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HERMANN COHENS
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ABSOR
Presented
to the
LIBRARIES
ofthe
UNIVERSITY OF TORONTTO
by
DR. OSCAR SINGER
ND
DR. WILLIA2I SINGER
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JUDAICA
FESTSCHRIFT
zu
HERMANN COHENS
SIEBZIGSTEM GEBURTSTAGE
BERLIN
VERLAG VON BRUNO CASSIRER
1912
c^"
*^^VOF^^
DRUCK VON W. DRUGULIN
IN LEIPZIG
HERMANN COHEN,
DEM BEGEISTERTEN VERKNDER DER LEHREN
DER PROPHETEN, DEM WISSENSCHAFTLICHEN
VERFECHTER DER EWIGEN WAHRHEITEN DES
JUDENTUMS BERREICHEN WIR ZUM SIEBZIGSTEN GEBURTSTAGE DIESE SAMMLUNG
VON AUFSTZEN AUS DEM GEBIETE
DER WISSENSCHAFT DES JUDENTUMS ALS ZEICHEN DER
DANKBARKEIT UND
VEREHRUNG
IM AUFTRAGE DES KOMITEES
ELBOGEN
KELLERMANN
BERLIN,
4,
JULI 1912
MITTWOCH
Inhalt:
Seite
Max
....
Wiener, Zur Geschichte des Offenbarungsbegriffs
Israel Abrahams, The Tobit drama in the sixteenth Century
Hermami Vogelstein, Thora, Propheten, Weise
M. Steckelmac/ier, Die Psalmen in der Beleuchtung
25
31
einiger ihrer
und neueren christlichen Interpreten
Benzion Kellermann, Die philosophische Begrndung des Judentums
Felix Perles, Die Autonomie der Sittlichkeit im jdischen
lteren
Schrifttum
40
jr
jq^
J. Heitiemann, Philos Lehre
vom Eid
log
J^ ^a^/z^-r, Joseph Ibn Kaspi als Bibelerklrer
yacob Gnttmann, Die Beziehungen der maimonidischen Religionsphilosophie zu der des
Abraham
ibn
Daud
119
135
Bergmann, Die stoische Philosophie und die jdische Frmmigkeit
Lewkowits, Maimunis Theorie der Prophetie
145
167
L. Treitel, Die alexandrinische Lehre von den Mittelwesen oder
gttlichen Krften, insbesondere bei Philo, geprft auf die
Frage,
ob und welchen Einflu
auf das
sie
Mutterland
Palstina gehabt
^ji
Adolf Schwarz, Enthymematische Analogieschlsse in der Bibel
Ludwig Blau, Zur demotischen und griechischen Papyrusurkunde
Eugen
185
207
Der Wiederaufbau des jdischen Tempels in
Elephantine
ein Kompromi zwischen Juden und SamaMiitcoch,
ritanern
Horovitz,
ber
227
die Bekanntschaft Saadias mit der griechischen
Skepsis
.
Henry Malter, Mediaeval Hebrew Terms
for
Nature
Israel Friedlaender, Ein Gratulationsbrief an Maimonides
Hartwig Hirschfeld, Antikarische Polemik
philosophie
in
2\^
253
257
Sa'adiahs Religions261;
Vin
INHALT
Seite
A. Bchler,
IJber
7,wciten
und
Minim von Sepphoris und Tiberias im
die
dritten Jahrhundert
271
D. Shnonsefi, Kleinigkeiten
297
Zur Lehre vom Logos bei Philo
Immanuel Low, Aramische Lurchnamen
Siegvumd Salfeld, Vorboten der Judenemanzipation
303
Leopold
L.
Colin,
Munk, Die Judenordnungen
Uml'erto Cassuto,
6\
Un
in
333
in
Kurmainz
347
....
377
389
Hessen-Cassel
ignoto capitolo di storia ebraica
Maybaum, Erklrung
einiger biblischer Stellen
H. Flesch, Akzentstudien
M. Cliaviizcr, R. Achitubs aus Palermo hebrische bersetzung
der Logica Maimunis
Ludivig Geiger, Briefe von Wilhelm Wolfsohn an Berthold
Auerbach
Hochfeld, Einige
Bemerkungen zum
Begriff
und zur Methode
der praktischen Theologie
M.
481
Die leitenden Ideen der jdischen Predigt
Levin,
der
in
Gegenwart
Max
EschelbacJier ,
493
Recht und
Billigkeit in
der Jurisprudenz des
Talmud
501
Julius Guttmann,
Spinozas
Zusammenhang
mit
dem
Aristote-
lismus
J. Horowitz,
dem
515
Entwicklung des alexandrinischen Judentums unter
Einflsse Philos
A. Freiniann,
423
457
469
K. KoJder, Die Nchstenliebe im Judentum
.S".
405
411
MeschuUam
535
b.
Kalonymos' Polemik gegen
Karer
Kalischer, Die Wertschtzung der Arbeit
die
569
Talmud
579
609
N. A.
Ismar Elbogen, Die messianischc Idee in den alten jdischen
Gebeten
Alphons y. Sussnitzki, Die Entstehung des Christentums im
659
in
Bibel und
Auge um Auge, Zahn um Zahn
Nobel, Studien zum talmudischen Pfandrecht
J. Horovitz,
Lichte des historischen Materialismus
Philipp Bloch, Spuren alter Volksbcher in der
669
681
Aggada
703
Zur Geschichte des
Offenbarunofsbepfriffs.
Von Max WiENER-Stettin.
Die
Geschichte der wichtigsten Entwicklungsstufen, durch welche
die historischen, die positiven" Religionen hindurchgegangen
lt
sind,
Wenn
sich
deutlich
vom
Ofifenbarungsbegrifif aus
Auge fassen,
und in den
Werdegang ja ganz analog
wir die Religion des Judentums ins
beiden anderen verluft der historische
berschauen.
Leben vor allem zwei Entwicklungsder Regel als die biblische und die nach-
so treten in ihrem geschichtlichen
perioden heraus, die in
biblische charakterisiert werden.
Mit dieser religionshistorischen Ein-
teilung wird nicht blo uerlich der
getragen, welche die Bibel fr
ungeheuren Bedeutung Rechnung
das gesamte Kulturbewutsein des
Volkes der Schrift" gehabt hat.
In ihr dokumentiert sich nicht nur
unabsehbare Tragweite einer literargeschichtlichen Tatsache fr
das ganze dreitausend Jahre erfllende Leben der jdischen Gemeindie
Sondern mit jener Zerlegung werden zugleich auch zwei
innerlich fundamental verschiedene Religionsstufen bezeichnet.
Jede
von diesen empfngt aber ihr eigentmliches sie auszeichnendes Geprge durch die besondere Stellung, die eigenartige Beleuchtung, in
welcher dem einen wie dem anderen Zeitalter Wesen und Begriff
schaft.
einer gttlichen Offenbarung erscheinen.
Was
der
und wie sich seine Bedeutung gewandelt hat, das vermgen wir hier nicht auf eine scharfe
Formel zu bringen, wenn dieser ganzen Untersuchung nicht vorgegriffen werden soll, und darum sei er an dieser Stelle nur roh
umschrieben als der Begriff einer Erkenntnis, die ihren Ursprung
Offenbarungsbegrifif besagt
nicht den natrlichen"
sich allenthalben in den Hantierungen des
Lebens manifestierenden Krften des menschlichen Geistes dankt,
sondern die betrachtet wird
als ein
Wissen, das irgendwie
unmittelbar von Gott herstammender Eingebung entfliet.
dem
Quell
FESTSCHRIFT COHEN
dem
populren religisen
es,
irgendwelche inhalt-
des
Offenbarungsbegriffs
Diese vorlufige Erklrung, welche mit
Bewutsein wohl bereinkommt, vermeidet
Bestimmtheiten
liche
auszuzeichnen;
Moment
ab,
sie
Charakteristika
als
sieht
insbesondere von
da das aus
dem
dem
sehr naheliegenden
gttlichen Geiste abgeleitete
Wissen
seinem prophetischen Empfnger ber Dinge Aufschlu gewhre, die
dem Auge des nicht so beglckten Sterblichen ewig verschleiert
Wohl
blieben.
aber steckt
in
dem
naiven wie
in
dem durch
theo-
logische Reflexion bearbeiteten und sublimierten Offenbarungsbegriff
von Gott entquellende Erkenntnis das
Kriterium ihrer absoluten Evidenz in sich selber trage, da sie in
ihrem Offenbarungscharakter verbrgt und so vor jedem Zweifel
menschlicher Geister gefeit sei oder doch sein sollte. Was ja zu
dem endlosen Streit zwischen Glauben und Wissen gefhrt hat.
immer der Gedanke, da
die
Die Geschichte des Offenbarungsbegriffs soll hier innerhalb gewisser Strecken seiner Entwicklung in der jdischen Religion verfolgt
werden.
da nur in der scharfen Trennung
zwischen dem gottgeschenkten und dem aus dem Menschengeist
autochthon geborenen Wissen, nur in der entschiedenen Gegenber-,
ja Entgegenstellung der beiden Erkenntniswege jener theologische
Begriff in seiner Bedeutung und Tragweite erkannt werden konnte;
wie umgekehrt auch das Wesen des natrlichen" Lichtes dadurch
an Klarheit gewonnen hat, da es sich von dem Dunkel eines so
Es
ist
von vornherein
klar,
gnzlich disparaten Hintergrundes abzuheben vermochte.
Mit dieser
nicht etwa gesagt sein,
wie schon angedeutet
Scheidung soll
da die beiden Erkenntnismethoden die Tendenz haben, zu verDenn wir werden das
schiedenen Erkenntnisinhalten zu fhren.
grundstzliche Bestreben der jdischen Philosophie
berhren,
das
darauf
ausgeht,
unter
des Mittelalters
Festhaltung
des
Prinzips
Offenbarung aus transzendenter Quelle den Offenbarungsinhalt
Sondern es soll nur darauf hingewiesen werden,
zu rationalisieren.
da Religion, so weit sie Erkenntnis sein will, diese besonderer bereiner
danken zu sollen meint.
Diese Erwgungen fhren nun zu der Stellung des fr die
Geschichte unseres Begriffs grundlegenden Problems, wie innerhalb
der biblischen Religion, aus der diese Fragen ja erwachsen sind,
natrlicher Erleuchtung
der Ofienbarungsgedanke
schiedenheit,
die
lebendig wurde,
wie sich
hier
Spannung zwischen der gewhnlichen
die
Ver-
allgemein
menschlichen und der Idee einer unmittelbar durch Gott gewirkten
WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS
Erkenntnis fhlbar machte.
Und
sobald ein Bewutsein dieser Ver-
Frage zu der Aufgabe, die
Kriterien zu finden, welche fr den menschlichen Geist Wahrheit
und Echtheit gegebener Offenbarungen charakterisieren und verbrgen.
Fr beide Probleme bieten namentlich die prophetischen Schriften
schiedenheit besteht, vertieft sich die
Stoff genug.
Nun
anzunehmen, da jener Unterschied
im Bewutsein des alt-israelitischen Propheten oder der Menschen,
an welche er sich wandte, berhaupt als eine schwer ertrgliche
Spannung, als ein problematischer Dualismus der Erkenntnis wege
empfunden wurde. Aber man wird doch andererseits auch zugeben
es ja durchaus nicht
ist
mssen, da die Personen der biblischen Welt, wenn ihre propheti-
schen Erzieher ihnen von gttlichen Offenbarungen kndeten, sich
und unphilosophischen Denkart ihre beSicherlich haben sie
sonderen Gedanken gemacht haben werden.
die wundersamen Visionen und Auditionen der gotterfllten Seher
Aber ber das bloe Staunen
als etwas Seltsames empfunden.
werden sie schwerlich hinausgekommen sein, wie sie wohl ber
viele andere Dinge und Ereignisse sich wunderten, die ihr enger,
Zu
noch wenig gebter Geist sich nicht zu erklren vermochte.
dem ursprnglichen Glauben an eine Gottheit gehrt gewi auch
der Glaube an ihre Offenbarung, als frheste Lebensuerung der
darber trotz
Religion.
aller Naivitt
Doch wie
Macht
die Gottheit erst sehr allmhlich zu einer auer-
Offenbarung fr den einfachen Geist nicht als ein auer- oder bernatrliches Begebnis gelten,
sondern nur als ein hchst merkwrdiges Geschehen innerhalb einer
im allgemeinen sonst besser bekannten Natur. Sie gehrt fr das
weltlichen
wird, so
kann auch
ihre
primitive Bewutsein zu den mancherlei erstaunlichen Erscheinungen
zwischen Himmel und Erde, vor denen Menschenwitz verstummen
mu.
So wird man auch das Wunder" empfunden haben, das
Gegenstck der Offenbarung in der Welt der ueren Erscheinungen
es gilt als ein besonders merkwrdiges Vorkommnis, das sich von
anderen Begebnissen eben nur durch einen ausnahmsweise hohen
Grad von Seltsamkeit unterscheidet. Anhebende Reflexion begegnet
=
uns bereits
in
gewissen Stcken des Pentateuch.
Es
sei hier
nur
da ein besonderes Wort Kli die gttliche
Schpferttigkeit, wie sie sich namentlich in den Wundern darlegt,
bezeichnet.'
Aber das ist nicht mehr als ein Anfang. Offendarauf hingewiesen,
'
Nu
16,
30; Jes 41, 20.
FESTSCHRIFT COHEN
barung und Wunder bedeuten fr die Religion der Bibel
etwas anderes wie fr die Religiositt der Spteren. Die
und Unvergleichbarkeit der Offenam Mastabe der immanenten gemessen, das
barun^serkenntnis
absolut Geheimnisvolle und Rtselhafte der Wundererscheinung,
wenn sie auf das regelrechte Naturgeschehen bezogen wird, das
sind Probleme, die dem Bewutsein der entstehenden Religion noch
Und sie blieben ihm darum fremd, weil
nicht aufgegangen sind.
noch keine Wissenschaft jenen festen Untergrund geschaffen hatte,
von dem sie sich abheben mssen, um berhaupt als Probleme
vollkommene
Andersartigkeit
,
oder
gefhlt
migkeit.
erkannt
zu
werden: das
ist
der Begriff der Gesetz-
Darum kann
Aufgabe haben,
unsere Frage nur den Sinn der historischen
den Grad von Reflexion zu bestimmen-, der sich
schon bei der biblischen Religion regt, wo der Dualismus von gttlicher Offenbarung und menschlichem Wissen auftaucht. Es ist uns
hierbei nicht um Vollstndigkeit nach der religionsgeschichtlichen
und exegetischen Richtung hin zu tun, nur einige markante Stellen
sollen
allem
hervorgehoben
in
und verwertet werden.
Sie finden sich vor
der prophetischen Literatur.
Im Namen und im Auftrage
Gottes reden die Propheten zu den
Menschen. Sie verlangen fr ihre Verkndigungen vor allem darum
Gehr und Respekt, weil sie der gttlichen Offenbarung, der Quelle
Die allgemeine Tendenz,
aller Wahrheit und Weisheit, entflieen.
die bereinstimmende Absicht aller der Weisungen, die sie als Boten
und Sprecher Jhvhs an ihr Volk richten, ist sicher darauf beschrnkt,
auf die sittlichen Zustnde einzuwirken. Dieser Grundcharakter des
durch sie vermittelten gttlichen Offenbarungswillens leuchtet auch
dort klar hervor,
wo
sie nicht
schlechthin als B- oder Strafprediger
drohen, sondern als eigentliche Propheten, als erleuchtete
Zukunftverknder den Schleier des Geheimnisses von dunkeln ver-
mahnen und
borgenen Dingen aufheben wollen.
Sind es durchgehend ethische Motive und Tendenzen, welche
ihre Wirksamkeit bestimmen, so liegt es nahe, ihr sittliches BewutTorot
sein als das eigentliche und wahrhafte Fundament aller ihrer
auszuzeichnen.
Da
sie
geniale
Pfadfinder
auf
dem
Gebiete
der
echten Sittlichkeit gewesen, wird ja heute allgemein zugestanden.
Doch fr uns handelt es sich um ein anderes: wir mssen zwischen
berzeugung,
Die
Selbstbewutsein ihrer Religiositt, scharf unterscheiden.
schneidende Alternative etwa, welche die Grten von ihnen zwischen
dem
dem
objektiven
Sachverhalt
und
ihrer
subjektiven
WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS
Frmmigkeit des Kultus und einem Gottesdienst der Menschenstellten, erscheint einem modernen Betrachter leicht als ein
einer
liebe
das einfach aus naiv schpferischer Erfassung der ethischen
Wahrheit geboren ist. Gegen diese Deutung als den Ausdruck des
Urteil,
faktischen reinen Sachverhalts wird sich schwerlich etwas einwenden
Denn
lassen.
es
mu
auerhalb der wissenschaftlichen Diskussion
bleiben, soweit diese sich mit der Religionsgeschichte beschftigt,
ob
tatschlich Einflsse transzendenter Herkunft, wahrhafte Erleuchtungen der Gottheit, im Geiste jener Mnner solche berzeugung
ber dieses Problem kann nur Erkenntnistheorie
gewirkt haben.
entscheiden, aber nicht historische Kritik. Etwas ganz anderes aber
bedeutet die Frage, wie die Ofifenbarungstrger selber ber ihr Bewutsein und den Charakter ihrer Erkenntnis gedacht haben. Und
da
ist
von vornherein die Vorstellung abzuwehren,
irgendwie
und
als
erschien
liche
als
Was
Rationalisten gefhlt haben.
sie
als
ob
sie
Namen
im
sich
Gottes
Wort Gottes verkndet haben, ist das Gute. Aber es
ihnen nur darum als das Gute, weil es sich ihnen als gtt-
das
Offenbarung enthllte.
Es leuchtet ohne weiteres
da
ein,
Und zwar
geleitet,
berall da,
wo
lichen Angelegenheiten
Propheten sich
Sie fhlen sich
erkorenen Vertrauten Jhvhs wissen.
besonderen Willen
alle
als die
durch seinen
von dem Lichte seiner Weisheit
erhellt.
es ihnen auf eine Beeinflussung der ffent-
ankommt.
Wenn
ihre
Reden ausnahmslos
Spruch Jhvhs und
hnlichen, so haben wir es hier mit der Erscheinung der Audition
zu tun, in der sie die Gottheit unmittelbar und sinnlich zu sich reden
hren.
Natrlich ist damit nicht gesagt, da jede einzelne der uns
mit Formeln anheben
Also
wie:
spricht Jhvh,
berlieferten Prophetenreden, welcher jene
Wendung
sprnglich aus der erlebten Audition hervorgegangen
voraufgeht, urist.
So manches
wird auf die Rechnung der literarischen Fixierung und Redaktion zu
setzen sein.
Diese kann entweder aus der Hand des Propheten
stammen, der seine Offenbarungen fr sptere Geschlechter niederschrieb, oder von Spteren herrhren, die sicherlich nicht immer mit
ngstlicher aufs
Wort bedachter
Wir mssen annehmen, da
Gewissenhaftigkeit gearbeitet haben.
so die Gottesreden in
uns eine andere Gestalt darbieten,
gelautet haben.
spiele
'
sei
Aus der
Flle
als die
manchen Punkten
ursprnglichen Eingebungen
der hier zu Gebote stehenden Bei-
nur eines hervorgehoben, die schriftstellerische Formung,
Vgl. besonders
Am
3, 7;
Jes 30,
iflF.;
Jer
n,
17; 38, Mff-: 42,
2.
FESTSCHRIFT COHEN
in
welcher uns die Jhvhsprche bei Arnos
Da man
es hier bei der straffen
i,
Form und
2,
6 entgegentreten.
der knstlerischen
Stili-
sierung nicht mit den rohen Produkten prophetischer Ekstase zu tun
Aber gerade die stete
haben kann, das mu jedem Leser klar sein.
Wiederholung jener Formeln, die als fester Bestand in die literarische
Kunstform der prophetischen Reden eingeflochten erscheinen, beweist,
da das prophetische Wort immer und berall aus der Quelle der
gttlichen Offenbarung hervorgeflossen sein will. Bei den Epigonen
der groen Gottesmnner, bei Haggai und Maleachi, finden wir bis
zur Ermdung oft die erwhnten Hinweise auf die bernatrliche
Abstammung ihrer Weisungen an das Volk. Gerade sie scheinen
'
von des Gedankens Blsse angekrnkelt, weniger aus unmittelbaren Erlebnissen des bersinnlichen zu schpfen; und in der hufigen
aber,
Wiederholung der Einkleidung liegt offenbar die Akkommodation an
an die festgewurzelte Erwartung der Zuhrer, die das Wort Gottes
und nur dieses vernehmen wollen. Der Prophet Jeremia verwahrt
sich gegen das berhandnehmen der Ekstatiker, die immer wieder
einen Spruch Jhvhs (tJ'O) zu verknden haben. ^ Sie gelten ihm nicht
schlechthin als Betrger,
aber er leugnet
die Echtheit
ihres
Pro-
phetentums.3
Bedeutsamer noch als die hier berhrte Erscheinung der Auditionen, bei denen ja die Grenze zwischen tatschlichem Erlebnis und
literarischer Fixierung flieend bleibt, sind fr unsere
Visionen,
dem
in
denen sich
Errterung die
ein bersinnliches in anschaulicher Klarheit
prophetischen Geiste enthllt.
Und indem
die Visionen durch-
gngig mit Auditionen verbunden sind und im allgemeinen auf diese
abzielen, nehmen die letzteren an dem bersinnlichen Charakter teil,
der jene fr das Bewutsein des Schauenden unzweifelhaft auszeichnet.
Sie fehlen bei keinem Propheten, von dem wir nicht gar zu wenig
Die wichtigste Rolle kommt ihnen bei der Berufung zu, was
die oben ausgesprochene Ansicht besttigt, da der Erleuchtete sich
in ihnen des Verkehrs mit der Gottheit am deutlichsten bewut wird.
Aus der Darstellung der Offenbarung in dem brennenden Dornbusch^
geht hervor, da die auerordentliche Naturerscheinung, die Mose
ihn erst auf das Aueralso eine Vision
am Gottesberg schaut
wissen.
'
pheten
*
5
Vgl.
GlESEBRECHT, Die Berufsbegabung der
alttestamentlichen
S. 40.
Jer 23, 16 40; vgl. den Kommentar von
Vgl. darber weiter unten.
Ex
3,
2ff.
DUHM
z.
d. St. S.
185.
Pro-
WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS
ordentliche vorbereitet, das er
vornehmen
wie der flammende Dornstrauch
soll.
Denn
als
Mose
sieht,
nicht eingeschert zusammenfllt,
doch hintreten und diese gewaltige ErDarauf erst, als Mose so auf hchst Merk-
sich: Ich will
da sagt er zu
scheinung betrachten".
wrdiges gefat
ist,
redet Jhvh, beziehungsweise sein Engel, zu ihm.
Hier hat also die berlieferung die Vision, die ein Prophet bei seiner
Berufung erlebt, gerettet. Bei den Schriftpropheten, in deren Bcher
Empfindungen und Erfahrungen fr einen
spteren Betrachter noch klarer spiegeln, als dies bei den lteren
der Fall ist, tritt die Bedeutung der Inauguralvision, wenn mglich,
noch aufflliger hervor. Es sei hier nur der drei Groen" gedacht.
Es verdient der Hervorhebung, da die in Jesaja Cap. 6 geschilderte
sich
religisen
die
ja
Erscheinung die einzige eigentliche Vision ist, die wir diesen Seher
schildern hren.' Wie die beigefgte Zeitbestimmung im Todesjahre
mu
dem
und seiner
schriftlichen Fixierung ein gewisser Zeitraum liegen; was ja auch an
und fr sich aus der Natur der Sache folgt. Daraus kann aber
gewi nicht geschlossen werden, da es sich hier um nichts anderes
des Knigs Usia" beweist,
um
handele denn
gisen
zwischen
eine poetisch-mythologische Einkleidung der
Programm
das prophetische
Idee,
die
Sicher haftet
dem
Ereignis
des Jesaja
reli-
enthlt.
Gottesbegriff des Jesaja nichts von den anschaulich
phantastischen Bestimmungen an,
die jene
Erscheinung
zeigt.
Sie
berwundenen Stufe an. Aber man
mu offenbar annehmen, da im visionren Zustande, der sich ja
eben von der Tageshelle des klaren reflektierenden Bewutseins
gehren vielmehr einer
fr ihn
unterscheidet, mythologische Vorstellungen zu neuer Realitt erweckt
So mu es dabei sein Bewenden haben, da das Begebnis
in seinem Kern eine alte Vision ist, die in einem einzigen Bilde und
Etwas anders liegt die
in einem kurzgefaten Gedanken besteht.*
Frage bei Jeremia. Es steht nicht unbedingt fest, ob die Wahrnehmung, die er bei seiner Berufung schildert, eine Vision ist oder
ein reales Objekt hat. 3
Aber andere fr das Bewutsein des Propheten reale Momente sichern ihm die Empfindung, da er berwerden.
Jhvhs Hand des zuknftigen Sehers Mund
berhrt, so erfhrt er offenbar eine solche Einwirkung, die andere
Propheten hnlich beschrieben haben.* Jeremia fhlt sich an diesem
natrliches erlebt.
Wenn
Dillmann, Der Prophet Jesaja
Vgl.
'
DUHM, Kommentar
Hierber
Ez
I,
s.
z.
S. 53
d. St.
CORNILL, Das Buch Jeremia
3, 14 u. a. St.
f.
Kn
3,
15
i,
11 S. yf.
FESTSCHRIFT COHEN
Tage
ber die Vlker und ber die Reiche, auszureien
eingesetzt
und einzureien und zu vernichten und zu bauen und zu pflanzen".
Jhvhs Wort soll in seinem Munde zu Feuer werden, das Volk aber
zum Holz, das von diesem Feuer verzehrt werde (5, 14). Diese Ausdrcke sind mehr als bloe Sinnbilder fr die groe Aufgabe eines
geistigen Fhrers schlechthin, sondern ein Bekenntnis der Zuversicht,
da die der gttlichen Offenbarung entstammenden Weisungen, die
der Prophet verkndet, die Zukunft nicht blo ahnen, sondern
geradezu gestalten sollen. Ahnlich wie nach biblischer Anschauung
Segen und Fluch wunderbarerweise Wirkungen hervorzubringen bestimmt sind.
Bei Ezechiel ist es ja augenfllig, da das menschlich
selbstndige Bewutsein ganz zurcktritt; da sein Geist nichts
anderes sein
will
wie das Gef,
in
das die gttlichen Offehbarungen
darum um so eher verzichtet werden.
Die Offenbarung gilt als das freie Geschenk Gottes, in dem sich
seine Liebe und seine Frsorge fr sein Volk zeigt.
Bleibt sie aus,
Auf
flieen.
so
sie
Einzelheiten darf
das ein Beweis des gttlichen Zornes;* nur frevler Sinn weist
zurck. ^ Sie gehrt also zu der Art der Beziehungen, die zwischen
ist
Gott und den Menschen obwalten,
und wird als selbstverstndlich
hingenommen, wenn auch natrlich fromme Denkart sich dieser
Gunsterweise dankbar freut. 3 Doch darin liegt keine Reflexion erkenntnismigen Charakters. Immerhin treffen wir einen Vergleich
mit analogen Erscheinungen nicht-israelitischer Religion an. Im Segen
des Bileam (Nu 23, 23) heit es: Es gibt keine Beschwrung in
Jakob, keine Wahrsagerei in Israel; zu seiner Zeit (lies so mit GlESEBRECHT a. a. O. S. "J"] und Baentsch, Kom. z. d. St.!) wird ihm
gesagt, was Gott tut."
Hier wird also im Sinne der echten von
der heidnischen geschiedenen Prophetie der Gedanke einer magischen
Beeinflussung der Gottheit abgewiesen und statt dessen der Standpunkt geltend gemacht, da Jhvh selbst aus freien Stcken seine
Erwhlten erleuchte.
Dieser Standpunkt setzt den Begriff eines
sittlichen
Gottes voraus, welcher der einsichtige und besonnene
Leiter der Geschicke der Menschen ist; er kann darum nicht wie
ein naturhafter Dmon durch Zauberei, das heit durch Anrufung
eines anderen strkeren Dmons, berhrt werden.
Der Prophet wei sich aber nicht blo kraft der Eigentmlich-
Sam
Am
Am
7,
3,
I;
14, 37ff.
12; Jes 28, 9ff.
2, II.
WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS
von Gott in besonderer Weise erfllt und
berufen, auch der Inhalt der Offenbarungen schliet zumeist den
Gedanken aus, als ob sie ein Produkt bewuter Reflexion seien. Auf
die Flle der Voraussagungen im eigentlichen Sinne und zwar spezieller
Zukunftverkndigungen braucht nur kurz hingewiesen zu werden.
keit
Erlebnisses
seines
Wenn
kommende Heil, das messianische Reich, den Herrscher
aus dem Stamme Davids verheien, so fhlen sie sich nur als die
von Gott erleuchteten Vorhersager. Und dieses Urteil trifft erst recht
da zu, wo die Prophetie Einzelheiten und persnliche Schicksale zum
sie
das
Gegenstande hat. Weniger selbstverstndlich aber knnte es scheinen,
ob die Politik, welche Mnner wie Jesaja und Jeremia vertreten, zu
'
Knige von Juda bewegen wollen, lediglich religisen
Motiven entspringt und nicht vielmehr die Eingebung staatsmnnischen Weitblicks ist
Die allgemeine politische Situation zur Zeit
der
sie
die
des Jesaja aber
kleinen
die
die:
ist
palstinisch -syrischen Staaten
haben erkannt, da der Vormarsch der assyrischen Macht und ihre
eigene Vernichtung unausbleiblich
wenn
sei,
sie in ihrer Zersplitterung
beharren und nicht Anschlu bei einer Assyrien ebenbrtigen Gromacht finden. Das konnte nur gypten sein. Und sie handeln
gem dieser Ansicht, gegen welche aus politischen Grnden schwerlich Stichhaltiges einzuwenden war.
Tatschlich hat das Jesaja auch
niemals versucht.
Und doch hat er Zeit seines Lebens dagegen
gekmpft, da sich Juda an dieser Politik seiner Nachbarn beteiligte.
Ihn beherrscht eben ein religises Motiv, das gleiche, das in seinem
lteren Zeitgenossen Hosea wirkt: Israel darf sich nicht in die Hndel
der groen Staaten mischen, nicht mit irdischen Machtmitteln dem
Schicksal vorgreifen, das Jhvh unmittelbar durch persnliches
Eingreifen und unerhrte Wundertaten vollzieht und fr Israel
gnstig wenden wird. *
Wenn man daran denkt, da Jesaja dem
Knig Ahas geradezu das Eintreffen eines gttlichen Wunderzeichens
in
Aussicht
man
wird
stellt,
in
sehen wollen.
Aber mit
um
dem
Und
seinem Rate zugnglich zu machen, so
Propheten niemals einen gewiegten Staatsmann
von den anderen lt sich leicht dasselbe zeigen.
diesen
ihn
Feststellungen
zwar die klar zutage liegende
begriffs berhrt:
Gott
sondere Beziehung,
'
Jes 22, 15
'
Jes
5,
12;
Jer
7,
I3ff;
Seite
doch nur
die eine
seiner
Wahl
in
f.;
10,
und
eine be-
im unmittelbaren Bewutsein der
28, i2ff.
8,
des biblischen Offenbarungs-
mit Menschen
tritt
die nur
ff.;
ist
12; I9, 3; 28, 21; 29; 3I, 4
U. a.
ihrer
FESTSCHRIFT COHEN
10
gewrdigten Persnlichkeiten
erlebbar
In
ist.
dem Charakter
des
durchgngig die Anschauungswelt der Religion
der Bibel beherrscht, ist von vornherein der Gedanke mitgesetzt,
da sich Gott gewissen Menschen manifestiert und da dieses ErGottesbegrififs, wie er
eignis
etwas Aul^erordentliches, etwas Wunderbares"
Wunder"
Aber das
ist.
noch nicht im scharfen Gegensatz zum Begriff des
gesetzmigen Naturgeschehens, weil dieser noch unbekannt ist und
vorerst nur das unbestimmte Gefhl einer gewissen Regelmigkeit
der natrlichen Erscheinungen besteht.
Und doch macht sich schon innerhalb des biblischen Gedanken,,
kreises
steht
eine gewisse Reflexion bemerkbar.
Zwar
die Ttschlichkeit
von Offenbarungen berhaupt, ihre Mglichkeit gilt niemals als Problem.
Die verstandesmige berlegung aber erwacht, wenn das Bedrfnis
gefhlt wird, wahre von falschen zu unterscheiden; ihr Inhalt wird
also zum Problem, und zwar schon fr den alten Israeliten der Bibel.
Bedeutet die prophetische Erleuchtung nichts anderes
als
Erlebnis ihres Trgers, so wird der Subjektivitt und
Schlimmerem
Kriterium und
noch Tr und Tor geffnet, weil
ja jedes objektive
jede Kontrolle ausgeschlossen erscheint.
Wie
Das
ist
ein inneres
Irrtum oder Echt-
Wahrheit oder Lge zu erkennen?
sind Fragen, die zwar
nicht fr den Propheten existieren, der seines Berufes gewi ist;
wohl aber fr die, an welche er sich wendet. Solche Probleme
zeigen in aller Klarheit das Deuteronomium; wie der Offenbarungsheit,
trger selber mit ihnen
Buche Jeremia.
Da
sie
zu
ringen hat,
das
erfahren wir aus
dem
uns gerade hier begegnen, hat seine guten
Grnde.
Der Zustand,
in
dem
sich
uns die biblische Religion
darstellt,
Es ist ein weiter Weg, der
von den noch recht naturwchsigen Anschauungen gewisser Partien
ist
der einer
lebendigen Entwicklung.
und Samuelbcher, der volkstmlichen Religion, zur
Hhe der prophetischen Erkenntnis und zum Gesetz der Tora fhrt.
Dieses Bewutsein haben aber die Propheten nicht. Sie fhlen sich
nicht als Schpfer von Neuem, sondern als die Verknder der Religion
des Mose.
So sicher es ist, da sie die religisen Werte radikal
umgewandelt haben, so wenig empfinden sie sich als Revolutionre.
Doch ob die Menschen, denen ihre Worte gelten, ebenso denken,
das ist von vornherein nicht gewi.
Die Propheten grnden die
berragende Bedeutung, die sie fr die moralischen Pflichten im
Gegensatz zu den Werken des Kultus in Anspruch nehmen, darauf,
da Jhvh schon den Urvtern angesagt habe, was er wahrhaft
der Richter-
WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS
keine
wolle:
Opfer,
sondern
Rechttun.'
II
Jeremia behauptet,
am
Tage des Auszugs aus gypten sei nur vom Dienste des Herzens,
aber nicht von Tieropfem die Rede gewesen. Mute man ihm nicht
die Vorschrift der ungesuerten Brote entgegenhalten, die, sicherlich
doch auch zum gering zu schtzenden Kultus
In Wahrheit schaltet hier ihre sittliche Erkenntnis recht
eine uralte Satzung,
gehrt?
souvern mit berliefertem Gut.
Damit
die
ist
Frage nach
am
Sie klagen ja selbst
Eingebungen
knden. Es mu
die
ihres
ihrer gegenseitigen Beurteilung gestellt.
meisten ber die falschen Propheten, welche
eigenen Herzens
als gttliche
Weisheit ver-
auch objektive inhaltliche Kriterien der Echtheit der Offenbarung geben.
Das Problem wird
brennend, sobald die religise Entwicklung zu einem gewissen Abschlu gelangt ist, wenn das Fazit aus der Vergangenheit gezogen
wird.
Eine Religion, die aus dem Quell der Offenbarung hervorflieen will, darf es nicht gelten lassen, da dieser Quell einmal
irgendwann endgltig versiegt sein kann; aber soll ihr Inhalt sich
nicht ins Wesenlose verflchtigen, den schlimmsten Widersprchen
ausgesetzt sein,
also fr sie selbst
so
mu
sie
der schrankenlosen Subjektivitt zu be-
gegnen wissen, zu der ihr Prinzip leicht verfhren kann. Das heit:
sie vermag ohne objektive Grundstze nicht auszukommen.
Diese Einsicht hat sich im Deuteronomium in gewissen Bestimmungen ber Prophetie und Offenbarung kristallisiert. Das Deuteronomium ist ein religises Gesetzbuch, in welchem sich die Ergebnisse
der bisherigen
Aber
prophetischen
Offenbarung niedergeschlagen haben.
noch mitten im lebendigen Strom der schpferischen Arbeit an der Religion.
Es mu mit deren Fortsetzung
rechnen, zugleich aber Vorsorge treffen, da die Grundlagen seiner
eigenen Anschauungen in aller Zukunft gesichert bleiben; es mu
es steht selbst
also mit
dem
reinen
Subjektivismus brechen, welcher
der
auf das
unkontrollierbare innere Erlebnis gestellten Offenbarung anhaftet.
der Art, wie sich das Deuteronomium dieser Aufgabe entledigt,
die groe Schwierigkeit des
26: Wenn
unter dir ein
nicht kanntest,
'
Am
5,
Lat uns anderen Gttern
so hre nicht auf die
25; Jer
7,
22.
tritt
Problems zutage.
Wir erfahren Dt 13,
Prophet auftritt, oder einer, der (Offen-
barungs)trume hat und dir Zeichen und Wunder
Zeichen und Wunder, das er dir angekndigt, auch
er dabei aber sagte:
In
Worte
folgen,
und das
eintrifft: indem
die du (bisher)
gibt
dieses Propheten oder
FESTSCHRIFT COHEN
12
jener Prophet oder Trumer aber soll gettet werden,
Trumers
"
deinen Gott
weil er Auflehnung gepredigt hat gegen Jhvh
,
Diese Stelle hat zur stillschweigenden Voraussetzung, da das ganze
Gesetz, auf das Israel verpflichtet worden ist, durch einen Pro-
pheten, nmlich durch Mose, dem Volke
Dessen
Autoritt aber und damit zugleich die Verpflichtung zur Anerkennung
der durch ihn verkndeten Offenbarung grndet sich auf Zeichen
Wie aber, wenn nun
und Wunder", deren das Volk Zeuge war.'
in Zukunft irgendein Seher ebenfalls gewaltige Zeichen und Wunder
ausfhrt und, gesttzt auf solche Wunderbeweise, das Volk Jhvh
entfremden und einem Gtzen in die Arme treiben sollte! Bezeichnenderweise verlautet nichts darber, da dieser Wundertter etwa
ein Betrger sei.
Ja, die hinzugefgte Erklrung (V. 4bf), dalj Jhvh
durch ihn des Volkes Treue erproben will, scheint geradezu besagen
zu wollen, da er in gutem Glauben als ein Opfer falscher Eingebungen gehandelt hat. Vor echten Wundern und Wunderttern
bermittelt worden.
wird also hier zu Vorsicht gemahnt; an das kritische Urteil der eigenen
Vernunft und der feststehenden religisen Erkenntnis appelliert.
gegen die besondere Bewertung dieser
Stelle der Einwand erheben, da es sich hier ja um das hauptschliche
Fundament der israelitischen Religion handele, das gegen alle neuen
Offenbarungen, und seien sie noch so augenscheinlich durch Wunder
Nun
liee sich vielleicht
bedaubigt, sicher gestellt werden soll: die Einzigkeit Gottes steht
gerade fr das Deuteronomium im Zentrum der religisen wie der
sittlichen Gesetze; und der Prophet, der von dem einen Jhvh auf
Gtzen hinfhren will, mu freilich allen Wundern und Zeichen zum
Trotz
als falsch entlarvt
werden.
Dazu bedarf
es keiner tiefgrndigen
berlegung. Gegen die Betonung des religisen Fundamentes spricht
aber der Einleitungssatz des Kapitels, welcher dem besprochenen
Abschnitt unmittelbar vorangeht: Alles, was ich euch heute gebiete,
sollt ihr
beobachten, es auszufhren; du
sollst
ihm
nichts hinzufgen
und nichts davon weglassen." Es ist nicht einzusehen, warum dieser
Vers gegen die vorliegende Kapiteleinteilung zum vorangehenden
Abschnitt gezogen werden soll," whrend er doch stilistisch wie
Der Satz ist nmlich eine
inhaltlich trefilich zum folgenden pat.
Einfhrung fr den Inhalt dieses 13. Kapitels, das sich durchweg mit
der Mglichkeit einer Abrogierung oder durchgreifenden Umgestaltung
Dt
Vgl.
4,
34;
6,
22;
7,
19-
Kommentar von STEUERNAGEL
z.
d. St.
WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS
I3
der Grundlehren der deuteronomischen Religionsanschauungen befat.
Der Satz ist vielmehr ein Ausdruck der berzeugung des Gesetzgebers, da
die
Offenbarung ihrem Inhalte nach
geschlossen zu gelten hat.
als prinzipiell
Alle zuknftige Prophetie
mu
ab-
im
Rahmen des hier dargelegten Grundrisses halten. Das aus diesem
hier herausgegriffene Prinzip des Monotheismus aber darf nur im
Sinne eines Beispiels aufgefat werden, da es als die vorzglichste
der religisen Grundlagen am nchsten liegt.
Von den Kriterien der wahren Prophetie spricht aber noch eine
andere Stelle im Deuteronomium, die mit der eben interpretierten
sich nicht vereinen lt.
Kap. i8, i8ff.: Einen Propheten will ich
sich
ihnen erstehen lassen aus der Mitte ihrer Brder wie dich und
will
Mund legen, und er soll ihnen alles sagen,
Wer aber auf meine Worte nicht hrt, die
er in meinem Namen redet, von dem werde ich Rechenschaft fordern.
Jedoch der Prophet, der sich vermit, in meinem Namen etwas zu
reden, was ich ihm nicht befohlen, oder der im Namen anderer
meine Worte in seinen
was ich ihm befehle.
Gtter reden wird, der Prophet
soll sterben.
Wenn du
aber bei dir
denkst: woran sollen wir
denn erkennen das Wort, das Jhvh nicht
geredet hat; (so wisse:) was der Prophet im Namen Jhvhs redet,
ohne da es geschieht und eintrifft, das ist ein Wort, das Jhvh nicht
geredet hat.
In Vermessenheit hat es der Prophet geredet!
Habe
keinen Respekt vor ihm."
Hier wird als das Kennzeichen der
wahren Prophetie das Eintreffen des durch sie verkndigten Ereigangegeben.
Es knnte scheinen, als ob diese Stelle in dem
Propheten den eigentlichen Mantis, den Seher oder Vorhersager
nisses
whrend Kap. 13 den religisen und moralischen Fhrer im
Auge hat. Bei genauerem Zusehen aber erweist sich eine solche
erblickt,
als irrtmlich.
Was fr ein Ereignis ist es, dessen
Verwirklichung die Echtheit und gttliche Abstammung eines Prophetenwortes verbrgen soll?
Bezieht sich dieses berhaupt auf
irgendwelche zuknftige Erfllung? Nein. Denn ein fernliegendes
Unterscheidung
Ereignis, das jetzt angekndigt wird,
kann doch nicht
fr
den Augen-
wirksame Besttigung der Echtheit dienen. Es ist berhaupt nicht gestattet, anzunehmen, da der Inhalt der prophetischen
Rede an unserer Stelle in der Zukunftsverkndigung zu suchen ist.
Der Seher, den Jhvh hier zu erwecken verheit, soll vielmehr den
gttlichen Willen dem Volke offenbaren.
Es wre nicht verstndlich, wie vor einem Ungehorsam gegen ihn gewarnt werden knnte,
wenn er etwas anderes als das in die Tat umzusetzende gttliche
blick
als
FESTSCHRIFT COHEN
14
Gebot verknden
wollte.
Demnach
ist
anzunehmen,
dali
das Er-
das er weissagt, durch sein Eintreffen die Echtheit des eigentlichen Inhaltes seiner "Worte dartun soll, nmlich der durch ihn verWir haben es also mit einem niN zu
kndeten Weisungen Jhvhs.
eignis,
einem Besttigungszeichen, wie es zum Beispiel Jesaja dem
Knige Ahas anbietet, um ihn davon zu berzeugen, da der prophetische Rat gttlicher Weisheit entstammt. * Damit ist festgestellt,
da die Anschauung von Dt i8 mit der von Dt 13 im Widerspruch
tun,
da dort ja dem Zeichen" die Echtheit verbrgende Kraft
abgesprochen wird.
Man knnte versucht sein, dieser Schwierigkeit so zu begegnen, indem man den Ausdruck in Kap. 13 urgiert. Dort sei nur davon die
Rede, da der wunderttige Prophet das Fundament" der israeDagegen
litischen Religion untergraben wolle, den Monotheismus.
steht,
msse
sich
unwiderruflich
die
hier aber handle es sich
sondern
gltiger,
Haus aus gar
um
feststehende
Erkenntnis
irgendwelche Gebote von nicht allgemein
von
sich dem Grund-
vorbergehender Bedeutung,
nur
nicht geurteilt
auflehnen;
werden knne, ob
sie
ber
die
des bereits bekannten Willens Jhvhs einfgen oder nicht. Indes
scheitert dieser Lsungsversuch an unserer Interpretation des Zu-
ri
sammenhangs von Kap.
Man kommt
13.
der Wahrheit nher,
wenn man den Widerspruch
noch unsicher tastende Bestreben,
das subjektive Offenbarungserlebnis dadurch ungefhrlich zu machen,
da man es zwingt, sich vor objektiven oder doch wenigstens anDas geschieht
erkannten religisen Wahrheiten zu verantworten.
schon ganz deutUch und mit klarem Bewutsein in Dt 13. Hier
kommt der Standpunkt zu Worte, da die Rehgion, die der Niederschlag der lebendigen sich in den Propheten immer aufs neue vollziehenden Offenbarung ist, Grenzen und Wlle aufrichten mu, um
ihr Wesen behaupten zu knnen. Sie gibt einen Kanon, eine Richt-
ihm
anerkennt.
In
schnur fr
alle
des religisen
knftigen Offenbarungen.
Dogmas
Mit Dt 13
ist
der Begriff
gegrndet, sofern darunter ein Lehrsatz ver-
der von der organisierten religisen Gemeinde als gltige
Und es ist ja die Aufgabe des deuteroanerkannt wird.
standen
Norm
zeigt sich das
ist,
Auf
nomischen Gesetzes, die religise Gemeinde zu organisieren.
der anderen Seite lebt aber noch ungebrochen der Geist, der diese
Religion geschaffen hat: die Prophetie ist noch nicht erioschen.
'
Jes
8.
WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS
Diese Strmung
spruch.
in
Tendenzen
dieser
spalt
findet
Dt
i8
Aus dem Zwie-
ihren Ausdruck.
sich
erklrt
der
aufgezeigte
hier
I5
Wider-
'
Diese Situation
mu
sich
aber auch
in
der eigentlich prophe-
dem Deuteronomium gleichbei Jeremia, in dem Streit mit
sischen Literatur widerspiegeln, die mit
zeitig
Wir
ist.
den falschen
am klarsten
Propheten". Warum gelten
finden sie
sie als falsch?
Es
leuchtet
da die Kriterien, welche das Dt angibt, nur die grbsten Irrtmer und Lgen abzuwehren vermgen; sie bieten nur den negaein,
Mastab zur Ausschlieung offenkundiger Verkehrtheit. Aber
sie versagen, wo es heit, Kern und Wesen einer religisen Persnlichkeit auf Treue und Echtheit zu prfen. Die israelitische Religion
wirkte aber noch ber jene Zeit hinaus vornehmlich durch PersnZum mindesten war diese Art der Einwirkung weit
lichkeiten.
strker, als die, welche vom fertigen formulierten System, von der
tiven
Also
ausging.
heiligen Schrift",
kommt
es
darauf an,
die
letzten
Triebkrfte der Prophetie aufzudecken; nur so kann das eigentliche
Wesen, das innerste Motiv ihrer Lehre erkannt werden; weit klarer
und eindeutiger als auf dem Wege des Rckschlusses von dem
System.
religisen
Denn
dieses
ist
nicht
restlos
aus ihrem Geiste
geflossen, sondern durch mancherlei Rcksichten beeinflut.
kommen
Damit
wir nicht zu einer psychologistischen subjektierenden Betrach-
tungsweise
dieser Dinge;
es
tritt
im Gegenteil der
letzte objektive
Grund der wahren" Prophetie hervor.
Jeremia wendet sich Kap. 23, 940 gegen Propheten, die seiner
berzeugung nach Land und Volk durch ihre Weissagungen ins
Verderben strzen.
Er konstatiert (v. I3f) einen tief greifenden
Unterschied zwischen den Weissagern, die einstmals in Samaria auftraten, und denen in Juda.
Jene sind Baalsdiener, prophezeien im
Namen des Baal; den judischen vermag er das nicht vorzuwerfen;
sie
wollen
Jeremia an
(vgl.
Namen
Das erkennt auch
Jhvhs wirken.
besonders den Gegensatz der beiden Halbverse 27 a
durchaus im
und b). Aber er hlt ihnen vor, da
Herzens verknden, nicht Jhvhs Wort.
sie
(16)
die
Schau des eigenen
Wer
(von ihnen) hat
Es macht natrlich fr unser Problem sachlich nichts aus, wenn die beiden Kapitel den Hnden verschiedener Bearbeiter entstammen sollten. Die
hier vorgetragene Interpretation spricht dafr und wrde die fr diese Ansicht
beigebrachten formellen Momente wirksam untersttzen vgl. den Kommentar
von Steuernagel.
^
l6
FESTSCHRIFT COHEN
im Rate Jhvhs gestanden, sein Wort gesehen und gehrt? (i8) Nein,
Jhvh hat diese Propheten nicht gesendet, hat zu ihnen nicht geredet. (2i) Jeremia will von ihren Offenbarungstrumen nichts wissen;
von ihrer ganzen Art nichts hren. Denn was hat das Stroh mit
dem Weizen gemein? (28)
Aber ihr guter Glaube an ihre eigene Sendung, ihre subjektive
berzeugung wird nicht angezweifelt. Diese Seher berufen sich auf
Trume und Visionen, in denen ihnen Weisheit von Gott kundgetan
wird. Jeremia leugnet mit keinem Wort die Mglichkeit, da das
die Pforten zur Verbindung mit dem Jenseitigen, bernatrlichen
sind. W^ie sehr auch in seiner eigenen Wirksamkeit das Ekstatische,
das Mirakulse zurcktritt, so bekennt er sich doch zu der Auffassung,
da diese Erscheinungen nicht etwa lediglich Ausgeburten der Phantasie, Hirngespinste sind.
Auch nach seiner Meinung offenbart sich
Jhvh in solchen Erlebnissen.
Doch er berschreitet schon die Schranken dieses Standpunktes.
Denn das Wunderbare dieses Erlebnisses wiegt ihm nichts gegen
den Inhalt der Lehre, die auf diesem Wege dem Menschen zum
Bewutsein kommt. Die Offenbarung mu ihre Echtheit vor der
Kritik der eigenen sittlichen Vernunft erweisen knnen.
Vermag
sie
dann helfen keine Zeichen, Trume und Mirakel. Diese
Probe aber bestehen jene Propheten schlecht. Es ist bezeichnend
und von groer Wichtigkeit, da Jeremia an ihrer Lehre viel weniger
auszusetzen wei als an ihrem Leben. Es steht ihm von vornherein
fest, da Menschen wie sie, welche schauderhafte Verbrechen bees
nicht,
welche die Ehe brechen, lgen, Missetter in ihrem Trotz
bestrken, nicht die Werkzeuge und Sendboten Gottes sein knnen.
(14) Ja, diese schamlosen Propheten Jhvhs erscheinen ihm schlimmer
gehen,
als
die
gtzendienerischen von Samaria.
wir nicht
viel.
von einander
gerade
als
ein
(30)
Beweis ihrer
ihrer
Lehre erfahren
da sie die Worte Gottes
Dieser Mangel an Originalitt gilt nicht
Falschheit, wohl aber als bezeichnendes
Jeremia beschuldigt
stehlen.
Von
sie,
Symptom.
Unwahrheit erbringt dem Jeremia die
verhngnisvolle Wirkung, welche ihre Predigt auf das Volk ausbt.
Sie verknden Heil, wo Jhvh doch Vernichtung bringen wird; sie
wollen der Verderbnis der Herzen nicht wehren (17). Htten sie wirklich
im gttlichen Rate gestanden, dann wrden
so urteilt er
Den
vollen Beweis ihrer
von seinem bsen Wandel abbringen, es aber nicht
durch Heilsverkndigung an der ernsten Einkehr und Umkehr hinsie
das Volk
WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS
dem
Noch
(22).
hren wir
fters
in
der Prophetie das,
der wahre Seher ein Unglcksprophet
ist.'
Da
1/
da
Urteil,
aber von unzweifel-
Zukunftsgemlde entworfen wurden,
haft echten glnzende lockende
da von ihnen das Glck des messianischen Reiches, die Herrlichkeit
des knftigen Israel verheien ward, so ist ein solches Urteil mit
wahren Propheten
des
der sittlichen Frsorge besteht,
in
Messias das Land mit der Rute seines Mundes schlagen
machen zwischen dem
knder, der seinem Publikum nach dem Munde
ein Unterschied
ist
Amt
Es kann nur den Sinn haben, da das
Vorsicht aufzunehmen.
zu
wie der
soll.
leichtfertigen
Es
Heils-
und dem von
redet,
echtem sittlichen Idealismus beseelten Propheten, dem alle Misere
der Gegenwart nicht den Glauben an das Gute, d. h. an die Zu-
nimmt
kunft,
Indem Jeremia von
dem
mit
des Verkehrs
Jenseitigen an das Urteil der sittlichen Vernunft appelliert,
tatschlich
ist
allen vorgeblichen Erlebnissen
Dieses Ergebnis
neue
eine
um
tritt
der
Stufe
religisen
Einsicht
erreicht.
so klarer hervor, als er nicht blo die
Mg-
Erfahrungen anerkennt, sondern sich selber bewut
ist, an ihnen teilzuhaben.
Ja, er verkndet die neue Erkenntnis von
der wahren Offenbarung selber wieder als Jhvhs Spruch. Aber dieser
lichkeit solcher
ist
nunmehr
eins mit der
Sicherlich
hat
Sprache des
diese
Einheit
sittlichen Gewissens.
faktisch
Amos und
schon
bei
seinen
gngern bestanden.
Auch
nur das Gute,
was den Menschen wahrhaft zum Heile
Aber
erst
Auch
bei jenen
Jeremia
ist
Jesajas Gott verkndet
dient.
gewinnt volle Klarheit ber diesen Sachverhalt.
Gottes
Wort
tatschlich mit der
Forderung der
doch das Bewutsein von dieser Tatschlichwird ihnen durch die als ein Mysterium erlebte Offenbarung
Sittlichkeit
keit
das,
des
Vor-
identisch,
vermittelt.^
xion,
die
Bei Jeremia aber entscheidet letzthin die sittliche Refle-
ihrer selbst
bewute
sittliche
Erkenntnis darber, ob Jhvh
wahrhaft gesprochen hat oder nicht. Erwgen wir zu dem noch,
da bei keinem Propheten das Ekstatische so weit in den Hinter-
grund
tritt
wie bei diesem, so
liegt
zu Tage, da das religise Be-
von der mythologischen Grundlage vllig abgelst, sich
mit dem sittlichen vollstndig zu decken beginnt. Die sittliche Ver-
wutsein,
immer das Fundament der echten Prophetie gewesen, ist
nunmehr auch ber dieses ihr Wesen klar geworden. Und
nunft, die
sich
'
Jer 28.
Vgl. die auerordentlich charakteristische Stelle
Micha
6, 8.
l8
FESTSCHRIFT COHEN
dieses Resultat
ist
herbeigefhrt
nicht
worden durch theoretische
da sich etwa Zweifel an der Mglichkeit der
Offenbarung eines Jenseitigen regte,
was niemals bestritten wurde,
sondern durch die zur reinen Klarheit geluterte Erkenntnis, da
das Wesen Gottes reine Sittlichkeit ist und nichts anderes.
Skepsis, nicht dadurch,
Nach
lung
des
diesen Feststellungen
in
wollen
wir die biblische Entwick-
Frage stehenden Problems verlassen
Charakteristische
der
Wandlung
beleuchten,
die
es
und noch das
in
der mittel-
Zu Anfang dieser Betrachtungen ward darauf hingewiesen, da die beiden hauptschlich
zu unterscheidenden Stufen der israelitischen Religion gerade in
alterlichen Religionsphilosophie erfahren hat.
zum Offenbarungsbegriff von
Rcksicht auf ihre Stellung
einander
Fr beide gilt zwar die Voraussetzung, da gttOffenbarung den Weg zum gottgewollten Dasein erschliet,
zu trennen sind.
liche
da
ihre Tatschlichkeit
das Fundament des sittlichen und
als
gisen Lebens angesehen wird.
Aber whrend
die biblischen
reli-
Men-
von Gott ausgehende Verkndigung als ein Phnomen
empfanden, das unaufhrlich und lebendig in ihrer Mitte wirksam
war, besonders begnadete Persnlichkeiten, Propheten und Seher,
unmittelbar erfllte und durch sie alle zeitgenssischen Volksangehrigen mit seinem Heile beglckte, war fr die nachbiblischen
Zeiten der Mund der Weissager verstummt. Was jenen als gegenwrtig erlebtes Ereignis galt, von dessen Wirklichkeit man sich
durch die unmittelbar anschauliche Tatsache der Prophetie fortwhrend berzeugen zu knnen glaubte, das war fr die Spteren
ein fr allemal in die Vergangenheit gerckt, zur Geschichte geworden. So charakterisieren sich die beiden Perioden genauer: aus
dem Erlebnis einer bernatrlichen Offenbarung wurde Reflexion
ber ein verflossenes Erlebnis, ermglicht durch eine lckenlose und
schen
als
die
unbedingt zuverlssig anerkannte Traditionskette, welche die
je-
Gegenwart mit den grundlegenden Ereignissen der Vergangenheit verknpfte. Diese scharfe Trennung zwischen den zwei Religionsstufen, derjenigen der Offenbarung und der ausschlielichen Reflexion
ber die vollstndig abgeschlossene Offenbarung, hat sich wohl in
keiner anderen Religion so rcksichtslos und entschieden vollzogen
wie im Judentum.
weilige
Der zweiten Phase,
als
deren Vertreterin hier nur die Religions-
philosophie betrachtet werden
grundstzlich
anderes
wie
soll,
der
gilt
nun die Offenbarung
ersten.
Denn
jetzt
erst
als
etwas
ist
jener
WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS
I9
Untergrund bereitet, von dem aus der Gedanke einer unmittelbaren
Erleuchtung der menschlichen Erkenntniskraft durch Gott in seiner
ganzen Schrfe erfabar wird. Dieses Fundament ist die Idee der
wissenschaftlichen Vernunft.
Fr das biblische Bewutsein ist die
Offenbarung eine hchst merkwrdige Erscheinung: aber sie ist nicht
mehr
als
das seltsamste
Wundern auch
Phnomen
in
einer an Seltsamkeiten
berreichen Welt.
sonst
Sie
nicht
fllt
und
dem
aus
Gefge dessen heraus, was man als Natur und Wirklichkeit im
brigen zu kennen und anzusehen gewohnt ist. Etwas ganz anderes
aber
bedeutet
fr
sie
einen Geist,
in
welchem der Gedanke der
wissenschaftlichen Erkenntnis aufgetaucht
ist.
Jetzt ist sie zu
einem
Fremdkrper, zu etwas absolut Andersartigem, Unerfabarem geworden. Ihr Inhalt mag so klar und einleuchtend sein, wie er wolle;
ihre Tatschlichkeit jedoch mu als schlechthin unbegreiflich gelten.
Denn
sie
stellt
sich
ja
durch ihren Begriff
in
Gegensatz zu
Es handelt sich um zwei
disparaten Erkenntniswege.
Dagegen verschlgt
natrlichen
Lichte",
in
ihrer
dem
Wurzel
selbstverstndlich
da auf dem Standpunkte des religionsphilosophischen Offenbarungsglaubens die natrliche Erkenntniskraft als
die Schpfung desselben Gottes anerkannt wird, von dem auch die
nicht
der Einwand,
bernatrliche herstammt.
Der Satz wre
eine petitio principii: er setzt
Recht bestehende Geltung des transzendenten Erkenntnisprinzips
voraus, wo doch noch seine logische Begrndung in Frage steht.
Die rationalistische mit Saadia anhebende Religionsphilosophie
hat die Tendenz, den Inhalt der Offenbarung mit den Ergebnissen
die zu
der wissenschaftlichen Reflexion einszusetzen; aber
wohl
als
anders
ihr
sie
Fundament das Faktum der Prophetie
gearteten
Erkenntnisweise
an.
erkennt gleichals
einer ganz
Daraus wchst eine Zwie-
im methodischen Charakter der rationalisierenden Offenbarungstheologie.
Sie will Wissenschaft sein und als solche allein
die wissenschaftliche Methodik handhaben, und sie schliet zugleich
ein Element in sich, das sich der rein und restlos erkenntnismigen
Erfassung grundstzlich zu entziehen strebt.
Das ist des nheren
spltigkeit
zu beleuchten.
Das allgemeine Wesen der Wissenschaft besteht in der Entfaltung und grenzenlosen Anwendung des Begriffs der Gesetzmigkeit.
Dieser begrndet ein Sein, das durch die Geltung eines Systems
von Gesetzen Einheit
und Zusammenhang, ja geradezu erst den
Charakter des Seienden erhlt. Fr die Erkenntnis kann nur dasjenige als wirklich gelten, dessen Reduktion auf jene alle Mannig-
FESTSCHRIFT COHEN
20
faltigkeit
Welches
bringende Regeln und Normen zu leisten ist
wie sie sich in untergeordnete Systeme gliedern,
zur Einheit
diese sind,
wie diese von einander abgrenzen, daran
nur
da
darauf an,
eine
allgemeinste
liegt
uns nichts. Es
Gesetzmigkeit
kommt
anerkannt
was mit dem Anspruch auftritt,
Element im Ganzen der Wirklichkeit zu sein. Die Immanenz des
Bewutseins, wenn man so den durchgngig gesetzmigen Charakter
seiner Gegenstnde bezeichnen will, darf nirgends und niemals durchUntertan
der alles
werde,
bleibt,
brochen werden.
Dieser Forderung trgt auch die Methode der Philosophie der
Offenbarungsreligion Rechnung. Greifen wir eines ihrer Hauptprobleme
Gott ist ein Objekt des Wissens, ein
heraus, ihre Lehre von Gott.
besonderes einzigartiges; sicherlich, aber unsere Erkenntnis von
ihm
ist
durchaus
bedingt
und
durch
verbrgt
die
Methode der
Um
seine Existenz festzuwissenschaftlichen Erkenntnis berhaupt.
stellen, bedient sie sich derjenigen Erkenntnismittel, die berhaupt
Das Dasein Gottes wird
Existenz zu fixieren geeignet sind.
unter
ihrem Gesichtspunkte gem den Regeln und Kriterien aufgezeigt,
die das Dasein anderer wissenschaftlicher Gegenstnde fr die Erkenntnis zu sichern bestimmt und fhig sind. Sie sucht darum einen
gesetzmigen Zusammenhang klar zu legen, der zwischen Gott und
der brigen Wirklichkeit bestehe. So gilt ihr etwa nach dem kosmolodschen Beweise Gott als die auerweltliche Ursache der Welt.
Dieser Konzeption liegt der Gedanke zugrunde, da die Begriffe
Gott und Welt durch die Idee einer Totalitt des wirklich Seienden
berhaupt zusammengehalten und fr die Anwendung von Gesetzen
und Normen als einheitlicher Geltungsbereich verstanden werden.
Die Religionsphilosophie hat in der Frage der Erkenntnis des
Darin
Zurckhaltung beobachtet.
liegt nicht etwa die Anerkennung von irgend welchem Mysterium.
Wenn Maimonides die Lehre von den negativen Attributen aufstellt,
so ist das eine docta ignorantia, welche der besondere Charakter
Wesens Gottes
des
die
diskreteste
Erkenntnisgegenstandes
ein besonderer
fruchtbarer
Weg
negative Attribut
einer allgemein wissenschaftlichen
wirklicher
schwierigen Ziele
Das
erheischt.
Erkenntnis
vorzudringen.
so
Es
weit
stellt
wie
sich
als
Methode,
mglich
zu
ist
in
dem
eine neue Kate-
Die Immanenz im oben
angedeuteten Sinne wird nirgends durchbrochen. Diese Methode
der Religionsphilosophie ist nur von der Rcksicht auf ihren Gegen-
gorie
seiner
Logik der Wissenschaft
dar.
stand geleitet, nicht aber durch die Offenbarungstatsache.
Sie
ist
WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS
Rationalismus
in
dem
Sinne,
da
ihrer
berzeugung nach
21
die freie
von keiner Offenbarung untersttzte wissenschaftliche Vernunft die
Hauptlehren und Begriffe der Religion grundstzlich antizipieren
kann. Dasein Gottes, Weltentstehung, Freiheit des Willens, Unsterblichkeit der Seele: diese fundamentalen Bestimmungen im System
der Theologie knnen durch reine philosophische Deduktion ergrndet werden und sind auch nach dem Urteil jener Denker durch die
bisherige Geschichte der Metaphysik tatschlich sicher gestellt.
Es
ist richtig, da die prophetische Erleuchtung zeitlich die Erkenntnis
Gegenstnde vorweggenommen hat. Dadurch ist den Menschen der Weg zur moralischen und wissenschaftlichen Kultur erDie auf sich selbst gestellte Vernunft mu einen
leichtert worden.
dornenvollen Weg berwinden, bevor sie zu so hoher Weisheit vordieser
dringt.
es also
Aber
sie bricht sich
Bahn
trotz aller Schwierigkeiten.
nur auf den Erkenntnisinhalt ankommt, so
ist
Wenn
keine prinzi-
Trennung zwischen Religion und Wissenschaft mglich. Denn
selbst vor dem diffizilen Gebiete der im engsten Sinne positiven"
religisen Pflichten, der scheinbar hoffnungslos irrationalen Machtsprche des gttlichen Willens, der kultischen Vorschriften macht der
Eifer der wissenschaftlichen Vernunft nicht Halt. Saadia scheidet zwar
zwischen den r^T'yoty miJQ und den nv'^D^ "0; aber er gibt sich Mhe,
in jenen den Rest des Irrationalen nach Mglichkeit zu verflchtigen.
Aber bei alledem bleibt doch die Offenbarung fr die Religionsphilosophie als Fundament bestehen, wiewohl sie durch den ihr
innewohnenden Begriff die absolute Andersartigkeit und Inkommensurabilitt im Vergleich zu dem Erkenntnisbegriff der wissenschaftlichen Methode bedeutet.
Dieser Gegensatz darf nicht verwischt
werden, wenn nicht das Grundproblem der Religionsphilosophie hinfllig werden soll, das ja in dem Nachweis der Einheit von Vernunft
und Offenbarungsinhalt besteht.
pielle
Soweit
ist
alles in
bester Ordnung.
Die Schwierigkeit aber be-
wenn nicht der Inhalt der Offenbarung und seine Rationalisierung zum Problem gemacht wird, sondern die Tatsache ihrer
Existenz als eines Elementes der Wirklichkeit, das sich dem System
des wissenschaftlich Erkennbaren nicht eingliedert und sich ihm nicht
eingliedern darf
Es ist ein offenkundiger Selbstwiderspruch, das
ginnt,
Wunderbare, das sich durch
sein
Wesen von dem
Gebiete des als
gesetzmig zu begreifenden Seins absondert, verstehen, erklren, ja
auch nur konstatieren zu wollen. Hier gibt es nur die Alternative,
das Wunder als eine Illusion abzuwehren oder es als Gast aus einer
FESTSCHRIFT COHEN
22
transzendenten Welt anzuerkennen, dann aber hinsichtlich des mystischen Bewutseins, in welchem jenes Erlebnis stattfindet, auf jede
wissenschaftliche
Kontrolle
Die zweite Mglichkeit
verzichten.
zu
unertrglicher Versto gegen den Geist der Erkenntnis
sein, der nicht dulden kann, da sich irgend ein Sein ihrer Aufsicht
wrde
ein
und ihrem
Urteil entziehen darf.
Wissenschaft zeigt die Religionsphilosophie die Tendenz, die Offenbarung nicht blo nach der Seite
ihres Inhalts zu rationalisieren; sondern auch ihre von alters berlieferte Erscheinungsform, das Offenbarungssubjekt aus dem Bereiche
Gem ihrem Charakter
als einer
des absolut Wunderbaren und darum fr die einheitliche Vernunft
Unertrglichen nach MgUchkeit zu entfernen. Dieses Bestreben
,
zeigt am deutlichsten die Theorie des Maimonides ber das propheUns interessieren nicht die psychologischen und
tische Bewutsein.
da das Prinzip
des echten Offenbarungsbegrififs, der die gttliche Erleuchtung nur
als etwas schlechthin und grundstzlich Wunderbares und UnbegreifDie Hauptsache
metaphysischen Einzelheiten.
liches
auffassen kann,
durchbrochen wird.
mystischer Vorgang angesehen
jener Ofifenbarungsgedanke
aufgeopfert,
die
Sie wird nicht als ein
vielmehr wird die Mystik,
allein
prophetische
ist,
seinen Platz
Funktion
aus
in
welchem
dem Bestreben
dem Zusammenhang
hat,
uerer metaphysischer und innerer psychischer Krfte zu erklren.
da zu der Zusammenwirkung von ttiger Intelligenz, Vernunft und Einbildungskraft und gewisser anderer physischer
und psychischer Voraussetzungen noch der unabldtbare, nur in seiner
Tatschlichkeit anzuerkennende Willensakt Gottes hinzutreten mu,
wenn die prophetische Wirksamkeit ermglicht werden soll. Die
Wir bersehen
nicht,
da nach Maimonides die prophetische Kraft nichts
anderes ist wie das bis an die Grenzen der Mglichkeit gesteigerte
Erkenntnisvermgen; ein natrliches Vermgen, das auch in den
Er erkennt, da die Vision ein Vorspekulativen Denkern wirkt.
Hauptsache
ist,
verwandt mit dem Zustande
des Traumes. Wenn die Divinationsgabe, das Ahnungsvermgen,
eine unerlliche Vorbedingung der Prophetie ist, so handelt es sich
gang
in der Seele des
dabei nur
um
Schauenden
eine Kraft der Seele,
ist,
die zu ihren natrlichen Eigen-
schaften gehrt, hier aber zu hchst gesteigerter Wirksamkeit entwickelt ist.
So erscheint die besondere in der Offenbarung sich
Erkenntnisproze, der demjenigen der Spekulation durchaus analog ist. Das Mystische ist aus
dem Offenbarungsgedanken auch nach der funktionellen Seite hin
uernde
gttliche Erleuchtung
als
ein
WIENER, ZUR GESCHICHTE DES OFFENBARUNGSBEGRIFFS
23
Man
knnte dieses rationalisierende beziehungsweise
psychologisierende Verfahren mit der modernen Religionspsychologie
ausgeschieden.
Frage nach dem objektiven WahrUntersuchungsobjektes von vornherein aus ihrer Inter-
wenn
vergleichen,
heitsgehalt ihres
diese nicht die
Da
essensphre ausschiede.
zu
Tage
tritt,
das
liegt
diese
Trennung
bei
Maimonides nicht
an der psychologistisch-metaphysischen Sub-
struktion seiner Erkenntnislehre, die
dem
aristotelischen Beispiele folgt.
Jedenfalls hat er
durch seine Methode im Prinzip die Zwiespltigkeit
berwunden, die
dem
Begriff einer Offenbarungsphilosophie anhaftet.
Diese Schwierigkeit wurde im groen
und ganzen bersehen.
Die Philosophie der Religion geht durchweg von der Voraussetzung
aus, da die spezielle Mitteilung Gottes an die Menschen eine geschichtliche Tatsache ist wie andere auch, die aus der Vergangenheit
berichtet werden.
verflossenen
Zeiten
An
andere Geschehnisse gehalten, die aus
berliefert
werden, erscheint
sie
zwar
als
ein
Faktum von einzigartiger Wichtigkeit und unvergleichlichem Reichtum an Folgen; was an ihrem Inhalt liegt. Aber an Tatschlichkeitscharakter
von denen
unterscheidet
die
sie
sich nicht
von anderen Begebenheiten,
Geschichtsbcher zu erzhlen wissen.
Wir meinen,
die Theologie, welche ber die Religion der Offenbarung reflektiert:
ordnet die Erscheinungen, die fr
sie
festationen des Transzendenten gelten:
nisse,
gttliche
Erleuchtungen,
als die
wunderbaren" Mani-
die bernatrlichen" Ereig-
Visionen,
die
den Propheten
ein-
gegebenen Weissagungen, von denen die heiligen Schriften reden,
im allgemeinen den anderen natrlichen Vorkommnissen bei, die
aus
frheren
Zeiten
werden.
Sofern nur die Tradition
welche die Kenntnis dieser Dinge bermittelt
hat, wenn nur die Sicherheit besteht, da Tuschung und Irrtum in
wohl beglaubigt
berichtet
ist,
der berlieferung
ausgeschlossen
sind,
gelten jene
schlechthin
als
mit denen man sich abzufinden hat, wie man
den Tatsachen Rechnung tragen mu. Dabei ist wohl zu
bemerken, da hier der biblische Standpunkt lngst aufgegeben ist,
historische Fakten,
berall
welcher
in
nisbegriffs
Ermangelung
das
eines strengen wissenschaftUchen Erkennt-
bernatrliche"
Nur der Versuch des Maimonides,
nalisieren, gelangt
dem
Natrlichen"
nivelliert
hat.
die Offenbarungsfunktion zu ratio-
wieder zu einer einheitlichen Auffassung.
Soweit
aber die Religionsphilosophie besonderen Wert darauf legt, rationale
Spekulationen durch die geoffenbarte Weisheit zu kontrollieren oder
gar zu korrigieren, wie das besonders gern Saadia in seinen Auf-
zhlungen
und
Gegenberstellungen
von
Vernunftbeweisen
und
FESTSCHRIFT COHEN
24
Schriftargumenten
mu
tut,
die strikte Auseinanderhaltung der beiden
Erkenntnismglichkeiten bestehen bleiben. Das heit aber, die Idee
der Offenbarung ist, bevor sie berhaupt zu einem historischen
Problem werden kann, zu allererst als ein erkenntnistheoretisches zu
Bevor die Wirklichkeit der einen oder der anderen
betrachten.
Offenbarung, von der die berlieferung berichtet, geprft werden
kann, mu erst die Frage nach ihrer Mglichkeit berhaupt gelst
Diese Notwendigkeit wird besonders von den Denkern bersein.
sehen,
philosophische Skeptiker der spekulativen Vernunft
als
die,
ihnen gesichert dnkenden Boden der
dem
auf
mitrauend,
sich
berlieferten
religisen
Erkenntnis
doch wenigstens zu tun glauben.
Wenn
Levi.
allein
ansiedeln
Wie zum
Beispiel
wollen
oder es
von Jehuda ha-
er fr die Gttlichkeit der jdischen Religion vor allem
da die grundlegende Manifestation Gottes am Berge
Sinai vor den Augen von Millionen sich vollzogen habe, whrend
ins
Feld
fhrt,
vorgebliche
die
Inspiration
eignis in einsamer Seele
rische Problem;
Muhammeds
gewesen
ein
so sieht er eben nur das histo-
sei,
ob die Offenbarung
eines solchen ebenso erkannt, ebenso kon-
aber nicht das sachliche;
des Transzendenten
als
unkontrollierbares Er-
als
werden knnte, wie eine beliebige Tatsache.
statiert
Sie
gilt
ihm
Faktum der Vergangenheit, das
man als tatschlich geschehen ansehen mu, wenn nur der Bericht
darber gengend beglaubigt ist. Was Millionen Menschen gesehen
eben
wie
irgendein
historisches
mu doch wahr
haben,
sein!
und zwar der
eben der mittelalteriichen Religion
eigen,
jdischen nicht mehr als der christlichen und der islamischen
da sie in der Idee einer wunderbaren, die Grenzen des natrlichen
Geschehens bersteigenden Manifestation des Gttlichen ihr Funda-
Aber
es
ist
ment erblickt. In dem Streite der Religionen gegeneinander stand
darum der historische Beweis in der vordersten Reihe, was gerade
der Gedankengang Jehuda ha-Levis am besten bezeugt. Die Kehrseite war natrlich, da die Diskussion innerhalb einer Religion sich vor
um
den Inhalt der gttlichen Lehre entspann. Ihn galt es
immer tiefer zu erfassen, seine Schnheit, Wahrheit, Vernnftigkeit
zu verstehen, mit dem natrlichen Licht des Menschengeistes zu
allem
durchdringen.
gestellt
Und darum
wurden, nur
berhren Betrachtungen, wie
das Grenzgebiet
Wahrheit
mit
dem
ist,
Guten.
der jdischen Religion.
an-
Es
da Gottes Offenbarung
wie es den Propheten gewi war, da sie eins ist
war den Religionsphilosophen eben so
die
sie hier
sicher,
The Tobit drama
in
the sixteenth Century.
By Israel ABRAHAMS-Cambridge.
the Middle Ages, but the
Tobit story was always populr
The
era of the Reformation synchronised with a general augmentation
in
due to the publication of so many
vernacular translations by Protestants. The Roman Catholic Church,
no less than the Reformed, took the Apocrypha under its aegis in
of interesL
Nor was
this entirely
At the very moment when Protestant versions
Apocrypha in the hands of the masses, the Council
the sixteenth Century.
were placing the
of Trent was held.
On
April
8,
1546,
at
its
fourth
session,
the
Tridentine Council confirmed the older decision reached at Carthage
and Tobit, among other books of the Apocrypha, was thenceforth to be accounted sacred and canonical ("pro sacris et canonicis").
Possibly this was in part designed as a tacit rebuke to Lutherans
who, while agreeing that the Apocrypha might be read with reverence and profit, doubted its canonical authority.
That the sixteenth Century interest in Tobit was not due primarily to the inclusion of the book in the Zrich, Lutheran and
Coverdale Bibles of 1524, 1534, and 1535 respectively, is clear from
the Mystery Plays.
Of these Plays a good bibliography may be
found in Baron James de Rothschild's great edition of Le Mistere
du Viel Testament (Vol. V, pp. xviii xlvi, Paris 1885). The number
of sixteenth Century Plays on the subject of Tobit was large. These
Plays were not, at all events the best of them was not, inspired by
in 397,
the
vernacular
versions.
Dated January
7,
Coinedia, Die gantz histori Tobie mit seinem, sun
of the
German
translations.
and so of course introduces
After his wont, he adds his
1533,
is
Hans Sachs'
quite independent
Sachs foUows the Latin text closely,
no dog, and knows nothing of an Edna.
own original touches, and makes of the
FESTSCHRIFT COHEN
26
drama
once exhilarating and pathetic.
He provides a Prologue and Epilogue spoken by a Herald, There
is nothing satirical in Sachs' Tobte; in fact the Tobit dramas differ
here fundamentally from the Esther plays, which were often polemical.
In our own day, interest in Tobit has been revived by the
discovery of an Aramaic version of the Ahiqar legend at Elephanmaterial a genuine, effective
tine.
But to Sachs and
"Herolt"
in his
contemporaries Tobit appealed on more
his
The
grounds.
elemental
at
story
is
Weil
Der
Der
Der
Der
Und
felicitously
sie ist
ber-trifft,
der eleut ein spiegel,
kinder-zucht ein wares siegel,
mildten
barmung wol
geduld ein schnes
thugend
ein schild,
frbild,
ein Hechte lucern
der gotsforcht ein glantzend stern.
does Sachs open, and the whole of his play
Witness such a rendering as
style.
form of the Golden Rule (Tobit,
do to no man"):
Was
Das
And he
Sachs'
histori heyliger schrifift,
Die ander kurtzweyl
marvel of
by
opening address:
Ein
Thus
characterised
thus
du
nit wilt,
lass ein
iv,
das
15:
this
"What thou
man
is
of the negative
thyself hatest,
dir thu,
andern auch mit rhu!
proceeds:
weysen rathes frag!
Lob Got von hertzen nacht und tag
Und bit, das er dein wege rieht,
Das du wandelst in seinem Hecht!
Und im vertraw in allen dingen!
So mag dir hie und dort gelingen.
In not die
Such masterly ease cannot be
paralleled
any other writer of
supreme in this genre.
in
Mystery Plays. Sachs Stands, as a styHst,
That Luther pronounced Tobit a drama was not the cause but the
This is impHed in
result of the existence of plays on the subject.
Luther's Prefaces to Judith and Tobit. Sachs also wrote a Judith, but
narrative poem.
Dated as it is May 3,
it
is a
it is not a play;
1533.
it,
like
the
same
Luther's version of the
author's Tobit,
was
actually written while
Apocrypha was being
the publication of the famous edition of 1534.
printed,
and before
ABRAHAMS, THE TOBIT DRAMA IN THE SIXTEENTH CENTURY
2/
has been suggested that the translator of the Appcrypha in
Luthers as in the Zrich Bible was of Jewish ancestry. But there
It
is
nothing but the
name (Leo
support the idea,
to
Jud)
and Jud
was able to throw no light on his family history. Be that
may, the sixteenth Century, which saw the production of so
himself
as
it
many
and versions, emanating from Christians, also
witnessed a new birth of interest in the story on the part of Jews.
