in den Jahren 1476 und ff. einige Werke
druckte. Die Offizin W. Drugulin veranstaltete von jener Type einen Neuschnitt,
von dem sie alleinige Besitzerin ist. Siehe meinen Beitrag Die Frau im tal-

mudischen Sprichwort"

in

Marksteine aus der Weltlitteratur", Leipzig 1902.

Briefe

von Wilhelm Wolfsohn an Berthold Auerbach.


Mitgeteilt

von LUDWiG GEIGER.

Berthold Auerbachs Namen braucht man

nur zu nennen, und hat

von seiner Bedeutung als Mensch und Dichter


ber Wilhelm Wolfsohn dagegen mu man
weiter zu sprechen.
Einzelnes sagen, um den jetzt Lebenden den Wert dieses Mannes
klar zu machen.
Wilhelm Wolfsohn ist ein heute ziemlich vergessener Schriftsteller, der aber zu seiner Zeit bekannt, ja berhmt war.
Er war in
Odessa am 20. Januar 1820 geboren und starb am 13. August 1865
ntig

nicht

in

Dresden,

gebracht hat.
licher

wo

er

das

Jahrzehnt

letzte

seines

Erdendaseins zu-

Sein Leben war Arbeit und Elend, denn sein krper-

Zustand machte ihm

viel

zu schaffen und auch der

Erwerb

und eine starke Familie bereitete


ihm viel Qual. Trotz aller Nte brachte es Wolfsohn zu Ansehen
und Ruhm. Und zwar in dreifacher Beziehung. Zunchst war er
nach dem Zeugnis keines Geringeren, als Georg Ebers, ein Vorleser
und Redner allerersten Ranges, der in seinen in Deutschland und
Ruland gehaltenen Vortrgen ber Wesen und Bedeutung der
groen deutschen Klassiker und russischer Schriftsteller seine zahlreichen Zuhrer unterrichtete und begeisterte.
Sodann verstand er
es in hervorragendster Weise die russische und nordische Literatur
berhaupt in mustergltiger bertragung dem deutschen Publikum
vorzufhren und die Aufmerksamkeit der Deutschen auf entlegene
des Lebensunterhaltes

Kulturen

in

einer

fr

sich

Epoche zu

lenken,

in

der

man

in

Deutschland

wenig von Ruland wute und noch gar keine Anregung durch seine
Schriftsteller empfangen hatte.
Endlich war er ein begabter Poet:

dem es nicht nur gelang, Werke der stlichen Literatur


dem Geiste des Originals anzupassen und doch wie Klnge

ein Lyriker,
feinfhlig

FESTSCHRIFT COHEN

458

der Heimat ertnen zu lassen, sondern


die

Empfindung

und Liebe zu
schrieb

ferner

dem

es auch

gegeben war,

seines Innern in Liedern auszustrmen, Freundschaft

Natur und Vaterland zu verherrlichen. Er


einige wohlgelungene Erzhlungen und hatte das

preisen,

durch drei Dramen whrend der 50er und 60er Jahre des
vorigen Jahrhunderts auf deutschen Bhnen festen Fu zu fassen.
Glck,

(Ausfhrlich ber Wolfsohns literarische Ttigkeit habe ich in

Jahrbuch

fr jdische Geschichte und Literatur 191

dem

Seite 163 bis

197 gehandelt.)
Fast mehr noch denn als geistiger Arbeiter verdient Wolfsohn

Mensch

Aufmerksamkeit und Beachtung des geg-enwrtigen


Geschlechts. Er war, ohne besonders religis zu sein, ein charaktervoller Bekenner des Judentums, dem er entstammte, lehnte eine ihm
angebotene Professur in Odessa ab, weil er den bertritt zum
Christentum nicht vornehmen wollte, den man von ihm verlangte,
besang in seiner Frhzeit die Kmpfe fr Emanzipation und Reform
seiner Glaubensgenossen, und blieb, auch nachdem er eine Christin
heimgefhrt und seine Kinder im Glauben der Mutter hatte erziehen
Er war ein trefflicher Sohn,
lassen, dem vterlichen Glauben treu.
von innigster Familienanhnglichkeit erfllt, ein zrtlich liebender
Gatte und Vater. Bei aller Anhnglichkeit zu den Blutsverwandten
trug er in sich das tiefe innerliche Verlangen nach Freundschaft.
Nicht nur zu den Kameraden seines Strebens und seines Berufes
denn dazu war er zu sehr ein Einsamer, abgeneigt und Feind jeder
Cterie, sondern zu solchen, die seinem tiefen und reichen Gemte
Nahrung gaben und von ihm mit zrtlicher, aber nicht weichlicher
Neigung umfat wurden. Das waren besonders Theodor Fontane
und Berthold Auerbach. Es waren zwei Groe im Reiche des
Geistes, die den hinter ihnen Zurckstehenden seine geringere Bedeutung nie fhlen lieen, sondern das Treffliche in dem Menschen
schtzten, zwei Hochstehende, denen der minder Erfolgreiche nicht
etwa mit kriechender Demut und ungestmer Lobhudelei sich aufdrngte, sondern die er von ihren Anfngen an treu und anhnglich
begleitete. Liebevoll und tatkrftig, ein wenig eiferschtig und doch
Er ward nicht etwa allein durch
nicht bermig anspruchsvoll.
diese hochmgenden Genossen gefrdert, sondern er, der sich selbst
recht grndlich zu plagen hatte, war stets bereit, den hher Begnadeten mit Rat und Tat zu helfen. Namentlich Fontane gegenber, der lange auf den Ruhm warten mute, war er der unermdlich Frdernde.
Schon in den 40er Jahren machte er in seinen
als

die

4,

GEIGER, BRIEFE

Petersburger und

Kolonie und

die

VON WILHELM WOLFSOHN AN BERTH. AUERBACH

459

Warschauer Vorlesungen die dortige deutsche


des Deutschen beflissenen Russen auf Fontanes

und sonstige Gedichte aufmerksam, zu einer Zeit, da in


Deutschland noch wenige von ihm wuten. Er bemhte sich, dem
dichtenden Freunde einen Verleger fr sein Erstlingswerk von der
schnen Rosamunde" zu verschaffen und wagte manche Versuche,
das Werk durch Vorlesungen von Rezitatoren bekannt zu machen.
Er strengte sich an, ihm Korrespondenzen zu verschaffen, sah aber
seine Muhen wenig belohnt, besprach, wo es nur anging, seine Gedichte und ging, soweit seine Krfte reichten, auf die Bitten Fontanes
In dem Briefwechsel
ein, ihm einen Redakteurposten zu verschaffen.
mit Fontane ist er bestndig der Drngende, der das Band zu erhalten sich bemht, wenn der leicht mrrische und unzufriedene
Freund schweigt. Da die Herzlichkeit der Verbindung auch in den
letzten Jahren nicht aufhrt, ist wesentlich Wolfsohns Verdienst.
Whrend diese schne, echt menschliche Beziehung seit einiger
Zeit allgemein bekannt ist (Briefwechsel Wolfsohn-Fontane, Berlin
19 10) ist man ber die Beziehungen Wolfsohns zu Auerbach nur
Beide Mnner haben viel Gemeinsames in
einseitig unterrichtet.
ihrer Dichtung, obgleich Wolfsohn darin gewi der Minderwertige
war. Edle Menschlichkeit eignete ihnen beiden, gleich waren sie in
Die beiden Mnner beihrer Treue zu Deutschtum und Judentum.
freundeten sich whrend ihres gemeinschaftlichen Lebens in Dresden
in den 50er Jahren. Ein Zeugnis ihrer Freundschaft ist der erhaltene
Briefwechsel.
Die Briefe Berthold Auerbachs sind seit vielen Jahren
in der Zeitschrift Nord und Sd" Band 42 Heft 125 und 126
Seite 288
298 und Seite 421
436 gedruckt; die schnen Worte,
mit denen Auerbach den Tod Wolfsohns beklagte, sind in meiner
ausfhrlichen Skizze ber Wolfsohn (Jahrbuch fr Geschichte und
Literatur 191 1 Seite 196) mitgeteilt.
Von den Briefen Wolfsohns
an Auerbach, deren Originale mir aus dem schwbischen Schillerarchiv in Marbach anvertraut wurden, habe ich einige in der SonnBalladen

Mrz 1912 zum Abdruck gebracht; an dieser Stelle mgen noch einige folgen mit
einem kleinen Kommentar, der nicht den Anspruch erhebt, der
leichten Ware wissenschaftliche Schwere zu geben.

tagsbeilage der Vossischen Zeitung, Nr.

9,

3.

I.

Den Anfang mache


Deborah.

Es

bleibt

ein

undatiertes Gedicht

recht auffllig,

da whrend

ber Mosenthals
ein

christlicher

FESTSCHRIFT COHEN

460

Forscher wie A, Schnbach noch 1885 das Werk als das populrste
Drama des Jahrhunderts nicht nur in Deutschland, sondern in fast
allen Kulturlndern" bezeichnete, unser jdischer Dichter sehr stark

mit

dem Werke

Die Verse lauten:

ins Gericht ging.

Und fragt Ihr


Wie man Debora
Einregistrier'

In die Bhnenflora?

Ein jdisch blmelter

Verchristentmelter

Kotzebuezerkrmelter

Edelmut,
In Mosenthalischer

Nonsensikalischer

Hundsloyalischer

Wedelwut!

Wolfsohn sein Drama


Zar und Brger" (vgl. Jahrbuch Seite 181 f.). Es war 1853 in mhseliger Umarbeitung fertig geworden. Fontane hatte es sehr gelobt;
fr Wolfsohn war es, wie er schrieb, der schnste Abend, an dem
er sein Stck Berhold Auerbach und Otto Ludwig vorlesen konnte.
Der in unserem Briefe genannte Devrient ist Eduard, der damals
Leiter der Hofbhne in Karlsruhe war, mit dem Wolfsohn in freundDer am Schlu Erwhnte ist der
schaftlicher Verbindung stand.
berhmte Schauspieler Emil Devrient (1805 1872), der damals eine
Hauptsule des Dresdener Theaters war. Auch mit ihm stand, wie
aus Houbens Biographie hervorgeht, Wolfsohn in gelegentlicher
Mit

dem

brieflicher

ersten dadierten Briefe sendete

Verbindung.
23- 8. 53-

Mit den wesentlichen Vernderungen, die ich noch vorgenommen,


machte es sich so. Schon einen Tag nach Ihrer Abreise von hier

gab ich dem 5. Akte seine


Ludwig gelesen, welchem
Devrient.

In Karlsruhe,

aufgenommen,

Tage

zu.

in

jetzige Gestalt.

dieser Schlu

wo

ich,

Nachdem
sehr

ich ihn

gefiel,

eilte

unserm
ich

zu

von Devrient auf das Herzlichste

dessen Haus wohnte, brachte ich fnf angenehme

Devrient war mit meiner Umarbeitung vollkommen ein-

GEIGER, BRIEFE

VON WILHELM WOLFSOHN AN BERTH. AUERBACH

46 1

und wies mir nur noch im Interesse der Bhne, die


Notwendigkeit nach, den Prinzen Alexej, der allerdings nur als
Figurant auftrat, ganz hinter die Kulissen zu bringen, ebenso auch
den Priester zu entfernen. Ich tat beides, krzte noch mancherlei,
und Devrient sagte: fertig! Er akzeptierte es sodann fr die Karlsruher Bhne, wo ich schon im Herbst eine Auffhrung zu erwarten
habe. Hier in Dresden hngt noch sehr viel von Emil Devrients
verstanden,

Gnade

ab.

Unter den Briefen finden sich hufig stimmungsvolle Gedichte,


manche allgemeiner Natur, manche auch von dem persnlichen Verhltnis

mgen

der Freunde
die

Kunde gebend.

folgenden

dienen,

anlassung sich nicht darlegen

Als Beispiele fr diese Verse


freilich eine

fr die
lt.

bestimmte Ver-

Sie lauten:

3-

Und

ists

nur Tag!

Ob mancher Tag

Der dunklen Nacht auch

Ob auch

gleichen mag,

Sonnenschein
In Sturm und Regenschauer
verhllt der

mu am Himmel

Die Sonne

Tag

ist

Und

bleibt nur Treue!

Uns

der Sonne Dauer!

hei

Mag noch

umwehn

Mag denn auch

des Zornes Hauch,

so fern der Liebe Schein

Entfliehn in stolzer Trauer

Die Liebe

Treu

ist

sein,

mu

im Herzen

sein,

der Liebe Dauer!


4.

Wer

Dich mit groem Mae mit.


Erweise Dich ihm nie zu klein:

Du bist nur, was Du Andern bist,


Und machst Du stolz, so darfst Du's

sein.

Dresden, 25. Mai 1854.


5-

Franz Nissel, von

dem im

Schauspieler und Dichter 1831

nchsten Briefe gehandelt wird,

1893,

ein bekannter

auch

viel ver-

FESTSCHRIFT COHEN

462

leumdeter Verfasser von Buchdramen (einmal 1877 mit dem Schillerpreise gekrnt), hatte 1858 ein Schauspiel Heinrich der Lwe" verffentlicht,

das hier gemeint sein drfte.

Pabst,

Julius,

1817

1881

war eine Zeitlang Erzieher im Hause des Generaldirektors v. Lttichau gewesen (vgl, unten), wurde am i. Januar 1856 Sekretr und
Dramaturg bei der Generaldirektion der Hofkapelle und des Hoftheaters in Dresden und wirkte in dieser Stellung 25 Jahre lang mit
Banck, Otto Alexander 1824 1897, Literaturgutem Erfolg.
und Kunstschriftsteller, seit 1865 in Dresden, Redakteur verschiedener
Jourale, ein feinsinniger Kritiker, dessen auch in Buchform erschienene

Arbeiten Kritische Wanderungen

in

drei

Kunstgebieten",

risches Bilderbuch" sich lange Zeit als ernste

Leserkreisen sich groer Gunst erfreuten.

v.

Litera-

Lesebcher in weiten
Lttichau, General-

direktor des Dresdener Hoftheaters.

uerung zweiter Geburtstag" bezieht, ist


nicht recht klar, Auerbachs Geburtstag ist bekanntlich am 28. Februar.
Auch der Tag, an dem der berhmte Schriftsteller nach Dresden
bersiedelte, kann nicht gemeint sein, denn der Dresdener Aufenthalt hatte nicht im Mrz, sondern im Hochsommer und nicht etwa
Der Brief, dem diese Be1858, sondern bereits 1849 begonnen.
merkungen gelten, lautet folgendermaen:

Worauf

sich die

Dieser Franz Nissel, liebster Freund, ist


schuld, da ich heute nicht sprechen kann.
aus

dem Theater

an,

etwas

keiner zu

wie

bertrieben

hat,

diesen

zweiten

verstanden.

Akt habe
Sie

seit

begreifen,

soundsoviel Jahren

was

ich

darauf er-

Ich glaube inde noch heute nicht, da mein Zorn

wenn

er die

Bemerkung dagegen

noch lngeren Reihe von Jahren

Bhne gebracht worden.


zwischen lt Papst
sich auf der

Papst fngt damit

mit Pabsts nach Hause gingen.

machen

widern mute.

zum groen Teil daran


Es traf sich, da wir

Bhne

fallen,

sei

setzte,

in

einer

kein grerer Stmper auf die

und inEin Wort gab das andere


schn whrend der Darstellung htte es

verbreitet,

wie sehr

unsere unverkennbare Mibilligung auf die


gewirkt und dasselbe gegen

Banck und ich, durch


Stimmung des Publikums

wir,

das Stck eingenommen.

Was

sagen

Gegenwart der
Frauen, was ich von dieser nichtswrdigen, gemeinen Spionage halte,
erklrte, da es mein Erstes sein wrde, Herrn v. Lttichau meine
Meinung darber zu sagen. Pabst beschwichtigte so gut er konnte,
man habe nicht gerade mich beschuldigt, sondern nur bemerkt, aus
Sie dazu?

Ich loderte auf und erklrte rundweg

in

VON WILHELM WOLFSOHN AN BERTH. AUERBACH

GEIGER, BRIEFE

wo

463

Banck und Schmitz gesessen und dergleichen.


Die Frau benahm sich taktvoll und machte Pabst darauf aufmerksam,
ich mchte doch vielleicht als dramatischer Dichter und Kritiker es
der Gegend,

ich,

besser verstehen,

er sei

sehr

zu

vom

Interesse

der Direktion be-

wurde von Pabsts noch ins


Haus gezogen, mute nach lo Uhr mit meiner Frau dort Tee
ich Tor!
noch gegen
trinken, erhitzte und zerredete mich
zwei Stunden, hatte eine elende Nacht, gestern einen noch elenderen
Tag und laboriere noch heute an Brust- und Kopfschmerzen.
Und nun zwei belstnde, zwischen denen ich whlen mute.
Entweder den Vortrag ber Don Karlos, einen Lieblingsgegenstand,
mit halber Kraft halten und den Eindruck der frheren schwchen
oder das Publikum schlimmstenfalls ber den Aufschub ein wenig
Die Wahl war nicht zweifelhaft: ich mu mein
rsonnieren lassen.
Bestes geben. Und heute ist es noch nicht soweit, da der Bien'
mu. Ich werde noch rechtzeitig fertig.
Pfui ber diesen Hohenstaufischen Theaterdreck! Es ist schade
um einen anstndigen Menschen, der sich daran abrgert.
Morgen also Ihr zweiter Geburtstag in diesem Jahre. Den
knnten Sie in Gemeinschaft eines gewissen Freundes feiern
fangen usw.

Ich

wetterte

aber

fort,

mit

19.

nun, gleichviel womit.

Mrz 1859.

Whrend

Ihr Wilhelm.

bisher persnliche

und

Angelegenheiten
nun das gemeinschaft-

literarische

den Inhalt des Briefwechsels ausmachten, tritt


liche Interesse fr die ffentlichen Dinge in seine Rechte. Auerbach
und Wolfsohn waren Juden und besaen ein lebhaftes Mitgefhl fr
das Unrecht, da ihren Glaubensgenossen zugefgt wurde, fr das
Eines der letzteren war der furchtbare Brand,
Unheil, das sie betraf.
der im Mai 1859 in Odessa und Brody ausbrach und in beiden
Stdten die dort beraus zahlreich wohnenden Juden schwer schFr Wolfsohn war das Ereignis um so schmerzlicher, als in
digte.
dem letzteren Ort 'ein von ihm hochgeschtzter Onkel mit seiner
zahlreichen Familie, an ersterem seine Schwester wohnte. Trotz der
Aufregung, in die unser Briefschreiber durch diese Nachricht geriet,
blieb er literarisch eifrig ttig und verffentlichte gerade in jenen
Tagen eine sehr gnstige Rezension ber das damals erschienene,
keineswegs allgememein anerkannte Trauerspiel Gustav Freytags
Die Fabier".

ber

die folgenden Briefe.

letzteres wie ber die

Brandgeschichte handeln

FESTSCHRIFT COHEN

464

6.
19.

5.

56.

da ich Ihnen jede Nachricht aus


Odessa und Brody mitteile, die mir zuginge. Da ist ein Brief meines
Onkels; ich habe ihn soeben erhalten. Schicken Sie ihn mir gleich
Auch meine Schwester hat mir geschrieben, aber noch vor
wieder.
den Ereignissen, von denen die Zeitungen erzhlten. Da indessen
von letzteren nichts weiter verlautet, so kann ich mich wohl darber
beruhigen.
Auch da mein Onkel in Brody so gut weggekommen,
erkenne ich als ein auerordentliches Glck
aber darum hrt das
jammervolle Schicksal dieser Stadt nicht auf, mich tief zu schmerzen.
Ich habe den Hilferuf veranlat, den Sie heute und morgen im
Dresdener Journal finden. Infolge davon hat das Ministerium zugestanden, da auch die Redaktion des Dresdener Journals sich
erbiete, Beitrge zur Linderung der Not in Brody anzunehmen.
Auerdem werde ich wahrscheinlich schon Sonntag zu diesem Zweck
eine Vorlesung in Leipzig halten.
Sie sollen alles nhere erfahren.
Ich gehe brigens nur auf einen Tag hin. Die Vorrede zur ,, Osternacht" schicke ich Ihnen vielleicht morgen. Meinen Artikel ber
Die Fabier" wird einer Zuschrift der Redaktion zufolge (im Betref
der nchsten Nummer) wohl noch einmal geteilt werden.
Sie wollten,

lieber Freund,

7.

Da

der folgende, undatierte Brief aus

1861 sein mu, geht aus den

am

dem Ende

des Jahres

Schlu stehenden Glckwnschen

kommende Jahr 1862, sowie aus Berthold Auerbachs Antwort vom 31. Januar 1862 hervor. Der grte Teil des Briefes, den
ich in dem Folgenden ausgelassen habe, bezieht sich auf die von
Wolfsohn geplante russische Revue. Es war ihm dafr von dem
fr

das

russischen

Ministerium

eine

bestimmte Untersttzung

versprochen

Sendung aller Zeitschriften in Aussicht gestellt worden.


Infolge eines Wechsels im russischen Ministerium wurden diese Verheiungen zurckgenommen, und Wolfsohn sah sich in der unangenehmen Lage, sich alle Zeitungen und Zeitschriften auf seine
Kosten kommen zu lassen und statt einer erheblichen Frderung
durch das russische Ministerium, die Herausgabe der Zeitschrift auf
eigenes Risiko zu versuchen. Neben der breiten Errterung dieser
und auch

die

Angelegenheit stehen auch lngere Auseinandersetzungen darber,


ob es angemessener sei, die Zeitschrift monatlich oder vierteljhrlich

|..

GEIGER, BRIEFE

VON WILHELM WOLFSOHN AN BERTH. AUERBACH

465

erscheinen zu lassen und Aufforderungen an den Freund nun seinerseits

durch Empfehlung

des

Prospektes

in

der Augsburger All-

gemeinen Zeitung etwas fr die Sache zu tun. Das Letztere mute


Auerbach ablehnen, da er, wie er schrieb, seit vielen Jahren nichts
Wolfsohns Auseinanderfr die Allgemeine Zeitung getan htte.
setzungen sind fr die Schwierigkeiten, die im Jahre 1862 bestanden,
eine Zeitschrift ins Leben zu rufen, zwar recht interessant und legen
ein deutliches Zeugnis fr die uerst mhevolle Ttigkeit Wolfsohns
ab, knnen aber doch, da sie gar zu ausfhrlich sind, hier nur angedeutet werden. Es handelt sich dabei um die russische Revue,
die wenig spter zu einer nordischen Revue" erweitert wurde.
Koburg. Um was es sich bei dieser Andeutung handelt, geht aus
Auerbachs Antwort vom 31. Januar 1862 hervor. Auerbach schrieb
mit dem Herzog von Koburg sollen Sie nur vorerst in Verbindung
treten.
Weiteres wird sich dann schon ergeben. Sparen Sie das
Geld und die Zeit fr diese Reise nicht und schreiben Sie an
Meyern, da ich Ihnen im Auftrage des Herzogs gesagt, da Sie zu
einem Besuch kommen mgen und wann dies nun gelegen sei".
Das Goethebuch ist Auerbachs Vortrag Goethe und die Erzhlungskunst", den Bettelheim Seite 2']^ wohl mit Recht ziemlich
khl behandelt gegenber den enthusiastischen Ausdrcken, die
Wolfsohn an unserer Stelle braucht.
Die Waldknigin ist ein
mit Auerbachs Billigung gearbeitetes Volksstck von Kern, das aber
durchaus keinen Anspruch auf dramatischen Wert machen darf. Es
hatte auch, wie Auerbach in dem nher erwhnten Antwortschreiben

zugestand,

recht

geringen

Erfolg.

Carus' Jubilum

ist

das

von C. G. Carus (1789 ^1869). Carus


hatte als Mediziner, Knstler und Kunstschriftsteller groe Bedeutung
erlangt und gehrte zu den angesehendsten Persnlichkeiten Dresdens.
Doktorjubilum

50jhrige

Lieber, teuerer

Im Zug
vernichten.

wie Sie.

(Ende

Freund Auerbach!

61.)

der hchsten Freude hie Schiller unser Schuldbuch


Ich wei, niemand folgt ihm darin so leicht und gern,

Kann

es

aber eine reinere Knstlerfreude geben,

als die,

Oder sollten Sie


mit Ihrem Edelwei" einen Triumph gefeiert

mit welcher Sie das alte Jahr abschlieen durften?


nicht wissen, da Sie

haben, wie

keinen

seit

nicht wissen, da selbst

Ihren ersten Dorfgeschichten?

Sollten Sic

Gutzkow zugestehen mute:

das

Ja,

30

ist

ein

FESTSCHRIFT COHEN

466
schnes

Buch?"

Sie

Sollten

darber beredt wird?

Da

in

nicht wissen,

da unser Carl Blanck

den Augen Ernst Fischers, wenn er

Empfindung perlt?" Sollten Sie nicht


wissen, da in dem Hause Wolfsohns dieses Buch garnicht zur Ruhe
kommt, da Frau Emilie Wolfsohn soundsoviel Tage hindurch jeden
von Edelwei

den

Augenblick,

durchbruch

spricht,

die

oft hart

Zhne-

laborierenden Valeria abgewinnen konnte, diesem

Buche gewidmet hat? Sollten Sie


Doch
erfahren Sie es von mir.

ich zu reden

am

der Beschftigung mit ihrer

sie selbst

alles

das nicht wissen?

nicht

von Ihrem Edelwei wollte

Gut, so

anfangen, (worber ich trotz aller Arbeitsberhufung

Ihnen doch meine Meinung gedruckt mitteilen werde)

'

sondern

von Ihrer edlen Weise (welch gelungenes Wortspiel!), Schillers


Ruf zu beherzigen. Nun ist ein Briefschuldbuch auch ein Schuldund sehen Sie, darauf bin ich jetzt aus. In Ihrer Herzensbuch
freude vernichten Sie mit dem beginnenden Jahr Ihr Briefschuldbuch.
Und ist das zu viel, so streichen Sie wenigstens darin das Konto
Ihres Wilhelm, das sein Gewissen peinlich belastet. Ach, liebster
Freund, und doch ist mein Gewissen gegen Sie so rein, wie meine
Sehnsucht nach Ihnen gro ist. Von meinem Gedankenverkehr mit
der versteht sich von selbst
aber ich
Ihnen ganz abgesehen
spreche auch tglich so viel von Ihnen, da meine Jungen garnicht
In August
aus der Gewohnheit kommen nach Ihnen zu fragen.

scheint

frmlich ein

ber sein Alter hinausgehendes

Zusammenhanges mit mir

sich fortzusetzen.

Er meinte

Gefhl Ihres
neulich, das

whrend
Und Mathy fordert mich wiederholt auf, ihn nach
ich hier bin.
Berlin mitzunehmen. Den Gru der beiden sollen Sie hier im Bilde
Nehmen Sie's als Neujahrsgeschenk aus meinem Hause;
erhalten.
die andern zwei werden sich Ihnen auch gelegentlich prsentieren.
Ich kann und will Ihnen nicht umstndlich auseinandersetzen,
warum ich so lange geschwiegen. Da sehr, sehr Vieles mich vom
Schreiben an Sie abzog, wie oft ich auch schon angesetzt, werden
Sie mir doch ohne weiteres glauben. Ich fhle inde wohl, da ich
das gut zu machen habe, und einfrallemal, das soll anders werden
von nun an, das werden Sie sehen!
Dis Vorarbeiten und Anstalten zur Russischen Revue" haben
mich sehr abgehetzt
Es ist sehr schn, da Sie in Coburg an mich gedacht, aber
ich bilde mir ein, da Ihnen doch irgend ein greifliches Resultat
Denn um nichts weiter als die
dieser Reise fr mich vorschwebt.
ginge doch garnicht, da Sie so lange

in Berlin

blieben,

VON WILHELM WOLFSOHN AN BERTH. AUERBACH

GEIGER, BRIEFE

467

Ehre, des Herzogs Gast zu sein" wrden Sie mich doch keinesfalls
zu einem gegenwrtig fr mich doppelt schweren Zeit- und Geldopfer bestimmen.

Bitte,

verraten

Sie

mir Ihre Gedanken darber

und geben Sie mir einen Wink, in welchem Sinne ich an Herrn
von Meyern schreiben soll.
Ihr Goethebuch
das heit Ihr Vertrag
ist auf dem Felde
der Kritik ein fast noch glcklicherer Wurf als Edelwei in der Poesie.
Ich habe Marchand veranlat, die ganze Abhandlung fr die Revue
Germanique zu bersetzen.
Da Ihnen die Waldknigin" Vergngen gemacht, freut mich
aufrichtig.
So haben Sie doch das Vergngen davon als besten
Gewinn. Dramatisch ist der Stoff nicht, dabei bleibe ich, wenn ich
auch die Behandlung noch nicht kenne (Pabst hat mir das Buch

versprochen,

aber nicht geschickt); ein paar wirksame


Szenen denke ich mir recht gut, doch das reicht nicht aus. Inde
ist das Ding einmal auf der Bhne, so mag es weiter wandern
ich wnsche ihm von Herzen Glck, fliet doch Ihr Blut darin. Wie
ich hre, wird es demnchst in Knigsberg gegeben.
Ich eile nun zum Schlu.
Habe noch viel Briefe heute zu
schreiben. Meine geschftliche Korrespondenz betrgt durchschnittbis

jetzt

lich 5

Briefe jeden Tag.

Denken

Sie nun, wie mir zumute war,

auch auf ein paar Wochen wirklich federlahm" wurde, wie


mich schalten, aber nicht im figrlichen, sondern im wrt-

als ich

Sie

Von
Rheuma an

wurde ich von einem


der rechten Hand befallen und konnte dieselbe
garnicht bewegen.
Ich mute alles, was ich zu schreiben hatte,
meiner Schwgerin diktieren. Auch beim Carus-Jubilum war ich
von diesem bel noch nicht befreit. Man zog mich aber zu dem
Feste, denn
hie es
Sie sprechen ja nicht mit der Hand".
Wirklich bekam mir die Rede sehr gut.
Gleich nach dem Feste
befand ich mich wieder wohl.
Also, mein teurer Freund, auf baldig Wiederschreiben!
lichen

Sinne.

heftigen

Leipzig zurckgekehrt,

Mge Ihnen das

Jahr 1862 den herrlichsten Sonnenschein bringen.

Meine Frau und alle


Ihrem ganzen Haus.

die Meinigen

senden Glckwnsche und Gre


Ihr Wilhelm.

Damit mgen diese Mitteilungen abgeschlossen sein. Sie geben


Kunde von dem harmonischen Freundschaftsbunde zweier Edlen, in
welchem der weniger Erfolgreiche, Krnkliche, vom Schicksal arg
30*

468

FESTSCHRIFT COHEN

Mihandelte doch keineswegs nur


fangende,

sondern frohmutig

als

und

der Hilfeheischende und

stark

als

der

Emp-

Spendende und

Frdernde erscheint.
Diese kleine Gabe, Reliquien tchtiger Mnner, darf ich Ihnen,
hochgeehrter Herr, wohl zu Ihrem 70. Geburtstage mit einem ehrlich gemeinten Glckwunsche berreichen. Sind beide Mnner auch
nicht Ihre Fachleute und darf auch ich mich nicht zu dem engeren
Kreise Ihrer Fachgenossen rechnen, so kenne ich Ihren feinen
sthetischen Sinn, ihre weite und tiefe Teilnahme an allem, was

Dichtung und Kunst betrifft genugsam, um zu meinen, da diese


Und dies um so mehr,
kleine Spende Ihnen willkommen sein wird.
als die beiden Mnner, von denen hier die Rede ist, deutsche Juden
waren, treu ihrem Glauben, gern bereit fr die Verfolgten mit Wort,

und Tat einzutreten, im innersten Herzen erglht fr deutsche


Gre und fr die Herrlichkeit der deutschen Sprache und Dichtung.
Schrift

Die Nchstenliebe im Judentum.


Eine historische Studie von Dr. K. KOHLER.

Religise

Vorurteile sind schwer auszurotten, und

schaftliche

Schrifttum

sie

vermgen wissen-

Gegenbeweise wenig, besonders wenn


mit gttlicher Autoritt versehen hat.

ein heiliges

Wie

der

Ahn

Jacob in dunkler Nacht gegen jene Himmelsmacht kmpfen mu,


die ihm die Hfte verrenkt, bei Tagesanbruch aber vom Gegner als
Sieger anerkannt wird, so mu noch heute der Jude sein gutes Anrecht auf seine Lehre universaler Menschenliebe sich erkmpfen,
bis

die

Sonne wahrhaft geschichtlicher Erkenntnis der Religionen

und Religionsurkunden ber die Streitenden aufgegangen sein wird.


Nun aber mangelt es an tiefem geschichtlichen Einblick und Urteil
noch auf allen Seiten gar sehr. Wie vieles zur Klrung des Denkens
geschehen mu, zeigt unter anderem das schne Werk Ethik des
reinen Willens" von Hermann Cohen, dem zu seiner Jubilarfeier
diese Bltter gewidmet sind.
Ich bergehe, was derselbe ber die jdische Lehre von der
Gottes- und Nchstenliebe' geschrieben, und knpfe an das von ihm
im ebengenannten Werke S. 207 Gesagte an: Wie ist die Nchstenliebe berhaupt entstanden?" fragt er, und die Antwort lautet also:
Tm hebrischen Urtext heit es: Liebe Deinen Re'a als Dich
selbst. Re'a ist der Andere. Der Ausdruck wird sogar von zwei

Ngeln

(?>

(Stcken

Genesis

15, 10?)

gebraucht, die zueinander ge-

aber der Nchste geworden ? Die


ttAtjo-ios (genauer o ttXi^o-iov
Septuaginta bersetzt Re'a mit Nachbar

hren.

Wie

ist

aus

dem Andern nun

Die Nchstenliebe im Talmud. Ein Gutachten", 1888, und Liebe und


Gerechtigkeit in den Begriffen Gott und Mensch" in Jahrb. fr Jdische Gesch.
^

u.

Literatur", 1900.

FESTSCHRIFT COHEN

470

Dieser Ausdruck nimmt auch in

scilicet wv).

dem klassischen GrieUnd in der rmischen

Nhe an.
Verwandten die Nahen

chisch die erweiterte Bedeutung der

(propinqui).
Wenn
Sprache sind ja die
nun im lateinischen Sprachgebrauch Re a mit proximus bersetzt wird,
whrend die Vulgata dagegen mit dem nicht minder verfnglichen
Amicus bersetzt, so scheint durch den Superlativ der Positiv der
Verwandten berstiegen zu sein. Also sind zugleich mit den Blutsverwandten auch die Stammesverwandten bertrofifen, und welche

Nhe und Freundschaft knnte es


welche die Menschen in engere Verbindung
andere

noch geben, in
sich zusammenfgten?

sonst

wei abeV, wie schwer und verhngnisvoll fr das sittliche Bewutsein der Fortgang der Kultur diese Frage beantwortet hat.

Man

und Stamm hat der Glaube die Menschen verkettet.


Und der Genosse des Glaubens wurde zum eigentlichen Haus-

Nher

als Blut

genossen

(oiKiT-qs

Trjs

7rio-T0Js),

er erzeugte

jedoch unvermeidlich die

Ausnahme von der Regel der Nchstenliebe. Er wurde


zum Nchsteren. Man kann es bei HuGO Grotius gewahren,
man braucht dafr nicht auf die scholastische Literatur zurckzu-

legitime

greifen,

wie die Kriege mit den unchristlichen Vlkern dadurch ge-

rechtfertigt werden."

Gehen

Soweit Professor COHEN.

sprachlichen Beobachtungen etwas geallen Sprachen verdichten sich Worte allmhlich zu


und schwankt deshalb vielfach ihre Bedeutung. Das

wir nun diesen

nauer nach.

In

festen Begriffen,

Rea

Verkehren, Genossenschaft haben mit


Jemandem) bedeutet ursprnglich Genosse, Freund, ward aber allBruder", zum Nebenmann oder Anderen
mhlich, gerade wie ah

biblische

(von ra'ah

erweitert.

Zugegeben nun, da

ausschlielich nationalen

die

mosaische

Gesetzgebung

einen

Charakter trug und auch das talmudische

Zivilrecht unter syrisch- rmischer Herrschaft diesen Charakter beibehielt, wie die Mischna Baba Kamma IV, 3 oder Mekilta Mischpatim
12 (vgl. Baba Meziah iii'' und 32'') im Widerspruch mit der fortgeschrittenen Anschauung der Talmudisten des dritten Jahrhunderts
zu bersehen be(siehe B. K. S. 38*, was Merx zu Matthus S. 293
liebte!) zeigt, da somit der Re'a wie der Ger in Leviticus 19, 18 und
34 ursprnglich noch gewissermaen als zum nationalen Verband gehrig gedacht waren; sicher ist, da die jdische Ethik, die auf der
biblischen Darstellung der Menschheitsgeschichte, die von einem
Menschenpaar ausgeht, sich aufbaute, die ferner den prophetischen
Gedanken der Zusammengehrigkeit aller Menschenstmme, den Hermann Cohen den Messianismus nennt, in sich aufgenommen und
f.

KOHLER, DIE NCHSTENLIEBE IM JUDENTUM

an der Patriarchengestalt

Abrahams

4/1

des Menschenfreundes, wie ihn

und noch mehr Hiobs,


dessen Menschenliebe im 31. Kapitel des Buches Hiob so edlen
Ausdruck gefunden, sich emporgerankt, den Gesichtskreis des Judentums frhzeitig genugsam erweitert hat, um lange bevor Jesus
oder Hillel aufgetreten, das Gebot der Nchstenliebe auf
die gesamte Menschheit ausgedehnt zu sehen. Das besagen
die

Hagada

der

schildert,

ltesten Zeit

Worte Ben Azzais seinem Genossen Akiba, dem groen Meister


und Mrtyrer des Hadrianischen Kriegs, gegenber (Sifra zu Lev 19, 18).
Hatte dieser nach dem Vorgange Hilleis das Gebot der Nchstenliebe
freilich nach dem biblischen Wortlaut also in positiver
die

Form und nicht wie Hillel in


negativen Form (Schabbath

der traditionellen oder

targumischen

den groen Grundsatz der


jdischen Lehre" bezeichnet, so erklrte jener den Vers Genesis 5, i,
in welchem die Geschichte oder Geburtsfolge des im Gottesebenbild
geschaffenen Menschen" betont wird, als den wahrhaft grund-

legenden Satz von

31*)

als

der Menschenliebe.

Und wenn Strack und

seine Nachtreter in ihren Leviticus- Kommentaren

behaupten, Ben

Azzai habe hier ein Jahrhundert nach Jesus den ersten Ansatz zur
Lehre, da das Gebot der Nchstenliebe alle Menschen umfate,

gemacht", so haben

sie

ein

von der Matthusschen Bergpredigt

den Tatsachen widersprechendes Urteil abgegeben.


Fassen wir zunchst den Hillelschen Ausspruch ins Auge. Ein
Heide will spttisch
die ganze Thora vernehmen,
stando pede
und^ Hillel antwortet: Was dir zuwider, das tue auch nicht deinem
Nchsten
habrek, ganz wie re'aka, aus haber-Genosse zum Nchsten

beeinflutes,

sprachlich umgewandelt!

Das

ist

die ganze Lehre; alles andere

ist

Htte diese Rede einen Sinn, wenn unter dem


Nchsten der jdische Volksgenosse gemeint sein sollte? Wir kennen
berloth
auerdem Hillels Wahrspruch: Liebe die Mitgeschpfe
gleich dem neutestamentlichen ktiVis ein eigens zur Bezeichnung der

Auseinandersetzung."

und bringe sie der GottesGesamtmenschheit geschaffenes Wort!


lehre nahe!" Nun bezeugen gerade die Evangelien (Markus 12,31;
gegen Matth 5,43^0 da die
Lukas 10,27 und Matth 22,39
Schriftgelehrten so gut wie Jesus den Hillelschen Lehrsatz
von der Nchstenliebe als Hauptgebot gekannt haben. Wellhausens
Versuch, die Urheberschaft Jesus mit der Bemerkung zu retten, da

Kombination der zwei Gesetzessprche, des einen ber die


Gottes- und des anderen ber die Nchstenliebe, sei erst von ihm
vollzogen worden, scheitert daran, da dieselbe bereits in der um
die

FESTSCHRIFT COHEN

472

Jahrhundert

ein

lteren

Grundschrift der Testamente der Zwlf

im Test. Issachar 5, 2; "jj^ und Test Dan 5, 3, vollzogen erscheint, was auch Bacher Agada der Tannaiten", I S. 7
Note 4 unbekannt geblieben. Auch die Paulusbriefe (Rmer 1 3, 9
und Galat 5, 14) lassen den Wortlaut des Hillelschen Lehrsatzes
noch durchblicken, und fand es der Apostel durchaus unntig, den
Begriff des Nchsten in einem anderen oder neutestamentlichen Sinn zu definieren oder zu erweitern. Die aus dem jdischen
Religionsbewutsein geschpfte griechische bersetzung der Siebenzig hatte fr rea ein fr allemal, sowohl im Dekalog und in den
prophetischen Schriften wie im Leviticus, das rechte Wort gefunden:
Patriarchen",

TrAr^crtbv

[oV]

der Nahe"

Vulgata Lev

propinquus;

nicht wie die christ-

Das heit: Jeder dir


Nahe, ohne Unterschied des Geblts oder des gesellschaftlichen Verbandes. Schon die Frage, die Lukas 10, 39 dem Gesetzeslehrer in den Mund legt: Wer ist mein Nchster?" ist, wie
Steinthal Ethik" S. 123 bemerkt, lieblos, und die Parabel vom
liche

guten Samariter

19,

ist

18 hat, amicus".

keine Antwort,

sondern eine Verdrehung der

Frage und kann nur einem Griechisch-Redenden als Antwort auf


die Frage: -rk ka-riv /j-ov 7rXi]criov; gelten, nicht aber von Jesus stammen,
der der aramischen Volkssprache sich bediente. Die ganze Parabel,
die an Stelle des Israeliten den Samariter als Dritten neben den
Cohen und Levi setzt, ist vom dritten Evangelisten aus ihrem ursprnglichen

Zusammenhang

hierher versetzt.

Die jdischen Sitten-

da das Gebot der Nchstenliebe Liebe fr alle von


Seinem Ebenbild Geschaffenen verlangt, denn sie sagen:
Das Gebot schliet mit dem Gottesschwur: Ich der Herr! Das
will sagen: Liebst du den von Mir Geschaffenen, so bin ich da
zu lohnen; hassest du ihn, so bin ich da zu strafen. Nur die Gott
hassen und Ha sen, die ketzerischen Verleumder wollen sie
nach Psalm 139,21 von der Liebe ausschlieen (Abot de R. Nalehrer wuten,

Gott

in

XVI

than

ed.

Schechter 64,

vgl.

Schab.

116*)."

Ganz so

Didascalia (Apostol. Konst.) VI 18,6 mit demselben

dem

der

Zitat

aus

139. Psalm.

Nun

aber

ist

satzes" anzusehen.

der das Gebot

seiner

Philo

auch

Was

Hillel nicht als

Urheber des goldenen Lehr-

der jdische Verfasser des Jakobusbriefs

Form zitiert, das


Bernays (Ges. Werke

in seiner biblischen

2, 8,

knigliche Ge-

I 275) gezeigt,
kommt, wie
dem Aramischen nachgebildeten negativen Form bei

setz" nennt, das


in

in

an der Spitze seiner Sammlung jdischer Sittenlehren vor:

KOHLER, DIE NCHSTENLIEBE IM JUDENTUM


"A

TIS

Ix^aipu

TTadeiv

firj

ttouiv

unmittelbare,

Fassung

alttargumische

bertragene

Griechisch

die

avTov,

4/3
in schlechtes

des

Bibelworts

man nicht
einem anderen tun." An Hillels Vorlage ist aber, trotz Grtz, Bacher
und anderen, um so weniger zu denken als das dem zweiten vor(Lev

19, 18:

Targ.

J.):

Was

Einer

christlichen Jahrhundert angehrige

form kennt:
anderen."

/xio-ei?

/xr^Sevt

Trouja-rjs.

zu

leiden hat, soll

Buch Tobit

Vgl. Aristeasbrief S. 207.

polnische Talmudist Samuel Edels aus

4,

Was du

15 dieselbe Spruch-

hassest, tue

keinem

Schon der scharfsinnige

dem

16.

Jahrhundert hat die

da die in der Volkssprache dargebotene negative Form das Gebot der Nchstenliebe in seiner
praktischen Ausfhrbarkeit vorfhrt, whrend dasselbe in seiner
positiven Form kaum ausfhrbar ist, da man im lebensgefhriichen
Augenblick an sich und die Seinen zuerst denken darf, ja, denken
feine

soll,

Bemerkung

und kann

zu Schab. 31*,

die Liebe

zum Mitmenschen

nicht dieselbe sein wie

und den Unsrigen. Vom Nebenmenschen fernhalten, was wir von uns ferngehalten wissen wollen, das hingegen ist
allgemein anwendbare Pflicht. Trotzdem sehen wir die Umwandlung
der negativen in die positive Fassung nicht blo im Neuen Testament
(Lukas 6,31; Matth 7, 12), sondern auch von Akiba und anderen
die Liebe zu uns

jdischen Meistern des zweiten Jahrhunderts vollzogen.

wenn der Name

Von

Akiba,

nicht irrtmlich an Stelle Hillels steht (Abot d. R.

da er, an die
Targumform anknpfend, zum Proselyten sagte: Wie du nicht willst,
da man dir das Deine beschdige oder wegnehme, so hte auch
du dich davor, anderen etwas zu beschdigen oder wegzunehmen."
Und nun lehrte R. Eleazar, der Schler Johanan b. Zakkais, des
Schlers Hillels La die Ehre deines Nchsten dir so lieb sein wie
deine eigene, und wie du dir nichts Bses nachgeredet haben willst,
so meide auch du die bse Nachrede", und R.Jose: La das Vermgen deines Nchsten dir so lieb sein wie das deine, und taste
es so wenig an wie du das deine angetastet haben willst" (Abot d.
R. N. ed. Schechter 60 und 65).

Nathan Version

B. ed. Schechter 53), wird berichtet,

Dieselbe Lehrmethode nun begegnet uns in der unter dem


Namen Apostolische Konstitutionen auf uns gekommenen
Didaskalia, deren Grundstock nicht, wie Lagarde und FuNK,
die Herausgeber, angenommen, die sptkirchliche sogenannte syrische
Didaskalia, sondern eine von der Kirchenbehrde berarbeitete vor-

christliche und wahrscheinlich essenische Gemeinde-Konstitution ist, aus der sowohl Paulus wie die lteste Kirchenliteratur

474

FESTSCHRIFT COHEN

vieles geschpft haben.

Hierauf nher einzugehen liegt auer

Bereiche dieses Artikels.*

Von

dem

der verwandten Didache im siebenten

Wir haben es hier


blo mit dem in beiden Werken als Hauptlehrsatz erwhnten
Gebot der Nchstenliebe und seiner Behandlung zu tun. Das
Buch

dieser Schrift

ist

das vielfach zugestanden.

warnende erste Kapitel der


lteren, vorzglich mit Zitaten aus dem Alten Testamente versehenen
Didaskalia
die neutestamentlichen sind oft schlecht eingefgt und
nachgeschleppt!
schliet mit folgenden Stzen: 7. Fr die aber,
die Gott gehorchen, gibt es dieses eine, einzige, einfache,
wahre, lebende Gesetz Gottes: Was du hassest, da es dir
von jemandem sonst geschehe, das tue du einem anderen
nicht!" Und nun folgt, ganz wie bei Akiba-Hillel im oben
angefhrten Zitat aus Abot d. R. Nathan die Anwendung:
8. Du willst nicht, da einer mit bser Absicht dein Weib anblicke,
um es zu verderben, so sollst du auch das Weib deines Nchsten
nicht in unsittlicher Absicht anglotzen.
9. Du willst nicht, da man
dir dein Kleid wegnehme, so nimm du auch das eines anderen nicht
weg. 10. Du willst nicht, das man dich schlage, schmhe, beleidige,
Hier haben
so sollst du dieses auch einem anderen nicht tun."
wir kein Zitat aus Tobit 4, 15, wie die Herausgeber in der Note
anmerken, sondern die traditionelle bertragung des Gebots
der Nchstenliebe im Leviticus mit der berlieferten Auslegung.
Und hieran schliet sich ein eigentlich nicht zum Inhalt des Buches
gehriges Stck: II, i. So aber einer dir flucht, so segne du ihn!
denn im Buche Numeri (24, 9) steht geschrieben: Wer dich segnet,
Der
der wird gesegnet, und wer dir flucht, der wird verflucht."
Bibelvers soll wohl dasselbe besagen wie Psalm 109, 28: Die da
fluchen, werden von Gott verflucht, und darum sprich du: Mgen
sie fluchen; du wirst segnen.'*'
Der christliche Bearbeiter schaltet
hier den Satz ein: In gleicher Weise steht auch im Evangelium
geschrieben (Lukas 6, 28): Segnet die, die euch fluchen."
Der zweite Paragraph lautet: So ihr Unrecht erleidet, rchet

besonders gegen

unlautere

Begierde

Siehe die Artikel Didache and Didaskalia in der Jewish Encyclopedia, wo


Schreiber dieses die echt jdischen Bestandteile ausfhrlich besprochen. Der
*

mit der patristischen, nicht aber mit der rabbinischen Literatur vertraute
Fr. H. Funk erwhnt den letzteren Artikel mit ein paar nichtssagenden Worten.

Neue eingehende Forschung

hat mich von meiner Ansicht vergewissert.

Nur

fand ich, da auch die Didache im siebenten Buch der Konstitutionen die ur-

sprnglichere jdische Proselytenlehre

mit Zutaten enthlt.

KOHLER, DIE NCHSTENLIEBE IM JUDENTUM

euch

sondern ertragt es geduldig, denn die Schrift (Sprche


etwas erweitert!) sagt: Sprich nicht, ich will dem Feinde

nicht,

20, 22

LXX

vergelten,

475

was

damit der Herr

sondern ertrage es geduldig,


helfe und an dem, der dir unrecht getan, Rache

er mir unrecht getan,


dir

Recht unpassend schaltet hier der christliche Bearbeiter


den Satz ein: Denn so spricht er im Evangelium (Matth 5, 44f. und
Lukas, 27f. kombiniert!): Liebet eure Feinde; tut wohl denen, die
euch hassen, und betet fr die, die euch beschimpfen und verfolgen"
usw. In der syrischen Didaskalia wird statt dieser Verse der Satz
vollziehe."

Didache

aus der

I,

3 (vgl. Apost. Konst. VII,

euch hassen, und betet


keine Feinde haben" als
in

fr

die, die

2, 2):

Liebt

euch fluchen, und

Evangelium

zitiert.

die, die

ihr

Wir haben

werdet
es also

beiden Schriften mit spten Einschaltungen zu tun.

Gehen wir nun zu der als Apostellehre von der Kirche bernommenen, aber anerkanntermaen jdischen Lehre" fr Proselyten, die auch unter dem Namen: Die zwei Wege" bekannt,
ber.
Da trgt denn die im siebenten Buch der Apost. Konst. erhaltene Version

Ausschlu der sprlichen christlichen Interden Charakter der jdischen Schulmethode, nur
essischer Frbung. Da lautet das zweite Kapitel, entsprechend

polationen

m.it

etwa in
der christlichen Didache
des Lebens, und das ist

I,

3,

also:

Der

erste

nun

ist

der

Weg

den das Gesetz verkndet: Lieben


(sollst du) Gott aus ganzer Einsicht und aus ganzer Seele als den
Einen und Einzigen, neben dem kein anderer ist, und den
Nchsten wie dich selbst".
(Und Alles was du nicht willst,
da dir geschehe, das sollst auch du einem anderen nicht tun.")
der,

Das

ist:

Hier

ist

Was du
ofifenbar

hassest, das tu' einem anderen nicht!


der kurze zweite Satz, der wie der Spruch

bei

der vorhergehende, der mit dem


der christlichen Didache gleichlautend ist, spter als Erklrung
eingeschoben. Wir haben also hier wiederum die traditionelle

Tobit

lautet,

das Ursprngliche,

in

Form, mit der man den Proselyten ber die jdische Ethik belehrte.

Und

daran schlieen sich die zwei folgenden (essisch) jdischen Sittensprche: (Aus diesen Worten folget folgende Lehre:)
2.

Segnet, die euch fluchen;

(fastet fr

die,

die

betet fr die,

euch verfolgen);

(liebet

euch beschimpfen;
wohl
eure Feinde;

die

Denn welches Verdienst habt ihr, so ihr


denen, die eure Freunde sind? Das tun auch

christliche Einschaltung!).

Freundschaft zeiget
die

Heiden.

Vielmehr seid Freunde denen, die euch hassen, und

FESTSCHRIFT COHEN

476

Denn es sagt die Schrift: Du


sollst nicht hassen irgendeinen Menschen, nicht den gyp-

ihr

werdet keinen Feind haben.

ter";

3.

nicht den Idumer" (Deut 23,

schpfe.

7),

denn

alle

sind Gottes Ge-

Meidet daher nicht die leiblichen Personen, sondern die

Gesinnungen der Schlechten."


Wir haben hier
die christliche Didache hat den ersten Spruch

unversehrt erhalten,

nur

ist

<^tXcrv

richtiger als

dyarrav

nichts

Neutestamentliches, sondern jdische Ethik. Im Anschlu an


Genesis 20,7 und 17 und Hiob 42,810 lehrt die Tosifta Baba
Kamma IX 29, vgl. Mischnah B. K. VIII 7 und dazu Gemara: Wer
von jemanden verletzt worden, mu fr denselben, selbst- wenn er
nicht darum anhlt, bei Gott Frbitte tun, wie Abraham und Hiob
getan, und Gott wird ihm besondere Gnade erweisen, wie Er Hiob
von Josephus bergangene Stelle bei
Hippolytus Refutatio Haeresium IX, 23 betreffs des Eides der Esser
beim Eintritt in die Brderschaft: Sie schwren, Gott zu frchten,
und dann Gerechtigkeit zu ben gegen die Menschen, und in keiner
Weise jemandem unrecht zu tun, noch auch irgendeinen zu
hassen, der ihnen unrecht getan, auch nicht den Feind,
sondern fr dieselben zu beten."
Und was nun den anderen, auch in der christlichen Didache
in anderer Fassung gegebenen Sittenspruch anlangt, so ist er
II, 7
offenbar in echt midraschischer Lehrform auf der Kombination von
Leviticus 19, 17: (Du sollst deinen Bruder nicht in deinem Herzen
hassen") und Deut 23, 7: (Verabscheue den Edomiter nicht, denn
er ist dein Bruder") basiert, um zu zeigen, da auch der NichtJude
Auf alle Flle gehrt sowohl die
als Bruder" zu behandeln ist.
Didache wie die Didaskalia in ihrer ursprnglichen Form der vorchristlichen Zeit an. Wir sind nunmehr in den Stand gesetzt, die
Matthussche Bergpredigt, soweit das Gebot der Nchstenliebe
in Betracht kommt, auf ihre Echtheit und Zuverlssigkeit zu
prfen. Vorausschicken wollen wir, da die Bergpredigt, wie WellHAUSEN und andere erkannt haben, ein knstlich aufgeputztes Machwerk ist, das den einzigen Zweck hat, dem verhaten Judentum, das
im Sinai -Gesetz wurzelt, ein Neues gegenberzustellen, einen
anderen Offenbarungsberg, von dem aus dem Volk ein fr
allemal der Bruch mit dem Alten verkndet werden sollte. Aus
allen Teilen des Landes, aus Galila und den zehn Stdten, aus
Jerusalem und Juda wie von jenseits des Jordans" mu das Volk"
(4, 25, vgl. 7, 29) herbeikommen und, in Widerspruch mit 5, 17
19,
getan."

Vergleiche

die

KOHLER, DIE NCHSTENLIEBE IM JUDENTUM

47/

durch das Ich sage euch!" von Jesus als abgeschafft


oder berwunden proklamiert zu hren. So wird aus der einfachen
an die Jnger allein gerichteten Feldpredigt des Lukas, mit den
das Gesetz

und

vier Seligpreisungen

Lehrinhalt,

an die

vier

Weherufen und dem echt essischen

eine Bergpredigt mit einer Absageerklrung der Kirche

Synagoge, und

die Phariser,

die

verhaten Meister des

der Laufbahn Jesus, den sieben


selben entsprechend.

Weherufen gegen
Judentums, am Schlu

mit sieben statt vier

Durch

Seligpreisungen

allerlei

zu

Anfang

der-

Kunstgriffe wird die Kirchen- und

Synagogenlehre zu einem Gegensatz emporgeschraubt, der,


innerlich und geschichtlich unwahr, von der christlichen Theologie immer weiter ausgeheckt wurde und noch heute ausgeheckt
die

wird.

So

denn

folgendem unerhrt schroffen


Gegensatz, der zum Lieblingsthema aller offenen und versteckten
Judenfeinde geworden: Ihr habt gehrt, da gesagt ist, du sollst
deinen Nchsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage
euch. Hebet eure Feinde und betet fr die, die euch verfolgen, auf
gipfelt

die Bergpredigt in

Kinder werdet eures Vaters im Himmel, denn Er lt Seine


Sonne aufgehen ber Bse und Gute und lt regnen ber Gerechte

da

ihr

und Ungerechte" (5, 43 46). Nun lt sich der Satz: Du sollst


den Feind hassen"
zur Qual aller glubigen und unglubigen
Exegeten und Theologen;
nirgendwo im Alten Testament, wo
im Gegenteil Schonung gegen des Feindes Tier (Exod 23, 4) geboten und Gromut gegen seine Person anempfohlen wird (Sprche
25, 11), noch auch bei den Rabbinen finden, die Ha gegen die
Mitgeschpfe" (Abot II, 11) verdammen, wenn auch sptere Engherzigkeit oder Gegenha den Heiden von Exodus 23, 4 ausschlo
(Baba Mezia 32''). Ein Vergleich mit Lukas 6, 27 31 zeigt, da die

Frmmigkeitsmoral,

Jesurede durchaus keinen Gegensatz

hhere

zum

Sinaigesetz bilden, sondern

Das was der


Talmud (Ger. Terumah VIII 46'') Mischnath IJasidim == Esserethik nennt zur Lebenspflicht machen sollte. Im Gegensatz zu den
Weltlichgesinnten, den Reichen", von denen vorher die Rede war,
den Jngern eine

heit es:

Aber

ich sage euch, die ihr hrt"

seHg gepriesenen

Armen und Geschmhten!

das
Liebet

heit,

auch den

eure Feinde;

wohl denen, die euch hassen; segnet die, die euch fluchen; betet
fr die, die euch beschimpfen, und so fort." Und was ihr wnscht,
da euch die Leute tun, so tut auch ihr ihnen gleicherweise." Ganz
so heit es im Talmud (Sabbath SS** und Parallelstellen): Die ge-

tut

\
l

FESTSCHRIFT COHEN

47^

schmht werden und nicht selbst schmhen, die Beleidigung vernehmen und sie nicht erwidern, die alles aus Liebe tun und der
Prfungen sich freuen
das sind die, von denen es heit (Richter

Und

5,31):

aufgeht

Dem

die,

die Ihn (Gott) lieben,

in ihrer Strke."

Vgl.

sind wie

Rosch ha Schanah

die

Sonne,

die

17* und Parallelen:

vergibt Gott alle Snden, der gromtig Beleidigungen ber-

und Midr. Suta Schirha Schirim Anfang: Gott will die Wohlfahrt aller Seiner Geschpfe und lt die Sonne aufgehen
ber Gerechte und Ungerechte."
Um in den Wegen Gottes
zu wandeln, mut du gleich Ihm gtig, barmherzig und liebevoll
gegen all Seine Geschpfe sein" (Sifre zu Deut 11,22). Dasselbe
nun lehrte Jesus seine Jnger: Um wahrhaft Gottes Kinder zu werden,
mssen sie ber die Linien des strengen Rechts hinaus edel sich
erweisen"
um den talmudischen Ausdruck
liphnim mi schurath
hadin (Mekilta Jithro zu Ex 18, 20)
zu gebrauchen, der ohne
Frage dem bei Matthus wiederum verzerrten Ausspruch zugrunde
liegt: Wenn eure Gerechtigkeit nicht die der Schriftgelehrten und
Phariser weit bertrifft, so werdet ihr gewi nicht in das Himmelreich eingehen" (5,, 20).
Also auch barmherzig sein, wie Gott, ihr
himmlischer Vater, barmherzig ist" (Lukas 6, 36). Nun gehen Lukas
und Matthus in den Einzelforderungen an die Jnger auseinander
und weisen beide auf eine gemeinsame Quelle zurck, wie bereits
Resch Agrapha" S. 246 erkannt hat. Nur ist diese Quelle nicht
in einem Urevangelium, wie Resch meint, zu suchen, dem etwa
Paulus I Kor 4, 12: (Beschimpft, segnen wir; verfolgt, dulden wir;
verleumdet, flehen wir") oder I Petri 3, 9: (Vergeltet nicht Bses fr
Bses, Schmhung fr Schmhung, im Gegenteil, segnet vielmehr,
denn dazu seid ihr berufen, damit ihr Segen erbet") entnommen wre.
Sowohl I Petri 2, 23 als die unter dem Namen des Petrus-Schlers
sieht";

erhaltenen judenchristlichen Homilien

(III,

19) fhren Jesus als

Vor-

bild vor (Imitatio Christi statt des ursprnglichen jdischen Imitatio

De),

als

liebte,

die ihn haten,

die

betete,

der,

die

der geschmht, nicht wieder schmhte",

...

die segnete,

ihn beschimpften."

die ihn schmhten,

Besonders bezeichnend

der die

und

fr

ist

die

Rede Petrus in Homilie XII, 32, wo ohne alle Beziehung auf


einen derartigen Ausspruch Jesus folgendes gesagt ist: Allen
ist es von Natur eingegeben, die zu lieben, die sie lieben.
Der Gerechte jedoch versucht es auch seine Feinde zu lieben, und seine
Schmher zu segnen, ja sogar fr seine Feinde zu beten, und die zu
bemitleiden, die

ihm unrecht

tun.

Deshalb enthlt er sich davon.

KOHLER, DIE NCHSTENLIEBE IM JUDENTUM

rchen und segnet sogar

ZU

sich

die,

die

'

4/9

ihm fluchen; er vergibt

denen, die ihn schlagen; er unterwirft sich denen, die ihn verfolgen;
er grt die, die ihn nicht gren;

er

teilt,

was

er hat, mit denen,

den Feind,
ermahnt den Ungehorsamen, belehrt den Unglubigen, trstet den
Trauernden; wenn er leidet, trgt ers geduldig, und wenn er Undank
die nichts haben; er berredet den, der zrnt, befreundet

Da

dem

erfhrt,

gert er nicht in Zorn.

geben,

den Nchsten zu lieben wie sich

nicht

die

er sich

Entschlu hinge-

selbst,

frchtet

er

Armut, sondern weil er das Seine mit denen, die nichts

Armut. Aber er bestraft


auch nicht den, der sndigt. Denn der, der den Nchsten wie sich
selbst liebt, wird, wie er, wenn er gesndigt hat, wei, da er nicht
bestraft werden will, so auch die nicht bestrafen, die gegen ihn
gesndigt. Und wie er wnscht, da er gelobt, gesegnet und geehrt werde, und da seine Snden ihm vergeben werden, so wird
er auch seinem Nchsten gegenber handeln, da er ihn Hebt wie

haben,

teilt,

begibt er sich

(freiwillig) in die

einem Wort, was er sich selbst wnscht, das


wnscht er auch seinem Nchsten. Denn das ist das Gesetz Gottes und der Propheten; dieses die Lehre = Didassich selbst.

kalia

In

der Wahrheit."

Das Ganze
die

Liebe Gott!" Das wird

stck Sifre zu Deut

wie

zurck,

an das Doppelgebot: Liebe Gott!" und Liebe den Nchsten!"

anknpft.

da

Didaskalia

also weist auf die altjdische

alle

6, 5

dem

sicherlich alten Lehr-

also ausgelegt: Bewirke durch deine Liebe,

Mitgeschpfe Ihn lieben und

Abraham

in

als ihren

Gott bekennen, ganz

getan, der durch seine Liebestaten die Heiden bekehrte

und unter Gottes Heilsschwingen brachte." Dieses ganze Kapitel


von der Gottesliebe ist in der Didache beider Versionen ausgelassen, und klafft hier eine Lcke, die beweist, da die ursprngliche
jdische Didache von christlicher Hand arg verstmmelt worden.

Doch sehen wir an dem berlieferten Beispiel Hillels oder Akibas,


da man bei dem Proselytenunterricht auf das Gebot der Nchstenliebe den Nachdruck

legte.

Judentums nach der ungeschichtlichen


Matthusschen Bergpredigt zu konstruieren und etwa herablassend
von humaneren Unterstrmungen" zu reden, wie das BOUSSET in
der sonst verdienstvollen zweiten Auflage seiner Religion des Judentums" S. 154 ff. noch tut, sollte echt wissenschaftliche Wahrheitsliebe
die Forscher dazu veranlassen, die neutestamentlichen und altchristStatt also die Ethik des

FESTSCHRIFT COHEN

480

Lehrsprche an der Hand rabbinischer Quellen besser und


in grerem geschichichen Zusammenhange richtiger verstehen
und wrdigen zu lernen. Es mag ja sein, da die Liebe, wie man

liehen

sagt,

blind

macht; sicherlich

tut

das

in

weit hherem Grade die

Lieblosigkeit. Lerne, sagt Hermann Cohen, aus den Begriffen


Gott und Mensch die Ethik ohne Affekt zu erfassen. Nun, ich
mchte als Theologe die Liebe nicht missen, aber ich verlange als
Jude erst Gerechtigkeit und dann Liebe.

zum

Einige Bemerkungen

Begriff

und zur Methode

der praktischen Theologie.

Von

Die

praktische Theologie

Schaft des Judentums.

S.

Hochfeld.

noch immer das Stiefkind der WissenDie einseitige Bevorzugung linguistischer,

ist

philologischer und historischer Studien scheint allerdings nachgelassen

Whrend noch Maybaum im Jahre 1890 klagte,^ da die


Systematik kaum in Angriff genommen sei, knnen wir heute bereits

zu haben.

auf verheiungsvolle Anfnge

in

der wissenschaftlichen Bearbeitung

der jdischen Glaubens- und Sittenlehre mit Stolz hinweisen.

Der

Mann, dem diese Bltter zu seinem Ehrentage einen Gru darbringen


sollen, hat mit der umfassenden Sachkenntnis und der eindringenden
Urteilsschrfe, die ihm zu Gebote stehen, sowohl das Ganze der
systematischen Probleme als auch einzelne besonders wichtige Materien
zum Gegenstande philosophischer Behandlung gemacht.^
B. Kellermann hat sich, den Fingerzeigen seines Lehrers folgend,
die Abgrenzung der Religion gegenber der Wissenschaft, der SittAndere wie L. Baeck,*
lichkeit und der Kunst angelegen sein lassen,
-3

Maybaum, Jdische Homiletik, Berlm 1890, Vorwort S. III.


H. Cohen, Religion und Sittlichkeit. Eine Betrachtung zur Grundlegung
der ReHgionsphilosophie. Jahrbuch fr jdische Geschichte und Literatur X,
Berlin 1907, S, 98
Ders., Liebe und Gerechtigkeit in den Begriffen Gott
171
und Mensch. Jahrbuch III, Berlin igoo, S. 75132; Ders., Ethik und Religionsphilosophie in ihrem Zusammenhang, Berlin 1904; DERS., Die Bedeutung des
Judentums fr den religisen Fortschritt der Menschheit, Berlin-Schneberg 1910;
vgl, auch desselben Verfassers Charakteristik der Ethik Maimunis, Leipzig 1908,
^

S.

sowie zahlreiche Stellen

in

seiner Ethik des reinen Willens,

2,

Auflage, Berlin

1907.
j

B.

Kellermann, Der

wissenschaftliche

Idealismus und die Religion,

Berlin 1908,
*

L.

Baeck, Das Wesen des Judentums,

Berlin 1905.

31

FESTSCHRIFT COHEN

482

M. GDEMANN/ K. Kohler* suchten zwar mehr durch historische


Lngsschnitte den Lehrinhalt des Judentums zu ermitteln als ihn
durch philosophische Erwgungen in seiner Gltigkeit zu begrnden;
dafr haben M. Lazarus 3 und M. Steckelmacher* die Prinzipiender jdischen

fragen

Ethik

zogen, und ein posthumes

eingehenden Betrachtung untervon Lazarus s fhrt uns wenigstens

einer

Werk

das Rohmaterial einer bersicht ber die sittlichen Gter des Judentums vor. Man mag zu diesen Arbeiten und ihren Ergebnissen
stehen, wie man will, sie legen jedenfalls Zeugnis ab von einem
starken Bedrfnis nach

Sammlung und Besinnung, und

sie

erwecken

da die wissenschaftliche Formulierung unseres heutigen


jdisch-religisen Bewutseins nicht mehr fern ist.
Blht und sprot es also im Anbau der Systematik, so herrscht
die Hoffnung,

de

auf den Gefilden der praktischen Theologie,


die sich um so weniger begreifen lt, als auch nach ihren Frchten
Seit Maybaums erstmaligen Vereifrige Nachfrage zu sein scheint.

eine desto grere

suchen,^ Predigt

und Religionsunterricht aus dem Stadium unsicheren

Tastens und Probierens auf die

Hhe

theoretischer Einsicht zu heben,7

nur Predigtsammlungen und Schulbcher an die


ffentlichkeit gewagt, Arbeiten, die sicheriich auf Erfahrungen und
Grundstze in der praktischen Behandlung theologischer Fragen zu-

haben

sich

fast

M. GDEMANN, Jdische Apologetik, Glogau 1906; vgl. auch desselben


Verfassers Schrift: Das Judentum in seinen Grundzgen und nach seinen ge^

schichtlichen Grundlagen dargestellt,

Wien

1902.

K. Kohler, Grundri einer systematischen Theologie des Judentums auf


geschichtlicher Grundlage, Leipzig 19 10.
*

M. Lazarus, Die Ethik des Judentums, Frankfurt a. M. 1898; vgl. dazu


Cohens Kritik, Monatsschrift fr Geschichte und Wissenschaft des Judentums,
3

1899, s.
4

385400, 433449.

M. Steckelmacher, Das

Prinzip der Ethik

jdisch- theologischen Standpunkt aus betrachtet,

Mainz

M. Lazarus, Die Ethik des Judentums. IL


Winter und Wnsche, Frankfurt a. M. 191 1.
5

vom

philosophischen und

1904.

Bd.,

Maybaum,

herausgegeben von

Jdische Homiletik, Berlin 1890; Ders.,


jdischen Religionsunterrichts, Breslau 1896.
6 S.

Methodik des

Siehe meinen Artikel, Allgemeine Zeitung des Judentums 1906,

S.

232 ff,

Jacobs kurze Programmabhandlungen seien hier mit Dank genannt


(Jahresberichte ber den Religionsunterricht der Synagogengemeinde zu Gt8

tingen

1895 1900); ebenso verdient Tachaus pdagogischer Wegweiser: Die

prophetischen Bcher der Heiligen Schrift nach ihrem


wrdigt, Wolfenbttel 1899, lobende Erwhnung.

Gedankeninhalt

ge-

HOCHFELD, EINIGE BEMERKUNGEN ZUR PRAKTISCHEN THEOLOGIE

483

rckgehen, diese aber nirgends aussprechen' oder deutlich erkennen

noch eine geraume Weile so weiter


gehen, wie es frher gegangen ist, da man nmlich den Anfnger
im Amt den ganzen Weg der Irrungen und Fehlgriffe von vorn
machen lt, anstatt ihn fr seine spezielle Aufgabe mit Anweisungen

Es

lassen.

scheint, als solle es

und Belehrungen auszursten.

Und doch

sind

es

nicht

blo

die

komplizierteren Gemeindeverhltnisse, in die die Gegenwart den Lehrer

und

nun gebieterisch die Beseitigung


der rohen Empirie und ihren Ersatz durch kritische Besonnenheit
und bewute Kenntnis der Forderungen und Mglichkeiten verlangen.
Das Lehramt selber ist zu heilig, um als Tummelplatz aller mglichen Einflle und Meinungen, als Versuchsobjekt unbewhrter Methoden und willkrlicher Experimente mibraucht zu werden. Mu
demnach auf eine wissenschaftlich fundierte Lehre von den Aufgaben
des praktischen Amts und von den Mitteln, die zu ihrer Lsung
fhren, gedrungen werden, so erscheint es in diesem Augenblick

und Prediger

hineinstellt,

die

besonders ntig, in eine Diskussion der Grundbegriffe der praktischen

den beteiligten Kreisen


noch immer keine Klarheit und bereinstimmung zeigen will.^
Die praktische Theologie gehrt zu den sogenannten Kunstlehren oder angewandten Wissenschaften, die als solche den theoretischen oder erkennenden Wissenschaften gegenberstehen. Handelt
Theologie einzutreten, da sich ber

es

sich

jenen

bei

um

testantische

diesen

um

sie

in

die Feststellung eines Tatbestandes, so bei

die Herstellung

eines Tatbestandes.

Oder wie der pro-

Theologe Marheineke es einmal ausgesprochen hat:

COBLENZ' gesondert erschienene Einfhrung" zu seinem Lehrbuch der


Der an das Er(2. Auflage 1909) dringt nicht in die Tiefe,
scheinen des COBLENZschen Lehrbuchs anknpfende Streit zwischen JACOB und
dem Verfasser bot zwar viel Unerquickliches, hat aber doch manches zur Klrung der Probleme des systematischen Religionsunterrichts beigetragen.
^ In dem Grundri der Gesamtwissenschaft des Judentums, herausgegeben
von der Gesellschaft zur Frderung der Wissenschaft des Judentums, prsentiert
sich unter D. Praktische Fcher neben Homiletik, Pdagogik und Geschichte
des Synagogenkultus als besonderes Fach die praktische Theologie. Was soll
das heien? Gehren Homiletik und Pdagogik nicht zur praktischen Theologie?
Oder sollte unter praktischer Theologie diesmal ausnahmsweise nur Seelsorge,
Religions- und Gemeindepolik verstanden sein? Und warum nur Geschichte
des Synagogenkultus und nicht auch Theorie des Gottesdienstes? Sollte das
Historische bei der Behandlung gottesdienstlicher Fragen ausreichen, warum
nicht auch statt Homiletik und Pdagogik lieber Geschichte der Predigt, Ge^

jdischen Religion

schichte der Erziehung?

31*

FESTSCHRIFT COHEN

484
hier

es

ist

ein

Wissen

dort ein

Wissen

um

um

des Wissens

willen,

das erstrebt wird,

des Handelns willen/

Die praktische Theologie steht mit ihrer Richtung auf Gegenwart und Zukunft nicht isoliert in der Gesamtheit der Wissenschaften,
sie

hat ihr Korrelat in jeder Fakultt, beinahe in jeder Einzelwissen-

Jnger nur mit der Rechtsentwickelung der Vergangenheit vertraut machen, und gengt es ihr, wenn
sie dazu einen Einblick in das Wesen und den Geltungsbereich des
schaft. Will die Jurisprudenz ihre

Rechts gewhrt, oder sollen ihre Adepten nicht zugleich lernen, wie
man Recht findet und Recht schafft, wie man zum Recht verhilft

und vor Unrecht schtzt? Ist es der Medizin lediglich darum zu


tun, den Bau und die Funktionen der einzelnen krperlichen Organe
in ihrem normalen Verhalten und im Zustande abnormer Verndekennen zu lernen, erstreckt sich ihre Aufgabe nur auf die
rung
Arbeiten der Anatomie und Physiologie, der Pathologie und Bakteriologie, lt sie es sich nicht auch angelegen sein, zur Heilung von
Krankheiten und zur Verhtung von Gefhrdungen der Gesundheit
Und wie steht es mit der allgemeinen Pdagogik und
anzuleiten?

der speziellen Didaktik der einzelnen Unterrichtsfcher, mit National-

konomie und Finanzwissenschaft, mit Geologie, Chemie, PharmakoHaben sie nicht alle ihr Praktikum, ganz ablogie und Botanik?
gesehen davon, da sie selber in ihrer Forschung durch die Richtung auf aktuelle Zwecke orientiert sind?
Das eine ist zunchst allen angewandten Wissenschaften gemeinsam, da

sie

nmlich die rein erkennenden Wissenschaften zur Voraus-

Dem

angehenden Mediziner kann nicht gezeigt


werden, welche Heilmittel unter diesen und jenen Umstnden dem
kranken Organismus die Rckkehr zu seinen normalen Funktionen

setzung

haben.

wenn er nicht ber die Struktur des Organismus, ber


den Zusammenhang des Ganzen und seiner Teile, ber die Lebenserleichtern,

bedingungen des menschlichen Krpers und ber die spezifischen


Qualitten der vegetabilischen oder animalischen Stofife, die die Heilung befrdern

mu

sollen,

vorher unterrichtet worden

aus der Ethik ein Ziel seiner Ttigkeit,

ist.

Der Erzieher

aus der Psychologie

Einsicht in die seelischen Zustnde des Zglings

gewonnen haben,

ehe er an die Aufstellung und Anwendung von praktischen Regeln


denken kann. So mu der Theologe, der sich fr Predigt und Lehre
vorbereitet,

die Religion kennen,

die er verkndet, er

Marheineke, Entwurf der pracschen Theologie,

mu

zugleich

Berlin 1837, S. 6.

HOCHFELD, EINIGE BEMERKUNGEN ZUR PRAKTISCHEN THEOLOGIE

485

einen Einblick in die eigentmlichen Bedingungen haben, unter denen

Verkndigung vornehmen soll. Er mu wissen, was er zu


predigen hat, welchen Zwecken die Predigt dient, wie diese Zwecke
innerhalb der realen Mchte, die ihn umgeben, zu erreichen sind.
Dies fhrt uns zu einer Konstruktion des Gesamtbaus der theoin bereinstimmung
logischen Wissenschaften. Man hat sie bisher
er die

mit der Disposition der christlichen


getische,

uns

historische,

gestattet,

die

eingeteilt in

Theologie

unter

die

exe-

Es

sei

historische

zu

systematische und praktische Fcher.

exegetische

Denn

Theologie

Bedeutung wir auch der Erklrung der


Bibel fr die Erkenntnis des Judentums beimessen, das steht doch
auer Frage, da zwischen der Bibel und den spteren Quellenschriften des Judentums nur ein gradueller, kein fundamentaler Unterschied obwaltet, da also auch die Ergrndung des biblischen Lehrinhalts in die Ergrndung des geschichtlich berlieferten Judentums
hineingehrt.' Wir wrden demnach den einzelnen Fchern folgende
Aufgaben zuweisen. Historische Untersuchungen und Darstellungen
sollen uns zeigen, wie jdisches Leben und jdische Lehre sich im
Laufe der geschichtlichen Entwickelung herausgebildet haben, was
in ihnen als vorbergehende Erscheinung aufgetreten ist, was als
wesenhafter Kern sich bewhrt hat, welche Stellung die einzelnen
berzeugungen und Institutionen in dem Gesamtbild mehrtausendsubsummieren.

so

viel

jhriger Geistesgeschichte einnehmen.'


schaftlichen Arbeit gehren

alle die

In diese Kategorie der wissensprachlichen, literarhistorischen,

religionsgeschichtlichen, rein geschichtlichen, archologischen Studien,

von denen uns das

letzte

Jahrhundert eine reiche Flle geschenkt

Systematische Darlegungen, auf die wir mehr als bisher rechsollen unser heutiges religises und sittliches Bewutsein zum

hat.

nen,

Ausdruck bringen, seinen Zusammenhang mit der bisherigen Entwickelung des Judentums nachweisen und seine Berechtigung innerHierher
halb der geistigen Strmungen der Gegenwart begrnden.
sind zu zhlen sowohl Forschungen prinzipieller Natur, die sich
mit dem Ursprung und dem Wesen der Religion, mit ihrer Mgiichdas theologische Studium, Tbingen 1908 ist
auch auf protestantischer Seite mit dieser Neuordnung Ernst gemacht worden,
was bei der konstitutiven Bedeutung des Schriftworts fr die protestantische
^

In

Wernles Einfhrung

in

Kirche besonders zu beachten ist.


* Dabei mag aus Grnden der Arbeitsteilung der Exeget auch fernerhin seine
Sonderstellung behalten, ebenso wie wir es fr wnschenswert erachten, wenn
der Historiker" knftig neben

dem

Literarhistoriker

mehr zum Worte kme.

FESTSCHRIFT COHEN

486

und ihrem Daseinsrecht beschftigen,

keit

als

auch

spezielle

Mono-

graphien, die einzelne Materien der jdischen Glaubens- und Sittenlehre

zum Gegenstande

haben.

Arbeiten zur praktischen Theologie

endlich sollen uns aufklren, wie das durch historische und systema-

Untersuchungen gewonnene Wissen zur Belehrung der Gemeinde


verwendet werden kann, in welchen Formen, mit welchen Mitteln es
dargeboten werden mu, damit es Wurzel schlage und zu einer
Lebensmacht in der Zukunft werde. Fragen, die hier zur Beantwortung kommen, betreffen den Inhalt und die Form der Predigt,
den Stoff und die Methode des Unterrichts, die Aufgabe und die
Gestaltung des Gottesdienstes, die Belehrung und Beeinflussung der
Gemeinde im aueramtlichen Verkehr.
Lassen sich demnach die Probleme der drei theologischen Hauptfcher mit einer leider nicht zu umgehenden Gewaltsamkeit^ in das
Schema zwngen: was war? was ist? was soll und was kann sein?
und wird durch dieses Schema die Grundtendenz ihrer Fragestellung
klar, so ergibt sich aus der auf das Leben gerichteten und die Betische

dingungen des Lebens bercksichtigenden Eigenart der praktischen


Theologie noch ein anderer wichtiger Unterschied. Die wissenschaftliche Theologie, die kein anderes Ziel hat als die Erkenntnis, ist verpflichtet,

alles,

was mit ihrem Gegenstand irgendwie

Verbindung
Sie darf auch

in

den Bereich ihrer Forschungen zu ziehen.


an dem Kleinsten und scheinbar Unbedeutendsten nicht vorbergehen,
weil von daher oft unvermutet Licht auf dunkle Epochen oder
schwierige Fragen fallen kann. Das drftigste Fndchen ist zu

steht,

in

buchen, das unansehnlichste Steinchen

Erschpfung! ist
ganz zu Ende kommende

wenden.
nie

Theologie

ist

ihre

immer

Theologie

Baumaterial mit zu ver-

aufs neue zu bewltigende,

formale Aufgabe.

das erste Erfordernis die

wissenschaftlichen

als

In der praktischen

Auswahl

dargebotenen

des ihr von der

Erkenntnisstoffes,

und

zwar die Auswahl nach praktischen Gesichtspunkten. Sie hat das


Groe und Bedeutende, das Einmalige und Normative, das Charakteristische und Wichtige herauszuheben und darf das NebenschDie Unterschiede sind an den Grenzgebieten doch wieder flieend. So
kommen sowohl die systematische als auch die praktische Theologie ohne spezielle historische Hilfsarbeit nicht aus: die Geschichte der religisen und ethischen
Ideen ist ebenso der Systematik zuzuweisen, wie die Geschichte der Predigt, des
Unterrichts, des Gottesdienstes, der Liebesttigkeit den praktischen Disziplinen.
Auch wird es sich der Religionsphilosoph und Ethiker nicht nehmen lassen,
Forderungen fr die Zukunft aufzustellen.
^

HOCHFELD, EINIGE BEMERKUNGEN ZUR PRAKTISCHEN THEOLOGIE

und

liehe

beiseite

48/

das Abgestorbene und innerlich Tote ruhig


Ihre Regeln bauen sich auf Werturteilen auf; was

Irrelevante,

lassen.

vor ihren Werturteilen keinen Bestand hat, kann auf Bercksichtigung

Anweisungen und Ratschlgen keinen Anspruch erheben.


Vielleicht wird das Gesagte noch deutlicher, wenn wir an einigen
Beispielen die Arbeitsteilung und die Besonderheit der Forschungsmethode jeder theologischen Hauptdisziplin aufzeigen. Der Messianismus des Judentums hat sowohl in der historischen wie in der systematischen und in der praktischen Theologie seine Stelle. Der Historiker
lehrt uns, wo und in welcher Gestalt die messianische Idee zum
erstenmal aufgetaucht ist, welche Wandlungen sie im Laufe der
Geschichte durchgemacht hat, welche Wirkungen von ihr ausgegangen sind. Der Systematiker weist der messianischen Lehre
ihren Platz im Gedankenleben der Gegenwart an, er ordnet sie ein
in die Zusammenhnge unserer heutigen Welt- und Lebensanschauung,
er untersucht ihre Grundlagen und ihre Konsequenzen. Der Praktiker
fragt welche Rolle spielt die messianische Idee in der Verkndigung
der Gegenwart? wie und bei welcher Gelegenheit soll von ihr Zeugnis abgelegt, fr sie geworben werden? Wie stellt sich der Prediger,
wie der Religionslehrer, wie endlich der glaubenstreue Jude in den
Dienst messianischer Gedanken? Oder man denke an die so oft
in ihren

Unsterblichkeitslehre!

diskutierte

wissen,

dauer nach

ob und

Der

Talmud,

wie Bibel,

in

dem Tode

Von dem

mittelalterliche

urteilen.

Historiker

wollen

wir

Autoren ber die Fort-

Der Systematiker

soll

uns sagen,

welcher Ausprgung die Unsterblichkeitslehre haltbar

Praktiker

endlich hat

darber nachzudenken, bei welcher Ge-

legenheit der Unsterblichkeitshoffnung das

Form

am

ist.

Wort

zu verstatten

ist,

in

Trstung
der Trauernden und in anderen Fllen zum Ausdruck kommen mu.
Haben wir damit das Arbeitsgebiet der praktischen Theologie
welcher

sie

Grabe,

bei der Seelenfeier,

bei der

von dem der historischen und systematischen Theologie abgegrenzt,


so wird

dem

es

sich

jetzt

darum handeln,

ein Prinzip aufzufinden,

aus

ihre einzelnen Bettigungen abzuleiten sind.

Ein solches Prinzip


wird uns durch die bisherige Entwickelung des Judentums gar bald an
die

Hand

als

erhaltende und fhrende

gegeben.

Ist

es

die

Lehre",

die

als

belebender Geist,

Macht dem Judentum innewohnt, so

ist

Gemeinde" der Trger dieser Lehre, der fr ihre Pflege, fr


ihre Erfassung und Weiterbildung immer wieder tchtig gemacht
werden mu. Aus den beiden Begriffen der Lehre" und der Gemeinde" ergeben sich alle die Handlungen, die der praktische Theodie

FESTSCHRIFT COHEN

488

loge ZU vollziehen hat, und tu deren wohlbedachter Ausfhrung ihn


seine

Spezialwissenschaft

anleiten

soll.

Er

als

der

in

der Lehre

Gemeinde heranzubilden
als auch die bereits bestehende in der Schtzung und Wahrung ihres
Eigentums immer wieder zu bestrken.^ Er hat ferner die in den
Tiefen der Gemeinde schlummernden religisen Krfte zu erwecken
und ihnen zu angemessenem Ausdruck zu verhelfen. Erwchst aus
der Arbeit an der knftigen Gemeinde die Pflicht der Unterweisung,
und dient dieser als vorbereitende Wissenschaft die Religionspdagogik,
so richtet sich an die erwachsene und mndig gewordene Bekennerschaft die religise Rede, fr die die Homiletik die Ziele und Wege
besser Unterrichtete hat sowohl die knftige

aufweist.

Ist

der Gottesdienst vorzugsweise^ ein Bekenntnis der Ge-

immer aufs neue Gott angelobt, so stellt


die Liturgik fest, in welchen Formen dies zu geschehen hat.
Die
Seelsorge aber wendet sich an die inoffizielle Gemeinde, die nicht
in Schule und Synagoge, sondern in den Familien und Wohnungen,
im tglichen Verkehr und bei besonderen freudigen oder traurigen
Anlssen des belehrenden Wortes, der hilfreichen Anweisung harrt.
Es bleibt der Zukunft vorbehalten, auch fiir dieses wichtige Gebiet
Beobachtungen und Erfahrungen, Wnsche und Ziele, Mglichkeiten
und Notwendigkeiten als Theorie der Seelsorge zusammenzustellen.^
meinde, durch das

sie sich

Bei der Aufzhlung der Wissenschaften, die die praktische Theo-

war im Verlaufe dieser Skizze nur auf die richtige


Erfassung und Begrndung der Lehre Rcksicht genommen, die
verkndet werden soll. Ein Blick auf die Gemeinde, die belehrt
werden mu, zeigt, da auch sie ein Objekt des Studiums bildet,

logie voraussetzt,

Statt unzhliger Belege, die

bote stehen,

mge

hier nur

jngster Zeit gestattet sein: F.

fiir

die Erhrtung dieser Auffassung zu Ge-

der Hinweis auf eine autoritative uerung aus

Rosenthals Vortrag Was

war, was

ist

und was

der Rabbiner sein?" (Verhandlungen und Beschlsse der Generalversammlung des Rabbiner-Verbandes in Deutschland, Breslau 191 1, S. 2032).
^ Da in Wirklichkeit Bekenntnis und Belehrung oft nebeneinander hergehen, beweist nichts gegen die hier vorgetragene Anschauung vom Wesen des

soll

Schhelich hat ja die Belehrung auch den Zweck, zu freudigem


Bekenntnis immer wieder anzuleiten.

Gottesdienstes.

^ Das Fehlen der Mission ist ein altes Charakteristikum des Judentums.
Das Judentum hat auf die Werbung von neuen Anhngern fast zu allen Zeiten
verzichtet und sich mit dem lebendigen Zeugnis fr Gott und sein Reich be-

Dafr aber scheint sich als neuer Zweig der praktischen Theologie in
der Gegenwart die Apologetik herauszubilden; wenigstens machen die unausgngt.

gesetzten Angriffe auf die Reinheit der jdischen Lehre eine zielbewute

planmige Verteidigung notwendig.

und

HOCHFELD, EINIGE BEMERKUNGEN ZUR PRAKTISCHEN THEOLOGIE

das nicht

vernachlssigt

werden

darf,

wenn

die

489

Arbeit der Ver-

kndigung zum Ziele fhren soll. Zur eindrucksvollen Belehrung


gehrt sicherlich die Kenntnis der Menschen, an die man das Wort
richtet, nicht zum wenigsten auch die Kenntnis der ueren VerhltEine allnisse, in die der praktische Theologe hineingestellt wird.
gemeine Lebenskunde wird allerdings nur durch Selbsterleben, durch

Ohren und Augen, sowie durch Wahrhaftigkeit im Urteilen


erworben, wenngleich hier psychologische und ethische Schulung
wertvolle Vorarbeit leisten. Aber neben einer genauen Kenntnis der
Rechtslage der Gemeinden und ihrer Beamten, fr die wichtige Arkmen Untersuchungen ber die konobeiten bereits vorliegen,
mischen, sozialen, innerpolitischen und religisen Verhltnisse der
deutschen und auerdeutschen Juden in Betracht. Die Schriften,
die die letzten Jahre ber diese Dinge gebracht haben, ^ tragen doch
offene

="

zu sehr das Geprge einer einseitigen Parteirichtung oder eines bestimmten politischen Ideals, als da sie fr die objektive Orientierung

gute Dienste leisten knnten.

Von

der Spezialgeschichte der einzelnen Zweige der praktischen

Theologie war bereits

in einer

Anmerkung 3

kurz die Rede.

Lassen

Forderungen der Homiletik, Pdagogik, Liturgik und Seelsorgetheorie auch durch die Ergebnisse der historischen und systematischen Theologie gut fundieren, so ist es dennoch fr jeden praktischen Theologen, der tiefer in sein Fach eindringen will, von groem
Interesse, zu erfahren, wie frhere Geschlechter den besonderen Auf-

sich

die

geworden sind. Und zu dem Interesse


gesellt sich das Verfangen, von Meistern der Vergangenheit zu
lernen, ihre Vorzge nachzuahmen, ihre Fehler zu vermeiden. So ist
gegen die Behandlung der Geschichte der jdischen Predigt,* des
gaben

ihrer Zeit

gerecht

Rechtsstellung der Juden im preuischen Volksschulrecht, Berlin 1908; A. Michaelis, Die Rechtsverhltnisse der Juden in Preuen
seit dem Beginne des 19. Jahrhunderts. Gesetze, Erlasse, Verordnungen, Ent^

J.

Freund, Die

scheidungen,

Berlin

1910;

Kollenscher, Rechtsverhltnisse der Juden

in

Preuen, Berlin 1910.


* A. RUPPIN, Die Juden der Gegenwart, 2. Auflage, Kln und Leipzig 1911;
F. Theilhaber, Der Untergang der deutschen Juden, Mnchen 191 1; W. SOMbart. Die Juden und das Wirtschaftsleben, Leipzig 191 1. Wichtige Einzelheiten

Gemeindebunde herausgegebene Handbuch der jdischen Gemeindeverwaltung und Wohlfahrtspflege, sowie die Zeitschrift fr Demographie und Statistik der Juden.
3 Oben S. 486.
* Abgesehen von ZUNZ' grundlegendem Werk liegen Einzelarbeiten vor von
bieten das

vom

Deutsch-israelitischen

FESTSCHRIFT COHEN

490

jdischen Religionsunterrichts/ des jdischen Gottesdienstes* und der


jdischen Seelsorge als Einleitung oder Abschlu einer programma-

und synthetischen Lehre nicht nur nichts einzuwenden, sie ist


vielmehr im Sinne einer tieferen Begrndung der einzelnen Aufstellungen und Forderungen direkt wnschenswert. Hat doch selbst
ein ZUNZ sein berhmtes Buch ber die gottesdienstlichen Vortrge
der Juden zum Teil auch deshalb verfat, weil er der Behauptung,
tischen

die jdische Predigt sei eine

treten

Nachahmung

der christlichen, entgegen-

und jener die notwendige historische Anknpfung sichern

wollte.

Eine Besorgnis, die

in

der jngsten Vergangenheit fters laut

noch zu zerstreuen. Man hat in protestantischen


Kreisen die enge Verbindung der theologischen Fakultten mit der
Kirche als eine Gefahr fr die Wissenschaft empfunden^ und hat
den Vorschlag gemacht, die Fakultten ihres konfessionellen Charakters zu entkleiden, ihre Aufgaben nach der religionswissenschaftlichen
Seite zu erweitern und sie dafr von der Pflicht, Pfarrer heranzu-

geworden

ist,

gilt

es

bilden, zu entlasten.5

neuerdings bemht,

Andererseits

man

auf hochkirchlicher Seite

greren Einflu auf die Besetzung der theo-

um

logischen Lehrsthle zu gewinnen,

den Resultaten der

Maybaum

ist

freien

dadurch

die

Forschung und dem

Spannung zwischen
Inhalt der Kirchen-

(Die ltesten Phasen in der Entwickelung der jdischen Predigt,

Berlin 1901),

THEODOR

(viele Aufstze in der Monatsschrift fr

Geschichte und

Wissenschaft des Judentums) und anderen. Vgl. auch S. Baeck, Die Darschanim
vom 15. bis Ende des iS. Jahrhunderts, in Winter und WNSCHE, Die jdische Literatur seit Abschlu des Kanons, Bd. II, Trier 1894.

Strassburger, Geschichte der Erziehung und des Unterrichts bei den


Israeliten, Stuttgart 1885; Maybaum, Abraham Jageis Katechismus Lekach tob,
Berlin 1892; Dissertationen ber Pdagogisches im Talmud von WIESEN und
Lewit; viel Material in GiJdemanns Quellenschriften zur Geschichte des Unterrichts und der Erziehung bei den deutschen Juden, Berlin 1891.
*

Neben ZUNZ'

Schriften

genannt

seien

J.

Elbogen

Studien zur Ge-

schichte des jdischen Gottesdienstes, Berlin 1907; A. BERLINER,


kungen zum tglichen Gebetbuch, Berlin 1909, 191 2.
3 2.
4

Auflage (1892) Einleitung

C. A.

p.

X, XII.

S. 473, 484.

Bernoulli, Die wissenschaftliche und

der Theologie.

Randbemer-

die kirchliche

Ein enzyklopdischer Versuch, Freiburg

i.

Methode

in

B, 1897.

Dagegen A. Harnack, Die Aufgabe der theologischen Fakultten und


die allgemeine Religionsgeschichte, Gieen 1901 und E. Troeltsch, Die Trennung von Staat und Kirche, der staatliche Religionsunterricht und die theo5

logischen Fakultten, Heidelberg 1906.

HOCHFELD, EINIGE BEMERKUNGEN ZUR PRAKTISCHEN THEOLOGIE


lehre herabzumindern.'

Die Furcht, da

in

49!

der jdischen Theologie

durch den Ausbau der praktischen Disziplin sich hnliche Spannungen


herausbilden knnten,

ist

unbegrndet.

Wir haben keine Kirche mit

Dogmen und

unverrckbaren Heilstatsachen; wir


haben keine geistliche Behrde, die das Recht fr sich in Anspruch
fest

formulierten

nimmt, das

Wesen und den

Geltungsbereich des Judentums unum-

Konflikte zwischen der Wissenschaft

stlich festzustellen.

und der

auch dann nicht zu befrchten, wenn unsere


Wissenschaft in hherem Mae, als es bislang geschehen ist, an die
Bedrfnisse des Lebens denken sollte. Denn das Leben hat nicht
die Lehre zu meistern, sondern die Lehre soll dem Leben Gestalt
Praxis

sind

bei

uns

Um

und Richtung geben.