Several Hebrew editions were issued at this period, the first appearTobit plays
ing in
Constantinople
written
all
On
1516.
in
and has written
that need be said,
Gaster has
these editions Dr.
it
well, in
the Proce-
edings of the Society of Biblical Archaelogy, 1896 p. 208. Though
neither Jerahmeel nor Josippon contains the story, nevertheless that
the medieval Jews were familir with Tobit at an early period
how
from the Hebrew and Aramaic
texts, from the liturgical use, and from the appearance of a complete Version of the tale in JOSEPH Zabara's Sefer Shaashuim. This
early,
it
difficult to
is
say
clear
is
was written
in
^1K
Akrish suggests as one Solution of the puzzle that
was first printed in the second half of
the sixteenth Century. STEINSCHNEIDER (Cat. Bod. col. 1084) shows
that the date of publication was (Constantinople) between 1570 and
The editor was Isaac Akrish, and his marginal note on
1577.
Zabara's Version expresses some surprise that the Spanish poet had
regarded the tale as something unknown (Zabara calls it nn ntTJ?
"rsi).
1200, but
Zabara's day the
str}''
it
was not generally found except
books. (His marginal note
in
in Christian
worth reprinting, it runs thus: pns^ 1D
noiia im hvciy^ p ^mta nson oisnn in ntryon nt t^npy
is
nn "IHK
pny: inni nnsun nson ^
nno^HD ntyyon
nis^b b |vd
:joi
"?
hm
vh i:on
ini ^ p-i^sn
^3
i^^^sn ^^1 1 tj'npn \whb).
Akrish's
second Suggestion that Zabara's phrase only implies that the poet
was consciously embellishing the tale "after his manner", is less
Zabara was
probable.
He had
memor>'.
We
Lincoln.
will
now
not
so
much
inventing
as
recalling
not read the story, but had heard
some one
from
teil
it.
pass to sixteenth Century England, to the city of
The Fourteenth Report (Appendix,
Part
viii)
of the Histo-
MSS
Commission has several entries with reference to a Tobit
Play. These inform us that on January 26, and again on November 24
of the year 1566, a "stage play of the story of Toby'' was appointed
to be performed, partly at the public charge, on Whitsun and
Pentecost. These entries occur on pages 60 and 62 of the volume
rical
cited.
So, too,
an
earlier
notification
(p.
57)
records that in July
FESTSCHRIFT COHEN
28
1564 there was
Testament".
What
Tobyas
is
The
play was this?
made
in
"the
played
also
storye
of
Tobias
in
only other reference to an English
Henslow's Diary (May 1602) where
of the Performance of
Henry
Old
the
we hear
"playe called Tobyas", and
Chettle's
That would suggest that
Chettle's Play was printed, but there is no record of such a fact.
As Chettle also wrote a Jephtha, we may presume that his Tobyas
But as W. W. GREG remarks in
dealt with the Apocryphal hero.
his edition of Henslowe (II 222): "Nothing is known of the piece".
also are told of the ''Boocke of Tobyas".
may
be that Chettle re-worked the Lincoln play, after his not
unusual method. But then nothing seems known of the Lincoln play
It
Yet
either.
nature of the
On
list
it
is
not
latter,
think impossible to identify the source and
even though
text appears hopelessly
its
the page referring to Lincoln last cited, there
of stage properties employed at the Performance.
is
lost.
a curious
This
has
list
been printed before {Ge7itleme}{ s Magazine, Vol 54 p. 103), hence I
need not repeat it for a third time. But among the "properties"
These are: "Item, a
are three which immediately arrest attention.
prison with a coveryng.
Item, the
Kyngs palace
at
Item,
greate idoll with a clubb
These have no obvious con-
Laches".
any version of Tobit, except that contained in the
This is a very long
already named Mistere du Viel Testament.
work which was slowly elaborated in the fifteenth Century (cf Petit
a French series of
It is
du Julleville Les Mysteres, ii 354, 370).
Mystery Plays which was first published in 1500, and again in 1542.
Now in this French version of
It Covers a large part of the Bible.
Tobit, the story of the assassination of Sennacherib by his sons is
closely welded with the main plot, though in the original texts the
nection
with
reference
to
the
Mistere, however,
Sennacherib incident
these
see Tobit cast into prison.
the appearance
among
merely
casual.
In
incidents are related at great length.
See the Assyrian King at Lachish,
we
is
we
It
see
is
him worshipping
not too
much
the
We
his Idol,
to infer
from
the Lincoln properties of Lachish, the idol,
and the Prison, that the English play also included the Sennacherib
story, and that it was accordingly some version derived from the
Mistere.
That the Mistere shows
in
other places clear signs of Jewish
influences has already been pointed out
etc.).
The same phenomenon
presents
by ROTHSCHILD
itself
in
(I
pp.
ix
the Tobit section.
ABRAHAMS, THE TOBIT DRAMA
The added Sennacherib
IN
THE SIXTEENTH CENTURY
seem
incidents in particular
from a Hebraic source.
worship of the Golden
to
In the Mistere, Sennacherib
The monarch's
Calf.
me
29
to
sets
come
up the
eldest son proposes
that his father shall imitate Jeroboam's example.
Le
principal des principaulx
Fut Jeroboam, qui fit faire
Adorer nuyt et jour les veaux;
Prenons donc a luy exemplaire.
This must have been suggested by the Rabbinic exegesis of Hosea
The golden calves of Jeroboam (Ephraim) were carried into
X, 6.
Assyria by Pul, to become a gift to King Jarib, i. e. Sennacherib.
(See Rashi ad loc, and Yalqut on 2 Kings xviii, 236, from the
Seder Olam.) But this is not all. Sennacherib in the Mistere vows
to slay his sons as a sacrifice to
this
his god.
It
their father's design
that they anticipate
is
because they hear
and assassinate him.
Says the King:
Conclusion, je les tueray.
Tuer? Non feray. Si feray
Vela le point ou je m'accorde.
noz dieux
les sacrifiray,
Sans en avoir misericorde.
The two
become aware
sons
of this purpose.
"What?," answers
sacrifice" cries the eider son.
lay tuer".
cf.
This idea
Qimhi on
Rabbinic
is
found also
Kings xix
tradition,
"De nous
37).
in
the
veult faire
his brother,
"AUons
Talmud (Sanhedrin 96
a;
Senacherib's sons, according to this
slew their father because they learned that he
intended to sacrifice them.
(in^
aipO nVsoi
in:i
inn
'7^
This was not derived from
lOp Mlin Y\rh).
Jerome, for though this Father, on Isaiah xiv, recites the Jewish
traditions regarding Nebuchadnezzar, he is silent, when dealing with
Isaiah xxxvii, as to the Rabbinic legends about Sennacherib.
On
nm'?Dp1
^"!^in
1J?at!^
the other hand, in the Version of Tobit referred to in Isaac Akrish's
marginal note, the Sennacherib legend
is
fuUy elaborated.
to in Tobiben Tobiel'm the History of Moses
(.T'j;
irm
It is
referred
HJyo^jy D-iM
nm)
on p. 14b. after Constantinople edition (15 16) and on p. 29b of the
Venice issue (1544). Only one other piece of evidence need be
adduced. In the Mistere, the Tobit play foUows immediately on
the
Dr.
dramatisation of Job.
Gaster
(ch
ii
12)
Now
the Job
in
the
story
is
Hebrew
text
printed
by
interwoven with the Tobit
FESTSCHRIFT COHEN
30
Story.
"The
author", says Dr.
GaSTER
of the
Hebrew
writer,
"must
have thought these two (Job and Tobit) to be contemporaries". The
author of the Job-Tobit sections of the Mistere must have shared
If so, it is probable that he based it on a Jewish tradition.
this belief.
near to Job, but
the Order there (Tobit, Judith, Esther, Job) had no influenae on the
must
arrangement in the Mistere, where Judith comes last.
In the Vulgate,
it
is
true, the
order brings Tobit
We
therefore probably trace the Mistere order to the
same Jewish
circle
of ideas which treated Job and Tobit as contemporaries. Speaking
generally, the extent of the Rabbinic influenae on the Mystery Plays
Middle Ages, and especially of the fifteenth and sixteenth
Whether the incenturies, has not yet been adequately recognised.
of the
fluenae
was
direct or indirect
is
another question.
Thora, Propheten, Weise.
Von Hermann Vogelstein.
babylonische Exil bedeutet nach jeder Richtung eine grund-
Das
strzende Umwlzung.
srab
sich
als
Restauration.
Wiederherstellung der
alten,
Das nachexilische Judentum
Aber es war tatschlich
man
meinte, da
tatschlich hatten die alten
Von den
und
nicht
eine
sondern die Schaffung neuer Zustnde,
nicht Restauration, sondern Renaissance.
beibehalten,
fhlte
die
sie
Worte
Die
alte
Terminologie war
gleichen Begriffe bezeichne;
eine vllig vernderte Bedeutung.
alten Institutionen bestand eigentlich fast nur
der alten Weise
noch Tempel
Die Prophetie trug einen
vernderten Charakter und war berdies im Absterben. Die religise
Wissenschaft und der Volksunterricht begann aufzublhen. An die
Stelle der verstummenden prophetischen Predigt trat die Sabbath-
und Priestertum
in
fort.
Aber
neuen Institutionen
haben sich nur in allmhlicher Entwicklung herausgebildet. Mit Recht
hat darum bereits LEOPOLD Low die Frage nach Entstehung und
predigt des schriftgelehrten Volkslehrers.
die
Entwicklung des Rabbinertums aufgeworfen.* Zutreffend stellt er fest,
da die Rabbiner und Prediger nicht die Nachfolger der alten Propheten
um
sind.
Seine weiteren Schlufolgerungen sind jedoch schon
deswillen abzulehnen, weil die nachexilische Entstehung der ge-
samten biblischen Chokhmaliteratur heute als feststehend anzusehen
ist.
Neuerdings hat G. Klein in den ersten Kapiteln seines Altesten
christlichen Katechismus" den bergang in groen Zgen skizziert.
Eine eingehende Untersuchung lag dem Zwecke seiner Arbeit fern.
Aber die Bedeutung einer solchen Untersuchung, die die allmhliche
'
Leopold Low, Gesammelte Schriften Bd. IV. Low nimmt mit seiner
ein bereits vom jdischen Kulturverein gestelltes Thema wieder auf.
Abhandlung
FESTSCHRIFT COHEN
32
und Wandlung der Begriffe klarstellt, erhellt ohne
weiteres.
Sie gewhrt einen Einblick in die religise und geistige
Struktur des vorexilischen Israel etwa im letzten Jahrhundert und
Entwicklung
lt hnlichkeit
Im
treten.
wie Abweichung
der
nachexilischen
Mittelpunkt stehen die drei Begriffe
Zeit
hervor-
Thora, Propheten,
Weise.
Eine Flle meist prophetischer Stellen nennt neben dem Knig
drei fhrende Stnde im alten Israel, nmlich Priester, Propheten
und eine
dritte Kategorie,
fr
kommen. Weise, Hupter
Richter und lteste.
Micha
3, II.
Deuteron
Jerem
16, 18
(D^Ji'SI),
18,22.
Hirten
(D^VII),
Beamte
(DniT),
welche diese Dreiteilung angeben, sind
Stellen,
4, 9; 8,
verschiedene Bezeichnungen vor-
die
i8, i8; 23; 26; 29, i; 32, 32.
Klagel
2, 9.
In
Jerem
Ezech
7, 26.
18 und 34, 19 sind
i,
Weisen oder Beamten nicht erwhnt,
Zephanja 3, 3. 4 nennt neben Priestern und Propheten noch zwei
28 nnty und
Kategorien, nmlich ^^S) und D^tr, Ezech 22, 25
D'^N^ti'i (nach der offenbar korrekteren Lesart der LXX).
Jerem 2, 8
Zu beachten
zhlt Priester, Propheten, Hirten und minn ''trsin auf.
ist ferner Hos 3, 4, wo Knig, Beamter, Opfer, Masseba und Ephod
und Teraphim genannt werden, sowie die eigenartige Stelle
II Chron 3, 4.
Von den Propheten erwartete man Orakel (DDp), Rede 021)
Vision (ptn). In der Tat weist das israelitische Prophetentum die
Entwicklung auf vom Orakel zur Rede, um sich dann allmhlich zur
Apokalypse umzubilden, in der noch lange nach dem Erlschen der
Prophetie ihre Spuren und Auslufer erkennbar sind. Allerdings ist
die
Propheten,
13, 13
die
bei
dem
diese
Auftreten der ersten Schriftpropheten das Orakelwesen fr
Propheten im allgemeinen bereits berwunden und tritt nur
noch an verhltnismig wenigen
ist
Bereits bei
Stellen zutage.
Amos
Aber wir drfen
Schrift aufgenommenen
das Wesentlichste seiner Prophetie 121 (Rede).
nicht blo an die in den
Kanon der
Heiligen
Propheten und deren Gesinnungsgenossen denken, sondern an die
unendlich viel grere Zahl der in ganz anderen Anschauungen befangenen falschen" Propheten, deren Auftreten natrlich fr die
Auffassung des Volkes vom Prophetentum magebend sein mute.
Lehnten doch z. B. Amos und Micha und hnlich auch Jeremia
jede Gemeinschaft mit diesem Prophetentum ab.
aus den angezogenen Stellen zu schlieen
sein,
Immerhin drfte
da, whrend man
frher das Hauptgewicht auf das Orakel legte, zu Jeremias Zeit das
Volk vom Propheten
in erster
Reihe
im
forderte.
Das
scheint be-
VOGELSTEIN, THORA, PROPHETEN, WEISE
33
werden durch das Prophetengesetz im Deuteronomium,
das dem Propheten lediglich das Wort" im Namen Gottes zuweist.
Ganz besonders charakteristisch ist Jerem i8, i8, wo offenbar eine
Nicht
sprichwrtlich gewordene Redensart wiedergegeben wird:
schwindet Thora vom Priester und Rat vom Weisen und Rede vom
ZU
sttigt
,,
Propheten", weil hier Jeremia nicht seine eigene, sondern die An-
schauung der Volksmenge und gerade seiner Gegner zum Ausdruck
Dieselbe sprichwrtliche Redensart wendet Ezechiel an,
bringt.
wenn
er
7,
man [vergeblich] Vision vom Pround Weisung wird vom Priester und Rat von den
26 droht: Da wird
pheten fordern,
ltesten schwinden."
Vision,
sei
es als ekstatische
Schau,
sei
es
prophetisch dichterisches Phantasiegebilde, begleitet die Prophetie
meisten tritt sie zurck bei
von ihrem ersten Auftreten an.
als
Am
und den im Buche Sacharja enthaltenen Prophetien tritt sie wiederum stark in den Vordergrund,
nimmt fast eine berragende Stellung im Buche Daniel ein und dominiert in den pseudeprigraphischen Apokalypsen zum Alten wie zum
Neuen Testament wie in der Offenbarung Johannes. Charakteristisch
Der Verfasser
fr diese Wandlung ist Spr 29,18 DJ? pS^ pm j^Nn.
lebte zu einer Zeit, in der entweder noch ein Rest der alten Prophetie
erhalten oder doch noch die Erinnerung an sie lebendig war; die
Hosea und Jeremia;
Prophetie
bei Ezechiel
gekennzeichnet
aber wird
Entwicklung
in
Vision" ^
als
der Auffassung der Prophetie
Neben
gehen die
dieser
alten
An-
schauungen noch einher; auch nach Jeremia finden wir noch DDp
Die Prophetie im
als die Bezeichnung prophetischer Wirksamkeit.
alten Israel hat eine rasche Entwicklung zum hchsten Gipfel ge-
nommen; das
Exil
hat
sie
entwurzelt,
visionren Elements begnstigt
hat
und durch
die
das Hervortreten
des
beginnende und ebenso
rasch zur Blte gelangte religise Gelehrsamkeit die Prophetie ab-
Da
Veranlagung der Propheten
diesen bergang zur Vision begnstigt hat, soll keineswegs in Abrede
gestellt werden; stehen doch die deutero- und tritojesajanischen
Reden in dieser Hinsicht in einem gewissen Gegensatz zu Ezechiel
sterben
lassen.
die
persnliche
Sammlern verfaten berschriften der prophetischen Bcher Jesaja, Obadja, Nahum, vgl. auch Habakkuk,
whrend die Bcher Jeremia und Arnos als Reden ("'lan) die Propheten bezeichnet werden. Ganz anders ist die berschrift ..."? 'n n^n, die eben die Worte
des Propheten nur als Gottes Wort kennzeichnet; so ist auch Sach 7, 7 und 7, 12
^
Vgl. auch Klagel.
2,
zu verstehen, nicht etwa in
"13T
gewesen
sei
9 und ptn in den von den
dem
Sinne, da die
zum Unterschiede von den
Sache der frheren Propheten
jetzigen.
FESTSCHRIFT COHEN
34
wie zu Sacharja
vllig
u. a.
vernderte
Aber im
Milieu
die
Grunde ist denn doch das
Ursache zu der Wandlung der
tiefsten
letzte
Prophetie.
und nachexilischer Entwicklung.
Im Mittelpunkt steht die Thora. Durch
diese uralte Bezeichnung wird scheinbar das Alte festgehalten, whDie
religise
Wissenschaft
ist
exilischen Ursprungs
Umwandlung
rend tatschlich der Begriff eine durchgreifende
er-
fahren hat.
Die Terminologie bezglich des Priestertums ist eine durchaus
einheitliche. Der Priester gibt min (Weisung); von der priesterlichen
Unterweisung, und nur von dieser, wird an zahlreichen Stellen, soweit
stammen, das Verbum min angewandt.
Die entgegenstehenden Stellen im Deuteronomium finden sich durchweg nur in den Teilen, die nicht zu dem ursprnglichen Bestnde
Hier ist eine ganz eigenartige Entwicklung
des Buches gehren.
festzustellen. Die priesterliche, bez. auf die Priester und deren Ttigkeit bezgliche Literatur der spteren Zeit hlt die alte, eng umschriebene kultische Bedeutung des Wortes fest, whrend es daneben
seit der Promulgierung des Deuteronomiums eine ganz andere, umfassendere und tiefere Bedeutung erhlt. Diese doppelte Bedeutung
sie
aus
vorexilischer Zeit
des Wortes Thora kennzeichnet und erklrt eine gewisse Zwiespltigkeit der nachexilischen Entwicklung, wie andererseits die
Anwendung
gesamte religise Lehre den ersten
Friedensschlu zwischen priesterlicher und prophetischer israelitischen
Wortes Thora
des
auf
die
Religion anzeigt.
Von den oben
Zeph
3, 3. 4.
Jerem
angefhrten
18, 18.
charakteristisch auf den
Ezech
Priester.
Stellen
7, 26.
beziehen
Deuteron
Deuteron
17,
17, 8
ff.
Micha 3,
8 ff. Thora
11.
als
wird, obgleich
beides einheitlich behandelt wird, der Unterschied zwischen der Unter-
weisung des Priesters (Hlin) und der Entscheidung des Richters (St^O)
scharf festgehalten.
wir
aus
der
Nach Ezech
Was
der Inhalt der Priesterlehre
prgnanten Bedeutung des Wortes
44, 23 ist es
Aufgabe der
Priester,
in
ist,
ersehen
spterer Zeit.
das Volk ber heilig
und unrein zu belehren, und ganz ebenso umschreibt
der Priesterkodex (Levit 10,10.11) den Priesterberuf. Bereits bei
Zephanja 3, 4 begegnen wir dem Gebrauch des Wortes Thora in
diesem Sinne. Deutlicher noch ist Haggai 2, 1 1 Frage doch den
Der Inhalt der Frage ist, ob ein GegenPriester nach der Thora.
stand durch Berhrung geheiligt wird.
Diese Priesterlehre haben
die Vorhaltungen Maleachis (2, 8. 9) im Auge, da die Priester die
und profan,
rein
VOGELSTEIN, THORA, PROPHETEN, WEISE
Thora nach Ansehen der Person
und
erteilen
mit ihrer Thora. Diese priesterliche Thora
35
viele zu Falle bringen
Klagel
2, 9 gemeint und
Chron
wo
von
der
Zeit
die
Rede
ist,
ebenso
in der in Israel
15, 3,
(nilD)
wahrer
kein
kein
Gott,
weisender
Priester und keine Weisung
(min) war. Im Priesterkodex ist dann eine weitere Entwicklung
des Begriffs nach dieser Richtung zu beobachten. An nicht weniger
als 24 Stellen ist Hliri durch Ritual" zu bersetzen.^
Ganz hnlich
der Plural in Ezech 43, ii; 44, 5 von den Bestimmungen ber den
Tempelbau. Von den brigen Stellen in diesen priesterlichen Schriften
ist ebenfalls eine Anzahl in demselben Sinne als Priesterlehre, bez.
kultische Vorschrift aufzufassen.
Noch haben wir in Deuteron 33, 10
eine Stelle, in der Priesterlehre und gottesdienstliches Ritual ein
wenig unterschieden werden. Hier ist fr das Ritual das Wort StTO
angewendet, das genau in der gleichen Bedeutung in dem Bericht
ist
II
ber
II
auf
die
Kn
17,
samaritanischem
Gebiet
26 ff. gebraucht wird, die der
angesiedelten
Kolonisten
israelitische Priester in
Ritual des Gottes Israels unterweist (Din,
miO V. 27.
dem
In gleicher
28).
Bedeutung findet sich tDDtyo auch noch z. B. Ps 81, 5. Wenn nun
fr min und das Verbum min mehrere Bedeutungen festzustellen
sind, so ist ganz besonders zu beachten, da fr die priesterliche,
kultische Unterweisung kein anderes Wort zur Anwendung kommt.
Es kann einem Zweifel nicht unterliegen, da die anderen Bedeutungen des Wortes sich aus dieser entwickelt haben.
Die priesterliche Belehrung wurde nicht in schulmigem Unterricht, sondern auf Anfrage in konkreten Fllen erteilt.^
Aber die
erforderliche Kenntnis, um diese Belehrung geben zu knnen, mute
der Priester sich angeeignet haben; sie war die selbstverstndliche
Voraussetzung fr den Priesterberuf 3 Die Kenntnis dieser Priesterlehre mute also innerhalb der Priesterschaft esoterisch berliefert
werden.
Ob man
dabei an Priesterschulen zu denken hat oder, was
wahrscheinlicher
an mndliche berlieferung von Vater auf
Sohn, bez. vom amtierenden Priester an den jungen Priesternovizen,
bleibe dahingestellt.
Aber gerade fr diese Unterweisung in eng
geschlossenem Kreise ist niin der prgnante Ausdruck, wie Jes 8, 16
viel
Num
Exod
5, 29.
^
7, 22ff.
3
12, 49.
30;
Lev
6, 13.
ist II
6, 2. 7.
21; 19,
Folgt aus Micha
Ebenso
ist,
2.
3. 11
Kn
18; 7,
i. 7.
14; 31, 21;
Deuteron
n.
37; 12, 7; 13, 59; 14,
dazu Lev 11,46.
9 11. Mal 2, 7. Haggai
17,
17, 27f. zu verstehen.
Vgl. Jer 18, 18. Ezech
2.
7, 26.
3*
32. 54. 57.
3, II.
Sach
FESTSCHRIFT COHEN
36
wo
ergibt,
von der prophetischen Unterweisung an die Jnger
es
angewendet wird. Das fhrt weiter zur Erkenntnis der ursprnglichen
Bedeutung des Wortes wie zum Verstndnis des Bedeutungswandels.
Die Erklrung des Wortes Thora und die Herleitung von dem Losdes
orakel
Priesters
recht
ist
'
unwahrscheinlich.
Wre
dies
das
Anwendung auf nichtpriesterliche Beverstehen sein. Dagegen ist durchaus zuzu-
Ursprngliche, so wrde die
lehrung nicht wohl zu
geben,
das Losorakel, das der Priester warf (HT), die Termino-
dali
da nunmehr min speziell die Bezeichnung
Die Bedeutung, von der
fr die priesterliche Unterweisung wurde.
wir auszugehen haben, ist vielmehr: mit dem Finger weisen, zeigen
Der Hebrer
(vgl. Spr 6, 3), demzufolge besonders den Weg weisen,*
absolut an hnlich wie Tlh\i^ mit dem Objekt T.
So
wendet
ergibt sich zunchst die Bedeutung der mndlichen Unterweisung,
und zwar nicht sowohl der prophetischen Belehrung durch die Rede,
sondern vorzugsweise der priesterlichen auf Anfrage hin.
Die sptere Bedeutung von Thora im Sinne der gesamten religisen Lehre einschlielich der Morallehre datiert von der Auffindung
des Deuteronomiums. Der Bericht in II Kn 22 liefert den Schlssel
logie insofern beeinflut hat,
mn
und
hierzu
dem
in
gibt zugleich einen Fingerzeig zur
das Deuteronomium entstanden
Kreises,
dem ganzen
Bericht
In
ist.
aufgefundene Buch weder von
das
wird
Bestimmung des
einer
mitwirkenden
der
Personen noch von dem Verfasser des Berichts als Thora bezeichnet;
auch die Prophetin Hulda nennt es nicht so. Einzig und allein der
Fr alle anderen sind Thoroth
Priester Hilkia nennt es minn 1DD.
nur die alten Weistmer der Priester; dies Buch, das neben wenigen
Weistmern so viel von den Grundgedanken der
Prophetie enthlt, ist nach der bis dahin herrschenden Anschauung
Lnger als ein Jahrhundert hatte der Kampf zwischen
nicht Thora.
In der
prophetischer und priesterlicher Religion in Israel gewhrt.
Natur des Priestertums liegt die Betonung des ueren, kultischen
Elements. So grundverschieden die prophetische Religion von allem
Heidentum war, so nahe waren die Berhrungen der priesterlichen
priesterlichen
97;
Stade,
Bibl.
GDEMANN,
s.
2
So
am
Theologie des
Exod
2,
15, 25).
== Micha
ugf.,
Nowack,
Bibl.
Kn
Sam
4, 2.
II
(=
12, 23.
Weg fhren, bez. den Weg
mit doppel32, 8. Spr 4, n
min auf einen
Ps
25, 8.
11
Chron 6, 27), Ps 27, ii; 86, ii;
Hierher gehrt auch die Konstruktion mit dem
I
Archologie
Quellenschriften S. IV.
deutlichsten Jes 30, 20 f.
weisen mit n konstruiert
tem Akkusativ
AT
8,
36
II
119, 33 (vgl.
auch
partitiven ^D Jes
VOGELSTEIN, THORA, PROPHETEN, WEISE
3/
Formen und Anschauungen der "heidnischen
Auf diesem Wege drang das Heidentum immer wieder in
Religion mit den religisen
Umwelt.
Dem
Israel ein.
ethischen Monotheismus der Propheten, der Opfer-
und uere Frmmigkeit gering schtzte, stand die von den
Priestern gehtete und in ihren altberlieferten Kultformen gewahrte
kultus
Volksreligion gegenber.
Wie
verschrften sich whrend des
der persnliche
lich ist
Aber
Jeremia.
Priesterschaft
Ha
berall bei
Kampfes
gleichartiger Entwicklung
die Gegenstze, leidenschaft-
der Priester gegen ihren Standesgenossen
dennoch auch in der
Jeremia war Priester, und an der
die prophetischen Ideen hatten
Wurzel geschlagen.
Spitze der jerusalemischen Tempelpriesterschaft stand zur Zeit Josias
der
durchaus der Prophetenpartei zuzuzhlende Hilkia.
tritt
bei hnlicher
Grundanschauung zwar nicht
Hier nun
die Gegenstzlichkeit,
wohl aber die Verschiedenheit zwischen dem aus priesterlichem Geschlecht stammenden Propheten und dem prophetischen Anschauungen
huldigenden Priester zutage. Jeremia nennt die Opfer nicht von Gott
geboten,
(Kap.
die
7);
Gebot vielmehr ethischen Charakters sei
der Priester hlt die berlieferten Kultformen fest und wei
dessen
ethischen
einziges
Ideen
des
Den Propheten
bringen.
Prophetismus
ist
die
mit
ihnen
in
Einklang zu
Luterung der religisen Idee und
des religisen Bewutseins zu danken
die praktische Verwirklichung,
berfhrung aus den Kpfen einer kleinen geistig hoch stehenden
Schicht in das lebendige Bewutsein des Volkes und damit die Umwandlung aus der religisen Erkenntnis Weniger zu einer Religion
die
konnte nur auf
dem Wege
den die Priester einschlugen.
Den Propheten leitete einzig die Wahrheit seiner Ideen ohne Rcksicht auf ihre praktische Durchfhrung im Augenblick; der Priester
hat mit psychologischem Verstndnis fr das Empfinden der Volksseele diese Ideen mit Hilfe der alten Formen in das Bewutsein des
Volkes zu pflanzen gesucht. Ihm wurden die ethischen Ideen des
erfolgen,
Prophetismus zu Thoroth ebenso wie die kultischen berlieferungen.
In diesem Kreise der prophetisch gesinnten Priesterschaft ist das
Deuteronomium entstanden, das den Ausgleich zwischen prophe-
und
Fr dieses Priestertum
war der Begriff der Thora erweitert und umfate nunmehr die gesamte religise Lehre. Es bedarf keines Wortes, da dieser Sieg
der prophetischen Ideen ein Zurcktreten der Prophetie und eine
tischer
priesterlicher Religion
brachte.
des Priestertums zur Folge haben mute. Benun nicht mehr des prophetischen Dabar, dessen
erhhte Bedeutung
durfte
es
Inhalt ja
doch
bereits
in
der Thora enthalten war.
Damit mute auch
FESTSCHRIFT COHEN
38
die
Bekmpfung der
kultischen Vorschriften durch die Prophetenpartei
aufhren, da diese sich
Weise wie
in gleicher
Der
aus der Thora ergaben.
die ethischen
fast unmittelbar
folgende
Lehren
Zusammen-
bruch hat diese Entwicklung begnstigt, die vllig vernderte Stellung
und der vllig vernderte Charakter der Prophetie bei Ezechiel
Haggai, Sacharja und Maleachi
IIKn
wie
Stellen
oder gar Thoroth
Nun mute
als
9,
In nachexilischen
10 u.a. kann dann sogar Thora
durch die Propheten
erteilt
genannt werden.
soweit
Aber auch
apokalyptischen Charakter annahm.
Priestertum blieb die Fhrung nur, so weit es sich den prophe-
tischen Inhalt der
hat
Dan
unverkennbar.
die Prophetie notwendigerweise rasch erlschen,
sie nicht visionren,
dem
17,13.
ist
es
Thora zu eigen gemacht
unbedingte Suprematie erlangt.
die
hatte.
Zunchst
freilich
Erst allmhlich mute
durch den auf der neu gewonnenen Grundlage entstehenden Stand
der Schriftgelehrten die Opposition und der Kampf gegen das im
Opferkult erstarrende Priestertum sich erneuern.
Der
dritte
der fhrenden Stnde sind die
Die bliche
D''D3n.
bersetzung weise, Weisheit gibt nur die Bedeutung wieder, die
das Wort zu einer ganz bestimmten Zeit und innerhalb eines bestimmten Zweiges des biblischen Schrifttums, in der Chokhmaliteratur,
erhalten hat.
Hier bedeutet es den Weltweisen, bez. die Weltweisheit
im Sinne jener Literatur und ganz besonders die Trger dieser Weltweisheit und dieser Literatur. Aus der Bedeutung der Chokhmaliteratur
innerhalb des biblischen Schrifttums erklrt es sich, da man leicht
geneigt ist, diese Bedeutung von DDH auch auf andere biblische
Stellen
zu
bertragen.
Aber
Weisheitsliteratur
diese
nachexilischen Zeit an und weist nach Inhalt und
gehrt
Form
Parallelen mit der hellenistischen Popularphilosophie auf.^
der
zahlreiche
Aber
diese
Bedeutung kommt dem Wort nur in einer Phase des kulturellen
Lebens zu. Fr die ltere Zeit ist diese spezielle Bedeutung nicht
zutreffend. Hier ist vielmehr DSn der Gelehrte ^ oder zum mindesten
Friedlnder, Griech. Philosophie im
philosophischen Diatribe der Griechen
Kultur usw.
(in
s.
bei
Lietzmanns Hdb. zum NT)
schichtliche Anspielung in
AT
S.
S. 61.
Die Parallelen aus der
Wendland,
39
ff.
Hellenist.-rmische
Nebenbei
sei
auf eine ge-
den Proverbien hingewiesen. Prov 16, 32 spielt auf
der die Zgellosigkeit selbst war und sich durch den
Demetrios Poliorketes an,
Mangel an Selbstzucht selbst um die glnzendsten bereits erzielten Erfolge
brachte. In l'^j? nD*? liegt die bersetzung des Beinamens iroKiopKTfinis vor.
* S. Leopold Low, Ges. Sehr. IV
193 f. Die Gleichsetzung mit den Spruchweisen bei
Low
ist
allerdings irrig.
VOGELSTEIN, THORA, PROPHETEN, WEISE
was
der Gebildete,
jene ltere Zeit,
fr
in
39
der es eine allgemeine
am
Volksbildung nicht gab, eng verwandte Begriffe waren;
Wort fr jene
kundig".
Das Wort
ist
das
bezeichnet
wiedergegeben durch
auch die Kenntnis oder
vielleicht
Zeit
ltere
besten
daher
Fertigkeit auf irgendeinem technischen
Gebiete.
Jes
3,
wird
der
Zauberkundige (D^tJ'in QDri), Jerem 9, 16 die des Klagegesanges und
der Trauergebruche kundigen Frauen so genannt'. Daneben findet
Der Richter und Beamte
sich DDn auch in der Bedeutung klug.
soll, wie an zahlreichen Stellen gefordert wird, ein ]1Di1 DDH ti'"' sein;
das Gleiche erbittet Salomo fr
regieren zu knnen.*
Hier
ist
sich,
nODn
um
sein
Volk gut und gerecht
die Kenntnis der Rechtsbestim-
den Rechtsfall und
Eine ganz eigenartige Verdie Anwendung der Rechtsnormen.
bindung ist das hufig vorkommende ^h DDH, das Prov 16, 21 ganz
charakteristisch dem ]'\2^ an die Seite gestellt und fast gleichgesetzt
wird. Es ist der Ausdruck fr die nicht durch Studium oder bung
mungen, m'\2D
die Einsicht, das Verstndnis fr
erworbene, sondern auf natrlicher Veranlagung beruhende Fhigkeit.
Die Bekleidung eines obrigkeitlichen Amtes setzte zum wenigsten
die Kunst des Lesens und Schreibens voraus; und wer schreiben
konnte, verfgte ber ein ansehnliches Mali von Bildung. ^ In BabyAssyrien und gypten war die Brokratie bereits frhzeitig
lonien,
in
hohem Mae
In ffentlichen Angelegenheiten wie in
ausgebildet.
wurde dort viel geschrieben. Der Kodex
Hammurabi spricht u. a. von Schenkungsurkunden, verlangt bei der
Eheschlieung den Ehekontrakt usw. Sicherlich ist in den Kleinstaaten Israel und Juda mit vorwiegend buerlicher Bevlkerung
nicht so viel regiert" und geschrieben worden wie in diesen Grostaaten mit hoch entwickelter Kultur. Aber auch hier ist ausreichend
geschrieben worden. Unter den hchsten Staatsbeamten wird mehrfach der ISID genannt^, dem militrischen Hchstkommandierenden
war ein eigener 1S1D beigegeben s, die Zuteilung der einzelnen Zweige
privaten Rechtsgeschften
der Staatsverwaltung an bestimmte Ressortchefs setzt eine geordnete
Verwaltung voraus,
bei
der
es
nun einmal ohne
viel
Schreibwerk
ist es aber, wenn Stade a. a. O. I 253, verleitet durch die
auch Jerem 18, 18 D3n einfach mit zauberkundig bersetzt und in
Jerem 9, 16 eine Beziehung auf Ahnenkult und Totenbeschwrung vermutet.
^ Deuteron i, 13. I Kn
3, I2; vgl. Gen. 41, ;^2^3 Vgl. Otto Weber, Die Literatur der Babylonier und Assyrer S. 25.
^
Unrichtig
Jesajastelle,
Kn
S.
4, 3.
II
Kn
22,
3fTf.
Jer 36,
10. I2fif. u. .
mein: Militrisches aus der israelitischen Knigszeit
S. 6,
FESTSCHRIFT COHEN
40
Da
nicht abgeht.
viel
auswrtige Politik auch
die
den Kleinstaaten
der Auffindung der Amarna-
Schreiberei erforderte, bedarf seit
briefe keines
Beweises mehr.
in
Beispiele diplomatischen Briefwechsels
sind in der Bibel das Schreiben, das der Syrerknig seinem Feldherrn
Naeman
und das Glckwunschschreiben Merodach Baladans an Hiskia. Von schriftlichen Geheimmitgab,
Botschaft
die
Sanheribs
erlassen wird berichtet:
Davids Schreiben an Joab, Uria betreffend,
Isebels Schreiben an die ltesten in Sachen Naboths.
Aber auch
abgesehen von der Staatsverwaltung ist viel geschrieben worden.
Jeremia 29 berichtet von Jeremias Sendschreiben an die Exulanten
und von Semajas Beschwerdeschrift.
Besonders aber sind viele
Privaturkunden geschrieben worden.
Bericht ber Jeremias' Gutskauf
jdisch -aramischen
in
Ein klassisches Zeugnis
Anathoth (Jer
von Elefantine
32),
zu
der
ist
dem
jetzt
eine Flle von
Analogien bieten. Die Beschreibung des Kaufkontrakts lt erkennen,
da bei Grundstckskufen schriftliche Vertragsschlieung erforderlich
Zur Abfassung solcher Urkunden bedurfte man schreib- und
war.
die
rechtskundiger Mnner.
Papyri
Es
sonach wahrscheinlich, da es in
Juda hnlich wie in Babylonien eine besondere Zunft der Schreiber
oder Notare gegeben hat, wie ja auch in den Papyri von Elefantine
ist
der Schreiber stets erwhnt wird.
Diese Rechtskunde und die
Fhigkeit zur Abfassung rechtsgltiger Urkunden wird
und
DDn
von
zweifellos
ist
sonach der
9,
Richter
dem hheren Vervvaltungsbeamten gefordert.
Mann mit gelehrter Bildung, der eben um dieser
Bildung willen zu einem hheren Staatsamt
zeichnet Jer
vom
qualifiziert
ist.
So be-
22 neben der Militraristokratie (1U3) und der Geld-
den Gelehrten- oder Beamtenadel.*
Diese Begriffsbestimmung wird durch die eingangs aufgefhrten
aristokratie (y]}) DDP!
unbedingt gefordert.
den beiden identischen Stellen Jer
18,18 und Ezech 7, 26 wechselt DDH mit D^ipt, in Deuteron 16, 19
wird fr Richter und Beamte als Voraussetzung angegeben, da sie
D'^ODn und D'^pns sind, d. h. rechtskundig und gerecht. Die Aufgaben,
die ihnen zugewiesen werden, wie die Vorwrfe, die gegen sie erhoben werden, fhren weiterhin zur Identifizierung des Begriffs DDn
Stellen
mit ^,
DI',
"itsitj',
nyn,
DDH der umfassendste
In
IV^,
Begriff",
^S^i,
weil
'pyr.
Genauer ausgedrckt,
er fr
alle
diejenigen
gilt,
ist
die
befhigt sind, irgendeine der so bezeichneten Stellungen einzunehmen.
Eine genau przisierte Begriffsbestimmung scheint nicht mglich zu
'
Das.
S. II.
VOGELSTEIN, THORA, PROPHETEN, WEISE
4I
immerhin lassen sich einige Punkte annhernd bestimmen, l
ist die allgemeinste Bezeichnung fr den Inhaber eines Amtes mit
obrigkeitlicher autoritativer Befugnis in der Zivilverwaltung wie im
In Verbindung mit "j^n bezeichnet es den Offizier, in
Heeresdienst.
Verbindung mit der von ihm kommandierten Truppe die Offizierscharge, und zwar vom Hchstkommandierenden der gesamten
Truppenmacht bis herab zum Subalternoffizier ^ Mehrfach wird der
Gouverneur der Hauptstadt ^ einmal auch die Gouverneure der Bezirke oder Kreise genannt J; beide mter drften militrische gewesen
In der Zivilverwaltung werden z. B. im Buche Nehemia die
sein*.
Kreishauptleute D^IB' genannt unter Angabe der von ihnen verwalteten Bezirke, bei Salomo ist es die Bezeichnung der den Vgten
sein;
vorgesetzten obersten
nur
Zivilverwaltung
Im allgemeinen scheint es in der
hheren Beamten angewendet worden
Beamten s.
die
fr
zu sein.
Die
das ltestenkollegium
sind
D'^ipt
scheinend von den Brgern selbst erwhlt.
immer nur
der Pluralform
in
Verwaltung,
Feststellung
die
genannt.
und
jeden
einer
Sie
werden
Stadt,
als
Hnden
In ihren
an-
Behrde
lag
die
Beurkundung
erforderlichenfalls
wichtiger privatrechtlicher Akte sowie die Polizeigewalt .
nyn und
bezeichnen anscheinend nicht beCtimmte Beamten-
JJ'NI
sondern sind allgemeine Benennungen fr die Hupter
oder Fhrer des Volkes. 7 "'tJ'i war ein hoher Beamter von vor-
kategorien,
nehmem Range,
hier
mag
die
der Exekutivbeamte, der nicht
bersetzung Frst
zutreffen.
in leitender Stellung
ItOltJ'
ist
ist.
genaue Umschreibung der Amtstitel
und Amtsbefugnisse, die ohnehin nicht vllig durchfhrbar ist, ist
die Feststellung, da Jurisdiktion und Administration voneinander
und von beiden wiederum die priesterliche Entscheidung getrennt
Wichtiger
Das.
'
3 I
S. 8
Kn
Kn
aber
die
als
ff.
22, 26. II
20, 14
Kn
23, 8.
ff.
Fr die Provinzialgouverneure wird
nianon
5
'ntr
I
Kn
^ Vgl.
7
dies durch die
Verwendung der
'njl3
sehr wahrscheinlich gemacht.
9,
23
u. ,
Deuteron.
Vgl. Sir 10,
2,
22, 13
ff.
Ruth
wo Ty n
und VTb zusammenfat.
4.
Deuteron
21, iff.
die beiden Begriffe des ersten Halbverses BIW
Der Vers
ist
zu bersetzen:
Wie
der Richter emes
Volkes so sind auch seine Rte, und wie die Leitung einer Stadt, so ihre Bewohner.
Ryssels bersetzung verwischt die durchaus klare Einteilung vollstndig.
FESTSCHRIFT COHEN
42
den Beamten genannt,
Deuteron 17, 11 wird die Einsetzung von Richtern und Beamten
verlangt, Jes i, 26 verheit die Wiederherstellung durch Wiedereinsetzung guter Richter und Beamten, Jer 3, 2 zhlt Richter, Prophet,
war^
Zeph
3,
sind
Richter neben
die
Orakelmann und ltesten auf.
Die Trennung zwischen priesterlicher und
weltlicher Gerichts-
Deuteron 17, 8 ff ausgesprochen. Freilich ist die Stelle
vielfach miverstanden worden, so bereits im Talmud und so noch
von Kautzsch; die richtige Auffassung bietet nur teilweise Ibn
Esra, klar erfat hat Samuel b. Meir die Stelle: Wenn dir eine
Sache zu schwierig zur Entscheidung (tSDlfD) ist, und zwar eine
Kriminalsache (l) oder eine Zivilsache (]''"l) oder eine SchadenDa sollst du zu den levitischen Priestern und
sache (V^i)
barkeit
zu
dem
ist
Richter, der in jenen
Tagen
sein wird,
kommen und
fragen,
Entscheidung (taD^O) kund tun
Gem der Weisung (min), die sie dir geben, und gem dem Urteil
"
(tsS'O), das sie dir sprechen werden, sollst du verfahren
Der Talmud deutet irrig D*T auf die Frage, ob das Blut als rein oder
unrein anzusehen ist, und begreift unter yi Kriminal- und Zivil-
und
sie
sollen
die
dir
Meir und Ibn Esra erklren mit Recht D"I auf
es handelt sich um die Frage, ob Mord oder TotKriminalflle
]n auf Zivilstreitigkeiten bezglich. Die dritte
schlag vorliegt
Gruppe deutet Ibn Esra flschlisch auf krperliche Verletzung oder
ttliche Mihandlung, Samuel b. Meir dem Talmud mit Recht folgend auf den bei Aussatz u. dgl. zutage tretenden Schaden, fr den
y:ii das charakteristische Wort ist.
Die Entscheidung hierber lag
Auf sie bezieht sich die Weisung",
in der Hand des Priesters.
proze.^
Samuel
b.
whrend der Richter
'
die
10,
in
Kriminal- oder Zivilsachen Urteil spricht 3.
Gegen NowaCK, Archologie
309. 321
f.
P"r die nachexilische Zeit ist
Trennung von Verwaltung und Gerichtsbarkeit durch Sirach bezeugt, der
24
ttDItri
birio
(11?)
am
nebeneinander
als
die angesehensten Stnde nennt.
Ebenso zeigt v. i und 2 die Trennung der Gewalten (s. vor. Anm.). Sir 10, 5 ist
ppno parallel mit nbtPOD gebraucht; ebenso bedeutet es Jes 33, 22 den politischen
Fhrer, den Gesetzgeber zum Unterschied von dem Richter, dem die Anwendung
des Rechts obliegt.
^
Sifre
z.
St.; b.
Snh 87a, Nid
mischen Targums, ferner Raschi
3
In Deut. 19, 17
Denn
geratene Glosse.
ebenso die beiden Verss. des jerusale-
u. a.
9 veranlagte, in den Text
die Stelle handelt lediglich von welthcher Gerichts-
D'insn offenbar eine durch
17,
auch nur von den Richtern die Rede, whrend Deuteron
die Erwhnung des Priesters sachlich gerechtfertigt und die Teilung konse-
barkeit, in v. 18
17
ist
19 a;
ist
VOGELSTEIN, THORA, PROPHETEN, WEISE
43
Die Terminologie hlt die Unterschiede durchweg fest; nur die mehrfache Bedeutung des Wortes C3Btyo bringt leicht Verwirrung.
Es
an dieser Stelle einmal
ist
dung"
in
der allgemeinen Bedeutung Entschei-
irgend welcher zweifelhaften oder strittigen Frage,
in
der speziellen Bedeutung richterliches Urteil" gebraucht.
Bedeutung Ritual"
und
Eine
in
dritte
Deuteron 21, ifif. wird die
Entscheidung, zu welcher Stadt der Fundort der Leiche gehrt, den
Altesten und Richtern, die Shnezeremonie den ltesten und Priestern
spezielle
s.
o.
S. 5.
zugewiesen.
Gegen
Trennung von Justiz und Verwaltung sind scheinbar
anzufhren Jerem 26, Deuteron 19, 12. 21, 18 ff. 22, 13 ff.
Allein
Jeremia 26, 16 f. zeigt, da die erkennende Behrde nicht die Beamten
waren, sondern die Volksversammlung unter Vorsitz der Beamten.
Das war anscheinend der Fall bei Anklagen wegen Gotteslsterung
oder Hochverrat; denn auch in einem zweiten gleichartigen Falle,
in dem Proze Naboths, ist, wie I Kn 21, 13 zeigt, die Volksversammlung zur Urteilsfllung berufen.
Deuteron 21, 18 ff. und 22, 13 ff.
handelt
um
es
die
sich
aber nicht
Ausbung der
um
einen
ordentlichen Proze, sondern
Die ltesten sind nicht erkennende richterliche, sondern lediglich beurkundende und in dem
einen Falle ausfhrende Exekutivbehrde.
Deuteron 21, 18 ff. bezeichnet den Fortschritt gegenber dem frheren, in Genes 38 widerdie
gespiegelten Zustand.
und
patria
potestas.
Es bedarf der bereinstimmung beider Eltern
Erklrung unter Vorbringung der Beweise vor der Ortsbehrde. Hierdurch wird der Spruch beurkundet und fr vollstreckbar erklrt. Ebenso bringen Deuteron 22, 13 ff. die Eltern die Beweisihrer
stcke vor der Ortsbehrde
bei, die die Aussage des Ehemanns als
verleumderisch beurkundet und ihn kraft ihrer Polizeigewalt in Strafe
nimmt.
Wie
Hochverrat und Gotteslsterung ist bei der Anklage
des Mordes die Volksversammlung die erkennende richterliche Behrde (Num 35, 24 ff.). Die ltesten (Deuteron 19, 12) sind auch
bei
hier lediglich die die Vollstreckung des Urteils vollziehende Exekutiv-
Im Deuteronomium ist nicht angegeben, wem die richterFeststellung, ob Mord oder Totschlag vorliegt, zufllt.
Die
behrde.
liche
Pflicht
der ltesten
ist
quem
in
lediglich,
den Mrder durch ihren Bttel
durchgefhrt ist; nur dafj v. 8 die weltlichen Streitsachen den kultischen,
den folgenden Versen die priesterlichen Entscheidungen denen des weltlichen
Richters vorangestellt sind.
FESTSCHRIFT COHEN
44
dem
holen zu lassen und
Blutrcher zur Vollstreckung des gefllten
Todesurteils auszuliefern. Die
Lcke im Deuteronomium wird durch
Num
Dali beide Stellen verschiedenen Quellenschriften
35 ergnzt.
angehren, ist hier belanglos, da die jngere Numeristelle die Ab-
Volksversammlung
urteilung durch die
hat.
Denn
es
ist
wohl denk-
da im Laufe der Entwicklung richterliche Befugnisse der
ganzen Gemeinde auf die ltesten bergehen aber es ist zweifellos^
da die Entwicklung sich nicht in der Richtung der bertragung
richterlicher Kompetenzen von den ltesten auf die ganze Gemeinde
bar,
vollzogen hat.
Der Spruch des Richters wird durch
Dty (DSIi') gekennzeichnet;
dem
Erkenntnis geht die richterliche Feststellung des Tatbestandes
(Untersuchung) voraus (ty"^)^ Den Ausspruch des politischen oder
Verwaltungsbeamten nennen Jeremia und Ezechiel in der bereinstimmenden Stelle n:JV- Das Wort bedeutet im ffentlichen Leben
Entscheidung, Beschlu, Verfgung, ebenso wie yVV als feststehender
Terminus nicht den Berater, sondern den zu solcher H'^V berechtigten und verpflichteten hheren Beamten bezeichnet.^
Unerklrt bleibt, wer die niinn "'trsin Jerem 2, 8 sind. Trotz
mancher Bedenken scheint es doch, da sie mit den soeben genannten Priestern zu
besonders hart
identifizieren seien,
tadelt,
indem
er
und da Jeremia
die Priester
auf ihre zwiefache Aufgabe,
den
Opferdienst und die Gotteserkenntnis aus den alten Thoroth hinweist.
Die Promulgierung des Deuteronomiums brachte eine vollstn-
das Volk des Buches" geworden. Freilich ist es nicht richtig, sie in frherer Zeit als das
Volk des Wortes zu bezeichnen 3. Denn so hoch uns die prophetische Religion ber der kultischen Frmmigkeit der Priester steht,
Die Juden waren
dige Vernderung.
mssen fr jene Zeit prophetischer Dabar und priesterliche
Thora neben einander als gleich mchtige Quellen religisen Lebens
anerkannt werden.
Nun der Ausgleich herbeigefhrt war, waren
so sehr
beide zu einem Strom vereint.
Die Thora war nicht mehr Priester-
sondern auch gleichzeitig prophetische Volkslehre;
das Grundgesetz fr das gesamte Volksleben sein, daraus
lehre allein,
sie
sollte
er-
Deuteron
19, 18
17,4.
Micha 4, 9 und Hieb 3, 14 neben -[h; Jes 19, 11 neben on, Jes i, 26
(s.o.) und Hiob 12, 17 neben D'DSl'; ferner Prov 11,14; 24, 6; vgl. Jes 19,17- IChron
diese
27, 32. 33. II Chron 25, 16. Esra 7, 28; 8, 25 vgl. unser deutsches Rat". In
^
Terminologie fgt sich unschwer Jes
3
Wellhausen,
Isr. u.
11, 2 ein.
jd. Gesch. 158.
VOGELSTEINj THORA, PROPHETEN, WEISE
45
gab sich die Notwendigkeit intensiver Volksbelehrung. Aber dies
Problem hat damals wohl noch niemand wirklich erfat. berdies
war der Friedensschlu zwischen Prophetie und Priestertum keineswegs ein allgemeiner. Unter der kraftvollen Regierung Josias mag
Unmittelbar nach seinem Tode
er aufrecht erhalten worden sein.
erhoben die Anhnger der alten Priesterreligion, die durch den
Friedensschlu
zugunsten der jerusalemischen Tempelpriesterschaft
zurckgedrngt waren, wieder
ihr
Haupt, und die politische Situation
Wiederum
schrfstem Kampfe gegen
begnstigte das Eindringen des Heidentums.
bis
zum
schaft,
Falle Jerusalems in
einschlielich
steht Jeremia
die Priester-
der jerusalemischen Tempelpriester.
glcklichen politischen Verhltnisse lieen zu einem
Die un-
Aufbau auf der
neu gewonnenen Grundlage nicht gelangen. Das Exil fhrte den
Umschwung herbei. Die Geschichtsauffassung der Propheten wurde
mehr und mehr magebend, die Reden der Propheten und die
Thoroth aus alter Zeit gewannen erhhte Bedeutung. Je mehr man
die Hoffnung auf Wiederherstellung hegte, um so eifriger mute man
sich der Erforschung der alten Thoroth zuwenden, auf deren Grundlage das neue Israel erstehen sollte.
So entstanden die Schulen
der Schriftgelehrten, und so erklrt sich fr die erste Zeit das berwiegen der Priester in dem Schriftgelehrtenstande. Denn einmal
waren die Priester von alters her die Trger der Thoroth, sodann
sollten sie in erster Reihe bei der erwarteten Restauration bereit
und fhig sein, den Dienst genau nach den Vorschriften zu versehen,
und schlielich suchte, da die Prophetie mehr und mehr verstummte,
das Volk naturgem religise Belehrung vorzugsweise bei den
Priestern.
Charakteristisch
ist
die
mit
dem
Falle Jerusalems vllig
vernderte Stellungnahme der Prophetie, fr die das Wiedererstehen
Tempels das Symbol des Wiederauflebens Israels und ihrer
religisen Ideale wurde.
Tempel und Priestertum rcken auch fr
die Prophetie seit Ezechiel in den Mittelpunkt.
Ganz im Gegensatz
zur vorexilischen betont die exilische und nachexilische Prophetie
die Bedeutung der kultischen Frmmigkeit. Jetzt erst ist der deuteronomische Friedensschlu zwischen prophetischer und priesterlicher
Religion vollkommen.
Richtet doch der Prophet Haggai selbst
Fragen kultischen Inhalts an die Priester, nennt doch Maleachi den
des
Priester einen Gottesboten.
In
Aber
Babylonien
fr
die
entstanden
religise
die
Schulen
der
Schriftgelehrten.
Gelehrsamkeit wurde nun nicht die gleiche
Ausdrucksweise angewandt wie vor dem Exil fr die gewissermaen
FESTSCHRIFT COHEN
46
Man war sich der Verschiedenheit zu sehr
weltliche Rechtsgelehrsamkeit
Der auf
bewut.
religisem Gebiet Gelehrte hie ISID.
In diesem
Kreise entstand neben anderen Schriften der Priesterkodex, diesem
Kreise gehrte
handenen Thoroth zu
migung
vornehmster Vertreter Esra
als sein
Thora verband,
einer
zur Einfhrung
derselben
der die vor-
die knigliche
Grundgesetz
als
an,
Geneh-
fr die jdische
Juda erwirkte und im Verein mit Nehemia die Anerkennung der Thora durch den Volksbeschlu der groen Versammlung herbeifhrte. Hier bei Esra findet sich zuerst die Bezeichnung
Kolonie
in
des Buches
wie
min
als nty
200
Deuteronomium
oder
minn oder
n\"l'?
nmn
nSD ebenso
Jahre frher der Priester Hilkia das prophetisch-priester-
fast
liche
"lD
als
des genannten religisen
Thora bezeichnet hatte. Diese Festlecrun<?
Lehrgebudes mute den Rest der Prophetie
erlschen und die Belehrung durch die Soferim an ihre Stelle treten
lassen.
So
ist
Maleachis mahnender Hinweis auf die Thora Moses
gleichsam das Abschiedswort der Prophetie.
Von
besonderer Bedeutung sind die
Bestrebungen
Esra zurckgehenden
Belehrung des Volkes, die ihren Ausgangs-
die
fr
bis auf
punkt von Thoravorlesung und Predigt nahmen. Hier soll nicht auf
die Versuche zur Lsung des groen Problems der Volksbildung ein-
gegangen werden,
eine
die
eigene umfangreiche Untersuchung er-
Bedeutung dieser Bestrebungen nach der Richtung der Zurckdrngung des Priestertums skizziert werden.
Der
Zugang zur Thora stand allen offen, und wenn zu Esras Zeiten auch
nur die Priester
denn die Leviten sind nur die degradierten nichtzadekitischen Priester
die Volkslehrer waren, so war bereits etwa
ein Jahrhundert spter das nichtlevitische Laienelement unter den
Soferim sehr stark vertreten und berwog bald den Levitenstand'.
Nach derselben Richtung tendierte die Einrichtung des opferlosen
fordern, sondern die
Gottesdienstes, dessen Mittelpunkt die Belehrung bildete,
des Tempels, die Begrndung der Synagoge. Es kann
auerhalb
kaum einem
Zweifel unterliegen, da eine solche Zurckdrngung von Esra beabsichtigt
die
mit
man
dem
war,
in
vermutlich
den kaum
schlielich
s. 434).
S.
drei
der wenig gnstigen Erfahrungen,
Menschenaltern
Priestertum gemacht hatte.
wiederum, wie es
infolge
die
mein:
in
seit
Denn
dies
der Natur der Sache lag,
kultische
Seite
der Wiederherstellung
Priestertum hatte
mehr und mehr
des religisen Lebens im Auge.
ausIn
Ursprung und Entwicklung des Apostolats (Monatsschritt 49
VOGELSTEIN, THORA, PROPHETEN, WEISE
anderer Weise
als frher
und dennoch
in
4/
gewisser Hinsicht hnlich
wiederholte sich der Gegensatz zwischen Priestertum und Prophetie
in
dem Gegensatz
zwischen Priestertum und Soferim.
Die Haltung
des Priestertums, die von Maleachi wie von Nehemia herben Tadel
Vorgnge wie der von Josephus Altert. XI 7, i berichtete
u. a. muten das Ansehen des Priestertums schwchen.
Die imponierende Gestalt des Hohenpriesters Simon des Gerechten, die feierliche Wrde, die er dem Opferkult zurckgab, hat Priestertum und
Opferdienst mit neuem Ansehen umkleidet. Sirach und die rabbinische berlieferung erkennen Simons Suprematie unumstritten an.
Die syrische Religionsverfolgung und die religise Befreiung durch
eine Priesterfamilie, der nun das Hohepriesteramt zufiel, haben wiederum Tempel und Priestertum erhhte Bedeutung verliehen. Es
ist die Antinomie des Pharisismus, da er seiner innersten Tendenz
nach das Judentum von Tempel und Priestertum zu lsen sucht,
whrend die Verhtnisse immer wieder Tempel und Priestertum in
den Vordergrund rcken.
Trotz allem ist noch whrend des
Bestandes des Tempels die religise und geistige Fhrung des Volkes
dem Priesterstande entwunden worden und in die Hnde des Gelehrtenstandes gekommen.
Dazu trug die in dieser Zeit entstehende Chokhmaliteratur das
erfuhr,
Ihrige bei.
Diese
religise,
aber nicht kultisch gerichtete,
an den
universalistischen prophetischen Ideen orientierte Literatur stellt
die Opposition gegen das berwuchern des Formelhaften, gegen
priesterlich enge Auffassung dar^
Die alte, lngst erloschene Bezeichnung DDn, die einst fr den weltlich" Gebildeten Anwendung
gefunden hatte, wurde nun von diesen Laien" adoptiert, vielleicht,
ja wahrscheinlich unter dem Einflu des griechischen o-o<^6<i. So erhielt das Wort die Bedeutung der Weltweise, so tritt uns D^n und
noDn besonders in den Proverbien und im Koheleth ganz im Sinne
der griechischen o-oc^d? und o-o</)ta entgegen, wobei allerdings zu beachten ist, da diese Weisheit, wenigstens so weit die erhaltene
Literatur
Kunde
gibt,
durchaus
religis gerichtet
gewesen
ist.
Die gemeinsame Gegnerschaft gegen das ungelehrte, religis im
tieferen Sinne uninteressierte, im Formelhaften erstarrende Priestertum hat Chakhamim und Soferim enger zusammengefhrt, die weitere
Trotz mancher Einwendungen, die im einzelnen geltend zu machen sind,
hat G. Klein, der lteste christliche Katechismus S. i8fT. die Grundlinien richtig
'
gezeichnet.
FESTSCHRIFT COHEN
48
Entwicklung hat das Sofertum verndert, die Verhltnisse haben die
Chokhma in dem eben skizzierten Sinne absterben lassen. Wiederum
Die neutestamentlichen
Schriften kennen noch die Bezeichnung Sofer, die bald darauf in
dieser Bedeutung vllig geschwunden ist und nur noch in der ursprnglichen Bedeutung Schreiber fortlebt. Die Mischna nennt be-
tritt
ein
Wandel
in
der Terminologie
ein.
So hat nach etwa dreiviertel Jahrtausenden das Wort DDH wieder eine hnliche Bedeutung erlangt wie
reits die
Gelehrten Chakhamim.
in alter Zeit,
nur da es einst die juristische,
samkeit
kennzeichnet,
Wissen
in sich schlietit.
die
freilich
Thora, Propheten, Weise"
Wandlung der
Begriffe
auch
spiegeln
und Deutungen
jetzt die religise
das
in
ein
weltliche
der
Gelehr-
juristische
Entwicklung und
wesentliches,
vielleicht
das wesentlichste Stck der jdischen Religionsgeschichte wieder.
Die Psalmen
der Beleuchtung einiger ihrer lteren
in
und neueren
Von
Die
STECKELMACHER-Mannheim.
Dr. M.
Psalmen bedeuten
seit
Interpreten.
christlichen
aus der die Menschen
die heilige Quelle,
Jahrtausenden fr ihre tiefsten Seelenbedrfnisse Befriedigung
Nicht nur
schpfen.
auch von
allen
Israel, in
dessen Mitte
um
entsprungen, sondern
wachsenden Scharen zu
mit ihren lebendigen Wassern den Durst
andern Vlkern
dieser Quelle gepilgert,
man
sie
ist
in
nach Trost, Erbauung und Erlsung zu stillen. Wie eine Hindin
nach Wasserbchen verlangt, so verlangt nach dir meine Seele, Gott!
Meine Seele drstet nach Gott, dem lebendigen Gott, Wann werd'
ich's erreichen und vor Gott erscheinen?"
Das war gleichsam der
Ruf der Menschheit geworden, der Ruf der Sehnsucht nach einem
Ausdruck fr das, was sie im Seelengrunde bewegte, nach einer
religisen Lyrik, die sich ausspricht und dadurch zur Ruhe zu gelangen hofft. Sie ward gefunden in den Psalmen. Mag die Kunst
eines Homer, eines Shakespeare, eines Mozart ergtzen, erschttern,
zur Bewunderung fortreien, dem Schnheits- und Wahrheitssinn
Befriedigung gewhren; mag die Wissenschaft in ihren verschiedenen
Zweigen dem Forschertriebe und der Denkkraft die reizvollste Beschftigung bieten; mgen Kunst und Wissenschaft den Menschen
weit hinausheben ber das Alltgliche und ihn dadurch bilden und
bessern: eines erlangt er auch auf diesen Hhen nicht, so wenig wie
der in den Niederungen des Materiellen verharrende Herdenmensch
ununterbrochenes
Weise
Seelenglck,
Seelenfrieden.
Ihn bedrckt
in
zwar Arbeit und
Zerstreuung zeitweilig vergessen machen, aber nicht bannen knnen.
Eben deshalb bezeichnet auch die Stufe der Resignation, wie sie
ein Spinoza und ein Goethe erklommen, keineswegs noch das ersehnte
beglckende Ziel. Diese groen Geister faten eben die berzeugung,
irgendeiner
irdische
Unzulnglichkeit,
die
FESTSCHRIFT COHEN
50
nach ewigen, ehernen Gesetzen, und es fromme zu
sich gegen sie aufzulehnen. Aber wenn auch die so bewirkte
es verlaufe alles
nichts,
Ruhe einen bleibenden Charakter an
die Ruhe der Entsagung, die eben als
sich trage:
es
ist
doch nur
solche einer bleibend trau-
rigen Grundstimmung entspricht.
Blicken wir dagegen auf den Psalmisten!
Auch er kennt die Mhsal des Lebens, die Trnen des Smanns,
die Bedrngnis durch Feindestcke, die Leiden des Krpers und der
Seele, kurz den ganzen Jammer der Erde: aber er spricht: Wahrlich, beruhigt und beschwichtigt hab' ich meine Seele wie das entSein Glaube vermittelt ihm ein
whnte Kind bei seiner Mutter."
ses Gefhl der Sicherheit, wie es das Kind in seiner Mutter beOder Gott deucht ihm ein
stndiger liebewarmer Nhe empfindet.
,,Er beruhigt meine Seele, fhrt mich auf die rechten
treuer Hirt
Auch wenn ich im dunklen Tale wandle, furcht' ich nichts
Pfade
Nur Gte und Liebe folgen mir alle
Bses, denn du bist bei mir
Tage meines Lebens." Und wenn er in ganz ungewhnlichen Nten
gar nicht mehr ein und aus wei, so betet er: Ich verirrte mich
.
wie ein verlorenes
wieder von seinem
Lamm,
Gott
o suche mich!"
Ich
gefunden.
Und
bleibe
er fhlt sich bald
stets
bei
dir,
du
habe ich im Himmel und neben dir
wnsche ich nichts auf Erden." Hier haben wir das Geheimnis der
berwltigenden Wirkung, welche die Psalmen von jeher auf jedes
ergreifst
meine Rechte.
Wen
Es
Menschenherz ausgebt haben.
ist
das unmittelbare herzliche
Verhltnis zu Gott, das Gefhl des Geborgenseins bei ihm, der alles
unserm Besten fgt
nur zu
dieses
beharrende
Besitztum im
Innersten der Seele bei allem Wechsel der ber sie dahinfahrenden
den Psalmen gelangt es zur
wahrsten, packendsten Verkndung. Darum der Widerhall
ueren
Geschicke
in
vollsten^
in allen
Herzen.
Man
hat der jdischen Religion vorgehalten, da
sie
ursprnglich
philosophisch begrnde, sondern entweder in
nackter Unmittelbarkeit, oder als Ergebnis geschichtlicher Vorgnge
Aber wie sehr hat sich dies gerade angesichts der neueren
darlege.
ihren Inhalt nicht
Philosophie gerechtfertigt, in der ein
Kant auch
den scharfsinnigsten
Versuchen, den Tatbestand des bersinnlichen logisch oder besser:
Wen'
spekulativ sicherzustellen, ein fr allemal ein Ende machte.
traf aber dieses Geschick?
bewiesenen
seines
Nur
den, der seinen Gott blo als einen
besessen hatte, nicht aber den, der, wie der Psalmist,
Gottes stets
in
seinem
Herzen
aufs unmittelbarste
und
leb-
STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER
NEUERER INTERPRETEN
U.
CI
hrteste gewi war.
Die spter auch im Judentum aufgekommene
philosophische Forschung bezweckte in der Hauptsache nur, den
jdischen
Gottesbegriff in
Beisatz und in seinem
Einklang
aber ihn berhaupt erst
mit der Vernunft aufzuzeigen, nicht
demonstrierend hervorzubringen, gleichsam
Er hatte
erst zu schaffen.
Reinheit von allem trbenden
seiner
ja sein volles
Leben im Herzen, wie
es
gerade die Herzenssprache der Psalmen so besonders mchtig kundgibt. Was das Herz im Menschen, das ist der Psalter in der Bibel"
Franz Delitzsch konnte nichts Treffenderes seinem Psalmenkommentar als Motto vorsetzen.
Wie
sehr das innerhalb des
wurde, das erhellt schon aus
dem
Judentums von
jdischen Gebetbuche,
Psalmen einen Hauptbestandteil
die
jeher empfunden
bilden.
Da
in
welchem
aber nicht nur
sie
Menschen
sich eignen mit so auerordentlichen Schicksalen, wie
ber die Juden ergingen, fr Menschen, die einen Mrtyrergang
ohnegleichen durch die Geschichte gemacht haben und ^Iso vor allen
fr
sie
die
aufrichtende,
ermutigende
und heilende Kraft der Psalmen zu
erproben Gelegenheit hatten, da die Psalmen auch zu einem Gebetbuche der Menschheit sich eignen, das mag zunchst ein
Martin Luther bezeugen.
Man hat"
sagt er in
bersetzung
der Vorrede zu seiner markigen Psalmen-
vergangenen Jahren fast viel Legenden von den
Heiligen
Exempelbcher und Historien umhergefhret und die
Welt damit erfllet, da der Psalter dieweil ... in solchem Finsternis
lag, da man nicht wol einen Psalm recht verstund, und doch so
trefflichen, edlen Geruch von sich gab, da alle frommen Hertzen
auch aus den unbekannten Worten Andacht und Kraft empfinden
und das Bchlein darum lieb hatten.
Ich halte aber, da kein
.
in
Exempelbuch
auf Erden kommen mag .. denn der
ist.
Und wenn man wnschen sollt', da aus allen Exem-
feiner
Psalter
peln
usw.
beste
das Beste
Weise
werden."
Es
gestellet
folgt
und zusammengebracht und auf die
wrde; so mte es der jetzige Psalter
gelesen
nun
die
auch nach neueren christlichen Auslegern
unhaltbare Motivierung, da der Psalter ja das Christentum prophezeie
und schon deshalb dem Christen teuer und lieb seyn" msse. Aber
Luther fhrt fort:
da man darinnen
.
ber das
lieset
.,
und gebetet haben
eitel
stumme
Heiligen
alles ist
Tugend
mit Gott geredt
des Psalters edle
wie die Heiligen
da die anderen Legenden ... uns schier
frhalten:
aber der Psalter
4*
lebendige
FESTSCHRIFT COHEN
52
Heiligen uns einbildet
..
Grund und Quelle
ihrer
knnen
ein
...
Denn
Hertz uns frlegt, da wir in den
Worte und Werke ... in ihr Hertz sehen
auch
ihr
menschlich Hertz
ist
wie ein Schiff auf einem
wilden Meer, welches die Sturmwinde von den vier rtern der Welt
Hier stlJt her Furcht und Sorge fr zuknftigen Unfall:
treiben.
Hie
Traurigkeit von gegenwrtigem bel.
Grmen und
dort fhret
und Vermessenheit von zuknftigem Glck; dort
Solche
blaset her Sicherheit und Freude in gegenwrtigen Gtern.
Sturmwinde aber lehren ...das Hertz ffnen und den Grund
Was ist das meiste im Psalter denn solch ernstlich
herausschtten
Reden in allerlei solchen Sturmwinden ? Wo findet man feiner Wort
von Freuden .. denn die Dankpsalmen haben? Da siehest du allen
Heiligen ins Hertz, wie in schne lustige Grten, ja wie in
Wort von
den Himmel ... Wiederum wo findest du tiefere
webt Hoffnung
Da
du abermal allen
also auch wo sie von Furcht oder Hoffnung
Heiligen ins Hertze
reden, brauchen solcher Wort, da dir kein Mahler also knnte die
also frbilden
Furcht oder Hoffnung abmahlen, und kein Cicero
Traurigkeit denn die Klagepsalmen.
.
siehest
ist das allerbeste, da sie solche Wort gegen Gott
Und
Denn wo man sonst gegen Menschen
und mit Gott reden
.
gehet es nicht so stark von Hertzen, brennet, lebet
Daher kmmts auch, da der
und dringet nicht so fast.
Psalter aller Heiligen Bchlein ist, und ein jeglicher in
wasserlei Sachen er ist, Psalmen und Wort drinnen findet,
die sich auf seine Sachen reimen, und ihm so eben sind,
redet,
um
seinetwillen also gesetzt, da er
Der Psalter sei
selbst nicht besser setzen, noch finden kann."
sie
darum ein wohlverwahret Geleit, dem man ohne Fahr nachfolgen
kann ... Der Psalter lehret dich in Freuden, Furcht, Hoffnung,
Summa Wilt du die
Traurigkeit gleich gesinnt seyn und reden
und
heilige christliche Kirche gemahlet sehen mit lebendiger Farbe
wren
als
sie
allein
Gestalt, in
einem kleinen Bilde gefasset, so nimm den Psalter
.,
so
was
hast du einen feinen, hellen, reinen Spiegel, der dir zeigen wird,
die Christenheit sey ..."
Ist es
mglich, den ewig frischen,
Menschenseele
gleich
erquickenden
unerschpflichen
Religionsborn
und jede
der
Psalmen
von einem wahrhaft
gottdurchdrungenen Christen, einem wirklichen Frommen der Welt-
inniger
und treffender zu
schildern,
als es hier
vlker" geschieht?
Nicht so dithyrambisch, weil nicht so kongenial, aber doch auch
STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER
mit groer
Wrme,
NEUERER INTERPRETEN
C^
und, weil er in ihnen nicht gerade prophezeiende
Beglaubigungen des
wertvoller urteilt
U.
Christentums
HERDER
wissenschaftlich
ber die Psalmen.
LUTHER
zunchst ganz hnlich wie
erblickt,
Gottes fr eundschaft: daher
mtsart und individuellem
Sie sind
Stimme
auch
einer
um
so
sagt er
persnlichen
Seelen von groer GeGottvertrauen so wert waren; denn alle
sie
allen
fanden ihre eigenste Sprache des Herzens darinnen und wuten sich
nicht besser auszureden, als mit des alten Helden Worten."
Viele
Ausdrcke von ihnen sind noch
dreitausend Jahre spter, die
moralische Aufsicht Gottes ber den Zusamder Dinge zu bezeichnen." (Geist d. hebr. Poesie II* S. 211 ff.
treffendsten,
menhang
um
jetzt,
eine
Muller.) Sein Streben, den Psalmen gerecht zu werden, spricht
sodann Herder in der Bemerkung aus: Den Empfindungen, die in
den Psalmen herrschen, trete man weder als Feind entgegen, noch
ed.
als blinder
Verteidiger vor: sie sind Charakterzge einzelner
Menschen
und mssen als solche erklrt werden." Er meint die hin und wieder
heftig hervorbrechenden, in Verwnschungen sich uernden Gemtserregungen, die man zwar nicht als Muster heiliger Empfindungen"
ansehen, aber doch verstehen und schtzen" lernen msse. (Das. S. 182.)
Insbesondere die deutsche Literatur habe den Psalmen viel zu danken.
Klopstocks schnste Oden seien Tne aus Davids Harfe; viele seiner
Lieder
haben unserer Sprache eine Einfalt und Wahrheit des
.
lyrischen
Gesanges eigen gemacht, die wir
bei
unseren glnzenden
Nachbarn vergeblich suchen." (Das. S. 205.)
Mit gleicher Wrdigung sehen wir die christlichen Exegeten aus
der Mitte des vorigen Jahrhunderts
wie Heinrich Ewald, Franz
Delitzsch, Hermann Hupfeld
sich zu den Psalmen verhalten.
Auch Delitzsch hebt insbesondere dankbar den heilsamen Einflu
hervor, den die Psalmen auf die deutsche Literatur ausgebt haben.
Wiedergeboren aus dem Psalter, erscholl das deutsche Lied vom
Ostseestrande bis
erster
die
Liebe."
Psalmen
zum Fue der Alpen
Andererseits
christologisch
Ewalds Kommentar von
nhert
in
er
der vollen Inbrunst erneuerter
sich
verwertenden
wieder
dem
frheren,
wogegen
Deutung frei ist und
Standpunkte,
jeder christologischen
doch voll warmer, begeisterter Bewunderung der poetischen, religisen
und moralischen Vorzge der Psalmen. Er geht auf ihren Inhalt
mit
dem ganzen Rstzeug moderner
Kritik ein; aber es
ist
eine fein-
und zugleich objektive Kritik, die er bt, und darum eine
ebenso bedeutsame wie sympathische Leistung.
Das Gleiche ist von HuPFELDs Psalmencharakterisierung zu
sinnige
FESTSCHRIFT COHEN
54
Es
rhmen.
liegt
hier"
sagt er
ein
Schatz der edelsten
und tiefsten religisen Empfindungen, Gesinnungen, berzeugungen
und Ahnungen vor, die die echt sittliche Natur und Wirkung der
alttestamentlichen Religion auf Herz und Gesinnung in ihrer ganzen
Dabei zum grolJen Teile ohne partikulaFlle und Reinheit zeigen.
und reine religise Wahrheiten und Gefhle, auf alle Menschen und alle Zeiten anwendbar: weil im unmittelbaren Ergu des Herzens zu
Frbung, ganz allgemeine
ristische
mehr zurck
und das persnliche und allgemein menschliche hervortritt. Diese
religise Poesie ist ein dem hebrischen Volke eigentmliches Kleinod, da kein anderes etwas dem hnliches beDaher ist auch die Wirksamkeit und der Gebrauch der
sitzt.
Gott
partikularistisch-theokratische
das
Verhltnis
Psalmen zu allen Zeiten, besonders in der christlichen Kirche sehr
gro gewesen: ja sie ben unstreitig unter allen Bchern des ATs
fortwhrend den grten Einflu auf das innere Leben der Kirche.
Sie sind die Quelle des Kirchenliedes geworden: zuerst
durch Nachbildungen Luthers und anderer Zeitgenossen, woraus
allmhlich der groe Liederschatz der evangelischen Kirche
dann
hervorgegangen ist; und fortwhrend Vorbild aller geistlichen
Poesie." (D. Psalm. IV S. 429.) HuPFELD fhrt dann diese Cha.
noch im einzelnen aus bezglich der Vorstellungen ber
Gott, ber Gottes Heiligkeit, den Glauben an Gottes Gerechtigkeit, der keineswegs ein Aberglaube sei, wie man ihn gewhnlich
rakteristik
mit
eine
Vergeltungsglaubens" brandmarkt, sondern
unveruerliche Grundlage alles lebendigen Gottes-
dem Namen
des
den rechten Gottesdienst in den Psalmen
als einen Gottesdienst des Herzens und Lebens", und ber die erhabenste Vorstellung von dem Menschen", von seiner Wrde und
Hoheit, von des Menschen Frmmigkeit in den Psalmen als einer
glaubens;
ferner ber
innerlichen, sittlichen, seiner Gottesfurcht,
die nicht
knechti-
sondern kindliche Liebe und Anhnglichkeit,
brnstiges Verlangen nach Gemeinschaft mit Gott, gesttzt auf seine
Barmherzigkeit und Gte und die berzeugung, nur in ihm Leben
sche Furcht
ist,
und Seligkeit zu finden. Auch die Gesetzeserfllung ist nicht
blo uerer Werkdienst, sondern freiwillig, mit Lust, aus
Liebe
zu Gott."
(Das.)
Es ist nun erstaunlich, den grellen Gegensatz zwischen diesem
warmen, von gerechtem und liebendem Eingehen zeugenden Verstndnis der lteren Ausleger und der unfreundlichen, oft geradezu
STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER
feindlichen
Stellungnahme
nehmen. Es
ist,
als
Hauch des Antisemitismus
DuHM,' und auch
eines
ein eisiger
eines
NEUERER INTERPRETEN
neueren zu
der
ob uns
U.
Hauch
55
den Psalmen wahrzu-
der scharfe,
frostige
aus den Psalmenarbeiten namentlich
GuNKEL* entgegenwehte. Welch
eine
Trockenheit und Poesielosigkeit, welch eine Verdrossenheit und innere
Teilnahmlosigkeit herrscht schon in des Erstgenannten Einleitung
den Augen DUHMs enthlt der Psalter
fast nur Plattes und Triviales, die erhabenen poetischen Metaphern
darin fr Gottes Walten in der Natur, die herrlichen anschaulichen
Bilder fr Gottes Vorsehung nimmt er ganz buchstblich als krassen
zum Psalmenkommentar.
In
Anthropomorphismus, und nichts von einer hheren, reineren Ethik
will er in den Psalmen finden, kurz, wir bekommen das gerade
Gegenteil von dem zu hren, was die Frheren von den Psalmen so
begeistert zu
rhmen wuten.
nun etwa eine wirklich grere Wissenschaftlichkeit,
eine gesteigerte Objektivitt, die solch nchternere und schrfere
Ist es
Kritik mit sich gebracht?
Die Antwort wird sich uns ergeben, wenn wir nun einzelne besonders bezeichnende Auffassungen der genannten Exegeten etwas
nher betrachten.
In dem herzigen Psalm 23 heit es: Du richtest mir den Tisch
an angesichts meiner Widersacher" usw. Der Dichter will sagen:
er hat
Obgleich der Feind in meiner unmittelbaren Nhe ist
keine Gewalt ber mich, kann mein Glck nriir nicht rauben,
Gottes hhere Macht wehrt ihn ab.
Es wird Gottes schtzende
Allmacht gegenber aller sonstigen unmittelbar bedrohenden ber-
macht
DUHM?
vgl.
etwa
Dan Kap,
u.
gepriesen.
Was
sagt aber
Die Widersacher mssen zusehen, wie Jahve seinen Gast
mit berflu bewirtet.