Mideutungen zu begegnen, sei die


Verschiedenheit der Aufgaben in der wissenschaftlichen und der
praktischen Theologie noch einmal scharf herausgestellt. Die wissenschaftliche jdische Theologie dient der Erforschung des geschichtlich gewordenen Judentums, der Erkenntnis und Darstellung seines
Lehrinhalts; sie hat diese Aufgabe zu erfllen unbekmmert um die
Wirkungen, die das Ergebnis ihrer Arbeit in dem heutigen Kampf
der Geister auslst. Die praktische Theologie zeigt, wie wissenschaftliche berzeugungen unter bestimmten Umstnden ins Leben getragen
werden knnen. Sie bernimmt die Ergebnisse der wissenschaftlichen Theologie, whlt sie aus und sucht sie fr die Gestaltung der
Zukunft nutzbar zu machen, Ist es bei diesem Abhngigkeitsverhltnis
der praktischen von der wissenschaftlichen Theologie ausgeschlossen,
da die Empfngerin der Geberin einmal Vorschriften ber die Art
Darbietungen

ihrer

allen

machen

wird,

so darf andererseits die wissen-

doch wertvolle Impulse und Anregungen von


ihrer dankbaren Schwester erwarten. Denn gerade die Anste, die
vom tglichen Leben ausgehen, weisen am wirksamsten darauf hin,
wo im wissenschaftlichen Weltbild Lcken vorhanden sind, welche
dunkel gebliebenen Probleme aufgehellt, welche vernachlssigten
Materien sorgsamer und eindringender behandelt werden mssen.
Wissenschaft und Leben sind, von solchen Gesichtspunkten aus beschaftliche Theologie

trachtet, keine Feinde,

'

vom

Vgl. die

13.

Februar

sondern treue Bundesgenossen.

Debatten im preuischen Abgeordnetenhause zum Kultusetat


1908.

Die leitenden Ideen der jdischen Predigt


der Gegenwart.

in

Von

Unsere

Zeit

Dr. M. Levin.

hat wieder einmal

Sturmlauf unternommen

einen

gegen die religise Welt- und Lebensanschauung, aber auch


gegen die Stellung, die die sogenannten Geisteswissenschaften bisher
einnahmen.

Bald

den Positivismus sich anlehnende


Monismus, der die einzig mgliche Methode fr die Lsung der
VVeltrtsel

bieten

ist

will,

es der an

bald

ist

es

magebende Theorie der Energetik,


die Geisteswissenschaften

von

ihr

auf physikalischem Gebiete

die

die dahin trachtet,

da auch

aus ihre Impulse empfangen.

Der Ansturm der monistischen Naturforscher hat die Philosophen


wie die Theologen auf die Schanzen gerufen. Das Schlagwort Kultur,
das

die Naturwissenschaft

stellte sich die

Gegeben

ist

ausgab,

nahm

die Philosophie

auf und

Aufgabe, eine kritische Kulturphilosophie" zu werden.

die Kultur als die menschliche Kultur in ihrer geschicht-

lichen Entwickelung.

Die Sache der Philosophie

ist

es,

diese ganze

aufsteigende Lebensflle daraufhin zu durchforschen, wie darin die


allgemein gltigen, ber das empirische Wesen des Menschen weit

hinausragenden Vernunftwerte zu bewuter Erfassung und Gestaltung


gelangt sind."'

Gleicherweise suchte

die Theologie

den Beweis zu liefern, da


die Religion als eine Kulturmacht anzusehen sei.
Beiden, der Philosophie und der Theologie, gengt nicht die
naturwissenschaftliche

Daseienden,

alles

Erklrung der urschlichen Zusammenhnge

Werdens und Geschehens;

sie veriangt auch


nach einer Antwort auf jene alte Frage, die schon der indische
Weise Asoka stellte: Wozu gibt es etwas?

Windelband

alles

in

Groe Denker". Bd.

II, S.

377.

FESTSCHRIFT COHEN

494

Nur der Idealismus vermag uns einen Lebenszweck zu erschlieen,


nur im Reiche der Idee finden wir einen Sinn des Lebens, so dali
wir dem Leben einen Wert abgewinnen knnen.
Eine festere Position

als

die Theologie scheint die Philosophie

einzunehmen, denn whrend diese im freien

Intellekt waltet,

jene durch das Gefhlsmige gebunden, ja noch

wird

mehr durch Mythus

und aus ihm hervorgehende Dogmen. Um nun ihre Behauptung,


eine Kulturmacht zu sein, aufrecht zu erhalten, sah sich die Theogentigt,

logie

wo noch

und,

statt

der Kirchenreligion eine persnliche zu setzen

eine Staatskirche besteht, dahin zu streben, sie in eine

Volkskirche zu wandeln.

Wie anders
sich

die

bilden,

gnstigen

Lage

unabhngig

vom

der

in

Manahmen

gestalten sich die

befindet,

in

der Judenheit, die

Gemeinden zu

selbstndige

Staate ihre religisen Angelegenheiten,

nach ihrem Standpunkt, ordnen und pflegen. Fr uns handelt


es sich nur um die Frage: Welche Ideen sind es, die auch bei den
vernderten Zeitverhltnissen der geschichtlich gewordenen Religion

je

eine Lebenskraft verleihen?

Von

vornherein bemerken wir:

Die Religion

ist

uns nicht nur

Sache des Gefhls, sondern auch des Intellekts, und der Mythus
wird auf den geschichtlichen Kern zu prfen sein. Der denkende
Mensch, der auch seine Gefhle unter die Kontrolle der Vernunft
stellt, kann erst dann vor sich bestehen, wenn Fhlen und Denken
Merkwrdig, Theologen halten Reden, in
einen Einklang ergeben.
denen sie in pantheistischen Gefhlen die Religion an das Universum

eine

knpfen, Philosophen dagegen geben Anregungen zu

Predigten

in

Beziehung auf Gott.*


Die Predigt

in

der Gegenwart", sagt

COHEN, ' bedarf der Ver-

und Belebung durch die Ideen, die nicht etwa eine abstrakte Verdung, sondern eine Vergeistigung, eine Verinnerlichung
herbeifhren, wie solche immer die natrliche Folge wahrhafter Ertiefung

kenntnis

ist."

zwischen Glauben und Wissen; nicht der Ausgleich


Der freien
zwischen Wissenschaft und Religion ist die Aufgabe.

Kein

Kampf

Forschung berlassen

S.

wir.

Wissen zu

schaffen, die Religion

KGELGEN: Schleiermachers Reden und Kants

Predigten, Leipzig 1901.

Deub: Predigten nach Kantischen Grundstzen, Knigsberg


=*

S. 23.

Ethik und Religionsphilosophie

in

dagegen

1794.

ihrem Zusammenhange, Berlin

1904.

LEVIN, D. LEITENDEN IDEEN D. JD. PREDIGT IN D.

gewinnt

Ideen

alle

aus

dem

GEGENWART

dem

Gottesglauben wie aus

495

Seelen-

glauben,

Nicht

Gottesidee,

als

weniger

noch

Gottesbegriff,

als

am

Pantheismus
mnden mu, ist die jdische Lehre von Gott zu fixieren. Ein
lebendiger Glaube kann nur in Tatsachen seine Begrndung findenDiese Tatsachen drngen sich ihr zunchst aus der Naturbeobachtung
wenigsten

als

verschwommene

Einheitlich

auf.

ist

Mystik,

das Weltganze,

in

die

in

einen

seiner Mannigfaltigkeit har-

Die einheitliche Welt hat ihren Urgrund in der


Die Welt ist einheitlich, Gott ist einzig. Jude
Einzigkeit Gottes.
sein", heit nach COHEN:* als den Grund des Daseins, als den Halt

monisch geordnet.

der Welt den einig einzigen Gott bekennen."

Ein

mit

Gott

identisch

in

in

eins

verschmolzen oder mit

der Naturnotwendigkeit unterworfen.

wre

glaube sieht

der Natur

Gott den Ewigen", der, ber Zeit und

Der

Raum

ihr

Gottes-

erhaben,

und darum unvergleichbarer schpferischer Freiheit


waltet, 3 seine transzendente Existenz kann die Sprache nicht anders
bezeichnen, als da sie Gott einen persnlichen" nennt.
in rein geistiger

-*

Der EntwickelungsgedankeS

schaltet ebensowenig wie

die ener-

getische Naturauffassung eine schpferische und gesetzgebende Gottheit aus.

da

Wenn

selbst

verdankt",

HartmanNN^ mit Genugtuung darauf hinweist,


im Judentum, dem man den Persnlichkeits-Monotheismus
E.

v.

Philosophie

eine

auftreten

konnte (Venetianer: Der

und Immanenz Gottes predigt und


sich zum Pessimismus bekennt", so bersieht er ein Grundelement der
Der
jdischen Weltanschauung, die eine durchaus optimistische ist.
Pessimismus Koheleths richtet sich nicht gegen die Weltschpfung,
sondern gegen das menschliche Treiben.^ Es ist unerfindlich, wie
bei dem Zugestndnis eines, wenngleich immanenten, Gottes, der
Pessimismus Zutritt haben knnte. Der unverrckbare Glaubenssatz,
Allgeist"), die die Unpersnlichkeit

'

'

Jesaja 45, 7 Psalm 104.


Ethik und Religionsphilosophie, Berlin 1904.
;

S. 20.

Mose 33,20 23; 15, II; Jesaja 40,25; 2 Mose 3,14; Maleachi 3,6.
4 2 Mose 20, 2; Jesaja 44, 24.
5 ber den heutigen Stand des Darwinismus s. GOLDSCHEID: Darwin
Lebenselement unserer modernen Kultur, Wien und Leipzig 1909.
3

Die Selbstzersetzung des Christentums, Berlin

^ I

Mose

i,

Koheleth

31.
3,

li; 7, 29.

1874.

S. 112.

als

FESTSCHRIFT COHEN

496
mit

dem

Ewige

das Judentum steht und

fllt,

ist

Hre,

das:

Israel,

der

unser Gott, der Einzig- Ewige!*

ist

Die Beobachtung der Natur fhrt nicht nur zur Gotteserkenntnis,


sondern auch zur Selbsterkenntnis. Blickt der Mensch aus der Umwelt in sich, so gewinnt er seine Stellung innerhalb des Naturganzen.
Er sieht sich zum Herrscher berufen und mit Hoheit und Wrde

man auch hier von einer Idee, und


Idee. Und die experimentelle Psycho-

Philosophisch spricht

gekrnt.*

zwar von der psychologischen

Werte aus unmittelbar

logie leitet alle geistigen

erlebten Bewutseins-

vorgngen ab; dem metaphysischen Prinzip der Substantialitt stellt


sie gegenber das psychologische Prinzip der Aktualitt der Seele. 3
Dagegen hat Schleich, wiewohl er aus physiologischen Bedingungen und Vorgngen das Seelenleben erklrt und von physischen Organen der Psyche spricht, immerhin eine substantielle

War schon

Seele zugestanden.
in seiner

Gesamtheit aufzufassen

flutungen

Mensch

als ein

vom

abgetrennt

sich,

fr

der

als

organisches

Wesen

System rhythmischer Durch-

Kraftspiel

der

anorganischen

und vielleicht
einzig dastehende, still verschlossene Kammer wunderbaren rhythmischen Spiels, die ihn in eigener Weise befhigt, mit den Eindrcken
der Auenwelt immer frei zu schalten und zu walten."'*
Nach jdischer Lehre ist auch die Seele keine Idee, sondern

Masse, so

noch weit mehr

ist

Wesenheit, 5

uert

Sie

diese auch

Gemt,
einer

Und

orientiert.

so

persnliche

Kindes zum Vater,


anders,

kann.

als

tritt

in

rein kausalen

Lebens-

So

erkennender Verstand, als fhlendes


alle Seelenkrfte verbinden sich zu

Verfassung, die

einheitlichen

innigste

sind,

nur

selbstndigen Geistesregungen". ^

in

handelnder Wille

als

nicht

sich

vorgngen, sondern auch


vielfltig

seine Seele eine fr sich

der

Verhltnis

an

sich

der Einzigkeit Gottes

Mensch vermge der Seele


zu

Gott,

in

das

Verhltnis

in

das
eines

das die Sprache wieder nicht


Gottebenbildlichkeit des Menschen kennzeichnen
ein Verhltnis,

denn als
Die Gottebenbildlichkeit

Annahme

der

Substantialitt

der einzige Anhaltspunkt fr die


der Seele, fr ihre Prexistenz und
ist

Postexistenz.

Mose

Psalm

WUNDT:

SCHLEICH: Von der Seele, Berlin

Mose

6, 4.
8, 6. ff.

Einfhrung

Vgl. Schleich,

1,26. 27; 2,

in die Psychologie, Leipzig 191

7.

a. a.

O.

S.

253 ff

1900.

S. 23-

1.

S. 126.

LEVIN, D. LEITENDEN IDEEN D. JD. PREDIGT IN D.

GEGENWART

49/

Wesenheiten erfat, so ergeben


sich von selbst jene Ideen, die leitend und richtunggebend der jdischen Predigt ihren Weg bestimmen.
Die tierische Natur
erste Idee ist die Sittlichkeitsidee. ^
I. Die
Sind erst Gott und Seele

als

im Menschen, die sich dem Geiste entgegenstellt, fordert ihn zum


Kampf heraus, und seine Waffe wird die Sittlichkeitsidee. Sie
erschliet sich ihm aus der Erkenntnis Gottes.^ Nur in diesem Sinne

nehmen

wir

und nur

ihn zu erkennen,

creereben,

Das Gott

uns und wir

in

weise; die Freiheit

ist

Gott hat uns eine Seele

der Offenbarung.

Idee

die

in

Gott"

ist

reine" Seele erkennt ihn.

die

eine pantheistische Ausdrucks-

wenn

nur dann gewahrt,

wir durch die eigene

Erkenntnis dahin gefhrt werden, die Sittlichkeit als Gotteswillen in


unseren Willen aufzunehmen. 3 Dann aber heit es: vor Gott, mit

Gott oder Gott

nach wandeln.

Und

das aus Liebe, zu der sich der

Gottesglaube gesteigert hat.*

Was

Wie

Ordnung.
Gesetze,

so

Es ist die gesetzmige


der Natur eine Ordnung hergestellt ist durch
die Seele eine Ordnung her durch das Sittlich-

Wesen

das

ist

in

stellt

der Sittlichkeit?

Dieses Gesetz

keitsgesetz.

sich

whrend das Bse nur

eigentliche Gute,

keineswegs

Rechts,

Verletzung

des

erscheint.

Im brigen

whrend das Bse


in die fernste

manifestiert

erlangt

als

Zukunft

Recht; es

als

Widerstand,

ein

selbstndiges

das Gute

sich nur kurze Zeit

als

stets

das

ist

als

das
eine

Prinzip

bergewicht;

behauptet, wirkt das Gute

fort.s

Wenn

nun dem Rechte eine angeblich hhere Forderung gegenbergestellt wird, nmlich die Liebe, so finden wir den Ausgleich
darin, da wir das Recht als eine vollziehende Macht betrachten,
Durch die Liebe, die in der
die Liebe jedoch als treibende Kraft.
Gotteskindschaft wurzelt, gewinnt das Recht einen tieferen Grund,

wenn

dem

Gemeinschaftsleben herleiten.
IL Die Sittlichkeitsidee, wie sie als vollziehende Macht im Rechte
und als treibende Kraft in der Liebe zur Erscheinung gelangt,
als

wir es nur aus

erschliet uns zugleich die Menschheitsidee.

Eine grundlegende Behandlung erfuhr das Problem durch COHEN in


seiner Ethik des reinen Willens", Berlin 1907. S. auch dessen Autonomie und
'^

Freiheit", Berlin 1900.


*

5
5

Mose
Mose
Mose
Mose

S. 3

4, 35.

39; 3

30, 15

ff.

ff.

Mose

19, 2;

Micha

6, 8;

Jeremia 9,2223.

6, 5.

20, 5. 6,

32

FESTSCHRIFT COHEN

498

Die Gotteskindschaft bildet die Grundlage fr die Auffassung des


einheitlichen Menschengeschlechts. Die Nchstenliebe an der Selbstliebe messen, heit nichts anderes, als jedem das gleiche Recht ge-

Und

whren.^

so wird das Sittengesetz als sittliche Weltordnung"

Gesamtheit magebend und bestimmt

fr die

Was

wir Geschichte nennen,

geschichte.

Aber

eine

ein

ist

das sich aus seinem Urzustnde zu einer

des Menschengeschlechts,

hheren Stufe

und Richtung.
Bericht von der Entwickelung
ihr Ziel

Vorwiegend

fortbewegt.

ist

es

noch eine Kriegs-

Der Eigennutz wird zum ausschlaggebenden


Unterstrmung, wenngleich noch nicht sieghaft,

Richter.
bereitet

Durch
diese wird der sittlichen Weltordnung die Bahn erffnet, was ein
neuerer Naturforscher mit den Worten ausdrckt: Neben und ber

den Boden

fr

ein

hheres Dasein, es

ist

die Kulturarbeit,

der Tatsache der erblichen Belastung gibt es die Tatsache der ver-

erbbaren Vervollkommnung."^ Die Geschichte wird Kulturgeschichte;


ihre Seele wird die Solidaritt der Vlker.

Eine neue Idee

tritt

auf

den Plan, es ist die Erlsungsidee. Die Erlsung von all den beln,
die Rassenha, Lndergier und Klassenherrschaft erzeugen, die Erlsung von allen politischen und sozialen beln soll das Recht
bringen die Entscheidung in streitigen Fllen wird nicht der Waffen;

gewalt, sondern

dem gesetzmigen

Richterspruch zuerkannt.

Die Kultur, sowohl die materielle


ergnzt

durch

die

Kultur,

religise

als

das

auch

die

geistige,

Kulturreich

wird

durch

das

Gottesreich.

Im

Gottesreich

bewirkt

Anerkennung

die

des

Allvaters

die

Einigung der Menschheit, und den allgemeinen Frieden verbrgt die

bung

des

Sittengesetzes,

die

von

der

Liebe

eingegebene

Ge-

rechtigkeit.
III.

Alle die Ideen, wie die der Sittlichkeit, der Menschheit, der

man als kulturelle auffat, traten


dem Volke Israel zutage, und zwar

Erlsung, der Vollendung, die


schichtlich

zum

erstenmal

Durch

religise Ideen.

in

sie

ward

geals

es ein richtunggebender Faktor in

der gesamten Religionsgeschichte.

wird uns erst dann vollends


volk betrachten.
unter

dem

Das Verstndnis dieses Volkes


aufgehen, wenn wir es als ein Missions-

Die Auserwhltheit"

Israels ergibt nur einen Sinn

Gesichtspunkt einer Missionsidee.

Die volkstmliche Ent-

faltung in einem jahrtausendelangen Staatsleben diente nur dazu, es

Mose

Ostwald

4 Mose 15, 1516.


Die Forderung des Tages, Leipzig 1910.

19, 18. 34;


:

S. 263.

LEVIN, D. LEITENDEN IDEEN D. JD. PREDIGT IN D.

Der

groen Beruf vorzubereiten.

fr seinen

GEGENWART

499

persnliche Messias, den

nach der Zerstrung des Reiches erwartete, wandelte sich bald


in die Messiasidee, die es verpflichtete, endlich ein Reich von
Priestern" zu werden, ein heiliges Volk", um die Befhigung zu
es

erlangen, als

Zeugen Gottes" zum Lichte der Vlker" zu werden;*

zum Menschheitsgedanken,

der Nationalittsgedanke erweitert sich

zum

der Gottesstaat

Aber

Universalitt,

aller

die

Missionsidee

die

sich

es

sollte

hatte fr alle Zeiten.

Der Gottesbund und

seine

Bedingungen kommen

Ob

und Bundespflichten zur Darstellung.


oder gar

Prinzipien

da

derart,

durch

es

doch als vorbildliche Religionsgemeinde erDas bedingte schon der Bund, den es mit Gott geschlossen

gewann,
halten.

bei

Gottesreich.

in

Dogmen

verdichtet,

in

Bekenntnis

sich das Bekenntnis in


in

jedem Falle sind

sie

nur solche Pflichten aufstellen, die eine allgemeine

sie

Anspruch nehmen knnen. Nicht eigentliche Gesetze,


die der Vernderung ausgesetzt wren, sondern unwandelbare GrundIhre ewige Gltigkeit deutet der
stze geben die Richtschnur an.
Dekalog, der Religion und Sittlichkeit aneinanderschliet, dadurch
an, da als Gesetzgeber Gott erscheint, der, wie in der Natur, so
auch in der Geschichte waltet.
Als Bundeszeichen wird der Sabbat
eingesetzt, der Gott als Schpfer und Erlser bezeugen soll, wie
er wiederum den Menschen gegenber die Forderungen involviert:
die persnliche Freiheit, die persnliche geistige und sittliche VollGeltung

in

endung, endlich die allgemeine soziale Vollendung.


IV.

Nach

zwei Richtungen

hin vollzog sich die Entwickelung

unserer Religionsgeschichte; im Hinblick

das

Zeremonialgesetzliche

Wandel

ausgebildet,

auf das Volkstum wurde

wie

es

als

Halacha den

vorschreibt; im Hinblick auf das allgemein Menschliche kulti-

man die
Hag gada

vierte

Ideenwelt

die

vor

die Religions-

Augen

und

die sittlichen

fhrt.

Zu

und Moralphilosophie,

ihr

die

Probleme, wie es uns

zhlen wir insbesondere

Polemik und Apologetik,

endlich die Predigt.

Das

Volkstmliche erfhrt namentlich

religis

am

Sabbat eine

schon durch die Thoravorlesung gegeben. Kann


die Predigt auf der gegenwrtigen Entwickelungsstufe das Zere-

Behandlung. Das

ist

Jesaja 42. 43.

'

Jesaja 66, 21. 22.

3 5

Mose
Mose

51,

20,

1 14.
1

2.

?2*

FESTSCHRIFT COHEN

500

monial-Symbolische nicht mehr an den Gottesbund knpfen, so wird


sie doch nicht bersehen, da Zeremonien und Symbole einen pdagogischen Zweck verfolgen, dem Anschauungsunterricht wie der

den Zeitverhltnissen
und der Stufe der Kultur, nichtsdestoweniger wird die Predigt aus
ihnen noch Gedanken zu entwickeln verstehen, die einen geistigen
Erziehung dienen.

sittlichen

Gewinn

'

Sie entsprachen

erzielen.

Ein weiteres Feld erffnen ihr die Feste. An den drei religisgeschichtlichen Festen wie an den drei Gedenktagen wird sie den
Zusammenhang mit der Vergangenheit zu unterhalten haben; an den
beiden erhabenen Festen" wird

Auge

fassen.

Das

sie die

Gottesreich wie

Gegenwart und Zukunft

die

Einzelwelt wird hier

ins

das

Thema.
Die Predigt

Gottesreich vertritt den unverrckbaren Glauben


frei schpferischen Ewigen, die Gotteskindschaft

vom

an den einzigen,
aller Menschen, die Vollendung der Gesamtheit auf Grund des
umfassenden Sittengesetzes.

Was

wir aber persnliche Religion nennen,

leitung zur Selbsterkenntnis

erfordert die

alle

An-

und Selbsterziehung, zur Charakterbildung

und zum Aufsteigen zu einer Persnlichkeit.


Der Mensch, in die Wirrnisse des Tages hineingestellt, sucht in
seinem Seelenleben nach einem Halt, um sich im Lebenskampf behaupten zu knnen, um das, was ihn traurig oder mde macht, zu
Da wird denn die Predigt vor allem aus der Seele
berwinden.
selbst die in ihr schlummernden Krfte herausfrdern, die den
Horizont erhellen, und, in einer religis beseelten Lebensordnung,
Geist,

Gemt und

Wille

zum siegenden

Heile fhren.

Nicht wie bei Tagesfragen wird die Predigt Effekte zu erzielen


trachten, nicht das vulgre Moralisieren wird ihr einen Erfolg sichern,

gewaltsam berredend,
sondern klrend und bildend den ganzen Menschen ergreift. Fern
jeder einseitigen Richtung wird sie nur das Allgemeine und ewig
Gltige ausbauen, und indem sie dem Individuellen gerecht wird, an
es

ist

die Orientierungsarbeit allein, die nicht

der Vollendung der Gesamtheit mitwirken.


Bereschith rabba

44.

Recht und
Von

Billigkeit in der Jurisprudenz

des Talmud.

Max EsCHELBACHER-Freiburg

Rabbiner Dr.

Gesetz wird
Demdas biblischen
strenge Recht und

i.

B.

da in ihm
die Forderungen der Milde und der
Menschlichkeit innig verschmolzen sind. Der stndige Gedanke an
die Schwachen, an die Armen, die nie aufhrende Frsorge fr den
Ausgleich der Gegenstze im Zusammenleben der Menschen, die
Achtung vor der Wrde des Menschen, selbst vor der des Verbrechers, haben dem Gesetze der Bibel zu allen Zeiten hohe Verehrung gesichert.

Aber

allgemein zugestanden,

seine Fortsetzung, der

Talmud, hat bei ihm

Fernstehenden meist andere Gedanken erweckt, nicht immer Liebe,


oft genug die Empfindung des Fremdartigen, des Abstoenden. Der
Welt schien es oft, als ob alle jene Krfte, die das Recht der Thora
so menschlich machen,

wie

in einer

Wste

in

der spteren Entwicklung des Judentums

sich verloren htten.

ob dem nachbiblischen, dem


talmudischen Gesetze mit dieser Betrachtung recht geschieht, ob es
wirklich nur ein Spiel des spitzen Verstandes, nur ein Rechnen mit
Begriffen ist, oder ob man auch ihm nachrhmen darf, da wie einer

Darum

liegt es

nahe,

zu prfen,

seiner bedeutendsten Vertreter,

Rab Jehuda

Gehorsam gegen

ein

seine

Gebote

bar Jecheskel, sagt, der

Stck Frmmigkeit

sei.^

I.

Einen Ruhm wird man dem


machen knnen. Ein groer Zug
beugsames Rechtsgefhl.

ist

Mag auch

nicht zur vollen Selbstndigkeit

Baum

rabbinischen Recht nicht streitig

ihm zu

die jdische Jurisprudenz

30 a.

sein,

noch

Zweig
mgen auch

gekommen, sondern

des religisen Schrifttums geblieben

Baba Kama

eigen, ein starkes un-

ein

am
ihre

FESTSCHRIFT COHEN

502
Meister,

die

Hillel,

Schriftgelehrte

und

Akiba,

Rab und

wie sie

erst in zweiter Linie Juristen sein

und

die Klassiker der rmischen Jurisprudenz, die Papinian,

immer

vor Allem

alle heien,

nicht,

wie

Ulpian oder

doch eine Erkenntnis zur


hchsten Klarheit bei ihnen gereift.
Sie wissen, da Fragen des
Rechts rein nach dem Recht entschieden werden mssen, da ihm
gegenber alle anderen Rcksichten, namentlich alle Erwgungen der
Zweckmigkeit und des Interesses, zu schweigen haben. Den Grundsatz fiat iustitia pereat mundus" kennt auch der Talmud, er verlangt,
wenn auch nicht in der schroffen Form dieses Satzes, das Recht
soll den Berg durchbohren."^ Darum will ein Lehrer der Mischna,
Rabbi Elieser, dem Richter sogar verbieten, einen Vergleich zu
schlieen, er begehe damit eine schwere Snde.^ Diese Anschauung
ist nicht bindende Norm geworden, im Gegenteil, es wird, wie wir
sehen werden, den Streitenden vielmehr als Pflicht der Billigkeit hingestellt, auf einen Vergleich einzugehen, und doch ist auch sie der
Ausdruck einer richtigen Empfindung. Recht mu Recht bleiben
und als Recht durchgefhrt werden, der Vergleich aber, in dem die
Partei von ihrem Rechte opfert, schwcht und verschleiert das starke
und entschiedene Recht.
Ganz besonders hat vor Gericht das Mitleid zu schweigen. Auch
im Namen des Erbarmens darf das Recht nicht gebrochen werden,
und der Arme darf nicht deshalb siegen, weil er arm ist. Den
Armen darfst du nicht begnstigen in seinem Rechtsstreit" verlangt
schon die Thora. Und wie energisch die sptere Zeit diesen GrundAn dem Ausgange eines
satz durchgefhrt hat, zeigt die Mischna.'*
Ein Lehrer
Prozesses, berichtet sie, war auch eine Witwe beteiligt.
wollte zu ihrem Gunsten entscheiden, nicht etwa weil unzweifelhaft
das Recht auf ihrer Seite gestanden htte, sondern eben, weil sie
Da trat ihm R. Akiba scharf entgegen. Vor
eine Witwe war.
Gericht gibt es kein Erbarmen." Vor Gericht gibt es nur das
Paulus, ausschlielich Juristen,

ist

-5

Recht.

So

ist

das hchste Gut fr das jdische Recht die Gerechtig-

Sie steht hoch ber allem Andern,

keit.

und

ihr

gegenber

mu

sogar schweigen, was unter anderen Umstnden hohe Tugend und

"

Sanhedrin 6b,
Eod.

3 2
4

23, 2.

Keth IX,

2.

ESCHELBACHER^ RECHT

U. BILLIGK.

I.

D.

JURISPRUDENZ

D. TALiyiUn

5O3

gegenber mu sogar das Mitleid verstummen. Diese


Herrschaft der Gerechtigkeit allein schon macht das jdische Recht
zu einem Recht der Sittlichkeit.
Pflicht

ihr

ist,

Doch

dem

die

Gerechtigkeit

Wort

bedarf der Ergnzung.

Sie

ist

nach

eine der Sulen, auf denen die

Welt ruht,
aber sie ist nicht die einzige. Hat doch nach der Legende im
Midrasch^ Gott die Welt geschaffen nach den Grundstzen der Gerechtigkeit und zugleich nach denen des Erbarmens, denn das Bse mte
in ihr triumphieren, wenn nur Gottes Gnade und Barmherzigkeit in ihr
walteten, und nicht die Gerechtigkeit jenem wehrte, und sie knnte
andrerseits von vornherein nicht bestehen, wenn sie ausschlielich
nach strengem Recht beurteilt wrde. Zu dem rmischen Worte
summum ius summa iniuria" bekennt sich darum auch der Talmud,
er drckt mit andern Worten den gleichen Gedanken aus, indem er
sagt Jerusalem sei deshalb zerstrt worden, weil seine Richter nach
strengem Recht geurteilt und die Grundstze der Billigkeit aueralten jdischen

acht gelassen htten."*

So mu

also

zum Recht

mssen beide zusammenwirken,

ordnung mu

Gemeinsam
gebietende Rechts-

die Billigkeit hinzutreten.

eine

starke,

herrschen, an der das Rechtsleben einen festen Rck-

Gedanken der Gte und der Menschlichkeit mssen


strenge Ordnung bei aller ihrer Kraft dennoch weich und an-

halt hat, aber die

diese

passungsfhig machen.

Wie
und

ist

es

nun mglich geworden, im jdischen Gesetz Recht

Billigkeit miteinder zu

verschmelzen?
II.

Die Vereinigung ist in erster Linie dem biblischen Gesetze


zu danken, das die wichtigste Grundlage fr das sptere, das rabbinische
Recht bildet. Der Wortlaut der Bibel ist oft weit und frei, er deutet
I.

neben dem geschriebenen


zu erfllen sind. Dadurch macht er es den spteren Geschlechtern
mglich, auch neue Rechtsprobleme auf der Grundlage der Thora
im Geiste der Billigkeit zu regeln. Als Beispiel eines solchen Bibelhin auf die

wortes

wird hier
*

Ber. rabbah 12 Ende.

B. mezia 30b.

3 5

die

Forderung des Deuteronomiums an 3; Du


was recht und gut ist in den Augen Gottes". Zweierlei
geboten, das Rechte und das Gute. Das Rechte" um-

fhren wir die

tun,

sollst

ungeschriebenen Gesetze,

6, 18.

FESTSCHRIFT COHEN

504

was dem strengen Gebot der Vorschrift entspricht, das


Gute" aber das, was darber hinaus Vernunft und Herz fordern.
fat

alles,

Und

die

nachbiblische Rechtsbildung

ist

eifrig

bemht, durch die

Gute neben dem Rechten einzufhren.


Sie hat in dem Satze des Pentateuch eine Art Generalklausel gesehen, um den Forderungen der Billigkeit selbst im System
des strengen Rechtes Eingang zu verschaffen. Positive Einrichtungen
Pforte, die Bibel hiermit erffnet, das

Grund dieses Satzes in spterer Zeit geschaffen worden.


a) So wurde auf die Forderung des Guten die Institution des
Nachbarrechtes gegrndet." Der Eigentmer eines Grundstcks
hat ein Vorkaufsrecht am Grundstcke des Nachbars, wenn dieser
Nach dem strengen Rechte stnde es ihm nicht
es verkaufen will.
Ist ein Acker auf zwei Seiten von den Grundstcken zweier
zu.
Brder umgeben, die ein Interesse daran haben, auch das mittlere
Feld zu besitzen, so knnen sie einen etwaigen Neuerwerber des
sind auf

Mittelfeldes

zum Abzug

Aus dem

b)

sondern

zwingen.

gleichen Grunde, weil

man

auch das Gute tun mu, haben

Vorschriften ber die

nicht nur das Rechte,

die

Zwangsvollstreckung

Rabbinen ferner
gemildert.

Es

die
gilt

den frhern
Eigentmer zurck" (rmn NDlti').*
Diese Bestimmung sollte den
armen Leuten helfen, deren Acker gepfndet und unter den
der Grundsatz

das versteigerte Grundstck geht an

Hammer gekommen war. Sie sollten ihr Feld nicht auf immer verlieren.
Wenn sie wieder zu Krften kamen, sollten sie befugt sein,
den verlorenen Besitz vom Glubiger wieder einzulsen. Damit ist
Rechtsmacht des reichen Erwerbers auerordentlich eingeschrnkt.
c) Auf die Forderung, das Rechte und das Gute zu tun, ist schlielich von einigen Lehrern die Pflicht fr die Parteien begrndet
worden, den Proze durch einen Vergleich zu beseitigen, weil dieser
die rechte Verbindung von Gerechtigkeit und von Nachgiebigkeit
darstellt, gleichzeitig Behauptung und Aufopferung des Rechtes ist.3
So erffnet die Thora neben dem strengen Gesetz noch die
Billigkeit als selbstndige Rechtsquelle.
Deshalb ist von jeher auch
gerade der angefhrte Satz des Deuteronomiums als eines der allerwichtigsten Worte der Bibel angesehen worden. Nach dem Worte
jaschar, das Rechte, das er enthlt, ist das fnfte Buch Moses ber-

die

B. mezia 108 a.

B.

mezia i6b und 35b.


Raschi z. St.

ESCHELBACHER, RECHT

haupt

als

U. BILLIGK.

sepher hajaschar,

das

als

I.

D.

JURISPRUDENZ D. TALMUJ)

5O5

Buch vom Rechten und Geraden

bezeichnet worden.*
In diesem Falle

2.

und auch noch

einfache Wortlaut des strikten Rechtes

manchem anderen

ist

der

ohne weiteres zugleich

die

in

Oft aber bedarf es erst der

Quelle der Billigkeit.

Auslegung des

um

den Vorschriften der aequitas Eingang zu verschaffen.


Da zeigt sich dann auf dem Gebiete des Rechts die groe Bedeutung, die die berlieferung fr das Judentum hat. Die groe

Gesetzes,

Bewegung, deren Niederschlag wir als Tradition bezeichnen,


hat den Horizont des Rechtes erweitert und den Weg gebahnt, auf
dem neue Gedanken in die Gesetzgebung eindringen konnten. Sie
geistige

hat

immer wieder

das Bibelwort nicht

gelehrt,

als eine

abgeschlossene

Satzung zu betrachten, sondern es im


Gegenteil als einen Hinweis auf die groe und grenzenlose Welt des
Rechts anzusehen und als ein Zeugnis fr diese Welt. Die berlieferung hat im einzelnen gelehrt, immer neue Rechtsstze zu finden.

gewordene

und

starr

Wie

diese Mglichkeit geschaffen

Rechts

in

alte

Ausgangspunkte

verwandelten, dafr

mge

fr
als

wurde und wie so Stze des strikten


die Forderungen der Billigkeit sich

Stichprobe ein Beispiel dienen.

Die Thora bestimmt: Du darfst nicht die Grenze deines Nchsten verrcken, die die Vorfahren gesetzt haben, in dem Erbe, das
du ererbst, in dem Lande, das der Herr, dein Gott, dir zum Besitz

gegeben

Der Wortsinn

hat".*

Gesetz verbietet

vom Lande

auf

es,

ist

einfach und klar verstndlich.

dem Wege

Das

der Grenzverrckung ein Stck

Der Talmud fat es seinem


ja jede Form derVerietzung
Bestimmung du darfst nicht

des Andern sich anzueignen.

System entsprechend noch enger.


fremden Eigentums schon durch
rauben" 3 verboten

ist,

Da
die

so sieht er in der neuen SpezialVerordnung

du darfst nicht die Grenze verrcken" eine zweite Bestimmung, die


zu der ersten hinzutrete, und die nur fr Palstina Geltung habe,

da der Ewige dein


Gott dir gegeben hat". Das ist das Ergebnis der exakten philologisch
und juristisch vollkommen zutreffenden Auslegung des Gesetzestextes.
Aber ber diese ursprngliche Fassung und ber diesen Wortsinn
entsprechend

dem

Zusatz

in

dem

Lande,

dann die Tradition weit hinausgeschritten und hat die wichtigsten


und allgemeinsten Forderungen des Rechts daraus abgeleitet.

ist

Aboda

sara 25

19, 14.

33M

19, 13.

a.

FESTSCHRIFT COHEN

506

Grenzen nicht verrcken, die die Alten gesetzt


haben" verlangt Moses. In diesem Worte fand man den Gedanken
ausgedrckt, dali das Herkommen allein schon, die Sitte an und fr
sich, Autoritt besitzt. Dieser Grundsatz gilt nicht nur auf dem Gedarfst

die

Herkommens, des sogenannten Minhag,


auf dem er am bekanntesten geworden ist, sondern er herrscht
ebenso auch auf dem Gebiete des rechtlichen Gebrauchs, des Gewohnheitsrechts. Auf diesem Gebiete wird er sogar zum erstenmal
ausgesprochen. Damit ist neben dem gesetzten Recht die lebendige

biete des

gottesdienstlichen

bung als Rechtsquelle erschlossen.


Das Wort Du darfst die Grenze
ferner

zwar nicht

nicht verrcken"

die gelehrte Tradition,

hat

dann

wohl aber die volksmige


die Annahme eines ganz all-

Grundlage benutzt fr
gemeinen, die Grenzen des Rechts schon berschreitenden, Interessenkreises, einer Rechtssphre, die zu zart ist, als da sie schon vom
Gesetz Schutz verlangen knnte, deren Verletzung aber ein Versto

berlieferung

gegen

als

die gute Sitte

Darum wurden Forderungen

ist.

des Anstands

dem Gebiete des wirtschaftlichen Lebens, ganz besonders das


Verbot unlauterer Konkurrenz damit eingefhrt und begrndet, da
man nicht die Grenzen des Anderen verrcken" drfe, und man
auf

hatte so ein Mittel gefunden,

dem Boden

um

die

enge Grenze des Rechts auf

des Rechtes selber durch die Sitte zu erweitern.

Worte noch nach


Sie hat nmeiner ganz merkwrdigen Richtung hin ausgedeutet.
lich daraus eine Art Urheberrecht und Urheberschutz entwickelt.
Den Inhalt dieser Vorschriften enthlt der Talmud allerdings schon
im Keime, der Sifre, die lteste Erklrung zum Deuteronomium, bestimmt nmlich, man drfe die Worte verschiedener Lehrer nur dem
Schlielich

wirklichen

hat

Autor

Tradition

die

die

gleichen

und nicht miteinander vertauschen^


Grenzen des Nchsten verrcken. Und

zuschreiben

denn man drfe nicht


auch eine andere etwa

die

gleichzeitige

Schrift

(Perek Kinjan

Thora)

gebietet eindringlich, eine Mitteilung, die wir erhalten, den Gedanken,

den jemand ausgesprochen, im Namen seines Urhebers wiederzugeben.


(Kap. VI der Sprche der Vter 6.) Auf diesem Fundament hat
dann die sptere Tradition weiter gebaut und auf Grund des biblischen Wortes den Nachdruck sowie die Nachahmung von Erfindungen fr verboten erklrt, weil

des Anderen

verletzt, seine

ungewhnliche
liche

Fhigkeit,

Elastizitt

in

beiden Fllen einer das Gebiet

Grenze verrckt.

Es

zeigt sich hier eine

des jdischen Gesetzes, eine auerordent-

dem Wechsel

der Zeiten und ihren Anforderungen

ESCHELB ACHER, RECHT


sich anzupassen.
bis

U. BILLIGK.

I.

D.

JURISPRUDENZ

dem modernen Recht

In

der Begriff eines

geistigen

D.

TALMUJ)

^OJ

hat es lange gedauert,

Eigentums durchgedrungen

ist

und

dieses geschtzt wurde.

So viel ist im Laufe der Zeit aus einem Speziaisatz des Rechtes
der Thora geworden. Die Forderungen, die aus ihm abgeleitet
wurden, sind sicherlich

in

seinem Wortlaut ursprnglich nicht ent-

man

Auslegung nicht als eine willkrliche bezeichnen, denn die Rechtsgedanken, die aus ihm entwickelt wurden, ruhen eben doch im Keime auf dem Grunde des biblischen Gesetzes. Auch fr das jdische Recht gilt so, was WiNDSCHElD
vom rmischen sagt es wird dem Richter eine genaue Erforschung des wahren Gehalts des positiven Rechtes sehr hufig die
dem ersten Blick sich verbergende Mglichkeit gewhren, die Ansprche der Billigkeit mit den eigenen Mitteln des Rechts zu behalten, trotzdem

friedigen".

aber kann

die

'

den bisher besprochenen Fllen hat die Thora direkt oder


auf dem Wege der Interpretation fr die Grundstze der Billigkeit
im Rechte Raum geschaffen. Vielfach aber ist auch die mndliche
Lehre'S die Tradition, selbstndig vorgegangen und hat ohne Anknpfung an die Schrift, aus eigner Kraft Neues geschaffen und den
Kreis des Rechtes erweitert. Die groen Gesichtspunkte, von denen
die Lehrer der Mischnah und des Talmud sich leiten lieen, haben
die Grenzen des geschriebenen Rechtes weit ausgedehnt und innerhalb dieser Grenzen der Sitte und der Sittlichkeit zu ihrem Rechte
In

3.

verholfen.

Als Zeugen dafr fhren wir zunchst jene Gesetze an, die

a)

gefhrt worden sind

zum Wohle der Welt"

(O'piJ^n

ein-

pp^n ^iS) und

Mischna im Traktat Gittin IV, 2 ff. verzeichnet. Sie stammen


alle von Hillel und von seinem Enkel Gamliel I.
Zum groen Teil
beziehen sie sich auf die Gebiete des Eherechts, der Ehescheidung
oder des Schadenersatzes. Auch rein zivilrechtliche Bestimmungen
die die

worden zum Wohle der Welt". Sie sind also nicht


etwa aus Grnden der juristischen Systematik eingefhrt worden,
nicht die Logik der Rechtsbegriffe hat sie erfordert, sondern sie sind
geschaffen worden aus Rcksichten auf die Billigkeit, auf die Zweckmigkeit, kurz aus Frsorge fr das Wohl der Welt". Das bekannteste Beispiel einer solchen Verordnung ist der sogenannte

sind getroffen

Prusbul",

'

durch den

Pandekten

1 7

Hillel

S. 66.

eine Einrichtung

des Rechts der Bibel

FESTSCHRIFT COHEN

508

Die Thora verlangt, da im siebenten Jahre,


Sabatjahre, der Glubiger seine Forderungen

praktisch beseitigt hat.

dem sogenannten

mehr einklagen

nicht

drfe, ja sie erlassen solle.

Aber

die ursprng-

Wohltat wurde im Laufe der Zeit gerade fr die Armen


Denn wenn das siebente Jahr herannahte,
ein schwerer Nachteil.
frchteten die Glubiger, sie mchten nicht mehr zu ihrem Gelde
kommen. Darum gaben sie keine Darlehen mehr, und den Armen
fehlte gerade im Sabatjahre die Hilfe in der Not.
Da traf Hillel
zum Wohle der Welt" eine Bestimmung, die die Satzung der Thora
tatschlich aufhob. Er verordnete nmlich, im sechsten Jahre einer
Sabatperiode knne der Glubiger seine Forderung dem Gericht
durch eine besondere Erklrung, den sogenannten Prusbul, zur Einziehung bertragen. Forderungen des Gerichts aber wurden von
den Bestimmungen der Bibel ber das Erlajahr nicht getroffen und
waren dadurch vor dem Verfalle geschtzt.
Bei diesen Schpfungen der Rechtsentwicklung verdient der
Ausdruck zum Wohle der Welt" noch eine besondere Bercksichtigung. Er entstammt nicht der Rechtssprache, sondern er ist der
ethischen Terminologie entnommen. Die Frderung der Welt" ist
nmlich nach der Darstellung Steckelmachers der sprachliche
Ausdruck fr das hchste Ziel der jdischen Ethik. Es wird also
aus dem Sprachschatz der ethischen Prinzipienlehre ein Wort verwendet, um den leitenden Grundsatz der Rechtspolitik zu bezeichnen.
Ganz besonders hier zeigt sich der enge Zusammenhang zwischen
Ethik und Recht im Judentum.
b) Die Ausgestaltung des positiven Rechts ist dann ferner beeinflut worden, durch die Rcksicht auf die Reuigen", JHipn ""iDO
D''2ti'n, auf diejenigen, die Bses getan haben und es shnen mchten.
Ihnen wollte man die Umkehr nicht schwer machen, darum wurde
liche

'

u.

eine Einrichtung getroffen,

a,

die

dem

die aber der Billigkeit entspricht, nmlich

jus strictum zuwiderluft,


die

Bestimmung wegen

des gestohlenen Balkens".'

Wenn

Balken gestohlen wird, so bleibt das Eigentum daran


dem Bestohlenen, der Dieb erwirkt kein Eigentum. Wenn er ihn
also beim Bauen verwendet und in sein Haus einfgt, so knnte
ein

nach strengem Recht der Eigentmer die Rckgabe verlangen und


es mte, wiederum nach strengem Recht, der unrechtmige Besitzer
*

Das

'

Gittin V,

Prinzip der Ethik.


5.

Mainz

1904.

ESCHELBACHER, RECHT

U. BILLIGK.

I.

D.

JURISPRUDENZ

D.

TALMUD

5O9

einreien,

um

erstatten.

Der bestohlene
Damit ist das

den Balken
Diese uerste Konsequenz hat
in natura zurckgeben zu knnen.
aber das Recht nicht gezogen. Es hat vielmehr dem Dieb gestattet,

Umstnden das ganze Haus wieder

unter

statt

des Balkens dessen Wert

in

Geld zu

Eigentmer hat also sein Eigentum verloren.


strenge Recht des Eigentums in diesem Falle stark eingeschrnkt.
Der Grund dafr liegt auf ethischem Gebiete. Der Schadenersatz
tritt an die Stelle der Rckgabe aus Rcksicht auf die Reuigen".
Denn wenn das Recht in seiner vollen Strenge angewendet wrde,
wrde der Dieb so verstockt und verbittert werden, da der Ge-

danke an eine Umkehr auf den rechten Weg in ihm gar nicht aufkommen oder bald wieder verschwinden wrde. Das rmische Recht
kennt die gleiche Einrichtung, gibt ihr aber eine andere Begrndung.'
c) Dann hat in gleicherweise der Wunsch Den Frieden unter

den Menschen zu frdern",

in vielen

Fllen dazu gefhrt, die Gesetze

Konsequenzen zu verfolgen, sondern im


Interesse der Menschen gelindere Bestimmungen zu treffen. Auch von
den Gesetzen gilt ja, was MoMMSEN von den Menschen gesagt hat,
da allein der Mangel an starrer Konsequenz sie ertrglich mache.
Darum bestimmt die Mischna^ Folgende Bestimmungen wurden getroffen, um den Frieden unter den Menschen zu frdern. CiDO

nicht bis in ihre uersten

Raub, wenn einer aus einer Falle, die ein


anderer gestellt hat, Wild, Vgel oder Fische herausnimmt. Was
ein Taubstummer, ein Geisteskranker oder ein Kind gefunden hat,

Es

Dibjy "'D'n).

man

gilt

als

Nach strengem Recht hat der Fallensteller noch kein Eigentum an dem Tier erworben, das ihm in die
Falle gegangen ist, er mu es vielmehr erst in seinen Besitz nehmen,
Und ein Geisteskranker, ein Kind oder ein Taubstummer sind nach
darf

ihnen nicht rauben".

knnen also
Diese Stze fhren zu paradoxen

jdischem Gesetz berhaupt nicht handlungsfhig,

auch kein Eigentum erwerben.

Das Wild

Folgerungen.

in

der Falle,

der Fund

sie

in

der

Hand

des

Kindes oder des Geisteskranken ist darnach im Grunde herrenlos,


und von rechtswegen drfte jeder sie wegnehmen. Aber um den
Frieden unter den Menschen zu frdern" hat das Recht diese
uersten Konsequenzen

den Geisteskranken

M.
3

S.

49 f.

pr.

Vgl. D.

in

nicht

gezogen und den Jger, das Kind,

seinem Besitze geschtzt. ^

D. de signo

47,3.

Gittin V, 8.

Hoffmann, Der Schulchan Aruch und

die

Rabbinen usw.

1894.

FESTSCHRIFT COHEN

5IO

HL
Wir' haben bisher das sptere jdische Gesetz kennen gelernt,
wie es sich in engerer oder loserer Verbindung mit der Bibel oder
auch unabhngig von ihr entwickelt hat. Klar tritt uns dabei die
Rcksicht auf das Leben entgegen, das Streben, seinen Anforderungen gerecht zu werden, damit der Spruch des Richters auch
wirklich auf alles Acht haben knne, was Bercksichtigung verdient.
So gewinnt er in diesem Gesetze ein Werkzeug, mit dem er wahr-

haft Recht sprechen kann.


Er ist damit der Diener

des Gesetzes.

Darf

er

sich

aber

auch zu dessen Herren machen? Darf er selber das Gesetz, das


ihm als Richtschnur gegeben ist, bertreten, um dem, was er fr
In unseren Tagen wird diese
billig hlt, Geltung zu verschaffen?
Frage in der allgemeinen Rechtslehre viel errtert, sie bildet den
Kern der Freirechtsbewegung. Nher noch als dem modernen liegt
sie

dem

jdischen

Recht,

als

im heutigen Gesetz.

ja

seit

weil

Das

ist

der Vernichtung seines

hier

der Richter freier gestellt

ist,

nur natrlich.

Das Judentum kennt

Staatswesens

keine

gesetzgebende

den Richter bindende Normen

aufgestellt htte,

die Interpretation des Gesetzes,

die der Richter

Gewalt mehr,

die fr

an ihre Stelle

tritt

und die Entscheidungen der Gerichtshfe,


die Prjudizien, werden in weitem Umfang Quellen des Rechts.
Infolgedessen berichtet uns der Talmud auch von Urteilen, in denen
das Gericht sich bewut ber die Vorschriften des Gesetzes
hinweggesetzt hat, wenn es dieses im gegebenen Fall fr ungerecht ansah, um an seine Stelle die Regelung zu setzen, die es fr
das wahre Recht hielt. Wir hren von Rechtssprchen, die an die
Urteile des Richters Magnaud, des berhmten bon juge von Chteau
Thierry erinnern. Aber man darf zweifeln, ob sie ein Segen geselber zu vollziehen hat,

wesen

sind

gerade

sie

scheinen zu zeigen, welch ein Glck die strikte

Einhaltung fester Gesetze

ist.

Betrachten wir einige Flle dieser Art.


Rabba bar bar-Chona,^ ein Lehrer des Talmud, hatte Taglhner
gemietet, die Weinfsser transportieren sollten. Dabei zerbrachen
die

Leute

wollte

ein

Rabba

Fa und der Wein

lief aus.

Zur Deckung des Schadens

die Kleidungsstcke zurckbehalten,

B. mezia 73 a.

die

die Arbeiter

ESCHELBACHER, RECHT

U. BILLIGK.

I.

D.

JURISPRUDENZ

D.

TALMUD

1 1

und ihnen keinen Lohn zahlen. Das wollten sich


wieder die Leute nicht gefallen lassen, und sie verklagten ihn. Er
wurde vor das Tribunal Rabs geladen, des berhmten babylonischen
Lehrers. Nach
dem Gesetze und zwar nicht nur nach dem Buchstaben, sondern auch nach dem wirklichen Rechte, htte der Richter
die Klage abweisen mssen, denn die Arbeiter waren verpflichtet,
den Schaden, den sie angerichtet hatten, wieder gut zu machen.
Wie aber die Taglhner ihren Anspruch auf Rckgabe der Kleider
und Auszahlung des Taglohns damit begrndeten, da sie den
ganzen Tag gearbeitet htten, da sie hungerten und nichts besen,
da siegte in Rab das gute Herz, und entgegen dem Gesetze, aus
Mitleid, verurteilte er den Rabba.
Die Arbeiter brauchten also den
Schaden nicht zu ersetzen und bekamen obendrein noch ihren Lohn.
Rechtsgrnde gab Rab nicht an, er berief sich nur auf die Mahnung
Salomos* Du sollst auf dem Wege der Redlichen gehen und die
Bahn der Gerechten sollst du einhalten".
Hier hat der Richter nicht nach dem Gesetz, sondern entgegen
dem Gesetz geurteilt. Aber so gut auch Rabs Motive gewesen
sein mgen, ein Unrecht war sein Spruch darum doch, Rabba wurde
in seinem Rechte dadurch schwer gekrnkt.
Und so bestechend
die Entscheidung auf den ersten Blick auch erscheinen mag, so sehr
tritt
sie in Widerspruch zu den Grundstzen des Rechts, ganz besonders auch zu dem ausdrcklichen Gebot der Thora Den Armen
darfst du nicht begnstigen in seinem Rechtsstreit".
Den rechten
abgelegt hatten,

Gegensatz dazu schildert uns die talmudische Erzhlung


David, dem idealen Vorbilde des jdischen Richters.

vom Knig
Ihm wird

nachgerhmt," er habe in hnlichen Fllen arme Leute verurteilt,


aber nachher aus seinen privaten Mitteln ihnen die Schuldsumme

Das

ersetzt.

die

wahre und

Verbindung und Trennung


von Recht und Mitleid zu gleicher Zeit.
Das kann allerdings nur ein Knig tun, und auch Rabs Urteil
lt sich begreifen und rechtfertigen. Rabba, der Beklagte, war ein

Mann

in

ist

hervorragender

die rechte

bedeutender Gelehrter, der


aus Rcksicht auf seinen Beruf und seine sozialen Verhltnisse nicht allzuenergisch auf seinem Schein bestehen durfte, und
auerdem war er der Neffe von Rab. Daher haben wir dessen
Entscheidung vielleicht nicht als ein frmliches Urteil aufzufassen.

schon

*
*

Sprche 2, 20.
Sanhedrin 6b.

Stellung,

ein

FESTSCHRIFT COHEN

sondern wohl mehr

einen

als

guten Rat, den der Verwandte

dem

Verwandten, der Gelehrte dem Kollegen gegeben hat.


Eine merkwrdige Entscheidung hnlichen Charakters wird aus
einem Erbschaftsproze berichtet.' Es lebte in Babylonien ein Mann
Namens Mari, ein rcksichtsloser Mensch, mit dem keiner zu proEines Tages erschien aus der Ferne ein Fremder,

zessieren wagte.

den Bruder des Mari ausgab, und mit diesem dessen


vterliches Erbe teilen wollte.
Mari erkannte den Fremden nicht
In diesem htte
als Bruder an, und so entspann sich ein Proze.
der sich

fr

der angebliche Bruder sich zunchst legitimieren mssen.

denn auch, Zeugen

Er

erklrte

Verwandschaft zu haben, behauptete


Nach den
aber, sie frchteten sich vor dem gewaltttigen Mari.
Forderungen des Gesetzes htte er gleichwohl, als Klger, den Beweis antreten, und, wenn er ihn nicht fhren konnte, abgewiesen
fr

seine

werden mssen. Der Richter, Khasda, verfuhr jedoch gegen das


gltige Recht und brdete nicht dem Klger, sondern dem Mari den
Beweis auf. Mari solle nachweisen, da der angebliche Bruder in
Wirklichkeit nicht erbberechtigt sei, und der Richter begrndete diese
merkwrdige Entscheidung mit der Erklrung, so msse man gegen
gewaltttige Leute verfahren.
Nicht als Diener des Gesetzes, sondern als sein Herr erscheint
Nicht nach der Anweisung des Gein solchen Fllen der Richter.
und im Rahmen des Gesetzes, sondern nach eigenem
Ermessen und aus eigener Macht vertritt und frdert er die Ansprche der Billigkeit. Mag das Gesetz verlangen Der Klger hat
zu beweisen", der Richter verordnet doch, da der Beweis dem Beklagten obliege. Gewi glaubte Khasda, auf diese Weise dem Rechte
setzgebers

zu dienen, aber es

angewendet

sehr fraglich,

ist

Denn

hat.

ob er das richtige Mittel dazu

eine Entscheidung, wie die seine,

mu

das

Rechtsbewutsein und namentlich das Gefhl der Rechtssicherheit


schwer erschttern. Sie wird dadurch mehr schaden als der Sieg
des Schwachen, der ohne sie vielleicht gefhrdet gewesen wre,
gut

die

machen kann.
Rab und Khasda
tiefe

geworden

sind beide bedeutende

Verehrung
ist.

Wenn

ihrer

wendig
^

B.

feste

und der Nachwelt zuteil


Entscheidungen solcher Mnner

Zeitgenossen

selbst

zu so gefhrlichen Folgen

Mnner gewesen, denen

die

fhrten,

so

zeigt

sich

darin,

wie not-

Gesetze sind, und wie jeder Halt aufgegeben wird,

mezia 39 b.

ESCHELBACHER, RECHT

wenn an

U. BILLIGK.

an

deren Verwendung

spter

dem

in

mann,

einer der ersten

sondern

als

Recht

Auch

und

Fhigkeiten auf diesem Gebiet dazu benutzt


als Richter,

sie dazu,

Mittel

zu

selber

im
ge-

nicht

hierfr liefert uns

Wir hren von einem


Rechtslehrer der Gemara, Rab Nach-

groes juristisches Wissen

sein

TALMUD

der Richter

mehr mit Befriedigung zurckdenken kann.


die Rechtspraxis des Talmud einen Beleg.
Fall,

D.

Leicht verfhren

das wirkliche oder vermeintliche

fr

brauchen,

JURISPRUDENZ

Norm das persnliche Ermessen


kann.
Und solche salomonische Ur-

bringen noch weitere Gefahren.

Kampfe

D.

der bindenden

die Stelle

des einzelnen Richters treten


teile

I.

Privatmann, auf

Siege zu fhren, die er fr die gute

hielt.'

ungewhnlichen
um, freilich nicht

seine
hat,

Umwegen

Sache zum
Er gab einer armen Ver-

wandten, einer Waise, aus Mitleid einen juristisch

die

fein ausgeklgelten

Rat, wie sie sich von einer drckenden, aber rechtlich begrndeten Ver-

Er hat ihr dadurch ihr Vermgen erhalten, aber doch im Widerspruch zu dem, was eigentlich Recht
gewesen wre. Ein armes Waisenkind war versorgt, jedoch durch
nicht ganz lautere Mittel, die Billigkeit hatte gesiegt, aber das Recht
war unterlegen. Nachmann hat das selber anerkannt, denn er
uerte spter Wir haben es gemacht wie die Advokaten". Der
Talmud weist auf die Empfindungen hin, die ihn veranlat htten,
im Namen des Rechts und doch nicht auf rechtlichem Wege die
Forderungen des Mitleids durchzusetzen. Anfangs sei er dem Worte
des Jesaja gefolgt Deinem Fleische darfst du dich nicht entziehen".
Spter aber habe er sich selber sagen mssen Ein Mann, der auf
allgemeine Achtung Anspruch macht {2)^n m), darf so etwas
pflichtung

befreien

knnte.

nicht tun".

Das Wort von dem Manne, der auf allgemeine Achtung Anspruch erhebt", fhrt uns noch zu einem weiteren Gedanken, der
die Verbindung von Recht und Billigkeit, von Recht und Sittlichkeit

Es

Gedanke, da der anstndige


Mensch noch hhere Pflichten hat, als nur jene, die durch
die Paragraphen des Gesetzbuchs bezeichnet werden, da
es also Dinge gibt, die das Recht noch gestattet, die die Sitte und
aufrecht

erhlt.

ist

der

die Sittlichkeit aber verbieten.

Wir

sahen,

wie Gesetzgeber

und Richter sich bemhen, im

Recht und neben dem Recht die Billigkeit zur Geltung zu bringen.
Jetzt erscheint die gleiche Aufgabe als Pflicht aller Menschen ohne

Kethuboth 85

b.

33

FESTSCHRIFT COHEN

514
Unterschied des Standes.
gesprochen.

Die Mischna

Recht der Vertrag


lose Abrede nicht
Vertrge,

z.

stellt

einmal

als

dar,

Rechtspflicht

aus-

im rabbinischen

wie

bestimmte Form verlangt, so da die formbindet, wie ja auch im heutigen Recht gewisse
eine

ber die Eigentumsbertragung

B.

nur dann bindend

Von

Das wird sogar

sind,

an Grundstcken,
wenn gewisse Formvorschriften beobachtet

Abrede darf Einer also


So bestimmt das Recht. Aber die Mischna, die das
zurcktreten.
Gesetz kodifiziert, fgt unmittelbar hinzu' aber die Weisen haben
gesagt, Gott wird den strafen, der nicht bei seinem Worte bleibt."
So weist das Gesetz ber sich selber hinaus und verkndet in
aller Form Rechtens, da der Mensch nicht genug tut, wenn er nur
erfllt, was der Gesetzeskodex von ihm fordert, da das Recht die
Grenze bezeichnet, die dem Handeln des Menschen seine Schranke
vorschreibt, und da der anstndige Mensch sich hlt mit^D D'^isb
wurden.

einer

formlos

getroffenen

innerhalb der Grenzen seines Rechts.

)nrj,

Auch

hier

erscheint das

das der Ergnzung durch die

wenn

Recht

als ein

Billigkeit,

Torso,

durch die

ein Bruchstck,

Sittlichkeit bedarf,

Ganzes werden soll.


In seiner schnen
Gedchtnisrede auf Salomon Neumann
hat Hermann Cohen es als die Aufgabe der Wissenschaft
des Judentums hingestellt den Zusammenhang der Quellen des
Judentums aus den verschiedenen Zeiten immer durchsichtiger zu
machen" und zu zeigen, da sich das nachbiblische Judentum in
einem innersten Kontakt mit dem biblischen entwickelt". Das ist
eine groe Aufgabe, die viel Arbeit erfordert. Aber reich fhlt sich
belohnt, wer an sie herantritt.
Sehen wir doch, wie auf dem Gebiete der strengen Halacha und in ihren Schpfungen der gleiche
Geist der Gerechtigkeit und der Liebe lebendig wird, der aus der
Thora, wie aus unseren groen Propheten gesprochen hat, wie selbst
in ihren trockenen Paragraphen nicht nur der Verstand grbelt,
sondern auch das Herz schlgt. So kommen wir auf diesem Wege
zur richtigen Schtzung nicht nur der glnzenden Zeiten unserer
Geschichte, sondern auch zur Wrdigung und Anerkennung dessen,
was in schweren Jahrhunderten in unscheinbarer Form geschaffen
wurde, nach auen hin glanzlos, im Inneren aber erfllt von der
Macht der Gte, der innigen Verbindung von Recht und von Liebe.
es ein

B. mezia IV,

2.

Spinozas

Zusammenhang
Von

Die

mit

dem

Aristotelismus.

Julius Guttmann.

geschichtliche Einordnung der Philosophie Spinozas,

an die

gewendet worden ist,


hat sich mit dem Fortschreiten der Forschung als eine immer verNur zwei entscheidende Momente
wickeitere Aufgabe erwiesen.
heben sich klar heraus. In dem System Spinozas ist der Erkenntnisso

viel

in

begrifif,

eindringende Forschungsarbeit

dem

Descartes

wissenschaftlichen

die

Erkenntnis

physischen Welterkenntnis

Methode
definiert

geworden.

der

hat,

mathematisch-natur-

zum

Ideal

der meta-

Die Metaphysik aber,

die

Spinoza mit diesen Mitteln errichtet hat, steht nicht nur in ihrem
Inhalt, sondern ebensosehr schon ihrer Absicht nach weit ab von
Descartes, fr den die Metaphysik nur ein Mittel
tivitt

der empirischen Wirklichkeit sicher zu

ist,

stellen.

um

die Objek-

Fr Spinoza

Die logischen Werkzeuge, die ihm Descartes geliefert hat, dienen ihm nur dazu, das
metaphysische Weltbild zu gestalten, um das vor allem es ihm zu
So nimmt er die von Descartes zurckgestellte Aufgabe der
tun ist.
berlieferten Metaphysik wieder auf, und mit ihr berhrt er sich
ebenso wie in seiner Absicht auch in der Durchfhrung seines Systems

kehrt sich

das Verhltnis

vollkommen um.

Die genauere Bestimmung dieser Zusammenhnge aber


hat ein auerordentlich kompliziertes Bild ergeben. berzeugend hat
M. JOEL den Einflu der jdischen Religionsphilosophie auf Spinoza
vielfach.

nachgewiesen; daneben hat besonders SiGWART Spinozas Verwandtschaft mit der Naturphilosophie der Renaissance betont, und endlich
hat Freudenthal mannigfache Berhrungen Spinozas mit den Lehren
der

christlichen

forschung kann
abschtzen.

Scholastik'
die

aufgezeigt.

Nur

die

subtilste

Einzel-

Tragweite dieser verschiedenen Einflsse genau

Eine sichere Entscheidung

ist

oft

kaum

zu treffen, weil
33*

FESTSCHRIFT COHEN

^l
in

allen diesen Quellen vielfach

dem

Sie alle stehen unter

verwandte Gedanken enthalten

Einflu des Aristotelismus in seiner Ver-

schmelzung mit den neuplatonischen Elementen,


die

sind.

arabische Philosophie eingefgt hat.

Auch

die

ihm vor allem

die Opposition,

die

Denkern des spteren Mittelalters


gegen Aristoteles regt, vermag sich von den Grundbegriffen seiner
Lehre nicht zu befreien. Und man wei, da von der Natuqohilosophie
So weit sie sich vielfach vom
der Renaissance das Gleiche gilt.
AristoteUsmus entfernt, hat sie ihn doch nicht innerlich berwunden;
das neue Weltbild, das sie ihm entgegenstellt, baut sie zu gutem
sich bei jdischen wie christlichen

Teile mit seinen Begriffen auf.

Damit aber erffnet sich uns der Blick auf eine neue Aufgabe,
die unabhngig von der literargeschichtlichen Erforschung der Quellen
Spinozas zu lsen ist. Auch ohne zu entscheiden, woher er die verschiedenen Einzellehren entnommen hat, in denen er sich mit den
frheren Systemen berhrt, lt sich die Grundkonzeption seines
Systems den entscheidenden Gedanken des Aristotelismus gegenberstellen,

dem

begegnete.

so

er

vielfach

Von ihm

in

der metaphysischen

bedieferung

unterscheidet sich Spinoza durch den neuen

den er von Descartes ausgehend gewonnen


des aristotelischen Formbegriffes ist bei ihm

Erkenntnisbegriff,

An

die

Stelle

Gesetzesbegriff

der

modernen Wissenschaft

getreten.

Mit

hat.

der

den

Mitteln dieses Gesetzesbegriffes aber leistet er das Gleiche, was der


Aristotelismus mit seinem Formbegriff geleistet hatte. In seinem

System

ist,

wie die

folgenden Ausfhrungen beweisen sollen,

Weltansicht des Aristotelismus

in

die

Begriffsform

die

der modernen

Wissenschaft bertragen.
I.

Zwischen der geschichtlichen Stellung Spinozas und der des


In dem Fortgange
Aristoteles besteht eine bedeutsame Parallelitt.
von Descartes zu Spinoza vollzieht sich dieselbe Wendung von der
Erkenntniskritik zur Metaphysik wie einst in dem bergange von
Descartes hatte ein letztes Prinzip der GewiPlato zu Aristoteles.

von dem aus sich die Gesamtheit unserer Erkenntnisse


lckenloser Deduktion entfalten lie. Diese Forderung steht auch

heit gesucht,
in

im Ausgangspunkt der Erkenntnislehre Spinozas. Auch fr ihn ist


die Grundlage aller wahrhaften Gewiheit die intuitive Erkenntnis,
welche die letzten Prinzipien des Wissens mit unmittelbarer selbstgegebener Evidenz ergreift. Von ihr aus mu die Erkenntnis in

GUTTMANN, SPINOZAS ZUSAMMENHANG MIT DEM ARISTOTELISMS


Strenger

Notwendigkeit

ferneren

alle

Ergebnisse

5I7

ableiten.

Diese
methodische Forderung aber gewinnt fr Spinoza sogleich eine metaphysische Bedeutung. Der Erkenntnis mu stets eine Wirklichkeit
entsprechen; aus

dem

letzten

Erkenntnisprinzip

mu

deshalb auch

Zusammenhang der Wirklichkeit in seiner Notwendigkeit ableitbar sein. Der Akt der Definition, in dem unsere Begriffe entspringen,
erfat zugleich das Wesen des definierten Objektes.
Ist dieses
Objekt selbst bedingt, so mu die Definition es aus seinen Bedinder

gungen erzeugen und

damit deren eigene Definition voraus.


Dieser Zusammenhang weist notwendig auf eine letzte Urdefinition
zurck, deren logische Notwendigkeit aus ihr selbst hervorgeht und
keinen Zweifel an der Realitt ihres Objektes brig lt. In der
wahrhaften Erkenntnis der Wirklichkeit mu die schpferische Grundsetzt

Folgen entfalten.
Das letzte Prinzip der
Erkenntnis ist zugleich das Grundprinzip des Seins, das durch seine
begriffliche Notwendigkeit seine Existenz verbrgt und darum causa
sui genannt werden darf ^
definition

bei

sich

in

ihre

Der ontologische Gottesbeweis der alten Metaphysik steigt so


Spinoza zu vllig neuer Bedeutung empor, indem er die Gewi-

da die geforderte Grunddefinition, welche die hchste


Idee des Verstandes als den Ursprung der Wirklichkeit enthllt,
mglich ist. Er sichert die intuitive Gewiheit der Gottesidee und

heit darbietet,

gibt damit der Erkenntnis

den

in sich gegrndeten Ausgangspunkt,


von dem aus eine deduktive Erzeugung der Wirklichkeit mglich

Mit derselben Notwendigkeit, wie aus diesem Grundbegriff der


ganze Inhalt unserer Erkenntnis hervorgeht, folgt aus seinem Objekt
die Gesamtheit der Dinge. Denn aus der Grundvoraussetzung Spinozas,
da jedem wahrhaften Begriff eine Wirklichkeit entspricht, folgt
ist

unmittelbar,
logischer

da

der

reale

Zusammenhang

Zusammenhang der

Wirklichkeit

ein

da dieselbe Gesetzmigkeit, welche


die Abfolge unserer Begriffe beherrscht, auch in der Ordnung der
Dinge waltet.
ist,

Mit vollem Bewutsein vollzieht hier Spinoza dieselbe Wandlung


des hchsten Erkenntnisprinzips in die letzte Ursache des Seins, die

Dieser Gedanke wird nach allen Seiten hin im Tractatus de intellectus


emendatione entwickelt. Vgl. besonders 95 ff. der BRUDERschen Ausgabe
(Opera ed. Vloten und Land S. 2931). Eine umfassende Darlegung dieser
^

Gedanken

gibt

Khnemann, ber

die

Grundlagen der Lehre des Spinoza,

wie Cassirer, Das Erkenntnisproblem Bd.

II

S. 12

ff.

so-

FESTSCHRIFT COHEN

5l8

auch

einst

in

Gottesbegriff des Aristoteles

platonische Idee

des Guten,

ist

die

nichts anderes
freilich

bei

ihren sittlichen Eigenwert eingebt

und nur

Quellpunkt der Ideen bewahrt hat

Aus

in

Der Gott des Aristoteles ist die


folge der Wesen abschliet und
Ausgangspunkt

hat.

Spitze er steht,

ist

reine
in

als die verdinglichte

dieser Hypostasierung
ihre

Bedeutung

als

der

der letzten Voraussetzung,

der Plato die Begrndung der Erkenntnis

wird nun die hchste Ursache, von der

ist

Der

der aristotelischen Metaphysik stattgefunden hat.

alles

zum Abschlu

bringt,

Weltgeschehen ausgeht.

Form,

in

der sich die Stufen-

der zugleich alles

Werden

seinen

Die Folge der Wesenheiten aber, an deren

eine Folge

von Begriffen;

die aristotelische

Form

die begriffliche Wesenheit, der Gattungsbegriff der Dinge, der sich

den Einzelobjekten darstellt und verkrpert. War es bei Aristoteles


unbestimmt geblieben, wie aus der reinen gttlichen Form die Einzelformen der Dinge hervorgehen, so schliet der arabische Aristotelismus diese Lcke des Systems durch den neuplatonischen Gedanken
der Emanation. Aus der vollkommenen Einfachheit der reinen gttlichen Form lt er die schon in der astronomischen Theorie des

in

Aristoteles

vorausgesetzten immateriellen Wesenheiten nacheinander

hervorgehen, die mit

dem

fortschreitenden Abstnde von der in sich

ruhenden Urform auch deren Einfachheit immer mehr einben, bis


aus dem letzten Glied der Reihe die Mannigfaltigkeit der sich in der
irdischen Welt darstellenden Einzelformen hervorgeht. So fhrt auch

von der letzten Form, dem ursprnglich


gesetzten Begriff zu der Reihe der Einzelformen herab. Die jdische
und christliche Theologie bemht sich freilich, in dem Rahmen des
aristotelischen Systems fr die freie Schpferttigkeit Gottes Platz
offen zu lassen und wehrt sich gegen diese Vorstellung, nach der
die Weltentstehung zu einem logisch notwendigen Prozesse wird.
Aber es ist leicht zu sehen, da damit ein fremder Gedanke in das
System hineingebracht ist, dessen Konsequenz keine Durchbrechung
der das Werden beherrschenden Gesetzmigkeit duldet.'
Der teleologische Charakter dieser Gesetzmigkeit macht es
freilich mglich, auch die Ansicht der Aristoteliker, welche ein streng
gesetzmiges Weltentstehen lehren, in die Sprache der religisen

hier ein begrifflicher Proze

Die Emanationslehre der arabischen Aristoteliker war Spinoza am frMoreh Nebuchim des Maimonides, Buch II, Kap. 22,
wo sie dargelegt und zugunsten des Schpfungsbegriffs als unzulnglich verworfen wird.
'

hesten zugnglich durch den

GUTTMANN, SPINOZAS ZUSAMMENHANG MIT DEM ARISTOTELISMUS


Schpfungslehre zu

bertragen.

Zweckursache des Geschehens,

in

Auch

fr

sie

Gott die

ist

der der zweckvolle

5I9
letzte

Zusammenhang

So ist es ihnen leicht, ihre Vorstellung


von der Entstehung der Welt aus ihrer letzten Zweckursache mit
der Wirklichkeit wurzelt.

dem

Schpfungsbegriff der monotheistischen

und

Religionen zu identi-

Lehre von der Zweckttigkeit der die Materie


beherrschenden Formen den religisen Vorsehungsgedanken wiederfizieren

zufinden.

ihrer

in

Ihre

Umbiegung der

religisen Begriffe

macht

sich Spinozas

kurzer Traktat, der gern durch die dialektische Zersetzung der


gisen Vorstellungen

Er bedient

nutze.

zum

reli-

eigenen Standpunkt hinleitet, deutlich zu-

sich ihrer Grnde,

um

seine

Lehre von der notwrdige Auffassung

wendigen Weltentstehung als die Gottes allein


darzustellen und um die allbeherrschende Gesetzmigkeit der Welt
mit der allwaltenden gttlichen Vorsehung zu identifizieren/ Die
aristotelische Ansicht von einer natrlichen Zweckttigkeit ist so
das Mittelglied, das eine bertragung der in der religisen Schpfungslehre erwachsenen Begriffe in Spinozas System der strengen Gesetzmigkeit mglich macht.
So kennzeichnend diese Verwendung aristotelischer Schullehren
fr die Kunst Spinozas, die berlieferten religisen Begriffe dem
Geiste seines Systems gem umzuprgen, ist, fr den sachlichen
Gehalt seines Systems hat sie keine wesentliche Bedeutung. Sieht

man

auf

ihn,

so entdeckt

man

statt einer

einen starken Gegensatz der Gedanken.

Gemeinschaft zunchst nur

Mit der Lehre der Aristote-

von den begrifflichen Wesenheiten, die sich in den Einzelobjekten verkrpern und die ihren letzten Ursprung in der reinen
gttlichen Form haben, hat Spinoza nichts gemein. Schon im kurzen
Traktat spottet er ber die allgemeinen Wesenheiten der Aristoteliker und erkennt kein Sein auer dem der individuellen Objekte an.*
liker

Durch

alle

seine Schriften zieht sich die Polemik

lastischen AUgemeinbegrifife

zum

Begreifen

macht.

der Dinge

Diese aber

hindurch,
in

gegen

die scho-

deren leere Abstraktheit

ihrer Bestimmtheit

vllig

sie

untauglich

seinem eigenen Systeme zur Erkenntnis


bringen.
Deshalb legt er entscheidendes Gewicht darauf, da die
hchste Idee, von der alle Erkenntnis ausgeht, nicht die eines Abstrakwill

er in

tums, sondern eines besonderen affirmativen Wesens"

de intellectus emendatione ^ 98.)


^

ist.

Die schpferische Grunddefinition,

Vgl. JOEL, Zur Genesis der Lehre Spinozas, S. 35, S. s8ff.

* I. Teil,

Kap.

6.

(Tractatus

FESTSCHRIFT COHEN

520

von der aus

die Erkenntnis das Sein der

Dinge

hat zu ihrem

entfaltet,

Objekt das gttliche Sein, dessen Allgemeinheit unendliche Totalitt,


Die Wirklichkeit in ihrer vollen
aber nicht abstrakte Leere ist.
Bestimmtheit bleibt auch weiterhin die alleinige Aufgabe der Erkenntnis.
Sie hat sich vor allen abstrakten und allgemeinen Dingen" zu hten

und nur den inneren Zusammenhang des Wirklichen in seiner konDiesen Weg hat auch die Metakreten Bestimmtheit darzulegen.
die

physik innezuhalten,

nicht

die

vergnglichen

Einzelexistenzen,

sondern die ewige Ordnung der Dinge zu ihrem Gegenstande hat.


Denn auch diese Ordnung, die allem Werden des Einzelnen zu

Grunde liegt, wurzelt nicht in abstrakten Allgemeinbegriffen, sondern


in den festen und ewigen Dingen", die unmittelbar aus Gott hervor-

Auch
von dem alles
gehen.

ihre Allgemeinheit

die

ist

Einzelne umschlossen

ist.

des

unendlichen Ganzen,

Durchweg

tritt

diese an

die Stelle der gattungsmigen Allgemeinheit des Abstrakten.

Einzelne

folgt

aus

dem

und seinen

gttlichen Sein

unendlichen

Das

ewigen Gesetzen, wie das besondere rumliche Gebilde aus der Einheit des

Raumes

das System

So

hervorgeht.

beherrscht,

die

ist

die logische Notwendigkeit, die

der logischen Abfolge des

konkreten

Seins.

den Spinoza damit zu


der aristotelischen Hypostasierung des Allgemeinen tritt, bleibt doch
die Gemeinsamkeit des Zieles bestehen, den Zusammenhang des
Seins als eine notwendige Folge begrifflicher Bestimmungen zu
Bei

aller

Gegensatzes,

Schrfe des

in

Der Verdinglichung des Begriffes selbst freilich entgeht


Spinoza, indem er den Begriff von seinem Objekt unterscheidet und

erfassen.

dieses

mus

als

seiner begrifflichen

Natur zu vereinen.

er die Allgemeinheit

In der

Substanzen,

der

bis

Seins mit

Welt der reinen Formen

des reinen Begriffs mit der hchsten Be-

stimmtheit des individuellen Seins zusammenfallen.


begrifflichen Wesenheiten

der Aristotelis-

individuelle Bestimmtheit des

aber ringt damit, die

lt

Auch

konkret bestimmtes Sein begreift.

ist

dann

Die Folge der

zunchst eine Folge fr sich bestehenfreilich

bei

dem bergange von dem

metaphysischen zum physischen Sein sich die Zweideutigkeit des


Formbegriffs enthllt und die Form der wechselnden Einzeldinge sich

nunmehr

als

Wohl

bloer Gattungsbegriff darstellt.

schneidet Spinoza diese Schwierigkeiten ab, indem er in

seinem Substanzbegriff an die Stelle der gattungsmigen Allgemeinheit


Aber das Problem
die Allheit der unendlichen Totalitt treten lt.
kehrt

in

vernderter Gestalt bei ihm wieder.

Denn

in

Wahrheit

GUTTMANN, SPINOZAS ZUSAMMENHANG MIT DEM ARISTOTELISMUS

Bedeutungen

Von

und

stellt sie

als

als

da

sie

ding-

sie in

unendliche, existierende Wesenheit

dieser unendlichen Substanz aber

auszusagen,

verschiedene

Als das ursprngliche Sein denkt er

bei.

licher Existenz

vor.

durchaus

seinem Begriff der Substanz zwei

er

legt

521

vermag

unendliche Realitt

er nichts weiter

in sich enthlt.

Jeder

nheren Bestimmung bleibt sie entzogen, da ja jede Determination


eine Negation bedeutet, und sinkt so zu vollkommener Unbestimmt-

Die einzige fabare Bestimmung, die Spinoza von ihr


besteht in ihrer Funktion, den gesetzmigen Zusammenhang
endlichen Seins zu begrnden. In ihr sind die gemeinsamen Vor-

heit zurck.
gibt,

alles

aussetzungen

aller

Einzelexistenzen enthalten, von denen deren Sein

abhngt und zu begreifen ist (Ethik, Buch II, Prop. 37fr.) Das ewige
Wesen der Gottheit und die in ihm wurzelnden festen und ewigen
Dinge" sind der Quell der Gesetze, die in jenen Dingen als in ihren

wahren Gesetzbchern eingeschrieben sind und nach welchen alles


Einzelne sowohl geschieht als geordnet wird" (Tractatus de intellectus
emendatione loi). So ist das gttliche Sein der Inbegriff der
Gesetzmigkeit, die sich in allem konkreten Einzelgeschehen
Ihre Unendlichkeit

zieht.

ist

die schrankenlose Geltung der Regel,

welche die logische Voraussetzung

alles

einzelnen

Vernunft, welche die Dinge in ihrem gesetzmigen


begreift,

es,

ist

die sie sub

quadam

auf das gttliche Sein zurckfhrt.


als

Aber

Seins

ist.

Das

Die

Zusammenhange

specie aeternitatis erfat

und

logische Ideal, die Natur,

gesetzmiges System zu begreifen, findet

Gottes

voll-

in dieser

Auffassung

des Inbegriffs der Gesetze, seine metaphysische Verklrung.


dieser metaphysischen Fassung wird die Gesetzmigkeit der

als

in

Natur ihr

als ein dingliches Substrat

gegenbergestellt. Die Naturgesetz-

den Fortschritt und Zusammenhang des Einzelnen bedingt,


Der
ist zugleich das Urwesen, aus dem alles Einzelne entstammt.
Widerspruch der Vorstellungen, die hier im Begriff der gttlichen
Substanz vereinigt sind, enthllt sich bei den immer wieder zu nennenden festen uud ewigen Dingen" des Tractatus de intellectus emenlichkeit, die

den ihnen entsprechenden unendlichen modis der


Ethik. Sie sollen als existierende Dinge von unendlicher Ausbreitung
und zugleich als Gesetze von allgemeiner Geltung gedacht werden.
datione, wie

bei

Raumes, welche die


auseinandergehenden Bestimmungen zusammenhalten soll. In dem
Raumbegriff fallen fr Spinoza die Einheit des unendlichen Ganzen

berall

ist

es die Vorstellung des unendlichen

bestimmenden Gesetzes zusammen. Das in allen


Teilen identische Raumgesetz identifiziert er mit der Allheit des

und

die Einheit des

FESTSCHRIFT COHEN

522

Raumganzen und denkt nach

dieser Analogie in der gttlichen Sub-

stanz berhaupt die Einheit des Gesetzes als dingliche Allheit'

Wie

den

in

dinglicht sind, so

Formen

aristotelischen
ist

Allgemeinbegriffe ver-

die

hier das allgemeine Gesetz in eine Wirklichkeit

Das

umgebildet worden.

dem

das Spinoza von

Objekt,

Begriffe

doch nichts anderes, als die verdinglichte begriffliche Regel. Die entscheidende Wandlung, die sich in Spinoza vollzogen hat, betrifft nur den logischen Charakter der begrifflichen
unterscheidet,

ist

Gesetzmigkeit, die er zu dinglichem Sein erhebt.

Nicht mehr der

Gattungsbegriff der aristotelischen Logik, sondern der Gesetzesbegrifif

modernen Wissenschaft wird nunmehr zum letzten Sein umDas Ideal der mathematischen Begriffskonstruktion, die
gebildet.
der

ihr

Objekt

in

Bestimmtheit entstehen

seiner vollen

lt,

der

liegt

Polemik Spinozas gegen die abstrakten AUgemeinbegrifife der SchoWie der Aristotelismus aus der Allgemeinheit des
lastik zugrunde.
hchsten Gattungsbegriffes

will

Spinoza aus der Einheit des letzten

Gesetzesbegriffes die Wirklichkeit herleiten.

An

darum auch fr beide


Das konkrete
unberwindliche Schwierigkeit.

genau der gleichen

Systeme

die

letzte

Sein des Einzelnen, das

Stelle erhebt sich

herzuleiten haben, entzieht sich


aristotelischen

System

hier wie dort dieser Ableitung.

das Problem des Individuellen

findet

Form

Verhltnis von Materie und

des Begriffes

der letzten Einheit

aus

sie

in

Im
dem

und bekann-

seinen deutlichsten

Die Materie, die zunchst bloe Mglichkeit


mu die Individualitt der Einzeldinge auf sich nehmen, welche

testen Ausdruck.

ist,

die

Form

als

mag.

In der selbstndigen Bedeutung, die damit die Materie gegen

die

der verselbstndigte Gattungsbegriff nicht zu erklren ver-

des Systems

ursprngliche Konzeption

die Unmglichkeit, aus

dem

gewinnt, offenbart

sich

allgemeinen Gattungsbegriff das Einzelne

im System Spinozas
Die
in dem Verhltnis der endlichen und unendlichen modi auf.
Idee des Systems erforderte es, aus der letzten Weltursache die

logisch zu gewinnen.

Dieselbe Schwierigkeit

Gesamtheit der Wirklichkeit herzuleiten.


Begreifens

ist

das Einzelne

erst realisiert,
in

Das

wenn aus der

seiner Notwendigkeit

tritt

Ideal des deduktiven

letzten

ableitbar

nur bis zu den

Notwendigkeit

modis,

denen wir den metaphysischen Ausdruck

in

Vgl. hierzu

Cassirer

a.

a.

O.

Geschichte der neueren Philosophie,

S.

S.

Diese strenge

ist.

deduktive

aber reicht

Grundidee auch

fr die Gesetz-

27 ff., besonders 34 ff.,

219 ff.,

Khnemann

unendlichen

Windelband,

a. a. O., S. 3of.

GUTTMANN, SPINOZAS ZUSAMMENHANG MIT DEM ARISTOTELISMUS


migkeit des Wirklichen erkannt haben.
allgemeinen Gesetz
zu vollziehen.

zum

Einzelfalle aber

523

Den bergang von dem

vermag

die

Die Erzeugung des Einzelnen aus

Deduktion nicht

dem

Gesetz bleibt

Jede endliche Wirklichkeit weist auf anderes Endliches


Unendliche zurck (Ethik, Buch I, Prop. 28). Das System

ihr versagt.
bis

ins

denen gem die Einzelexistenzen zusammenhngen,


bleibt dauernd von diesen Existenzen selbst geschieden. Metaphysisch
ausgedrckt heit dies, da die Ableitung des Wirklichen aus Gott
unvollziehbar ist.
Die Irrationalitt des Einzelnen findet in dem
unaufgehobenen Dualismus des unendlichen und endlichen Seins
ihren metaphysischen Ausdruck.
Grundverschieden bleibt bei alledem die Art, wie in beiden
Systemen das Problem des Einzelnen hervortritt. Im Aristotelismus
wird die begriffliche Wesenheit der Form in ihrer Verbindung mit
der Materie auf eine Mannigfaltigkeit von Individuen bertragen. Die
Form ist das bildende Prinzip, das sich in einer beliebigen Zahl von
Die gattungsmige Form der
Einzelexistenzen ausprgen kann.
der Gesetze,

Dinge erscheint
sein

als

Bildungsgesetz vorzeichnet.

Dinge

auch

ist

ihr

dem Einzelnen
dem begrifflichen Wesen der

zweckvoll gestaltende Kraft, die

Zweck

In

enthalten, der sich in ihnen zu realisieren

Der Gattungsbegriff ist zugleich Zweckbegriff und wird in


seiner Umbildung zur realen Wesenheit zweckvoll bildende Kraft.
Die Stufenfolge der auseinander hervorgehenden begrifflichen Wesenheiten ist gleichzeitig eine Folge von Zwecken, deren Ausgangspunkt
und Ziel die reine gttliche Zweckform ist. Demgem ist auch
der begriffliche Proze der Emanation zugleich ein teleologischer
strebt.

Proze,

in

dem

die

Reihe zweckvoller Krfte eine aus der anderen

hervorquillt.

Der Zweckbegriff, der

hier

alle

Welterklrung

leitet,

ist

bei

Spinoza durch den Begriff der logisch mathematischen Folge verdrngt.

Nach

allen

Seiten hin bringt Spinoza

dem

aristotelischen

Hat er
konstruktive Methode der

Formbegriff gegenber den Gesetzesgedanken zur Geltung.


frher

dem

abstrahierenden Verfahren die

mathematischen Erkenntnis entgegengestellt, so setzt er nun an die


Stelle des Zweckzusammenhanges den reinen urschlichen Zusammenhang der mathematischen Naturwissenschaft oder, genauer gesprochen,
den logisch geometrischen Zusammenhang der mathematischen Erkenntnis selbst, der ihm mit dem realen Zusammenhang des GeBegriff des

Natur-

erkennens gewinnt auch seine Metaphysik ihre neue Gestalt.

Indem

schehens zusammenfllt.

Durch diesen neuen

FESTSCHRIFT COHEN

524

und Gott zur immanenten


Ursache alles Seins macht, schreitet er von der Metaphysik des
Zweckbegriffs zur Metaphysik des mathematischen Gesetzbegriffes
fort.
Die immanente Urschlichkeit Gottes ist nur die bedingende
Funktion des mathematischen Gesetzes,
Damit entfllt von selbst der Gegensatz von Materie und Form,
der nur innerhalb der dynamischen Naturbetrachtung mglich ist.
Spinoza sich von der Emanationslehre

loslst

Sicherlich sind die Diskussionen der jdischen Religionsphilosophen,

denen die Schwierigkeiten dieser Begriffe nach verschiedenen


Richtungen hin hervorgehoben werden, nicht ohne Einflu auf ihn
Entscheidend aber ist doch die Unvereinbarkeit dieser
geblieben.
Begriffe mit den letzten logischen Voraussetzungen seines Systems.
in

Der

Zusammen-

Begriff der logisch-mathematischen Folge schliet das

und Materialursache aus und duldet nur das


So mu Spinoza
reine Verhltnis von Bedingung und Bedingtem.
auf das Auskunftsmittel, mit dem der Aristotelismus die Kluft von
Allgemeinem und Einzelnem hatte schlieen wollen, verzichten. Fr
wirken der Formal-

dem

ihn stellt sich das Verhltnis des Einzelnen zu

Gesetz,

dem

er

dinglichen Bestand verliehen hat, als das unvermittelte Nebeneinander-

stehen des endlichen und unendlichen Seins dar.


IL

Das

Form

Begriffspaar von Materie und

dem

hatte

Aristotelis-

und materiellen
Fr Spinoza bedurfte auch dieses VerWirklichkeit zu bestimmen.
hltnis einer neuen Bestimmung.
Wiederum ist es die Erkenntnislehre, die der Metaphysik den

mus auch dazu

Weg

gedient, das Verhltnis der geistigen

Spinozas Lehre von der Parallelitt der Attribute


ruht ganz und gar auf seiner Auffassung von dem Verhltnis der
vorzeichnet.

Erkenntnis zu ihrem Gegenstande.

Noch
als

Verstehen

dem

ein bloes Leiden, in

sich in uns bejahen oder verneinen (Teil

die
II,

Dinge

ist

ein reines

selbst

Kapitel 15,

nur die Erkenntnis der sinnlichen Einzelobjekte,


des gttlichen Seins

kurzen Traktat

Wirkung des Objekts.

betrachtet Spinoza die Erkenntnis


ist

dem

in

Wahrnehmen,

Das

etwas von
16).

Nicht

sondern auch die

in

dem

sich uns die

Als die
Wesenheit unmittelbar offenbart (Kapitel 22).
Quelle dieser Auffassung hat man verschiedene Philosophen der
Renaissance angesprochen.' Mag Spinoza ihnen auch in der besongttliche

"

SiGWART, Spinozas neuentdeckter Traktat von

Gott,

dem Menschen und

GUTTMANN, SPINOZAS ZUSAMMENHANG MIT DEM ARISTOTELISMUS

am

deren Formulierung des Gedankens

nchsten stehen, so

ist

525

doch

die Grundauffassung nur das

Fr Aristoteles

alles

ist

Wie

wutseins.

Erbe der aristotelischen Erkenntnislehre.


Erkennen ein passives Empfangen des Be-

in

Wahrnehmung

der sinnlichen

mene Gegenstand auf das Bewutsein

der wahrgenom-

einwirkt, so vollzieht sich

auch
die Vernunfterkenntnis durch eine Einwirkung des Gedachten auf
das denkende Bewutsein, durch eine Berhrung des denkenden
Geistes mit dem Denkbaren.
Der arabische Aristotelismus bildet
diesen bei Aristoteles ziemlich unbestimmt gefaten

da

fort,

des uns

Gedanken dahin
menschliche Vernunfterkenntnis auf einer Einwirkung
nchsten stehenden immateriellen Wesens, des sogenannten

alle

am

ttigen Verstandes" beruhe, der die Denkobjekte, die reinen

Formen

Wesen, in sich trage und sie auf die Einzelobjekte


emanieren lasse. Die vielfach schwankenden Einzelheiten dieser verwickelten Lehre drfen hier auer Betracht bleiben. Das fr uns
aller irdischen

Wesentliche

schon

auch die Verstandeserkenntnis ist Anschauung des erkannten Objektes, Einswerden des
Denkvermgens mit dem Denkgegenstande; in ihr tritt der Intellekt
mit den hheren metaphysischen Wesenheiten in unmittelbare Betritt

jetzt

klar

hervor:

rhrung.

Der Einflu Descartes' gibt der Erkenntnislehre Spinozas eine


vollkommen neue Gestalt. Im Tractatus de intellectus emendatione
ist auch fr Spinoza die Erkenntnis zur autonomen Funktion des
Verstandes geworden. Die wahre Erkenntnis verdankt jetzt ihre
Gewiheit nicht mehr ihrer Abhngigkeit von einem ueren Objekt,
sie

hat das Kriterium ihrer Wahrheit

Das

keit.

Nur

das,

was

Stempel der Gewiheit an


jetzt

Vloten

ihrer eigenen Gesetzmig-

eigene Gesetz des Verstandes verbrgt die Wahrheit seiner

Ergebnisse.

ist

in

der

vermag, trgt den


Die Aktivitt des Verstandes gerade

er selbst zu erzeugen
sich.

alleinige Quell

alles

wahren Erkennens

(^

6971

ed.

Seite 2122).

Durch diesen autonomen Erkenntnisbegriff wird

fr Spinoza die
Beziehung der Erkenntnis auf eine ihr gegenberstehende Wirklichkeit keineswegs gelockert.
Auch jetzt noch gehrt es zum Begriff
der Idee einem von ihr verschiedenen Gegenstande, ihrem ideatum,

zu entsprechen (S 33, ed. Vloten Seite 11). Die Gewiheit ist nichts
anderes als die Art, wie wir das formale Sein erfassen (sentimus)"

dessen Glckseligkeit
S. 8

ff.

S. 121

auf Campanella.

ff.,

verweist auf Giordano Bruno, Cassirer

a. a.

O.,

FESTSCHRIFT COHEN

526

gegen die Meinung, da alle Erkenntnis auf willkrlichen Setzungen des Verstandes
beruhe, kommt dieser Standpunkt zu deutlichem Ausdruck. Die Ab-

( 35,

Vloten

Seite 11).

In der Polemik Spinozas,

Standpunktes sieht Spinoza darin, da ihm zufolge das


Bewutsein die Kraft habe, Ideen zu erschaffen, die nicht irgendein
Die gedankliche NotSein ausdrcken (S 60, VloTEN Seite 18).
wendigkeit, die der wahren Erkenntnis eigen ist, brgt dafr, da
surditt dieses

das Sein entspricht. Nur den Ursprung aus den Dingen lehnt
Spinoza ab und sieht das Kriterium der wahren Erkenntnis in ihrer
immanenten Gesetzmigkeit. Aber gerade diese durch sich evidente

ihr

Geltung der Erkenntnis erschliet uns das wahre Sein der absoluten
Denn es gehrt zum Begriff der Erkenntnis, Erkenntnis
Dinge.
eines Seienden zu sein; sie gilt kraft ihrer eigenen Gesetzmigkeit,
aber

sie gilt

notwendig von einem auer

ihr befindlichen Sein.

An

Abbildens der absoluten Wirklichkeit tritt die Parallelitt


der autonomen Erkenntnis und des absoluten Seins.
In Spinozas Theorie von der Parallelitt der Attribute ist dieser
Er
erkenntnistheoretische Standpunkt metaphysisch ausgedrckt
Stelle des

genaue Korrespondenz des geistigen und


materiellen Seins zu begrnden, durch welche eine wechselseitige
Beeinflussung beider Gebiete mit ihren schon lngst empfundenen
Schwierigkeiten vollkommen unntig wird. Hatte die Ansicht von

macht

es

mglich,

eine

einem Leiden eine Einwirkung der Dinge auf


das Bewutsein gefordert, so ist diese bei der bereinstimmung

der Erkenntnis

als

der autonomen Erkenntnis


innere

Zusammenhang

mit

der Wirklichkeit entbehrlich.

der Erkenntnisse

mu dem

ihrer

Der

Objekte ge-

nau entsprechen. Die Grundlehre Spinozas, die den realen Zusammenhang der Dinge als logisches Folgen begreift, gestattet und
fordert die bertragung dieser notwendigen Korrespondenz auf das
Verhltnis von Bewutsein und uerer Natur. So wird nun dieses
Verhltnis der Erkenntnis zu ihrem Gegenstande zu einer Korrespondenz des Bewutseins und der ueren Wirklichkeit berhaupt
verallgemeinert.

Zusammenhang
nisse

zusammen.

Auf der

Seite des Bewutseins

fllt

der urschliche

seiner Inhalte mit der logischen Folge der Erkennt-

Der Bewutseinsproze

ist

seinem ganzen Umfange

nach ein logischer Proze, in dem die abgeleiteten Erkenntnisse aus


ihren logischen Bedingungen hervorgehen. Dem logischen Zusammenhange der Erkenntnisse mu der ihrer Gegenstnde genau entDer Zusammenhang der rumlichen Dinge aber ist
sprechen.

wiederum der logische Zusammenhang der Gegenstnde des Raum-

GUTTMANN, SPINOZAS ZUSAMMENHANG MIT DEM ARISTOTELISMUS

So

erkennens.

ist

es dieselbe logische

Ordnung,

dem

die in

52/

logischen

Proze des Bewutseins und in dem logischen Zusammenhange der


Wirklichkeit waltet, welche Gegenstand der Bewutseinserkenntnis ist.
Die Parallelitt der Attribute folgt aus der Identitt der logischen

Ordnung, welche die Erkenntnis und ihren Gegenstand beherrscht.^


Die menschliche Erkenntnis, die durch diese Theorie von ihren
empirischen Objekten unabhngig wird, rckt durch sie in einen um so
engeren metaphysischen Zusammenhang anderer Art. Sie gehrt dem
einheitlichen logischen Zusammenhange aller Erkenntnis an, der aus

dem

Denken hervorgeht.

gttlichen

Unser ganzes Bewutsein

ist

nur ein Teilinhalt des unendlichen gttlichen Verstandes. So erklrt


es sich auch, da unsere gesamte Erkenntnis, auch ihrem empirischen

autonomen Gesetzmigkeit der Erkenntnis ihren

Teile nach, in der

Ursprung

findet.

Auch

diejenigen unserer Erkenntnisse, die fr uns

etwas nur uerlich Gegebenes sind, haben in dem umfassenden


Zusammenhang der Gesamterkenntnis ihre strenge deduktive Begrndung. Sie erscheinen nur uns als etwas Irrationales, weil nur

unserem eigenen Bewutsein liegt, das ihren


Zusammenhang deshalb nicht zu berschauen vermag. In unserer
reinen Erkenntnis aber, welche ihre Objekte adquat begreift, voll-

ein Teil ihrer

Grnde

in

zieht sich in uns selbst der

deduktive

Zusammenhang

der gttlichen

Erkenntnis.

Hier berschauen wir den Zusammenhang,


Erkenntnislehre
verbindet, die

Spinozas

dem

mit

der auch die

der metaphysischen

Aristotelismus

entstammt.

reife

Erkenntnislehre

Die Erkenntnisttig-

menschlichen Vernunft fhrte die aristotelische Schulphilosophie auf die Einwirkung des sich mit ihr verbindenden formen-

keit der

spendenden

Intellekts zurck.

In diesem sind die

Formen

realisiert,

Indem unser Intellekt sich


mit ihm berhrt, verwirklichen sich auch in ihm die Erkenntnisobjekte, zu deren Erfassung er durch die vorangehende Wahrneh-

die unsere Erkenntnis in sich aufnimmt.

mungsttigkeit

des

Bewutseins disponiert

ist.

von Spinoza aus der Sprache der Abbildstheorie,

Diese Lehre wird


die

im Erkennen

Der Beweis fr die 7. Propositio des II. Buches der Ethik, welche die
Ordnung und Verknpfung der Ideen mit der der Dinge identifiziert, macht in
seiner lapidaren Krze diesen Zusammenhang schlagend evident. Spinoza fhrt
nur sein Axiom an, nach dem die Erkenntnis der Wirkung die der Ursache in
sich schliet, und setzt es als selbstverstndhch voraus, da der Zusammenhang
^

der Bewutseinsgeschehnisse ein logischer Erkenntniszusammenhang


hierzu auch Cassirer a. a. O. S. 37/8.

ist.

Vgl.

FESTSCHRIFT COHEN

528
ein

Aufnehmen

seiner Objekte

erblickt,

in

die

der autonomen Er-

Die Grundanschauung, da unsere Erkenntnis


auf einer Einwirkung eines metaphysischen Intellekts beruht, behlt
Spinoza bei. Aber diese Einwirkung besteht nicht mehr darin, dali
unser Bewutsein passiv den Einflu dieses Intellekts erleidet und

kenntnislehre bersetzt.

die

die das Objekt der Erkenntnis bilden, in sich aufnimmt.

Formen,

der Vereinigung unserer Erkenntnis mit einem ihr gegenber-

Aus

stehenden Objekt, wird ihre Einbeziehung in den metaphysischen


Erkenntnisproze. Die rationale Erkenntnis unseres Bewutseins ist

Empfangen des

kein

Objekts, sondern wird aus der' eigenen Erkennt-

nisgesetzmigkeit des Bewutseins

erzeugt.

Doch

ebendiese

er-

zeugende Ttigkeit des Bewutseins ist nur ein Teil des unendlichen
gttlichen Erkenntnisprozesses. In unserem rationalen Erkennen wirkt
Gott selbst, nicht als ein unserer Erkenntnis uerliches Objekt sondern
der innere Ursprung unserer Erkenntnisttigkeit, als der letzte
logische Grund, aus dem alle Ergebnisse unserer Erkenntnis hervorals

gehen.
hltnis

So sehr der vernderte Erkenntnisbegriff Spinozas das Verdes Bewutseins zu seinen metaphysischen Bedingungen um-

gestaltet,

die

kenntnis auf

mit

dem

Grundanschauung des Aristotelismus, da unsere Er-

dem metaphysischen Zusammenhange

des Bewutseins

allumfassenden gttlichen Intellekt beruht, bleibt auch fr

ihn unentbehrlich.

Er mu

Erkenntnistheorie

einfgen,

diese metaphysische

um

die

Annahme

in

seine

Korrespondenz von Erkenntnis

machen.
Die Kontinuitt dieser Entwickelung bekundet sich auch in der
Ansicht vom Wesen des menschlichen Bewutseins. Auf den ersten
Blick allerdings scheint hier die starke Differenz im BewutseinsDie aristotelische Ansicht,
begriff jede Gemeinschaft auszuschlieen.
begreiflich zu

und Wirklichkeit

welche die Seele und insbesondere ihren vernnftigen Teil zur substanziellen Form des Menschen macht, wird von Spinoza durch die
grundverschiedene Auffassung ersetzt, da der Geist des Menschen
ein dem gtUichen Bewutsein angehriger Vorstellungsinhalt ist. Dringt

man

indessen genauer in die Auffassung des Aristotelismus

findet sich

gerade

in

seiner

ein,

so

Lehre von der menschlichen Vernunft

In dem arabischen
Ansicht Spinozas.
Aristotelismus, der die ttige Vernunft des Aristoteles von der
menschlichen Seele abtrennt und sie zu einer transzendenten immateriellen Wesenheit macht, ist das menschliche Vernunftvermgen
Die menschliche Vernunft in ihrer Vereine bloe Denkanlage.

der

Ansatzpunkt

wirklichung

ist

fr

die

identisch

mit

den begrifflichen Erkenntnissen, die

GUTTMANN, SPINOZAS ZUSAMMENHANG MIT DEM ARISTOTELISMUS


unter

dem

529

Einflu des ttigen Verstandes" in uns erzeugt werden.

Sie bilden den erworbenen Verstand des Menschen, welcher der unsterbliche Teil der Seele

So

ist.

ist

auch hier die menschliche Ver-

Summe

von Denkinhalten, wird der Begriff selbst das


Die Denkanlage freilich, die in der
eigentliche Wesen der Seele.
dynamischen Auffassung des Aristotelismus den Ausgangspunkt der
In seinem
Vernunfttigkeit bildet, hat bei Spinoza keine Stelle.
System, das den dynamischen Zusammenhang durch den logisch
mathematischen Zusammenhang ersetzt, verschwindet diese Denknunft eine

von selbst und die logische Ordnung der Ideen erschpft


nunmehr den Begriff des Bewutseins.
Die Folge dieser Ansicht, die das Bewutsein zu einem logischen
Prozesse macht, ist ein Intellektualismus, der das ganze seelische
Leben auf das theoretische Vorstellen reduziert. Das Wollen und
Streben hrt ebenso wie das Fhlen auf, ein selbstndiger Akt
des Bewutseins zu sein; alle diese Begriffe werden dahin umgebildet,
da sie nur ein Ausdruck fr das psychologische Beharrungsvermgen
anlage

Der

der Vorstellungen, fr den Fortbestand der Begriffe sind.

allein

noch fortbestehende psychologische Unterschied ist der zwischen


den rationalen, von unserem Bewutsein in ihrer gedanklichen Notwendigkeit zu erzeugenden und den empirischen Bewutseinsinhalten,
die innerhalb des Einzelbewutseins ihre logische Erzeugung nicht
finden und deshalb in ihm wie etwas uerlich Gegebenes erscheinen.
Von dieser vollkommenen Intellektualisierung des Bewutseins
ist

der Aristotelismus weit entfernt.

Das

theoretische Verhalten

Unter anderem

fr ihn nicht die einzige Bettigung des Bewutseins.

Gesichtspunkte aber
ein intellektualistischer

bei sich

ist,

in

ist

Leben

Psychologie

aristotelischen

deutlich hervor.

Dort wo

die Seele ganz

ist sie

allein in-

Die hchste und eigentlich menschliche Bettigung

die Erkenntnisttigkeit,

Verflechtung mit
tellektuelle

Zug

auch an der

der reinen Bettigung der Vernunft,

tellektuell ttig.

der Seele

tritt

ist

dem

und

materiellen Dasein,

was

sie

dem

alle

es

ist

nur ihre

ber dies rein

Die Vernunftttigkeit

hinausfhrt.

menschlichen Daseins, zu

letztlich

in-

das Ziel des

ist

anderen seelischen Funktionen

nur die Vorbedingung bilden.

Fr

sich

genommen knnte

diese

uerlich erscheinen. Dieser Schein aber schwindet,

Zusammenhange des Systems betrachten. Wie


kommene Intellektualisierung des Bewutseins
Auffassung der Wirklichkeit

als

zufllig

und

wir sie in

dem

bereinstimmung

begrifflicher

wenn

bei Spinoza die voll-

ihren

Grund

Proze

hat,

34

in

so

der

geht

FESTSCHRIFT COHEN

530

auch im Aristotelismus
sischen

entsprechende Lehre aus der metaphy-

die

Verdinglichung der Begriffe hervor.

Sein der Dinge das Sein des Begrififes

ist,

zielt

Weil das eigentliche


auch das Bewutsein

seinem letzten Sinne nach darauf ab, diese Begriffe in sich zu verwirkBegriffliche Wesenheiten und geistige Substanzen werden ja
lichen.

im aristotelischen System stndig gleich gesetzt; so ergibt es sich


von selbst, da auch der menschliche Geist in der Aufnahme der
Begriffe seine eigenste Ttigkeit entfaltet.

Mit vollkommener Deutlichkeit erkennen wir, da die Verwandtschaft Spinozas mit den psychologischen Ansichten des Aristotelis-

mus mehr

ein

als

und

ethischen

Standpunktes

uerliches Zusammentreffen

religisen

verfolgen,

in

wenn

ist,

wir

die

Konsequenzen dieses psychologischen


denen sich das Bild des Spinozismus

vollendet.

III.

Die spekulative Erkenntnis spricht sich in dem Abschlu des


spinozistischen Systems die Wrde des wahrhaften Lebensideals zu.
Als Quell

aller Kraft,

Erkenntnis sich

selbst

aller

Freude und Seligkeit

dartun.

Diese Selbstverklrung des theore-

tischen Bewutseins, in der Spinozas eigenstes

bar

weist

enthllt,

Wiederum

ist

hier die reine

will

doch zugleich

Wesen

auf griechischen

es der Aristotelismus, der Spinoza

am

sich unmittel-

Geist

zurck.

nchsten

steht,

Grundstimmung, sondern auch in der theoretischen


Rechtfertigung dieser Anschauung und der mittelalterliche Aristotelismus vollzieht auch die gleiche Wendung dieses Lebensideals in
nicht nur in der

das Religise wie Spinoza.^

Der

Inhalt wie die methodische

Begrndung der Ethik Spinozas

zeigen gleichmig, da die praktische Vernunft in die theoretische

Wohl

entspringt

die

aristotelische

Lebens dem platonischen Eros,

allein

wenn

Verherrlichung

des

theoretischen

bei Plato die sittliche Vernunft sich

zur Ebenbrtigkeit mit der theoretischen Erkenntnis hindurchzuringen strebt, so


ist

bei Aristoteles die theoretische Kontemplation die alleinige Verwirklichung

wahrer Vemunftttigkeit, hinter der die sittliche Einsicht weit zurckbleibt. In


diesem entscheidenden Punkte steht auch die Stoa, fr die das theoretische Erkennen nicht Selbstzweck, sondern nur Mittel fr die rechte Lebensfhrung ist,
Spinoza, dessen Ethik sich sonst mit ihr berhrt, weit ferner als der AristoteHsmus besonders nach seiner Verschmelzung mit neuplatonischer Lehre.

GUTTMANN, SPINOZAS ZUSAMMENHANG MIT DEM ARISTOTELISMX>S

531

Die Methode der geometrischen Erkenntnis als die


einzige Methode wahren Erkennens ist auch das Ideal der wissenSie ist es,
schaftlichen Ethik (Vorwort zum III. Teil der Ethik).

aufgehoben

Gesetzmigkeit

die

weil

ist.

Form

einzige

geometrischen Zusammenhanges die

des

gesetzmiger Einheit berhaupt

neben der auch

ist,

im menschlichen Bewutsein keine andere Gesetzmigkeit

Von

dieser Grundvoraussetzung aus hatte sich das ganze

Bewutseins

zusammenhang
Bewutseins

Der Wille

dargestellt.

ist

Proze,

intellektueller

als

aufgehoben.

als eine

eigene Richtung des

Dann aber kann

es keinen Wertunter-

mehr geben

mgliche

allein

als

den

ihrer

Die Selbstndigkeit der reinen Erkenntnis

logischen Rangordnung.
die

Leben des

denknotwendiger Ideen-

als

schied unter den Inhalten des Bewutseins

ist

Platz hat.

Form

die Unselbstndigkeit

aller Aktivitt,

des bloen Erfahrungswissens die einzige

Form

Nur

der Passivitt.

und
Seligkeit des Menschen gegrndet sein.
Der psychologische Nachweis dieses Zusammenhanges ist die alleinige Aufgabe der Ethik.
Sie zeigt, da die Weihe und Seligkeit des erkennenden Lebens

in

der

der reinen Erkenntnis

Kraft

Eudmonie

alle

kann

jetzt

Freiheit

alle

in sich schliet.

Die aristotelische Verherrlichung der reinen Kontemplation geht


genau in der gleichen Weise aus den psychologischen Grundlagen
des Systems

Auch

hervor.

fr

Aristoteles

des Menschen aber

die

ist

die

hchste

Form

glckseligen Lebens, dessen

menschlicher Ttigkeit der Quell des

Aufzeigung die Aufgabe der Ethik

ist

Diese hchste Ttigkeitsform

ist

theoretische Vernunft.

So

ergibt

sich

auch hier aus dem psychologischen Intellektualismus die Aufhebung


Ethik

der

in

die verschiedene

das

Bewutsein.

theoretische

Form

Nur

macht

sich

des psychologischen Intellektualismus auch

Wie das

Denken

im Aristotelismus
wohl der Hhepunkt des menschlichen Bewutseins ist, ohne in-

in

der Ethik geltend.

reine

dessen die Selbstndigkeit der anderen Bewutseinsgebiete aufzuheben,


so ist auch ethisch das spekulative Leben wohl das hchste Ziel
des Menschen, aber nicht die einzige
heit.

Im

nant

dahin

ihren

Wert

Form menschlicher VollkommenAnschauung prgandere menschliche Tugend

mittelalterlichen Aristotelismus wird diese

ausgesprochen,
darin

hat

der

faltung zu ermglichen.

da

alle

spekulativen

Vernunft

ihre

freie

Der Anlage des Systems gem

ist

Enthier

die reine Erkenntnisttigkeit als das hchste Ziel menschlicher Ent-

wicklung durch
bei

Spinoza,

dem

die untergeordneten Funktionen bedingt,

diese

dynamische Entwicklung

fremd
34*

whrend
ist,

der

FESTSCHRIFT COHEN

532

Zusammenhang der

Erkenntnis

allein

be-

sich,

wie

wir schon oben angedeutet haben, diese Richtung seiner Ethik

fort.

logische

reinen

schlossen und seinerseits der Quell


In der Unsterblichkeitslehre

Bereits Aristoteles

aller

des

Kraft

ist.*

Aristotelismus

die Unsterblichkeit

hatte

sich

in

setzt

des denkenden Teiles

Der arabische Aristotelismus

der menschlichen Seele gelehrt.

bildete

diese Ansicht dahin fort, daOi die metaphysische Erkenntnis die Quelle

Die metaphysischen Erkenntnisse, in denen die


Vernunft ihre Wirklichkeit erlangt, sichern ihr den ewigen Bestand.
Diese Ansicht lebt in wenig vernderter Gestalt in Spinozas kurzem
der Unsterblichkeit

ist.

Auch Spinoza

da die Seele die Ewigkeit erlangt, wenn sie sich in der Erkenntnis mit einem ewigen
Wesen verbindet.^ Im fertigen System Spinozas kann diese Lehre

Traktate

w^eiter.

lehrt hier,

nicht unverndert fortbestehen bleiben.

In

dem

zeitlosen

Zusammen-

hang der Ideen hat eine errungene Unsterblichkeit keinen Platz.


Aber in der Lehre, die an ihre Stelle tritt, ist der Zusammenhang
mit der frheren Stufe

nicht

zu

erkennen.

Die zum Wesen des

menschlichen Geistes gehrige, ewige gttliche Idee, die den unsterblichen Teil des Menschen bildet (Ethik Buch 5, Lehrsatz 23)

von der aus dem gttlichen Intellekt in den


menschlichen Gei.st berstrmenden Erkenntnis genau so wie der
neue Bewulitseinsbegriff Spinozas von dem des Aristotelismus.
unterscheidet

sich

Mit voller Klarheit

tritt

Bedeutung hervor, welche


Streng

genommen

dieser

Zusammenhang

in

der religisen

die reine Erkenntnis fr Spinoza gewinnt.

handelt es sich nur

um

eine neue

Wendung

der

schon entwickelten Gedanken.


So wie wir den Erkenntnisbegriff
Spinozas und des Aristotelismus kennen gelernt haben, ergibt es

von

sich

selbst,

da

in

mit Gott beschlossen ist

der Erkenntnis

Knnte

die Einheit

des Menschen

es sonst erscheinen, als lge hier

nur die Gemeinschaft vor, die Spinoza mit allen Formen mystischer
Gotteserkenntnis verbindet, so ergibt sich die volle Genauigkeit der

Korrespondenz, wenn wir die Entwickelung dieser Lehre aus


Erkenntnisbegriff beider Systeme beachten.

Erkennen

alles

als ein

Im

dem

Aristotelismus, der

Berhren mit seinen Objekten betrachtet, war

Vgl. fr die Anschauungsweise des Aristotelismus die Schlukapitel des

denen allerdings mit dieser Auffassung, wie Hermann


Cohen (Charakteristik der Ethik Maimunis, Moses ben Maimon, Band I, S. 116 ff.)
nachgewiesen hat, die von Grund aus andere Richtung des sittlichen Monotheismus der Propheten ringt.
* Kurzer Traktat II,
23, vgl. JOEL, Zur Genesis der Lehre Spinozas, S. 65 ff.

Moreh Nebuchim,

in

GUTTMANN, SPINOZAS ZUSAMMENHANG MIT DEM ARISTOTELISMUS .533

Einswerden der Vernunft mit den


berirdischen geistigen Wesenheiten geworden. Die metaphysische
Erkenntnis ist nicht nur ein Wissen von diesen Wesenheiten, jeder
Erkenntnisakt bringt uns in reale Beziehungen zu ihnen.
die reine Vernunfterkenntnis

ein

Je tiefer und umfassender diese Erkenntnis sich gestaltet, um so


inniger wird auch das Band, das uns mit dieser hheren Welt ver-

knpft und uns schlielich zu Gott selbst hinfhrt.


mit

dem

gttlichen

Wesen

uns dessen

sich

erschliet

In dieser Einheit

ganze Herr-

und erweckt in uns die volle Kraft der Gottesliebe. So wchst aus
den metaphysischen Voraussetzungen der Erkenntnislehre die religise

lichkeit

Weihe der Erkenntnis unmittelbar heraus.


Das alles findet sich bis ins Einzelne im kurzen Traktat Spinozas
Der amor dei intellectualis der Ethik unterwieder. (Vergl. II, 22.)
scheidet sich davon nur soweit, wie es die vernderte Erkenntnislehre

Spinozas fordert.

Aus dem Objekt

unseres Erkennens

eigenen Kraft
letzten

Gottes

unseres

als die letzte

unsere Einheit

Die

letzte logische

unserer

Die reine Erkenntnis, die sich

aus der

Geistes

Grund zurck.

Gott die

innerste Grundlage

Voraussetzung unserer Erkenntnis, die


Vernunft selbst geworden.

ist

gestaltet,

fhrt

auf Gott

Erkenntnis,

intuitive

welche

als

die

ihren

Idee

Gewiheit der Erkenntnis begreift, erschliet uns

mit Gott und

lehrt

uns Gott

als

den

Quell

aller

Die Erkenntnis ist nicht mehr die


offenbart uns nur die ewige Einheit unseres

Erkennens erfassen.

Seligkeit des

Vereinigung mit Gott,

sie

Geistes mit ihm.

Wie im

Aristotelismus die Erkenntnis als

lichen Einflusses die

nun

als Glied

Verbindung mit Gott

Empfangen des

gtt-

herbeifhrt, erschliet sie

der gttlichen Erkenntnisttigkeit unser Einssein mit

Gott.

Grundgedanke, der von den ersten metaphysischen Grundlagen aus bis zu dem ethischen und religisen Abschlu beide Systeme zusammenhlt.
Indem das hchste Prinzip
der Erkenntnis zur letzten Ursache der Dinge, ihr realer Zusammenhang zum begrifflichen Zusammenhange wird, geht auch das Be-

So

wutsein

ist

es derselbe

in

bedingungen

diesen metaphysischen
ein,

die

wird die theoretische

Zusammenhang der

im Erkenntnisakt
Erkenntnis

ihre

Wirkung

Erkenntnis-

entfalten,

und

das wahrhafte Sein des Geistes,

das ihm die hchste Vollkommenheit bereitet und seinen Zusammen-

hang mit Gott bedingt. Wie die Gemeinschaft, so ist auch die
Differenz beider Systeme von einem Punkte aus zu begreifen; der

FESTSCHRIFT COHEN

534

neue Erkenntnisbegrifif, zu

dem Spinoza

durchgreifende Umbildung des Systems.

bernahme von

Einzellehren,

sondern

sich bekennt,

um

Nicht

um

eine

fordert eine

eine uerliche

Neuschpfung des

Motiven heraus handelt es sich. Noch


einmal ist der gleiche Denktypus mit abermals vernderten begriffAls die kritische Erkenntnislehre
lichen Mitteln dargestellt worden.
Kants zur Metaphysik umgebildet wurde, hat das System Hegels die
Kategorien der Kantischen Transzendentalphilosophie zum Ausdruck
der gleichen Weltansicht gemacht, die Aristoteles in die Sprache

Systems aus seinen

letzten^

des Form- und Gattungsbegriffes, Spinoza


gekleidet hatte.

in die

des Gesetzesbegriffes

Entwicklung des alexandrinischen Judentums unter

dem
Von

J.

Einflsse Philos.

HOROWITZ-Charlottenburg.
(Erweiterter Vortrag.)

Wenn

mau

oft

auf jdischer Seite nicht nur, sondern auch

auf nichtjdischer Seite, soweit

sie

der Betrachtung des Juden-

tums und seiner Geschichte unbefangen gegenbersteht


wunderbaren Erscheinung der Erhaltung des Judentums

von der
spricht, von
der beraus starken Lebenskraft, die der jdische Stamm whrend
seiner mehrtausendjhrigen Geschichte bewhrt hat, so denkt man
dabei natrlich in erster Reihe an die harten Proben und Heimsuchungen, denen er in den verschiedenen Epochen ausgesetzt war,
an die schweren Prfungen und Verfolgungen, unter denen er den
Kampf um das Dasein zu bestehen hatte und teilweise auch jetzt
noch zu bestehen hat. Allein die Gefahren, die den Bestand des
Judentums bedroht haben, gingen nicht immer und nicht ausschlielich von feindlicher und brutaler Seite einer berlegenen materiellen
Macht aus. Oft waren es auch groe, gewaltige Kulturmchte, deren
Einflu das Judentum sich nicht entziehen konnte, mit denen es, wenn
es den auch im Reiche der Geister unablssig tobenden Kampf bestehen

sollte,

sich auseinanderzusetzen gentigt war.

Whrend

seiner

Wanderung ber den Erdball ist der jdische


wie kaum ein anderer, mit hufig ihm fremdartigen

jahrtausendelangen

Stamm

so

oft,

Kulturen verschiedener

entlegener Vlker

in

nahe Berhrung ge-

kommen, in deren Mitte er zu leben, an deren Arbeit er ttigen Anteil zu nehmen hatte.
Geboten ihm schon die Anforderungen des
physischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens in hohem
Mae Anbequemung an die Lebens- und Bettigungsart der Vlker,
in

deren Mitte er

flssen der ihn

weilte, so

war

er nicht

minder den geistigen Ein-

umgebenden Kulturvlker unterworfen.

Und

er

nahm

FESTSCHRIFT COHEN

536
allezeit die

ihm

bis

dahin fremden Schtze an Wissenschaft und Kunst

von diesen Vlkern gern und bereitwillig an, er arbeitete allezeit an


der Mehrung und Bereicherung dieser Schtze wacker und emsig mit
und entfaltete sein Leben stets unter dem Einflsse des unausgesetzt
wirksamen allgemeingltigen Gesetzes der kulturellen und geistigen
Entwicklung.
Den Gesetzen der Entwicklung ist aber, ebenso wie
alle Erscheinungsformen des natrlichen und geistigen Lebens, auch
das religise Leben samt den es ordnenden und gestaltenden Lehren
unterworfen. Auch diese sind, wie alles geschichtlich Gewordene, in
steter Fort- und Umbildung begriffen; auch hier darf und kann ein
Stillstand, der berall in Natur und Geist das Zeichen des Erstarrens
der Lebenskraft ist, niemals Platz greifen. Diesen Fortbildungsproze
in Lehre und Leben hat das Judentum unter den mchtigen Einflssen mannigfacher Kulturstrmungen zu verschiedenen Zeiten erfahren; es hat ihn erfahren und durchlebt von den Zeiten des Mosaismus bis zur Epoche seiner groen Propheten, von diesen, die
Epochen des ersten und zweiten Exils, die Periode der talmudischen
Literatur

hindurch bis

die

in

vielen Jahrhunderte

des

christlichen

whrend dessen es im Verein mit den Arabern


den Vlkern des Abendlandes eine groe Kulturperiode erneuten
Aufschwungs der Wissenschaften geschaffen hat Es hat den Entwicklungs- und Fortbildungsproze weiter erfahren und durchlebt von
den Zeiten der Renaissance und der Kirchenreformation bis in die
Neuzeit, bis in die Epoche der neueren Philosophie, die durch zermalmende Kritik mit vielem Traditionell-berlieferten aufgerumt, bis
Mittelalters hinein,

in

das Zeitalter der

die,

alles

beherrschenden Naturwissenschaften

hinein,

wie unser ganzes praktisches Leben, so auch unser Denken und

unsere ganze Weltanschauung neugestaltend beeinflut haben.

umwlzenden Kulturstrmungen
anzupassen. Der jdische Stamm hatte,

diesen tief einschneidenden,

hatte

das Judentum

wie kein anderer

in

sich

zum

Allen

Teil

der Weltgeschichte, die schwierige Aufgabe,

die.

mannigfachsten Kulturerrungenschaften der Vlker, auch diejenigen,


die

ihm und

seiner Lehre, auf die sich sttzend er die Jahrtausende

durchwandert, von Hause aus ganz fremd waren, sich zu assimilieren.


Dieser Assimilationsproze, der nicht selten nicht nur in das Leben
der Juden, sondern auch

Lehre

neuernd,

in

das heiligste Palladium ihres Lebens

umbildend und umgestaltend eingriff, war


bisweilen mit groen Gefahren fr den Bestand des Judentums verbunden, mit Gefahren, die vielleicht nicht geringer waren als die-

in ihre

jenigen,

die es

durch brutale Unduldsamkeit bedroht haben.

Da

HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS

53/

im Prozesse der
Assimilation auf kulturell-geistigem Gebiete sie bedrohenden Gefahren
berstanden, da sie bei allen Wandlungen und Umgestaltungen, die
sie erfahren, ihre Eigenart und die Grundfesten ihrer Lehre unerschttert erhalten haben, zeugt fr die Strke auch der geistigen und
sittlichen Lebenskraft des Judentums und seines Lehrinhaltes, die mit
Recht die Bewunderung jedes Unbefangenen erweckt.
Eine fr die Weiterentwicklung des Judentums fruchtbare, aber
wegen dieser mit einer tiefgreifenden Umbildung verknpften Entwicklung den Bestand des Judentums zugleich bedrohende Zeitepoche ist

Stamm, da das Judentum auch

der jdische

diejenige, die

man

mit

dem Namen

die

der Alexandrinisch-Hellenistischen

zu bezeichnen pflegt. Als Griechenland

in

der Schlacht bei Chaeronea

mazedonischen Herrschaft unterworfen, und durch Alexander den Groen das mchtige
Perserreich erobert worden war, grndete dieser geniale Herrscher in dem
seiner politischen Selbstndigkeit verlustig, der

weit vorausschauenden Plane, den Orient mit

dem

Okzident zu ver-

binden und die Vlker des Ostens mit griechischer Bildung und grie-

nach ihm benannte Stadt


Alexandria an der Kste des Mittellndischen Meeres in Nordafrika.
chischem Geiste durchdringen zu

An dem

in

lassen, die

der Alexanderstadt, wie es ihre geographische Lage mit

sich brachte, bald

aufblhenden Handel, der produktiven gewerblichen

und an dem daran sich knpfenden Reichtum gewannen die Juden, die schon frher in groer Zahl in gypten
sich angesiedelt hatten, einen starken Anteil, und sie erfreuten sich
unter Alexander und, als nach dessen Tode das groe Reich geteilt
ward, unter den ersten Ptolemern vlliger Gleichberechtigung, selbstndiger Verfassung und Verwaltung, an deren Spitze die aus ihrer
eigenen Mitte ernannten Alabarchen standen.
Allein mit diesem
materiellen wirtschaftlichen Wohlstande und der politischen Gleichberechtigung war es fr die alexandrinischen Juden nicht abgetan.
Es galt, auch mit einer groen geistigen Macht, mit der diese neue
und

industriellen Arbeit

beherrschenden Macht der griechischen Wissenschaft,


der griechischen Philosophie sich auseinanderzusetzen, um das Judentum und seine Lehre auch unter den starken neuen Einflssen helle-

Kultursttte

Die Macht griechischer


Kultur hatte einen groen Teil der alexandrinischen Juden wie mit

nischen Geisteslebens lebensfhig zu erhalten.

einem unwiderstehlichen Zauber erfat. Das Griechische war ihre


Muttersprache geworden, die Kenntnis des Hebrischen war so sehr
abhanden gekommen, da die Vorlesungen aus der Thora an Sabbaten und Festtagen nicht mehr

in

der Ursprache der Bibel,

son-

FESTSCHRIFT COHEN

538
dern nur

in

ltester Teil

hunderts

V.

der

griechischen bersetzung

der Pentateuch

Chr. abgefat sein

in dieser griechischen

um

der Septuaginta,

die Mitte

des dritten Jahr-

statthaben konnten.

soll,

deren

Sind auch

Bibelbersetzung noch keine direkten Einflsse

und Spuren griechischer Philosophie wahrzunehmen, so finden wir


bildlicher
doch in ihr schon die ersten Anfnge allegorischer
Erklrung von Pentateuchstellen, vor allem das Streben nach Bed. h, der menschlichen Eigenseitigung der Anthropomorphismen
Der fortgeschaften in der Vorstellung und Auffassung Gottes.
schrittenen und geluterten Religionsanschauung mute es widerstreben,
von einer Hand, einem Geruchsorgan und anderen Gliedmaen Gottes
zu reden; und da dieses Widerstreben, auch unabhngig von unmittelbaren griechischen Einwirkungen, bei den Juden jener Zeit sich
regte, beweisen die den palstinensischen Juden schon in alter Zeit gelufigen Midraschim und exegetischen Erklrungen der Bibel, welche
Weit
alles Menschenhnliche von Gott fernzuhalten sich bemhen.
deutlicher schon tritt der griechische Einflu in der allmhlich sich
entwickelnden apokryphischen und pseudepigraphischen Literatur hervor, in der neben der Vorherrschaft der griechischen Sprache auch
das Beherrschtwerden der jdischen Schriftsteller von den dem griechischen Gedankenkreise entstammenden Anschauungen wahrzunehmen ist. Um nicht den Griechen den Vorzug der Prioritt dieser

Gedankenschpfungen zu belassen, vielmehr ihre Originalitt dem


eigenen Volke zu vindizieren, von dem die Griechen sie entlehnt
htten, werden vielen dieser Schriften altjdische berhmte Namen,
wie die des Knigs Salomo und des Propheten Ezechiel flschlich
untergeschoben. Hatte der Reiz und Zauber des griechischen Geistes
in Dichten und Denken die jdischen Schriftsteller jener Zeitperiode
so umwoben, da sie oft zur Ehrung ihres Stammes den Griechen
entlehnte Gedanken als altes jdisches Eigentum auszugeben sich
gedrngt fhlten, so konnte bei diesen schwachen fragmentarischen
Anfngen grzisierenden Denkens nicht Halt gemacht werden. Es
den fhrenden, das Denken jener Zeit beherrschenden Geistern der griechischen Philosophie, besonders mit den Lehren
Piatons und der Stoiker sich grndlich auseinanderzusetzen, um das
Judentum und seine Lehre gleichsam philosophisch zu legitimieren
und dadurch fr die vom griechischen Geiste gefangen genommenen
alexandrinischen Juden lebensfhig und lebenskrftig zu erhalten.
Da dieses Verlangen, das Judentum dem ihm von Hause aus so
heterogenen Griechentum anzunhern, die jdische Lehre, an der
galt vielmehr, mit

HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRIN ISCHEN JUDENTUMS

539

nach der alten Mahnung kein Deut gemindert, und zu der ebenso
wenig ein Deut hinzugefgt werden sollte, mit den Ideen der griechischen Denker zu durchsetzen, fr das traditionelle Judentum mit
mancher schweren Gefahr verknpft war, konnte den Strengglubigen
und Gesetzestreuen unter den Juden Alexandrias nicht entgehen, zumal

wahrnahmen, da die Griechlinge, die dem Reize griechischer


Sitte und griechischen Geschmackes ganz erlegen waren, tatschlich
dem jdischen Gesetze oft untreu wurden und der altjdischen Art,

sie

Welt und Leben

Diese extrem-kon-

aufzufassen, sich entfremdeten.

sozusagen orthodoxe Partei verfuhr daher von ihrem Standpunkte aus konsequent, indem sie jede nhere Berhrung mit der die
geistige Atmosphre durchwehenden griechischen Kultur und dem

servative,

Aber ebenso wie jene


ohne Wahl und ohne Prfung allem,

griechischen Geiste mied und von sich wies.


Partei der Griechlinge, die sich

was griechisch war, in die Arme warfen, leichtfertig und gegen das
heilige Erbe ihres Stammes treulos verfuhr, ebenso verfuhren die
Anhnger der starr orthodoxen Partei, die alles, was griechisch war,
verschmhten, einseitig und verstndnislos. Das Gesetz der Entwicklung, dem alles, was lebt und webt und ist, unterworfen ist, spottet
solch blinder Einseitigkeit und vermeintlicher Konsequenz, die eben,
weil sie

fehlbar

dem Entwicklungsgesetze sich widersetzen will, ebenso unzum Untergange fhren mu, wie die alles berlieferte ohne

Prfung verneinende Untreue und Leichtfertigkeit.

Entwicklung mute, wie sonst

berall,

Das Gesetz der

so auch im alexandrinischen

Judentum sich durchsetzen und Recht behalten. Es mute, beiden


extremen Parteien
den treulosen Griechlingen, die ihr Judentum
leichtfertig ber Bord warfen, und der starren Orthodoxie, die vom
zum Trotz, der ernstliche VerGriechentum nichts wissen wollte
such gemacht werden, die beiden groen Kulturmchte, die religissittlichen Lehren des Judentums und die philosophische Weisheit des

Griechentums

sich

aneinander

messen,

sich

auseinandersetzen

zu

Lehre mit Ideen der fhrenden griechischen


Denker zu verschmelzen und zu durchdringen, um eine dem Geiste
der Zeit entsprechende und fr die Folge fruchtbare Fortbildung und
Diesen Versuch, diese
Entwicklung des Judentums anzubahnen.
khne, nicht ungefhrliche und folgenschwere Tat unternahm und
lassen,

die jdische

vollbrachte der jdische

Um

dasjahr 25

V.

Denker

Philo von Alexandria.

Chr. in der Alexanderstadt geboren, nach

Berichte seines palstinensischen Glaubensgenossen,


schreibers

Flavius Josephus,

einer

dem

des Geschichts-

der vornehmsten

Familien ent-

FESTSCHRIFT COHEN

540

sein Bruder bekleidete das Amt eines Alabarchen


Stammend
ward Philo durch frhzeitig begonnenes, ununterbrochen fortgesetztes
Studium der griechischen Literatur zum grndlichen Kenner und

Bewunderer hellenischer Bildung und Wissenschaft. Mit dieser


Bewunderung fr die Geistesschtze des Griechentums verband er
eine glhende Liebe fr das angestammte Judentum und dessen
Lehre, was er schon dadurch bewies, da er im Jahre 40 n. Chr.,
eifrigen

vorgerckten Alters,

trotz

das gefahrvolle

Amt

eines Fhrers

der

von den alexandrinischen Juden zum Zwecke des Schutzes ihrer gefhrdeten Rechte an den rmischen Kaiser Caligula abgeschickten
Gesandtschaft bernahm und, trotz vieler von der heidnischen Gegengesandtschaft und deren Fhrer, dem aus Josephus bekannten Judenfeinde Apion, erlittenen Schmhungen und Krnkungen, die bernommene Verteidigung der angegriffenen Rechte seiner Glaubensgenossen unverdrossen und mit beharrlicher Treue fortfhrte. Diese
seine praktische, unter Gefahren fr die eigene Person im Interesse
des Judentums bekundete Bettigung war

um

so

mehr anzuerkennen,

nach seinen eigenen uerungen zu schlieen, eine durchaus


theoretisch veranlagte Natur war und jede Unterbrechung seiner
wissenschaftlichen Arbeit und der beschaulichen Mue als eine AbSo
irrung von seiner eigentlichen Lebensaufgabe auffassen mute.'
hat er denn auch als Theoretiker einen groen Teil seiner wissenschaftlichen Lebensarbeit in den Dienst einer Weiterbildung und
Fortentwicklung des Judentums gestellt. Abgesehen von den beiden
als

er,

apologetischen

Schriften

Inhalts,

der Schilderung

seiner

Gesandt-

und der Schrift gegen den judendfeindlichen Statthalter von gypten, Flaccus, teilt man die berkommenen Schriften
Philos in drei Hauptgruppen, deren eine die hermeneutischen umfat,
welche die Erklrung und Auslegung biblischer Bcher zu ihrem

schaft an Caligula

Gegenstande haben, die andere die historischen, welche Personen


und Begebenheiten der biblischen Geschichte darstellen, die dritte
Gruppe aus rein philosophischen Schriften besteht, in welchen das
System Philos, seine ganze Welt- und Lebensauffassung zur Darstellung

kommt.*

Was

zunchst Philos Erklrung und Auslegung biblischer Schriften

Legibus III, i, wo Philo es beklagt, da er, infolge der


politischen Wirren, nicht mehr, wie frher, sich ganz der Philosophie hingeben
knne.
*
Vgl. Leop. Cohn: Einteilung und Chronologie der Schriften Philos."
'

Vgl.

De

special.

HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMSangeht, so

54I

das dabei zugrunde gelegte und befolgte Prinzip, so-

ist

wohl hinsichtlich der geschichtlichen wie der gesetzlichen Teile dieser


das

Schriften,

der Allego ristik,

dem

welche mit

berlieferten

d. h.

derjenigen

Behandlungsweise,

Wortsinn der schriftlichen Urkunden


diesem einen bildlich angedeuteten,

sich nicht begngt, sondern hinter

gedanklich und

man

Begegnet
fteren

ideell

dieser

hheren Sinn sucht und zu finden bemht


Auffassungsweise

alter

berlieferungen des

Zeitepochen des aufgeklrten Denkens,

in

ist.

in

welchen

ein

Hinnehmen mythischer Erzhlungen und religiser Bestimmungen zur Unmglichkeit geworden ist, denen es aber andererseits
noch an dem erforderlichen historischen Sinn fehlt, um die naive Unnaives

befangenheit

vergangener Zeiten im Unterschiede von der fortge-

Denkweise verstehen und wrdigen zu knnen, so hat


Philo fr seine biblische AUegoristik scharf ausgeprgte Vor- und
Musterbilder bei den griechischen Denkern vorgefunden.
Hatten
manche der vorsokratischen Philosophen an den Homerischen Gesngen, an ihrer Gtterauffassung und ihren sittlichen Anschauungen
schweren Ansto genommen,' hatte spter Plato, selbst nicht weniger
genialer Knstler als Denker, einem groen Teile dieser Gesnge,
weil sie den Gttern ihrer unwrdige menschliche Leidenschaften und
Fehler zuschreiben und zur Verweichlichung der Gemter der Jugend
schrittenen

beitragen, in seinem philosophischen Idealstaate eine Sttte versagt,^

so finden Denker der Stoischen Schule, welche,

um

das Jahr 300 v.Chr.

begrndet, bis in die rmische Kaiserzeit hinein die Geister beherrscht,


ein Rettungs-

diese

und Erhaltungsmittel

Bibel

der Griechen

Homerischen Dichtungen

fr die
in

ihrer

allegorischen Erklrung,

durch welche sie zur Fundgrube und Quelle vieler naturphilosophischen und ethischen Wahrheiten erhoben werden, die ihnen tatschlich

fremd gewesen sind und deren Erkenntnis erst viel spteren Zeiten
angehrt.' In der stoischen Erklrung und Auslegung Homers fand
vllig

Xenophanes, der Begrnder der Eleatischen Einheitslehre, wirft dem


Homer und Hesiod vor, sie htten alles, was bei Menschen als das Schimpflichste gilt
Diebstahl, Ehebruch und Betrug
den Gttern zugeschrieben
(Sext. Empir. adv. Math. IX, 193.
Ebendas. I, 289. Diog. Laerl. Vol. II,
Kap. II, 18).
Plato De Republ. lib. III.
Ebendas. b. II, 378".
3 Eine
durchweg allegoristische Deutung der Homerischen Gesnge
unternimmt der Stoiker
besonders nach physisch-kosmologischer Seite hin
Heraklitus (oder Heraklides) um die Zeit des Augustus in den Homerischen
Allegorien". Vgl. Karl SIEGFRIED Philo von Alexandria als Ausleger des alten
Testaments" S. 13 ff., ebendas. S. i6off.
'

FESTSCHRIFT COHEN

542

und dieses System sowie


manche methodischen Grundstze desselben wurden ihm zum VorEntbild fr seine Deutung und Auslegung biblischer Schriften.
sprechend den Grundstzen stoischer AUegoristik bei der Auslegung
des Homer, sehen wir Philo bei der Auslegung von Schriftstellen
bald den buchstblichen Wortsinn ganz ausschlieen und nur den
allegorischen als den allein mglichen bezeichnen, bald den VVortsinn
zwar bestehen lassen, aber den allegorischen neben oder ber ihn

Philo

ein

der AUegoristik

S)'stem

vor,

der Wortsinn, sobald etwas Gottes


Unwrdiges an einer Schriftstelle von ihm ausgesagt oder wenn etwas
mit einem Widerspruch Behaftetes oder ganz Unzulssiges erzhh

stellen.

Als ausgeschlossen

gilt

Gott einen Krper oder Leidenschaften zuschreiben, ist eine


Lsterung.^ Vor Gott sich verbergen, ist unmglich, da er allgegenwrtig ist;' ebensowenig darf als wirklicher Sinn der Schriftstelle angesehen w^erden, wenn es heit Gott fragt. Gott kann und braucht

wird.

Eine sprechende Schlange, Bume


der Erkenntnis und des Lebens gibt es nicht.* Da Kain fr drei
Menschen eine Stadt erbaut, wenn von Kains Weib die Rede ist, da

nicht fragen, da er allwissend

ist.3

doch Eva das einzige bis dahin existierende weibliche Wesen ist, kann
unmglich wrtlich verstanden werden.s Einfltig ist es, sagt Philo,
anzunehmen, da die Welt in sechs Tagen vollendet oder berhaupt
in einem begrenzten Zeitrume geschaffen worden ist, weil die Zeit
jnger ist als die Welt, weil jene erst als Produkt der Himmels-

bewegung

rische Ttigkeit

nie

weil ferner Gottes schpfe-

werden kann, und

vorgestellt

aufhrt,

vielmehr

das Ende des

einen

seiner

Schpfungs werke der Anfang eines anderen, und weil alles in steter
Entwicklung und Umwandlung begriffen ist.^ Sollen diese und hnliche biblische Erzhlungen und Lehren einen zulssigen und zweckmigen Sinn haben, so drngen sie alle auf eine allegorische Erklruncf hin.
Ist nach Philos Ansicht bei Schriftstellen der oben an
einigen Beispielen angedeuteten Art nur die allegorische Auslegung
zulssig, weil die Auffassung derselben nach ihrem Wortsinn teils aus
natrlichen, teils aus religis- ethischen

'

Grnden unmglich

ist,

De posteritate Caini i. Quod deus sit immutabilis ii, 12.


Legum Allegor. III, 2.
De profugis 37 erklrt Philo auch beim Engel das Fragen im

so ge-

buchstb-

lichen Sinne fr unmglich.

De

De

agricultura 22.

De

post. Caini 14. ibid. 11.

Leg. allegor.

I,

2, 3.

opificio

mundi

Vgl. ebendas.

I,

54.

5: iraierai ovUirore voiCiv b e6j.

HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMSsich bei

seilt

sinn er

ihm auch

gelten

lt,

in

zu

543

der Auslegung solcher Stellen, deren Wort-

dem Wortsinn noch

eine

allegorische Er-

Wert und Bedeutung meist weit ber den buchstblichen Wortsinn gestellt wird.
Der allegorische Sinn gilt Philo als
der eigentliche Schriftsinn, der Wortsinn ist ihm nur eine Anbequemung an die Bedrfnisse der Menschen und die Schranken ihrer
klrung, die an

Den Wortsinn nennt er den Krper, den allegorischen Sinn die Seele, die gleichsam wie ein geistiges Fluidum"
Auffassungsfhigkeit.

ganze

die

Schrift,

das ganze Gesetz durchstrmt und nur von den

Eingeweihten erfat werden kann.^


fr eine solche

Whrend

Doppelerklrung anzufhren,

Philo,

in

um

ein Beispiel

der Schrift ber Das

Leben Moses" die Erzhlung, da Mose den gypter


Wortes eigentlicher Bedeutung auffat,^ deutet er sie in

ttet,

in

des

einer anderen

welche der allegorischen Erklrung der Bibel gewidmet ist,


dahin, da Mose als berwinder und Tter der sinnlichen Begierden
Schrift,

werden soll.3
Es kann hier nicht unsere Aufgabe

dargestellt

in

sein,

Philos Allegoristik bis

eine detaillierte Darstellung seiner Erklrungsversuche der behan-

delten Bibelstellen zu verfolgen.

Es wrde dies in vielen Fllen auch


Ganze seines philosophischen

nicht angngig sein, bevor wir in das

Systems eingedrungen sind, und insbesondere seine Auffassung von


Gott und dessen Verhltnis zur Welt und zum Menschen kennen gelernt haben.
Es sei daher an dieser Stelle nur noch auf den obersten, allgemeinsten und zusammenfassenden Grundsatz Philonischer
Schriftdeutung hingewiesen, welcher in folgendem Gedanken gipfelt:

Zwei

Wege

schlgt die Heilige

Schrift

ein,

um

den Inhalt

ihrer

Lehren zum Ausdruck zu bringen. Der eine


der allegorische
Weg
fr den der Buchstabe und Wortsinn nur ein sichtbares
Symbol, ein Sinnbild des in und hinter ihm sich bergenden tieferen
Gedankens ist,- steuert unmittelbar auf die Wahrheit hin und be-

'

Quod deus sit immutabilis


Einfhrung derjenigen in das

In der Schrift

diene nur zur

Weise zu vernnftiger Auffassung nicht gelangen


Abrahami i6, 89 bis 93, wo zwar der Schriftsinn

il

sagt Philo, der Wortsinn

Verstndnis, die auf andere


knnen''.

als die

V^gl.

Seele"

De migratione
dem Wortsinn

als dem Krper" des Gesetzes bergeordnet, nichts destoweniger aber die Befolgung der Gebote des Mosaischen Gesetzes auch nach ihrem buchstblichen
Sinne zur unbedingten Pflicht gemacht wird.
*
3

<

De vita Mosis I, 8, 44.


Legum Allegor. III, 12.
De special, legibus, III,

32.

FESTSCHRIFT COHEN

544

grndet jenen biblischen Satz, der

Mensch

gelten kann: Nicht wie ein

Menschenhnliche,

alles

als

Grundgedanke des Judentums

ist

Von Gott mu alles


jede dem Geschaffenen

Gott."

Krperliche, Sinnliche,

und Endlichen zukommende Eigenschaft, jede Bewegung, Verndeder


rung und Wandlung ferngehalten werden. Der andere Weg
ist der auf die
Weg des Buchstabens und des bloen Wortsinns
unzulngliche stumpfe Auffassung der beschrnkten Menschen be-

einem anderen biblischen Satze


zum Ausdruck kommt, in dem es heit: Gott der Herr wird dich
erziehen, wie wenn ein Mensch seinen Sohn erzieht." Die Erziehung
geistig Unmndiger durch Gott, den Alleiter und Allbildner, ist aber
nicht zu bewerkstelligen, ohne da dem Erzieher und Bildner menschrechnete pdagogische

Weg, der

liche Eigenschaften zugeschrieben

in

werden.

Er mu, wenn

er

und

dem beschrnkten Verstnde fabar sein soll, wie


Mensch kommend und fortgehend, hinab- und hinaufsteigend,

sein Erziehungsplan
ein

sprechend und mahnend, zrnend, drohend und strafend eingefhrt


und dargestellt werden. Diese sinnfllige Darstellung Gottes aber
hat nur den Wert eines Erziehungsmittels dem beschrnkten menschlichen Fassungsvermgen gegenber; dem Wesen des Unendlichen,

dem Wesen
allegorische

Gottes

und

das

Deutung dartun

und endlichen Eigenschaften,

will die

auf die Wahrheit hinzielende

und bleiben alle jene sinnlichen


ihm der Wortlaut der biblischen

sind

die

Schriften oft zuschreibt, fremd.'

umfangreichem Mae
hervortretende Ableitung biblischer Namen, bei der Philo, wohl mit
wegen unzureichender Kenntnis der hebrischen Sprache und Gram-

Auf

die in Philos allegorischen Schriften in

matik, neben hebrischen Etymologien

hufig

auch griechische zu

geben versucht,^ und auf die in den allegorischen Schriften sehr oft
angewandte Zahlensymbolik, deren Philo im Anschlu an die Pythagoreische Zahlenspekulation sich befleiigt,^ kann hier nicht nher eingegangen werden. Es mag gengen, darauf hinzuweisen, da fr

Konsequenz mit seiner Neigung zu allegoristischer


Deutung, auch in Namen und Zahlen oft tiefe Ideen, meist ethischen
Inhalts, verborgen liegen, und da er durch die entsprechende DeuPhilo,

in

voller

Quod deus

immutab. ii 14 und an anderen Stellen.


S. darber Siegfried Philon. Studien" S. I49fif., 162,
Siegfried Philo von Alexandria" S. 143 ff.
'

sit

Wendland,

Hellenist.-rm.

Kuhur

in

ihren

Bezieh,

163,

z.

vgl.

Judent.

auch

und

Christentum" betont scharf den nach dieser Richtung von den Stoikern durch
Posidonius auf Philo gebten Einflu.

HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS,

Namen und

tung dieser

Bibelstellen einen

ihm

sind

Adam

Whrend

Zahlen

oft

545

ganz schlichten und nchternen

hheren Gedankengehalt zu geben bemht ist. So


und Eva Sinnbilder irdischer Sinnenlust und Sinnen-

Kain Selbstsucht und Gottlosigkeit personifiziert sieht, ist ihm Abel das Symbol der Gottergebenheit.' In Enos
spiegelt sich ihm die Hoffnung, Henoch ist das Bild der Sinnesndekraft.

rung,

Noah

er in

das Sinnbild

Bei

der Gerechtigkeit.*

der Betrachtung

denen er die Personifikation


der urbildlichen oder ungeschriebenen Gesetze, im Unterschied von
den geschriebenen mosaischen Gesetzen, erblickt,^ unterscheidet er die
uns von den griechischen Denkern her wohlbekannten'* und vom Geder Lebensbilder der drei Patriarchen,

schichtsschreiber Thucydides

in

der Schilderung des

bei Gelegenheit

welche zum Erwerb der Weisheit, Tchtigkeit und Tugend fhren, deren einer Unterricht und Belehrung, der andere die angeborene Kraft und Naturanlage ist, der
Themistokless errterten drei Wege,

dritte in

unausgesetzter

bung

besteht.

Als Reprsentant des

erst-

genannten Weges, der durch Belehrung zur Weisheit und Tugend


fhrt, gilt ihm Abraham, whrend Isaak die durch angeborene Kraft,

Jakob die durch asketische bung erworbene Tugend reprsentiert.^


Wenngleich Philo bei dieser Auslegung biblischer Personen und Begebenheiten fast immer eine,

sei es

Motivierung beizubringen bemht

ist,

etymologische,
so

ist

es

sei es

sachliche

doch unverkennbar,

da dieser Auslegungsart eine knstliche Umdeutung zugrunde liegt,


deren Begrndung zuoberst auf das Streben zurckzufhren ist, in
biblischen Personen und Geschehnissen, berall ethische Gedankenden Aufbau von Philos im Anschlu an die groen griechischen Denker entworfenem Gedankendenn dies ist die Richsystem zu tragen. Es soll und mu eben

gnge anzulegen,

die geeignet sind,

De sacrificiis Abelis et Caini i.


De Abrahamo 2, 3. De Abrahamo 6 und 7, wo jedoch Noahs
entsprechend dem Ausdrucke der Schrift, als eine relative im
*

keit,

zu

GerechtigVerhltnis

seinen Zeitgenossen bezeichnet wird.


3

De Abrahamo i.
Vgl. Plato Menon

Nikom. II, i. Eth. Eudem. I, i, wo


eine Errterung angestellt wird, auf welchem der drei Wege der Mensch zur
Eudmonie gelangen knne, die nach Aristoteles in einer Bettigung der Seele
gem der vollkommenen Tugend besteht.
5 Thukyd. I, 138.
^ De Abrahamo 11, 52.
Vgl. De Josepho i. Die Patriarchen werden als
4

Symbole der
uKrja-ts

drei Ideen

70

ff.

Arist. Eth.

der drei Seelentypen

rpbiroi.

fvxvs der

aufgefat.

35

/iarjcr,

(pv<TK,

FESTSCHRIFT COHEN

546

tung des jdisch-alexandrinischen Denkens, das

in Philo,

dem

jdischen

genannt wird, zum vollendetsten Ausdruck kommt


der reiche Schatz an philosophischen und ethischen Gedanken der
Griechen, soweit es irgend angngig ist, mit den mosaischen Urkun-

Plato, wie er hufig

den nicht nur in Verbindung und Einklang gebracht werden, es mu


auch der Nachweis versucht werden, da diese Gedankenschtze,
lange bevor sie der griechische Geist erworben, Eigentum des Mosaismus gewesen sind, dem die Griechen sie, sei es unmittelbar, sei
es auf mittelbarem

Wege,

Denn Mose ist das Sinndem Menschen erreichbare

entlehnt haben.*

bild des prophetischen Geistes,

der

alle

Weisheit vorausgeschaut und erkannt hat, weshalb auch, die von ihm

und berlieferten Urkunden alle vom Menschengeiste erdachten und erkannten Wahrheiten, wenn auch nicht fr jeden offenkundig, so doch dem Eingeweihten erkennbar in sich bergen und
verfaten

enthalten mssen.

Wie

nun Philo

diese

Frage drngt sich jetzt uns


bei seiner ausgesprochenen Neigung zur AUegounwillkrlich auf
ristik, zu den gesetzlichen Verordnungen des Mosaismus, zum mosaischen Zeremonial- und Ritualgesetz? Bestreitet er, in voller Konsequenz seines obersten Grundsatzes der Bibelinterpretation, da der
allegorische Schriftsinn der allein unmittelbar die Wahrheit treffende
seinem buchsei, die Verbindlichkeit des Zeremonialgesetzes nach
Diese uerste Konsequenz der AUegoristik,
stblichen Wortsinn?
wie sie von der anderen extrem hellenistischen Partei gezogen worden ist, und wie man sie von dem platonisierenden griechischen
Denker htte erwarten knnen, zieht Philo nicht. Es lebten eben
verhlt sich

Er war, wie

zwei Seelen in seiner Brust.

einerseits

ein begeisterter

Verehrer griechischer Weisheit, so andererseits auch ein treuer Jude


und unentwegter Verteidiger der im Leben seiner Stammes- und

Glaubensgenossen

war

vielleicht

gewurzelten mosaischen berlieferungen.

tief

der erste

philosophischen Juden

der

in

Er

der Folgezeit zahlreich vertretenen

oder jdischen Philosophen, bei denen

ein

Widerstreit zwischen theoretischen Lehrmeinungen und der Ansicht

von ihrer praktischen Anwendbarkeit zutage tritt.


Whrend Philo
nach einem Ausspruche Carl Siegfrieds, durch seine AUegoristik

'

De

vita

Mosis

I,

5,

23 sagt Philo

abweichend von der jdisch-helleist


Moses sei, auer von gyp-

nistischen Auffassung, die sonst auch die seine

tischen Gelehrten, auch von Griechen belehrt worden.

Hellenistische Studien", Heft

i,

S. 117.

Vgl.

Freudenthal,

HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS,

547

theoretisch auf den Buchstaben des Gesetzes auflsend wirkt,*


will er ihn praktisch festgehalten wissen, dringt er mit aller Schrfe
auf die Beobachtung der mosaischen Gesetze, weil er in ihnen ein
festes Band erkennt, das sein Volk zusammenhlt, und weil er meint,
da durch genaue Beobachtung der Zeremonien nach ihrer leiblichen,
buchstblichen Seite, auch ihre symbolische Bedeutung besser erkannt
werde". ^ Getreu seinem oben erwhnten Grundsatze, da der Wortsinn der Bibel in der pdagogischen Einwirkung auf die in enge
Schranken gebannte Fassungskraft der meisten Menschen seinen Wert
und seine Bedeutung habe,^ sieht er auch im Zeremonialgesetz nach
seinem buchstblichen Wortsinn ein geeignetes Erziehungsmittel, um
die sinnlichen Triebe in Schranken zu halten und zu bekmpfen, eine
Aufgabe, die, wie wir noch sehen werden, eine fundamentale Forderung der mit seiner ganzen Weltanschauung zusammenhngenden
Ethik Philos bildet. Die Lebensordnung, wie sie der Mosaismus lehrt,
zielt auf eine luternde Entsinnlichung, Vergeistigung und Heiligung
des Menschen hin und entspricht nach Philonischer Auffassung der
gesamten Weltordnung,* deren Urkraft, Wesen und Endziel im rein
Geistigen besteht. In diesem Sinne wendet Philo den obersten Grundsatz der stoischen Ethik, deren hnlichkeit, hinsichtlich der Strenge

der sittlichen Gebote, 5 mit der Sittenlehre des Judentums er erkannt


hat, auf

den Mosaismus

Die Grundforderung der stoischen Ethik


der Mensch solle sein Leben der Natur- und Weltordnung ge-.
einrichten und fhren.^
Da nun nach Philo die vom Mosaismus
an.

lautet,

ma

geforderte Lebensordnung der Weltordnung entspricht, so ergibt sich

bereinstimmung der mosaischen Lebens- und Sittenlehre


mit der philosophischen Ethik der Stoa. Sehen wir auch hier Philo
flir

ihn eine

'

Vgl. Siegfried, Philo

De

3 S.

von Alexandria",

migratione Abrahami

oben

S. 543,

Anm.

S. 159

und

a. a.

O.

16. 93.

i.

De opif. mundi i sagt Philo, ,,Der Schpfungsbericht sei von Moses dem
Gesetze vorangestellt worden, um zu zeigen, da die Welt mit dem Gesetze und
das Gesetz mit der Welt im Einklang stehe."
5 Die scharfe Betonung der Gesinnung bei den Stoikern, durch die allein
t

dem Handeln

der moralische Charakter verliehen wird

Handlung als Karp^ua


dem blo Geziemenden

einer solchen
/caSTj/cov

D'B'np nri^ni nriu>ni5nn)

der nB*^ niso.


^ Diog. Laert.
als

Moralprinzip

vollkommene

die Unterscheidung

Pflichterfllung

von

dem

hat

etwas Analoges mit dem Mosaischen


und der spteren rabbinischen Einschrfung der Erfllung

VH,

87 sagt, Zeno habe in der Schrift vepl

gelehrt: b/ju)\oyov^vw rf

(p(Tti

avlnfxvov <pv(Teus

irjf.

35*

FESTSCHRIFT COHEN

e^S

alexandrinischen Denker charakteristische Richtung, mit


griechischen Philosophemen und Theorien das Judentum zu trnken

die fr die

und zu befruchten, konsequent verfolgen, so lehnt er andererseits als


treuer Jude solche Theorien oft ab, die zu den mosaischen berlieferungen in einem offenkundig unberbrckbaren Gegensatze stehen,
und zieht diejenigen kosmologischen und metaphysischen Lehrmei-

nungen griechischer Denker vor, die sich in irgendwelcher, oft freilich nur sehr gezwungener und knstlicher Form mit den jdischen
Grundanschauungen in Einklang bringen lassen. So verwirft er, hnwie dies spter die mittelalterlichen jdischen Religionsphilosophen
tun, an ihrer Spitze, trotz seiner sonstigen Anhngerschaft an Aristoteles, Maimonides, ' die Aristotelische Lehre von der Ewigkeit, dem

lich

Ungewordensein der Welt und folgt dem Plato, der die geordnete Welt
Plato,
geschaffen und gestaltet werden lt*.
den Kosmos
sagten wir eben, lt die geordnete Welt den Kosmos geschaffen und gestaltet werden, das will heien, da es fr Plato eine
Schpfung aus dem absoluten Nichts nicht gab, wie es denn fr den

Griechengeist

berhaupt

als

unumstlich feststehender

Grundsatz

da aus nichts nichts werden knne. Plato lt die chaotische


ungeordnete Materie als eine ungewordene von Ewigkeit her existieren;
der von dem gttlichen Geiste ausgehende und durch ihn bewirkte
Schpfungsakt besteht fr ihn darin, da durch den gttlichen Geist
dem Ungeformten eine zweckmige Form gegeben, in das Wirre
und chaotisch Ungewordene harmonische Ordnung, Gesetzmigkeit
galt,

Welt entstanden
ist, der die Griechen so sinnig den Namen Kosmos", was Ordnung,
Zierde, Schmuck bedeutet, gegeben haben.
Ob und inwieweit Philo, indem er Piatos Lehre von der Ewigkeit
und Prexistenz der Materie zu der seinigen machte, sich einer Ab-

und Schnheit gebracht

wird,

wodurch

diese unsere

weichung von der mosaischen berlieferung ber die Wcltschpfung,


nach welcher nicht nur die Form, sondern auch der Stoff der Welt
von Gott ins Dasein gerufen ward, bewut gewesen ist, lt sich deshalb schwer feststellen, weil auch jdischen Spekulationen in Talmud
und Midrasch, deren schriftliche Fixierung zwar in nachphilonische
Zeit

fllt,

deren Ursprung

aber in

eine

frhere

Zeitepoche

Annahme eines Urstoffes und die


dem Schpfungsberichte der Genesis

hinauf-

reichen mag, die

Herleitung dieser

Annahme

nicht ganz fremd

'

aus

More Nebuchim II. c. 25. Vgl. das, III, 25 fin.


De opif. mundi 2, entsprechend der Lehre Piatos im Timus

28.

HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS

gewesen
aus

dem

549

Eine Schpfung im strengen Sinne, eine Schpfung

ist.^

absoluten Nichts

Wie

gibt es

demnach

fr Philo

ebenso wenig

auch fr Philo Weltschpfung, Weltbildung und -gestaltung. Gott ist, sozusagen,


der Knstler, der Architekt, nach dessen Abri, nach dessen im
wie

Plato.

fr

diesen,

fr

bedeutet

entworfenen und gedachten Plane

Geiste

aus der prexistierenden

und gestaltlosen Materie' der Bau der Welt ausgefhrt


wird.
Gott ist der den Plan zum Weltenbau schaffende Knstler. ^
Ist er es auch und kann er es auch sein, der durch eigenes EinDie Art, wie Philo diese
greifen diesen gedachten Bauplan ausfhrt?
Frage beantwortet, ist grundlegend fr seine gesamte Gottes- und
Weltauffassung und bildet zugleich den einschneidendsten Punkt, in
welchem er neubildend und umgestaltend in die Lehre des Judentums eingegriffen hat. Philos Auffassung von Gott als dem rein
geistigen unendlichen Wesen, dem keinerlei Eigenschaft des Endlichen,
Begrenzten, in Schranken des Raumes und der Zeit Wirkenden zueigenschafts-

geschrieben werden darf,* lt es nicht zu, Gott mit der Materie


unmittelbare Berhrung zu bringen,

in

ihn selbst in diese eingreifen zu

was dem metaphysischen Begriffe Gottes widerWesen dadurch begrenzt, verendlicht und materialisiert

lassen, weil erstens,

sprche, sein
*

er

Im

habe

Babyl.

Talmud Traktat Chagiga pag.

15^ wird

sich in die Schpfungsgeschichte vertieft

und

von Ben Soma

sei zu

erzhlt,

dem Ergebnis

ge-

Zwischenraum
ber den
schwebte
von drei Fingern gewesen, denn es heie: ,,Der Geist Gottes
Wassern", wie eine Taube, die ber ihren Kindern schwebe, ohne sie zu berhren. Darauf habe R. Josua zu seinen Jngern gesagt: Ben Soma befindet
sich noch auerhalb der richtigen Einsicht" (ist noch nicht eingedrungen). Dies
scheint uns der richtige Sinn der Worte zu sein: V^nSD KOH ;a y\1.V, nicht, wie
Karl Siegfried: Philo von Alexandria als Ausleger d. alt. Test." S. 231 bersetzt: Ben Soma ist auer sich". Siegfried zitiert die obige Stelle nicht aus
Traktat Chagiga, sondern aus Midrasch Beresch. Rabba, wo sie (Parascha 2),
abgesehen von einigen anderen Abweichungen, mit einem wesentlich vernderten
Schlugedanken wiederkehrt. Rabbi Josua, heit es da, habe zu seinen Jngern
gesagt, Ben Soma ist von dannen gegangen, und er lebte (in der Tat) nur
wenige Tage". Trotz dieses abweichenden Schlugedankens, stimmen beide
Versionen darin berein, da Ben Somas materialisierende" Vorstellung \on
Geistes Gottes mit den
Gottes schpferischer Kraft, die Identifizierung des

kommen, da zwischen den oberen und unteren Wassern nur

ein

,,

oberen Gewssern" etwas Tadelnswertes oder gar Strafwrdiges sei. Nach


Jerusal. Talmud Traktat Chagiga Kap. 2 lehrte R. Juda ben Pasi, die Welt sei
ursprnghch Wasser auf Wasser gewesen.
'

Die v\v

Materie

De opif mundi 4.
Legum Allegor. III,

wird als

17.

ffrifios,

irotot

bezeichnet.

De

profugis

2.

FESTSCHRItT COHEN

550

werden wrde, und weil zweitens - und dies ist die ethische Seite
des Problems Gott als das hchste Prinzip des Guten, der Vollkommenheit und der sittlichen Heiligkeit zur Materie, der Trgerin
des Unvollkommenen und der Sinnlichkeit, welche nach PlatonischPhilonischer Auffassung die Quelle des Bsen ist, in keine unmittelbare Beziehung treten kann.^ Um daher den von Gott in seinem unendlichen, unbegrenzten Geiste entworfenen und gedachten Weltenplan
durch persnliches Eingreifen zur Ausfhrung zu bringen, um die
gedachte Welt in die bestehende, unseren Sinnen wahrnehmbare
Welt umzusetzen, bedurfte es fr Philo der Annahme vom hchsten

gesonderter geistiger Krfte als .ausfhrender


von Gott
Werkmeister des von der hchsten Intelligenz entworfenen Bauplanes,
als Mittler zwischen Gott und der zu bildenden und gestaltenden
endlichen Welt.* Dieses von Philo als Erklrungsgrund der Weltbildung und Welterhaltung aufgestellte komplizierte System von vermittelnden gttlichen Krften, welche als Teilkrfte durch die beiden
Sein

schon in den mosaischen Urkunden scharf hervortretenden Attribute


das Attribut der unendlichen Gte und
oder Eigenschaften Gottes
charakBarmherzigkeit und das der alles beherrschenden Macht
terisiert, durch Philo von Gott abgesondert und personifiziert werden,

findet seinen

welcher den

zusammenfassenden Ausdruck
Mittelpunkt

wie

der

in

dem Logosbegriffe,

philosophischen

Weltauffassung

auch seiner neuernden Umbildung der Grundlehren des

Philos, so

Judentums bildet.
allerdings in vielfach wechselnder FasDer Logosbegrifif ist
altes Eigentum der griechischen
sung und mannigfacher Bedeutung
Schon von dem groen jonischen Denker Heraklit
Philosophie.
um das Jahr 500 v. Chr. als der Eine allwaltende
von Ephesus
gttliche Feuergeist, der unzhlige Male die Welt baut, sie wieder
zu bestimmter Zeit aufgehen lt, um sie immer wieder aufs neue

zu bauen",

De

zum Grundprinzip

opif.

mundi 24

seiner Naturauffassung erhoben, 3 kehrt

lt Philo

nur die gute Seele des Menschen von

Gott selbst erschaffen werden, die Seele der Schlechten dagegen ist das Werk
der vermittelnden Krfte. Vgl. De profugis 13, 14.
*
S. besonders De confusione linguarum 34, wo, trotz scharfer Betonung
der Einheit Gottes, von unsglich vielen Gott umgebenden Krften als Beistnden
und Erhaltern alles Geschaffenen gesprochen wird, durch welche Krfte auch
das Musterbild der Sinnenwelt
der porrrbs k6(tixo%
die immaterielle Idealwelt

erbaut worden
3

sei.

Diog. Laert.

Praep. Evang. XIII.

Clemens, Alexandr. Stromata V.


Vgl. Mullach: Fragm. Philos. Graec. I

IX,

i.

14.

S.

Eusebius:
315 und 322.

HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS

55

Fassung zwei Jahrhunderte spter in dem System


der Stoiker wieder/ welche neben Plato einen bestimmenden Einflu
auf Philos Weltanschauung gebt haben. Und wenn es auch als unzweifelhaft gelten darf, da Philos Lehre, nach ihrer kosmologischen
Seite hin, nach der Seite seiner Theorie von der Gestaltung und
Bildung der Welt und ihrem Verhltnis zum Urgttlichen, in weit
grerem Mae auf Plato als auf den Stoikern ruht,^ so ist das gewi, da er das Wort, den Namen Logos" fr seine zwischen Gott
und Welt vermittelnde Kraft keinem anderen als der Lehre der Stoa
er in vernderter

entnommen

hat.

War

dieses

einerseits Vernunft, Denkkraft,

das gesprochene

Wort

als

vieldeutige

Wort

es

bedeutet wie

Denkfhigkeit und Gedanke, so auch

uerung des Gedachten

fr Philos

philosophischen Begriff der vermittelnden gttlichen Kraft in hohem


Grade geeignet, so bot auch der biblische Schpfungsbericht dafr
einen willkommenen Anknpfungspunkt, durch den eine Vereinigung
der Lehre von der weltbildenden Kraft des Logos mit dem Wortlaute der

mosaischen Urkunde sich

gewissem Sinne herstellen lie.


Da das Wort Gottes schpferische Kraft habe, da durch seinen
mittels gesprochenen Wortes kundgegebenen Gedanken und Willen
in das chaotisch Formlose, in die de und Finsternis formgebende
Erieuchtung dringt, das spricht der mosaische Schpfungsbericht im
dritten Verse der Genesis aus, in dem es heit: Gott sprach: Es
werde Licht, und es ward Licht". Dieses zur Tat gewordene Wort
Gottes der Bibel, in Verbindung mit dem Weltbildungsgedanken
Piatos und dem der Stoa entnommenen Logosausdruck wird zur
Logoslehre Philos, zur Lehre von der personifizierten, von Gott gesonderten, zwischen ihm und der Welt vermittelnden Kraft, durch
welche Lehre ein gewaltiger Ri in die Gotteinheitslehre des Judentums versucht worden ist, der, wenn auch seine weitreichenden Folgen
'

Sextus

Emp.

adv.

Math. IX,

loi.

in

Plutarch

plac.

philos.

I,

7.

Vgl.

Heinze: Die Lehre vom Logos in d. gr. Phil." Der weltbildende \6yos uirepuaTiKi ist nach der Lehre der Stoa ein Teil der Gottheit und fat, hnlich wie der
Logos bei Philo, eine Mehrheit von Krften
\6yoi, oder Swfieis
in sich.

Die entgegengesetzte Ansicht Zellers (Philos, d. Gr. III, 2) kann nicht


durchweg stichhaltig gelten. Der transzendente Dualismus Philos und seine
Lehre von der Weltbildung zeigen gar zu deutlich eine Anlehnung an Piatos
Timus und stehen, trotz mancher bereinstimmung in der Logoslehre, in wesentlichen Punkten zum materialistischen Pantheismus der Stoa im Gegensatz. Vgl.
Jakob Horovitz, Untersuchungen ber Philons und Piatons Lehre von der
Weltschpfung", Marburg 1900. Vgl. auch HeinzE: Die Lehre vom Logos in
d. gr. Phil." und B. Rippner in d. Monatsschrift f. Gesch. und Wiss. d. Judent.
^

als

FESTSCHRIFT COHEN

552

damals noch nicht vorausgesehen und von Philo selbst nicht geahnt
werden konnten, gleichwohl leichtbegreiflicherweise auf Seiten der
am strengen Monotheismus festhaltenden Juden, besonders der palstinensischen, welche mit der griechischen Spekulation in keine un-

Berhrung gekommen waren, heftigen Ansto erregen


mute. Daraus erklrt sich das im Talmud wiederholt ausgesprochene
den ketzerischen
Verbot der Beschftigung mit den D"*;^)? n.DD
Schriften, unter welchen, wie Karl Siegfried Grtz gegenber mit
Recht behauptet und durch eine Talmudstelle " und die Bemerkung
mittelbare

'

eines Thosafisten

belegt, die, eine Spaltung der Gotteseinheit lehren-

den Schriften alexandrinischer Juden zu verstehen sind. Die Abneigung


und der Eifer der streng am monotheistischen Gottesgedanken Festhaltenden gegen die mittels der AUegoristik und griechischer Philosopheme in die Gottesidee des Judentums hineingetragene Spaltung
muten natrlich um so grer werden, je schrfer und deutlicher
das christliche Dogma in die Erscheinung trat und damit der Gegensatz der neuen, die Mittlerschaft zwischen Gott und Welt scharf betonenden Lehre gegen die Gotteinheitslehre des Judentums offenbar
wurde.

Denn

da, neben

dem

dem

aus

Orient, vor allem aus

sismus und seinem Mithraskult, neben

dem von

dem

Par-

Phnizien aus nach

gypten, Juda und Griechenland eingedrungenen Adoniskult und


ihren mystisch-religisen Vorstellungen, auch der jdische Alexandrinismus und zuoberst sein wissenschaftlicher Systematiker Philo auf

theosophisch-spekulativem Wege, ohne es zu wissen und noch weniger


zu wollen, das christliche Dogma vorbereitet haben, ist nicht nur aus der

Logoslehre des Evangelium Johannis^ und den Paulinischen Briefen,5


aus den Gnostikern^ und den griechischen Kirchenvtern 7 zu erSIEGFRIED: Philo von Alexandria

als

Ausleger des alten Testaments"

II. Teil, S. 286.


^

Kap.

Talm. Jerusch Berach, Kap.

I,

9.

Vgl. Midr. Beresch. Rabb. Parascha VIII,

26.

Minim

Sekerer

sind

diejenigen,

die

an die Existenz von zwei

Gottheiten glauben".
"

Kap.

I,

13.

An den angefhrten Stellen


15, 16; Ephes. 3, 9; Hebr. i, 2.
und noch mehreren anderen wird die Mittlerschaft Jesu als Weltbildners,
entsprechend der des Logos bei Philo, scharf betont.
6 ber Philos Einflu auf die Gnostiker s. Siegfried, Philo von Alexan5

Coloss.

I,

dria" s. 3413437 S,

ebendas.

S.

330

ff.

HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS

553

auch aus Stellen in den Schriften Philos selbst ersichtlich, an denen dieser den Mittler Logos bald das Abbild,' bald
schlechtweg den Sohn Gottes,* bald, im Unterschiede von der durch
den Logos gebildeten Welt, welche als der jngere Sohn bezeichnet
wird,^ den ltesten Sohn Gottes nennt. Es ist somit klar, da durch
die von dem platonisierenden jdischen Denker Philo mittels allegorischer Deutung der biblischen Schriften und mittels knstlicher Verquickung derselben mit der griechischen Philosophie in den rein
kennen,

es wird

hineingetragene Spaltung das Judentum

monotheistischen Gedanken

bedroht war und

welche zu allen Zeiten die

Grundsule,

in seiner

Gotteinheitsidee gebildet hat, htte erschttert werden knnen.

Da

dem Judentum drohende Gefahr abgewendet worden, da die


Philonische Spekulation fr das Judentum nur eine philosophische
Theorie geblieben ist, ohne praktisch dasselbe zugunsten der auf dem
diese

Grunde orientalisch-mystischer Kulte und der mit ihnen verschmolzenen griechischen Theoreme sich aufbauenden christlichen Lehre aus
den Angeln zu heben, dazu haben, neben der in sich gefestigten
Wahrheit des monotheistischen Gedankens und dem Unhistorischen,
das

in

der auf die Spitze

getriebenen

alexandrinischen Allegoristik

noch mehrere geschichtliche Momente wesentlich mitgewirkt.


Die von dem dereinstigen Schler Rabbi Gamliels, dem Schriftgelehrten Saul aus Tarsus, welcher nach Eintritt in die junge christliche Johannesgemeinde den Namen Paulus angenommen hat, zu
seiner Lebensaufgabe gemachte, mit rastlosem Eifer und flammender
Begeisterung betriebene apostolische Mission der Heidenbekehrung
hatte fr die groen Erfolge, die sie erzielte, zu ihrer Voraussetzung
die Aufhebung der Verbindlichkeit des Mosaischen Gesetzes, weil,
wenn seine Verbindlichkeit
besonders nach zeremonial- ritualer
Seite hin aufrecht erhalten worden wre, Griechen und Rmer niemals
Fr diese
fr den neuen Glauben htten gewonnen werden knnen.
seine antinomistische Tendenz, fr den Vernichtungskampf gegen das
nicht nur gegen die
Mosaische Gesetz, der sich
nebenbei bemerkt
zeremonial- und ritualgesetzlichen Bestimmungen richtete, sondern
ist doch
auch in den Kreis ethischer Lehren tief eigrifif
nach dem Rmerbrief Christus des Gesetzes Ende", so da wer
lag,

an ihn glaubt, durch diesen


'

De

opif.

mundi

6.

Leg. Allegor.

De profugis 20.
Duod deus immutabilis

Rom

10, 4.

Glauben

sit 6.

allein gerecht

III, 31.

ist'**

FESTSCHRIFT COHEN

554

doch Tugend nicht als Verdienst menschlichen Wollens und aus


freier Selbstbestimmung entspringenden Handelns, sondern als dem
Menschen ohne eigenes Verdienst zuteil werdende Gnade
fr
diesen seinen Kampf gegen die mosaische Gesetzes- und Pflichtengilt

'

lehre fand der Apostel Paulus


alten prophetischen

einen

historischen Sttzpunkt in der

Verkndung, die spter auch im Talmud wieder-

in der Messianischen Zeit


die Verbindlichda dereinst
Dieses dereinst"
keit der Mosaischen Gebote aufhren werde.^
deckte sich aber fr Paulus mit der Gegenwart. Das von den Propheten verheiene Zukunftsideal war nach seiner innersten berzeugung durch die Erscheinung Jesu bereits verwirklicht. Der durch
Synkretismus, durch Verschmelzung mit orientalischen Religionsvorstellungen in die neue Johannesgemeinde eingedrungene Mythos von
der mysterisen Geburt, dem Tod und der Auferstehung eines die
Welt erlsenden Heilands ward fr Paulus zu einem unerschtterlich
festen dogmatischen Glauben an die erlsende Macht Christi, zu
einem Glauben, an den allein die Seligkeit des Menschen ge-

kehrt,

knpft

sei.3

Diese antinomistische

gesetzesgegnerische

Richtung des

Apostels Paulus und ihre Begrndung durch den Glauben an die beeingetretene

reits

Verwirklichung

der

Verheiung

prophetischen

standen zu Philos Auffassung des Judentums und seiner Messianischen


Zukunftsidee in krassem Widerspruch. Wir haben gesehen, wie scharf
Philo,

der hheren

trotz

Bewertung des allegorischen Sinnes der

im Vergleich zu ihrem buchstblichen Sinne, die Verbindlichkeit der Beobachtung der Mosaischen Gesetze betont, und wie
er denjenigen Leichtfertigkeit vorwirft, die sich von der Erfllung der
Schriftstellen,

gesetzlichen Vorschriften lossagen.'*

Was

grndung des Antinomismus durch den

ferner die Paulinische Bebereits

Anbruch

erfolgten

der Messianischen Zeit angeht, so widersprach auch

sie

nischen Auffassung des Messiasgedankens, der fr Philo

in

der Philo-

dem Ver-

trauen auf eine dereinstige herrliche Zukunft seines Volkes und auf
die Erfllung der idealen ethischen

Verheiungen der alten

israeliti-

Daher ist es leicht erklrlich, da, so


sehr auch der mchtige Strom Philonischer AUegoristik" und seine

schen Propheten wurzelte.

Rom

II, 6.

n'ibtaa niJJo.
KD"?
n^nj?S
t
VI
TT
.

Rom

De

lo, 9, lo.

migr.

Abraham!

i6,

89

93.

HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS-

555

philosophische Spekulation den Geist des alexandrinischen Judentums

und befruchtet hatte, dieser Strom fr die Beeinflussung der


Juden und ihrer Lehre desto mehr versiegen mute, je mehr er
im Paulinischen Sinne von Aposteln, Evangelisten und Kirchenlehrern
aus seinem ursprnglichen philosophischen Bette abgeleitet und in das
enge Bett des Dogma gezwngt wurde. Barg die Philonische AUegoristik und der von ihm im Anschlu an Plato in der Lehre vom
Logos vorgetragene Gedanke der Mittlerschaft zwischen Gott und
Welt, trotz der in ihnen vollzogenen Verquickung heterogener Elemente, den Keim philosophischer Entwicklungsfhigkeit in sich, die in
einen breiten Strom theosophischer und religionsphilosophischer Systeme
sich zu ergieen und zu differenzieren geeignet war, so wurde, wie
Carl Siegfried und in neuester Zeit Paul Wendland klar darlegen,^ die AUegoristik und die Logosidee fr die kirchliche Exegese
der biblischen Schriften zum bloen Mittel, um eine starre Dogmatik,
eine nicht wanken und nicht weichen wollende Glaubenslehre aufzustellen,
an welche das Heil und die Erlsung des Menschen geknpft sei.
Konnte diese Lehre einen groen Teil der heidnischen Vlker, deren
ergriffen

Oberschichten zu jener Zeit jeden inneren


gebt hatten, leicht
Unterschichten

sich

fr

derselben,

die

sittlichen Lebensinhalt ein-

gewinnen, hat
in

der

sie

besonders auf die

rmischen

Kaiserzeit

unter

schwerem sozialen und wirtschaftlichen Drucke seufzten, ihre werbende Kraft mit Erfolg geltend gemacht, und hat sich auch eine
nicht geringe Zahl von wenig kritisch, wenig unterscheidungsfhig,
von schwrmerisch veranlagten Juden ihr angeschlossen, so war sie
andererseits nicht imstande, den rein monotheistischen Gedanken des
alten Israel aus der Welt des Geistes zu bannen, und den Bestand
des Judentums, das nach wie vor an den Mosaismus und an die
groen Propheten sich lehnte, aus denen
siegbaren

Borne,

seine

religis -sittliche

es,

wie aus einem unver-

Lebenskraft

schpfte,

zu

untergraben.

Dazu kam, da im Gegensatze zur Paulinischen Lehre, da nicht


durch des Gesetzes Werke, sondern nur durch den Glauben allein
den Menschen Seligkeit zu teil werden knne", einer Lehre, die in den
ersten Zeiten des jungen Christentums heftige Konflikte zwischen den

juden-christlichen

Siegfried

S. 398, 99.

Judent.

u.

Vgl.

in

und den heiden-christlichen Gemeinden hervorrief

d.

mehrfach angefhrten Werke Philo

Wendland,

Christent."

Die Hellenist.-rm. Kultur

in

v.

Alexandria",

ihren Bezieh,

z.

FESTSCHRIFT COHEN

556

da im Gegensatze zu dieser gesetzesfeindlichen Lehre auf jdischer Seite gerade der gesetzliche Teil der Lehre unablssig mit
sich steigerndem Eifer bis ins Extrem gepflegt und fortentwickelt
wurde. Seit Schamai und Hillel, deren Blte hundert Jahre vor der
Zerstrung des zweiten Tempels gesetzt wird, in deren unter dem
Namen Haus Hillel und Haus Schamai" bekannten Schulen, von
diesen bis Jochanan ben Sakkai, welcher, Zeuge der Tempelzerstrung,

und Titus dem Judentum und seiner


Lehre in dem zu Jamnia am Mittellndischen Meere gegrndeten
Lehrhause einen neuen geistigen Mittelpunkt schuf
sein Nachfolger
in Jabnah war Raban Gamliel, auf dessen Anregung eine neue griechische bersetzung der Bibel von Aquila verfat wurde'
von da
weiter bis Akiba ben Josef, von dem es heit, da er jedes Wort
und jeden Buchstaben der Schrift zur Auslegung der gesetzlichen
Bestimmungen gedeutet habe", und bis Juda Hanasi, dem Redaktor
der Mischna, der, nach einer berlieferung im Talmud und Midrasch,
mit Antoninus
vielleicht ist Marc-Aurel, der stoische Denker auf
dem rmischen Kaiserthrone, gemeint
philosophische Gesprche
gefhrt haben soll,
diesen zwei Jahrhunderte umfassenden Zeitraum zieht sich die lange Reihe der Tannaim hin, die an der Auslegung und Feststellung der mndlich berlieferten Gesetzeslehre unausgesetzt gearbeitet haben.
Und an sie schliet sich die lange
Reihe der Amoraim, der Verfasser der Gemarah, die gleichfalls
mehr als zwei Jahrhunderte die Halachah fortspinnen, unter ihnen
die Grnder der berhmten Schulen in Sura, Nehardea und Pumbedita,
bis das riesenhafte Werk
der babylonische Talmud
um das
Jahr 500 n. Chr. zum Abschlu gebracht wird.
War auch das Gebot der Erforschung des Gesetzes schon von
vornherein durch den Mosaismus seinen Bekennern eingeschrft worden, weil die Thora eine Fhrerin durchs Leben, die Wegweiserin
fr das sittliche Handeln zu werden bestimmt war, und hatte selbst
ein so abstrakt denkender und unter dem Einflsse der Platonischen
Ideenlehre stehender Geist wie Philo allen mosaischen Gesetzen, auch
den Zeremonial- und Ritualvorschriften, obwohl er hinter ihnen hhere
Wahrheiten verborgen sah, in ihrem buchstblichen Sinne dauernde
Verbindlichkeit zuerkannt, so ist die minutise oft haarspaltende Ausdeutung und Ausspinnung, welche die mosaischen Gesetze im Talmud
erfahren, so weitgehend, die Zune und die Zune der Zune", die
unter den Kaisern Vespasian

Vgl.

CasseL: Lehrbuch der jd. Gesch.

u.

Literatur" S. 169.

HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS"


aufgerichtet werden,

zum Schutze der Gesetze

man wohl

da

nicht

irrt,

so

55/

vielverschlungen,

wenn man annimmt, da gar manche

sptere Teile dieses weitmaschigen Netzes

nicht

ohne die bewute

Absicht einer Reaktion gegen den das Judentum verneinenden Paulinischen Antinomismus gesponnen worden sind.

darber wohl

seits

kaum

Und

wie

man

verschiedener Meinung sein kann,

einer-

da

ein

der auf diese minutise haarspaltende Arbeit verwandten

gut Teil

scharfen und reichen Geisteskraft theoretisch weit besser htte ver-

wendet werden knnen, so ist es andererseits kaum zu bezweifeln,


da diese jahrhundertelange Arbeit an dem Gesetzeswerke tatschlich einen Schutzwall fr den Bestand des Judentums gebildet und
zu seiner Erhaltung gegenber dem aus dem Alexandrinismus und
aus der spekulativen Lehre Philos erwachsenen dogmatischen Christentum nicht wenig beigetragen hat.

unmittelbaren Folgeerscheinungen des alexandrinischen

Die

Denkens und der philosophischen Spekulation Philos


gesehen haben, fr das

Durch

drohend gewesen.
ist

der einfache,

Urkunden

Judentum

ungnstig,

ja

zum

sind,

wie wir

Teil

gefahr-

die auf die Spitze getriebene Allegoristik

schlichte, vielfach poetische Inhalt der

oft entstellt,

mit fremdartigen Elementen

dadurch historisch verflscht worden.


stik eng verwachsene und durch sie

mosaischen

durchsetzt und

Durch die mit jener Allegoriin das Judentum knstlich hin-

eingetragene Spaltung des Gotteinheitsgedankens, durch die mit

dem

Mosaismus verwobene Lehre vom Logos als Mittler zwischen Gott,


der Welt und dem Menschen ist der Boden urbar gemacht worden
fr die Auffhrung des dogmatischen Lehrgebudes des ChristenWollte

tums.

man

jedoch,

angesichts

dieser

unbestreitbaren Tat-

sache, zu der Behauptung sich versteigen, da die groe bewunderns-

werte Geistesarbeit Philos fr die Dauer keinerlei frdernden Einflu


auf die Entwicklung und Weiterbildung des Judentums gebt habe,

wrde man nicht nur diesem groen Denker Unrecht tun, sondern wrde auch der geschichtlichen Fortentwicklung des Judentums

so

selbst

durchaus nicht gerecht werden.

Die geschichtliche Entwick-

bewegt sich hufig in vielfach


verschlungenen, schlangenfrmigen Linien, und wenn man ihr auf
diesen ihren Bahnen folgt, findet man, da durch die philosophische
Spekulation Philos das Judentum mittelbar eine groe Bereicherung
und Fortbildung erfahren hat.
Von den beiden Quellen, welchen, psychologisch betrachtet, das

lung

ist

sehr oft keine geradlinige.

Sie

FESTSCHRIFT COHEN

558
religise Bedrfnis des

Menschen entstrmt, deren

eine als der ethische,

werden kann,
dem jdischen Bewutsein und
die ethische
flo die erstere
der jdischen Lehre von vornherein sehr reichlich und ergiebig, whgroe Strecken weit entdie metaphysische
rend die andere weder gar nicht strmte oder nur stellenweise und vereinzelt hervorDie Tendenz und die Ziele des Judentums sind von Hause aus
brach.
die

andere

als

der metaphysische Trieb bezeichnet

Am

Anfang war die Tat." Dieses Wort darf


p-ewissermaen als Leitmotiv des Mosaismus betrachtet werden. Die
Thora ist eine Lehre des Lebens und seiner sittlichen Gestaltung.
Sie ist, wie es im Deuteronomium heit, nicht im Himmel und nicht
jenseits des Meeres, da man fragen knnte, wer steigt fr uns hinauf oder zieht hinber, um sie uns zu holen und verstndlich zu
machen; sie ist dem Menschen nahe, er hat sie im Munde zu fhren,
sie soll in sein Herz dringen, damit er sie erflle und bettige".
Und in konsequenter Fortbildung der Grundtendenz des Mosaismus
praktisch-ethische.

sind es auch bei den Propheten

in fortgeschrittener universalisti-

ethischen Ziele und Ideale, welche im


Vordergrunde des Interesses des Menschen und der Menschheitsgeschichte stehen. Wie im Mosaismus, wird auch im Prophetismus
der Mensch, seine Lebensaufgabe und seine Lebensziele stets zu Gott
in Beziehung gesetzt, und der Vollkommenheitsgrad des Menschen
an der Norm seiner Annherung an die gttliche Vollkommenheit,
an der Gotthnlichkeit gemessen. Aber diese Norm ist auch hier
Denn wie fr den Menschen das
fast immer die praktisch-ethische.
scher Ausprgung

die

Schwergewicht des Lebensinteresses in das Sittliche fllt, so ist fr


das Judentum auch sein Gott, um ein Wort HERMANN COHEN s zu
gebrauchen, der Gott der Ethik". Die dreizehn Eigenschaften oder

dem hchsten Wesen zuschreibt,


Tag in weihevoller Andacht in

Attribute, welche die Bibel lobpreisend

und welche
Israels

bis

auf den heutigen

Gotteshusern

rezitiert

ethischen Charakmit Gott geschlossenen Bund zum

werden, sind

alle

und wenn der Israelit seinen


Ausdruck bringen will, dann tut er dies mit den biblischen Worten:
Ich habe mich dir anverlobt durch Recht und Gerechtigkeit, durch
Gte und Barmherzigkeit, ich habe mich dir anverlobt durch Treue;
dies ist und bedeutet Erkenntnis Gottes."
Unstreitig ist diese ethische Gottesauffassung und des Verhltnisses des Menschen zu ihm erhaben und fr den Menschen heilbringend. Sie ist es auch, worin der Hauptgrund fr die Erhaltung

ters;

und Unzerstrbarkeit der jdischen Religion

zu

suchen

ist.

Allein

HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS,


sie befriedigt

nur

nur die eine Seite des religisen Triebes,

dem einen Verlangen


ein

kommt

der Gott suchenden Seele entgegen; die

andere Seite des religisen Triebes

und

sie

559

Empfinden

zu ihrem Rechte.

Und wenn

metaphysisch-mystische

Ahnens und Sehnens

gut Teil mystischen

innigen religisen

die

kommt

dabei nicht

in

jedem
gleicher Weise

liegt

in

einmal, wie in der Vision des Propheten

Ader des nach metaphysischer Gotteserkenntnis mchtig ringenden reHgisen Gemtes stark anschwillt, macht
dies auf das sonst in klaren ethischen Bahnen sich bewegende religise Bewutsein einen so ungewohnten fremdartigen Eindruck, da
Ezechiel, die mystische

talmudische Gesetzeslehrer allen Ernstes daran gedacht haben, das

Buch Ezechiel aus dem Kanon der heiligen Bcher auszuschlieen.'


Und doch hat und behlt der metaphysische Trieb des Menschen
einen Rechtsanspruch auf Befriedigung in der Gestaltung und im
Ausbau der Religion; ihm mu vollends Rechnung getragen werden,
wenn eine philosophische Betrachtung der Religion ermglicht werden, wenn eine Religionsphilosophie sich entwickeln soll. Nun ist es
aber gerade Philo, der fr den Aufbau und die Entwicklung einer
Religionsphilosophie im Judentum von magebender Bedeutung gewesen ist. Er zuerst hat durch seine Lehre, so sehr diese auch im
einzelnen von einer historisch richtigen Auffassung des Judentums ab-

nach einem Ausdrucke Siegfrieds, dem wir

irrte,

in

der nachfolgen-

den Darstellung des Philonischen Einflusses auf mittelalterliche jdische


Denker in vielen Punkten folgen,
die spekulative Saat ausgestreut",
aus welcher durch Vermittlung anderweitiger Doktrinen in spteren

Zeitperioden mannigfache Richtungen jdischen

schen Denkens emporgewachsen


in

verhltnismig frher Zeit

sischen

in

religionsphilosophi-

Abgesehen von dem schon


den Targumim und im palstinensind.

Midrasch hervortretenden vielfachen Einflu Philos,

ist

es

da die um die Mitte des dritten Jahrhunderts


n. Chr. entstandene, von Plotin in ein System gebrachte neuplatonische
die letzte Verfechterin griechisch-heidnischen Denkens
Philosophie

historisch gesichert,

um

als eine
Lehre
systematische Fortbildung und Vertiefung der von Philo vertretenen
Welt- und Gottesauffassung gelten darf.^ In beiden wird als Endziel
des Menschendaseins das unmittelbare Schauen Gottes, als das ein-

gegenber der

sich

greifenden

christlichen

'

Talmud

Vgl. Zeller, Philos. d. Griechen" 111,2.

d. Phil."