Es
ist
schade, da selbst in diesem Idyll die
Anspielung auf die Feinde nicht ausbleibt."
GUNKEL: Das
Und noch
spitziger
dadurch
es ihm mignnen, das Zu-
Glck, das der Psalmist geniee, werde ihm
gewrzt, da seine Feinde, die
sehen haben.
So wird durchaus unberechtigterweise ein kleinlicher Zug hineingedeutet, der das herrliche Lied, das schon Unzhligen Trost und Ermutigung gespendet, verunstaltet und gewissermaen diskreditiert.
Wir haben vorhin gesehen, wie ein Luther im Psalter das ganze
erst
'
Die Psalmen, Freiburg i. B. 1899.
Ausgewhlte Psalmen, Gttingen 1905.
FESTSCHRIFT COHEN
56
Christentum vorgebildet fand:
antisemitischen
dem
ra aber ward
gehssigen Subjektivismus unserer
es vorbehalten,
auch
in
dieses bisher
Juden und Christen gleich heilige Gebiet entweihend einzudringen
und folgerichtig berall das NT auch gegen die Psalmen auszuspielen.
Was
lehren die Psalmen ber Gott?
Schmecket und schauet, da gtig ist der Ewige." (34, g.)
Wahrlich, bei dem Ewigen ist die Liebe, und viel bei ihm der
Wahrlich, du, o Herr, bist gtig und verzeihend und
Erlsung."
reich an Liebe fr alle,
die dich anrufen."
Du, o Herr, bist
barmherzig und gndig und langmtig und reich an Liebe
und Treue." (86, 5. 15.) An Hunderten von Stellen werden Gott
hnliche Epitheta zugeschrieben; namentlich
ist
der Ps 103 voll von
ihnen und besonders bemerkenswert wegen der ausdrcklichen Reminiszenz
an die schon Moses gewordene
Offenbarung (Exod
24, 6):
Der Ewige, der Ewige ist barmherzig und gndig und langmtig" usw., einer Reminiszenz, die noch Num 14, 17, wie bereits
erwhnt, Ps 86, auch Ps 145, Joel 2, 13, Neh 9, 17 und sonst wiederkehrt, so da> selbst GUNKEL gestehen mu, es sei eine Art
Glaubensbekenntnis der Frommen geworden und wurde
darum
oft zitiert."
nun aber gleichwohl dazu, weiter zu sagen: Diese
Worte von Gottes Gnade und Barmherzigkeit klingen dem israelitischen Frommen noch eindrucksvoller als uns. Damals war ja die
Botschaft von Gottes Liebe zu den Sndern, wie sie Jesus
gebracht hat, noch nicht erschollen. Das israelitische Volk
Wie kommt
war
seit alters
er
gewohnt
.,
die furchtbaren Prdikate Gottes zu be-
Solche Bemerkung kann nur aus der Sucht, das Judentum
Haben wir ja aus den angefhrten
zu verkleinern, erklrt werden.
tonen."
Genge ersehen, da dem israelitischen Frommen"
nichts gelufiger war, als die Lehre von der Liebe Gottes,
ja, da sie ihm, wieGunkel selber es ausspricht, eine Art Glaubensbekenntnis" war, und also Jesus, indem er diese Lehre verkndete,
nur verkndet hat, was in Israel seit alters als ein Grunddogma galt.
Ja, nicht nur die Lehre von Gottes Liebe, sondern auch die
Schriftversen zur
von den furchtbaren Prdikaten Gottes"
von Gottes Zorn
haben Jesus und seine Jnger akzeptiert und vielfach in verschrftester
Form angewandt. Vgl. Luk2i,22f.: Denn das sind die Tage der
Rache, da erfllt werde alles, was geschrieben ist. Weh aber den
Schwangern und Sugern...; denn es wird groe Not auf Erden
STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER
NEUERER INTERPRETEN
U.
57
geben und ein Zorn ber dies Volk." 3, 7: Ihr Otterngezchte, wer
hat denn euch gewiesen, da ihr dem zuknftigen Zorn entrinnen
Ev. Joh
werdet?"
Wer dem Sohne
36:
3,
nicht glaubet,
der wird
das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibet ber ihm."
Rom
lose
Denn Gottes Zorn
wird geoffenbaret ber
Wesen." 2, 5 Du aber nach deinem verstockten
18:
I,
Tag
hufest dir selbst den Zorn auf den
des Zornes."
denen, ... die der Wahrheit nicht gehorchen
Thessal
2,
16:
kommen."
4,
6:
Um
Herzen
2, 8:
Aber
Ungnade und
Zorn."
Denn der Zorn ist schon endlich ber sie geDer Herr ist der Rcher ber dies alles." Col 3, 6:
kommt
welcher willen
Unglaubens."
alles gott-
der Zorn Gottes ber die Kinder des
Und
Ebr. 12, 27. 29:
weiden mit einer
er soll sie
eisernen Rute, und wie eines Tpfers Gef soll er sie zerschmeien."
Denn unser Gott
Es
ist
ist
ein verzehrendes Feuer".
gekommen der groe Tag seines
."
gekommen dein Zorn
14, lO: Der
ist
Zornes Gottes trinken."
lichen Zornes die
voll
14,
19
Rede, und
6,
Zorns."
12,
wird von
dem Wein
18:
17:
.
es
des
von der groen Kelter des gtt7; 16, i von den sieben Schalen
Und Babylon
ward gebracht
ist
15,
V. 19:
gttlichen Zornes".
Offenb. Joh.
vor Gott, ihr zu geben den Kelch des Weines von seinem grimmen
Zorn."
Ganz eigentmlich nimmt sich alledem gegenber die weitere
Auslassung GUNKELs aus, da nach dem Psalmisten sich Gottes Gnade
nur auf die
wenn
sie
Frommen
Denen vergibt er ihre Snden,
sich einmal verfehlen. Den Frevlern aber, die Gott
den Rcken kehren,
ist
beziehe.
Gott
so heie es berall in den Psalmen
kein gndiger, sondern ein zorniger Gott."
Viel tiefer sei Gottes
Gnade im Evangelium Jesu erkannt, wo Gottes vergebende
Vaterliebe dem Snder erbarmend entgegenkommt."
Aber schon aus der vielfachen Betonung der gttlichen Langmut htte die berzeugung gewonnen werden mssen, da die Psalmisten auf
dem gesunden Standpunkte
verbesserlichen Frevler gegenber
Reuigen aber, auch wenn er noch so
verzeihend
Worte:
Weile
.
.,
denn
Ich sah seine
sich
viel
gesndigt htte, liebreich
ganz im Geiste der Jesajanischen
seiner Verschuldung willen zrnte ich eine kleine
seine
Um
Arme
dem unablehnend verhlt, dem
stehen, da Gott zwar
er
Wege
ffnet,
ging abtrnnig
und
auf
dem Wege
seiner Willkr.
und trsten...
Heil, Heil dem Fernen wie dem Nahen."
Und selbst der Psalm 90,
wo es, wahrscheinlich von dem unverbesserlichen Wstengeschlechte
will
ihn heilen, ihn leiten
FESTSCHRIFT COHEN
58
(Delitzsch), heit: Alle unsere Tage schwinden hin durch deinen
Zorn," womit beginnt er? Mit der Anerkennung: Ewiger, eine Zu-
du uns von Geschlecht zu Geschlecht."
flucht warst
schliet
Mit
er?
der
Bitte:
Sttige
Und womit
am Morgen
uns
mit
deiner
Gnade, da wir jubeln und uns freuen alle unsere Tage." Solche
Anerkennung und solche Bitte wren sinnlos gegenber einem gestrengen Herrn'', in dessen ewigem Zorn die Vergnglichkeit der
Menschen
seiner
Grund
ihren
Letzteres
hat.
Gesinnungsgenossen (wie BiCKELL)
dekretiert,
willkrlich
zu
die
ihr
nun aber DuHMs und
ist
darum wird
passenden Gedanken seien
nicht
Idee,
fixe
interpoliert.
Vollends unwahr aber
Evangelium
da das
ist es,
erst erkannt
Gottes vergebende Vaterliebe komme dem Snder
entgegen. Sagt nicht der Psalmist ausdrcklich: Gtig und gerecht
ist der Herr, darum zeigt er den Sndern den Weg" (Ps 25, 8)?
Man denke aber namentlich an Stellen, wie 2 Kon 17, 13: Der
Ewige lie Israel warnen durch alle seine Propheten und ihm sagen:
htte,
Kehret zurck von euren bsen Wegen" und
wiederholt bei Jeremia
Hos
15; 44,4),
14,2,
iff.;
(7,
wo
die gleiche Feststellung
25, sff.; 26, 2; 29, 19; 32, 33; 35, 14.
Gott gleichsam bittet: Kehre um,
Israel,
zum Ewigen, deinem Gotte!" Jes 65, iff.: Ich lie mich erkunden von solchen, die nicht nach mir fragten, lie mich
finden von solchen, die nicht nach mir suchten; ich sprach:
Da bin ich, da bin ich zu einem Volke, das meinen Namen nicht
anrief. Den ganzen Tag habe ich meine Hnde ausgebreitet
nach einem widerspenstigen Volke." Vor allem aber an den
Vershnungstag, an welchem, wie es in einem alten Gebet heit,
Gott den Frevlern die Hand hinreicht und seine Rechte ausstreckt,
um
sie
Gottes
barmend entgegen.
gelehrt
habe,
und urteile, ob erst das Evangelium
Vaterliebe komme dem Snder er-
wieder aufzunehmen
Weltschpfer,
gegen
Hrer des Gebets, zu dir kommt alles Fleisch
alle Wesen.
Du Zuversicht aller Enden der Erde und der fernen Meere"
(Ps 65).
Gtig ist der Ewige gegen alle, und seine Barmherzigkeit geht auf alle seine Geschpfe
Die Augen aller harren
Du ffnest deine Hand und sttigst alles Lebendige
auf dich
mit Gnade ... So preise denn alles Fleisch seinen heiligen Namen"
Natrlich bettigt Gott, der
seine Liebe
(Ps 145).
lichsten
Es
ist
unerfindlich, wie
Universalismus
sagen
Duhm
kann:
angesichts solches deut-
Nicht
selten
werden unter
STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER
NEUERER INTERPRETEN
U.
,allem Fleisch' nur die Israeliten verstanden."
59
3- XXVII.)
Sogar von dem Ps. 104, der den alles wunderbar weise erschaffenden und erhaltenden Gott preist, auf den alles, Mensch und Tier,
harrt, und der alle mit seiner Gte sttigt, vermag DuHM nur zu
sagen, die Dichtung bte heute nur noch ein historisches InterRichtiger sagt hier GUNKEL: da in solch altem Gedicht von
esse."
ewigem Wert ist der Geist, der in dem wunderbaren Bau des Weltalls nicht das Erzeugnis eines blinden Ohngefhrs sieht, sondern den
Willen einer alles beherrschenden Vernunft, die wir staunend bewundern und anbetend verehren." Es fnden sich zwar hnliche
Verherrlichungen
Worin
Sonnengottes
des
(Einl.
den
bei
alten
gyptern.
Naturpsalmen Israels von denen der Fremde
unterscheiden, das ist das Hauptstck der Religion, da der gyptische Gott die ,Tagessonne' selber ist, der hebrische aber die
Sonne geschaffen hat: der gyptische ist in die Natur verflochten,
der hebrische steht ber und auer ihr." Je mehr wir die Religionen
des Orients kennen lernen
um so mehr werde der eigentmliche
Vorzug der Religion Israels hervortreten.
sich aber die
Aber
dem
da
an einen Nationalgott,
und berhaupt an Nationalgtter geglaubt habe, kann auch GuNKEL
freilich
aus
Irrtum,
Zwar erschallt es
Lande
erzhlt
Israel
den Psalmen: Singet dem
Ewigen alle
unter den Vlkern seine Herrlichkeit
denn alle Gtter der Vlker sind Gtzen, aber Gott hat den
Himmel geschaffen
Gebet dem Ewigen, ihr Vlkergeschlechter
Gebet dem Ewigen die Ehre!"
Und der Schluakkord: Alles,
was Odem hat, lobe den Herrn!"
Aber heit es nicht (Ps 82)
nicht heraus.
berall in
ruft
GUNKEL
Ich dachte,
ihr seid
Gtter
aber wie Menschen
werdet ihr sterben." Wer sind diese Gtter? Da haben wir die
auch vom Psalmisten geglaubten Nationalgtter. Der Psalmist meint
aber, wie der Zusammenhang zeigt, menschliche Richter, die, wie
jeder Anfnger aus
tretend,
zuweilen
macht
urteil
Nichts
Exod
auch EIo h im
Was
als
heien.
Stelle
Gottes ver-
Aber das Vor-
ist
es
fr die christliche
Gemeinde
eine Gefahr"
steht aber in diesem wahrscheinlich der Makkaberzeit
Der Dichter klagt, da die Feinde ins Heiligtum
es entweiht und die Knechte Gottes gemordet haben,
fleht, Gott mge helfen, um der Ehre seines Namens
gedrungen,
er
= Gtter
die
denn auch, wenn GuNKEL bei der
Psalms von einem ,,partikularistischen Geist
Vorurteil
angehrigen Psalm?
und
als
blind.
Besprechung des 79.
im AT" redet und diesen
nennt.
22,7.8. wei,
FESTSCHRIFT COHEN
60
willen; hnlich wie im Ps 83,
da der
uns sie vertilgen
.
.,
werde", und der Psalmist Gott
wo
die Feinde sprechen:
Name
bittet,
Israels
nicht
Auf, lat
mehr genannt
nicht etwa, da er diese Feinde
da sie suchen deinen Namen,
Ewiger, und erkennen, dein Name allein ist der hchste
ber der ganzen Erde." Wer sehen will, der sieht gerade hier
denselben universalistischen Zug, der auch durch jene Jesajanische
Weissagung geht, da dereinst feststehen werde der Berg des Gottesund es wrden zu ihm, als zu
hauses auf der Spitze der Berge
einem Bethause aller Vlker" die Nationen hinstrmen. Das Heiligtum" auf Zion war eben als das Symbol der Mission Israels erschienen, die reine Gotteserkenntnis von diesem hehren Mittelpunkte
an hinausstrahlen zu lassen in alle Welt. Ward nun dieses Heiligtum entweiht, so ging es gleichsam um die Ehre des gttlichen
Namens. GUNKEL aber sieht hier nichts als gekrnkten nationalistischen Ehrgeiz" und kleinlichen Ritualismus, der sich gegen
die Verletzung der strengen Reinheitsgesetze durch die Heiden aufbume. Und den Gipfel des Miverstandes ersteigt er, wenn er zu
den Worten: Warum sollen die Vlker sprechen: wo ist ihr Gott?"
bemerkt: Das Judentum ist gewohnt, ber die Landesgrenzen zu
schielen und zu fragen, was seine Nachbarn Moab, Edom und die
Allein von den Vlkern
Philister zu seinem Ergehen sagen."
berhaupt, nicht von Moab, Edom und den Philistern war die Rede.
vernichte, sondern dahin bringe,
Aber GuNKEL nennt jene
.,
um
von des Psalmisten
in Wahrheit grandiosem Universalismus abzulenken und glaubhaft
zu machen, es handle sich nicht um die Ehre des Weltengottes,
Die ganze jdische
sondern um kleinliche nationale Eitelkeit.
Literatur kennt aber berhaupt keine jdische Nation im
profanen oder gar modern chauvinistischen Sinne, und es ist
darum durchaus unangebracht, wenn GUNKEL bemerkt: Zugleich lt
kleinen Natinchen,
uns solcher Partikularismus die Hoheit des Apostels erkennen, der
den Satz geschrieben hat, da Gott nicht nur ein Gott der Juden
ist,
sondern auch der
Heiden."
Auch
vielmehr der
das konnte
Apostel nur von den Juden lernen.
Da
der Gott, der die Welt erschaffen hat, auch
wrtig und allwissend gedacht
wird,
als
als
ein Gott,
allgegendessen Vor-
sehung sich auf die speziellsten Geschicke der Menschen erstreckt
und dessen Plne dem Sterblichen unergrndlich sind, das ist eine
berzeugung, die geradezu das Lebenselement der Psalmen bildet, und
es charakterisiert nur wieder eine arge Voreingenommenheit, wenn
STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER
GUNKEL
NEUERER INTERPRETEN
U.
6l
berzeugung erst im Psalm 139 entdeckt und sagt, der
Dichter sei von der Originalitt seines Gedankens selber
berrascht. Er erkennt zwar die kraftvolle Frische an, mit der
der Dichter ohne alle philosophische Reflexion, aus reinem Enthusiasmus, die Gottesvorstellung ins Schrankenlose erhebt, weshalb
denn auch der Psalm in der christlichen Gemeinde noch bis auf
diesen Tag mit Recht als klassischer Ausdruck dieser Ideen" gelte
aber der obligate Futritt darf auch hier nicht fehlen, wie wir
bald, im Verfolg der weiteren Frage, was die Psalmen ber den
diese
frommen Menschen lehren, ersehen werden.
Der fromme Mensch befleiigt sich vor
reinheit und -gradheit, der Moralitt.
allem der
Herzens-
Heilig sollt ihr sein"
diese Grundforderung des Pentateuch durchweht auch die Psalmen.
Herr, wer darf in deinem Zelte weilen?
Wer
redlich wandelt
und
und redet Wahrheit in seinem Herzen" (Ps 15).
Wer darf besteigen den Berg des Herrn?
Wer reiner Hnde
und lauteren Herzens ist, der nicht zum Falschen seine Seele
erhebt und nicht trglich schwrt" (Ps 24).
Aus diesen und hnlichen Stellen erhellt doch deutlich, da sich die Psalmisten vollkommen bewut waren, da das uerliche, nur legale FrommGerechtigkeit bt
sein nicht genge, sondern vor allem die
msse.
Gleichwohl bringt es
DHM
Gesinnung
fertig,
untadelig sein
zu behaupten, da,
wenn
Demtigen Leuten hilfst du," dies natrlich" nur gesprochen sei von einem demtigen Benehmen gegen
Gott, nicht etwa von jener inneren Demut, die auf dem Bewutsein der sittlichen Unvollkommenheit beruht, und noch abwrdigender
zu Psalm 4, dem Psalmisten gelte das Sndigen mit Worten fr
schlimmer als das Murren im Stillen.
In dem Vers 5 aber, auf
den er sich beruft, steht das gerade Gegenteil! ,.Zittert und
sndiget nicht, sprechet in eurem Herzen (vgl. Hos 14, 3) auf
eurem Lager und schweigt." DUHM korrigiert aber willkrlich und
der Psalmist
setzt
es
emprt
(18, '28)
sagt:
klingt geradezu barbarisch
und
statt
sprechet"
TIS
eurem Herzen auf eurem Lager" (vgl.
Ps 16, 7; 17, 3) streicht er einfach. So wird daraus: Tobt, doch
verfehlt euch nicht, seid emprt, aber schweigt," und die Heiligung
der religisen Heuchelei ist evident gemacht!
Dabei kann DuHM
zu Vers 8 in demselben Psalm: Du hast Freude mir ins Herz gegeben, mehr als wenn ihr Korn und Most viel sind" zu bemerken
nicht umhin: Dieser Vers gehrt zu den Beweisen, da die alteuch",
in
testamentliche Religion in ihren besten Vertretern sich ber das sinn-
FESTSCHRIFT COHEN
62
Vergngen an Gott
kennt, das ihr, schon vom blo kulturhistorischen und philosophischen
Gesichtspunkt aus, einen hohen Rang zuweist."
Die modernen Psalmeninterpreten machen sich aber der
Interesse
liehe
hoch erhebt und
ein
inneres
noch greren Verfehlung schuldig, da sie durchwenn mglich
aus wahr haben wollen: der Fromme des Psalmisten sei berhaupt
nur der der Zeremonien sich Befleiigende, der Frevler dagegen sei der im uerlichen Gesetz Laxe und namentlich der
Andersglubige. Wenn es also im Psalm i heit: Heil dem Manne,
der nicht im Rate der Frevler wandelt usw., sondern an der Lehre
des Herrn seine Lust hat und
in seiner
Lehre sinnet Tag und Nacht",
damit der pharisische Schriftgelehrte" gemeint, der bestndig
die Thora studiere (GUNKEL), der in seiner Thora murmelt", d. h.
so
sei
in
um
seiner unpunktierten Thorahandschrift mhsam Wort
Wort entziffert und mit halblauter Stimme ausspricht und
dann das Gelesene repetiert und glossiert" (so DUHM, der dergleichen
wohl besser von manch einem modernen christlichen Professor der
alttestamentlichen Exegese aussagen knnte), der alle Bruche
der Furcht Jahves" pnktlich befolge. Der uerlich Fromme sei
eben der Idealmensch.
Nun vergegenwrtige
den Feldherrn Josua, dem
von Moses eingeschrft wird, da die Thora nie von ihm weiche,
brumme" Tag und
nach DUHM
und da er in ihr sinne oder
Nacht, ob damit gemeint sein konnte, da er, der seine ganze Kraft
auf die Schaffung eines neuen Staatswesens und auf die Eroberung
eines im Besitze mchtiger Vlkerschaften befindlichen Landes kon-
man
sich einmal
Thorastudium
habe den frag-
zentrieren mute, unausgesetzt nur mit beschaulichem
er
ob der Autor des Buches Josua
entlehnt oder nicht
lichen Ausdruck, wie DUHM will, dem Psalm
nicht vielmehr nur meinen konnte einen Willen, der sich die Gotteslehre, den Geist der Thora, stets zur Richtschnur nimmt.
Gewi galt es von jeher als ebenso verdienstlich wie beglckend,
sich befasse,
Gotteswort vertraut zu machen (vgl. besonders Ps 119).
kannten die Psalmisten sicheriich schon das religis Erhebende
sich mit
Auch
dem
der Zeremonialsatzungen, wenn diese mit dem rechten Geiste erfat und
bettigt werden: aber da ihnen, wie den Propheten, dieser Geist die
Hauptsache war, da ihnen alles Zeremonial nur Mittel zum Zweck,
Zweck und Wesen der Religion aber moralisches Gutsein bedeutet
hat
das kann keinem Zweifel unterliegen. Werden ja berall nur
moralische Vorzge als Merkmale des Frommen gepriesen,
STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER
NEUERER INTERPRETEN
U.
6^
als Frevler aber nur die Unmoralischen genannt. J^ur den
Unmoralischen wird das Recht auf Tempel und Gesetz abgesprochen.
Bei
darf der Bse nicht weilen.
dir
vor deinen Augen, du hassest
die
alle
Prahler drfen nicht stehen
beltter
(Ps
Betrger verabscheut der Herr."
Die Blutgierigen und
Ich sa nicht
5.)
mit
mit Frevlern sitze ich nicht. Ich wasche
Leuten der Falschheit
in Unschuld meine Hnde, so will ich deinen Altar umkreisen,"
(Ps 26.) Da sehen wir es ja klar, was die Frevler" den Psalmisten
.
Das Waschen der
falsche Menschen, Blutmenschen.
Hnde in Unschuld" aber ist genau so zu verstehen, wie die hn.?
liche Wendung in Psalm 24: Wer darf besteigen den Berg des Herrn
Wer reiner Hnde und lauteren Herzens ist," also der
Moralische. Aber GUNKEL pat es besser, hier eine Art Weih-
sind:
wasserkessel" zu vermuten.
Wahrheit ist im ganzen Psalter auer den Opfern
gar keines Zeremonialgesetzes gedacht, und der Opfer sogar
In
du hast kein
Brandopfer magst du nicht. Die Opfer
Wohlgefallen an Opfern
Gottes sind ein reuiges Gemt" usw. (Ps 51.) Nicht deiner Opfer
Ich nehme nicht aus deinem Hause
wegen stelle ich dich zur Rede
zuweilen
scharf abweisendem
in
Wahrlich,
Sinne.
Zum
Frevler aber
Du
.?
spricht Gott: Was hast du meine Satzungen zu knden
Siehst du
hassest ja Zucht und wirfst meine Worte hinter dich.
einen Dieb, so gesellst du dich ihm und mit Ehebrechern machst
du Gemeinschaft. Deinen Mund lt du zum Bsen schalten, und
deine Zunge schmiedet Trug. Du sitzest und redest bel von deinem
Farren und Bcke
deinen
aus
Hrden usw.
Bruder" usw.
Unmoralischen haben
Frevler, und die Frommen als die
Also
(Ps 50.)
sich die Psalmisten die
als
die
moralisch Makellosen gedacht.
In
ihrer
ganzen
GUNKELs Bemerkung zum Psalm 139
ich vorhin meinte
intolerant:
mglich,
lt
keine
Diese Religion
Duldung
ihre Ausrottung.
ber Gerechte
stndlich
gewesen."
nimmt
Ungerechtigkeit
der
aus
ist,
das
hier
aus
es ist der Futritt,
den
ist
sich
von
keine Frage, beraus
Andersglubigen,
Das Wort von dem
sondern wenn
Gott,
der regnen
und Ungerechte, wre diesen Menschen unver-
Aber wo
etwas von Andersspricht: Wenn du, Gott, die
ist
glubigen" die Rede? Der Psalmist
Frevler ttest
so mt ihr von mir weichen, ihr Blutmnner, die
mit Arglist von dir sprechen, zum Falschen sich erheben." Also
die Frevler" sind wieder nur die Mrder, die Mnner der Tcke und
FESTSCHRIFT COHEN
64
Gewalt, mit einem Worte: die Unmoralischen. (Vgl. u. a. die Pss 36.
Dagegen illustrieren die angebliche jdische Intoleranz
94. 140.)
Psalm verse wie:
Gtig
ist
der Herr gegen
herzigkeit geht auf alle seine Geschpfe."
alle,
und seine Barm-
Er gibt Brot allem Fleisch,
denn ewig whrt seine Gnade," oder Midraschworte wie: Gottes
Barmherzigkeit geht auf Gerechte wie auf Frevler." (Tanch.
ed. Buber, Nizzab. 5.) Wer von allen Weltbewohnern drfte sprechen:
IVlir hat er nicht die Sonne am Tage und den Mond in der Nacht
scheinen lassen?"
(Lev.
31, 5.)
r.
Und wenn
der
Talmud
einschrft:
auch den Gtzendienern Liebe erweisen, ihre Armen ernhren, ihre Kranken pflegen, ihre Toten bestatten" (GlTTlN 61 a und anderw.), so klingt das doch weit toleranter,
als etwa ntl. uerungen, wie 2. Epist. Joh. lO: So jem'and zu euch
Man
gleich
soll
kommt und
den
den nehmet nicht zu Hause,
bringet diese Lehre nicht,
und gret ihn auch
teilhaftig seiner
flammen
Israeliten
Denn
nicht.
w^er
bsen Werke!"' 2 Thessal.
wird Jesus erscheinen
Gott nicht erkennen, und ber
die, so
der macht sich
ihn gret,
i,
8.
9:
Und mit Feuer-
Rache zu geben ber
nicht
die,
so
gehorsam sind dem Evan-
welche werden Pein leiden, das ewige VerSo jemand den Herrn Jesum Christum nicht
I. Corinth.:
derben."
Phil. 3, 19: Der Feinde des Kreuzes
lieb hat, der sei Anathema."
gelio unseres
Herrn
.,
Verdammnis."
Weil es im i. Psalm heit, der Fromme werde einem Baume
gleichen, dessen Laub nicht welkt, oder im Psalm 19, in der Beobachtung der gttlichen Vorschriften liege groer Lohn, so soll sich
Wir Evangelidarin eine verwerfliche Lohnsucht aussprechen.
sind gegen die Idee von ,Lohn' in der
sagt GUNKEL
schen"
Religion sehr eingenommen und haben sicherlich allen Grund dazu:
Christi ist die
Menschen so aufgefat
wird, als ob der Mensch, der Gottes Gebot erfllt hat, auf den Lohn
einen Anspruch, ein gewissermaen einklagbares Recht habe,
so liegt die Gefahr nahe, da der Mensch anstatt auf Gottes
Gnade, auf seine eigene Leistung vertraut, und das wre allerdings
der Tod der wahren Religion, wonach Gott immer der gndig
Gebende, der Mensch aber der demtig Empfangende sein mu."
Ich verweise diesem Gerede gegenber auf die unzhligen uerungen
der Psalmisten, in denen sie betonen, da sie alles nur von
denn,
wenn das
Verhltnis von
Gott und
'
Vgl.
dagegen Aboth
diener) (Bertinoro) mit
4,
15
Komme jedem Menschen
dem Grue
zuvor",
und Gittin 62 a.
(auch
dem
Gtzen-
STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER
Gottes Gnade erwarten.
Psalm
26, 3.
Deine Gnade
Ich greife
Rette meine Seele,
6, 5:
ist
hilf
Gottes Gnade.)
mir
NEUERER INTERPRETEN
aus
der
um
deiner
mir stets vor Augen."
meiner Unschuld, erlse mich und
er sich nicht schuldbewut
U.
mir gndig."
sei
65
berfHe heraus
Gnade
willen."
Ich wandelte
in
(Also auch,
wo
erwartet der Dichter alles nur von
Ich danke dir, o Herr.
denn deine
ist,
86, 12. 13:
.,
Gnade war gro ber mir." 130, 3: Wolltest du Snden beachten,
Herr, wer knnte bestehen. So harre, Israel, auf den Ewigen, denn
bei dem Ewigen ist die Gnade."
Wie uralt diese Vorstellung im
Judentum ist, beweist das Wort Jakobs: Zu unwrdig bin ich all
der Gnaden, die du deinem Knechte erwiesen", und wie sie zu allen
Zeiten festgehalten wurde, beweisen Midraschaussprche, wie: Alle
bedrfen der Gnade, selbst Abraham, dessentwegen sich die Gnade
ber die Welt ergossen, bedurfte ihrer" (Gen r. 60, 2), ferner: Es
gibt keinen, der nicht Gott verschuldet wre, aber er ist gndig und
barmherzig und verzeiht die frheren Vergehungen" (Exod r. 31, i)
Welche Verdienste der Mensch auch aufgehuft, es reicht
noch nicht fr den Odem seines Mundes" (Lev r. 4, 2);' beweisen
ferner:
vor allem die tglichen Gebete: Herr der Welten, nicht um unserer
Gerechtigkeit willen flehen wir zu dir, sondern nur um deiner groen
Barmherzigkeit willen. Was sind wir
was unsere Verdienste und
Liebestaten" usw. Unser Vater im Himmel, verfahre mit uns gndig,
.
um
Namens
deines groen
den Bugebeten aber heit
es: Ich wei wohl
da in mir keine Gerechtigkeit ist
aber
ich bin schuldig
und wenn du mich nach meinen Taten richten
wolltest
ach und weh mir
und wolltest du mich lutern
es bliebe nichts von mir brig."
Wie ist es da nur mglich, zu behaupten, der Jude betrachte
.
vor.
ein
Cor
jeglicher
einklagbares Recht"?
Lohngedanke auch im NT.
aber der
vielfach
Der aber pflanzet und der da begieet.
wird seinen Lohn empfangen nach seiner Arbeit."
3, 8.
.
Nun kommt
In
die Hilfe Gottes als ein
So
willen."
14:
Wird jemandes Werk bleiben ... so wird er Lohn empfangen."
Darum fleiigen wir uns
2 Cor 5, 9 f.
da wir ihm Wohlgefallen.
Denn wir mssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhle Christi,
auf da ein jeglicher empfange, nach dem er gehandelt hat." hn.
lich
Rom
lo, 26.
'
2,
6;
Ephes
Vgl.
14, 10;
6,
ffenb. Joh 12, 8;
14, lO; 22, 12;
Ebr
2, i f.;
2 wird das fnfte Gebot mit der Lohnverheiung,
auch Albo, Ikkar. IV
16. 47,
48 und
a.
FESTSCHRIFT COHEN
66
wohl ergehe" usw. ohne weiteres aus dem Pentateuch
herbergenommen. Wir sehen also den Lohngedanken sogar, wie
das letzte Beispiel zeigt, auch mit Bezug auf dieses Erdenleben
auf da
dir's
im NT ausgesprochen. Da er aber hier sonst aufs Jenseits geht
und ewige Seligkeit oder ewige Hllenqual in Aussicht stellt, whrend
die israelitische Bibel zu allermeist von diesseitiger Vergeltung redet
und die jenseitige nur hier und da andeutend erwhnt, begrndet
mit nichten die schmhende Bemerkung GuNKELs: Wo aber solche
raffinierte Zuspitzung,
die wir
,pharisisch'
nennen,
fehlt,
kann der
Gedanke an den Lohn unschuldig sein." Diese Unschuldigkeit" ist
nicht einzusehen, wenn einmal das Prinzip der Lohnverheiung verDagegen darf von der diesseitigen Verheiungsidee des
urteilt wird.
ATs
gesagt werden, da
sie
mit
dem
ethischen Tatbestande ber-
da Sittlichkeit Erhaltung und Frderung des Lebens,
Unsittlichkeit dagegen dessen Untergrabung und Vernichtung zur
unzweifelhaften Folge hat.
Dabei ist noch zu beachten, da die Psalmisten, wenn sie von
Lohn sprechen, keineswegs nur an materielle Gter denken. Vielmehr: wenn sie auch zuweilen irdischen Besitz erwhnen und besonders ein glckliches Familienleben, ein wackeres Weib und Kinder,
einstimmt,
die wie
lbaumschlinge" den Familientisch umringen,
als
Gottes-
segen des redlich schaffenden, gottesfrchtigen Mannes bezeichnen;
so gilt ihnen doch andererseits irdischer Reichtum in seiner VerSie sprechen von Palsten als Grbern,
gnglichkeit als gar nichtig.
sie
preisen das
Wenige des Gerechten gegenber den aufgehuften
Schtzen des Frevlers,
seine Herrlichkeit nicht nachfahre in die
Gruft.
aber
dem
Der Hauptlohn
ihnen
ist
Herzensfreudigkeit,
Seelen friede. Du hast Freude mir ins Herz gegeben, mehr,
In Frieden lege ich mich
als wenn ihr Korn und Most viel sind.
hnlich Ps 105,3; 119,
nieder und entschlummere" usw. (4, 8 f.).*
Und gerade im 19. Psalm, in welchem GUNKEL Lohnsucht
72. III.
so stark ausgeprgt findet, stehen die Verse: Die Lehre des Herrn
vollkommen, erquickt die Seele ... Die Gebote des Ewigen sind
gerade, sie erfreuen das Herz", und selbst der inkriminierte Ausdruck, was sagt er denn? Sie sind kstlicher denn Gold und ser
denn Honig, in ihrer Beobachtung ist groer Lohn," also darin
ist
schon, da der
auer ihnen,
^
Mensch
liegt
die
Beseligung.
gttlichen Gebote bettigt,
(Vgl.
Aboth
Wir haben oben gesehen, was sogar
DUHM
nicht
erst
4, 2.)
zu diesem Verse
bemerkt
STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER
U.
NEUERER INTERPRETEN-
6?
Eine der beglckendsten Eigenschaften des Frommen ist sein
Gottvertrauen. Man hat neuerdings der jdischen Religion allen
Individualismus abgesprochen;
nur eine kollektive Religion,
die fr das Individuum nichts brig habe.
Allein der Psalm 91 ent-
hlt
sie sei
auch nach GuNKEL einen gewaltigen,
ungeheuren, unMein Gott, ich ver-
ja einen
berbietbaren Ausdruck des Individualismus".
Du
mein Gott; ich wei, da deine Augen
auf mir ruhen von dir bin ich mir alles Guten gewrtig." Dies innige,
persnliche Verhltnis des Frommen zu seinem Gott sei das schnsie
traue auf ihn"
bist
Kleinod der Psalmenpoesie,"
der
so
sich
berall
ausspricht".
den Psalmen.
Es sei ein weltberwindender Glaube,
Solchem Glauben aber begegnen wir
Der Herr
ist mein Licht und mein Heil,
mich frchten?
Wenn mir beltter nahen
straucheln werden sie und fallen. Wenn ein Lager sich gegen mich
lagert, so frchtet nichts mein Herz. Wenn sich Krieg gegen mich
erhebt
auch dann vertraue ich."
Und wie bei drohendem
vor
in
wem
ich
sollt
Unheil solch unerschtterliche Festigkeit, so bei unentrinnbarem oder
schon hereingebrochenem die ruhigste Ergebung.
Und nun, auf
was hoffe ich, o Ewiger, mein Harren geht auf dich." Ich verstumme, ffne nicht meinen Mund, denn du hast es gefgt." (39, 8. 10.)
Doch das
Gebete Jesu
geschehe!"
hat Jesus
sei
Von dem
Verkleinern kann nicht gelassen werden.
sagt
GUNKEL
Nicht mein, sondern dein Wille
der Psalmist noch weit entfernt.
dem Geiste,
von den Frommen seines
so beten gelernt, nicht nur
dem Ausdrucke
Hohepriester Eli
nach,
ruft,
vom
was gut ist
Der Ewige
Allein in
Wahrheit
sondern sogar
Der
Der Ewige
Volkes.
Schrecklichsten getroffen, aus:
seinen Augen." Ja sogar der Krieger
Joab
tue, was gut ist in seinen Augen."
Aber dem Gottvertrauen
sagt man
halte die Gottesfurcht die Wage, die Furcht vor dem ewigzrnenden Gotte, die
die Seele in ewiger Unruhe schweben lasse. Wir haben aber bereits
vorhin gezeigt, was es mit dieser ewig nachgesprochenen Phrase
ist
es,
er tue,
spricht:
auf sich hat.
in
Den erwhnten
zahlreichen Psalmstellen, die sie wider-
noch die eine angefgt, die allein schon solch groben
Miverstand htte hindern mssen: Nur einen Augenblick whrt sein
Zorn, lebenslang seine Gnade." (30, 6.)
Oder man wiederholt die
Legende, die Gottesfurcht des Psalmisten bedeute nur seine ngstlichkeit, ob er nicht eines der unzhligen Zeremonialgesetze auer
acht lasse. Wenn er im Psalm 5 Gott bittet: Ewiger, leite mich
in deiner Gerechtigkeit, ebne vor mir deinen Weg," oder im Psalm 19:
legen, sei nur
5*
FESTSCHRIFT COHEN
68
Irrungen, wer merkt sie, von
verborgenen
Snden
reinige
mich,"
spreche sich hier nicht das Verlangen aus, auch innerlich rein
sagt DUHM, denvor Gott zu stehen, nein, es spreche sich hier
nur kleinliche ngstlichselben Irrtum unermdlich wiederholend
so
keit weo-en der vielen
vernachlssigt worden
Zeremonialvorschriften
aus,
ob nicht eine
sei.
Aber wer sagt, da der Psalmist berhaupt von Zeremonialgesetzen spricht? Er spricht offenbar nur von moralischen Snden, wie Neid, Migunst, Rachgier, Lsternheit, Hochmut und hnlichen, die man eben im Verborgenen, im Herzen
becreht, und von denen der Psalmist als ein wahrhaft Frommer eben
gleichfalls rein bleiben
In Wahrheit
ist
mchte.
denn unter Gottesfurcht nur das verstanden,
Mensch mit Rcksicht auf sein Gewissen
empfindet' Er schwrt wahr, selbst zum eigenen Schaden wie
aus Scheu vor der Rge seines Gewissens; das
der Psalmist sagt
Er empfindet ein wohliges
nennt der Gottglubige Gottesfurcht.
Gefhl ber die Harmonie zwischen seinem Leben und seinem GeDer moralische Imperativ
wissen, das ist religis Freude in Gott.
ist der Bibel vollkommen vertraut; nur ist er ihr das gewaltige Echo
was
der
moralische
Weil Gottesfurcht nur diesen reinen
Sinn in der Bibel hat, kommt sie in ihr auch immer wieder mit
Zum Beispiel ii2, i: Heil dem Manne,
beseligtester Freude vor.
der den Ewigen frchtet, an seinen Geboten hat er groe Lust."
der gewaltigen Gottesstimme.
Wenn man
aber auch hier wieder auf die berlegenheit des NTs.
hinweist, so sei daran erinnert, da der Ausdruck Gottesfurcht"
auch da mehrfach vorkommt. (Vgl. u. a. i Petri i, 17; Ebr. 12,28;
Und wenn es Rom 8, 15 heit: Ihr habt einen
Off. Joh 12, 18.)
kindlichen Geist empfangen, durch welchen wir rufen: Abba, lieber
durchaus jdisch, wie das stndige:
Unser Vater im Himmel" in den jdischen Gebeten, aber auch
schon die pentateuchischen Stze: Kinder seid ihr des Ewigen,
Du sollst lieben den Ewigen, deinen Gott, mit
eures Gottes"
Vater"
so
ist
auch das
deinem ganzen Herzen" usw. beweisen.
Nun noch etwas
Vgl. Prov.
und des Bsen
furcht
liegt's,
8,
ber diejenigen Psalmen, in denen unsere Mo-
13 Gottesfurcht heit das
Weg
und verkehrten
das Bse zu hassen".
Mund
Bse hassen: Stolz und Hochmut
hasse ich".
16,
6 In der Gottes-
STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER
NEUERER INTERPRETEN
U.
dernen entweder einen Affekt vermissen, oder
als
69
zu Unrecht vor-
handen betrachten.
Zu den ersteren gehrt der schon erwhnte Psalm 91. In seinem
festen Gottvertrauen spricht der Dichter: Ob auch zu deiner Linken
Tausend und Zehntausend zu deiner Rechten fallen
an dich tritt
das Verderben nicht heran."
Das ist Hartherzigkeit"
sagt
GUNKEL,
der Psalmist empfindet kein Erbarmen, indem er die
Snder zum Verderben verurteilt. Allein die Erwartung eines Affekts
Man
empfindet Mitleid, wenn irgendein wirkliches Leid die Mitmenschen, seien sie gut oder bse, trifft
ist
hier psychologisch verfehlt.
oder bedroht.
Man
empfindet aber kein Mitleid bei der bloen Feststellung einer abstrakten, wenn auch herben Lebenswahrheit
wie
da die Frevler bei ihrem Ansturm gegen die Guten ihren
Untergang finden
bei einem Fazit, das man im Rckblick ber
den Weltlauf in ethisch oder religis reflektierender Betrachtung
hier,
gewinnt.
Wie
lebendig aber das Mitleid,
wo
es psychologisch natrlich
aktuellen Vorgngen
in der Bibel waltet, das veranschaulicht Abrahams Gebet fr Sodom und Amora, Jonas Verhalten
gegen Ninwe, beweisen Jesajas und Jeremias Klagen ber das Unglck
ist
bei
sogar feindlicher Vlker, zeigen vor allem die zahlreichen
pentateuchischen Gebote zugunsten der Armen und Fremdlinge, und
fremder,
Psalmen mit ihrem hufigen Lobe des mitleidsvollen Wohltters (zum Beispiel n, 21.26 und 112,4) und ihrer scharfen Verurteilung der gegen Witwen und Waisen sich hart Benehmenden
(zum Beispiel 82 und namentlich 94). Der Vorwurf GUNKELs knnte
auch
die
aber,
wenn
ein
solcher
gelten
gelassen wird,
wohl mit grerem
Rechte geltend gemacht werden im Hinblick auf das Verhalten
gegen Mutter und Brder in den Evangelien (Mat I2,4y{.) und
deren uerungen ber die ewiger Hllenpein berantworteten Unglubigen, wo Heulen und Zhnklappen" sein wird.
(Das. 13, 50
und 22, 13; 25,41. 46: Gehet hin von mir, ihr Verfluchten, in das
ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel
Und sie werden in die
ewige Pein gehen.")
.
Umgekehrt wird das Menschliche des Affekts zu wenig
be-
rcksichtigt in einigen Psalmen, in denen eine begreifliche Erbitterung
den Dichter zu Verwnschungen
behaglichen Studierstuben aus
fortri.
Wie
dergleichen
leicht
ist's
doch, von
Entladungen bervoller
Gemter als Unchristlichkeit" oder zhen jdischen Ha" zu
verdammen! Man versetze sich aber in die Lage von Menschen,
die, wie in Psalm 137, von den grausamen Babyloniern nicht nur
FESTSCHRIFT COHEN
70
der kstlichsten Besitztmer beraubt, sondern obendrein noch gehhnt,
sondern auch an der Ehre verletzt
sich einen ohnehin Heimgesuchten vor,
nur leiblich drangsaliert,
nicht
wurden; oder
man
stelle
gegen den sich falsche Freunde mit lgenhaften Anklagen erheben
er hatte sie einst mit Wohltaten berhuft, und nun schmieden sie
gegen ihn Rnke und berliefern ihn dem Henker wie in den
ob da eine gewisse Fassungslosigkeit nicht
Psalmen 69 und 109,
Da ganz allgemein von zhem jdierklrlich und verzeihlich ist.
schen Ha" zu reden, wie GUNKEL tut, welch ein hlicher Rck-
gegen die milden Urteile eines LuTHER, Herder, Hupfeld!
Oder man denke sich einen ehrlichen Mann, der boshafterweise mit
wirklichen Verbrechern zusammengeworfen und dem Verderben entgegengefhrt wird; er wei sich von der ihm zur Last gelegten
da wendet er sich
Schuld frei, jedoch man hrt nicht auf ihn
betend zu Gott, wie in Psalm 26: Richte du mich, Ewiger, denn
Raffe nicht mit Sndern
ich bin in meiner Einfalt gewandelt
ist es
meine Seele hin und mit Blutmenschen mein Leben" usw.
da recht, wie die Modernen tun, wegwerfend von unchristlicher
Selbstgerechtigkeit" zu sprechen? Wer wollte dem unverschuldet
auf der Anklagebank Sitzenden die Beteuerung seiner Unschuld, zu
der, wie Hupfeld richtig sagt, jeder ehrliche Mann berechtigt und
schritt
sogar verpflichtet
Aber
selbst
ist",
wenn
als Selbstgerechtigkeit" auslegen!
hier nicht eine spezielle,
gemeine Unschuldsbeteuerung
vorlge,
sondern eine all-
so darf diese doch keines-
wegs so absolut verwerflich befunden werden, weil der christliche
Mastab, nach welchem allein solche unbedingte Verurteilung geschehen kann, dem jdischen Psalmisten zu Unrecht angelegt wird.
Man kann es verstehen, da gewisse christliche Exegeten stutzig
werden, wenn sie hin und wieder in den Psalmen Beteuerungen der
Es widerstreitet dem christlichen
eigenen Unschuld begegnen.
Prinzip, wonach alle Menschen gleichsam schicksalsmig durch
die Erb Snde belastet sind, da von irgendwelcher Unschuld geredet
werde. Es ist von vornherein unmglich, da ein Mensch gerecht
sei
vor Gott.
Wer
also seine
Unschuld beteuert, durchbricht
ein
Hauptdogma!
Allein das Judentum kennt ja glcklicherweise jene prinzipielle,
Zwar als Faktum gesteht es der
fatale Unmglichkeit nicht.
Psalmist in frommer Demut unzhligemal ein, da er die Idealitt
der gttlichen Forderungen nicht erreicht und daher der gttlichen Gnade bedrfe. Aber es ist doch nicht gewissermaen ein
Prinzip, ein christliches
STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER
U.
NEUERER INTERPRETEN
/I
stehen glaubt, so da es schlechter-
Fatum, unter welchem er zu
dings unmglich wre, vor
Gott
Gerechter zu
ein
Darum
Fromme die
sein.
knnen vereinzelte Ausnahmen, in denen der jdische
berzeugung von seiner Unsndigkeit hegt, doch nicht den strenden
Eindruck machen, den sie dem erbsndeglubigen Christen machen.
Sie knnten uns allenfalls als
Kundgebungen der Unbescheidenheit
einzelner unsympathisch oder
auch tadelnswert, nicht aber als DurchGrundartikels verdammenswert er-
brechungen eines
religisen
scheinen.
Jene Modernen htten indes wieder daran denken mssen, da
sich gerade im NT uerungen eines Selbstbewutseins finden, das
sich sehr wie Selbsgerechtigkeit ausnimmt (zum Beispiel Mat 12, 41 f.;
Ev. Joh 8, 12; Off. Joh 22, 12), und ebenso Verwnschungen wie
2
Tim
Alexander, der Schmied, hat mir
4, 14:
viel
Bses erwiesen,
der Herr bezahle ihm nach seinen Werken." (i Tim i, 20 heit es,
Paulus habe diesen Alexander dem Satan bergeben.) Gal i, 8 f.
die anders predigen,
werden diejenigen verflucht,
fangen haben.
Das.
5,
I2; Wollte Gott,
da
denn
sie
emp-
ausgerodet wrden,
sie
Cor 16, 22; Phil 3, I9-)' Im Judentum aber ist magebend geworden, was die fromme Beruria ihrem
Gatten R. Meir, da sie ihn bse Nachbarn verwnschen hrte, mit
die
euch verstren."
Bezug auf Psalm
um
(hnlich
104, 35 zurief:
er solle
die Vertilgung der Frevler beten,
um
die
Besserung,
nicht
sowie das talmudische Wort:
Die gekrnkt werden, aber nicht wieder krnken, ihre Beschimpfung
hren, aber nicht wieder beschimpfen, das Gute aus Liebe tun und
auch in der Heimsuchung ihren Frohsinn bewahren, von ihnen sagt
die
Seine Freunde
Schrift:
sind wie die Sonne,
wenn
sie
aufgeht
in ihrer Kraft."
Auch
die bisherige Errterung hat lediglich
Verteidigung und
Wiederverkleinern beabsichtigt. Mit der Treue
zum Judentum und dem Glauben an seine noch nicht erledigte
nicht etwa ein
Mission
verbinden wir gleich Jehuda Halewi und Maimonides die
berzeugung, da die Tochterreligionen gottgewollte Vorkehrungen
sind, um die Befreiung der Menschheit aus dem Heidentum, deren
sittliche
Veredlung und so den Anbruch des Gottesreiches mitzu-
bewirken.
^
Es
ist
unerfindlich, wie
Duhm
angesichts
all
Stellen bezglich des Ps gi sagen kann, er knnte,
,,du wirst es
im
NT
dieser neutestamentlichen
wenn man ber
schauen, wie den Frevlern vergolten wird"
stehen!
V. 8b
hinwegsieht,
auch
FESTSCHRIFT COHEN
72
Das fhrt uns schlieCilich zu dem, was sich in den Psalmen
ber die letzten Dinge findet.
Wir haben einerseits einen
mchtigen Individualismus in den Psalmen wahrgenommen, einen
unerschtterlichen Glauben an eine auf jeden Einzelnen sich erstreckende Vorsehung.
Hieraus
persnliche Unsterblichkeit
mute auch der Glaube an
eine
allmhlich sich entwickeln, wie wir
ihn in der Tat bei einzelnen Psalmisten schon hervorblitzen sehen.
Die
Konsequenz
volle
zieht
das
allerdings erst
sptere
jdische
Schrifttum.
Andererseits begegneten wir in den Psalmen einen nicht minder
Universalismus, wonach Gott auch auf die Vlker sein
Augenmerk richtet, und die unausweichliche Folge hiervon ist der
starken
auch von den Propheten verkndete Glaube, da dereinst alle Vlker
in reiner Gotteserkenntnis sich vereinen werden.
Wie nun bei den
Propheten neben einem, ganz unpersnlichen Messianismus ein solcher
einhergeht, in welchem ein Davidide als Trger der groen Zeit
erscheint, so auch in den Psalmen.
Aber hier wie dort tritt das
Unpersnliche,
also
die
Idee
einer
allgemeinen Herrschaft
des
Rechts und der Liebe, als das Wesentliche der ZukunftshofTnungen
Nirgends aber ist etwa, wie wieder die Modernen den
hervor.
Psalmen unterstellen, von einem Weltherrnvolk", einer Herrschaft der Juden ber die ganze Welt" die Rede. Nirgends
von diesem Wahn.
eine Spur
Selbst
der
angeblich
messia-
gegen die wider den Gottgesalbten
tobenden Vlker und Knige wendet, schliet mit der Mahnung:
Dienet dem Ewigen mit Furcht!" Und der Psalm 46, der den
messianischen Satz enthlt: Er vernichtet die Kriege bis zum Ende
der Erde", schliet mit der Aufforderung: Erkennet, da ich Gott
bin, ich erhebe mich ber die Vlker." Der Psalm 96 fordert
von den Vlkern, Gott die Ehre zu geben, ihm, der kommt, die
Erde zu richten, er wird richten den Erdkreis mit Gerechtigkeit und
die Vlker mit seiner Treue", so da sogar DuHM gestehen mu,
der Psalm zeige, da der Tempelkult ... die Idee des weltumfassennische
2.
Psalm,
der
sich
den" Gottesreiches lebendig
97. Psalm:
vielen
und
Der Ewige
Inseln
regiert,
freuen ...
sich
erhielt.
Begeistert kndet endlich der
es juble
die
Es verknden
Erde, es mgen die
die
Himmel
sein
Heil,
Vlker schauen seine Herrlichkeit. Beschmt werden alle
Gtzenverfertiger
denn du. Ewiger, bist Hchster ber die
ganze Erde." Selbst GuNKEL fat diesen Psalm als unpersnlich messianisch auf, aber er fgt doch hinzu: Israel werde in der
alle
STECKELMACHER, DIE PSALMEN LTERER
U.
NEUERER INTERPRETEN
73
Ganz unbegreiflich. Hier ist
ja berall nur von Gottes Weltknigtum die Rede! Eben so falsch
DUHM: Der Psalm spricht die Empfindungen aus, die der Jude
ein von diesem Exegeten immer wieder gebrauchter, seine antibeim Gewitter
semitisch infizierte Gesinnung verratender Ausdruck
hat; es zeigt Jahves Knigsmacht, die die Welt zur Unterwerfung
und Anbetung ntigt, den Juden aber mit Freude und Sicherheit
Aber der Psalm spricht ausdrcklich vom Jubel der Erde
erfllt."
und von der Freude der fernen Inseln und ermuntert alle GeMessiasra das Weltherrn volk"
sein.
rechten zur Freude
in Gott.
Nein,
der Jude" hofft zwar zuversicht-
da sein reiner Monotheismus dereinst Gemeingut der Menschheit
wird geworden sein und eintreften wird: Es werden dich preisen
deines Mundes Worte vernommen"
sie
alle Erdenknige, wenn
(Ps 138); Erkennen wird man einst deinen Weg ... Es werden
lich,
preisen
dich
Vlker,
die
Gott,
dich
preisen
alle
Vlker.
Es
werden sich freuen und jubeln die Nationen, wenn du mit Geradheit
die Vlker richtest und die Nationen leiten wirst auf Erden ... Ja,
der Jude"
es werden ihn verehren alle Enden der Erde" (Ps G'j)
alledem mit dem Psalmisten durchdrungen: aber demtig
ist von
ruft er auch mit ihm aus: Nicht uns, o Herr, nicht uns, sondern
deinem Namen gib Ehre!" Nichts von Triumph oder gar Herrschaft
Israels, sondern einzig und allein von Gottes Triumph und Herr-
schaft
ist
Es
Rede.
hier die
ist
ein Unrecht,
das durch die erwhnten schiefen und ge-
hssigen Auslegungen begangen wird, ein Unrecht gegen das Judentum, aber auch gegen die Andersglubigen, denen das herrlichste
Erbauungsbuch
das Gesangbuch der jdischen wie christlichen
Kirche", dieses wichtigste und gebrauchteste aller Bcher des ATs."
(Hupfeld, Pss I, Vorr. V)
verleidet wird.
Es sollten aber die
Psalmen weiterhin die gemeinsame Andachtsquelle aller bleiben, die
aus den Beengungen des Lebens sich zu Gott flchten und erheben
wollen.
Hier wenigstens sollten die Herzen sich
sich vereinigen in
selige Zeit,
da
eine Herde.
dem
alles
zusammenfinden,
und auf die glckWahrheit nur einen Hirten und
Blick auf den Vater aller
fhlt,
es gibt in
Die philosophische Begrndung des Judentums.
Von Benzion Kellermann-B erlin.
Wenn
wahr
da die Lsung eines Problems aus seiner
richtigen Formulierung entspringt, so knnte es bedenklich
scheinen, von einer philosophischen Begrndung des Judentums"
es
ist,
Versteht
zu sprechen.
man
gar unter philosophischer Begrndung
die logische Rechtfertigung der methodischen und systematischen
Grundlagen einer wissenschaftlichen
Deduktion ihres
Seinsursprungs aus der Erkenntnis, so mu die Rechtmigkeit eines
derartigen Titels prinzipiell bestritten werden. Unter den zahlreichen
Definitionen des Judentums finden wir keine, die in ihm das System
oder die Methodik wissenschaftlicher Gesetzesbildung erblickt. Gesetze
enthlt das Judentum.
freilich
sogar
viel
zu
viel:
rjfiLcrv
ttAIov
Disziplin,
Nach
die
der Ansicht mancher Kritiker
Aber
Travros.
es
enthlt nicht nur
Gesetze, sondern auch religise Begri"e, die allerdings in einer ganz
bestimmten Korrelation zu den Gesetzen stehen. Und auch die
Gesetze knnen nicht durchweg als wissenschaftlich" gelten. Denn
neben den ethischen
Forderungen und
den durch
sie
bedingten
Rechtsvorschriften stehen Vorschriften heteronomer Gattung, die nicht
durch den wissenschaftlichen Ursprungsbegriff" der Allheit, sondern
in
dem
partikularistischen
Begrndung
Gedanken der Vielheit
ihre zureichende
erfahren.
von
Judentums gesprochen
werden, so mu vor allen Dingen eine Ausscheidung aller partikularistischen Vielheitsgesetze oder doch wenigstens ihre Herabstimmung
und Relativierung zu subjektiven Maximen in die Wege geleitet
werden. Wir erhalten dann Gesetze mit Allheitscharakter einerseits
und damit in notwendiger Wechselwirkung stehende religise VorSoll
also
stellungen
einer
andererseits.
Philosophie
des
Vorstellungen
jedoch,
die
zu
AUheits-
FESTSCHRIFT COHEN
^6
gesetzen
in
notwendiger Wechselwirkung stehen, also auf die gegen-
seitige Begrndung hinweisen,
wie jene Gesetze.
Sie
fordern
die
demnach
den Charakter von
Also erhebt sich nach Ausscheidung
tragen
Gesetzen, Aufgaben, Ideen.
der partikularistischen Vielheitsgesetze die
Idee,
zum Denkwerte
gleiche logische Basis
selbst
religise Vorstellung
zur
der Wissenschaft.
den einzelnen Schritten dieses Idealisierungsprozesses vollsich die Erhebung des Judentums als Religion zur Erkenntnis,
In
zieht
zur Philosophie.
Da nun das Judentum
hat
ganz besonders
wiesen: Nicht nur in
mehr noch in
Ethik und sthetik,
weit
einer derartigen Idealisierung fhig
ist,
Hermann Cohen
durch seine Philosophie beseinen religionsphilosophischen Schriften, sondern
seinen systematischen Werken: in der Logik,
die
als die
treibenden Krfte seiner Kantinter-
pretation erwachsen sind.
Einwnde entgegen: Gibt es
denn eine jdische Logik? Was hat die Grundlegung der Wissenschaft mit dem Judentume gemein ? Diese Fragen knnen in unserer
polemisch und apologetisch gestimmten Zeit nicht grndlich genug
Unwillkrlich jedoch tnen hier die
erledigt werden.
Eine jdische Logik gibt es
freilich
nicht,
jdische Mathematik oder eine jdische Physik.
allgemeine
so wenig
wie eine
Der notwendige und
Geltungscharakter dieser Wissenschaften beruht gerade
einem berempirischen und berindividuellen Bewutsein ihren Ursprung haben. An dieses berempirische Bewutsein appelliert der durch den Begriff der Wiedererinnerung" bestimmte Stilcharakter der Platonischen Dialoge nicht minder als die
darauf,
da
sie in
sittliche Kritik
der Propheten.
Nein, eine jdische Logik gibt es so wenig wie ein jdisches Be-
wutsein, sofern
Einheit
der
man
unter Bewutsein die schpferische unendliche
Kultur versteht.
Denn das berempirische begrndet
Nur bei der
Umkehr dieses Verhltnisses zwischen Unendlichem und Endlichem
entstehen spezifische Denkregeln, die jedem subjektiven Einfalle
Rechnung tragen. Auf diese Weise entstand vorzugsweise die
christliche Logik, die zurckzuweisen nicht so sehr die Aufgabe
das Empirische, das Unendliche bedingt das Endliche.
des Juden als vielmehr die Pflicht eines wahrhaften Philosophen ist,
der in dem Sein der Wissenschaften als dem Sein des Denkens das
Sein
der Dinge
geborgen
sieht.
Und
weil es vor allem
Kant be-
schieden war, die aristotelischen Fundamente der christlichen Logik,
KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENITJMS
77
der Scholastik mit ihrer Vergottung der Empirie, zu erschttern, und
auf den Trmmern dieser Scheinphilosophie das Banner Piatos aufzupflanzen,
in
mu auch
deshalb
der Wiederaufrichtung Kants
der Vertreter der reinen Philosophie
die
Und wenn nun ein
Denken Kants und dem Judentum
haupt erblicken.
Aufgabe der Philosophie bersolcher Philosoph zwischen
dem
innere Beziehungen" entdecken
mssen glaubt, so will er damit nichts anderes sagen, als da
auch das Judentum nur in dem Transzendenzcharakter seiner kon-
zu
stituierenden Grundbegriffe
der
Geschichte
glaubt.
die
der Vlker
Damit aber
ist
die
Immanenz der Weltgesetze,
ihre
Realisierung
erfahren,
die
in
gesichert
inhaltliche Identitt zwischen Idealismus
und Prophetismus erwiesen: In der Einheit der Idee vollzieht sich
die philosophische Begrndung des prophetischen Judentums.
Der Aristotelismus war freilich mit seiner Erledigung durch Kant
nicht erloschen.
Bald nach Kant traten die Genieschwnge" jener
Vornehmen" in Kraft, die da glaubten, mit Hilfe divinatorischer
Intuition das fruchtbare Bathos der Erfahrung" berfliegen zu knnen,
erhoben die Romantiker ihr Haupt, um dem Aristotelismus zu neuem
Leben zu verhelfen. Und Hegel blieb das Verdienst, durch seine
Dialektik des Begriffes die
zu begrnden.
Auch
Romantik zu
rationalisieren, sie begrifflich
Parmenideische Parole: Denken
ist Sein, aber freilich nicht das in den Wissenschaften latente Platonische Sein der Urteilsfunktionen, sondern das widerspruchsvolle Sein
der Einzeldinge, der Empfindungsinhalte, der empirischen Wirklichfr ihn galt die
So entstand das kulturflschende Prinzip des Historismus:
was ist, ist vernnftig, und nur das Vernnftige ist. Mit einem
Schlage war durch diese Losung allen kulturellen Entgleisungen
die philosophische Sanktion erteilt: Das Unrecht ist", also ist es
vernnftig. Der moralverachtende bermensch ist", also ist er vernnftig.
Die Klassen- und Rassengegenstze sind", also sind sie
vernnftig. Der wirkliche Staat
das ist der ideale Staat. Gibt
es eine glnzendere Rechtfertigung jedes kulturellen Tief- und Rckkeit.
Alles,
denn
auch erklrlich, da die herrschende" Religion zu ihrem Rechte
kommt. Das hchste Ziel aller Vernunft- und damit aller Seinsentwickelung ist der absolute Geist", und das Wesen der Religion ist
die Vorstellung des absoluten Geistes.
Die adquate Vorstellung
dieses Begriffes bietet der Gott des Christentums; denn in dem Gedanken der Trinitt sind alle Forderungen enthalten, welche das
Wesen des absoluten Geistes konstituieren. Mit diesem Schlustein
standes!
Bei einer solchen Vergottung des Wirklichen"
ist
es
FESTSCHRIFT COHEN
78
seines
philosophischen
bildet,
hat
Hegel
Trinitt
in
Wahrheit
Fundament
sein
seine durch die begriffliche Dialektik nur kaschierte
bereinstimmung mit
besondere
Gebudes, der
Romantik endgltig dokumentiert.
der
Ins-
hat er dies durch seine metaphysische Interpretation der
erreicht
eines Begriffes,
Katholizismus zentrale Bedeutung
der ja im Protestantismus und
So
erhlt.
ist
Hegel
getreu
als echter Jnger des Aristoteles
den Maximen der Romantik
auch der philosophische Bannertrger des kirchlichen Christentums
geworden.
Auch
seine Rechtsphilosophie inauguriert
der Wirklichkeit:
sophie
Alles,
was
Rechte, das mit uns geboren, das in
ist,
Hegel
ist
mit seiner Philo-
vernnftig.
dem ewig
Von dem
flieenden Quell der
moralischen Rechenschaft" seine Natur erneuert, von diesem Rechte
will
Hegel
nnftig.
nichts
Wo
wissen.
Nur das Historisch-Gewordene
ist
ver-
aber das rechtliche Gemeinschaftsleben nicht in der
Ethik seine erzeugende Grundlegung erblickt, da fehlt das Faktum"
der Ethik, und damit
fllt
die Ethik als die
spezifischen Provinz des Kulturbewutseins.
Begrndungsweise einer
Eine weitere Kritik des
Hegelianismus drfte sich bei den soweit skizzierten Folgen des Systems
wenn sich nicht in neuerer Zeit ein apologetischer Interpret Hegels gefunden htte.
In seiner Geschichte der neueren
Philosophie schreibt WiNDELBAND: Wenn er aber gerade in der
erbrigen,
Vorrede zu seiner Rechtsphilosophie jenen typischen Ausspruch
Alles,
was
verstanden
ist,
ist
vernnftig,
so konnten nur solche,
tat:
die ihn mi-
oder nicht verstehen wollten, dies Wort dahin deuten,
ob nach seiner Meinung alle bestehenden Institutionen als absolut
vernnftig gelten und deshalb so, wie sie sind, festgehalten werden
Von einem solchen bornierten Konservativismus, den ihm
sollten.
Anhnger oder Gegner imputierten, ist bei HEGEL keine Rede. Wer
seine Lehre kennt, wei, da Vernunft fr ihn mit Entwickelung
identisch ist, und da die Wirklichkeit fr ihn nur in dem Sinne
als vernnftig gelten kann, als sie den notwendigen Proze einer
Entwickelung darstellt, in welcher die ursprngliche Anlage, das
heit in diesem Falle der Gesamtgeist des Volkes zur vollen VerOhne zunchst auf eine kritische Analyse
wirklichung kommt".
als
dieser
Worte einzugehen,
stellen
wir
fest:
Vernunft
ist
gleich
dem
notwendigen Proze der Entwickelung des Gesamtgeistes, der in
den Anlagen des Volkes gegeben ist. Von einer ethischen Wertung des Gesamtgeistes kann schon deshalb keine Rede sein, weil
Demdie Ethik selbst einen Teilbegriff des Gesamtgeistes bildet.
KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS
nach mu auch
die
vernnftig gelten.
/Q
Entwickelung eines unsittlichen Gesamjtgeistes als
Damit ist aber nach wie vor der Satz in Geltung:
auch wenn es unsittlich ist, ist vernnftig. Der
zwingende Charakter dieses Schlusses liegt schon in der Tatsache
begrndet, da zum obersten Wertmesser nicht der Kulturgeist der
Menschheit, das heit der Allheit, erhoben wird, sondern der Kulturgeist des Volkes, das heit der partikularistischen Mehrheit, die in
ihren Ansprchen auf absolute Geltung direkt die Vernichtung der
Allerdings knnte man hier einwenden, da auch
Allheit bedeutet.
Hegel nicht an den Gesamtgeist eines Volkes, sondern an den
der Menschheit dachte, und Vernunft wre dann der notwendige
Entwickelungsproze des Menschheitsgeistes. Da eine solche Interpretation jedoch unmglich ist, drfte aus folgender berlegung erhellen: Wie man auch immer den Begriff der Entwickelung" fassen
mag, stets wird er ein bestimmtes Ziel markieren, das der Gegenstand der Entwickelung zu erreichen bestrebt ist. Dabei ist es gleichgltig, ob das Ziel dieser Entwickelung die Verwirklichung eines
auerhalb des Gegenstandes liegenden Zweckes ist oder die rein
Alles
Wirkliche,
formale Vervollkommnung der Entwickelungsmglichkeit.
Dort ist
das Ziel qualitativ, hier ist es quantitativ. Und es bedarf keines
weiteren Beweises, da in der quantitativen Entwickelung die qualitative vorausgesetzt wird, denn die hier in Frage stehende Quantitt
entsteht durch die Vervielfltigung einer bestimmten, wenn auch
nur
keimartig, in
stimmt gearteten
der Anlage" vorhandenen Form, oder eines beZweckes.
aber von zu erstrebenden oder
Wo
erstrebten Zielen die Rede ist, da stehen wir nicht mehr auf dem
Boden notwendiger Kausalitt wie in der mathematischen Naturwissenschaft, sondern wir sind in das Gebiet der anthropologischen
Wertung des
Seins, in das Gebiet der Teleologie abgeschweift.
Nun
unterscheidet sich das Gebiet der Teleologie von dem der mechanischen Naturbetrachtung gerade dadurch, da nur auf dem Gebiete
mechanischer Naturbetrachtung von einer
gesprochen werden kann.
So gro nun auch
die Kluft zwischen kausaler
Naturbetrachtung sein mag,
Vershnung:
Wenn
notwendigen
die
es
gibt
teleologische
registriert, die zu ihrer definitiven
doch
die
Kausalitt
und teleologischer
Mglichkeit einer
Probleme
Behandlung der mathematischen
Wissenschaft
die
Naturwissenschaft bermittelt werden. In dieser Vorbereitung fr
die Wissenschaft der kausalen Notwendigkeit liegt der methodische
Wert der Teleologie, und damit auch der der Entwickelung. Von
FESTSCHRIFT COHEN
80
einem .notwendigen Proze einer Entwickelung" knnte mithin erst
dann gesprochen werden, wenn die Resorption der Teleologie durch
Demnach tritt ein zweiter methodischer
die Physik erledigt ist.
Unterschied zwischen Physik und Teleologie hervor: Die Physik ist
Selbstzweck, die Teleologie Mittel zum Zweck. Freilich wird die
Resorption niemals zu Ende gefhrt. Ist doch die unter der Direktive einer Zweckidee sich vollziehende Synthese kategorialer Funktionen ebensosehr eine Aufgabe unendlichen Charakters, wie die ewig
neue Begrndung und Rechtfertigung der die Wissenschaften konstituierenden Prinzipien der Erkenntnis.
Mag
deshalb ein biologisches
Problem noch so grndlich durch Chemie und Physik und damit
es wird inimer noch
auch durch Mathematik bewltigt werden,
ein teleologischer Rest bleiben, der sich nicht nur in dem ewig
neuen Vollzug der Synthese ausspricht, sondern noch mehr in der
SynZuflligkeit des bestimmt gearteten Charakters der Synthese.
thetisch verfahren aber auch die Wissenschaften der Kausalitt:
Die mathematischen Naturwissenschaften. Die Zurckfhrung einer
physikalischen Erscheinung auf ein in mathematischen Formeln sich
kundgebendes Gesetz hat freilich den Charakter einer psychologischen
Analyse. Aber die Analyse ist nur Schein. Gerade durch die Zurckbeziehung auf die mathematische Formel, also auf die Einheit
der Realitt, wird der synthetische Aufbau der physikalischen Erscheinung gerettet" und ihre wissenschaftliche Verifizierung ermglicht.
psychologische Genese,
logische Wertung. Das Umgekehrte ist
Analytisch verfhrt also nur die
synthetisch aber
ist
die
beim teleologischen Verfahren der
Hier werden zunchst die
Fall.
psychologischen Gebilde durch eine Zweckidee synthetisch vereinigt,
um
in
durch diese Vereinigung der Analyse, das heit ihrer Auflsung
die den Gegenstand konstituierenden logischen Komponenten, ent-
gegengefhrt zu
teleologisch
sich
ihres
um
werden.
verfhrt,
ein
Hier
rein
also
ist
die
Synthese, soweit
psychologischer Vorgang,
weil es
eine Vereinigung psychologischer Gebilde handelt, die
Endlichkeitscharakters
Ursprung haben, sondern
nicht
in
der
reinen
sie
Erkenntnis
dank
ihren
Tatsachen der Beobachtung sich zunchst als Empfindungsinhalte legitimieren. Erst die durch
teleologische Synthese vorbereitete Analyse bringt auch hier die
logische Synthese hervor, insofern durch die Erkenntnis der in den
als
psychologischen Gebilden verendlichten Einzelkategorien die logische
Struktur der Gebilde begrndet wird. Der Unterschied zwischen
kausaler und teleologischer Synthese
springt
nunmehr unmittelbar
KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS
Augen:
die
in
Die kausale Synthese bedeutet eine logische Be-
grndung, die teleologische eine psychologische, die
Verwandlung
in eine logische hinsteuert.
logie mit Logik
identifiziert
werden
jene restlose Verwandlung mglich sein
Wenn
lsung kann geleistet werden.
als
ausgeschlossen
gilt,
Nur
die asymptotische Auf-
aber eine vllige Auflsung der
in
mechanische Be-
dann bedeutet der Ausdruck Windel-
BANDS: Notwendige Entwickelung" eine contradictio
in adjecto.
kam bis jetzt nur die Wissenschaft des Seins:
Indessen
matische und
beschreibende
die
da
auf die
so wenig wird jemals
darf,
:
freilich
So wenig jedoch Psycho-
Entwickelung
Teleologie in Kausalitt, der
wegung
8l
die
mathe-
Naturwissenschaft, in Betracht.
methodische Kluft zwischen den
beiden Disziplinen sicher nicht durch einen Begriff berbrckt werden
darf, der das Spezifikum der einen der genannten Wissenschaften
bildet. Wie verhlt es sich aber mit der Wissenschaft des Sollens,
mit der Ethik: Darf ihr oberster Grundsatz der notwendige Proze
einer Entwickelung" sein? Jetzt wird der Gegensatz zur Wissenschaft
Hier
lie
erweisen,
sich
die
der Kausalitt noch schroffer als der zwischen beschreibender und
mathematischer Naturwissenschaft. Die asymptotische Annherung
einer Biologie an die Bewegungsmechanik lie bei aller Aufrechterhaltung der spezifischen Diff"erenz insofern eine Vereinigung zu, als
die Biologie
der
kausalen Betrachtung die Probleme
gleichsam
dieser Zurstung erschien sie
als
matischen Naturwissenschaft, die ihr ewiges
offenbart.
Bei der Ethik
zurstet.
In
Instrument der mathe-
Ziel,
ihren ewigen
Zweck
ein solches Rangverhltnis der hrteste
ist
Widerspruch gegen ihr eigenes Prinzip. Die Ethik ist Autoteile. Ihr
Prinzip ist im ausgesprochenen Gegensatze zur kausalen Notwendigkeit die
Freiheit.
Und
der Primat der praktischen Vernunft erblickt
den Zweck der Kausalitt
heit in der Kausalitt.
in
dem notwendigen
satz zu erblicken
und
ist,
Wenn
nun nach
HEGEL auch
fr die Ethik
Proze einer Entwickelung" der oberste Grundso
fllt
Sein, die Ethik wird
Rechte.
der Freiheit, aber nicht den der Frei-
in
Dabei
zunchst die Schranke zwischen Sollen
gleich der Natur,
hat
man wohl
der Pantheismus
tritt
in
da nicht die
Natur von der Ethik absorbiert wird, dann kme wenigstens wie bei
Fichte der Primatcharakter der Ethik zu einer bestimmten Geltung.
Vielmehr ist das Umgekehrte der Fall. Die Ethik wird zur Natur, als
seine
zu beachten,
ob es sich bei ihr um Linien und Flchen handelt.
Wenn nun
Windelband den HEGELschen Seinsbegriff als den notwendigen
Proze einer Entwickelung" definiert, so macht er sich zunchst einer
6
FESTSCHRIFl"
82
contradictio
Hegel
In
schuldig.
hinaus,
indem
er
COHEN
noch ber
den Begriff der Entwickelung durch das
der
Tendenz aber geht
dem
Beiwort: notwendig" direkt auf eine Linie mit
prinzip der kausalgesetzlichen Naturbetrachtung
Nach
er
Notwendigkeits-
stellt.
diesen Darlegungen kann wohl die Rettung
Hegels
nicht
gelungen bezeichnet werden. Aber das Charakteristische dieses
Rettungsversuchs liegt darin, da noch in der neueren Zeit die Auseinandersetzung mit Hegel im Sinne einer Rezeption seines
Systems unternommen wird. Es mu doch etwas Typisches in
als
diesem Systeme sein, das immer aufs neue wieder aktuell ist. Es
kann auch nicht schwierig sein, dieses Typische zu entdecken:
Hegel ist der Philosoph des Darwinismus. Nicht in dem Sinne, als
ob er die logischen Grundlagen des Darwinismus entdeckt htte, das
hat Kant mit seiner formalen Zweckmigkeit" schon lngst erledigt.
Aber HEGEL hat den Darwinismus zum philosophischen
Unter begriff
Logik figuriert,
Kant hat die logischen Grundlagen fr den Darwinismus entdeckt,
Hegel den Darwinismus fr die Logik: Die Biologie wird zur
Systembegriff erhoben,
als
dessen
die
Knigin der Wissenschaft. So kann nunmehr der alte Streit zwischen
Philosophie und Naturwissenschaft als geschlichtet gelten, denn die
Das
Philosophie hat sich der Biologie unterworfen.
Und
das biologische Ich.
das biologische Ich
ist
reine Ich
ist
das geschichtlich
gewordene Ich. Und ein geschichtlich gewordenes Ich ist auch das
Und so mute der Hegelianismus bei
Ich des bermenschen.
Nietzsche landen. Es kann keine ergiebigere Kritik Hegels geben
Die Lehre vom
als die Entstehung der Lehre vom bermenschen.
bermenschen ist nichts anderes als die Illustration zum Satze: Alles,
was ist, ist vernnftig, und nur das Vernnftige ist: Die Macht besiegt
Und nicht
Auch Schopenhauer
das Recht, das Sein das Sollen.
anders verhlt es sich
mit Schopenhauer.
wickelung die metaphysische Quintessenz.
erblickt
in
der Ent-
Nur ist die Spekulation
Schopenhauers antizipierend, whrend die Nietzsches sich retrospektiv verhlt: SCHOPENHAUER reflektiert ber das Ende der Ent-
wickelung, und in der Verzweiflung an der Erreichung des Endzieles
das psychologische Motiv seines Pessimismus zu suchen, NIETZSCHE
reflektiert ber die Distanz zwischen Gegenwart und Anfang der
ist
Entwickelung,
stimmt er
Hymnus
in
und
in
seiner
der Erkenntnis des physischen Fortschrittes
bermenschphilosophie
auf die Entwickelung an.
wickelung das Grundmotiv der
So
einen
bildet bei
Spekulation.
panegyrischen
beiden die Ent-
Die Systeme beider
KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS
83
Denker besttigen den durch HEGEL begrndeten Bankerott der
Und da
Kultur.
in
der neuesten Zeit der ganzen Scheinkultur der
Hegelianismus im Blute steckt, das beweisen nicht nur die Auswchse
in
der Kunst,
die
kulturvvidrigen Motive des
vom
Historismus ge-
tragenen Rechts- und Staatslebens, das beweisen vor allen Dingen
die Vertreter der wissenschaftlichen Theologie, die als Hegelianer
Christentum die absolute Religion" erblicken.
tum hat
sich
seiner
Umklammerung
im
das Judennicht erwehren knnen.
DerJa, selbst
selbe Hegelianismus, der durch seine Dialektik der Vernunftentwicke-
um
wahren
Kulturmotive zu entwurzeln, der ganz besonders das Recht der
Schwachen, der Vielen-Allzuvielen verwirft, der das Judentum als eine
inferiore Religion gegenber dem Christentume bezeichnet, derselbe
Hegelianismus dient als philosophische Staffage fr die Begrndung
lung die Ethik vor der Logik kapitulieren
des historisch-partikularistischen Judentums.
lt,
Kann
alle
es eine schrfere
Kritik dieser Richtung geben, als da sie ihre philosophische Recht-
fertigung
geht
dem
kulturfeindlichen Hegelianismus verdankt!
Verwirrung
Ja,
so weit
da die
,,Ethische Kultur", deren Ziel in der Selbstndigkeit und Unabhngigkeit der Ethik gegenber der Religion besteht, da auch
sie ihr auf dem Entwickelungsgedanken basierendes Fundament in
jenem Philosophem geborgen sieht, das gerade die Religion als den
letzten Schlugedanken aller Kultur preist. Am allerdeutlichsten aber
treten die gefhrlichen Konsequenzen dieser Philosophie in einer Anschauung zutage, die man geradezu als eine Kopie des Hegelianismus ansehen kann, in dem Monismus. Hier wird die Einheit und
Identitt der naturnotwendigen Entwickelung mit einer solchen Schrfe
durchgefhrt, da nicht nur wie bei HEGEL die Ethik von der Logik
absorbiert wird, sondern ebenso sehr auch die Logik von der Ethik.
Die Ausnahmestellung des Menschen im Kosmos ist berwunden.
Auch
die
philosophischen
in
das anorganische Gebilde
ist
Grundbegrififen
mit einer Seele behaftet.
physikalische Gegenstand unterscheidet sich in keinem Prinzipe
ethischen Subjekt.
Damit
der Menschenseele
liegt in
die
der Logik dieser
der doch
fllt
Der
vom
die Willensfreiheit, die Unendlichkeit
SCHELLINGsche Identitt triumphiert. Es
Anschauung beschlossen, da der Mythos,
die Naturkrfte
als
beseelte
Wesen
vorstellt,
wieder zu
seinem Rechte gelangt.