TeU

i.

Babli Trakt. Chagiga pag. 13*.

berweg, Grundri d Gesch.

FESTSCHRIFT COHEN

560

Askese und
Von wie groem Einflu
Entstehung und Entwick-

zige Mittel, zu diesem hchsten Ziele zu gelangen,


die

Abttung der

Sinnlichkeit

hingestellt.

aber die neuplatonische Philosophie auf die


lung der Kabbalah

die

der mittelalterlichen jdischen Geheimlehre

gewesen ist, ist von Isaac Misses in seiner Schrift Zofnat Paneach"
eingehend nachgewiesen worden.^ Neben diesem mittelbaren Einflsse Philos auf die Kabbalah machen sich auch direkt viele Berhrungspunkte beider bemerkbar. Bei beiden sind dieselben Grunddie allegorische neben und ber der
stze der Schriftauslegung
anzutreffen.
Nach der Kabbalah
buchstblichen des Wortsinnes
ist, ebenso wie nach Philo, das Wesen Gottes auf begrififlich-wissenschaftlichem Wege unerkennbar, whrend das unmittelbare Schauen
Gottes auf dem Wege der Selbstentuerung und Extase als dem
Weisen erreichbar bezeichnet wird. Philo gebraucht zur Bezeichnung
Gottes als des alles umfassenden hchsten Wesens den Begriff tottos,
den Begriff des unbegrenzten Raumes; ganz dementsprechend beauer mit dem Namen En Soph"
zeichnen die Kabbalisten Gott

das Grenzenlose
die in

manche

mit

dem

Raumbegriffe DIpO, eine Bezeichnung,

unserer Gebete Eingang gefunden hat.

Die aus der

]'''ir|
Kabbalah bekannten beiden Hauptattribute Gottes
nip
das Attribut der richtenden Herrschergewalt und
und D^on"in mo
das der Gte und Barmherzigkeit, stammen aus Philo, bei dem sie
nicht oft genug als die beiden Hauptseiten des gttlichen Waltens
Und da die Auffassung dieser
hervorgehoben werden knnen.
Attribute Gottes als von Gott gesonderter gttlicher Krfte aus der
Kabbalah in die spteren jdischen Religionsvorstellungen eingedrungen ist, wird unzweideutig dargetan durch ein in die Neilah-

andacht des Vershnungstages eingeschaltetes Gebet, welches an die


Q''pnnri rnip
an die gttliche Barmherzigkeit gerichtet, diese an-

vor

fleht,

dem Throne

Gottes als Frsprecherin fr uns sich nieder-

zuwerfen und Gnade zu erbitten.

Den

vermittelnden Krften Philos,

im Logos ihren zusammenfassenden einheitlichen Ausdruck finden,


entspricht die Lehre von den Sephiroth im Sohar, dem um das
Jahr 1300 von dem spanischen Juden Mose de Leon im Anschlu an
viel ltere Anschauungen niedergeschriebenen Hauptwerke der Kabbalah.
Auch bei der Schpfung wird hier, wie bei Philo, zwischen
der vorerst im gttlichen Geiste planmig entworfenen gedachten
Welt und der nach diesem Plane erfolgenden Ausfhrung derselben
die

'

MISSES: Zofnat Paaneach od. b. d.jd. Geheimlehre". Krakau 1862,63.

HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS

Wie

561

und noch viel ausgesprochener bei den


Neuplatonikern, wird auch in der Kabbalah die Entstehung der Welt
aus Gott emanatistisch, d. h. als Ausstrahlung und stufenweises Hervorgehen des Geringeren aus dem Hheren" aufgefalit. Die Platonische Prexistenz der Seele vor ihrer Verbindung mit dem Krper
lehrt die Kabbalah ebenso wie Philo.
In der kabbalistischen Ethik
unterschieden.

gilt,

wie

sehen

in

in

bei Philo

der Philonischen, die Materie

als

Quelle des Bsen. Beide

der Bekmpfung und berwindung

der Sinnlichkeit das

den Weisen, sich von der bedrckenden erniedrigenden Erdenlast zu befreien und zum Schauen Gottes, zur Vereinigung
Sind, wie wir gesehen haben, bedeutende
mit ihm sich zu erheben.
Einwirkungen der Spekulation Philos auf die kabbalistische Richtung
der jdischen Religionsphilosophie nachweisbar vorhanden, so hat
Philo teils durch Vermittlung der Neuplatonischen, teils auch durch
einzige Mittel fr

den Arabern und Juden sich verbreitenden Aristotelischen Philosophie, auch auf andere jdische Religionsphilosophen
des Mittelalters einen groen Einflu gebt. Der um die Mitte des
elften Jahrhunderts in Spanien lebende Dichter und Denker IbnGebirol, nach Sal. MunKs Entdeckung, identisch mit dem den christlichen Scholastikern als Verfasser der Schrift Fns Vitae" unter dem
Namen Avicebron bekannten und von ihnen fr einen Araber gedie der spter bei

haltenen Philosophen,* zeigt


in

Weicht

auch

erscheint

in

Gottes, gleich

und

dem

auch

bei

ihm der

Wille

oder

das

Wort

Philonischen Logos, mit schpferischer Kraft aus-

was

Schriften angeht,

Philo.

der Theorie von der Materie von diesem ab, so

andererseits

gestattet,

auf neuplatonischer Basis ruhen-

manchen Grundgedanken groe hnlichkeit mit

den Lehre
er

in seiner

ist

Methode der Auslegung der biblischen


auch bei ihm wie bei Philo die Allegoristik vordie

herrschend.

Und wenden wir uns endlich, mit bergehung anderer jdischer


Denker, zu dem bedeutendsten jdischen Philosophen des Mittelalters

zu Moses Maimonides

so finden wir bei

ihm sowohl

in

der

Grundtendenz seines Philosophierens, wie in einzelnen seiner Lehren,


zahlreiche und groe bereinstimmungen mit unserem alexandrinischen Denker Philo, die einen unverkennbaren Einflu des letzteren
auf ihn verraten. Auch bei Maimonides ist die Grundtendenz des
Philosophierens darauf gerichtet, zwischen Glauben und Denken eine
Vershnung herbeizufhren. Mit seinem Denken in der Aristotelischen

'

Salom. Munk.: Mdlanges de philosophie

juive et arabe", Paris 1859.

36

FESTSCHRIFT COHEN

562

Philosophie wurzelnd, mit seinem Herzen und Gemtsleben

tum

dem Juden-

von seiner
Platonisch-Stoischen Basis aus getan, die Lehren des Mosaismus und
des Judentums mit der Weltweisheit des groen Denkers und Systematikers von Stagira in Einklang zu bringen, entscheidet sich aber
in den Fllen, in welchen die Kluft zwischen Aristoteles und der
treu ergeben, versucht er, wie unser Alexandriner dies

Bibel eine unberbrckbare

ist,

zugunsten der geoffenbarten mosai-

schen Lehre, deren Autoritt er


geschmlert gewahrt wissen will.

in

den

So

erklrt er die

religisen

Grundfragen un-

Lehre des Aristo-

von dem Ungewordensein der Welt, von der Ewigkeit des


Kosmos, als eine mit der mosaischen Schpfungsberlieferung unvereinbare fr unannehmbar.^ Dagegen ist er in all den Fllen, wo
die Kluft zwischen philosophischem Denken und biblischen berlieferungen nicht unberbrckbar ghnt, unablssig bemht, die letzteren vernunftgem zu deuten, wie dies besonders bei der Erklrung

teles

biblischer

Wundererzhlungen und

geschieht.*

durch

Ist

Auffassung der Prophetie

der jdische Aristoteliker Maimonides hierdurch wie

andere Versuche eines Ausgleichs zwischen Vernunft und

viele

Glauben,

in seiner

in

seinem religionsphilosophischen Hauptwerke

Dem

Fhrer der Irrenden"


im Gegensatze zu dem nach Seiten der
Mystik neigenden Philo, der erste Begrnder einer rationellen jdischen Theologie geworden, so begegnet man andererseits bei ihm

mancher Auffassung

religiser Grundbegriffe, die mit der Philonischen

Auch

eine groe hnlichkeit zeigen.


los

und unerkennbar ;3 auch nach

greift

Gott nicht unmittelbar

sondern bedient sich dazu

oder Engel".

als

in

fr ihn

ist

Gott eigenschafts-

und Weltauffassung
die Dinge der irdischen Welt ein,
seiner Gottes-

vermittelnder Krfte der reinen Geister"

Gott schafft nichts", heit

es,

unter Berufung auf

More Nebuchim,
alles, was der Geist

einen Ausspruch der Rabbinen, an einer Stelle des

ohne auf die obere Familie hinzuschauen",'* d. h.


Gottes ins Dasein gerufen, ist, um mit Plato zu reden, im Hinblick auf

Welt der Ideen, oder um der Ausdrucksweise Philos zu folgen, mit


Hilfe einer von dem hchsten Wesen ausstrahlenden gttlichen Kraft
eines Logos
geschaffen worden. Ferner begegnen wir bei Maimonides, hnlich wie bei Philo, einer doppelten Deutung von Bibelstellen,
die

'

^
t

More
More
More
More

Neb. II, c. 25, vgl.


Neb. II, 3945.
Neb. I, 54.
Nebed. Stern II, c.

III, 25.

6.

HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS-

563

nach dem Wortsinn, der sich der


beschrnkten Auffassung der Menschen anbequemt, und der allegowelche die bereinstimmung des
nach dem Schriftsinn
rischen
mosaischen Gesetzes mit der Vernunft und der Wissenschaft dartun
will/ Hat Philo, wie wir gesehen haben, trotz der hheren Bewertung
des allegorischen Sinnes, die Verbindlichkeit des Gesetzes auch nach
seinem buchstblichen Sinne scharf betont,^ so hat Maimonides neben
seinem More Nebuchim"
dem groen religionsphilosophischen Werke,
auch

ihrem gesetzlichen

in

Teile, der

welchem

Judentum und

Lehren vernunftgem zu begrnden sucht,


das riesenhafte halachische Werk Jad-Hachasakah
verfat, welches den ersten, das ganze mosaische und talmudische
Gesetz umfassenden und in systematischer Ordnung darstellenden
Kodex bildet. Ist es aber auch bei diesem alle ritualgesetzlichen
Gebote und Verbote ausnahmslos kodifizierenden Werke fr die
Geistesrichtung seines Verfassers charakteristisch, da die beiden
in

er das

seine

ersten der vierzehn Bcher, welche es enthlt, die Titel Erkenntnis"

und Liebe" fhren, so beweist der Umstand, da derselbe Maimonides, der der erste Kodifikator der jdischen Gesetzeslehre gewesen
des Judenist, zugleich auch der erste systematische Dogmenlehrer
tums war, augenscheinlich, da ihm die ethisch -gesetzliche Seite
der Religion nicht das ganze Wesen der Religion ausmachte, da

ihm vielmehr der Ausbau auch der metaphysischen Seite

man

sie

vom Standpunkte

oder, wie

des allgemeinen Bewutseins nennen kann,

der Seite des Glaubens, fr das

Wesen

der Religion als unentbehr-

Maimonides hat bekanntlich jene dreizehn Glaubensstze


oder Dogmen in das Judentum eingefhrt, welche, wenn auch spter
eine Reduktion derselben auf drei oder gar auf einen unternommen
worden ist, so sehr in das allgemeine religise Bewutsein der Juden
eingedrungen sind, da sie als Anhang zur tglichen Morgenandacht
in die Gebetbcher aufgenommen wurden und von gar manchen
Strengglubigen bis auf den heutigen Tag nach Schlu des Morgen-

lich galt.

gebetes

Ob

rezitiert

dieser

werden.

von Maimonides

in

das von Hause aus dogmenfreie

Judentum hineingetragene Dogmatismus fr dieses einen Fortschritt


zu bedeuten hatte, kann zweifelhaft erscheinen. Doch um diese Frage
handelt es sich hier ebensowenig wie darum, ob durch die Lehre

^
^

More Neb. II, 26.


Philo De migratione Abrahami

S.

Stelle betreffenden

16,

8993 und

vgl. die

Anmerkungen.
36*

oben diese

FESTSCHRIFT COHEN

564

und die durch dieselbe zutage getretene vernderte Auffassung


des Mosaismus und seines Lehrinhaltes fr diesen ein unmittelbarer
Gewinn zu verzeichnen gewesen ist. Hier war es hauptschlich um
den Nachweis zu tun, da in beiden Fllen neue Entwicklungsstadien
des Judentums wahrzunehmen sind, die durch den jedesmaligen Zeitgeist und die die Zeit beherrschenden Strmungen notwendig bedingt

Fhilos

Ebenso wie das innerhalb der christlichen "Welt des


Mittelalters zu immer schrferer Betonung gelangte Glaubensprinzip
auf die durch Maimonides vollzogene Einfhrung einer Dogmatik in
das Judentum hingewirkt hat, und ebenso wie derselbe Maimonides
durch den seine Zeit in der Scholastik sowohl wie im Arabertum begewesen

sind.

herrschenden Aristotelismus zu seinem groen religionsphilosophischen


Werke getrieben worden ist, in welchem der Versuch einer Ver-

shnung zwischen Glauben und Wissen, zwischen Judentum und


Aristotelischer Lehre unternommen wurde, ebenso war mehr als ein
Jahrtausend vorher unser Philo durch den seine alexandrinische

Epoche beherrschenden Geist zu einer Amalgamierung des Mosaismus mit der Platonisch-Stoischen Philosophie veranlat und gedrngt

durch den Alexandriner und


fremdartige Elemente in
durch den mittelalterlichen Aristoteliker
das Judentum eingedrungen, die mit seinem ursprngUchen Wesen
worden.

sich

Sind

nicht

auch durch beide

organisch

verbinden zu knnen

schienen, so

ist

doch

durch beider Lehren das Judentum bereichert, zu grerer VielseitigUnd fragt man, wer zuerst
keit entwickelt und gestaltet worden.
die dem Judentum ursprnglich fehlende metaphysische Seite der
Religion fr dasselbe angebaut und dadurch auch die spteren Ent-

wicklungsphasen der jdischen Religionsphilosophie angebahnt hat,


so wird unstreitig der Name Philos genannt werden mssen, als desjenigen groen jdischen Denkers, dessen Einflu auf die spteren,
zwischen Glauben und Wissen, zwischen Judentum und Philosophie

vermittelnden Denker ein unverkennbarer

ist.

Es

zeigt sich hier nicht

minder deutlich als sonst berall, da das allmchtige Gesetz der


Entwicklung, dem alles in Natur- und Geistesleben unterworfen ist,
auch die Erscheinungsformen der Religion und ihres Lehrinhaltes unausgesetzt beherrscht, und da insbesondere das Judentum unter der
Herrschaft des Entwicklungsgesetzes gar mannigfache Umbildungen

und Vernderungen erfahren

hat.

Auf seinem jahrtausendelangen

hat das Judentum im Mosaismus


und Prophetismus, im Talmudismus und kabbalistischen Mystizismus,
in rationaler Religionsphilosophie und im Dogmatismus verschiedene

Gange durch

die Weltgeschichte

HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS,

565

und unter all den mchtigen Einflssen, welche auf seine Fort- und Umbildung eingewirkt haben, gehrt der durch die Berhrung mit dem Griechentum, die zuerst in
der alexandrinischen Periode und in deren Hauptvertreter Philo zur
Erscheinung kommt, unstreitig zu den folgenschwersten und, trotz
wechselnder Formen, dauernd wirksamsten.
Man begegnet in Schriften evangelischer Theologen des ftern
der Bemerkung, da den alexandrinisch- hellenistischen jdischen
Denkern von jdischer Seite nicht die ihnen gebhrende Anerkennung zuteil geworden ist, whrend von Seiten der christlich-theologischen Forscher ihre Verdienste in vollem Mae gewrdigt worden
besonders
seien.
Es mu zugegeben werden, da dieses Urteil
hinsichtlich Philos manches Zutreffende hat, und da hier von
jdischen Forschern lngere Zeit Versumtes erst jetzt wieder nachErklrt sich auch die Vergeholt wird und noch nachzuholen ist.
schiedenheit der von christlicher und von jdischer Seite dem groen
alexandrinischen Denker gewordenen Anerkennung aus der Verschiedenheit der unmittelbaren Einwirkung seiner theosophischen Lehren
auf Christentum und Judentum, so darf doch andererseits der tiefgreifende und weitreichende mittelbare Einflu, wie des alexandriEntwicklungsstadien durchlaufen,

nisch-jdischen Hellenismus berhaupt, so insbesondere seines philo-

sophischen

Hauptvertreters,

auf

die

sptere

Ausgestaltung

und

Entwicklung der jdischen Theologie und Religionsphilosophie nicht


Bei der Wrdigung Philos als jdischen
unterschtzt werden.
Denkers mu auch seine Verehrung fr die ethischen Lehren des
Mosaismus, seine begeisterte Hochschtzung der sozialen Gesetze der
Bibel, welche, wie er sagt, die Begterten lehren, von ihren Gtern

den Drftigen mitzuteilen, und die Armen trsten, da eine Zeit fr


sie kommt, wo sie nicht an den Tren der Reichen zu betteln brauchen,
wo mit Eintritt des siebenten Jahres die Witwen, Waisen und alle
Enterbten wieder begtert werden", immer von neuem scharf betont
und hervorgehoben werden. Es mu darauf hingewiesen werden,
da das biblische Gebot Heilig sollt Ihr werden, denn heilig bin ich
der Ewige, Euer Gott" Philos ganzes Denken und seine gesamte
allerdings oft in einem dem
Lebensauffassung beherrscht, da er

unabJudentum ursprnglich fremden gesteigert asketischen Sinne


lssig auf Entsinnlichung, auf Abwendung von allem Endlichen und
Vergnglichen dringt und zur weihevollen Heiligung des Lebens
durch Tugend, Lauterkeit der Gesinnung und Gerechtigkeit mahnt.
Erschien er uns in seinen kosmologischen und theosophischen An-

FESTSCHRIFT COHEN

566

schauungen vielfach mit den Grundanschauungen des Judentums in


Zwiespalt geraten, so sehen wir ihn, trotz seiner asketischen Tendenz,
oft auf den Pfaden der groen Propheten Israels einhergehen und
mit

ihrem

den Menschen den, wie er


zeigen, der zu Gott und zur wahr-

Feuereifer, ihrer Begeisterung

ihn oft nennt, kniglichen"

Weg

haften Glckseligkeit emporfhrt.

obwohl sie jeder Mystik und Dogmatik


in der Religion abgeneigt ist, auch von uns modernen Juden, die wir
in der Rckkehr zum Prophetismus den wahren Fortschritt des
Judentums, in der mosaisch-prophetischen Gotteinheitsidee und der
auf diese sich grndenden Sozialethik die Brgschaft fr dessen
Fortbestand erblicken, darf der Wert und die geschichtliche Bedeutung des jdischen Alexandrinismus und der Spekulation Philos
Denn sie zuerst haben die beiden grten
nicht verkannt werden.
das Judentum und das
geistigen Kulturfaktoren der antiken Welt
Durch
in nahe Berhrung mit einander gebracht.
Griechentum

Auch

in

unserer Zeit,

die alexandrinisch-hellenistische Kulturepoche

griechische Genius auf

dem

ist,

wie einerseits

der

Gebiete von Philosophie und Kunst, so

Judentums auf dem Gebiete der Religion


und Sittenlehre zum Lehrer der Vlker zum Bildner der zivilisierten
Menschheit geworden. Die an den Namen des Groen Alexander
sich knpfende Geschichtsepoche hat und behlt fr alle Zeit das
Verdienst, wie dem Geist der Schpfungen der alten Griechen, so
dem des alten Israel, an Stelle der national begrenzten, eine
universelle Bedeutung und Wirkungsfhigkeit verliehen, das Judentum der Diaspora insbesondere zu dem gemacht zu haben, was
Adolf Deissmann in seinem Licht vom Osten" betitelten Werke
andererseits der Genius des

so treffend mit

dem Namen Weltjudentum"

tum, das nicht

in

und

bezeichnet, ein Juden-

nationale Isoliertheit, nicht in ein religis-politisches

gesellschaftliches Ghetto zurckzukehren, sondern die Weltkultur

aufzunehmen und an ihrer Frderung mitzuarbeiten, seinerseits aber auch die Welt mit seinen religis-ethischen Ideen zu durchdringen und das uralte Erbe der Gemeinde Jakobs zum Gemeingute
der Menschheit zu machen bestimmt ist.

in sich

Das Gesetz der Entwicklung hat, wie berall, so auch hier, seine
unbezwingbare sieghafte Macht bewhrt. Die Geschichte des Judentums und

seiner

Lehre

zeigt

der Religion nicht minder,

als

unverkennbar, da

auf

dem

Gebiete

auf allen anderen Gebieten geistigen

HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS

und

kulturellen

tion

nicht

Lebens eine gesetzmig

zerstrend, sondern erhaltend,

56/

sich vollziehende Evolu-

nicht

verneinend, sondern

und bereichernd wirkt. Von Hause aus allem Mystizismus nicht nur, sondern auch jeder philosophischen Spekulation fernstehend, hat das Judentum und seine Lehre es verstanden, dem Geiste
der Zeiten folgend, auch diese befruchtenden und ideell bereichernden Geisteselemente in sich aufzunehmen und zu verarbeiten, und
dabei den Kern und das Wesen des alten ursprnglichen Lehrinhaltes unverlierbar zu bewahren. Was diesen reinen alten Lehrfortbildend

oder zu entstellen drohte, wurde im Laufe der


wieder ausgeschieden, teils in andere Formen umgegossen,

inhalt zu verflschen

Zeiten

teils

den ewigen, unvergnglichen Wahrheiten der Lehre sich anzupassen vermochten.


die

Und was von


hat,
ist

das

und

gilt

auch

der jahrtausendelangen Vergangenheit gegolten


die

fr

Gegenwart und Zukunft.

bleibt entwicklungsfhig.

Das Judentum

Antimodernisteneide und jede Art

erzwungenen, das Gewissen des Menschen bindenden und bedrckenden Glaubensbekenntnisses sind dem Wesen des Judentums, das

schon

in

der Urzeit die Fernhaltung von jeder Unwahrhaftigkeit ge-

boten hat, vllig fremd.

Nicht aus einem feindlichen Kampfe gegen

moderne Wissenschaft und die auf gesicherter wissenschaftlicher


Erkenntnis beruhende moderne Weltanschauung, sondern aus einer
Berhrung und Durchdringung mit ihnen erwchst dem Judentum
die

Strkung seiner Lebenskraft. In einer gesetzmig fortschreitenden Entwicklung liegt fr das Judentum die Brgschaft seiner Erhaltung und des dereinstigen Sieges der vor Jahrtausenden von ihm

verkndeten Wahrheiten
sozial-ethischen Ideen.

des Einheitsgedankens und der groen

Meschullam

Kalonymos' Polemik gegen

b.

die

Karer.

Von

Meschullam
'rn

Fhrern

Kalonymos

b.

A. Freimann.

Mose

b.

^ptr ',

genannt der Groe oder

gehrt zu den hervorragendsten und angesehensten

vf>',

Von Narbonne

der zweiten Hlfte des X. Jahrhunderts.

in

man

Das
RabbinatskollegiuminArles bittet um seine Entscheidung^. R. Gerschom
b. Jehuda, Meor ha-Golah, sagt von ihm: 'oi ri'D inj spc i:ri7'5 und
aus wandte

sich

Raschi nennt ihn

an M.

in

einer zivilrechtlichen Frage'.

r\f>i'o.^

Die von M. verfaten Gutachten

weite

Verbreitung 7.

Deutschland und Frankreich


den Synagogen galt als Brauch der

Seine liturgischen Poesien haben sich


eingebrgert; deren Vortrag in

fanden

in

niemand durfte ungestraft an diesem Herkommen rttelnd


Aus seinem Kommentare zu Abot fhrt Aruch? ein lngeres Stck an.
Von auerordentlicher Bedeutung ist Meschullams Polemik gegen
Alten",

die Karer, die hufig angefhrt wird:


I.

ifjpP'i

pst

a"yp
r'rC'

Verbote No. 66 (Venedig 1547 f


^f>^^:v

XXVII,

No. 123.

'

tn^yt pn'pTih pip'iiip

'3-)D;

Zur Literatur ber M.

vgl.

I.

Freimann,

Jiyr

Vpir 'ist,

Sabbat 73 ^
Mt)LLER, Responsen des R. M., Berlin
crpp 'p (Krakau) N. 607.

s. V.

3'Cr>i

und Nizzachon von R. LiPMANN aus Mhlhausen


Diese Anfhrung findet sich in unserer Vorlage No. 4.

i:'3i

Vgl. weiter 573 Anmerk. i.


C':ir7p D':if>a poitp N. 140.

cSicr

daraus Hagah. Maimoniot

Einleitung

XXIV.
'

23'')

f.

15^,

7j;p

Mordechai BB. N.
ed. Buber, N. 28.

ed.

Kohut

VI, 93.

663.

1893.

zum Siddur Raschi

FESTSCHRIFT COHEN

570

hh

ifj'ipr
'iDi

Ende

No.

in

u.

'ri

2.

od

'prrti

pi)'':i^p

vgl.

pir>':iip;

r^'f'-Jt

ciicr

")3

ersichtlich,

dazu No.

7iri

aus No.

i^h

... rpro.

Krakau No.

3'pD :pri

S'tni

Beweisfhrung, die sich


C'7'pp 'p

11 57

unserer

No. 271 und 408,

in

der

p-)rvv

(1147),

p'ri r": ciitr


in

gegen

polemisiert

1 1

icr:3 'D

'p

pd

pfr

t?c

p'-jpif'

hat.

Lev. XXIII,

zu

8.

No. 3 mit den Worten

6. O'7'pp

....

Aus Nizzachon

in

357'

i:'3">

3.

-)pp

cpif'

c^icr

'3-)3

No. 105
da R. LlPMANN die Beweisfhrung aus No. 9
ist

bernommen

Esra

Ibn

220=*):

i:'3-)

Diese Anfhrung

p.

(f.

fhrungen M.

....

ptp

rn

3'tr>

Nizzachon von R. LlPMANN aus Mhlhausen No. 66:

'?37i

stillschweigend

t^Ti

i:'3-

vo'pm

ist

5.

cSicr

'r^

liispf

"5r)C

t:p

Gebote No. 199

y'rp

rptr
4.

123^^):

(f.

Dieses lange Zitat findet sich

piP'iiip.
3.

Gebote No. 47

a"rp

2.

r'f''^

i''3D

nimmt auf No.

i:'3'?

d'W wicpr

Vorlage nicht

Ausgabe

die

Aus-

Tn3 psn
5

Bezug:
Diese

pf.

findet, wird

Berlin No. 622

im

und 1296

wiederholt.

Die folgenden neun


No. 32 f.

38''

39*

antikarischen

enthalten.

PozNANSKi

I.

sind

im Cod. Vat.

Q. R. X., 275 weist auf


gesehen, aber nicht lesen knnen
J.

EPSTEIN hat sie


XXVII, 84). Es ist mir gelungen, den Text nach

dieselben hin, A.
(R. E.

puitp

einer

gebe denselben
wort- und buchstabengetreu wieder. Unerlliche Korrekturen sind
durch runde und eckige Klammern, unleserliche Buchstaben durch
Punkte angedeutet.
Photographie

nahezu vollstndig zu

1 nr^Dnn nin

O'Ti-'Do:)

'DO

'p's

entzifiern,

bi^t:^

'>iDi'o D"'io Tjzzri iiD^:s


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ich

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'C^iinn iid'>:s

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Sr

iJirSi:?

'sS

Angefhrt im j"rp Gebote No. 47 (Venedig 1547, f. 123*=), die Beweisfhrung stimmt mit der von R. Chananel (if'iop hliV p. 33) berein.
* I Samuel, XX, 24; 26; 27.
'

Verschrieben fr opit5

i)).

FREIMANN, MESCHULLAM

Olipr ipS"!

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B.

O.

XXX,

2.

j'rp hat hier noch

Num.

Vgl. Pessachim

^ytt'i'o j'Cir -JOir oilJji '3.

IX, 10.

sie!

Lies: D't7lpr.

f.

79".

FESTSCHRIFT COHEN

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XXIII,

O. 32.

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O. 24.

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3.
f'i.

a, a.

O.

15.

O. 39.
Angefhrt im j'>p Gebote No. 199
Jos. IV, 19.

O. V,

II.

Lev. XXIII,

14.

(f.

220*).

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cplip.

8 Levit.

"

d^'o

['pTr)

Sanhedrin 11*.
Hier schliet das Zitat im j"rp
Exod. XXXIV, 22.

6 Ps.

::ia*:;n

"?i3::r r737i 7ni:; jt?':^

Chron.

^ lies:

711:7

[771:3:7

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"'r^TJiyi

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T^y^
"]i:77

"'ri71

j'7'T'p piDio VII, ii, im


Gersons zu Josua zur Stelle und in Nizzachon von R. LiPMANN aus jMhlhausen No. io6. Gegen Meschullam polemisiert ibn Esra im
Kommentar zu Lev. XXIII, ii: f'ii 'li'pi piir PPEt^ p-^prP ri'f? f'^O 'mD crpi
Vgl. Monatsschrift XLI, 205.
'1D1 f'ir 1Cr:3 'O r7'.
2 Exod. XVI, 29.
3 Angefhrt im j"pp Verbote No. 66 (f. 23^), daraus Hagah. Maimoniot p3C
Brll in Graetz Jubelschrift S. 191, No. i
XXVII, I und Nizzachon No. 123.
^

Dieselbe Beweisfhrung bei Maimonides j'Epin

Kommentar Levi

b.

hlt diese Stelle irrtmlich fr antichrisich!


4 Jes.

LXVI,

Fehlt

Erubin

in

23.

17'^.

O. 5r\
Exod. XVI,

' a. a.

29.

O. XXI,

13.

XLVI,

der Vorlage und wurde nach

8 a. a.
9

3.

4"t>P ergnzt.

FESTSCHRIFT COHEN

574
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Num. XXXV,

Vgl.

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5.

Geschichte der Juden, V, Note 17, Anmerk. 4^


aus der Petersburger Bibliothek jv)r^ p. 8 und Poz-

in Graetz,

Neubauer,
E. J. XLIV, I74ff.

Lev. VI,

MeschuUam

'Tjn 133:7

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26, 27.

Harkavy

Aufl. S. 483),

NANSKI

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b.

Vgl. ibn

5 Exod. XIII, 7andere Widerlegung im


hat
eine
No. II 53 (1147)

5.

Kalonymos.
Esra zu Lev. VII,

18,

NEUBAUER

a. a.

O.

p.

24

u. 42.

Namen

R.

FREIMANN, MESCHULLAM

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B.

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Exod. XXIX,
Lev. VIII, 25.

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III, 9.

Num. XVIII,

6 sie!

30.

Lies: r>P'r

Vgl. Raschi Exod.

Mu

f'i.

XXIX,

wohl heien: 73i

Lev. VII, 23.

"

ChuUin

22.

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117', Keritot 4.

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22.

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FESTSCHRIFT COHEN

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Vgl.

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p. 54,

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J.

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XLV,

60 ff. und

Nizzachon No. 143 Ende.


' Deuteron. XXV,
5.
4

Band

Genes. XXXVIII,

s a. a.

O.

10.

<"

a. a.

O.

XXVI,

Lies: oorr ii

II,

S. 80,

Lies

Vgl.

5.

PC

v:3 iu tri

f'iioi f'ic vj3

i:>''

Vgl.

ff'iv r:'(>v

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80.

C ']p |'31 "p |'31. Vgl. Jebamot 92^.


Neubauer a. a. O. p. 27 und 46 und Poznanski

plpioi

p. 174 Anm.
Lev. XVIII, 9.

Gedenkbuch
10

Note

8.

in

Kaufmanns

2.

"

ibid. 10.

'' ibid.

16.

FREIMANN, MESCHULLAM

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Josua XV, 17.


Temura 16^ und Raschi z.

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31^31

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Vgl. Sota

ii'',

St.

Halochot Gedolot ed. Hildes-

p. 609.

Esra II, 61 vgl. Nehemia VII, 63.


Angefhrt im Nizzachon No. 66 im Namen R. Meschullam

Vgl.

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KALONYMOS' POLEMIK GEG.

B.

Neubauer

a. a,

O.

p.

23 und

47,

Poznanski

a. a.

Kalonymos.
und
p. 176

b.

O.

fif.

Nizzachon No. 105 Ende.


7

74a

Chullin
Genes. XV, 4.

Vgl.

IlSam. XVI,

f.

II.

'

Genes. XVI,

11.

"

Rieht. XIII,

5, 7.

"

Lev. XXII,

27.

Nizzachon

a. a.

O. weist irrtmlich auf Jes. VII, 14 hm.

'3 ibid.

28
37

FESTSCHRIFT COHEN

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Diese Zeile bezieht sich wohl auf das folgende Tischgebet, welches im
Ozar Tob (hebr. Beilage zum Magazin 1878) S. 016 abgedruckt wurde. Demnach widmete Juda b. Mose dieses ptpr> P'Zn'i R. Uri Schrago b. Levi; vgl.
^

Zunz Bemerkungen im Magazin 1876,

S. 52

53!

Die Wertschtzung der Arbeit

in Bibel

und Talmud.

Ein Vortrag.

Von

S.

KAlischer-B erlin.

Sagen und Dichtungen der alten Vlker des Morgen- wie des
Abendlandes knden von einem Paradiesesdasein, von einem

Die

goldenen Weltalter, wie es in dem griechisch-rmischen Sagenkreis


genannt wird, von einem Zeitalter der Unschuld und des berflusses.

Erde Frchte hervor; es


flssen Milch und Nektar in Strmen dahin und aus grnender Eiche
Und dieser Segen und Frieden
trufelte gelb der Honig hervor.
der Natur beseelte auch das Menschengeschlecht, es kannte nicht
Not noch Arbeit, nicht Furcht noch Hoffnung, nicht Begierde noch
Kampf, oder wie Schiller im Geiste des griechischen Mythos das
Unbearbeitet,

so

goldene Zeitalter

singt

Ovid,

brachte die

darstellt:

Erst regierte Saturnus schlicht und gerecht,

Da war es heute wie morgen,


Da lebten die Hirten, ein harmlos Geschlecht,
Und brauchten fr gar nichts zu sorgen;
und taten weiter nichts mehr.
Die Erde gab alles freiwillig her.
Allein wir Modernen denken bei jener mythischen Zeit im allgemeinen nicht an Hesiod oder Ovid, sondern an die biblische Erzhlung vom Garten Eden, den wir nach der griechischen BibelSie liebten

bersetzung Paradies nennen.


Freilich

hat die Wissenschaft

Urzeit lngst in das Reich der

alle

Trume

Vorstellungen einer solchen

verwiesen;

sie gestattet

keinen

da Mhe und Kampf, Not und Tod des Menschen stete


Begleiter von Anbeginn seines Daseins waren. Aber dennoch oder
ebendeshalb kommt die biblische Erzhlung, bei allem Farbenspiel
Zweifel,

der Phantasie, der Wirklichkeit nher

als

alle

anderen Dichtungen
37*"

FESTSCHRIFT COHEN

580

Nur ein Menschenpaar erfreute sich des unschuldvollen


paradiesischen Glckes, und wie kurz whrte es! Gleichsam einen
Augenblick nur lebte das erste Menschenpaar jenseits von Gut und
dieser Art.

Bse,

kaum

und

Schuld,

wir

die

Mensch ohne

Dasein

ins

ihm

freilich

die Frucht

gerufen

belastet

war

einer

mit einer

gern verzeihen: denn was wre der

vom Baume

Und

der Erkenntnis!

Tat, von der die Bibel nach der Vertreibung aus


richtet,

sich

es

der schrecklichsten Frevel,

dem

die

die erste

Paradiese be-

das Menschen-

geschlecht kennt, und noch heute haben wir fr eine solche Freveltat

keinen

mchtigeren Ausdruck

anlehnenden, da

sie

zum Himmel

Aber im Paradiese

selbst

als

den sich an den biblischen

schreit.
ist

dort das

Leben

als

ein

ses

von dem rmischen Dichter,


wie wir es von dem griechischen Snger durch den Mund Schillers
vernommen haben? Keineswegs. Vielmehr heit es in der Schrift:
Gott brachte Adam in den Garten Eden, da er ihn bearbeite und
pflege (Gen. i, 15).
Arbeit war also nach der Bibel die Aufgabe des
Menschen von dem Augenblicke, da er ins Dasein trat, ja noch ehe
dies geschah, ward ihm seine Bestimmung zur Arbeit verkndet.
Und alles Gewchs des Feldes war noch nicht auf Erden, und alles
Kraut des Feldes war noch nicht gesprossen, denn der Ewige Gott
hatte noch nicht regnen lassen auf die Erde und der Mensch war
noch nicht da zur Bearbeitung des Bodens" (2, 5). Also nicht, wie
Hesiod sagt, trug die nahrungspendende Erde reichliche Frchte von
selbst, nicht gab sie alles freiwillig her, sondern sie ward nach der
Bibel zur Nahrungspenderin nur durch die Arbeit des Menschen. Sie
wartete auf den Menschen, da er die Frucht ihrem Sche entUnd ist es nicht, als ob die Bibel uns sagen wollte, da die
locke.
Arbeit fr Adam allein zu gro geworden war, wenn ein Motiv des
Schpfers fr die Erschaffung des Weibes lautet: Ich will ihm eine
Gehilfin zur Seite geben?" (2, 18).
Die wenigen Worte der mosaischen Schpfungsgeschichte ber
die Bearbeitung des Eden haben brigens auf Milton, den Dichter des
Verlorenen Paradieses, einen groen Eindruck gemacht, denn an vielen
Stellen seines Sanges malt er die Arbeiten im einzelnen aus und so
lt er beispielsweise im vierten Gesang Adam zu Eva sprechen:
Frh', eh die Morgenkhle mit dem ersten
Annahn des Lichts den Osten rtlich sumt,
Erheben wir zu unserer Arbeit uns.
Beschneiden jene Bume, jene Lauben,
Nichtstun,

ist

es so gedacht, wie wir es

KALISCHER, D. WERTSCHTZUNG D. ARBEIT IN BIBEL

Den

TALMUD

U.

58 1

berzweigten grnen Mittagsgang,

Der unserer schwachen Arbeit hhnt, und doch


Mehr Hnde noch erfordert als die unseren

Das

scheint uns fast zu viel der Arbeit fr ein Paradies.

Ohne

Zweifel verrt es einen offenen Wirklichkeitssinn, da die

die Arbeit

Bibel

gleichsam

mit

dem Menschen geboren

sein

lt,

ihm vorausverkndet wird.


Es war also Adam nichts Ungewohntes, wenn
Gott ihn fortschickte aus dem Garten Eden, um, wie es in der
Schrift heit, den Erdboden zu bearbeiten (Gen. 3, 23). Freilich ganz
heil kam unser Urahn nicht davon.
So leicht wie dort sollte die

ja

da,

wie

gesagt,

seine

Bestimmung

Lebensfristung frder nicht sein:

zur

Arbeit

im Schweie deines Angesichtes

du Brot essen".

sollst

Adam

Die Bibel wei nichts von einer Widerrede.


fgte sich schweigend in sein Verhngnis. Eine talmudische

Legende erzhlt aber: Als Gott zu Adam die Worte gesprochen: ,und
Dornen und Disteln soll dir der Erdboden sprieen lassen und das
Kraut des Feldes sollst du verzehren,' fiel Adam unter Trnen ein:
,Herr der Welt,

ich mit

soll

dem

Esel aus der Krippe essen?'

fuhr Gott fort: ,im Schweie deines Angesichts sollst

und

Adam
Aber

du Brot

Da

essen,'

war beruhigt."^

Verabschiedung aus dem Paradiese und die damit


verknpfte saure Arbeit klingt doch ein Fluch hinein! Allein niemals
sonst ist von einer solchen Auffassung die Rede, hat eine derartige
Auffassung in Israel Eingang gefunden, niemals ist die Arbeit anders
denn als Segen betrachtet worden. Im Buche Hiob (5, 6) sagt einer
in die

der drei Freunde des edlen Dulders: Der Mensch


heit auch vor allem,

ist

zur Mhsal, das

geboren, und dieses Wort kann


als Motto gelten fr die Bewertung der Arbeit im ganzen biblischen
und talmudischen Schrifttum, Lehre und Vorbild wirkten zusammen,
um die Arbeit als den grten Segen der Menschheit erscheinen zu
lassen
und die Lehre stammt vom Sinai. Im Gegensatz zur Umzur Arbeit

den uralten despotisch regierten groen Reichen, in deren


einem die Kinder Israel jahrhundertelang in Knechtschaft schmachteten, und deren Herrscher alle Rechte, d, h, alle Willkr in sich
verkrperten und fr sich selbst gttliche Verehrung in Anspruch
zu

welt,

nahmen,

erscholl

zum erstenmal vom

Sinai das Wort,

das an

alle

gleichermaen gerichtet war, das allen gleiche Pllichten auferlegte und

bersetzung von
Pesachim 118".

ADOLF BTTGER.

FESTSCHRIFT COHEN

82

Recht zusprach, das Gotteswort: Du sollst" und du


sollst nicht", du, wer du auch seist Dieses Wort war wie ein
Es bedeutet die Morgenrte einer zweiten
zweites Es werde".
gleiches

Schpfung, die Schpfung der sittlichen Welt. Sinnig lautet eine


fromme Legende, daCi die Stimme Gottes vom Sinai in 70 Sprachen
sich spaltete, so da alle Vlker
so viele zhlte die alte Welt

der Erde

das

Es war aber doch nur ein Volk,


Fhrern unablssig rang, die sittliche Welt auf

vernehmen konnten ^

sie

in seinen geistigen

der reinen Gottesidee zu verwirklichen. Die heidnischen


Vlker schufen sich ihre Gtter nach ihrem Ebenbilde, mit ihrem Lieben
und Hassen, mit ihren Begierden und Leidenschaften und zogen so das

dem Grunde

Gttliche ins Irdische herab.

Olymp

Schnheit des

Wir werden

nicht aufhren', uns an der

dem

zu erfreuen, wir sehen auch

obersten der

Ehemnner, seine verwegensten


Liebesabenteuer nach, aber zum Aufbau der sittlichen Welt konnten
auch die Gtter Griechenlands keinen Untergrund bilden. Israel allein
lt umgekehrt den Menschen im Ebenbilde des Einen Gottes geschaffen sein. In diesem Gedanken liegt der strkste Antrieb zu steter
Selbstvervollkommnung, der Ansporn, sich zu Gott zu erheben. Dieses
Verlangen sollte Grund und Ziel der ganzen Lebensfhrung des Israeliten
Dieser Gedanke ist zugleich ein Ausdruck fr die von einem
sein.
Meister der Philosophie, Hermann Cohen, im Geiste des Prophetismus gelehrte Auffassung Gottes als des Urbildes und Vorbildes und
Gtter, diesem

auch

somit

ungetreuesten

als

aller

und Urquells des

des Urgrundes

sittlichen

Seins.

Auffassung sind nicht nur die prophetischen Schriften,


sondern auch die Bcher Mose reich an Zeugnissen; denn berall,
wo hohe sittliche Forderungen an den Menschen gestellt werden,

Und

fr diese

weist Gott auf sich selbst als Vorbild hin,

begrndet: Ihr sollt heilig

Ewige Euer Gott"

(Levit.

sein,

19, 2;

werden

denn

20, 26).

sie

heilig

Und

wie

eben hiermit

bin ich, der


in

dieser uni-

das ganze Reich der Sittlichkeit umfassenden Formel, so


erfolgt nicht minder bei den sittlichen Einzelforderungen die Berufung

versellen,

auf Gott

als Vorbild.

und Witwe

Wenn

in

der Thora beispielsweise die Waise

sich eines ganz besonderen Schutzes erfreuen

und unauf-

Waise und Witwe Recht zu schaffen, so


heit es auch: Gott schaffet Recht der Waise und Witwe; und
wenn immer wieder und wieder eingeschrft wird, den Fremdling
zu lieben, so heit es wiederum auch von Gott, er liebet den

hriich geboten wird, der

Midr.

r.

zu Exod. Abschnitt 28,

6.

KALISCHER,

Fremdling

WERTSCHTZUNG

D.

D.

ARBEIT IN BIBEL

U.

TALMUD

583

Unter diesem Gesichtspunkte gewinnt


die Fassung des vierten der zehn Gebote, dieses in doppeltem Sinne
lapidaren Kodex der Sittlichkeit, fr unsere Betrachtung die hchste
Bedeutung. Denn nunmehr drfen wir sagen, es gebietet nicht blo
die

Du

(Deut. lo, i8).

Sabbatruhe und Sabbatheiligung, es gebietet auch die Arbeit.


sollst arbeiten; sechs Tage sollst du arbeiten und all dein

Werk

denn sechs Tage hat der Ewige den Himmel


und die Erde gemacht, das Meer und alles was darinnen. Wiederum
also erscheint Gott als Vorbild, und dies bedeutet, da die Arbeit
zur Pflicht, zum Range einer sittlichen Forderung erhoben
wird. Ihm, dem Weltenbaumeister und Weltenarbeiter
das ist der
Sinn der Bibelstelle
soll der Mensch nacheifern in der Erfllung und
in dem Ausma seiner Arbeitspflicht.
Parallel mit der Begrndung
der Arbeit geht die der Sabbatruhe; wie Gott von seinem Schpfungswerke ausruhte, so soll auch der Mensch, nicht nur der Freie,
sondern auch der Knecht und die Magd und auch das Arbeitstier
ruhen, aber nach getaner sechstgiger Arbeit; denn wie der Ernte
die Saat vorausgehen mu, so ist die Ruhe der Arbeit Preis. Ja
gerade die groe Weihe, die dem Sabbat verliehen ist, nicht nur im
Pentateuch, sondern auch in den prophetischen Schriften, bildet
eine Folie fr die Wertschtzung der Arbeit.
So empfngt die
Arbeit durch die Berufung auf Gott als Vorbild die hchste Wrde,
den unvergleichlichsten Adel. Diese Auffassung ist in vlliger bereinstimmung mit dem Talmud. In den Aboth des R. Nathan, einer
Erluterung und Erweiterung der Sprche der Vter" lesen wir
nicht nur: Wie der Sabbat so ist auch die Arbeit geboten" ^ sondern
den Ausspruch von wahrhafter Groartigkeit: Wie die Thora, so
verrichten

ist die

Arbeit

als

Bndnis gegeben"^ Dieses wundervolle Wort

bedarf keiner Erluterung, denn es liegt auf der Hand, da, da ein
Bndnis an die Verbndeten relativ gleiche Forderungen stellt, die
Arbeit

Und

eine

gegen Gott zu bende Bundespflicht des

die Gleichstellung der Arbeit niit der

Schatze, den der Jude

Wrdigung der

als

Jude

besitzt,

Thora,

ist

Israeliten

dem

ist.

kstlichsten

wahrlich der Gipfel der

Arbeit.

Die Arbeit, deiner Hnde Werk," wie ein unzhligemale wiederkehrender Ausdruck im Pentateuch lautet, ist das Mittel, durch das
sich die Verheiungen Gottes erfllen sollen, und so fehlt es auch
^

Ab.

Daselbst Abschnitt

d. R.

N. IL Rec. herausgegeben von


11.

Schechter

S. 44.

FESTSCHRIFT COHEN

584

der biblischen Schriften, die belehrenden oder erbauenden

in keiner

von der Hochschtzung


der Arbeit Zeugnis ablegen. Siehst du einen Mann," heit es in den
Sprchen Salomos (22, 29), emsig in seiner Arbeit, vor Knige
darf er sich stellen." Und der Psalmist singt (128, 2): Issest du von
deiner Hnde Arbeit, Heil dir und wohl dir".
In Anlehnung an
diesen Psalmvers stellt R. Chija
als eigentlichen Urheber des Ausspruchs nennt er den R. Ula
den, der von seiner Hnde Arbeit
lebt, hher als den Gottesfrchtigen an sich, von dem im vorhergehenden Psalmvers die Rede ist; denn es heit hier, so deutet der
Rabbi, von dem Gottesfrchtigen nur Heil ihm", von dem aber, der
von seiner Hnde Arbeit lebt, wie wir gehrt haben Heil ihm und
wohl ihm"
also eine doppelte Preisung, und die erstere beziehe
sich auf das Diesseits, die letztere auf die knftige Welt'
Es soll
dies wahrlich nicht als ein Muster der Interpretierkunst angefhrt sein
fr den Talmud sind ja freilich Deutungen dieser Art charakteristisch
sondern nur als ein Zeugnis fr die eminente Hochschtzung
der Arbeit im Talmud, der in seinem Ausdruck hierfr oft weit ber
die Bibel hinausgeht. Auch der weltkundige Koheleth (5, 11) rhmt
die Arbeit mit den Worten: S ist der Schlaf des Arbeiters, ob
er wenig oder viel isset, aber den Reichen," das kann hier nur heien,
den, der sich durch seinen Reichtum verleiten lt, nicht zu arbeiten,

Inhalts sind, an kernigen Aussprchen, die

lt bersttigung

nicht

ruhig

findet,

kann

nicht

verhehlen,

stimmt

(2, 10).

Man

doch

haben keine

um

Und

er,

da Arbeit

der alles

zur

darf wohl sagen, da Israel seine Bndnispflicht

es zu allen Zeiten sich

uns

schlafen."

Statistik,

eitel

Frhlichkeit

erfllt,

durch Arbeitsamkeit ausgezeichnet

hat.

da

Wir

aber die einzigartigen Literaturdenkmler, die

so kstlicher erscheinen, je kleiner der

Umfang

ist,

der sich

aus den Strmen der Jahrtausende zu uns herbergerettet hat, die


sinnfllige

Sprache, ihre konkrete Gestaltung, die einerseits malerische,

andererseits kernige pointierte Art des Ausdrucks, die dieses Schrift-

tum kennzeichnet, gestatten uns hufig durch einen

einzigen Satz in

der Seele des Volkes zu lesen, einen tiefen Blick in das Volksleben

und -Streben zu

tun.

Von

dieser Art erscheint

ein Zeugnis fr

Vers im Zusammenhange des prachtvollen 104. Psalms,


von dem Herder sagt, da er allein wert ist, da man, um ihn zu
In diesem Psalm, einer Art Kosmos,
genieen, Hebrisch lerne.
viele

ein

Berachoth

8*.

KALISCHER,

D,

WERTSCHTZUNG

D.

ARBEIT IN BIBEL

U.

TALMUD

585

gesamte Naturleben eine Schilderung, die die hchste


Bewunderung eines Alexander v. Humboldt, der ja selbst ein so
erfhrt das

glnzender,

feinsinniger

Naturschilderer

war,

auf sich

zog.

Alles

an diesem Naturgemlde von plastischer Anschaulichkeit


und intensivster Lebendigkeit: der Himmel mit seinem Lichtmeer,
Wolken und Winde, Blitz und Donner, Berg und Tal, Felsen und
erscheint

Wald und

Klfte,

und

Flur,

Quellen und Strme und das weite Meer

die ganze lebende Welt.

Die Nacht bricht herein

da

kommt
der Lwe

das Wild des Waldes aus seinen Schlupfwinkeln hervor:


brllt nach Beute, als forderte er von Gott seine Nahrung".

Nacht weicht

Die

die wilden Tiere ziehen sich zurck in ihre Hhlen-

denn die Sonne sendet ihre ersten Strahlen zur Erde, und
Nur wenige
allsogleich lt der Dichter den Menschen erscheinen.
Worte knden ihn an, aber als nichts anderes schildern sie ihn,
denn als den Arbeitenden vom ersten Morgengrauen an.
Da geht der Mensch hinaus zu seinem Werk, an seine
lager,

Arbeit bis zum Abend." Dies allein ist die Stellung, die der
Snger in seinem Gemlde des Naturlebens dem Menschen zuweist,
und der ganze Charakter des Gedichtes brgt dafr, da da nichts
Willkrliches ist, da vielmehr der Dichter es erlebt und im Leben
seines Volkes das Vorbild gehabt hat.

Und
Ist

hier gibt es keinen Unterschied zwischen

doch das Weib schon

in

Mann und Weib.

der Schpfungsgeschichte

Und bedarf
den Hymnus auf

Mit-

zur

zur Bekrftigung

arbeiterin

des Mannes bestimmt!

es

mehr

der Erinnerung an

das wackere Weib,

mit

als

dem

das Buch der Sprche Salomos abschliet?

Welche Tugen-

werden ihr nicht nachgerhmt! Treue, Gte, Milde, unbegrenztes Wohltun; sie ffnet ihren Mund mit Weisheit und Lehre
der Liebe ist auf ihrer Zunge;" aber am hellsten ertnt das Lob
Wir sehen sie am Webihrer nie rastenden Ttigkeit und Arbeit.
stuhl und Spinnrad; sie schmckt mit ihrer Hnde Arbeit das Haus.
Von ihrer Hnde Werk pflanzt sie sich einen Weinberg. Noch zur
Nachtzeit erhebt sie sich, verteilt im Hause die Zehrung, gibt
Weisung ihren Mgden. Aller Orten wartet sie des Hauses und
den

Brot der Trgheit

Es

it sie nicht.

verdient wohl hervorgehoben zu werden, da dieser

Hymnus

auf des Weibes umfassende und emsige Arbeit einem Knige

Mund

gelegt wird.

Und

recht bemerkenswert

altjdischem Brauch dieses Lied

ist

am Vorabend

Heimkehr aus der Synagoge gesungen wird

es auch,

in

den

da nach

des Sabbat bei der

das Hohelied der

FESTSCHRIFT COHEN

586
Arbeit

in

der Stunde, mit der die

Ruhe nach

der Arbeit der

Woche

knne man sich schwer von ihr trennen, wie


von einem geliebten Gegenstande. In der Tat mahnt auch ein berhmter Gesetzeslehrer, Schemaja: Liebe die Arbeit"', Ja, mit der
Thora selbst. ist auch die Arbeit, die Pflicht und Liebe zur Arbeit ein

Es

beginnt.

als

ist,

,,

Gemeinde Jakob geworden.


Der Talmud beschftigt sich ernstlich mit der Frage, welche
huslichen Arbeiten die Ehefrau auszufhren verpflichtet ist, und zhlt
Erbteil der

deren eine reiche


der Mgde, die

Menge

auf.

etwa

sie

Mgde

Die Anzahl verringert sich mit der Zahl

in die

Ehe

bringt, aber, so heit es, selbst

dennoch verpflichtet, im
Haushalt zu arbeiten, denn Unttigkeit fhrt zur Lockerung der Sitten.^
Und hier erkennen wir gleichsam von der negativen Seite unter
neuem Licht die hohe Wrdigung, die der Arbeit zuteil ward. Denn
nicht minder als durch das positive Lob bekundet sie sich durch
den Hohn und Spott, den Abscheu und die Verachtung, die ihr
Gegensatz, die Trgheit, der Miggang erfhrt. Besonders reich an
hierher gehrigen Sentenzen sind die Sprche Salomos. Nur einige

wenn

sie

hundert

mitbringt,

ist

darf ich aus der Flle herausheben.

sie

Wie

dreht der Faule sich auf seinem Lager" (26,


seiner Arbeit,

macht arm,

ist

ein

die
14).

Genosse des Verderbens"

Hand macht

fleiige

Tr

Wer

(18,9).

reich" (10, 4;

der Angel,

in

lssig ist in

Trge Faust

12, 24).

Und

der

Spruchdichter kann sich nicht daran Genge tun, den Segen des
menschlichen Fleies dem Unheil des Migganges gegenberzustellen,

den Faulen zu heilen durch Erregung seines noch etwa


vorhandenen Restes von Schamgefhl, indem er ihm die Tierwelt
Geh du Fauler nur zur Ameise, Schau ihr Tun
als Muster aufweist
und nimm Vernunft an, Sie hat nicht Fhrer, noch Vogt, noch Herrn,

er

sucht

Und doch im Sommer rstet


Wie lange also
Vorrat ein.

sie ihre

Nahrung, Sammelt zur Ernte

du Fauler liegen? Wann wirst


du aufstehen von deinem Schlafe? Noch ein wenig Schlaf, noch
ein wenig Schlummer, Noch daliegen mit bereinander geschlagenen
Doch bald kommt dir einher die Armut, der Mangel wie
Hnden
wirst

Gewappneter" (5,6 11).


Von tiefster Verachtung fr den Miggang sprechen uerungen
des Jesus ben Sirach, eines frommen Spruchdichters aus dem dritten
vorchristlichen Jahrhundert, z. B.: Ein Fauler kann mit einem Mistein

'

Pirke Aboth

'

Kethuboth 59b

i,

10.

Mischna.

KALISCHER, D. %VERTSCHTZUNG D. ARBEIT IN BIBEL

knollen verglichen werden; jeder, der ihn aufhebt,

um

abschtteln'", nmlich

Auch

Talmud

der

sich

steht in

biblischen Schriften nicht nach.

TALMUD

U.

wird die

von der Berhrung zu

587

Hand

reinigen.

der Verurteilung der Trgheit den

Man

den Faulen
mit Fingern weisen, wenn man den Ausspruch von Rabbi hrt:
Etwas Groes ist die Arbeit, denn wer nicht arbeitet, wird von den
Menschen verspottet: woher hat der zu essen, woher hat er zu
Zahlreiche

trinken?"^

sieht frmlich auf

andere Aussprche des Talmud lassen sich

dahin zusammenfassen, da die Trgheit den Menschen zu grnde


richtet, nicht nur physisch, sondern auch seelisch.

Der Wertschtzung der Arbeit

entspricht der gesetzliche Schutz,

der den Arbeitnehmern gewhrt wird.

nahmen

Eine der wichtigsten Ma-

Beziehung ist das Gebot, den Lohn dem Arbeiter


nach der Tagesarbeit auszuzahlen. An demselben Tage noch
sollst du ihm seinen Lohn geben, la die Sonne nicht darber untergehen" (Deut. 24, I4f; Levit. 19,13). Der Talmud hlt die Nichtbeachtung dieses mosaischen Gesetzes, das auch dem Nichtisraeliten
gegenber zu beobachten ausdrcklich geboten wird, fr ein so ungeheures Vergehen, da er von dem, der es bertritt, sagt, er sei als
in dieser

sofort

nhme er dem Lohnarbeiter das Leben.3 Die talmudischen


zum Schutze der Arbeiter sind von humanstem Geiste

Vorschriften
erfllt.

Die

Gesetzeslehrer lassen sich zumeist von sozialethischen Gesichtspunkten

Schon

leiten.

da

ein

dies

Arbeiter,

ist

beispielsweise sicherlich nichts Unbedeutendes,

der auf eine

Woche

oder einen Monat oder ein

angenommen worden ist, auch fr


natrlich nicht arbeitet, Lohn bekommen

Jahr

beiter

auch die

braucht

Zeit, die er

aber nicht zu

die Sabbate,

mu'^,

an denen er

und da jeder Ar-

Wohnung zum
dem umgekehrten Wege
von seiner

Ort der Arbeit

anrechnen

Aber weit darber hinaus scheuen sich die Gesetzeslehrer des


Talmud nicht, sich ber die gewhnlichen Rechtsanschauungen hinwegzusetzen, um den wirtschaftlich Schwachen den weitgehendsten
Schutz angedeihen zu lassen. So bestand die freilich nicht unbedenkliche Neigung, bei Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitdarf

gebern von vornherein zugunsten der Arbeitnehmer zu entscheiden.


'

Sirach

Testaments

I,

Aboth

B.

22, 2,

Kautzsch, Die Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten

341.

R. Nathan, herausgegeben von Schechter


Mezia II2^ hnlich -JT.
d.

Daselbst

Daselbst 83

58=.
''.

S. 44.

FESTSCHRIFT COHEN

588

Es bestand der Grundsatz: Der Lohnarbeiter hat

die

Oberhand".'

Sie wachten eiferschtig ber die individuelle Freiheit der Arbeiter

und gestanden ihnen das Recht

zu,

schrnkenden Bedingungen, jederzeit

allerdings unter

vom

einseitig

gewissen be-

Arbeitsvertrage

zurckzutreten, gesttzt auf den Schriftvers (Levit. 25, 55): Mir sind
die

Kinder

Israel

Knechte, meine Knechte sind

der Talmud, Knechte von Knechten.^

sie",

aber nicht, folgert

Diese Begrndung des Rechtes

des Arbeiters, jederzeit seine Freiheit wieder gewinnen, ber seine

Person verfgen zu knnen, bezeugt die hohe sozialethische Gesinnung


Sie hatten ein instinktives Gefhl fr den
dieser Gesetzeslehrer.

Wahrheitskern des paradox klingenden Satzes: Das hchste Recht


ist

das hchste Unrecht.

Nur aus diesem Gefhl heraus

sich Entscheidungen, fr die folgende Erzhlung

-J

typisch

erklren

ist.

Dem

Fa Wein zerbrochen und den


pfndete ihnen ihr Gewand; sie klagten vor

R. b. Bar-Chana hatten Arbeiter ein

Wein

dem

verschttet;

er

Rab und

den Rabbi zur Herausgabe der


Kleider. Ist das Recht? fragte dieser. Ja, erwiderte Rab, damit (du
Die Arbeiter gaben sich
erfllest): Wandle im Wege der Guten".
aber damit nicht zufrieden, sie verlangten auch ihren Lohn; wir sind
Richter

er verurteilte

haben den ganzen Tag gearbeitet, wir sind hungrig


und haben nichts, und der Richter gebot, ihnen den Tageslohn ausarm, sagten
zuzahlen.

sie,

Heilet

antwortete

Rab

wahren" (Spr.

das Rechtsprechen? fragte der Verurteilte. Jawohl,


(denn es heit): Du sollst die Pfade des Gerechten

2, 20).

Es braucht kaum bemerkt zu werden, da

durchweg unter
Arbeit ausschlielich krperliche Arbeit verstanden war, und nach
den allgemeinen Betrachtungen ber ihre Wertschtzung wenden wir
uns den beiden in Frage kommenden Hauptgruppen der Arbeit zu,
dem Ackerbau oder Landbau und dem Handwerk.
Der Landbau bildet die wirtschaftliche Grundlage des jdischen
Staates.

Seine

Wrde

hier

verbrgt schon, wie wir gesehen haben, die

Die Bibel verlegt also den Landbau an den


Anfang des Menschengeschlechts und er gilt demnach als uranfngSchon die Sprache
liche Bestimmung und Pflicht des Menschen.
Schpfungsgeschichte.

B. Mezia 77 nav^vn ^5? byit T. Eine wenn auch nicht erschpfende Zusammenstellung des talmudischen Arbeiterrechts gibt David FarbsteiN: Das
Recht der freien und der unfreien Arbeiter nach jdisch-talmudischem Recht
verglichen mit dem antiken speziell mit dem rmischen Recht. 1896.
- B. Kamma 116''; vgl. B. Mezia
77.
'^

B. Mezia 83

KALISCHER, D. WERTSCHTZUNG D. ARBEIT IN BIBEL

verknpft den Menschen,

Adam,

U.

aufs innigste mit der

Erdboden, insofern er der Bearbeitung

TALMUD

589

Adamah, dem

unterliegt.

Regelrechter Ackerbau kann natrlich nur von einer sehaften

Bevlkerung betrieben werden, und es kann demnach hiervon bei


dem Volke Israel erst nach der Eroberung des Landes Kanaan die

Rede

Wohl

sein.

wird

Noah

ein

Ackerbauer und

als

Erfinder des

Weinstocks genannt, aber die Patriarchen fhrten ein nomadisierendes


Leben, sie waren Hirten, Herdenbesitzer. Nur von Isaak wird berichtet, da er neben der Sorge um die Vermehrung seines von

Abraham

ererbten Herdenbesitzstandes auch einen sehr ertragreichen

Ackerbau

betrieb (Gen. 26, 12).

schtzte, ja

Wie hoch

den Ackerbau

er

ein-

da er ihn eigentlich bevorzugte, bekundet sein Segen,

den er Jakob spendete und im wesentlichen fr Esau wiederholte,


und der nicht dem Herdenbesitz, sondern lediglich den Erzeugnissen
des Erdbodens galt: Gott gebe dir vom Tau des Himmels und von
der Erde Fruchtbarkeit und Flle von Getreide und Most" (27, 29, 39).

Traum, in dem Joseph sich


und seine Brder auf dem Felde Garben binden sah, scheinen anzudeuten, da der Ackerbau dem Hause Jakobs nicht ganz fremd
gewesen sei. Indessen wissen wir ja, da Jakobs Berufsarbeit und
Tchtigkeit auf anderem Gebiete lag.
Aber ber seine rastlose
Arbeit, seine unermdliche Ausdauer hat er seinem etwas skrupellosen Oheim Laban gegenber sich selbst das sicherlich wahrhaftige
Zeugnis ausgestellt: Am Tage verzehrte mich Hitze, und Frost in
der Nacht, und der Schlaf floh aus meinen Augen" (31, 40).
Mit der Besitzergreifung des Landes Kanaan wurde die Boden-

Manche Erzhlungen,

bearbeitung

die

so

z.

B. Josephs

Hauptbeschftigung

des

Volkes.

Die

grandiose

Agrargesetzgebung, die mit den Institutionen des Erla- und Jubel-

Schonung des Bodens bezweckte, andererseits


der Verarmung und dem Latifundienbesitz, der Anhufung von Reichtmern in wenigen Hnden entgegenwirken sollte, zeigt, in welchem

jahres einerseits die

Umfange der

jdische

Staat

sich

wirtschaftlich

auf der Boden-

bearbeitung aufbaute, und die groe Fruchtbarkeit des Landes tat

das

ihrige,

um

die

Liebe des jdischen Volkes

wecken, zu erhalten und festwurzeln zu

lassen.

gesetzgebung, die ffentliche Frsorge fr die

Landbau gegrndet, indem


stimmt

ist:

ein Teil

zum Landbau zu
Auch die Armen-

Armen

ist

der Ernte fr den

das Feld durfte nicht ganz bis

zum Rande

auf

Armen

dem
be-

abgeerntet,

von der Weinlese;


den Armen, der Waise und Witwe und dem Fremdling sollte es

die Abflle nicht aufgelesen

werden; dasselbe

gilt

FESTSCHRIFT COHEN

590
berlassen werden.

Ja selbst

gessen ward, so," heit

es,

eine

Garbe auf dem Felde

kehre nicht zurck,

Witwe

Fremdling, der Waise und


23, 22; Deut. 24, 19

wenn

soll

sie

dem

sie zu holen,

gehren"

ver-

(Levit. 19,

f.;

ff.).

den rechten, religis - sittlichen


Wandel, fr die Anhnglichkeit an den Einzigen Gott, fr die
bung von Recht und Gerechtigkeit, die Frsorge fr den Armen
und Drftigen, die Waise und Witwe und den Fremdling, in
Hunderten von Wendungen verheien wird, gilt einzig und allein
dem Gedeihen des Bodens.
Das wre nicht vllig verstndlich,
Alle Segensflle, die Israel

wenn der Landbau

fr

nicht die Beschftigung des ganzes Volkes,

Hoch

und Niedrig, Jung und Alt, gebildet htte.


Der Landbau erschien als die sicherste Gewhr zur Gewinnung
eines angemessenen Lebensunterhaltes wie zur Erhaltung der Einfachheit der Sitten.
Wer seinen Boden bearbeitet," heit es in den
Sprchen Salomos (28, 19), wird satt des Brotes, wer es mit den
Nichtstuern hlt, wird satt der Armut." Verrichte drauen deine
Arbeit, bestelle wohl dein Feld, dann wirst du dir dein Haus erbauen"
(24, 27).

Der Ackerbau

von Gott gegebene


Vorschrift, bei deren Befolgung keine Mhe gescheut werden darf.
So sagt der Spruchdichter Jesus ben Sirach (7, 15): La dich die
mhsame Feldarbeit nicht verdrieen, denn sie ist von Gott zuerteilt".
Und in einer anderen wohl drei Jahrhunderte jngeren apokryphischen
Schrift, dem Testament der 12 Patriarchen"
worunter die zwlf
Shne Jakobs verstanden sind
einer Nachbildung des Segens
Jakobs an seine Shne, ruft Isachar seinen Kindern zu: Bewahret
nun das Gesetz Gottes, meine Kinder, und erwerbt euch die Einfalt
und wandelt in Unschuld.
Beugt euren Rcken, um Ackerbau
zu treiben und beschftigt euch mit Feldarbeiten
denn es ist dir
kein anderes Erbteil gegeben als von der Fettigkeit des Landes,
dessen Frchte durch mhsame Arbeit (gewonnen werden)".'
Wie, nach den Worten von Graetz, keine der vlkerbeherrschenden Grostdte, welche von der Spitze ihres Glanzes in den Staub
gesunken sind, in ihrem Untergange so verherrlicht worden ist, wie
Jerusalem" ^ so hat auch kein Land aus seinen Trmmern, aus der
frchterlichsten Verwstung sich so rasch wieder emporgearbeitet,
galt zu allen Zeiten als eine

'

Kautzsch, a. a. O. II, 479, 5.


Graetz: Geschichte der Juden

II,

403.

KALISCHER,
ja

D.

WERTSCHTZUNG

verjngt aus seiner

zum

Asche

D.

ARBEIT IN BIBEL

U.

TALMUD

erhoben, wie Juda.


kleinsten Teil aus der heien Liebe
sich

Und

59I

das

zum Landbau erklren. Nebuchadnezars Feldherr, Nebusaradan, lie, wie im


Buche der Knige (II, 25, 12) und in Jeremia (39, lO; 52, 16) erzhlt
wird, nur die Armen, die niederen Volksschichten zu Winzern und
Pflgern" zurck.
Alle brigen wurden als Gefangene fortgefhrt.
Aber kaum war das babylonische Heer abgezogen, so fanden sich
die Flchtlinge, die sich vor den Schrecken des Krieges im Lande
zerstreut hatten, und die Streitscharen, die den Feind zu beunruhigen
und durch Guerillakmpfe das Vaterland zu retten gesucht hatten, bei
drfte sich nicht

Gedalja,

dem von Nebukadnezar

eingesetzten Vorsteher von allen

Seiten in Scharen ein und lieen sich

Er

Land

zur Bearbeitungf zuteilen.

ihnen anheim, ihren Wohnsitz nach Belieben zu whlen,


und ermunterte sie, die Stdte wieder aufzubauen und Ackerbau zu
stellte

treibend

Allerdings

wurde

bau des Landes durch

eine

Anfang zum Wiederaufder ruchlosesten Taten, die Ermordung

dieser glckliche

des wahrhaft edelgesinnten Gedalja durch einen prinzlichen

Wege-

und seine Sippschaft, jh unterbrochen, als aber endlich die


Stunde der Erlsung gekommen war, da wute man doch aller
Schwierigkeiten und Fhrlichkeiten, aller Feindseligkeiten der Nachbarvlkerschaften Herr zu werden und, freilich begnstigt durch das
Wohlwollen des Knigs Darius, der alles zu bebauende Land steuerfrei
lie^, das Land aus seiner Verdung wieder zur Blte zu bringen;
die in Trnen seten, ernteten in Jubel.
lagerer

Die Liebe zum Ackerbau bekundete sich naturgem in den


der Erntezeit geweihten festlichen Veranstaltungen. Die sogenannten
drei Wallfahrtsfeste

waren ursprnglich Erntefeste, wenn

auch
an sie knpften, andere Deutungen
geltend machten und den ursprnglichen Charakterzug mehr oder
weniger verwischten. Das Passahfest bedeutete den Beginn der ersten
Ernte, die mit dem Wochenfest ihren Abschlu fand, das Laubhttensich

spterhin andere Erinnerungen

das Ende der Einsammlung der Bodenerzeugnisse und die Zeit


der Weinlese: Ein Fest der Htten sollst du feiern sieben Tage,
fest

wenn du einsammelst von

Tenne und deiner Kelter". An


diesen Festen sollten alle teilnehmen, es waren Feste der Freude,
Und du sollst dich freuen an deinem Feste, du, dein Sohn und

deiner

Jeremia 40, 8
12.
Josephus, Altertmer X,
deutschen bersetzung von Heinrich Clementz).
* Joseph. Das. XI,
3, 8 (Bd. II, S. 13).
^

g,

(Bd.

I,

S.

626 der

FESTSCHRIFT COHEN

592

dein Knecht und deine Magd,

deine Tochter,

der Levite und der

Aber

Fremdling, die Waise und die Witwe, die in deinen Toren."


ihr sollt
II

15).

dem Ewigen, eurem Gotte"

euch freuen vor

Durch das

war vorgebeugt, da

religise

die

(Deut. i6,

Geprge, das diese Erntefeste

Frhlichkeit,

trotz

erhielten,

der langen Dauer der

Aber gro mu der

Feste, nicht in Ausgelassenheit ausartete.

Jubel

gewesen
In einer gewaltigen Strafrede des Propheten Jeremia gegen alle
sein.
Reiche der Erde wird das Getse der Zornesstimme Gottes mit dem
An den Erntefesten, den
Jubelruf der Kelterer verglichen (25, 30).
bei diesen Erntefesten, insbesondere zur Zeit der Weinlese,

Festen des Ewigen", wie

ein

sie

genannt werden, fanden

Rest davon hat sich ja noch

am

Umzge

Httenfeste erhalten

statt

und

an Musik und Tanz, den namentlich die jungen Mdchen auffhrten,


hat es dabei nicht gefehlt. Ein solches Fest wird es auch gewesen
an dem, wie im Buche der Richter erzhlt wird (21, 19 f.), die
Jungfrauen von Silo in Reigentnzen vor die Stadt zogen, um von
den in den Weinbergen verborgenen Benjaminitern, denen es an Frauen
sein,

fehlte,

geraubt zu werden, just wie die Sabinerinnen von den Rmern.

Der ungemeinen Wertschtzung des Landbaues


Knig ist dem Felde dienstbar," sagt Koheleth (5, 8)

auch der

entsprach die

Achtung, der

sich seine

Trger

erfreuten.

Man

ging an den Feld-

ohne sie zu gren oder Gottes Segen auf sie


herabzurufen. Als Boas, der nachmalige Gatte der lieblichen Ruth, auf
sein Feld kam, richtete er an die Schnitter den feierlichen Gru: Der
Ewige sei mit euch," und sie erwiderten: Der Ewige segne dich". ^
Von der innigen trauten Hingabe des gesamten Volkes an den
arbeitern nicht vorber,

Landbau zeugt

nicht

zum wenigsten

die symbolische Rolle,

die

er

im biblischen Schrifttum spielt. Die Propheten und zum groen Teil


auch die Psalmendichter sind unerschpfhch an Bildern, die dem
Landbau entnommen sind, fr alle Schicksale der Vlker und insbesondere Israels, von seinem Werdegange als Volk Gottes bis zu
seiner Hhe, von seinem Niedergange bis zu seiner Wiederaufrichtung,
fr Gottes Liebe und seinen strafenden Zorn, fr alles Glck und
alles Unheil, allen Glanz und alles Verderben, Wohlstand und Vernichtung, und fr alles, was das moralische Leben der Gesamtheit
und des Einzelnen ausmacht. Durch unzhlige Variationen solcher
Bilder vermgen diese Gottesmnner ihren Gedanken ein immer
neues Licht, eine neue Frbung zu geben und ihr Stil wird oftmals
*

Ruth

2, 4; vgl.

Psalm

129, 8.

KALISCHER,

D.

WERTSCHTZUNG

D.

ARBEIT IN BIBEL

So

hierdurch von packender Realistik.

z.

wenn

B.

U.

TALMUD

593

ein Psalmdichter

von seiner Jugend an erfahren hat, mit


den Worten schildern lt: Auf meinem Rcken haben Pflger gepflgt, haben ihre Furchen darein gezogen" (129,3). Indes mu ich
das Miverhltnis zwischen der mir zu Gebote stehenden Zeit und
der berflle des Stoffes hier wie stillschweigend an mancher andern
Israel die Drangsale, die es

dafr verantwortlich machen,

Stelle

wenn

ich diese

Seite unseres

Gegenstandes nicht weiter verfolge und nur noch auf ganz weniges,
das hierher gehrt, hinweise.

Ein sehr hufig gebrauchtes Bild friedlichen Wohlstandes ist


dies, da ein jeglicher wohne unter seinem Weinstock und seinem
Feigenbaum. Und ebenso ist der Landbau und dessen reicher Erder

das Bild

trag

Prophet

Amos

fernen,

Zukunft.

glcklichen

(9,13): Siehe

Tage kommen,

So weissagt der

spricht der Ewige,

da

den Schnitter und der Kelterer an den Semann; es triefen die Berge von Most und alle Hgel flieen ber".
Und vollends das Ende der Tage, die Zeit der Vlker-

reichet der Pflger an

des ewigen Friedens,

verbrderung,
die

auch unsere Hoffnung

ist

und

das

bleibt,

als

die

messianische Zeit,

wissen die groen Propheten,

wie Jesaja und sein Zeitgenosse Micha,


zumalen,

ist

nicht

eindrucksvoller

aus-

durch die Perspektive der vollkommenen Hingabe an

Bodens: Und sie werden umschmieden ihre


Schwerter zu Pflugscharen und ihre Speere zu Winzermessern".
Verherrlicht die Bibel den Landbau auch in poesieverklrter
Form, so huldigt der Talmud nicht minder in seiner Art der Lieblingsbeschftigung des Volkes, die es auch nach dem Untergang
die Bearbeitung des

des jdischen

Staates

geblieben

war.

reichen talmudischen Traktate, die

dem

zeigen schon rein uerlich, welcher

Wert

wurde.

Man

Die verhltnismig
Ackerbau gewidmet

zahlsind,

dieser Ttigkeit beigelegt

hrte nicht auf, die Bearbeitung des Bodens als eine

Im Midrasch wird erzhlt, da ein sehr alter


Mann auf seinem Felde fort und fort Bume pflanzte, und als er
Pflicht zu betrachten.

darob

vom

Kaiser Hadrian verspottet wurde, da er doch nicht hoffen

knne, selbst die Frchte seiner Arbeit zu genieen,

erwiderte

er,

da jedermann verpflichtet sei, den Boden zu bearbeiten, und wie


andere vor ihm dies fr ihn getan haben, so msse auch er ohne
Rcksicht auf seine eigene Person den Boden fr die, die nach ihm
kommen, bepflanzen." Man fhlte sich so mit dem Boden verwachsen
*

Midr.

r.

zu Koheleth

2, 20.

38

FESTSCHRIFT COHEN

594

da Rabbi

Elieser, ein

Talmudlehrer des ersten Jahrhunderts,

gro-

in

dem, der keinen Acker sein eigen nennt, das


Menschentum absprechen zu drfen glaubte ^ und zwar in Anlehnung
an den Psalmvers (115, 16): Die Himmel sind des Ewigen, aber die
artiger bertreibung

Erde hat Er den Menschenkindern gegeben". Die Talmudlehrer verlangten fr den Ackerbau rastlose Ttigkeit; nur wenn der Mensch
sich selbst zum Diener der Erde macht, sagen sie, findet er Brot zur
Sttigung, sonst findet er das Brot nicht.^

sie

Das war aber nicht blo Theorie


diese Mnner
lehrten.
Wir kennen eine lange Liste hochberhmter

lebten,

wie

palstinen-

und babylonischer Talmudlehrer, deren brgerliche Erwerbsttigkeit der Ackerbau war.


Sie verbaten sich in den Tagen des
Nissan und des Tischri den Besuch ihrer Jnger (im Lehrhause) damit sie nicht etwa das ganze Jahr hindurch um ihren Lebensunterhalt
in Sorge seien, wenn sie an diesen Tagen der Ernte nicht auf dem
Felde arbeiten. 3 Unter diesen Talmudlehrern gab es sehr reiche Gutsbesitzer, aber sie lieen es sich nicht nehmen, sie erachteten es als
ihre religise Pflicht, selbst Hand anzulegen, selbst den Pflug zu fhren.'*
Auf gleichem Range der Wertschtzung wie der Ackerbau
stand das Handwerk. Galt doch das Handwerk, zumal in seiner
hheren Form des Kunsthandwerks als ein unmittelbarer Ausflu
sischer

gttlichen Geistes.

Denn wie

sich der Bibel,

wenn

wir uns an die

kanonische Reihenfolge halten, die erste Gelegenheit, von

werk

dem Hand-

der Beschreibung des Baues der

Stifts-

htte bietet, so sind uns an dieser Stelle des zweiten Buches

Mose

die

in Israel zu reden, bei

Namen

der gottbegnadeten Knstler aufbewahrt,

sein Gehilfe Ahaliab, die zur

Bezalel

ist

Bezalel

und

Ausfhrung des Baues berufen wurden.

der namentlich Berufene:

Und

ich erfllte ihn mit gtt-

lichem Geiste, mit Weisheit, Einsicht, Erkenntnis und

aller

Fertig-

Entwrfe zu ersinnen und sie auszufhren in Gold und Silber


und Kupfer und in Steinarbeit zum Einfassen in Holzarbeit und
keit;

allerlei

Kunstwerk zu vollbringen" (31,2

5).

Diese beiden Knstler

wurden verpflichtet, andere zu unterweisen, und so standen alle, die an


dem Bau der Stiftshtte beteiligt waren, also das gesamte Handwerk
unter gttlicher Weihe.
Die eingehende Darstellung dieses Baues
und seiner einzelnen Bestandteile, der Gertschaften, die das Innere
erfllten und heiligem Brauche dienten, der kunstvoll dekorativen
'

3
4

Jebamoth 63 ^
Berachoth 35^
Vgl. z. B. Aboth

'

d.

R. Nathan

6, 3.

Sanhedrin 58^

KALISCHER,

D.

WERTSCHTZUNG

D.

ARBEIT IN BIBEL

U.

TALMUD

595

Gegenstnde, wie die aus einem Stck mit dem Deckel der Bundeslade in Gold getriebenen Cherubim und ebenso der siebenarmige

Leuchter mit seinen reichen Motiven aus der Pflanzenwelt, der kostbaren mit Gold durchwirkten und mit Edelsteinen besetzten priester-

Gewnder, all der anderen Arbeiten in Gold und Silber, geund Filigranarbeiten, Mosaik- und Gravierarbeiten, der

lichen

triebenen

Kunstweberei, Buntwirkerei, Teppiche und Vorhnge setzt eine erstaunliche Blte des Kunsthandwerks und somit des Handwerks
berhaupt voraus. An diesen Arbeiten hatten auch die Frauen ihren
Anteil.

Sie

opferten nicht blo fr den

Bau der

Stiftshtte

ihren

Schmuck, sondern die kunstsinnigen Frauen, wie die Bibel sie nennt,
bettigten sich auch durch Herstellung von Gespinsten (35, 25 f.).
Der Bau des Tempels und die sonstigen Prachtbauten des
Knigs Salomo, seine Befestigungswerke Jerusalems und seine Stdtegrndungen zeigen, da in dieser Glanzzeit des israelitischen Reiches
auch das Handwerk im weitesten Sinne auf der Hhe stand. Salomo
erbat sich zwar von seinem Bundesgenossen, dem Knige Hiram
von Tyrus, Arbeiter und Beihilfe und lie auch einen Obermeister
aus Tyrus kommen, dem eine Vielseitigkeit des Knnens nachgerhmt wird, wie Bezalel. Dieser Knstler, dessen Name, gleich

dem

seines Knigs,

Hiram

seits Israelit, sein

war aber zweifellos mtterlicherVater wird im Buche der Knige (I, 7, 14) und in

der Chronik

13)

nach

(II, 2,

lautete,

bereinstimmend

einer anderen Quelle

als ein

Tyrer bezeichnet, aber

war auch

sein Vater, namens Uria, israeliAbstammung.^ Dieser Mann arbeitete, wie ausdrcklich gesagt
wird, gemeinsam mit den Kunstverstndigen in Juda und Jerusalem
^
er scheint nicht einmal eine Fhrerrolle unter den einheimischen
Knstlern ausgebt zu haben. Und wenn man bedenkt, da Salomo

tischer

zuweilen das Fremdlndische bevorzugte, wie das auch andere groe


Knige zu allen Zeiten taten, so wird man den Anteil tyrischer

Handwerker an Salomos Tempelbau


keine ungnstigen
ableiten.

Denn

Schlsse

nicht berschtzen und daraus

auf den israelitischen Handwerksstand

keinem Zweifel, da all die groartigen


Arbeiten in ganz berwiegendem Mae von einheimischen Krften
ausgefhrt worden sind. Dasselbe gilt von den Bauten, Befestigungses unterliegt

werken, Stdtegrndungen und Heeresausrstungen spterer Knige,


wie z. B. des Knigs Usia (um 805 758).

Joseph. Altertmer VIII,

' II.

Chron.

2, 6.

3,

(I,

S. 480).

Das. Cap. 26.


38*

FESTSCHRIFT COHEN

596

Es gibt nur wenige Handwerlve, die die Bibel nicht nennt. Die
Handwerker wurden so zahlreich, da sie Straen, Stadtteilen und
Toren ihre Namen darliehen. So gab es, wie durch Jeremia (37,21)
bezeugt

ist,

in

Jerusalem eine Bckerstrae, ferner ein Tal der Zimmerer,

Ksemachertal usw. In spterer Zeit war die


Zahl der Kupferschmiede so gro, da sie dort eine besondere
Synagoge hatten.' Auch da, wo die Juden Kolonien bildeten, waren
In Alexandrien z. B. bestand
die Handwerke zahlreich vertreten.
eine ausgebildete Handwerker-Organisation, und in der Synagoge, die
ein

Tpfertal,

ein

durch ihre Gre, ihre architektonische Gliederung und Pracht ein


Werk so hoher Kunst war, da der Talmud sagt, wer sie nicht gesehen, der hat die Herrlichkeit Israels nicht geschaut, saen die einem
und demselben Handwerk Angehrigen in Gruppen beisammen."

So war

es freilich nicht zu

gierungsjahre Sauls wird erzhlt,

Aus dem ersten Reda damals kein Schmied im ganzen


allen Zeiten.

Dafr hatten die siegreichen Philister


gesorgt, sie hatten die Schmiede aus dem Lande entfernt, damit,
wie der Bericht lautet, die Hebrer sich nicht Schwert oder Speer
machten (I. Sam. 13, 19 ff.). Diese Hebrer waren nmlich offenbar
vortreffliche Waffenschmiede und spterhin war ihre Zahl in Jerusalem
Unter den Gefangenen, die Nebuchadnezar
selbst eine sehr groe.
unter der kurzen Regierung des Joj achin, des vorletzten Knigs von
Juda aus davidischem Geschlecht, nach Babylon fortfhrte, werden

Lande

Israel zu finden war.

neben 7000 Kriegern 1000 Werkmeister genannt, die wrtlich als


Schmiede und Schlosser bezeichnet werden 3, aber ohne Zweifel sind
damit Waffenschmiede und Leute, die den Festungsbau verstanden,
gemeint. Hier darf ich wohl an die vor einiger Zeit durch die Presse
gegangene Mitteilung erinnern, da unter den Falaschas, den Juden
Abessyniens, die ja

in

neuerer Zeit das Interesse der europischen

hherem Mae auf sich gelenkt haben, und die zumeist


Handwerker sein sollen, die besten Schwerterschmiede zu finden
seien, und da diese Kunst das Geheimnis einiger Familien sei, in
denen es sich von Geschlecht zu Geschlecht forterbe. Vielleicht ist
also diese ihre Kunst ein uraltes Erbe.
Die Handwerker scheinen im Rufe felsenfester Ehrlichkeit gestanden zu haben, wenn man das, was von den fr die Instandhaltung des Tempels angestellten Werkmeistern berichtet wird,

Juden

in

Megilla 26^

3 II

Kn.

24, 16.

Sukka

51

KALISCHER, D. WERTSCHTZUNG

D.

ARBEIT IN BIBEL

U.

TALMUD

59/

verallgemeinern darf. Unter der Regierung des Knigs Josia, etwa 630,
wurde eine Ausbesserung des Tempels vorgenommen, und da wird

da man auf ausdrckliche Weisung des Knigs von den


Handwerkern, Zimmerleuten, Bauleuten und Maurern, die durch Vermittelung der Werkmeister Geld bekamen, um das Rohmaterial,
Hlzer und Steine, zu kaufen, keine Rechnungslegung verlange, denn,
so wird hinzugefgt: sie handeln in Treue". ^ Der hieraus gezogene
Schlu gewinnt an berzeugungskraft durch einen ganz hnlich
erzhlt,

um

lautenden Bericht, der sich auf eine

230 Jahre ltere Zeit bezieht.


Auch unter der Regierung des dem Blutbade der Ataljah entronnenen Knigs Joas wurde der Tempel ausgebessert, ohne da
von den im Hause des Ewigen" angestellten Werkmeistern, die es
ausgaben fr die Zimmerleute und Bauleute, Maurer und Steinmetzer,
fr Anschaffung von Hlzern und Quadersteinen, Rechnungslegung

worden wre,

verlangt

denn, so

wird auch

hier

hinzugefgt,

sie

Die vollkommene Redlichkeit hat sich also in


dieser Berufsklasse wie ein Erbstck durch die Jahrhunderte hindurch

handeln

Treue".^

in

erhalten.

Von

der weiten Verbreitung des Handwerks unter den Juden

auch der Wiederaufbau Jerusalems und des Tempels nach der


Rckkehr aus der babylonischen Gefangenschaft eminentes Zeugnis
ab.
Eine groe Anzahl von Namen, deren Trger an dem Aufbau
legt

einzelner Stadtteile ttig waren,

ist

uns berliefert.^

Sie waren schwer-

Handwerker, aber doch sehr viele, die das Werkzeug fhren konnten, und alle, die nur einigermaen hierzu imlich alle gelernte

Und unter welchen Schwierigkeiten ging


das Werk vonstatten.
Von allen Seiten die feindseligsten Versuche,
den Bau zu stren, und um stets bereit zu sein, die Angriffe abzustande waren, griffen

zu.

wehren, hatten die Bauleute das Schwert um die Hften gegrtet.


Mit der einen Hand taten sie Arbeit, in der andern trugen sie die

Wie

Was schaffen da die


welken Juden?
Werden sie lebendig machen die Steine, die verbrannten, aus dem Schutthaufen?
Mgen sie doch bauen: wenn ein
Schakal hinaufspringt, bricht er ihre Steinmauer ein." 5 Nun die
Waffe." 4

spotteten doch die Gegner:


.

Sptter haben sich

geworden,

die

Kn.

'

II.

Nehem.

Das.

3,

34 f.

die Steine sind wirklich gleichsam lebendig

Mauern haben wieder Jahrhunderte standgehalten,

22, 5
3, i

geirrt,

ff.

32.

Das.

12, 12

Das.

4, 11

f.

16.

FESTSCHRIFT COHEN

598

dank der von glhender Vatedandsliebe beseelten Tatkraft und


der bewundernswerten Geschicklichkeit der kleinen Schar Zurckgekehrter.

Das Handwerk entfaltete sich in den folgenden Zeiten zu immer


hherer Blte. Manche Handwerke wurden in Familien erblich, denen
Manches Gewerbe konzentrierte
es andere nicht gleichtun konnten.
sich in gewissen Ortschaften,

dadurch berhmt wurden, andere

die

Namen, wie z. B. das Magdala der Frber.


Das Hchstma knstlerischen Knnens bekundete sich wohl in den
erhielten hierdurch ihren

Herodianischen Prachtbauten.

Man

versuchte damals auch auswrtige

Krfte, Alexandriner, heranzuziehen,

aber

sie

entsprachen nicht den

gesetzten Erwartungen, und jene Bauten sind einzig und allein

in sie

Erzeugnisse palstinischer Kunstfertigkeit.'


Wie dem Ackerbau, so entnimmt die poetische Literatur auch

dem Handwerk
werden, das

gefunden

in

hat,

zahlreiche
die

religise

und mit dem

Bilder.

Nur

eines

mag

hier

erwhnt

Poesie des Vershnungstages Eingang


eine

Weissagung des Jeremia

(18,

17)

Gott heit ihn in eine Tpferwerkstatt gehen. Dort


Miriet
sieht der Prophet den Tpfer an der Drehscheibe arbeiten.

eingeleitet wird.

ihm das Gef, das

er herstellen wollte, so

machte

er aus

dem Lehm

den Augen des Tpfers. Da ward


mir das Wort des Ewigen: Vermag ich nicht wie dieser Tpfer euch
ein anderes, wie es gut dnkte in

Haus

zu tun,

Israel?

Lehm

Siehe, wie

in

der

Hand

des Tpfers, so

Hand, Haus Israel."


Der Talmud kann sich nicht genugtun im Lobe des Handwerks. Das Handwerk schien eine noch sicherere Gewhr des Lebensunterhaltes zu bieten als der Ackerbau, bei dem man doch von den
Einflssen der Witterung abhngig ist. Mag," so heit es im Talmud, eine Hungersnot sieben Jahre dauern, zur Tr des HandZu der herrlichen Stelle im 5. Buch
werkers dringt sie nicht herein."
Mose (30,19): Ich rufe heute ber euch zum Zeugen den Himmel und
die Erde: Leben und Tod, Segen und Fluch habe ich euch vorgelegt,

seid ihr in meiner

=*

whle das Leben," bemerkt der Talmud 3; Diese letzten


Worte bedeuten ein Handwerk. R. Elieser ben Asarjah sagt: Etwas
Groes ist das Handwerk, ein jeder rhmt sich seines Handwerks, indem er seine Abzeichen auf der Strae trgt; so geht der Weber mit

du

aber

FRANZ DELITZSCH:

Siehe

Sanhedrin29^

J.

Peah, Abschn.

i.

Jdisches Handwerkerleben zur Zeit Jesu S. ijl

Ed. Krotoschin

15^.

KALISCHER, D. WERTSCHTZUNG D. ARBEIT IN BIBEL U. TALMUD


seiner Spindel hinter

dem Ohre

aus, der

599

Frber mit Wollenbndeln ber

der Schreiber oder BuchProben seiner Kunst


halter mit der Feder hinter dem Ohr".^ Etwas Groes ist das Hand-

den Ohren

als

werk," sagt ein anderer Gelehrter, es ehrt seinen Trger."

Ja wir

begegnen uerungen ber den Wert des Handwerks, die uns als
bertreibung erscheinen mssen, so wenn R. Juda ben Hai im

Wer seinen Sohn kein Handwerk erlernen


lt, der ist, als wenn er ihn zum Ruber erziehen wrde." 3
Die ungemeine Vorliebe fr das Handwerk fhrte sogar zu
Man sah das Leben
einer starken Abneigung gegen den Handel.
zweiten Jahrhundert lehrte:

Wanderleben an und warnte


davor, wenngleich der zu erwartende grere Gewinn verlockend
erschien. Mit der Aussicht auf greren Gewinn sah man aber auch
die Gefahr zu unredlichem Tun verknpft, und das war ein Hauptgrund der Talmudlehrer, sich gegen das Kaufmannsgewerbe auszu-

Kaufmannes

eines

als

ein

unstetes

sprechen.

Die Hochachtung vor den Handwerkern bekundet sich im Talmud auch darin, da es ihnen verwehrt war, sich in ihrer Arbeit
stren zu lassen, sich zu erheben, um einem Gelehrten die bliche

Ehrenbezeugung zu erweisen'*, was sonst als eine allgemeine Pflicht galt.


So wenig Rangunterschiede auch zwischen den Handwerken
gemacht wurden, so gab es doch ein Handwerk, gegen das sich
im Talmud
berei,

ein groer Widerwille zu erkennen gibt, das ist die Ger-

aber nur des blen Geruchs wegen, den

daher

sie verbreitet;

Die
auch nicht innerhalb der Stadt betrieben werden,
Notwendigkeit auch dieses Handwerks wurde natrlich nicht verkannt. Kein Handwerk ist fr die Welt entbehrlich, sagt der Talmud 0,
aber man zog begreiflicherweise die Parfmerie, die denn auch umfnglich auch von Frauen betrieben w^urde, der Gerberei vor.
Wie aber sonst alle Handwerke, alle Gewerbe berhaupt grundstzlich gleich geachtet waren, wenn auch das eine mehr empfohlen
wurde als das andere, so gilt dasselbe von den Trgern der verDoch gab es einige Klassen von Gewerbeschiedenen Berufe.
treibenden, auf die man nicht gut zu sprechen war, und die eben ihr
durfte

sie

Aboth d. R. Nathan, Ausg. von Schechter


Nedarim 49*^.

Kidduschin 29
Das. 33^.
B. Bathra 25 ^

Kidduschin 82 ^

3
4

23^-

FESTSCHRIFT COHEN

6oo

Gewerbe

selbst in

Verruf brachten.

Dazu gehren

in

erster Linie

den Verkehr innerhalb der Stadt oder von Stadt zu


Land vermittelten, ferner die Kamelfhrer und die Schiffer. Indes
erheben sich doch fr diese letzteren Klassen Stimmen, die sie fr
wackere Leute erklren, an den Eseltreibern aber laut niemand ein
gutes Haar. Sie gelten als Leute, die ihre Auftraggeber zu prellen
Allein strengste Rechtschaffenheit in Handel und Wandel,
suchten.'
das war natrlich die unbedingte Forderung, wie der Bibel, so des
die Eseltreiber, die

Talmud, und darum warnten ja die Mnner des Talmud, wie bereits
bemerkt worden, vor Berufen, bei denen die Gefahr der Versuchung,
vom Pfade der Redlichkeit abzuweichen, eine grere ,war. Die
Gleichwertung aller Arbeit bei guter Gesinnung kommt im Talmud
zuweilen in sehr eigenartiger Weise zum Ausdruck. Die Gelehrten
hier gab es bekanntlich ein berhmtes Lehrhaus
von Jahne
heit es, stellen folgenden Wahrspruch auf: Ich bin ein Geschpf
Gottes, mein Nebenmensch ebenfalls; ich habe mein Berufsgeschft
in der Stadt, er auf dem Felde; ich eile frh an meine Arbeit, er an

die seine; wie er es mir nicht in meiner Arbeit zuvortun kann, so

ich

ihm

nicht

in

der seinigen; denkst du aber etwa:

ich erwirke

Groes, er Geringes, so haben wir gelernt: ob Groes oder Geringes,


das

das

wenn nur der Sinn

gilt gleich,

Tun
Vor

zu Gott gerichtet

ein Gott geflliges, redliches, wahrhaftiges


allen

Dingen

soll

darum empfehlen
Kraft und Fahrigkeit

man

h. also

d.

ist.

jeder suchen, sich seine Unabhngigkeit

zu wahren, und

irgend die

ist,^

die

Talmudlehrer jede Arbeit, zu der

ausreicht.

Ja noch mehr,

sie ver-

wenn sie auch noch


so fremdartig erscheint, um nur nicht den Menschen zur Last zu fallen.3
das will sagen,
Mache lieber den Sabbat zum Wochentage"
langen, da

sich zu jeder Arbeit verdinge,

verzichte

lieber

auf die besseren Sabbatmahlzeiten

andere Leute nicht


Arbeit,

in

Anspruch"."*

wenn auch noch

gefallener Tiere

genannt

so niedrig"

Verrichte

als

nur

um Lohn

nimm

jegliche

solche wird das Enthuten

und sage nicht: ich bin

ein Priester,

vornehmer Mann, sie geziemt mir nicht."


Da solche Lehren das Selbstbewutsein der Handwerker und
der Arbeiter berhaupt heben und strken muten, ist natrlich.

ein

Kidduschin 82.
Berachoth 17 ^
B. Bathra IIO^
Pesachim II2^ 113*.

Das. 113*.

KALISCHER;

Dafr nur

WERTSCHTZUNG

D.

eine Probe

als

Brunnenmacher

in

der glnzendsten

ARBEIT IN BIBEL U. TALMUD

dem

eine Erzhlung aus

Namen

in

Ich

Midrasch: Ein

Juda: Ich bin so gro wie du.

vollfhre,

ebenso verdienstliches

Werk

Warum?

antwortete der Brunnenmacher,

wie du,

denn ich arbeite auch

das allgemeine Wohl, indem ich fr reines klares Wasser

und Baden

60I

Jerusalem sagte zu R. Jochanan ben Sakkai, einem

fragte R. Jochanan.
ein

D.

fr

zum Trinken

Dieser Logik vermochte der Rabbi nichts ent-

sorge.^

gegenzusetzen.
Alle die Aussprche des biblischen und talmudischen Schrifttums

ber die Wrdigung der Arbeit

wir

aller Art, die

vernommen haben,

tragen natrlich ihren Wertmesser in sich, wir gewinnen aber einen

neuen Mastab, wenn wir damit in aller Krze in Vergleich ziehen,


was die groen Mnner im Volke der Hellenen
von anderen

Denker Griechenlands, Plato und Aristoteles, hierber gedacht und gelehrt haben.
So grundverschieden auch ihre philosophischen Lehrgebude sind,
in der Geringschtzung, ja in der Verachtung jeglicher krperlicher
Arbeit sind beide eines Sinnes. Es soll nicht verschwiegen werden,
da andere griechische Philosophen, namentlich Sokrates und spter
die Stoiker, eine bessere Schtzung fr die krperliche Arbeit haben,
aber Plato und Aristoteles bringen doch in dieser Beziehung das
Vlkern nicht zu reden

wirkliche Hellenentum

Bann der

was

die beiden grten

zum Ausdruck.

Sie stehen beide unter

dem

Vorstellung, da die Sklaverei eine von der Natur gewollte

Einrichtung

sei.

Nach

eigentlich in Freie

ihrer

Anschauung

zerfllt

und Unfreie oder Sklaven.

nur die Handvoll begnstigter Hellenen,

und Aristoteles macht

alle

sich das Dichterwort:

die

Menschheit

Die Freien, das sind


brigen sind Barbaren,

Es

ist

billig,

da die

Griechen ber die Barbaren herrschen," mit der Begrndung zu eigen,


da das Barbarische und das Sklavische dasselbe ist.^ So sind dem-

nach

Menschen die geborenen Sklaven


vllige Verwechslung von Ursache

die Barbaren, d. h. alle brigen

Und

der Hellenen.

es ist wie eine

und Wirkung, wenn Aristoteles die gequlte Definition aufsteUt: Wer


von Natur nicht sich, sondern einem andern gehrt, aber ein Mensch
ist, der ist von Natur ein Sklave".^
Hier wird der Natur zugeschrieben,
was erst durch menschlichen Zwang herbeigefhrt worden ist.
Die Sklaven werden den Haustieren gleichgeachtet.
Der
Stier" (zum Pflgen), sagt Aristoteles, vertritt bei den Armen den
zu Koheleth

Midr.

Aristot. Politik.

Das.

r.

I,

4:

I,

4, 17.

2; 1252'', 7

1254^ 14

f.

ff.

Ed. Bekker.

FESTSCHRIFT COHEN

602

Fr

Sklaven."^

auch gerecht und

die Sklaven sei es

ntzlich Sklaven

zu sein.

Die harmonische Ausbildung von Krper und Seele war das


Ideal, das unsere Philosophen fr den Griechen erstrebten und im
Staate
ist

werden.

sollte es verwirklicht

und der Wissenschaft,

die Pflege der Sittlichkeit

durch Tugend,

d.

h.

durch

Seine eigentliche Bestimmung

alle

die Staatsbrger

mgliche Tchtigkeit, glckselig zu

machen.

Das

sind fraglos hochsinnige

Mehrheit

der

Menschen

Anschauungen, nur schade,


da der Begriff des Staatsbrgers, des Vollbrgers gar zu eng gefat
wurde, da nur eine verschwindende Minderheit dieser Glckseligkeit
teilhaftig werden konnte.
Diese Beschrnktheit des Horizonts, die
das Sklaventum als eine Naturnotwendigkeit ansah, der die ungeheure
war,

verfallen

Arbeit den Stempel der Unfreiheit

drckte

aller

krperlichen

Landbauer und Handwerker,


Handel- oder Gewerbetreibende sind in den Staatengebilden unserer
Philosophen vom Brgerrecht ausgeschlossen, wie es auch tatschlich
in den griechischen Staaten der Fall war.
Alle diese Bevlkerungsklassen sind politisch unmndig. Man erkannte natrlich wohl die Notwendigkeit ihres Vorhandenseins im Staate an, aber Teile des Staates
bilden

sie nicht,

auf.

bildet keine Klasse,

der Verwirklichung der

Tugend

dachten auch nicht daran,

die,

nicht ttig

in ihren

wie Aristoteles sagt, bei

ist.*

Aber

die Philosophen

Staaten durch Erziehung dahin

zu wirken, da jene Volksklassen der

Tugend

teilhaftig

wrden.

Auf

woher denn leben, wenn man nichts erwirbt, haben sie


die Antwort bereit, da die Besitztmer natrlich den Brgern gehren mssen, wenn es notwendig ist, da die Ackerbauenden Sklaven

die Frage,

oder Barbaren oder Hintersassen

Wahrlich

grellere

sind.J

Gegenstze

griechischen Philosophen einerseits,

Anschauungen der grten


der biblischen und nachbiblischen

als die

und der Rabbinen andererseits lassen sich kaum denken.


Hier
Wie ganz anders malt sich doch die Welt in diesen Kpfen
herrscht bei allem noch so stark ausgeprgten Nationalbewutsein
der lebendige Begriff der Menschheit als Einheit, der bei den
griechischen Philosophen vllig fehlt; hier gelten alle Menschen als
Kinder eines Vaters, des Schpfers Himmels und der Erden;
Schriftsteller

Aristot. Polit. 1,2; 1252'', 12.

Das. VII, 9; 1329*, 19


Das. 1329 ^ 24 ff. Zu dem Abschnitt ber Plato und Aristoteles
Zeller, Philosophie der Griechen 2, i IV. Aufl. S. 889 f., 896, 859; 2, 2
*

fif.

S. 604, 682, 686, 691, 693, 702, 729,

739

f.

vgl.

noch

III. Aufl.

KALISCHER,

D.

WERTSCHTZUNG

D.

ARBEIT IN BIBEL

U.

TALMUD

603

von Natur alle gleich frei. Die Sklaverei ist keine


Sklaverei
natrlich gegebene Einrichtung, keine staatliche Institution.
der Stammesgenossen gibt es im mosaischen Staatsrecht berhaupt
nicht, es ist nur ein hchstens sechs Jahre dauerndes MietsverhltWer einen Volksgenossen zum
nis zwischen Diener und Herrn.

darum

sind

Sklaven kauft, sagt der Talmud, der

ist,

als

sich

setze er

einen

Herrn ber sich selbst.^ Und die Sklaverei von Nichtstammesgenossen war nur geduldet und durch auerordentlich humane GeKommt es nicht einer Aufsetze eingeschrnkt und gemildert.

hebung der Sklaverei gleich, wenn der flchtige nichtjdische Sklave


seinem Herrn nicht ausgeliefert werden durfte? Ja, so heit es aber
im fnften Buch Mose (23, 16 f.): Du sollst den Sklaven seinem
Herrn nicht ausliefern, wenn er sich zu dir vor seinem Herrn rettet.
Bei dir soll er wohnen, an dem Orte, den er erwhlt, in einem deiner
Tore, wo es ihm gut dnkt; du sollst ihn nicht krnken."
In Griechenland war der Fremde an sich rechtlos, und selbst
wenn ihm der Staat seinen Schutz zugesagt hatte, bedurfte er, um
ein Recht wirklich zu verfolgen, der Vermittelung eines Einheimischen".^
Im mosaischen Staatsrecht gilt fr den Fremden dasselbe Gesetz, dasselbe Recht wie fr den Einheimischen (z. B. Num. 9, 14; Levit. 19, 33f.).
Aus dem Begriff der Menschheit und der natrlichen Freiheit
ergibt sich, da alle ein natrliches Recht an den Gtern der Erde
haben,

Auffassung des jdischen Geistes, die ich


Ihnen darzulegen versucht habe, die Aufgabe, die Freiheit zu wahren,
ergibt

sich

um

als

unwrdige Abhngigkeit von anderen zu


Allen
geraten, ergibt sich die Arbeit als eine sittliche Forderung.
ist gleiches Recht verliehen,
aber auch gleiche Pflicht auferlegt.
zu arbeiten,

nicht in

Tugenden aneignen und sie ben, alle sollen, indem


eigenem Nutzen arbeiten, sich bewut sein, da sie zugleich

Alle sollen sich


sie

zu

einem hheren
gesehen haben,

Ziele,
alle

der Allgemeinheit dienen.

Darum

ist,

wie wir

Arbeit gleichgeachtet, hochgeschtzt.

Die griechischen Philosophen betrachteten das theoretische Leben,


das der Philosophie als Inbegriff der Wissenschaft geweihte Leben
als das hchste.
Dieser Ansicht
huldigt
das ist unzweifelhaft
auch der Talmud. Das Studium der Thora, der Gotteslehre, die ja

als die

Quintessenz

aller

Kidduschin 20^, 22^.

'

Handbuch der

MiJLLER IV,

I,

II.

Wissenschaft

galt,

klassischen Altertumswissenschaft,

Aufl. S. 15.

obersten

Rang

herausg. von

IWAN

nahm den

FESTSCHRIFT COHEN

6o4
in

der Reihe der menschlichen Ttigkeiten

ein, bildete

das erstrebens-

Die frher erwhnte Abneigung


der Talmudlehrer gegen das Kaufmannsgewerbe hatte auch darin
seinen Grund, da sie meinten, der Handeltreibende finde weniger
Mue zu geistiger Ttigkeit, Zu der wundervollen Stelle im 5. Buch

werteste Ziel des irdischen Daseins.

Mose

(30,

1 1 ff.)

Die Lehre, die ich

dir

heute gebiete ...

ist

nicht

Meeres" bemerkt der Talmud: Du findest sie nicht bei


Kaufleuten und Hndlern,'' die groe Reisen machen mssen."
Die Beschftigung mit der Thora sah man als etwas Selbst-

jenseits des

Thora selbst geThora gelernt", sagt R. Jochanan ben


darauf zugute, denn dazu bist du ge-

verstndliches an, als die Erfllung einer von der

botenen

Pflicht.

Hast du

viel

Sakkai, so tue dir nur nichts

Von

schaffen."*

dem

R. Jochanan rhrt das

Wort

her: Einen Mhlstein

wenn dir auch noch so viele Verpflichtungen


obliegen, aber mit der Thora mut du dich beschftigen.^ Wie aber,
wird andererseits im Talmud gefragt, lassen sich dann die Arbeitspflichten in bereinstimmung bringen mit dem Worte der Schrift
(Jos. I, 8): Es soll nicht weichen dieses Buch der Lehre von
auf

Halse,

d. h.

deinem Munde (und du sollst darber sinnen Tag und Nacht)?" Und
die Antwort lautet freimtig: das sei eben nicht buchstblich zu
nehmen.* In der Geistesarbeit allein sah man nicht die Erfllung
der Lebensaufgabe des Menschen, sondern in ihrem Verein mit der
Hndearbeit. So lehrte denn auch Rabban Gamliel, der Sohn des
R. Juda des Frsten: Schn ist das Studium der Lehre in Verbindung mit einer Erwerbsttigkeit, denn die gemeinsame Pflege
beider hlt Schuld fern, dagegen hat das Studium ohne Erwerbsttigkeit keinen dauernden glcklichen Bestand." s Damit folgte Rabban
Gamliel nur den Spuren seines ungleich berhmteren Vaters, von

dem

berkommen hatte, der da sagte;


mache dir neben dem Thorastudium ein Handwerk zu eigen.^
Freilich lassen sich auch entgegengesetzte Stimmen vernehmen,
da Studium mit der Ausbung eines Handwerks oder Gewerbes
er

die

berhaupt

Patriarchenwrde

nicht

vereinbar

sei,

darunter

auch

die

des Jesus

ben

durch Rabban Gamliel den soeben gehrten prgnanten Ausdruck gefunden


Sirach,7

*
4

^
7

aber zur Geltung gelangt

ist

die Ansicht,

auch Pirke Aboth 2, 6; 4, 12


3 Kidduschin 29
Pirke Aboth 2, 9.
5 Pirke Aboth 2, 2.
Berachoth 35''.
Midr. r zu Koheleth 9, 9.
22, 2; Kautzsch, Die Apokryphen etc. I, 341.
Erubin 55^;

vgl.

'^.

6, 6.

die

KALISCHER, D, WERTSCHTZUNG

Aussprche

hat.

Und

dieser

Art

ARBEIT IN BIBEL

D.

im

sind

Talmud

das blieb hinsichtlich des Handwerks

hinsichtlich des

Durch mehr
uns der Talmud berliefert
Ackerbaues.

Rabbinen,

die

vertreten,

darunter

sogar das

so

R. Jose ben Chalaphta,

TALMUD

sehr

605

zahlreich.

wenig Theorie wie


hundert Namen von

so
als

hat,

unbeliebte

U.

ist

das Handwerk

der Gerberei

in

der

von R. Akiba.
Ein anderer Schler dieses hochgefeierten Mannes, Juda ben Hai,
war Bttcher, und es wird erzhlt, da er selbst ein Fa, das ihm
als Katheder diente, ins Lehrhaus trug.
R. Akiba selbst erwarb
seinen Lebensunterhalt durch Holztragen; ebenso war der groe
Hillel Tagelhner.
Viele hatten Beinamen, die das von ihnen betriebene Handwerk bezeichneten.
So R. Jizchak Nepachta, d. h. der
Schmied; R. Jochanan Hassandelar, d. h. der Schuhmacher; R. Juda
Hanachtom, d. h. der Bcker; R. Nehemia Hakador, d. h. der
Tpfer usw.
Alle diese Gelehrten lebten buchstblich von ihrer
Person

Hnde

des

eines

Schlers

Arbeit, und wer wte nicht, da derartige Gestalten, deren

leuchtende Vorbilder ebendiese Talmudlehrer waren, bis in unsere

Tage

hineinragen, und wer es nicht selbst in der eigenen oder anderen

Familien erlebt hat, der hat es von Gromutter erzhlen hren.

den Staatengebilden unserer griechischen Philosophen darf


kein Ackerbauer oder Handwerker zum Priester bestellt werden, ' im
Judentum durfte selbst der Hohepriester aus dem Handwerksstande
In

Nur wenige Handwerke waren davon ausgenommen,


nmlich solche, bei denen die Versuchung zu einer sittlichen Ver-

hervorgehen.

fehlung stark war.^

Wie konnte

denn auch anders sein, da die


Vorbilder, die Urbilder in der Bibel gegeben waren, die Helden,
Knige und Propheten von der Herde oder vom Pfluge weg zu ihren
hohen Sendungen berufen sein lt! Gideon war beim Weizendreschen,
als er die gttliche Botschaft empfing, da er zum Fhrer in Israel
berufen sei, sein Volk aus der Hand der Midianiter zu befreien.3 Saul
es

zog aus, seines Vaters Eselinnen zu suchen, und errang eine Knigs-

Und nachdem

krone.

er bereits

zum Knige

gesalbt und ausgerufen

worden war, ging er dennoch seiner gewohnten Ttigkeit nach. Als


Boten nach Gibeat, seinem Wohnort, kamen, um Hilfe gegen einen
Anschlag der Ammoniter zu suchen, da, so wird erzhlt, kam Saul
gerade hinter den Rindern vom Felde her.'^ Ebenso vertauschte
^

Aristot. Polit. VII, 9;

Kidduschin 82^;

Richter

6, 11.

Sam.

II, 5.

4 I.

vgl.

1329^ 29 f.
auch DELITZSCH

a. a.

O.

S. 41.

FESTSCHRIFT COHEN

6o6

David den Hirtenstab mit dem Knigszepter. Vom Knig Usia wird
ausdrcklich gerhmt, da er den Ackerbau liebte.' Der Prophet
Arnos war ein Hirt, der nebenbei Maulbeerfeigenbume zog und sich
von ihren minderwertigen Frchten nhrte.* Elisa, der
Jnger des Propheten Elia, wurde vom Pfluge hinweg zu seiner
Propheten-Mission berufen.^ Und der erhabenste und gewaltigste von
allen, Mose, Moscheh Rabbenu, unser, der Menschheit grter Lehrer,
vielleicht

was war er denn, als er seine weltgeschichtliche Sendung antrat, aus


einer Masse von Sklaven ein freies Volk zu schaffen, es umzuschaffen,
da es der Bannertrger seiner Ewigkeitsgedanken durch die Jahrtausende der Geschichte, da es, wie ein Prophetenwort lautet, zum
Licht der Vlker werden konnte! Ein Hirt, wie er war, ist er ein
Hirt der Menschheit geworden.
Wenn nun in neuerer Zeit, seit den Tagen der beginnenden
Emanzipation und noch frher sich das Bestreben geltend macht und
in zahlreichen Vereinen zum Ausdruck gelangt, Ackerbau, Boden-

und Handwerk unter den Juden zu verbreiten und zu frdern,


so ist dies kein neues, kein fremdes Reis, das auf den israelitischen
Stamm gepfropft wird, sondern nur eine Rckkehr zu der uralten
Lebensfhrung, zu den ureigenen Lebensgewohnheiten, die bis tief
in das Mittelalter hinein gepflegt wurden, eine Wiederbelebung der
Volksinstinkte, die durch eine weltgeschichtliche Tragdie ohne
Gleichen wohl zurckgedrngt, bis zur Unkenntlichkeit verhllt, aber
Und so bietet sich berall das Schaunicht erttet werden konnten.
spiel, da dieses geknechtete Volk, dem mit unfabarer Verleugnung
kultur

aller

Menschlichkeit zu

seiner Lebensfristung

wenig mehr

als eine

mit einem Makel behaftete aufgezwungene Erwerbsttigkeit gelassen

wurde,

sobald

nur ein Schimmer von Freiheit

in die

dunklen und

dumpfen Mauerlcher des Ghettos drang, in Scharen zum Pfluge


und zum Werkzeug griff und es hierin bald seinen Bedrngern gleich,
wenn nicht zuvortat. Die neueren Forschungen geben hierber die
Um nur von der neuesten Zeit zu
erquicklichsten Aufschlsse.
sprechen und nur auf das Land hinzuweisen, in dem die Juden
das im Jahre 1900
heute noch am furchtbarsten zu leiden haben

in

deutscher bersetzung 4 erschienene, wie durch ein

Vernichtung, zu

^11. Chron. 26,

vor der

der es bestimmt war, gerettete Buch Die Juden

10.

Kn.

"

Arnos

Von August Scholz, Concordia Deutsche

7, 14.

Wunder

I.

19, 19.

Verlagsanstalt.

KALISCHER,
in

D.

WERTSCHTZUNG

D.

ARBEIT IN BIBEL

U.

TALMUD

00/

Ruland", das lediglich aus Urkunden und Zeugnissen russischer

Behrden und nationalrussischer Autoritten von Militr- und Zivilgouverneuren und anderen hohen und hchsten Verwaltungsbeamten,
von Bischfen und Erzbischfen und Schriftstellern auf allen Gebieten zusammengesetzt, also von jeglichem Verdacht einer aprirorischen
Vorliebe fr die Juden absolut frei ist, redet eine ebenso erschtternde Sprache von ihrem Elend als eine bewundernde von der unbedingten Hingabe der Juden an die krperliche Arbeit, von ihrem
rastlosen Flei, ihrer ungeheuren Energie und unermdlichen Ausdauer, ihrer Opferfreudigkeit, ihrer Gengsamkeit, Sparsamkeit und
Migkeit, und auch, wir wollen es gern anerkennen, eine trstliche

von der humanen Gesinnung und dem Gerechtigkeitsgefhl eines


Teiles jener Oberschichten des russischen Volkes.
die

Kundgebungen

mit

dem Jahre 1772.


Von diesen Tugenden

nicht

ber das Jahr 1888

Allerdings reichen

hinaus und beginnen

des arbeitenden Volkes wei jeder Be-

groen oder kleineren jdischen Organisationen zu erzhlen


sind es, die das fortschreitende Gedeihen und Blhen der

richt der

und

sie

jdischen Kolonien verbrgen und

dem groen Werk

der erstrebten

Kolonisation Palstinas und der umgrenzenden Lnder, bei


etwas, wie das

Wehen

dem man

des alttestamentarischen Urgeistes versprt,

das Gelingen verheien.

Es wre durch nichts gerechtfertigt zu meinen, da diese Tugenden


dem Juden von Natur eigen sind, ihnen mehr als anderen Nationen. Sie
sind vielmehr sicheriich nichts anderes als das nach den Gesetzen der
Vererbung immer mehr gefestigte Resultat einer tausendjhrigen Erziehung, deren Grundstze sich in den religis-sittlichen Kernlehren
verdichtet haben, von denen ich einige Ihnen vor die Seele zu fhren
die

Ehre

hatte.

demnach dem Wunder der Geschichte gegenber zum Schlu immer wieder fragen: Wie war es mglich, da

Und wenn

wir uns

den Strmen seines eigenen von Hunderttausenden von Henkern vergossenen Blutes untergegangen ist ? Wie
war es mglich, da dieses Volk, von Ort zu Ort, von Land zu
Land gejagt, gehetzt, zu Tode gengstet, immer umgeben von dem
das jdische Volk nicht

in

schrecklichsten der Schrecken, einer wahnbetrten Menschheit, am


Leben blieb? Wie konnte, um nochmals an das Psalmwort zu er-

Jahrhunderte hindurch Pflger


gepflgt und Furchen darein gezogen haben, wieder gerade und die
Wenn wir uns diese Fragen vorlegen,
Furchen geglttet werden?

innern, dieser Rcken, auf

dem

viele

I
i
FESTSCHRIFT COHEN

608
SO wei ich wohl, da

mehr

Antwort darauf gegeben werden

als eine

kann, aber keine, die der Wahrheit nher

kommen

drfte als diese:

Es waren die Geistesschtze, die das jdische Volk auf seiner Wstenwanderung durch die Jahrhunderte begleitet haben; sie bildeten die
schtzende Wolke im Rcken der Vertriebenen und ruhelos Wandernden und die voranziehende Feuersule,
ungewissen Zieles
Geschichte,

die

das Dunkel ihres

war der Auf blick zu den Helden

erhellte; es

seiner

auf eine unvergleichliche Vergangenheit

der Rckblick

und der Ausblick und die Hoffnung auf die verheiene Zukunft; es
war die religis-sittliche Kultur, die Mose geschaffen, fr die die
Propheten gestritten und gelitten, die die Makkaber vom Untergange gerettet und die Talmudlehrer erneuert und mit Schutzwllen

umgeben haben.

Das

sind

die

Mchte,

jhrigen Leidens der Seele die Gesundheit,


kraft erhalten

Unkundige

haben.

Und

eben

die

sich nur als spitzfindige,

die

dem

des tausend-

trotz

Geiste die

Talmudlehrer,

die

Schwunggar viele

haarspaltende Dialektiker vor-

Wahrheit aber zum grten Teil Mnner von hohem Gedankenflug, von berragender sittlicher Gre und Kraft, sie stehen
angesichts des Zusammenbruchs der antiken Kultur und der hereinbrechenden Finsternis und der Greuel der Verwstung des Mittelalters wie mit flammenden Schwertern vor den Pforten des selbstgeschaffenen geistigen Paradieses, der durch sie gefestigten religissittlichen Kultur und wehren allem Fremden und Unreinen den Eingang. Und ein Stck dieser religis-sittlichen Kultur bilden auch
stellen, in

und die bis zur selbstverstndlichen Verpflichtung gesteigerte Ermunterung, das Thorastudium,

die hochsinnigen

Lehren ber

die Arbeit

die geistige Arbeit mit der krperlichen zu verbinden.

Und

wie sehr

gewandelt haben, der


ethische Gehalt der Lehren dieser Mnner hat nichts von seinem
Werte eingebt und es ist nicht zuviel gesagt, da die Kernlehren
des Talmud nicht blo auf dem Gebiete, das ich Ihnen vorzufhren

sich

auch

die Verhltnisse gendert, die Zeiten

versucht habe, sondern auf fast allen Gebieten der sozial-ethischen

Lebensuerungen geprgt erscheinen

fr die Ewigkeit.

Ich kann diese Arbeit nicht verffentlichen, ohne zu erwhnen,

da ich hierzu durch


bin,

ein

Manuskript meines Vaters angeregt worden

der vor einer langen Reihe von Jahren im Literatur- und Kultur-

Verein der jdischen Gemeinde

Gegenstand gehalten

in

Thorn einen Vortrag ber diesen

hat, der ein reiches Quellenmaterial enthlt.

Auge um Auge, Zahn um Zahn


Von

Rabbiner Dr.

J.

HOROVITZ-Frankfurt

a.

M.

Wenn

Shylock zu seinem jdischen Freunde Tubal sagt: Geh,


geh, Tubal, und triff mich bei unserer Synagoge, Tubal geh,
guter Tubal! bei unserer Synagoge, Tubal, so will der Dichter wohl
andeuten, da auch die Synagoge im weiteren Sinn des Wortes mit
!

dem Rachedurst Shylocks

und ihn schlechterdings


gutheit, ja noch mehr, da der Jude in seinem Hasse gegen den
Christen durch seine Religion bestrkt wurde und doppelt des Juden
Freund wird durch den gemeinsamen Ingrimm gegen den Nichtjuden. Darum, Tubal, guter Tubal
Tubal! So sehr Shakespeare
diese fleischgewordene Rachgier trotz aller offenbar berechtigten
einverstanden

Antipathie,

ber

Blinden die

Augen

die

Ausgang des Dramas auch manchem

der

ffnen

ist

sollte,

aus den persnlichen Erfahrungen

des jdischen Wucherers und aus den Schicksalen seines Stammes


psychologisch begreiflich zu machen sucht', und so sehr vielleicht
Erst in der Novellensammlung Pecorone, die FlORENTlus 1378 schrieb,
dem reichen heidnischen oder christlichen Kaufmann ein Jude. Siehe
H. Grtz, Shylock in der Sage, im Drama und in der Geschichte (Monatsschrift
'

wird aus

Geschichte und Wissenschaft des Judentums 28. Jahrgang 1880, auch separat
bei MONASCH, Krotoschin erschienen) S. 10 f., der nachweist, da smtliche Legenden ohne Beteiligung eines Juden lter sind als das Jahr 1348, das bekanntlich die Beschuldigung der Quellenvergiftung und anderer seit jener Zeit den
Juden zur Last gelegten Ungeheuerlichkeiten heraufbeschworen hat. Wenn brigens SOMBART (Die Juden und das Wirtschaftsleben S. 13) schreibt, da Rodrigo
Lopez ,,der Jude sei, nach dem Shakespeare den Shylock prgte", so fhrt eine
solche Ausdrucksweise zumal im Munde dieses Gelehrten leicht irre. Lopez,
der ehemalige Leibarzt und Vertrauensmann der Knigin Elisabeth in diplomafr

tischen Angelegenheiten,

wurde

infolge

mannigfacher Intriguen, ber die

man

das Nhere bei Lee, The original of Shylock, in Gentleman's Magazin, Februarheft 1880, bzw. bei Grtz a. a. O. S. 23 ff. nachlesen kann, im Jahre 1594 als

39

FESTSCHRIFT COHEN

6lO

auch neben anderen Umstnden gerade die Notwendigkeit einer


solchen Seelenanalyse dazu beigetragen haben mag, aus dem ehemals heidnischen oder christlichen Geldverleiher einen jdischen zu
machen, wesentlich mitgewirkt hat sicherlich das der allgemeinen
Anschauung der damaligen Christenheit mit seiner anklagenden Ten-

und Blut bergegangene Wort der Bergpredigt: Ihr


habt gehrt, da gesagt ist, du sollst deinen Nchsten lieben und deinen
denz

in Fleisch

Feind hassen, ich aber sage, ihr sollt eure Feinde lieben." (Matth
V, 43f.) sowie das andere: Euch ist gesagt worden, Auge um Auge,
Zahn um Zahn. Ich aber sage euch, ihr sollt nicht widerstreben
Bsen, sondern, so jemand dir einen Streich gibt auf deine
rechte Wange, dem biete auch die andere dar, und so jemand mit

dem
dir

rechten und

dir

den

Rock nehmen will, dem gib auch den


Da das Judentum nie und nimmer

Mantel" (Matth V, 38 ff.)lehrt, den Feind zu hassen, da im Gegenteil der Begriff der

schen Nchstenliebe auch den Feind

begreift,

sich

in

bibli-

insofern

als

auch dieser persnlich Fernste darum doch nicht aufhrt, ein Nchster
zu bleiben im Sinne der Humanitt, wird jetzt mehr und mehr, wenn
auch nicht mit solcher Deutlichkeit, zugegeben. Reden doch die
Gesetze und Ermahnungen: Wenn du den Ochsen deines Feindes
oder seinen Esel umherirren triffst, bringe ihn ihm zurck. Siehst du
den Esel deines Hassers zusammenbrechen unter seiner Last, und
du wolltest unterlassen ihm aufzuhelfen, hilf ihm auf." (Exodus XXIII,
4 und 5), Wenn dein Feind fllt, freue dich nicht, und wenn er
strauchelt, frohlocke nicht deine Seele".

(Sprche XXIV,

wenn

dein Hasser hungert, gib ihm Brot zu essen,

ihm Wasser zu

trinken" (Sprche

XXV,

und

21)

17.)^

Wenn

ihn durstet, gib

viele

andere eine

Hochverrter gehngt. Ganz abgesehen aber davon, da die Akten deutlich


seine Unschuld erweisen (S. a. a. O. S. 28), stammt das Bild des hartherzigen
Glubigers und Wucherers wie die Fabel der Dichtung durchaus aus der viel
lteren Legende. Auch in der Hinsicht hat Shylock mit Lopez jedenfalls nichts
gemein, da weder Christenha noch erfahrene Zurcksetzung in dessen Proze
eine Rolle spielt. Nach der viele beachtenswerte Gesichtspunkte enthaltenden
Abhandlung von D. HONIGMANN (ber den Charakter des Shylock. Jahrbuch
der deutschen Shakespeare-Gesellschaft. Bd. XVH S. 201 ff.) ist aber die ganze

Hypothese Lees sehr

in

Frage

gestellt.

Zugleich der Lieblingsspruch von Samuel hakatan, den die Sprche der
Vter IV, 19 wegen seiner fr die Sittenlehre grundlegenden Wichtigkeit noch
besonders hervorheben. Rabbenu Jona schreibt: Samuel pflegte diesen Schrift'

vers
die

immer wieder anzufhren, weil er


meisten Menschen versndigen". S.

eine wichtige
bi^)V

irm

z.

Lehre
St.

ist,

gegen die sich

UM

HOROVITZ, AUGE
deutliche Sprache.

Hier

sei

UM ZAHN

AUGE, ZAHN

6ll

nur noch erinnert an das Wort: Auch

denen gegenber, die mir fluchen, schweige meine Seele", das


in den Schlustzen des tglichen Gebetes gesprochen wird, und
wie jene anderen dem Gebete eines hervorragenden Amorers
(Berachoth 17 a) entnommen ist. Wir sehen, auch in dem Feind
drfen wir den Menschen nicht vergessen.
Nicht nur, da wir
verpflichtet

sind,

auch

ihm

gegenber

selbstverstndlichen

die

Forderungen der Menschenliebe zu erfllen, sein Leben und Eigentum


zu schtzen und zu erhalten, da wir unseren Ha nicht abladen
drfen auf das unschuldige Tier, das ihm gehrt, wir mssen auch
sonst unsere elementare Rachgier gebieterisch schweigen heien, ja
selbst ein beginnendes Gefhl der Freude und Genugtuung niederkmpfen, wenn die Bestrafung unseres Widersachers eine Tatsache
und ganz ohne unser Zutun erfolgt ist.
Vielleicht, da jener An-

der Bergpredigt nur ein rhetorisch krftiger Ausdruck fr den

griff

Gedanken

sein

will,

da

das Judentum

kein spezielles Gebot der

Feindesliebe kennt, wie es doch die Fremdenliebe noch besonders

Das wre

eingeschrft hat.

Schrifttums

die

angesichts der klaren Aussagen unseres

psychologisch gnstigste Auslegung fr jene Be-

hauptung des Neuen Testaments \

Man

wei

ja,

wie sehr die Rede-

H. Cohen macht in seiner Abhandlung; Liebe und Gerechtigkeit in


den Begriffen Gott und Mensch (Jahrb. fr jd. Geschichte und Literatur.
Bd. III. S. 75 ff., s.S. 108) geltend, da Jesus im stoischen Stil des Zeitalters als das
Ideal eines Weisen aufgestellt werde. ,,Und zu diesem Idealbild gehrt die
Freiheit von Affekten. Die Liebe ist ein Affekt, und der Weise soll frei von
Affekten sein. In der Feindesliebe heben sich die gegenseitigen Affekte der
Liebe und des Hasses auf." Nach dieser geistvollen Auffassung wre aber die
Tendenz des Angriffs ebensosehr auf der einen Seite verschrft wie auf der anderen Seite wiederum gemildert und darum erst recht nicht verstndlich. Indem
das Evangehum nur die Freiheit von Affekten predigte, die eigentliche Liebe
aber berhaupt bekmpfte, htte es gewi keinen Anla, dem Judentum an
derselben Stelle mit solchem Affekt eine Feindesliebe abzustreiten, die selber
eigentlich keine Liebe mehr ist. Diese Erklrung wre meines Erachtens nur
mglich, wenn es heien wrde: ,,Euch ist gesagt worden, du sollst deinen
Nchsten lieben, ich aber sage, du sollst deinen Feind lieben", der Mittelsatz
^

aber nicht stnde.

J.

Eschelbacher

hat in

dem

fnften Kapitel seines verdienst-

Das Judentum und das Wesen des Christentums (Berlin, Poppelauer 1905) nachgewiesen, da die heftigen Reden Jesu gegen die Phariser
eine immer schrfer gewordene Waffe des aufstrebenden Christentums waren".
Die Formel: Euch ist gesagt worden usw. findet sich nur bei Matthus, der
auch die Rede mit den sieben Weherufen ber die Phariser komponiert hat
(a. a. O. S. 81). Zu dem, was Cohen S. io4f. ber Leviticus XIX, 17 f ausfhrt,
vgl. die Schrift meines Vaters s. A. Frankfurter Rabbinen III, S. 55 ff.
vollen Buches,

39*

FESTSCHRIFT COHEN

6l2

form der Antithese, so geeignet sie sein mag, gegenstzliche Auffassungen schnell und klar anschaulich zu machen, eben darum auch
die

Versuchung nahelegt, zu bertreiben und zu berspannen.

sie

unterliegt

stilistisch

um

ihr

so

immer wirksam

Allerdings

eher,

als

solche

eine

Und

Gegenberstellung

bleibt.

das hat das Judentum nicht gelehrt, da

man den

begngte sich damit zu


verhindern, da er von dem Throne des Nchsten gestrzt werde.
Fr das Verhalten dem Fremden gegenber kam noch ein weiterer
Feind lieben

weil er ein Feind

solle,

es

ist;

besonderem
Mae bedrftig und wrdig, wie auf der anderen Seite auch hier
mancherlei Interessen wegfallen, die sonst die Quellen des Hasses
von vornherein verschtten. Darum die spezielle Forderung: Und
du sollst den Fremdling nicht bedrcken ihr kennt ja die Seele des
Fremdlings, denn Fremde wart ihr im Lande Mizrajim." (Exodus
XXIII, 9). ,,Und du sollst ihn lieben wie dich selbst, denn Fremdlinge
seid ihr gewesen im Lande Mizrajim; ich bin der Ewige, euer Gott."
(Leviticus XIX, 34.)
Trifft also zweifellos weder im wrtlichen Verstnde noch dem
Sinne nach zu, da den Juden von Religions wegen gesagt wurde:
Ihr sollt euren Feind hassen, so ist ebenso sicher, da der Vordersatz des von uns in zweiter Linie genannten Wortes: Euch ist gesagt worden Auge um Auge, Zahn um Zahn", vollkommen zu Recht
Gesichtspunkt hinzu;

dieser

ist

der Liebe

ebenso

in

besteht.

Wird

ja diese

Formulierung

in

der Schrift selbst an zwei

Je herrlicher aber der Nachsatz der


so schlimmer nahm sich der Vordersatz aus.

bezw. drei Stellen angewandt.


Antithese schien,

um

In Verbindung mit

worden,

dem ihm

ihr sollt eure

nachfolgenden Worte: Euch

ist

gesagt

Feinde hassen, und den Berichten des Neuen

Testaments ber die Kreuzigung Jesu durch die Juden wurde der
Schatten immer grer, den die neue Religion der Liebe auf Juden
und Judentum warf So haben diese Lehren berirdischer Gte und
Milde, indem sie sich zugleich als Gegenbild zu dem alten Bunde
darstellten, neue
Vorurteile gegen die Mutterreligion geschaffen,
das Mrchen von dem Gott der Rache erzeugt, den die verblendete
Minderheit lehre und sicherlich wider ihren Willen das Vorurteil und
damit den Ha gegen die angeblichen Feinde Christi ausgestreut und

Anschauung das Werk der Vorfahren fortsetzen oder doch fortzusetzen beabsichtigen, wo immer sie Gelegenheit haben, und denen gegenber darum oftmals vieles als erlaubt
galt, was sonst verboten war.
So wurde Israel allzu oft auf beide

verewigt, die kraft jener

HOROVITZ, AUGE

Wangen

geschlagen, auch

UM AUGE^ ZAHN UM ZAHN

wenn

andere verletzt hatte, und

die

dem Gegner weder

es

Wort und Tat

in

613

als

die eine

noch

Feind gehat,

obwohl es verkndete', die Frommen aller Vlker haben Anteil an


der ewigen Seligkeit" und trotz aller Erfahrungen seiner Geschichte
nie den Glauben verlor, da solche nahe Verwandte seines besten
Geistes unter den Bekennern der groen Tochterreligion zu finden
wren, wie es sie denn zum Glck auch in den finstersten Zeiten

immer wieder

getroffen hat.

Diese Gesichtspunkte hervorzuheben schien notwendig, um den


Zusammenhang verstndlich zu machen, in dem das Gesetz Auge

um Auge" dem
um dem Leser
werk zu

allgemeinen Bewutsein ohne weiteres erscheint und,


die Mglichkeit zu geben, es

befreien,

Wenn

ich

von dem fremden Bei-

von dem es zumeist umgeben

ist.

aber an Shylock angeknpft habe,

so geschah es

Voreingenommenheit auf den Brettern, die die Welt der Gebildeten und des groen
Haufens zugleich bedeuten, immer wieder erneuert und wurzelfest
nicht nur, weil dieses

Drama

die weltgeschichtliche

macht, sondern auch weil die Fabel der Dichtung den vermeintlichen
Sinn jenes Satzes

in

seiner schrfsten

Fassung ausprgt.

Es

ver-

schlgt nichts, da von einer Talion im engeren Sinne insofern nicht

schon auf den ersten Blick Schuld und Strafe


keineswegs einander entsprechen. Nur um so schlimmer! Das Gesetz
,,Auge um Auge" erscheint ganz eingetaucht in den Ha gegen den
die

Rede

ist,

als hier

Feind und kann von diesem entstellenden Schlamm kaum mehr geUnd Shylocks Rachedurst fr alle ihm
reinigt und befreit werden.

und seinem Stamm widerfahrene Unbill ist so gro, da mancher


Leser darber vergit, da die Vergeltung, die schlielich an jenem
gebt wird, erst recht alles Ma berschreitet und aller Gerechtigkeit

Hohn

spricht.

Zu allem dem, was das Verstndnis des Gesetzes erschwert

kam

in

recht

hat,

der neueren Zeit noch hinzu, da das schroffe Vergeltungs-

eine

beherrschende

Rolle

spielt

in

dem bedeutsamen

bezw. 1901 aufgefundenen Gesetzeskodex des

um

1902,

3000 vor der ge-

whnlichen Zeitrechnung lebenden Babylonierknigs Hammurabi.

Dort heit es
das

Auge

S.

in

Wenn jemand einem anderen


man ihm sein Auge ausschlagen. Wenn

den 5S 196

ausschlgt, so soll

ff

Maimonides, Hilchoth Teschuba


2, Editio Zuckermandel S.

Sanhedrin XIII,

III, 5;

434.

Sanhedrin 105a und Tosefta

FESTSCHRIFT COHEN

6 14

einem andern einen Knochen zerbricht, so soll man ihm seinen


Knochen zerbrechen", zu schweigen von anderen, weit hrteren Bestimmungen, ber die spterhin noch zu sprechen sein wird. Bei
er

den Beziehungen, die


zustellen glaubte, sah

man ohnehin zwischen Babel und Bibel festman in den mitgeteilten Paragraphen eine neue

Besttigung der buchstblich krassen Auffassung jenes Bibelwortes,


fr

Bestimmung des

welche die

membrum

rupsit, ni

cum

eo

rmischen Zwlftafelgesetzes

paicit, talio esto",

si

sowie die altattischen

Gesetze ohnehin eine Parallele boten.

Nun

bereinstimmung
so gro ist, da er zunchst blendet und verwirrt, zumal die Fassung
des Gesetzes an sich im ersten Moment miverstanden werden kann.
Exodus XXI, 22 ff. lesen wir: Wenn Mnner streiten und stoen
ein schwangeres Weib, da ihr die Kinder abgehen, aber (der Frau)
ist kein Unglck zugestoen, so soll
der Mann bestraft werden;
so viel ihm der Gatte des Weibes auferlegt, zahle er durch die
Richter.

ist

nicht zu leugnen, da der Schein der

Wenn

aber (der Frau) dabei ein Unglck zugestoen, so

du geben Leben um Leben, Auge


Hand um Hand, Fu um Fu, Brandmal

sollst

Strieme,

Beule

um

Beule" und in Leviticus

Wenn jemand seinem Nchsten


so wie er getan, geschehe ihm,

um

Zahn

um
um

Auge, Zahn

um

Zahn,

Brandmal, Strieme

XXIV,

19

ff.

um

heit es:

eine Verletzung beigebracht hat,

Bruch

um

Bruch,

Auge um Auge,

Zahn; so wie er eine Verletzung einem Menschen zugefgt

hat, so soll

ihm zugefgt werden".

Sind indessen die hnlichkeiten noch so auffallend, so wird

dem

aufmerksamen Leser, zumal aber dem Kenner der biblischen Redeweise,

nicht

entgehen, da,

wenn

wirklich dasselbe gemeint wre,

wohl ebenso klar und deutlich ausgedrckt sein mte, wie es


in dem Kodex des Hammurabi der Fall ist.
Pflegt doch die Bibel
in den gesetzlichen Partieen kurz und prgnant zu sein.
Zwar heit
es in der angefhrten Stelle im Leviticus am Anfang und am Schlu:
So wie er eine Verletzung beigebracht, so soll ihm geschehen", aber
dies

gibt

um

der

in

der Mitte stehende Ausdruck: Bruch

Auge, Zahn

Kommentar

um Zahn

eigener Art?

Allerdings,

man mu

nicht

um

Bruch,

Auge

diesem Satz wie von selbst einen

sich erst einmal

von der landlufigen, aus

Ursachen alteingesessenen Vorstellung befreien, die a priori


gewohnt ist, gerade in den Worten Auge um Auge" recht eigentlich
den klassischen Ausdruck des jus talionis zu sehen, um zu erkennen,
da das keineswegs zutrifft.

vielen

UM

HOROVITZ, AUGE

AUGE, ZAHN

UM ZAHN

615

da dieses schon an sich


eine ganz andere Beurteilung verdiene, als ihm gemeinhin zuteil wird.
Die Wiedervergeltung bedeute einen groen Sieg menschlicher Selbstbeherrschung, indem sie eine Einschrnkung der alten blutigen
bungen sei, die immer wieder dort hervortreten, wohin die Macht
Einsichtige Beurteiler haben betont,^

des Gesetzes

Form von

Duell oder

drnge ein

und

nicht reicht,

die

bis

auf den heutigen

anderer Weise noch fortbestehen".

in

fr allemal die Selbst-

und Privatrache, welche

Tag

in

Sie verdie

emp-

fangene Verletzung doppelt und zehnfach zurckgeben will, ja sie sei


einen gerechten Strafmastab zu finden,
genialer Versuch
ein

dem

natrnoch suchen, wie sie als das


lichste Strafrecht angesehen werden msse, denn es knne sich hier
niemand ber Ungerechtigkeit beschweren, da dem beltter nur

nach

heute

wir

geschehe, was er anderen getan habe.

Diese wertvollen Gesichtspunkte knnen aber allzu leicht auf


Abwege fhren. Der Talmud hat auf sie nachdrcklich hingewiesen.

Er

sagt:*

Es heit

in

der Schrift:

Auge um Auge,

Auge um Auge.

Seele

um

Seele,

Wenn

nun die Talion im


buchstblichen Sinne beabsichtigt wre, so wrde bisweilen Seele
und Auge fr das bloe Auge genommen werden; indem jener sein
Leben verlieren wrde dadurch, da man ihm sein Auge nimmt".
aber nicht Seele und

So wrde

der beabsichtigte

also

Zweck gerade

wrtlichen Auslegung des Gesetzes nicht erreicht.

bei der scheinbar

Und dem Talmud

von vornherein selbstverstndlich, da dieser Zweck feststeht.


Ein tieferes Eingehen auf die Schrift besttigt seine Auffassung, nicht nur auf Grund des Gesamtgeistes der Thora, sondern

ist

auch des Wortlautes jener

S.

besonders

Schriftstellen

selbst.^

In

dem Codex

Johann David Michaelis, Mosaisches Recht

V,

2.

Auf-

Das mosaische
Strafrecht von Gerhard Frster, Veit 1900, Professor Furrer bei D. H. MLLER,
die Gesetze Hammurabis und die mosaische Gesetzgebung. Wien 1903 S. 222.,
die betreffenden Ausfhrungen bei J. Khler und F. E. Peiser, Hammurabis

lage Frankfurt

am Main

1780

S.

53

ff.,

die Leipziger Dissertation,

MommsenBinding, Zum

hesten Strafrecht der


Kulturvlker, Leipzig, Duncker und Humblot 1905, A. Jeremias, Das alte Testament im Lichte des alten Orients. Leipzig, Hinrichs 1906 2. Aufl. S. 4263,
A. MUSIL, Arabia Petraea III Wien, Holder 1908. ber die Ansichten von Kant
Gesetz,

u.

Bd.

Hegel
^

B.

s.

I,

Leipzig

1904,

w. u.

Kamma

84a.

Andere hnliche Bedenken werden

gleichfalls dort

wie

auch von Saadia und judischen Bibelerklrern des Mittelalters gehend gemacht.
Siehe besonders Ibn Esra an den bezglichen Schriftstellen.
3 Mit Recht bemerkt der Mendelsohnsche iur zu Exodus XXI, 24: e|1
.

6l6

FESTSCHRIFT COHEN

von dem Einzelfall die Rede; dort heit es:


Wenn jemand einem anderen das Auge ausschlgt, wenn jemand
einem anderen den Zahn ausschlgt", wie das rmische Gesetz wiederum
nur eine allgemeine Regel aufstellt, ohne der Spezialflle einzeln zu gedenken. Anders die Thora. Sie bereitet wie von selbst schon dadurch
die Aufhebung der strikten Talion vor, da sie das Prinzip des gerechten Strafmaes in den Vordergrund stellt, aber nicht von den
Einzelfllen absieht, sondern im Gegenteil dieses Prinzip selbst an
den verschieden gearteten Einzelfllen illustriert, so aber indirekt auf

Hammurabi

ist

nur

die Schwierigkeiten hinweist, die sich der wrtlichen

Auslegung

ent-

Zwischen Seele um Seele und Auge um Auge ist eine


scharfe Grenzlinie gezogen, und wir mssen hinzufgen auch zwischen
Wunde und Wunde und Strieme um Strieme. Diese Grenzlinie
wrde bei der buchstblichen Talion allzu oft verschoben und auer
gegenstellen.

So

acht gelassen.
Prinzip,

das ihr

scheitert diese an

zugrunde

liegt.

dem

richtigen

und wertvollen

Hat der krasse Talionsgedanke

den weisen Solon zu der von den spteren griechischen Dichtern


und Philosophen angefochtenen Bestimmung veranlat, da, wer
einem Einugigen das Auge ausgeschlagen hat, beide Augen verHeren soll, damit der Verbrecher keinesfalls milder behandelt werde
als es seiner Tat entspricht, so war fr das Judentum gerade das
entgegengesetzte Bedenken magebend, der Tter darf auch nicht
um das geringste hrter bestraft werden als seine Schuld gewesen
ist
Die Talion wird vernichtet, gerade indem der strenge aber gerechte Mastab endgltig gesucht wird, nach dem jene allererst
Umschau gehalten hat. Das ist auch der tiefe Grundgedanke der
angefhrten Stze

in B,

Kamma.

Indessen sind wir nicht auf diese Argumentation

Haben doch

angewiesen.

von lteren jdischen Religionsphilosophen


und Exegeten, von denen hier nur Jehuda Halevi,^ und Moses ben
Nachman^ genannt seien, darauf aufmerksam gemacht, da auch der
bloe Ausdruck Auge um Auge" wie aus der Schrift selbst hervorgehe, keineswegs die Talion bezeichne, sondern vielmehr im Sinne
eine Reihe

des Schadenersatzes gedeutet werden msse. In Leviticus XXIV, i8


vor dem Satze: Bruch um Bruch, Auge um Auge, Zahn um Zahn",
b Dn3M3 ynv
B"5?

M"n

nexi p"? nionni "hhn nvKin bs im V'tn


"r3 hy a^t^n^ ncsxiyi nbnpn nbn /-leib nm:ii3i mj>n2 p\sc nai'?
y^^wb niy pyn^tr ^rosm "x ,]'?i3 hy nnx T]tiprffn':i rj-pc^cnt? rtjxn bax pnn
n-i3

,\n'hy

nn

nbapi?
^

Kusari

Zu Exodus XXI,

III, 47.

24.

y<vr\h

v'\ff

HOROVITZ, AUGE
lesen wir:

Wer

UM AUGE, ZAHN UM ZAHN

ein Tier totschlgt, bezahle es;

Leben

l/

um

Leben".

Vordersatz und Nachsatz knnen nun doch nicht einander wider-

Also kann nicht zweifelhaft

sprechen.

um Leben"
ist

fr

aufzufassen sind.

Auge um Auge

Was

da ja
Leben"

billig,

sein,

fr

wie die Worte Leben

Leben um Leben recht

ist,

diesem Zusammenhang nicht


oder Auge" in Frage steht,

in

Deutung des Wortes


sondern die des Wrtchens um", das beide Male das gleiche
ist.
So zeigt sich, da gerade der Terminus Auge um Auge"
Er kommt
die Vernichtung der buchstblichen Talion bedeutet.^
die

diesem engeren Zusammenhang nirgends vor,


ebensowenig bei Babyloniern wie bei Griechen und Rmern, und nur
das allgemeine Vorurteil hat ihn zum klassischen Ausdruck des
auerhalb der Bibel

in

im Gegenteil, der Kodex


Hammurabi besttigt von einer neuen Seite die Deutung des Talmud.
Die Bibel redet in der Sprache der Menschen, sagen mit Recht
schon die Alten. Auf dem Dioritblock des Babylonierknigs aber
starren Vergeltungsrechts gestempelt.

steht zu lesen:

Wenn

dem Operationsmesser

ein Arzt

Ja,

dem Sklaven

aus Bronze

eine

eines Freigelassenen mit

schwere

Wunde

beibringt

Sklaven fr den Sklaven ersetzen


( 219) und an einer anderen Stelle: Wenn er das Rind oder ein
Schaf, das ihm gegeben worden ist, zugrunde richtet, soll er Rind
und ihn

ttet,

soll

Schaf

fr Rind,

er

fr

einen

Schaf ihrem Eigentmer

der gleichen Weise wird der Ausdruck

Ochse"

ersetzen ( 263).

In

Schaf fr Schaf" Ochse

anderen den Schadenersatz betreffenden Paragraphen


des Hammurabigesetzes angewandt (231, 245, 246), niemals aber
fr

auch nur

in

in

irgend einer der zahlreichen Bestimmungen, die von der

So ist klar, wie eng die Bezeichnung Sklave fr


Sklave, Auge fr Auge" schon in alter Zeit mit dem Begriff des
Schadenersatzes verwachsen ist. Doch wozu in die Ferne schweifen!

Talion handeln.

Man

braucht die besten Beweise nur zu ergreifen lernen, sie sind


nahe genug. Gleich auf die Stze Auge um Auge" usw. folgt im

Exodus
lassen

die
fr

Bestimmung, (V. 26 f.) er soll ihn (den Sklaven) frei entsein Auge, er soll ihn frei entlassen fr seinen Zahn.

Die Worte der Gemara B. Kamma 83 b DiK n30 ^ ]'m^trnb nana n2o no
]''Ol'?tyn'? mgen zu dieser an sich naheliegenden Beweisfhrung noch besonders
angeregt haben, zumal sie sich gleichfalls auf den angezogenen Schriftvers berufen, sind aber, wie man sie auch auffassen mag (s. Tosaphot a. a. O. und
Tosaphot Kethuboth 35 a s. v. 3^:1) in einem ganz anderen Sinne zu nehmen
und daher nicht mit ihr in Parallele zu setzen. Gegen D. Cassel in seiner
Ausgabe des Kusari a. a. O..
^

FESTSCHRIFT COHEN

6l8

Vor
er

der Thora hufigen

Wendung,

bezahlen Ochse fr Ochse und vielen hnlichen,

dem von

allem aber

soll

dem Talmud'

ist

neben der auch

in

besonders hervorgehobenen Verse, er

soll

geben

und sein soll sie sein zum Weibe dafr, da er sie


geschwcht (Deuteronomium XXII, 29) und anderen Stellen, Ijob
XXVIII, 15 zu beachten: Gediegenes Gold kann nicht fr sie (die
Weisheit) gegeben werden und Silber nicht gewogen werden als ihr
fnfzig Schekel

Hier

Kaufpreis".

ist

Wort nnn parallel mit THO =


Buch der Knige XXI, 2. Das nnn

das betreffende

Kaufpreis gebraucht, ebenso auch

I.

nnn des Talmud (B. Kamma 84a) gewinnt so eine neue Beleuchtung.
Schon dieser hat im Beginn ^ seiner Beweisfhrung unter BeUnd ihr drft nicht nehmen ein
rufung auf Numeri XXXV, 31
Shnegeld fr die Seele eines Mrders, der des Todes schuldig ist,
^^

sondern er

Mord

soll

gettet werden", bemerkt: das will besagen, fr einen

genommen werden, wohl

darf kein Shnegeld

aber bei Leibes-

verletzungen'S freilich hinzugefgt, da jene Stelle fr sich betrachtet

und nur die Mglichkeit, nicht


aber die absolute Notwendigkeit einer Geldbue in den Fllen der
Leibesverletzung besage. Mte aber andererseits bei diesen nicht
ausdrcklich betont werden: Und ihr drft ein Shnegeld nehmen,
noch nicht

die Talion

ausschliee

wenn Auge um Auge"

wirklich

die

starre Wiedervergeltung

be-

um

den Satz, der unter dieser Voraussetzung in


Verbindung mit den Worten: So wie er getan, geschehe ihm" den
schon

zeichnete,

Gedanken der Talion zum Ausdruck

brchte, vor

dem

Miverstndnis

zu schtzen, da ein Lsegeld hier berhaupt nicht in Frage

Da

bel

zum mindesten

es

I,

Kamma

B.

Auf

die

in

Betracht

kommen mu,

hat ja

Numeri

84 a.

Beweisfhrung von Maimonides (Jad Hachasaka, Hilchoth Cho-

der die Bedeutung des Wortes nnn in der Weise

6),

kommt?

mun nnn mnn (Ex XXI, 25) mit V. 18 und 19


von den Versumniskosten gesprochen wird,

gleichsetzt,

komme

wo

feststellt,

da(i er

doch ausdrcklich

noch in anderem Zusie der Mechilta


entstammt
sammenhang (S. S. 639 f.) zurck. Wie ich jetzt sehe,
de-Rabbi Simon ben Jochai, ed. D. Hofifmann. Frankfurt a. M. Kauffmann 1905.
S. dort S. 130. Das p1 (V. 19) scheint ein Protest gegen das jus talionis zu sein.
Malbim, ni^JOni nninn zu Leviticus, Emor Kap. 249 will aus der Tatsache, da
n21 unmittelbar vor den Stzen steht,
der Krperverletzung eines Menschen handeln und unmittelbar nach "'1
tysa b^ ns" ^2, den Schlu ziehen, da hier nur Geldersatz gemeint

der Satz:
die

nov

von

ich

a?Si

nnn

l^sa

r\ibv nnni

irSi

nw m

dort seine geistvollen Ausfhrungen im einzelnen, gegen die sich aber


Manches einwenden lt, und die er meines Erachtens vergeblich in die Gemara

sei.

S.

bzw. den Sifra hineinzuinterpretieren sucht.


3 a. a.

O. 83b.

HOROVITZ, AUGE

XXXV, 35
Auge"

deutlich

UM

gemachte

AUGE^ ZAHN
Ist

mit

UM ZAHN

619

dem Ausdruck Auge um

nichts anderes gemeint als ein entsprechender Schadenersatz,

dann wird natrlich vollkommen verstndlich, warum jener Satz fehlt*


Zu diesen Argumenten kommt schlielich noch hinzu, da IL B.
'^

dem

Die Mechilta hebt noch folgendes Moment hervor: R. Jizchak sagt: In


Ochsen Exodus XXI, 29 f., dessen Besitzer verwarnt

Falle des stigen

worden war, ist dieser des Todes, trotzdem verordnet die Schrift ein Shnegeld,
nach rabbinischer Auffassung ist dieses sogar obligatorisch
sicher also
hier, wo eine Todesstrafe gar nicht in Frage steht. B'IJJB' D'pn Hol V'p n"'"i2n nn
]iD h wi])' "Jt? in T"! '"^^' iy hv ins poo s"?n aj? xb nn" ninsn.
* Hier sei hervorgehoben, da Saadia (S. Ibn Esra zu Exodus XXI,
24) das
13 ]ny ]: (Levitic. XXIV, 20) mi Sinne von m'\y vby inv ]3 auffat. Diese Erklrung
empfiehlt sich durch Exodus XXI, 23 B3 nnn CB: nnJl, das sich meines Erachtens an den Richter wendet. Das ]100 h nvni l''1 und '12 "'B'm TTi"' ^p
in^ "i'NS pao ta" ""^ nts!? n ina"' p ib nwj?"' ]d njyj? -iB'to in'D5?3 dio ^n'' "3 ^si stis

Dixa DIO B. K. 84 a erhielte so einen ganz neuen Sinn. Der


wrde besagen, da das Prinzip nc'y ItyNS hier nicht wrtlich aufgefat sein will und das nnn nochmalig erklren. Da aber auch schon die
Worte ^b nvT ]3 ^^V "^^^ keineswegs eine buchstbliche Talion bedeuten
m ssen, hat gleichfalls Saadia nachgewiesen und zwar aus dem Zusammenhang
in dem Richter XV, 11 gesagt wird Dn^ ''n^B'J? ]3 "^ "wy "iCn:. (Ibn Esra a. a. O.
zitiert die Schriftstelle irrtmlich: nJ?N, dagegen richtig Leviticus XXIV, 19.)
Gerhard Frster, Das mosaische Strafrecht S. 18 meint allerdings, das la'to
sei richtiger Auslegung nach im wesendichen kausal". Fr diese Erklrung
wei er aber keine andere Begrndung, als da man sonst die Worte als einen
wenig sagenden Zusatz jngerer Rechtsanschauung fassen mte". Eine solche
Behauptung beweist nichts und fut auf einer modernen juristischen Konstruktion,
die in ihrem Streben, alles hbsch einzuteilen, leicht in die Irre geht. Da die
'131

"'ysn

Satz

]n''

n-"

^^ n"?

"i3

Art der Wiedervergeltung hier wie dort eine gnzlich verschiedene


nicht erst eines lngeren Nachweises. Auch Chananel ben Chuschiel

Bachja ben Ascher

ist,

bedarf

(zitiert

bei

auch Rapoport, Bikkure ha-Ittim 1821 S.48f. und BerLINER-HOFFMANN, Migdal Chananel Leipzig 1876 S. 36f.) macht den an zweiter
Stelle genannten Hinweis Saadias geltend, freiHch ohne diesen zu nennen. Da
sein Kommentar fast durchweg, wie Rapoport und besonders auch Berliner
a. a. O. S. VIII und XXI aufmerksam gemacht haben, reproduzierender Art ist,
drfte er hier aus Saadia geschpft haben. Neuerdings fhrt
J. Scheftelowitz
in einer whrend der Drucklegung dieser Arbeit erschienenen Abhandlung, Die
Grundlagen einer jdischen Ethik (2. Behandlung der Feinde. Monatsschrift
fr Geschichte und Wissenschaft des Judentums. Mai-Juni-Nummer S. 259fif.)
die betreffende Stelle aus dem Pentateuchkommentar des Chananel in deutscher
bersetzung ohne weitere Quellenangabe an, beachtet aber nicht, da fast alle
von Chananel errterten Gesichtspunkte bereits von Saadia, bzw. schon dem
Talmud gebracht worden sind. Der Hinweis auf Obadja V. 15 und 16, den
brigens Scheftelowitz mit Recht weglt, ist bei Chananel neu. Vielleicht
aber, da auch diese Parallele bereits von Saadia herrhrt, nur da Ibn Esra
nicht fr notwendig hielt, sie anzufhren.
s.

FESTSCHRIFl'

620

COHEN

Wenn Mnner

haben und einer


schlet den andern mit einem Stein oder mit der Faust, und er stirbt
Wenn er dann aufsteht und
nicht, sondern fllt auf das Lager.

M. XXI,

i8ff.

gesagt wird:

Streit

wandelt auf der Strae, so ist der Schlger frei nur soll er ihn heilen
lassen und fr die Zeitversumnis zahlen." Hier wird also in einem Falle
der Leibesverletzung ausdrcklich angeordnet, da die Heilungs- und
;

Versumniskosten bezahlt werden. Chananel ben Chuschiel hat in


seinem Pentateuchkommentar zu II. B. M. XXI, 24 auf dieses Moment
mit Recht aufmerksam gemacht und betont \ da jene unmittelbar vorangehenden Verse unverstndlich sind unter der Voraussetzung, da
..Auee

um Auge"

die buchstbliche Talion bedeute.

Wie

knnte

dem

Tter zugemutet werden, Heilungs- und Versumniskosten zu zahlen,


wenn er von Gerichts wegen in derselben Weise verwundet wrde, er

Versumnis und Heilungskosten beanspruchen


mte nach dem Grundsatz der Gleichheit von Schuld und Strafe.
Nur eine Schwierigkeit ist noch zu errtern. Derselbe Talmud,
dessen einstimmige berlieferung die Worte Auge um Auge" im
also selbst Ersatz fr

Sinne

des

Schadenersatzes

deutet,"

bringt

(Sanhedrin 79 a)

eine

Bachja ben Ascher a. a. O. Chananel beginnt seine bezglichen Ausfhrungen mit der Hervorhebung der Gesichtspunkte, die spter Nachmanides,
ohne ihn zu kennen, besonders geltend macht. Auer dem in der vorigen
Anmerkung genannten Hinweis, mit dem Chananel schliet, ist diese Bemerkung
das einzige Neue, das sich in seiner Beweisfhrung findet. Im wesentlichen ist
aber auch dieser Punkt bereits im Talmud betont worden. S. B. Kamma 84 a:
n^OB^ SB '1
'2"'n "'S B'OO T'D '1 pU DIpOS HKIBI P'''? XB"I^ B"n K"lp "lOX 10 2m
^

S.

Kamma

Zehn Gesichtspunkte und Berufungen auf Schriftverse


seitens einer ebenso groen Zahl von Gesetzeslehrern werden dort angefhrt.
Einen elften bringt die zitierte Mechilta, welche auch eine weitere zur Sache gehrige Bemerkung verzeichnet. Schlielich ist noch die genannte Stelle aus der
Mechilta de Rabbi Simon ben Jochai zu registrieren. Auch R. Elieser, dessen
Lehrmeinung im ersten AugenbUck miverstanden werden kann, stimmt in der
Hauptsache mit den brigen berein. Richtig bemerkt R. Zebi HiRSCH ChaJOTH in seinen scharfsinnigen Glossen zum Talmud, da die erstaunte Frage
"

Baba

Kamma

83 b ff.

T'D tyeo nur verstndlich ist


durch die bereinGesetzes
unter der Voraussetzung, da die Deutung des
stimmende Gerichtspraxis, vor allem aber als "i'DD ntyn'? n^brt feststand. Gerade
aus der besonderen Gewissenhaftigkeit, mit der der Talmud durchweg jede ab-

(B.

84a):

"'in

"Jn bss

n'b

n""?

nt^bs

"3"i

weichende Meinung verzeichnet, kann in der Tat geschlossen werden, da in


diesem Punkte eine Meinungsverschiedenheit nicht besteht und nicht bestehen
kann. S. auch Maimonides Jad Hachasaka Hilchoth Chobel I, 6: nnanir "B by s\)
]"-ii i"?
hvf un n"23 i"iT "i3"n i-i nwi lan^a r^iob r]:i'7n ]^ "i3i ansaty min f ij?
ns'rn
ntyj?"?
Lesart
5?in\
Die
'i3i
Vsai
vDj> ^y^ )yy\ two niD"D nayw in n^ni ]n n^'z

HOROVITZ, AUGE

UM

AUGE, ZAHN

UM ZAHN

021

Meinungsverschiedenheit bezglich der Auffassung des angefhrten

Und du sollst geben Leben um Leben".


Nach der einen ist auch hier der Geldersatz

Passus:

gemeint, aber nur

zu tten, aber B
Theorie \ da, wer die Absicht hatte,
gettet hat, von der Todesstrafe frei ist und vielmehr eine Ersatz-

kraft der

summe

zu zahlen hat, whrend nach der anderen die

Worte Leben

Leben" die Bedeutung haben: Der Tter mu gettet werden.


des Talmud. Keiner
Immanuel Kant wird hier zum Erklrer
ist ein grerer Lobredner des Wiedervergeltungsrechts als der groe
deutsche Philosoph.
In seiner Metaphysik der Sitten sagt er:*
Welche Art und welcher Grad der Bestrafung ist es, welche die
ffentliche Gerechtigkeit sich zum Prinzip und Richtmae macht?
Kein anderes als das Prinzip der Gleichheit (im Stande des Zngfr

kommt wohl

Die etwas schwierigen


Worte, welche die Mechilta dem R. Jizchak, Jalkut Kap. 338 aber dem R. Elieser zuschreibt, werden von Malbim, Mischpatim Abschnitt 31 einleuchtend erklrt. S. aber auch den Kommentar ]3V"i n^t zum Jalkut von R. Abraham Aberle,
dem Verfasser des Magen Abraham und die Erluterung von M. Friedmann
statt nth n3'?n

in seiner

Mechilta.

ernsthaft nicht in Betracht.

Ausgabe der Mechilta (Wien

Wien

1865) mit

1870).

I.

H. WEISS

dem bekannten Kommentator

will

die Stelle (S.

zur Mechilta

M^ny

s.

n\

in Gegensatz zu der Gemara bringen, wird aber ohne Textesnderung nicht


fertig.
Auffllig ist Lekach Tob, die sogenannte Pesikta Sutarta, ed. S. Buber,

Wilna 1880. S. 152. Keinesfalls haben wir aber hier eine alte Quelle vor uns,
nach der etwa unsere Mechilta korrigiert werden mte. Ein so schwieriger,
von der P. S. ganz unabhngiger und im ersten Augenblick dunkler Text, wie
ihn unsere Mechilta bietet, kann nie und nimmer aus einer so eindeugen Bemerkung geflossen sein. Da, wie Buber selbst in der Einleitung an interessanten
Beispielen nachweist, P. S. hufig halachische und haggadische Stellen der Traditionsliteratur verkrzt wiedergibt, ohne sich an den berHeferten Text zu binden,
so ist klar, da wir hier einen erklrenden Auszug aus der Mechilta vor uns
haben. So bemerkenswert dieser Kommentar eines im elften Jahrhundert lebenden Autors auch sein mag, so wenig magebend ist er angesichts der bereinstimmenden Zeugnisse des Talmud und des lteren Rabbinismus berhaupt.
Wie aus Jad Hachasaka und aus More III, 41 deutlich hervorgeht, hat auch
Maimonides, dem ja noch viele Quellen vorgelegen haben, die uns nicht bekannt
sind, eine abweichende Auffassung der berheferung in diesem Punkte ebensowenig gekannt wie vor ihm Saadia. Wie oft, (S. Buber a. a. O. S. 28), verarbeitet
P. S. auch hier verschiedene Quellen ineinander. Merkwrdigerweise hat aber
Buber die Aufflligkeit dieser Stelle ebenso wie den Umstand bersehen, daf5
die Schluworte, welche B. Kamma 84a entnommen sind ('131 niy X^l) dem Vorangegangenen, mit

dem

sie sich als ein Einheitliches darstellen,

'

Sie sttzt sich auf

Ed.

P.

Natorp

Deuteronomium XIX,

p. 332.

11.

widersprechen.

FESTSCHRIFT COHEN

622

als

Wage

an der

leins

der Gerechtigkeit), sich nicht mehr auf die eine

Whrend aber das

auf die andere Seite hinzuneigen."

talmudische Recht die


liegenden, prinzipiellen

starre Wiedervergeltung aus

Grnden

nicht anwendet, bringt

in

biblisch-

der Sache

Kant

fr diese

Nichtanwendung in praxi Grnde, die durch die Bibel bekmpft


und berwunden sind. Er sagt: Nun scheint es zwar, da der Unterschied der Stnde das Prinzip der Wiedervergeltung: Gleiches mit Gleichem, nicht verstatte, aber, wenn es gleich nicht nach dem Buchstaben
mglich sein kann, so kann es doch der Wirkung nach, respektive
auf die Empfindungsart der Vornehmen, immer geltend bleiben".
Weiter heit es nun aber: Hat er gemordet, so mu er sterben;
Es
es gibt hier kein Surrogat zur Befriedigung der Gerechtigkeit.
ist keine Gleichartigkeit zwischen einem noch so kummervollen Leben
und dem Tode, also auch keine Gleichheit des Verbrechens und
der Wiedervergeltung, als durch den am Tter gerichtlich vollzogenen, doch von aller Miachtung, welche die Menschheit in der
leidenden Person

zum Scheusal machen

knnte, befreiten Tod".

diese Unterscheidung zwischen der realen Wiedervergeltung bei

Ist

dem

Morde und der idealen bei der Verletzung der Glieder nicht ganz
und gar koincident mit dem Grundsatze des jdischen Rechtes und
verstehen wir nicht dieses selbst jetzt

in

einem neuen Lichte?'

den Worten Seele um Seele" nur


einen Ausdruck fr die Geldstrafe und nimmt diese Formel in demFr
selben Sinne in welchem sie in Leviticus deutlich gebraucht ist.
diese Meinung spricht auch, da die Todesstrafe* die an zahlreichen
Die eine Ansicht erblickt

in

Auch die oben mitgeteilte aus dem Bibelwort geschpfte Bemerkung des
Talmud nna "tysi"? 1012 npi^ nn bnx -lais npi"? nn ^x nsn VQib wird durch diese
^

Gesichtspunkte doppelt verstndlich, wie auch das nn'D

]"'pu ]"'n

]''X

ein ganz

besonderes Gewicht erhlt. Numeri, XXXV, 23, zwei Stze nach "iS13 inpn xbl
und andere Bibelstellen sagen schon in der Hauptsache das, was Kant ausfhrt.
Besonders aber verdient hier noch der Schlupassus der S. 616 2 genannten
Stelle aus der Mechilta de-Rabbi Simon ben Jochai (ed. D. HoFFMANN S. 130)
erwhnt zu werden, der bei Maimonides nicht angefhrt wird; er lautet: mun
nn nnn nn -laxity mnn n hh:ir\ by no^V b nosj? by -ibb n"?i -ibb nxsM nn-'n bb^2
h"r\ B>E)3

nnn

t^sa

t\.

^13"'

is voi'^B'n in

"73

nnx b^ 1B13 npi"? nns 's nsn


Die letzten Worte stimmen mit dem Talmud berein.

''WH'h 1013 npib

nnSN.
^

Da

die Todesstrafe, die

vielen Fllen ausgesprochen

ausgefhrt wurde,

ist

ist,

da aber vor allem sein

nach dem biblisch-talmudischen Recht


in

in

k\t

Kb^

sehr

Wirklichkeit seitens des Sanhedrin sehr selten


ist auch hier, und hier erst recht, der

Magebend

bekannt.

keinem Fall hrter bestraft werde als er verLeben ein heiliges Gut ist, das erst dann angetastet

Grundsatz, da der Verbrecher


dient,

n no3B^ ]N3 J)S ^'Oi'jB'n


ivDjb n^n vf&ib "ii3 inpn

nn nnn

in

HOROVITZ, AUGE

UM

AUGE, ZAHN

UM ZAHN

623

vorkommt, da wo von ihr allein die Rede


ist, niemals so bezeichnet wird.
Wer Menschenblut vergiet, durch
Menschen soll sein Blut vergossen werden" lesen wir in Genesis IX, 6
und in Numeri XXXV, i6, 17 und 18 heit es: Gettet werde der
Mrder", hnlich an anderen Stellen. Und da sie hier nicht zur
Stellen der Heiligen Schrift

werden

darf,

wenn

alle die zahlreichen

Bedingnisse einwandfrei

erfllt

waren, die

an die Ausfhrung der Todesstrafe geknpft sind. Diese machten ein Todesurteil
zu den grten Seltenheiten. Makkoth 7 a sagt die Mischna: Ein Gerichtshof, der
einmal in einem Septennium die Todesstrafe vollfhrt, wird verderbenbringend
(nach anderen ist das betrefifende Wort richtiger .mrderisch" zu bersetzen)
,

Rabbi Elieser ben Asarjah meint, ein Gerichtshof, der dies einmal in
siebzig Jahren tut. Rabbi Tarfon und Rabbi Akiba sagen: Wenn wir im Sanhedrin
gewesen wren, wre nie jemand hingerichtet worden. Rabbi Simon ben Gamaliel meint: Auch sie (Rabbi Tarfon und Rabbi Akiba) vermehren die, die Blut
vergieen in Israel", das heit, ihre Milde gegen die Mrder ist eine Hrte gegen
Israel, gegen die menschliche Gesellschaft; sie ermuntern gleichsam die Verbrecher, indem sie sie vor der schlimmsten Strafe, dorn Verlust des Lebens, ein
fr allemal schtzen.
Man sieht, in diesen kurzen Stzen sind, wenn man sie
genannt.

recht zu lesen versteht, alle die Gesichtspunkte vertreten, die in der neueren
fr und gegen die Todesstrafe geltend gemacht worden sind.
Da aber
auch Rabbi Simon prinzipiell an der Todesstrafe festhlt, ist selbstverstndUch;
nur in der Praxis htte er es seiner Meinung nach nie zu einem Todesurteil
kommen lassen: er htte von den Zeugen detaiUierte Angaben solcher Art verlangt, da sie ihm kaum htten klar Antwort geben knnen, und sich dann nicht

Zeit

fr berechtigt gehalten, ein Todesurteil zu fllen.

In der mischnisch-talmudischen
welcher man noch keine Zeitungen las, in der die Nerven noch nicht
tagtgUch durch neue Eindrcke berreizt wurden, mochte eine Hinrichtung, die
etwa einmal in einem Jahrhundert vollzogen wurde, schon in gewissem Sinne
abschreckend wirken. Die Kunde pflanzte sich von Generation zu Generation
lebendig fort; das ist die Meinung des Rabbi Elieser. Man vergleiche noch die
Gemara, nach welcher die Mischna auch die zweite Auffassung zult, da ein
Gerichtshof etwa einmal in siebzig Jahren ein Todesurteil fllen darf, ohne ver-

Zeit, in

Die erste fr den Verbrecher immer noch


sehr milde, aber vergleichsweise strengste Ansicht bedarf keines weiteren Kommentars. Ein Justizmord war jedenfalls seitens des jdischen Gerichts, vor
welchem ein Indizienbeweis nicht anerkannt wurde, die Tat vor Zeugen geschehen
sein und der Verbrecher, sollte er entsprechend bestraft werden, unmittelbar vor
der Tat unter ausdrcklichem genauen Hinweis auf die strafrechtlichen Folgen
verwarnt werden mute, kaum mglich. Daher fiel auch bei der Art des jdischen Beweisverfahrens die Irrepabilitt, der entscheidende Grund fort, den die
heutigen prinzipiellen Gegner der Todesstrafe ins Treffen fhren. Was Kant in
dem angefhrten Satz ber die Art der Ausfhrung der Todesstrafe sagt, wurde
im Judentum lngst bercksichtigt s. Kethuboth 37 b und Sanhedrin 45 a. Die
Parallele ist um so interessanter, als sich der Talmud fr den Grundsatz ^b "ilia
ns'' nn'"0 auf das Gebot beruft: ,,Und du sollst lieben deinen Nchsten wie dich

derbenbringend genannt zu werden.

selbst" (Leviticus

XIX,

18).

FESTSCHRIFT COHEN

624

Anwendung kommen

soll,

ist

ja in der Eigenart des

Aber auch jene andere Lehrmeinung wird

begrndet.

Auge um Auge ist das


Schuld und Strafe. Bei dem schlechthin

um

Seele

Casus hinlnglich

Seele,

verstndlich:

Prinzip der Gleichheit

vorstzlichen

Shne

Morde

von

ist

so

da das Prinzip der


Strafe nicht mit der gleichen Deutlichkeit hervorgehoben zu werden
brauchte, von der Genesisstelle abgesehen, in der aber der Talionsgedanke durch den Nachsatz denn im Ebenbilde Gottes hat Er den

klar,

da

die Todesstrafe die einzige

ist,

Menschen geschaffen" in den Hintergrund gedrngt, bzw. eingeschrnkt


Unser Satz aber spricht von einem Fall, in welchem Schuld und
ist.
Irrtum, Absicht und Nichtabsicht verquickt sind, der Vorsatz auf
dieselbe Tat und nur nicht auf dieselbe Person gerichtet war, an der
sie ausgefhrt wurde, ein Mensch aber hatte gettet werden sollen
und gettet worden ist. Hier kann innerhalb dieser Auffassung dem
Prinzip: Seele um Seele, nur Genge geschehen durch die Todesstrafe kraft des Gedankens da es keine Gleichartigkeit gibt zwischen
einem noch so kummervollen Leben und dem Tod". Die Worte Seele
um Seele" an sich bedeuten aber auch im Rahmen dieser Ansicht
ebensowenig die Todesstrafe, wie Auge um Auge" die buchstbliche
Talion; nur

aus der Individualitt des F"alles ergibt sich jener Sinn,

wenn Leben um Leben" im


Leviticus ebenso den Ersatz bedeutet, wie Auge um Auge,, ausWir sehen also: das Grundprinzip
schlielich diese Bedeutung hat^

und

es

ist

daher kein Widerspruch,

IsSERLES, Ch. H. Cap. 423 Ende schliet sich keiner der beiden
hier errterten Auffassungen an, sondern entscheidet mit Tanna debe Chiskijahu
(Kethuboth 35 a, Sanhedrin 53 b), da bei der Ttung eines Menschen durch
'

Moses

einen Menschen niemals ein Geldersatz in Betracht kommt, selbst nicht bei
einem fahrlssigen Totschlag. Aus dem Wortlaut jener berlieferung folgert
bereits der Amora Raba, da Tanna debe Chiskijahu mit R. SiMEON der Ansicht

ist,

nur bei

dem

dolus directus werde die Todesstrafe verhngt,

wonach

63 gleichzeitig auf

auch nicht die Mglichkeit bleibt, die Worte IPSJ nnn


den dolus indirectus zu beziehen und als Ausdruck fr die Todesstrafe zu nehmen.
Wie jene im Sinne von Tanna debe Chiskijahu zu deuten sind, darber spricht
sich der Talmud selbst nicht aus, daher gewhnlich und auch von Kaschi in
seinem Pentateuchkommentar nur die beiden angefhrten und ausdrcklich bezeugten Erklrungen genannt werden. TOS.'^PHOT Kethuboth 35 a s. v. k:'N "
also

und Sanhedrin 79a

s. v.

pamo

xpttl

beziehen die Worte

t^i

'n

nsi im Sinne

von Chiskijahu auf einen beabsichtigten Totschlag der Frau, so da also Todesstrafe eintritt; ebenso, ohne Tosaphot zu erwhnen, Malbim zur Mechiltha,
der diese Ansicht in der dort verzeichneten Exegese des R. Jizchak zu finden
glaubt. Eine zweite Deutung, wonach der Satz '131 B3 nnai n\T' \\H n1 einen
ganz neuen Fall darstelle, der von dem gewollten Totschlag des einen streiten-

UM

HOROVITZ, AUGE

AUGE, ZAHN

der Wiedervergeltung bleibt bestehen, nur

UM ZAHN

da

sie

625

im allgemeinen

nicht buchstblich in die Wirklichkeit umgesetzt wird eben des Prinzipes selbst wegen.

Auf welcher einsamen Hhe das biblisch -talmudische Recht


steht, wird von neuem klar, wenn man wei, da Hammurabi in den
zwar verordnet hat, wer ein Auge auswerde ein Auge ausgeschlagen, aber gleich fort-

angefhrten Paragraphen

geschlagen hat,

Wenn

fhrt':

Knochen

dem
er das

Auge

eines Freigelassenen ausschlgt, oder

den

Mine Silber
zahlen. Wenn er das Auge von jemandes Sklaven ausschlgt oder den
Knochen von jemandes Sklaven zerbricht, so soll er die Hlfte seines
eines Freigelassenen zerbricht,

Preises zahlen."

Mllern

so

soll

er eine

bersetzt das betreffende

Wort des

ersten

Satzes nicht Freigelassener", sondern Armenstiftler", Johns ^ armer

Wie dem auch sei, von einem Prinzip Auge um Auge" ist
hier eigentlich nicht mehr die Rede, selbst unter der Voraussetzung,
da dieses das jus talionis bezeichne. Zur Charakteristik des HamMann.

murabirechts einerseits und der Thora auf der anderen Seite braucht

man

in

dieser

Hinsicht

das

nur

Michaelis^ im Jahre 1774

hierherzusetzen,

schrieb:

was JOHANN D.

Das Wiedervergeltungsrecht

den Mannes durch den anderen spricht, s. Tosaphot Kethuboth a. a. O. Schlielich ist noch die Auslegung zu registrieren, die Rabbi Nissim ben Rben mitteilt,
und die sich neuerdings Z. Ch. Mecklenburg in seinem Pentateuchkommentar
nbapm anDn zu Exod. XXI, 24 aneignet. Der ganze Fall spreche in der Auffassung von Tanna debe Chiskijahu nicht von einem beabsichtigten Totschlag
(von einem nn^nw miJ), die beiden Mnner htten einander nur schlagen aber
nicht tten wollen, der beabsichtigte Schlag htte auch a priori nicht tdhch gewirkt und den Tod nur dadurch herbeigefhrt, da er die Frau an einer leichter
tdlich verletzbaren Stelle des Krpers traf, als sie den Gegner zu treffen beabsichtigt war. Danach wrde also 'Sl 'n VZi ein Ausdruck fr den Geldersatz sein.
Was Raschi betrifft, so ist noch zu bemerken, da dieser nach Misrachi und Jad
Maleachi 'K 'D "'"t!'"i '''?"?: nicht immer diejenige Erklrung in seinem Pentateuchkommentar verzeichnet, die seines Erachtens halachisch magebend ist. Allerdings scheint mir nach der Art, wie Raschi die Ansicht des Rab Adda bar Ahaba
und damit des Rab Chaggi in Baba Kamma 42a (s. auch Tosaphoth a. a, O.
s. v. ,131123 und z. St. fi""'B' DT'no)
deutet, sehr wohl mglich, da Raschi nicht
ganz mit Tanna debe Chiskijahu entscheidet. Welches die Meinung des Maimonides in diesem Punkte ist, ist trotz der groen Literatur ber diesen Punkt,
nicht gengend geklrt.
'

198

f.

Die Gesetze Hammurabis und ihr Verhltnis


gebung sowie zu den XII Tafeln
Wien. 1903 S. 148.
*

zur

mosaischen Gesetz-

3 a. a.
+

O. S. 147.

Mosaisches Recht V.

S. 53

f.

40

FESTSCHRIFT COHEN

626
schickt

sich

nur

eigentlich

Brger gleiches Recht mit


des Vornehmeren

fr

freie

Vlker,

dem vornehmsten

Auge mehr

es ein sehr widersinniges

wert

ist,

als

in

denen der rmste

Wo

Beleidiger hat.

aber

des Bauern seins, wrde

Auch

und inkommodes Recht werden."

Hammurabi, der Knig der Gerechtigkeit", wie er sich stolz mit einem
gewissen Recht nennt, steht ganz im Banne der Vorurteile seiner
Zeit, die bis in die

Man kann
wundern, da

unsere hineinragen.

sich

schon von diesen Gesichtspunkten aus nicht genug

ein

Forscher wie David Heinrich Mller in dem


Auge, Zahn um Zahn, das Urgesetz der Talion

Auge um
erblicken will, aus dem sowohl Moses
Gesetz:

Hammurabi geschpft haben

wie

wer einmal diesem Gesetze ins


Angesicht geblickt hat, in diesem Punkte solche Rckschritte machen
kann? Lt sich da noch sagen, da die Paragraphen 195 bis 201

sollen.

Ist

wirklich glaublich,

da,

Kodex Hammurabi eine Paraphrase der aus dem Pentateuch


bekannten Norm der Talion seien, nur da von Hammurabi diese
des

Gesetzesparagraphen gebracht worden ist.


Dies mute geschehen, weil ja die verschiedenen Menschenklassen
verschieden behandelt wurden?"
Oder ist nicht vielmehr der um-

gewi uralte Formel

in

gekehrte Schlu richtig:

Da Hammurabi

die verschiedenen

Menschen-

klassen so verschieden behandelt, zeigt, da er die Formel noch nicht

kennt, die schon

in

sich das Prinzip

der Gleichheit

zum Ausdruck bringt.


Selbst einmal
zugegeben, da Auge um Auge, Zahn um Zahn
Gesetze

aller

vor

dem

einen Augenblick
die buchstbliche

Talion bedeute, das Groartige des Gesetzes bliebe auch dann noch
seine Allgemeingltigkeit.

Das wei

natrlich

auch MLLER, nur da

ihm ganz zu entgehen scheint, da gerade diese Allgemeingltigkeit


schon in der Fassung des Gesetzes zum Ausdruck kommt. Der
Gedanke, der Leviticus XXIV, 22 die betreffenden Verse beschliet
Gleiches Recht sei bei euch fr den Eingeborenen wie fr den
Fremdling, denn Ich bin der Ewige euer Gott," ist schon implicite
in der Formel selber enthalten.
Aber der Nachsatz denn Ich bin
der Herr", macht zugleich deutlich, auf welchem Grunde und
aus welcher Quelle dieses

Wort

allererst

entstanden

ist.

In

einem

Exodus (XXI, 26 und


Dort heit es: Und so jemand
27), was das Gesetz bedeutet.
das Auge seines Sklaven oder seiner Sklavin schlgt, und es verUnd wenn er
derbet, so soll er sie als frei entlassen fr ihr Auge.
den Zahn seines Sklaven oder seiner Sklavin ausschlgt, so soll er
sie als frei entlassen fr ihren Zahn." H. COHEN hat recht, wenn er

neuen Lichte

zeigen

die

Schlustze

im

HOROVITZ, AUGE
sagt^: Wahrlich anstatt

UM AUGE, ZAHN UM ZAHN

Auge um Auge

sollte

Zahn

02 7

um Zahn zum

Die Verkennung des Gesetzes und seiner


humanitren Tendenz wrde sich durch diese Gleichnisrede deutlicher
blostellen." Cohen schrieb diese Stze zwei Jahre vor dem BekanntSprichwort geworden

sein.

werden des Hammurabi-Kodex. Dieser hat zwei Paragraphen ( 201


und 202) ber das Ausschlagen des Zahnes. Sie lauten: Wenn
jemand den Zahn von einem anderen seinesgleichen ausschlgt, so soll
man seinen Zahn ausschlagen; wenn er den Zahn eines Freigelassenen
Von dem Zahn
ausschlgt, soll er ein Drittel Mine Geld zahlen."
des Sklaven ist nicht die Rede. Aber auch in den frher genannten

dem Ersatz des Auges oder der Knochen


gesprochen wird, wird nur von dem Sklaven eines anderen, nicht
Dieser ist vogelfrei; ihm darf man
von dem eigenen gehandelt.
nicht nur den Zahn und nicht nur die Augen ungestraft rauben.
Die Bestimmung, da man fr das Auge des Sklaven oder dessen
Paragraphen,

Knochen

in

welchen von

die Hlfte des

Preises bezahlen

ist

soll,

ja

nur zugunsten

des Besitzers getroffen; durch den Verlust des Zahnes aber braucht
der Arbeitswert des Sklaven nicht eingebt zu haben.

Wie MLLER
Kodex Hammurabi
eine

vorgeht,

sei

hier

nher

dargelegt.

Auch

der

hat Bestimmungen ber den Schlag, der gegen

schwangere Frau gefhrt wird.

Dort heit es

wir wollen

Bestimmungen fr die Freigelassene


Wenn jemand eine Freigeborene schlgt, sie

hier einmal die unterschiedlichen

auer acht lassen

ihren Ftus verlieren macht, der soll 10 Sekel Geld fr ihren Ftus

Wenn jenes Weib stirbt,


und 210). Von dieser traurigsten

zahlen.

die der
in

Kodex Hammurabi auch

soll

man

seine Tochter tten" ( 209

Abirrung des Talionsgedankens,


sonst zahlreiche Beispiele hat,

der dieser sich in sein Gegenteil umkehrt,

will

fr

und

ich hier nicht weiter

Thora gegen diese


Anschauung mit aller Kraft wendet in dem Worte: Es sollen nicht
gettet werden Vter wegen der Kinder und Kinder sollen nicht gettet werden wegen der Vter; jeder soll fr seine Snde gettet
werden" (Deuter. XXIV, 16), und aus den Knigsbchern ist bekannt,
reden.

Jeder Bibelkundige wei, da sich

die

Amazjah, wie ausdrcklich hervorgehoben wird (II. B. d. K.


XIV, 6), diesem Gesetz gem, nicht zulie, da man die Kinder der

da

Mrder

seines Vaters tte^.

Angesichts dieser unzweideutigen gesetzlichen Vorschrift ist es eine, zwar


wohl nicht gewollte, Entstellung des Tatbestandes, wenn in dem Werke von
40*
*

FESTSCHRIFT COHEN

628

Doch ZU unserer Sache! Um seine These durchzufhren,


Man wird
mentiert MLLER folgendermaen (Seite 152):

J.

Kohler und

F. E. Peiser,

Hammurabis

Gesetz,

Band

I,

argunicht

Leipzig 1904, Seite 148,

gesagt wird: Diese Haftung /der Kinder fr die Eltern /kennt auch das israelitische Recht ursprnglich in seiner ganzen Schrfe." S. auch a. a. O. Seite 2. Zum
Beweis fr diese These wird verwiesen auf IL B. M. XX, 5, XXXIV, 7, IV. B.
M. XIV, 18, Jeremia XXXII, 18. Dann heilit es weiter: Lange noch wirkte der
Gedanke, da das Volk Israel fr die Snden seiner Vter ben msse, so
III. . M. XXVI, 39, so noch Jesaia LXV, 7, auch XIV, 51 und Klagelieder
V, 7. Noch zur Zeit des Jeremia galt das Sprchwort: ,Die Vter haben Herlinge gegessen und die Zhne der Shne sind stumpf geworden usw.', gegen
welchen ganzen Satz sich jedoch Jeremia XXXI, 29 und Ezechiel XVIII, 2 f. mit

Gewalt erheben. Der Deuteronomist allerdings spricht wie Ezechiel usw." Leider
gestattet der Raum nicht, alle diese Bibelstellen der Reihe nach wrtlich vorzufhren. So sei hier nur folgendes bemerkt: Die ersie der vier Stellen, auf
denen die mitgeteilte Behauptung fut, ist der bekannte Satz aus dem Dekalog,
,,der da ahndet die Schuld der Vter an den Kindern bis in das dritte und vierte
Geschlecht, bei denen die mich hassen, der aber Gnade erweist bis ins tausendste
Geschlecht denen, die mich lieben und meine Gebote halten", welcher Gedanke
in den anderen Stellen in anderer Form wiederkehrt, mit dem Unterschied, da
dort zunchst die Gte und Liebe Gottes und zwar in einer ganzen Reihe von
Prdikaten zum Ausdruck gebracht wird, whrend erst am Schlsse von der

Rede ist. Also wohlgemerkt, alle diese Stellen


handeln ausnahmslos von der gttlichen Vergeltung, und da will man sich
auf sie berufen zum Beweise dessen, da das altisraelitische Strafrecht
die Familienhaftung lehre, whrend die einzige klare strafrechtliche GesetzesStrafgerechtigkeit

Gottes die

einem nachhinkenden Schlusatz ihren


Unterschlupf findet und durch die Flle des scheinbar so gelehrten Apparats
ganz erdrckt wird. Peiser unterlt, den vier genannten Stellen eine fnfte
hinzuzufgen, nmlich Deuteron. V, 9, in der ja gleichfalls von dem Gott gesprochen wird, der die Schuld der Vter an den Kindern ahndet. Er wrde

vorschrift,

die das Gegenteil aussagt, in

durch diesen Hinweis die beste und schrfste Kritik seiner Theorie geliefert
haben, da ja nach seiner Auffassung der Deuteronomist'- sich selber widersprche ebenso wie zwei benachbarte Stellen bei Jeremia, XXXI, 28 und 29, und
XXXI 1, 18 in einem unvershnlichen Gegensatz zueinander stnden. Da ein
Volkssprchwort, das an sich schon ebensowenig wie die anderen Stellen in
diesen Zusammenhang gehrt, dazu aber noch ein solches, gegen das sich die
berufenen Vertreter der Rehgion bereinstimmend wenden, angefhrt wird, steht
mit den anderen Argumenten auf einer Stufe. Ich kann gegenber dieser Art

von Beweisfhrung nur wiederholen, was ich in einer anderen Polemik betont
habe, und was leider allzu oft bersehen wird.- Viele Nullen bilden noch keine
Zahl und viele Scheinginde noch keinen Beweis". (Babel und Bibel, Randglossen
zu den beiden Vortrgen Friedrich Delitzschs J. Kauffmann 1904 S. 37.)
brigens fat der Talmud auch die gtthche Vergeltung, von der in jenen
Schriftversen gesprochen wird, so auf, da die Kinder nur dann fr die Snden
der Vter verantwortlich gemacht werden, wenn

sie in

den schlechten

Wegen

HOROVITZ, AUGE

glauben,

nommen

da
hat

AUGE, ZAHN

UM ZAHN

man ohne weiteres die Tochter


.... Meines Erachtens liegt hier

des

629
Schlgers

,ttet

man

ge-

ein Fall der Talion

durch Komposition ausgeglichen worden

vor, der meistens

Bestimmung

UM

ist.

seine Tochter', bereitet schon auf die

Die

Kom-

denn das Leben eines Mannes stand hher im Preise


Diese Ausflucht ist schon angesichts der
wie das eines Weibes."
Wozu sie dient, offenbart
gekennzeichneten Polemik unmglich.
position vor,

uns

Mller
Es

ist

selbst:

interessant,

zu beobachten," heit es

mosaische Gesetz sich zu dieser heiklen Frage

a. a.

stellt.

O.,

Da

wie das
es nicht

Worte denen die mich hassen" zeigen die RichtigDeutung. Wenn Dillmann, Handbuch der Alttestamentlichen Theo-

ihrer Eltern fortfahren; die

keit dieser

gegen diese Interpretation geltend macht, da ja


selbstverstndlich wre, da Gott auch die Shne straft wie die Vter, wenn sie
selbst schuldig sind, so bersieht er, da der Satz vor allem die W^ahrheit konstatieren will, da das Bse, das der Vater tut, allzuleicht auch von dem Sohne
nachgeahmt wird, so da der Vater sich bessern mge, wenn nicht schon aus
Rcksicht auf sich selbst, so doch wenigstens aus Rcksicht auf seinen Sohn.
Tut dieser das Bse, und mu er es spter ben, so bt er zwar seine eigene
Schuld und doch im Grunde die Schuld des Vaters. Dieser Gedanke ist aber in
der Tat geeignet, auf manchen Vater Eindruck zu machen und erziehlich zu
wirken. Leviticus XXVI, 39: ,,Und die briggebliebenen von euch werden hinschwinden in ihrer Schuld in den Lndern eurer Feinde und auch durch
die Snden ihrer Vter mit ihnen hinschwinden", besttigt die rabbinische
Ansicht noch ganz abgesehen von der Deutung, die die Rabbinen Sanhedrin 27''
dem Satze unter Heranziehung eines anderen Schriftverses geben, oder indem
logie

sie

Leipzig

das

S. 262 f

1895

S.