Deshalb erhlt in dieser philosophischen
konomie auch die Religion wieder ihre Macht, vor allen Dingen
in ihrer mythischen Urform.
Aus diesem Grunde kann sich auch
der Vertreter der auf monistischer Grundlage sich erhebenden Reli6*
FESTSCHRIFT COHEN
84
Kalthoff, nicht dazu verstehen, den Christusglauben zu beseitigen. Er verfhrt nur konsequent, wenn er Christus als den Typus
des NiETZSCHEschen bermenschen auftreten lt. Vom Hegelianismus zum Monismus, vom Monismus zum Animismus, vom Animismus zum Solipsismus fhrt eine gerade Linie.
Der Ursprung einer solchen Philosophie liegt jedoch einzig und
allein in der flschlich vollzogenen Identitt zwischen Kausalitt
und Teleologie, zwischen Idee und Begriff Diese Fehlerquelle
in ihrer ganzen logischen und ethischen Tragweite erkannt und
eliminiert zu haben, ist die philosophische Tat Hermann Cohens.
gion,
Wozu
Kant
aber bedurfte es dieser neuen Aufklrung? Hatte nicht schon
Grenzen zwischen Kausalitt und Teleologie mit aller
Klarheit endgltig festgelegt? Hatte er nicht den Aristotelismus
mit seiner Vergottung des Daseins, der Empirie, des Einzelnen
berwunden? Oder wies das Kantische System doch noch manche
Lcken
die
Nahrung
boten? Dies ist nun tatschlich der Fall. Es zeigen sich Mngel
in der Disposition, in der Przision der Terminologie und in der
Absage an scholastische Doktrinen. Nicht selten kommt es vor,
auf,
die
der von ihm bekmpften Ontologie neue
da die zweite Auflage die erste korrigiert, aber die Korrektur wird
ohne ausgesprochene Begrndung und ohne ausdrckliche Desavouierung der frheren Ansichten vollzogen.
Dazu kamen noch die
Fortschritte der mathematischen Naturwissenschaft, die in manchen
Problemen ber das Niveau hinausstrebten, das KaNT von NEWTON
und den Klassikern bernommen hatte. Indem nun Cohen all den
erwhnten Mngeln Rechnung trug, indem er bei seinem Zurckgehen
auf Leibniz in dem Gesetze der Kontinuitt den Ursprungsbegriff
der Realitt neu entdeckte und zum fundamentalen Zentralpunkte des Systems erhob, indem er ferner die Glieder des Systems
in die erforderliche Wechselwirkung zueinander brachte, zweideutige
Termini durch neugefeilte ersetzte, und die Fortschritte der modernen
Naturwissenschaften bercksichtigte, mu er als der Wieder- und
Neuentdecker des Idealismus, als der Fort- und Weiterbildner der
Meistergedanken bezeichnet werden.
Soll nun diese Wertung nicht den Charakter einer unbegrndeten
Vorwegnahme erhalten, so ist ein nheres Eingehen auf COHENs
Gedankenwelt an dieser Stelle unerllich. Geht man hierbei von
dem Gesichtspunkte aus, da den systematischen Werken Cohens
der Ertrag seiner exegetischen Arbeiten zugute kommt, so darf es
nicht Befremdung erregen, wenn vor allen Dingen einer kritischen
KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS
85
Wrdigung seiner systematischen Werke das Wort geredet wird.
Auch der Vorwurf der Weitlufigkeit darf nicht erhoben werden, wenn
wir fr die philosophische Begrndung des Judentums auf die Logik
der reinen Erkenntnis Bezug nehmen. Philosophie ist Einheit der
Erkenntnis, und diese wiederum bedeutet die Einheit der Methode.
So bildet die in der Logik begrndete Einheit der Methode die Einheit
des Kulturbewutseins, also der Naturwissenschaft, der Ethik und
der sthetik.
Da nun
sich zweifellos auf seine
die unumgngliche
I.
die philosophische Verifizierung des
Ethik
Judentums
auch hier die Logik
seine philosophische Begrndung.
erstreckt, so ist also
Bedingung
fr
Die Logik der reinen Erkenntnis.
Die Logik der reinen Erkenntnis
im strengen, ausschlielichen
Gegensatze zur formalen Logik des Aristoteles zur Auszeichnung gekommen. Fr Aristoteles ist der letzte Grund des Seins das nicht
weiter zu definierende, nur durch den Hinweis der Interjektion zu
charakterisierende Einzelding.
Die Logik hat unter solcher Voraussetzung keine andere Aufgabe, als das Allgemeine aus den Einzeldingen zu abstrahieren, und unter den so abstrahierten Begriffen
Verbindungen zu stiften, die als nicht undenkbar", das heit als
dem Satz des Widerspruchs nicht widersprechend gelten knnen.
Ob aber diesem Gedachten" auch Gegenstnde entsprechen, ist eine
Frage, ber welche in letztem Grunde die Metaphysik zu entscheiden
hat.
Aus dieser Charakteristik ergibt sich die Unzulnglichkeit und
Unselbstndigkeit des Denkens nach zwei Seiten, die freilich in
Wahrheit nur eine bedeuten: Das Denken empfngt sein Material,
seinen Gegenstand von einer Instanz, die auerhalb seines Ressorts
liegt; und eben deshalb kann es auch niemals wissen, ob Begriffen,
die seinem abstraktiven
ist
Denken
ist
entspringen, Realitt eigen
gnstigsten Falles nur Durchgangspunkt
vom
ist.
Es
Einzelgegenstand zur
Metaphysik: Die Stiftung einer unbedingten Einheit im Sein aber,
die
doch bewut oder unbewut das
Ziel
aller
wahren Philosophie
kennzeichnet, das namentlich durch Plato in der Einheit der Idee"
ihm versagt. Der Grund
eines solchen Notstandes ist einleuchtend: Fr Aristoteles ist der
Begriff des Seins nicht die Einheit des Prinzips, aus welchem sich
seinen klassischen
die
er
von
heit,
ist
allen
fand,
bleibt
methodisch ableiten liee;
er nichts anderes als die leere Kategorie des Seins, die
Seinsgegenstnden als das ihnen gemeinschaftliche, das
unendliche
vielmehr
Ausdruck
Flle
einheitlich
der Gegenstnde
zugrunde
liegende
Attribut
abstrahiert.
Ein
FESTSCHRIFT COHEN
86
solcher allen spezifischen Inhalts entkleideter Begriff
ist
nur eine leere
auf die Entstehung der Gegenstnde keinerlei Hinweis
enthlt.
Fr Plato aber ist das Sein der Inbegriff aller in den
Wissenschaften vom Sein latenten Prinzipien, durch welche die
Formel,
die
Wissenschaft des Seins und damit das Sein selbst konstituiert wird.
Klar tritt diese Schpferkraft des Seins in der Mathematik hervor,
die in ihren zahllosen gesetzlichen Verstelungen restlos auf die Einheit des Seins als die Einheit des
Denkens zurckfhrbar
ist.
Bildet
aber die Mathematik den Urtyp der Wissenschaft, so besteht zwischen
Sein und Wissenschaft ein streng korrelatives Verhltnis:
es
gibt
ohne Wissenschaft gibt es keine
bleibt
Und
begrifflich
formulierbare Funktion
diese Korrelation zwischen Sein
vorbildlich
fr
Klassiker
alle
Sein
und Erzeugung der Wissenschaft, und
keine Begrndung
des Seins.
Ohne
des
und Wissenschaft
Denkens.
Besonders bei
mathematischen Naturwissenschaft NEWTONS
herrschende Methode geradezu die Besttigung seiner fundamentalen
Lehre: Das Denken hat nur soweit Geltung, als es sich auf Gegenstnde der Erfahrung bezieht. Also mu in der Wissenschaft auch
Kant
bildet die in der
das Sein als denknotwendiger Begriff das Sein der
Wissenschaft bedeuten.
Mit
dieser Erkenntnis
Erfahrung
war nun
aller
jeder
Meta-
physik der Boden entzogen.
Die Frage, ob es auerhalb der die
Wissenschaften konstituierenden Denkgesetze noch andere Realitten
des Seins gebe, mute schon deshalb als unmethodisch abgewiesen
werden, weil es auerhalb des Seins der Wissenschaft kein Sein gab:
Das Schicksal der Beweise
Freilich
hatte
Vorwegnahme".
diese
fr
das Dasein Gottes war besiegelt.
Erkenntnis zunchst den Charakter einer
Lsung des Problems, sonVor allen Dingen muten die als die
Sie enthielt nicht die
dern nur seine Formulierung.
Grundlagen der Wissenschaften sich enthllenden Prinzipien' ber ihre
Herkunft, ihren Ursprung Rechenschaft ablegen", wenn wirklich das
Denken nur dasjenige in der Erfahrung wiedererkennen" sollte, was
Welches sind also die Grundes selbst in sie hineingelegt hatte.
legungen der Erfahrung als der Mglichkeit der Gegenstnde" der
Erfahrung? Kant unterscheidet zwei Gruppen von Grundlegungen:
Die Begriffe des reinen Verstandes und die der reinen Anschauung.
Und indem er in seiner Kritik der reinen Vernunft" der Lehre von
den reinen Verstandesbegriffen die der reinen Anschauung, des
Raumes und der
auch unmittelbar ein
Werturteil ber das gegenseitige Verhltnis der beiden Gruppen gefllt: Die Anschauung bildet die Grundlage des Verstandes.
Zeit voraufgehen lt, hat er
KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS
Wenn
aber
Kant
der Sinnlichkeit ein derartiges bergewicht
insofern er trotz
einrumt,
87
aller Reinheit" die
Anschauung
als ein
dem Denken nicht homogenes, aber gleichwohl berlegenes Gebilde
bezeichnet, mu dann nicht der Verdacht entstehen, da Kants Erkenntniskritik nur eine graduelle, aber keine prinzipielle Verschieden-
gegenber der Scholastik bedeutet? Um so begrndeter ist
dieser Verdacht, als Kant das in den Formen des Raumes und der
Zeit sich darbietende Mannigfaltige" als ein den Formen des Verstandes Gegebenes" charakterisiert. Wre dann nicht der Verstand
heit
zu jener Passivitt wieder verurteilt, die das Kennzeichen der AristoteUnd da bei der Doppelheit der Erfahrungslischen Logik bildet?
quellen die Einheit des
berhaupt
in seiner
Begrndung.
Denkens gebrochen, und damit das Denken
Souvernitt beseitigt wird, bedarf keiner weiteren
Denn wenn Denken und Anschauung
zwei prinzipiell
Erkenntnisquellen markieren, so bedarf es einer prexistenten Kraft, die eine harmonische" Vereinigung dieser Quellen
bedingt, und so ist wieder jene metaphysische Realitt auf den
verschiedene
Kant
durch eine transzendentale
Subreption an die Spitze der Mglichkeit aller Dinge" gestellt wird.
Hier haben wir denn auch die Bresche zu erkennen, durch welche
Hier wieder
die kaum berwundene Scholastik ihren Einzug hlt.
Schild
gehoben,
konnte
He GEL
die
der realistische
nur
Anknpfung fr seine ontologische
die freilich nur das zum Ausdruck brachte, was ihm
Schalk im Nacken diktierte".
die
Dialektik finden,
nach
logische
nach der ganzen Disposition seines Systems
keinen Zweifel, da ihm Raum und Zeit als Denkeinheiten gelten;
und seine Fassung dieses Problems in der zweiten Auflage der
Kritik der reinen Vernunft besttigt gleichsam, wie Natorp richtig
bemerkt, den Apriorittscharakter der Anschauung. Allein auch
diese Korrektur kann nicht darber hinweghelfen, da die Voranstellung der Zeit und des Raumes vor die Gesetze des Denkens ein
Zwar
lt
Kant
ernster Fehlgriff
ist"
(Natorp).
Die erste Feststellung und kritische Klariegung dieses Fehlers
ist
das Verdienst
Hermann Cohens.
Aus welchen gedanklichen Motiven heraus gelang ihm
Entdeckung?
Die Beantwortung dieser Frage
Zentralmotive der
Cohen sehen
fhrt
uns unmittelbar
diese
in
die
Gedankenwelt, die besonders instruktiv
Logik der reinen Erkenntnis ihre systematische Begrndung
gewinnt. Die Cohen sehe Logik will als eine Logik des Ursprungs
in seiner
88
FESTSCHRIFT COHEN
gelten.
In
diesem Begriffe
ist
das ganze Programm przise und
im Sinne Piatos und Kants Denken
bndig formuliert. Die Logik ist
der Einheit: Nichts darf also an
brig bleiben,
dem Gegenstande
der Erfahrung
das sich der Determination des Denkens entziehen
von dem Denken bestimmt werden.
Eine solche restlose Einheitsbestimmung ist aber nur mglich, wenn
der wissenschaftliche Gegenstand ein Erzeugnis des Denkens ist,
seinen Ursprung ausschlielich im Denken besitzt. Also handelt
es sich in der Logik des Ursprungs um die Gesetze der Erzeugung
des Gegenstandes der Erfahrung. Ist aber der Gegenstand ein aus-
Einheitlich
knnte.
soll
er
kann der Sinnlichkeit keinerlei Recht,
geschweige denn ein Vorrecht am Aufbau des Gegenstandes zugebilligt werden, es mte denn ihre Zurckfhrung in das Denken
mglich sein. Dann knnte freilich die Mitwirkung der Sinnlichkeit
schlieliches Denkerzeugnis, so
am
synthetischen
dern
sie
Aufbau des Gegenstandes
mte sogar an
nicht nur gebilligt, son-
erster Stelle gefordert werden.
Denn
das
kann kein Erkenntniskritiker bestreiten, da ohne zeitliche und rumliche Determination kein Gegenstand existieren, das heit Gegenstand
der Erfahrung werden kann. Bilden doch neben der Zahl Zeit und
Raum die Grundkomponenten der mathematischen Physik, also jener
Wissenschaft, die als das Urerzeugnis des Denkens gilt. So entsteht
nunmehr die fundamentale Frage: Auf welches wissenschaftliche
Faktum kann sich der Kritizismus berufen, um die Idealitt der
reinen Sinnlichkeit zu begrnden, um die Realitt des wissenschaftlichen Idealismus zu erweisen?
Die Antwort
auf
diese
Frage
erteilt
nicht
Kant, sondern
Cohen.
Es
ist
das von Leibniz und
Infinitesimalmethode, das nach
Newton
Cohen
entdeckte Prinzip
der
die Realitt des wissenschaft-
lichen Idealismus, der Philosophie des Ursprungs endgltig verbrgt."
Der Kardinalsatz der Infinitesimalrechnung
ist
als
das Integral,
das heit
als
die
Summe
lautet:
Das Endliche
unendlich vieler un-
endlich kleiner Teile aufzufassen, oder allgemeiner ausgedrckt:
Unendliche
Das
der Grund des Endlichen.
Entsprechend den logischen
Grundkomponenten des physikalischen Gegenstandes kommen fr
diese Rechnung drei Probleme in I^etracht: i. Das Reihenproblem,
2.
ist
Das Tangentenproblem,
3.
Das Problem der Geschwindigkeit.
Alle drei Probleme zeigen uns, wie durch Operationen mit
dem
Unendlichen das Endliche zur Bestimmung, das heit zur Erzeugung
gebracht wird: Im Reihenproblem wird durch den Zusammen-
KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS
8Q
Schlu unendlich vieler unendlich kleiner Gren der endliche Wert
der Reihe bestimmt. Im Tangentenproblem wird der Gedanke
durchgefhrt, da durch die Steigung der Tangenten, das heit durch
den Zusammenschlu der unendlich vielen unendlich kleiner Tan-
gentialpunkte die Richtung der Kurve ihre
Bestimmung
erfhrt,
und
im Problem der Geschwindigkeit zeigt schon der einfache Satz:
Die momentane Geschwindigkeit wird durch das Verhltnis zwischen
dem
zurckgelegten unendlich kleinen
Wege und
der entsprechenden
unendlich kleinen Zeit strecke bestimmt, da nur durch das Unendliche das Endliche erzeugt wird. Damit aber ist entschieden, da sich
der Erzeugung der mathematisch-physikalischen Grundgebilde das
Denken des Ursprungs realisiert und fr denkfremde Elemente, die
in
in
der Empirie ihre Quelle haben, kein
kann
Raum
ist.
Kant
an die mathematisch-physikalische Wissenschaft als an jenes Faktum appellieren, das ihm zur Deduktion der
synthetischen Grundstze dient.
Es mute erst das Faktum der
mathematischen Naturwissenschaft durch das Faktum der Infinitesimalrechnung przisiert werden, wenn ein Abschwenken in materialistische
Jetzt erst
Bahnen verhtet werden sollte. So ist erst durch COHEN die transzendentale Methode Kants auf dem Gebiete der Logik einwandfrei
begrndet worden.
Nun
wird
freilich
behauptet, da auch
Kant
die entscheidende
Erkenntnisleistung des Infinitesimalen erkannt", indem er seinen Begriff der intensiven Gre" als den der realisierenden" bezeichnet
habe. Das hat freilich auch COHEN nicht bestritten. Aber was
Kant
unbeachtet He,
ist
die berlegung, da das Infinitesimale der
Hebel der Kritik" (Cohen) werden mute.
so wrde
dem Denken
die Sinnlichkeit nicht
knnen; so wrde das reine Denken
geschwcht worden sein.
2.
Wre
dies geschehen,
haben zuvorkommen
in seiner Selbstndigkeit nicht
Die Ethik des reinen Willens.
In der Charakteristik der Logik der reinen Erkenntnis glauben
den Nachweis dafr erbracht zu haben, da erst durch die
logische Wertung der Infinitesimalrechnung das von Kant geforderte
Faktum der Wissenschaft" seine genaue Fixierung und Przisierung
gefunden hat, durch welche nunmehr jede Art von Ontologie auch
aus den letzten Schlupfwinkeln der Erkenntnis verscheucht wird: der
wir
Hegelianismus, die Philosophie des absoluten Geistes, kann nunmehr
als ernste
Meinung" nicht mehr
in
Frage kommen.
Htte
COHEN
FESTSCHRIFT COHEN
90
nur diese Korrektur an der KANTischen Grundlegung vollzogen
Interpret und
er mte dadurch allein schon als der kongeniale
Neuschpfer Kants betrachtet werden. Aber seine Bedeutung geht
ber diese Leistung hinaus: Die Logik Kants hat er verbessert,
der Logik
die Ethik Kants hat er begrndet. Fr die Begrndung
wennhatte zwar Kant das Faktum der Wissenschaft" entdeckt,
absoluten Reinheit. Die mute erst durch
Auswertung des Infinitesimalen gewonnen werden. Fr
gleich nicht in seiner
die logische
aber
die Ethik
schaftlichen
uns
lt
Kant
mit
Faktums berhaupt im
dem Nachweis
eines
Stich, der wird einzig
wissen-
und
allein
Hier wird der Schler zum Meister.
Der zentrale Begriff in der KANTischen Ethik ist der Begriff der
Autonomie, dessen historische Vorbereitung in den Begriffen der Frei-
durch
Cohen
heit und des
erbracht.
kategorischen Imperativs
sei
Der Sinn
der Forderung enthalten: In der ethischen
der Mensch stets Selbstzweck, niemals Mittel zum
dieses Zentralbegriffs
Gesetzgebung
sich vollzieht.
ist
in
Zweck. Woher gewinnt Kant diesen Inhalt?
Faktum, aus welchem er diese Forderung
Ein wissenschaftliches
als
die konstituierende
Faktums deduzieren knnte, steht ihm nicht zur Verfgung. Er ist deshalb bei dem Mangel der Deduktion auf die
Exposition angewiesen, das heit, er entwickelt aus der Idee des
Guten die synthetischen Begriffe der Notwendigkeit und Allgemein-
Realitt dieses
derartige Forderung enthalten, wie sie der Begriff der
Ist diese Forderung aber wirklich in diesen
kundgibt.
heit, die eine
Autonomie
Begriffen enthalten? Sind nicht Notwendigkeit und Allgemeinheit die
konstanten Exponenten eines jeden einzelnen synthetischen Grund-
Ein angebbarer Inhalt kann aus diesen Begriffen niemals
gewonnen werden. Man hat nicht ohne leise Persiflage gegen diese
Exposition geltend gemacht, da auch der Verbrecher wnscht,
seine libertinistischen Grundstze mgen allgemeine und notwendige
satzes?
Geltung eriangen, und die Moral des bermenschen sttzt sich gleichEine derartige Latitde der
falls auf diesen Begriff der Autonomie.
Interpretation
ist
nur
mglich
Einheit des strittigen Begriffes.
handen.
Es
gilt
die
ein anderes?
Aus KanTs
dem Mangel
Dieser Mangel
Was haben
Frage:
Gesetzgebung zu verstehen ?
bei
ist
wir unter
einer
logischen
tatschlich vor-
dem Auto
der
das empirische Einzelselbst, oder
Definition der Freiheit geht hervor, da
Ist es
im Auge hat Denn er versteht unter
heit ohne
.^Freiheit" das Vermgen, eine Handlung von selbst, das
uere Veranlassung anzufangen, also ist es der Begriff des abso-
er das empirische Einzelselbst
KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS
luten Einzelselbst, das
Da
Kausalitt handelt.
sein
im bewuten Gegensatze zur
dieses Selbst aber ein Ziel
Kant
der Gedanke wird von
soll,
9I
mechanischen
und kein
Datum
nicht weiter erwogen.
So
kann sich Kant auch auf dem Gebiete der Ethik von den in
direktem Gegensatze zur Reinheit stehenden Data" nicht emanzipieren.
Wenn aber das Selbst die gegebene Voraussetzung und nicht das
Ziel der Handlung ist, so bleibt immer noch die alte Frage offen:
Welchen Inhalt hat die von selbst" angefangene Handlung aufzuweisen?
So wird die Unbestimmtheit zur Bestimmungswillkr, und
jeder Interpret findet in diesem Selbstbegriff" die Grundlage seiner
spezifischen Intentionen.
Das ist aber die genaue Analogie zum
Seinsbegriff der vorkritichen Logik. Jedwede Art der Begrndung
und Formulierung sank zur subjektiven Spielerei herab, weil eben
die Orientierungstafel der Wissenschaft fehlte, als deren konstitutives
bewhren hatte. Auch die Anleihe,
die Kant bei der Theologie macht, indem er den Gottesbegriff
als der Ethik hchstes Gut" preist, kann die Verlegenheit nicht
beseitigen, in die Kant durch die unmethodische Grundlegung der
Ethik geraten ist. Durch die Auflsung des Guten" in hohe und
hchste Gter hat Kant nicht nur den Einheitscharakter der einzig
und allein aus dem Denken zu begrndenden Idee des Guten gebrochen, indem er die Einheit des Unendlichen in die Einheit der
Prinzip der Seinsbegriff sich zu
dem Eudmonismus
Mehrheit verwandelt, sondern, er hat direkt
Wort
geredet,
wenn
er ein hchstes Gut", also eine
empirische Einzelheit,
gewissermaen
das Ziel der Ethik bezeichnet.
als
Denn der
Erreichung eines Einzel gutes bettigte Affekt kann nie
fr die
reiner Affekt bezeichnet werden.
Alle diese von Cohen beregten Schwierigkeiten lsen sich
lend, wenn das Faktum der Wissenschaft auch fr die Ethik
Und
dieses
schaft entdeckt.
Hier
gezeigt wird.
Wissenschaft des
als
Faktum hat CoHEN
Bathos
erkannt.
ihrer
in
in
der
der
als
spie-
auf-
Rechtswissen-
Erfahrung"
fr
die
Hier sind die Grundbegriffe der Ethik
Sittlichen.
Menschheit
die
das
ist
konstituierende Krfte
Ethik
das
Wenn
unendlichen
der Einheitsbegriff der
Zusammenfassung,
in
mu auch die Rechtswissenschaft
diesen Begriff als Realitt verwerten.
Und dieser ist der Staat.
Der Staat stellt schon im rmischen Rechte jene ideale Einheit
ihrer
Allheit
bedeuten
der Gemeinschaft dar,
das Ziel
Staates
der
ist
soll,
in
so
welcher die unendliche Zusammenfassung
Organisation
die Einheit der
Denn das Einheitsprinzip des
Handlung. Die Einheit der Handlung
bildet.
FESTSCHRIFT COHEN
92
strenger Bercksichtigung
aber kann unter
der
Einheit
der
unendlichen Handlung
jener Handlung,
die
nicht
nur die
einen
logischen
Einheit
das heit also
sein,
einzelnen Menschen,
sondern die
unendlichen Allheit, in ihrer unendlichen Zusammenfassung zum Gegenstande hat. Aber gerade diese ideale
Menschheit
in ihrer
Handlung bildet
der nur soweit den Charakter
Einheit der
diese mit der
moralischen
die
Konstitution des idealen
einer
juristischen Person
sich identifizieren lt.
Staates,
trgt,
als
Mithin kann und
darf der Staat nur solche Gesetze erzeugen, die das Allheitsinteresse,
niemals aber das Interesse des Einzelnen in seiner empirischen Bedingtheit
ist
im Auge haben.
Das
Gegenteil dieser Einheit der Allheit,
die Einheit der Mehrheit, die unbedingt zur
Auflsung der
das heit des Staates fhren mu, wenn sie nicht
ihre Korrektur durch die Allheit
logischen Mehrheit
ist
jedem Partikularismus das
Allheit,
"analog
findet.
Urteil gesprochen, sobald er
der
Damit
den Cha-
Anspruch nimmt.
Jetzt erhlt auch der KANTische Begriff der Autonomie seine
nicht des
Die Autonomie ist das Gesetz
prgnante Bedeutung,
empirischen Einzelselbst, sondern des Selbst der Menschheit; dem-
rakter der Allheit fr sich in
nach
ist
das Selbst der Gesetzgebung nicht die
Voraussetzung,
sondern das Ziel der Ethik, das am klarsten in der Formel sich
ausspricht: Grnde das Menschheitsselbst in der Erzeugung von
Nur in der Begrndung solcher SelbsthandAllheitshandlungen.
lungen gewinnst du dein eigenes Selbst, dein eigenes Ich, deine
Freiheit. So ist also das Einzelselbst ein Erzeugnis des Menschverhlt sich zu diesem wie die Ausfhrung zur Idee.
heitsselbst,
es
Damit
denn
ist
auch
Ursprungs entkleidet,
das
seine
Ich
seines
logische
empirisch -psychologischen
Herkunft
liegt
durchaus
auf
ethischem Gebiete. Ist aber die Lehre vom Ich das Grundprinzip
der Psychologie, so hat die Psychologie von der Ethik ihre
Direktiven zu erwarten,
sein:
Die Freiheit
Noch aber
ist
ein
nicht
aber
darf das
durchaus ethischer
Umgekehrte der
Fall
Begriff.
Frage zu erledigen:
Die Ethik ist nicht nur an der Begrndung und dem Aufbau
ihrer Gesetze interessiert, sie erstrebt vor allen Dingen auch die
Verwirklichung ihrer Gesetze im Rechts- und Staatsleben der
bleibt eine
Welcher Begriff verleiht ihr nun diese Realitt? Es ist der
Gottesbegriff, und das von ihm realisierte Kulturfaktum ist die Geschichte. Die Geschichte ist im Sinne CoHENscher Philosophie
Vlker.
nichts anderes als das Bettigungsfeld fr den fortschreitenden Sieg
KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS
Und
dieser Sieg wird erfochten
93
durch
den Glauben an
die Macht des Guten, den wir als reinen Gottesglauben zum Schlustein der Ethik und zu ihrer Bekrnung erheben. Dieser Glaube hat aber
weder einen metaphysischen Charakter, noch den des Postulats", er
des Guten.
Handlung zum Durchbruch gelangende Idee,
er ist die Bedingung fr die sich im sittlichen Aufbau der Weltgeschichte kundgebende Harmonie zwischen Sollen und Sein: die
ewige Idealisierung der Gegenwart durch die messianische Zukunft bezeichnet das Walten der Gottheit.
So gelangt die CoHENsche Philosophie auf dem Wege strengster
Objektivitt und bei absoluter Wahrung der methodischen Reinheit
zum Judentume der Propheten, dessen religiser und sittlicher
Hhepunkt in dem Zielbegriffe der CoHENschen Erkenntniskritik, in
dem Messianismus, seine welthistorische Bedeutung gefunden hat.
Genauer mte man freilich sagen: die CoHENsche Schlufolgerung
ist die schlichte Konsequenz jener Begriffe, die mit der Idee Platos
anheben und ber Kepler, Galilei, Descartes und Leibniz zu
Kant hinfhren. Damit ist nichts anderes behauptet, als da das
Denken der Klassiker unbedingt eine gemeinsame Rechtfertigung des
prophetischenJudentums bildet. Freilich darf man bei dieser Wertung nicht bersehen, da diese Klassiker, insbesondere Plato und
ist
die in der sittlichen
vom
Leibniz, durch den
Geiste des Prophetismus getragenen Philo-
sophen erst ihre richtige Interpretation und geschichtliche Stellung gefunden haben
Beweis genug, da prophetisches
Denken und klassisches Denken in der Einheit der Idee ihren Ursprung haben
so gewi nach Cohens originaler kritischer Deutung
Platos
die
Einheit
der
Idee"
nichts
anderes bedeutet,
als
die
Einheit des Denkens in den Grundlegungen des Seins als des Seins
Wenn
der Wissenschaft.
Platos Ideenlehre
als
Natorp
in
seinem Vorworte zu
ausfhrt: Ich stehe nicht an,
den zu nennen, der
geffnet hat," so
deshalb
uns, wie fr
Kant,
so fr
Hermann Cohen
Plato
die
Augen
Worten nur hinzuzufgen, da er nicht
kritische Wrdigung des Judentums, insbesondere
ist
diesen
minder auch fr die
fr seine Propheten und Philosophen die orientierende Fhrte entdeckt
hat.
Diese Entdeckung war um so wertvoller, als gerade in neuerer
Zeit der
Versuch gemacht
wird, alle jene
erwhnten philosophischen
Kant, fr die philosophische Rechtfertigung
Anspruch zu nehmen. Ja, KaNT selbst, dessen
Klassiker, insbesondere
des Christentums
Methodologie auf
in
dem
Gebiete der Erkenntnis und des Willens bei
der strengen Durchfhrung seiner Prinzipien unbedingt
in
den Messia-
FESTSCHRIFT COHEN
94
nismus der Propheten einmnden mu,
wie dies schon der
in seiner
Rechtsphilosophie latente Zielbegriff des ewigen Friedens" evident
macht, eben derselbe Kant steht in seiner Religion innerhalb der
Grenzen der Vernunft" im schroffsten Gegensatze zum Judentume. Wie
laut sich dieser Widerspruch begreifen?
Der philosophische Grund dieser Anschauung lag fr Kant in
der Formulierung seines Gottesbegriffes. Kant konnte kein Interesse fr den jdischen Gottesbegriff gewinnen, weil sein am dogmatischen Christentum orientierter Gottesbegriff der logischen und
ethischen Motivationskraft ermangelte,
der
wahrhaft
begriffes der
Philosophie
kritischen
Propheten
die das Spezifikum des
Cohens
verifizierten
von
Gottes-
bildet.
am
Eingange unserer Darstellung wurde betont, da
von der philosophischen Begrndung eines Begriffes nur dann gesprochen werden knne, wenn er sich als der Realitt erzeugende
Ursprungsbegriff eines bestimmten Kulturfaktums erweist. Ein solches
Kulturfaktum steht dem Judentume fr seine Ethik im Rechts- und
Bereits
Staatsleben der
der
Vlker, fr seinen
in
dem Faktum
Und
wie die Weltgeschichte,
des ethischen Seins,
das notwendige Korrelat
Weltgeschichte
die Verwirklichung
Gottesbegriff
zu
Gebote.
zum Rechte bildet, so mu auch der Gottesbegriff als die Realitt der
Geschichte das Korrelat der Ethik sein. Den intuitiv reinsten Ausdruck fr dieses Korrelatverhltnis hat der Prophetismus in seinem
messianischen Reichsbegriffe geprgt. Nun stehen freilich auch
dem
Christentume solche Kulturfakten nicht
kein
unmittelbares
fern,
aber es hat zu ihnen
Verhltnis, es sieht sie unter einem bestimmten
empirischen Gesichtspunkte an, der sich als trennende Kluft zwischen
den ethischen Ideen und ihren Kulturfakten erweist: die Idee ist
konkretisiert in der Person Jesu, und erst ber ihn hinweg findet sie
Diese Mythenbildung vollzieht sich auf
ihren Weg in die Kultur.
Kosten der Ethik und damit auch des Gottesbegrififes. Wenn aber
die Ethik in einem menschlichen Individuum restlos darstellbar ist,
dann bildet sie nicht mehr eine unendliche Aufgabe, und sie bedarf
mehr zu ihrer Verwirklichung. Nur die prophetische
Revision des Mythos kann das unmittelbare Verhltnis zwischen Idee
und Kultur gewhren.
So tritt gerade in der Ethik und im Gottesbegriffe deutlich hervor, was das Judentum Cohen verdankt. Er hat mit seiner Grund-
keiner Gottheit
legung der Ethik,
liegt,
die
Ethik
deren
wieder
methodische Substanz in seiner Logik
zu dem gemacht, was der Prophetismus
KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS
gefhlt, aber nicht
zum
logischen Ausdrucke gebracht hat:
95
Zur un-
endlichen Aufgabe, deren Erfllung die Idee der Gottheit als logische
Das ist aber die gleiche Aufgabe, die wir
Notwendigkeit fordert.
den Sinn einer philosophischen Begrndung des Judentums formuInsofern also Cohen die Philosophie Platos und Kants zu
lierten.
ihrer reinsten Begrndung und Vollendung gebracht hat, ist er auch
als
der philosophische
Allein nicht nur
Begrnder des prophetischen Judentums.
dem prophetischen Judentume verleiht Cohen
eine philosophische Verifizierung, sondern er unterzieht auch das tal-
Wrdigung. Erweist
nach, da der groe prophetische Zug in keiner Entwickelungsphase
Geradezu klassisch ist in
des Judentums vllig ignoriert wurde.
dieser Hinsicht seine Abhandlung: Liebe und Gerechtigkeit. Hier
wird festgestellt, da die Ethik des talmudischen Judentums nur eine
nominelle aber keine faktische Vielheit kontradiktorischer Forderungen
kennt.
Jene groe Antinomie zwischen Liebe und Recht, die im
Paulinischen Christentume zu einer Eliminierung des Rechtes fhrte,
mudische und philosophische
ist
einer kritischen
im talmudischen Judentum ausgeschlossen: Denn
die Liebe
das
das Recht; das heit: der Begriff Liebe ist entweder mit dem
Begriffe des Rechtes identisch, oder er ist nichts anderes als die affekt-
ist
volle
Erfassung des Rechtes, also eine sthetische, aber keine ethische
Angelegenheit.
Cohen der prophetische Zug im
philosophischen Judentume: Ob man sich an Saadja oder Bachja,
immer gilt die ethische Einheit
anDaud oder Kreskas wendet
Besonders stark zeigt sich nach
des Individuums
als
das Ziel
aller
Die rituellen VorNiveau der sittlichen; nur
Spekulation.
schriften stehen bei ihnen nicht auf
dem
Aber alle
Mittel fr das Sittliche sollen sie Geltung heischen.
diese Philosophen werden von einem Meister berstrahlt, dessen
Ethik Cohen eine Monographie widmet: Maimonides, Zum ersten
Male wird in dieser Schrift mit Erfolg der Versuch gemacht, Maimoals
nides in
seinen
lassen.
Der
ethischen Zielen als Schler
attributenlose
Platos erscheinen zu
Gott des Maimonides
ist
das
genaue
Pendant zu dem die wahre Realitt erzeugenden Nichtsein ([it] ov)
Platos. Und wenn nun Maimonides dieses Nichtsein, das vielmehr
das wahrhafte unvergleichliche Sein ist, mit den Forderungen der
dreizehn Eigenschaften",
also
mit
dem
Inbegriffe
aller
sittlichen
Forderungen ausstattet, so hat er mit aller Klarheit dem KANTlschen
Primatcharakter der praktischen Vernunft den prgnantesten Ausdruck verliehen.
FESTSCHRIFT COHEN
96
So
ist
es
Cohen
gelungen, nicht nur die Kontinuitt zwischen
Maimonides und den Propheten evident zu machen, sondern auch
zwischen Maimonides und Kant, zwischen philosophischem Judentum
und
kritischer Philosophie.
3.
Die sthetik des reinen Gefhls.
berblicken
wir
Cohens Bedeutung
tums, so
1.
ist
kommen
fr
auf
Grund
bisherigen
unserer
die philosophische
Darstellung
Grundlegung des Juden-
wir zu folgenden Resultaten:
Der Messianismus
inhaltlich identisch mit
als Zielbegriff
dem
des prophetischen Judentums
Abschlulibegriff der reinen Ethik, der
Gottesidee.
Niemals aber htte der Gottesidee dieser eminent sittliche
Wert zugebilligt werden knnen, wenn nicht die Ethik des reinen
Willens in der Logik des reinen Erkennens ihre methodische Zu2.
rstung erfahren htte:
Ohne Logik keine Ethik.
Ohne reine Vernunft keine praktische Vernunft.
Ohne Denken und Wollen kein Judentum.
So erweist sich das Judentum als die ewige Aufgabe der Humanitt, die rastlos von Ziel zu Ziel fortschreitet, immer neue Werte
erzeugend, neue Fragen enthllend. Es gibt keinen Stillstand, keine
Gegenwart, nur die Zukunft hat das Recht auf Sein. Nur in der
Erzeugung von Zukunftswerten gewinnt der einzelne Mensch sein
Recht
am
Dasein, an der Gegenwart.
Es
ist
ein frisches, frhliches
Wagen, dem sich der Einzelne ergibt, um sich zu behaupten, ein
grandioser Zug des Hoffens und Strebens durchweht sein Denken
und Handeln. Und doch mischen sich leise in dieses lichte Hoffen
bange Schatten der Wehmut, der unstillbaren Sehnsucht. Wohl
schreitet die Arbeit am groen Bau der Humanitt fort, wohl trage
ich selbst zum Gelingen mein eigenes Scherflein bei aber bleibt
nicht noch unendlich viel Erdenrest an meinem Dasein haften? Ist
es nicht ein unmgliches Beginnen, mein physisches Ich in das
transzendentale Menschheitsich aufzulsen?
Tritt nicht an jeder
neuen sittlichen Leistung die Kluft um so gewaltiger hervor, die sich
zwischen meinem Ich und dem Menschheitsich ghnend weitet?
Und ist nicht trotz der Gottesidee die Gefahr vorhanden, da ich
bei aller optimistischen Gesinnung an der Erfllung meiner Menschheitsaufgabe verzweifele?
Wo
gibt es eine Instanz zur Beschwichtigung dieses faustischen
KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS
Dranges?
Hier
07
keine Wissenschaft und keine Sittlichkeit, hier
einzig und allein
die Kunst.
hilft
Und
so
hilft
treten wir
in
neues Heiligtum
ein
ein, in die
Sphre
des Gefhls.
Unter welchen Bedingungen jedoch soll das im Kunstwerk objektivierte Gefhl die Vereinigung zwischen Einzelich und Menschheitsich vollbringen?
Es ist klar, da diese Vereinigung eben so ewig
sein mu, wie das Bedrfnis nach dieser Vereinigung: Das Gefhl
mu
unendlich und rein
mischung.
von jeder empirisch-endlichen BeiUnter welchen Voraussetzungen aber kommt dieses reine
sein, frei
Gefhl zur Geltung?
Diese Frage beantwortet
Cohen
sthetik des reinen
in seiner
Gefhls."
Auch
Cohen
in
der
Bearbeitung des
seinen Ausgangspunkt von
sthetischen
Kant, um
Problems nimmt
ihn derartig zu ver-
und zu ergnzen, da schlielich auch hier von einer berwindung des Meisters gesprochen werden mu.
Die Problemlage fr Kant war folgende: Das Erkennen erzeugt
in den synthetischen Grundstzen die mathematische Naturwissentiefen
Das Wollen erzeugt in der Idee der Freiheit die Gesetze
der Ethik. Welchen spezifischen Inhalt hat aber das Fhlen in der
sthetik zu erzeugen? Soll die Kunst im Dienste der Ethik oder
schaft.
der Logik stehen, da es doch andere Bewutseinsstoffe nicht gibt?
Offenbar darf beides nicht eintreten.
Denn
in
beiden Fllen wird
die sthetik ihres spezifischen Erzeugungscharakters beraubt.
Und
doch mu sie zu beiden Welten ein Verhltnis gewinnen, wenn sie
von Inhalt erfllt sein soll. Wie bestimmt sich aber dieses Verhltnis?
In seiner Kritik der Urteilskraft bemht sich Kant vergebens um
eine eindeutige Bestimmung: Bald wird bei ihm die Sittlichkeit von
der Natur, bald die Natur von der Sittlichkeit verschlungen. Dadurch aber sinkt in beiden Fllen die Kunst von ihrer Selbstndigkeit
herab und wird zur Magd des logischen oder ethischen Bewutseins:
Das Feldgeschrei
L'art pour l'art" hat in dieser kritischen Entgleisung
seinen logischen
Grund.
Gnzlich versagen aber
mu
eine solche
Tendenzkunst gegenber den beregten Wnschen des Einzelmenschen. Sein ganzes Streben geht auf einen momentanen Ausgleich zwischen dem Einzelselbst und dem Allheitsselbst. Die Kunst
und nun entpuppt sie sich als das
sollte die Brcke schlagen,
Allheitsselbst, dessen Rckbildung und Auflsung in das Einzelselbst
gerade von
ihr
bewirkt werden
sollte.
Von
hier aus lt sich ver7
FESTSCHRIFT COHEN
g$
Stehen, da
man der Kunst
Sollen und Sein prinzipiell bestreitet
So mu
ersetzen: Ohne
setzt.
Vershnung zwischen
und an ihre Stelle die Religion
die Mglichkeit jener
Mystik das an der Vernunft orientierte Gefhl
Nur durch
Religion keine Ethik, keine Sittlichkeit.
die
eine neue Fundamentierung konnte eine solche Folge verhtet werden.
Und wie vollzieht sich diese Fundamentierung? In der gegenseitigen
Durchdringung der beiden Bewutseinsrichtungen,
der Logik, in der Logisierung der Ethik.
in
der Ethisierung
Nicht die Ethik
allein,
nicht die Logik allein bilden die sthetische Vorbedingung; nur ihre
Vereinigung kann die Voraussetzung sthetischer Gebilde sein. Das
wahre Kunstwerk mu beiden Bedingungen entsprechen, und nur
darin kann es einseitig verfahren, da der einen Richtung eine Prponderanz gegenber der anderen zugebilligt wird: Vertreten mssen
Und diese Richtungen knnen nicht in momentanen
sie beide sein.
stofflichen Erscheinungen zu Worte kommen, sonst wre ja ihre
vom Stoffe gebndigt, vorbergehend. Nein, in
methodischen Verfassung erheischen sie Beachtung. Wie
Vereinigung,
ihrer
ihre
weil
Methoden unendlichen Charakters
Vereinigung nur eine ewige
sein.
sind,
Und da
so
kann auch
ihre
trotz der unendlichen
Aufgabe ihrer Vereinigung in einem einzelnen sthetischen Gebilde die
Vershnung zwischen Sollen und Sein vollzogen wird, ist das tiefste
Geheimnis der Kunst, ist das Werk des Genies. Eine andere Frage
reinen
ist, ob das Kunstwerk wirklich als ein adquater Ausdruck des
Welchen logischen Forderungen mu das
Gefhls gelten kann.
reine Gefhl entsprechen, um das Kunstwerk als die konkrete Vereinigung zwischen Einzel- und Menschheitsich zu begrnden? Denn
an die
Methode
der
Reinheit
wie die Logik und die Ethik.
bleibt das Gefhl
ebenso gebunden,
In der Ermittelung der
Methode
zeigt
da wir ihn direkt als den
Entdecker der Methode ansprechen mssen. Die Aufgabe war fr ihn
um so schwieriger, als er sich nicht wie in der Logik und Ethik
auf wissenschaftliche Fakta berufen kann, da eine sthetische Wissenschaft mit objektiver Gesetzmigkeit nicht nur nicht existiert, sondern
sich
Cohen
so selbstndig
und
originell,
Bekundet sich doch das Wesen des
Genies in der persnlichen Note seiner Eigengesetzlichkeit. Und
dennoch soll bei Wahrung dieses Standpunktes eine gesetzmige
Begrndung des Gefhls stattfinden. Wie lst sich diese Antinomie?
Es mu der Nachweis gelingen, da die Urmethode der Logik und
auch nicht existieren
darf.
Ethik auch in der Lehre
Spezialschpfungen wird.
vom Gefhl zum erzeugenden Quell seiner
Und dieser Nachweis wird von COHEN
KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS
Der Ursprung des
-erbracht.
der Antizipation,
Denk- und
das heit
ber
dem Elemente,
dem
Denkens und Wollens
liegt in
kontinuierlichen
Erzeugen von
Die Kontinuitt der Erzeugung, die
in
Willensrealitten.
fortschreitende Schpfung,
reinen
99
die
Bewegung
oder besser,
in
der
ist
also ein Prius gegen-
Bewegung
gelangt
das
Element
oder die Mehrheit der Elemente zur Realitt. Mithin ist
die Bewegung der Urquell, der erzeugende Punkt des logisch-ethi-
Aber auch fr das Gefhl ist Bewegung der
Ursprung, oder noch prziser: Das Gefhl ist selbst jener Urtyp der
Bewegung, aus welcher Logik und Ethik entspringen. Schon ein
schen
Bewutseins.
auf die Sinnesphysiologie besttigt die Richtigkeit dieser Annahme. Gemeinhin wird die Temperaturempfindung als der Urakt
der Eigenbewegung angesehen. Diese Eigenbewegung aber bildet
Blick
keineswegs die Antwort auf einen das Nervensensorium treffenden Reiz.
Vielmehr besteht das Charakteristische dieser Eigenbewegung darin,
da sie vor dem Eintreffen des Reizes bereits latent ist und in der
Verarbeitung des Reizes, das heit in der Empfindung, dem Urakt
des Gefhls, nur jene Ttigkeit fortsetzt, die vor dem Entstehen des
Reizes vorhanden war.
Element
Bildet
der Empfindung,
aber die
Bewegung
mu auch
ein apriorisches
Empfindung als
logisches Element aus der Bewegung stammen. Damit ist aber die
Gleichung geschlossen: das Fhlen als Bewegung bildet den Ursprung
des Denkens und implicite auch des Wollens.
Ist nun das Gefhl als der Urtyp der Bewegung erkannt, so
kann auch seine methodische Homogenitt mit den brigen Bewutseinsfunktionen als gesichert gelten. Worin aber besteht sein inhaltliches Spezi fikum gegenber den erwhnten Bewutseinsarten? Als
ein Urtyp des Bewutseins mu es rein sein.
Worin aber soll sich
in
so
die
seine Reinheit, das heit die selbstndige Erzeugungsart seines Inhalts
bewhren?
Da
es
auer Logik und Ethik keineriei Bewutseinsder Reinheitscharakter des Gefhls in der ewigen
inhalte gibt, so
mu
Vereinigung
der beiden Arten seine einzige Aufgabe erblicken.
Das
Objekt dieser Vereinigung fhrt also seine Entstehung auf die Vereinigung der logischen und ethischen Gefhlsschwingungen zurck.
Wenn sich aber gerade in diesem Konflux der Gefhlstne die
ganze Grundsubstanz des Individualsubjekts prsentiert, so ist
das sthetische Objekt die Urschpfung des Subjekts, seine ureigenste
Offenbarung, sein wahres und reinstes Selbst: Das individuelle Selbstgefhl erzeugt das sthetische Gebilde, whrend das individuelle
Selbstbewutsein
ein
Erzeugnis des ethischen Allheitsselbst bedeutet.
FESTSCHRIFT COHEN
lOO
Eine andere Frage
ist
die:
Wie
stellt
sich diese subjektive Gefhls-
Welcher neue besondere
Logik und Ethik auf dem
Inhalt wird durch die Vereinigung der
Grunde subjektiver Gefhlseinheit erreicht ? DaC wir bei der Schpfung
den Trger logischeines solchen Gebildes nur an den Menschen, als
Aber was fr
ethischer Funktionen denken, erhellt ohne weiteres.
Welcher Zeit, welchem Orte, welchem
ein Mensch soll dies sein?
am
einheit
objektivierten
dar?
Gebilde
Typus, welchem Stamme, welcher Kultur soll er angehren? Jede
Bestimmung wre ein Versto gegen die Forderung der ethischen
Also mu es
Allheit, die eine Komponente jener Vereinigung bildet.
sich, die Idee des Menschen sein, die dem Knstler
Und die Darstellung der Idee kann nur
als Aufgabe voranleuchtet.
Frei mu der Mensch von allem Zeitin negativer Form erfolgen.
der
Mensch an
und Transitorischen sein: in
ewigen Vorwurf der bildenden Kunst
lichen
seiner
Nacktheit
bildet er
den
sonst knnten nicht die Griechen
unsere ewigen Lehrmeister fr knstlerische Gestaltung gelten.
den
Bei ihnen aber knnen wir auch die Motive erkennen, die
Knstler beseelten. Das zentrale Motiv bildet fr sie der Eros als
als
die
Liebe
zur Einheit der Kultur, zur Einheit des Bewutseins, zur
Einheit des Menschen.
So mssen
der Gefhlsschwingungen, der sich
motiv objektiviert,
als
Liebe
wir denn auch jenen Konflux
zum
knstlerischen Gestaltungs-
charakterisieren,
und der nackte Krper
Organ und Werkzeug, durch welches sich die Liebe aktiviert.
Dem rein nackten Krper haucht die Liebe die gttliche Seele
ein und erhebt ihn zum Gotte, derweil sie ihn zum Menschen
Dieses Hinaufpotenzieren des Natrlichen zum Sittlich-Gtterhebt.
lichen, diese Verklrung des Natrlichen im Menschen zur Hhe der
Menschheit ist der hchsten Liebe Werk, ist die reinste adquate
bildet das
Schpfung der Gefhlseinheit, ist Urtat des Bewutseins, dessen abschlieende Vollendung das reine Gefhl bedingt.
Unwillkrlich vernehmen wir hier den Einwand: Ist dies nicht
Hat nicht das paulinische und johanneische Christentum
Religion?
Bildet dann nicht
in der Liebe die Summe aller Religion erkannt?
doch
lt
den Grundbegriff der Kunst? Und
sich nicht auch dadurch die kunstfeindliche Haltung des Judendie Religion in der Liebe
tums verstehen?
Die Fragen erfordern eingehende Behandlung. Bevor wir jedoch
die Priorittsfrage stellen, mssen wir die Frage der Identitt
untersuchen: Ist wirklich die Liebe der Religion mit der Liebe der
Kunst
identisch?
Was
versteht die Religion unter Liebe?
Gehen
KELLERMANN, DIE PHILOSOPHISCHE BEGRNDUNG DES JUDENTUMS
wir von
der Tatsache aus, da
die
gttlichen
Attribute
lOI
nur eine
Hypostase ethisch-logischer Relationen bilden, so mu& in dem Satze:
der Liebe selbst der hchste Rang unter den
Gott ist die Liebe
Wie verhak sich
gttlichen Eigenschaften zugesprochen werden.
zu den brigen sittrein ethisch betrachtet
jedoch die Liebe
Sie ist zweifellos berhaupt keine sittliche
lichen Forderungen?
Forderung, sondern nur ein
heit doch nichts anderes
Weg
als
zur
die
Erfllung der Forderung, das
vom
Gefhl beflgelte Tendenz
Logik und Ethik, wie wir sie als das
Fundament der sthetik kennen lernten. Demnach ist ihre ethische
Bedeutung von der Lsung der Frage abhngig: Inwieweit trgt die
Liebe in ihrer Tendenz der Erfllung ethischer Forderungen dem
der Vereinigung zwischen
Rechnung? Von der sthetischen Liebe
wissen wir ja, da sie nur dann als rein gelten kann, wenn die
Ethik in ihrem unendlichen Allheitscharakter als Vorbedingung beAllheitscharakter der Ethik
rcksichtigt
wird.
Wie
steht
es
also
mit der religisen Liebe in
bezug auf ihr Verhltnis zur Ethik? Der Universalismus der ProDemnach mu auch
pheten kann nicht mehr bestritten werden.
die Liebe des prophetischen Gottes universalistisch sein.
Wenn wir deshalb die Ethik neben der Logik als Vorbedingung
der sthetik fordern, so knnten wir ruhig Ethik durch prophetisches
Judentum ersetzen. Freilich drfen wir nicht bersehen, da wir im
prophetischen Judentume keine logisch fundierte, sondern nur eine
intuitiv erfate Ethik vor uns haben, die erst durch systematische
Vorbedingung erhoben
werden kann. Das ndert jedoch nichts an der Tatsache, da die
prophetische Ethik inhaltlich mit der wissenschaftlichen bereinstimmt.
Andererseits bleibt gerade durch den strengen TranszenIdealisierung auf die Stufe einer sthetischen
denzcharakter des prophetischen Gottesbegriffes eine Relativierung
der Ethik ausgeschlossen. Freilich bildet der Messiasgedanke nur einen
Begriff, keine Idee. Freilich
lichkeit
auf Erden.
Aber
wird hierdurch die messianische Zeit Wirkdiese Zeit wird
derartig in
unbestimmte
Fernen gerckt, da der Unendlichkeitscharakter der Ethik kaum dadurch betroffen wird. So konnte Michelangelo in den von prophetischem Geiste getragenen und durchwirkten Gestalten des Alten
Testaments diejenige ethische Vorbedingung erblicken, die fr die
klassische Kunst fr alle Zeiten verbindlich ist.
Im Neuen Testamente mu jedoch der Universalittscharakter
der Liebe schon deshalb getrbt bleiben, weil die Einheit der von der
Liebe verwirklichten Ethik durch die singulare Gestalt Jesu unter-
FESTSCHRIFT COHEN
102
bunden ist. Nur nach seiner Prophet isierung kann auch das Christentum als Vorbedingung der reinen sthetik in Betracht kommen. Man
wird dagegen nicht einwenden drfen, da gerade die Gestalten des
Neuen Testaments die unerschpfliche Motivquelle fr die klassische
Kunst darstellen. Denn gerade hier zeigt es sich, da die Hhe und
Originalitt der Kunst erst nach der Humanisierung und Prophetisierung der neutestamentlichen Dogmen und Gestalten hervortritt.
Was
uns gerade bei
dem
sthetischen Erleben so tief ergreift
das
das Ewig-Menschliche, das Prophetische, mit welchem ein Lionardo,
ein Raffael die neutestamentlichen Motive interpretiert.
berall tritt
ist
uns die Liebe
weil sie
sieghaft,
Humanitt sieghaft entgegen
gerade eine berwindung des Konfessionellen und
als Gte, als vollendete
Partikularistischen predigt. Nicht das Gttliche wird erniedrigt, sondern
das Menschliche wird erhht, reicht bis an die Gottheit heran. Diese
Sehnsucht nach Erhhung des Menschlichen, diese tiefe und reine
Liebe zum Menschen
in
seiner
physisch-ethischen Dualitt,
Streben nach der Begrndung der menschlichen Einheit
als
dieses
des gtt-
wo drckt es sich
und schner aus
wie Cohen noch beder biblischen Lyrik,
den Psalmen,
sonders hervorhebt
bestimmend und orientierend
Lyrik
lichen
Ebenbildes
reiner
als in
die
in
fr die
als
Goethes
bezeichnet werden mssen!
Und dennoch
die
Abneigung
des Judentums gegen die bildende Kunst? Sie lt sich nur aus jener
mangelhaften philosophischen Einsicht erklren,
reinen sthetik
strebende
die
empirische
Vollendung
des
setzt, in
Menschen,
Cohen
an Stelle der
welcher nicht die zu
sondern
bedingte Gegebenheit den knstlerischen Vorwurf
So
die
seine
er-
empirisch
bildet.
auch in jener Bewutseinsfunktion, die einen unvershnlichen Gegensatz zum Judentume zu
bilden scheint, eine neue Quelle zur Verherrlichung und philosophischen Begrndung zu entdecken. Diese Universalitt der kulturellen Rechtfertigung ist bis jetzt noch von keinem philosophischen
Und
Interpreten versucht, noch viel weniger verwirklicht worden.
weshalb? Weil noch keiner so wie Cohen mit jener Stimmung an
das Judentum herantrat, die den wahren Knstler fr seine Schpferkraft legitimiert.
Es ist jene tiefe, unsagbare Liebe, die sich nicht
rezeptiv gegenber ihrem Objekte verhlt, die es vielmehr in seiner
ewigen Umschpfung und Umgieung neu erzeugend auf immer
hhere Stufen der Vollendung bringt.
ist
es
denn
gelungen,
Die Autonomie der
Sittlichkeit
im jdischen Schrifttum.
Von Felix PERLES-Knigsberg.
Der
dem
gewidmet ist, hat
schon zu wiederholten Malen' den Begriff der Autonomie der
Sittlichkeit erklrt und dabei gezeigt, da dieser Begriff wie der
Religion berhaupt so auch der jdischen Religion fremd sei und
So deckte er auch den Grundirrtum von
ihr innerlich widerstrebe.
Lazarus' Ethik des Judentums auf, in der die Autonomie als Prinzip
verehrte
Meister,
der jdischen Ethik hingestellt
So unumstlich nun
diese Festschrift
ist.
Tatsache ist, da das Judentum in
Phasen seiner Entwicklung sich zur Heteronomie bekannte,
allen
die
Anschauung am prgnantesten zum Ausdruck kommt in dem Satz: Hher steht der, der auf Befehl handelt, als der, der nicht auf Befehl handelt",* finden sich doch im
und so sicher
die jdische
jdischen Schrifttum verschiedene Stellen, an denen die Erkenntnis
von der Autonomie der
Im folgenden
sprung
geprft,
Sittlichkeit blitzartig aufleuchtet.
seien diese Stellen mitgeteilt
und zugleich
Schriftgelehrten, in deren
kommen, den
sei
Munde
zu erklren
und auf ihren Ur-
versucht,
die betreffenden
wieso die
Aussprche vor-
innern Widerspruch bersehen konnten, in
dem
sie zur
jdischen Lehre stehen.
An
vorkommenden Midraschstelle heit es von
den Frommen der vormosaischen Zeit: Als die Thora noch nicht
einer zweimal
Gesch. u. Wiss. d. Judent. XLHI (1899) 396ff. 438.
Gedenkbuch zur Erinnerung an David Kaufmann 675 ff.
Ethik des reinen Willens
'
Monatsschr.
f.
321
ff.
b Kidduschin 31* und Parallelen nt:?ij;i r^m li' 'ttO nirij?i nnSD ^na.
Wajikra Rabba 2, 10. Elia Rabba cap. 7 (ed. Friedmann S. 35) hv nj>
in'^o nniK
icj?
cm
cn^
mm
rtin'i.
FESTSCHRIFT COHEN
104
gegeben war, hielten
dieselbe von selbst." Die oft angefhrte Mischnastelle': Wir finden, da unser Stammvater Abraham
die ganze Thora hielt, als sie noch nicht gegeben war", entbehrt
des charakteristischen Zusatzes von selbst" und wurde auch schon
von den Alten nicht im Sinne der Autonomie verstanden, sondern
als ob Gott ihm persnlich schon die Thora offenbart htte.
Denn
die in der Mischna herangezogene Schriftstelle Genesis 26, 5 ist in
der Tosephta* direkt erklrt: das lehrt, da ihm schon die Worte
der Thora und die Worte der Schriftgelehrten offenbart waren."
Bekanntlich ist dieser Gedanke dann noch vergrbert worden, indem
man erklrte, da Abraham schon alle spteren Vorschriften des
Kultus und Ritus gehalten habe,3
An
Verbums
sie
zwei anderen Stellen wird der Doppelsinn des hebrischen
nt^V dazu bentzt,
um
Autonomie
den Bibeltext hineinzudeuten. Die eine Stelle lautet:' Wenn ihr die Thora
beobachtet, so rechne ich es euch an, als ob ihr sie gemacht httet." Auffallenderweise nimmt Lazarus, wo er von
der Autonomie spricht s, nicht auf diese klare Formulierung des Gedankens Bezug, sondern auf die dort unmittelbar folgende: Wenn
ihr die
die
Thora beobachtet, so rechne
selbst geschaffen httet"
(DDSj;
selbst in
ihr
euch
Die andere
Stelle
ich es euch an, als
Dn^t^y ibXD).
ob
Jeder, der die Thora hlt und wahrhaftig erfllt,
hat gleichsam sie selbst eingesetzt und am Berge Sinai gegeben." Auch diese wichtige Stelle ist Lazarus entgangen, trotzdem er a. a. O. auf die dort folgende andere Deutung des Verses
hinweist: Wer die Thora wahrhaftig erfllt, dem wird es so angerechnet, als ob er sich selbst geschaffen htte."7
In der pseudepigraphischen Literatur findet sich auch eine Stelle,
die sich mit der oben an erster Stelle angefhrten eng berhrt:*
Denn zu jener Zeit (d. h. im Zeitalter der Patriarchen) war das
lautet:^
Kidduschin 4, 14 Ende nani hv nj? n"?i3 minn ^3 n im Dnnax ntryiy lysn.
5, 20 nnsiD nani n*iin nan 1^ ^b:iv; lb.
3 Bereschith Rabba 64, 4 (zu Gen 26, 4) und Parallelen.
Wajikra Rabba 35,7 (zu Lev 26,3) T'K nnix n^V)}^ nacn 'nno ni
Dm Dn-B.'j? cn i^^w D3*"?5? nbya rnn minn n nn-iDU? n yin T'n on vgl. die
linliche Deutung von Deut 29, 8 durch Eleazar (ben Pedath) b. Sanhedrin gg^.
5 Ethik des Judentums I 124 122.
^ Tanchuma K2n ^3 (zu Deut 26,16) niinn n D^^on Vi oni n'WVl n"*^
^
Kidd.
'VD -ina n:mi
7 iosj>
mpn
in i^xa nnax"? nni
nj> in i'?3 ainsn
nij?i.
v^y n^y nno"?
min
nu^iyn bs
pnv
'n
Syrische Baruchapokalypse (Kautzsch, Pseudepigraphen 434)
no.
57, 2.
PERLES, DIE AUTONOMIE DER SITTLICHKEIT IM JD. SCHRIFTTUM
IO5
Gesetz ungeschrieben bei ihnen allgemein bekannt, und
die Werke der Gebote wurden damals vollbracht".
Wichtig ist auch die schon im Sifra'- vorliegende Unterscheidung von D^taStJ'O und mpn, wonach erstere solche Vorschriften bezeichnen, die, wenn sie nicht geschrieben stnden, htten
geschrieben werden mssen, d. h. die Gesetze des Rechts und
der Moral, im Gegensatz
zu
den
anderer Verpflichtungsgrund
kein
rituellen Vorschriften,
als
bei
denen
das Machtgebot Gottes be-
stehe.
Endlich
noch der Begriff des 2bb "("iDn IlT zu erwhnen,
eine nicht von auen gebotene, sondern vom eigenen
ist
der ebenfalls
Gewissen
diktierte Sittlichkeit
der eben besprochenen Sifrastelle
geschrieben
Handelt es sich aber
bezeichnet.
um
solche Gesetze, die auch un-
Geltung beanspruchen, so werden mit ^bb
solche Pflichten
knnen und
bezeichnet,
in
"ilDZ^n
die gar nicht schriftlich fixiert
sich jeder Kodifizierung entziehen,
121
werden
kantisch ge-
also
sprochen, Moralitt im Gegensatze zu Legalitt.
Aussprche bezw. Begriffe auf dem Boden des
palstinischen Judentums entsprungen, oder sind sie von auen hineingetragen worden? Wenn es schon aus Innern Grnden wahrscheinlich ist, da wir hier vor einem exotischen in den Garten der
Haggada verpflanzten Gewchs stehen, sprechen noch mehr uere
Grnde fr diese Annahme. Denn die beiden oben angefhrten
Stellen aus der Baruchapokalypse und aus dem Sifra zeigen deutlich den Einflu der griechischen Anschauung von den a.ypa4>oi. v^ioO
Diesen Begriff haben die Juden, wie sogleich nachgewiesen
werden soll, durch die Vermittlung von PHILO erhalten, dessen
Spuren im palstinensischen Schrifttum sich durchaus nicht auf die
Lehre vom Adyos und einige kosmogonische Anschauungen beschrnken. Philo bezeichnet seine Schrift ber Abraham schon in
der berschrift direkt als das erste Buch der ungeschriebenen Gesetze" (vo/icv h.yp(ji<jiv To TrpwTov), und da er selber diesen Begriff der
Sind
ed.
D'm
'131
67^
all
diese
Weiss 86*
ms^Biri uvt\ n'?^pi
lanab n^n ^na
(zu
Lev
d-'^"''?
18,4)
n"'3in3n n^nann
nn33 vh \bv vgl.LAZARUS
als
Quelle angefhrt
Lazarus 400 No.
d. Wiss., Phil.-hist.
]i:d
a. a.
rhvf.
iyn -dso n
]nn2'? n\n i^a lansi
O. 9192,
wo
x"? i'jxtr
indes nur
Joma
ist.
23;
Perles, Boussets Rel.
sucht 49; 76 Anm. i; 81.
3 Vgl. Rudolf Hirzel 'Aypacpos
Akad.
mina
muj?i nvnjjm rchur\
d.
Judent.
kritisch unter-
den Abhandlungen der
KL, Bd. 20 (1903) No. I S. 398.
v6fios in
kgl, schs.
I06
FESTSCHRIFT COHEN
griechischen Philosophie
entlehnt
hat,
kann nach HiRZELs' Unter-
suchungen nicht mehr zweifelhaft sein.
Ohne Anspruch auf Vollstndigkeit fhre ich folgende Stellen
an, an denen Philo hnlich wie in den oben mitgeteilten rabbinischen
Aussprchen die Patriarchen als Verkrperung der ungeschriebenen
Gesetze hinstellt und die sittliche berlegenheit einer derartigen
Pflichterfllung gegenber dem bloen Gehorsam vor geschriebenen
Gesetzen rhmt.
Denn die beseelten und vernnftigen Gejenen Mnnern verkrpert, die er aus zwei Grnden
De Abrahamo
sind
setze
in
i:^
da die gegebenen
Verordnungen der Natur nicht widerstreben, zweitens, da es denen,
die nur wollen, nicht viel Mhe machen kann, nach den gegebenen
Gesetzen zu leben, da die Frheren, bevor noch etwas von den besonderen Gesetzen aufgezeichnet war, leicht und gern nach der ungeschriebenen Gesetzgebung gelebt haben, so da man wohl sagen
weil er erstens zeigen wollte,
verherrlicht hat:
mu, da die gegebenen Gesetze nichts als ein Kommentar zum
Leben der Alten sind, die uns ihre Werke und Reden knden. Denn
ohne Zglinge und Schler von irgend jemand gewesen zu sein und
ohne da sie von Lehrern darber belehrt waren, was man tun und
reden msse, sind sie aus eigenem Antrieb und eigener Erkenntnis
(avTrjKoot Koi avTOfjLaeis) ihrer Natur liebevoll gefolgt, und da sie der
Meinung waren, da die Natur selbst die lteste Satzung sei, wie
sie es ja auch tatschlich ist, waren sie ihr ganzes Leben gesetzestreu." 3
De
Wer den geschriebenen Gesetzen Gehorsam
nicht unbedingt Lob, da er nur durch Zwang und
3:*
iustitia
verdient
leistet,
benen
festhlt,
williges
Wer dagegen
an den ungeschriepreiswrdig, da er seine Tugend als etwas frei-
Furcht vor Strafe erzogen wird.
ist
wie ein Protest gegen die hier formulierte
a. a.
Buch IV
O.
bersetzung
1618
in
149)
II
289
miSO
Anschauung.
Der oben angefhrte Satz
erweist."
vgl.
L.
auch
COHN
Anm.
Heinemann
J.
die
Werke
ntr'iyi
(zu Philo
'rni klingt
ber die Einzelgesetze,
Philos von Alexandria in deutscher
i.
Die oben
aus dem
Abweichungen
gegebene bersetzung der Stellen stammt mit geringen
oben angefhrten Werk von L. COHN.
3 Vgl. ber die Stelle Treitel in Monatsschr. f. Gesch. u. Wiss. d. Judent.
*
Mangey
II, 2.
COHN
6.
Ol yp
^fixpvxoi.
Kai XoyiKol voi ktX.
LIII (1909) 42.
+
MII,
361.
CS150
fih yp
Tois
vaypacpeuri
p6fJ.oti
iru'bapx^v
ktK
PERLES, DIE
ibid. 9:'
als
AUTONOMIE DER SITTLICHKEIT IM JD. SCHRIFTTUM
Das selbstgebotene Rechttun
ist
10/
berall wertvoller
Dieser Satz erinnert an die schon im Sifre*
das erzwungene."
belegte rabbinische Lehre, daCt der aus Liebe Handelnde hher stehe
als
Doch
der aus Furcht Handelnde.
noch mehr zu
fern
liegen,
whrend
Gehorsam gegen Gottes Gebot
meint
De
humanitate
9,
Autonomie
er die
als
{avTOKeXeva-rov),
scheint in Philos
die
inso-
der Sittlichkeit
Rabbinen nur den freudigen
fordern.
Weil
Ende:^
Worten
diese
nun nicht
aus
freien
Stcken die Tugend gebt haben, erzieht er sie wider ihren Willen
und bringt sie zu Vernunft durch heilige Gesetze, denen das Tugendhafte
freiwillig,
das Schlechte widerwillig gehorcht."
den Rahmen der philonischen Ideenwelt passen, sind nun auf einem heute freilich kaum mehr zu ermittelnden Wege zur Kenntnis der Rabbinen gelangt, und ihre Aufpfropfung auf den Baum des Judentums erfolgte wie so hufig in
hnlichen Fllen mit Hilfe der haggadischen Exegese.
Es lt sich brigens unschwer erklren, wieso die Rabbinen
sich des Widerspruchs zwischen Philos Lehre von der Autonomie
der Sittlichkeit und der jdischen Anschauung von Gott als dem
alleinigen Gesetzgeber nicht bewut geworden sind.
Gott ist im
Judentum nicht nur der Gesetzgeber, sondern auch das ideale
Diese Stellen, die ganz
Vorbild der Sittlichkeit,
in
der selbst die Tugenden bt,
die er
vom
Menschen fordert.* Er ist also sein eigener Gesetzgeber, oder wie
Samuel Hirsch es ausdrckt: 5 Gott ist absolut frei, und die Ebenbildlichkeit des Menschen ist eben dies, da Gott auch den Menschen
frei will.
Der Mensch soll seinem Wesen gem leben; dann lebt
er dem Schpfer seines Wesens gem, und so ist er religis und
frei."
Obgleich nun die Begriffe Freiheit und Autonomie nicht verwechselt werden drfen,^ kann man doch jedenfalls mit dem gleichen
11,368.
193 To yp er' vdyKtjS
Ti>
aTOKiXeviTToy Karp^ofa
TijMiTepoif
iravTa-)(pv.
^
5
Zu Deut
II,
6, 5 (ed.
391.
94
Friedmann
oiJs,
iireidr)
72>^).
yv(J!)fjLai.i
Vgl. namentlich Jeremia 9, 23
iKOvalan kt\.
und
die
treffenden Ausfhrungen
von
L. Lazarus, Zur Charakteristik der talmudischen Ethik (Breslau 1877) 7, wo
namentlich der Hinweis auf n"3pn hv rnnD2 psnn (statt des zu erwartenden
vmSDn)
Beachtung verdient.
Die Religionsphilosophie der Juden S. 23- Mir nur bekannt aus
Zitat bei Steinthal, ber Juden und Judentum 201.
S
Siehe
Cohen, Gedenkbuch Kaufmann 677 ff.
dem
FESTSCHRIFT COHEN
io8
Rechte sagen: Gott ist autonom, also mu auch der Mensch, der
in sittlicher Beziehung sein Ebenbild darstellen soll, autonom sein.
Und wenn die Autonomie, wie Cohen sagt,' nur fordert, da wir
die Ethik selbst entdecken mssen, mute den Rabbinen diese Forderung sehr harmlos klingen und konnten sie nicht ahnen, da sie
in ihren letzten Konsequenzen der Religion geradezu den Boden unter
den Fen entzieht. Sie begriften noch nicht den tiefen Sinn der
Autonomie, wie er erst durch Kant in seiner ganzen Bedeutung erfat und systematisch entwickelt wurde, und glaubten daher, jenen
Gedanken Philos unbedenklich herbernehmen zu drfen, ohne damit
von den Bahnen jdischen Denkens sich zu entfernen.
a. a.
O, 682.
Philos Lehre
vom
Eid.
Eine quellenkritische Untersuchung.
Von
Dr.
J.
HEINEMANN-Frankfurt
a.
M.
Quellenuntersuchungen zu Philo von Alexandrien besitzen wir
aus der Feder von Theologen, denen meist der volle berblick ber das philologische Material mangelt, und von Philologen,
Sptjudentums fern liegt. Darunter hat die
Kritik der zahlreichen Partien gelitten, in denen Philo jdische und
denen
die Literatur des
und hieraus erklrt sich wieder die
Unklarheit, die ber das hellenistische und das rabbinische Element
Ich hoffe, auf diese Probleme in grerem
in Philos Bildung herrscht.
Zusammenhange zurckzukommen, und mchte hier nur an einem
besonders lehrreichen Stcke zu zeigen versuchen, wie eng sich die
verschiedenen Bestandteile seiner Bildung verschlingen, und da aus
griechische Quellen verwertet;
ihrer
Auflsung der Philologe wie der Theologe lernen kann.
ber den Eid spricht sich Philo am ausfhrlichsten im Anfang
des zweiten Buches
De
specialibus legibus
(g
38
COHN)
aus,
im Anschlu an das Verbot des Dekalogs, den Namen Gottes oti
fULTam zu gebrauchen, unter welches nach ihm, wie nach Josephus
und der rabbinischen berlieferung, jedes mibruchliche, also auch
Er redet zunchst vom assertorischen
der vermieden oder doch umschrieben werden solle;
jedes unntze Schwren
fllt.
Eid (SS 2 8),
dann von Gelbden (9 31), die im allgemeinen streng einzuhalten
sind, soweit sie nicht gegen Recht und Sitte verstoen oder von
Frauen ohne Einverstndnis der Ehemnner bernommen sind;
diesen Teil ist eine Abschweifung ber den assertorischen Eid S
und Bemerkungen ber
die
Strafe
der Meineidigen
in
1
eingeschaltete
der Anordnung der Unterteile vgl. die Anm. zu % 26 in meiner
bersetzung der Schrift de spec. leg. (= Schriften der jdisch-hellenistischen
Literatur in deutscher bersetzung, herausgegeben von COHN, II. Band).
'^
Wegen
I I
FESTSCHRIFT COHEN
Ein Anhang enthlt Bestimmungen ber Dedikationen an den Tempel
(SS 32-38).
Die Prfung der Herkunft seiner Angaben, soweit sie nicht ausdrcklich auf die Bibel zurckgefhrt werden, wird mit der Defini-
Nach
tion des Eides beginnen mssen.
10
plant. 82,
de decal.
tv<u /xapTvpWLV Oeov Trepl
86,
und Leg.
all.
sacr.
205 ^ao-i
III
Trpdyparos dp(^La-rjTOvp.evov.
aXXo
opKo<s ovSiv
ebenso de
ftaprupia eov Trepl irp6.yp.aT0s d<f>i(Tr]Tovfivov-
de
ist
r;
Ab. 91,
.
opKov
Letztere Stelle zeigt,
was man auch ohnehin annehmen drfte, da Philo die Definition
nicht aufgebracht, sondern bernommen hat
aber woher? Kaum
aus dem Judentum: denn die Mischna neigt nicht zu streng wissen-
Also schpft Philo wohl aus griechischer
Quelle, und zwar wahrscheinlich aus stoischer.
Von den Schulhuptern sind uns zwar weder Definitionen noch uerungen, die auf
schaftlichen Definitionen.
solche schlieen lassen, unmittelbar berliefert.
Dagegen
findet sich
Anrufung Gottes
als Zeugen, auch bei Cicero de officiis III 104: est ius iurandum
affirmatio religiosa; quod autem affirmate quasi deo teste promiseris,
Wie berhaupt in den Offizien, bewegt sich Cicero
id tenendum est.
auch an dieser Stelle ganz in stoischem Fahrwasser: vgl. den folgenden
105 <dolere> ne malum quidem esse maxima auctoritate philosophi
affirmant. Es ist wohl auch nicht zufllig, da der Stoiker Marc Aurel
p-qr^ opKov Seo/icj/os //.ryTt dvdpdj-n-ov
(3, 5) mahnt, das Gute zu tun
Tivos pdpTvpos: auch hier scheint der Gedanke vorzuschweben, da
im Eid Gott als Zeuge angerufen wird. Endlich spricht fr unsere
Vermutung, da Philo gerade Definitionen mit Vorliebe der Stoa
das Eigentmliche der philonischen Definition,
die
entnimmt.^
Wie
steht aber Philo zu der
Frage nach der
Berechtigung
des Eides?
Nach der
HiRZELs ber den Eid (S. lopfif.)
soll die religise Erwgung, da der Mensch in seiner Schwche unfhig sei, das zu leisten, was den Zweck des Eides ausmachte", im
Judentum und Christentum zur grundstzlichen Verwerfung des Eides
vortrefflichen Schrift
gefhrt haben; ebenso
^
freilich,
wie das Christentum den Standpunkt
Vgl. die Definition der species (de provid.
58,
Arnim VStF.
II 86),
des
Krpers (de op. 36 = II 358 Arn.), der Zeit (de op. 26 = II 358 Arn.; vgl.
auch Chrysipp fg. 509), der Tugend als Lebenskunst (Leg. all. I S 57 = ^I 202
Arn.); ferner (bei Arnim nicht notiert) de spec. leg. II 185 die Freude als
^vxv^ eXoyoi iTra/xr, vgl. Diog. La. VII 116; de spec. leg. IV 149 u. . die Sitten
als &ypa(f>oi f6oi: vgl. HiRZEL, ypacpos v6fiOS, S. 27.
HEINEMANN, PHILOS LEHRE VOM EID
der Bergpredigt nicht beibehielt,
Anschauung
reprsentieren
mag"
soll
auch
(S. iio),
Philo,
III
der die jdische
den Eid nicht immer mit
gleicher Entschiedenheit ablehnen.
Beide Behauptungen scheinen mir unrichtig.
noch gibt
Philo'
Am
besten
als
er jdische
klarsten spricht er
ist,
Anschauungen wieder.
sich ber den Dekalog
nicht zu schwren; als Zweitbestes
Schlimmstes
der Meineid.
(^ 86)
vermeiden suchen und nur
Weder schwankt
et
gilt,
Daher
richtig zu
soll
rts dvdyKr) idCoLTo
84 aus.
Am
schwren;
man den Eid
zu
mit grter Vorsicht
Ebenso ber die Spezialgesetze II 2 ff.: Eigentlich sollte das Wort des Weisen dieselbe Zuverlssigkeit haben wie
Man schwre also nur d iaioivro al xp^ml (= kKixia-Qm 9),
ein Eid.
und auch dann bei den Eltern oder den Elementen (darber spter),
aber p) fvdvs ( 5) nicht ohne weiteres bei Gott. Jedenfalls ist also
das leichtfertige Verfahren der meisten Menschen unbedingt zu verSchrfer
werfen und der Eid unter allen Umstnden zu halten.
soll sich Philo nach HiRZEL a. a. O. leg. all. III 207 aussprechen,
wenn er meint, da-eeis av vo/iia-deiev ot (f)dcrKOVTes ofxvwai Kara ueov. Aber
auch hier ist nicht jeder Schwur verworfen, sondern nur der Schwur
Auf den Einwand, wie Gott schwren und sich damit
bei Gott.
selbst als Zeugen benennen knne, antwortet Philo, indem er den
schwren
( 85).
Spie umkehrt: nur Gott kann bei sich schwren, da nur er sich erkennt;
wir
Menschen
knnen
aber
nach
dem Buchstaben von
20 hchstens bei seinem Namen (eos und Kvpios)
schwren, da sein Wesen uns unerkennbar ist ( 208); nicht im
Schwren, sondern in dem Anspruch darauf, bei Gott schwren,
das heit ihn erkennen zu knnen, liegt die Gottlosigkeit. Von
vlliger Verwerfung jeden Eides kann schon mit Rcksicht auf die
zitierten Bibelstellen keine Rede sein, welche den Schwur auch nach
Deut
6,
13
10,
Philos Auffassung gestatten.
Aber schon mit
dieser eingeschrnkten Mibilligung des Eides,
den Schriften ber den Dekalog und ber die Spezialgesetze
zu Tage tritt, stellt sich Philo in Gegensatz zur jdischen Anschauung.
Dt 6, 13 =-= 10, 20 wird der Eid mindestens gebilligt; anderwrts, z. B.
Ex 22, 7. 10, wird er vorgeschrieben, wie Philo de spec. leg.IV 36 ganz
richtig angibt, ohne den Widerspruch gegen seine Schwurtheorie zu
Und die Rabbinen
fhlen. Patriarchen und Propheten schwren oft.
wie
sie in
Soweit es sich
um
assertorischen Eid handelt.
von Hirzel allein hier bercksichtigten
ber Gelbde s. unten.
den
FESTSCHRirr COHEN
112
haben zwar vor leichtfertigen Schwren im Privatleben gewarnt,
aber den Gerichtseid nicht nur in den von der Bibel vorgesehenen
Fllen beibehahen, sondern in einer Anzahl weiterer Flle neu angeDie Verwerfung des Eides durch die Esser und in der
ordnet'.
Bergpredigt beweist nichts fr die jdische Volksanschauung; vielmehr scheint aus der Bergpredigt eher hervorzugehen, da die
Warnungen der Rabbinen vor leichtfertigem Schwren
sehr angebracht
waren.
Auch
mu
Eides
die Mibilligung des
also,
wie vermutlich die
aus griechischer Quelle stammen; ihr Nachweis wird
durch das von HiRZEL gesammelte Material sehr leicht. Nicht selten
empfand man in Griechenland den Eid als eine Entwrdigung des freien
Definition,
Mannes: Zeus nickt nur (HmzEL S. 122); von Neoptolemos wird kein
Eid, sondern nur ein Handschlag verfangt (Soph. Phil. 811 ff.); Quin98 meint: iurare nisi necesse est gravi viro parum conAuch nach Kaiser Marcus (3, 5) soll man des Eides nicht be-
IX
tilian
venit.
2,
nach Epiktet (Ench. 33, 5) ihn mglichst ablehnen: er hat
Und nun bealso als eine Herabwrdigung des Weisen gegolten.
achte man, da Philo de spec leg. II S 2 die Verwerfung des Eides
drfen,
also des stoischen Weisen, folgert, dessen
aus der Natur des
o-TrovSatos,
Wort schon
Festigkeit
also wieder
die
aus der Stoa.
auch hier
Ja,
er
habe: offenbar schpft
des Eides
zeigt
sich
von den
die
Stoikern gern betonte bereinstimmung zwischen den Eigenschaften
Gottes und denen des Weisen, der ja dem Zeus nicht nach-
auch Gottes Adyoi sind
S 204, de sacr. Ab.
steht":
all.
aus
III
dem Wesen
kennbarkeit
93.
des (nrovSahs
Gottes
nach spec.
rkol
beruht
der
all.
III
II
leg.
^3.
diese Ableitung
Ebenso wie
die
Uner-
griechischer,
wenn
Glaube
auf
S 206)
auf stoischer Spekulation.
(leg.
leg.
an
Endlich zeigen
auch nicht gerade
de spec. leg. II 2 ff. vorgeschlagenen Ersatzformeln griechischen
sprung. Nur den Schwur bei den Eltern hat er aus Gen 31, 53,
Jakob bei der Furcht seines Vaters Isaak" schwrt und Philo
Dagegen
gen. subj. fr einen gen. obj. hlt.
findet
sich
die
Ur-
wo
den
der Rat
sogenannten elliptischen Eid zu schwren, auch bei schol.
Aristoph. Frsche 1374 und Suidas s. v. /^a t6v: eWairriKm o/xvvei. kol
einen
ovTWS (Oos
ToioTJTOts
o/3KOts
trpoa-ddvai.
Vgl.
Tois dpxatots cvtoT
ccTTi
XPW^^''
Die
fJLr]
vpoo-TiOevat tov
''"fi'^'yMt^o/ievot,
oVtc
Sitte ist also griechisch,
Frankel, der
ciTTeiv
6e6v
fiev ixa tov,
zumal sich
gerichtliche Beweis, S. 305
e'uoOecrav Se TOis
ff.
ein
Vo/ia e
Eid beim
fit)
."
.
HEINEMANN, PHILOS LEHRE VOM EID
auf hebrisch
kaum
formulieren
liee.
Auch
fr
II3
den
dritten
Vor-
den Himmelskrpern zu schwren, beruft sich Philo nicht
auf Bibelstellen, wie Dt 32, i, die ja auch etwas anders gemeint sind;
ihm schweben vielmehr die sogenannten Eide des Rhadamanthys
(HiRZEL S. 96 ff.) beim Hund, bei der Gans und hnliche" vor oder
auch Eide bei den Elementen, wie sie bei den Pythagoreern blich
waren (DiELS, Elementum S. 48) da er gerade die Himmelskrper
als Ersatz fr Gott vorschlgt, erklrt sich aus deren Auffassung als
schlag, bei
deol oparoL
(nach Plato, Tim. 40 d).
Die Mibilligung des assertorischen Eides nebst den Versuchen
seiner Umschreibung ist also im Gegensatz zur jdischen Anschauung
aus griechischen Quellen geschpft.
Eine Klassifikation der Eide
kennt die alte Mischna Schebuoth
T;
3,
der Bergpredigt und bei Philo.
tum,
in
vom
Gelbde,
Schwanken zu
kritische
11
vom
spren.
und promissorische
im klassischen Alter-
in assertorische
vom
spec. leg. II
Gelbde, ohne das
aber eine gesonderte quellen-
ist
Behandlung seiner Lehre
Er redet de
g 12
Gerichtseid,
Natrlich
sie fehlt
vom
promissorischen
Eid
er-
forderlich.
Seine Beispiele fr diese Art von Eiden sind eigentmlich gewhlt.
Von
Verpflichtungen gegen den Tempel, dergleichen auch
in
Griechenland hufig waren, spricht er nur gelegentlich (^ 12, 32 ff.);
Vertrge, die in Griechenland gern beschworen wurden, eidliche Ver-
sprechungen an andere, wie sie in den Officien so oft besprochen
werden, oder Beamteneide kommen gar nicht vor. Er denkt vorwiegend an Gelbde, deren Einhaltung in keines anderen Interesse
liegt: nichts mit dem und dem zu schaffen haben zu wollen, luxuris
zu leben, keinen Wein zu trinken und dergleichen; und zwar auch
an solche, die nicht beschworen sind, also streng genommen nicht
Solche Gelbde sind in Griechenland hchst
als opKOL gelten knnen.
215 erwhnt den Schwur der Phoker, nicht in die
Heimat zurckzukehren; man knnte an den Racheeid des Achill
oder an Amphitryons Vorsatz erinnern, sich vor Erfllung der Pflicht
selten:
HiRZEL
S.
Um
der Blutrache der Liebe zu enthalten.
so hufiger sind
sie in
der
Mischna, die unter einer .fc//^<^?/^/^ einen assertorischen oder einen Gelbniseid versteht, dagegen im allgemeinen nicht an Vertrge denkt und Be-
amteneide nicht kennt
'
oder
Es gibt
nicht,
vier Arten
Anscheinend hat man solche Gelbde so
von Schwren
oft
[den Schwur], da ich essen werde
gegessen habe oder nicht."
8
FESTSCHRIFT COHEN
114
beschworen, da Philo
sie
a potiori opKoi nennen oder doch
dem
Be-
Annahme,
Lehre vom promissorischen Eid aus jdischen Quellen
des Eides subsumieren kann.
griffe
Jedenfalls wird
die
da Philo die
schpft, durch seine Behandlung besttigt
Philo scheidet 5 9
12 zwischen frommen, bereilten und unsittlichen Gelbden; erstere mu man nicht nur halten, sie erscheinen ihm
Was kann
geben als wahrhaft zu
sein und dazu Gott als Zeugen zu haben!" ( lo). Das stimmt schlecht
zu der Mibilligung jedes Eides, die der Schler der Stoa von dem
anrovSam erwartete. Und es widerspricht freilich auch dem Standpunkt
des offiziellen rabbinischen Judentums. DieRabbinen waren keine Freunde
von Gelbden mit oder ohne Eid. Wird doch im Talmud (Taanith 1 1 ^)
das Gelbde des Nasir (Num 6) geradezu als Snde bezeichnet, trotz
Amos 2, II. Man errterte aufs sorgfltigste, was fr Gelbnisformeln
formale Gltigkeit haben sollten; whrend aber z. B. bei der Besprechung der Festtagsgesetze gern Beispiele aus dem Leben der
Gelehrten angefhrt werden, hren wir meines Wissens nie von einem
Mischnalehrer, der Nasir gewesen sei. Um so beliebter waren solche
Gelbde im jdischen Volk. Reiche Leute zahlten armen Nasirern
die Kosten fr ihre Opfer; eine Unmenge Gelbnisformeln berliefert
uns die Mischna und das Neue Testament; Sprche Sal 20, 25 und
Sir 18,22 warnen vor unbesonnenen Gelbden; Evangelium Matth 15,4
ist von Shnen die Rede, die ihre Eltern darben lassen und ihr Vermgen dem Tempel zuwenden dem alexandrinischen bersetzer von
Num 6, 2 gilt das Nasirgelbde als iieyaX-q e^x^j, und mit Philo (de
spec. leg. I 247 ff.), dem es als Beweis unbeschreiblich groer
offenbar als lobenswert.
es schneres
IV
72) als Zeichen der
Selbstweihe auf, im Gegensatz zur rabbinischen Anschauung. Er be-
Frmmigkeit
gilt,
fat es
Josephus
(Alt.
hohen Wertschtzung der frommen" Gelbde in bereinstimmung mit den jdischen Massen; und vorzugsweise
an diese, nicht an die geistige Oberschicht, die sich mglicherweise
bezglich der Gelbde mehr der griechischen Art angepat hatte,
wendet sich die Schrift ber die Einzelgesetze.
Nicht verbindlich sind ( 9. 17) bereilte und unsittliche Gelbde.
Philo scheidet nicht sorgfltig zwischen beiden und kann ja auch
nach seinen psychologisch-ethischen Grundanschauungen die Leidenschaft nicht wohl als Mutter guter Vorstze ansehen. Seine Ansicht
scheint zu sein, da bereilte Gelbde nicht gehalten zu werden
findet sich also mit seiner
Vgl. die Einleitung zu meiner bersetzung, S.
4.
HEINEMANN, PHILOS LEHRE VOM EID
II5
gebrochen werden mssen ( 14). Nun
glaubt HiRZEL S. 56 in diesem Punkt Philos Abhngigkeit von griechischen Anschauungen annehmen zu sollen. Er fhrt eine Reihe
von Fllen an, in welchen man auf erzwungene Eide oder auf solche,
deren Folgen im Momente des Schwrens nicht zu bersehen waren,
brauchen
das
Se
(S 9),
Euripides (Hippol. 612) anwandte:
Wort des
Aber
dvc/ioTos.
(fiprjv
unsittliche
yXwa-a
17
diesen Fllen handelt es sich
in
6fi(x>ixox'
-q
durchweg
um
Vertrge oder Versprechungen, an deren Einhaltung der andere
ein Interesse hat; und je verbreiteter nach HiRZELs Nachweisungen
die Errterung der Gltigkeit solcher Versprechungen in Griechenland
war, um so beachtenswerter scheint mir Philos Schweigen ber diese
Denn aus
Frage.
der Ungltigkeitserklrung asketischer
Gelbde
noch nicht diejenige von Verbindlichkeiten gegen andere.
Allerdings kann er bei Liebeseiden doch wohl nur an Versprechungen
gedacht haben; mglicherweise schwebt ihm Piatos (Symp. 183^)
Wort von der a-vyyvdjfi-q (vgl. Philo 15 (rvyyvovs) der Gtter gegen
folgt
'
die bertreter
Im brigen
des Liebeseides vor.
redet er aber nur
von Gelbden, und zwar von solchen, die auch in der Mischna hufig
sind, und entscheidet ganz im Sinne der Mischna. Wenn nach I4f
Gelbde, etwas Verbotenes zu tun, gebrochen werden sollen, so entspricht dies der rabbinischen Theorie, da sie ungltig sind, weil
der Schwrende bereits seit der Gesetzgebung am Sinai eidlich zum
Gegenteil verpflichtet ist" (M. Scheb. 3, 6); das Gelbde ist ebensowenig gltig, wie etwa eine in den Formen der Ehe vollzogene Verbindung
zwischen
man
in
ist
diesem
Mibrauchs
des
Blutsverwandten
nchsten
den
Blutschande,
der
Fall
Eides schuldig,
verpflichtet
wie
Ehe
als
in
jenem
gilt;
eines
aber durch das Ge-
lbde" ebensowenig sich oder andere wie durch die Eheschlieung".
Dem entspricht vllig Philos Anschauung 15, da der be-
Schwur
trefi'ende
wre.
zweite
21'*.
22^)
gesetze,
eine
Snde
Whrend aber
ist
die
an rituelle Vergehen,
denken,
gewandten
Richtung
Kriminalverbrechen
wie
Verletzungen
der
Speise-
gem der mehr dem Ethischen
Philo
setzt
und die Erfllung nur eine
Rabbinen (vgl, auch T. Scheb.
zu-
Denkens dafr nicht sehr geschickt
wie wenn ein Mrder oder Ruber sich
seines
Ersatzansprchen gegenber auf ein Gelbde knnte berufen wollen.
Er htte ofl'enbar besser auf die von HiRZEL angefhrten Konflikts-
9 als
Ausnahme:
fn-ewic
^t]
pyal
ridadOt
t)
XcXvrTTjKTCi ipuTts
vlai CLKdcKTOi TJ]v Sidvoiav iKfirivaffiy.
8*
fj
ivi-
FESTSCHRIFT COHEN
Il6
flle
(Versprechungen an Verbrecher) exemplifiziert
gekannt
wenn
er sie
htte.
Auch
Gelbde (^ i6), mit jemand nicht
verkehren, nicht speisen und nichts von ihm annehmen zu wollen,
sind bekanntlich in der Mischna hufig nachweisbar. So beginnt die
Mischna Nedarim mit den Beispielen ich gelobe, von dir entfernt zu
bleiben, mich von dir getrennt zu halten, nichts von dem Deinigen
die folgenden unsozialen
auch das Gelbde, sich nicht begraben lassen
wenn auch erst im Talmud, Sanh. 46** (verfgt
zu kosten, zu essen";
zu wollen, findet sich,
jemand
Auch
ihn nicht zu begraben,
die Auffassung
solchen Gelbden
so richtet
hnlich:
ist
man
sich nicht danach').
tadelt Philo die fxta-avOpwma, die in
so erblickt die Mischna Ned.
liegt,
9,
in
ihnen
einen Versto gegen das Verbot des Menschenhasses und die Pflicht
der Nchstenliebe
(Lev
19,
17
Whrend aber nach
f).
der
Philo
Schwrende, sobald er sich des tadelnswerten Charakters des Gelbdes
bewut geworden, es brechen und Gottes Verzeihung erflehen soll,
mu nach
lichkeit
sei,
der Mischna die Erklrung, da
man
sich der Ungesetz-
oder der Konsequenzen des Gelbdes nicht bewut gewesen
vor einem Sachkundigen oder vor drei erwachsenen Mnnern,
nach jdischen Anschauungen ohne weiteres zu einem Gericht
eine Einzusammentreten knnen, abgegeben werden (M. Ned. 9)
richtung, deren Bedenklichkeit man einsah (M. Chag. i, 8), und die
die
wohl nur getroffen war, um durch Ermahnungen leichtfertigem
Schwren vorzubeugen. Mglicherweise hat Philo die Einrichtung
und die Bedenken gegen sie gekannt und letztere geteilt; die Mahnung,
von Gott die Heilung fr Seelenkrankheiten zu erwarten, a fi-qSiU
dvOputTTiov
Aber
tKavos
Ida-aa-Oai
scheint
17),
(5
fast
darauf hinzudeuten.
eine prinzipielle Verschiedenheit ber die Gltigkeit der
Dispense im
besteht nicht:
Recht
nicht;
Sinne
Gelbde
der Kirche kennt das jdische
das Urteil der drei Leute oder des Sachkundigen
ist
und hat die Ungltigkeit des Gelbdes
Fr den Vorsatz luxurisen Lebens ( 18 ff.),
analytisch, nicht synthetisch,
zur Voraussetzung.
dessen Behandlung Philo Gelegenheit zu
einfachen
Lebenswandel
funden
19):
werden nicht
Wie
die Kreise,
hat er Beispiele
groen Diatribe fr
in
Alexandrien ge-
ber die uns die Mischna unterrichtet,
der Lage zu derartiger Verschwendung gewesen
sein.
sehr sich Philo in der folgenden Behandlung der Frauen-
( 24f. 29f.)
in
gibt,
einer
und Tempelgelbde
( 32fif.)
sowie
in seiner
Bemerkung
Weil das Snde wre und niemand eine Snde rechtsgltig fordern kann.
HEINEMANN, PHILOS LEHRE VOM EID
I7
an den Wortlaut der Septuaginta in
bestndiger Abweichung von der rabbinischen Auffassung hlt, ist in
den Anmerkungen zu meiner bersetzung gezeigt. Dagegen fordern
seine Angaben (^ 28) ber die Strafe auf Meineid eine kurze Beber die Anzeigepflicht
Nach der
trachtung.
(S 26)
Bibel lt Gott den,
der seinen
Namen
mi-
bruchlich nennt, nicht ungestraft (Ex 20, 7; Philo ^ 27); eine geDaher wendet der Talmud
richtliche Strafe wird nicht angegeben.
den allgemeinen Grundsatz (T. Macc. 13^^ an, da
Vergehen gegen Verbote, soweit die Bibel keine schwerere Strafe
vorschreibt, mit Geielung zu ahnden sind.^ Nun erklrt Philo 28:
die Strafe durch Menschenhand wird verschieden angegeben: die
einen schreiben Todesstrafe, die anderen Geielung vor, und zwar
(Schebu.
21=)'
Besseren und besonders
setzen die
Frommen
Todesstrafe
fest,
versammelter Gemeinde;
gesinnten Menschen fr eine ebenso schwere
Die milder Gesinnten" sind die Rabbinen;
die milder Gesinnten ffentliche Geielung vor
Schlge gelten aber frei
Strafe wie der Tod."
auch die Angabe, da die Geielung vor der ffentlichkeit zu vollstrecken sei, trifft insofern zu, als die Anwesenheit von zehn Personen
erfordert wurde (Midr. Tann, zu Dt 25, 3). Dagegen kann die Todesstrafe nicht von jdischen Gewhrsmnnern Philos gefordert worden
sein, da das der Todesstrafe uerst abholde sptjdische Recht
stets hchstens in solchen Fllen auf Tod erkennt, in denen es die
Thora vorschreibt. Jene Bestrafung ist vielmehr nur die Konsequenz
aus Philos oben errterten, griechischen Quellen
entnommenen An-
schauungen vom Eid. Gilt schon das Schwren als etwas Verfngliches und mglichst zu Vermeidendes, so ist der Meineid die
schwerste aller Snden. Mag Philo die Konsequenz auf die Bestrafung
selbst gezogen oder (wofr der Wortlaut spricht) griechischen Ge-
jedenfalls gibt er der hellewhrsmnnern entnommen haben
nistischen Auffassung den Vorzug vor der rabbinischen, derart,
da er 252 nur die erstere Ansicht erwhnt und hier die letztere
mit Ehrbegriffen entschuldigt, wie sie bei den an Prgel gewhnten
gyptern (Ammian 22, 16, 23) nicht hufig zu finden waren.
Die Analyse der Behandlung des Eides durch Philo ergibt also:
er folgt der Septuaginta in der Auffassung der Frauen- und Tempelgelbde,
stoischen Lehren
bezglich des assertorischen Eides,
der
Nicht 20a (so Ritter, Philo und die Halacha, S. 47, 6).
Vorausgesetzt, dali die Tat vor Zeugen und nach Verwarnung erfolgt
Kautelen,
die Philo nicht kennt.
ist
FESTSCHRIFT COHEN
ii8
jdischen Volksanschauung
in
der Lehre
vom
Gelbde.
Wo
er eine
Gewhrsmnnern empfunden hat, ist er
eher geneigt, den Philosophen recht zu geben als den Rabbinen.
Ihn als Rabbi" zu bezeichnen htten wir selbst dann keinen Grund,
wenn er das gleiche Ma von Vertrautheit mit schriftgelehrten Anzwischen
Differenz
seinen
'
sichten,
da
wie
er vielmehr
keine
weilen
Ahnung
sei
hufiger bekundete.
hier,
auf
z.
hat,
Wie
es
Wissenschaften,
kann
CoHNs
setzung und auf die
vom gesamten
B.
E.
Da
dies nicht der Fall
ist
jdischen Profanrecht seiner Zeit
hier nicht nher dargelegt
werden;
einst-
zum ersten Bande der Philo-berAnmerkungen zum zweiten Bande verwiesen.
Einleitung
Schwartz,
phil.-hist.
Nachrichten der
Gttinger Gesellschaft
Klasse, 1908, S. 537 ff., getan hat.
der
Joseph Ibn Kaspi
als Bibelerklrer.
Von W. BACHER-Budapest.
JOSEPH
Ibn Kaspi entfaltete im ersten Drittel des vierzehnten Jahr-
hunderts eine vielseitige und fruchtbare schriftstellerische Ttig-
Die Philosophie bildete den hauptschlichen Gegenstand
seiner wissenschaftlichen Bestrebungen; er kommentierte Maimunis
Aber im VorderF'hrer und verfate philosophische Kompendien.
keit.
grunde seines Interesses stand die Auslegung der heiligen Schrift,
Werke gewidmet
der ein betrchtlicher Teil seiner
ist.
Er
trachtete,
den Bibeltexten philosophische Spekulation
zur Geltung zu bringen, ebenso wie er in der Bearbeitung des hebrischen Wortschatzes der Bibel und auch sonst in der Errterung
Maimuni folgend, auch
sprachlicher Fragen
in
die Begriffe
und Regeln der Logik
als
ma-
gebend anwendete.
Whrend
JOSEPH Ibn Kaspis bibelexegetischen
Schriften nur weniges bekannt geworden war, sind im Laufe der
letzten Jahrzehnte (1903
19 12) durch ISAAC Lasts unablssige Bemhungen fast alle bisher gehrigen Arbeiten Ibn Kaspis gedruckt
worden^ und wir besitzen nunmehr in guten Ausgaben seine Kommenbisher
aus
zum grten Teile
dieser Kommentare nur
tare
der biblischen Bcher, Allerdings sind einige
sehr kurz, whrend zwei Bcher (Pentateuch
und Proverbien) mit je zwei Kommentaren versehen sind. Eine bersicht der von LAST herausgegebenen Schriften Ibn Kaspis nach der
LASTschen Editionen lauten: l. 1D3 ""^3 mJ?, Zehn Schriften
2. r)D3 naans, Weitere
des R. Joseph Ibn Kaspi. Zwei Bnde (1903, 1904).
Zwei Bnde (1905).
3. ."iDD ^inx, Adne Keseph. Zwei Bnde
zwei Schriften
(1911, 1912'. Die sechs Bnde zitiere ich mittels folgender Abkiirzungen: KK I,
^
Die
Titel der
II;
MK
I,
li;
AK
I,
II,
I20
FESTSCHRIFT COHEN
am
Reihenfolge der biblischen Bcher orientiert
besten ber ihren
Inhalt.
Auf den Pentateuch beziehen
sich
niDH (auch '1D3 riT genannt) und ^Q:^h
kein
*)-i:JO.
Kommentar, sondern
fortlaufender
1BD
beiden Schriften:
die
Die erste
bietet
in:
(MK
ist
I)
ersten Teile
all-
gemeine Darlegungen ber den tieferen Sinn der erzhlenden Teile
des Pentateuchs, im zweiten Teile in chronologischer, den Wochenabschnitten sich anschlieenden Reihenfolge spezielle Ausfhrungen
Da die nicht erzhlenden Abschnitte
sichtigt sind, kommen auf Leviticus nur einige Zeilen,
nomia nur einige Seiten. Das andere Werk (MK 11)
zu
dem
Inhalt.
nicht berck-
auf Deuteroist
Kom-
ein
mentar im eigentlichen Sinne, beschrnkt sich aber ebenfalls zumeist
auf die erzhlenden Abschnitte, macht nur ausnahmsweise die
anderen Abschnitte zum Gegenstande der Auslegung und lt
ganze Partien des Pentateuchs ohne Kommentar, indem auf die
Auslegung der Vorgnger hingewiesen wird; unter diesen ist be-
Namen
sonders der oft mit
zitierte
Abraham
Ibn Esra zu verstehen.
Die Kommentare zu den prophetischen Bchern fhren den
Titel >*)DD ""ilN. Der Kommentar zu Josua ist ganz kurz (AK I i
lo),
von dem zu den Richtern (ib. lo 12) sind nur die ersten vier
Kapitel erhalten; ausfhrlich genug sind die zu Samuel
12
(ib.
44)
und Knige (ib. 44 75), der lngste der zu Jesaja (ib. 79 190).
Der Komm, zu Jeremias (II, i 24) ist fr einzelne Kapitel sehr
knapp, der zu Ezechiel (ib. 25 48) bricht in der einzigen Handschrift, in welcher das Werk erhalten ist, mit Kap. 21 ab; die zwlf
kleinen Propheten (ib. 49156) sind recht ausfhrlich kommentiert;
doch fehlt der Schlu mit Maleachi.
Von den Hagiographen sind die Psalmen berhaupt nicht
kommentiert; dafr haben wir zwei Kommentare zu den Proverbien,
die einander
zum
Teil ergnzen; der eine
sonderen Titel ^DD
der andere
nnrJli'ri;
(KK
(ib.
83
80)
137)
hat den be-
ist
ohne
Titel
Der Komm, zu Hiob, genannt '"jOD ]'rh (KK I, 135 179),
enthlt mehr zusammenfassende allgemeine Errterungen als Einzelerklrungen. Die Kommentare zu Hohelied und Koheleth gehrten
gelassen.
Hohenliede
Koheleth
dem
zu
ursprnglich
183
(ib.
(ib.
ersten
184)
185215)
ist
hat
heit
pD
m^"''?J
(ib.
blo
die
eine
Form
der Proverbien;
kurze
der
Einleitung,
einzelner
zum
der zu
Abhandlungen.
Auslegung von Ruth (KK II, 4 10)
11
Der Kommentar zu Esther
28).
Daniel hat keinen Kommentar. Esra
31 -39).
Der
msD vereinigt
und den Klageliedern (ib.
Titel f)DD
Kommentar
die
BACHER, JOSEPH IBN KASPI ALS BIBELERKLRER
(mit
Nechemja) und Chronik sind kurz kommentiert
der
*^D3
weder eine eingehende Kennzeichnung der
soll
nil^n
4258)/
betitelten Schrift (ib.
Hier
in
121
aufgezhlten Schriften enthaltenen Bibelexegese
in
den
Ibn Kaspis, noch
Darlegung seines Verhltnisses zu seinen Vorgngern versucht
eine
werden.
Ich
will
nur einige Stze allgemeiner Art, die dazu dienen
knnen, Ibn Kaspis Auffassung von der heiligen Schrift und ihrem
und in denen sich eine gewisse Originalitt
der Anschauung kundgibt, hervorheben und damit zur Kentnis Ibn
Kaspis beitragen. Beitrge zur Kulturgeschichte und Linguistik, die
aus seinen bibelexegetischen Schriften zu holen sind, habe ich jngst
in der Monatsschrift fr Geschichte und Wissenschaft des Judentums
Inhalte zu charakterisieren
(Jahrgang 19 12) mitgeteilt,
I.
Die biblischen Bcher
In der Einleitung
Kaspi
zum
als Literaturwerke.
zweiten Proverbienkommentar vergleicht Ibn
Sprche Salomos mit den die Sprche der Philosophen"
enthaltenden Bchern (KK I, 83) und stellt dann die These auf, da
alle Worte der Thora und der brigen Bcher der Bibel nach ihrem
Wortsinne zu verstehen sind, gleich den Bchern des Aristoteles ber
Logik und Physik, es wre denn, da der Wortsinn sich als unmglich erweist.
Die Wiederholung von Exod 6, 10 12 in
die
6,
2930
Ibn KaspI mit dem Hinweise auf hnliche
den Werken der Philosophen, wie Aristoteles
rechtfertigt
Wiederholungen in
und seine Genossen"; sie dienen dazu, den (in diesem Falle durch den
Einschub v. 13 28) unterbrochenen Zusammenhang wiederherzu-
(MK
stellen
da auch
wenn
II,
151).
Zu
macht er darauf aufmerksam,
Worte zu wiederholen pflegen und,
Jes 36,
die Philosophen ihre
den Faden der Darstellung unterbrochen haben, ihn mit
der Einfhrungsformel: wir wollen nun aufs neue erlutern" oder
wir wollen dies genauer erlutern" wieder aufnehmen (AK I, 143;
sie
zum Teile allegorische Exegese enthlt das Buch 1D3 mi3
75142) zu einigen Abschnitten des Pentateuchs (Exod 25), Jesaja 6,
Ezechiel i, Zach 16.
Die Geheimnisse in Abraham Ibn Esras Pentateuchkommentar erlutert die Schrift nniDn ITB (KK II, 145172).
* n''BlDi'?'n noiD nsDS in iDon nt.
Zunchst meint er das bekannte Werk
dieses Namens: die Apophthegmen des Honein. Ibn Kaspi verfate fr seinen
Sohn eine Spruchsammlung desselben Namens: .S. Steinschneider, Die hebr.
*
(KK
Philosophische,
II,
bersetzungen des
Mittelalters, S. 352.
FESTSCHRIFr COHEN
122
AK
Vgl.
HO, zu Micha
II,
6, i).
Fr das Buch
sowie fr
Jesaja,
Bcher der anderen Propheten mu man voraussetzen, dali ein
bestimmtes Ordnungsprinzip und Einheit des Inhaltes in ihrer Abdie
Buche des
Jedes Buch ist nach den Vorzgen seines
Aristoteles (AK I, 105).
Verfassers zu beurteilen; man darf an das Buch der Chronik nicht
denselben Mastab anlegen wie etwa an die Bcher Moses'. Der
Verfasser der Chronik krzte seinen Stoff und nahm nach eigener
Wahl in sein Buch auf, was ihm gut dnkte. Nur weil auch dieses
Buch wichtige Gegenstnde enthlt, wurde es unter die Bcher der
heiligen Schrift aufgenommen (KK II, 47).
zur
fassung
Da
wie
Geltung
gelangte,
Josua
16 ff. Josua
in
9,
erwhnt
nicht
darf nicht als
ist,
werden; denn die Verfasser der Bcher
alles zu berichten und wir mssen das was
betrachtet
Schwierigkeit
sind nicht verpflichtet,
sie berichten,
irgendeinem
bei
ohne Rcksicht auf das Fehlende, als dankenswert hinVon diesem Gesichtspunkte aus betrachtete
I, 6).'
nehmen (AK
Ibn Kaspi manche Einzelheiten der biblischen Geschichtserzhlung.
Die Angabe der 20 Jahre" in I Sam 7, 2 ist eine Freundlichkeit
des Verfassers, wie sie sonst nicht immer von den Verfassern der
Bcher gebt wird
(AK
Besonders betont
14).^
I,
vermite Einzelheiten der Erzhlung, es
sei
nicht Pflicht des Ver-
fassers^, diese Einzelheiten zu berichten; so zu I
zu
20, 39
ib.
1,42);
(MK
Kn
II,
(ib.
5,
44); zu
I,
15
(ib.
Exod.
Sam
II
27);
I,
ib.
47);
18,
4, 3
(ib.
II,
11,
bezug auf
er in
Sam
(ib.
I,
31);
14
(ib
I,
II
4,
19
Sam
51);
zu
(ib. I,
21,
13);
(ib.
Gen 11,31
198).
In bezug auf die Verschiedenheit des Berichtes von der Eroberung
Sam
dem
Chron ii,4ff
bemerkt Ibn Kaspi: Wundere dich nicht, wenn es zwischen den
Verfassern der einzelnen Bcher Verschiedenheiten gibt, denn es
Jerusalems durch David
waren
in II
ihrer Viele, die die
5,
6ff von
in I
Begebenheiten aufzeichneten
(AK
I,
32).+
Auffallend findet er die zahlreichen Einzelheiten, die der Verfasser
des Buches Samuel
hat
(ib.
I,
Da
in die
Erzhlung von
II
Sam
11
aufgenommen
35).
D'^miyn in I
Kn
17,
4 nicht Raben, sondern Personen be-
naa ^on pn onon nni3 Mb j"' ^3.
2 nnson "inis n^on nin nonn wy" nb) nson 3ni3 non
Zu Jes 7, 3: nnson nni^b
3 -iBon ams"? nnin^T'K; auch kurz mn ^k.
B^n^s h^n i2n3"'B' (AK I, 93). Auch sonst nnsn ]".
^
nn3''t9
Ebenso
zu Jesaja 36,
(AK
I,
143).
msn
BACHER, JOSEPH IBN KASPI ALS BIBELERKLRER
123
den Propheten Eljahu zu verpflegen bestimmt waren, beweist
die unmittelbar darauf (V. 9) folgende Angabe von der Witwe, der
Es ist das die Art der Verfasser
dieselbe Bestimmung zuteil wurde.
der biblischen Bcher, da sie eine Angabe durch eine andere daGenaue Zahlenangaben, wie
nebenstehende erklren (AK I 59).^
deutet, die
in
Jes
(ib.
I,
sonst bei den biblischen Schriftstellern nicht blich
7, 8, sind
94).^
In Jes. 26, 17
ist
in
dem
Bilde der Auferstehung die Wieder-
das im Exil den Toten gleiche, zu verstehen,
herstellung Israels,
ganz wie
unter
der allegorischen Vision Ezechiels, wie er
sie selbst
am
Wir drfen die Worte keines
Schlsse (Ezech 37, 11
14) erklrt.
Verfassers anders erklren, als er selbst es tat.3 Allerdings kann
man an
die
Worte
in Jesaja
(AK
der Toten knpfen
I,
auch die Verheiung der Auferstehung
125).
Die Propheten
2.
als Prediger.
Rede ber Aschur (Jes 10, 5) leitet Ibn
Kaspi mit folgender Vorbemerkung ein: Die Reden der Propheten
sind wie die Predigten der Prediger bei uns oder bei den Christen;
denn auch die Propheten hielten ihre Reden an verschiedenen Orten,
ber verschiedene Gegenstnde und zu verschienenen Zeiten; manchDie Erklrung
mal sprechen
der
ber denselben Gegenstand zu wiederholten Malen,
sie
(AK
Zu
Jer 35, I spricht er von der Redaktion des Buches Jeremias und
bemerkt folgendes: Die prophetischen Reden waren wie Predigten,
die an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten gehalten
aber zumeist mit verschiedenen Ausdrucksweisen
Und
I,
105)."^
von ihnen gehaltenen Predigten
zu einem Buche vereinigen und zu den einzelnen Predigten das Jahr
wurden.
angeben,
die
in
sowie viele Prediger
dem
sie
alle
gehalten wurden, aber sich durchaus nicht an
chronologische Folge der Jahre halten mssen, ebenso tat Jere-
mias, der die Reden, die er unter Jojakim gehalten hatte, nach die
unter Zidkija gehaltenen
stellte
(AK
II,
18).
gegen Edom,
fgt sich an die vorhergehenden Kapitel,
Jes 34,
von der Rettung Jehudas aus der von Aschur drohenden Gefahr, an.
nioipon nsp2 n'^ion "anis Tin
]3 '3
insn iwins.
Vielleicht sind dabei nicht
die biblischen Schriftsteller, sondern Schriftsteller berhaupt gemeint.
* "iBDO nibnxn
nioipn nannn D"'"iSDn 'Snia i-iKn h "jbsai.
3 in nwjjir na pi ibd ^3^ nur nma wn-'s ^ib y),
4
imi ^D Q^^)i)ir\ bw^ ij'jty D''inn niu^m (1. i^s) ]^ij?3 rn D^w^ain nan
.
FESTSCHRIFT COHEN
124
kundgetan werden der Unterschied zwischen denen, die
Gott dienen und denen, die ihm nicht dienen. Die in der Anordnung
der Abschnitte keinen Plan erkennen wollen, irren; das ganze Buch
Damit
soll
gewissermassen eine einzige Predigt, die ein Prediger auf
einmal gehalten hat und in der die Gegenstnde zueinander im
Jesaja
ist
Verhltnis stehen und miteinander verknpft sind (AK I, I4i).5
Ibn Kaspi sagt zuweilen: Jesaja predigt, zu 17, 12 (ib. 114)'
und bezeichnet seine Rede als Predigt, zu 24, i (ib. 131).* Ebenso
Auch
spricht er von den Predigten Jeremias, zu i, 15 (AK II, 2)^.
von Moses sagt er in der Einleitung zum Deuteronomium: Moses
wollte am Ende seiner Tage vor dieser neuen Gemeinde (der neuen
Wstengeneration) predigen: Worte der Mahnung und -Belehrung
in
allgemeinen Stzen und
ihm in den Mund legte. Noch heute ahmen wir
nach, wenn wir ffentlich predigen wollen (MK I, 164).'
und wie Gott
sein Beispiel
In
Deut
ihre
es
Hinweis auf den Brauch der Prediger,
findet sich ein
32, 3
Rede mit der Lobpreisung Gottes
Da in Jes i, 27 der Prophet erst
Hrern
dann
spricht,
(AK
diger
wie sein erhabenes Denken
in Einzelheiten,
I,
84).
sie in zweiter
Dasselbe
gilt
einzuleiten
(MK
Person anredet,
i,
304).
Person von seinen
in dritter
von Nachum
II,
Art der Prewo der Prophet
ist
14,
nachdem
er unmittelbar vorden Unterdrcker anspricht,
her das Wort an den Unterdrckten gerichtet hatte. Der Prophet
Weltgegenden,
ist wie der Prediger, er wendet sich nach den vier
bald nach rechts, bald nach links, bald nach vorn, bald nach rckwrts und redet bald in zweiter, bald in dritter Person (AK II, ii4).
Der Wechsel der Personen in Jes 27, 8 ist besonders als Ausdrucks-
pltzlich
(AK
weise der Prediger gerechtfertigt
D-'Dn'nD
inD3^
bsi
n"'3^2j?,i
m'?
3iB>^
^^
pD
I,
127).
in B^nno nn
ncm
Zu
m"in nit^-na
-ipv nb i^o nu^-nn n? ni.
Q>iw D^iDn mtoipn rntTm vn
n-ana u^m"? nsiity: lyjv n^pno a^Ti Di iin3i
5 D''2-in
""in
6 Q^ish
DVB ^Kow"? Dys
Dj?B n3ii'? Dj?
7
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5.
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17,
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"iisn^
\:f-\^'\n
103 sin x^ain
njjs.
'sbi
nsyn
^sb
Di ns^V-os nsi
nD
^131
S. unten,
Ab-
BACHER, JOSEPH IBN KASPI ALS BIBELERKLRER
3.
Ein
Moses und
I25
die Propheten.
wiederholter Gedanke Ibn Kaspis
da die Bcher
der Propheten als Auslegungen zur Thora angesehen werden knnen.
In den Schluworten des Kommentars zu Jesaja (AK I, 190) bittet
oft
ist
es,
Thora erkennen zu lassen nebst den Bchern der
Propheten, die Erklrungen zur Thora seien. ^
Zu Jes 7,15 bringt
er die Worte sobald er wei das Bse zu verschmhen und das
Gute zu erwhlen" mit denen in Gen 3, 5 (wissend Gutes und
Bses) in Parallele und findet in jenen eine Erklrung fr diese; die
wesentliche Aufgabe der Propheten war es, die Thora zu erklren
(AK I, 95).
Fr die Worte inni inn (Gen i, 2) verweist er auf
die Bcher der Propheten, die Aufschlu ber ihren Sinn enthalten.
Dazu fgt er emphatisch hinzu: die Propheten haben die ganze
Thora erklrt, so da wir, wenn wir ihre Bcher recht verstehen,
des Pentateuchkommentars Ibn Esras oder eines andern nicht bedrfen (MK 11,6).
Ein andres Mal (ib. II, 17) heit es, da die
Erklrung der Thora sich in den brigen heiligen Bchern findet. ^
Denselben Gedanken drckt Ibn Kaspi auch so aus: Es gibt
nichts in den Bchern der Propheten, was nicht aus der Thora
Moses' stammte (AK I, 170).+ Ferner: In den Bchern der Propheten gibt es nichts, was nicht schon in der Thora stnde, selbst
er Gott, ihn seine
Ankunft des von uns erharrten Messias. Freilich versteht dies
nur, wer vollkommene Vertrautheit mit der hebrischen Sprache
und den Regeln der Logik besitzt (MK II, 40).5
Ibn Kaspi wiederholt, vielleicht ohne es zu wissen, den Gedanken des alten Amora Josua ben Levi, wonach alles, was nachher
die Propheten verkndigten, bereits in den Reden Moses entdie
halten
sei.^
Die Abhngigkeit der Propheten von der Thora drckt IBN
Kaspi hier und da so aus: Die Propheten haben dies von Moses
So wenn Jesaja
gelernt.
Frauen Jerusalems
1.4
n"?
(AK
aufzhlt,
D'irnB Qnvf obiD
in
3,
18 ff.
whrend
n''"'3in '"id dj?
die
Schmuckgegenstnde der
ein einziges
inmn
Wort
nv"i^ laar D\n'7K.
S.
zu ihrer Be-
auch zu Ezech
II, 25).
ntro
min
-ibd sin
]V3nn nsKbtti
Exod.
r.
c.
nayn
42
(8).
uhu n^w^an nBD "p^s im i".
mN'pni yTtr "a pn m ^t ah n:n\
S. Die Agada der palst. Amorer I, 164.
]iwb n-noj
FESTSCHRIFT COHEN
126
Zeichnung gengend gewesen wre
(AK
89).^
I,
Oder
der Antithese der Erniedrigung und des Erhabenseins
die
Anwendung
in Jes 5, 15
16,
Deut 28, 43 hnlich sei (A I, 91).^ Ferner zu Jes 41,25
(vom Norden" und vom Sonnenaufgang her", d. h. vom Nordosten),
Zu 2, 13 f. Bume und Berge sind bildliche Bezeichib. I, 15 2.
nungen fr hervorragende Menschen. Diese Art der Bezeichnung
von Menschen mit Benennungen anderer Wesen ist bei den Propheten blich; Moses zeigte sie ihnen (AK I, 86).* Zu II Kn
wiederholt aus V. i f., verweist IBN Kaspi auf Wieder7, 19 f,
die der in
-5
holungen
Num
der Thora, wie
in
Exod
8,
Exod
4 (nach
25, 31);
Num
und bemerkt, hierin haben die Propheten
das Verfahren ihres Lehrers Moses befolgt (AK I, 68). s Eine hnliche Bemerkung macht er zu Richter 2, 6f{. (wiederholt' aus Josua
(nach
33, 4ff.
24,
12)
28 ff.)
4.
Die Thora
fr
ist
ein
philosophische
Buch
Die Thora.
kein
Begriffe
groe Menge, die
fr das Volk, fr die
Verstndnis
Fr das Volk
hat.
konnte Moses nicht ein Buch verfassen, wie etwa die Schriften des
Vielmehr ist die
Aristoteles ber die Seele und ber Metaphysik.
Thora zur Veredlung der Menge bestimmt, als Buch zu bestndiger
Damit aber dieses Buch nicht der philosophischen BeLektre.
griffe entbehre, enthlt es an einzelnen Stellen wunderbare Stze,
die zur Physik und Metaphysik gehren (MK II, 238 f.).^
Bei Gelegenheit des Berichtes ber die wunderbare Heilung der
von den Schlangen Gebissenen (Num 20) lt sich Ibn Kaspi
dermaen ber die Wunderberichte der Thora aus: Was die
Schlange betrifft, so bin ich in ihrer Hinsicht nicht verlegen,
viele der Kommentatoren sind. Aber mich drckt hiebei eine
B^sin -io n"?
<
D-C'in
n\s"33n ba
n'?i3i
uy v
"ixa"?
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Nin
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12
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Tun na
D^asnn niispn
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nain
x"?
^m
mx
ni^nb
n-'H'
S.
i'jia
]vo'7i
wie es
einzige
unten Abschn.
7.
!?:i.
nj?n ^lon'?
motta nninn
riNt
ix csan nsD loa
nwa
nn"?
u iw
-id
nb
umin
nso
AK
"ia bb:ib iidd nih
nso in ibxa ni'jni nian.
S.
linv
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auch
eherne
pi.
D-'X-'^jn
yaan ^nnvf n
un^E
pn -laon nt
nnanrsi yatan n:n?2 n^x^si n^inx.
Tiaim miKnia niisan
Dsnni
nn^ejoa n\s"'3in
]\si
D\s^32n
folgen-
ni
nj?
I,
baa
103 oben:
nj;i
'baty
^n*?
nso in
BACHER, JOSEPH IBN KASPI ALS BIBELERKLRER
12/
Verlegenheit, v^on der ich nie geheilt werden kann, es wre denn,
da Gott einem seiner Propheten befhle, mir ebenfalls eine Schlange
anzufertigen,
auf die ich zu blicken htte,
um
geheilt zu werden.
Jene Verlegenheit besteht darin, da ich nicht wei, was die Schlange
bedeuten soll, sowie ich nicht wei, was Brustschild und Ephod des
Hohepriesters bedeutet, nicht was das Holz bedeutet, das Moses
in
das Wasser von Mara warf und ebenso die andern seiner Taten,
die
er alle auf Gottes Befehl ausbte.
Wie
Taten
sollten wir seine
und Wunder verstehen, da wir doch die Taten der anderen, tief unter
Moses stehenden Propheten, wie Elijah und Elischa, nicht verstehen!
(MK I, 163). Also ein Ignoramus hinsichtlich der Wunder.
Den Gedanken Maimunis, da
Thora
die Opfergesetze der
Zugestndnis an die Kultusformen des Heidentums sind (More
wird bei IBN Kaspi so umschrieben:
Moses schrieb
Buche unter dem Zwange des zu jener
sie
in
III,
ein
32)
seinem
Zeit bei allen Vlkern herr-
schenden Brauches (MK II, 229).' In demselben Sinne sagt er in
bezug auf das Gesetz von der roten Kuh (Num 19), den Sinn des-
um
selben zu ergrnden halte er nicht fr tunlich,
Moses
in
was
seiner Weisheit wute,
er tat,
als
so weniger, als
er dieses Gesetz,
das den Anschauungen jener Zeit entsprach, niederschrieb
(ib. 11,265).^
Zum
Gesetze von der Ehescheidung (Deut 24, 3) bemerkt Ibn
In allen Rechtsverhltnissen zwischen Mann und Weib hat
Kaspi:
unsere Thora das
Der Dekalog
(MK
I,
Wohl
ist
des Mannes im
als Inbegriff
Auge (MK
II,
249). ^
der ganzen Thora zu betrachten
141).
5,
Logik
ist
Hebrisch und Logik.
das Steckenpferd Kaspis; auf
sie
mu
alle
Etymo-
logie zurckgefhrt werden, daher die stereotype Phrase: im Hebrischen und in der Logik". Diese Worte STEINSCHNEIDERS * finden
in
den nun im Drucke zugnglichen
m:n
'
mb
(1.
p"i
n^nan mbv;:: nz'h yan yn
*,X'3n) DX-inn
sinn ]a?2
inn
d'712
'3
d"iji
exegetischen
Schriften
mai nson uns n"y
1:11 ntfotr
Ibn
j?n'
nioiKn inio.
na j?t D3n n-'n nio >3 '{dv b:i.
3 -i3tn Di'jty'? i:n-i"in to^an -i3tn oy napan (1. ""rn) "rn "^ra. Dazu setzt er noch,
was fr seine auch sonst sich kundgebende Ansicht ber das weibliche Geschlecht charakteristisch ist, das billigende MNI pi.
'
inn ]otni Kinn
's'?
nipj?
Die hebrischen bersetzungen des Mittelalters
S. 93.
FESTSCHRIFT COHEN
128
Kaspis ihre volle Besttigung, In jener Phrase s ist die berzeugung
von der bereinstimmung zwischen dem sprachlichen Ausdrucke
der Gedanken, wie ihn das Hebrische, speziell die Sprache der
Bibel bietet und den Regeln des Denkens, wie sie in der Logik
formuliert sind, ausgesprochen.
Es drfte von Interesse sein, einige
Beispiele der Bibelexegese Ibn Kaspis, bei denen er dieses Schlagwort Hebrisch und Logik" anwendet, nher zu betrachten.'
Zu Gen
Die Ausdrucksweise
25.
9,
im Hebrischen und
wird
Knecht
der
Knechte"
der Logik auf jede Steigerung einer
in
Eigenschaft angewendet, wie
,,
z.
B. in
lp (Exod
D"'ti''1pn
36, 33), also
ganz besonderem Mae Knecht (MK II, 38).
Zu Gen
Dieser Hinweis auf das in
21, 4 Wie Gott ihm befohlen hatte".
hier:
in
Gen
17,
auf den besonderen Fall Isaaks
(MK
richtig
zu n*1Di
II,
II,
(Jer
60).
2,
yy).
29)
Zu Gen
ist
im Hebrischen und
Gen 30, 34
und nimmt den
In
Annahme
an*; eine solche
*1DS
Anwendung
zu lesende allgemeine Gebot mit
12
38,
i.
in
erklrt er "ID2 als
desselben
der Logik
Maskulinum
Ausfall der Prposition 2 vor
sei richtig in
Hebr. und Logik
(MK
In jener Zeit" kann sprachlich und logisch
enge Zeitgrenze anzeigen (MK II, 88).
Zu Gen 41, 13. Das Subjekt der Verba 2^n und n^n kann Joseph
sein; Hebrisch und Logik gestatten es, das, was seine Deutung der
sowohl eine weite
Trume
als eine
ankndigt,
ihm
selbst zuzuschreiben
(MK
II,
90).
Bei einem groen Teile der Bibelstellen, bei denen IBN KasPI
Schlagwort anwendet, handelt es sich um Eigentmlichkeiten
der biblischen Diktion, syntaktischer oder rhetorischer Natur, von
denen Ibn Kaspi mit seinem Schlagworte feststellt, da sie dem hebrsein
ischen Sprachgebrauche und den Regeln der Logik gleicherweise ent-
Solche Eigentmlichkeiten sind: Der Gebrauch des Singudes Plurals (zu I Sam 4, 15; Jes 3, lO; Echa 4, 16).
sprechen.
lars
statt
Wechsel von Femininum und Maskulinum
Status
constructus
fr
(Jes 53, 10;
absolutus (Arnos
Status
des Imperfektum (Jes 33, 20; Obadja
statt
4).
Ruth
6, 6).
2,
21
3).
Imperativ
Weglassung des
5 \v:n:i> 'inj^a.
Es
'
ist
ntig zu beachten, da unter Logik der ganze
telischen Organons, also
'
wie
"13
aristo-
ist.
In dieser isoliert dastehenden Auffassung wre bK>in 1:2 eine Kombination
-ipn n"7ij?
Wort
auch Rhetorik inbegriffen
Umfang des
als
KK
(Deut
21, 3. Jes 21, 10).
Kamelnamen
II,
6: D-^nva
hnlich erklrt Ibn Esra, nur da er das
auffat.
nach
Til-ipi,
V.
8.
BACHER, JOSEPH IBN KASPI ALS BIBELERKLRER
Verbums des
Seins (Jer 19,
drucksvveisen
(I
Sam
Hos
i;
8,
Andere
i ').
Arnos
27, lO; Jesaja 3, 6;
I29
elliptische
Echa
3, li;
i,
Aus-
14).
Hyperbolische Ausdrucksweisen (Jos 2, 1 1 Jerem 52, 20; Arnos 4,9).
Tropen verschiedener Art (Jes 58, 7; Jer. 'jj, 6; Hosea 7, i; Joel i,
;
Echa
3;
Frage im Sinne der absoluten oder relativen NegaUmschreibende Redeweise (Jer 3, ii).3
tion (Jes 49, 15).*
Zu Jes I, 10 bemerkt Ibn Kaspi die Anrede Frsten Sodoms",
Volk Amoras", sei den Kennern des Hebrischen und der Logik
16).
I,
leicht verstndlich;
ebenso liege
fr dieselben keine Schwierigkeit in
dem Umstnde,
da der Prophet erst (V. 9) das Schicksal Jerusalems und Judas von dem Sodoms und Amoras unterscheidet und
Auch sonst
dann sie Sodom und Amora gleichstellt (AK I, 81).
da richtiges Schriftverstndnis nur von Kennern des
Hebrischen und der Logik erwartet werden kann.'^
betont
er,
Einige
6.
Die
alte
Normen der Bibelexegese.
tannaitische
der heiligen Schrift,
die
Norm von
der menschlichen Redeweise
ursprnglich nur auf sprachliche Erschei-
nungen der Bibeltexte bezogen wurde, spter aber (vom
hundert
an), in erweiterter
Anwendung
10.
Jahr-
namentlich auf die Anthropo-
morphismen und Anthropopathismen der
zu einem obersten
Bibel,
auch bei Ibn Kaspi
im Vordergrunde. Er ist auch hierin ein Schler Maimunis. Von
den sieben Geboten", die er denen ans Herz legte, die sein Buch
Prinzip der rationellen Bibelexegese wurde, steht
des Geheimnisses" (der erste
Kommentar zum
wollen,
folgende
enthlt
das
fnfte
Pentateuch) studieren
uerung ber jene Norm:
Dieser Satz unsrer Weisen lst die meisten Zweifel in der Thora,
wegen
seiner groen Allgemeinheit;
oberstes Prinzip,
ein
AK
onbll ?,
*
'J?n
MK
D^is"?
alle
sie
lst."^
mchte ich sagen, es ist
Er zitiert den Satz z. B.
84 \\'''^T\'y\ nava n-iDnb pas nix'Sn ni^o
Vgl. folgende Seite, Anm. 3.
II
AK 162 rin-'sn j^ican
AK II, 3 mi.T' nj?nn lox
I,
AK
'jm
das
fast
II,
23: ]Vin2i
"ynv.
MK
I,
49.
nipBon
nn
ebnioi j?i03n by
in
dk psi n^nty 103
nays 72.
Erweitert durch die
II, 3: nin'?N3i j?2t32i
5
"jy
Tri :iD Kin
]rinni
naya
"iTia h"\ li^arna
Ib.
I,
n"-" nsitr isn
h\^
mi" nenn
x.'i.
p-'jnn ni najrn n:
\vir\i\
-isi
nayn
]','7n nt ]i3J
'im 'yn j^sid
'p3.
"pa inw
ini'j'72'?
nsa npis
MK
Nennung der philosophischen
"icKon nn
nm ayas mn
80
-'S
II,
-jz-.
Disziplinen
".
.an 'ia
'iit!;'?D
min
mm
minsB?.
V'?
na
\ih\
FESTSCHRIFT COHEN
130
Hier bemerkt er nnilich, der Ausdruck ^^y)
sei vermge der Norm von der menschlichen Redeweise auch von
Gott ausgesagt (Exod 30, 17); ferner, da(i er ebenso auch den AusII
Sam
druck
"lt^3i
ZU
i6, 14.
Richter
liJpm,
Mit dieser letzten Bemerkung
besonders auffallend
16 nicht
10,
zielt
er auf das
Targum,
in
finde.
dem
Ausdruck gar nicht bersetzt ist und weist stillschweigend
^
klrung Maimunis (Moreh I, 41) als unntig ab.
der
die Er-
Mit besonderem Nachdrucke betont Ibn Kaspi die Integritt
des Bibeltextes gegenber der besonders von Abulwalid Merwan
Ibn Ganach in systematischer Weise angewendeten Annahme fehlender
Wrter oder von Wortvertauschungen. Die betreffenden Pforten (KaIbn Ganachs grammatischem Hauptwerke nennt- er Pforten
des Todes"; er klagt auch Abraham Ibn Esra und David Ibn
in
pitel)
Kimchi dessen an, da sie hierin oft Ibn Ganachs Beispiel befolgten.
Er selbst betrachte es als Snde, in den heiligen Bchern irgendeine Vertauschung oder einen Wegfall oder eine Vernderung anDie einzige Ellipse, die er zugesteht, ist der Wegfall
zunehmen. ^
von Funktionsbuchstaben und der des Verbums sein; wie z. B. zu
Exod 20, 16, wo vor "Ipti' 1)^ zu ergnzen sei rwvh. Fr diese Art
der Ellipse beruft sich Ibn Kaspi auf Aristoteles. 3
bemerkt Ihn Kaspi zu Jes 61, 6, no^nn so
erklren, da der erste Wurzelbuchstabe anstatt des N (in nn"',
Ps 44, 4) gesetzt ist; denn einen solchen Konsonantentausch gibt es
im Hebrischen nicht; vielmehr gab es eine besondere Wurzel "l^
Man
darf nicht,
im Hebrischen. Htten wir alle von unseren Vorfahren verfaten
Bcher in unseren Hnden, wir fnden mehr Beispiele dieser Wurzel
(AK
l,
182 f.).
Mit der
Norm von
der menschlichen Redeweise der Bibel ver-
bindet Ibn Kaspi als zu ihr gehrend die ebenfalls alte tannaitische
S.
auch
MK
162 (zu
II,
3" sbx n^-'annn n\nnin ^nv^
AK
Exod
10,2): Kiniy
lanb
bb:>
"jiii
1ID3
nt
Dix
nbn
^31
'3
]'\\ifb^
iitr"?
min min
"jssi
]:)h)
n3j?3 ipj;n
xanx ']') n"'Dmpn D'tr-in niVT3 D'tau lanix 1" n-ii
HB'y nxji pN D3nni D"n D\n'?x '"inn vipn nsD '?33 'Ut^i ]nDni mian oitr taiscxi ^^b
n-'ai mipD n? ita'ja n"? ""npri psi s-nj> p D3nn nii ni nytj' d'3"i d^vw nt b:>2,
Gegen Ibn Ganachs Wortvertauschungen s. bei AK I, 45 (zu I Kn 2,28).
2
I,
141
(2M34,
13):
MK
II,
208 nibi
ns-'bn IBD^-IK ni "i-Tinw
Kaspi auch
I,
36.
S.
die als
nrni pn D^2in33 pon w mix b "'3 i^nyTin 133
mN-'SDn. Unter .Wrtern des Seins" versteht Ibn
tt'ioiffn
i3l
Copula dienenden Demonstrativpronomina
auch vorige
Seite,
Anm.
i.
in, K\n
s.
MK
BACHER, JOSEPH IBN KASPI ALS BIBELERKLRER
Norm von
die
Worte
bemerkt
in
der hyperbolischen Redeweise der Bibel.
Exod lo, 23:
Wie oft soll
in
er:
Es gengt
In Hezug auf
standen keiner von seinem Orte auf
ich es wiederholen? Die Thora spricht
sie
hyperbolischer Redeweise,
Redeweise.
I31
die
Thora
spricht
in
menschlicher
ein Beispiel statt vieler tausender, allerdings
nur fr die Einsichtigen, die stets die Weisheit anstreben und die
in
dem berwiegenden
Menschen
Teile
ihrer
Zeit
denkende
sind.'
Menschen und
7.
Pflanzen.
Aus den Einzelexegesen Ibn Kaspis
gehoben
Wirklichkeit
in
sei
zum Schlsse
hervor-
merkwrdige Auseinandersetzung zu Deut 20, 19.
Sie lautet: Eine der Ursachen fr das Gebot der Thora, mit den
anderen Lebewesen Mitleid zu haben,* ist nach meiner Meinung die
Absicht, uns zu lehren, da wir Menschen ihnen sehr nahe verwandt
sind, da wir und sie Kinder Eines Vaters sind, da wir unter dienchste Klasse
selbe
was
seine
die groe
Wesen
der
Menge, was
gehren, ^ entgegengesetzt
dem
die der Wissenschaft der
Natur Baaren
denken, denen infolge dessen die Kenntnis vieler Wahrheiten verborgen bleibt und die dadurch einem auf Irrtum beruhenden Hochmute verfallen. Die Thora geht aber noch weiter, indem sie uns
zu wissen gibt, da wir auch mit den Pflanzen in eine Klasse gehren wir sollen erkennen, da wir und die Kruter, wie Kohl und
Lauch, Brder sind und unser Vater Einer ist.
Darum verbietet
uns die Thora, Fruchtbume zu fllen mit Hinzufgung der Begrndung: denn der Mensch ist ein Baum des Feldes, womit gesagt sein
;
Mensch gehrt mit dem Baum des Feldes unter die
Klasse der Pflanzen. So sagt auch der Prophet (Jes 40, 6):
Menschen sind Gras; und unsere Weisen sagen (Erubin 54a):
der
soll:
eine
alle
die
Menschenkinder gleichen den Pflanzen des Feldes. Sowie
fhrt
dann IBN Kaspi weiter aus
in dem vorhergehenden Gebote (Deut
20, loff.)
die
Schonung der
Lebewesen befohlen
==
MK
II,
166:
mx
wird,
-"in
in
der
belagerten
so wird hier die
ptyba 'n
'i "'Kan
\\^h2 niin
Stadt befindlichen
Schonung der Pflanzen
mm
ni^v "ax
noans nnpit^n
d-'Ojjb nt53
ny
D"'ino'? is d-'B^k ^h:! nnx "ptTDa ni.
* Hier verweist er auf den Satz des Talmuds (Sabbath 128b): Rcksicht
auf das Leiden der Lebewesen ist biblisches Gebot.
3 nnx aiipn 13J1D '3 Die Menschen und die anderen Lebewesen gehren unter
die eine Klasse der Lebewesen.
"jyEsa n'''?"'2tt'o
on^aoi 1112 dhdi i^K>n
9*
FESTSCHRIFT COHEN
132
Ganz kurz
Ibn Kaspi den hier
dargelegten Gedanken im Kommentar zu Jerem 5, 10 so aus: Weil
die Pflanze diejenige Klasse der Wesen ist, zu der auch der Mensch
gehrt, pflegen die Propheten die Menschenkinder mit Ausdrcken
zur
gemacht.
Pflicht
'
Bume und Kruter
fr Pflanzen,
spricht
zu bezeichnen. *
Kaspi begrndet zwar die Zusammengehrigkeit von
Pflanzen und Menschen damit, dali die Wesensklasse der Pflanzen
auch die Gattung der Menschen in sich einschliet, da, logisch betrachtet, die Menschen Pflanzen sind; aber neben diesem Argumente wird bei ihm die tiefere, ans Mystische streifende Betrachtungsweise vernehmbar, wonach alle Lebewesen Brder des Menschen sind, gleich ihm Kinder des einen Vaters: Gottes; und ebenso
sind Menschen und Pflanzen Brder, Kinder des Vaters, der sie alle
Ibn
Dasein
ins
Weise an
ASSISI,
rief.
Diese Betrachtungsweise
die bekannte
den Wolf
der
Dem
Brder bezeichnete.
anvertraut war, befahl
er,
auffallender
in
FrnCISCUS VON
Bruder anredete und die Blumen als
Anschauung des
als
erinnert
dem
Klosterbruder,
nicht nur fr zur
heiligen
die Pflege des Gartens
Nahrung dienende Gewchse
zu sorgen, sondern einen Teil des Gartens
frei
zu lassen, damit in
nach der Jahreszeit Pflanzen wchsen, denen unsere
Schwestern, die Blumen entsprieen. 3 Franz VON ASSISI (starb 1226)
Ob dieser Kenntnis von den
lebte hundert Jahre vor IBN Kaspi.
Ideen des christlichen Heiligen hatte und bei der hier in Frage
stehenden Anschauung von ihm beeinflut war, wage ich nicht
ohne weiteres anzunehmen.
Die Mglichkeit eines solchen Einflusses ist vorhanden, da Ibn Kaspi mit christlichen Priestern persnlich verkehrte, auch Lateinisch verstand und wohl auch christliche Schriften las.^ Jedenfalls tritt bei Ibn Kaspi zu der mit Franz
demselben
MK
nninn
je
Nur
35 f.
einige Stze seien hier
nnx 2
D^nx mtnni ansn iod nipn\ni iiniKty
.
ini:"? nt p-'SDn
bi
"'in
im Original angefhrt:
on. lin: ni cnb D-'nnp
j;n:ty nj?
nos
ijniKB' n'?'?33 liynin
"is
nj?
1310^^
lan:
vniso
"3
bbz-y
-in u-'nxi.
'
AK
II, 4:
mxn
'ia
niia"?
d'?d D''"'33n
lini
dj mx"? jid
nosn nrn inva
hortum dicebat ut non totam terram
coleret solum modo pro herbis comestibilibus, sed aliquampartem terrae dimitteret
ut produceret herbas virentes, quae temporibus suis producerent fratres flores.
Speculum Perfectionis. ed. Sabatier (Paris 1898) p. 231. Den Nachweis dieser
Stelle verdanke ich der Freundlichkeit meines Kollegen Professor A. Balogh.
S. meine eingangs erwhnte Abhandlung in der Monatsschrift, 1912, S. 20g ff.
3
Similiter etiam fratri, qui faciebat
BACHER, JOSEPH IBN KASPI ALS BIBELERKLRER
I33
ASSISI gemeinsamen Idee von dem Bruderverhltnis zwischen
Menschen und Pflanzen der ausdrckliche Hinweis auf die Quelle
VON
dieses Verhltnisses,
Mgen
den Vater im Himmel,
hinzu.
diese Mitteilungen aus den Schriften eines alten philo-
sophischen Bibelexegeten dem hochverehrten Jubilar, der aus der
Flle seiner philosophischen Lebensarbeit auch die Gedankenwelt
unserer Bibel beleuchtet hat, als
kommen
sein.
Gabe
aufrichtiger
Huldigung
will-
Die Beziehungen der maimonidischen
Religionsphilosophie zu der des
Abraham
ibn Daud.
Von Jacob Guttmann.
n der Feier des siebenzigsten Geburtstages von HERMANN COHEN
drfen auch die Vertreter der Wissenschaft des Judentums nicht
teilnahmslos vorbergehen. Als deutscher Philosoph, als der hervor-
ragendste und tiefgrndigste Fortbildner der das deutsche Geistesleben noch immer so mchtig beherrschenden Kantischen Lehre
gehrt unser Jubilar der deutschen Wissenschaft und
dem
deutschen
Volke an. Aber wir Juden sind stolz darauf, diesen deutschen
Denker auch den unsrigen nennen zu drfen, und mit noch grerem
Stolz erfllt es uns, da dieser gefeierte Meister der Wissenschaft
zu aller Zeit mit der ihm eigenen Herzenswrme seine innere Zugehrigkeit zum Judentum bekannt, da er es als seine wissenschaftliche und als seine sittliche Pflicht erachtet hat, in dem die Ehre
des Judentums und vielleicht mehr noch die des deutschen Volkes
entwrdigenden Kampfe,
der
gegen uns gefhrt
wird,
mit uner-
schrockenem Mannesmut nicht nur fr die Wahrung der staatsbrgerlichen Rechte der Juden, sondern auch, was wir noch viel
hher anschlagen, fr die Anerkennung der Daseinsberechtigung des
Judentums, seiner Kulturaufgabe und seiner noch immer nicht abgeschlossenen
weltgeschichtlichen
solchen Aufgabe
Mission
einzutreten.
Zu
einer
war HERMANN COHEN besonders berufen durch
seine Vertrautheit mit
dem
jdischen Schrifttum, zu der er
in
seiner
Jugend einen sicheren Grund gelegt hatte, und die er, auch als ihn
sein Entwicklungsgang ganz anderen Gebieten zufhrte, unablssig
zu erweitern und zu vertiefen bemht war. Davon legen auch einige
Abhandlungen Zeugnis
ab,
die,
der Geschichte der jdischen Reli-
gionsphilosophie gewidmet, deren Verstndnis und Wrdigung auch
In
in weiteren wissenschaftlichen Kreisen zu frdern geeignet sind.
FESTSCHRIFT COHEN
36
Abhandlungen, in der er mit tiefeindringendem Scharfsinn die Ethik des Maimonides beleuchtet, wobei er freilich, wie das
nun einmal in der geschlossenen Art seines Denkens liegt, die Anschauungen dieses geistesmchtigsten Vertreters der jdischen Religionsphilosophie des Mittelalters ein wenig umbiegt und sie seinem
einer dieser
Gedankensystem anzupassen sucht, hat CoHEN mit besonderem Nachdruck auf Abraham ibn Daud aus Toledo als den
Vorgnger des Maimonides hingewiesen.' So sei es mir gestattet,
mich an dieser von den Vertretern der Wissenschaft des Judentums
unserem verehrten Jubilar dargebrachten Huldigungsgabe mit einem
eigenen
kleinen Beitrag zu beteiligen, der die Beziehungen der maimonidischen
Religionsphilosophie zu der des
In
des
Abraham
ibn
Daud
behandelt.
Kapitel des More, das er seiner Darstellung der Lehren
dem
Kalam gleichsam
als
geschichtliche
Einleitung vorausschickt,'
Maimonides, nachdem er zuerst von dem Einflu gesprochen hat, den der Kalam, die Lehren der Mutakalimun und der
Mutaziliten, auf einige der Gaonim und auf die Karaeer ausgebt
htte ,3 da sich seine andalusischen Glaubensgenossen alle den
Philosophen angeschlossen htten und zu deren Ansichten hinneigten,
soweit diese nicht mit den Grundlehren der Religion im Widerspruch
bemerkt
da sie dagegen in keiner Beziehung in den Wegen der
Mutakalimun gewandelt wren.* Darum zeige sich in dem wenigen,
was von ihren neueren Schriftstellern brig geblieben sei,s in vieler
Beziehung eine bereinstimmung mit dem System, das er im More
stnden,
Wie
vortrage.^
diese von
Maimonides gegebene Charakteristik der
H. Cohen, Charakteristik der Ethik Maimunis, in dem von der Gesellschaft zur Frderung der Wissenschaft des Judentums herausgegebenen Sammelwerk: Moses ben Maimon. Sein Leben, seine Werke und sein Einflu (Leipzig
^
1908)
I,
S. 78
f.
More I. Kap. 71 (MUNK, Guide I, S. 337338)3 Vgl. Jacob Guttmann, Die Beziehungen der maimonidischen Religionsphilosophie zu der des Saadia, in der Festschrift zu Israel Lewys siebzigstem Ge'
burtstag (Breslau 191
1) S.
311
ff.
Zaddik und bei Bachja ibn Pakuda an kalamistischen Einflssen nicht fehlt, hat schon MuNK bemerkt (Guide I, S. 339 not. i).
5 Danach htte es in Spanien neben den uns bekannten noch viele andere
religions-philosophische Schriften gegeben, die schon zur Zeit des Maimonides
verloren gegangen wren. Merkwrdigerweise wird aber solcher Schriften in
der uns erhaltenen Literatur nirgendwo Erwhnung getan.
^ Schrifterklrungen von Andalusiern werden von Maimonides zitiert More I,
Kap. 42 (Guide I, S. 149 f.) und Kobez (Gutachtensammlung ed. LICHTENBERG)
4
I,
Da
es auch bei Josef ibn
Fol. 18, kol. d.
GUTTMANN,
D.
BEZIEHUNGEN
D.
MAIM. RELIGIONSPHILOSOPHIE USW. I37
andalusischen Denker auf keinen seiner uns bekannten Vorsfncrer
in
dem Mae
wie
Abraham
auf
ibn
Daud
zutrifft,
so drfte auch
von Maimonides selber zugestandene bereinstimmung seiner im
More vorgetragenen Lehren mit denen der jdischen Andalusier bei
keinem in dem Umfange wie bei Abraham ibn Daud nachzuweisen
Im Gegensatz zu Salomon ibn Gabirol, Bachja ibn Pakuda,
sein.
Abraham bar Chijja, Josef ibn Zaddik und Abraham ibn Esra, die
zwar einzelne Elemente der aristotelischen Philosophie aufalle
genommen haben, in ihren Grundanschauungen aber mehr oder
minder dem Neuplatonismus huldigen, und zu Jehuda Halewi, der es
prinzipiell ablehnt, die Lehren des Judentums irgendeinem philosophischen System anzupassen, darf Abraham ibn Daud als der erste
Aristoteliker unter den jdischen Religionsphilosophen bezeichnet
werden. Mit einer umfassenden, auch auf die ferner liegenden
die
naturwissenschaftlichen
Schriften
Aristoteles ausgestattet, entwickelt
erstreckenden
sich
Abraham
ibn
Kenntnis des
Daud
in
der Dar-
und schwierigsten Probleme der peripatetischen Philosophie einen so ungewhnlichen Scharfsinn, da ihn ein
so ausgezeichneter Kenner dieser Philosophie wie Chasdai Crescas
mit den hervorragendsten Kommentatoren des Aristoteles auf eine
Linie stellt.' Ebenso vertraut wie mit den Schriften des Aristoteles
ist Abraham ibn Daud mit denen der arabischen Aristoteliker,
die
er so hoch stellt, da er sie mit demselben Ehrennamen, den er an
einer Stelle auch dem Aristoteles beilegt,^ gewhnlich als die wahren
Philosophen" oder als die Mnner der wahren Spekulation" bestellung
der dunkelsten
zeichnet.3
Auf der Grundlage der
arabisch -aristotelischen
Philo-
sophie baute sich auch das religionsphilosophische System auf, das
Daud
in
Darstellung bringt;
in
Abraham
ibn
seinem Buch
ihm besitzen
vom Erhabenen Glauben"
wir den
ersten Versuch,
zur
die
Grundanschauungen der aristotelischen Philosophie den Lehren des
Judentums anzupassen und so zu einer bereinstimmung zwischen
Religion und Wissenschaft zu gelangen.
In seinem Standpunkt als
Aristoteliker wie in seiner Tendenz, die Lehren des Judentums mit
denen der arabisch-aristotelischen Philosophie in Einklang zu bringen,
mit
Abraham
ibn
Daud bereinstimmend,
ist
Maimonides, wie wir
Chasdai Crescas, Or Adonai, Anfang des ersten Abschnitts. Vgl. GUTTMANN, Die Religionsphilosophie des Abraham ibn Daud aus Toledo (Gttingen
^
1879) S. 14.
*
Emuna Rama (ed. Weil, Frankfurt a. M.
Vgl. GUTTMANN a. a. O. S. 15, A.6.
1852) S. 42, deutsche bers. S.53.
FESTSCHRIFT COHEN
138
Abraham ibn Daud
berhmte Verfasser des More hat es
zeigen werden, in wesentlichen Punkten durch
beeinflut
worden
ja,
der
nicht verschmht, sich zuweilen die Ausfhrungen seines Vorgngers
nicht nur ihren
Grundgedanken nach, sondern
bis in ihre einzelnen
Zge anzueignen.^
Schon auf die Form der Darstellung und auf die Verteilung des
Stoffes im More ist vielleicht das Vorbild des Emunah Ramah nicht
ohne Einflu geblieben. Wir halten es wenigstens fr kein zuflliges
Werk des Maimonides
die Form einer an einen
Zusammentreffen, da das
Abraham
ibn
Daud
in
gleich
dem
des
jngeren Freund
und ebensowenig,
da jedes der
beiden Werke in drei Hauptabschnitte zerfllt, in die auch der Stoff
in vielfach bereinstimmender Weise verteilt ist, wenn "sich auch
Maimonides selbstverstndlich an sein Vorbild nicht geradezu gebunden hat.3 Diese Vermutung einer gewissen Abhngigkeit auch
in der ueren Form wird an Wahrscheinlichkeit gewinnen, wenn
gerichteten Epistel gekleidet
ist,^
wir uns durch den folgenden Nachweis davon berzeugen, wie zahl-
und bedeutsam die Anregungen sind, die Maimonides in sachlicher Beziehung dem W^erke des Abraham ibn Daud zu verdanken hat.
Wie fr Abraham ibn Daud, so besteht auch fr Maimonides
reich
Zweck aller menschlichen Erkenntnis in theoretischer Beziehung in der Erkenntnis Gottes. Die Beschftigung mit den
der letzte
anderen Wissenschaften, wie z. B. mit der Mathematik und der
Logik, so notwendig und unerllich sie als Vorbereitung fr die
Gotteserkenntnis sein mag, hat doch an sich keinen Selbstzweck
und ist nur insofern von Wert, als sie zur Erreichung der GottesMit
erkenntnis beitrgt.*
Abraham
ibn
Daud stimmt Maimonides
GUTTMANN a. a. O. S. 9. Vgl. auch COHEN a. a. O. S. 79Derselben Einkleidung bedient sich allerdings auch Josef ibn Zaddik
seinem Mikrokosmos".
Vgl.
'
GUTTMANN a.
Emuna Rama S. 45,
Vgl.
3
4
More
I,
Kap. 34 (Guide
I,
a.
O.
S. II,
A.
2.
deutsche bers.
S. 119), II,
in
S. 57,
GUTTMANN
Kap. 23 (Guide
II,
a.a. O. S. 23, 116,
S. 181), III,
Maimonides Einleitung zu Abot, Kap.
Kap.
An
28, 51
der
letzt(Guide
nbyin
i\w nm
angefhrten Stelle heit es: nsDi ^lacnn n'pxB^a Nwn n'''?3n3 )b
n\T' ,1^X3 xsra nmni D'^ptDn n^'^CDi nDi:nn b m^Kwo nmn!? mbiiannm o-tannri
"Tiin typnn nv^'' yip -[b ib y^y^nj? ,nB"ion "smi "bscn nsn "jiim bzvn mn"? :l:^:sn
TT" m''SD nnc nyT'b nn V'i^t^ Tn n? ^b n\T1 in'?n. Hier schwebt Maimonides wohl
III, S. 214, 435),
5.
folgende Stelle bei Abraham ben Daud vor, Emuna Rama S. 45 nbsty "'0 onm
h
nv i^iTn ""pn nu'j) ntren 'jB'a'? nsi nt^K ""n id3 nntn n"'B'j>D3"i tbdo3 liot
:
GUTTMANN,
D.
BEZIEHUNGEN
D.
MAIM. RELIGIONSPHILOSOPHIE USW.
I39
da eine positive Erkenntnis des gttlichen Wesens
Menschen versagt sei. Im wahren und eigentlichen Sinne
berein,
darin
dem
knnen Gott nur negative Attribute beigelegt werden. Negative
Bestimmungen mgen aber wohl gengen, uns vor irrtmlichen Vorstellungen zu bewahren; niemals kann jedoch durch sie allein eine
positive Erkenntnis erlangt werden.*
Unsere Erkenntnis Gottes beschrnkt sich daher auf die Erkenntnis
vom Dasein
Gottes und auf
von der Unerkennbarkeit seines Wesens.^ Wie die
Sonne, so sagen beide, sich eines von arabischen und jdischen
Philosophen hufig angewandten Vergleiches bedienend,^ durch die
Kraft, mit der sie in die Erscheinung tritt, auf das menschliche
Auge eine blendende Wirkung ausbt, so bleibt uns auch Gott gerade wegen der Macht und Gewalt seiner Erscheinung unerkennbar.*
die Erkenntnis
Von
vorkommenden Gottes namen, so fhren
beide bereinstimmend aus, diente nur das Tetragramm in seiner
allen in der Schrift
gegangenen Aussprache als ausschlieliche Bezeichnung des gttlichen Wesens.
In der bei uns
blichen Aussprache (Adonai) jedoch wird dieser Name auch auf
die Engel angewendet.5
Wie Abraham ibn Daud weist auch Maimonides die Ansicht der Philosophen" zurck, da die Ausdehnung
eigentlichen,
nsna
insic''
uns aber verloren
nnnty nt^nv .b^yb
h n^2K)V HD naN2 Dna
nn*?
^'[p''
"mann
Dixi
nbub
n^onm
rmzwnn nosna d"dib
n^nsns
''jiKn
ity ,D''b3nn
E^^^pcn
]3i
,iBDi3n
naonn norn.
*
Emuna Rama
S. 51,
deutsche bers.
S. 56,
deutsche bers.
S. 65;
More
I,
Kap.
58,
Kap.
58,
59 (Guide
I,
S. 241, 252).
^
Emuna Rama
S. 241, 252).
Diese Lehre, bis zu
dem
More
59 (Guide I,
Alexandriner Philo hinaufreichend, kehrt
S. 71
I,
bei den arabischen und jdischen Philosophen hufig wieder (vgl.
ihr
Guttmann
Lewys siebzigstem Geburtstag, S. 320 321). Die Fassung, die
Abraham ibn Daud gegeben hat, kommt aber der des Maimonides am
in Festschrift zu
nchsten.
Guttmann, Die Religionsphilosophie des Abraham ibn Daud,
Die dort gegebenen Nachweise lassen sich noch erheblich vermehren.
4 Emuna Rama S. 53, deutsche bers. S. 67; More I, Kap.
59 (Guide I,
S. 252). hnlich auch bei Bachja, Herzenspflichten I, Kap. 9 (ed. Stern, Wien
1856) S. 7479, Jehuda Halewi, Kosari IV, 3, V, 21, ABRAHAM IBN ESRA, Jesod
More, S. 43 a; Dieterici (Lautere Brder) Anthropologie d. Araber S. 113, Mose
ibn Esra im Namen des Alfarabi in Zion (Hebr. Zeitschrift) II, S. 122123. Vgl.
3
Vgl.
S. 132, A.
I.
Steinschneider, Alfarabi
A.
am
I.
Auch
hier
kommt
Kaufmann, Theologie des Bachya S. 93
Fassung bei Abraham ben Daud der des Maimonides
S. 98, 247,
die
nchsten.
5
S. 268).
Emuna Rama
S. 83,
deutsche bers.