261

ihnen" (S. Sifra & Raschi z. St.) ausdeuten. Auch Dillmann a. a. O.


erkennt schlielich an, da die Prophetie sich nur gegen die miverstan-

,,mit

dene Auslegung jener Verse wandte,

,,in

der das alte

Wort

zur Befrderung

Wichtige
Propheten
bringt
den
Gesichtspunkte
die gttliche
S. Kaatz, Das Wesen des prophetischen Judentums, Poppelauer 1907 S. 62 ff.
Seine Darlegungen knnen auch fr die Erklrung der bekannten Talmudstelle,
Makkoth 24% herangezogen werden. Hei-vorgehoben sei noch, da die Rabbinen gerade im Anschlu an den angefhrten Wortlaut des zweiten Gebots
bemerkt haben (Tosefta Sota, Abschnitt 4, Anfang): Fnfhundertmal grer ist
die Richtigkeit dieser Deutung wird von
die Liebe Gottes als seine Strenge"
einer neuen Seite besttigt durch die Erklrung, welche jenes Gebot in den eingangs dieser Anmerkung zitierten Pentateuchstellen findet: auch die Strafgerechtigkeit Gottes fliet aus seiner Liebe. Dreizehn Ausdrcke fr diese zhlt
der Talmud (Rosch Haschana 17b) in Exodus XXXIV, 6 und 7. Jeder Jude,
der auch nur von ferne mit dem gottesdienstlichen Leben Israels verbunden ist,
der sittlichen Erschlaffung oder Gleichgltigkeit

ber

verdreht wurde."

Vergeltung"

bei

kennt diesen Gott der


stunde betet.

,,

dreizehn Eigenschaften", zu

dem

er in geweihter Festes-

FESl'SCHRIFT

630
sagen konnte:

man

seine Tochter',

ttet

Gesetzes

selbstverstndlich.

sondern:

Und du

sollst

COHEN
bei

ist

Es sagt auch

dem

Geiste dieses

er

wird gettet,

nicht,

Daraus geht un-

geben, Seele fr Seele.

da hier Komposition stattgefunden hat."


So ist das Kunststck zuwege gebracht, zwei diametral
gegengesetzte Bestimmungen einander so zu nhern, da sie

zweifelhaft hervor,

identisch erscheinen.

Aber MLLER

Seite

widerlegt sich selbst.

entfast

148

bezug auf die Reihenfolge hat das mosaische Gesetz


sicherlich die ltere Form: Seele fr Seele", und dieses Gesetz ist
doch nach ihm der Urausdruck der Talion. Ferner: In der Aner: In

sagt

merkung Seite 147 steht zu lesen: Dieser Satz in seiner Einfachheit


und natrlichen Reihenfolge trgt das Kennzeichen eines Urgesetzes
an der Stirn." Und nun soll Seele fr Seele" mit einem Male ein
Ausdruck fr die Komposition sein! Wie wir gesehen haben, kann
man glauben, da das Wort: Seele fr Seele" in diesem Zusammenhang die Todesstrafe bezeichne und dabei doch Auge um Auge"
ebenso im Sinne der Komposition verstehen, wie Seele fr Seele
im Leviticus unzweifelhaft als Ausdruck fr den Schadenersatz gebraucht ist. Unmglich aber ist es, Seele fr Seele" hier an der
Spitze einer angeblichen Talionsformel im Sinne des Schadenersatzes
zu nehmen und Auge um Auge" als einen Ausdruck fr die krasse
Talion zu betrachten.

Mller

Er sagt

Gewicht.

Gesetz

diesem Punkte groes

in

Fr die Erforschung des Geistes der


die Erkenntnis des Zusammenhangs zwischen

Seite 147:

alten Gesetze wie fr

dem

Beweisfhrung

legt auf seine

Hammurabi und dem mosaischen

Gesetz,

andere Gruppe von Bestimmungen so geeignet,

Es

enthalten,

daneben aber

Vergleicht

man

kommen noch

damit Exodus XXI, 15

schied

Seite

fgt

149

da

bestehe nur darin,

er
die

zwei kasuistische Flle vor.

25, so

Mller

versteht

Zusammenhang
und
und

in

angefhrte

erster

Gesetz:

der

hinzu,

Normen

gehen, im mosaischen Gesetze nachfolgen.


Fllen

Linie

bei

wird

man

dieselben

etwas verndert

wesentliche

Unter-

Hammurabi

voran-

Unter den kasuistischen


das

bereits

in

Und wenn Mnner

anderem
streiten,

den anderen mit dem Stein oder mit der Faust,


Wenn er aufsteht und
nicht und wird bettlgerig.

einer schlgt
er

stirbt

wandelt auf der Strae an seinem Stabe, so


sein;

eine

Normen

allgemeine

kasuistischen Flle nur in leichter Umstellung und

wiederfinden."

kaum

die hier folgende:

als

sind hier eine Anzahl Paragraphen, welche

ist

nur seine Versumnis

soll

er erstatten

soll

und

der Schlger
heilen

frei

soll er ihn

HOROVITZ, AUGE

UM

UM ZAHN

AUGE, ZAHN

63 1

(Exodus XXI, 18/19) und die Bestimmung Hammurabis


( 206 und 207): Wenn jemand einen anderen im Streite schlgt
und ihm eine Wunde beibringt, so soll dieser Mann schwren: Mit
Wissen habe ich ihn nicht geschlagen, und den Arzt bezahlen. Wenn
er von seinem Schlage stirbt, so soll er ebenfalls so schwren, und
wenn es ein Freigeborener war, eine halbe Mine Geld zahlen." Von
dem zweiten Fall, in dem beide Male von dem Schlag gegen eine
schwangere Frau gesprochen wird, war schon die Rede. Nun ist
assen."

zum

sehr wohl mglich, da das mosaische Gesetz

entgegengesetzte Entscheidung zu

eine

treffen,

Teil gerade,

um

Flle behandelt, die

hufig vorkamen und schon im altbabylonischen Rechte besprochen

wurden.

Aber

Unterschiede

gleich
die

auf,

Hammurabi mu

der

dieser

erste

MLLER

kasuistischen

bersieht.

Er

sagt:

Flle"
(S.

weist

150) Bei

der Schlger schwren, wissentlich habe ich ihn

Angeklagten kommt bei


Strafsachen im mosaischen Gesetz nicht vor, es mu daher ein Indicium anderer Art gefunden werden, wodurch bekundet wird, da er
nur raufen", nicht wirklich schlagen und verwunden wollte. Dieses
geschlagen.

nicht

Indicium

findet

das

Dieser

Schwur

mosaische

Waffe gebraucht worden

ist,

des

Gesetz

da keine scharfe
Stein oder die Faust."

darin,

sondern nur ein

Beweise fr seine Auffassung fgt er in einer Anmerkung hinzu


Vergleiche als Gegensatz dazu ganz besonders die Charakterisierung
des vorstzlichen Mordes Numeri XXXV, 1621". Was aber steht

Zum

Nachdem

dort?

zunchst von

dem

Fall

gesprochen wird,

in

dem

jemand einen anderen mit einem eisernen Gerte geschlagen hat,


so da er starb", heit es dann weiter: Und wenn er mit einem
Stein in der Hand, durch den man sterben kann, ihn geschlagen
hat, so da er starb, so ist er ein Mrder; gettet werde der Mrder.
Oder er hat mit einem hlzernen Gert in der Hand, durch das man
Man sieht also, da auch dort
sterben kann, ihn geschlagen" usw.

von dem Schlag mit einem Stein, ja sogar mit einem Holzgert die
Rede ist. In der Tat zieht die Mechilta* gerade aus den angefhrten
Stzen den Schlu, da auch die Verse im Exodus von einem
Schlag handeln, bei dem die Mglichkeit einer Ttung a priori beund der zugleich an der Stelle, die er getroffen hat, tdlich
htte wirken knnen % wie aus einem anderen Bibelwort gefolgert
stand,

a.

"

S. ferner Sifre zu

ber den

O.

Numeri XXXV,

zweiten und hnliche

17.

Gesichtspunkte

s.

Baba

Kamma gob

FESTSCHRIFT COHEN

632

Mller

wird.

htte

allenfalls

konstatieren sollen,

da

in

Numeri

den Worten einem Stein" bzw. einem hlzernen Gert" hinzugefgt


wird j.durch den man sterben kann", whrend dieser Zusatz hier
fehlt.
Nicht jeder Steinwurf mu ja in dieser Weise gefhrlich sein!
Wie jedoch der Umstand, da ein Stein gebraucht wurde, beweisen
soll, da nur die Absicht bestand, zu raufen und nicht zu schlagen",
ist

mir unerfindlich.

Wenn

jenen Zusatz im IV. Buch

Exodus

aber der

halachische Midrasch

zitierte

Mose dem Sinne nach auf

bertrgt, so zeigt die ganze Art, wie die

die

Verse im

Thora diesen

Fall

Hervorhebung nach der negativen Seite


(niD'' N^l) die Richtigkeit dieser Exegese'.
Die Hypothese MLLERs
wre darum schon hinfllig, selbst wenn die Schrift nur von einem
Faustschlag sprche. Zumal hier beide Eventualitten in gleicher
Linie genannt sind, ist klar^ da nur von einem solchen Faustschlag gesprochen wird, der von vorneherein eine tdliche Wirkung
nicht ausschliet.
Es ist aber nicht einmal ganz sicher, ob das betreffende hebrische Wort mit Faust" bersetzt werden darf.
Targum Onkelos hat sowohl hier wie Jesaia LVIII, 4, wo der Ausdruck
*]1J1N gleichfalls vorkommt N't^llD, was einige 3 mit xe/>i"5tov gleichsetzen, demnach als Wurfwaffe, Schleuder so gro, da die Hand
sie fassen kann", wie Stein, Holzkloben, also ganz im Sinne von
Numeri XXXV, 17, 18 verstehen, andere als Stab, Stock nehmen,
was dann wiederum dem ^"^ 'h'2 in Numeri entsprechen wrde. Der
Enkel Raschis, Rabbi Samuel ben Meir, sieht sowohl in dem biblischen
namentlich

darstellt,

die

dem genannten aramischen Wort


Michael Sachs*, der auf das griechische

wie

in

dieser Erklrung an, ebenso

sich

das targumische

Wort

als

einen Stein oder Ziegel,


Kepafiis

verweist,

schliet

KOHUTS, whrend Nachmanides

Erdscholle" auffat, eine Bedeutung, die

schon vor ihm^ jdische Bibelerklrer und ebenso neuere Exegeten 7


'

selbst:
'

S.

auch die Mechilta

l)3"'n

niO^B'

Mechilta

"'INI

a. a.

HM

z.

St.:

'iDi

nn^D

yatsn 'SK?3 tyT'S

n'"? nK-'no nn'nsntt

und Mlbim

da-

3"J?1.

O.

Levy, Chaldisches Wrterbuch ber die Targumim und Neuhebrund Chaldisches Wrterbuch ber die Talmudim und Midraschim s. v.

3 S. J.

isches

fein.
4

Beitrge zur Sprach- und Altertumsforschung.

Aruch Completum

^ S.

Nachmanides

s. v.

a. a.

I.

Berlin. Veit 1852 S. 144.

rD"i13.

O.

Gesenius-Buhl, Handwrterbuch 13. Aufl. nieint, da die Bedeutung


Faust wahrscheinUch nur eine Spezialisierung der ursprnglichen, Klumpen, losgerissene Scholle sei, die Exodus XXI, 18 ungleich besser pat; so Targum an
7

HOROVITZ. AUGE
in

dem

hebrischen

^"i:iiS

auf Numeri, durch den

UM

AUGE, ZAHN

sehen.

MLLER

UM ZAHN

Wie dem auch

633

sei,

seine Theorie sttzen

der Hinweis

will,

ist

jeden-

beiden Stellen". Ohne, da ich die sprachliche Seite der Frage zu entscheiden vermag, will mir doch scheinen, da man aus der bersetzung xrlO noch keineswegs
schlieen darf, da das
die bersetzung lautet.

Targum

die

Ist KrttT.a

Wortbedeutung von r^njx so auffatt wie


= xf/'MSwy, dann ist ja, worauf schon Levy,

Wrterbuch zu den Targumim aufmerksam gemacht hat, die Parallele zu dem


T ]3K und 1" yy "ba in Numeri deutlich, wo das Wort n" nach Sifre z. St. 1"' "jo
soviel die Hand fat" bezeichnet. Aber wie immer man das aramische W'ort
nehmen mag, Nrlis als ein Beispiel fr Cji: b erklrt alle jene Bedeutungen.
ist um so nahehegender, als nicht nur das Neuhebrische das
i\M ausschlielich als Faust kennt, sondern vor allem halachische Schlufolgerungen an diesen Sinn des Wortes geknpft werden, (Mechilta z. St. no

Diese Erklrung

Wort

'131 J>1T r)"i:; B. K. 90b: 'Ol Dnv"?i my"? iid xinty ttw t\MH na), und man nicht
ohne Not annehmen kann, da gerade das Targum mit diesen, bzw. auch nur
mit ihren ersten Voraussetzungen in Widerspruch steht. Die bersetzung des
Targum Jonathan Spim = Prgel, Schlger wrde in derselben Weise zu verstehen sein. Die Parallele zu ]:.s, die ganze Eigenart des Falles hat natrlich
dazu beigetragen, da man das Wort fi"i;N nicht nur wrtlich nahm. Jesaia
LVIII, 4 scheint meines Erachtens die Bedeutung Faust die am meisten sinngeme; andererseits braucht der Ausdruck auch dort nicht nur gerade bei
dieser engen Bedeutung stehen zu bleiben. Saadia (bei Ibn Esra z. St.) erklrt
f\MH F= ntt'pi pm "13T und verweist auf das talmudische l'filJ.x ''byi. Auch hier
zeigt sich ein Weg, wie das Wort ."i"i^ unter Festhaltung des Wortsinnes Faust
ber diese Bedeutung hinauswachten kann. Die Mnner der Fuste" sind die
Mnner der Gewalttat berhaupt. Analog ist r]"iJK der gewaltttige Schlag mit
der zusammengeballten Faust, aber auch mit einem Gegenstand, den die zum
Schlage bereite zusammengeballte Hand festhlt. J. Derenbourg verweist in
der Anmerkung seiner Saadia-Ausgabe I, Paris, Leroux 1893 auf das D"'B'"iB'n nSD
von Jona ibn Gannach. Dieser erklrt das betreffende arabische Wort, welches
Saadia fr ^liH hat. Die Stelle lautet: (ed. W. Bacher, Berlin i8go S. loof.)
noo ]ii"iDn nwinn ioiy io: ma^ -imsi? "o b>"ii hb^-ud D'tan n ys'WjV ^bzh nasM
I^Nni vT p\-\:2 rnsn"? nij> udi minn n i-'ijji ]'j>siBiy -ist ho im r^nj! ix ]3iS3
'131 Dn^nisnio nnn mn ]^2vni j?nt3 in itff3 nsDi3 r)ni3.
Diese Erluterung des
betreffenden Wortes (eigentlich jnXB') bei Saadia = Zerbrechendes" wird mir
von befreundeter arabistischer Seite besttigt. Trotzdem gibt Derenbourg
(HI, 1896) das entsprechende Wort, das sich genau so in der bersetzung von
,,

Jesaia

a. a.

O. findet, mit poing (de

l'iniquite)

wieder, vielleicht mit Rcksicht auf

die Mitteilung bei Ibn Esra, die mglich macht, da Saadia das

sprachlich als Faust

genommen

Wort

)ni

hat. D'^tyin 'D hat die Sache allerdings anders


auch I. E. a. a. O. (s. d.) beide Auffassungen voneinander unterscheiden. Fr die durch die Notiz bei Ibn Esra nahegelegte
Auffassung der bersetzung Saadias bietet das franzsische coup de poing, also
eigenich Faustschlag, das, wie ich in den Le.xika sehe, auch eine Art eiserner
Schlger bezeichnen kann, eine interessante ungefhre Parallele. Vgl. auch die
deutschen Ausdrcke Fausteisen, Fausthammer, Faustkolben usw. sowie vor

aufgefat.

Vielleicht will aber

FESTSCHRIFT COHEN

634

Nur das eine kann zugegeben werden, da hier^ der


erste Ausgangspunkt des Zwists ein Streit mit Worten war im
Gegensatz zu Exodus XXI, 22, wo^ von der Absicht einer tdlichen
Verwundung gesprochen wird. Indessen man weili ja, wie oft leider
verfehlt.

falls

ein

kleiner

Anla gengt,

die

bsesten Instinkte und nicht nur fr

den Moment des Affekts wachzurufen 3. Und nichts spricht dagegen,


da auch hier schlielich der eine den anderen wissentlich verwunden, wenn auch nicht tten wollte. MLLER hat in der erwhnten Anmerkung noch auf eine zweite Pentateuchstelle, Deuteronomium XIX, 4 ff. verwiesen, die seiner These zuhilfe kommen soll.

Da

mehr

Der

an-

gebliche

ist

von

dem

dem

diese

nicht

zu retten

ist,

wissen wir ohnehin.

Dort
neue Beweis widerlegt sie aber nochmals.
unwissentlichen Totschlag die Rede, einem Fall, von

ja

der eine der hier in Frage stehenden Paragraphen des Hammurabi-

kodex handelt.

Nachdem

es in

Und

welches Indicium gibt die Thora selbst an?

Vers 4

heit:

und er war ihm nicht feind gewesen

von gestern und ehegestern", fhrt Vers 5 fort Und wer mit seinem
Nchsten in den Wald geht, Holz zu hauen, und es fhrt seine
Hand mit der Axt aus, Holz zu fllen, und es gleitet das Eisen ab
von dem Stiele und trifft seinen Nchsten, so da er stirbt" usw.
So wird auch der zweite Zeuge, den MLLER selbst herbeiruft, sobald man ihn nur einmal hrt, aus einem Frsprecher ein Anklger.
Sind also auch die sogenannten kasuistischen Flle bei aller
:

hnlichkeit des vorausgesetzten Tatbestandes keineswegs einander


so gleich, wie es im ersten Augenblick scheint, so zeigen die eigenen

Worte MLLERS,

Avelche

Gewalt er den Dingen antun mu,

um

Behauptung aufrecht zu erhalten. Er sagt Seite 155 ff: Da


zunchst bei Hammurabi von Adoptivkindern die Rede ist, ergibt
sich aus dem Zusammenhang mit dem Vorangehenden. Hammurabi
einer unerhrten Grausamkeit.
ist gerade gegen diese Kinder von
Das freche Wort wird mit dem Abschneiden der Zunge, das bse
seine

Daniel Sanders, HandHammer. Nachmanides erklrt brigens das

allem den bergmnnischen Ausdruck Fustel, nach

wrterbuch = Schlgel, eiserner


Beispiel von )"IJX im Sinne der Wort- und Sinnbedeutung Faust in geistreicher
Weise. S. auch Malbim, der die Mechilta im Sinne der Unterscheidung des

Nachmanides

interpretiert.

So S. R. Hirsch und Malbim s. aber Jerusch. Sanhedrin II, 3 und Sifre


zu Deut XXV, I und 11.
^ Mechilta z. St., Kethuboth
33 a, Sanhedrin 79: 1310 2ir3n nn^Da riS03.
3 S. die schne Bemerkung des Sifre zu Deuteron. XIX, 11.
^

HOROVITZ, AUGE

UM

UM ZAHN

AUGEj ZAHN

Augen

635

und so folgt die


Amme mit der abgeschnittenen Brust, der Sohn, der den Vater
schlgt, mit den abgeschnittenen Hnden und dann die Talionsregel
Nach Abschlu der Talionsparagraphen erinnert
juristisch entstellt.
sich der Kodifikator, da er aus der alten Vorlage die beiden
kasuistischen Flle nicht herbergenommen hat und fgt sie recht
Gelste

dem Ausreien

mit

und schlecht
und da sie

Da

ein.

er sie

der

bestraft,

mehr schlecht

angefgt hat,

der Tat an unpassender Stelle stehen, ergibt sich aus

in

folgender Tatsache:

Im Exodus

folgt auf die Talionsregel ein Zusatz:

Brandwunde um Brandwunde, Stichwunde


Im Hammurabi
wunde um Hiebwunde."

sich

als recht

htte anschlieen

an ^ 201

mssen.

um

Stichwunde, Hieb-

fehlt dieser Zusatz,

der

Dafr stehen dort die

Bestimmungen ber die Ohrfeige ($ 202 205). Nun htte dieser


Zusatz eventuell auch nach 205 eingefgt werden knnen, aber da
wurden die beiden kasuistischen Flle eingeschoben; die Wunde
Es fllt aber ein weibleibt also, wenn man so sagen darf, offen.
Whrend im Exodus gesagt wird, ,er wird
terer Unterschied auf.
bettlgerig', heit es im Hammurabi: ,und bringt ihm eine Wunde
es mu also an dieser Stelle frher einmal von einer Wunde
bei',
gehandelt worden sein, denn sie findet sich sowohl im Exodus als
auch bei Hammurabi und mu daher schon in der alten Vorlage
auch erwhnt worden sein." MLLER schliet: In der Tat kehrt
Hammurabi nach Absolvierung dieser beiden kasuistischen Flle zur
Wunde zurck, die von einem Arzt beigebracht worden ist."
Also, um erklren zu knnen, da der groe Jurist Hammurabi, wie
ihn Mller nennt, mehr schlecht als recht, die zwei kasuistischen
Flle eingeflickt habe", gewissermaen, um eine Lcke im Codex
Hammurabi zu finden, deren Spuren allerdings noch sichtbar sind",
mu man annehmen, da im Exodus die uralte Vorlage zu erblicken

Hammurabi so ungeschickt wie nur mglich seine Weisheit


entnommen habe. Wenn wenigstens durch eine solche Annahme
der Zusammenhang besser erklrt wrde als ohne sie! Man knnte
dann allenfalls des fleiigen Scharfsinns Mhe verstehen. Aber das
sei,

der

Gegenteil
verstrickt,

ist

der

da

Fall.

er

Und MLLER

ist

so sehr in seine Theorie

gar nicht merkt, wie er selber das Material zu

brigens nimmt er seine Behauptung, da auch bei Hammurabi ursprnglich von einer Wunde gesprochen sein msse, Seite 223 in einer gelegentlichen Anmerkung
wieder halb zurck, indem er sagt: Mglich ist immerhin, da dieser
ihrer Zerstrung

zusammentrgt.

Zusatz Brandwunde

usw. auch von der

mosaischen Gesetzgebung

FESTSCHRIFT COHEN

636

noch weitere Einschrnkung und


Przisierung erhalten hat." In Wahrheit ist aber der Zusammenhang
bei Hammurabi ohne alle diese Experimente sehr wohl und viel
besser verstndlich. Auf das Ausschlagen der Glieder, des Auges
und des Zahns folgt ganz natrlich der Schlag auf die Wange,
herrhrt,

danach

wodurch

die Talion

die nicht beabsichtigte

eine

Verwundung mit

nicht tdlichem bezw.

sodann die verschiedenen Bestimmungen ber


die Flle der Fehlgeburt, die durch eine der Mutter zugefgte Verletzung veranlagt sind und schlielich Bestimmungen ber die Wunden, die durch einen Arzt (S 215
223), bezw. durch einen Tierarzt
tdlichem Ausgang,

( 224, 225)

verursacht wurden, worauf dann von der Verantwortlich-

keit des Scherers ( 226, 227), des

Baumeisters

Schiffsbauers ( 234
240) gesprochen wird.
doch so klar und lckenlos wie nur mglich.

228

233) und

Diese Reihenfolge

Wo

bleibt

des
ist

da sozu-

Wozu also die Annahme, die ReihenWunde offen"?


Seele um Seele, Auge um Auge habe es zu wege gebracht,

sagen eine
folge

da die beiden kasuistischen Flle, die einen tdlichen Ausgang


haben, den die weitere Zerstrung von Gliedern betreffenden Bestimmungen vorangehen muten"? In Wirklichkeit schliet sich", sagt
Mller Seite 154, im Exodus dem Ausgang des Verses die alte
Talionsregel ,Seele fr Seele', ,Auge fr Auge' viie von selbst an."
Hat MLLER vergessen, wie
Welche unglaublichen Widersprche!

Worte Seele fr Seele deutet, so hat er weiter bersehen,


da die Bestimmungen ber das Auge, die Glieder und den Zahn ja
gerade bei Hammurabi den kasuistischen" Fllen vorangehen, und
er selber die

da im Pentateuch der erste dieser Flle ja ausschlielich nur von

dem

nicht tdlichen

Ausgang

redet.

Vor

allem aber hat er auer

acht gelassen, da diese Sonderbestimmungen bei Hammurabi, wie


dargelegt wurde, von selbst ihren besten Platz fanden unmittelbar

vor den Spezialbestimmungen ber den Arzt, den Scherer usw.

Auch, was Mller Seite 153 sagt: Und diese zwei Stze (Vers
15 und 17) sind aus den Talionsvorschriften ausgeschieden und ihnen
vorangeschickt, sie finden sich neben dem Satze, welche den nicht
vorstzlichen Totschlag betreffen," ist, wie man sich durch Einsicht-

nahme

Exodus, Kapitel XXI, berzeugen kann, eine Flchtigkeit.


Dort heit es Vers 14: Wenn jemand aber an seinem Nchsten
frevelt und ihn umbringt mit Absicht, selbst von meinem Altar weg
sollst Du ihn fhren zum Tode."
MLLER vergit diesen Satz und
in

denkt nur an Vers 18, ber dessen Auslegung wir ja ausfhrlich


gesprochen haben. Dieser handelt aber berhaupt nicht von dem

HOROVITZ, AUGE

UM AUGF, ZAHN UM ZAHN

637

Die Reihenfolge im Pentateuch ist vollkommen verZunchst ist im Satz I2 von dem vorstzlichen, in Satz
stndlich.
13 von dem unvorstzlichen Totschlag die Rede, bei welchem die
Flucht in eine Asylstadt ermglicht wird, Vers 14 bestimmt ergnzend,
Totschlag.

auch die Flucht zum Altar


hin vergeblich ist, so dalJ also begreiflich wird, da in Vers 18, 19
nicht noch besonders der Fall des tdlichen Ausgangs erwhnt zu
werden brauchte. Satz 22 sprechen, wie wir gesehen haben, von
da bei dem

vorstzlichen Totschlag

f.

einem ganz neuen Fall, dem dolus indirectus^ Die Zwischenstze,


Vers 1417, behandeln Beispiele, auf die wie auf den Mord die Todesstrafe steht.
An Vers 16 denkt MLLER erst in einer Anmerkung.
Wie hier die Irrwege MLLERs im einzelnen gekennzeichnet sind,
so hat sich auch Professor J. KOHLER vom Standpunkte der vergleichenden Rechtswissenschaft mit

aller

Methode im ganzen ausgesprochen und


hervortretenden

hnlichkeiten

Entschiedenheit gegen seine


seinerseits gemeint,

auf die Einheit

der

da

alle

ursprnglichen

und da aus der Anordnung der


Gesetzesstze nicht das mindeste geschlossen werden kann.^
Da schon die Behauptung, welche den Ausgangspunkt seiner

Lebensverhltnisse zurckgehen,

S.

noch bes. Mechilta

z.

St.,

xb

ti'\s

Tt^

"31

ICIX

ir.t

'h

1t

T\Vf^ti

rnttNi -b

y)2mn bas nn^n sin i.sViir nrni is<iiB? Jiirn'? ^^isron by b livcB'
ber den Zusammenhang nach Tanna debe
b"r\ uyaiy ^ lanix.

psni isaic nirn"?

WVi

1S2"

"'21

Chiskijahu

s.

oben.

Deutsche Literaturzeitung, Jahrgang 1904, Sp. 301. KOHLER hat dabei


nicht gewut, da die auftretenden hnlichkeiten, wie hier an einem wichtigen
Beispiele gezeigt wurde, bei weitem nicht so gro sind, als Ml'LLER sie darstellt.
S. oben S. 6256". Je genauer man die Hammurabigesetze studiert, desto mehr
zeigt sich die erhabene unverlorene Gre der Thora. Zu dieser Erkenntnis
haben die Untersuchungen von A. und B. Jeremias, E. KNIG und vieler
MLLER
anderer, auch die von D. H. Mller selbst manches beigetragen.
hat das Verdienst, auf einige interessante Analogien aufmerksam gemacht zu
haben; aber seine Theorien, die zu oft auch von sonst bedchtigeren Forschern
kritiklos bernommen werden, sind mit der grten Vorsicht aufzunehmen; er
'

gar zu sehr das Glnzende und Schillernde, das im Leben wie in der
Wissenschaft nur fr den Augenblick geboren ist. Da auch das angebliche
Vorbild der sinaitischen Offenbarung" bei Hammurabi, ai:f das in der Babel-

liebt

Bibel-Bewegung mit solcher Emphase hingewiesen wurde, aus der Luft gegriffen
C. Bezold (in
ist, habe ich in meinem Babel und Bibel" S. 2532 gezeigt.
der Deutschen Literaturzeitung), E. KNIG (die Babel- Bibelfrage 3. Heft.)
P. Jensen, J. Selbst u. a. haben sich meiner Beweisfhrung im wesendichen
angeschlossen, gegen die meines Wissens Einwnde nicht erhoben worden sind;
nichtsdestoweniger wird aber die vollkommen irrtmliche Deutung des Bildes

weiter verbreitet.

FESTSCHRIFT COHEN

^S
Beweisfhrung
Seele
ein

usw.

bildet,

habe sich

aus
die

der natrlichen" Reihenfolge Seele fr

Hammurabi entwickelt,
bedarf kaum des nheren Nach-

knstliche"

methodischer Trugschlu

ist,

des

Man
doch gleich ihre erste Voraussetzung hinfllig.
kann sehr wohl auch die Reihenfolge bei Hammurabi eine natrUche
nennen, eben schon darum, weil erst von dem Verlust wertvollerer
Glieder, dann erst von dem Ausschlagen des Zahnes gesprochen
Da aber fr Hammurabi diese Anordnung unabhngig von
wird.
jeder Vorlage die einzig mgliche war, ist klar: Da die Augen und
weises.

Ist

und ebenso wieder diejenigen eines


werden, wurden sie zusammengefat,

Glieder" eines Freigelassenenen

Sklaven gleichmig taxiert

den Zahn eines Freigelassenen, wie ja bereits bemerkt,


ein geringerer Preis, fr den eines Sklaven aber berhaupt nichts
Andererseits kann man die natrliche" Aufeinanderbezahlt wird.
folge im Pentateuch mit ebensolchem Recht eine knstliche" oder

whrend

fr

vielmehr kunstvolle nennen \

Anmerkung: i. Die Formel Blut um Blut" usw. bei den arabischen Beduinen. 2. Das jus talionis bei Hammurabi in Zusammenhang mit
der Aufhebung der Blutrache. Fehlen der Formel Blut um Blut". 3. Die innerNeue Gesichtspunkte fr
liche Umwandlung der Blutrache durch die Thora.
die Richtigkeit der berheferten Auffassung. 4. C'Bia trS3 usw. 5. Die Deutung

Inhalt der

,,

Die Auffassung des


Gesetzes bei Maimonides More Nebuchim Kap. 41. Versuch einer neuen Erklrung der Stelle, i. Alois Musil teilt in seinem lehrreichen Werke Arabia
Petraea, Wien, Holder 1908, Seite 359 ein Sprichwort: Knochen fr Knochen,
des Gesetzes bei den Sadduzern, bei Philo und Josefus.

6.

,,

^n
DSV ^2 nsy
Blut fr Blut, Mann fr Mann, Seele fr Seele" (O^p ^3 bp
nn ''3 nil) mit, das er bei arabischen Beduinen gehrt hat. Es ist nicht klar, ob
die ersten zwei Glieder des Satzes sich auch auf Krperverletzungen ohne td-

lichen

Ausgang beziehen oder

alle vier

Ausdrcke

parallele

Bezeichnungen

fr

das Wahrscheinliche. Wie


dem aber auch sein mag, de facto wird, wie MusiL berichtet, die Talion nur in
den seltensten Fllen auer bei beabsichtigtem Totschlag ausgebt. Bei Krper-

die Blutrache bei Totschlag sind.

Das

letztere

ist

Angaben (S. 368) entnehme, berhaupt


nicht stattzufinden. Ist nun in der Tat wahr und allgemein anerkannt, da wie
S. JAMPEL (Das Verhltnis des ursemitischen Gesetzes zum biblischen. Jdische
verletzungen scheint

sie,

soweit ich seinen

Juh 1912 S. 266) ausfhrt, uralte Traditionen sich bei den


Beduinenstmmen einer beneidenswerten Integritt erfreuen, so mchte ich
daraus nicht nur wie der genannte Gelehrte schlieen, da neben der theoretischen Regel die Komposition seit altersher bestand, sondern auch, da jene
Presse No. 28

vom

12.

infolge der milderen Praxis allmhlich ihren vielleicht anfangs krassen


Sinn verloren hat und eine sprichwrtHche Redensart geworden ist fr die Wiedervergeltung im weiteren Sinne. Wie eingewurzelt und im einzelnen festgelegt die

Formel

Komposition bei den Beduinen

ist,

dafr gewhren die Tarife ber die einzelnen

HOROVITZ, AUGE

UM

AUGE, ZAHN

UM ZAHN

639

Haben wir nun nach allen Richtungen gezeigt, da Auge um


Auge weder stilistisch noch sachlich mit dem betreffenden ParaMUSIL mitteilt, einen interessanten Einblick. 2. Durch diese Anawrde von neuem verstndlich sein, setzt man bei Hammurabi die Bekannt-

Blutpreise, die
logie

einem derartigen weitverbreiteten Volkssprichwort voraus, da der


Babylonierknig eme solche Wendung niemals als Ausdruck fr die Talion gebraucht. Hammurabi rumte mit der Blutrache ganz auf, wie schon A. Jeremias,
Das alte Testament im Lichte des Orients S. 426 richtig erkennt, nicht durch
sittlichen, sondern durch sozialen Fortschritt; die staatUche Gewalt sicherte die
schaft mit

,,

Gesichtspunkt darf nicht vergessen werden.


vielleicht in jenen Zeiten durch die staatwre
Das elementare Rachebedrfnis
liche Gewalt allein nicht niedergehalten worden, wenn Hammurabi nicht die
vielFamilienhaftung in einem sehr weiten Mae beibehalten und die Talion,
sie
vorher
strikt durchgefhrt htte, als
leicht sogar in viel grerem Mae
das sich frei bewegen darf, ist oft leichter
Rachebedrfnis,
Das
mochte.
sein
bch
zu befriedigen und schliet eher ein Kompromi, als wenn es eingedmmt und
eingezwngt ist. So bot die unerbitthche Hrte des Hammurabikodex nach
dieser Richtung hin gefhlsmigen Ersatz. Was die Neuordnung der Dinge
umstie, richtete sie auf der anderen Seite wieder neu auf, indem sie es in den
Rechtsgter".

Noch

ein zweiter

Rechtsstaat einfgte und sicherstellte. 3. Anders die Thora. Sie lie scheinbar
die tief mit dem ganzen Volks- und Seelenleben aller umwohnenden Vlker ver-

Blutrache unangetastet, welche hier ohne die Hilfe eines


alle diese Vlker umfassenden mchtigen Staatengebildes ohnehin schwerlich mit
Stumpf und Stiel htte ausgerottet werden knnen sie suchte sie aber von innen
heraus desto schneller und sicherer umzuwandehi und scharf zu trennen von der

wachsene

Institution der

ungezgelten Blutrache der Nachbarnationen.

Die groartige Einrichtung der

von berallher bequem zugnghchen (Deuteronomium XXX, 3 u. a. O., Makkoth


9b f.) Zufluchtsstdte verhinderte, da der Blutloser mit heiem Herzen" (Deuteron, a. a. O. V. 6 S. More HI, 40) vorschnell Rache nahm, da unschuldiges
Blut vergossen (a. a. O. V. 10) und Israel in seiner Gesamtheit mit Blutschuld
In die Zufluchtsstadt konnte jeder
belastet wurde (a. a. O., Aloed katan 5 a).
flchten, der

jemanden erschlagen

hatte

(a. a.

O. V.

11,

Makkoth

lob).

War

ge-

richtlich festgestellt, da der Totschlger mit Vorwissen und entsprechender Verwarnung vor Zeugen einen Mord begangen hatte, dann erst trat der Goel in
Aktion (a. a. O.): So wurde der Blutloser ein Glied der Rechtsgemeinschaft.

Das kommt wieder

darin

zum Ausdruck, da der Goel nach dem

biblischen

auch Kethuboth 37b) auch jetzt nicht freie Hand hat, sondern den
Mrder tten mu, ,,gibt ihm dieser auch alles Geld der Welt, und wre er auch
persnlich gewillt, ihn von der Todesstrafe zu befreien (Maimonides, Hilchoth
Rozeach I, 4). Treffend bemerkt Maimonides weiter, denn die Seele des
Mrders ist nicht ein Eigentum des Blutlsers, sondern ein Eigentum Gottes,
denn so heit es: Ihr drft kein Shnegeld nehmen fr die Seele eines Mrders;

Rechte

(S.

auf nichts hat aber die Thora so ernst ihr Augenmerk gerichtet wie auf das Blutvergieen". Wenn nun bei Krperverletzungen die Talion in Betracht kme, so
wrde zu erwarten sein, da die Thora festgelegt htte, ob und inwieweit der Verletzte

oder dessen Verwandter sich an der Ausfhrung der TaHon zu beteiligen

FESTSCHRIFT COHEN

640

graphen des Hammurabikodex in Parallele zu setzen ist, so mgen


noch einige Worte ber jenes Prinzip selbst folgen. JOH. D. MiCHADa darber berhaupt nicht gesprochen wird, lt sogar mgda auch vor der sinaitischen Offenbarung bei Krperverletzungen
vielfach eine Komposition stattfand, die nur einer gewissen Willkr preisgegeben
und im einzelnen nicht festgelegt, ferner zwar erlaubt und blich, aber nicht gefordert war. Wie aber im Kodex Hammurabi die genannte Formel niemals im
Zusammenhang mit der Talion angewandt wird, so in der Thora niemals da, wo
von der Todesstrafe wegen begangenen Mordes als solcher die Rede ist, und
das ist in jedem der fnf Bcher Mose der Fall. In Leviticus XXIV wird sogar
unmittelbar hintereinander (V. 17 und 18) gesagt: Und wenn jemand irgend
einen Menschen erschlgt, so soll er gettet werden. Und wer ein Vieh erschlgt,
Leben um Leben." (Eigentlich Seele um Seele). So ist deutsoll es bezahlen.
Leben um Leben", selbst wenn sie ursprnglich
lich, da die Bezeichnung
einmal auerhalb des biblischen Schrifttums einen anderen Sinn gehabt haben
sollte, allmhlich geradezu ein Ausdruck fr die Komposition geworden ist. Auch
wenn man mit Ibn Esra jenen Ausdruck auf beide Verse bezieht, hat er jedenfalls vollkommen aufgehrt ein Ausdruck fr die buchstbliche Talion zu sein
und ist ein allgemeiner Rechtsterminus geworden fr die entsprechende Bestrafung berhaupt. Kann die Bezeichnung Leben um Leben" auch fernerhin
die Todesstrafe bezeichnen, so hegt das auch innerhalb dieser Auffassung, wie
bereits dargelegt wurde (S. S. 621) nicht mehr an dem Ausdruck selbst, sondern
an der Eigenart des Falles, der die Todesstrafe als einzige in Frage kommende
Shne verlangt. Dazu kommt alles das, was wir bezglich des Ausdrucks mn
ausgefhrt haben, der, wie es scheint, nur in der Bibel in diesem engeren Zusammenhang vorkommt, ber das Schweigen von jedem Lsegeld usw. und nicht
zuletzt ber die sorgfltige bis ins Kleinste durchgefhrte Abgrenzung der einzelnen Krperverletzungen voneinander, die schon eben deswegen eine buchstbliche Talion ausschUet. Auch das Recht der Schiiten, so wenig ideal es an
sich ist, zeigt, wie das Streben nach einer gerechten Strafe der durchgngigen

habe oder

nicht.

lich erscheinen,

,,

Ausbung der Talion Verlegenheit bereitet (siehe die betreffenden Zusammenund die Literatur bei J. KOHLER, Zur Lehre von der Blutrache.
Wrzburg, Stahel 1885 S. 2off.) ber die Blutrache bei den Naturvlkern

stellungen

Khler a. a. O. Kap. i. Bei den Malaien findet bei Krperverletzungen ein


gemindertes Blutrecht statt, und der Wertpreis entspricht der Werttaxe desjenigen
Gliedes, welches der V^erletzte eingebt hatte a. a. O. S. 11. 4. Nun noch einige
Worte ber Deuteronomium XIX, 21. M. GDEMANN schreibt in seiner Jdischen Apologetik (Glogau 1906) S. 15: Das alte Vergeltungsrecht ist schon
in der Thora selbst unter Anwendung dieses Prinzips beseitigt worden". Damit
knnte ich ja gewi einverstanden sein, wenn sich GDEMANN nicht in der An-

s.

Mller

und dadurch jenem


auch einen neuen
er, die Stelle zeige gerade, da
,,die alten Talionsformeln zwar beibehalten wurden, sich aber bereits zu einem
unmiverstndlichen Sprachgebrauch fr die Komposition abgeschliffen haben".
Das ist aber insofern nicht richtig, als nach der bereinstimmenden rabbinischen

merkung

zu diesem Satze (S. 236) auf D. H.

Deutung gbe. GDEMANN


Gesichtspunkt hinzu. Gegen MLLER betont

Satz eine eigene

beriefe

fgt indessen

HOROVITZ, AUGE

ELIS hat
die in

in

dem

UM

AUGE, ZAHN

UM ZAHN

64 1

seinem mehrfach von uns genannten Werke, das zwar


Gesetz

zum Ausdruck gebrachte Humanittsidee

klar

und

5 b) tyin K?B3 im Sinne der Todesstrafe verstanden werden


whrend
nnn tii verschieden gedeutet werden kann und gedeutet
B3
mu,
worden ist (s. S. igff.). Da die Thora bei der Art der hier in Betracht kommen-

Ansicht (Makkoth

den falschen Zeugenaussage a. a. O. V. 19 das Prinzip aufsteUt Dt nt^XD 1^ an^trjjl


vn'? ^\^vyb, was dann in dem Nachsatz und in den folgenden Stzen nher begrndet wird, so ist klar, da jene mit dem dolus directus in dem jeweiligen Fall
gleichgesetzt wird. Kann nun der beabsichtigte Totschlag nach dem Gesetz der
Bibel nur durch die gerichtUche Ttung geshnt werden, so mu B'Bia V&i in
diesem Zusammenhang die Todesstrafe bedeuten ebenso wie yy2 yy usw. nur
ein Ausdruck fr die Komposition sein kann. Die talmudische Deutung ist also
vollkommen konsequent und sachlich gerechtfertigt. Z. Ch. MECKLENBURG,
Malbim zum Sifre a. a. O. und andere wollen einleuchtend machen, da die
pharisische Deutung von Deuteronomium XIX, 19 gegenber der sadduzischen
(Makkoth a. a. O. ber die richtige Lesart in der Mischna s. n'japni 2n3 z. St.)
gerade auch in dem Terminus Bi2 CB3 usw. statt SJ nnn E'3 usw. zum Ausdruck kommt. Siehe jedoch meine demnchst an anderer Stelle erscheinende
Abhandlung, Zur rabbinischen Deutung von Deuteron. XIX, 19 und XXV, 12.
GDEMANN hat sich vielleicht nur in dem Ausdruck vergriffen und sagen wollen,
da nach der Auffassung des Dt n3 = nt^J? -iirt K^l not ICSi eine eigentliche
Talicn ja insofern nicht stattfinde, als die vermeintliche Strafe noch nicht vollstreckt wurde, welche die falschen Zeugen ber einen Unschuldigen zu bringen
beabsichtigten, die aber nun an ihnen vollzogen wird. Die Stelle zeigt aber
weiterhin, da der

Ausdruck Auge

um Auge"

usw. sich nicht

mehr

allein

auf

Krperverletzungen bezieht, sondern ein allgemeiner Grundsatz des Strafrechts


Die Stze V. i6fif. sprechen ja deutlich (V. 16: mo U niij)'?) nicht nur von
ist.

Totschlag und Krperverletzung. (S. auch Sifre zu Deut. IX, 19: "lil ib nn'tryi
Ergibt sich so aus der Schrift selbst
D^traiy n'':ij; nx nso mro nx poo po ox.)
der zugleich allgemeinere Sinn des Satzes, der nach dieser Richtung hin nicht
bei seiner wrtlichen Auslegung stehen bleibt, so hat es auch keine Schwierigkeiten, da nach der rabbinischen Deutung der Worte ]''j;3 ]"; hier ja nach beiden
Seiten nur der

Wert des Auges gemeint

ist;

der Mastab fr den Ersatz bildet

Schaden usw., den der Verletzte durch den Verlust seines Auges
erlitten hat, so da die Formel vollstndig verstndlich ist. Ohne die rabbinische
Deutung des ]''V rnn yf wrde man aber auch hier nicht den Ausdruck ]'>J?3 yy
im Sinne der Komposition verstehen knnen. Steht nun diese Deutung von
'1i1 yy^ yy lSi2 CBi fest, so ist klar, da sich auch das ^r5? Dinn xbl hier ebenso
wie auf die Todesstrafe auch auf nipV und ]ino bezieht und was Maimonides,
Hilchoth Chobel I, 4 ausfhrt: lionnxi n bzn niirn bv^ nt klt '"ij? "loxn xctr ^'n na
']yy Dinn x"?! 10x3 -\^h ergibt sich aus der Schrift selbst. Maggid Mischne z. St.
gibt als die Quelle von Maimonides den Sifre an. Gemeint sein kann die im
Jalkut zu unserer Stelle aufbewahrte Bemerkung (S. auch Lekach Tob z. St.),
wonach aus Deut XXV, 12 gefolgert wird, da das Dinn x"?! hier sich auf pOD
bezieht, aber auch Sifre zu XXV, 12, wo R. Jehuda umgekehrt aus der (allgemein
anerkannten) Bedeutung des Dinn x'?1 in unserer Stelle auf Deut XXV, 12 schliet.
natrlich der

41

FESTSCHRIFT COHEN

642
scharf erkennt,

es

aber im brigen

als

krasses jus talionis nimmt,

dargelegt, da (Seite 60) der Unterschied der Stnde dieses in

Wenn

Rom

da der Ausdruck ^a^J? Dinn b) sich sonst


nirgends bei Geldstrafen findet, so ist dagegen zu sagen, da er einmal in den
von Deuteron. XXV, 12 abgesehen, wovon
gesetzlichen Teilen der Thora
berhaupt nur bei der Todesstrafe vorkommt,
gleich zu sprechen sein wird
Avie er auch sonst fast durchweg nur bei Tod und vlliger Vernichtung gebraucht
wird. In Genesis XLV, 20 wird aber gerade der Gedanke, Lats euch nicht
leid sein, hier allerlei zurcklassen zu mssen, da ihr reichlichen Ersatz bekommt" durch die Worte in DS"? nns yMi "?3 Sita "3 Tb:) by Dinn b D3ryi verdeutlicht: eigentlich euer Auge habe kein Mitleid mit euren Gerten" usw. und
in Psalm LXXII, 13 wird das Wort Din im Sinne des Mitleids mit den Armen
angewandt. (Satz 14 a und b entsprechen genau 13 a und b). Das ist noch kein
positiver Beweis und nur eine ungefhre Parallele. Den Beweis dafr, da k"?
Dinn sich hier auch auf andere Strafen mitbezieht, glauben wir aber aus den betreffenden Schriftversen selbst erbracht zu haben. Die Mahnung "\i^ Dinn n"? ist
hier ja fr alle Strafarten besonders am Platze, weil das D? nwXD nach dem
schlichten Schriftsinn zeigt, da die Strafe an den D"1t ^'iy vollzogen wird wegen
ihrer schlechten Absicht, auch wenn diese einen schlielichen Erfolg nicht zu verzeichnen hat. Aus dem B'Sia U?B3 schlieen die Rabbinen (Makkoth 5 b) allerdings,
da vorausgesetzt wird, die D'^lt D^nj? haben einen Urteilsspruch schon erreicht,
der nur noch nicht ausgefhrt wurde. Das Weitere ber l"J> setze ich in der genannten, demnchst an anderer Stelle erscheinenden Arbeit auseinander. Was nun
geltend gemacht worden

ist,

n3 nx nnifpl angeht, so erklrt die Tradition diesen Satz, wie ich


anderwrts darlege, in verschiedener Weise. Hier sei nur noch bemerkt, da
diejenigen, welche den ganzen Fall von der Verpflichtung reden lassen, den Ver-

11"'

J?

Dinn

*?

seinem Verfolger dadurch zu schtzen, da dieser unschdlich gemacht


wird, den Vordersatz wrtlich nehmen und in "[y]} Dinn b die Mahnung erblicken,
selbst vor der Ttung des Verfolgers nicht zurckzuschrecken, wenn ein anderer
Schutz des Verfolgten ausgeschlossen ist. Nach der Deutung, die den Fall auf
ntyn bezieht, knnte "[yy Dinn b besagen, da auf ll hier nicht verzichtet werden
darf, auch wenn dem Beleidigten keinerlei materieller bzw. krperlicher Schaden
hinzugefgt wurde. 5. Im Sinne der Talion aufgefat haben die Sadduzer die
wie Megillath Taanith IV, i mitteilt. H. GrTZ, Geschichte
Worte yy 'n
der Juden III, 2, 4. Aufl. S. 693 will in der ganzen Errterung des Talmud 83bff.
eine Besttigung dieser Nachricht sehen, whrend B. Ritter, Philo und die
folgten vor

l''J?,

Halacha, Leipzig 1879

S. 133

zweifeln zu sollen glaubt.

f.

Da

die

Notiz auf Grund der gleichen Quelle an-

Philo das Gesetz als jus talionis aufgefat hat,

bekannt. S. die nheren Nachweise bei Ritter S. 18 ff. Nach Ritter S. 20


und bes. 21 Anm. i nimmt Josefus eine vermittelnde Stellung ein. Ob freilich

ist

dahin verstanden werden mu, da es dem


freien Ermessen des Beschdigten anheimgestellt bleibe, die Hhe der Summe
zu bestimmen, ist nicht ganz gesichert. Irrtmlich vindiziert A. JerEMIAS, Das
alte Testament im Lichte des Orients, 2. Aufl. Leipzig 1906, S. 426 gar der
die betreffende Stelle, Ant. IV,

8. 35,

Mischna eine solche Ansicht. 6. Zu den Anhngern einer buchstblich krassen


Auslegung des Gesetzes wird auch der Maimonides des More gezhlt. Die be-

HOROVITZ, AUGE

UM AUGE, ZAHN UM ZAHN

643

ganz abgeschafft und bewirkt habe, da der unter Despoten

fast

stehende

Rmer im

treffende Stelle

(More Nebuchim,

setzung:

nntan

iavj?-i

nm

k*?!

feindenkend

so

Jure

]r\y

III,

war,

Kap. 41) lautet

p mxa mo

jn"

in

^B'^<3

wie wir

jetzt

sind.

der Tibbonschen bernow nn non ^m

in

D^piDsn n2D rn^ nin n:i3n

nao

x^i

nj>n

mo'pnn

"'S ]ii3)33
nin n^mtv lirirna
n bs; sie hat von je Aufsehen
na ^h
erregt und schon Schemtob ibn Palakera zu der Bemerkung veranlat: xbl
lanysi nvi laa" nufni m'? "jd n^ 'd ivnoi li^an njsj nas Tijjnv Die uerung
des More erscheint um so auffallender, als Maimonides, Hilchoth Chobel I, 3
Anfang, ausdrcklich das Gegenteil sagt: ]nv p Dnxn Di "in"' niyS2 nmna nsati nt
n::n2 bsnc? idd ntl "pun"? li'X 13. Indessen ist einmal zu beachten, da diese Ablehnung der wrtlichen Auslegung jenes Satzes erst erfolgt, nachdem unmittelbar
vorher (a. a. O. I, 2 Ende) konstatiert wurde: nnn ^^i<}V nttr no'? nyitt'n ^SO
Xin poo D^tr*'?; sodann erklrt Maimonides (a. a. O. 3) positiv den angezogenen
Satz: ipti D':'ti'D '[Tzb'i nc'j? ic3 n "^nn"? \s nax non"? 'Ini wt:' bx; dieses i^-'sb
wird erst verstndlich, wenn man an die Worte nyitJ?" ''S usw. denkt und an
die in 2 mitgeteilte Tatsache, da das Wort nnn nach der rabbinischen Ansicht
im Sinne des Schadenersatzes zu verstehen ist. Maimonides erklrt zudem dieses
l^'h durch den Nachsatz: in na'js ni'nb nsn B'Bab 1S513 inpn ab -lois sin "'im
'131
"1313 13 pK!J? wie B. K. 83 b.
Insoweit knnte danach der Widerspruch als
ausgeglichen gelten. Entfernt sich doch die Erklrung, die Maimonides dem
Satze schlielich gibt, und die mit derjenigen vieler Bibelerklrer bereinstimmt,
noch kaum von der wrtHchen Bedeutung. Zu dieser tritt sie erst in Gegensatz
durch die in Halacha 2 gegebene Voraussetzung. Das Prinzip der Strafe aber
bleibt ja nach wie vor die Wiedervergeltung. Dazu kommt vor allem, da erst

Dj?i

-\'\'ohr\n

D^isa

D^iD

ytsB'''

inb^

im Sinne des Maimonides die eigentliche Begrndung fr die rabbinische Deutung mitteilt, wodurch nochmals klar wird,
da 3 (und 4 ber Deuter. XIX, 21 Anfang nach Sifre z. St.) nur zeigen wollte,
da und wie die betreffenden Verse mit der Tradition in Einklang zu bringen
sind. Maimonides sagt a. a. O.: in ]''ai'?B'n ]"$? nnn ]")! nnasa notsat? ntir piDi
innij? pi 'ui s)-i3K3 1 13X3 inyn nx b?"'s n3'' ''31 lxi itb31 nnnn nnn mnn 13 -lOs:

Jad Hachasaka

a. a.

O.

I,

ma"? xn xqt' xsni in-'


K"X "WH m:ni
X3T XS11 in" inil? p1 ]'l'7ti'n3 0:^1 nitP3 03 XSV3 r\)^)}b, so gewinnen wir den Eindruck, da Maimonides dort gleichsam das Rohmaterial vorfhrt, aus dem er
auf
seine Beweise formt, und da er mit den Worten Q"3B3 n"'3S yr^V nj?"i
.D"'n3^s

nxB^3 "iioxn nnn"?

]"'in

xini ^'Oi'j'n n"ii3n3 lxiiy nnna^

V/enn nun der More gleich nach der

zitierten Stelle fortfhrt:

die Beweisfhrung hinweist, die er bereits

im Jad Hachasaka gegeben hat, und


noch weiter zu ergnzen und zu

die er vielleicht durch andere Gesichtspunkte

Da

der More

den Kapiteln 35, bezw. 36 49 des dritten


Teiles die Grundprinzipien der Gebote behandelt, welche Maimonides, unbeschadet einiger kleiner Abweichungen, nach dem Vorbild seines groen "iBD
vertiefen beabsichtigt.

in

T'\n in vierzehn Klassen einteilt, die Darstellung nur das Wesentlichste hervor-

hebt und weitereilt, hat er hier nicht Gelegenheit, ber alles einzelne so eingehend zu sprechen, wie er es gern mchte. Ihm kommt es in dem betreffenden Zusammenhang lediglich darauf an, die ni3D der Gebote, die nison 'Oj;t3, die

zugrunde liegenden Zwecke und Gesichtspunkte klar zu machen. Da der More


41*

FESTSCHRIFT COHEN

644
Dies

ist,"

fhrt er fort,

sehr begreiflich.

Die Rmer verloren mit

der Zeit immer wieder von der natrlichen Gleichheit, die lange der
von Y)f bis mun
(Exodus XXI, 24 25) handelten samt und sonders von Verwundungen, die entsprechend vergolten werden knnen, und nur bei dem Schlag mit dem Stein
und der F"aust kme eine solche buchstbliche Wiedervergeltung nicht in Betracht, kann schon dem scharfen Denker nicht zugemutet werden, ganz zu
schweigen von dem Vertreter des traditionellen Judentums. Um so weniger, als
der Talmud gegen die krasse Auslegung geltend gemacht hat, H^Si b) yy nnn yy
yy nnn ]"'J?1, und die Gefahr dieser schlimmsten Grenzberschreitung der Strafe
um so grer wird, je schwerer die Wunde ist, die nach dem Wiedervergeltungsrecht dem Verwunder zuzufgen wre. Die Worte D"'iB3i D''iB VB'"' nj)1 im Zusammenhang mit dem folgenden knnen also nicht anders verstanden werden,
als da Maimonides von ferne auf die Brcke hinweist, die zu der traditionellen
Auslegung fhrt. S. MUNK hat in seiner klassischen Ausgabe des More (Le
Guide des Egares. III. Paris. Franck 1866) Seite 313 i f nachdem er zunchst meint, Nous avons donc ici une preuve evidente que, Maimonide, dans
le present ouvrage, suit son opinion personnelle, sans se preoccuper des decisions
rabbiniques, danach betont: Cependant, il est bien difficile, d'absoudre compl^tement notre auteur du reproche, d'etre en contradiction avec lui meme. MUNK
verweist zum Beweise dessen auf die Einleitung zum Kommentar in die Mischna,
in der Maimonides im eigenen Namen zu sprechen scheine, und in der er .ausdrcklich sage, da einer, der sich als Prophet ausgibt und etwa die traditionelle
Auslegung des Textes angriffe, z. B. sagen wrde, da die Worte nB3 nN nnspl
wrtlich aufzufassen seien und nicht im Sinne einer Geldstrafe, sich selbst dadurch als falschen Propheten erwiese und mit dem Tode bestraft werden msse."
Diese Stze sind nun allerdings, soweit sie das Beispiel betreffen, das Maimonides hier anfhrt, hchst auffallend, und wie ich in meiner Abhandlung: Zur
rabbinischen Deutung usw. zeige, in (vielleicht nicht ganz unlsbarem) Widerspruch mit seiner eigenen Deutung des genannten Verses. In der Sache aber
bringen sie den Standpunkt des Rabbinismus zum Ausdruck (S. die rabbinischen
Bemerkungen zu Deuter XVIII, ig, 20 und XIII, iff., besonders Sanhedrin 89 f.
und Mischnakommentar zu Sanhedrin XI, 5, wo Maimonides auf seine bezgliche Auseinandersetzung in der Einleitung seines Mischnakommentars verweist.
S. auch noch minn "'IID"' niS^n IX, i und 0^3313 mnj? ni3'?n V, 7), mit welchem
Maimonides sich eins wei. ber eine andere Schwierigkeit in der Auffassung
des Maimonides, s. Lechem Mischne zu Hilchoth Jessode Hatora a. a. O. MuNK
htte aber noch auf Jad Hachasaka a. a. O. I, 6, also unmittelbar nach der
zitierten Stelle, aufmerksam machen sollen, wo es heit: )bi< D"'T3TC ''B by r)SM
]''2j) i-xi:
'131 T^wb
n3^n i'?i3 'i^D nno i2''3i nro "b ]n ywwt ]'7i3i snsiiy
Diese nochmalige Hervorhebung wre doch, zumal es sich hier um eine T\^bT\
VD nvb handelt, nicht notwendig gewesen, wenn hier nicht die persnlichste
Meinung des Maimonides zum Ausdruck kme. Da das der Fall ist, wird auch
daraus deutlich, da hier Maimonides aus Eigenem zu schpfen scheint. Gerade
die von ihm an dieser Stelle geltend gemachte Beweisfhrung ist in dem gesamten rabbinischen Schrifttum nicht zu finden. Selbst, wenn man mit Lechem
allen Ernstes sagen will, die sieben verschiedenen Beispiele

mm

HOROVITZ, AUGE U.M AUGE, ZAHN

645

der Gemeine

gegen den vornehmen


usurpiert htte, durch mchtig werdende Brger, und da

Arme gegen den Reichen


Patrizier

Mischne

UM ZAHN

z.

St.

der Meinung

ist,

da Maimonides

vielleicht in B.

Kamma

84 statt

lK hu vorgefunden habe "?


rnno 'K
nnnn nnn muno 'B'N 'i IDK (dazu wrde gut stimmen, da die Ableitung von
dem parallelen E'SJ nnn B2 unmittelbar vorher nur darum zurckgewiesen worunserer berlieferten Lesart

den war, weil nn'O

nij? "iV

yp^i yil ^H^ l'poo rp3 r^T; andererseits htte der

Talmud

vermutlich diese Begrndung dann ebenso wie Maimonides noch weiter durch
den Hinweis auf ^n^ in2t? pi kommentiert, was schon einen nicht unwesentlich
vernderten Text voraussetzt), hat Maimonides durch die ganze Art, wie er diese
Argumentation vortrgt, durch die Stelle, an der er sie bringt, und da er von
allen anderen sie allein hier nennt, deutHch genug zum Ausdruck gebracht,
welchen Wert er auf sie legt. Danach ist aber auch die Erklrung, die MUNK
schhelich den betreffenden Worten des More geben mchte: p. 314^: Peutetre voulaitil dire, que les rabbins, par humanite, ont adouci l'ancienne loi du
taUon et ont fait passer leur interpretation pour une tradition remontant jusqu'
Moise lui meme unmglich, ganz abgesehen von allem, was von vornherein bei

einem Maimonides gegen sie spricht. Da sie verfehlt ist, wird neuerdings deutlich durch eine Stelle aus dem Pentateuchkommentar von Abraham ben Maimon,
dem Sohne des Maimonides, zu Exodus XXI, 24, die S. Eppenstein in den
Beitrgen zur Pentateuchexegese Maimunis mitteilt (S. das Sammelwerk Moses
ben Maimon, Band I. Leipzig, Fock S. 413 Anm. i). Dort heit es: Mein Vater
hat hierbei, wde ich es von ihm als mndliche berlieferung habe, auf eine
wunderbare bereinstimmung zwischen der berlieferung und dem ueren
Wortlaut hingewiesen; jedoch ist es mir nicht mglich, es schriftlich zu verweil er es geheim gehalten haben wollte". Der Vorwurf, den MUNK
gegen Maimonides erhebt, ist also nicht begrndet. Zu den letzten Worten von
Abraham ben Maimon ist noch zu bemerken, da MuNK a. a. O. die betreffenden
Stze im More nach dem arabischen Urtext bersetzen zu sollen glaubt: En
outre, j'ai aussi sur la tradition, dont il s'agit, une opinion, qui doit etre exposee
de vive voix, whrend Schemtob den betreffenden Passus gleichfalls "IDIK nj?T
ns ? ns nmx, Charisi aber ns h HB nnix ivotr xiao (Munk a. a. O.) bersetzt.
Wie dem auch sei, da Maimonides seine Erklrung habe wirklich geheim
halten wollen, scheint mir kaum glaublich; dafr findet sich bei Maimonides
meines Wissens sonst kein Beispiel. Man lese nur einmal, was er in der Einleitung zum ersten Teil des Buches ber die Leser schreibt, an die er sich
wendet und zu Begmn des dritten Teiles, wo er auseinandersetzt, da er sich
gentigt sehe, seine Auffassung selbst von n'W13 n5?12 und n32no nE'j.'O wenigstens insoweit darzulegen, da der denkende Leser sie zu verstehen befhigt ist.
Das DIT" b"'DB'oni und dergleichen Wendungen bei Ibn Esra knnen hier nicht als
Ich kann mir die Sache nicht anders erklren,
Parallele herangezogen werden.
aus
der Stelle im More, die ja eine solche AufAbraham
ben
Maimon
als da
fassung mglich macht, irrtmlich geschlossen hat, Maimonides habe seine
Erklrung der betreffenden Verse nicht bekannt geben wollen. Auch mag er an
die Stelle im Jad Hachasaka a. a. O. nicht gedacht haben, mit der sich natrlich
die Abraham ben Maimon bekannte Beweisfhrung wohl nicht erschpft hat.
breiten,

FESTSCHRIFT COHEN

646

Mann

Auge, so fglich er auch vielleicht bei


seinem Migang dies berflssige Werkzeug entbehren konnte, verlieren sollte, weil er einem Armen sein zwar zum Lebensunterhalt und
Arbeit unentbehrliches, aber doch am Ende canailleuses Auge ausgeschlagen hatte, kam dem Prtor nach und nach hart vor". Michaelis
der vornehme

sein

Ausfhrungen: Jede Strafe, die gelinder


gehrt in einen Staat von Unterdrckern

schliet seine diesbezglichen


ist

als

gleich

gegen

gleich,

und Sklaven." Wir haben ja bereits gesehen, wie sehr die im


Judentum berlieferte Auffassung des Gesetzes an dem von Michaelis so stark betonten Grundgedanken des Wiedervergeltungsrechtes
festhlt. Wie sie mit ihm Ernst macht, zeigt die Tatsache, da sie' einen
fnffachen Ersatz fordert, neben dem Ersatz des dauernden Schadens,
der Versumnis- und der Heilungskosten, noch einen besonderen Ersatz
fr den zugefgten Schmerz und die angetane Beschmung. Wenn aber

MUNK

a. a.

O. bemerkt richtig, da,

wenn man

die

Tibbonsche bersetzung

bzw. diejenige Charisis aufrecht erhielte, sich Maimonides hier wie an anderen
Stellen an seinen Lieblingsschler Joseph ibn Aknin wenden wrde, dem er ja
den More gewidmet hat. Die Schwierigkeiten, die er eben darum bei der
Tibbonschen Auslegung der Worte findet (a. a. O.), scheint MUNK viel hher
einzuschtzen, als sie sind. War auch der Schler von dem Meister rumlich
entfernt, so durfte doch Maimonides ihn noch einmal wiederzusehen hoffen.
Andererseits legt die von MUNK hervorgehobene Tatsache, da Maimonides in
Kairo, ibn Aknin in Aleppo wohnte, sowie der Umstand, da sich die Worte
nach der genannten bertragung an diesen richten, von einer neuen Seite nahe,
das na b na, bzw. d''3S ^ D"'i berhaupt nicht allzu wrtlich zu nehmen. Ein
Diplomat pflegt sich jedenfalls anders auszudrcken. Unmglich aber ist es, die
Worte als an Abraham ben Maimon gerichtet anzusehen, wie jetzt Eppenstein
a. a. O. in Erwgung zieht, der die anderen Erklrungen der Stelle unbercksichtigt gelassen hat. Nach jeder, gewi aber nach der MUNKschen bersetzung
scheint nach allem, was hier dargelegt wurde, unsere Erklrung der Stelle die
Wie ich nachtrglich sehe und wie bereits S. 620 bemerkt
einleuchtendste.
wurde, geht die Argumentation in Jad Hachasaka auf die Mechilta de Rabbi
Simon ben Jochai zurck. Meine Auseinandersetzung, die mit der Mglichkeit,
da doch vielleicht eine alte Quelle fr die Beweisfhrung des Maimonides, vorhanden sei, von vornherein gerechnet hat, wird durch diese Feststellung, so
interessant sie an sich ist, nicht weiter berhrt. Von anderen Stellen, an denen
Maimonides mit der Tradition nicht in Einklang zu stehen scheint, und die
W. Bacher in seiner Schrift, Die Bibelexegese Moses Maimunis, Budapest 1896,

Beilage

zum

Bericht der Landesrabbinerschule, S.

;^7

Anm.

4 auffhrt, sei bei

einer anderen Gelegenheit die Rede.

Der Schaden pti, auch (B. Kamma 86a und Gittin 42b s. Raschi z. St.)
nac groe Versumnis" genannt, wird nach der Mischna (B. K. 83 b) in
der Weise berechnet, da man gerichthch abschtzt, wieviel der Verwundete
'

n!?ni

HOROVITZ, AUGE

UM

AUGE, ZAHN

UM ZAHN

647

Kant^ ausfhrt, Geldstrafe wegen einer Verbalinjurie habe gar kein


Verhltnis zur Beleidigung, denn der des Geldes viel hat, kann dies
sich wohl einmal zur Lust erlauben; aber die Krnkung der Ehrliebe
des einen kann doch dem Wehtun des anderen sehr gleich kommen, wenn dieser nicht allein ffentlich abzubitten, sondern jenen, ob
er zwar niedriger ist, etwa zugleich die Hand zu kssen durch Urteil
und Recht gentigt wre," so zeigt ja einmal schon die ganze Art, wie
das Judentum jenen Ersatz bestimmt, da hier auch ideelle Momente
vollauf bercksichtigt sind, eben schon dadurch, da auch der Schmerz

und

die

Beschmung mit

in

Anrechnung gebracht werden und nicht

Weil sich aber hier die


Komposition nicht etwa zugunsten des Reichen und besser Gestellten
eingeschlichen hat, sondern aus dem Prinzip der Wiedervergeltung
der uerlich

blo

angerichtete Schaden.

heraus wie von selbst hervorgewachsen

ist,

aus

dem

Bestreben, aus-

gleichende Gerechtigkeit zu ben, soweit das auf Erden mglich

ist,

im jdischen Rechte keine Spur zu finden der von Michaelis


mit Recht gegeielten Schden des sptrmischen Verfahrens, das
in der Tat in vielfacher Hinsicht einen Rckschritt bedeutet gegen
ist

das harte aber vergleichsweise weit gerechtere jus


heit ist

talionis.

In

Wahr-

denn auch das canailleuse" Auge des Arbeiters nach

dem

vor der Verwundung als Sklave wert gewesen wre, und wieviel er jetzt in der
gleichen Eigenschaft wert sein wrde. Die Differenz mu bezahlt werden. Die

Versumnis n3iy (B. Kamma 83b) oder nip r\2V kleine Versumnis" (B. K.
86 a und Gittin a. a. O.) bercksichtigt, da der Verletzte, solange die Wunde
noch nicht geheilt ist, auch diejenige Arbeit nicht verrichten kann, die er nach
erfolgter Heilung zu leisten imstande ist. Je nachdem ihm die Hand, das Auge
oder der Fu verletzt wurde, wird ihm demgem (B. K. 85b) diejenige Summe
zugebilligt, die er in der Zwischenzeit als Wchter eines Gurkenfeldes, Trhter
oder Arbeiter in einer Mhle htte verdienen knnen. Die Hhe des Schmerzensgeldes tJJS wird (85 a) folgendermaen festgestellt: Man schtzt ab, wieviel jemand, dessen Hand der Regierung verschrieben ist, geben mchte, damit sie
mittels eines Pulvers statt mit dem Schwert abgelst wrde. Der Ersatz fr die
Beschmung n3 ist (86b ff.) je nach dem Ansehen, der sozialen Stellung usw.
des Beleidigers, beziehungsweise des Beleidigten und einer Flle anderer Gesichtspunkte individuell verschieden. Zu dem Entgelt fr die Heilung MBi (B.
K. 83b, 85 a) rechnen die Dezisoren (Moses Isseries zu Choschen Hamischpat
420 3) auch die krftigere und reichlichere Bekstigung, die der Kranke erhalten mu. Nicht immer kommt natrlich ein fnffltiger Ersatz in Betracht;
schon der Talmud nennt Beispiele (85 b), bei welchen Schaden und Versumnis
zusammenfallen oder (a. a. O.) nur Schmerz, beziehungsweise nur Beschmung
Das
usw. verursacht wurde, ohne da ein Schaden angerichtet worden wre.
Nhere ber alle Einzelheiten s. Choschen Hamischpat Kap. 420 ff.
'

S. 332.

FESTSCHRIFT COHEN

648

jdischen Recht nicht schlechter, sondern besser geschtzt

als

das

des reichen Miggngers.

Ausdrcklich wird festgelegt ^ da die allgemeine Abschtzung des Schadens, wonach berechnet wird, wieviel

Hnde als
der einen Hand

der Betreffende frher beispielsweise im Vollbesitz seiner

Sklave wert gewesen wre,

weniger wert

ist,

jetzt

aber durch den Verlust

nur dann Gltigkeit hat, wenn der Verletzte keinen Beruf

dem

Hnde

besonderem Mae angewiesen


ist.
Ist er aber in seiner Berufsarbeit geschdigt, dann mu die
Ersatzsumme entsprechend hher sein.
Ist nun auch nicht zu leugnen, da eine Geldstrafe fr den
Armen immer empfindlicher ist als fr den Reichen, so kommt
zu den schon hervorgehobenen Gesichtspunkten, zu der immer
wieder dem Verletzer durch den fnffachen Ersatz ins Bewutsein gebrachten Tatsache, da er seinem Nebenmenschen Schmerz
und Schande zugefgt hat, hinzu, da es nach der Ansicht
der Rabbinen eine schwere Snde ist, seinen Nebenmenschen zu
beschmen. Wer einen anderen ffentlich beschmt, hat keinen Anausbt, bei

er auf seine

in

an der zuknftigen Welt, heit es im Talmud ^

teil

Vor allem aber


Moment geltend gemacht: Obwohl er
fnffachen Ersatz geleistet hat, wird ihm nicht verziehen,"

hat dieser noch ein weiteres


diesen

die Mischna3,

sagt

bis

Diese Verpflichtung,
fr

den beltter eine solche Kraft, da


nicht

Hilfsmittel

der

um

den Verletzten um Verzeihung bittet."


Verzeihung zu bitten, hat aber im Judentum
er

Staat,

weiter

sondern

paraphrasiert

die

die

bedarf.

der von Kant angegebenen

Diese Pflicht

Gott

Religion,

angefhrte

sie

Mischna

legt

selbst,
richtig:

ja

auf.

Shne

hat

den

fnffltigen

Ersatz

zur

nicht

Maimonides^

Obwohl

Ersatz geleistet hat, wird er so lange nicht geshnt,

Die

hier

als

er

jenen

er usw."

unerllichen

Vor-

aussetzung, es sei denn, da der Fall so liegt 5, da nicht alle Gesichts-

punkte

in

Betracht

demtige Abbitte.
drcklich der

'

kommen;

Und

jene wird aber erst vollendet durch die

Gott sieht

Talmud, bezw.

die

in

das Herz.

Mischna^

Jad Hachasaka, Hilchoth Chobel V,


645 Anmerkung,

5 s. S.

wei, wie nach-

den Vershnungstag

Choschen Hamischpat Kap. 420 15 und yw z. St.; vgl. a. a. O. 17.


Mischna Aboth III, 11 B, Mezia s8b f. u. a. O.
B. Kamma p. 92 a. S. noch Raschi dort und Meirath Enajim zu Ch. H.

Cap. 422 Anfang.


^

fr

Man

Joma

VIII,

9.

9.

HOROVITZ, AUGE

UM AUGE, ZAHN UM ZAHN

betont, es heie in der Schrift ^

649

Von allen Euren Snden seid Ihr


Snden shnt der Vershnungstag,

Nur diejenigen
bei denen kein Mensch im Spiele steht; bei den Snden aber
zwischen Mensch und Mensch mu der eine den anderen um Verzeihung bitten^, und erst wenn der Beleidiger den Beleidigten ein
zweites und drittes Mal demtig um Entschuldigung gebeten hat,
Der
ohne da sie gewhrt worden wre, ist die Tat geshnt.
Zweck ist erreicht: Die Krnkung der Ehrliebe des einen ist, um
mit Kant zu reden, dem Wehtun des Hochmuts des anderen gleichgekommen"; indem der Snder selbst durchmacht, was er dem
rein vor Gott."

anderen getan hat, hat

er die

innere Luterung erfahren,

die

die

Vershnung gewhrleistet; diese kann nicht verhindert und


hintangehalten werden durch die Hartherzigkeit eines Menschen. Von
dem Verletzten aber verlangt die Mischna 3, da er nicht grausam
was spter dahin erklrt wird, da er, von besonders
sei,
gttliche

gearteten

Ausnahmefllen

abgesehen,

mindestens nachdem der Tter

So mndet auch

zum

die

gewhre,

Verzeihung

zweiten Male Abbitte geleistet

unserem Gesetze, wie wir gesehen haben


und wie nicht eindringlich genug betont werden kann, wie berall
im Judentum, die Gerechtigkeit letzten Endes in die Liebe. Die persnliche Rache ist immer verboten.
Du sollst Dich nicht rchen
und nicht Ha nachtragen" (Leviticus XIX, i8). Sprich nicht: So
wie er getan, will ich ihm tun, ich will dem Mann vergelten nach
seinem Tun" (Sprche XXIV, 29; vgl. XX, 22). Michaelis, der
(Seite 79) durch seine irrtmliche Grundauffassung veranlat, gegenber dem Einwand, da nach einer gesunden Moral die Rachgier
hat'*.

nicht

zu billigen

sei,

in

die sich nicht

anders

als

mit Wiederantuung

desselbigen Unrechts befriedigen lt," zu der Ausflucht

greift,

Moral

und brgerliches Recht seien nicht einerlei Dinge, hat auch nach
dieser Richtung hin die Tendenz des Gesetzes vollkommen ver-

Hegel

kannt.

hat

tiefer

gesehen,

Wieder Vergeltung zunchst gegen


^

Leviticus

Joma

XVI,

wenn

sich

hat,

er 5
ist,

meint:

da

Was

sie als

die

etwas

30.

87 a.

Kamma

O.
Choschen Hamischpat, Kap. 422 und Orach Chajim Kap. 606. Die dort
zusammengestellten bedeutsamen Bestimmungen verdienen eine besondere
Wrdigung. Einen scheinbaren Widerspruch zwischen O. Ch. uud Ch. M. klrt
3

B.

a. a.

+ S.

Me'irath
5

Enajim zum Choschen Hamischpat

a. a.

Grundlinien der Philosophie des Rechts

O.

loi.

Anm.

gut auf.

FESTSCHRIFT COHEN

650
Unmoralisches,
gelten kann.

als

Aber

Rache

Die Rache

aus.

Und Hegel

Bibel'.'

und

sie

so fr ein Persnliches

das Persnliche, sondern der

nicht

die Wiedervergeltung

erscheint,

mein", sagt Gott

obwohl auch

sagt das,

Auge

gefate Wiedervergeltung im

ist

hat.

Begrifif fhrt

Um

er

die

wieviel

der

in

wrtlich

mehr

auf-

gelten

Worte fr die jdische, biblisch-talmudische Auffassung. Der


Grundsatz Auge um Auge" ist ein Grundsatz des Rechts. BoDlNUS
hat ihn ein juristisches Sprichwort genannte Dieser Ausdruck kann
seine

unter der selbstverstndlichen Einschrnkung,

unter der er hier an-

gewandt werden darf, akzeptiert werden. Nachdem ihm aber Rechnung getragen wurde, soll die persnliche Milde und Liebe die
Gerechtigkeit ergnzen. Nur whrend diese noch ihres Amtes waltet,
mu sie schweigen. Wie sie sie jetzt krnt und schmckt, htte sie
Ihr sollt kein Unrecht
sie frher allzuleicht in den Staub gezogen.
tun im Gerichte,

Du

sollst

nicht erheben das Angesicht des

Armen

und nicht begnstigen das Angesicht des Groen. In Gerechtigkeit


Und
sollst Du Deinen Nchsten richten," heit es in der Bibel 3.
der milde, gtige R. Akiba, der* das Gebot der Nchstenliebe als
einen groen Grundsatz (eigentlich Regel) in der Thora bezeichnete,
mit der Schrift 5 in jedem Menschen ^ ein Ebenbild und einen Liebling

Gottes sah, der 7 mit den

gesprochen: Im Recht

Armen

so tief empfand, hat^ das

Wort

kein Mitleid"; die Liebe darf das Recht

gilt

nicht verwirren.

Die Tendenz der Polemik des neuen Testaments gegen das

Wort Auge um Auge, Zahn um Zahn"


erkennen.

ist

nunmehr

klar

Der von uns gekennzeichneten Auffassung wird der

dem

Ihr sollt nicht widerstreben

zu

Satz:

bel," gegenbergestellt und durch

seinem Wesen des


Christentums" (Seite 71) meint, da es ein Vorurteil sei, die Liebe
knne bei Verfolgung des eigenen Rechts, bei gewissenhafter Recht-

Wenn Harnack

einige Beispiele verdeutlicht.

17

ff.

S.

V. B. M.

XXXII,

35.

Aus

in

dieser Stelle hat bekanntlich

geschpft.
2 S.

Cohen

a. a.

O.

S. 128.

XIX, 15.
Jeruschalmi Nedarim

Genesis

Sprche der Vter

B.

Kethuboth IX,

Leviticus

I,

Kamma

IX,

4.

27.

VIII, 1,
3:

s.

III,

Mauch B. Bathra loa u. a. O,


auch Kethuboth 50b u. a. O.

s.

Rmer

XII,

HOROVITZ, AUGE

UM

AUGE, ZAHN

UM ZAHN

65

sprechung und bei ernstem Strafvollzug berhaupt nicht bestehen,


so haben wir ja gesehen, da die jdische Lehre dieses Vorurteil
mit

aller

Energie

auch

gerade

Auge um Auge" bekmpft. Da

Auslegung des Satzes


nun das Evangelium Matthi jenen
in

der

Harnack

Satz angreift, kann es wohl nicht dasselbe meinen.

hebt

da Jesus erstens von der berzeugung durchdrungen sei, da Gott das Recht schafft, zuletzt also werde der
Bedrckte sein Recht erhalten; zweitens, irdische Rechte seien an
(Seite 70)

hervor,

sich eine geringe Sache, sie zu verlieren bedeute nicht viel; drittens,

die Verhltnisse seien so traurige,

da der Bedrckte sein Recht

nicht durchzudrcken vermag, auch

wenn

er es versuchte.

Viertens,

wie Gott seine Gerechtigkeit mit Barmherzigkeit durchwaltet und

Sonne ber Gute und Bse scheinen lasse, so soll der Jnger
Jesu seinen Gegnern Liebe beweisen und sie durch Sanftmut entwaffnen." Das seien," fgt er hinzu, die Gedanken, welche jenen
hohen Sprchen zugrunde liegen, und die ihnen zugleich ihr Ma
seine

geben."

Indessen gleich der erste dieser Stze spricht von einer Auf-

niemand in der Welt mit grerem Nachdruck vertreten


hat als die Thora und der israelitische Prophetismus. Und weil das
Judentum diesen Glauben an den endlichen Sieg der Gerechtigkeit
nie verloren hat, hat es auch nie an dem Kampf fr das Recht
verzweifelt.
Mochte es sich auch oft mit dem Gedanken trsten,
da es besser sei, auf irdische Rechte zu verzichten, als sich selber
untreu zu werden, so hat es sich doch niemals zu dem Glauben
bekannt, da irdische Rechte an sich eine geringe Sache seien. Mit
Recht hat Schmiedl' daraufhingewiesen, da der Kampf ums Recht,
den in der neueren Zeit Rudolf von IHERING^ als sittliche Pflicht
verkndet hat, seit je von dem Judentum gepredigt wurde. Wer
aber meint, da irdische Rechte an sich eine geringe Sache sind,
gibt schon durch einen solchen Standpunkt den Kampf um das
Recht prinzipiell auf. Hier widerlegt Harnack sich selbst. SCHMIEDL
hat gut zum Motto seines Schriftchens, das allerdings vielfach der
Ergnzung bedarf, das Wort genommen: Dem Recht, dem Recht
fassung, die

nach,

jage

damit

Du

Prophet 3 wendet sich


*

Die Lehre

(Deuteromium XII, 20), und der


an diejenigen, die das Recht suchen und nach
lebest"

vom Kampf ums Recht im

ltesten Christentum.

Wien. Brder Winter.

Der Kampf ums Recht. Wien

Jesaia LI,

i.

bei

Verhltnis zu

dem Judentum und

1875.

Manz

(i.

Aufl. 1872).

FESTSCHRIFT COHEN

652
Gott verlangen;"

die

das

tun

eine tun,

auch das andere; der

im Sinne des Judentums gleichzeitig der Kmpfer fr


die Gerechtigkeit. Der Knecht Gottes, wie ihn Jesaia schildert, entzieht sich seiner Mission nicht, obwohl er wei, da er dadurch
seinen Rcken den Schlgern darbietet"; stumm nimmt er alle
Schmach und alles Leid der Welt auf sich, aber nur weil die Zustnde so traurig sind, da er als ein Sklave von Tyrannen" gegenber der bermacht der Feinde oft nichts auszurichten vermag. So
sehr auch dieser Mann der Schmerzen deren shnende und heilende
Gottsucher

ist

Kraft kennt,

sucht

er

nur

seines

Gottes

er

weil

sie

nicht

um

gewi

ihrer
ist

ist,

selbst willen
trotz

er

auf

Und
ver-

zeitweilig

Stimmung, mit der auch er zu ringen hat, schlielich des


Sieges der Gerechtigkeit sicher und wird in dem Kampf fr sie
nicht mde, wie die Propheten das oft mde Volk in diesem Kampf
immer wieder von neuem gestrkt haben. Wenn er auch selbst aus
zweifelter

Wunden blutet,

tausend

weltgeschichtlichen, die ganze Menschheit

seiner

bewut
Schwert ist,

dung

dem
des

er lt in dieser Arbeit nicht nach, weil er sich

ist

und wei,

da

sein

Wort

befreienden Sen-

welteroberndes

ein

ein Pfeil, der schlielich durchdringt"

er verwundet.

In

heilt,

in-

dem Harnacks Wesen


Cohen in seiner mehrfach

demselben Jahre,

Christentums erschien, schrieb H.

und

in

angefhrten Abhandlung (Jahrbuch, Seite 129): Wir kennen das Urbild

zu diesem Ideal (des neuen Testaments).

der ,seinen Krper gibt seinen Peinigern.*

Gottes',

Messias

liche

Grund und

auf Erden.

zum

ist

der ,Knecht

Dieser mensch-

geworden; so wird der


diesem Angriff deutlich. Der mensch-

gttlichen

Christus

und Gerechtigkeit zur Wirklichkeit auf


erledigt das Recht
eschatologische Christus aber

bringt Recht

Der

Erden.

ist

eigentliche Sinn in

liche Messias

,Und so Jemand mit

dir

rechten

will,

so entsage

dem

den Gegensatz gegen die


Rechtsmoral der Propheten, und kann nur aus dem Gegen-

Gericht.'
soziale

Es

Der Angriff bedeutet

somit

gegen das Gottesreich auf Erden letztlich verstanden werden,


bevorWeissagungen vom
fr
welches die eschatologischen
stehenden Weltende als vorbereitender Ersatz eintreten. Und so
beruht auch dieser Angriff gegen das Prinzip des mosaischen Strafrechts auf dem Gegensatz des christlichen und des prophetischen
satz

Messianismus".

wer den Sinn jenes Spruches


Dessen Ausfhrungen
tiefer erfat hat, HarNACK oder COHEN.
bedrfen nur in der einen Hinsicht der Ergnzung, da eben, weil

Wir brauchen

nicht erst zu sagen,

HOROVITZ, AUGE

der menschliche Messias,

UM

es

kommt

ja in diesem

ob der Knecht Gottes

nicht darauf an,

auf Erden

bringt,

653

Zusammenhang

als solcher,

Israel oder wie sonst gedeutet werde,

zur Wirklichkeit

UM ZAHN

AUGE, ZAHN

das ideale

als

Recht und Gerechtigkeit

der Knecht Gottes auch

nicht

den Jnger Jesu bleibt. Jener gibt seinen


Krper den Peinigern, weil das Leid vermeiden den Kampf aufgeben
hiee, weil das Streiten fr Gott notwendig mit solchem Opfer verbunden ist. Dieser geht dem sachlichen Kampf aus dem Wege, weil
er ein Pessimist geworden ist in Bezug auf dieses Weltleben und
sich innerlich nur aufrecht hlt durch den Optimismus des Glaubens
an eine jenseitige Welt, der seine einzige Sttze ist. Der Knecht
wahrhaft das Vorbild

fr

was

ihm zu leiden auferlegt.


den Schlechten mehr gewhren als dieser

Gottes erduldet

alles,

Jnger Jesu lt
anfnglich Bses zu tun

um

das Martyrium

die Absicht

er schreibt

1905,

Seite 140):

Fugen gehen,

wo
Jesu

wrde

weil die

kein Klger

da

ist,

kurze

nur

Zeit

ihres

die zitierte Stelle

(Das Christentum des neuen Testaments,


Durch das allgemeine Auerachtlassen

die menschliche Gesellschaft bald

aus ihren

Verbrecher ungescheut freveln drften, denn


ist

Wrden

kein Richter.

diese Vorschriften

wrde die Menschheit bald


Bcken und wenigen Schafen bestehen,

befolgt,

aus einer Herde von vielen

und

ja er sucht gleichsam

Eduard von Hartmann

aufgefat,

dieser Pflichten

hatte;

selbst

seiner selbst willen auf.

hnlich hat auch

wenn
Haacke,

Der

sein Gott

so

wrden die letzteren als Fangblle ihrer Bosheit,


bermuts und ihres gerechten Spotts behandeln. Es wird

die

ersteren

durch diese Vorschriften die Rechtspflege berhaupt nicht nur


berflssig,

sondern

fr unsittlich erklrt,

und

ist

fr

eine solche Ver-

kennung der Wirklichkeit nur daraus zu begreifen, da das Evangelium anfnglich die menschliche Natur wie mit einem Schlage vom
Wolf zum Lamm umwandeln zu knnen glaubte, und da es das
Ende der Welt und die Ersetzung aller irdischen Rechtspflege durch
das jngste Gericht fr unmittelbar bevorstehend ansah."
einer anderen Stelle meint

Hartmann, da

Und

an

Jesus die Schnheit der

talmudischen Humanitt wohl gefhlt, aber durch bertreibung entstellt

hat.

Hat aber Harnack

seine

Interpretation

nur

dadurch

mglich gemacht, da er den Angriff des neuen Testaments (S. 70)


weglt, nur den Nachsatz des Spruches bringt, und so schon wie

von

selbst dessen

ganze Tendenz verschiebt, so wird die innere Un-

wahrhaftigkeit seiner Auslegung noch deutlicher,


er an die Stelle des

wenn man

Kommentars, den das neue Testament

sieht,

da

sich selber

FESTSCHRIFT COHEN

654

bezw. an die Stelle jenes Angriffs einen anderen, weit heftigeren

gibt,

Wir mssen

setzt.

ihn

noch einmal

selbst

hren :^

69 f. sagt er: Jahrhunderte hindurch hatten Bedrckte


und Arme im Volke Israel nach ihrem Rechte geschrieen. In den
Worten der Propheten und aus den Gebeten der Psalmisten vernehmen wir noch heute in ergreifender Weise diesen Schrei, der
doch immer wieder berhrt wurde. Es gab keine Rechtsordnung,
die nicht unter der Gewalt tyrannischer Gewalthaber stand und von
Seite

ihnen nach Gutdnken verkehrt und ausgebeutet wurde.

wenn

daher,

wir von Rechtsordnungen sprechen,

unsere Rechtsverhltnisse denken.

Wir drfen

nicht sofort an

Jesus stand in einer Nation,

deren grere Hlfte Generationen hindurch vergebens ihr Recht


verlangt hatte, und die das Recht nur als Gewalt kannte. In einem
solchen Volke mute mit Notwendigkeit Verzweiflung an

berhaupt Platz greifen

Nur das Recht, wie

es mit

dem Rechte
Gewalt und

Unrecht gebt wurde, das Recht, welches wie ein tyrannisches und blutiges Verhngnis ber dem Volke lag, das hat er
beiseite geschoben.
An das wahre Recht glaubte er, und er war
auch gewi, da es sich durchsetzen werde; er war dessen so gewi,
da er nicht meinte, das Recht msse Gewalt brauchen, um Recht
daher

als

zu bleiben."

gegenber dieser rhetorischen Beweisfhrung nur zunchst


einmal die Schrift selbst reden lassen. In der schon erwhnten
Schilderung von dem Gottesknecht lesen wir^: Siehe aber mein
Knecht, den ich sttze, mein Erwhlter, an dem Wohlgefallen hat
meine Seele, meinen Geist lege ich auf ihn, da er den Vlkern Recht
Ich

will

und erhebt nicht, und lt drauen


nicht hren seine Stimme. Geknicktes Rohr zerbricht er nicht, und
dunkelnden Docht lscht er nicht aus; nach Wahrheit verkndet er
das Recht. Er wird nicht mde und bricht nicht zusammen, bis er das
Recht festgestellt auf Erden und seiner Lehre die Eilande harren."
Darf man angesichts einer solchen Auffassung, fr die sich viel-

verknde.

Er

schreit

nicht

Zeugnisse anfhren lassen, vor allem aber angesichts


der ganzen Thora Israels wirklich sagen, da Israel das Recht nur

fltige weitere

Wie mir

XXXV:
bsK

mn

scheint,

wenden

n^iB Ditra pt3 p^no"'


''33 b)}

"?

sich die

Worte

Dainni ainn iniv

n'?n in T-oibE^nn "in nnanty

in
"^

More Nebuchim,
^^^

n^SE^inn mcstt'D bi

n niSB' no in nbonn "jn nman


gegen
den Angriff der Bergpredigt.
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Jesaia XLII, i ff.
nntaitJ?! Q'i3E)iB'

nVvN Dn

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III,

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Kapitel

nbv^r\^

jnn^ :imn pbr\^ i6)

iDsni

mim

nrnta in

HOROVITZ, AUGE

UM AUGE, ZAHN UM ZAHN

655

Gewalt gekannt hat? Oder waren nicht diejenigen, die Gewalt angewandt haben, fast durchweg heidnische Knige oder gtzendieneals

risch gesinnte

Und

den?

Machthaber und

jenen im Bunde stan-

Priester, die mit

nicht die Fhrer Israels

sind

gegen

alle

diese Gewalten

mit einer Energie und mit einem

Mut sondergleichen aufgetreten?


Haben die Propheten auch nur einmal geschwiegen, wo irgendeiner,
und war er auch der Mchtigste, sich gegen Recht und GerechtigZU

keit

vergehen im Begriffe war?

Unrecht ist in der Welt zu


allen Zeiten und oft viel greres geschehen als in Israel.
Niemals
aber ist es schrfer gegeielt worden, und niemals ist die Stimme
des sittlichen Grolls, des Gewissens und der Religion ihm gegenber
mit gleicher Kraft ertnt

wie

in

dem Worte

der Propheten.

Wie

wie ehedem.
Und die
Rabbinen, denen die Welt die Erhaltung des prophetischen Schriftein

reinigendes

Gewitter

wirkt

es

heute

tums verdankt, die es in den Gotteshusern Israels heimisch machten,


fhlten sich ganz als Trger der Thora, die^ ihnen jene berliefert
hatten.
Als ihre Jnger zeigen sie sich auch darin, da sie^ nicht
nur einen Zaum um die Lehre errichteten, zahlreiche Schler um
sich scharten, sondern vor allem von Anfang an bedacht waren
auf die Pflege des Gerichtswesens, das ihnen eine 3 der Grundlagen
der sittlichen Weltordnung schien.
Nie und nimmer haben sie
geglaubt, das Recht msse Gewalt brauchen, um Recht zu bleiben".
Im Gegenteil, sie selbst haben der Gewalt auch in den finstersten
Zeiten getrotzt kraft ihres unverwstlichen Glaubens an den Sieg
des Guten, kraft ihres tiefen Gottesglaubens, der sie an der Thora
und an dem Recht um so inbrnstiger festhalten lie, je mehr die
bermacht der Feinde sie zu vernichten drohte. Dessen ist jede
Seite des

Talmud

ein Zeugnis, nicht

am

wenigsten die Bltter, welche

Auge um Auge gewidmet sind, gegen den


Matthuswort wendet. Zwar sagt ja auch Harnack in

der Erklrung des Satzes


sich

das

dem

angefhrten Zwischensatze: In den Worten der Propheten und

aus den Gebeten der Psalmisten vernehmen wir noch heute diesen
ergreifenden Schrei, aber der Nachsatz, der aber
hrt wurde",

schrnkt

implicite enthalten

Weise

'

Das

ein.

Sprche der Vter

2 a. a.

O.

3 a. a.

O.

I,

i8.

das

in

ber-

jener Feststellung

und irrefhrender
die schlimmste, weil gefhrlichste Art des An-

ist,

ist

das Zugestndnis,

immer wieder

gleich wieder in unzulssiger

I,

i.

FESTSCHRIFT COHEN

656
die

griffs,

die

Wahrheit nicht ganz verschweigt, aber

sie

so ver-

und so unterzubringen versteht, dali sie zugleich je nach


Bedarf gesehen und nicht gesehen wird.
Es liegt mir fern, zu
glauben, da das hier mit Absicht und mit Bewutsein geschehen
klausuliert

ist.

man

aber nicht fast noch schlimmer, da

Ist es

Bewutsein

hat,

Unrecht zu tun? Und

ist

es wirklich eines

Gelehrten von Weltruf wrdig, an einer Stelle,


Gerechtigkeit Gottes spricht,

gar nicht das

vornehmen

an der er von der

dessen Ebenbild der Mensch sein

soll,

solchermaen zu urteilen? Ich will nicht entscheiden, ob Harnack,


Tolstoi oder Sohm Recht hat' und berlasse es fglich der christTheologie der verschiedenen Richtungen und Konfessionen,
zu bestimmen, worin sie das Wesen des Christentums erblickt. In
lichen

der Auslegung dieser Stelle aber hat,

Tolstoi

bestehen,

recht.

eine andere Erklrung


laut des Satzes,
sichtigt,

darber kann kein Zweifel

erscheint uns

Jedenfalls

nicht mglich,

seine antithetische

sofern

man den

Form und

die die Antithese verdeutlichen

bis

auf weiteres
vollen

Wort-

die Beispiele berck-

sollen.

man alle
Harnack (Seite

Beachtet

dann wird man sich auch nicht mit


71) darauf berufen drfen, da jene Sprche doch nicht Gesetze,
also Rechtsordnungen sein wollen."
Soweit hat sich allerdings der
Spruch nicht verstiegen, der Lehre ,,Auge um Auge, Zahn um Zahn"
den Satz Auge und Auge" oder auch nur Zahn und Zahn" gegenberzustellen; er begngte sich mit den milderen Beispielen vom
Schlag auf die Wange und dem Diebstahl des Rockes. Aber gerade
diese Abweichung zeigt, da der Rechtssatz Auge um Auge" nicht
diese Punkte,

nur

in seiner

Beispiel

fr

Antithese:

Vereinzelung angegriffen
die

Ihr

ist^,

Lehre vom

Kampf ums

nicht

widerstreben

sollt

sondern

als ein klassisches

Recht.