S. 105;
More
I,
Kap. 61 (Guide
I,
FESTSCHRIFT COHEN
I40
der gttlichen Vorsehung auch auf die sublunarische Welt oder gar
auf die singulren Dinge
in
unvereinbar
einheit Gottes
sei,
ihr
Lehre von der Wesens-
mit der
weil durch die Vielfltigkeit der ge-
wuten Dinge eine Vielfltigkeit auch in das Wissen und in das mit
ihm identische Wesen Gottes hineingetragen wrde. Diese Schlufolgerung, so meinen beide, beruht auf einer irrtmlichen Gleichstellung des gttlichen und des menschlichen Wissens, whrend in
Wirklichkeit das gttliche Wissen von dem menschlichen durchaus
verschieden sei und, wie Maimonides sagt, mit diesem nur den
Namen gemein
habe.^
Maimonides wie
bei Abraham ibn Daud die Darstellung der Theorie von den Bewegungen und der Beseeltheit der Himmelskrper. Daraus erklrt
sich ihre bereinstimmung in vielen Punkten dieser Lehre, wenn
Auf arabisch-aristotelischer Grundlage beruht
bei
auch die ziemlich drftige Darstellung des Abraham ibn Daud keinen
Vergleich aushlt mit der tiefen und grndlichen Behandlung bei
Maimonides, der neben den einschlgigen Schriften des Alfarabi und
des Ibn Sina auch die auf diesem Gebiete ziemlich reichhaltige
genssische Literatur
Auch
zum Gegenstand eingehender
zeit-
Studien gemacht
den Belegen fr die Schriftgemheit dieser Lehre
stimmt Maimonides mehrfach mit Abraham ibn Daud berein.
Auch in Betreff der Lehre von der Prophetie finden sich
mannigfache Berhrungspunkte, die auf eine Beeinflussung des Maimonides durch Abraham ibn Daud schlieen lassen. Wie nach
Abraham ibn Daud von einer Prophetie im strengen Sinne des
hat.^
in
-5
Wortes nur da
die
Rede
sein kann,
wo
die gttliche Mitteilung sich
Angelegenheiten der Gesamtheit bezieht, wogegen
Mitteilungen, die minder wichtige Angelegenheiten, oder
auf wichtige
solche
gar nur die eines Individuums betreffen,
sehen
sind,* so spricht
kaum
als
Prophetie anzu-
auch Maimonides, wie es scheint von dem-
selben Gesichtspunkte aus, so untergeordneten Personen, wie Hagar,
Manoach und
anderen, einen prophetischen
Rang
einmal einer gttlichen Vision gewrdigt worden
'
Emuna Rama
S. 87,
deutsche bers.
S. iio;
More
ab,
wenn
seien.s
III,
Kap.
sie
In
16,
auch
seiner
20 (Guide
III, S. 109, 147).
More
Kap. 9,24.
3 Vgl. GUTTMANN a. a. O. S. 115, A. I.
* Emuna Rama S. 71, deutsche bers. S. 89.
5 More II, Kap. 42 (Guide II, S. 323), More II, Kap. 35 (Guide II, S. 278)
fhrt Maimonides aus, da die Wunder der anderen Propheten nur einzelnen
*
Vgl.
II,
GUTTMANN,
psychologisch
D.
BEZIEHUNGEN
D.
MAIM. RELIGIONSPHILOSOPHIE USW. I4I
beraus interessanten,
die verschiedenen Stufen
der
Begabung
behandelnden Darstellung fhrt Abraham ibn Daud aus, da der Prophet zuweilen in einem spteren
Stadium seiner prophetischen Wirksamkeit von der niedrigeren
Stufe der Traumprophetie zu der hheren Stufe der Prophetie im
wachenden Zustand aufsteige. Es knne aber auch vorkommen,
da der Prophet vorbergehend von der Prophetie im wachenden
Zustand wieder zur niedrigeren Stufe der Traumprophetie hinabsinkt,
und zwar dann, wenn er beim Eintritt in die hhere Entwicklungsstufe der auf ihn einstrmenden Gewalt der prophetischen Erscheinung
erliegt und so, gewissermaen von einer Ohnmacht befallen, die
Fortsetzung der Erscheinung in einem Traumgesicht erblickt. Als
prophetischen
Beispiel dafr fhrt
an.
Whrend
Abraham
die bis Genes.
gesichte gewesen seien,
sei
ibn
15,
Daud den
Abraham
berichteten Erscheinungen
Abraham
zhlten Offenbarung zur Prophetie im
Wenn
Patriarchen
mit
Traum-
der an dieser Stelle er-
wachenden Zustand
gelangt.
demselben Kapitel heie, da Abraham
die Erscheinung beim Bundesopfer im Schlummer erblickt habe,
so sei darunter eben ein solcher durch eine Ohnmacht erzeugter
es trotzdem weiter in
Rckfall zu verstehen^
Eine hnliche Erklrung dieser Bibelstelle
findet sich auch bei Maimonides.^
Die Erwhlung zum Propheten
hat nach Maimonides wie nach Abraham ibn Daud zur Voraussetzung,
da sich
in
dem
betreffenden Individuum mit den erforder-
Begabung,
ein Charakter von makelloser Lauterkeit vereinige. Ganz besonderes
Gewicht, bemerkt Abraham ibn Daud, legt die heilige Schrift in
dieser Beziehung auf die Eigenschaften der Demut und der Wahrheits- oder Gerechtigkeitsliebe, zwei sittliche Vorzge, die bei Mose,
dem grten aller Propheten, zur hchsten Vollkommenheit entwickelt waren. Als Beleg fr Moses' Gerechtigkeitsliebe fhrt er
sein Eintreten fr den schuldlos angegriffenen Hebrer (Exod2, 13)
lichen geistigen Fhigkeiten eine hervorragende sittliche
Personen bekannt geworden
Freund und Feind geschehen
seien,
whrend
die
Wunder Moses'
ffentlich vor
seien. Vgl. Guttmann a. a. O. S. 168 a.
deutsche bers. S. 90.
' More II, Kap. 41 (Guide II, S.
314). Als Beweis dafr, da die dem Propheten erscheinenden sinnlichen Gestalten nur als in der Phantasie des Propheten
sich abspielende Vorgnge aufzufassen seien, beruft sich Maimonides More II,
^
Emuna Rama
S. 72,
Kap. 46 (Guide II, S. 353) in bereinstimmung mit Abraham ibn Daud Emuna
Rama S. 73, deutsche bers. S. 91 auf Ezech. 8, i 8, wo der im Exil weilende
Prophet sich nach Palstina versetzt glaubte, was doch offenbar nur eine Vision
sein konnte.
FESTSCHRIFT COHEN
142
und
fr
Rcuels Tchter (Exod
3,
17) an,*
Auf
diese Beispiele beruft
sich bei derselben Gelegenheit auch Maimonides.*
Eine
Beeinflussung
durch
Abraham
ibn
Daud
tritt
uns
bei
Maimonides auch in seiner Begrndung der Theodicee entgegen.
Die Frage, wie das Vorhandensein des Bsen in der Welt zu erklren und mit dem Glauben an das Walten einer gttlichen Vorsehung zu vereinigen sei, wird von Maimonides in bereinstimmung
mit Abraham ibn Daud so gelst, da Gott wohl als der Urheber
alles Guten, des Positiven und Realen in der Welt, zu betrachten
sei, da es dagegen im Begriff des Bsen als einer Privation, der
Abwesenheit alles Guten und Realen, begrndet sei, keinen Urheber zu haben. Gott als das absolut Seiende schafft- das Sein;
alles Sein aber ist gut.
Das Bse jedoch, insofern es bse ist, hat
seinen Grund in der Materie, die als das Nichtseiende der Grund
UnvoUkommenheit
aller
in
der Welt
ist.3
Wie
in
diesem Grund-
gedanken, der, seinem letzten Ursprung nach auf Plato zurckgehend,
sich allerdings, wenn auch nicht in solcher Schrfe, schon bei Saadia
und bei Alfarabi und Ibn Sina findet,+ so berhrt sich Maimonides
auch in vielen Einzelheiten mit den Ausfhrungen des Abraham ibn
Daud. Gleich Abraham ibn Daud bestreitet auch Maimonides die
Ansicht, da das Bse in der Welt das Gute berwiege.s Als
wirkliche bel knnen nach Abraham ibn Daud nur solche Mngel
angesehen werden, in Folge deren ein Ding nicht zu derjenigen
Vollkommenheit gelangt, die ihm seiner Natur nach zukommen
mte. Dagegen knnen solche Mngel, die sich mit Notwendigkeit
aus der Natur eines Dinges ergeben, nicht als bel bezeichnet
werden.^ Ebenso lehrt Maimonides, da alle angeblichen UnvoUkommenheiten des Menschen, die daher stammen, da der Mensch
ein materielles Wesen ist, nicht als bel zu betrachten seien."
Gar manches, was wir als ein bel ansehen, so fhrt Maimonides
wiederum in bereinstimmung mit Abraham ibn Daud aus, erscheint
uns nur deshalb als ein solches, weil wir die Dinge immer nur ab-
gesondert fr sich oder
'
Emuna Rama
Beziehung zu einem einzelnen
deutsche bers. S. 94.
More II, Kap. 45 (Guide II, S. 336).
Emuna Rama S.93 94, deutsche bers. S. 1 19
Vgl. GUTTMANN a. a. O. S. 199.
Emuna Rama
Emuna Rama
More
III,
Indi-
S. 75,
in ihrer
deutsche bers.
O.
S. 94,
a. a.
Kap. 12 (Guide
III, S. 71
f.).
S. 120;
120; More
More
III,
III,
Kap.
Kap. 10
12.
12.
GUTTMANN,
BEZIEHUNGEN
D.
MAIM. RELIGIONSPHILOSOPHIE USW.
D.
I43
viduum und nicht in ihrem Zusammenhang mit dem Universum beUnter diesem Gesichtspunkte betrachtet, wrden uns die
trachten.
Dinge in ganz anderer Gestalt erscheinen, und wir wrden an ihnen
irgendein Moment entdecken knnen, das uns ihre Zweckmigkeit
fr das Ganze oder doch wenigstens die Naturnotwendigkeit ihrer
Existenz erkennen
Was
liee.''
das Problem der Willensfreiheit des Menschen
betrifft,
so lehren beide, da durch das Wissen Gottes die Natur des
nicht aufgehoben werde;
lichen
eben
als
Gott wisse das wahrhaft Mgliche
da sich die
solches, so
Mg-
Willensentschlieung
freie
des
Menschen dabei noch immer bettigen knne.^ Gegen die Annahme,
da Gott alles vorausbestimmt und nichts der freien Entschlieung
des Menschen berlassen habe, erheben beide den Einwand, da
dann jeder Trieb zur Selbstttigkeit im Menschen unterdrckt und
er auch die fr die Erhaltung seines Lebens notwendigen Verrichtungen unterlassen wrde.3 Ebenso wrde diese Annahme auch auf
das religise und sittliche Verhalten des Menschen den nachteiligsten
Einflu ausben, indem dadurch der Glaube erzeugt wrde, die
Glckseligkeit des Einen wie die Verdammnis des Anderen seien
durch gttliche Vorherbestimmung unwiderruflich entschieden und
demgem sei eine Einwirkung des Menschen auf sein Schicksal
ausgeschlossen."^
Mit Jehuda Halewis und
Abraham
Daud
ibn
unter-
scheidet Maimonides unmittelbar von Gott ausgehende Wirkungen,
natrliche,
das heit durch das Naturgesetz bedingte,
vom
freien
Willen des Menschen ausgehende und accidentielle oder durch einen
Auf die zuflligen und durch
Zufall herbeigefhrte Wirkungen.^
Vorkehrungen des Menschen abwendbaren W^irkungen beziehen sich,
wie Abraham ibn Daud bemerkt, die in der Schrift gebotenen
Verordnungen, da der Zaghafte und der Neuvermhlte von der
Teilnahme an einem Feldzuge entbunden werden sollten und da
das Dach eines neuerbauten Hauses zur Verhtung von Unfllen
EmunaRama S. 95, deutsche bers. S. 121 More III,
Vgl. GUTTMANN a. a. O. S. 203, A. i.
Emuna Rama S. 96, deutsche bers. S. 123; More III,
S. 68).
^
Kap. 12 (Guide
III,
Kap. 20 (Guide
III,
S. 151).
3
MANN
Emuna Rama
a. a.
das.;
O. S. 207, A.
Emuna Rama
Kosari V,
Emuna Rama
S.
Maimonides
Einleit.
zu Abot, Kap.
8.
Vgl.
GUTT-
i.
das.,
Maimonides
das.
Vgl.
Guttmann
a. a.
20 (ed. Cassel, S. 416).
das.,
More
III,
Kap. 48 (Guide
III, S.362f.).
O.
S. 208.
FESTSCHRIFT COHEN
144
umgeben
mit einem Gelnder zu
sei.'
Dieselben Schriftverordnungen
werden bei der Errterung der Lehre von der Willensfreiheit auch
von Maimonides angefhrt.^
Wie fr Abraham ibn Daud, so bildet auch fr Maimonides
die Erkenntnis Gottes die notwendige Vorbedingung der Liebe zu
Gott;^ beide stimmen darin berein, da die rechte Erkenntnis Gottes
und seiner Eigenschaften mit Notwendigkeit zur Liebe Gottes fhren
hnlich wie Abraham ibn Daud teilt auch Maimonides
mte.*
smtliche Gebote der Schrift in drei Gruppen: i. in solche, die sich
auf den Glauben, 2. in solche, die sich auf die Sittlichkeit und
3.
solche,
in
auf die Pflichten des Gesellschaftslebens be-
die sich
mssen nach Maimonides alle 613 Ge- und
Verbote der Thora eingereiht werden, so da ein jedes von ihnen
einem bestimmten Zwecke dient, denn Gebote ohne vernnftigen
Sinn und Zweck knnten -nicht, wie es von den Geboten der Thora
heit, als ein Zeugnis der Weisheit und Einsicht derjenigen gelten,
die sie beobachten.^ Auch zu dieser fr die maimonidische Auffassung
des Zeremonialgesetzes entscheidende Anschauung hat vielleicht Abraham ibn Daud insofern die Anregung gegeben, als nach ihm dem
Zeremonialgesetz gegenber der Glaubenslehre, der Sitten- und Gesellschaftslehre des Judentums eine nur untergeordnete Bedeutung zukommt, weil es, fr unsere unzulngliche Einsicht wenigstens, vielfach
einer vernnftigen Begrndung entbehrt. Soweit sich aber fr die Zeremonialgesetze ein Grund nachweisen lt, sind sie gar nicht als eine
besondere Gruppe zu betrachten, sondern im Hinblick auf die ihnen
innewohnende ethische Tendenz dem Sittengesetze beizuzhlen.7
ziehen.s
'
Emuna Rama
Einleit. zu
Emuna Rama
das.
Abot, Kap.
S. 100,
8.
deutsche bers.
Vgl. Mischne Thora, Jesode
S. 215).
a. a.
In diese Gebote
Emuna Rama
O.
S. 104,
More
das.,
III,
Thora
S. 128;
II,
More
III,
Kap. 28 (Guide
III,
2 f.
Kap. 52 (Guide
III,
S. 454).
Vgl.
COHEN
der bei Maimonides sogar eine Identitt der Erkenntnis und der
Liebe Gottes konstatieren
Emuna Rama
will.
deutsche bers. S. 131 More III, Kap. 31 (Guide III,
S. 248). Maimonides fat die beiden bei Abraham ibn Daud gesonderten Gruppen:
n^sn ninan und nvnon ninan, die Gebote der konomik und die der Politik, in
5
S. 102,
zusammen. Die Einteilung ist also nicht, wie RosiN (Ethik des Maiinonides
Abraham ibn Esra entlehnt, sondern geht auf Abraham ibn Daud
zurck. Vgl. auch Bacher, Die Bibelexegese Moses Maimnis S. 104, A. i.
6 More III, Kap. 31 (Guide III, S. 24748).
eine
S. 21) meint,
Emuna Rama
233 f.; COHEN a. a.
7
S.
S. 102,
O.
S.
deutsche bers.
78 f.
S. 131.
Vgl.
GUTTMANN
a. a.
O.
Die stoische Philosophie und die jdische Frmmigkeit.
Rabbiner Dr. BergmanN-B erlin.
und der jdische
Weise sind drei verschiedene Typen. Jeder von ihnen hat seinen
eigenen Charakter. Dennoch wer diesen Mnnern etwa in einer Stadt
Palstinas begegnet wre und ihren Vortrgen gelauscht htte, der
htte bald eine gewisse religise und ethische Verwandtschaft zwischen
Was das Handbchlein Epiktets, was die
ihnen herausgefunden.
Bergpredigt Jesu, was der Mischnatraktat mit den Sprchen der
Vter" lehren, trgt in vielen Punkten eine gleiche religise und
ethische Frbung. Einzelne Aussprche der Stoa, des Evangeliums
und der Agada stimmen inhaltlich, manchmal auch wrtlich berein.
Die bereinstimmung zwischen den Lehren der Stoa und des
Christentums ist schon im Altertum bemerkt worden. So schreibt
der Kirchenvater Tertullian: Seneca ist oft auf unserer Seite. Diese
bereinstimmung hat einen christlichen Schriftsteller veranlat, einen
Briefwechsel zwischen Seneca und Paulus zu erdichten und den stoischen
Philosophen darin zum Jnger des christlichen Apostels zu machen.
Der
Wegen
stoische Philosoph, der christliche Apostel
bereinstimmung ist im Mittelalter die Fabel entstanden, Epiktet sei fr das Evangelium gewonnen worden, er habe
jedoch unter dem Druck der Christenverfolgungen unter Nero und
Die
seinen Nachfolgern die christliche berzeugung verheimlicht.'
Frage der bereinstimmung zwischen der Stoa und dem Christen-
tum
dieser
der Neuzeit wissenschaftlich behandelt worden. Bald hat
das Neue Testament ^ bald die Stoa als den lernenden und
ist
man
in
Zahn, Der Stoiker Epiktet und sein Verhltnis zum Christentum,^ Erlangen und Leipzig 1895, S. 6. 33.
^ Baur, Seneca und Paulus, ZwTh 1858, 2. und 3. Heft.
^
10
FESTSCHRIFT COHEN
I^
empfangenden
Teil
hingestellt^;
zuletzt
sind
dagegen
Stoa
und
Christentum voneinander getrennt, die Differenzpunkte zwischen beiden scharf betont und die Originalitt und die Unabhngigkeit beider
worden^
Aber auch zwischen dem Judentum und der Stoa besteht in
schon
vielen Punkten eine bereinstimmung und eine Verwandtschaft:
Josephus schreibt, er habe sich der pharisischen Sekte angeschlossen,
kommt.^ Dieser
die der stoischen Schule unter den Griechen nahe
Frage ist jedoch bis jetzt eine wissenschaftliche Untersuchung nicht
Nur in ganz allgemeinen Urteilen haben einzelne
zuteil creworden.
Forscher auf die bereinstimmung zwischen dem Judentum und der
Stoa hingewiesen und die Abhngigkeit des Judentums von der Stoa
festgestellt
behauptet. So schreibt BOUSSET: berall (im Sptjudentm) finden
Ethik,
wir eine auerordentliche Bereicherung und Verfeinerung der
teilweise nicht ohne direkten Einflu der humanen sptgriechischen
durch stoisch-kynische Wanderprediger auf den
Gassen und Mrkten verkndigt, jedermann zugnglich war." Noch
bestimmter urteilt Bertholet, das Sptjudentum sei vom Griechentum, besonders aber von der Stoa beeinflut worden; es lassen sich
Popularethik,
die
ganz betrchtliche Einflsse der griechischen, speziell der stoisch^
kynischen Popularethik ... auf die jdische nachweisen".
Dem sogenannten Sptjudentum wird in der theologischen
Wissenschaft nur eine geringe Schpferkraft zugeschrieben. Es ereine bereinscheint darum erklrlich, da das Judentum, wenn
stimmung zwischen ihm und der Stoa besteht, ohne weitere Be-
grndung als der empfangende Teil hingestellt wird.
Vodiegende Abhandlung soll zur Aufhellung des Problems beitragen, ob und in welchen Punkten das Judentum von der stoischen
Popularphilosophie beeinflut worden ist.
Vorerst mu eine Frage noch beantwortet werden. Ist es denn
denkbar, da die Lehrer des Judentums, die sich in die vier Ellen
der Halacha" zurckzogen und einen Zaun um die Lehre und eine
Scheidemauer um das jdische Volk aufzufhren sich bemhten, ist
Weisheit
es denn denkbar, da sie mit den Lehren der griechischen
O. Kuiper, Epictetus en de christelijke moraal, Amsterdam 1906.
2 Theol.
Briegersche Zeitschrift fr KirchenLiteraturbl. 1905, N. 6 ff.
Giet>en 191 1.
geschichte 1906, S. I29ff. BONHFFER, Epiktet und das N.T.,
1
Zahn
Jos. Vita 2.
a. a.
BousSET, Religion des Judentums ^ Berlin 1906, S. 485. BERTHOLET,
Das religionsgeschichthche Problem des Sptjudentums, Tbingen 1909, S. 15.
4
BERGMANN, DIE STOISCHE PHILOSOPHIE UND
D. JD.
FRMMIGKEIT
I47
Berhrung kamen? Auf welchem Wege konnten denn ,die Juden
oder wenigstens ihre Lehrer die Gedanken der stoischen Philosophen
in
kennen lernen?
Die Lehrer des Judentums konnten die Gedankenwelt der Stoa
vor allem durch die Vermittlung der griechisch gebildeten Diasporajuden kennen lernen. Zwischen den Juden im heiligen Lande und
ihren Brdern in Alexandrien bestand ein lebhafter Verkehr. Palstinensische Lehrer kamen nach Alexandrien, und in noch grerer
Anzahl kamen Juden aus der Diaspora nach Jerusalem zu den WallAus vielen Tausenden" von Stdten strmten nach
fahrtsfesten.
einem Worte Philos viele Tausende zu jedem Wallfahrtsfeste nach
der heiligen Stadt.'
Philo
selbst hat gleich
anderen Diasporajuden,
wie er an einer Stelle beilufig erwhnt, eine Reise nach Jerusalem
unternommen, um nach Vtersitte im Tempel zu beten und zu opfern.*
von diesen griechisch gebildeten Diasporajuden lieen sich
sogar in Jerusalem nieder, sie bildeten dort eigene Gemeinden und
grndeten eigene Synagogen. Sie brachten Opfergaben in den Tempel
Viele
und brachten auch nach dem heiligen Lande griechische Bildung.
Durch die Vermittlung dieser Diasporajuden, denen, wie Philo beweist, die damals populre stoische Gedankenwelt nicht fremd war,
konnten auch die jdischen Weisen in Palstina einiges aus dieser
Gedankenwelt erfahren.
Die Kenntnis der stoischen Gedankenwelt konnte den jdischen
Zu
Weisen auch auf anderen Wegen noch vermittelt werden.
den jdischen Wallfahrtsfesten kamen nach Jerusalem auch griechische Proselyten, um den hchsten Gott anzubeten und ihm zu
opfern.
Zu den Festspielen, die Herodes in Jerusalem einfhrte,
Wenn nach
trafen fremde Knstler und fremde Zuschauer ein.
Jerusalem keine griechischen Heiden kamen, welchen Sinn hatte die
griechische Tafel am herodianischen Tempel, die die Heiden vor
dem
Betreten des Heiligtums warnte?
Im
heiligen
um
jene Zeit das Publikum aller antiken Grostdte
denen die griechische Bevlkerung und die griechische Bildung vorherrschend waren
und aus denen, wie z. B. aus Askalon, stoische Philosophen hervorgingen.
In diese Stdte kamen gewi auch die Wanderprediger,
die
Lande gab
es
auerdem Stdte,
Philo, de monarchia 2, i.
Die Werke Philos von Ale.xandria
gegeben von Leopold Cohn, I S. 4.
in
um
sich ver-
in
deutscher bersetzung heraus-
FESTSCHRIFT COHEN
148
um ihm
Lehren der kynisch-stoischen Philosophie zu
Die Juden waren schon als Kaufleute gezwungen, die
predigen.
griechischen Handelsstdte zu besuchen und mit den Griechen zu
verkehren. Mgen auch die niederen Stnde der jdischen Bevlkerung in Palstina die griechische Sprache nur mangelhaft oder
berhaupt nicht gekannt haben, die Kaufleute und die Gebildeten,
einzelne Lehrer und Reprsentanten des Judentums waren mit ihr
Der Philosoph Oenomaos aus Gadara war ein Freund des
vertraut.
sammelten,
Wie
R. Meir.
die
Talmud
der
erzhlt, fhrten Philosophen",
das sind
den Lehrern des Judentums Gesprche, und es ist nicht unwahrscheinlich, da der eine oder der
andere von diesen Philosophen" zu den stoischen Wanderpredigern
gebildete
griechisch
Heiden,
mit
gehrten, die ihre Lehren berall verbreiteten.
Trotz
Abschlieung
aller
Wegen
schiedenen
in
kehrte
Griechentum
das
Im Judentum
Palstina ein.
mus Wurzel, der unter dem Einflsse
Der Gnostizismus, der viele Elemente
auf
fate der Essenis-
des Pythagorismus entstand.
der
griechischen Philosophie
fand unter den jdischen Weisen zahlreiche Anhnger.
enthielt,
ver-
In
der Sprache der Mischna und des Talmuds findet sich eine groe
Zahl von griechischen Fremdwrtern. Die Halacha zwar war exklusiv,
ihr
aber die
Agada
bediente sich oft griechischer Fremdwrter,
waren griechische Mythen, fremde Weisheit und
bekannt.
Wie
die Griechen
die
jdische Bibel
Sitte nicht un-
lasen
und mit der
Berhrung kamen, so konnten
die damals verbreiteten Lehren der
auch die
stoischen Popularphilosophie kennen lernen.
Ob und in welchem Mae das geschehen ist, das soll jetzt
religisen
Welt des Judentums
Lehrer des Judentums
in
untersucht werden.
I.
I.
Die volkstmliche Form.
Der
stoische Popularphilosoph
und
Darum bewegen
sich
der jdische Weise wollen Volkslehrer
beide
der
in
sein.
volkstmlichen, auf die Massen wirkenden Formen.
stillen
Arbeit
der Schulen geht,
besonders
der Stoa,
eine
Die Stoiker sind
den Schulen und zugleich Volkserzieher und Wander-
Propaganda
her, die sich
Philosophen
in
an die Massen wendet."^
prediger auf den Gassen und den Mrkten.
in
Neben
Wendland,
So aber
Die hellenistisch-rmische Kultur
Judentum und Christentum, Tbingen
1907, S. 40.
in ihren
verhlt es sich
Beziehungen zum
BERGMANN, DIE STOISCHE PHILOSOPHIE UND
D. JD.
FRMMIGKEIT
I49
auch mit den jdischen Weisen. Wer ihnen volksfeindlichen Gelehrtenhochmut zuschreibt, der verkennt sie in ihrem Wesen und
zwar im Lehrhause
manch schroffes Wort gegen den unwissenden Am-haarez, in der
Agada aber bekunden die jdischen Weisen, da sie mit ihrem
Denken und Fhlen im Volke stehen und seine Freuden und seine
Sorgen kennen. In der Agada wollen sie dem Volke den Weg des
Lebens weisen und in seiner Not es trsten und aufrichten. Das
Volkstmliche zeigt sich bei den stoischen Philosophen und den
Streben.
Bei
den Fragen
jdischen Weisen
fr
in
der Halacha
sich
dem Leben heraus
kurzen, dem Gedchtnisse
der Art, wie sie beide aus
das Leben lehren, ihre Wahrheiten
des Volkes
fllt
leicht
in
einprgenden Sprchen und
Gleichnissen verknden.
Von den
in
wirksamen
vielen Beispielen sollen hier nur
einige angefhrt werden.
Seneca erwhnt das Wort des Stoikers Hecato Willst du gewerden, so liebe". Man vergleiche damit die Sentenz des Simon
.-
liebt
Zoma: Wer wird geehrt? Der
Menschen ehrt.^
In einem Ausspruch Epiktets werden die Gewinnsucht, die Genusucht und die Ruhmsucht als die Quellen der Snde genannt.
Dreierlei, so lehrt Seneca, mu man nach einem alten Worte meiden:
Ha, Neid und Verachtung. Mit diesen beiden Aussprchen vergleiche man die beiden Sentenzen der jdischen Weisen: Das bse
Auge, der bse Trieb und der Menschenha bringen den Menschen
aus der Welt". Oder: Eifersucht, Begierde und Ehrsucht bringen
den Menschen aus der Welt".^
b.
Epiktet,
dem schon
die
Origenes
eine
volkstmliche,
die
Menge
packende Lehrart nachrhmt 3, vergleicht das Leben mit einem Kriegsdienst, in dem jeder seinen Posten behalten mu, bis das Signal ihn
abruft, mit einem Drama, in dem jeder seine Rolle zugeteilt erhlt,
mit einem Haushalt, in dem der Hausherr jedem sein besonderes
Akibas:
Ketub.
j.
Ab 4, i. Vgl. dieselbe Form in dem Leichenspruche
be Liebe (an dem Toten), auf da sie auch an dir gebt werde
31b. Oder in dem Worte Gamaliels: So lange du barmherzig bist, wird
Seneca, ep.
9, 6.
Gott deiner sich erbarmen j. B. K. 6 c. Dieselbe volkstmliche Prgung tragen
viele neutestamentliche Sprche, z.B.Lc. 6, 37: Vergebet, so wird euch vergeben,
oder das Herrnwort im ersten Klemensbrief 13, das mit dem Spruch Gamaliels
bereinstimmt:
'EXcare, iva iXerrfre.
Epiktet bei Stob. 2^77Eleasar hakappar Ab. 4, 21.
^
Orig.
c.
C.
6, 2.
Seneca
ep. 14, 10.
Josua
b.
Chananja
.\h. 2, 11.
FESTSCHRIFT COHEN
150
Amt
Gro
zuweist.^
an Gott und rufe ihn
man
ist
als
Helfer und Beistand an".
das volkstmliche Bild der
Kurz
Lohn
der Tag,
ist
ist
gro,
Werk
der Kampf, gttlich das
.... denke
Damit vergleiche
Agada vom menschlichen Leben:
gro die Arbeit,
die Arbeiter
sind trge,
der
und der Hausherr drngt."^
Die Gottheit, so sagt Seneca, schreibt die Verdienste der Anspruchslosen in ihr Rechenbuch ein. Sie kennt den Tag, da die
Heimzahlung mit Zinsen erfolgen wird. Ich wei es, was ich jedem
Den einen bezahle ich erst nach langer Frist, den anderen
schulde.
Ein hnlich volkstmliches Bild findet sich
schon im Voraus".
in einem Ausspruche Akibas: Das Buch ist geffnet, die Hand
wer entleihen will, kommt und entleiht. Die Einforderer
gehen an jedem Tage herum und fordern von den Menschen die
schreibt ein;
Schuld
ein".
Beliebt
sind
in
der stoischen Diatribe
Epiktet sagt:
Knigsgleichnisse.
Wer
mit
und
dem
in
der
Agada
die
Kaiser oder sonst
einem Machthaber verwandt ist, hlt sich fr geborgen. Wie viel
mehr sollte uns der Gedanke, Gott zum Schpfer, Vater und Versorger zu haben, alle Furcht und Trauer benehmen". Und an einer
anderen Stelle schreibt er: Ein vorsichtiger Wanderer, der durch
von Rubern bedrohte Gegend reisen
macht die Reise
nicht allein, sondern wartet, bis er einen mit Bedeckung versehenen
Reisegefhrten findet. So macht es im Leben der Verstndige ....
Wem soll ich mich nun anschlieen? Dem Reichen, dem Mchtigen?
Was hilft mir das? Nun will ich mich bei dem Kaiser beliebt machen,
dann wird mir niemand etwas antun. Aber um das zu erreichen,
was kostet es fr Mhe? .... So fragt er sich und gelangt zu der
Erkenntnis, da er ungefhrdet durchkommen kann, wenn er sich
eine
Von den
Gott
anschliet."
soll hier
nur ein einziges
will,
vielen Knigsgleichnissen des
als Parallele
Midrasch
angefhrt werden: Ein Knig
dagegen residiert in Rom.
Der Knig lie seinen Diener kommen und ihm hundert Litren
Gold geben. Der Diener lud sie auf und ging seinen Weg. Da
berfielen ihn Ruber und nahmen ihm alles, was der Knig ihm
gegeben und was er bei sich gehabt. Konnte der Knig ihn vor
hatte einen Diener in Syrien.
Zahn
Epiktet
diss. II
Seneca
de benefic.
a. a.
O.
S. 13
Er
selber
f.
18, 28.
Tarphon Ab.
4, 32.
Ab.
3, 16.
2, 15.
BERGMANN, DIE STOISCHE PHILOSOPHIE UND
D. JD.
FRMMIGKEIT
51
mit
Rubern bewahren? Darum heit es: Der Ewige segne dich
vor Rubern.^
Reichtum, der Ewige behte dich
Der stoische Popularphilosoph und der jdische Weise wollen
Beide wollen auf die Massen wirken und geben
Volkslehrer sein.
ihren Lehren
eine
volkstmliche Prgung.
Allein
zwischen beiden
besteht nicht nur eine formale sondern in vielen Punkten auch eine
gedankliche bereinstimmung.
Gott und die Seele. Der Stoiker Diogenes aus Babylon lehrt, Gott
durchdrinee die Welt in hnlicher Weise wie die Seele den Krper.^
2.
hnlich sagt Seneca:
Was
ist
stoisch,
in
der Welt
ist,
das
ist
der Geist
Der
er ist auf dem Boden der pantheistischen Annach der die Gottheit nicht ber der Welt
im Menschen; was dort
Vergleich
Gott
schauung entstanden,
sondern in ihr wohnt und
die Materie
ist,
ist
hier
der Leib.3
durchdringt wie die Seele den Krper.
Den Vergleich Gottes mit der Seele bernimmt von den Stoikern
Philo Denn was der groe Lenker im Weltall ist, das ist wohl der
menschliche Geist im Menschen. Er ist selber unsichtbar, sieht aber
sie
durch die Vermittlung Philos,
gelangt dieser Gedanke in das jdische Schrifttum: Wie Gott die
Welt erfllt, so die Seele den Krper; wie Gott sieht, selber aber
unsichtbar ist, so auch die Seele; wie Gott der Welt Leben schenkt,
so die Seele dem Krper; wie Gott rein ist, so auch die Seele.5
Der Vergleich Gottes mit der Seele findet sich auch sonst im jdischen Schrifttum. Der Mensch kann seine Seele nicht sehen, wie
alles".
Von den
Stoikern,
vielleicht
knnte er Gott sehen! Das wird von jdischen und christlichen Apologeten den Heiden zugerufen, um ihnen klarzumachen, da Gott fr
das menschliche Auge unsichtbar ist.^ Der Gedanke, da Gott die
wie die Seele den Krper, konnte nur bei den Stoikern
Im jdischen Lehrentstehen, die die Immanenz Gottes annahmen.
hause, wo Gott ber die Welt gestellt wurde, ist dieser Gedanke
nicht entstanden; er ist dort vielmehr der stoischen Popularphilosophie
Welt
erfllt
entlehnt worden.
Die Stoiker beschftigen sich mit dem Problem,
wie die Seele entstanden sei. Pantius, ein Philosoph der mittleren
3.
3
*
Die Seele.
diss. I 9,7. IV 1,91. Num r. 11, 5.
Philodem de piet. p. 82 ed. Gompertz.
Seneca ep. 65, 24.
de opif. mundi 23.
Berach loa. Midr. Schoch. tob zu Ps 103, 4.
Bergmann, Jdische Apologetik im nt Zeitalter
Epiktet
S. 74
und Note
i.
FESTSCHRIFT COHEN
152
knne nur durch geschlechtliche Fortpflanzung vermittelt werden. Posidonius dagegen meint, es sei unmglich, da die Seele durch Zeugung entstehe, sie msse vielmehr
von auen in den Menschen hineintreten.' Wann und wie das
Doch ist es mehr als wahrgeschieht, lt sich nicht ermitteln.
die Seele
behauptet,
Stoa,
scheinlich,
da nach Ansicht des Posidonius
die Seele bei der
Zeugung
den Menschen einziehe. Wie TertuUian mitteilt, htten die Stoiker
angenommen, da die Seele erst bei der Geburt mit dem Leibe sich
verbinde.^ Das Problem der Entstehung der Seele wird auch in
einem Gesprche zwischen Antoninus und Rabbi behandelt. Antoninus belehrt Rabbi, da die Seele schon bei der Empfngnis in den
in
Menschenleib
eintrete.^
Schon der Ausspruch Rabbis: Diese Sache
hat mich Antoninus gelehrt", beweist,
da das behandelte Problem
von auen und zwar, wie wir jetzt wissen, aus der stoischen Popularphilosophie in das Lehrhaus gelangt ist.
Whrend aber
in
dem
Vergleich Gottes mit der Seele und in
des Problems
der Besprechung
der Seelenschpfung
ein
stoischer
werden kann, knnen wir in den folgenden Pazumeist wohl nur eine bereinstimmung aber kein Abhngig-
Einflu festgestellt
rallelen
keitsverhltnis konstatieren.
Die gttliche Vorsehung. Die Vorsehung Gottes erstreckt
sich auf alle Geschpfe; an den kleinsten Geschpfen aber zeigt sie
sich am grten.
Dieser Gedanke findet sich in der Stoa und im
4.
und auch bei Philo wird die
Ameise als Beweis fr die gttliche Vorsehung hingestellt.* Ahnlich aber wird von R. Jochanan erzhlt, er habe, wenn er eine
Ameise erblickte, Gottes Vorsehung gepriesen und gesprochen:
Deine Wohlttigkeit ist bis an die Berge Gottes" Ps 36, /.s Gottes
frsehende Gte fr die Tiere (fr die jungen Raben) wird schon
in der Bibel verherrlicht, und der Gedanke, da die gttliche Vor-
Judentum.
Bei
Kleanthes,
Cicero
sehung gerade an den kleinsten Geschpfen am meisten sich kundDer Glaube an
tut, ist durchaus im Geiste der Bibel gedacht.
Gottes gtige Vorsehung hat nichts spezifisch Stoisches und ist im
'
SCHMEKEL, Die Philosophie der
de anima
Sanh 91b.
Wendland,
mittleren Stoa, Berlin 1892, S. 196. 249.
25.
Die philosophischen Quellen des Philo von Alexandria in
seiner Schrift ber die Vorsehung, Berlin 1892, S. 8
5
ChuUin 63 a.
Note
4.
BERGMANN, DIE STOISCHE PHILOSOPHIE UND
D. JD.
FRMMIGKEIT
I53
Judentum keineswegs, wie behauptet wurde, unter fremdem Einflu
entstanden.'
Das Gottvertrauen.
Die stoische Philosophie ist religis
und darum optimistisch. Der stoische Weise lernt zwar resignieren
5.
und auf das Wertlose
verzichten,
aber er hat bei alledem ein frh-
liches Herz, weil er auf
Gott vertraut.
spruche Epiktets heit
es:
Wer
mit
In einem schon zitierten Aus-
dem
Kaiser oder sonst einem
Machthaber verwandt ist, hlt sich fr geborgen; wie viel mehr sollte
uns der Gedanke, Gott zum Schpfer, Vater und Versorger zu haben,
alle Trauer und Furcht nehmen".
Der Weise vertraut auf Gott und
ist frei von Sorgen.
Wenn ihr heute satt geworden seid, sitzt ihr
da und jammert wegen des morgenden Tages, woher ihr essen sollt.
Elender, hast du heute, so wirst du auch morgen haben. Hast du
aber nicht, so gehe. Die Tr ist offen".^ Dieses frhliche Gottvertrauen erfllt auch die Bcher der Bibel und lebt in den Lehren der
jdischen Weisen fort. Wer fr heute zu essen hat und fragt: was
werde ich morgen essen?, dem fehlt das Gottvertrauen". Wer Brot
in seinem Korbe hat und fragt: was werde ich morgen essen?, der
gehrt zu den Kleinglubigen".3 Von einer Entlehnung kann hier
nicht die Rede sein.
Wohl aber kann behauptet werden, da das
Gottvertrauen des jdischen Frommen eine kraftvolle religise berzeugung ist, whrend das Gottvertrauen des stoischen Weisen eine
matte philosophische Reflexion bleibt.
Dem Armen, der keinen
Ausweg aus seiner Not findet, empfiehlt Epiktet am letzten Ende
den Selbstmord: Hast du aber nicht, so gehe. Die Tr ist oflen.
6. Die Leiden.
Dem Glauben an die frsehende Gte Gottes
entspringt der Gedanke, da die Leiden ein Erziehungsmittel und
ein Zeichen gttlicher Liebe sind.
Von den vielen Stellen in den
Schriften der Stoiker soll hier nur das
Wort Senecas
angefhrt wer-
Die also die Gottheit liebt, hrtet sie ab, prft sie, bt sie".
Derselbe Gedanke wird in der Bibel, in den Apokryphen und vielfach
den:
auch
in
der
Agada ausgesprochen.
weis gttlicher Liebe".*
(in
Bertholet
der
vgl.
2.
O. S. lo,
Holtzmann,
Epictet
Eleasar aus Modim, Mach, zu
6, 30.
diss.
31.
Lc
9, 19.
Ex
16,4.
EHeser
b.
Hyrkanos, Sota 48b.
18, 28.
Seneca, de provid.
6, 5.
Nt. Zeitgeschichte 1895 S. 229
Auflage gestrichen).
'
Mt
Deut
a. a.
Allein
Heimsuchungen sind ein Bediese ebereinstimmung in der Auf-
4.
Eleasar
b.
Jakob, Mech. zu Ex 20,33.
Sifrd zu
FESTSCHRIFT COHEN
154
den Leiden beruht keineswegs auf Entlehnung. Sie
vielmehr in dem gemeinsamen Glauben an die Gte Gottes bevon
fassung
ist
grndet.
Das
7.
Was
vom Depositum.
Gleichnis
der
Mensch
hat,
ist
ihm von Gott verliehen worden. Das ist die Ansicht der stoischen
Philosophen und der Glaube der jdischen Frommen. In den Trostder kynisch-stoischen Diatribe wird hufig ausgesprochen,
da das Leben und alle Erdengter dem Menschen von Gott verliehen werden und mit Recht jeder Zeit zurckgefordert werden
schriften
Handbchlein gibt Epiktet dem Trauernden
folgenden Trost: Sage nie von etwas: Ich habe es verloren, sondern ich habe es wiedergegeben. Dein Shnchen ist gestorben? Du
Dein Weib ist gestorben? Du hast es wiehast es wiedergegeben.
Dein Landgut wurde dir entrissen? Auch dies ist
dergegeben.
wiedergegeben worden."' In gleicher Weise trstet Seneca einen
um
seinem
In
drfen.
seine Kinder trauernden Freund:
hatten einen,
so,
da
sie
dem
sie
Meine Kinder sind
mehr zugehrten
als dir.
Ja
sie
Bei dir weilten
sie
tot!
jeden Augenblick von dir gefordert werden konnten.***
Derselbe trstende Gedanke
und zwar unabhngig
Jochanan b. Zakkai trauert
sich
findet
auch in der Agada.
von der Stoa
ber den Tod seines Sohnes. In dieser schmerzvollen Stunde trstet
ihn sein Schler Eleasar b. Arach mit folgenden Worten: Gestatte
mir ein Gleichnis. Jemand hat vom Knige einen Gegenstand zur Aufbewahrung erhalten. In dem Gefhle der Verantwortlichkeit jammert
er tglich:
Wenn
ich
doch schon der Sorge
um
das mir anvertraute
Gut glcklich ledig wre! Auch du, o Meister, hattest einen Sohn,
der in der Lehre bewandert war und der nun frei von Snden aus
der Welt geschieden ist. Solltest du nicht dem Trste zugnglich
sein, nachdem du, was Gott dir zur Aufbewahrung gegeben, glcklich wiedercregeben hast?" Denselben Gedanken, da die Kinder,
von Gott nur als Aufbewahrungsgut gegeben, im Tode ihm zurckerstattet werden, verwendet Beruria, um ihren Gatten im Schmerze
ber den
8.
Tod
seiner beiden
Der Genosse
Gottes.
Shne zu
trsten.3
Epiktet nennt den Zyniker einen Teil-
haber an der Herrschaft des Zeus";
dem Weisen
verheit
er,
da
'
Enchir
KiCKH, Gott, Mensch, Tod, Unsterblichkeit. Bltenlese aus den Schriften
11.
des L. A. Seneca, Wien 1874, S. 83.
j Ab. di R. N. 24.
Midr. Mischle
g.
E.
BERGMANN, DIE STOISCHE PHILOSOPHIE UND
D. JD.
FRMMIGKEIT
I55
wrdiger Gast der Gtter, ja ihr Mitherrscher" sein wird.
Seneca verkndet dem, der das hchste Gut ergreift, da er anfangen wird, der Genosse der Gtter" zu sein.^ Den Titel Miter
ein
und den Aposteln vorbehalten,
arbeiter Gottes" hat Paulus sich selbst
die
an
dem Aufbau
des Gottesreiches
Schrifttum wird dieser Titel
auch von Paulus
recht
richtet,
Frommen
Werk
9.
gilt
ein
unabhngig von der Stoa und
Richter verliehen: Der Richter,
der
ge-
Aber auch von den
Mitschpfer Gottes".
es,
fort.
Die Nachfolge Gottes.
auch
in
Wie
allen
in
der Stoa Gott als vollkommenes
ist
Oder an
Gott gegenber unsere Pflicht?
Wenn
ethischen Religionen
Wesen und
folge Gottes als die erste sittliche Forderung.
Was
jdischen
da sie mit dem Werke Gottes sich beschfdie Gutes tun und die Sittlichkeit frdern, setzen Gottes
heit
Alle,
tigen".3
wird
dem
sicher
Im
mitwirken.^
So
die
Nach-
schreibt Epiktet:
Einfach ihm zu folgen".
mssen
auch wir treu sein .... Wenn er wohlttig ist, so mssen auch
wir es sein. Ist er gromtig, so sollen auch wir so sein". Seneca
nennt den Guten einen Nacheiferer Gottes".* Sowohl Aristeas als
auch Philo fordern in gleicher Weise wie die Stoiker von dem
Menschen, da er Gott folge und ihm nachstrebe 5; auch die jdischen Weisen in Palstina ermahnen: Lasset uns Gott gleichen!
Wie er barmherzig und gndig ist, so sei auch du barmherzig
und gndig".^ Allein die Lehrer des Judentums haben diese sittliche Forderung keineswegs, wie einzelne annehmen wollten'', dem
Griechentum entlehnt, sondern nur im Geiste des biblischen Gebotes
aufgestellt: Seid heilig, denn der Ewige euer Gott ist heilig".
10. Die Snde, aber nicht die Snder.
Von Seneca stammt
das Wort: Das Beste ist, die Snden aber nicht die Snder auszu-
tums
einer
anderen Stelle:
Epiktet, diss. III 22,95.
'
Wernle, Anfnge
Sabb. loa.
15.
Enchir
Seneca
15.
unserer Religion
Midr. Schir haschirim
Gott
treu
ist,
so
ep. 31.
S. 97.
r.
Anf.
Lazarus, Ethik des Juden-
122.
Epiktet, diss.
Aristeas 42, 5-43,
12, 5.8.
i.
20, 15.
II
14, 13.
Philo de caritate
Seneca de prov.
i.
II 404.
Abba Saul, Mech. zu Ex 15, 2. Vgl. Sifre zu Deut 11, 22. Sifr zu Lev 19, 2.
Ebenso Mt 5, 48. Lc 6, 36. Auch der Islam stellt als ethisches Ideal auf, da
man sich bestrebe, in der Lebensfhrung die Eigenschaften Gottes zu bettigen.
^
GOLDZIHER, Vorlesungen ber den Islam,
HOLTZMANN, Nt.
strichen). Bertholet a.
7
S.
30 ff. Note
Zeitgeschichte 1895.
a.
i.
S. 226f. (in
der
O. S. 10 (vielleicht wenigstens").
2.
Auflage ge-
FESTSCHRIFT COHEN
156
die Sentenz zugeschrieben:
Ihm wird auch
rotten.^
Halte Frieden
fhre Krieg gegen die Laster.^'
mit den Menschen und
Einst
war
R. Meir ber das Treiben seiner bsen Nachbarn aufgebracht. Da
sprach zu ihm sein Weib Beruria: .... Heit es denn: Vergehen
Es heit doch: die Snden Ps 104,25. Bete
sollen die Snder?
dann gibt es keine Frevler mehr. 3
Seneca verdankt seine Sentenz gewi nicht dem Judentum, aber auch
Beruria, die Frau des jdischen Weisen, hat ihren Gedanken nicht
aus der stoischen Popularphilosophie geschpft.' Die Forderung, die
Snden aber nicht die Snder zu verdammen, ist vielmehr in der
Agada wie in der Stoa eine Konsequenz des Gebotes, in allem Gott
nachzufolgen: Wie Gott gegen die Snder langmtig ist, .so sollen es
fr
da
sie,
auch
die
1
sie
Bue
Menschen
tun;
sein.
Richte nicht eher
Richte nicht.
in
einen anderem Gerichte,
worden bist". Was
Epiktet in diesem Ausspruch fordert, das verlangt auch Hillel in
seiner Mahnung: Richte deinen Nchsten nicht eher, bis du selbst
bis
du
bei der
selbst
Gerechtigkeit
gerichtet
Diese beiden bereinstimmenden
Sentenzen sind voneinander unabhngig. Epiktet und Hillel schpfen
ihren Gedanken aus der allgemein menschlichen Erkenntnis, da alle
in
seine
Lage gekommen
bisf'.s
Menschen, der Richter wie der Gerichtete,
und Fehlern unterworfen
in
gleicherweise Schwchen
sind.
Die stoischen Popularphilosophen und die
jdischen Frommen legen beide das Schwergewicht auf das sittliche
Tun. Zeno oder ein anderer Stoiker verglich die Philosophie einem
12.
Das
sittliche
Tun.
den Bumen, die
Ethik den Frchten entspricht. Wer nur auf das Studium sich verlegt,
ist nach einem Worte Epiktets nur Philologe und nicht Philosoph.^ So
sehr auch die jdischen Weisen das Studium der Lehre hochhielten,
in ihrer berwiegenden Mehrheit gaben sie dem sittlichen Handeln
dem
Obstgarten, in
die
Logik der Mauer,
die Physik
Wissen grer ist als sein Tun, gleicht
dem Baume, der eine geringe Wurzel und ein reiches Gezweige hat
den Vorzug.
Jeder, dessen
Res optima est, non sceleratos extirpare, sed
Jesus und die Rabbinen, Leipzig 1905, S. 109.
^
Pseudoseneca de moribus
WLFFLIN
34.
Proverbia
45.
scelera.
Vgl.
BiSCHOFF,
Publii Syri sententiae rec.
S. 122.
Berach. 10 a.
BiSCHOFF
Epiktet
Barth, Stoa
fr.
a. a.
O.
60. SpiESS,
31.
Logos spermaticos, Leipzig
1871, S. 91. Hillel, A.b
2, 5.
BERGMANN, DIE STOISCHE PHILOSOPHIE UND
FRMMIGKEIT
D. JD.
I57
vom Winde entwurzelt und umgeworfen wird".
Die bung guter Werke ist dem Studium vorzuziehen". Nicht das
Studium sondern das Tun ist das Wichtigste". In der Versammlung
und daher
zu
leicht
Lydda wurde zwar zum Beschlu erhoben, das Studium der Lehre
sei
wichtiger
als
das Tun, bezeichnend aber
die
ist
Begrndung,
Studium zum ben guter Handlungen fhre".'
Die stoischen Philosophen
13. Die Versitthchung des Lebens.
und die jdischen Weisen wollen auf das Leben einwirken. Bei beiden
ist das Streben vorhanden, die Menschen und ihre Lebensart zu verbessern. Die stoische Popularphilosophie verwirft den Luxus. In seiner
Diatribe ber die Nahrung fordert Musonius, der Lehrer Epiktets,
Einfachheit in der Lebensweise.^ Als ein Stck der Lebensordnung
des Philosophen Antoninus wird von seinem Biographen besonders
weil das
die
humicubatio
hervorgehoben.^
Auch
in
den Lebensregeln der
wird Abhrtung
und Einfachheit gefordert. I
Brot mit Salz, trinke Wasser mit Ma, schlafe auf der Erde und
fhre ein Leben der Mhsal", das ist die rechte Weise, um in den
Mit besonderer Vorliebe wendet
Besitz der Gotteslehre zu gelangen.'*
Seneca
sich sich die kynisch-stoische Diatribe gegen die Athleten.
protestiert gegen die Grausamkeit der Gladiatorenkmpfe und die
entsittlichende Wirkung der Schauspiele.s Auch die jdischen Weisen
verbieten den Besuch des Theaters und der Rennbahn; sie verbieten
es aus religisen Motiven, weil im Theater den Gttern gehuldigt
Wer in der Rennbahn
wird, aber auch aus ethischen Grnden.
jdischen Weisen
vergiet Bluf'.
sitzt,
14.
Den
Die Arbeit.
stoischen Philosophen
gebhrt das Ver-
von der Schmach, als ob sie eines freien Mannes
unwrdig sei, befreit zu haben. 7 Es lag eben in ihrem praktischen,
auf die Versittlichung der Menschen gerichteten Streben, da sie
mit den anderen Lastern ihrer Zeit auch den Miggang ausrotten
Aber auch das Judentum hat die Arbeit verherrlicht. Die
wollten.
jdischen Weisen waren einfache Mnner, die vielfach im Handwerk
dienst, die Arbeit
'
b. Hai,
Eleasar
j.
Ab
b. Asarja,
Chag. 76c.
Abuja, Ab. di R. N.
Gamaliel, Ab. 3, 17. Kidd. 40b.
3, 17.
Elischa
b.
Simon b.
und die kynisch-stoische Diatribe
Wendland,
Sachs, Beitrge
Ab.
Sen. ep.
Tos. Ab. z. 2, 1. j. Ab. z. 40a.
BONHFFER, Die Ethik des Stoikers Epiktet
Philo
1
106.
6, 4.
7, 2.
90, 45.
Wendland
a. a.
O. 43.
S. 73.
S. 12.
24.
Jehuda
FESTSCHRIFT COHEN
158
die wirtschaftliche Grundlage ihrer Existenz hatten.
Schon das
allein
wenig berechtigt die Behauptung ist, die jdischen
Schriftgelehrten seien volksfeindlich und hochmtig gewesen. Viele
beweist,
wie
von ihnen kamen
ihrer
in
das Lehrhaus aus der Werkstatt,
Hnde Arbeit das Brot erwarben, und
der Arbeit und der Mhsal waren,
standen
wo
sie
weil sie selber
sie bei
durch
Mnner
den Mhseligen
und den Beladenen.
Der Stoiker Kleanthes trug des Nachts Wasser in die Grten,
um sich am Tage philosophischen Studien widmen zu knnen. Von
dem
Tropaicon,
die
Hillel
Hlfte
das er tglich durch Arbeit verdiente, verwendete
eine Hlfte
aber gab er
den Unterhalt seines Hauses, die andere
fr
dem
Trhter des Lehrhauses,
um
sich Zutritt
zu den Vortrgen zu verschaffen.'
Unter den naturgemen Dingen
Liebe die Arbeit", so
zhlt Herillus die Liebe zur Arbeit" auf.
Den, der den Hunger frchtet,
lautet auch ein Wort Schemajas.^
redet Epiktet folgendermaen an: Kannst du nicht Wasser tragen,
Tr bewachen?
Aber es ist schimpflich, in solchen Dienst zu treten. Lerne nur erst,
was schimpflich ist, und dann nenne dich vor uns Philosoph". hnlich ruft ein Lehrer des Judentums aus: Ziehe ein totes Vieh auf
dem Markte ab und empfange Lohn, aber sprich nicht: ich bin ein
groer Mann, den die Arbeit herabwrdigt". ^
Im Vergleich zum Neuen Testament zeigen die
15. Die Ehe,
stoische Philosophie und das Judentum ein weit positiveres Verhltnis
zur menschlichen Gesellschaft und eine grere Wertschtzung des
menschlichen Gemeinschafts- und vor allem des Familienlebens. Nach
Paulus ist an der Ehe etwas Unreines: Zlibat und Virginitt stehen
ihm hher als die Ehe. Paulus denkt in diesem Punkte weder wie
ein stoischer Philosoph noch wie ein Rabbi.
Denn der Stoiker Antipater ist der Meinung: Wer nicht Weib und Kinder hat, entbehrt
der lautersten Freude der Liebe". Und ein jdischer Rabbi lehrt:
Wer ohne Weib ist, entbehrt der Freude, des Segens und des
Die Ehe ist eine soziale und sittlich wertvolle Einrichtung.
Trostes".*
Wer von der Ehe nichts wissen will, so schreibt Musonius, vernichtet
nicht schreiben, nicht Rinder hten, nicht eine fremde
fr
seinen Teil
das Haus,
Barth, Stoa
Barth, Stoa
Epiktet
"^
Antipater bei Stob.
'
die
S. 126.
Joma
S. 125.
Ab.
Stadt, das Menschengeschlecht.
35 b.
2, 10.
Baba bathra iioa.
flor. 3, 15. Jebam 62b.
diss. III 26,7.
In
BERGMANN, DIE STOISCHE PHILOSOPHIE UND
D. JD.
FRMMIGKEIT
IsQ
gleichem Sinne uern sich auch die Lehrer des Judentums: Wer
ehelos bleibt, verringert die Gotthnlichkeit des Menschen".
Wer
an der Pflicht der Fortpflanzung des Menschengeschlechtes nicht
teilnimmt,
i6.
ist
gleichsam ein Blutvergieen"^
Kindliche
Die Liebe
Piett.
stoischen Philosophie als eine
eine
religise
Pflicht.
In
zu
sittliche, in
den
Eltern
gilt
der
in
der jdischen Religion
einem besonderen Traktate
ber
als
diese
Frage entscheidet Musonius, der kindliche Ungehorsam sei nur dann
Pflicht, wenn die Eltern dem Kinde etwas sittlich Verwerfliches
empfehlen. Die Rcksicht auf die Eltern mu dann der Stimme
Gottes weichen. Dieselbe Frage wurde auch im jdischen Lehrhause errtert und dahin entschieden, da die Pflicht, die Eltern zu
ehren, dann aufhre, wenn sie von dem Kinde die bertretung eines
gttlichen Gebotes fordern, denn ihr alle (Eltern und Kinder) seid
verpflichtet, Gott zu ehren". ^
Die Ehrfurcht vor den Eltern mu in
einem solchen Falle der Liebe zu Gott weichen.
Das Verdienst der Vter.
der bis jetzt immer als ein
In
17.
griff,
der Begriff
seinen
Verdienste
spezifisch jdischer gegolten hat:
der Vter". 3
Seneca sagt: Was die
dem einen um seiner
und Voreltern willen manches nach, dem andern, weil aus
Enkeln und Urenkeln und spteren Nachkommen einmal Gutes
Gottheit
Eltern
vom
der Stoa findet sich ein Be-
so
betrifft,
sieht
sie
wahrscheinlich
werden wird". Die Gottheit ist auf das Verdienst der Vter und
auch auf das Verdienst der Kinder bedacht, die Menschen aber
sollen darin der Gottheit nachstreben.
Der eine hat groe Mnner
erzeugt, mag er sein, was er will, er hat Anspruch darauf, da wir ihm
Gutes tun, denn er hat solche uns gegeben, die wirklichen Anspruch
darauf haben. Der andere ist von trefflichen Vorfahren entsprossen;
sei er, wer er sei, die Seinigen seien ihm Schutz und Schirm."* Der
Begriff von dem Verdienste der Vter" enthlt ein abspannendes
und ein anspornendes Moment. Whrend aber bei Seneca das entlastende
Moment
betont wird,
spornende und verpflichtende
Das Verdienst
es gilt fr
der Vter
tritt
in
der jdischen Ethik das an-
Moment mehr
in
den Vordergrund.
den Kindern eine Verpflichtung auf;
die Kinder, wenn sie das Werk der Vter fortsetzen.
legt
Musonias bei Wendland a. a. O. S. 34. Eleasar b. Asarja, Elieser
Hyrkanos Jebam 63b.
^ Musonius bei SCHMIDT, Ethik der Griechen II S. 146.
Jebam 5 b f
3 Lazarus, Ethik des Judentums I 28. 438.
* Seneca de benef. 4, 32.
^
b.
FESTSCHRIFT COHEN
l60
soll,
Wie
Selbsterhaltung und Nchstenliebe.
i8.
wenn
ein
Mensch handeln
und
eine Kollision zwischen der Pflicht der Selbsterhaltung
der Pflicht der Nchstenliebe
eintritt,
das wird sowohl
in
den Schulen
Wenn bei einem
ergreifen, um sich
der Stoiker als auch im jdischen Lehrhause behandelt.
Schiffbruche zwei gleich weise Mnner dasselbe Brett
zu
der
retten,
so
wird,
dem Tode
sich
wenn das
beide zu tragen nicht vermag,
Brett
widmen, an dessen Leben
am
wenigsten
liegt.
Mensch soll gerettet werden. So entscheidet der
Stoiker Hecato.* Das gleiche Problem wird auch im jdischen Lehrhause behandelt aber anders entschieden. Es reisen zwei in der
Wste, aber nur einer von ihnen ist mit Wasser versehen. Wrde
er sein Wasser mit seinem Reisegefhrten teilen, so wre es nicht
Der
wertvollere
gengend,
um
beide zu erhalten.
Trnke
wre
er es allein, so
sein
Gefhrte unrettbar verloren. Ben Paturi entscheidet, keiner drfe
sein Leben retten und dabei das Leben seines Mitmenschen preis-
Es mgen
geben.
dagegen meint,
liebe sei
19.
Kollision
in
und beide umkommen. Akiba
einem Konflikt zwischen der Eigen- und Nchstenalso beide trinken
das eigene Leben zu bercksichtigen.*
Whrend
Der Mittelweg.
zwischen
dem Gebot
in
dem
Schulbeispiel
der Selbsterhaltung und
von der
der Pflicht
der Nchstenliebe die Lehrer des Judentums anders entscheiden als
die Philosophie der Stoa, wird in bezug auf das sittliche Handeln im
allgemeinen von beiden die gleiche Regel
vom
Mittelweg aufgestellt.
Als ein Gesetz des Handelns ergibt sich bei Pantius die Billigkeit,
die das eigene Wohl und auch das Wohl des Nchsten berckDie Gerechtigkeit ist die Mitte zwischen der allgemeinen
sichtigt.
Ein hnlicher Gedanke ist in dem Wahlspruch Rabbis enthalten: Welches ist der gerade Weg, den der
Mensch erwhlen soll? Der Mensch handle so, da sein Tun ihm
Liebe und der Eigenliebe.
selbst
zum Ruhme
werden
solle".
gereiche, aber
auch von den Menschen gerhmt
Tat
von Gott vergolten wird, ist der Stoa wie dem Judentum eigen. Er
Aber
wurzelt bei beiden in dem Glauben an einen gerechten Gott.
20. Seid nicht wie die Diener.
von beiden wird auch
iten*
die
Der Gedanke, da
Forderung
aufgestellt,
die gute
da der Mensch
Cicero off. III 15,63. 23,89. Schmekel a. a. O. S. 295.
Sifr zu Lev 25,36. Baba mezia 62b. Vgl. Bacher, Agada der TannaS. 60, Note i.
Zitiert bei
Schmekel
a. a.
O. S. 221.
Rabbi,
Ab
2, i.
BERGMANN, DIE STOISCHE PHILOSOPHIE UND
D. JD.
FRMMIGKEIT
l6l
Gute nicht um des Lohnes willen tun solle. Senejpa lehrt:
Daran halte sich unser Sinn, wenn er nicht von seinem Ideale abdas
irren will: nicht als Mietling trete er
heran zu edlem Wirken".
Das
groen und edlen Seele eigen, nicht auf die Frucht der
Wohltaten zu schauen, sondern auf diese selbst." Fast wrtlich
stimmen in diesem Punkte die Aussprche der jdischen Weisen mit
Seneca berein: Seid nicht wie die Diener, die dem Herrn um des
ist
einer
Lohnes
willen dienen."
jedoch nicht an
hat,
21.
fordert
Heil dem, der an Gottes Geboten Gefallen
dem Lohn
fr die Erfllung der Gebote."'
Der Mensch soll nicht schwren.
Epiktet: Den Eid vermeide, wenn
das aber nicht angeht, so vermeide
Marc
man
ihn,
In seinem
Handbchlein
es angeht,
vllig;
soweit es mglich
ist".
wenn
Bei
der vieles aus Epiktet schpft, findet sich der Spruch,
solle keines Eides und keines Menschen als Zeugen bedrfen.
Aurel,
Die Lehrer des Judentums haben zwar nicht wie die Essener den
Eid unbedingt verworfen, aber auch sie haben gelehrt, man solle
sich von dem Eide mglichst fernhalten.
Unsere Lehrer sprachen:
Es
ist
nicht gut, da der
Das Sprichwort
lehrt:
Mensch
Ob
selbst fr die
Wahrheit schwre."
schuldig oder unschuldig du sollst nicht
schwren".^
Ein angeblicher Spruch Senecas besagt, die schlichte Aussage
solle als eben so unverletzlich gelten wie der Eid.
Ebenso lehrt ein
jdischer Weiser: Nein und Ja sollen wie ein Schwur gelten.
Es
soll
hier
nicht
untersucht
werden,
ob Epiktet unter
dem
was weniger wahrscheinlich ist, unter
dem Einflsse Jesu das Vermeiden des Schwures gelehrt hat.'* Sicher
ist, da die Lehrer des Judentums in ihren Ermahnungen, man solle
sich von dem Eide fernhalten, von den Stoikern unabhngig sind.
Die Lehrer des Judentums fordern das Vermeiden des Eides in erster
Reihe aus religisen Grnden
der Gottesname ist ihnen ein Heiligdie Stoiker
tum, das nicht mibraucht und entweiht werden darf
dagegen aus ethischen Motiven und zwar, weil sie die Pflicht der
Einflsse der Pythagoreer oder,
Wahrhaftigkeit streng auffassen.
22.
Die Reinheit des Krpers.
Seneca de benef.
Hyrkanos,
Ab
z,
4,25.
i, i.
Die
Pflicht,
den Krper
Antigonos aus Socho,
Ab
1,3.
rein zu
Elieser b.
19 a.
Epiktet Enchir. 33, 5. Marc Aurel 3, 5. Tanch. zu Wajikra g. E. j. Schebuot 37 b.
3 Zahn a. a. O. S. 43 Note 33.
Eleasar b. Pedath, Schebuoth 36 a.
*
Zahn
a. a.
O. S. 3^. 43 Note 23II
FESTSCHRIFT COHEN
102
halten,
begrndet Epiktet mit der Verwandtschaft der Menschen mit
Gott.
hnlich sagt
Hillel zu seinen
Schlern:
Wie
die Knigsbilder
im Theater und im Zirkus reingehalten und von dem abgesplt
werden mssen, dessen Obhut sie anvertraut sind, so ist auch das
Baden des Krpers eine Pflicht fr den Menschen, der im Ebenbilde
Gottes erschaffen worden ist.^
Wie Epiktet dieses Leben mit dem
23. Die Seele ein Gast.
Aufenthalt in einer Herberge vergleicht, so heit es auch in einem
Worte der Agada: diese Welt ist deine Herberge, die zuknftige
aber das Wohnhaus.^ In der stoischen Popularphilosophie kehrt das
Bild Senecas oft wieder: Was ist die Seele des Menschen ....
anderes als ein im menschlichen Leibe gastweise wohnender Gott.
Im
Geiste dieser Popularphilosophie wirft Hadrian vor seinem
die
Verse hin:
Tode
Du rastloses reizendes Seelchen mein
Des Leibes Gast und Kamerad".
In einem Gesprche mit seinen Schlern nennt auch Hillel die Seele
Man
einen Gast im Krper.
erweisen,
sie nicht
24.
denn heute
mehr
Einen
weilt
msse,
die Seele
so sagt
er,
dem Gaste Liebe
noch im Krper, morgen
ist
hier.'
Tag
dem Tode.
Der Mensch
Dieser Gedanke
vor
soll
an den
Tod
findet sich in der
denken und edel leben lernen.
Stoa und von ihr unabhngig auch im Judentum. In einem Briefe
schreibt Seneca: Erweise doch dieses deiner Seele vor dem Tage
deines Todes: la deine Fehler in dir gestorben sein". Und gewissermaen als Erklrung dieses Ausspruches darf eine andere Stelle
in den Briefen Senecas gelten Man richte jeden Tag so ein, als ob
er die Reihe schlsse, als ob er die Summe der Tage voll machte".
hnlich lautet ein Wort des R. Elieser b. Hyrkanos: Tue Bue
einen Tag vor deinem Tode". Als R. Elieser von seinen Schlern
gefragt wurde, ob denn der Mensch den Tag seines Todes vorher
wissen knne, gab er ihnen zur Antwort: Um so eher wird der Mensch
Bue tun, denn vielleicht stirbt er schon am nchsten Tage. So
:
wird er
*
Tage
alle seine
Epiktet
diss.
IV
in
11,2.
Bue
Hillel,
verbringen.s
Lev.
r.
c. 34.
Moed
katon 9 b.
* Seneca bei Pfleiderer, Vorbereitung des Christentums in der griechischen Philosophie, Halle 1904, S. 55. Hadrian bei Deissmann, Licht vom Osten
3
S. 210,
s
Epiktet
Note
2.
diss.
24, 14.
Hillel Lev.
Sen. ep. 27. ep.
12.
r.
c. 34.
Ab
2, 10.
Ab
di R.
N.
15.
BERGMANN, DIE STOISCHE PHILOSOPHIE UND
25.
Besser
Dem
als die Unsterblichkeit.
in der stoischen Philosophie der hchste
Wert
FRMMIGKEIT
sittlichen
63
Leben wird
zugeschrieben.
Ein
gut und nach deinen Lehren, o Philosophie, zugebracht,
einer sndenvollen Unsterblichkeit vorzuziehen".
Noch schrfer
Tag,
ist
D. JD.
sittlich
wird
derselbe
gesprochen:
Gedanke
Besser
in
ist
dem Worte
eine
guten Werken verbracht,
Stunde
als alles
in
Weisen ausdieser Welt, mit Bue und
eines jdischen
Leben der kommenden Welt".^
Das Ideal des Weisen. Die Verwandtschaft zv/ischen der
Stoa und dem Judentum zeigt sich auch in dem Ideal des Weisen,
das sie beide aufstellen. Der Weise nach dem Sinne der Stoa ist
gengsam. Als Epiktet gefragt wurde, wer unter den Menschen
reich sei, antwortete er: Der Gengsame.
Weise ist, wer sich nicht
darber rgert, was er nicht hat, sondern damit sich freut, was er hat".
Ebenso lehrte Simon b. Zma: Reich ist, wer sich mit seinem Teil
Der stoische Weise ist demtig. Die Philosophie, so schreibt
freut". ^
Seneca, ist kein Schaustck, die Menge zu gewinnen, noch ein Mittel
zur Selbstverherrlichung.
Auch im Judentum wurde von dem Weisen
vor allem Demut gefordert: Mache die Lehre nicht zu einer Krone,
um dich damit gro zu machen".^ Der stoische Weise ist der rechte
Knig.'*
Seine hchste Tugend ist die a.ira.dua. Er ist frei von allen
Leidenschaften und Begierden, frei von Ha gegen seine Beleidiger;
er ist sanftmtig, nachsichtig und vertrglich.
Dieselben Tugenden
werden auch im Judentum von dem Weisen gefordert. Den, der
sich mit der Thora beschftigt, kleidet sie mit Demut und Gottesfurcht.
Sie entfernt ihn von der Snde und nhert ihn der Tugend,
gewhrt ihm knigliche Wrde
macht ihn sittlich, langmtig und
vergelich gegen alle Beleidigungen und erhebt und trgt ihn ber
26.
alle
.,
Dinge.5
II.
Zwischen der stoischen Popularphilosophie und der jdischen
Frmmigkeit besteht eine gewisse Verwandtschaft. Aber es gibt
zwischen beiden auch viele und tiefgreifende Differenzpunkte.
Man hat den Stoizismus eine religise Philosophie genannt. So
Cicero Qu. Tuscul.
Epiktet
fr.
52.
172. 129. bei
Jakob,
Spie
Seneca ep. 16. Zadok, Ab
Barth, Stoa S. 159.
Epiktet
diss. II 22,36.
Ab
Ab
a. a.
4, 17.
O.
S. 369.
Ab
3, i.
4, 5.
6,1, vgl,
Grtz, Geschichte der Juden3 IV
II*
178.
FESTSCHRIFT COHEN
104
mag, eine Philosophie bleibt er doch. Trotz
Stellen bei Epiktet und Seneca, die der Geist warmer und
religis
vieler
er
auch
sein
reiner Religiositt durchweht, entbehrt die stoische Popularphilosophie
im ganzen der starken
Frmmigim Grunde der Verwandte
religisen Kraft, die der jdischen
Weise bleibt
der griechischen Philosophen, whrend der jdische Fromme ein
Nachkomme der gottbegeisterten Propheten ist. Dem Hungernden
erffnet Epiktet als letzten Ausweg aus seiner Not den Selbstmord,
einen Ausweg, den die jdische Frmmigkeit als einen Mangel an
keit
eignet.
Der
stoische
Gottvertrauen und
irreligis
empfunden
htte.
Trotz seiner spteren theistischen Frbung bleibt der stoische
Gottesbegriff pantheistisch: Gott ist in der Welt, er ist eins mit der
Natur. Die jdische Frmmigkeit dagegen hlt an einem persnlichen Gott
fest,
der ber der Welt
ist.
Es
ist
aber gerade dieser
Glaube an den persnlichen Gott, der der jdischen Frmmigkeit
Auch die Stoiker nennen Gott den
Kraft und Wrme verleiht.
Vater der Menschen, aber im stoischen Denken schliet diese Vaterliebe Gottes keineswegs wie im Judentum den Menschen persnlich
in ihr Herz, da er, unter dem Schutze Gottes sich geborgen fhlend,
mit frohem Herzen das Leid des Lebens ertragen knnte.
zwischen der jdischen und der stoischen Ethik besteht
Im Judentum ist der Glaube an Gott
ein tiefgreifender Unterschied.
der Quell des sittlichen Handelns, in der Stoa dagegen ist es die
Vernunft, das Wissen, die richtige berzeugung von dem Wert der
Auch
Das Judentum
Stoa dagegen: Tue es,
Dinge.
ordnung es fordern.
das Naturgeme, fr
lehrt:
Tue das
Gute, denn Gott will es;
die
und WeltFr den stoischen Philosophen ist das Gute
den jdischen Frommen ist das Gute ein gttweil die Vernunft
und
die Natur-
hches Gebot.
der jdischen Frmmigkeit die bertretung des
gttlichen Gebotes, in der Stoa dagegen bedeutet das Wort a/iapria
eine Abweichung von dem Pfade der Vernunft aus Unwissenheit
Die Snde
ist in
Die Snde ist den Stoikern kein religises Problem. Sie wissen nichts
von dem zerknirschten Herzen und dem demtigen Gebet des Snders um Vergebung. Unter den stoischen Attributen Gottes fehlt
die
sndenvergebende Barmherzigkeit.
Die jdische Frmmigkeit preist das Mitleid mit dem Bedrftigen.
Solange du der Menschen dich erbarmst, wird Gott deiner sich erbarmen". Epiktet dagegen verbietet das Mitleid, Seneca nennt es
BERGMANN, DIE STOISCHE PHILOSOPHIE UND
eine
Schwche.
Das
Ideal des Stoikers
vom
keinem Affekt und auch nicht
D. JD.
FRMMIGKEIT
die Seelenruhe, die
ist
l6$
von
Mitleid gestrt wird.^
Weise ist schmerzlos, er fordert im Schmerz ReDer jdische Fromme
signation und Abhrtung gegen alle Leiden.
trgt die Schmerzen mit innerer Freude, er fordert Gottvertrauen
und Hoffnungsfreudigkeit und preist Gottes Liebe, die sich auch in
den Heimsuchungen kundgibt.
Der
stoische
Der
jdische
Fromme
will
Gott nachstreben, aber er bleibt sich
ewig des weiten Abstandes zwischen Gott und
Dem
dem Menschen
be-
Weisen fehlt die tiefe Demut, die der Religiositt eigen ist. Epiktet wagt den Ausspruch: Du bist ein Gott,
o Mensch". Seneca schreibt von dem Weisen: Alle Jahrhunderte
mssen ihm dienen wie einem Gott". Oder noch mehr: Es ist
etwas, worin der Weise Gott bertrifft. Dieser dankt es der Natur,
da er nichts frchtet; der Weise dankt es sich selbst".^
wut.
stoischen
Die jdische Frmmigkeit und die stoische Popularphilosophie
weisen viele Berhrungs- aber auch viele Differenzpunkte auf
Wo
bereinstimmung in der Lehre und in der Lebensauffassung
besteht, dort darf noch nicht auf ein Abhngigkeitsverhltnis geeine
schlossen
werden.
Vereinzelte
Gedankensplitter wie
der Vergleich
Gottes mit der Seele, der Vergleich der Seele mit einem Gast, der
nach seiner himmlischen Heimat zurckstrebt, das Problem von der
auch das Wort von dem Mittelweg
sind aus der griechischen Umgebung in das jdische Lehrhaus gelangt.
Nichts aber rechtfertigt die Behauptung, da die ZentralEntstehung der Seele,
vielleicht
gedanken der jdischen Frmmigkeit wie der Gedanke der Vorbildlichkeit Gottes und der Glaube an eine gtige Vorsehung stoischen
Ursprungs sind.
Es
lassen sich keineswegs betrchtliche Einflsse der stoischen
Die Verfeinerung und
Bereicherung der Ethik des Sptjudentums ist selbstndig und nicht
unter hellenischem Einflu erfolgt. Die griechische Art des Denkens
und der Begriffsbildung und die ethischen Definitionen der Stoa bleiben
dem palstinensischen Judentum fremd. So viel fremde Elemente
Popularethik
auf die jdische
nachweisen.
auch das Judentum aufnimmt und verarbeitet, der eigene Geist und
die Schpferkraft, die in ihm leben und auf religisem und ethischem
'
j.
Baba kama
Epiktet
6c. Test. Zeb.
diss. II
17,33.
8.
Epiktet
diss. III 22, 13.
Seneca de brevitate
Seneca de dem.
vitae 15. ep. 53.
2, 5
FESTSCHRIFT COHEN
l66
Gebiete fortwirken,
drfen
nicht
unterschtzt,
noch weniger
vllig
negiert werden.
Die jdische Frmmigkeit verhlt sich zur stoischen Philosophie
wie der Prophet zum Philosophen. Sie haben beide viele verwandte
Zge, aber in ihrem innersten Wesen sind sie verschieden.
Der Idealtypus des Griechentums ist der Philosoph, der IdealGriechentum und Judentum,
typus des Judentums der Prophet.
Philosoph und Prophet treffen
in
Alexandrien zusammen und ver-
Juden in Alexandrien blicken zu
Moses und Plato mit gleicher Verehrung empor. Prophet und Philosoph schlieen auch im Christentum einen Bund, der von' den
Kirchenvtern geweiht wird. Die Kirchenvter haben nach einem
schmelzen zu
einer
Einheit;
die
Worte Harnacks das Testament der Antike, das aus Griechenland
stammte, mit dem Testament des Judentums und mit dem Urchristentum
zu
einer
Einheit
verbunden.
In
Palstina
widerstrebt
Frmmigkeit der Verbindung mit der griechischen Weisheit, der Prophet wendet sich von dem Philosophen ab und baut
aus eigener Kraft seine Gedankenwelt auf. In der jdischen Relidie jdische
gionsphilosophie
setzung zwischen
zwischen
des Mittelalters
dem
findet
jdischen und
dem Propheten und dem
eine
dem
erneute Auseinander-
griechischen Geiste statt,
Philosophen.
Judentum und
Griechentum, Prophet und Philosoph haben die europische Kultur
geschaffen.
Damit
ist
unsere Untersuchung zu Ende.
denes Zeichen der Verehrung
fr
Sie soll als beschei-
den Mann gelten, der uns mit
gleicher Meisterschaft die Gedankenwelt der Philosophen wie der Pro-
pheten verstehen gelehrt hat und
in
seinem
Wesen und
in seiner
Weltanschauung eine harmonische Verbindung beider Idealgestalten^
des Propheten und des Philosophen, darstellt.
Maimunis Theorie der Prophetie.
Von Rabbiner
Dr.
LEWKOWITZ-Schneidemhl.
uns Juden der Gegenwart nicht
nur ein auergewhnliches historisches Faktum, dessen eigentmliche Form und geschichtliche Bedeutung wir zu erkennen suchen,
Das
prophetische Judentum
sondern zugleich ein ideales
ist
Ziel,
fr
dem
wir uns in reformatorischer
nhern bemht sind. Der moralische Grundzug unserer
Religion tritt wieder, wie in der Religion der Propheten stark und
deutlich hervor, seitdem unter dem Zwang wirtschafdicher VerhltKultur
nisse und infolge der umgestaltenden Wirkung der modernen
Arbeit zu
das Zeremonialgesetz seine herrschende Stellung verioren hat. Neben
diesen auflsenden Krften, die eine Erstarrung des Judentums verhindert und die Bahn fr seine Weiterentwickelung freigemacht
haben, hat aber an der Umwertung der religisen Werte, an der
energischen Betonung des Sittlichen auch die an die Gedankenarbeit
Kants anknpfende idealistische Philosophie ihren nicht unbetrchtlichen Anteil.
und der religisen Gedankenwelt der Propheten
bestehen, wenn man von der Verschiedenheit der Gesichtspunkte abSie stimmen nicht nur in der Besieht, wesentliche hnlichkeiten.
urteilung des Sittlichen berein, in der andachtsvollen Verehrung des
Guten als des hchsten und alles beherrschenden kosmischen Wertes,
in der rcksichtslosen Energie, mit der sie den ganzen Menschen
Zwischen
ihr
und auf seine sittliche Lebensarbeit hinweisen, sie gleichen
einander auch in dem sozialen Charakter ihrer moralischen Gesetze,
im Inhalt ihrer sittlichen Forderung. Daher ist es kein Zufall, wenn
Cohen, der Fhrer der neukantischen Schule, mit der ihm eigentmlichen Kraft die Bedeutung des prophetischen Judentums betont und
den Beziehungen nachgeht, die zwischen Sittlichkeit und Religion
erfassen
bestehen.
l68
FESTSCHRIFT COHEN
Das
Charakteristische an diesen religionsphilosophischen Unter-
suchungen
ist
die
Konsequenz, mit der
wo
wird, selbst da,
sie
unvermeidlich erscheint.
vollen
Phnomen der Prophetie
bare,
gleichsam
Trotzdem
scheint
In
dem
das Gtdiche
Beziehung zum
persnliche
Cohen
Metaphysik abgewiesen
alle
geheimnisin unmittel-
Menschen zu
treten.
Theorie der Prophetie,
der schpferische Vorgang der prophetischen Erkenntnis bleibt vllig auerhalb
des Gesichtskreises,
er unterwirft vielmehr den Inhalt der prophegibt
keinerlei
tischen
Verkndigung
einer tiefgreifenden Analyse.
dieses Standpunktes wird
um
so deutlicher,
Die Originalitt
wenn man darauf achtet,
wie die mittelalterliche jdische Religionsphilosophie dies Problem
behandelt. Ihr bedeutendster Vertreter Maimonides geh.t im More
auf die einzelnen Lehren der Propheten nicht
griff
prophetischen Judentums
eines
Dagegen
gibt
er eine
ein,
berhaupt
scheint den Be-
nicht
zu
kennen.
ausfhrliche Theorie des Prophetismus.
Sie
im folgenden in ihren Grundzgen dargestellt und kritisch gewrdigt werden. Dazu ist die Befreiung der Maimunischen Gedanken
von der Fessel der aristotelischen Formeln notwendig und ihre bersoll
tragung
in die
Form
des modernen Denkens.
Maimonides unterscheidet, von der naiven, unphilosophischen Ansicht
der
Menge abgesehen,
fassungen
der
grundstzHch verschiedene Auf-
zwei
Die
im
Prophetismus eine natrliche Erscheinung, die sich mit Notwendigkeit
aus dem Wesen des Propheten, aus seiner geistigen und sittlichen
Vollkommenheit ergibt.
Ihr stellt Maimonides die jdische Anschauung gegenber, derzufolge die prophetische Erkenntnis von
dem
Prophetie.
freien Willen Gottes abhngt.
heidnische
Philosophie
Das bedeutet
sieht
fr ihn nicht etwa,
da prophetische Anlage, wie alle Genialitt, ein Geschenk der Gnade
ist,
sondern auch da, wo alle natrlichen Bedingungen fr die Prophetie gegeben sind, kann, seiner Ansicht nach, die prophetische Erkenntnis ausbleiben.
II.
B. Kap. 32. Gott offenbart sich zwar nur einem
Menschen, der die hchste Stufe
und ethischer VollOffenbarung ist dann nicht naturnotwendig, sondern bleibt trotzdem die freie Tat des gttlichen Willens.
Bezeichnend fr Maimunis Denkweise ist seine Behauptung, da die
Prophetie, abgesehen von der gttlichen Gnade, nicht nur an seelische,
sondern auch an physiologische Bedingungen, an eine bestimmte
krperliche Struktur und wechselnde Zustnde des Krpers und der
Seele gebunden ist. Kap. 36. Darin verrt sich neben dem Einflu
der aristotelischen Erkenntnislehre auch die naturwissenschaftliche
kommenheit
erreicht hat, aber die
intellektueller
LEWKOWITZ, NLAIMUNIS THEORIE DER PROPHETIE
Betrachtungsweise des Arztes.
wie
schliet,
in
er
ist
nicht konsequent,
mancher anderen Frage, auch
sondern
bei seiner Erklrung
Kompromi zwischen Dogma und
der Prophetie einen
Vernunft, eine
Anerkennung seiner philosophischen Bedeutung
unzureichend bezeichnet werden mu.
Lsung,
als
Aber
169
die bei aller
dem Geheimnis
Die Ehrfurcht vor
kann uns nicht
schpferischer geistiger Pro-
den bernatrlichen, wunderbaren
Charakter der Prophetie zu leugnen. Maimunis Anschauung ist fr
zesse
hindern,
uns nicht nur deshalb unhaltbar, weil
sie die
strenge Gesetzmigkeit
Geschehens aufhebt und den Wunderglauben mit unserer Religion unlsbar verknpft, Judentum und Wissenschaft in unberbrckbaren Gegensatz zueinander stellt, sie erscheint uns auch ethisch
nicht einwandfrei, weil sie das Handeln Gottes von der sittlichen
Norm lst und ein mystisches Prinzip der Gnade und Willkr an ihre
alles
Stelle setzt.
Der
klassische Philosoph des
Judentums
zeigt
sich hier
dogma-
befangen und macht der Tradition, der Volksmeinung bedenk-
tisch
Doch
liche Konzessionen.
soweit sein dogmatischer Standpunkt es
zult, sucht er die Prophetie natrlich zu erklren.
unsere
Phantasie
wachem Zustand
Gedanken
die
beschftigen,
fortsetzt
so wird,
und
Wie im Traume
gestaltet,
die uns in
seiner Ansicht nach,
auch
der Geist eines Propheten, der sein Erkenntnisvermgen bis zur Voll-
kommenheit durch geistige Arbeit entwickelt, seiner sinnlichen Natur
Herr geworden ist und nicht von dem ehrgeizigen Streben nach
persnlicher Geltung geleitet, sondern von der Sehnsucht nach Erkenntnis und Wahrheit erfllt ist, nur Erhabenes und Reines, Gott und
seine Engel schauen, gltige Erkenntnisse und wertvolle sittliche
Normen gewinnen. Kap. 36. Das bedeutet aber nicht, da der
Prophet aus eigener Kraft die Wahrheit erkennt, er bedarf dazu
vielmehr der Inspiration.'
Diesen bernatrlichen Vorgang jedoch sucht Maimonides, soweit
wie mglich, natrlich
darzustellen.
Sobald der erste Ansto ge-
Propheten gleichsam in Bewegung
gesetzt hat, verluft alles andere in durchaus gesetzmiger, natrlicher und erkennbarer Form. Demnach ist Joels Urteil: Maimonides
geben
ist,
Gott die
Seele
des
darum kann
Fhigkeit und Anlage
hlt die Prophetie als solche fr nichts bernatrliches,
er an die
'
Kap.
Aufgabe
36.
sich
machen,
sie
als eine
FESTSCHRIFT COHEN
170
der Menschennatur zu erklren "S zu berichtigen.
wird im More der Wunderglaube nicht beseitigt,
Minimum
Wirklichkeit
sondern auf ein
reduziert.
Dieselbe Haltung zeigt Maimonides,
wenn
Erscheinungen und Vorgnge, von denen die
Reden
In
wunderbaren
Propheten in ihren
er die
berichten, nicht als wirklich gelten lt, sondern als imaginr
Scheinbar wird ihnen damit der Charakter des Wunderbaren genommen, in Wahrheit aber tritt nur an die Stelle der
krperlichen Form die geistige; der Wunderglaube wird seiner grb-
bezeichnet.
und
sten
im
am
Prinzip
meisten anstigen
Form
entkleidet, vergeistigt, sublimiert,
Die Visionen der Propheten sind ja
natrliche Schpfungen der prophetischen
aber festgehalten.
Maimonides nicht freie,
Phantasie, sondern von Gott inspiriert.
Man darf sich durch die allegorische Deutung der prophetischen
Bilderrede, die Maimonides mit genialer Kunst bt, nicht tuschen
lassen. Ihre Tendenz ist rationalistisch und naturalistisch, der Inhalt
und Sinn der Visionen soll als natrlich und vernunftgem erwiesen
werden, aber ihre Entstehung bleibt bernatrlich und wunderbar.
fr
Wo
berdies aus besonderen Grnden, wie bei
dem
biblischen Be-
von der Offenbarung am Sinai, die allegorische Deutung unmglich ist, nicht die Vision eines Einzelnen, sondern ein vom ganzen
Volk beobachteter wirklicher Vorgang dem Wortlaut zufolge angenommen werden mu, trgt Maimonides kein Bedenken, von einer
besonderen, von Gott auf wunderbare Weise geschaffenen Stimme zu
richt
Das wre
sprechend
eine vllig unbegreifliche Inkonsequenz,
im More wirklich der entschiedene Versuch gemacht werden
wenn
sollte,
die Prophetie als natrliche Erscheinung zu erklren.
Zwischen Rationalismus und Wunderglaube schwankt Maimonides
der prophetischen Divination
Er versteht darunter zwei fr uns absolut verschiedene
untersucht.
Fhigkeiten, die Gabe intuitiver Erkenntnis, die nicht wie das logische,
wenn
auch,
diskursive
er
die
rtselhafte Kraft
Denken von Folgerung
zu Folgerung
mhsam
fortschreitet,
sondern mit einem Schlage das Endresultat trifft, auerdem aber
das Vermgen, zuknftige Tatsachen als gegenwrtig zu sehen, ber
das sinnlich in der Erfahrung Gegebene hinauszublicken 3. Er versucht
nun,
die
"
3
Divinationsgabe der Propheten
Spinozas Theolog.
Kap. 33Kap. 38.
natrlich zu erklren,
als
Politischer Traktat auf seine Quellen geprft S. i8.
LEWKOWITZ, MAIMUNIS THEORIE DER PROPHETIE
I7I
Steigerung und Potenzierung eines allgemein menschlichen Ahnungs-
um so
beim Propheten Vernunft
und Phantasie in gleicher Vollkommenheit entwickelt sind und sich
gegenseitig untersttzen, Kap. 38, whrend bei Phantasten und Wahrsagern die Intelligenz nicht stark genug ist, so da sie Wahres und
Falsches durcheinander mengen. Aber auch hier wird die wissenschaftliche Erklrung abgeschwcht und getrbt. Die Divination der
Propheten wird nicht als ein natrliches, wenn auch seltenes menschliches Phnomen, sondern als Wirkung des gttlichen Geistes bevermgens, das
zeichnet.
Ihr
begreiflicher wird, weil
Zusammenhang
mit
der
ethischen
Gewiheit
des
Propheten von der Gerechtigkeit und Liebe Gottes bleibt unerkannt.
Mit Entschiedenheit vertritt Maimonides den supranaturalistischen
Standpunkt, wenn er von den W'undern spricht, die die Propheten
verrichtet haben.
Die Fhigkeit, Wunder zu tun gehrt, seiner ber-
zeugung nach, zum Wesen des Prophetismus, und je grer sie ist,
desto hher ist ihm auch der Rang des Propheten. Mose bertrifft
darum alle anderen Propheten, weil seine Wunder im Angesichte des
ganzen Volkes, also in voller ffentlichkeit geschehen. Kap. 35.
Lt Maimonides sich hier durch seltsame uerlichkeiten dazu
verleiten, im Propheten einen Wahrsager und Wundertter zu sehen,
so trifft er wiederum mehr den Kern, wenn er vom Propheten Mut
Nur handelt es sich da nicht
und Unerschrockenheit verlangt.
immer um den sittlichen Mut, die eigene berzeugung, die Majestt
der moralischen Forderung der irdischen Macht, den Groen der
Erde gegenber zur Geltung zu bringen (Kap. -^y), sondern Maimonides denkt auch an den natrlichen Mut, der sich aus dem Gefhl
der eigenen Kraft von selbst ergibt und in heroischen Taten offenbart^. So wird ihm Simson sonderbarerweise zum Propheten^, wenn
er auch, wie die anderen Richter, den niedrigsten Typus des Propheten
darstellt.
Aus
der Tatsache, da der Prophet ein Held
monides, da auch der Held ein Prophet
Stimmung, der sittlichen Begeisterung, die
ist.
ist,
schliet Mai-
In der ekstatischen
zum Handeln
treibt,
sieht
Merkmal der Prophetie und wird durch den
Wortlaut der heiligen Schrift darin bestrkt, die die Richter und
er
ein
wesentliches
Ohne Zweifel hat
Helden vom Geiste Gottes" erfat sein lt.
Maimonides hier richtig gesehen, wenn er den Trieb zur Aktivitt,
Kap. 38.
Kap. 45.
FESTSCHRIFT COHEN
172
das selbstlose, energische, ideale Handeln fr ein wesentliches Zeichen
der Prophetennatur hlt, doch ist seltsamerweise seinem Genie die
und Bedeutung des prophetischen
Geistes entgangen, er htte sonst den Begriff der Prophetie schrfer
und enger gefat und Simson nicht einen Propheten genannt.
Seiner Ansicht nach besteht zwischen Mose und den spteren
selbstndige, schpferische Kraft
Propheten nicht nur ein Unterschied des Grades, sondern des Wesens."
Mose allein ist der Schpfer des Monotheismus, der Empfnger der
hchsten gttlichen Offenbarung und darum der von Gott beauftragte
Alle spteren Propheten sind neben ihm Geister
Gesetzgeber.*
zweiten Ranges, geniale pdagogische Naturen, dazu bestimmt, Israel
fr die Lehre des Mose zu erziehen und reif zu machen. 3 Es braucht
nicht erst gesagt zu werden, da
lichen
Maimonides der religionsgeschicht-
Bedeutung der Propheten nicht gerecht
Aus
wird.
dieser irrtmlichen Beurteilung des Lehrgehalts der prophe-
tischen Religion
erklrt
sich die
verschiedenartige
und der spteren Propheten, da ihm Mose
menschlichen
Wesen
wird,
das
alle
fast
Wertung Mosis
zu einem
ber-
Krperlichkeit berwunden und
wie die Sphrengeister, die Engel, ohne Vermittlung des Erdgeistes,
der ttigen Intelligenz" Gott erkennt. Die Tradition allein, die Mose
eine Sonderstellung anweist, htte Maimunis Urteil nicht bestimmt,
zeigt sich ja gerade
lieferung
im More, wie selbstndig und
gegenbersteht.
Kj-aft der Propheten, ihre
Sobald
aber
Bedeutung
die
fr die
frei
geistige,
er der
ber-
schpferische
Hherentwickelung der
mosaischen Religion erkannt ist, schwindet auch die Mglichkeit,
eine Wesensverschiedenheit Mosis und der spteren Propheten anzunehmen. Whrend Maimonides zwei verschiedene Arten der Prophetie und Offenbarung annimmt, ist das Problem der Prophetie
fr
uns ein einziges.
den hchsten Typus des Menschen,
er besitzt die grte erreichbare menschliche Vollkommenheit, die
sittliche Reinheit der Gesinnung, voll entwickelte Verstandeskraft und
eine gestaltungskrftige, auf die leiseste Anregung reagierende Phan-
Der Prophet
reprsentiert
Kap. 36. Sie ist das eigentliche Organ der Prophetie. Ist
sie mangelhaft entwickelt, so da die geistigen Inhalte nicht bildhaft
gestaltet werden, dann wird aus dem Propheten der Philosoph.
tasie.
'
'
Kap.
Kap.
Kap.
3539.
39.
LEWKOWITZ, MAIMUNIS THEORIE DER PROPHETIE
I73
berwuchert sie den Intellekt, dann enthalten die Offenbarungen,
Trume und Visionen Phantastisches, Richtiges und Falsches. ICap. 37.
Beim Propheten befinden sich also die hchsten seelischen Krfte
Er schpft
im vollen Gleichgewicht.
seine Erkenntnis aber nicht aus
der Tiefe der eigenen Seele, sondern empfngt eine Inspiration von
auen, der einstrmende Gottesgeist wird vom prophetischen Intellekt
die Phantasie weitergeleitet, die die Denkinhalte
aufgenommen und an
Kap.
knstlerisch gestaltet.
36.
und Phantasie zur Erklrung der
prophetischen Rede zusammenwirken lt, in der Phantasie das notwendige Organ der Prophetie erblickt, erscheint uns als seine wertvollste Erkenntnis, als seine bedeutendste Leistung fr die Bestimmung
der prophetischen Natur. Da er Intelligenz und Phantasie so scharf
Da Maimonides
hier Intellekt
voneinander sondert, der Phantasie nur die Rolle des gestaltenden
Knstlers zuweist, der seine Ideen erst von einem anderen empfangen
Daran ist die Erkenntnislehre des
mu, darf nicht berraschen.
Aristoteles schuld,
von einem dem begrifflichen Denken
die
gleich-
Denken nichts wei. Dagegen
ist es befremdend, da er bei der Bestimmung der besonderen Prophetengabe Mosis sein Urteil ber die Notwendigkeit und den Wert
der prophetischen Phantasie ndert. Er uert sich da nur in vorwertigen knstlerischen,
bildhaften
Andeutungen, trotzdem lt sich erkennen, da,
seiner Ansicht nach, Mose nicht nur ohne Mitwirkung des Erdgeistes,
sondern auch ohne das Medium der Phantasie, als reiner Intellekt
Das lt sich mit dem Satze: Die
seine Offenbarungen empfngt'
Phantasie ist das notwendige Organ der Prophetie" schwer vereinsichtigen
und
leisen
baren.
Dieser Widerspruch lt auf einen tieferiiegenden Irrtum schlieen.
Gleichviel, ob Maimonides dem Plato, oder dem Aristoteles nher
steht,
in
jedem
Falle
ist
sein religionsphilosophisches
Denken durch
den Intellektualismus der griechischen Philosophie bestimmt. Die
hchste seelische Kraft ist ihm die Vernunft, und so werden ihm
die Propheten zu spekulativen Denkern, die in genialer Intuition metaphysische Wahrheiten erkennen und in allegorischer, dichterischer
Rede aussprechen. Ihr unbezwinglicher Drang, ihre Offenbarungen
dem Volke mitzuteilen, ist nur die Folge der Kraft und Flle des
auf
sie
'
einstrmenden gttlichen Geistes, der auch die Philosophen
Kap.
36.
FESTSCHRIFT COHEN
174
ZU literarischer Arbeit
unterscheidet,
ist
Was
treibt.'
nicht
den Propheten
vom
Philosophen
ethische Genialitt, die schpferische
seine
Kraft und Strke des sittlichen Empfindens,
der Phantasie, der zur Intuition befhigt.
sondern der Reichtum
Die bildhafte Sprache der
aber nicht die adquate, natrliche und hchste Form
der metaphysischen Erkenntnis. Darum lt Maimonides den Mose
Gott ohne Hilfe der Phantasie, als reine Intelligenz in begrifflichem
Phantasie
ist
Denken erkennen.
Es ergibt sich
daraus, dai^ er die Bedeutung der prophetischen
Meinung
strenden Einwirkungen der Auen-
Ekstase nicht richtig einschtzt.
Sie schliet nach seiner
den Propheten nur gegen die
welt ab und ermglicht so das freie, ungehemmte Spiel der Phantasie.*
In Wirklichkeit aber
ist
das ekstatische Fhlen, das
aufrhrende Erleben, die
Seele
tischen Schaffens,
und
kenntnis,
die
dem
aus
Glut
alle
Tiefen der
geheimnisvolle Quelle des prophe-
sittlichen
Gefhl selbst stammt die Er-
des Empfindens strmt naturnotwendig
dichterischer Rede, in Bildern
Fr Maimonides handelt
und Visionen
in
aus.
es sich offenbar nur darum, die schein-
bare Phantastik der prophetischen Rede zu beseitigen, das irrationale
Moment, das
die reine Geistigkeit des jdischen
droht, unschdlich zu
nach
machen, und so
rationalistischer Bibelexegese die
Monotheismus be-
erklrt er aus
dem
Bedrfnis
Gestalten,
die
Propheten
die
schauen, fr Schpfungen der Phantasie und konstruiert danach das
Wesen
der
Propheten.
Die
tiefe
Verwandtschaft, die innere Zu-
sammengehrigkeit von Kunst und Religion hat er nicht erkannt,
daher lt er den vollkommensten Propheten die Wahrheit unverhllt schauen, begrifflich denken, und nur fr die Menge wird sie in
die verbergenden und schtzenden Schleier der Dichtkunst gehllt.
Den
geheimnisvollen Vorgang der gttlichen Offenbarung be-
Maimonides mit den Formeln des neuplatonischen AristoteDie Emanation des gttlichen Geistes strmt durch Verlismus.
mittelung des Erdgeistes in die Seele des Propheten.3 In die Sprache
schreibt
der
Gegenwart bersetzt bedeutet das, da
Schaffens der Prophetengeist seine Einheit mit
in
der
Ekstase des
dem Weltengeist
fhlt.
den Anspruch erheben, eine metaphysische Erklrung der Offenbarung zu
Dieser Satz kann natrlich nicht, wie Maimonides glaubt,
'
Kap.
Kap.
Kap.
37.
41.
36.
LEWKOWITZj MA.IMUNIS THEORIE DER PROPHETIE
geben,
1/5
das Mysterium des geistigen Schaffens dringt unsere Er-
in
kenntnis nicht,
aber wenn
man
darin nur eine vorsichtige psycho-
Beschreibung des prophetischen Seelenzustandes erblickt,
dann wird eine solche Vermutung durch die prophetischen Reden
Man wird die verschiedenen Wendungen,
selbst deutlich besttigt
logische
mit denen
sie
die Ekstase,
das Ergriffensein
vom
gttlichen Geiste
beschreiben, nicht anders deuten knnen, sie haben nur diesen einen
Sinn.
Vom
psychologischen Standpunkte aber wird man, von allen
erkenntniskritischen Bedenken abgesehen, gegen Maimunis Auffassung
der Offenbarung einwenden mssen, da sie den schpferischen Akt
des prophetischen Denkens veruerlicht und mechanisiert So wenig
Sicheres
wir
auch ber die seelischen
Vorgnge im Geiste der
Propheten behaupten knnen, eins ist sicher, da zwischen der Offenbarung, die ein Prophet empfngt, und der Struktur seiner Seele die
denkbar engste Beziehung besteht, da die Persnlichkeit des Propheten
den Inhalt seiner Offenbarung wesentlich bestimmt und nicht, wie
das indifferente, unpersnliche Werkzeug des gttlichen Geistes ist, und da demnach der prophetische Geist nicht die
ausschlielich passive Rolle spielt, die ihm im More zugewiesen wird,
bei Maimonides,
sondern im
Phnomen
des
prophetischen
Schaffens
die
schpferischen religisen Krfte des menschlichen Geistes
sind
und
sich offenbaren.
tiefsten
am Werke
Die alexandrinische Lehre von den Mittelwesen oder
gttlichen Krften, insbesondere bei Philo, geprft auf
die Fraee,
ob und welchen Einflu
sie
auf das
Mutterland Palstina gehabt,
Beitrag zur Geschichte der jdischen Religionsphilosophie.
Von
geschichtliche Tatsache, da der welthistorische
bekannte
EsKampf zwischen
den
ist
tum und
Treitel.
L.
eine
beiden Kulturmchten, palstinischem Juden-
hellenistischem Denken, oder jdischem Glauben und grie-
chischer Weltweisheit, innerhalb der palstinischen Kreise mit einem
entschiedenen Sieg des ersteren geendet hat. Innere Grnde sind es,
eben die Grundabweichung palstinischer Denkweise in Sachen der
Religion, da auch zur alexandrinischen Religionsphilosophie, dieser
edelsten Blte jdisch-hellenistischer Bildung das Verhltnis sich zum
Teil feindlich
gestaltete.
Gleich das erste,
auslegung, auf die sich dieselbe
sttzt,
die allegorische Schrift-
mute
in
dem
nischer Gesetzeslehrer schrfste Verurteilung erfahren
Kreise palstivielleicht,
wenn
auch nicht recht erweisbar, ist darauf das bekannte Verdikt des
n^bn^ h nmnn n^iS n"?: Pirke Ab. 3, 8 zu beziehen. Sehr bald
und so weit konnte schon die Kunde von
ist in diesen Kreisen
der eigentmlichen Auslegungsweise der Alexandriner gedrungen sein
ungeheure Gefahr erkannt worden, die dem Fortbestand allen
Religionsgesetzes von der Verflchtigung des Schrifswortes in leichte
Gedankengebilde drohte. Die Synagoge, wenn man so die palstidie
mute der allegorischen Schrifterklrung aus diesem Grunde Tr und Tor verschlieen, sie berlie
es der Kirche, das Erbe allegorischer Schrifterklrung anzutreten,
die davon, wie bekannt, desto ausgiebigeren Gebrauch gemacht.
nischen
Kreise
bezeichnen
darf,
sonst zeigte das Gesicht dieses jdisch-alexandrinischen Hellenismus in Lehre und Leben eben nichts Sympathisches fr palstinische
Auch
Relicionsbegrifife.
Die Denationalisierung oder die Ausschaltung des
12
FESTSCHRIFT COHEN
178
theokratischen Gedankens, der durch das gesamte pentateuchische
Religionsgesetz geht, fr den Philo durchgehends ethisches Prinzip
war fr palstinische Anschauung etwas unsagbar BefremdVollends aber war
liches, mute in diesen Kreisen kalt, leer lassen.
der Gottesbegriff, wie er in Alexandrien, im jdischen Hellenismus
sich herausgebildet, fr Palstina etwas, was man daselbst gar nicht
Der farblose auerweltliche Gott der Alexandriner, der
verstand.
um seiner Erhabenheit willen gar nicht in die Welt des Geschehens
eingeht, wie er bei Philo gelehrt wird, war fr palstinische Begriffe
einfach ein Nonsens, er widersprach allem und jedem, was die Propheten, die gottbegeisterten Snger der Psalmen von Gottes unmittelbarem Wirken in der Welt verkndet, was, weil es mit glubigem
Gemte hingenommen ward, allein auch die Gemter zu erwrmen
vermochte. Und doch daneben Ausdrcke und Begriffe, wie i<"10"'0,
"1p\ sn^DtJ', dazu die Middoth, inn mo und D^omn 0, die auf den
ersten Blick so frappante hnlichkeit mit den Swafias oder Xoyot
den Mittelwesen, gttlichen Krften bei Philo, zeigen. Wie
d.
sollte sich da nicht die Frage erheben, ob und wie weit hier jdischGewi sind die
hellenistische bezw. philonische Einflsse vorliegen.
hnlichkeiten lngst von jdischen und christlichen Forschern erkannt worden, aber eine scharfe Abgrenzung nach palstinischer
Seite vermit man, und erscheint darum erneute Untersuchung, wie
sie im folgenden gegeben werden soll, zum mindesten nicht bersetzt,
i.
flssig.
Was Gelehrte
zum
wie C. Siegfried
in
seinem Philo von Alexandrien"
Zeller in Geschichte der griechischen PhiloS. 383 Anm. 2 bestimmt hat, den Logos als
Teil auch einen E.
sophie" Illb,
3,
Aufl.
Haupt- und Mittelpunkt der Lehre von den gttlichen Krften bei
Philo in die Nhe des 'm N1'' zu bringen, sie fr nahe verwandt
zu erklren, ist das, da allzu viel Gewicht auf die bloe Wortbedeutung der beiden termini gelegt worden.
aber
ist
gelangen.
Auf diesem Wege
Lsung der vorliegenden Frage nicht zu
Mehr hat man sich davon zu versprechen, da der gene-
zu einer sicheren
tischen Entwickelung der hier in Betracht
gesprt wird.
kommenden
Begriffe nach-
Bei Philo sind wir in der glcklichen Lage, ihn selbst
ber die Entstehung seiner Lehre von den gttlichen Krften abhren zu knnen. Er lt keinen Zweifel darber, da dieselben
Erjebnis der starren Transzendenz seines Gottesbegriffes sind; das
ganze System der Mittelwesen oder gttlichen Krfte, wie er es an
unzhligen Stellen seiner allegorisch-exegetischen Schriften mit behag-
TREITEL, DIE ALEXANDR. LEHRE
VON DEN MITTELWESEN USW.
I/O
lieber Breite darlegt, ist mit innerer
Notwendigkeit aus diesem seinem
Gottesbegriffe hervorgegangen. Einmal die Lehre von dem schlechthin
transcendenten Gotte aufgestellt, der als solcher nicht unmittelbar
in die
alles,
Welt der Materie eingehen kann
aus der vXr] erschuf Gott
nicht da er dieselbe, das Urgemisch von Stoff, berhrt htte,
das durfte er seiner glckseligen Natur nach nicht"
329 ed. C., zitiert bei E. Zeller
feststeht, da Gottes Wesen im Wirken,
sagt er de spec.
da andererseits fr ihn
in der Einwirkung auf die
Welt besteht, war aus diesem Dilemma nicht anders herauszukommen
als durch die immerhin von einer gewissen Genialitt zeugende Annahme von Mittelwesen, gttlichen Krften, die den Verkehr Gottes
mit der Welt vermitteln, wie er ausdrcklich an derselben Stelle
weiter lehrt. Damit war aber auch die andere Annahme gegeben,
da diese gttlichen Krfte Trger eines eigenen Seins sind, mit
anderen Worten, da ihnen Persnlichkeit zukommt; die gttlichen
^^^^-
I,
Krfte bei Philo, voran der Logos, erscheinen personifiziert.
Wenn
sie an anderen Stellen doch wieder vielmehr als Eigenschaften Gottes
oder,
wenn von
eigentlichen Attributen Gottes bei Philo nicht ge-
redet werden darf, als vielmehr der Gottheit innewohnend hingestellt
werden, so
das eine der zahlreichen Unklarheiten, in die unser
ist
Freund sich auch sonst verwickelt
Das
alles
hat E.
hat,
Zeller berzeugend,
stellungskunst gegeben,
ohne es auch nur zu merken.
lichtvoll,
wie es seiner Dar-
Gesch. d. Phil. d. G. III b von S. 360
an auseinandergesetzt; aber was er nicht besprochen, auch nicht berhrt hat, als gar nicht in den Rahmen seines Werkes fallend, ist
die daran sich knpfende Frage, ob und wie weit Philo damit noch
auf dem Boden eines strengen Monotheismus als Jude steht; desto
mehr aber interessiert die Frage uns, interessiert sie den jdischen
Theologen.
Da
leuchtet denn
a. a. O.,
ohne weiteres
Mittlern oder Mittelwesen, wie
Philo nennen
mag
er
ein,
immer man
da die Annahme von
die gttlichen Krfte bei
selbst hat dafr das Bild des Siegelabdruckes
(de Monarchia 47 C)
die einmal
eigenes Sein, eigenes Wirken haben,
aus
teils
Gott herausgesetzt,
erschaffend,
teils
dann
ordnend,
da solches mit dem strengen Monotheismus der Lehre des Judentums sich nimmer vereinen lt. Schon daraus folgt mit absoluter
Gewiheit, da
und was sonst von derartigen Begriffen hier noch in Betracht kommt, Mittelwesen im Sinne Philos
nicht sein knnen.
Nur noch in der, alexandrinischer Denksphre
angehrenden, Apokryphen- Literatur findet sich Ahnliches, es ist das
'I0''0,
t^lp'',
t<ni''3ty
12"
FESTSCHRIFT COHEN
l80
in
Kap.
von der Sapientia gegeben wird. Wenn es daselbst von
es ist in ihr ein Geisteshauch, Hauch von der Allmacht
der Sapientia Salomonis,
VII, 22
ff.
ihr heit:
Gottes,
von
Ausflu
der
in
der Schilderung,
Gottes,
Herrlichkeit
die daselbst
Spiegelbild
seiner
vermgend, alles erschauend", was fehlt
da noch zur Hypostasierung oder Personifizierung der Sapientia zu
einer Art zweiten gttlichen Wesens, wie es im Logos Philos erscheint? Kein Zweifel, da Philo bei der Mischung der Farben zu
dem Riesenkaleidoskop seines Logos, wenn man es so nennen darf,
davon besonders stark beeinflut worden, so sehr im brigen die
Wirkenskraft, selbst
alles
darin
durchaus einem E. Zeller bei
In alexandrinischen Kreisen hat solche
sein eigenster Gedanke ist.
Nebenordnung gttlicher Mittelwesen keinen Schreckensruf aus-
Logos-Lehre
gelst,
wohl aber
pflichte ich
in palstinischen; in letzteren, fragt
setzen: ]n nnty"! Tlty n)b^
Metathron,
dieses
on Otr Talm. Chag.
rtselhafte
Engelwesen.
man
15 a in
So bedeutet
mit Ent-
bezug auf
hier
der
von gttlichen Wesen eine schwere
Gefahr fr den strengen Monotheismus, als dessen Wchter die Synagoge dasteht. Hier lag auch nicht die geringste Veranlassung
zur Annahme von Mittelwesen, vermittelnden Krften vor; palstinisches Judentum nimmt durchaus nicht Ansto an der Anschauung,
da Gott mit seinem Wirken unmittelbar in die Welt, und sei es
auch in die Welt des physisch Bsen eingeht, hier ist Gott, umgekehrt, innerweltlich, so da man auch nicht vor der uersten
Konsequenz zurckschrickt, und die Art, wie Jesaja 45, 7 von Gott
spricht Bildner des Lichts und Schpfer der Finsternis, FriedensDeutstifter, erschaffend auch bles" ganz selbstverstndlich findet.
licher noch Talm. Ber. 55a: Fr drei Dinge in der Welt behlt sich
bloe Schatten
einer Zweiheit
Bestimmung vor, es sind Hungersnot, Fruchtbarkeit
und guten Herrn. Das alles in Konsequenz dessen, da in Palstina
vllig unfabar war der Gedanke eines nebengeordneten gttlichen
Wesens. Es mag dem Umstnde, da E. Zeller eben nicht im
Judentume steht, zugute gehalten werden, da er bei Memra meint,
da hier Einflu des philonischen Logos vorliege und demgem die
die eines gttlichen MittelMemra auch hnliche Bedeutung d.
wesens habe. Es erscheint nach dem Dargelegten solches vllig
ausgeschlossen, und ist nach all dem zu sagen:
Philos Lehre von den gttlichen Krften hat nirgends
und zu keiner Zeit in Palstina ein Echo gefunden, nicht
in mischnischer und nicht in talmudischer Zeit.
Gott
oberste
i.
TREITEL, DIE ALEXANDR.
So erbrigt denn
niOty
J^ID^O Slp^
Am
prfen.
l8l
darauf den tatschlichen Gebrauch von
der Middoth, ]nn
und D^onin '0, zu
nur,
mo
wie
evidentesten zeigt sich die Abwesenheit jeden Charakters
von personifiziertem Sein bei
fr 'n
LEHRE VON DEN MITTELWESEN USW.
Nip'';
es
ist
die aramische
nnD, nichts weiter, wie deutlich aus der lngst
Bezeichnung
in die
Gebet-
ordnung bergegangenen Stelle, Jes 6, 3
yi b^ ''Vo zu
erfahren. Es ist ein Umgehen des Gottesbegrififs" sagt Z. Franke L
in seinem Zum Targum der Propheten Literar. Beil. z. Jahresbericht
n"'"lp'^
d.
Da
Sem. 1872".
ferner 1D''0 nicht Mittelwesen
sein kann, geht aufs klarste aus
n"'m"3im
nSJ'l
VT
"'n
K10"!Dn
dem Targum
hervor; es hiee
zu
im Sinne Philos
Exod
14, 31
'li''l3'n"l
doch unserm Targum
Onkelos eine Ungeheuerlichkeit unterschieben, wollte man dasselbe
so verstehen, als htte der Glaube an ein zweites gttliches Wesen
zu gleicher Zeit bei Israel Eingang gefunden. Es ist erklrende
schreibung des Gottesbegriffs selber, wie solche erklrende
schreibung auch bei
Mose
Frage bei
riger ist die
UmUm-
ntig gefunden worden, sonst nichts. Schwie-
NnrDtJ',
indem da der Sinn, die etymologische
es drfte davon auszugehen sein, da
Bedeutung dunkler ist. Indes,
der Bezeichnung TlS^D^ hufig Vt beigesetzt wird, dessen Sinn klar ist.
Damit wird auch Sinn und Bedeutung von nyoty klarer, durchsichEs drfte, wie dies auch E. Zeller herausgefhlt hat a. a. O.
tiger.
p.
368
Anm.
I,
die Lichterscheinung zu bedeuten haben, in der die
Gottheit
thronend
gedacht wird,
Gottheit
werdend.
Wie
Vorarbeit
zum Abglanz
der
solche Ideenassoziation
er-
gleichsam
so
fr
wonach
da
schon als in Licht gehllt gedacht wird, auch an das viel angewendete
C lty p^b wird man denken knnen, was Gesenius' Wrterbuch s. v.
pty geradezu fr den Ursprung von n^DtJ' erklrt. Doch gleichviel,
ob auch sonst noch eine Bedeutungsnuance fr den Ausdruck Tiy^
gefunden wird, so viel liegt klar zutage, da das alles keineswegs auf
die Vorstellung von gttlichen Mittelwesen fhrt. Bei den beiden Middoth, D^omn D und ]nn ', wie sie in dem bekannten Midrasch n"npn 1DN
scheinen biblische Vorstellungen wie Ps 104,
mon
2,
die Gottheit
n Ber. rabb. s. 12 zusammenbegegnen und sonst vielfach in Talmud und Midrasch, liegt der Vergleich mit den beiden Plauptkrften, den obersten Mittelwesen, der
SvvafjLLs aa-iXiK-q und Svvafiis evipyeris bei Philo, wegen der hnlichkeit
besonders nahe, er ist geradezu unabweisbar, zumal auch die Quelle
es sind dies bekanntlich die Gottesnamen mn"'
dafr bei beiden,
die gleiche ist. Gleichwohl vermag ich auch hier nicht
und U^7\bn
'1D1
n^onnn
O'j'iyn
^iS t<mn
philonischen Einflu zu erblicken; das
Umgekehrte
erscheint als das
FESTSCHRIFT COHEN
l82
da die Middoth des Talmud und Midrasch
lter als Philo, wie sie sind, wenn sie auch nicht vor ihm literarisch in
Talmud und Midrasch fixiert worden, von Palstina erst den Weg in
Ein geschrfteres
die alexandrinische Denksphre gefunden haben.
Denken der mischnischen Zeit, deren Anfang, wenn auch noch ohne
Wahrscheinlichere
d.
i.
Niederschlag,
literarischen
bekanntlich
weit
vor
Philo
zurckliegt,
Gott bestimmte Krfte besonders unterscheiden, was zur Benennung von nn fhrte. Ausgangs- und Anhaltspunkte mochten
lie in
und deren Benennungen, wie Bti>1 pHS verbunden mit T^S "lOTp'' riOKI IDh V' 89, 1 5 bieten. Man sieht bei nherer
Prfung, da die beiden Middoth auch gar nicht dem Sinne nach mit
den Krften bei Philo, der kniglichen Gewalt als der einen, der wohltuenden Macht als der anderen zusammenfallen. Der Sinn von kniglicher Gewalt liegt gar nicht in ]nn '. Gerechtigkeit", was dieses
biblische Vorstellungen
allein bedeutet,
Die Middoth sind ferner
um
Gott,
lehrt
de
sagen
was
mehr und weniger als knigliche Gewalt.
nach palstinischer Anschauung nicht Krfte
bezeichnet
die Swa/x,eis des Philo sind, wie er ausdrcklich
wenn man
conf. ling. 171 ed. C, sie sind Krfte",
will,
von ihnen
schon so
aber Krfte in Gott, Eigenschaften Gottes, die nicht aus
Zeller anzunehmen scheint,
wenigstens fr die Zeit nach Philo a. a. O. S. 370 Anm. i. Von
lteren Forschern so auch Nachman Krochmat in s. More Neboche
ihm herausgesetzt
auftreten, wie dies E.
Middoth bezeichnen Energien, scheinen
nur aus Gott herausgesetzt zu sein, in Wahrheit DlIpO Dj; 'nnino DH
Einmal nur,
sind und bleiben sie mit ihrem Urquelle verbunden".
ha-seman, schaar 12
die
kommt
im Sinne eines wirklichen Mittelwesens vor, es ist dies in liturgischer Literatur, in den Selichoth,
der bekannten Gebetstelle: '''?:i^inn )ybv D'm mD, doch dies ist
sptes Produkt, geht ber den altpalstinischen Gedankenkreis hinaus;
so weit ich sehe,
D''m
'0
Anschauung. In dieselbe Kategorie
des Kabbalistischen, Frhkabbalistischen wren auch die sogenannten
nvni mit ihrer Hypostasierung als wirksame Krfte in Midrasch
und Talmud zu rechnen, wie Talm. babl. Ber. 55 a ^'nb '^ .TH V^^'
pKI n^OtJ' pn "linity nvm. Ebensowenig sind endlich die Engel"
ich vermute hier kabbalistische
in
der
Bibel
gleichbedeutend
mit
gttlichen
Krften,
Mittelwesen
Engel haben unbestreitbar Persnlichkeit,
werden ihnen krperliche Bewegungen
Gestalt,
es wird ihnen
beigelegt; die Bibel gibt damit nur den Volksglauben, die VolksDie Engel umstehen lobsingend den Thron
anschauung wieder.
im Sinne
Gottes,
Philos.
sind
Die
die Begleiter Gottes,
seine Boten,
die
dem Menschen
TREITEL, DIE ALEXANDR. LEHRE
VON DEN MITTELWESEN USW.
183
danach sind sie Mittler
mute auch einen Philo auf
Begriffe, wie sie ihm philo-
seine Befehle, seine Botschaften berbringen,
zwischen Gott und Mensch.
Das
den Gedanken bringen, da seine
alles
Aoyot,
sophische Spekulation eingab, mit den ayyeAot, fr die vielmehr der
Glaube seines Volkes die Quelle ist, identisch seien; vgl. die Stellen
Aber da die Engel krperlich gebei E. Zeller S. 363 Anm. 2.
dacht werden, bezeichnet allein schon einen einschneidenden Gegensatz zu seinen Swa/xe oder Aoyot, die, wie er ausdrcklich de conf.
Zum anderen erUno-. 172
sagt, vorjToc, rein geistiger Natur sind.
scheinen die Engel in den Erzhlungen der Heiligen Schrift wie
den Augenblick gemacht, die im nchsten Augenblicke nicht
mehr da, auch nicht einmal besonderen Namen haben. Bekanntlich
sind die Engelnamen Gabriel, Michael, Raphael und andere nicht paSie sind eben nicht Trger eigenen Seins,
lstinischen Ursprungs.
fr
und bleiben ein Werkzeug in der Hand
Gottes, das auer Wirksamkeit tritt, so die Sendung, zu der sie erschaffen, vollbracht ist, whrend die Mittelwesen Philos, einmal aus
Gott herausgesetzt, ihre eigene Wirkenssphre haben und behalten.
die
und darin erblicke ich den Hauptunterschied
Endlich aber
Svvdixeis oder Aoyot bei Philo haben, sozusagen, dogmatische Bedeueigenen Wirkens;
sie
sind
tung, sind intesrrierende Teile eines theologischen Systems, blutlos,
wie Begriffe, die die philosophische Spekulation geschaffen, die Engel
in
der Bibel dagegen sind poetische Gebilde, die Leben haben und
darum auch Krper haben mssen.
Es erhebt sich danach die Frage, was die Funktion, die Bestimmung ist, die "lp\ na^O und Sn^DtT haben, da, wo von Gott
gesprochen wird; die besondere, etymologische, Bedeutung derselben,
deren oben gedacht worden, erklrt den Zweck ihrer Verwendung
ausreichend nicht. Die Lsung drfte sich aus einem etwas nheren
Eingehen auf den Gang biblischer Hermeneutik ergeben. Es ist bekannt, da an nichts so sehr palstinische wie alexandrinische Hermeneutik Ansto genommen als an den zahlreichen Anthropomorphismen und Anthropopathien von Gott in der Bibel. Es erschien
fr die
dies fr palstinische Denkweise als nicht geringere Gefahr
Religion als die Annahme von nvw\ "TllI^.
durften
darber war man sich frhe klar
In keinem Falle
des
dieselben in einer bersetzung oder sonst einer Wiedergabe
Bibelwortes wiederholt werden; damit war die Aufgabe der UmAls willkommenes Hilfsschreibung des Gottesnamens gegeben.
und Ausmittel zu solcher Umschreibung boten sich eben Begriffe
FESTSCHRIFT COHEN
184
drcke wie N"lp^ "lO'O und n^Dtr dar; die etymologische Bedeutung
derselben, deren oben gedacht worden, tritt dabei zurck, oder der Sinn
erscheint verallgemeinert. Nehme man ']^VDn "n n''0, das Targum zu
da dies Umschreibung
fr Gott selbst ist, von dem nicht gesagt werden durfte, da er in
Gesellschaft mit Menschen, wie dem Richter Gideon, auch nur als
Helfer, sein werde; gleich im nchsten Verse wechselt damit niOty,
wie inVD2 '''^ t<rii''Dti' n^Sl zeigt, zum sichern Beweise, da nO"'0
nicht ein besonderes Wesen neben Gott darstellt, da es sonst doch
Sucht man schon
nicht mit Nni''3tJ^ htte vertauscht werden knnen.
Richter
6, 12,
es leuchtet
ohne weiteres
eine nhere Erklrung fr
"l"*
auch
ein,
in
solchen Fllen, so
mag
an
das Wort Gottes als Allmacht Gottes gedacht werden. IJnd selbst
dies bedeutet sn^ nicht mehr in Beispielen wie nx no^n n^Sn ns
Hier scheitert jeder Versuch,
]1imij;, dem Targum zu Gen 6, 7.
eine besondere Eigenschaft Gottes in
"ID''D
suchen zu wollen; der
ob die Gottheit den Menschen lieber nicht
geschaffen htte, das ist Gott selbst, und no^ nichts als Umschreibung mit Zurcktreten aller etymologischen Bedeutung. Analog
ist der Gebrauch von Tl^Dt^ zu bloer Umschreibung, wobei nichts
Sinn
ist klar,
mehr von
es
ist:
als
ursprnglicher,
etymologischer Bedeutung zu finden,
in
b)yn ,b Targum zu Ex 33, 20,
wie A. Berliner in s. Targum Onkelos liest, da es Umschreibung
fr Gott selbst ist, geht unzweifelhaft daraus hervor, da unmittelbar
Beispielen, wie ^ni^Dty ^S n^ ^in^O^
darauf
folgt:
S^i
<ii"'tn"'
n,
wo
offenbar
dasselbe,
nmlich
nur da hier nicht Umschreibung gebraucht wird.
Es ist damit der Kreis palstinischer Begriffe und Bezeichnungen,
die irgend wie bei einem Vergleich mit den Mittelwesen bei Philo
in Betracht kmen, durchmessen; wir haben gesehen: es ist kein
Gott, gemeint
Raum
ist,
wie nicht fr Versinnlichung des Gottesbegriffes, so ganz
und gar nicht fr zweite gttliche Wesen, und zu begreifen ist das
tiefe Schweigen ber Philo und philonische Spekulation im Talmud,
darin,
Midrasch und der davon abhngigen Literatur. Berhrungen mit
wie ich a. a. O. gezeigt
den Agadoth Philos gibt es in groer Zahl
aber im Kern und Mittelpunkt der Denkweise beider, in der Lehre
von Gott trennt eine
tiefe
Kluft beide.
Enthymematische Analogieschlsse
in
der Bibel.
Von Adolf ScHWARZ-Wien.
welchem Sinne immer, das Buch der Weltliteratur genannt werden, uns Juden wird sie stets viel mehr als
allen Anderen sein; selbst dann noch, wenn ihre religisen Wahrheiten und ihre sittlichen Lehren berall Anerkennung und Geltung
Gewi hat auch Homer fr die Griechen,
erlanet haben werden.
Shakespeare fr die Englnder, Goethe fr die Deutschen eine erhhtere
Bedeutung als fr die anderen Nationen, aber es ist doch ein gewaltiger Unterschied, ob ein Volk seinen Geistesheroen das Empor-
Die
Bibel
kommen
mag,
in
zur Lebenshhe, oder ob es ihnen seine Lebenserhaltung
Ohne
verdankt.
gegangen.
seine Bibel
wre das jdische Volk lngst unter-
Nicht etwa blo deshalb,
weil
sie
mit ihren aus
der
Gottesidee flieenden Lehren zu emer Lebensfhrung anleitet, welche
die Tage und Jahre verlngert und auf das goldene Zeitalter des
messianischen Reiches vertrstet, sondern vielmehr aus dem Grunde,
weil sie unserem Geiste in gleichem Mae wie unserem Gemte
Die Bibel hat uns Juden nicht allein glauben,
sondern auch denken gelehrt; darin liegt ihre hundertfach erhhte
Bedeutung fr uns. An dem Gottesworte und durch das Gotteswort
Nahrung geboten
hat.
hat sich unser volkstmliches Denken im Lauf der Jahrtausende
all-
mhlich zu einem streng wissenschaftlichen entwickelt. Der Talmud,
welcher aus der Bibel herausgewachsen ist, hat trotz aller Scholastik,
die wir in ihm finden, das Denken der jdischen Nation durch dialektische Vertiefung zur Hhe emporgefhrt und so den Boden vorbereitet,
unserer
auf welchem im finstern Mittelalter die klassischen Werke
Ob der Talmud,
Religionsphilosophen entstanden sind.
der spanischen Glanzzeit der jdischen
bahnt, in unseren Tagen mit seiner Pflugschar
welcher heute genau so wie
Wissenschaft die
Wege
in
'
l86
FESTSCHRIFT COHEN
Acker der Philosophie durchzieht, ob er nicht auch
an der Gre der allerdings ganz vereinzelten jdischen Mnner
nicht auch den
einen bescheidenen Anteil hat, welche in der neuesten Geschichte der
Philosophie einen Ehrenplatz einnehmen, das
ist
eine Frage, die sich
jedem aufdrngen mu, der sich in die Meisterwerke dieser jdischen
Denker zu vertiefen die Kraft besitzt. Es will mir darum nicht unangemessen erscheinen, zu dieser Festschrift einen Aufsatz beizusteuern,
in welchem gezeigt werden soll, da die hermeneutischen Analogieschlsse des Talmuds sich aus der Bibel herausentwickelt haben.
Den engen und innigen Zusammenhang des Qol wachomer mit
den in der Bibel vorkommenden volkstmlichen Schlssen habe ich
in
meinem hermeneutischen Syllogismus
ich
gezeigt
habe,
vertreter des
als eine
rein
da kein Geringerer
insofern nachgewiesen, als
als
R. Ismael,
der Haupt-
logischen Prinzips die Konklusionsformel
Di<
noi
Fortentwickelung der hebrischen Partikel ]n betrachtet und
im Hinblick auf dieses den Schlu einleitende Wrtchen
Gen 44, 8 als einen der zehn poini ]^^p der Thorah bezeichnet hat.
Sogenannte Schlsse a minori ad majus gibt es ber dreiig in der
Bibel, aber mit einer unverkennbaren Konklusionsformel gibt es in
Wir knnen mithin die Entwickelung
Wirklichkeit deren nur zehn.
des Qol wachomer von seinen allerersten Anfngen in der Bibel bis
zu dem Punkte verfolgen, da er in der Quaderhalle des Tempels als
Schlu vom Besondern auf das Allgemeine dem Umfange nach
einen streng wissenschaftlichen Charakter angenommen hat. Weniger
erfolgreich nach dieser Seite hin war meine Untersuchung des der
da
er nur
Induktion als Vorstufe dienenden hermeneutischen Analogieschlusses.
ganzen Reihe von
Entwickelungsphasen vorfhren, indem ich zeigte, da lange vor den
Wohl konnte
ich
dessen
Werdegang
zwei exegetischen Analogieschlssen,
in
dem
einer
isorrhematischen (mt^
mu)
und juxtapositionellen i^pT\), die rein logischen zur Anwendung
kamen und da der vollstndige Analogieschlu mit seinen zwei
Prmissen und seiner Konklusion aus dem zetistischen ("'^iJ HO), und
dieser wieder aus dem enthymematischen sich herausentwickelt hat;
aber einen Anschlu dieses letztern an die Bibel habe ich vergeblich
gesucht. Und doch sollte man von vlkerpsychologischem Standpunkte bei der vorwiegend induktiven Denkweise des jdischen
Volkes erwarten, da weit eher die Wurzeln des Analogieschlusses
als die des Syllogismus in der Bibel blogelegt werden knnen.
Konklusionsformel des Syllogismus in ^H . . . Di< HDI,
|n nachgebildet wurde.
.
wie ich behaupte, der biblischen 'DI
Wenn
die
SCHWARZ, ENTHYMEMATISCHE ANALOGIESCHLSSE IN DER BIBEL
warum
sollte
fragen,
die
schlusses
formel ]D
dann,
so mute ich mich immer wieder von neuem
Konklusionsformel
"73
des
enthymematischen
Analogie-
Dt^D nicht gleichfalls der biblischen Vergleichungs-
iS/
1tyD nachgebildet
worden
sein.
GewilJ steht dieser
da wenn auch
nicht alle biblischen Vergleiche, bei denen wir dieser Formel begegnen, sodoch zum mindesten die biblischen Gleichnisse den Keim
Aber gerade darin liegt
einer logischen Denkoperation enthalten.
denn wir haben es ja fast durchgehends
die groe Schwierigkeit
mit poetischen Stcken zu tun, und da hat die mit Metaphern und
Annahme
nichts entgegen, sobald nur gezeigt wird,
Bildern operierende Rhetorik
selber eine Tafel ausgesteckt mit der
Warnung, den Gleichnissen logische Beweiskraft
Indes,
beizulegen.
der Gedanke, da die Gleichnisse der Bibel sich mglicherweise von
jenen anderer Literaturen wesentlich unterscheiden, lt
nicht
sich
ganz abweisen, und bei einer intensiveren Beschftigung mit ihnen
kann man die interessante Wahrnehmung machen, da nicht alle
Nicht etwa
Gleichnisse der Bibel einander gleichen.
in
dem
Sinne,
da die einen weniger, die anderen mehr hinken, da die einen
weniger, die anderen mehr Poesie enthalten, sondern darin, da bei
ihnen die Beleuchtung des Hauptbildes durch das Gegenbild eine
Zeigt uns das Gegenbild einen oder mehrere
verschiedene ist.
nebeneinanderstehende Gegenstnde, dann
will
Gleichnis
das
das
Hauptbild blo beleuchten, und die Logik hat dabei weiter nichts
zu tun. Zeigt uns jedoch das Gegenbild zwei oder mehrere in kau-
salem Zusammenhang stehende Gegenstnde, dann
will
das Gleichnis
das Hauptbild durchleuchten, und da darf die Logik wohl, weil
sie in der Kausalitt ein Freibillet zu allen Demonstrationen besitzt,
immerhin wagen nher zu treten und braucht nicht zu befrchten,
schnde abgewiesen zu werden. In solcher Nhe betrachtet, zeigt
uns das durchleuchtende Gegenbild neben seiner poetischen Form
auch einen logischen Inhalt, indem es sich vor unseren Augen bald
als Ober- bald als Untersatz enthllt, so da wir in dem Gleichnis,
das heit in dem Gegen- und Hauptbilde zusammen, einen enthymematischem Analogieschlu vor uns haben. Diese Behauptung kann
es
am
einfachsten dadurch bewiesen werden, da hier eine Reihe bibli-
scher Gleichnisse
fr
in
Analogieschlsse aufgelst und
den hermeneutischen Analogieschlu
M
S
ist
ist
aufgestellte
P
in a gleich
sTsrp
in
die
Formel
von mir
FESTSCHRIFT COHEN
l88
Da
diesem Verfahren auch die Exegese
nicht ganz leer ausgehen wird, glaube ich khn behaupten zu drfen.
I. Deuter 22, 25 27 '131 Hti'isn nnj?in riN tr^n :i^ mt^n ci
eingekleidet werden.
inp
^V
ti'^
tyN3
Dip^ 1
npyu n^iJO mtrn
"131
nio tan nnvi^
^3
ntn
^D
nmn
]^n
]3 tys: insil.
im
nsryn ^ myi'?i
Hat aber der Mann
auf freiem Felde angetroffen und ihr gewalt-
die verlobte Jungfrau
sam beigewohnt,
bei
so soll der
Mann
usw. allein sterben;
dem Mdchen
aber darfst du nichts anhaben, das Mdchen hat keine Todessnde
begangen; denn es verhlt sich mit ihr, wie wenn jemand seinen
Nchsten
angetroffen hat,
tung bringen.
gnstig:,
und ermordet. Denn da er sie auf dem Felde
konnte ihr, auch wenn sie geschrien, niemand RetEs fgt sich fr unsere ganze Untersuchung uerst
berfllt
dem
da wir
ersten Gleichnis der Bibel bei einer Rechts-
Das
Sache begegnen.
Strafrecht
ist
weniger
nichts
als
poetisch.
Niemand, der sich den kausalen Zusammenhang zwischen Mrder
und Ermordeten zum Bewutsein gebracht hat, kann auch nur fr
einen Augenblick dem Gedanken Raum geben, da es der Thorah
hier
um
einen
Redeschmuck
zu tun
sei.
Ja,
schiedene Erklrer meinen, ausschlielich
wenn
um
es sich, wie ver-
die Straflosigkeit der
Geschndeten handeln wrde, dann htten wir allerdings, da man
doch einen Toten allenfalls verurteilen aber keineswegs bestrafen
kann, blo ein hinkendes Gleichnis vor uns. Ganz anders jedoch
liegt die Sache, wenn die Schuldlosigkeit' der geschndeten Braut
begrndet werden soll; denn dann mssen wir den im Gegenbilde
ist P also formulieren: Den meuchlings Erenthaltenen Obersatz
mordeten (M), der sich in seiner Ohnmacht nicht zur Wehr setzen
konnte (a), trifft keine Schuld (P). Diese Ohnmacht ist das tertium
comparationis, und deshalb enthalten schon die drei Worte "inn ]2
ntn sowohl den Untersatz, S ist in a gleich M, als auch den SchluDie geschndete Braut (S) ist darin, da sie in ihrer
satz S ist P.
Ohnmacht sich nicht zur Wehr setzen konnte (a) dem Ermordeten
(M)
t\
'131
gleich;
ergo
auch der
So
fat
y:, (n)Bn b"r\
ni b"n ni3n
trifft
pipn
]n.
die
Geschndete keine Schuld.
Sifre Deut. Sekt. 243 die
i] ^^io ,nn"'n
mnan
Sache auf
im
Wenn
nti'jjr
die
nh myibi
mtss' nb rio stin mj?3^
]"
auf den logischen Inhalt des
Bei einem nhern Eingehen
mehr dieser midraschischen Deutung, finden es
Gleichnisses bedrfen wir nicht
aber auch nicht auffallend, da die Thorah die Geschndete von jedem todeswrdigen Verbrechen freispricht, weil ja der in seiner Gattenehre ttlich verletzte Brutigam sich nicht ohne weiteres mit der Straflosigkeit seiner Braut
einverstanden erklren drfte. Vgl. noch Synhedrin 73 a.
SCHWARZ, ENTHYMEMATISCHE ANALOGIESCHLSSE
IN
DER BIBEL
89
den Untersatz scheinbar wiederholt, so
geschieht es hauptschlich aus dem Grunde, um die gewlinliche
Form' der Wehrlosigkeit hervorzuheben, keineswegs aber um uns
erst zu sagen, worin die geschndete Braut dem meuchlings Er-
Thorah dennoch
mordeten gleich
in
27
v.
darf eben nicht bersehen, daC> die Thorah
Man
ist.
26 uns den Gedanken nahelegt, es sei
ihr nicht um die Begrndung des Schuldspruches ber den Mann,
sondern des Freispruches ber das Mdchen zu tun, weil sie ja im
mit der Konstruktion des
v.
entgegengesetzten Falle htte sagen mssen
"IDT
im
nt:'j;n
mj?2'?1
'131
lHZ)
Dlp""
Aber ebensowenig darf bersehen werden,
ah.
''2
daC>
Thorah Moses vor allem ihren sittlichen ^ Standpunkt hervorkehrt.
Sie brandmarkt die Schndung einer jungfrulichen Braut als moralischen Mord; damit gewhrt sie uns einen Einblick in die Seele der
die
Geschndeten, die wir von jedweder Schuld freisprechen mssen,
sagt uns aber auch zugleich, da sie den moralischen genau so wie
den
leiblichen
Jes 29,
2.
Kmn
Mrder mit dem Tode
8
7.
bnx
bv
Und
]VS in.
Vd
n^i:in
mn
wie ein
hm^
Traum,
pon
D^xnijn n^ijn b^
D'?n^ iji'jo^ ijysj np^'i |>^pni
bv 'i^n^n
bestraft.
'td^
]d npp)^
ein
mm
itJ^sii
aynn n'jm
^'V
Dibno
n'7'h ]itn
^^i<'2
nim ypn)
mm
n^m
'idi
n:m
Schwrm
nnri
Nachtgesicht wird sein der
welche Uriel belagern, alle, die sie und ihre Burg
bekriegen und bedrngen. Und wie wenn der Hungrige trumt, er
esse und dann erwacht mit leerem Magen, und wie wenn der Durstige
all
der
Heiden,
trumt, er trinke und dann erschpft aufwacht mit lechzender Seele,
so wird der Schwrm all der Heiden sein, die den Berg Zion belagern.
Der Prophet
zeigt uns hier recht anschaulich
den gewaltigen
Unterschied zwischen einem bloen Vergleich und einem wirklichen
Gleichnis 3.
Er vergleicht den Zustand der vom Feinde befreiten
Zionsburg mit dem beglckenden Erwachen aus einem bsen Traum.
Vgl. Sifre
1.
c.
y^i
]\si
npys b"n ,miOD
nws
n^^n
n^ya b)2^
nSD mtfs
^3
Zeit130 die Vergewalgte ohne Rcksicht auf
fr
Beweise
und Ortsverhltnisse fr straflos, whrend das mosaische Gesetz
zu
die aussichtslose
fordert, um die Vergewaltigte fr schuldlos
'
Hammurabi
erklrt
Gegenwehr
erklren.
glauben,
Diejenigen Exegeten, welche m"7n3 in Dl'jnn: emendieren zu mssen
und als
Vergleiches
eines
wollen nicht sehen, da sich Jesaia des Traumes als
mdem
gegriffen,
eines Gleichnisses bedient; aber auch Luzzatto hat daneben
und
er den Traum in v.
auf die untergehenden, im Kriege fallenden Assyrer
3
in V. 8
auf die in ihr Heimatland zurckkehrenden Flchtlinge bezieht.
FESTSCHRIFT COHEN
190
im
Jesaia sieht
Wlle und Bollwerke benehmen
einschlieloen.
immer enger
den Atem; ihre
Geiste, wie die Assyrer die Hauptstadt
ihr
schon die einer Sterbenden; sie liegt bereits im Staube;
da geschieht, vorausgesetzt, dali sie im letzten Augenblicke noch
in sich geht, das groe Gotteswunder einer unerwarteten Errettung,
Stimme
ist
ganze Belagerung war nichts mehr als ein bser Traum,
der im Nu verfliegt. Doch um den Seelenzustand des bitter enttuschten Assyrers auszumalen, gengt nicht ein einfacher Vergleich;
und
die
dazu bedarf es schon eines packenden Gleichnisses. Jesaia zeigt uns
im Gegenbilde einen Trumenden, in dessen Gesichtszgen wir die
unverkennbare Wirkung des vllig gestillten Hungers und Durstes
dann wieder den aus diesem schnen
Traum Erwachenden, an welchem wir die Zeichen des von bitterer
Enttuschung beschleunigten Verfalls sehen mssen. Und nachdem
deutlich beobachten knnen;
wir diesen
Erwachenden nher betrachtet haben, sagt uns der Pro-
phet: So wird der
Wovon
Schwrm
der die Zionsburg Belagernden aussehen.
der Assyrer trumt, das braucht uns nicht erst gesagt zu
Wir wissen es ja, da er in Gedanken bereits das Fleisch
Wir wissen
der Bewohner Jerusalems verzehrt und ihr Blut trinkt.
aber auch, welche verheerende Wirkung diese ungestillte Raubgier,
dieser unbefriedigte Blutdurst auf den aus seinem ertrumten Himmel
Es ist nicht allein die
jhlings herabstrzenden Feind ausben wird.
werden.
poetische Schnheit,
die
in
dem
die
packende Rhetorik des
Bildes, es
ist
auch
Gleichnis steckende logische Wahrheit, welche uns so
mchtig ergreift. Wir hren gleichsam, wie der Prophet konkludiert.
Wer im Traum seinen Hunger und Durst stillt, mu durch die Enttuschung des Erwachens noch viel elender als zuvor sich fhlen.
Assyrien gleicht einem solchen Trumenden; deshalb wird sein Er-
wachen
ein katastrophales sein.
hat Jesaia nicht
ist in
3.
a gleich
Untersatz S
ist in
a gleich
ausgesprochen, aber uns gengt sein Enthymem;
denn wir vervollstndigen
Den
M; ergo
Jes 31,4 vbv
es,
ist
"ip^
itrs
Wie
ein
indem wir sagen:
ist,
weil
a,
P.
P.
"iDita
bv
Tsm
n^M^n mn^ iti'^D
Lwe, ein Jungleu ber seiner Beute
brllt und, auch wenn eine Menge von Hirten gegen ihn aufgeboten
wird, vor ihrem Geschrei nicht erschrickt und von ihrem Toben
sich nicht anfechten lt, so wird der Gott der Heerscharen auf die
den Berg Zion und dessen Hgel Belagernden herniederfahren usw.
'IDI
nnyn:
"pyi
]V:{.
Um
auf der einen Seite die plastische Schnheit des Bildes zu ge-
SCHWARZ, ENTHYMEMATISCHE ANALOGIESCHLSSE IN DER BIBEL
I9I
nieen und auf der andern die zwingende Logik des Gleichnisses zu
erkennen, mu man sich mit dem Propheten gegenwrtig halten, da
Assyrien
ihm mit
um
sich einen
selber
Lwen
dnkt,
umklammerten
festen Krallen
der ber Juda,
Lamme
dem von
blo zu brllen braucht,
gypten mit Angst und
Und darin hat Assyrien vollkommen Recht;
die Hirten des zur Hilfe herbeieilenden
Schrecken zu
auf gypten
erfllen.
Doch
kein Verla.
ist
der
Lwe
vermeintliche
wird
da er selber zur Beute geworden, da ihn
selber eine Hand umklammert, welcher ihn zu entreien alle Kniges nur allzubald erfahren,
zusammen
reiche
Man
nicht die Kraft besitzen.
hrt in der
Rede
des Jesaia ganz deutlich das Brllen des Lwen aus der Ferne; man
hrt aber noch viel deutlicher, wie dieses Lwen-GebrUe, als wre
es ein sanftes Suseln, mchtig, mchtig bertnt wird von dem die
groen und gewaltigen Weltreiche erschtternden Himmelsdonner;
man
hrt und sieht, wie Assyrien urpltzlich krachend
Zuckende
strzt.
Erde
fahren ber die in finstere
Blitze
hin, das Gewitter
ist
zusammenNacht gehllte
sehr nahe; auf die Blitze folgen unmittel-
bar die drhnenden Donnerschlge,
den Worten des
Propheten einen auergewhnlichen Nachdruck verleihen, und es
will uns bednken, als hrten wir auch aus dem Donner heraus,
zuerst den einen Satz: Dem Lwen (M) ist durch sein alle Welt
einschchterndes Brllen (a) der unentreibare Besitz seiner Beute
gewhrleistet (P), und dann den zweiten Satz: der Zchtigung Gottes
ist Assyrien
unrettbar anheimgefallen.
Aber auch dieses in die
Welt hinausgedonnerte Enthymem ergnzen wir mit dem Untersatz:
Die Donnerstimme des Strafgericht haltenden Gottes (S) gleicht dem
Brllen des
Lwen (M)
darin,
als wollten sie
da
sie
alle
zur Hilfe Herbeieilenden
lhmenden Schrecken versetzt (a). M ist P; S ist in a gleich M;
ergo ist S P, oder mit Worten ausgedrckt: Assyrien ist unrettbar
in
verloren.
schlu
Und
jetzt,
aufgelst
nachdem
haben,
wir das Gleichnis in einen Analogie-
sehen wir
erst',
mit
welch
feiner
Ironie
den tdlichen Schrecken der feigen Hirten hervorblo
zuheben,
von der Unerschrockenheit des Lwen redet, erkennen
wir erst, da er mit geflissentlicher Absicht von dem Gleichnis in
Jesaia,
anstatt
4 rasch hinweg zum Vergleich mit den fliegenden Vgeln in v. 5
hinbereilt, weil es ihm widerstrebt, bei der Niederlage Assyriens
lnger als unbedingt notwendig zu verweilen; weil es ihn drngt, die
V.
Wir sehen aber auch, wie
V. 4 b das Bild zerreit
und
erst
haltlos die
in v.
Behauptung Dillmanns
fortsetzt".
ist,
da
FESTSCHRIFT COHEN
192
wunderbare, an die Zeit der Einsetzung des Pessachfestes gemahnende Erlsung mit vier' Worten zu kennzeichnen.
Jes 52, 14.
4.
15 iHKiD tj'\s nntyo
Do^D
^)d ,n^:n
D^m
]^'?y
lODty -iii>3.
DI "inD nim
Wie Viele sich ber Dich entsetzten
so unmenschlich entstellt war sein Aussehen und seine Gestalt
so wenig menschenhnlich
so werden viele Vlker auffahren,
Knige ber ihn den Mund zusammenpressen 3, denn sie sehen, was
ihnen nie erzhlt worden und sie erfahren, was sie nie gehrt haben.
Dem eigentlichen Wortlaute nach bedient sich der Prophet hier
eines einfachen Vergleiches, um die Zukunft Israels, des Gottesknechtes zu zeichnen, indem er diese Zukunft mit der Vergangenheit
und Gegenwart in Parallele stellt. In Wirklichkeit jedoch ist es ein
Gleichnis, das Gleichnis vom Spiegel, an das er denkt, nur da der
Prophet mit echt dichterischem Feingefhl es verschmht, ausdrcklich von einem Spiegel zu sprechen.
Wir haben in diesem Verse
zwei Gegenbilder, das Entsetzen und die Bewunderung, beide sollen
nicht allein den Gottesknecht in die rechte Beleuchtung rcken,
sondern ihm auch ber sein eigentliches Wesen Aufschlu geben.
"isD
x^
i:innn
-itrs
""D
lyot:'
DH^D
isDp^ vb)f
D^iJ
nt""
]D
1ty1 1-1 nnb.
Der
Spiegel,
in
dem
sich
alles
getreu abbildet, sagt jedem wie er
Die Mienen der Menschen, welche die von uns empfangenen
Eindrcke reflektieren, sind ein solcher Spiegel; mithin knnen wir
aussieht.
aus den Mienen der uns umgebenden Menschen herauslesen, ob wir
niDS b^'sm pa. Da auf nioa der Hauptton gelegt werden
mu, versteht sich wohl von selbst. Vgl. die T\b'it<: b\ff maitr'? 'T in Exod 6, 6. 7.
Die nij? nnss erinnern lebhaft an das Wort Dnira ''E33 bj? nsn ttf^ in Exod
'
V.
5b
''^ni
19, 4-
Jene Exegeten, welche dieses erste p in "'3 emendieren zu mssen glauben,
verraten damit nur, da ihnen das volle Verstndnis fr die feine Pointe fehlt.
Das Entsetzen ist blo der Widerschein des Aussehens; wie das Entsetzen, so
ist die entstellte Menschengestalt.
Ich sage umgekehrt, wenn "^2 stnde, mte
es in p emendiert werden.
3 RDK behauptet, ns
pp bedeute ebenso den Mund aufreien wie den
^
Mund
und wie es scheint, sttzt er sich hierbei ausschlielich auf diese
Stelle in Jesaia; denn Ps 107, 42 und Hiob 5, 16 ist ja vom Verstummen die Rede.
In diesem Falle jedoch ist seine Behauptung gewi eine sehr gewagte. Bauern,
die Maulaffen feilhalten, reien vor Bewunderung den Mund auf, aber Knige,
schlieen,
die berall ihre Hofzeremonienmeister haben, springen nicht vor Erstaunen in die
Hhe und stehen auch nicht mit offenem Mund da. Das wute Deutero-Jesaia,
obgleich er an keinem Knigshof lebte, genau so wie sein lterer Namensbruder.
LUZZATTO meint, die Knige werden vor Scham schweigen; das ist insofern ein
Irrtum, als die
Scham keinen Gegensatz des
Entsetzens bildet.
SCHWARZ, ENTHYMEMATISCHE ANALOGIESCHLSSE IN DER BIBEL
I93
schn oder hlich erscheinen.
Wir haben also in der Rede, richtiger in den zwei Versen es Propheten neben dem Vergleich auch ein Gleichnis, und zwar wieder
ihnen
als
anziehend oder abstoend,
Es
Enthymem.
ein
der
fehlt
schweigt der Prophet,
als
Obersatz
dafr sagt
er
ist
dem
Vom
P.
Gottesknecht:
Spiegel
In
groen Entsetzen so Vieler spiegelt sich Deine Verkrppelung
dem
in
der
Vergangenheit und Gegenwart genau so ab, wie sich in Zukunft
Deine Heldengestalt in dem Staunen der Knige und der Bewunde-
Es
rung zahlreicher Nationen abspiegeln wird.
schlsse mit demselben Ober-
insofern verschieden, als
in
sind zwei Analogie-
und Schlusatz, nur der Untersatz ist
dem ersten Entsetzen, im zweiten BeP; S ist in a gleich M, ergo ist S P.
beide Male konklusionelle Bedeutung.
wunderung bedeutet ^ M ist
Das Wrtchen p^ hat also
Der bergang von der zweiten Person zur dritten ist fr diese Auffassung irrelevant, denn er ist weniger eine rhetorische Wendung,
sondern weit mehr der Ausflu tiefen Zartgefhls. Es widerstrebt
dem
eben
Propheten,
dem
Gottesknecht
Gesicht zu sagen, wie
ins
darum wendet er
um von ihm frei reden zu
schrecklich, wie abstoend seine Jammergestalt
sich
gleichsam den Fernstehenden
zu,
ist,
Ebenso bekundet Jesaia einen ungewhnlichen Takt damit,
knnen.
da er dem Hlichen den Spiegel nur eine Sekunde, dem Herrlichen hingegen einige Minuten vor die Augen hlt.
Was es war
und was es ist, das so Viele mit Schrecken und Grauen erfllt, ist
Aussehen
des Gottesknechtes; doch die Ursache dieses Aussehens verschweigt der Prophet ganz diskret, dafr spricht er um so
das
Knige und Nationen Auergewhnliche?
ausfhrlicher davon, da
zu
sehen und
Jes 54,9. 10:
5.
'1D^
hren bekommen werden.
zu
nnm
mi2>
ifh
^j;
inj? ''nv^m
^n nom.
niy
Denn Noahs Wasser
^b
ist
nt
3^0 ^3
mir das; wie
P hingegen bedeutet jedesmal das uns aus dem Spiegel entgegentretende
Abbild. Da es einmal ein Schreckbild, das andere Mal wieder ein Prachtbild
^
ist,
liegt
'
wahrlich nicht
Da vor dem
wiederholen sind,
ist
am
Spiegel.
zweiten
]3
die
Worte D^m
yb]f lOOl?
etwas SelbstverstndUches
"itPx:
in
Gedanken
zu
das nicht erst bewiesen zu
werden braucht.
3
Mit der Septuaginta
'')2''D
zu lesen, lt sich kein Besonnener einfallen;
Handschriften haben, mu trotz der
Konnivenz des RDK als eine falsche zurckgewiesen werden,
4 Es ist durchaus nicht ntig, nDx: zu emendieren; auch ohne i]"3 hat das
aber auch die Lesart
"')2''3,
die
Wort komparative Bedeutung.
einzelne
Vgl. Jer 33, 22.
13
FESTSCHRIFT COHEN
194
Noahs Wasser
Erde zu
bringen, so habe ich geschworen, Dir nicht zu zrnen und Dich nicht
zu schelten.
Wenn auch die Berge schwanken und die Hgel
wanken, meine Gnade wird doch nicht von Dir weichen und mein
ich geschworen habe,
nicht frder ber die
Um
Friedensbund nicht wanken.
es einzusehen, da wir hier nicht
einen gewhnlichen Vergleich, sondern ein echt dichterisches Gleichnis
vor uns haben, mssen wir vor allem ber die wahre Bedeutung
der fnf Wrtchen
'h
riKt
ni
""D
volle Klarheit erlangen.
Worauf
denn eigentlich dieses rii<T? Auf nichts anderes, als
auf den Zornausbruch, von welchem der Prophet soeben gesprochen.
Bei aller Selbstndigkeit, welche die zwei Verse 9 und 10 als Strophe
fr sich beanspruchen, greifen sie doch auf das unmittelbar Voraufgehende zurck. Mitten in seiner von Liebe berstrmenden Rede,
in welcher Jesaia das ganze babylonische Exil als die unausbleibliche Folge der pltzlichen Entfernung Gottes aus Israels Mitte bezeichnet und diese Entfernung einen ^"ip ^f]W eine Zornesflut nennt,
bezieht
sich
kann er auch nicht umhin,
anzudeuten.
Und
das tut
die
Ursache dieser Zornesflut wenigstens
so diskret wie nur mglich, mit fnf
er,
kurzen Worten, indem er die hochgehenden
mit der Flut zur Zeit
Es
durchleuchtet.
denn im
sagen,
Nu
ist
die
mehr
gleichsam eine momentane Rntgenbeleuchtung;
Entartung
groe Flut, so hat
des Gotteszornes
v/eniger vergleicht, sondern weit
wissen wir, Jesaia
wie
Zornesergu
Noahs
Wogen
jetzt
will
der
mit diesen fnf Wrtchen uns
Menschen
zur
Zeit
Noahs
die
der Abfall Israels von seinem Gott dessen
Folge gehabt.
Krzer und knapper kann kein
aber auch nicht zarter jemand an seine nunmehr ge-
zur
Gleichnis sein,
Schuld erinnert werden. Und wie knstlerisch ist die Wendung, mit welcher der Prophet von dem Tadel zur Verheiung
tilgte
Die Zuhrer haben seiner Rede mit angestrengtem
Denken lauschen mssen, um aus den letzten fnf Wrtchen etwas
hinbergleitet.
Und wenn das
war doch ihr Unmut
Mibilligendes herauszuvernehmen.
bei Allen der Fall gewesen, so
in
Wirklichkeit
rasch verflogen;
denn im nchsten AugenbUck konnten sie nicht umhin, sich zu sagen,
da Jesaia aus dem Grunde von der groen Flut zu sprechen ge-
Mit Recht erinnert Luzzatto, da ejitD^ gleichbedeutend mit f[ViV2 sei,
indem er auf Spr. Salom. 27, 4 verweist. Umso unbegreiflicher bleibt es, da er
von dem Gleichnis merkt, da er sagt "Ijs Nin nin ]''ij;n ,^b riKt na ^0 "'S
D"nx
nou d"bj;si
y^nn hy mp "najj' ^* ^'''J' 'npnojc^ "pnan yiy^
.n^nna ono na lyi's
nichts
'3 np-j) Mbvf
SCHWAR2, ENTHYMEMATISCHE ANALOGIESCHLSSE IN DER BIBEL
I95
ohne derselben Erwhnung zu tun, nicht
gut von dem Bunde Gottes mit Noah htte reden und dann mit
diesem den Bund Gottes mit Israel vergleichen knnen. In Wirklichkeit jedoch werden nicht die zwei Bndnisse miteinander, sondern
Gottes Zornes-Ausbruch mit der groen Flut in Parallele gestellt
Noahs Gewsser (M) knnen, weil sie an der durch ein Bundeszeichen verbrgten Liebe Gottes zur ganzen Menschheit eine unbersteigbare Schranke finden (a), niemals die ganze Erde zerstren (P).
Gottes Zorn (S) gleicht den Gewssern Noahs (M) darin, da er an
dem aus Liebe zu den Patriarchen am Sinai geschlossenen Bund
mit Israel einen Damm findet (a). Deshalb kann der Zorn Gottes
ist P; S ist in a
Oder:
(S) Israel niemals ganz vernichten (P).
Es ist keineswegs ntig, an einen neuen
gleich M; ergo ist S P.
Schwur Gottes, oder, was dasselbe bedeutet, an einen neuen Bund
mit Israel zu denken. Die Exulanten sind ja noch in Babylon, und
da erinnert sich Gott, menschlich gesprochen, seines Schwurs und
macht dem babylonischen Exil ein Ende. Und aus diesem Exil
nimmt dann das befreite Volk die berzeugung mit, da auch in
ntigt war,
weil er doch,
wenn
Zukunft,
selbst
geraten
sollten,
Fels, auf
dem
nicht aufgelst
sein
seine
Bestand durchaus nicht gefhrdet
es ruht, der ewige Gottesbund,
jes 55, 10. II: mtj''' i6 ni2m
^D npn ^b 2r^^ t<b -so i*^ "ity
D-'oti'n
nm
weil der
nicht erschttert
und
n\T
]3
umn ti^ iu'kd
psn n n^m d
ibt^ni
^d
'i3i
^d
^msn -Ity n.S n^y n. Denn wie der Regen
Schnee vom Himmel herabkommt und dorthin nicht zurck-
IB'
und der
ist,
werden kann.