So wird

erst

die

dem bel" vollkommen

begreiflich 3.
^ Da in der christlichen
Kirche auch ganz andere Gesichtspunkte ber
das Verhltnis von Recht und Sittlichkeit geltend gemacht worden sind als in

dem

hier in

Frage stehenden Satz des Evangelium Matthi,

und

zeigt u. a. das inter-

den Kirchenvtern"
bei Khler, Blutrache S. 25 ff. Mit Recht verweist Kohler auch auf Rmer
XIII, 4. Manche uerungen von Kohler a. a. O. beruhen auf Unkenntnis des
Judentums.
^ Wie aber S.
639 gezeigt wurde, kann schon aus der Thora selbst gefolgert
werden, da der Satz Auge um Auge" ein allgemeines Strafprinzip darstellt.
essante Kapitel: Blutrache

staatliches Strafrecht bei

Vielleicht setzt die Art des Angriffs in

dem Neuen Testament

diese Auffassung

voraus.
3

An

ausfhrlichen kritischen Besprechungen des Buches von

HarNACK

HOROvrrz, uge

um

uge, zahn

um zahn

657

Unsere Untersuchung ist mit dieser Feststellung zu Ende. Wenn


Porzia Shylock gegenber sagt: Wir beten all' um Gnade, und
dies Gebet mu uns der Gnade Taten auch ben lehren," so beginnt
der jerusalemitische Talmud^ seine Auseinandersetzung ber jene
Mischna, welche von der Verpflichtung handelt, den Verletzten um
Verzeihung zu bitten, mit einem ganz hnlichen Gedanken, den die
alte Tosephta* folgendermaen ausdrckt: Es heit in der Schrifts;

Und Er

gibt Dir

Erbarmen, das

Talmud

lehrt

ein

Zeichen

in

deiner Hand,

erbarmt sich Gott dein", und der babyImmer


gegen Ende des gleichen Abschnittes

so lange du barmherzig
lonische

sei

bist,

'^

sind von jdischer Seite in erster Linie zu erwhnen das schon genannte

Buch

von J. EsCHELBACHER, Das Judentum und das Wesen des Christentums (Berlin,
Poppelauer 1905) sowie J. Perles, Harnacks Vorlesungen, Berlin. Lamm. 1906;
beide Gelehrte gehen aber auf den hier behandelten Punkt nicht nher ein.
Weiter sind noch zu nennen: L. BACK, Das Wesen des Judentums, Berlin,
Lamm. 1905 und die Jdische Apologetik von M. GDEMANN. Die meisten
dieser Schriften beschrnken sich natrlich nicht auf die Kritik von Harnack
u. a. Der feingebildete Marburger Theologe D. W. Herrmann macht in seiner
Ethik (Tbingen. Mohr 1909. 4. Auflage) S. 151 ff. den gleichen Fehler wie HarNACK und andere, indem er auf der einen Seite die Tendenz der Polemik des
neuen Testaments zu ergrnden bestrebt ist, whrend er andererseits mit keinem
Worte unternimmt, auf den angegriffenen Satz und seine Auslegung bei den

Rabbinen einzugehen. So kann er behaupten, da Jesus die bei Juden gang(siel Vgl. gegenber dieser Behauptung nur, was der Talmud B. Mezia 16 b,
108 a u. a. O. zu dem Schriftwort '111 aitani nCM rT'trjJI Deut VI, 18 bemerkt hat,
den ganzen Begriff ]nn mit D''iB^, B. Kamma 99 a, B. Mezia 24 b; R. Akiba in
Jebamoth XV, 7 u. a. O. Aber wozu hier Zitate hufen, wo man das ganze
jdische Schrifttum als Gegenzeugen aufrufen knnte) Gleichsetzung von Rechtlichkeit und Sittlichkeit aufhob" und sagen wolle, da die Unabhngigkeit der
gerechten Gesinnung alle Zune berwindet und sich durch keine Krnkung auf
bare

die Stufe des Beleidigers herabziehen lt", vor allem aber, wie sehr das
liche

Gebot des Moments ber

nehmen

alles,

sitt-

was sich als allgemeine Vorschrift in Aus-

hinausgehen msse" (S. 153). Schon die Mannigfaltigkeit


der Tendenzen, die Herrmann ebenso wie HarnaCK dem Matthuswort beilegt,
HERRMANN fat schliezeigt die Verlegenheit, die es der Erklrung bereitet.
lich seine Ausfhrungen dahin zusammen, da die Worte Jesu etwas fordern,
was sich als allgemeine wirklich sittliche Vorschrift schlechterdings nicht denken
lt". Mit diesen bei Herrmann gesperrt gedruckten Worten, spricht er seiner
eigenen Deutung das Todesurteil, denn der ganze Satz des neuen Testaments

sicht

lasse,

strzt bei einer solchen

Auffassung

in sich selbst

Baba Kamma VHI, 7.


Baba Kamma IX, 30 ed. Zuckermandel
Deuteronomium XIII, 18.

<

B.

'

Kamma

93

a, vgl.

auch Sabbat 88b

zusammen.

p. 366; vgl.

u. a.

auch Sabbat 151b.

O.
42

FESTSCHRIFT COHEN

658

gehre der Mensch zu den Verfolgten und nicht zu den Verfolgern,


denn es gibt keinen unter den Vgeln, dem mehr nachgestellt wird,
der Turteltaube und der jungen Taube, aber dennoch hat sie
Drei
die Schrift fr geeignet erklrt zur Opferung fr den Altar".
als

der

liebt

erzrnen

Herr,"

lesen

lt, den,

wir

Berachoth

13b,

der

den,

nicht

sich

der sich nicht berauscht und den, der gegen ein

ihm widerfahrenes Unrecht nachsichtsvoll verfhrt."' Der Doge bezeichnet im Kaufmann von Venedig" Shylock als einen Unmenschen"
und felsenhaften Widersacher", der keines Mitleids fhig ist, in dem
kein Funke Erbarmen wohnt, und Antonio sagt: Ihr mgt so
was war
gut das Hrteste bestehen, als zu erweichen suchen
hrter?
Sein jdisch Herz." Der Talmud ist in beziig auf diesen
Punkt einer anderen Ansicht. Vor seinem Forum wrde der wollstig-grausame venetianische Wucherer nicht nur als ein Unmensch,
sondern, wenn das Wort gestattet ist, auch als ein Unjude gebrand-

markt werden, der er ja auch in Wahrheit seinem Ursprung nach ist,


denn die Gemara meint ^: Wer sich nicht der Geschpfe erbarmt,
gehrt sicherlich nicht zu den Nachkommen Abrahams, unseres
Vaters" und auch an anderer Stelle ^ wird unter den drei Eigenschaften, an welchen man die Nachkommen des Erzvaters erkennt,
die Barmherzigkeit und die Liebe.
in erster Linie genannt

'^

Vgl. auch Joma 23 b, Megilla 28 a, Taanith 25 b u. a. O.


Beza 32b.
3 Jebamoth 79a.
4 Die Halacha (Maimonides, Jad Hachasaka, Issure Bia, XIX, 17, Schulchan
Aruch Eben Haeser, II, 2) legt unter Berufung auf diese Stze fest, da man sich
nicht mit jemandem verehelichen darf, der frech und grausam" ist, ,,die Geschpfe hat und ihnen keine Liebe erweist"; man msse befrchten, er sei ein
Gibeonite (Jebamoth a. a. O.). Auch da, wo die Dezisoren (Maimonides, Jad
Hach., Hilchoth Chobel V, 10, Choschen Hamischpat, Kap. 422 i) von der
'

Verpflichtung sprechen, zu verzeihen, fgen

sie

mit Bezug, auf jene Stellen hinzu:

grausam und lieblos zu


Gobbo, auf den sich Max J.
speare-Buch (Beck. 1908 S. 348) bezieht, da Shylock
Fehlern" ein .rechter Jude" ist.

Dasjudentum denkt

,,das ist nicht israelitische Art,

sein."

also nicht mit Lanzelot

WOLFF

,,mit

seinem Shakeseinen Vorzgen und


in

Studien

zum

talmudischen Pfandrecht.

Von N. A. Nobel.
Teil

I.

Jahre 320 ergeht ein Erla


Imkommissorische
Nebenberedung

wirkender Rechtskraft

des Kaisers Konstantin,

bei Pfandbestellungen mit rck-

wucherisch verbietet.

als

der die

Der Erla hat

fol-

genden Wortlaut,
Constantinus ad populum.

Quoniam

inter

legis crescit

eius

alias

asperitas,

memoriam

placet infirmari
Si

aboleri.

sanctione respiret, quae


futura prohibet.

praecipue

captiones

cum

quis

igitur

commissoriae pignorum

eam

et in

tali

omnem

posterum

contractu laborat, hac

quoque rapellit et
amissa iubemus recuperare quod

praeteritis praesentia

Creditores enim re

dederunt.
In

den Basiliken wird die lex commissoria folgendermaen

gefhrt: eav Vjy 6


rov x/oovov,

Saveia-rrj's

SecrjTOTTjs

Icro/xai

ort,

tov

fi-q

KaTaXrjdeir]

ve)(ypov,

tovto

jxoi,

to

to Xp^o<i
crviJL(fi(j)vov

kvTo<;

einroSSe

dvt<T)(ypov

IcTTCO.

Die ursprngliche Unbeholfenheit und Armut des rmischen


Pfandrechtes hatte unter dem Drucke wirtschaftlicher Notwendigkeiten
demnach eine Entwickelung genommen, die ber das Ma des Billigen
und rechtlich Ertrglichen soweit hinaus ging, da durch Nebenberedung das Eigentumsrecht des Schuldners so gut wie vollstndig
aufgehoben werden konnte. Es ist anzunehmen und auch aus dem
Wortlaut des Konstantinischen Aufhebungsdekrets zu erschlieen, da
die verschiedenen Mglichkeiten der Sicherung des Pfandglubigers

kommissorischen Beredung nicht nur theoretisch gipfelten,


sondern da auch praktisch dieser Vertrag zu dem gewhnlichen

in

der

zwischen

dem Pfandnehmer und Pfandgeber wurde und

sehr zu Un-

gunsten des Letzteren das wirtschaftliche Leben beherrschte.


42*

FESTSCHRIFT COHEN

660

Ein Pfandrecht im eigentlichen Sinne gibt es im altrmischen


Recht berhaupt nicht. Als jus in re aliena stellt es ein Problem
dar, dem der altrmische Rechtsgedanke nicht ganz gewachsen war.
Der Naivett des Zwlftafelgesetzes mute auch das Darlehen, die
aus der die Notwendigkeit eines Pfandrechtes fliet, als juDie manciristisch schwer zu umgrenzendes Zwitterding erscheinen.
patio per aes et libram, der Kauf, mit aller Feierlichkeit, die aus
Quelle,

dem Rechtsgeschft
zum nexum per aes
nem ursprnglichen

fast

einen religisen

et libram,

zum

Akt macht, wogt hinber

feierlichen Darlehen,

das

in sei-

Rechtssinne der bedingte Verkauf oder minde-

Verpfndung der Person des Schuldners ist (dare damnas


Daher die Unmenschlichkeit des Schuldrechtes. Der Schuld-

stens die

esto).

ner verliert die Freiheit seiner Person.

verkaufen oder zu tten.

ihn zu

Leib

steht

dem

Glubiger

(Shylock.)

der rechtlichen Bestimmung des Darlehenseiner unmenschlichen Handhabung des Schuld-

Die Schwierigkeit
zu

fhrt

frei,

Mehrere Glubiger knnen seinen

Sin plus minusve secuerint, se fraude esto.

teilen.

begriffes

Es

in

beim Darlehen neben


dem rein Rechtlichen ethische Untertne vernehmbar sein sollten, ist
Und so sehr zuletzt die Strenge und Feierlichkeit
nicht vorhanden.
Irgendein Bewutsein

rechtes.

davon, da

des Rechtsgeschftes aus der Achtung vor der Heiligkeit des Besitzes
stammt, also einem sittlich zu wertenden Begriffe, so sehr hat die
der Rechtsform

Starrheit

verstndlich

leidenden
juristisch

ist

die rechtliche Erstarrung.

eine

ist

Oberhand

die

ethische Handlung.

geformten Vertrage

ist

gewonnen,

ja

so

selbst-

Das Darlehen an den NotAuf der Suche nach dem

die Seele der

Handlung, die ethische

Gesinnung, verloren gegangen.


Es ist das ewige Problem: unter der wirtschaftlichen Ausgestal-

tung der Rechte nicht das Urrecht auf das Recht notleiden zu lassen.
Das nexum, das Darlehen verleiht dem Schuldner weder Eigentum an dem Geliehenen, noch auch nur Besitz. Selbst der Begriff
des Besitzes gibt doch die volle Freiheit des Gebrauchsrechtes, die
dem debitor fehlt. Die Notwendigkeit der Wiedererstattung, das

Schulden, hebt streng juridisch jede Freiheit auf, solange nicht ein
besonderes Recht des Darlehens geschaffen ist und das Darlehen
nur unter dem Gesichtspunkte eines mangelhaften und mit besonders
wird.

strengen Kautelen

Es

das Recht

ist

also

des

zu

umgebenden Verkaufsaktes betrachtet

rechtsgeschichtlich

Pfandes

als

des

vollkommen

dem

Glubiger

begreiflich,

da

unterstehenden

Gegenwertes, gleichfalls zwischen Besitz und Eigentum hin- und her-

NOBEL, STUDIEN ZUM TALMUDISCHEN PFANDRECHT

66 1

Es kann das Pfand dem Glubiger als pignus zum bloen


tradirt werden.
Das pignus war wirtschaftlich und rechtlich

schwankt.
Besitze

ungengend,

um dem

Glubiger sein wesentliches Recht zu erzwingen

nmlich das Recht auf Zahlung der Schuld.

Es war

als

bloer Be-

ohne Eigentumsrecht ebenso wenig seinem sprachlichen Ursprung

sitz

(VTrrjyvvfMi),

wie seinem wirtschaftlichen

Zweck

als

Schutz des Glubigers

gengend entsprechend. Das letztere wrde man talmudisch rhi r\by^


Y^h ^iB2 nennen. Der Schuldner konnte das pignus im Nichtzahlungsdem Glubiger berlassen, ohne da diesem ein Verkaufsfalle
recht zustand und ohne da sein bloes Besitztum irgendwie zum
Eigentum sich steigerte. Auch der rechtmige und billige Verkauf
unter Anrechnung der hyperocha zugunsten des Schuldners war ausgeschlossen. Von hier aus entwickelte sich nach der Meinung nam-

Der Glubiger suchte Schutz in


der Beredung, da das Pfand seinem vollen Werte nach ihm verfallen
sein solle, falls der Schuldner den Verfallstermin nicht einhalte.
Es
hafter Juristen die lex commissoria.

ist

aber nicht recht zu begreifen,

sich

aus

dem pactum

warum

nicht ein gengender Schutz

venditionis htte ergeben sollen;

whrend

dies

nach Meinung derselben Zivilisten erst in der spteren Kaiserzeit sich


an das Recht des pignus anschlo. Wesentlich ist vor allem die Frage,
ob der bloe Besitz des Pfandes dem Glubiger das Recht geben
konnte,

seinen

Schuldner,

der

immer noch der Eigentmer des

dem

pignus war, daran zu hindern, dies vor


Verfallstermin
uern.

zu

Verfallstermin oder

seinen Gunsten einem beliebigen Kufer zu

Diesem Gesichtspunkt werden

wir spter

eine

am
ver-

wesentliche

Einsicht zu verdanken haben, die berufen sein kann ein neues Licht

auf die Frage zu werfen, ob

Mischna und Tosifta die lex commissoria pignorum gestattet worden ist.
Gerade dies scheint die
charakteristische Strke der kommissorischen Beredung zu sein, da
dem Schuldner das freie Verfgungsrecht, also auch das Verkaufsin

es dem Darwucherischer Absicht die lex commissoria auszuntzen und


ohne Rcksicht auf das Miverhltnis zwischen dem Werte des Dar-

recht ber sein Pfand,

entzogen

ist.

Das ermglicht

leiher, in

lehens und des Pfandes das Eigentumsrecht des Schuldners gnzlich

Die Entwicklung der lex commissoria aus


mchten wir daher in Frage stellen.
aufzuheben.

dem

pignus

Die fiducia hingegen, die im wesentlichen eine Manipulation zu


treuen Hnden ist, gab immerhin dem Glubiger von vornherein ein
Eigentumsrecht an

dem

verpfndeten Gegenstand.

Allerdings war die Klage auf Remanzipation infamierend.

Aber

FESTSCHRIFT COHEN

662

das Recht der Klage konnte das Unrecht, das

Und

in

der fiducia

in sich

wohl denken, da
der Glubiger sich gegen die Mglichkeit dieser Klage durch den
kommissorischen Vertrag schtzte. Wir wollen nicht soweit gehen zu
behaupten, was allerdings die ausgesprochene Meinung bedeutender
Juristen bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein war, da jede fiducia
eine kommissorische Nebenberedung in sich geschlossen habe.
Vgl.
Warnknig, Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der
lex commissoria beim Pfandrechte (Archiv fr die zivilistische Praxis
beschlossen war, nicht aufheben.

XXIV

S.

337

ff.)

Noch

irrigen aber geistvoll

viel

es lt sich

weniger wollen wir der

viel

bekmpften,

begrndeten Meinung Ant. Fabers beitreten, da

commissoria berhaupt nur bei der fiducia mglich war und


den Sinn hatte, da nach Begleichung der Schuld die Rckmancidie lex

pation an den Schuldner erfolgen mute (Lex commissoria in pignoribus favorabilis est debitori,

Wir meinen

damnosa

creditori

WarnkNIG,

1.

c.

da entwickelungsgeschichtlich die lex


commissoria sich eher an das Institut der fiducia, als an das des
S. 349)-

nur,

pignus anschlieen konnte.

Die Frage wre demnach fr uns von hoher Bedeutung, ob im


talmudischen Recht das Pfand von dem Glubiger als fiducia oder
als

pignus

besessen wird.

Aus dem Ausspruch des R. JlZCHAK

dn npi^i Mn i^i noxity ]iDtyo niipti' mn ^yn"? p


Die Interpretion
l^i wrde folgen, da es sich um fiducia handelt.
n^n "lo"
des Talmud li^tj^ b^ insiSn nytyn i^b li^ti'OT pns>
inwi^n nVSJ'^ beschrnkt den Eigentumscharakter auf die
"10i<
""D
Zeit nach der Erp fndung durch Gericht.
Zur Zeit der Verpfndung aber sei das Pfand nicht mehr als Realsicherheit in der Hand
np'-[:i

jiDB'D niip )y,

'-i

des Glubigers, also pignus.

Ramban

bloen Harmonisierungsversuch,

wie

erklrt diese Interpretation als


er

in

den synoptischen Ge-

dankengngen des Talmud hufig vorkommt, wenn eine halachische


Entscheidung erstrebt wird.
Tossaphot hingegen erkennen die
Einschrnkung der talmudischen Interpretation an, sind aber ihrerseits
gentigt, doch auch fr die Zeit der Verpfndung Hfc^lST D))\ff^ eine

Vorwirkung des erst nachtrglich erfolgenden Eigentumserwerbes


anzunehmen, die eherechtlich und in Bezug auf die Wirkungen des
Erlajahres niDDtJ' genge.
Mit Recht bezeichnet Sifse Cohen
(Gh. M. 72) diese Auffassung als inkonsequent.
Wenn wir aber mit
Ramban den Satz des R. Jizchak ]"l3a>)3 nilp n"V2 als uneingeschrnkt
betrachten drfen und als rechtsgltig sowohl fr die Erpfndung
als auch fr die Verpfndung, so wre eine deutliche Tendenz nach

NOBEL, STUDIEN ZUM TALMUDISCHEN PFANDRECHT

der fiduzianischen Orientierung des Pfandrechtes gegeben.

663

Es wre

unserem Gedankengange folgen drfen, eine Entwickelung der kommissorischen Nebenberedung innerhalb des talmudischen Rechtes mglich.

wenn

also,

Ehe

wir

wir zur Prfung der Hauptquelle schreiten, aus der tatsch-

das Bestehen der lex commissoria im talmudischen Rechte geschlossen worden ist, ist eine nochmalige Prfung der Vorfrage anlich

ob das talmudische Pfandrecht tatschlich fiduziarisch


gerichtet ist, und ob nicht eine andere Erfassung der ganzen pfandrechtlichen Frage das Eindringen des kommissorischen Nebenvertrages
entwickelungsgeschichtlich als unwahrscheinhch und unntig ergebracht,

scheinen

lasse.

Was

den fiduziarischen Charakter anbelangt, den das Pfand


durch R. Jizchaks lapidaren Ausspruch ]13tJ'D Hilp n"V2 erhalten
soll, so ist auerordentlich bemerkenswert, da von den klassischen
Kommentatoren das Pfand nur zu Lasten des Glubigers als sein
Eigentum angesehen wird. Raschi bemerkt zur Stelle (Pesachim 31''):

Tossaphot zur
(Baba

J\lez.

Stelle

erheben den schweren Einwand aus der Mischna

80'^): IDtJ'

^^IW ^ID^yDn bv IHIVh und grnden darauf die

da die Verantwortlichkeit des Glubigers fr das


Pfand ihn zwar mit den Lasten der custodia belege, aber nur mit
den Lasten eines entgeltlichen custos. Sifse Cohen (1. c.) sucht
sehr geistreich und in groer Ausfhrlichkeit den Standpunkt Raschis
Die Halachah rezipirt in ihren Haupttrgern Maizu verteidigen.
monides und Schulchan Aruch die Annahme der Tosaphot. Alle
Auffassungen scheinen aber darber einig, da es sich nicht um
einen wirklichen Besitz des Pfandglubigers handelt, sondern nur um
Entscheidung,

Erwerb zu seinen Lasten in Hinsicht der aus den verschiedenen


rechtlichen Graden der custodia erwachsenden Verantwortlichkeit.
Diese seltsame bereinstimmung in einer, wie es scheint, dem
Wortlaut nicht ganz entsprechenden oder doch unterhalb seiner
Rechtssphre verharrenden Auslegung einer so grundlegenden Frage
des Pfandrechtes wird vermutlich mit dem im rmischen Recht zu
seinem Nachteil fehlenden Institut der Generalhypothek zusammenhngen. War ja im rmischen Recht sogar die Spezialhypothek
erst nach berwindung von pignus und fiducia aus dem griechischen
Recht herbergenommen: denn griechisch ist an der rmischen
Hypothek wie der Name so auch die Sache. Im talmudischen Recht

FESTSCHRIFT COHEN

664
aber

b).

ns

b)}

all

seiner Gter fr die Schuld ausgesprochen

m^D on

ntati'a

des Glubigers die

(Baba bathra
n^DDi nmi "v ni^o inKi ntsii'n m*? nn min in "riy no
m"? no dv \s bst n-'mNT nnyjy oy ^0 onnyitra

Haftung
175

dem Pfandwesen eigenem Recht

als ein

ist

\s

stdd mtj>o
iny nnn ^di

nimp'?n

n^DDT inri

in^^ifDiN

Durch

dieses Rechtsinstitut

war

]nin

'i^

i-'DDi

^ nm^ ir

jedenfalls inbezug auf ^ii D"'D3i

auf unbelastete Gter des Schuldners ein Pfndungsrecht des


Glubigers gesichert, n^n^ piV ]1iS m^i^ im ''^D3i. So war ein

]^1"in,

eigentliches

Pfandrecht geschaffen, das die Kreise von pignus und

nicht

fiducia

schnitt,

sondern

als

hypothekarisches

selbstndiges

den wirtschaftlichen Anforderungen gengte und


allerdings eine Reihe von neuen Problemen schuf, aber auch die
schpferische Kraft, die groen Rechtsproblemen zu eigen ist, be-

Rechtsgebilde

Danach konnte

ttigte.

Interpretation der

das scheint

klassischen

Erklrer

mir

zu sein

der innere

Sinn der

R. Jizchak nicht

von einem fiduziarischen Erwerb des Pfandes sprechen. Zumal es


sich bei der Generalhypothek nicht blo um Immobilien, sondern
ursprnglich auch um Mobilien handelte, die nur spter aus Verkehrsrcksichten von der auf ihnen ruhenden Belastung befreit wurden.

Auerbach, Das

(Vgl.

und

Obligationsrecht

die dort zitirte Literatur zu dieser Frage.

I,

S. 169,

Anm.

Im rmischen Recht

hypothekarische Pfandrecht bekanntlich ursprnglich


Recht auf Invekten und lUaten des Pchters entwickelt.)

das

hat sich
aus

jdische

dem

R. Jizchak wollte vielmehr den

Umfang

der Verantwortlichkeit

fest-

dem

Pfandglubiger erwchst, wenn er sich mit der Generalhypothek nicht begngte, sondern auf ein bestimmtes Gut des Schuld-

legen, die

ners Beschlag legte.

Fr uns
VniJ^D

na

ist

die

jIDti'n

von Tossaphoth

(B.

m. 81^)

s.

v.

nn ^3n

''"im

behandelte Frage, ob R. Jizchaks Bestimmung bei

einem mndlichen oder schriftlichen Darlehen gilt, an dieser Stelle


Es galt nur den Versuch, nachzuweisen, da bei
nicht wesentlich.
dem Mangel an der fiducia, der nicht einen Mangel, sondern einen

Vorzug bedeutet, da auf der anderen Seite das viel geeignetere, viel
beweglichere und auf die Bedrfnisse des Pfandwesens zugeschnittene
Generalhypothek geschaffen war, der entwickelungsgeschichtliche Boden fehlte, auf dem die lex commissoria htte ge-

Institut

der

deihen knnen.

Wir
die,

schreiten dazu, die Hauptstelle einer Prfung zu unterziehen,

wie es scheint, die kommissorische Nebenberedung

als gestattet

NOBEL, STUDIEN ZUM TALMUDISCHEN PFANDRECHT

Es

erklrt:

Ab^

Wenn

M nn

""^ly

ihm

er

Mischna Babah Mez. 6^^:

die

ist

ausmacht, das Feld

sei

ihm,

dem

10N1 imty by imSn

"l"?

nn ^ d
Feld verpfndet und mit ihm
]ndd

nyi

u'^tj'

Darlehen sein

ein

fr

D^i>

665

]m:

^"j

Glubiger, verfallen,

sobald

die

Jahren bezahlt werde, so ist dieser Vertrag giltig."


In der Diskussion wird die Frage mit einem zweiten Problem verknpft, nmlich der Frage, ob hier KriDDDS, ein Scheinvertrag vor-

Schuld nicht

liegt,

eine

und ob durch
rechtlich

giltige

Wesen

Rckbeziehung der condicio der Vertrag

die

Form

Es

gewinnt.

ist

hier

nicht

am

Platze,

nach talmudischer Anschauung,


Einschrnkung der W^illensulierung nur unter bestimmten For-

ber das
als

in drei

malitten

der Bedingung,

('1D1

gilt,

ntJ^V^

mip

die,

^:n

,'?1DD

^Nin)

zu handeln.

Auch

Aufhebung des scheinvertraglichen Charakters durch Vt^DJ^O bleibe


Wir wollen vielmehr als gegeben annehmen, da
hier unerrtert.
die

das

Verwerfliche

einer

ausgesprochenen

commissoria

lex

durch

Formeln nicht ber das Niveau einer in fraudem legis


Wir nehmen ferner als gegeben
actio emporgehoben werden kann.
an, da in der zitirten Mischnah nicht eine bloe, dem Buchstaben
gengende fraus legis dargestellt werden soll. Das scheint schon

juristische

pl

auszuschlieen.

Es

wird uns anderweitig berichtet, da die fhrenden Geister jener

Zeit,

der Zusatz D^DH

R. Akiba und

S>'y

ntriy

]^i1l

seine Genossen,

Es

]n Din^n

in

n\T

einer Festnacht bei

]"'J1T

DIJT'^

da er im freundschaftlichen Verkehr mit den ersten Mnnern Israels gestanden hat. Es ist von ihm
nicht eine unmoralische Umgehung des Gesetzes zu erwarten, noch
viel weniger die Verewigung solcher Handlung in der Mischnah.
geweilt haben.

scheint

also,

wre durch diese Identifizierung des t"^"i zugleich bewiesen, da die Bestimmung der Mischnah aus dem Zeitalter des
R. Akiba stammt, also ungefhr zwei Jahrhunderte vor der Aufhebung der lex commissoria durch Konstantin erfolgt ist, so da
Allerdings

vermutlich die lex commissoria zu jener Zeit ein gewhnliches Vehikel

des pfandrechtlichen Verkehrs war.

Mischnah wird
)bbr[

"im

l.T^lti'a.

In der Errterung ber die

die folgende Boraitha zitiert (ibid.): pt^ n^in )b ]Dty

n^onn

niD

^^

n"?

Wenn

niDon b Disiob

der Schuldner

dem

nsinti'D'?

)b

mty )b
Haus oder

isi

Glubiger sein

'

Feld verpfndet, unter der Bedingung: du darfst es keinem


andern als mir verkaufen, so ist dies gestattet, wenn das justum

sein

pretium

als Basis

die Immobilien

des Vertrages

fr

die

Summe

gilt.

Es

ist

nicht gestattet,

wenn

des Darlehens, ohne Rcksicht auf

ihren Wert, verfallen sein sollen."

^n

666

FESTSCHRIFT COHEN

haben wir die kommissorische Ncbenberedung.


Sie ist dadurch charakterisiert, dali der Glubiger den Schuldner seiner
Verfgungsfreiheit beraubt durch die Klausel ausgesprochen kommissorischen Inhalts: ^b ubi^ DlDn ^ DIDI^ n^Jini^D^. Wir haben
nun frher bemerkt, da in der rechtlichen Unmglichkeit, das Pfand
freihndig zu verkaufen, das eigentliche Unrecht, die eigentliche Hrte
und das Kommissorische des Vertrages gelegen ist. Es ist klar,
In dieser Boraitha

aufgenommen

da, so lange dieser Punkt nicht in den Vertrag

der Schuldner die Mglichkeit hat, das Pfand vor

dem

ist,

Verfalltage

einem beliebigen Kufer zum justum pretium zu verkaufen und aus

dem

Erlse seinen Glubiger zu befriedigen.

Es

ist

somit erwiesen,

da nicht die Mischnah, sondern die Boraitha eine kommissorische


Verabredung in sich schliet. In der Mischnah ist mit keinem Worte
gesagt, da der Glubiger allein das Recht auf den Kauf haben soll.
Sobald er dies nicht hat, versteht es sich von selbst, da der
Schuldner niemals in der Notlage sein wird, das Pfand wesentlich
unter dem justum pretium abzugeben. Ja, sollte die Mischnah gleichfalls die lex commissoria meinen, so wre ein unlsbarer Widerspruch
zwischen Mischnah und Boraitha, dessen Aufdeckung die talmudische

Die Gegenstzlichkeit wre


durch keinen geringeren Ausdruck zu erschpfen, als den, da die Misch-

Diskussion nicht unerrtert lassen wrde.

nah den kommissorischen Vertrag gestattete, whrend die Boraitha


ihn ebenso strikt verbietet.
Fr jeden Kenner der talmudischen
Praxis ist es einleuchtend, da der Talmud einen so tiefgehenden
Widerspruch nicht ohne den Versuch eines synoptischen Verfahrens
hingehen lassen wrde. Auch Tossafoth zur Stelle s. v. DlOn 7
i<'?i< weisen auf diesen scheinbaren Gegensatz zwischen Mischnah
''b

und Boraitha hin und kommen zu dem Ergebnis, da in der Mischnah das Verfgungsrecht des Schuldners eben gar nicht aufgehoben
und somit dem Glubiger nicht viel mehr als ein Vorkaufsrecht gewhrt ist. Indem dies feststeht, erhebt sich die zweite Frage, ob
die Mischnah berhaupt ihre Bestimmung, um den Ausdruck der
oder "bbn D^onn gemeint habe, also,
ob sie an justum pretium denkt, oder ob wenigstens insoweit von
einer kommissorischen Nebenberedung gesprochen werden kann, als

Boraitha zu gebrauchen,

die
sein

]T\''^W2

Bestimmung den Schuldner


Pfand

dem

zum Werte des Darlehens

Tossafoth (1. c.) meinen, das


und suchen das aus der Meinungsverschiedenheit

Glubiger abzugeben.

letztere sei der Fall,

zwischen R.

verurteilt,

Huna und

R.

Nachman

zu beweisen, die zur Stelle (66^)

mit folgenden Worten dargelegt wird:

m^a

]no nyti'n

^<i^^

31 10

NOBEL, STUDIEN ZUM TALMUDISCHEN PFANDRECHT

i"?^!:

mi

no ]ni

vniv i:iD ^

mp

niVD )no nn^

"?

"jDn

66"]

mp

^DH

mp myo

dem

Die Frage, ob der Glubiger das Ganze erwirbt oder nur den
Werte des Darlehens entsprechenden Teil des Feldes, ist nach

]n inV.

Huna davon abhngig

machen, ob

Bedingung sogleich
bei dem Abschlu des Darlehens oder erst nach dem Abschlu
desselben abgemacht ist Nach R. Nachmans Meinung erstreckt
sich das Recht des Glubigers auf das ganze Pfand, selbst wenn die
Verabredung erst nach bereits erfolgtem Darlehen getroffen ist. In
der Tat erscheint das mi^ liiD beweisend dafr zu sein, da das
mutuum den Wert des pignus nicht erreicht, da aber wenigstens

R.

zu

die

Momente der lex commissoria zutreffen. Da die anderen Momente nicht vorhanden sind, haben wir ja dargelegt. Inzwischen erscheint es bei eingehender Erwgung mglich, da berhaupt nicht von einem wirklichen Erwerb in der Mischnah die Rede
die

ueren

von einem Vorkaufsrecht des Schuldners. Der


Widerspruch zwischen Mischnah und Boraitha, der oben durch die
von der Mischnah vorausgesetzten Freiheit des Schuldners in Bezug
auf den Verkauf bis zum Verfallstermine gelst worden ist, knnte
von R. Huna und R. Nachman aus folgendem Gedankengang heraus
gelst worden sein.
Wenn die Mischnah in Wahrheit meinte, da
der Schuldner das volle Verfgungsrecht ber das Pfand behlt, so
wrde der Vertrag jeden Vorteil fr den Glubiger verlieren. Der
Schuldner wrde nicht nur das justum pretium erzwingen, was sein
gutes Recht ist, sondern dem Glubiger wrde auch nicht das Vorkaufsrecht bleiben, was wiederum als sein Recht anzuerkennen wre,
damit hierdurch aus der Nebenberedung ein Vorteil verbliebe. Die
genannten Amorer nehmen an, da es sich gerade um den Vorteil
ist,

fr

sondern

nur

den Glubiger handele, wie die Boraitha es deutlich genug sagt:


Diese Bedingung meint nach ihrer Auffassung auch die Mischnah.

Das Verfgungsrecht des Schuldners


also

auch nach der

zum Verfallstermin wre


Mischnah aufgehoben. Demnach wre fr die
bis

Mglichkeit eines solchen Vertrages die Voraussetzung

Dann

justum pretium.

aber wrde

die

Boraitha

]iT''1tJ'3,

das

ber

die

nichts

Mischnah Hinausgehendes gesagt haben. Darum wird von den Amorern die Mischnah dahin erklrt, da es sich bei dem von ihr gemeinten Vertrage
Ihr

Streit

zielt

um

dahin,

nichts

mehr

ob durch

als

die

um

das Vorkaufsrecht handelt.


Erlegung des Darlehens der

Glubiger sich das Vorkaufsrecht auf das Ganze oder nur auf einen

668

FESTSCHRIFT COHEN

des Pfandes sichere, nmlich auf den Teil,

Teil

dem

die

Hohe

des

Darlehens entspricht.

Es wre

hier allerdings

dem

ernsten

Einwand zu begegnen, da

nach dem Ausspruch von R. Aschi (das. 68): riT ^2 ^^ HD


-ISD "im in^ ni''D psi "o^ "3i iiDtyi niDU'o ^0 ^ono der
Pfandglubiger ohne besondere Beredung das Vorkaufsrecht hat, da
er die Privilegien eines Grenznachbars geniet, dem nach talmudischem
Recht das Vorkaufsrecht gewahrt ist, vorausgesetzt, da er bereit
das justum pretium zu erlegen.

aber der Verkufer

in

der

Lage, ber das justum pretium hinaus einen hheren Preis zu

er-

Vorkaufsrecht der Grenznachb'arschaft.

In

ist,

zielen,

so

erlischt

das

Ist

dieser Schranke findet auch das Vorkaufsrecht des Pfandglubigers

Grenze.

seine

Die Nebenberedung

will

aber

diese

Grenze

ber-

und das Vorkaufsrecht dahin erweitern, da das Vorkaufsrecht zum justum pretium dem Pfandglubiger gewahrt bleibe.
Wir fassen zusammen: Die lex commissoria ist in der Boraitha
ausdrcklich verboten, in der Mischnah nicht gestattet. Die Stellung
der Tosefta und des jerusalemischen Talmud soll an anderer Stelle

schreiten

errtert werden.*

Die Anregung zu dieser Untersuchung verdanke ich dem auerordentlich


Werke von Zuckermandel, Tosefta, Mischna und Boraitha in

aufschlureichen

ihrem Verhltnis zueinander.

Die messianische Idee

in

den alten jdischen Gebeten.

Von ISMAR ELBOGEN.

Jede

Religionsgemeinschaft hat das Bestreben, ihre grundlegenden

Gedanken, Hoffnungen und Wnsche in ihrer Liturgie zum Ausdruck zu bringen. Die messianische Idee betrifft einen der zentralen

Gedanken der jdischen Lehre, von


dies ein

Umschwung

ihrer Verwirklichung

der trostlosen Lage

in

wurde ber-

des jdischen Volkes

Die messianische Idee hat daher zu allen Zeiten im jdischen Gottesdienste eine bedeutsame Stellung behauptet. Ein betrchterwartet.

licher Bruchteil der religisen

Dichtungen

ist

ihr

Predigt klang in der Regel eschatologisch aus.

gewidmet, die

alte

Bei den

Gebeten
fhrt eine nhere Prfung zu dem Ergebnis, da die Betonung der
messianischen Idee noch weit strker und nachhaltiger ist, als bei
ihrer Bedeutung ohnehin zu erwarten war.

Wir betrachten
d. h.

die,

Folgendem

in

ausschlielich

die

Stammgebete,

den ltesten Bestandteil des Gebetbuches, diejenigen Gebete,


wenn auch nicht immer in der Fassung, so doch im Aufbau

und Inhalt

allen Riten

gemeinsam

sind,

deren Entstehungszeit nicht

spter als in das sechste oder siebente Jahrhundert gesetzt werden

kann.

Die Form,
ist

dieselbe,

begegnet.

in

Auf

der die messianische Idee in den Gebeten

in

der

sie

uns

in

auftritt,

der jdischen Eschatologie berhaupt

der einen Seite steht der prophetische Gedanke von

der Zukunft der Menschheit, von der idealen Vereinigung der Vlker,

welcher das Reich Gottes zu verwirklichen aufgegeben wird".^ Dieser


universalistischen Fassung steht die engere gegenber, die zwar nicht

den Blick von der Menschheit abwendet, die aber doch eine Auslese
*

Cohen, Religion und

u. Literatur,

X, 1907,

S. 145.

Sittlichkeit,

im Jahrbuch

fr jdische Geschichte

FESTSCHRIFT COHEN

670
unter den Teilnehmern

am

Gottesreiche vorsieht,

den Spro Davids

Mittelpunkt,

als Messias, die

streuten Israels, die Wiederherstellung des

ins

Auge

logie in Jenseitsfragen

in

als

Es

fat.

Apokalyptik bekannt

Bemerkung Hermann Cohens,'

treffenden

als

Vereinigung der Zer-

jener keuschen Diskretion vorgebracht,

sie sind in

Jerusalem

Tempels auf Zion

scheinungsformen der messianischen Zukunft


die Bilder, die uns aus der jdischen

die

sind,

Ersind

aber

nach einer
der jdischen Theodie,

berhaupt gebt wird.

Beide Gedankenkreise bleiben nicht immer vllig getrennt voneinander, sie sind hufig verschmolzen

und besonders

in

jngerer Zeit

zusammengeworfen worden. Die Eschatologie im


Talmud unterscheidet die gegenwrtige Welt (ntn D^l^ii) von der zuknftigen Welt (i<3n D^1J?n).
Aber auch die letztere ist nicht einheitlich, in ihr werden zwei Stufen angenommen, die Tage des
Messias (H^t^n ni^) werden von der zuknftigen Welt (Nn*? l^nV und
3n n'piyn) auseinandergehalten.^ Auch im Gebetbuch begegnen wir
dieser Unterscheidung, freilich in Stcken, die ihrer ganzen Fassung
nach der jngsten Schicht der Stammgebete zuzuzhlen sind. Die
einfachste Gegenberstellung von ntn o'piyn und i<3n D^iyn finden
oft unterschiedslos

wir

am

Schlu der "in^H mD13,3 die genauere Unterscheidung der

am

drei Zeiten

nmta

iJ'Tii

Schlsse des tglichen Morgengebetes ^

nNiii ,Tn2i

nn b)Vn

n^m n^n

D^ij?n

ypn ^t^m

in

der Bitte

.... y^sb

pi

\t

^^nb) n^ti^on mo-' ^:^b nD"im; die komplizierteste end-

im Sabbat -Jozer ^nv b^n, wo einerseits rtJn D^iyn und b))}^


:in, andererseits n^^Kiil ni"' und DTlH H'^Tin beieinander stehen. Die
letztgenannte Epoche DTlH n^'Tin ist sonst nicht als besondere Etappe
der messianischen Zukunft bezeichnet.5 Hier mu auch sofort die
Bemerkung hinzugefgt werden, da der Gedanke der Auferstehung
unter den Erscheinungsformen der messianischen Zeit im Gebetbuch
lich

Das.

'

Quellenmaterial hierzu bei P. VoLZ, Jdische Eschatologie

146.
etc.

1903,

Die Gegenberstellung von 3n b^yn und sn"? Tny bei Cohen a. a. O.


bercksichtigt solche Stellen wie Sifre Dt 315 (135a) und b. Schabb 113b nicht.
3 In 13\n'? in nriK Baer, Siddur S. 47, vgl. Pirke dREl. ed. FriedmaNN
S. 57.

S. 118.
4
5

statt

Baer S. 142, vgl. dazu z. B. Sifre Dt 47 (83 a).


Die Verschiedenheit der Texte in den einzelnen Riten (z. B. yb
In ]V^b NS1

*I2"iJ?3

y
Die

*jnj)

Y) bezieht sich nicht auf die hier behandelte Unterscheidung.

Zusammenstellung von DTin n"nn und 3"? TTiJ? beruht vielleicht auf Moed
Kat. III 9 Ende. ber Maimunis Unterscheidung von NSn D^iyn und d"? TTJ?
vgl.

Cohen

in

Moses

b.

Maimon

S. 125

f.

ELBOGEN, DIE MESSIANISCHE IDEE IN DEN ALTEN JD, GEBETEN

/I

nirgends vorkommt.

Die zweite unter den achtzehn Benediktionen


der Tefilla hebt bekanntlich die Lehre von D'Tlon IV^nn besonders
hervor.
In den landlufigen Texten findet sich die Erinnerung daran
nicht weniger als fnfmal, in der neuerdings bekannt gewordenen
palstinischen Fassung

der Fall;

der Tefilla'

aber immerhin

sollte

freilich

diese

das weniger hufig

ist

Lehre offenbar

in

der Tefilla

Betonung finden, Sie gehrt indes nicht zu den Bildern


des Messianismus, im Gegenteil, die Auferstehung der Toten fllt
nach der Anschauung der talmudischen Eschatologie noch in die
diesseitige Welt, whrend die messianische Zeit ganz in der zuknftigen Welt liegt.'
eine starke

Die klassischen

Stellen,

in

denen der Messianismus im Gebet

zum Ausdruck kommt, sind das Kaddisch und die Tefilla. Im


Kaddisch ist der Tatbestand am einfachsten und klarsten, das Gebet
bezieht sich einzig

und

auf die Errichtung des Gottesreiches


auf Erden, dessen Verwirklichung in naher Zukunft erfleht wird. Das
allein

Zeichen der Begrndung


Verherrlichung des

des Gottesreiches

Namens

Gottes

durch

ist

und

die Heiligung

Menschen. Bei der


schlichten Grundform des Kaddisch, wie sie in der Gebetordnung des
Gaon Amram und danach in den meisten Gebetbchern gegeben ist,
alle

hat es nicht sein Bewenden gehabt, vielmehr wurde

Schon

weitert.

iTipID

n0S'>13

in

Saadjas Siddur

ist

um Sendung

Sabbat und Festtagen wird sogar die


in

Bitte

um

er-

die Erlsung

damit verbunden, im spanischen Gebetbuch jedoch

finden wir auch die Bitte

n""7D\1 bb^^)

die

dauernd

sie

des Messias nTT'tyo i"lp''V an

um Erbauung

Ganz allgemein

beigefgt^

sind

des Tempels

diese Erweiterungen

derjenigen Formel des Kaddisch geworden, die nach Beerdigungen

gesprochen wird i^mrin^ Tn^T '^y^. Der besonderen Gelegenheit


entsprechend ist hier auch die Wiederbelebung der Toten eingefgt,

Quart. Review

654, vgl. Monatsschrift 1911, S. 433.

'

Jevv.

Bei G. Klein, Der lteste

auf den Satz ntn nbiya DTion

n"'''nn

christl.

Katechismus, 1909,

verwiesen.

Damit

ist

266

ist

richtig

nicht vereinbar,

wenn

um

Heiligung des
Auferstehung
folgt.
das Kommen des Reiches die
Kommen des Reiches vorausgehen.

dort weiter ausgefhrt wird, dat auf die Erfllung der Bitten

Namens und um
Die Auferstehung mu dem
3 Saadias Text bei P^RUMKiN
gttlichen

S.

in brari

Dioy 21 niD

S.

92b.

Abudraham liest n^n-W yp tOM.


Abudraham hat n^'jS'n '?'?3B'M tglich. Zu den Varianten im Kaddisch
D. DE Sola Pool, The old jew. aramaic prayer the Kaddish 1909, S. 26 ff.
4

vgl.

FESTSCHRIFT COHEN

6/2

aber das einzige Mal, wo D^nOH n^^nn im Bilde der messianischen Zukunft neben den anderen Merkmalen genannt wird."
Fr die Benediktionen der Tefilla liegt der Tatbestand nicht
es

ist

mu

zwischen der Tefilla fr die Feste


und derjenigen fr die Wochentage unterschieden werden, aber auch
innerhalb jeder dieser beiden Gebetsgruppen mu sehr wohl auf die

sanz so einfach.

Zunchst

Entwicklung geachtet werden, weil gerade diese Texte im Laufe der


Die alte
Zeit bedeutsamen nderungen unterworfen gewesen sind.
palstinische Tefilla enthlt an allen Festtagen die Bitte fr das
Erscheinen
, . .

D^'?tyiT'?i

des
.

])^'ih

nbl^D ^22 ^niD^l

um

auch

die

pV

Gottesreiches
.

"j"?

ii^nm

DMin

Nnib 'n

^nty^

Sammlung

bv

bi^^Wi^'

"Jl"?

i^n irn^ts nnpi ysini

in

nbi

ninn

Hier' wird zwar

y^V^ nM.

der Zerstreuten Israels

lUD

^niD'rD

Zion und Jerusalem

Mittelpunkt gebetet, aber diese partikularistischen Zge sind hier


nicht unter dem Einflsse der jngeren Eschatologie entstanden, vielals

mehr unter der Nachwirkung der

alten Prophetie.

Jesaja's Bild

vom

ewigen Frieden (Kap. XI) wird ergnzt durch die Verheiung, da


Gott an jenem Tag die Verstoenen Israels sammeln und die Zerstreuten Judas vereinigen wird" (V. 12.). Das Ziel ist im Gebet wie

im weitesten Sinne des Wortes,


']'?'TT'tyyDno''1die Errichtung des Gottesreiches, und zwar ist das
beim Propheten

ein universalistisches

Gottesreich nicht als jenseitiges, sondern als diesseitiges gefat. Sein


Eintreffen ist erreicht, wenn alle Geschpfe die Herrschaft Gottes,

das Walten seines Reiches anerkennen.

So

lautete

die

Bitte,

wie

neuere Funde ergeben haben,^ in Palstina in alter Zeit in allen Gebeten fr alle Festtage, in der Mussaftefilla der Neumondstage und,
Im Laufe der Zeit
aller Wahrscheinlichkeit nach, auch der Sabbate.3

jedoch trat hier eine gewaltige Vernderung ein, und die Gedanken
der jngeren eschatologischen Richtung gewannen ber die prophetischen die Oberhand.

Nur

in

den Gebeten

fr

den Neujahrstag sind

die alten

Gedanken

Form getreu erhalten geblieben. Die nrD*? behandeln das Thema des Gottesreiches in Bibelversen, geben also
Die Einlediglich dem prophetischen Zukunftsgedanken Ausdruck.

in ihrer klassischen

Pool,

'

Monatsschrift LV, 191

das. S. 38.
1,

S.

433

ff.

586 ff.

liegen handschriftlich hnliche Texte


wie fr die Feste vor (Monatsschr. das. 589). Fr den Sabbat besitzen wir in
3

Fr das Mussaf der Neutnondstage

dem im

seph. Ritus gebruchlichen

Rest eines

in

n^15J HB''J

aller

hnlichem Sinne gehaltenen Gebets.

Wahrscheinlichkeit nach den

ELBOGEN, DIE MESSIANISCHE IDEE IN DEN ALTEN JD. GEBETEN


leitung

"j"?

mpi

Thema

spinnt das

h))

Form

des Gottesreiches

in rein uni-

Erdenbewohner sollen sich vereinigen,


Gottes Namen zu bekennen und das Reich zu begrnden. Nie-

versalistischer

um

673

mand

ist

aus, alle

hiervon ausgeschlossen,

gestellt wird, ist die

einzige

die

Bedingung, die dafr

Beseitigung des Gtzendienstes und die Anerken-

nung des einzigen Gottes, nationale Schranken und Vorurteile sind


aufgehoben. Nach der allgemeinen Annahme ist dieses Gebet von
dem Begrnder der babylonischen Amorerschule, Rab, im dritten
Jahrhundert verfat, ein schnes Zeugnis dafr, wie lange die messianischen Gedanken in ihrer klassischen
voll

Form

im Judentum lebens-

sich

und wirksam erhalten haben.


Als Erinnerung an die ursprngliche Fassung hat sich ferner

dem erwhnten

allen Gebeten des Neujahrstages die Bitte mit

in

uni-

^V T^^^ erhalten. In einem handschriftlichen Fragment lautet dieser sogar in noch erweiterterer Fassung
versal gehaltenen Schlsse D^iyn

'121 nj;

ny ms^O

^niD'rD ^D^

jahrstefilla* ist der

Form

'?D

Auch

in

einem anderen Gebet der Neu-

Gedanke des Gottesreiches

ausgesprochen, in "jinD ]n p21.3

seiner universellen

in

Allerdings finden wir die klas-

Prgung von der Vereinigung aller Wesen zu einem Bunde,


der in der Anerkennung des Gottesreiches besteht, nur im ersten
Stcke, in den folgenden gewahren wir bereits den Einflu der jngeren
Eschatologie, unter den Teilnehmern des Reiches wird eine Auslese
vorgenommen, nur die Frommen werden es genieen, freilich ohne

sische

Unterschied der Nationalitt,

punkt und der Messias aus

andererseits

aber

dem Hause Davids

ist

Zion

als Mittel-

als irdischer

Vertreter

da die
genannten Bitten das erste und einzige Anliegen der jdischen Gebete am Neujahrstage bilden; nicht dem persnlichen Vorteil und dem
des Reiches dargestellt.

Es

ist

sehr wichtig zu beachten,

eigenen Wohlergehen gelten die Bitten,

Zukunft der Menschheit. Entgegen


jnriD ]n ]Dni

vielmehr ausschlielich der

der ursprnglichen Absicht

ist

auch auf den Vershnungstag bertragen worden, es

Monatsschr. das. 597.


a. a. O. S 43 kennt nur inns ^n p2"i und auch dies nur im Musaf
fr den Neujahrstag. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, da VoLZ
nur diejenigen Gebete bekannt waren, die er bei Dalman, Die Worte Jesu fand.
3 Nach einer feinsinnigen Bemerkung, die ich von ISR. Lewy in Breslau
^

VOLZ

hrte, bildete lins ]n ]3ii die nn:*?

im Sinne R. Jochanan

b. Nuris,

der ihre

Vereinigung mit der dritten Benediction der Tefilla forderte nnp DV nV3^

DWn (Rosch ha Seh IV

5),

vgl. jer. das. 59 c n^3 '3

pnv

'13

[uni]

^^"7:3.

43

hbtzi

FESTSCHRIFT COHEN

6/4

an den beiden wichtigsten Festen des Jahres den Gegen-

bildet so

stand des Gebetes.

Abgesehen von diesen

Stellen aber

gebete die partikularistische Auffassung

ist

der jngeren Eschatologie

Zunchst wurde die Bitte

eingedrungen.

berall in die Festtags-

um

das Erscheinen des

im Mussafgebet beibehalten, aus den anderen


hingegen beseitigt, aber auch im Mussaf wurde der Sinn
nur

Gottesreiches
Tefillas

wesentlich

Als Ziel des

verschoben.

Umschwungs

ist

diesmal die

Errichtung des Tempels und die Wiederherstellung des Opferkultus


Hier haben wir es nicht einmal mit einem Gedanken
der Eschatologie zu tun, zu ihr gehrten wohl die Wehklagen ber

hingestellt.

den Untergang des Tempels, seine Zerstrung war eine der hauptschlichsten Ursachen, weshalb eine Umwlzung der gesamten Weltordnung erfleht wurde, aber die Wiederherstellung des Opferdienstes
einen entscheidenden Punkt des eschatologischen Pro-

bildete nicht

gramms. Vielmehr stammt das Gebet wegen der Opfer aus der Vorstellung der babylonischen Amorer, da die Erwhnung des Opferdienstes der Darbringung der Opfer gleichkomme,' und im Anschlu
hieran werden die Vorschriften ber die Festtagsopfer (Num. 28 u. 29)
Die gleiche Stimmung zeigt die Bitte

rezitiert.

am

Schlu der miDliU'

im Mussaf des Neujahrstages, wo nur die Sammlung der Zerstreuten


Israels, ihre Zurckfhrung nach Zion und die Wiederherstellung des
Kultus den Gegenstand der Bitte bilden. Wahrscheinlich ist diese
Stelle weniger von eschatologischer berlegung geleitet, als von dem
Bestreben, einen passenden Gedanken fr den im Anschlu daran
zitierten

Vers Num.

Auch

10 DDnnoty DVai zu finden.

der Tefilla fr die Wochentage finden wir die messia-

in

nische Idee ohne einen allgemeinen Gedanken, nur mit Hervorhebung


einzelner Punkte

kommt

Bitte

Wortlaut

ist

und Bilder aus der messianischen

um Sammlung

die

der Zerstreuten

in

Als erste

Zeit.

Betracht Vpri; der

fast vollstndig

an den Sprachgebrauch im Buche Jesaja

war

die Bitte, wie hnliche Stellen in Sirach

angelehnt, ursprnglich

zeigen, als unmittelbar zu erfllende, nicht eschatologische

Dann

gedacht.

um

Einsetzung gerechter Richter, aus der heute


die messianische Beziehung ebenfalls nur durch den Anschlu des
folgt die Bitte

Wortlautes von
tSDtyo^ liplSI

b.

Meg

keinerlei Beleg.

irtDSIti'

nn''tJ>n

jedoch merkt

27b,

Taan 31b.

an Jesaja zu ersehen

man

es an,

VOLZ

S.

da hier

ist;

einst

dem

Schlu

von der Recht-

339 hat fr die gegenteilige Ansicht

ELBOGEN, DIE MESSI ANISCHE IDEE IN DEN ALTEN JD. GEBETEN


fertigung der

Frommen im

Endgericht die Rede war.

Auch

6/5

die kurze

Inhaltsangabe der Bitte im Talmud

und im Gebet l"*!!! macht es


wahrscheinlich, da der eschatologische Gedanke vom Endgericht,
von der Bestrafung der Gottlosen im Gericht hier weit deutlicher

Dem

ausgesprochen war/
D''p''^iJ^

^V,

nach dem ganzen Zusammenhange

die

meinde darstellen,
genannt und auch

Frommen

entspricht die Bitte fr die

die heilige

die Klasse verdienstvoller Israeliten

in

Ge-

auerdem

ist

die vollstndig bergetretenen Proselyten sind nicht

von Haus aus nicht


eschatologisch gemeint, sie war vielmehr ein Segen fr die bestehende
Hauptstadt; erst nach ihrer Zerstrung wurde auch diese Bitte eschatologisch gefat und mit der um den Messias aus dem Hause Davids
verbunden (genau wie in der Tefilla fr den Neujahrstag). Ihr Text
vergessen.^ Die Bitte fr Jerusalem

in

D"'^tJ''n''^1

ist

der palstinischen Fassung entspricht hnlichen Bitten

Dm.^

Gebeten

D'^^tyiT

sogar

zwei Benediktionen geteilt,

in

^y

"1

'S

In

in

anderen

Babylonien hingegen wurde

um

sie

dort der messianischen Hoff-

nung noch deutlicher Ausdruck zu geben, dort entstand der aus den verbreiteten Texten bekannte Wortlaut.- Nach jngerer Auffassung wurde
auch die siebente Benediktion iri^S ^^?'^auf die messianische Erlsung bezogen, dem ursprnglichen Sinne nach richtet sie sich auf die Befreiung

von gegenwrtigem Leid, sie stammt aus der Liturgie fr die Fasttage und wurde bei ffentlichen greren Kalamitten, insbesondere bei
Regenmangel, gebetet.s Auch die achte und neunte Benediktion erfuhren Umdeutungen, sie wurden ebenfalls auf die Zeit der Erlsung
bezogen. Unter dem Leid, dessen Heilung erfleht wird, verstand
man schlielich die groen bel der Welt, und danach wurde der
Text in der palstinischen Fassung erweitert li^^ 21X3071 1i''i<1^nn 727.^
hnlich erging es mit der neunten Benediktion, wo ^SIDO 1ij;2^1 der
babylonischen Fassung, noch deutlicher aber lin'piSJ nit^ Dipl der
palstinischen zeigen, wie diese Bitte um Herbeifhrung eines guten
Jahres

in die

wurde. 7

um

Herbeifhrung

des

Erlsungsjahres

Als die jdische Geschichte und

umgedeutet

die Auffassung

aller

auf

das Judentum bezglichen Dinge vllig weitabgewandt geworden waren,


*

Elbogen, Gesch. des Achtzehngebets

Das.

t
5

^
7

S. 22 (344).
Jew. Quart. Rev.

Achtzehngeb.
Das. 24 (347).

2Sfif.

655,

(348

S. 21

Dalman, Die Worte

(Monatsschr. 1902,
Jesu 300.

ff.).

Jew. Quart, das.


Das.
43*

S. 343).

FESTSCHRIFT COHEN

6'](>

wurden jene Bitten


in

um

das geistige Gebiet

deutungen

mehr verstanden und


Bei der Erwhnung solcher Um-

irdische Gter

projiziert.

nicht

auch kurz auf die Sabbatgebete *]mD'?02

sei

iriDtJ'^

und

jnitSD "liV^ty verwiesen.

Nicht nur an diesen klassischen Stellen finden wir die Bitte um


das Herankommen des messianischen Reiches oder um das Er-

Beginn verkndenden Ereignisse, so mchtig


war die Idee, da sie auch an andere Stellen der Gebete Eingang
fand, in die sie ursprnglich nicht gehrte, und die lediglich, um fr
Dahin gehren die Benesie Raum zu gewinnen, erweitert wurden.
scheinen

der

seinen

und nach dem Bekenntnis. Die Gebete, welche das


Sch'ma umrahmen, sollten nach ihrer ursprnglichen Anlage nur
hymnisch sein. Hingegen ist gegenwrtig in fast allen eine Bitte
anzutreffen, es war die messianische Idee, die die Vernderung hervorgerufen hat. Der Gegenstand der Bitte bezieht sich zunchst auf
das messianische Reich oder einzelne seiner Kennzeichen. Im ersten
Stcke des Gebetes wird die Schpfung des Lichtes gepriesen IIN "lifV;
diktionen vor

gemeint

das physische Licht,

ist

darin

das

vielen

Gebetbchern die

geistige

Licht,

das

in

jngerer Zeit

messianische.

Bibelstelie Jes 60,

kam

''11

aber sah

man

Darum wurde
Beleg

^Olp als

in

an-

da ber Zion ein neues


Licht aufgehen mge, eine Bitte, die den Widerspruch der angesehensten
Autoritten hervorrief, ohne da es ihnen gelang sie zu beseitigen.^
gefhrt,

Aus

und

in die

hnlicher

lich ein

Dank

meisten

Erwgung
fr die

erhielt die zweite Benediktion, die ursprng-

Offenbarung war und

gebet noch deutlich kenntlich

Sammlung

die Bitte,

ist,

als solcher

ganz unvermittelt die Bitte

der Zerstreuten, oder wie es

in

anderer Fassung heit,

Herbeifhrung der Zeit des Segens und Friedens.^

auch

in die

im Abend-

um
um

Andererseits

ist

Dank

fr

Benediktion, die auf das Sch'ma folgt und den

Gedanke der allgemeinen knftigen


Verwirklichung aufgenommen worden. ^

die Befreiung ausspricht H^li^i, der

Erlsung und die Bitte

Gegen

alle diese

um

ihre

Zustze, die, wie es scheint, aus der gleichen Quelle

Erwartung stammen, wurde bei ihrem Aufkommen viel


Opposition gemacht. Aller Gegnerschaft zum Trotz haben sie sich

nationaler

Elbogen, Studien

Das. S. 27

Das.

S. i27f, 133.

S.

zur Gesch. d. jd. Gottesdienstes 1907, S. 23

f.

f.

31

f.

Vgl. zu

diesen Zustzen auch L. Ginzberg,

Geonica,

ELBOGEN, DIE MESSI ANISCHE IDEE IN DEN ALTEN JD. GEBETEN

^^^

durchgesetzt und durch die Jahrhunderte erhalten.


Im Abendgebet
fehlen solche Zustze fast vollstndig.
Im Schlusatze des ersten
Stckes irbv 'J^'' n^n und des zweiten innnKI sind allerdings einige

Spuren davon geblieben.

Hingegen

den dem Abendgebet


eigentmlichen Stcken die messianische Idee wiederum ganz deutlich
ist

in

um die Htte des


Friedens fraglos der Friede der messianischen Zeit gemeint, wie besonders die Eulogie in palstinischer Fassung Dl^iy flDD t^TlS, die heute
nur noch an Sabbaten und Festtagen blich ist, deutlich lehrt.' Dann
So

ausgedrckt.

lia^DtTH

in

ist

mit

der Bitte

das Abendgebet durch die eigenartige Komposition ^\)h 'T Tili


]S1 JOS erweitert.
Eine Analyse dieses in recht aufflligerweise zuist

sammengesetzten Gebetes ist bisher nirgends geboten, und es ist hier


nicht der Ort auf die Frage der Zusammensetzung und der Verschiedenheit der Texte einzugehen.' Soviel aber steht fest, da *]nn
D^IJ?"?

'T

in

Schlustck
liegt,3

eine

messianische

1i''i''j;

IX"!"'

sie alle

und

Bitte

ausklingt,

imbs, das

D^Dtyntr'

die Eulogie, die in doppelter

Fassung vor-

beziehen sich auf die Idee des Gottesreiches, Die Idee

kommt hier in
zum Ausdruck.

ihrer

Form und vornehmsten Ausprgung


soll die Menschen zum Bekennen seiner

reinsten

Gott selbst

bestimmen und dadurch sein Reich aufrichten; darin bedas wahre Heil, da Gott sein Reich unter allen seinen Ge-

Einzigkeit
steht

schpfen begrndet.

Da

auf die Zweiteilung

und die jenseitige


Welt in den einleitenden Stcken des tglichen Morgengebetes hingewiesen wird, da dort die Bitte um Herbeifhrung des messianischen Heiles und am Schlu des tglichen Morgengebetes eine solche
um die Mglichkeit der Teilnahme an der messianischen Zeit vorgetragen wird, ist bereits in den einleitenden Bemerkungen erwhnt
in

die

diesseitige

worden.

Auer

in

dem

den Gebeten, die zu

stndigen Alltags- und Fest-

auch in denjenigen Gebeten, die der Vorlesung aus der heiligen Schrift beigefgt
sind.
Die Vorlesung aus der Thora und den Propheten erfolgte urtagszyklus gehren,

finden wir die messianische Idee

BCHLER

'

Vgl. dazu

Das Stck

ist

in

Jew. Quart. Rev.

ausfhrlich behandelt in

Buche ber den jdischen Gottesdienst

mon

XX, 799
meinem im Druck

14. 8.

flf.

Vgl.

329.

Neben dem bekannten Texte der Saadjas nswe

Ib nyi n^lV^

l'^S"'

T'On

lOlP.

Vgl.^BONDl

befindlichen

auch Moses

b.

nSiV n^pi lyS ^n

der Siddur Saadjas

S. 15.

Mai-

*? |'?D

FESTSCHRIFT COHEN

578

Sprnglich mit wenig Feierlichkeit, ohne jedes Geprnge. Allmhlich


hat sich ein Zeremoniell dafr ausgebildet, das zuerst im Traktat

Der Vorlesung gehen einige


Sofrim ausfhrlich beschrieben wird.
Gebete vorauf, die zum grten Teil aus Bibelversen zusammengestellt
sind, die Verse sind jedoch so gewhlt, da sie fast alle den Gedanken des Gottesreiches enthalten. Auch ein frei komponiertes
Gebet b^n b)} ist in Sofrim den Versen beigegeben, dieses ist in
wenn man von
seinem Inhalt, ja zum groen Teil im Wortlaut
der Verschiedenheit zwischen Hebrisch und Aramisch absieht
mit dem Kaddisch identisch; es ist eines jener zahlreichen Gebete
eschatologischen Inhalts, aus deren Reihe auch das Kaddisch hervorgegangen ist.' Kommt so in den lteren Quellen schon der

messianische Gedanke bei der Toravorlesung in seiner klassischen


Form zum Ausdruck, so fehlte es doch auch hier nicht an Zutaten,
Im deutschen Ritus z. B. finden
die in die andere Gruppe gehren.
wir nach der

Vers-Sammlung ^IDD r

die Lokalisierung

die nur

zum Gegenstand

die Bitte

des Gottesreiches

in

n 1i13in n^^tONI,
Zion und Jerusalem

l^^J

hat.

Fr die Vorlesung aus Tora und Propheten sind schon frh


Benediktionen bestimmt worden, welche in erster Reihe den Dank
Die Benediktionen
fr die Offenbarung zum Ausdruck bringen sollen.
Zeit, und
fr die Prophetenvorlesung jedoch haben im Laufe der
zwar sicher schon im amorischen Zeitalter, eine sehr wesentliche
Erweiterung erfahren. Der Text liegt in mehreren Rezensionen vor,
Der Inhalt der
ein Zeichen, da er verschiedenartig gestaltet war.
mittleren Benediktionen nach der Prophetenvorlesung bezieht sich
auf die messianische Zeit, er enthlt die Bitte fr Zion und fr die

Wiederkehr des messianischen Knigs aus davidischem Hause.

Die

beiden Benediktionen sind in ihrer Aufeinanderfolge, zum Teil auch


im Text, von den entsprechenden Stcken der Tefilla beeinflut.
Im Anschlu an die Vorlesung aus der Schrift wird beim Gottes=*

Sabbat jedesmal der nahende Beginn des neuen Monats


verkndet, das geschah in verschiedenen Zeiten und Lndern in sehr
verschiedener Form, berall aber finden wir im Anschlu daran eine
Bitte messianischen Inhalts, in mehr oder minder groer Ausfhrdienst

am

lichkeit.3

2
3

Pool

das. S. 18

f.

f.
Vgl, zu diesen Benedictionen J. Mller, Masechet Sopherim S. 184
Im deutschen Ritus irnn"? D^Di rtvp^if ", hnlich im italienischen und

ELOGEN, DIE MESSIANISCHE

mEE

IN

DEN ALTEN

jtJD.

GEBETEN

679

auch beim privaten Gottesdienst


oder bei den huslichen Zeremonien zu. Im Tischgebet, im Gebet
nach irgend einem Gensse, in den Segenssprchen bei Hochzeitsfeiern und hnlichem, berall kommt die messianische Idee zum Aus-

Wie beim

ffentlichen ging es

druck, berall finden sich Bitten

nischen Reiches,
mit

dem

um

Eintreffen

die

des

um

die Verwirklichung des messia-

Herbeifhrung derjenigen Zustnde, welche


Gottesreiches

verknpft gedacht werden.

Diese Ausgestaltung jener Gebete war fr die religise Entwicklung

von

auerordentlicher

Bedeutung, weil dadurch

der

einzelne

mit

seinem Hoffen und Wnschen aus seiner Enge heraus in den Kreis
der Gesamtheit emporgehoben wurde. Da es gerade die messianische Idee war, welche diese wichtige Entwicklung veranlate und

hohe Bedeutung unter den religisen Lehren


des Judentums, beweist, da sie eine wirklich konstitutive Kraft in
sich trug und fhig war, das gesamte religise Leben und den relifrderte, beweist

ihre

gisen Vorstellungskreis zu beherrschen.

romanischen Ritus; im seph. Ritus wird an dieser Stelle das im deutschen am


Montag und Donnerstag nach der Toravorlesung bliche piJ"i \n* verwendet,
worin ein Stck '131 nniB nnitpa iB^anii vociir beginnt.

Die Entstehung des Christentums im Lichte des


historischen Materialismus.

Von Alphons

J.

Sussnitzki.

I.

Es

ist

kein Zufall,

da,

wenn

Ausnahmen

wir von wenigen

sehen, erst die Aufklrungsperiode uns den eigentlichen

ab-

Anfang

Behandlung des Christentums gebracht hat.


Mit dem Nimbus des gttlichen Charakters ausgestattet, war die
Kirche dadurch selbst schon stets in eine intangible Sphre auerhalb und berhalb jedweder dogmenfreien Untersuchung gerckt.
Daher ist es am Ende begreiflich, da sogar der erkenntniskritische
einer historisch-kritischen

Intellektualismus in der neueren Philosophie die

Trennung zwischen

Vernnftigem und bervernnftigem zu vollziehen sich bereit fand


wie ehemals die Scholastik das Vorhandensein von zweierlei
Wahrheiten zu verfechten fr notwendig gehalten hatte Auf diese Weise

konnten natrlich auch die bndigsten Argumente der Logik von


dem religionsschtzenden Schilde nur ganz wirkungslos abgleiten.
der Tat schien ein so naivkeckes Draufgngertum, wie es
den aufklrerischen Rationalismus des achtzehnten Jahrhunderts ausIn

noch dazu befhigt, auf die geltende Theologie einen


ernstlichen Angriff zu wagen. Es gibt Bedingungen, gegen die einzig
durch die Froschperspektive beizukommen ist. Das kirchliche Problem
bildete die vielen Jahrhunderte hindurch eine derart feste und schier
uneinnehmbare Burg, da nur eine von skeptischer Zaghaftigkeit
nicht angekrnkelte Khnheit sich zu ihrer Erstrmung anschicken
zeichnete, allein

konnte.

Und

lediglich das leichtsinnig sorglose Selbstvertrauen, mit

geringem geistigem Ballast und knappem rationalistischem Formelkram alles zu erfassen und zu durchdringen, vermochte den Wunsch
rege zu machen, auch in die mysterisen Tiefen der religisen berlieferung helles Licht zu bringen.
Vielleicht

liegt

gerade

in dieser

Ursprnglichkeit und Unmittel-

barkeit des Denkverfahrens die Erklrung fr das prononciert Person-

682

FESTSCHRIFT COHEN

Stellungnahme der einzelnen Nationen zur angeschnittenen


Frage, deren auseinandergehende Lsungsversuche auch demgem

liehe in der

die

Eigentmlichkeit

psychologischen

der Betrachtung

Standpunkte

aus

Kompromi

Mit einem

bringen.

in

vom vlkerzum Ausdruck

der Dinge

hchst typisch

findet sich der praktische

Englnder

Er glaubt zwar das AUeinherrschertum Gottes bestreiten zu


mssen, aber er will doch Gott als konstitutionellen Herrscher gelten
lassen.
Das ist der englische Deismus, nach welchem ein Weltschpfer wohl anzunehmen ist, der indessen die Welt und die Geschpfe ihrem Schicksal und den Naturgesetzen berantwortet hat.
ab.

Im Gegensatz dazu

depossediert

Herrgott vollstndig.

der

revolutionre

Franzose

den

Nicht blo das Eingreifen eines persnlichen

Regierung der Welt und in die menschlichen Angelegenheiten leugnet er, sondern darber hinaus die Existenz eines
Gottes

in

die

transzendenten gttlichen
die

philosophische

Wesens berhaupt.

Der Materialismus

ist

Vertretung dieser Lehre, die fr eine kirchlich

dogmatische Anschauung irgendwelcher Art keinen Raum gewhrt.


Nachdenklich hingegen stellt sich der kritische Deutsche zu den aufgeworfenen Problemen.

Er entscheidet

nicht gleich, wie weit die

Tradition ihre Berechtigung habe, sondern er fragt frs erste, worauf

denn eigentlich beruhe. Er untersucht ihr Wesen,


trennt dabei das Wesentliche vom Unwesentlichen ab und mit der
diese Tradition

Konstatierung des Falschen bemht er sich zugleich dessen Ent-

Wir haben hier die Anfnge der


welche seitdem auch eine Hauptdomne deutscher Wissen-

stehungsursachen zu ergrnden.
Bibelkritik,

ohne jemals darin weder von den Englndern


noch von den Franzosen nur annhernd erreicht worden zu sein.
Nun war die Bahn frei fr eine wissenschaftliche Erforschung
schaft geblieben

ist,

der Entstehungsgeschichte des Christentums.

Und

als

LESSING aus

der Schutzschrift fr die vernnftigen Verehrer Gottes", welche der

Hamburger Reimarus

handschriftlich hinterlassen hatte, die

berhmt

gewordenen Fragmente" der ffentlichkeit bergab, knpfte er daran


bei aller Anerkennung des Scharfsinns; womit die Studie die historischen Erzhlungen des alten und des neuen Testaments kritisch
zersetzte, die hchst bedeutsame Frage: Wenn wirklich die biblischen
Schriften und zumal die Evangelien so viel Mrchen und Sagen, so
viel Lug und Trug enthalten, wie hat sich dann aus diesem sumpfigen Untergrund die weltgeschichtliche Erscheinung der christlichen
Religion entfalten knnen?
Der damals allmhlich aufkommende
historische Sinn fr die Geschehnisse des Lebens vermochte eben

ENTSTEHUNG DES CHRISTENTUMS USW.

SUSSNITZKI, DIE

Lessing

bereits

Phnomen wie

zu belehren, da ein so gewaltiges

das Christentum, welches den weitaus grlJten Teil der

Menschheit

seit fast

683

zivilisierten

zwei Jahrtausenden zu beherrschen gewut hat,

von Phantasten oder Schwindlern


erzeugten Gedankenproduktes rundweg abzutun ist.

nicht mit der Erklrung als eines


willkrlich

Aus der

Flle der auf allen einschlgigen Gebieten inzwischen

denn auch nach und nach ein


zur Beantwortung der von Lessing aufgeworfenen Frag ge-

erfolgten Spezialforschungen lie sich

Weg

winnen.

Bruno Bauer

entscheidende Wendung.

vor allem bedeutete

Dank

in

dieser Hinsicht eine

Zusammenfassung
aller vorausgegangenen Einzelergebnisse vermochte er, die Lehren
der Tbinger Schule noch berbietend, eine berraschend gut gegliederte

einer fast universalen

organisch-genetische Darstellung

des

prhistorischen Pro-

Weder

zesses in der christlichen Religion zu entwerfen.


einer

noch das Werk


uns da entgegen; denn

bestimmten Persnlichkeit

Offenbarung, lehrt

er,

tritt

Christentum gegeben, das, mit einer

in sich

einer
es

das

Werk

gttlichen

hat nie

ein

abgeschlossenen Welt-

anschauung aus dem Judentum herausgewachsen, auf die Eroberung


der Menschheit ausgegangen wre. Das Christentum ist der griechischrmischen Welt nicht von auen aufgezwungen worden, sondern
charakterisiert sich in seiner Eigenschaft einer

Weltreligion als

die

Emanation eben dieser Welt selbst. Und aus seiner Prmisse,


da von dem ganzen Inhalt der Evangelien sich fast nichts historisch
erweisen lt, so da danach sogar die Existenz eines Jesus Christus
bestritten werden mte, ergab sich fr Bruno Bauer als Motivation
eigenste

zur Entstehung des Christentums allein die in dieser religisen Richtung

hervorgetretene Absorptionsfhigkeit der damals in

Gedanken und Vorstellungen, deren Elemente


nachweisen

lassen,

lange

bevor

die

Religion, der Zeit nach, zur Geltung


Freilich

ist

gerade die

widersprochen geblieben.

Schwang gehenden

sich literarisch bereits

Wirksamkeit der christlichen

kommen

konnte.

BRUNO BAUERsche

Prmisse nicht un-

David Friedrich Strauss

hatte schon

frher mit seiner sogenannten Mythentheorie fr mancherlei der Er-

zhlungen
zu

wahren

im neuen
die

Testamente eine gewisse tatschliche Basis


Handhabe geboten. Namentlich aber war es dann

groem Umfange wiederherzustellen" unternommen hat. Es ist ihm sogar gelungen, hierin Schule zu machen.
Die Gestalt Jesu wurde erhalten,
wennschon ins rein Menschliche gewendet, und dessen Werk, wie-

Harnack,

der die Geschichtlichkeit der Evangelien

wohl aus den

zeitlich

in

gegebenen Verhltnissen gedeutet, nichtsdesto-

FESTSCHRIFT COHEN

684
weniger mit

dem Pathos

eines stark romantischen Personalismus als

Gegen solcherHinsicht individuelle Leistung verherrlicht.


art historischer Ehrenrettung" wandte sich indessen mit besonderer
Er griff dabei
Schrfe der Bremer Geistliche Albert Kalthoff.

in vieler

auf jene ltere Forschung zurck, fr welche weder die Bibel den
Ursprung, noch Jesus den Schpfer der christlichen Religion aus-

machte, whrend er darber hinaus noch zur Ergrndung des Christentumsanfangs das soziale Moment mit heranzuziehen sich bemhte.

im Zentrum
der rmischen Welt, in Rom, in dessen von jdischen Elementen
stark durchsetzten Bevlkerung ihren Ausgang genommen hat, und
er

zum

Resultat,

Rom

aus

die

So gelangte

da von

christliche Religion

da die

Geschichte

evangelische

in

ihrer

spteren

Bearbeitung nach Palstina verlegt worden ist. Es war


gar nicht die Absicht der Evangelien, ber einen Menschen namens
Jesus, zu berichten; wen sie uns schildern wollten, das war der
literarischer

kanonische

Christus,

personifizierte Idee

die

der Kirche.

Mgen

Juden den Kreuzestod gestorben sein, der gekreuzigte


Christus des Neuen Testaments ist nicht das Abbild irgend eines einzelnen von diesen allen, sondern stellt sich uns als ihre ideale Zusammen-

noch so

fassung

viele

in

der Kreuzesgeschichte der altchristlichen Gemeinde dar.


IL

Bei aller Verschiedenheit der Darstellung haben die angefhrten

Richtungen dennoch einen gemeinsamen Boden, in welchem ihre


Betrachtungsweise ohne Ausnahme methodologisch wurzelt. Es ist
die idealistische Geschichtsauffassung, die in den gesellschaftlichen

Kmpfen

nichts

anderes wie

Kmpfe um

abstrakte Ideen,

ethische Forderungen oder politische Einrichtungen erblickt

gem auch das Christentum

als

und dem-

Ausflu ideeller Bestrebungen,

sei

es als Individualschpfung einer berragenden Persnlichkeit, sei es als


Kollektivstimmung einer gewissen Zeitbewegung, deuten zu sollen glaubt.

In direktem Gegensatz zu den bisherigen Darlegungen erscheint


die

KAUTSKYsche Behandlung des Problems, welche von Anfang

an

aus

einer

prinzipiell

anderen

Prmisse

herausgewachsen

ist.

In seiner Lehre von der Entstehung der christlichen Religion vertritt

Kautsky den Standpunkt der materialistischen Geschichtsauffassung.^ Und in diesem Sinne unternimmt er es, hinter den
Der Ursprung des Christentums. Eine
Karl Kautsky. Stuttgart 1908.
"

historische

Untersuchung von

SUSSNITZKI, DIE

sonst als die

letzten

ENTSTEHUNG DES CHRISTENTUMS USW.

sozialen Triebkrfte

geltend

685

gemachten Ideen

noch deren konomische Grundlagen zu suchen, diese allein erst fr


die wahren kausalbildenden Faktoren des weltgeschichtlichen Ereignisses proklamierend.
Es ist nicht das Bewutsein der Menschen,
das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr
Bewutsein bestimmt", lautet der bekannte schon 1859 von Marx
formulierte Satz.
Eine Betrachtung, die in ihrer engeren Fassung
darauf hinausluft, da jede Gemeinschaft im letzten Grunde von den
Bedingungen, unter denen die Produktion ihres wirtschaftlichen Bedarfs erfolgt, abhngig bleibt, derart, da alle nderungen in den
Lebensformen der menschlichen Gesellschaft, mit Einschlu derer
geistiger Natur, durch nderungen in der Produktionsweise entschieden werden.

Nun knnte

den ersten Augenblick berraschen, da gerade bezglich der Persnlichkeit Jesu Kautsky zu Konzessionen
sich geneigt zeigt. Die Frage, ob Christus existiert hat, wird von ihm
nicht nur nicht verneint, sondern geradezu in durchaus positivem Sinne
beantwortet. Er lt es als so gut wie ausgemacht gelten, da zur
Zeit des Kaisers Tiberius in Palstina ein Mann neue Lehren gepredigt und die proletarischen Massen revolutioniert hat, dann aber
als falscher Prophet angeklagt und hingerichtet worden ist
wenn
er auch gleich sich zu der Einschrnkung veranlat sieht, da mehr
ber diesen Punkt nicht ausgesagt werden knne. In unseren Tagen,
wo die Frage der historischen Gltigkeit des Nazareners eine so viel
ventilierte und so oft negativ beantwortete Frage ist, bei einer so
radikalen Denkrichtung und einem so radikalen Denker ein immerhin beachtenswertes Moment!
Es ist ja herzlich wenig", bemerkt
es auf

Kautsky, was wir aus den Evangelien mit einiger Wahrscheinlichkeit als wirkliche Tatsachen aus dem Leben Jesu feststellen knnen:
seine Geburt und seinen Tod; zwei Tatsachen, die allerdings, wenn
nachweisen lassen, beweisen, da Jesus wirklich gelebt hat
und keine blo mythologische Figur war." Mit hbscher Dialektik
sie sich

sucht

der

Verfasser

Das Christentum

die

Richtigkeit

Behauptung darzutun.
starke Wandlungen durch-

dieser

hatte im Laufe der Zeit

Ungeachtet seines anfnglich jdisch-nationalen Einschlags


ist es zum Bekenntnis der Heiden und aus der ursprnglich proletarisch-revolutionren Bewegung die zahme Weltanschauung der beManche Stellen in den Evangelien ersitzenden Klassen geworden.
innern an das erste Stadium dieser Entwicklung, was den spteren
gemacht.

Generationen nicht gerade angenehm sein durfte.

Und

zweifellos

FESTSCHRIFT COHEN

686

man

htte

sie

lngst

Evangelienschreiber

in

wie

oder umredigiert",

ausgemerzt

unbedenklichster Weise so

oft

es

die

getan haben,

im Gedchtnis der Massen zu sehr haften geblieben.


Eine solche Tatsache ist die galilische Abkunft Jesu. Sie war sehr
unbequem fr seine davidisch-messianischen Ansprche. Der Messias
mute auf jeden Fall aus der Davidstadt stammen. Die sonder-

wren

sie

nicht

barsten Ausflchte waren daher notwendig

Wre

stammungsort zuzuweisen.

dem

Galiler diesen

Ab-

Jesus das bloe Phantasieprodukt

Gemeinde gewesen, dann htte sie nie


daran gedacht, ihn zum Galiler zu machen. Seine galilische Abkunft und damit seine Existenz selbst drfen wir also mindestens als
hchst wahrscheinlich annehmen. Ebenso aber auch die Tatsache
seines Todes am Kreuze, die kaum auf Erfindung beruhen wird.
Der Kreuzestod des Messias selbst war eine dem jdischen Denken
so fernliegende Idee, das sich den Messias nur in aller Herrlichkeit
eines siegreichen Helden vorzustellen vermochte, da es eines wirklichen Vorkommnisses bedurfte, des Mrtyrertodes eines Vorkmpfers
der guten Sache, der einen unauslschlichen Eindruck auf seine Anhnger machte, um der Idee des gekreuzigten Messias einen Boden

einer messianisch verzckten

zu schaffen."*
In Wirklichkeit charakterisiert

sich

dieses Zugestndnis

starkes Vertrauen des Forschers zu der eigenen Methode.

als ein

Kautsky

Vorgehen: er darf es
sich schon gestatten, in Fragen der Person Jesu billig zu sein, da
die Sache des Christentums selbst dadurch doch nicht berhrt wird.
Wir haben gezeigt, da es unmglich ist, ber den angeblichen
Stifter der christlichen Gemeinde irgend etwas bestimmt auszusagen.
Wir knnen nun hinzufgen, da es auch nicht notwendig ist, Bestimmtes ber ihn zu wissen. Alle Gedankengnge, die man gewhn-

kokettiert fast mit seinem kompromiartigen

lich als

die Eigenart des Christentums,

bezeichnet,
teils

lernen wir

als

Produkte

der jdischen Entwicklung

preisend oder

teils

kennen.

verurteilend,

der rmisch-hellenischen,

Es

gibt

keinen

einzigen

Gedanken, der es notwendig machte, ihn auf einen erhabenen Propheten und bermenschen zurckzufhren, keinen, der
nicht schon vor Jesus in der heidnischen oder jdischen Literatur
nachweisbar wre."^ Die ganze Personenfrage erweist sich hier eben
als etwas Nebenschliches und Unbedeutendes, weil das sachliche
christlichen

Kautsky
Kautsky

a. a.

O.

S. 4i8f.

a. a.

O.

S.

341

f.

SUSSNITZKI, DIE

Moment

unter

dem

ENTSTEHUNG DES CHRISTENTUMS USW.

Gesichtswinkel der materialistischen Geschichts-

betrachtung davon vllig losgelst und


scheint.
art die

68/

in

abgeschlossen

sich

er-

da gerade bei der ideologischen DenkungS'


Errterung der Frage ber den individuellen oder kollektiven

Es

ist

begreiflich,

Charakter der Religionsschpfung eine besonders hervorragende Rolle


spielt.
Indem das religise Phnomen, wie auch immer, als das

Produkt seelischer Energien hingestellt wird, bleibt es unerllich,


dabei den fluktuierenden Einflu zwischen dem Einzelnen und der

Gemeinschaft abzugrenzen beziehungsweise auszuschalten. Der ideologische Forscher wird somit stets ein ausgesprochenes Interesse
daran haben, wenn er einmal die berzeugung von der Geringfgigkeit des persnlichen Einflusses gewonnen hat, das Christentum aus

den Zeitverhltnissen so hervorgehen zu lassen, da fr die Mitwirkung eines Christusmenschen sich dabei kein Spielraum mehr
Anders hingegen verhlt es sich mit dem historischen Mabietet.
terialismus, nach welchem auch die Religion von rein ueren Bedingungen abhngig ist und die Motive zu ihrer Entstehung oder
Wandlung einzig der ntigen Deckung des Wirtschaftsbedarfs und
der jeweils herrschenden Produktionsform
Projizierung des Innenlebens in den

Umwelt

ist

fr jenes nicht

entspringen.

Durch

die

Wandelproze der konomischen

minder wie

fr diesen

das gleich gesetz-

mige Entwicklungsgebahren entscheidend. Allein damit verflchtigt


sich auch die psychologische Erwgung des persnlichen Einflusses
zu einer Frage hchst sekundrer Natur, indem selbst im gnstigsten
Falle dem menschlichen Eingreifen von vornherein doch blo die
Bedeutung einer rasch dahinschwindenden Episode zuzuerkennen

Mag

immerhin des Tischlers Sohn aus Nazareth sich einer


gewissen Zeit in der Funktion eines Agitators und Sektierers mehr
oder weniger hervorgetan haben, fr die eherne Notwendigkeit des
geschichtlichen Geschehens war das alles von geringem Belang. Und
selbst seine etwaigen Erfolge htte er zudem letzten Endes lediglich

wre.

zu verdanken, da die von ihm eingeleitete politische


und religise Aktion mit den ohnehin durch die damalige Wirtschaftsentwicklung gebotenen neuen Bedrfnissen zusammentraf.

dem Umstnde

Weit wichtiger

ist

die in

Konsequenz davon

sich ergebende Ort-

Mit Jesus bleiben seine jdischen Jnger erst recht


Mgen nun die Zeugnisse ber deren Tun und Treiben aus

lichkeitsfrage.

stehen.

der Profanliteratur noch so sprlich und unbedeutend sein, weil die


kleine Bewegung in ihren Anfngen ganz auerhalb des Rahmens der
offiziellen

rmischen Geschichtsschreibung lag; und

mag auch

das

688

FESTSCHRIFT COHEN

Problem der Evangelien

sich

einander darstellen,

dabei

als

chaotisches Durch-

seit

mehr denn einem

der scharfsinnigsten Geister arbeitet,

ohne

gekommen

der Erreichung gesicherter Resultate allzuweit

in

dessen Entwirrung

an

eine Reihe

Jahrhundert

noch so sehr

zu

bewegen uns zunchst doch immer auf palstinensischem


Boden, in Juda, dem Ursprungslande dieser Seuche", wie Tacitus
In der Tat sieht auch Kautsky
in seinen Annalen grimmig sagt.
in Palstina die Wiege des Urchristentums und in der zu Jerusalem
als Kommunisten lebenden Proletarierorganisation die Keimzelle der
sein"

wir

ersten christlichen Religionsentfaltung.

Von

Jerusalem aus hat sich

Bewegung ber Juda und Samaria bis zu den Stdten am Meere


und bis nach Damaskus verbreitet, ist dann weiter bis nach Cypern,
nach gypten und nach Antiochia in Syrien vorgedrungen und war
kaum ein Menschenalter spter bereits in den Hauptorten Kleinasiens,
die

Griechenlands und Italiens anzutreffen.

Da
freilich

so etwas geschah, so etwas geschehen konnte, ergab sich

als

die

unausbleibliche

rmischen Reiche,

in

Folge der damaligen Zustnde im

dessen Gesellschaftsleben

die

wirtschaftliche

Furchen gegraben hatte, die es fr


die Aussaat neuer Anschauungen, Wnsche und Bedrfnisse aufnahmefhig machen sollten. Die Sklavenwirtschaft, die im Rmerreiche die Grundlage der Produktionsweise bildete, schuf ber dem
Bauern- und Handwerkerstande eine Oberschicht von Grundbesitzern
und Kaufleuten; und je mehr sich der Betrieb zum Grobetrieb

Entwicklung lngst jene

auswuchs,

desto

strker

Schichtung zur Geltung,

tiefen

kam

die Verschiedenheit

dem Mae wie


Sklave vom Haushalt
In

das

in

der sozialen

patriarchalische

des Herrn losgelst


System nachlie und der
wurde, trat auch eine Verschlechterung in der Lage des Sklaven ein.
Umgekehrt wiederum vermochte angesichts der Konkurrenz der
Sklavenarbeit der freie Handwerksberuf kaum hochzukommen. Von
dem blhenden Handwerkertum, wie es spter das Mittelalter kennen
Die Handwerker waren arme
lernte, findet sich da noch keine Spur.
Leute, die gewhnlich allein, selten mit Hilfe von Gesellen ihre Ttigkeit ausbten, und in der Regel nur das ihnen gelieferte Material zuhause oder im Hause des Kunden verarbeiteten. Es kommt hinzu,

da durch die ewigen Kriege der Sklavenstand dauernd an Umfang


zunahm und der einzelne Sklave, fr dessen Anschaffung man zuweilen noch weniger auszugeben brauchte als fr dessen Unterhaltung,
immer mehr im Werte sank. Er war ein Ausbeutungsobjekt geworden,
aus

dem man

mglichst schnell mglichst

viel

herauszuholen suchte.

SUSSNITZKI, DIE

Dies hatte
zur Folge.

ENTSTEHUNG DES CHRISTENTUMS USW.

689

den vlligen Niedergang des Bauernstandes


Denn war ohnehin schon der Bauer durch die unauf-

schlielich

hrlichen Kriegsdienste erschpft,

so wurde er jetzt, soweit ihn der


Eroberer von seiner Scholle berhaupt nicht ganz verdrngt hatte,
durch die mit der massenhaften Sklavenzufuhr eingetretenen Ver-

Boden gedrckt. So hatten die


Klassengegenstze eine frher nie gekannte Spannung angenommen:
Auf der einen Seite die Besitzer gewaltiger Latifundien und unzhbilligung der Arbeitskrfte vllig zu

Sklavenscharen mit ihren ungeheuren Schtzen und Gewinnberschssen; und auf der anderen Seite die vielen unproduktiven Krfte
auf dem Lande und das ins Riesenhafte gewachsene Lumpenproleliger

der Hauptstadt,

dessen Reihen zugleich die Mehrzahl der


freigesetzten Bauern verschwand.
tariat

Auch

in

haben dazu beigetragen, die


Klassengegenstze zu verschrfen und Staat und Gesellschaft so dem
Untergang entgegenzufhren. Wohl war Rom eine Demokratie. In
die politischen Verhltnisse

zhem Ringen" hatten

die Plebejer

Brger, welche

ber die Gesetze entscheiden

den Patriziern ein Vorrecht nach


dem andern entrissen, bis endlich zwischen den beiden Stnden alle
rechtlichen Unterschiede berwunden waren.
Aber tatschlich war
diese Demokratie doch nur eine verkappte Aristokratie.
Die rmische
Demokratie bestand fr Rom, fr die Einwohner der Residenz; sie
war sozusagen eine Demokratie in engem Kreise, nicht eine frs
ganze Reich.
Gewi; es war die Volksversammlung smtlicher
allein

der hchsten Staatsbeamten treffen konnte.

Aber

und

die

Wahl

diese Entschei-

dungen und diese Wahlen lagen ausschlielich in den Hnden der


Bewohner der Hauptstadt, whrend die Bevlkerung drauen darber,
wer Konsul, Prtor oder dil sein solle, nichts zu sagen hatte. Mit

Zunahme des Lumpenproletariats in der Stadt Rom artete dieses


demokratische Privileg immer mehr zu einer sozialen Korruption aus.
der

Die Lumpenproletarier wurden Berufspolitiker", und die Politik wurde


zu einem Erwerb und Geschft. Stimmenfang und Stimmenkauf wurde

schamlos getrieben, und skrupellos wurde die Stimme dem Meistbietenden angetragen und verkauft. Und in diesem Zeichen wickelte
sich in der Folge das ganze politische

Leben Roms

Die Whler

ab.

und unterhalten sein, Panis et circenses war ihr


Parteiprogramm. Fr jene wiederum, die durch Massengunst aufs
Schild erhoben wurden, gab es keine hhere staatsmnnische" Aufgabe, als mglichst viel Geld zusammenzuscharen.
Die Wahlkosten
sollten gedeckt und die Mittel fr andere Wahlen flssig gemacht
wollten

erhalten

44

FESTSCHRIFT COHEN

690

werden; auch muCite man danach trachten, solange die Konjunktur


denn
eine gnstige war, sein Schfchen ins Trockene zu bringen,
Das revoludie Masse ist wankelmtig und ihre Gunst wandelbar.

Umstnden als
Im Namen des Fiskus wurde daher zu

tionsschwangere enrichissez-vous!
die allernatrlichste Devise.

gilt

unter solchen

was nur irgend zu holen war. Die Zentralgewalt


schien keine weitere Sorge zn kennen als die Ausbeutung und Plnderung der ihr unterworfenen Vlkerschaften, und was sich die Statthalter in der Provinz an Aussaugung und Ausraubung geleistet haben,
Als eine bedrfte wohl kaum noch zu bertreffen gewesen sein.
holen gesucht,

sonders schwere Plage erwies sich dabei fr die eroberten Gebiete


Man pflegte das Einziehen der Steuern
die Steuerverpachtung.

Geldmanne zu bergeben,
der den festgelegten Betrag an den Staat ablieferte und dann zusah,
wie er sich dafr schadlos hielt. Es war ein Verfahren, wie es hnlich noch heute im Orient anzutreffen ist und welches Land und
innerhalb einer Provinz einem rmischen

da der Steuerpchter begreiflicherweise nur


darauf ausgeht, die ihm wehrlos ausgelieferte Bevlkerung bis zum
Weibluten zu schrpfen. Nun kam es aber auch nicht selten vor,

Leute zugrunde

richtet,

da einzelne Stdte oder

Summen

tributpflichtige

nicht gleich zahlen konnten.

Knige

die ihnen auferlegten

Wiederum

der rmische

trat

Er stellte die erforderlichen Beitrge zur Verfreilich nur gegen eine angemessene Verzinsung, was in
fgung
solchem Falle gewhnlich 50 bis 75 Prozent, manchmal sogar noch
mehr bedeutete. So hatte sich allmhlich in Rom eine besondere
Klasse von wuchernden Kapitalisten herausgebildet und eine in der
alten Welt zuvor ungekannte Machtstellung erlangt: ein parasitres
Ungeheuer, das mit gewaltigen Polypenarmen den ganzen Staat um-

Geldmann

in

Aktion.

klammert hielt und durch zahllose Saugnpfe


organismus zehrte.

Und

mit

dem Auflsungsproze

schem Gebiete ging


eine Zerstrung

aller

gierig

Gesellschafts-

auf wirtschaftlichem und

politi-

zugleich eine Zersetzung alles Seelenlebens und

berkommenen Denkrichtungen

gewaltige Macht und unermeliche Schtze hatte


zentriert.

am

Aber wer waren

die

Rom

einher.
in sich

Eine
kon-

Trger des ffentlichen Lebens dort?

Geldmenschen, die nur daran dachten, wie man Zins auf Zins hufen
knne; Aristokraten, die von einem Genu zum anderen taumelten,

da sie ihren politischen


Einflu verschacherten.
Streber, Prasser und Schmarotzer also,
denen der Boden unter den Fen wankte und jeder Hajt fehlte;

und Lumpenproletarier,

die

davon

lebten,

ENTSTEHUNG DES CHRISTENTUMS USW.

SUSSNITZKI, DIE

69

auch jegliche innere


frwahr kein anmutiges Bild, das

soziale Schdlinge, die mit der ueren Sicherheit

Es

Festigkeit vermissen lieen.

ist

Rom

damaligen

die Sittengeschichte des

Augen fhrt: ein


Rmern betrachtete

uns vor

und Verfalls. Bei den alten


man, genau wie bei den Hellenen, als Tugend die volle harmonische
Entwicklung der Mannhaftigkeit im besten Sinne des Wortes. Virtus
und arete bezeichnete Tapferkeit und Standhaftigkeit, zugleich aber
auch Mannesstolz, Opfermut und selbstlose Hingabe an die soziale
Gemeinschaft.
Allein in der Folge ist das Knechtische und die
Knechtseligkeit zur obersten Tugend geworden, von der immer mehr
die Beziehung des Menschen zum ffentlichen und privaten Leben

Bild elendsten Zer-

bestimmt wurde.

Und

die

Wirkung war ganz allgemein Abwendung

vom Gemeinwesen und Beschrnkung

Feigheit

eigene Ich,

auf das

und Mangel an Selbstvertrauen, Sehnsucht nach Erlsung nicht durch


die eigene, sondern durch eine fremde Kraft, Selbstzerknirschung
nach oben und pfffische AnmaCtung nach unten, Blasiertheit und
Lebensberdru und wieder Sehnsucht nach Sensation und Wundern,
berschwenglichkeit und Ekstase ebenso wie Heuchelei und Lge".^
Selbst die wenigen freundlichen

Zge

in

diesem trben Bilde, wie die

Erweiterung des Nationalittsbegriffs zum Begriffe der Menschheit,


oder die Forderung der Wohlttigkeit gegen

Arme und

der Humani-

gegen Sklaven, Vorstellungen und Forderungen, die gerade damals auftauchten und rasch Verbeitung fanden, erweisen sich in ihrem
kausalen Zusammenhang nicht als Produkte einer moralischen Erhebung, sondern als Degenerationssymptome des Niedergangs und

tt

Verfalls.

Sie

bildeten

energien, die neue

nicht

das

Werk hher

Werte schufen, sondern

allgemeinen seelischen Erschlaffung, bei


kein

Raum mehr

blieb.

In

einer

sie

gespannter

Seelen-

ergaben sich aus der

der fr alte Anschauungen

Stadt,

in

der Zugehrige

ver-

geben
pflegten, in der Griechen und Juden, Gallier und Spanier, Syrer und
gypter das Brgerrecht besaen und eine hervorragende Rolle
spielten, in einem Lande, in dem die unterjochten Barbaren hohe

schiedenster

Nationen und Rassen

sich

ein

Stelldichein

zu

werden konnten, muten angesichts des durcheinander^verfenden Weltverkehrs und der politischen
Nivellierung alle auf Blutsbande und territorialem Zusammenhang be-

Beamte, Senatoren und

selbst Kaiser

ruhenden Sonderungsgefhle
Mitgefhl mit den

Kautsky

a. a.

als inhaltsleer

Armen und

verschwinden.

das Eintreten

Und

fr die Sklaven,

O. S. 142.
44*

das

war

es

FESTSCHRIFT-

692

COHEN

nicht auch ein Produkt der traurigen Zeitverhltnisse und in gewissem


hatte
Sinne sogar ein Wahrnehmen der eigenen Interessen?

Rom

aufgehrt

die

Versorgungsanstalt

Lumpenproletarier

der

zu

sein.

Unter der Herrschaft der Csaren fand mit der Macht des ProleDieses Versiegen der wichtariats auch das Brotspenden ein Ende.
tigsten Nahrungsmittelquelle

tarierbevlkerung ein

um

war aber

fr die

hauptstdtische Prole-

so schwererer Schlag, als sie sich lngst aller

Die Armut
regelmigen Arbeit und Anstrengung entwhnt hatte.
als Massenerscheinung war die unmittelbare Folge davon, und die
wachsende Not weckte den Sinn fr Mitleid und erzeugte die Idee
der Wohlttigkeit.

Mit der gesteigerten Verelendung

nahm das Zu-

sammengehrigkeitsgefhl der Massen zu: man pldierte sozusagen


fr sich selbst, indem man die anderen dem allgemeinen Interesse

gewissem Sinne auch schon der Grund


fr das dem Sklavenstande entgegengebrachte erhhte Wohlwollen,
da das Proletariat sich in steigendem Mae aus freigelassenen Sklaven
rekrutierte, die whrend der Kaiserzeit sogar die Mehrheit der BeEs kommt hinzu, da hier noch ein
vlkerung Roms ausmachten.
empfahl.

Allein darin liegt in

besonderes praktisches

Moment

das Eintreten fr die Sklaven oppor-

Ehemalige Sklaven waren mittlerweile zu Macht und


Ansehen gelangt und erfreuten sich selbst am kaiserlichen Hofe vielfach einer bevorzugten Stellung. Mochte man sie im Innern noch
so sehr hassen und verabscheuen, man trug doch eine groe Verehrung und Bewunderung fr sie zur Schau, man buhlte um ihre

tun sein

lie.

Freundschaft und warb

Roms

schildert

um

ihre Gunst.

FRIEDLNDER

In

seiner Sittengeschichte

heuchlerische Verhalten

dieses

der

Freien und Aristokraten gegen die Sklaven und Freigelassenen, das die
ganze Verlogenheit und Verkommenheit jener Zeit zeigt und nur

Den allmchtigen
Ekel und Widerwillen hervorzurufen vermag.
Dienern des Kaisers Ehre zu erweisen und zu huldigen, wetteiferte
die hchste Aristokratie Roms, wie tief auch diese Abkmmlinge
uralter

ruhmvoller Geschlechter

sprossenen, mit der

die

aus

verhaten

Schmach der Knechtschaft

Stmmen

ent-

unauslschlich be-

und verabscheuten, die brigens rechtlich in mehr als einer Hinsicht noch unter dem freiSo wurde fr Pallas mit plumper
geborenen Bettler standen.
Schmeichelei ein Stammbaum ersonnen, der seine Abkunft von dem
gleichnamigen Knig Arkadiens ableitete; und ein Abkmmling der
Scipionen schlug im Senat eine Dankadresse vor, weil dieser Spro
eines Knigshauses seinen uralten Adel dem Wohle des Staates nach-

fleckten

Menschen

innerlich verachteten

SUSSNITZKI, DIE

ENTSTEHUNG DES CHRISTENTUMS USW.

693

und sich herabgelassen habe, Diener eines Frsten zu sein.


Auf den Vorschlag eines der Konsuln wurden ihm die prtorischen
Da Pallas
Insignien und ein bedeutendes Geldgeschenk angetragen.
nur die ersteren, nicht aber das letztere annahm, beschlo der Senat,
Dieses Dekret wurde auf
ihn durch eine Dankesresolution zu ehren.
einer Bronzetafel neben einer geharnischten Statue Julius Csars
gesetzt

Lucius

ffentlich aufgestellt.

Kaisers, ein

Mann

Vitellius,

der Vater des gleichnamigen

sehr hoher Stellung,

in

allerdings

selbst da-

ein

mals Staunen erregender Virtuose der Niedertrchtigkeit, verehrte


Das war
unter seinen Hausgttern das goldene Bild des Pallas.'"'
der Boden, auf dem jene Schlinge menschlichen Geistes zuerst
.

keimten und Triebe schlugen. Freilich zu sehr Sumpfboden, als da


auch der fruchttragende Erkenntnisbaum einer neuen Weltanschauung
hier

ohne weiteres htte hervorwachsen knnen.


Damit tritt Kautsky wieder jener extremen Richtung entgegen,

die,

wie bei

Bauer und Kalthoff, im

liche Bildungssttte

csaristischen

des Christentums erblickt.

Rom

Die

die eigent-

rmische Ge-

Kalthoff, stand durchweg auf dem Punkt, wo


aus ihrem Sche ein Neues werden wollte, werden mute. Dazu

sellschaft", schreibt

bedurfte es keines Anstoes von auen;

die inneren Krfte,

die zerstrenden wie die schaffenden, brachten ihr eigenes

sowohl

Werk

zu-

Die zerstrenden schon, ob aber auch die schaffenden?


Rom war kein Fruchtland mehr. Der Boden dort war nicht blo
durchwhlt, sondern bis auf seine kleinsten Teile gelockert und aufgelst; zu sehr gelockert und aufgelst, um noch ertragfhig zu sein.
So sollte es in der Tat auch einem anderen als dem rmischen
stande."*

Volke vorbehalten bleiben, den Samen der neuen Lehre in die heidnische
Welt zu tragen. Diese Aufgabe fiel dem Judentum zu. Dem Judentum der Diaspora, nachdem es im eigenen Heimatlande einen hnlichen Wandlungsproze, nur reiner, konsequenter und energievoller
durchgemacht und noch im Niedergange der Welt ein Denkmal von
Ausdauer, Heldenmut und Hingebung gegeben hat, das aus

Schmutz allgemeiner Feigheit und Selbstsucht jener

Zeit

dem

einsam,

aber umso gewaltiger hervorragt".^

Darstellungen aus der Sittengeschichte

'

Band

S. 42 ff.
Die Entstehung des Christentums von

Kautsky

a. a.

O.

S. 321.

Roms von Ludwig Friedlnder


Albert Kalthoff

S. 45.

FESTSCHRIFT COHEN

694

m.
Zwei parallellaufende Strmungen sind es also, die Gestaltung
der Dinge in Rom und in Palstina, deren schlieliches Zusammentreffen die Geburt und das Wachstum des Christentums zur Folge
gehabt hat. Den beiden Strmungen lt Kautsky vom Standpunkt
des historischen MateriaUsmus eine Beleuchtung zuteil werden; und
wie er es fr den rmischen Staat getan hat, so sucht er auch fr
das jdische Reich systematisch eine Darstellung seiner Wirtschaftsentwicklung sowie der

Zusammenhang damit stehenden

in

ethischen

und religisen Gedankenwelt des Landes zu geben. Diese Beziehung


von ber- und Unterbau" des sozialen Phnomens soll den Charakter
historischer Notwendigkeit beim Ursprung des Christentums dokumentieren, indem sich so die christliche Weltanschauung als der erschpfende Ausdruck der rmischen und jdischen Geistesrichtungen
jener Zeit erweist, womit denn die Frage, wieso das Christentum zur
herrschenden Religion des Weltrmerreiches werden konnte, sich einfach dadurch beantwortet, da es eben das religise Ideenprodukt
Freilich htte der aus der palstinensischdieser Welt darstellte.
rmischen Verbindung hervorgegangene Spro, je lter je eifriger,
Kinder jdisich den Bedingungen seines neuen Milieus anbequemt.
scher Mischehen lassen sich ja, in einer angeborenen AnpassungsIn diesem Sinne liee sich selbst von
fhigkeit, mit Vorliebe taufen.
einer gewissen bereinstimmung unseres Verfassers mit der BauER-

K ALTHOFF sehen

Auffassung, wenigstens hinsichtlich einer der folgen-

Denn
den Entwicklungsphasen der christlichen Religion, sprechen.
wenn auch Kautsky, im Gegensatz zn Bauer und Kalthoff, dem
Judentum die Schpfung einer Anzahl wesentlich konstitutiver Elemente des Christentums nicht absprechen mag, so rumt er doch
mit ihnen gemeinsam

Umgebung
sich

ein,

da, einmal

unterlegen, alle

von letzterem nicht nur

dem

Einflu der auerjdischen

dem Judentum entsprungenen Tendenzen


losgelst,

sondern sich ihm sogar feind-

selig gegenbergestellt haben.

beraus interessant ist es dabei zu sehen, wie der Verfasser die


spezifisch ethischen Anschauungen des jdischen Volkes aus dessen
wirtschaftlichem Entwicklungsgange abzuleiten unternimmt. KautsKY
Er gibt uns eine Schildeholt hier in seinen Darlegungen weit aus.
rung von den semitischen Vlkerwanderungen und vom Eindringen
der Israeliten

ins

kanaanitische Gebiet.

Als nomadisierende, vieh-

zuchttreibende Beduinen haben die Hebrer, die bei ihrem


ziehen frher einmal an

gyptens Grenze und

am

Sinai

Umher-

wohl schon

SUSSNITZKIj DIE

ENTSTEHUNG DES CHRISTENTUMS USW.

695

gewesen sein mochten, sich Palstinas bemchtigt und blieben auch


im eroberten Lande ein Hirtenvolk, lange noch nachdem sie zur
Sehaftigkeit bergegangen waren.
Erst allmhlich eigneten sie sich
von den Kanaanitern die Bodenkultur an, wie den Anbau von Getreide und Wein oder die Aufzucht von l- und Feigenbumen. Aus
der Zeit ihres Beduinentums behielten indessen die Juden nichtsdestoweniger den Sinn und die Vorliebe fr den Warenhandel. Eine unter

Nomadenstmmen ohnehin

hufig

nun gar bei einem Volksschlag

vorkommende Eigenschaft; und

in Palstina, in

dem Lande,

seiner auerordentlich gnstigen geographischen

das dank

Lage von sehr wich-

Karawanenstraen durchzogen war und damit den Verkehr


zwischen gypten auf der einen, Syrien und Mesopotamien auf der
anderen Seite, sowie den von Phnizien nach Arabien beherrscht

tigen

hatte.

Wenn

spter nach

dem babylonischen

Exil die Israeliten ein

Handelsvolk wurden, das sich ber den ganzen Umkreis der antiken

werden wir in der Annahme nicht fehl gehen,


da die Vorbedingungen dazu schon in der Zeit vor dem Exil geschaffen waren. Auch dem bedeutsamsten nationalen Ereignis ist es

Welt

verbreitete,

so

nicht gegeben, die Geschichte eines Volkes in zwei vllig getrennte

Hlften zu schneiden.

Die psychologische Wirkung der Handelsfunktion


progressive Steigerung des Abstraktionsvermgens.

Ware

aber eine

ist

Nicht das Gegen-

den Kaufmann, sondern der dieser


inhrierende merkantile Charakter. Seine Aufgabe besteht darin, da
Welche besondere Ware er
er billig einkauft und teuer v^erkauft.
kauft oder verkauft, ist ihm im Grunde gleichgltig, da allein der
ideelle Gewinn, nicht der materielle Inhalt fr ihn die eigentliche Bestndliche an der

interessiert

deutung des Handelsartikels ausmacht.


die
ihre

Ware

nur

als

Den Kaufmann

interessiert

Reprsentant von Geld, ihn interessiert an

besondere Ntzlichkeit, sondern

ihr

besonderer

ihr nicht

Preis.

Dabei ist es eine ganz bestimmte Denkfunktion, auf die es vorwiegend ankommt. Der Kaufmann mu die Dinge und Vorgnge
stets in eine Beziehung zueinander bringen; er mu ein Verhltnis
zwischen ihnen herstellen.

Was

ihn in letzter Linie beschftigt, das

sind Zahlenverhltnisse, abstrakte Zahlenverhltnisse.

der Handel sich entwickelt, je weiter

in

Je

mehr nun

rumlicher und zeitlicher Be-

ziehung Kauf und Verkauf auseinanderliegen, je verschiedener und

mehr

Akte des
Kaufs und der Zahlung auseinanderfallen, Kreditsystem und Zinszahlung zunehmen, um so verwickelter und mannigfaltiger auch [gekomplizierter sich die Mnzzustnde erweisen, je

die

FESTSCHRIFT COHEN

696

und umso gegenstandsloser, allgemeiner und formaler wird nach und nach die zu ihrer Bewltigung
unerlliche Gedankenarbeit.
So zchtet geradezu der Handel das
mathematische Denken, wie in gewissem Sinne das abstrakt-wissenschaftliche Denken berhaupt.
Es sind nicht die produktiven' Ttigkeiten, Ackerbau und Handwerk, sondern es ist der ,unproduktive'
Handel", bemerkt Kautsky, der jene geistigen Fhigkeiten bildet,
welche die Grundlagen des wissenschaftlichen Forschens ausmachen."
Zudem waren einerseits Kunst und Handwerk, die den Sinn mehr
fr das Konkrete, aber auch fr die Oberflche und nicht fr das
Wesen der Dinge schrfen, bei den Hebrern im Vergleich zu anderen semitischen Vlkern kaum so zur Entfaltung gelangt, um irgend
wie hemmend in den geistesentwickelnden Proze einzugreifen, whrend
man hier andererseits, wie bei den orientalischen Staaten berhaupt,
die wissenschaftliche Beschftigung nicht Sache einer bevorzugten
brgerlichen Klasse vielmehr allein Aufgabe der Priesterschaft werden sieht, wodurch notwendig mit der Zeit Denken und Erkenntnis
eine einseitige Beziehung auf den Religionskultus erlangen mute. So
kam es schlielich, da die Gottesvorstellung der Israeliten, namentlich
nach der ersten Verbannung und unter dem Einflu des babylonischen
stalten sich diese Zahlenverhltnisse

Priesterglaubens, sich

durchgerungen

hat.

zum
,,

geluterten

Gerade

jdischen Monotheismus hin-

der palstinensischen

in

Gegend mit

ihrem starken, internationalen Handel, aber ohne entwickelte bildende

ohne eine profane Aristokratie mit intellektuellen Neigungen


und Bedrfnissen, hingegen mit starkem Priestertum konnte eine
Religion, die von vornherein keinen Polytheismus mit scharf ausKunst,

geprgten
strakten,

aus

Gtterindividualitten

hatte,

leicht

einen

ab-

annehmen, und die Gottheit sich


Persnlichkeit zu einer Idee oder einem Begriff aus-

vergeistigten Charakter

einer

wachsen."

entwickelt

'^

Wenn

auch

der Aufschwung

des Handels

unverkennbar eine

den jdischen Staat bedeutete, bildete dennoch in


Palstina, wie ja berall im Altertum, die Landwirtschaft den wesentlichen Nahrungszweig und die eigentliche Grundlage der Gesellschaft.

Blteperiode

fr

war der Handel nur Nebenbeschftigung; und als sie sich sehaft gemacht hatten, wurde der
Bauernstand der Haupttrger der Bevlkerung, whrend die Zahl der
beruflichen Kaufleute relativ gering blieb. Aber nichtsdestoweniger
Fr

die nomadisierenden Viehzchter

'

Kautsky

a. a.

O. S. 209.

SUSSNITZKIj DIE ENI'STKHUNG DES CHRISTENTUMS USW.

war der Handel von entscheidendem Einflu auf

die

insofern als die durch ihn ins

lichen Verhltnisse,

697

landwirtschaft-

Land gebrachten

groen Vermgen einen Wechsel des Besitzstandes herbeifhrten und


damit Klassen und Klassengegenstze schufen. Die Reichen begannen
ihren Grundbesitz

Zwecke

immer

die Kleinbauern

von der Scholle zu verdrngen oder

hngigkeit von ihnen zu bringen.

um

dem

auszudehnen und suchten zu

weiter

Und

je

mehr

AbLand

in

Kapitalien ins

machte sich die berlegenheit der reichen


Grundbesitzer bemerkbar, die den verarmten Kleinbauern gegenber
zuletzt nur noch als profitgierige Wucherer entgegentraten, in deren
Belieben es stand, sie von ihrem Gtchen zu vertreiben oder als

flssen,

so drckender

Schuldsklaven, die ihre Schuld abarbeiten muten, darauf zu belassen.

Der letztere Modus wird fr gewhnlich vorgezogen worden sein,


denn von stammfremden Kaufsklaven hren wir in Palstina nur
wenig; die Israeliten zhlten eben meist zu jenen unglcklichen
Vlkern, die Sklaven lieferten, nicht die Sklaven machten." Es war
das unvermeidliche Ergebnis eines konomischen Prozesses, wie er
sich auch in Athen und Rom wiederholte, und der mit dem wirtschaftlichen Niedergang und dem sozialen Untergang des freien
Bauernstandes schlieUch sein Ende erreichte. Ein trauriges, jammervolles Ende, von dem die flammenden Proteste und zornsprhenden
Verkndungen der Propheten uns noch heute erschtternd erzhlen.
Freilich haben auch die politischen Verhltnisse in gleicher RichIch denke hier unwillkrlich an die arme Trkei,
tung mitgewirkt.
die infolge ihrer gnstigen geographischen

Lage

sich in der schlimm-

sten politischen Situation befindet, aus der sie sich, eben aus diesem

Grunde, wohl

kaum

je mit Erfolg herausreien drfte.

bertroffene Verkehrsstrae

Als die un-

Asien und Europa,

zwischen

als

die

und noch immer wichtigste Verbindungslinie, die von


Indien und dem Persischen Golf nach dem Mittellndischen Meere
fhrt, hat das Gebiet von jeher bei den anderen Staaten Neid und
Migunst gepaart mit Furcht vor dem Besitzer erregt. Konnten sie
auch nicht hoffen, Herren des Landes zu werden, so ging ihre Sorge
wenigstens dahin, den Besitzer nicht zu mchtig und fr sie zu gefhrlich werden zu lassen.
Und als die Trkei einmal wirklich ernstlich Miene machte, sich aufzuraffen, und mit starker, bewunderungsfrher einzige

werter Geste, die von ebenso auerordentlicher Lebens- wie Willenskraft

zeugte,

sich

dazu

Neues und Groes zu


durch

die

leisten

widerlichsten

Versumtes nachzuholen

und

waren sie alle zur Stelle,


ihr Vorhaben zu stren.

um

anschickte.

sofort

Manver

In

FESTSCHRIFT COHEN

698
einer weniger exponierten

Lage

htte das osmanische Volk zweifel-

und demgem auch weit erfolgversprechender den Regenerationsproze an sich vollziehen knnen. Wie es nun
der modernen Trkei ergeht, so erging es hnlich dem alten Israel.
Palstina bildete das Binnenland der damals bedeutendsten Kulturstaaten und war so fr den Handel gyptens, Babyloniens und
Syriens von der grten Wichtigkeit. Was ntzte es den Juden, da
sie aus gypten wegzogen, wenn hintendrein die gypter in ihre
Heimat nachgezogen kamen? In der Tat hrte Palstina nicht auf,
der Schauplatz fortwhrender Kmpfe zu sein. Von den ewigen Beunruhigungen und Befehdungen der kleinen Nachbarreiche ganz abgesehen, blieb es das bestndige Ziel assyrischer und babylonischer
sowie griechischer, syrischer, gyptischer und rmischer EroberungsDazu kam noch, da Palstina als Knotenpunkt des Vergelste.
kehrs oft zum Tummelplatz fr die Heere feindlicher Mchte wurde,
ohne da die Juden eigentlich direkt an den Kmpfen beteiligt
wren. Zu den Verheerungen der Kriege, die sie selbst fhrten, gesellten sich damit noch die Verwstungen fremder Armeen, die uere
Umstnde hufig ins Land brachten. So haben die politischen Ereignisse die Wendung, welche die Dinge dank der konomischen
und durch
Entwicklung genommen hatten, untersttzt, gefrdert
einen Gewaltakt auch zum Abschlu gebracht. Der Untergang des
Staates war mit dem Niedergang der Bauernschaft unvermeidlich; er
war in Israel ebenso unaufhaltsam geworden wie spter im rmischen
Weltreich. Immerhin htte der natrliche Auflsungsproze noch
lange dauern knnen, wenn nicht bermchtige Feinde dem jdischen
Staate, ehe seine Lebenskraft erschpft war, den Todessto versetzt
htten: Im Jahre 722 rumten die Assyrer mit den zehn Stmmen
des nordisraelitischen Reiches auf, indem sie ihre Hauptstadt Samaria
eroberten, die Blte der Bevlkerung in Gefangenschaft wegfhrten,
dann dafr Menschenmassen aus babylonischen Gebietsteilen im
Lande ansiedelten; und endlich erfolgte noch im Jahre 586 die Eroberung Jerusalems mitsamt dem Landbezirk Juda durch den Babylonierknig Nebukadnezar, der gleichfalls alle wehrfhigen Teile des
Volkes als Gefangene mit sich fortnahm und damit auch dem Rest
los viel ruhiger, sicherer

des jdischen Reiches das

Erst im Exil,

wo

Ende

bereitete.

das Judentum sich ganz zu einer Nation von

Stdtern und Hndlern herausbildete, erfuhren die vorher


lichen Teil latent

khlabwgende

liegenden Fhigkeiten

Intelligenz,

der

ihre

zum

erheb-

volle Entfaltung.

Die

mathematische Sinn, das zuende-

SUSSNITZKI, DIE

ENTSTEHUNG DES CHRISTENTUMS USW.

699

denkende Spekulations- und Abstraktionsvermgen, damit aber verbunden ein starkes Gefhl der Zusammengehrigkeit und eine ebenso
tiefe soziale Empfindung wie opferfreudige national-religise Begeisterung
alle diese .jdischen Rasseneigenschaften" gewannen fr die
Gestaltung des Lebens des Einzelnen sowohl wie der Gemeinschaft
immer mehr Geltung und entscheidenden Einflu. Mit der Rckkehr
in ihre Heimat begannen fr die Juden die wirtschaftlichen und politischen Kmpfe von neuem; nur diesmal um so strker und heftiger,
als die Spannung zwischen unzulnglichem Knnen und hofifnungsschwangerem Wollen jetzt in gesteigertem Mae zutage trat. Kaum
da die Juden noch zur Ruhe gekommen sind, zur Selbstndigkeit

mehr gekommen; und der kurze Aufstieg, den Palstina


als Knigreich der Makkaber genommen hatte, wurde bervoll aufgewogen durch die Tyrannenherrschaft des edomitischen Parvens,
des Knigs Herodes. So konnte auch von einem geordneten sozialen
Leben in Palstina nicht mehr gut gesprochen werden.
Die Juden
blieben Stdter und Hndler, indes ihr Land, einem Spielball gleich,
abwechselnd in die Hnde der Seleuciden, Ptolemer und der rmisind sie nicht

schen

Statthalter

gelangte und

unter

der

Last der beutegierigen

Fremden immer mehr verkmmerte. Da solche Zustnde nicht von


Dauer sein konnten und in wachsendem Grade zum Konflikt fhren
muten, ist begreiflich. Es war vor allem die Fremdherrschaft, die
man immer rebellischer empfand, das Rmerjoch, dem man alles
Unglck und alles Unheil zuschrieb und gegen das sich der ganze
Ha, die ganze Emprung und die ganze Verzweiflung des Volkes
richtete.

bis

zu

Und

es folgten, ja berstrzten sich

revolutionren

Unternehmungen zur

vom Fremdendruck und

zur Abschttelung der

dessen Untergang,

Befreiung des Landes

Rmermacht.
jeder verfehlte

im jdischen Reiche,

die

mute aber auch unter solchen Umstnden


Anschlag zugleich eine seelische Erschtterung der

Freilich

Massen zur Folge haben. In der Tat sehen wir, wie schrittweise
mit dem Schwinden der Krfte der Wirklichkeit sich unter den
Juden eine wachsende Hoffnung auf Wundertaten breit macht. Sind
auch die menschlichen Anstrengungen erfolglos, so darf doch das
auserwhlte Volk mit einem bermenschlichen Eingriff zu seinen
Gunsten rechnen; ist auch die Gegenwart den Kindern Israels wenig
hold, so mu doch in der Zukunft, und zwar in der mglichst baldigen,
ein Messias ihnen Heil bringen; und eben weil die nationalen Waffen
versagen, kann man allein noch durch Wort und Beispiel fr eine
Bekehrung und Besserung der Menschen wirken. Auch das war eine

FESTSCHRIFT COHEN

yOO

Bewegung oder, wenigstens, revolutionre Gesinnung,


von der ein anderes Leben erhoft't wurde; nur war sie passiv,
Der Messias, das
resigniert, ich mchte sagen transzendent.
war die Revolution, die umso mehr auf bermenschliche
Krfte, auf Wunder bauen mute, je mehr sich die Krfte der
revolutionre

und gequlten Massen


Bei den Essenern finden wir diese Anschauungen
verschoben.""
am strksten zum Ausdruck gebracht, die in diesem Gedanken
150 Jahre vor
lebten und wirkten und darin vllig aufgingen.
Christus soll der Orden entstanden sein, um mit der Zerstrung
Wirklichkeit zuungunsten der ausgebeuteten

Jerusalems aus der Geschichte zu verschwinden.


allerdings

war seine Rolle

bei Propagierung

Um so nachhaltiger

der ersten christlichen

Ideen im rmischen Reiche: zunchst unter den dortigen Juden und

dann

in der heidnischen

Welt.
IV.

Eine wissenschaftliche Arbeit werten, heit sie auf ihren organischen Aufbau prfen. Es erscheint mir unangngig, das Urteil

schon von der Stellungnahme zum Ausgangspunkt des Forschers


abhngig zu machen. Ist ja die Methode als Prmisse im wesentlichen ein Credo, wenn auch subjektiv zur berzeugung verhrtet.
Unter dieser Voraussetzung aber mu man bekennen, da Kautskys

von der Entstehung des Christentums eine im hohen


Grade beachtenswerte Leistung bildet. In starkem Gefge gliedern
sich die Teile aneinander, und in groer bersichtlichkeit wachsen
die Einzelerscheinungen aus dem Gesamtbilde hervor.
Allein bisweilen lt sich der Eindruck nicht verwischen, als
ob die scharfsinnigen Deduktionen eher im feinnervigen Hirn des
sozialistischen Schriftstellers denn im Boden der vier- und siebenDarstellung

hgligen Stadt wurzelten.

Mit Absicht bin ich etwas ausfhrlicher

Entwicklung des jdischen Monotheismus gewesen. Um so


gleichzeitig eine Probe aufs Exempel ber die KAUTSKYsche Denkart zu geben. Aber trifft das dort Gesagte in Wirklichkeit auch zu?
Wenn es wahr ist, da der Handel das begriffliche Denken und den
Patriotismus strke, also einerseits das Stimulans zum Monotheismus

bei der

und andererseits das Nationalgefhl besonders

bilde

warum

hat sich das

Phnomen zum mindesten

Stdten Zor und Zidon ereignet?


*

Kautsky

a. a.

O.

S. 305,

Wenn

krftig errege,

nicht auch in den

ein asiatisches

Volk Handel

SUSSNITZKI, DIE

im groen
gewesen.

Stil

Sie

Vielgtterei

zu

ENTSTEHUNG DES CHRISTENTUMS USW.

70I

getrieben hat, dann sind es zweifellos die Phnizier

vermochten jedoch ebensowenig den Mythus und die


berwinden, wie

sie

sich

jemals

zur

einheitlichen

Oder aber beispielsweise gar


wenn Kautsky den Versuch unternimmt, den Glauben an die AufStaatsbildung emporschwingen konnten.

erstehung Christi mit der Sehnsucht eines messianischen Sieges ber das

und unberwindbare Rom zu erklren! Seit den Zeiten


der Makkaber hatte in der ganzen antiken Welt das Vertrauen in die
Selbstttigkeit der Vlker abgenommen. So wurde auch unter dem
Messias nicht mehr das jdische Volk verstanden, das sich selbst
allgewaltige

sondern ein gewaltiger Kriegsheld, voll wunderttiger Kraft,


den Gott entsendet, das gequlte Volk der Auserwhlten und Heiligen
befreit,

aus Trbsal und Not zu erretten und zu erlsen

aber

dem

Messias

die

Kraft zutraute,

Rom

....

zu

Wenn man

berwinden, dann

wohl auch mit dem Tode fertig werden. Totenerweckungen


galten damals als nichts Unmgliches. So kam man zur Anschauung,
da die Vorkmpfer des Judentums, die im Kampfe gefallen waren,
nach dessen Siege in voller Leiblichkeit aus ihren Grbern erstehen

mochte

er

und ein neues Leben der Freude und des Genusses beginnen wrden.
Dabei handelte es sich nicht um eine Unsterblichkeit der Seele,
sondern um eine Wiederbelebung des Leibes, dem auch hchst reale
Das ist ein
Gensse im siegreichen Jerusalem zugedacht waren."
psychologischer Salto mortale, bei dem bersehen wird, da der
Kampf mit Rom einen immerhin natrlichen Vorgang bildete, der

Tod jedoch eine bernatrliche Erscheinung darstellte,


Annahme daher auch eine ganz andere Seelenenergie als

Sieg ber den


fr

deren

Quelle vorausgesetzt werden mte.

doch gegen Kautskys Darstellung der Einwand einer gewissen Verkmmerung und zum Teil willkrlichen Handhabung der materialistischen Geschichtsauffassung als Methode nicht
umgehen lassen. Bei der Betrachtung gesellschaftlicher Vorgnge
Insofern drfte sich

wird es stets eine erste Forderung

sein,

mit

aller

Schrfe zwischen

und empirisch-bedingter
Darstellungskunst zu unterscheiden. Mag man im Kausalnexus der
Bedingungen, die dem Lebensproze das Geprge verleihen, das
konomische Moment als die Vernunftidee geschichtlicher Wrdigung
methodologisch-prinzipieller Forschungsarbeit

postulieren,

man
sich
tive

in

der Schilderung bestimmter sozialer

Phnomene wird

umhin knnen, auch den anderen Motivationen, sofern sie


unmittelbar oder mittelbar bemerkbar machen, auf ihre rela-

nicht

Wirkungskraft nachzuspren.

An

das

erste

Glied

der Kette

FESTSCHRIFT COHEN

702

drngen weitere Faktoren nach, die

anschlieend,

auf

den Ent-

wicklungsgang des Gesellschaftsprozesses gleichfalls kausalbildend


einwirken, so da eine in einseitiger Weise vorgenommene Anwendung
der generell-metaphysischen Voraussetzung bei der Interpretierung
spezieller

und

in sich

geschlossener Sozialerscheinungen nicht selten

zu einer geschichtsklitternden Vergewaltigung des Tatbestandes fuhrt.

einem anderen Zusammenhange die verschiedenen Tatsachen als bloe Emanationen eines
primren konomischen Einflusses zu deuten sind, gilt es im konkreten
Falle vornehmlich, die einzelnen in die Erscheinung tretenden Faktoren

Ohne Rcksicht

festzustellen

verhltnisse

Gegensatz

also darauf, wie weit in

Wirkung auf die Gestaltung der Gesellschaftsabwgend hervorzuheben. Darin liegt der prinzipielle
und

ihre

zwischen

der

reinen Lehre

und

ihrer praktischen

wertung, oder mit Bezug auf den historischen Materialismus,

Wort Friedrich Engels

zu gebrauchen,

Ver-

um

ein

zwischen der suchenden

Methode und der fertigen Schablone. In diesem Sinne kann die Aufgabe der geschichtlichen Untersuchung letzten Endes nur darauf
hinauslaufen, die Bedingungen des gegebenen Gesellschaftsprozesses
so umfassend wie mglich blozulegen, ganz einerlei, ob

zu konomischen,

politischen oder

aus

dem

man

dabei

Bewutsein flieenden

Hingegen wird der Versuch, alle Vorgnge im


geistigen Leben der Menschen direkt aus Reizungen aus der wirtschaftlichen Sphre abzuleiten und jede Bewutseinsvernderung der
Gemeinschaft unmittelbar durch Vernderungen in der Produktionsweise entstehen zu lassen, notwendig zu mehr oder weniger knstlichen Konstruktionen fhren mssen. Und eben nach dieser Richtung
gewi sehr gehaltvolle, an berraschenden
ist Kautskys an sich
Gesichtspunkten wie an bemerkenswerten Kombinationen gleich
reiche Darstellung von der Entstehung des Christentums ein beraus

Kausalreihen gelangt.

beredter Beleg.

Fr mich persnlich freilich gilt das schne Wort des Meisters,


dem zu Ehren diese kleine Studie geschrieben ist: Wer sich auf die
These versteigt, da der Mensch schlechterdings das Produkt der
Wirtschaft und des Verkehrs sei, gerade weil er als Produzent derselben bedingt und verdingt sei, der hat sich Mephisto verschrieben;
der hat den Unterschied zwischen der Materie und dem Geiste und
der Sittlichkeit des Menschen preisgegeben."^

Ethik des reinen Willens von

Hermann Cohen

S. 314.

Spuren

alter

Von
Schon

I.

Volksbcher
Philipp

in

der Aggada.

Bloch- Posen.

bei einer oberflchlichen Durchsicht der lteren

Aggada-

Echa

rabbathi

werke, wie Pesikta derab Kahana, Bereschith rabbah,

und dergleichen, machen wir

die

Wahrnehmung,

dali

in

diesen

nebeneinander hergehen,
das Hebrische der tannaitischen Zeit oder der Mischnah und das
Aramische; ersteres ist die Schrift- oder Gelehrtensprache, letzteres
Das sprachliche Darstellungsmittel, das zudie Umgangssprache.
Schriften zwei verschiedene Sprachidiome

grunde

liegt

Aber

berall vorwaltet, bleibt das Hebrische ^

und

Das Hebrisch der talmudischen

Zeit unterscheidet sich ganz deutlich

in

von

dem Hebrisch der arabischen Zeit, namentlich der spanischen Renaissance.


Ein Wort wie z. B. nS'bo fr Gleichnis" Dichtung" findet sich in der talmudischen Epoche nicht, welche hierfr b\a oder br\ verwendet, und taucht erst
es sich daher in der aggadischen
wieder in der nachtalmudischen Zeit auf.

Wo

Literatur findet, macht es sich als sptere Interpolation verdchtig. Eine sptere
Interpolation ist es jedenfalls in der Einleitung zu Schir haschirim rabbah, Pethichah 2: yi^ vn"' yrw^ nnn, wo betreffs der Gleichheit und Ungleichheit

zwischen Vtern und Shnen vier Charakterverhltnisse unterschieden werden


und fr jedes Verhltnis ein Spruch aus der Heiligen Schrift und ein Spruch

beigebracht wird. Aber bei dem Verhltnis VC"! Tb)0 yv^


heit es: '21 T\^'b "ib B?'1 "? l"? "i Nip l"? ^^ V" T''?10 5?B'"i und werden drei
Sprche angefhrt, zwei aus der Heiligen Schrift und einer aus dem Volksmund,
whrend bei den drei brigen Fllen immer nur gesagt wird: )h C'l NipD 1*? Vf
aus

dem Volksmund

auch beim "\ ' yt?"i ebenso heien und berall nTha, auch
Es mu demnach gelesen werden: V1
mit seinem Vers, gestrichen werden.
j?-i rhm
mS' no bv '3i nsTinx nnn orop nini Tnai Kip ,"? i"? c^i npo ^h
'31 n-'B'iBn. Auch an der Spitze mu nS'"? nn"? "1 gestrichen und gelesen werden:
Whrend ferner in der talmudischen Zeit die
bvm Dn"? '1 KlpD nnb V^ lin"?131.
Verhebe fr aramische Formen und Worte vorherrscht und man bei sprachgeht
lichen Neuschpfungen gerne auf das aramische Sprachgut zurckgreift,
hv.

Darum mu

es

FESTSCHRIFT COHEN

704

den Chorus der gelehrten Vortragenden mischt sich hufig ein fremdartiger Gast, der mit seiner vulgren Mundart von der gleichsam
gebildeten Ausdrucksweise des gelehrten Kreises wunderlich absticht;

manchmal hat man sogar den Eindruck, als wenn durch die konventionelle Form des hebrischen Ausdrucks der aramische Naturder vertraute, naturwchsige Dialekt, wieder durchbricht.

laut,

gehen beide Idiome nur


meist

unvermittelt

hrt, beginnt

die

Splitter, welche

selten

ineinander ber, sie stehen vielmehr

nebeneinander;

wo

Stck aufBald sind es aramische

das hebrische

aramische Erzhlung.
in eine

Indes

hebrische Partie eingesprengt sind, bald

kleine Geschichtchen, welche sich an die hebrische Textausfhrung anlehnen, hin und wieder erscheinen auch grere,
zusammenhngende Partien in rein aramischer Mundart. Was
bedeutet dieser Wechsel mit den sprachlichen Darstellungsmitteln?
Aus welchem Grunde hat man das Aramische sich mitten inne
zwischen das Hebrische einschieben lassen?

Der Versuch,
die Pesikta derab

Richtung

am

hierauf zu

antworten,

Kahana' beschrnken,

leichtesten zu bersehen

soll

sich gegenwrtig auf

weil diese Pesikta in jeder

ist.

berdies halte ich die

Pesikta fr das lteste aggadische Schriftwerk, das uns erhalten

ist;

den Typus am deutlichsten und schrfsten ausgeprgt, nach welchem die Kompilationen aus den Urschriften bearbeitet und die lteren Aggadasammlungen abgefat wurden, so da

jedenfalls

hat

fr die alten

sie

Aggadawerke dasselbe

gilt,

was

in

der Pesikta als ma-

geblich beobachtet wird.


2.

Betrachten wir also die Pesikta derab Kahana daraufhin, so

gewahren wir, da die kleinen Stcke, gleichsam die aramischen


Splitter im hebrischen Fleisch, sich als Sprichwrter, Sentenzen,
fliegende Worte und Redensarten des Volksmundes und dergleichen
Stammwurzeln des hebrischen Wortschatzes
zurck, der von der Bibel geboten wird, um daraus nach ihrer etymologischen
Erkenntnis Neubildungen zu schaffen.
Es scheint brigens, da der bergang
von dem Hebrisch der talmudischen Zeit zu dem der spteren Renaissance
nicht blo durch die groen Grammatiker, wie Menachem und Dunasch u. a.,
sondern auch durch die Gebete und Schriften der nS2na "'TlV vermittelt und gefrdert wurde, da diese letzteren sich durch besondere Reinheit des hebrischen
die nachtalmudische Zeit auf die

Sprachgutes auszuzeichnen pflegen.


^ Diese Pesikta
verwendet den aramischen Sprachgebrauch so reichlich,
wie kein anderes Aggadawerk, und wird darin nur von der Aggada des Jerusalemitischen Talmud bertroffen.
Am nchsten steht ihr in dieser Hinsicht der
Midrasch Echa rabbati.

BLOCH, SPUREN ALTER VOLKSBCHER IN DER AGGADA

JO$

den Zweck, ein Wort, einen Satz dem allgemeinen Verstndnis nher zu bringen, oder einen Gedanken, eine
Texterklrung anschaulich und eindringlich zu machen; sie werden,
Sie haben

darstellen.

da es Prinzip der lteren Aggada ist, sich mglichst gewissenhaft


an die Vorlage zu halten, wahrscheinlich genau so wiedergegeben,
wie sie kursierten. So z. B. Piska l (S. 7b) zu inn DD"? "Plij; tJ'Kni
(I Kg 10, 19) heit es erklrend: tJ'nn'^T mnp nnD n T. Es
wie etwa der Kanzelsitz eines Predigers." Gleich
sagte R. Acha
darauf heit es in demselben Stck, um zu erklren, warum der
:

Himmel auer acht

siebente

wo

(der Platz),

gelassen

der Knig selbst

wird:

]1p^''t3

J^d'pT

''"Iti'

]Tl

weilt, ist eximiert", ferner daselbst

.Tom n ^2 ''in mDDItaO n^ 2^ bedeutet: wohl ausgerstet;


man sagte namens des R. Nehemia: sie waren wie eine Art gewlbter Lade." In derselben Piska (S. 9^) D^ny^ nra ^ynv "IDtJ^ty^ ^inoi
(I Chron 12, 32) erklrt R.Jose wnyb als ]"'D*1"'p^ die gnstigen Zeit(S. 8a) 'DI

punkte."

Abba

erklrt R.

(S. 13a), P.

Piska 2

(S. 60a)

n^b ino

IttS

bar Kahana: ^toan Schafe."

Kg

(II

Piska

3,

4)

(S. 49^):

Chaggai namens des R. Jizchak DIO^D^'


bereit dastehend;" daselbst erklrt R. Jose bar Chanina 'b'^iin "1B1V
(Cant 2,9) mit n^^n II.T^mj;^^ den Jungen der Hirschkuh;" dan^Ji

ino (Ps 82,

selbst (S. 50a):


(S. 59a)

i)

l^b

erklrt R.

^lp wird erklrt mit ^Di:

Huna bar

wird von R.

klrt als l^tanpp Feinbrot."


erklrt:

"im

'DI

Dip

^Ip^

Jose

."IHSn Dn"?

P. 7 (S. 63a) wird

p nUD

IJ/n

vor der Ehre meines Schpfers usw."


R. Jochanan

'DI

nlHD

^ItJ'^'?

mt

]>Mtyj;

P. 6

beeile dich."

(Nchemiah

nUD miV

5,

18) er-

(Ps 57, 9)

meine Ehre werde rege


P. 10 (S. 86^) wird von

D^H Vn lU^D dahin erklrt

]^'?^ND

etwa ein Gitterwerk; darauf fate ihn Serach, Tochter


Assers, scharf ins Auge und sagte: ich war dort dabei, sie waren
wie etwa Fenster."
P. 1 1 (S. 99a) erklrt R. Jehuda bar Simon
'dt

^^^pi^p wie

(Jud

18, 27)

ny^

ntyy

"itl'

mit "^iob^ nt das sind die Gtzenbilder"

Diese Erklrung gehrt zu den in den verschiedenen Aggadawerken sich


wiederholenden Zitaten (vgl. die Parallelstellen bei BUBER a. a. O.), Derartige
^

behebte Wiederholungen sind ebenfalls

ebenso zu

':i

'nh bip

'Dl

]Ti'EniD noiN "O^D

zu ddi3

ij?'" (S. i''),

wo

'T

nopn l^'sbxi

(S. 103*), zu na nD\T

(S.84'');

nj>

ny ny

(S. 134'') u. a.
*

'31

Stck, das von

Das ganze groe

nns ]inr

'^

(S. si*^) in

der Piska

"'22'?

wninn

"nn
'B

non

(S. 48^)

beginnt und bis zu

reicht, gehrt gar nicht

in diese

Es unterbricht die
Reihe der Pethichoth in strender Weise und dehnt die Piska zu einer Lnge
Fr unsere Anfhrung oben
aus, die ebenso ungewhnlich wie unmotiviert ist.
Piska und hat sich aus

ist

nS"i nn-'B^n

Tl hier eingeschlichen.

dies freilich belanglos.


45

FESTSCHRIFT COHEN

706

P. 12
und p^n nsi mit n1D ni das sind die Gtzenpriester."
(S. 103a) erklrt R. Samuel bar Nachman namens des R. Jonathan

DDID niO (Ps 11,6) mit

^mOH

nn'?tJ' )1Tt3"IN'?Bn3

wie ein Doppel-

becher nach dem Bade," eine Erklrung, die wie ein beliebtes Zitat
Ebenso P. 18 (S. 134b)
in den Aggadaschriften hufig wiederkehrt.
zu nn niDM ny nv nv (Ps 1 37, 6) erklrt R. Abba bar Kahana "n^i

niD

hingegen R. Lewi:

schleifet, schleifet!"

]US rodet aus,

jl^D

rodet aus!", welcher Satz noch zweimal in der Pesikta selbst wrtlich wiederholt wird. P. 3 (S. 26a); P. 20 (S. 141=^). Aus diesen Bei-

namentlich aus den prophetischen Piskoth und den


Tischripiskoth noch beraus vermehren lieen, geht hervor, da man,
um ein nicht ganz verstndliches hebrisches Wort oder einen Gespielen, die sich

danken zu

erklren, auf das

Aramische

als die

Umgangssprache

wobei merkwrdigerweise sehr viele und sogar unerwartete


Grzismen unterlaufen. Man kann dies als Beweis ansehen, da solche
Erklrungen auf palstinensischem Boden entstanden sind, und da

zurckgriff,

Worten in der Aggada zunchst einen griechischen Ursprung annehmen darf


Eindringlichkeit
3. Dem Zweck der Veranschaulichung und der

man

bei unerklrlichen

dienen aramische Sprichwrter und Redensarten, welche im Volksmund umherliefen. Die Sprichwrter sind nicht besonders zahlreich.
So wird, um klar zu machen, da der Sturz Roms durch eine groe"

Macht

im Verhltnis

zum Ochsen

steht der Metzger."

Armen

(S.

beschenkt, so sagt ein Sprichwort: sie gibt sich preis fr

pfel und verschenkt


]"'ty^nb

P.

ausplndert und in der Grostadt dann

ein Prokurator die Provinz

die

mn tDsh
56"^).
Wenn

erfolgen werde, das Sprichwort angewendet SnntD

^yb^) P. II

sie

an die Kranken."

(S. 96a).

y'\'\Vn:i

l "PH

dem Mose,

Gott empfiehlt

Engel, welche ihm die Thora streitig machen,

n"^"*:

in die

Enge

als die

getrieben

vor seiner Entgegnung verstummen, die Lehre sofort niederzuschreiben,


mit den Worten: whrend du die Sandale noch am Fue hast, tritt
die

Dornen

nieder."

n;n^3

U'nD

l'rinn

'?T2DT

nj?

(das.

S. 99b).

Joseph beruhigt seine Brder, indem er spricht: ihr seid der Kopf,
ich bin der
nta Dli

riefen

no

Rumpf; wenn der Kopf dahin


NtJ'n "pn )^.

zu Gott mit

geht,

P. 16 (S. 126a).

Macht"

(Jona

3, 8);

was taugt der Rumpf?"


Die Leute von Ninive

das

letzte

Wort

erklrt

R. Simon ben Chalafta: der Zudringliche (wrtlich Freche) hat selbst


geschweige erst bei
bei dem Hartherzigen (wrtlich Bsen) Erfolg,
dem, der die Gte der Welt ist" b^ in^ts'? p ^31 IT^n'? HUi D^sn

ub)V P. 25 (S. i6ia).

Hebrisch finden sich

allenfalls vier Sprich-

BLOCH, SPUREN ALTER VOLKSBCHER IN DER AGGADA

mon

/O/

mon

HD n^ip nvn 10 S'rno ein Sprichwort sagt: hast du Erkenntnis erworben, was fehlt dir? fehlt dir Er^i J/iDi n^W V
kenntnis, was hast du erworben?" P. 4 (S. 33a).
bV^ ty^ilD non "It^n einem Narren passiert nichts und das Fleisch
n n^D HM
eines Toten fhlt nicht das Messer" P. 25 (S. 165b).

Wrter: n^ip HO

nvi

(S. 123^)^

nilion das Fllen hat den Leuchter umgestrzt" P. 15


]n^nio ^n: hy ]^mtity ],Tnmj;

itrj;:i

wo

]^n^^D n:!^:]

manches Fllen
Decke fr seine

und man hat aus seinem Fell eine


Mutter gemacht." P. 27 (S. 173^); doch zeigen auch diese teilweise
ein Mischidiom aus Hebrisch und Aramisch.
4. Zahlreicher sind die Sentenzen und Redensarten, welche ausdrcklich als aus dem Volksmund herrhrend bezeichnet werden, oder

ist

gestorben

als

solche leicht erkennbar sind.

n^oyta

nnnn dort

i^^b^b

i^bl

davon (von Gerste) Kuchen

schmecken."
das. (S. 83^)3

(in

fr

P. 10 (S. 81^)^

sagte R. Johanan:

man

P. 8 (S. 71b)

n^iO ^12]} T" P^


Babylon) sagt man: macht man

mag

den Hund, so

bySJ^ 1113 ]inv

ntD

"Tf'ii

er nicht

davon

es

sagt einem tchtigen Arbeiter: bravo!"

^iVDD ^inao "inn -IOXT tyyD wie ein

Mensch

sagt:

P- 13
mein Enkelshnchen hat meine Miene, mein Aussehen."
(S. 112^) N^D p^nty ]bz '^b r^v no ^on nnan'? noT m'i^D wie ein
sein GeMensch zu seinem Nchsten sagt: siehe was mir jener

bein

mge

zerstieben!

-inn n^DiDT "pnipn

angetan

hat".

poiD piy yr^^ apyn

P. 14 (S. 117^)

nmaf

m:DD?2

^TV

^^ es

">"

sagte

Armut steht der Tochter Jakobs so schn, wie ein roter


das. n^'2 m^n tOIDW 13
Halfter dem Nacken eines weien Zelters"
naty a,bp^p i^bp'p nnn IDI n^ wenn ein Schlo sinkt, heit es immer
noch Schlo, und wenn ein Misthaufen steigt, heit er immer noch

R. Akiba:

Zuerst angewandt auf einen kuflichen Richter, bei dem die Bestechung
mit einem Eselfllen die Bestechung mit einem silbernen Leuchter ausgestochen
^

hat; dann wohl als Sprichwort fr jeden feilen Richter in


vgl.

Wajikra rabb.

c.

Gebrauch gekommen,

21 (Pes. S. 137^).

n\s bedeutet wohl es strke dich (der Herr)"! fr 1".


3 Der schwer zu erklrende Spruch wird aus dem Zusammenhang klar.
Durch das '3 am Ende der Worte '21 ^321N"in nnsw findet R. Marinas angedeutet,
da die Enkel in Gesicht und Haltung den Ahnen hnliche Zge aufgewiesen
*

Diminutiv von ns Sohn", kann aber doch auch heien: der


meinem Sohne Angehrige"; -annD ist Diminutiv von n3D Miene"; ':V3D lt sich
aus vorhandenen Schriften nicht belegen, hngt entschieden mit n3D sehen" zusammen, bedeutet also Aussehen." Der Volksmimd hat eben die Worte, wie
haben.

es

':ni

seme Art

ist

ist,

reimartig zusammengefgt

und

sie

dem

Grovater

gelegt.

45*

in

den

Mund

FESTSCHRIFT COHEN

708

nm

N^nn ^^TQ n HD willst


P. 20 (S. 142^)
du etwa den Strick an beide Enden anknpfen?"*
Nns bs i^hi yi in Don D^noi mnnn nyi n ]'ty on nb)v^\i; :min
""101^ ]D ]"'rn von
einem dummen Menschen pflegen die Leute zu
sagen, er ist so klugj weil er noch niemals in seinem Leben WeizenMisthaufen."

P. 19 (S. 139^) T^i^'\

brot gegessen."

Fliegende Worte oder markante Ausdrucksweisen sind


beispielsweise

Rom

glichen wird;

DH

P. 2

(S. 11^).

wenn

Habsucht mit einer Dornhecke" vernvno \ni NDH p H^"? It^SD nXT lst du sie
seiner

in

auf der einen Seite

es,

los,

hakt

Ebenso

sie

P. 5

sich wieder auf der anderen an."

(S. 43'')

spricht Gott

zu

Abraham:

nn ^no IV wie lange willst du


da sitzen und dein Herz beschweren! Banne die Bedenklichkeit aus
deinem Herzen,"
P, 6 (S. 58^) wird auf die Bemerkung der Rabbanan, da das eschatologische Vieh der Behemoth" sich von den
Tieren der Berge nhre, die Verwunderung geuert: n"" p "1ty)"^1
'Vy^ ^ON '^y2 ist dies denn mglich? gibt es einen Wiederkuers
']2b

o"? pDS "in^n noni ntrv

der andere Wiederkuer verzehrt?"

P. 8

(S.

68 1>) wird zu Koheleth

^'"^
11,9 bemerkt: V"*"! ^'^"1
^V^'^'^ HiniH ^D13 soll der Zgellosigkeit damit das Wort geredet werden, als ob es kein Recht und
keinen Richter gbe;"
P. 9 (S. 79b) lt R. Lewi zu Exodus i, 22

(vielleicht

richtiger zu

in^ p^ino J

pnn

i,

den Pharao sprechen:


mnn so lange sie noch

17)

^DIID

Stuhl der Mutter sind, will ich

volkstmliche

eine

sie

erdrosseln."

Redensart zugrunde, wenn

P.

^^p'^pl

IV

]1i''m

zart unter

dem

Sicherlich liegt

10

(S.

82^)

zu

Exodus 18, II Dn^^y nr ntr "imn ^D4 r. Eleasar bemerkt: Sn^D0S3


]in^ n n^ pta^'^T mit dem Ma, mit dem sie gemessen, ist ihnen
gemessen worden" (?), und R. Josua ben Lewi:
\\rh V"1Dn auf

der Wage, auf der

gewogen"
pheten

an

Genu
3
+

]inV13T nv"13^

gewogen haben, wurde ihnen

P.

16 (S. 125b) fhrt aus, da die Israeliten den Pro-

Amos

in

hmischer Deutung seines Namens D1TDD Stamm-

Ein

Strick,

an

dem einen Ende


^

sie

riD

dem man

sich heraufziehen oder herablassen

ist,

darf nur

befestigt sein.

nn3, aram. gebruchlicher


erlaubt

will,

also ein

i"'J>3

ein Tier,

das im Gegensatz zu n^n

zum

Wiederkuer.

Wrtlich wird etwa der strafende Riemen gelst, auseinander genommen ?"
b mu unmittelbar wohl auf diese Worte
In der Pethichah nnni nmn
:

mn

der dort fehlende Vers n^by nt Itr "lani "'S folgen, denn dieser wird durch Ma"
und Gewicht" erklrt, xn^ ist nicht recht zu verstehen, es knnte hier wohl
nur Mastab" heien, wenn es nicht mit

Knj>"i3

synonym oder gar

identisch

ist.

BLOCH, SPUREN ALTER VOLKSBCHER IN DER AGGADA

Ps 19 (S. I38t>) der Vorwurf Gottes an Israel H


pntyM ihr habt euch miliebig gemacht" und P. 25 (S. 162b)

1er" hhnten.
^]1D^S

Knig Manasse's

Ausruf

verzweifelter

^D

^?"'2i<

]''Tlt!'

alle

sind einander gleich" sind offenbar volkslufige Schlagworte.


Beispiel

charakteristisches

(S.

Numina

Ein

den Wechsel des Hebrischen und

fr

Pethichah der Piska 3


Als ein volkstmliches Wort wird bezeichnet
'S (S. 22b ff.).
23b). p^il I^Dm ^V^3 y\2'b ]no n^na ]inn es wrden die

Aramischen
"1131

7O9

bietet die erste, sehr interessante

Leute sagen: Fluch der Brust, die einen solchen gesugt;" dem
Volksmund gehrt wohl auch der Ruf an: b2 l^iDHO .T^ n es
Schon
ist fr ihn besser, da er in Frieden von hinnen scheidet."
in diesem Stcke sieht man, da die Belegphrasen, um irgend welche

uerungen aus der Heiligen Schrift zu belegen, aramisch gehalten


sind: ri^riDT NIH nn (meist abgekrzt: Tnn) ist gleich lNU' m
np ]nn p aus diesem Schriftvers" (elliptisch); Tl^'^m ri^^
mn^H;
23b)
S"lp ]nn p nb Manche leiten es von jenem Schriftvers ab." (S.
berhaupt werden die Termini, mit welchen die Ableitung aus einem

Schriftvers oder der Hinweis

auf einen solchen eingefhrt oder be-

grndet wird oder die Aussprche auf Autoren oder berlieferung


zurckgefhrt werden,

zum grten

misch gegeben,

er oder

Fall" (S.
7^),

7=*),

?pn

""in

KOytS '01 welche

(S. 157b)

sagte",

n'b

manche kehren

10 inm

ein

nnilDTl

ara-

gleicher

gibt es dafr?" (S. 6b,

Begrndung

es entspricht dem,

"''D

(S. 15b,

man

yn:i ^ (S. 26^), it ^sna s^nsi

lT

Aggada

Teil in der lteren

(S.

25

was N. N.

b)

oder gar

sagt",

j^^n!

y^hm^

n^1

pn

Namen

um", (S. 46^), 10 nn D^KniDK


zvveieriei Erklrer, der eine sagt ... der andere sagt"

180* usw.),

die

I^iaiy

"ion

acht Gesichtspunkte" (S. 84b).

^3

in 10 R. Reuben sagte zweiedei, R. Abin Eines"


noin n
^)b
Dti'n im ,Toii ntyn in ^nin 10
(S. 128% 61=).
R. Berechjah sagte zweierlei, eines in seinem eigenen Namen und
eines im Namen Lewis" (S. 128b).
5. Wir ersehen daraus, da das aramische Idiom sofort hervortritt, wo man Fhlung mit der Volksseele nimmt, oder wo im Verkehr
^nin 10 ]m1

zwischen Lehrer und Schler der gewohnte Mutterlaut


liche Sprachmittel sich geltend

macht.

Wenn demnach

grere Erzhlungen und Ausfhrungen

gegeben werden, so

^ ]i:'SK

pn"'i

ist

ist

klar,

da

als

das natr-

kleinere oder

im aramischen Wortlaut

hier ein

Zusammenhang

mit der

gleich ^II'BX lin"Bp ihr wret hartnackig" d. h. ihr habt

euch miliebig gemacht.

Vgl.

Buber

a. a.

O.

Anm.

15.

FESTSCHRIFT COHEN

7IO

Stimme oder Stimmung des Volkes


Stoffe in allgemein verstndlicher
nisse des Volksgeistes selbst in

Form

vorbrachte oder die Erzeug-

ihrem ursprnglichen Wortlaut ver-

Daher werden solche Erzhlungsstcke hufig

wendete.

herangezogen,

nissen

indem man populre

besteht,

sie sind

in Gleich-

gesamte Aggada
dem gleichen Wortlaut mit geringen
zahlreich ber

die

und kehren meist in


Abweichungen in den verschiedenen Aggadawerken immer wieder.
verstreut

Alle

Stcke

diese

zeigen

entweder

das

rein

aramische Volks-

doch nur schwach hebraisiert.


Zum grten
Teil sind sie entweder humoristisch oder mrchenhaft gehalten.'
Die Erzhlung von Jakob aus Kefar Neborai, welcher nachweisen will, da auch Fische rituell geschlachtet werden mssen
und dafr Stockschlge erhalten soll (S. SS^fif), kann sicherlich, zu
welcher Sekte auch besagter Jakob gehrt haben mag, seiner ganzen
Fassung nach nur scherzhaft gemeint sein. Wenn (S. ^y^) erzhlt
wird, wie dem R. Jehudah ben Ilai oder dem R. Abbuhu das Gesicht
vor Freude gestrahlt hat und ein Heide die Ursache hiervon nach
oder

idiom

sind

Weise erklren will, so enthlt diese Erklrung einen starken


das Heidentum
oder vielmehr
gegen die
gegen
Sarkasmus

seiner

Ein

Unbildung.

zarter,

schne

Geschichtchen

trennen

will

und

von

liebenswrdiger

Humor

dem Ehepaar

infolge der feinsinnigen

zu

umspielt

Sidon,

das

das
sich

Anordnung des R. Simeon

Einen pikanten
ben Jochai sich wieder vereinigt (S. 147^)Anflug durch seine fromme Naivitt gewinnt der Humor, wenn
die Erklrung einer Bibelstelle in einem Monolog oder Dialog ausSo
gefhrt ist, oder gar Gott selbst redend dabei eingefhrt -wird.
spricht Gott zur Erklrung von Jeremiah 10, 19: Ich bin es, dessen
Aufzucht so schlecht geraten ist". (S. 120^ ff.). Zu Threni 3, 39
spricht Gott: Adam, Jakob, Joseph habe ich Wohltaten erwiesen

und

sie

Threni
sie

haben gemurrt, auch Zijon


i,

gemacht, worauf

da

sie

nicht anders".

(S.

131^).

Zu

21 wird geschildert, wie Gott den Israeliten vorwirft, da

durch

sich

ist

ihre

Handlungsweise

Israel antwortet:

Das

bei
sei

allen

Vlkern

unbeliebt

Gottes Schuld; dadurch,

seinen Geboten nachleben, entfremden sie sich allen Vlkern".

Zur Begrndung des Omeropfers heit es: Gott spricht:


ich bin dein Koch, solltest du mir nicht von deinem Gericht zu
kosten geben, damit ich wei, was es noch bentigt, ob Tau oder
Wind oder Regen!" (S, 70*). Ein leiser Hauch von wehmtigem
(S.

iS'^ff)

'

Sie

werden

fast

nur fr Gleichnisse verwendet.

BLOCH, SPUREN ALTER VOLKSBCHER IN DER AGGADA

Humor

zittert

selbst

durch die

tief

tragischen Dialoge zwischen Jere-

miah und Nebuseraddan (S. 113 *) und zwischen Nebuseraddan und


den Priestern (S. 122"). Ein grobkrniger Volkshumor erscheint in
Geschichtchen, wie ein Sklave schlechte Fische vom
Markt bringt und dafr dreifach bestraft wird, was zu dem geflgelten
Wort Anla gegeben: Faule Fische und Schlge dazu" (S. 81^).'

dem bekannten

Ebenso in der Erzhlung von dem Zechpreller, den der Wirt fr


einen Toten ausgibt und so lange fr dessen Bestattung freiwillige
Beitrge sammelt, bis er die Zeche zusammengebracht hat; halbtot
entlt er ihn mit den Worten: Kannst dich jetzt wirklich begraben
164b).*

lassen" (S.

Sagen, Mrchen,
berhaupt alles, was sich das Volk erzhlt
Legenden zur Verherrlichung bedeutender Menschen, Kuriositten,
trgt grtenteils ein aramisches Sprachgewand. Das Geschichtchen
von der Begegnung Simons des Gerechten mit Alexander dem
6.

Groen

(S.

41="),

die Verzweiflung

der gyptischen Erstgeborenen,

welche die Waffen gegen Pharao ergreifen, damit er die Israeliten


ziehen lasse (S. 65^), die humoristische Verhandlung zwischen Mor-

Haman, dessen Vater angeblich ein Dorffriseur gewesen


sein soll (S. 72^ ff.) die ergreifende Legende von dem wallenden
Blut der erschlagenen Propheten, das nicht zur Ruhe kommt (S. 122*)
und dergleichen sind sicherlich aus der Stimmung und Phantasie der
jdischen Volksseele hervorgegangen. Dagegen weist auf fremden
dechaj und

Ursprung hin die Erzhlung von der Ehre, die ein Hausherr seinem
Hunde dadurch erweist, da er ihn bei der Tafel neben den hochangesehenen R. Abbuhu setzt, weil der Hund seine Frau vor Vergewaltigung gerettet hat (S. 69^) und wie ein anderer Hund, um die
Hirten vor dem Genu vergifteter Milch zu bewahren, sich selbst an

und wie eine Hausschlange, um die


Familie zu retten, den vergifteten Knoblauch selbst verspeiste (S. 80^).
Volksmrchen sind es wohl, wenn von den bei der Einweihung der
dieser Milch vergiftete

Stiftshtte

(das.)

geschenkten Rindern behauptet wird,

sie

htten

zu

bis

wren nie krank gewesen usw.


(S. 10), oder wenn Serach, die Tochter Assers, den Moseh informiert, wo die Leiche des Joseph verwahrt worden, oder wenn sie

Salomo gelebt oder gar noch

'

Nur

in

lnger,

der Mechilta, welche sich der hebrischen Sprache berall be-

wird auch dieses Histrchen hebrisch bersetzt (Mechilta, nhvz

fleit,

Vgl. Monatsschrift

f.

G. 1886, Studien zur

Aggadah

S. 179.

Anm.

'B c.

i.

zu

FESTSCHRIFr COHEN

im Schilfmeer

berichtet, wie es

dem Durchgang

bei

der Israeliten

Zu der Verheiung, da Jerusalems


Mauern und Zinnen auf Saphiren gegrndet und von Rubinen erglnzen
werden und da um Jerusalem herum die Edelsteine berall umher
ausgesehen habe.

86^,

(S.

^).

um

liegen sollen (Jesajah 54, 11, 12), werden,

zuweisen,

von

beigebracht

Schififermrchen

allerlei

ihre Mglichkeit nach-

abgelegenen

Hhlen und Ortschaften, wo man derartige Edelsteine von unglaublicher Gre und reicher Flle erblickt habe (S. I36ff.).
7. Von groen, zusammenhngenden Stcken finden sich in der
Pesikta nur zwei, aus beliebten Sagenstofifen entnommen; aus der
Alexandersage (S. 74*) und aus der Simeon ben Jochai-Legende
(S. 88*ff.)'Wir geben die letztere hier in der bersetzung wieder,
damit man aus dem Behagen, mit dem von der krperlichen Kraft,
dem Schwank mit den Eseltreibern, dem polizeilichen Sprsinn erzhlt
wird, ersehen kann da es die Volksphantasie ist, welche mit wunder,

lichem, bizarrem Sagengespinst

den ebenso bedeutenden, wie exal-

umwoben

Mischnahlehrer und seine Nachkommenschaft

tierten

hat.

R. Chiskijah (sagte) namens Jeremiah: so hatte R. Simeon ben


Jochai gesagt: Tal, Tal! flle dich mit Golddenaren" und es fllte

damit*
R. Chiskijah (sagte) namens Jeremiah: Elijahu, zum
Guten gedacht, und R. Josua ben Lewi saen und studierten. 3

sich

kamen

Sie

zu

des R. Simeon

ben Jochai
der
ihn

vorber.

fragen."

Wer

ist

halachischen

ben Jochai

halachischen

ihm*:

Es

einer

Sie

mitgeteilt

sagten:

berlieferung,

erhoben

Sie

denn dieser
R. Josua ben Lewi,
ist

wurde.

kommt

Da

wir

wollen

und fragten

sich

namens
Da ging R. Simeon

berlieferung,

ist

Urheber
erheben
und
Er sagte zu
der

ja

uns
ihn.

in deiner Gesellschaft?"

er

die

der Grte seiner

Er antwortete:
Zeit."
Darauf

sagte jener: Ist der Regenbogen whrend seiner Lebenszeit

Wolken gesehen worden?" Er antwortete:

Ja!"

in

den

Darauf sagte jener:

Man

knnte hierzu auch die Mrchen von den Hhlen und Orten rechnen,
an denen sich Schtze von Edelsteinen finden (S. 136^ fif.).
Merkwrdigerweise
fehlt in der Pesikta die stereotype Erzhlung von den kleinen und sonderbaren
Wesen, von welchen Gott seine Auftrge vollziehen lt; ihr ltester Text findet
'

sich Bereschith rabb.


*

Dieses Stck

zu den Psalmen
5

Text

c.

c. 10.

ist

hier verkrzt.

Ausfhrhch gegeben

ist

es

im Midrasch

92.

Bereschith rabb.

c.

35 wird dies Begegnis ausfhrlicher berichtet

Abweichungen.
Nmlich zum Propheten Eliah; der Text

zeigt
4

ist

eben abgekrzt.

und der

BLOCH, SPUREN ALTER VOLKSBCHER

Wenn

DER AGGADA

IN

713

der Regenbogen whrend seiner Lebenstage gesehen worden,

R. Chiskijah
mich begren zu drfen \"
(sagte) namens des R. Jeremiah: so hatte R. Simeon ben Jochai
gesagt: Es hat Gott unserem Stammvater Abraham zugeschworen,
da es der Welt niemals an dreiig Gerechten, die ihm gleichen,
Dm^i^l (Gen. i8).
mangeln werde." Wie ist das zu begrnden? n'^TV

lo, n = 5,
10, H
Der Zahlenwert von n\T,
5, also (zuR. Chiskijah (sagte) namens des R. Jeremiah: so
sammen) 30.
hatte R. Simeon ben Jochai gesagt: Ich habe die gesehen, welche
so

nicht wrdig,

er

ist

">

der knftigen Welt teilhaftig werden, es sind ihrer gar wenige; sind's
dreiig, so bin ich und mein Sohn darunter; sind's zehn, so bin ich

und mein Sohn;


R. Chiskijah (sagte) namens des R. Jereist's einer, so bin ich es."
miah: so hatte R. Simeon ben Jochai gesagt: Abraham soll die von
ihm bis zu mir frei beten, und ich will dann die von mir bis zur
und mein Sohn darunter;

sind's zwei, so sind's ich

Ankunft des Knigs Messias frei beten ;^ wo aber nicht, mge sich
mit mir Achijah aus Siloh vereinigen und wir werden dann die
ganze Welt

beten."

frei

Eine Erzhlung. 3

R. Simeon ben Jochai und sein Sohn Eleasar

Hhle von Beka zu. Sie


nhrten sich von Johannisbrot, so da ihr Krper sich ganz mit
Ausschlag berzog. Am Ende des dreizehnten Jahres kam R. Simeon

brachten dreizehn Jahre verborgen

in einer

ben Jochai heraus und

an das Tor der Hhle.

er,

setzte

sich

wie ein Mensch Netze ausbreitete,

ersten Mal,

als er

sie

unsichtbare Stimme

zum

als er sie

bare Stimme
sagte
^

(=

dimissus),

wie

eine

und der Vogel entkam;

zweiten Male ausbreitete, hrte er, wie eine unsicht-

rief:

und der Vogel wurde gefangen. Da


Vogel wird nicht ohne den Willen Gottes

specula",'^

Selbst

er:

dimus

sah

Beim

zu fangen.

hrte er (R. Simeon),

ausbreitete,

rief:

um Vgel

Da

ein

Wrtlich: die Miene meines Angesichtes zu sehen."


Dieser Passus ist verkrzt und will nach Sukkah45'^ besagen, da R. Simeon

ben Jochai dem einstigen Weltgericht eine gnstige Wendung fr die Menschheit geben will oder jegliche Katastrophe von der Erde abwehren knne, d. h.
aip"' bedeutet wohl hier .Frbitte einlegen;" da mp wenn auch
"pnn ] mtas'?.
nicht direkt, so doch indirekt beten" bedeutet, geht aus Jerusch. Berachoth4,
hervor: mpi XU "? bbsnm n 'h oneiN ^^n nn'nn 'is'? nr.yn.

,,

n"?l

Das Wort
Griech.

u.

4 inb

Buber

pflegt

als

berschrift wie

nB'VD

eine

Volkserzhlung

erkannt worden;

von Joseph Perles zuerst


lat. Lehnworte II.
p'D ist zu einem Wort zusammenzuziehen und
als Spfia

ist

dort,

Anm.

161 nachweist.

einzuleiten.

vgl.

Krauss,

nbip''BD zu lesen,

wie

FESTSCHRIFT COHEN

714

gefangen, was wollen wir hier

sitzen."

Als er hrte, da die Dinge

Wir wollen hinabgehen und uns in


jener Quelle von TiBERIAS ausheilen.* Darauf sagte er: Wir mssen
uns dankbar erweisen, wie unsere Voreltern es getan, welche Mrkte
veranstalteten und billig verkauften"; also veranstaltete er einen Markt
und verkaufte billig. 3 Er sagte: Wir mssen TiBERlAS fr rein
erklren". Er nahm Feigbohnen, zerschnitt sie und warf sie auf die
Strae, berall dort, wo ein Toter war, wurde er emporgehoben
und man entfernte ihn. Da sah ihn ein Kuther, der sagte: Ich
will mich ber diesen Oberen der Juden lustig machen." Was tat er
nun? Er nahm einen Toten und verscharrte ihn auf einer Strae,
die jener fr rein erklrt hatte. Alsdann ging er zu jenem und fragte
ihn: ,,Hast du die genannte Strae fr rein erklrt?" Er antwortete:
Ja!" Darauf sagte er: Wenn aber nach dir noch ein Toter zum
Vorschein kommt!" Jener antwortete: Wohlan, zeige ihn mir." Da
schaute R. Simeon ben Jochai mit heiligem Geist und erkannte, da
er (der Kuther) ihn dorthin gelegt hatte und sagte: Was oben ist,
soll hinunter, und was unten ist, soll herauf"
Und so geschah es.
Als er fortging, kam er bei der Synagoge von Magdala vorbei
und hrte die Stimme des Nikai,* des Schulmeisters von Mag.s
dala, der sagte: Also hat Bar Jochai Tiberias fr rein erklrt!"
Er antwortete: Bist du nicht selbst in diesem Kollegium gewesen!"
Er hob seine Augen, heftete seinen Blick auf ihn und sofort sank
jener zu einem Huflein Knochen zusammen.
R. Simeon ben
Jochai zog im Erlajahre dahin und sah, wie ein Mensch den Nachsich beruhigt' htten, sagte er:

p-nt

* ''Dnai

ist in

pnts' zusammenzuziehen,

gibt guten Sinn

von

BUBER

dort,

Anm.

163.

^DK heilen.

Die Veranstaltung eines Jahrmarkts seitens des R. Simeon b. J. ist wohl


auf das Miverstndnis eines Abschreibers oder Interpolators zurckzufhren.
R. Simeon will sich fr die Heilung, die er in Tiberias gefunden, dankbar
erweisen, wie der Stammvater Jakob gegen Sichem; da diese Stadt letzteren
gastfreundlich aufgenommen, soll er nach Bereschith rabbah c. 79 daselbst einen
Jahrmarkt veranstaltet haben und billig verkauft haben. Die Dankbarkeit aber,
die R. Simeon der Stadt Tiberias erzeigte, bestand darin, da er ein Stadtviertel,
das bis dahin fr levitisch unrein galt, auf Grund seiner berlieferung fr rein
erklrte, was damals fr eine groe Khnheit angesehen wurde.
4 Vgl. Bacher, Magazin fr die Wissensch. d.
J. 1890, S. 69 ff. Der Name
nicht,
des Elementarlehrers wird wohl "'pi,
wie es hier heit, ^pl', gelautet haben.
Vielleicht ist hier so zu emendieren: blil ^pS'On XIBD "'Kpin n'b'p yotri.
5 Hier fehlt irgend eine begrndende uerung,
da solche Reinheits3

erklrung unstatthaft

sei.

BLOCH, SPUREN ALTER VOLKSBCHER IN DER AGGADA

715

wuchs des siebenten Jahres einsammelte. Er sagte zu ihm: Mein


Sohn! Das ist doch der Nachwuchs des siebenten Jahrs!" Jener antwortete: Bist du es nicht selbst, der solches erlaubt!" Er entgegnete:
Haben mir meine Kollegen nicht widersprochen?" und rief ber ihn:

Wer

einen

(Koh.

10,8),

Zaun durchbricht, den wird


So geschah ihm auch.

R. Eleasar bar Simeon.

Eseltreiber

eine

Schlange beien."

kamen nach

einer Stadt, sie

wollten Getreide verkaufen und sahen ihn, wie er vor einem BackSeine Mutter brachte Brot herbei und er a, sie brachte
ofen sa.

wieder herbei und er a wieder, bis er die ganze Schicht Brot aufgegessen hatte. Da sagten sie: Wehe, eine bse Schlange steckt

seinem Leibe." Jener hatte ihre Worte gehrt, was


Er nahm ihre Esel und trug sie auf das Dach hinauf.

in

tat

er

nun?

Sie gingen

und sagten es seinem Vater; dieser sagte zu ihnen: Vielleicht habt


Sie erwiderten: Wir
ihr ein bses Wort gegen ihn geuert."
haben ihn vor dem Backofen sitzen gesehen, seine Mutter brachte
herbei und er a, sie brachte wieder herbei und er a, bis er die
ganze Schicht Brot aufgegessen hatte. Da sagten wir: Wehe! eine
bse Schlange birgt er in seinem Leibe!" Er (R. S. b. J.) sagte ihnen:

Hat

er

etwa von

dem

gegessen, was euer

ist?

hat nicht der, der

auch seine Nahrung ihm geschaffen? trotzdem


sagt es ihm in meinem Namen, und er wird euch (die Esel) herunterSie gingen hin und sagten es ihm. Die letzte Wunderholen."
leistung war noch schwerer, als die erste; als er sie nmlich herauftrug, trug er einen nach dem andern, als er sie herunterbrachte,
ihn geschaffen

brachte er

sie

hat,

zu je zweien herunter.

R. Eleasar bar Simeon

meon ben

kam

zu seinem Schwiegervater R. Si-

Er

schlachtete fr ihn einen Ochsen,

Jose ben Lekunja.

bck fr ihn eine Schicht Brote und ffnete fr ihn eine Kufe Wein.
Er schenkte ihm ein und er trank [er schenkte wieder ein und er
trank].
(R. Simeon ben Jose) sagte: Solltest du nicht von deinem
Vater gehrt haben, welches Ma fr einen Becher zu beobachten
sei?" Jener antwortete:

Wie

es gegenwrtig

ist,

ein Becher,

in

der

aber die Weisen haben dabei nicht


gedacht an deinen Becher, der klein ist, und nicht an deinen Wein,
der gut ist, und nicht an meinen Magen, der weit ist.

Klte

zwei,

in

der Hitze drei;

R. Eleasar bar Simeon wurde


lie

die

Leute

hinrichten,

welche

als

Oberhscher angestellt und

den

Tod

verschuldet

hatten.

R. Josua ben Karcha schalt ihn aus: Essig, Sohn des Weines." Er
sagte zu ihm: Warum scheltest du mich: Essig, Sohn des Weines?

7l6

FESTSCHRIFT COHEN

sind es nicht ,Dornen,


ich

dem Weinberg

aus

Todes

reif

zum Abschneiden'

ausschneide?

Sind

(Jes.

es nicht

33, 12), welche

Menschen, des

schuldig, welche ich hinrichten lasse?" Jener antwortete: Statt

da du nach Laodicea' entlaufen und gegangen bist, httest du


bis an das Ende der Welt fliehen sollen; mag doch der Eigentmer
des Gartens selbst kommen und seine Dornen ausschneiden!"
R. Eleasar bar Simeon fragte seinen Schwiegervater R. Simeon
ben Jose ben Lekunja und sagte zu ihm: Was bedeutet, wenn geschrieben steht: Dein Gewand zerfiel nicht von dir" (Deut. 8, 4);
haben etv/a Webefabriken' die Israeliten in der Wste begleitet?
Jener antwortete: Wolken
sie

von

nicht

Darauf sagte

er:

sie

eingehHet,

Dein Gewand

so

zerfiel

da
nicht

sind sie (die Israeliten) nicht gewachsen?" Jener antwortete:

dir,

Wie

zerfielen."

der Ehre haben

wenn sie wchst, wchst ihr Gehuse mit.


Bedurften sie nicht des Waschens? Die Wolken der Ehre haben sie
gebleicht. Wundere Dich nicht darber, wie der Amiant (Asbest),
den man nur im Feuer reinigt.
War nicht ihr Geruch unangenehm
wegen der Schweiabsonderung? Sie wurden von den Grsern des
die Purpurschnecke,

Brunnens 3 befeuchtet, denn es heit:


wnder, wie der Geruch des Libanon."
[R.

Simeon

bar] R. Eleasar

'*

Und

der Geruch Deiner Ge-

(Cant. 4, 11.)

bar Simeon wurde

zum

Postmeisters

^ Laodicea lag im rmischen Gebiet.


Der Text ist in allen Varianten der
verschiedenen Stellen schwer zu erklren.
Nach der hier gegebenen bersetzung, welche sich dem in der Pesikta vorliegenden Text anschliet mit einer
nur ganz leichten nderung, die kaum als eine nderung anzusehen ist, scheint

es sich folgenderweise zu verhalten: R. Eleasar, der wahrscheinlich von einer

lokalen Behrde zu

Laodicea,

wurde er

dem

mifihebigen

Amt gezwungen

wurde, flchtete nach


Judengemeinde sich befand. Dort aber
angegeben, von der rmischen Behrde sistiert und nach Galila auf

wo vermutUch

eine grere

Requisition der dortigen Polizei zurckgeschafft.

D^mp 'b wrtlich: Webegertschaften."


Damit wird auf den Mirjamsbrunnen hingewiesen, der die Israeliten auf
der Wstenwanderung begleitet haben soll.
4 Das kann doch nicht R. Eleasar bar Simeon gewesen sein, denn er war
ja ein Hscher und ist es auch erst im spteren Alter geworden, nicht in der
Jugend. Es ist hier vermutlich ein Name ausgefallen, und zwar der Name des
Sohnes des Eleasar, Simon, auf den die Erzhlung oder vielmehr die Sage nach
Baba meziah 85^ in gewissem Sinne zutreffen knnte; es mte daher gelesen
werden ,,R. Simon bar Eleasar bar Simeon." Mglich ist aber immerhin, da
dies aus einem andern Sagenkreis um Eleasar bar Simon entlehnt ist, zumal da
2

,,

das weiter hierauf Folgende nur auf R. Eleasar sich beziehen kann.
5 Hier kann unter Dlta3"ii3N (= yyapevT'/is?) nur die Postfrone verstanden
werden.

BLOCH, SPUREN ALTER VOLKSBCHER IN DER AGGADA

/I/

und tat seinen Dienst. Eines Tages kam Eliah, zu Gutem


gedacht, zu ihm in der Gestalt eines Greises und sagte: Stelle mir
ein Tier!" Er fragte: Was hast du bei dir, um aufzuladen?" Jener
antwortete: Eines meine Tasche, eines meinen Mantel und Reitzeug".
Er sagte zu ihm: Kommt, sehet euch diesen Alten an, den ich
selbst tragen und bis ans Ende der Welt transportieren kann, und
er sagt mir: Stelle mir ein Tier!" Darauf fragte jener: Willst du
auf dir selbst mich reiten lassen?" Er sagte: Jawohl." (R. Simon)
lie ihn aufsteigen, trug ihn die Berge hinauf und die Tler hinab
und setzte mit ihm ber Dornen- und Distelfelder. Schlielich suchte
jener mit seiner Krperschwere auf ihn zu drcken.
Da sagte
(R. Simon): Alter, Alter! mach dich leicht, sonst werde ich dich
abwerfen." Jener fragte: Willst du denn ein wenig verschnaufen?"
Er antwortete: Ja!" Was tat er? Er brachte ihn auf ein Feld und
setzte ihn unter einem Baum ab.
Er (der Greis) gab ihm zu essen
und zu trinken. Nachdem er gegessen und getrunken hatte, sagte
jener zu ihm: All dies mut du fahren lassen, es ist dir nicht gut!
Ergreife das Gewerbe deiner Vter!" Er sagte: Bist du imstande,
es mich zu lehren?" Jener antwortete: Ja!" Manche erzhlen, da
Eliah, zum Guten gedacht, 13 Jahre zugebracht, um ihn zu unterrichten, bis er den Sifra hersagen konnte. Und als er den Sifra hersagen konnte, habe er, so erzhlt man, sogar seinen Mantel nicht
eingesetzt

mehr tragen knnen.


Rabban Gamaliel hatte einen Hausgenossen,
der 40 Saah zum Bcker tragen konnte. Er sagte zu ihm: Du
besitzest eine solche Kraft und setzest dich nicht hin, um dich mit
dem Sifra zu beschftigen!" Als er den Sifra hersagen konnte, war
Manche
er nicht mehr imstande, auch nur eine Saah zu tragen.
erzhlen, selbst sein Linnenkleid mute ihm ein Anderer ausziehen
helfen, er selbst war es nicht imstande.
R. Eleasar bar Simeon war krank. ^ Sein Arm wurde dabei
entblt.
Da sah er, wie seine Frau lachte und weinte. Er sagte
zu ihr: Bei deinem Leben! Ich wei,

Du

geweint hast.

wegen des

Teils,

hast gelacht, weil

der

mir

in dieser

warum du
du dir gesagt hast: Wohl mir
Welt geworden ist! Wohl mir,

warum du

gelacht und

da ich mit solchem frommen Krper vereinigt bin! Du hast geweint,


weil du dir sagst: Wehe mir, da ein solcher frommer Krper den

Wrmern

verfllt."

sollte,

'

sagte er zu ihr: Wahrlich,

der Text von Koheleth rabb. XI zu

Hierzu

Vgl. daselbst

ist

Als er sterben

Buber, Anm.

241.

11, 2

zu vergleichen,

FESTSCHRIFT COHEN

7l8
das
auf

Gewrm wird, Gott behte! keine Gewalt ber mich ben, bis
einen Wurm, der hinter meinem Ohre bohren wird. Denn eines

Tages ging

ich zur

war mir

ausstie; ich

und habe

Mensch Lsterungen^
einig, ob ich ihn in Strafe nehmen soll
Als er (Eleasar) gestorben war, wurde
Da erschien R. Simeon ben Jochai den

Synagoge und
nicht

es nicht getan."

er in Gischala beigesetzt.

hrte, wie ein

Leuten von Merun und sagte zu ihnen: Ein rechtes Auge hatte ich
und ihr legt es nicht zu mir." Darauf gingen die Leute von Merun
hin und wollten ihn holen; aber die Leute von Gischala

Stcken und Spieen heraus gegen

zum groen Fasten 3 sagten

sie:

Eines Tages

sie.

Jetzt

ist

kamen zwei

am

mit

Rsttage

die gnstige Gelegenheit,

ihn zu holen, solange jene beschftigt, bevor sie

aus der Stadt gingen,

kamen

feurige

frei

sind."

Wie

sie

Schlangen und gingen

Das ist die Stunde, da wir ihn erlangen


werden." Als sie am Eingang der Hhle angelangt waren, machten
sich die zwei feurigen Schlangen zur Seite. Sie fragten? Wer geht
hinein und bringt ihn heraus?" Da sagte seine Frau: Ich gehe
hinein und bringe ihn, denn ich habe ein Zeichen, ihn daran zu
erkennen".
Sie ging nun hinein, um ihn zu bringen, und fand den
Wurm, der hinter seinem Ohre bohrte. Sie wollte ihn tten, da
hrte sie, wie eine unsichtbare Stimme sagte: La den Herrn der
Schuldforderung seine Schuldforderung einziehen!" So brachten sie
ihn und legten ihn neben seinen Vater. Wie man erzhlt, ist von
da ab R. Simeon ben Jochai den Leuten von Marun nicht mehr
vor ihnen her.

Sie sagten:

erschienen.

So
finsterte

oft

R. Eleasar bar Simeon den Sitzungssaal*

sich

Mut es dir
du aber bist

das Gesicht Rabbis. 5


gefallen lassen, er

ist

Da
ein

sagte sein

betrat,

ver-

Vater zu ihm:

Lwe, der Sohn eines Lwen,

Lwe, der Sohn eines Fuchses." Als er gestorben


war, schickte Rabbi und hielt um die Hand seiner Frau an.
Sie
aber lie ihm sagen: Darf ein Gef, das heiligem Zweck diente,
profaniert werden?" Er sagte: Was hat er denn getan, dessengleichen
^

ein

Baba meziah

84*'

wird diese Sage ein wenig anders erzhlt.

Dort ist
Lsterungen ausstoend" bedeute Lsterungen gegen

auch zu ersehen, da r)"inD


die Rabbinen ausstoend.
,,

Vgl.

3 d. h.

Buber, Anm. 244


ferner fr das Folgende: Anm. 249 und
am Vortrag zum Vershnungsfest.

Wrtlich: das Versammlungshaus,


verhandelt wurde.
s

Rabbi"

speziell hie R.

wo ber

Jehuda hanassi.

250.

religionsgesetzliche Materien

BLOCH, SPUREN ALTER VOLKSBCHER IN DER AGGADA

auch getan?" Sie antwortete: Wenn er sa und sich mit

ich nicht

der Lehre beschftigte,

tat er es grndlich,

bis er einschlief.

sagte er: Alle Schmerzen Israels sollen ber mich

kamen.

/IQ

Wenn

Dann

kommen, und

sie

seine Stunde kam, sich mit der Lehre zu beschftigen,

sagte er: Ein jeglicher von diesen Schmerzen

seinen Winkel

in

soll

Er lie ihr antworten: Auch


ich werde so tun." Er rief die Schmerzen und sie kamen, er betete,
da sie fortgehen sollten, sie gingen aber nicht fort. Manche erzhlen
Er
aber, da er (Rabbi) 13 Jahre an Zahnschmerzen gelitten habe.
schickte und lie es ihr sagen, sie lie ihm antworten: Ich habe
zurckkehren und

gingen dahin."

sie

da man das Heilige hher stellt, aber nicht herabsetzt."


Pesikta derab Kahana H^t^^ 'D Seite 87 ^
8. Derartiges wird im reinsten Aramisch, im Volksidiom, mitHtte der Verfasser der Pesikta diese Erzhlungen unmittelgeteilt.
bar dem Volksmund abgelauscht und sie schriftlich fixiert, so htte
er sie doch sicherlich in das bliche, ihm gelufige Hebrisch umgehrt,

Aber der Verfasser der

geschrieben.

Pesikta

ist

gar kein Schrift-

im eigentlichen Sinn, sondern er war nur ein Kompilator und


wollte auch nichts anderes sein. Er hat Urschriften vor sich gehabt,
die wir heute gar nicht kennen, aus denen er grere oder kleinere
Stcke exzerpiert und zusammengestellt hat. Er hlt sich stets treu
und gewissenhaft an seine Vorlage, nur da er ab und an, um den
steller

Schlu einer Pethichah nach seinem Schema herzurichten, eine leise,


unwesentliche nderung vorgenommen, vielleicht auch sonstwo ein-

mal Exzerpte fr seinen Zweck ganz unbedeutend abgeschliffen hat.


Da er den Textlaut, den er vor sich gehabt, mit mglichst strenger
Treue wiedergibt, geht daraus hervor, weil man sonst die hufigen
Digressionen und Abschweifungen gar nicht erklren knnte, die beibehalten werden, trotzdem sie sich gar nicht in den Aufbau der
einzelnen Pethichoth oder in die Behandlung eines vorliegenden
Themas logisch einfgen. Auch der Name eines und desselben
demselben aggadischen Sammelwerk verschiedene
Varianten, was sich am einfachsten dadurch erklrt, da der Sammler
verschiedene Quellschriften benutzt hat, welche die Namen dialektisch

Autors zeigt

in

verschieden aufgezeichnet haben,


keiten
fhren,

seiner Quelle sich

wird

po^D 13 min^

20*
(S.

'1

(S.

als

''tD

17% 55 ^ 71^

12 pl^

in

(S.

mi.T

u.

(S.

als ]'\'D

61

65',

bezeichnet:

in

u. a.), als
'').

anzu-

ein Beispiel

bar Simon

a.),

36^ 57%

solchen Geringfgig-

Um

streng anschliet.

der Aggadist R. Jehuda

u. a.), als \)'

52^),

und auch

Die

mv n

pVOlT in

(S.

als

4%

mv n

Sammler

der

FESTSCHRIFT COHEN

720

Aggadawerke geben
getreu wieder;

haben

bot,
rein

wo

sie

soweit sie kopieren, ihr Original mglichst

also,

das Original ihnen den aramischen Wortlaut dar-

ihn so

bernommen, wie

sie ihn

aramische Wortlaut konnte sich jedoch nur

vorgefunden.
in

solchen Bchern

geltend machen, welche fr das Volk bestimmt waren,

Volksbchern, deren

letzte

Reste

in

Der

populren

in

der aggadischen Literatur, wie

Da es
Menge eifrig

erratische Blcke, sich uns erhalten haben.

derartige Volks-

bcher gegeben hat und sie von der


wird vom Midrasch selbst bezeugt, wenn er

gelesen wurden,

in

sie

die gyptische

gypten
Rollen gehabt, mit deren Lektre sie sich jeglichen Sabbath unterhielten, wobei sie sich sagten, da Gott sie erlsen werde." (Tanchuma
"11, zu dem Vers "Ipti' nmn 1j;ty^ bi^) Tanchuma Buber niDSy in ISI
Vorzeit

S. 28

verlegt

Anm.

35).

und

Die Israeliten htten

berichtet:

in

Ein merkwrdiges Zeugnis fr solch volkstmliche

den Papyrusfunden unter den Trmmern


einer Hausruine zum Vorschein gekommen, der Achikarroman,Mer
c. 500 ante Chr. von den Juden gelesen und noch im zweiten nachchristlichen Jahrhundert bei den Juden so bekannt war, da der
Literatur

ist

neuerdings

in

Verfasser des Buches, Tobith, seiner Erzhlung offenbar dadurch ein


I

Helden mit Achikar in Verbindung bringt. Es mag ein bloer Zufall sein, da der Achikarroman als das einzige literarische Erzeugnis unter den Papyrusfunden
an das Tageslicht getreten ist, aber es beweist doch immerhin, da
schon damals unter Juden, die sonst wenig schriftgelehrt erscheinen,
ein groes Interesse fr derartige Bcher bestanden hat.
Und das
Achikarbuch ist in dem gleichen aramischen Idiom abgefat, in
welchem die Aggada in Gegensatz zu dem sonst blichen Hebrisch
ihre Histrchen teils wehmtiger, teils humoristischer Natur uns
Relief verleihen

will,

da

er

seinen

Das sogenannte Targum

bermittelt.

Erzhlungen

vom Untergang

volkstmlichen

Geistes,

scheni

Judas (Gittin

stellen

populre

55*^)

sind

Volksbcher

Alexandersage in ihrer stereotypen Manier


einem Volksbuch entnommen.

Auch

zum Estherbuch,

ist

die

Erzeugnisse
dar.

Die

doch unzweifelhaft

Erklrungen zur
Heiligen Schrift mssen kursiert haben, wie aus Chulin 60^ hervorgeht;

man

zahlreiche

fragmentarische,

systemlose

pflegte sich daraus fr schwierige

Ausdrcke verschiedener

Art, die dort erklrt wurden, Rates zu erholen (Sabb. 80^).

Wenn man
'

Vgl.

mit der Vermutung nicht fehl geht, da die ange-

Eduard Meyer,

der Papyrusfund von Elephantine

S. 102

ff.

BLOCH, SPUREN ALTER VOLKSBCHER IR DER AGGADA

72 1

sehenen Lehrhuser einen Bibliothekraum besaen, so wurden sicherlich in solchen Bibliotheken auch derartige Volksbcher aufgenommen,
aus denen die Sammler der Aggada dann geschpft haben. Die
Bibliothekare waren vielleicht jene
nichts weiter wei,
sie

als

was

''i'i^D

'"IT

D''i<in,

ber welche

eine unklare berlieferung

'

angibt,

man
da

nmlich von alten, verklungenen, meist inkorrekten Mischnajoth

und Berajthoth Kenntnis besaen.


Wir haben demnach wohl das Recht,
Stcken mit rein aramischem Wortlaut Spuren

den aggadischen
alter Volksbcher zu

in

erblicken.

Vgl. Raschi

Baba meziah

34* gegen

Ende der

Seite, Chulin 15*.

46

*"

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