6.
vnn^tJ'
Schwanken
starken Sttzen wieder ins
n^'p^m
da er die Erde trnkt und
kehrt, es sei denn,
so wird mein
Wort
sein,
das aus meinem
sie
befeuchtet usw.,
Munde kommt,
es wird
zurckkommen, es sei denn, da es getan, was ich
Wir haben
gewollt und glcklich vollendet, wozu ich es gesendet.
von dem Gottesworte noch lange nicht die rechte Vorstellung, wenn
wir ihm blo die befruchtende Kraft des Regens beilegen, denn, so
nicht leer zu mir
sagt Jesaia,
erst
dann,
wir
erkennen das eigentliche
wenn
wir es wie den
trachten, der seine
Sendung
Regen
vollbringt.
jenen der Menschen unterscheidet,
ist
Wesen
als
Was
des Gotteswortes
einen Gottesboten bedie
Boten Gottes von
die ber jeden Zweifel hinaus-
gehobene Gewiheit, da sie den ihnen erteilten Auftrag ausfhren.
Bei Menschenboten kann es vorkommen, da sie ihre Mission in die
Hndedes Auftraggebers
leer,
unverrichteter
zurcklegen, oder, wie Jesaias sich ausdrckt,
Sache zurckkehren. Bei den Gottesboten
13*
ist
das
FESTSCHRIFT COHEN
196
Aufgabe, wie jede NaturDie Kenntnis dieses Unterschiedes
sie lsen ihre
ganz und gar ausgeschlossen,
mit Naturnotwendigkeit.
kraft,
zwischen Gottes- und Menschenboten setzt der Prophet bei seinen
Hrern ohne weiteres voraus; deshalb kann das Gleichnis, mit wel-
chem
Wesen
er das
des Gotteswortes durchleuchtet, ein
Enthymem
Regen und Schnee (M) nicht leer in
den Himmel zurckkehren, oder, was dasselbe ist, da sie ihre Bestimmung erfllen mssen (P). Die Ursache dieses Mssens (a) gibt
er nicht an; das kausale Verhltnis zwischen dem Regen und Schnee
auf der einen und dem Wachstum der Erde auf der andern Seite
ist viel zu offenkundig, als da er darber auch nur ein Wort zu
Regen und Schnee (M) knnen nicht umhin,
verlieren brauchte.
Jesaia sagt blo, da
bleiben.
von Gott gesendete Boten sind
weil sie
trag auszufhren
Bote Gottes
erteilten
Auf-
Das Gotteswort (S) gleicht darin, da es ein
dem Regen und Schnee (M); ergo ist S P, oder
(P).
ist (a)
mit Worten
den ihnen
(a),
das Gotteswort
ausgedrckt,
mu
vollenden,
wozu es
nie
Auf dieses ebenso schne wie wahre Gleichnis konnte
und nimmer ein Dichter, sondern nur ein Prophet kommen, nur
ein
Mann, der
bestimmt
ist.
sehr
war,
Gottes
reden mute.
oft
Und doch
Mund kam,
Gottes
eigenem Antrieb, sondern weil er ein Bote
wider seinen Willen zum Volke gehen und
nicht aus
hat Jesaia hier unter
nicht jede Prophetenrede,
dem Worte,
das aus
und was gar nicht
erst
gesagt zu werden brauchte, noch viel weniger einen hypostasierten
Logos, sondern, wie das folgende Kapitel unwiderleglich beweist,
einzig und allein das geoffenbarte Sittengesetz und das die Schp-
Das vom Himmel
welcher seine Sendung
fungsidee verkrpernde Sabbathgebot verstanden.
stammende
mu und
vollenden
ist
der Gottesbote,
vollenden
wird.
Und
der Trger dieses Gotteswortes,
Israel
Heimat zurckkehre,
alte
seine
Sittengesetz
um
dazu
ist
es ntig,
zunchst aus
dem
da
Exil in
daselbst durch die gewissenhafte
Bettigung des Sittengesetzes die Bestimmung des Gotteswortes zu
frdern und vollenden zu helfen.
7.
jes 65,8:
bsn n^ntrn
der Ewige:
"?
not^i
^rb:ib n:ij; ]V^b n^^yj; ]3 i^ nD-in ^d "inn^ntyn.
Wie
in
der Traube sich Most
sagt, verdirb sie nicht,
Knechte
'
^Dty^n li'iTnn s^ nti'KS
denn es
ist
Segen
Die Septuaginta, welche "naj? in der Einzahl
erfat und dann den ganzen Vers miverstanden.
^
So
io hd
spricht
und man von ihr
so werde ich um meiner
Seitdem der Patriarch
findet
darin,
willen tun, nicht alles zu verderben.
'n
liest,
hat das Gleichnis nicht
SCHWARZ, ENTHYMEM ATIS CHE ANALOGIESCHLSSE IN DER BIBEL
fr die
Snder
in
Sodom
igj
gebetet hat, wissen wir, da die Verdienste
noch so groen Mehrheit zustatten
kommen knnen. Was Jesaia hier seinen Zuhrern mitteilt, ist demnach eine alte, oft wiederholte Wahrheit, dafr aber ist die Form,
der kleinsten Minderheit
in
einer
welche er diese Wahrheit
einkleidet,
sondern
nicht allein neu,
von der Traube ist eben dazu
bestimmt, das Volk aufzurtteln. Nicht von dem einst hochgepriesenen Weinberg', auch nicht von einzelnen Weinstcken desselben
kann mehr gesprochen werden. Die Zeiten, da die Redner sich des
Weinstockes ^ oder gar des Weinberges als Gleichnisses bedienten,
um den von Israel ausstrmenden Segen zu schildern, sind lngst
Die Frommen und Gerechten, um derentwillen Gott die
vorber.
Anderen verschonen will, sind keine Weinstcke im Weinberg und
auch keine Trauben am Weinstock, sondern blo vereinzelte Beeren
auch
Das
tiefergreifend.
Gleichnis
an der Traube. So weit hat da die Verderbnis um sich gegriffen,
da von dem ganzen kostbaren Weinberg nur noch einige Beeren
Es ist hchst charakteristisch, da Jesaia so
sich erhalten haben.
allgemein vom Most in der Traube redet und den Ausdruck D^nij;
mit solcher ngstlichkeit vermeidet, da er den Grund der fr die
Traube geforderten Schonung ausdrcklich hervorheben mu. Die
Traube (M) ist wegen ihres Most oder Segen verheienden Teiles
Da der berrest Israels (S)
(a) gegen Vernichtung geschtzt (P).
durch die Knechte Gottes (a) der Traube (M) und die Knechte
Gottes den mostspendenden Beeren gleichen, mag Jesaia nicht aussprechen. Er begngt sich mit dem Enthymem: die Gesamtheit (S)
wird durch die Knechte Gottes (a) vor gnzlichem Untergang bewahrt (P). Er konnte sich mit aller Bestimmtheit darauf verlassen,
da seine Zuhrer, ohne das Enthymem in einen vollstndigen
Analogieschlu aufzulsen, sich sagen werden es sind nur noch vereinzelte Beeren, die uns als Traube am Stock erhalten.
:
8.
Jes 66,22: nty^y ^is nty ntrnnn
nm
n^ti^nnn u'i^n
ityNs
^d
DKiV p n D1i ^^S)b moiy. Denn wie der neue Himmel
und die neue Erde, die ich schaffe, vor mir fortbestehen, spricht der
Es ist
Ewige, so wird fortbestehen Euer Samen und Euer Namen.
ein unsere Propheten besonders auszeichnender Zug, da sie bei aller
Hingebung fr die Angelegenheiten ihres Volkes den Blick doch
DDtri DDyiT
auch zugleich auf das Weltganze gerichtet
^
Vgl. Jes
Vgl.
5, I.
Hosea
3. 4.
10,
7 und
und 14,
ibid. 27,2.
8; Jer 2, 21
Ez
17, 8.
halten.
Dieser
Zug
ist
FESTSCHRIFT COHEN
198
ihrem Universalismus tiefbegrndet, aber ebenso durch das
eigene Volksinteresse bedingt. Wenn Jesaia von einem neuen Himmel
und einer neuen Erde redet, so versteht er nichts anderes darunter
wohl
in
Neugestaltung der staatlichen Verhltnisse in
den Hauptreichen der Erde. Mit dieser Neugestaltung bringt er die
Erlsung Israels aus dem babylonischen Exil in einen kausalen Zu-
als eine welthistorische
Ihm
sammenhang.
der
diese Erlsung als die unausbleibliche Folge
gilt
bevorstehenden Umwlzung
in
Babylon.
Kann
es
da berwerde be-
wenn der Prophet die alte Verheiung, Israel
stehen solange der Himmel ber der Erde sein wird, nicht
raschen,
neut,
sondern gleichsam
Oder mu
als
blo er-
logische Wahrheit demonstriert?
eine
etwa nicht in die Augen springen, da zu einer Zeit
da groe Vlker in ihren Heimatlndern aufgerieben werden, ein
Fast hat es den
exiliertes Volk in seine alte Heimat zurckkehrt?
Anschein, als wre fr Israel, das auf fremdem Boden zu einem
Volke geworden, der vorbergehende Aufenthalt in einem fremden
Mit den Exulanten
Lande eine unerlliche Existenzbedingung.
es
kehrt ein unter fremdem Himmelsstrich neu verjngtes Geschlecht
nach Palstina zurck, ein Geschlecht, das von der Gewiheit erfllt
sein mu, das kleine Vlkchen Israel werde, weil es eine Schpfung'^
Gottes ist, alle andern Vlker berdauern. Der neue Himmel und
,
neue Erde, die Gott gemacht, werden, sich immer wieder aufs
neue verjngend, fortbestehen. Wenn auch die welthistorischen Erdie
eignisse die
alten Staatengebilde
auflsen
du'rcheinanderrtteln, die leiblichen
und
Nachkommen
die
Erdenbewohner
der untergehenden
Nationen sterben ja doch nicht ganz aus. Die Frage ist nur, ob
diese Nachkommen den alten Namen behalten werden, oder einen
Babylon wird als Land nicht zerstrt
neuen, fremden annehmen.
doch seine Bewohner werden demnchst Perser heien.
Der neue Himmel und die neue Erde (M) mssen, weil sie eine
Schpfung Gottes sind (a), ewig bestehen (P). Ob alt oder neu,
Himmel und Erde behalten ihre Namen, so wird fortbestehen Euer
Samen und Euer Namen". Das sich stets verjngende Israel wird
den alten Namen habend S ist P. Das ist wieder ein Enthymem;
ist, da Israel als Schpfung Gottes
denn, da S in a gleich
werden,
gelten
mu,
ist
so
selbstverstndlich,
sagen braucht.
Vgl. Jesaia 43, 21.
Jerem 31,36; 33, 26
"js"!" ynt
,3pr
J?"-
da Jesaia
es
nicht erst zu
SCHWARZ, ENTHYMEMATISCHE ANALOGIESCHLSSE IN DER BIBEL
I99
^npmn ]3 ti^^N ^in ? iimn pnT iij^ns ^d
Denn wie der Grtel eng anliegt an
min'' n''n ^D nSI ^Nlty^ n"'n "pD,
des Mannes Hften, so hatte ich mir das ganze Haus Israel und
das ganze Haus Juda eng verbunden. Auf symbolische Weise soll
dem Volke die immer nherkommende Katastrophe angekndigt
werden. Auf Gottes Gehei hatte sich Jeremia einen linnenen Grtel
gekauft; doch kaum hatte er ihn zu tragen angefangen, erhielt er
Jer 13, II:
9.
"^N
auch schon den Befehl, an den Euphrat zu gehen,
daselbst in einer Felsennische zu verbergen.
der Prophet
vlliff
den Grtel
unbrauchbar.
aus,
Ob nun
und siehe
Jeremia
da,
Nach
er
um
den Grtel
langer Zeit grbt
zerschlissen
ist
dem Volke den
und
fadenscheinigen
Grtel gezeigt, oder blo dessen Geschichte ihm erzhlt hat, kommt
auf eins heraus; denn in dem einen Falle hat es seine Vergangenheit
und Zukunft
stellung vor
in
konkreter Form, im anderen
sich gesehen.
Felsennische gelegen, als er
Der
vom
in bildlicher
Dar-
Grtel hat weit, weit lnger in der
Propheten getragen wurde.
Dort
war er dem zermrbenden Einflsse der Feuchtigkeit ausgesetzt und
Gottes Absicht war, Israel
ist dadurch vllig unbrauchbar geworden.
zu seinem Bundesvolke, oder was dasselbe ist, zu seinem Preis und
Ruhm zu machen. Das htte Israel nur im engsten und innigsten
Anschlu an Gott, gleichsam als Grtel Gottes werden und bleiben
Indes war diese enge Verbindung von nur kurzer Dauer.
knnen.
Wo
Israel lie sich nicht lange von seinem Gott als Grtel tragen.
nun dieser ehemalige Gottesgrtel whrend der langen, langen Zeit
des Abfalls gelegen, welchen zersetzenden und auflsenden Einflssen
er ausgesetzt gewesen, das dem Volke zu sagen, hielt Jeremia fr
berflssig. Er konnte sich getrost auf das enthymematische Schlieen
da seine Zuhrer das tertium
comparationis von selbst herausfinden und sagen werden: wie die
zerstrende Feuchtigkeit den Grtel, so hat der mit Unsittlichkeit
gepaarte Gtzendienst uns zermrbt und zersetzt.
10. Jer 42, 18: ^ncm ^DS "jn: nti'xs ^;nty^ \n'? m^oi: 'mo hd ^d
seines
Stammes
nn^O DDNnn
DD^'?y
^non "jnn ]D n^triT
^ntr^
by.
Denn
also spricht
wie mein Zorn und
ausgegossen wurde ber die Bewohner Jerusalems, so wird
der Gott
Grimm
verlassen; er wute,
der Heerscharen,
der
Gott
Israels,
mein Grimm ber euch ergieen, wenn Ihr nach gypten gehet.
Das ist allerdings ein Vergleich und kein Gleichnis, aber ein Vergleich, der an Lichtkraft alle Gleichnisse der Welt aufwiegt. Jeremia
fhrt dem Volke kein Schreckbild vor die Seele, sondern stellt ihm
den Schrecken in seiner ganzen Leibhaftigkeit vor Augen, um es
sich
200
FESTSCHRIFT COHEN
von einem verhngnisvollen Schritt zurckzuhalten. Wir mssen nur
die Situation genau kennen.
Palstina hat keine Hauptstadt; der
Salomonische Tempel liegt in Trmmern; es gibt keinen Knig und
auch keinen Statthalter mehr. Schon vor Monaten ist ber Jerusalem
die Katastrophe hereingebrochen.
Trotzdem ist das Volk noch
immer nicht zur Besinnung gekommen; im Gegenteil, der harte Schlag
scheint es noch mehr betubt zu haben.
Die Streitigkeiten dauern
fort, und das Blutbad in Mizpah erfllt die sprlichen Volksreste mit
solcher Todesangst, da sie nur noch in dem Lande, wo ihre Ahnen
einst Sklaven gewesen, den letzten Rettungsanker erblicken.
Zum
Scheine freilich unterbrechen sie die fluchtartige Auswanderung und
kommen zu Jeremia mit der Bitte, er mge sich an den Himmel
wenden und einen Gottesspruch fr sie erflehen, dem sie sich bedingungslos unterwerfen wollen. Zehn volle Tage ringt der Prophet
mit sich im Gebet; er hat die Gewiheit, da sie ganz bestimmt auf
einen
Auswanderung nach gypten
die
billigenden
Gottesspruch
rechnen und keinem andern sich unterwerfen wrden. Es gehrt
nicht wenig Mut dazu, einen Rasenden zur Besinnung bringen zu
wollen, aber auch viel Besonnenheit, um dabei das rechte Mittel anzuwenden. Nun, Jeremia bringt nicht allein den ntigen Mut auf,
sondern
Er
ist
stellt
auch besonnen genug, zum wirksamsten Mittel zu
dem
Volke, das mit
dem Munde
greifen.
einen Gottesspruch ver-
und mit dem Herzen schon in gypten weilt, den leibhaftigen
Schrecken in der Gestalt des aus tausend Ruinen rauchenden Jerusalem vor die Augen, um es zu sich selbst zurckzurufen. Es ist
langt
die letzte
Rede, die Jeremia auf
dem
dem
blutgetrnkten
Boden
Palstinas
und diese Rede gipfelt in
Satze, da Gottes Grimm ber
die Auswanderer in gypten sich genau so ergieen werde, wie er
sich ber die Bewohner Jerusalems ergossen. Und wie er sich ber
Jerusalem ergossen, das sehen sie, ob sie wollen oder nicht. Auch
wenn sie die Augen schlieen, umgibt sie der Feuerschein der brennenden Hauptstadt; auch wenn sie ihre Ohren verstopfen, hren sie
das Prasseln der zum Himmel emporzngelnden Flammen; auch
wenn sie davonlaufen, folgt ihnen das Wehgeschrei der unzhligen
Verwundeten. Sie sehen die Tausende und Tausende der in
den Straen Jerusalems liegenden Leichen und hren das letzte
V^^, mit welchem Zehntausende ihr qualvolles Leben aushauchen.
Und das alles soll sich in gypten wiederholen! Gewi, denn die
Snde, welche sie mit der geplanten Auswanderung zu begehen im
Begriffe sind, wiegt all die Snden auf, welche den Fall Jerusalems
hlt,
SCHWARZ, ENTHYMEMATISCHE ANALOGIESCHLSSE
heraufbeschworen.
lich; seine
Rede
Das
IN
DER BIBEL
201
sagt ihnen zwar der Prophet nicht ausdrck-
enthlt nur die zwei Stze: Die
Bewohner Jerusalems
(M) haben durch ihre Snden (a) den Zorn Gottes ber sich heraufbeschworen (P). Die Auswanderer nach gypten (S) werden ebenso
den Gotteszorn ber sich heraufbeschwren (P). Aber er konnte es
seinen Zuhrern ruhig berlassen, da sie selber zu dem Ober- und
Schlusatz den Untersatz hinzufgen und sich noch im letzten Augen-
sagen werden: Die Auswanderer nach gypten (S) gleichen
durch ihre Snde (a) den Bewohnern Jerusalems (M). Armer Jeremia! Du glaubtest das Denken deines Volkes beeinflussen, du glaubtest die Revolution mit der Logik beschwren zu knnen und mutest
blick
am Ende
deines an Enttuschungen berreichen Lebens dich davon
berzeugen, da die Logik der Tatsachen strker
des gesunden Menschenverstandes.
ist
als die
Logik
Ezech IS, 6: irn yv^ p:in yv ntyxs dm"? 'n i hd pb
W^b^^y ''2V ns ^nn: ]D n'?D'? i6 Tnni Iti'. Darum spricht Gott
der Ewige also: Wie das Holz des Weinstockes unter dem Holz des
II.
Waldes, das ich
ich die
dem Feuer
Bewohner Jerusalems.
der Parabel
sein, die
zur Speise bestimmt habe,
Dieser Ausspruch
Ezechiel soeben
dem Volke
soll
so
mache
die Erklrung
vorgetragen.
Gott,
der Prophet, habe ihm die Frage vorgelegt, wozu denn
das Rebholz sich eigne. Jedes andere Holz des Waldes eignet sich
zu den verschiedensten Zwecken, zu knstlerischen und gewerblichen
so erzhlt
Gegenstnden, zu Baumaterial wie zu Hausgerten; nur das Holz
des abgestorbenen Weinstockes taugt rein zu nichts; nicht einmal
ein Pflock kann aus ihm gemacht werden, zumal wenn es an seinen
beiden Enden und in der Mitte vom Feuer versengt wurde. Auf
Antwort schuldig, und darum sagt
ihm Gott, da die Parabel das Verdammungsurteil ber die Bewohner Jerusalems enthalte. Der Weinstock bedarf der festen Sttzen,
an denen seine Reben sich emporranken; eine solche Sttze sollte
Israel an seinem Gotte haben; doch es verschmhte diese Sttze;
es verkannte seine innerste Natur, wollte es den Bumen des Waldes
gleichtun, und die Folge war, da der Weinstock zu welken und
zu verdorren begann; und als er dann mit seinen beiden Enden ins
Feuer kam, da zeigte sich, da auch sein innerer Teil versengt wurde.
Doch da Israel durch seine Untreue gegen Gott dem abgestorbenen
Rebholz gleich geworden, das dem Volke auseinander zu setzen, ist
ganz berflssig. Die Parabel besagt blo: Das abgestorbene Rebdiese
Frage
bleibt Ezechiel
holz (M), das zu nichts
die
mehr taugt
(a),
ist
dem Feuer
verfallen (P).
FESTSCHRIFT COHEN
202
Moral dieser Parabel lautet: Israel (S) ist gleichfalls nur noch
liegt
fr das Feuer etwas wert (P). Der Untersatz S in a gleich
in dem Enthymem keineswegs so fest eingeschlossen, dali ihn nicht
Und
die
jeder mit Leichtigkeit herausschlen knnte.'
Arnos 3, 12: n^V^D ^flt^ nSH ^20 npH b')i' "ItJ^XD Ti 1 HD
^"2 i'pur ]2 in bnn i.
So
^nv p'im nt3D nDa pnotJ^n n^^vn
spricht der Ewige: Wie der Hirt aus des Lwen Rachen zwei
Schienbeine oder ein Ohrlppchen rettet, so sollen sich retten die
Shne Israels, die in Peath Mittah und in Damask Eres wohnen.
Ich freue mich ganz besonders gerade bei diesem Verse, der nach
wie vor eine crux interpretum ist, nicht blo die von mir fr den
hermeneutischen Analogieschlu aufgestellte Formel anwenden, son12.
dern auch auf die unerlliche Notwendigkeit dieser Anwendung hinweisen zu knnen. Sowohl unsre alten Kommentatoren als auch die
modernen Exegeten tappen im Dunkeln und wissen nicht ein und
Das Propheten-Targum
aus.
z.
St. ist
keine bersetzung,
sondern
genau so wie Seder olam cap. 22 eine midraschische Erklrung.
Raschi, der feinfhlige und taktvolle Kommentator, der das Targum
historisch zu fundieren sucht, bemerkt in seiner Intuition 12^13 ''no ^"X
Abraham ibn Esra und David Kimchi behaupten mit vollem Ernst,
da die in der Sophaecke und auf einem Prachtbett sitzen Kranke
seien, die an dem Kampfe teilzunehmen verhindert sind, ohne zu
bedenken, da wirklich kranke Mnner nicht sitzen knnen, sondern
Die
liegen mssen, wenn sie nicht in den Krieg gehen sollen.
Sache bequem, indem sie von einer unheilbaren Textverderbnis reden, so da einige unter ihnen den zweiten
Halbvers ganz unbersetzt lassen, andere wieder nach """n einen
Punkt setzen und den Halbvers mit dem folgenden v. 13 verbinden.
Neueren machen sich
die
Endlich glauben manche die Worte tS'^V pt^'nn elliptisch auffassen
zu knnen, als stnde IV HSSn pt^^^m HD nDn int^n D^at^rn.
Diese Neuen bersehen jedoch ein sehr wichtiges Moment, da nm-
Analogieschlu un92, 7, wo die zehn 'hp
;noini der Thorah in einer Baraitha des R. Ismael aufgezhlt werden, heit es
an zehnter Stelle nn^ inn'ras U? "3 t^S V'p n3K"?)3'? T\\V' '? D^H invna T^iT^. Mag
da die Erklrung der Parabel
mittelbar auf einen Qol wachomer folgt. In Ber. rab.
^
Interessant
ist,
als
immerhin dieser zehnte r\"^p von der Hand des R. Kalonymos aus Rom herrhren (vgl. m. herm. Syllogismus p. 83), mag er auch nicht zu jenen gehren,
welche die Konklusionsformel ]n haben, da jedoch Ezech 15,5 mit zu den
einigen dreiig Schlssen a minori ad majus in der Bibel gezhlt werden kann,
wird doch niemand bestreiten wollen.
SCHWARZ, ENTHYMEMATISCHE ANALOGIESCHLSSE IN DER BIBEL
2O3
Auffassung Arnos sich selber insofern untreu wird, als
er gerade diejenigen vom Feinde verschont bleiben lt.'JderenjVerweichlichung und ppigkeit er doch strengstens tadeln ;^mu.;,;, (Vgl.
Da gibt es nach meinem unmalJgeblichen Dafrhalten nur
6, 4.)
lieh bei ihrer
Schwierigkeiten Herr zu werden, und das
des Gegenist die volle Durchleuchtung des Hauptbildes mittelst
bildes, oder, was auf dasselbe herauskommt, die Auflsung des
ein
einziges Mittel,
aller
Gleichnisses in einen AnalogieschlulJ.
Die zwei Schienbeinchen und
das Ohrlppchen (M) bleiben nur deshalb, weil der Lwe sie zu verschlucken unter seiner Wrde hlt (a), als das Verchtlichste der
Raubplatz zurck (P). Das ist der Kern des Gleichnisses; wenn Amos von einer Rettung durch die Hirten redet, so
will er mit ausnehmend feiner Ironie sagen, da der Hirte, dessen
Beute auf
dem
berwachung
Herde anvertraut war und der eben darum
die
fr
jedes verlorene Stck Schadenersatz leisten mu, sich selber vor der
Verurteilung zu retten sucht, indem er den Beweis fr den berfall
von einem Lwen zu erbringen sich bemht.^ An einen Kampf
des Hirten mit dem Lwen, wie ihn einst David bestanden ^ denkt
Amos nicht im Traum; das wre auch kein erfolgreicher Kampf,
dem der Mensch seine eigenen Knochen riskiert, um dem Rachen
des Lwen ein Ohrlppchen zu entreien. Nein, nein, der Hirte hat
sich verkrochen und dem Lwen die Beute berlassen; er wartet in
bei
seinem Versteck ungeduldig den Augenblick ab, da er die Beweise
Und
seiner Unschuld auf dem Felde wird zusammenlesen knnen.
genau so, meint Amos, wird es sich mit dem berfall Samarias durch
die
An
Assyrer verhalten.
einen
wirklichen
Kampf
ist
nicht
zu
auch Samaria viel zu schwach. Der Prophet hat
alle Nachbarvlker aufgefordert, auf den Bergen Samariens Zeugen
des Strafgerichtes zu sein, welches Gott ber die durch Raub und
Betrug reich gewordene Hauptstadt^ hlt. Ihre Palste, die mit geraubten Schtzen gefllt sind, sollen geplndert und die ganze HauptDie ganzer Nein, die Teile,
stadt zur Beute des Lwen werden.
denken; dazu
Vgl.
ist
Ex
Mischpatim Kap.
^
Vgl.
abv
22, 12
16,
Sam
BK
17,
b -t^i^in ly
11
a und
inx^a"" t^iD'' t^lD
dK und dazu die Mechilta
Nachmanis Pentateuch-Kommentar
z.
.St.
3436.
wenn die Zahl der vom Assyrer Verschonten nur
Lnd
eine kleine sein wird, von den Bewohnern des Reiches gesprochen werden.
knnen wir nicht umhin, v\)) pc'Dll Hiio nKD als Eigennamen zu betrachten, so
3
kann
Es kann
es
handeln.
sich
ja unmglich,
erst recht nicht
um
das Reich, sondern
um
die Stadt
Samaria
204
FESTSCHRIFl'
wo
COHEN
Reichen zu wohnen verschmhen, diese
zu plndern, wird auch der Assyrer unter seiner Wrde halten.
Oder mit anderen Worten: Diese wenigen Stadtbezirke (S) gleichen
den^; Schienbeinchen darin, da sie dem Assyrer verchtlich erscheinen (a), ergo werden sie von ihm nicht verschluckt werden (S
ist P).
Mithin haben wir es niclit mit verweichlichten Personen zu
tun, die auf seidenem Pfhl sitzen, sondern mit Mnnern, die in den
die paar Stadtviertel,
die
tiefergelegenen, muldenartigen Stadtteilen
wohnen. Diese Stadtteile
allen Seiten, mit Ausnahme
den Mulden, welche Samaria auf
der nordstlichen, von den umliegenden Bergen trennten. Da Omri
iK 16,24 die neue Residenzstadt auf dem ganzen Berg erbaute, so
konnte eine Ausdehnung derselben nur auf den niedriger gelegenen
Punkten sich vollziehen. Ganz besonders mssen es zwei muldenartige Tler gewesen sein, die zur Zeit Jerobeams II. von einer wenig
bemittelten Volksklasse bewohnt waren, und da das grere Tal
den Namen Damaskusbett erhielt, kann niemanden berraschen, der
da wei, da dieser Knig Damaskus dem Reiche Juda zurckerobert hat (2 K 14, 28).
Die geschichtlichen Tatsachen und die
lagen
in
topographischen Verhltnisse berechtigen sicherlich zu der Annahme,
da nt3 nSD und
fat
sie,
gegen
1^"!^
p^^"^
nomina propria
sind;
erheben; dort
wo
sie
LXX
solche
als
Mag man
teilweise wenigstens, die Septuaginta auf'.
die Lesarten der
und
im allgemeinen noch so
viele
auch
Einwnde
zu einem bessern Verstndnis des massoretischen
Textes eine Handhabe
bietet,
darf
man
sie
gewi nicht unbenutzt
auf der Seite liegen lassen, wie es hier von den modernen Exegeten
geschieht.
Bei diesen zwlf
Nummern kann
ich es fglich
bewenden
lassen,
und verweise nur noch auf Jeremia 31,27; 32,42; 33,20 22 und
It^ND beZach 8, 13 15, wo wir der Vergleichungsformel p
gegnen.
Selbstverstndlich
gibt
es
der
in
heiligen
Schrift
sehr
Vergleiche und auch nicht wenige Gleichnisse ohne die genannte
viele
Sie liest
....
otws iKawaa^aovrai
KarivivTL t^s ^uX^y, koI ev Aa/j.aaK^ iepus.
oi
vlol
'lo-poTjX
oi
KaTOiK0vvT\i
Sie transkribiert CIJ? in
Dem
iepeisl
iv '^a/xapeiq.
Vgl. jedoch
entsprechend hat auch die
Vulgata sie eruentur filii Israel, qui habitant in Samaria in angelo lecti et in
panno Damasceno strati (et in Damasci grabato). Gewi sollte man nach wie
vor ptt^l Wi5?n anstatt ly pc'Dia erwarten, aber es scheint dies doch immerhin,
wie Itj;''' ^>VK>^ Gen 15,2 deutlich zeigt, kein ganz vereinzelter Sprachgebrauch
gewesen zu sein. Vgl. hierzu meinen Aufsatz in Freie Jdische Lehrerstimme"
die Hexapla, die
auch
K\tirr)
u.
Kpdaros hest.
,,
Nr.
I.
SCHWARZ, ENTHYMEMATISCHE ANALOGIESCHLSSE
Zu
IN
DER BIBEL
2O5
gehren ganz besonders PS127, 4. Spr. Sal.
6,2729; 10,26; 24,13. 14; 25,4. 5. Mir war es vor allem darum
zu tun, fr den hermeneutischen Analogieschlu einen Anschlu an
Dieser Anschlu hat sich nun viel enger und
die Bibel zu finden.
Formel.
inniger als
letzteren
beim Qol wachomer erwiesen, denn
gleichungsformel
DIJ'D
die talmudische Ver-
deckt sich vollstndig mit
dem
biblischen
nun letztere, wie ich gezeigt habe, keine bloe
Vergleichungs-, sondern eine wirkliche Konklusionsformel, dann ist
die Kette der Entwicklung beim hermeneutischen Analogieschlu
genau so wie beim Qol wachomer lckenlos geschlossen, und man ist
vollauf zu der Behauptung berechtigt: Alle logischen Denkoperationen
des Talmuds, der Syllogismus, der Analogieschlu, und da dieser
blo eine Vorstufe der hermeneutischen Induktion bildet, auch der
Induktionsschlu, alle haben sich aus der Bibel herausentwickelt.
.
'W^'D,
Ist
Zur demotischen und griechischen Papyrusurkunde.
Von Ludwig BLAU-Budapest
nach dem Erscheinen der Papyri von Assuan^ habe ich
in einer Arbeit, in welcher ich diesen berraschenden Fund beleuchtete, unter anderem auch nachgewiesen, da diese Privaturkunden
aus dem 5. vorchr. Jahrhundert nach Form und Inhalt in wesendichen
Gleich
den rabbinischen Urkunden bis auf den heutigen Tag
weiterleben.^ Ich will nun hier zu beweisen versuchen, da die jdischaramische Papyrusurkunde der national-gyptischen gleicht und da
wesentliche Punkte beider Urkunden sich in der griechischen Papyrusurkunde wiederfinden. Das Quellenmaterial zu meiner Untersuchung
entnehme ich ausschlielich dem lehrreichen Werke Grundzge und
Punkten
in
WiLCKEN
Chrestomathie der Papyruskunde", das L. MiTTElS und H.
soeben herausgegeben haben (Leipzig 191 2).
Diese vorzgliche Einfhrung in die Papyrologie, welche die
bisherigen Ergebnisse der Papyrusforschung zusammenfat", ermglicht es auch dem Auenstehenden, sich an der Lsung der neuen
Aufgaben, welche die Papyrologie der Wissenschaft
Das neue
Material
soll
nmlich, wie
WiLCKEN
stellt,
(I,
p.
zu beteiligen.
XV)
bemerkt,
nicht zugunsten einer selbstndigen Papyruswissenschaft isoliert wer-
Hauptaufgabe der Papyrusforschung
darin zu sehen, da sie auf der soliden Basis eines gemeinsamen Unterbaues die neuen Materialien in die verschiedenen historisch arbeitenden Wissenschaften hinberleitet,
um die neuen Einzeltatsachen wieder in die groen ZuVielmehr
den.
A. H.
London
die
Sayce and A. E. Cowley, Aramaic Papyri discovered
at
Assuan,
1906.
Die Papyri von Assuan und Elephantine (ungarisch),
A. aus: Ungarisch-jdische Revue" Jahrg. 19071908).
*
(S.
ist
Budapest 1908
\
<A
^'5^
'^'^j^^J'^
FESTSCHRIFT COHEN
20S
sammenhnge
gangen
zu bringen, aus denen sie einst hervorge-
sind".
nun einen Zusammenhang aufzeigen, der nicht auf der
Heerstrae der Papyrologie liegt, indem ich neben den schon erwhnten aramischen Papyri die Bibel und den Talmud, sowie die
rabbinischen Urkunden des Mittelalters zur Vergleichung heranziehe.
Palstina hngt geographisch eng mit Ag}'pten zusammen und wurde
von demselben seit dem grauen Altertum sowohl politisch als auch
kulturell gewaltig beeinflut. Die enge Verbindung der beiden Lnder
Ich
will
hat bei allen Wechselfllen der politischen Geschichte kulturell zu
keiner Zeit eine dauernde Unterbrechung erlitten.
Es
ist
somit von
vornherein wahrscheinlich, da das Rechtsleben des jdischen Volkes
von gyptischer Seite einen Einschlag erhalten hat. Doch will ich
keine a priori -Schlsse machen, sondern blo die Mglichkeit eines
Einflusses betont haben.
Das gedachte Werk von MlTTElS und WiLCKEN, dem
schon erwhnt, das Quellenmaterial entnehme,
in
zerfllt in
wie
ich,
zwei Teile,
einen historischen und einen juristischen Teil,
zwei Hlften,
von denen die
erste die
und jeder Teil in
Grundzge" und die zweite
Jeder Teil besteht aus zwei besonders
die Chrestomathie" enthlt.
paginierten Bnden, ich werde also den von mir bentzten juristischen
den L. MiTTEIS verfat hat, einfach mit der Seitenzahl zitieren
und die Chrestomathie durch Hinzufgung eines 2 von den Grundzgen unterscheiden.
Teil,
I.
Bevor
ich in die
Untersuchung
eintrete, setze ich die
zum Ver-
Urkunden ntigen Definitionen von MiTTEIS her.
Ihrer Stilisierung nach werden die Urkunden eingeteilt in
objektive und subjektive, je nachdem ber den beurkundeten
Hergang vom Standpunkte eines unparteiischen Beobachters in der
.stndnis der
dritten
Person
selbst,
in
der
referiert
wird
(z.
ersten Person
B. o/xoXoyet 6 8e6va)
redend,
die
oder die Parteien
Urkunde
redigieren
(z.
B.
o/joAoyw)" (S. 49).
Eine andere Einteilung
Urkunden.
ist
Erstere werden von
die
in
ffentliche und private
einem ffentlichen Funktionr
er-
ohne Zuziehung eines solchen" (50).
Die demotische Urkunde wurde von einem Priester oder von
Auerdem werden
einem privaten Urkundenverfasser aufgesetzt.
richtet, letztere
Zeugen
und
zwar bei Immobiliar -Verkaufsurkunden (einschlielich
BLAU, ZUR DEMOTISCHEN
der Hypothezierungen) meist
kommen auch
UND GRIECHISCHEN PAPYRUSURKUNDE
2O9
zugezogen;
doch
in
der Zahl von i6
Die Stilisierung beginnt in
Zahlen vor.
objektiver Form: ,Es spricht N. N.'; sodann wird die Parteierklrung
in direkter Rede und in der ersten Person formuliert; auerdem oft
durch Eides- und Verwnschungsformeln (letztere gegen die Zuwidergeringere
Das Datum steht
bei dieser, wie berhaupt bei fast allen Objektivurkunden,
an der Spitze des Kontextes. Die Urkunde wird ganz vom /iovoy/Da<^os
geschrieben; die Parteien und Zeugen setzen keine Unterschrift bei,
wohl aber werden ihre Namen, da Zeugen wie Parteien die Urkunde
handelnden) unter den Schutz der Gtter
von auen
gestellt.
den Siegeln hinzugefgt" (53).
Das Schema ist demnach i. Datum, 2. Kontext, 3. Versicherung
durch Eid und Verwnschung, 4. Der Schreiber ist ein Notar, 5. Parversiegeln,
teien unterschreiben nicht, 6.
Zeugen
versiegeln.
AUdies gilt mit geringen Modifikationen auch von der aramischen Urkunde. Sie unterscheidet sich von der demotischen blo
in zwei Punkten.
In Punkt 3 insofern, als sie die Versicherung fr
das Einhalten des Vertrages nicht durch Eid und Verwnschung,
sondern durch eine Konventionalstrafe
festlegt,
und
in
Punkt 6
inso-
Zeugen nicht ihr Siegel, sondern ihre Unterschrift auf
die Urkunde setzen. Die gypter waren nmlich in der Regel nicht
schreibkundig. Zur Bekrftigung meiner Behauptung setze ich den
fern,
als die
Hauptinhalt des
Am
Papyrus B
hierher.
des 21. Regierungsjahres des Xerxes
sprach Dargeman, Sohn des Charschin ... zu Machseja, Sohn des
Jedonja
wie folgt: Du hast mir einen Eid geleistet ber mein
.
18.
Kislev
um
Klage erhoben habe
du hast mir geschworen bei dem Gott Jahu und mein Herz ist befriedigt.
Ich soll kein Recht haben wegen dieses Grundstckes gegen
Grundstck,
dessentwillen ich gegen dich
dich klagbar zu werden.
Sollte dies
jemand
in
meinem Namen
tun,
Kebes und dieses Grundstck bleibt dein Eigentum und
du bist fern von jedem Prozesse wegen dieses Feldes. Diese Urkunde
hat geschrieben Ethan bar Abba in der Festung Syene auf das Gehei des Dargeman.
Folgen die eigenen Unterschriften von acht
zahle ich 20
Zeugen."
Dieselbe
Form haben
smtliche
aramischen Urkunden
von
Assuan und Elephantine, nur fehlt in manchen die Konventionalstrafe
und die Zahl der Zeugen variiert. Eine genaue Vergleichung der
demotischen und aramischen Papyrusurkunden wre eine lohnende
Welche Resultate eine solche
Aufgabe fr einen gyptologen.
14
FESTSCHRIFT COHEN
21
Arbeit zutage frdern wrde,
drfte die hier folgende Analyse der
national-gyptischen Kaufurkunde zeigen, welche ich auf Grund der
bei Mitteis abgedruckten deutschen und griechischen bersetzung
kurzen Bemerkungen ber das nationalgyptische Recht bezeichnet MiTTEis (S. 167) als sicher folgende
Grundstze: i. Jeder gyptische Immobiliarverkauf setzt die Errich-
Nach
vornehme.
einigen
tung zweier Urkunden voraus, von denen die eine die ,Urkunde fr
Die
Silber', die andere die .Urkunde des Fernseins' genannt wird.
Griechen nennen in offiziellen bersetzungen solcher demotischer
Kaufurkunden die erstere
irpaa-is,
die zweite aTroo-racrtov (sc.
Das Schema der beiden Urkunden
a-vyypa(fi-)])."
folgendermaen:
lautet
Die Urkunde fr Silber.
1.
hast gegeben, mein Herz
Du
ist
mit
dem Geld
i.
(Leyd. P.
'AiriqvSoKyja-ds
3):
fn.
[t^s ti/x^].
zufrieden.
am
(Folgt in beiden die detaillierte Beschreibung des Kaufobjekts;
Schlu zusammenfassend:)
2.
Ich habe es Dir gegeben, Dir
eehrt
2.
(Leyd.
'o-'"
es.
28): eSwKa
1.
o-oi
[.
<tov
..
rajc^oi.
01
(Es folgt eine nochmalige krzere Beschreibung des Objekts.)
in Silber
3.
Ich habe ihren Preis
4.
von Dir empfangen, vollstndig
ohne irgendeinen Rest.
Mein Herz ist damit zufrieden.
6.
Kein Mensch der Welt, weder
ich noch mein Geschlecht, soll
3.
o-o Trjv
Wer
ihretwegen
auftreten wird in
men
oder
jemandes
in
gegen Dich
meinem NaWelt,
der
tovt(o[v nfiriv Ik ttAtj/jovs]
'Kir[^v]h6Kria-s
4.
(Leyd. 33/34):
C.
o[k IvKaAc (TOt TTipl tJoUTCV.
6.
(Leyd. 34):
oW
kyu>
[o]vt'
p-i.
aXXos
to[v I/a]oC yevous Kvpuva-ei ai;[Twv
otto t^s Se t^s ^/icj^as.
7.
(Leyd. 35): 'Eav
Tre[pl
dem Namen irgend
in
^Ho-fx^qv] irapa
[k<u
aveu Travros {vTi\o\6yov.
Macht ber sie haben, auer
Dir von heute ab.
7.
(Leyd. 32):
8e ris o-oi eireXey
aujrwv ck re tou
/^tos r
aAAov
(?)
/xo 6v[6-
aTroo-JT^o-oj.
den
entferne ich von Dir.
8.
Ich
will
sie
(die
Sache)
Dir
garantieren (wrtlich: reinigen)
8.
(Leyd. 36)
raGra
[dTro]
Kai
ea[u!>](rw
a-vyypacpQv
croi
....
gegen jede Urkunde.
910. Dir gehrt
sie (sowie) die
darauf bezglichen
Urkunden
9-10. (Wessely
5'
e[io-]tv
al
spec.l. 78):
yeyoi/wai
Kar'
o-ai
a{>TC>v
UND GRIECHISCHEN PAPYRUSUTiKUNDE
BLAU^ ZUR DEMOTISCHEN
21
und Vertrge, wo immer sie
auch sein mgen; jede Ur-
/xe[va]i /iot Kar'
airdv
kunde, welche allgemein dar-
iracrai
koI [crujvaAAay/iara
ber
ausgefertigt
worden
a-iryypa(j)al
7ra[vjTa
ist,
jede Urkunde, welche mir persnlich
worden
darber
ist,
koL
iraa-ai
al
"/yervrj]-
o-iry[y]pa</)[ai]
Trepiyeij/eTai {moi Bi-
tv
Kaiov d7rai'T[wv]
ausgefertigt
und jede Urkunde,
durch welche ich auf
ein
sie
Anrecht habe.
gehrt
Dir
11.
sie
samt ihrem
II.
Recht
12.
Den Eid und
Beweis],
12.
(Wess., Spec.
mit Ver-
besserungen von Schub art [bei
Rechts der obigen Urkunde,
welche ich Dir ausgefertigt habe,
damit ich sie (d. h. Eid und
(r[^oi
Spiegelberg
o]pKos
7r/Do<o">-
l7rt[8etgi]s
n?
p. 10]): dv 81
XfjOij wre (rwTAe[cracrai
TrjotTjcrc.
(leiste).
werde ich tun (leisten) ohne
.... Einspruch gegen Dich.
Die Urkunde des Fernseins
1.
II
1.
welche Dir vor Gericht auferlegt werden im Namen des
Beweis) tue
13.
[den
Ich trete Dir ab (die Liegen-
i.
Schaft),
{airoa-racriov).
(Wessely
l.
spec. tab. 13 Nr. 29
dc^to-ra/iea
[S. 6]):
3-
VTrap)^ovary]s rjfiLv
(t^s
.)
(Folgt genaue Beschreibung des Objekts.)
2.
ber welche ich Dir im
2.
Jahre des ewig lebenden Pharao
eine
Verkaufsquittung
fertigt
sie.
der Welt an dich zu
5.
Noch
ausge-
Ich habe dieserhalb kein
(d. h.
7re7r[oj7jTat
1.
aKoXovdws
9)':
6 TrpicrvTepos
crot
[y]
rj/xdiv
[TT/adJcrt.
habe.
Dir srehrt
4.
(Wessely sp.
Wort
richten
kein Recht daran).
soll
irgendein
der Welt es knnen
Mensch
....
3.
[Stj
4.
5.
S'
ecTTt].
(WESSELY
i7/;i[e]6V
Xov
CTTjs
e[.
ii):
1.
koI ovdeU
KaTaAe[t]7r[Tja[i TJwt Ka66.
.]s
[Aoyos arro t^s evecrrw]-
[t)]iJ.epa[s
[X/soJvoi/
eirl
t]ov [o-i5j/z7ravTa
ovK
Kai
i^ea-rai
[t'jjfJ-dv
ovt' [dAAw] ovSevl aTrAws [Kvpiiveiv
auTTJs
CTTjs]
ttAt^v
crov
rjixepa[s]
airo
eTi
tv^s
Tov
XPovov.
14'
o-ecTTCu-
a[7ra]i'Ta
FESTSCHRIFT COHEN
212
67. Wer ihretwegen gegen Dich
auftreten wird in meinem Namen [oder in dem Namen irgend
8.
jemandes in der Welt], den
werde ich von Dir entfernen.
Du kannst mich mit dem Recht
6.
(1.
13/14):
'Eav
mt^P
[v
v[lo$
6vydTrjp
rj
[Se
o.8eX]cf>b'i
eV-o-Ti^oro/iev
7r]aT^[p
rj]
[^ d]SA[<;^^
[iTreXOrj
o-oi]
17
....
[aiTo]v aTro a-ov.
der Verkaufsquittung verfolgen,
.
welche ich Dir im Jahre
des ewig lebenden Pharao aus.
Sfestellt
habe.
Eine Kaufurkunde findet sich unter den aramischen Papyri nicht,
wir knnen also nicht wissen, wie sie geheien hat. Dagegen wird
die Urkunde des Fernseins" mehrmals genannt, denn pmo "IDD, die
,
Auflassungsurkunde",
ist
wrtlich bersetzt nichts
anderes
als
die
Urkunde des Fernseins". Ausdrcklich nennt sich pm TSD in der
Aufschrift Papyrus B, Papyrus F und Papyrus I und zweimal wird ein
Eine Urkunde des
solches in Papyrus D (22 und 25) erwhnt.
Fernseins" ist auch Papyrus E, wenn sie sich auch in der Aufschrift
nur Urkunde" schlechthin nennt. Wie wir weiter sehen werden,
sind dem Inhalte nach auch noch andere Papyri Urkunden des
Betrachten wir nun die demotische Kaufurkunde Zeile
Fernseins.
fr Zeile.
1.
Du hast gegeben, mein Herz
ist
mit
dem Geld
zufrieden."
Charakteristisch
ist
hier
der Ausdruck
mein Herz
ist
zu-
den aramischen Papyri ein technischer Terminus. B 11 Du hast mir geschworen und hast mein
Herz zufrieden gestellt" 0:ia^ nntSMI); F5 Mein Herz ist zufrieden mit diesem Eid" 0^2^ 2)^)); G 5 Dein Herz ist zufrieden".
Derselbe
ist
auch
in
frieden"; G 15 Ich habe es erhalten und mein Herz ist
zufrieden"; H 8 Ihr habt unser Herz zufriedengestellt
ber diese Gter und unser Herz ist damit zufrieden". Der
fragliche Ausdruck kommt auch in den Elephantine- Papyri' vor,
Nr. 27, Zeile 9 und Nr. 35, Zeile 7.
2.
Ich habe es dir gegeben, dir gehrt es."
mich davon
7 Dieses Haus habe ich dir gegeben und
ent-
E. Sachau, Aramische Papyrus und Ostraka aus einer jdischen MilitrKolonie zu Elephantine, Leipzig 191 1. Diese Papyri hat auch A. Ungnad herausgegeben (Aramische Papyrus aus Elephantine, Leipzig 191 1).
'
BLAU, ZUR DEMOTISCHEN
es gehrt dir
fernt,
UND GRIECHISCHEN PAPYRUSURKUNDE
und deinen Kindern".
4-
213
8 Ich entferne mich
K ii Wir entfernen
von euch ... es gehrt euch fr immer".
uns von dir ... bezglich des Sklaven Petosiri, der dir als Anteil
zugefallen
ist".
Ich habe ihren Preis in Silber von dir empfangen,
vollstndig ohne irgendeinen Rest. Mein Herz ist damit
3
4.
zufrieden."
den Papyri nicht, weil bis jetzt
Kaufschein berhaupt nicht vorliegt. Da jedoch diese Art von
Der
ein
erste
Satz findet sich
Quittierung blich war,
folgt aus
in
15 (oben bei Zeile
Bei der
i).
Zubilligung des Eides erklrt die Prozepartei an der schon angefhrten Stelle (B II) gleichfalls:
Du
hast mir bei Jahu geschworen
und mein Herz ist zufrieden bezglich dieses Grundstckes,
dich deswegen nicht belangen knnen".
ich
soll
im demotischen Text, ist aber im griechischen vorhanden und lautet: Ich soll dich dieserwegen nicht belangen
knnen". Diese Formel kommt auer an der soeben angefhrten
Es ist eine
Stelle noch vor E 8, F 7, H 11, J 10, K 8 und sonst.
stndige Formel, die auch in anderen Wendungen ausgedrckt wird.
Zeile 5 fehlt
Kein Mensch der Welt, weder ich noch mein Geschlecht soll Macht ber sie haben auer dir von heute ab."
6.
Ausfhrlicher
ist
die
Eigentumsbertragung
in Zeile
der Ur-
kunde des Fernseins" ausgedrckt: Es soll keiner von uns noch
irgendein anderer Macht ber es haben auer dir von heute ab
bis in alle Zeit" (Ewigkeit). Statt des zusammenfassenden mein
Geschlecht" heit es in dieser zweiten Urkunde (Zeile 6) detailliert:
Vater oder Mutter, Bruder oder Schwester, Sohn oder
Tochter". Alldies begegnet uns auch in den Papyrus. In der
Schenkungsurkunde D spricht der Vater zu seiner Tocher, nachdem
das Objekt der Schenkung genau beschrieben worden, wie folgt:
Ich habe es (das Grundstck) dir gegeben bei meinem Leben und
darber Macht haben von heute ab bis
du willst, kannst du
in Ewigkeit und deine Kinder nach dir.
Weder Sohn noch eine andere Tochter, Bruder und
es schenken.
Schwester und Frau und ein anderer Mann sollen Macht haben ber
bei
meinem Tode, du
sollst
Wem
dieses Grundstck
auer
dir
(8-11).^
'
Siehe weiter unten S. 217.
und deinen Kindern
bis in
Ewigkeit"
FESTSCHRIFT COHEN
214
Wer ihretwegen gegen dich auftreten wird
meinem Namen oder in dem Namen irgend jemandes
7
8.
in
in
der Welt, den entferne ich von dir. Ich will sie (die Sache)
dir garantieren (wrtlich: reinigen) gegen jede Urkunde."
Die Fortsetzung des soeben angefhrten Papyrus lautet folgendermaen: Wer Proze oder Streit erhebt gegen dich oder deinen
Sohn oder deine Tochter oder deinen Mann (Rechtsnachfolger)
wegen dieses Grundstckes, welches ich dir gegeben, und gegen dich
Klage fhrt vor einem Hauptmann oder Richter, soll dir oder deinen
ohne Proze und
Kindern (ein Strafgeld von) lo Kebes geben
.
ohne
dir.
alte
gehren und deinen Kindern nach
Man soll nicht produzieren drfen gegen dich eine neue oder
Urkunde ber dieses Grundstck, welches ich dir gegeben, um
Streit
und das Haus
es einem anderen
soll dir
Die Urkunde, die man gegen
nicht ich habe sie geschrieben und
Menschen zu geben.
dich produziert, wird falsch
sein,
angenommen werden im Proze, solange diese Urkunde
Hand ist' ... Hier hast du die Urkunde des Fernseins,
sie soll nicht
in deiner
welche Dargeman, Sohn des Charschin, der Harazmier,
ich habe sie dir
mir ber dieses Grundstck geschrieben hat
gegeben, du besitze sie. Wenn morgen oder bermorgen Dargeman,
ein
Stck,
Sohn des Charschin, oder sein Sohn wegen dieses Hauses Klage
erhebt, produziere diese Urkunde und prozessiere mit ihm."
E II 12: Es soll kein Mensch gegen dich eine neue oder
alte Urkunde produzieren drfen auer dieser, die ich dir geschrieben
und gegeben habe. Wenn gegen dich eine Urkunde ausgeht, so
Nach genauer Beschreibung der
habe ich sie nicht geschrieben."
Lage des Hauses durch Angabe der Grenznachbarn nach den vier
Himmelsgegenden folgt zum Schlu: Dieses Haus habe ich dir
gegeben; ich entferne mich davon; es gehrt dir fr immer,
wem
du willst, gib es".
Zeile 3 wird die Kaufurkunde erwhnt,
welche der frhere Besitzer ausgefertigt hat, und Zeile 6 heit es von
derselben: ich habe sie dir (der neuen Erwerberin) bergeben". In
dem Heiratskontrakt Papyrus G garantiert As-Hor, der junge Ehegatte, seiner Frau Mibtachja den Genu seines Hauses und seines
sonstigen Vermgens mit den Worten: Wer gegen Mibtachja auftreten wird, um sie zu vertreiben von dem Hause des As-Hor und
Hierauf folgt mit denselben Ausdrcken die Erklrung, da der Aussteller
selber auch nicht das Recht haben soll, gegen diese Schenkung Einspruch zu
erheben.
'
BLAU, ZUR DEMOTISCHEN
seinem Vermgen,
UND GRIECHISCHEN PAPYRUSURKUNDE
21
Kebes (als Strafgeld) zahlen und
beistehen im Prozesse'" (30
31).
soll
ihr
lo
Urkunde soll ihr
Das Merkwrdigste aber ist, da der Terminus: ich werde
reinigen" noch im 4. Jahrhundert (post) in Babylonien im Kaufbrief
gang und gbe war. In einer Diskussion wird Baba Mezia 15 a die
diese
Garantieformel
des Kaufbriefes
folgendermaen
die
zitiert,
Ich werde aufstehen und beruhigen und reinigen
Einspruch, Raschi]
und wegwischen
[vor
lautet:
jedem
[jeden Einspruch] von diesem
Kauf usw."^
Zeile
Urkunden
Die Zusicherung der auf das Kaufobjekt bezglichen
in den aramischen Papyri durch die bergabe derwobei ausdrcklich erklrt wird, da jede andere Ur-
13.
ist
selben ersetzt,
kunde, welche sich auf dieses Rechtsgeschft bezieht, falsch ist, solange
die gegenwrtige Urkunde im Besitze der anderen Rechtspartei sich
Hiermit
befindet.
ist
kurz ausgedrckt, da der Ausfertiger der Ur-
Eid und den Beweis", welche der Partei
aus diesem Rechtsgeschft entsteht, zu leisten ohne Einspruch".
Bei der Urkunde des Fernseins" ist die Identitt der Rechtsausdrcke der demotischen und aramischen Urkunde geradezu in
die Augen springend. Vom Titel Urkunde des Fernseins" war schon
pm ("lD). Die
die Rede: aTroo-racriov ((rvyypa(f>i)) ist buchstblich
kunde
sich verpflichtet, den
berlassung des Objekts wird mit dt^io-rayuea ausgedrckt, wie K 11
mit nin:K Ip^nm wir entfernen uns". Fr Abtretung", Auflassung"
F 6 Ich entferne mich von dir
ist der aramische Terminus pm.
von heute ab in Ewigkeit" bezglich einer Forderung; H 15 Er sei
fern
rabbinischen Recht heit die
Im
von diesen Gtern" (Mobilien).
Urkunde der Entfernung" \>^b ItSty.
Sagt jemand zu seinem Nchsten: Ich habe kein Anrecht und keine
Worte ber dieses Feld; ich habe damit nichts zu tun (wrdich:
so hat
keinen Streit^; meine Hnde (Macht) sind davon entfernt
Zessionsurkunde
gleichfalls
er nichts (rechtsgltiges)
sammlungen
nSD
findet sich der pl^D
nb [nDjyi.
'
nat
]'Vk
Baba Bathra 43a
y-i
"Itaty
Vielleicht
'J'at p"'"l!2K1 '211 ^SiVH^
(cf.
In den rabbinischen Formular-
gesagt "J.
ist
auch heute
Y^
mp
zu lesen
Whrend
noch.-
vor
dem
Richter.
D^plX 3K.
Kethuboth 83a): mc' hy
'b
yn
nnnm
y-i n^n"?
imxn
Der Talmud schliet die
n^ ni pay 'b y)
alten Termini aus, wodurch er deren Weiterbestand beim Volke
D','?^
-IC
Hb njno mpbiDO
11.
nnSTi ]n = 33ni ^n (der Papyn). p'jiDD = pm.
Sefer Haschetaroth ed. Halberstamm S. 66: b-\ onani i^
verrt.
*
naa "t jpbooi poj?
iV'sk.
n'iia 'b
^\'b^
2l6
FESTSCHRIFT COHEN
den fraglichen Papyri der Terminus bei Mobilien und bei einer
Forderung gebraucht wird, steht er im Talmud bei Immobilien. Es
in
demnach sehr
ob man, wie MiTTEIS (i66) meint,
zwischen Mobiliar- und Immobiliarkauf differenzieren mu.
Doch
dies nur nebenher.
MiTTEls bemerkt, da der Terminus aTroo-racriov
vorwiegend dann angewendet wird, wenn es sich um Kontrahenten
gyptischer Nationalitt handelt" (176).
Hiermit wrde es gut
stimmen, wenn dTroo-Tcio-iov bersetzung eines gyptischen Wortes wre.
Dies vermag ich nicht zu entscheiden, sicher ist aber, da dieser
Terminus dem aramischen pmo Fernsein" gleicht. Beide Termini
ist
zweifelhaft,
drften quivalente eines gyptischen Terminus sein.
Sehr interessant
ist
vom
Gesichtspunkte des aramischen Ter-
minus, was Mitteis (178) ber den dritten griechischen Ausdruck
fr die Auflassung sagt.
fter wird der Terminus Trapaxyip-qo-Ls,
7rapaxo)pLv
gebraucht.
Und zwar kommt
dieser,
im Gegensatz zu
auch in den Urkunden selbst vor. Freilich nicht blo
Auflassung des Eigentums; er bedeutet vielmehr das ,Weichen'
(cedere) von irgendeinem Gegenstand schlechthin, kann daher auch
KaTaypd^iLv,
fr die
Forderung gesetzt werden und steht nicht blo
bei kaufmiger, sondern auch bei tausch- oder vergleichsweiser
Rechtsberlassung."
Was zunchst die Bedeutung von Trapax<apdv
betrifft, so ist zu konstatieren, da der rabbinische Ausdruck 2p''^nD0
fr die Zession einer
gleichfalls
ich weiche" bedeutet,
noch nher
merken, da
Was
plVo
(itaty)
steht also TrapaxwpT^o-is
Sache anbelangt, ist zu beE eine Schenkungsurkunde ist und da heit es auch:
Ich entferne mich davon (vom Hause), dir gehrt es" (Zeile 7 und 16)^
und da in F bei einer vergleichsweisen berlassung derselbe Terminus angewendet wird (Zeile 6).
Whrend aTroa-Taa-iov und Kara\(i>pr]a-is quivalente eines gyptischen (und aramischen) Terminus sind, ist KaTaypa^ri (KaTaypd<f)uv)
ein wirklich technischer Ausdruck der altgriechischen Rechtssprache.
Hieraus folgert MiTTEis (176), da es wohl nur durch die zuflligen
Verhltnisse unserer berlieferung begrndet ist, da das Wort in
seiner einschlgigen Bedeutung in der Ptolemerzeit selten zu belegen
ist".
Viel nher drfte die Annahme liegen, da dieser Terminus
gerade deshalb, weil er der griechischen und nicht der nationalgyptischen Rechtssprache angehrt, selten gebraucht wurde.
Kehren wir nun zu unserer Urkunde zurck. Zeile 3. Dir ge^
als
pn"l (1D).
Ebenso Sachau Nr.
die
35, 4 (cf. 73 Nr. 5, 3).
BLAU, ZUR DEMOTISCHEN
hrt
Wort
15,
n. 3)
7.
11.
Dir gehrt es"
16.
Ich habe kein
Zeile 4.
sie".
Wort an
der Papyri 221) (K^l)
14,
das vielfach
und griechisch
UND GRIECHISCHEN PAPYRUSURKUNDE
4,
15,
dich zu richten"
ist
19,
8).
J
das stndige
variiert
Adyos.
(A
21/
K^ (auch assyrisch dinu u dababu)'
wird. 221 ist hebrisch ^121 (oben 215,
Zeile 5.
Noch
soll
irgendein
Mensch
schon bei der ersten Urkunde besprochen
worden. Auch fr die Gewhrleistung sind schon Parallelen beigebracht worden. Hier sei nur noch bemerkt, da statt des allgemeinen
irg-endein Mensch" und wer in meinem Namen oder in dem Namen
es tun knnen".
Dies
irgend jemandes
in
ist
der Welt",
das
der demotische Text bietet,
in
den aramischen Papyri stets eine Aufzhlung der Verwandten gegeben wird, wie im griechischen Text, jedoch mit dem Unterschiede,
da Vater und Mutter nie genannt werden. Ich lasse hier eine Zusammenstellung folgen.
Sohn und Tochter, Bruder und Schwester, Verwandter und nicht
Verwandter (Militr oder Zivil) ^ (A 8, B 12. 13). D 10 und J 11 wird
noch hinzugefgt: Weib und ein anderer Mann; E 8 heit es: Weder
noch mein Sohn und mein Same oder ein anderer Mann sollen
gegen dich auftreten knnen". F wird nur Sohn und Tochter genannt und zwar bei beiden Rechtsparteien. H 10: Wir und unsere
Shne und unsere Tchter und unsere Brder und unser Mann
Auch in den
(Rechtsnachfolger), Verwandter und Stadtbrger.3
Elephantine-Papyri findet sich diese Aufzhlung der Erbberechtigten,
welche Klage erheben knnten oder gegen welche Klage erhoben
werden knnte. Es ist nun nicht uninteressant, dieselbe Formel in
jdischen Formularen 2000 Jahre spter wiederzufinden. Bei Juda
bar Barsilai (elften Jahrhundert in Barcelona) liest man^: TtT "'0 b2
m.T "pmii ly-ir pimi 2)1]) ninT n nm ]2 D^iyn mnn vnnsa
ich
Die Klausel der griechischen Urkunden:
vev
5t'/o;s
Kai Kplaeui
(Nr. 132, Z. 23
Chr.; 133, 26 aus 108 v. Chr.; 62,9 aus 303 n. Chr.) ist das
aus dem Jahre iio
griechische quivalent dieses technischen Ausdruckes. An allen drei Stellen
v.
findet sich
Kai
irdffijs
noch je ein anderer Zusatz
(koI
Trda-ris
evpj](Ti\oylas
Kai irda-ns KaKorexviai
Worte finden sich aber berall,
und formelhaften Charakters. Es drfte sich nicht um
virep^^aeus Kai ivpeaiKoydas), die ersten
zwei
Beweis ihres Alters
eine Phrase handeln (MiTTElS I, S. 120 und II, S. 69. Vgl. noch I, S. 122).
^ Militr oder Zivil"
werden nur ausnahmsweise (auch E 10) genannt:
nnpi bin byi p-'mi anp nnxi nx mii -12. Sachau bersetzt falsch p^T^^\ ^np mit
ein
naher und entfernter Verwandter".
3 nnp bya ohne vorheriges bin hy^.
4 Sefer Haschetaroth ed. Halberstamm 46; abgekrzt angedeutet 51 bis;
Jahrhunderts.
60,21
22; 100, 16. Auch in Formularsammlungen des sechzehnten
;
74,
FESTSCHRIFT COHEN
2l8
mpn
])V^^'\
n^li
IS
"'li
Wie
in
den Papyri der zur
Militr-
Gehrige (Jude) und Stadtbrger (gypter), so wird bei
den vernderten Verhltnissen entsprechend, der Jude und
kolonie
Barzilai,
NichtJude genannt.
Elieser ,Melli hat
Venedig 1552, Nr.
ed.
nmrT'l.
HURWITZ
Vitry ed.
26),
noch dieselbe Formel
nur der Schlu lautet
794, Nr. 562
(wie in
und 796, Nr. 571)
(f 2n Vd^
Machsor
ahertmlicher:
Jude oder Aramer", wie der Gegensatz nicht selten
im Talmud ausgedrckt wird.
Die Eigentumsbertragung Kvpievetv ist das quivalent vom ara'NlK 1
"'Hin"'
mischen \^^b herrschen". D 9 ii: Du sollst darber herrschen
von heute ab bis in Ewigkeit' und deine Kinder nach dir, wem dir
beliebt, schenke es; es soll weder mein Sohn oder meine Tochter
usw. noch ein anderer Mann herrschen ber dieses Grundstck
und deinen Kindern bis in Ewigkeit." C6 13: Du hast
nicht das Recht {^^b^) zu verkaufen oder zu verschenken anderen
auer deinen Kindern von meiner Tochter Mibtachja, sie sollen darber
herrschen (|^t^^'?L^) nach euch ... sie hat nicht das Recht (Tl^'^b)
es zu nehmen und anderen zu geben auer deinen Kindern von
auer
dir
ber die andere Hlfte
herrschen
ber die andere Hlfte herrschen deine Kinder von
18 von einem Haus nebst beweglichen Gtern und
Mibtachja, sie sollen darber
herrschst
du,
Mibtachja".
Wrtlich
d'?X;
Wenn
also
da
dem
in
b),
nj;*!
OTro t^s eveo-rwo-Tjs r^fiipas
nit
(D 9 und
em
rov a-ufMiravTa xpovov ist
sonst), krzer
bv IV (E
i6).
das babylonische Schulhaupt Rab (um 230) verordnet,
Scheidebrief eingeschrieben werde '?j;'?1 ]i*T OVO (Gittin
so hat er nur eine uralte zivilrechtliche Formel in eine ehe-
rechtliche
in
6 von einem Sklaven.^
Der Ausdruck
85
Urkunde aufnehmen
lassen.
Dieselbe Formel kehrt noch
der rabbinischen Auflassungsurkunde wieder.3
Wir knnen nach den voraufgehenden Parallelen mit
Sicherheit behaupten, da die jdisch- aramische Urkunde in gypten mit der national-gyptischen bis auf
geringe Abweichungen, die kaum in Betracht kommen
Die rabbinische Kaufurkunde (1. c. 46 oben) detailliert die Macht des
Kufers ber das gekaufte Ackerfeld: Er kann damit machen, was er will, er
hat die Macht es zu bearbeiten usw., zu verschenken usw. und ich habe mich
davon vollstndig entfernt". In der Hauskaufsurkunde heit es: er hat
Macht ber dieses Haus und diesen Hof" usw.
3 Sefer Haschet. 66.
^
BLAU, ZUR DEMOTISCHEN
UND GRIECHISCHEN PAPYRUSURKUNDE
knnen, vollkommen bereinstimmt.
219
Die Errichtung von zwei
den Juden nicht blich gewesen sein.
Dies folgt nicht so sehr aus dem Umstnde, da(i ber ein und dasselbe Rechtsgeschft keine zwei Urkunden erhalten sind, denn dies
Urkunden
drfte
indes
bei
verhltnismig geringen Urkundenmaterial, welches
wir gegenwrtig besitzen, ein Spiel des Zufalls sein, sondern vielmehr
aus der Tatsache, da in der zu einem Familienarchiv gehrenden,
auf drei Generationen sich erstreckenden und augenscheinlich sorg-
knnte bei
fltig
dem
aufbewahrten Urkundensammlung keine einzige Doppelurkunde
vorhanden
ist.
Urkunde E, in welcher der
Kauf des zu berlassenden Hauses und der hierber ausgefertigte
Kaufbrief erwhnt ist und dabei nur von der bergabe einer einzigen
Urkunde gesprochen wird. Eine zweite Urkunde wird es also
ber diesen frheren Kauf nicht gegeben haben.
Den
aber
strksten Beweis
liefert
IL
Urkunde
makedonischen Eroberer in
gypten ist ursprnglich reine Privaturkunde. Die Syngraphophylaxurkunde ist eine objektive und wird fast ausnahmslos von sechs
Zeugen (daher (Tvyypa4>rj lla/xaprvpos) errichtet. Sie wird erffnet
Die griechische
der
dem Regierungsdatum; sodann folgt sofort der Kontext.
Die Zeugen werden erst am Schlu aufgefhrt. Sie pflegen
mit
die
Urkunde
nicht zu unterschreiben; ebensowenig tut dies der Aus-
wohl aber wird dieselbe, oder genauer gesagt, das Innenexemplar davon durch die Zeugen und den Aussteller von auen
versiegelt, wobei jedem Siegel der Name des Sieglers beigesetzt wird.
Einem der Zeugen wird die Urkunde in Verwahrung gegeben, weshalb dieser (rvyypa<iio4>vXa^ genannt wird. ... Im Fall eines Prozesses
hat er die Urkunde dem Gericht vorzulegen. Die Abfassung der
steller;
war reine Privatsache und wurde
daher von irgendeiner schreibkundigen Person, meist wohl
von einem gewerbsmigen Urkundenschreiber, vollzogen"
(rx;77/3a</)o<^vAa^-Urkunde
(Mitteis 54 f.).
In den von mir unterstrichenen Punkten dieser Beschreibung
stimmt die aramisch-jdische Papyrusurkunde mit der griechischen
vollkommen
die mit
berein.
Sie
ist gleichfalls
dem Regierungsdatum
eine objektive Privaturkunde,
beginnt und worauf sofort der Kontext
Die Abfassung vollzieht eine Privatperson oder ein gewerbsmiger Urkundenschreiber. AUdies gilt im Wesen auch von der
folgt.
FESTSCHRIFT COHEN
220
talmudischen und nachtalmudischen Urkunde.
die
Zeugen
als
Abfasser
steht bezglich der
in
Zeugen
Nur
den Vordergrund.
treten in letzterer
Ein Unterschied be-
insofern, als diese nicht ihr Siegel,
sondern
Urkunde setzen, wie dies die aramischen Urkunden zeigen. Bemerkenswert ist indes, da der Terminus fr unterschreiben" im Talmud ITi siegeln" lautet. Dieser
Unterschied stammt offenbar daher, da die Juden seit altersher
schreibkundig waren. Die Zahl der Zeugen variiert in den jdischen
Wenn im
Papyrus (Papyrus A und B: 8; C und D: I2; F: 4).
mosaischen Gesetzbuch die Aussage von zwei oder drei Zeugen zur
Entscheidung eines Rechtsstreites fr gengend erklrt wird (Dt 19, 15,
cf. 17, 6), so ist hieraus nicht zu folgern, da in der Praxis bei Ausfertigung von Urkunden nur soviel und nicht mehr Zeugen heranihre eigene Unterschrift unter die
gezogen wurden. Dieses Gesetz will blo sagen, es sei gegen den
Usus auch eine geringere Zahl von Zeugen als gengend zu betrachten. So ist der Ausdruck zwei oder drei Zeugen" zu verstehen,
den schon der Talmud fr auffallend hielt und deshalb aus ihm den
Rechtsgrundsatz folgerte, da zwei Zeugen hundert gleichzustellen
sind. In
der Praxis wurden noch im zweiten Jahrhundert (post) mehr
Besonders interessant
zwei Zeugen verwendet.
ist
Urkunde
einer
lteres
Zeugnis
fnf
Zeugen
als die
aus
unterfertigt
dem
waren" \
sptestens
eine
Wenn
aus gedachter Zeit stammende kasuistische Bemerkung:
Man
als
auf
hat hier ein
Jahre 360 stammende Teilfreilassungs-
urkunde Nr. 361, zu welcher MiTTEis (II, 2, p. 404) einleitend bemerkt: Man beachte, da die Fnfzahl der Zeugen, die Justinian fr
seine Manumission vorgeschrieben hat (C. J. 7, 6, i, ic), schon hier
vorkommt. Die Vorliebe fr diese Zahl ist auch sonst im rmischen
Im
Urkundenwesen zu erkennen (MiTTEIS, RPR i, 296 A. 16).
ist sie fr die
noch vor der Zeit unseres Papyrus
vierten Jahrhundert
Kodizille legal geworden (C. Th. 4, 4, i), was auch auf die sonstigen
Urkunden zurckgewirkt haben kann."
merkwrdigsten ist aber die bereinstimmung der biblischen
Am
und talmudischen Urkunde mit der griechischen der Ptolemerzeit
MiTTEis sagt
bezglich der doppelten Ausstellung der Urkunde.
hierber unter der berschrift Innen- und Auenschrift" das folgende:
Eigentmlich sind der griechischen Objektivurkunde der Ptole-
Tosefta Baba B.
Nach dem
11, 11
XII. Tafelgesetz
Zeugen zugegen
(419,9
Zuckermandl):
D"'nx?
ntrn
v'?j>
lonn
iii.
mssen bei einem Kauf fnf rmische Brger
sein (Gaius, Inst.
lib.
I,
119).
als
BLAU, ZUR DEMOTISCHEN
UND GRIECHISCHEN PAPYRUSURKUNDE
221
gegen Flschungen Platz greifenden
Manahmen. In den ltesten Syngraphophylaxurkunden wird der
Kontext auf demselben Papyrus zweimal geschrieben (z.B. Hib. 84a
[131]; 91; 96; Amh. 42; Rein. 22 u.a.). Das Stck des Papyrus, auf
welchem die erste Fassung steht, wird zusammengerollt, mit einem
Bastfaden durchzogen und auf diesen werden die Siegel der Zeugen
und Aussteller gesetzt, so da ohne Bruch der Siegel nicht mglich
ist, diese Innenschrift" zu erffnen; sie wird erst im Streitfall erffnet,
um den authentischen Text zu erhrten. Bis dahin gengt die
Auenschrift", d. h. die zweite auf dem Papyrus stehende Ausfertimerzeit
die
gung, welche
zur
Sicherung
unverschlossen
bleibt;
dieselbe
ist
not-
andererseits
wendig, damit sich jede Partei ber den Vertragsinhalt auch ohne
Erffnung der Innenschrift vergewissern kann" (S. 77 f.).'
Man wird an Jeremia Kap. 32 erinnert, an die einzige Stelle der
welcher ein mittels Kaufbrief zustande gekommenes Rechtsgeschft erwhnt wird. Jeremia kauft den Acker seines Vetters, an
dem er das Recht der Erbschaft und Einlsung", d. h. das Vorkaufs-
Bibel, in
recht besitzt.
den Acker von meinem Vetter Hanamel zu
Anathoth und wog ihm das Silber dar, siebzehn Silberschekel
(10) Dann schrieb ich den Kaufbrief, versiegelte und nahm
Zeugen hinzu und wog das Silber auf der Wage. (11) Sodann
nahm ich den Kaufbrief, den versiegelten mit dem Gebote und
den Satzungen, sowie den offenen. Ich gab dann den Kaufbrief
Baruch, dem Sohn Nerijas, des Sohnes Machsejas in Gegenwart
Ich
(9)
kaufte
Gegenwart der Zeugen, die den
Kaufbrief unterschrieben hatten und in Gegenwart aller Juder,
die sich im VVachthofe aufhielten. Ich gebot Baruch in ihrer Gegenwart: So spricht der Herr: (14) Nimm diese Urkunden, diesen
Kaufbrief, den versiegelten samt diesem offenen, und lege
sie in ein Tongef, damit sie lange Zeit erhalten bleiben.
Denn so spricht der Herr: man wird noch Huser, cker und Weinmeines Vetters Hanamel und
in
zum Herrn, nachdem
ich den Kaufbrief Baruch, dem Sohne Nerijas gegeben ....
Doch sprachst Du zu mir, o Herr: Kaufe dir den Acker um Silber
(44) iMan
und nimm Zeugen hinzu ... So spricht der Herr
wird cker fr Silber kaufen und Kaufbriefe schreiben
berge
in
diesem Lande kaufen.
Ich betete
der spteren Ptolemerzeit wird die Innenschrift verkrzt;
rmischen Zeit ist sie bald vollstndig verschwunden (Mitteis ebenda).
^
In
in
der
FESTSCHRIFT COHEN
222
und versiegeln und Zeugen hinzunehmen im Lande Benjamin".
Was
und offene Kaufbrief"
kann nach
der graeko- gyptischen Gepflogenheit nicht zweifelhaft sein. Vers
Dinnn nipDH "1SD der versiegelte und
heit es ausdrcklich "'I^Jn
Ebenso wird Vers 12 (zweimal) und Vers 16 der
offene Kaufbrief".
Kaufbrief als eine einzelne Urkunde genannt. Eine einzelne
Urkunde indiziert auch der Terminus: IDD5 DJID (Vers 10 und 44) eine
der versiegelte
ist,
Urkunde schreiben"
ist
blo Vers
14,
(wrtlich: auf ein Tierhautblatt schreiben). Schwierig
wo
Urkunden" genannt werden,
Kaufbrief und der versiegelte und dieser offene"
nb^T] n''1DDn diese
worauf dann dieser
folgt, und dem Plural entsprechend gesagt wird: lege sie in ein
Tongef, damit sie lange Zeit erhalten bleiben" ^ Das einfachste
ist, da man den Plural D'^IDDH auf die auf einem Blatte ausgestellte
Doppelurkunde bezieht; das darauffolgende nsi Htn n^p^T] "ISD nx
nin ''l'?n "ISD n1 mnnn ist nichts anderes als die Nennung der Urkunden: diesen Kaufbrief, den versiegelten und den offenen" ^ Man
knnte auch daran denken, da der Verkufer die Urkunde, mittels
welcher er in den Besitz des fraglichen Grundstckes gelangt ist,
dem neuen Kufer bergibt, wie das nach Ausweis der aramischen
Papyrus bei den Juden in Syene-Elephantine blich war, so da
Jeremias nebst der neuen auch die alte Kaufsurkunde zur Auf-
bewahrung bergeben htte. Doch ist diese Annahme nicht ntig
und auch nicht wahrscheinlich. Angesichts der Tatsache, da mit
Ausnahme von Vers 14 stets lediglich von einem Kauf Instrument
gesprochen wird, das sich in zwei Teile spaltet (Vers 11), halte ich
es fr ganz sicher, da Jeremia nur eine einzelne Urkunde mit
Innen- und Auenschrift ausgefertigt hat* Die Worte miJOn
^pnm, welche Vers 1 1 zwischen Dinnn und ^)b:^n stehen, drften den
Inhalt des versiegelten Teiles nher erlutern,
selben nebst der Fixierung des Kaufes gewisse
da nmlich
Anordnungen
in
dem-
getroffen
Erb- und Einlsungsrecht hervorist.
Doch ist dies Nebensache, da hier nicht der Prophetentext interpretiert, sondern lediglich die Tatsache festgestellt werden
und
gehoben
gleichzeitig vielleicht das
sind
soll,
da
in
Juda im Jahre 587 vor unserer Zeitrechnung
nao nxi ninnn nsi ntn nipDn ibd nx n'psn n-'nann n
nnnn
Die zwei Worte nxi nxi sind wie das lateinische et et zu verstehen.
Hat Jeremia zwei gesonderte Urkunden ausgestellt, wre dies eine Par-
allele zur
ntn
'ibin
demotischen Kaufurkunde.
nip"?
BLAU, ZUR DEMOTISCHEN
UND GRIECHISCHEN PAPYRUSURKUNDE
223
bei einem Immobiliarkauf dieselbe Urkunde zweimal geschrieben wurde, von denen die eine versiegelt und die
andere offen gelassen wurde. Dies steht auer jedem
Zweifel \
Der Hergang des Kaufgeschftes ist genau beschrieben. Der
Acker wurde gekauft, das Silber (der Kaufpreis) zugewogen, der
Kaufbrief geschrieben, versiegelt, Zeugen zugezogen,^ der fertige
Kaufbrief in Gegenwart der untergefertigten Zeugen und anwesender
Leute einem dritten zur Aufbewahrung bergeben. Baruch
Die
erscheint hier als ein veritabler Syngraphophylax.
Urkunde wird ihm vor allen, die am Rechtsgeschft teilgenommen,
bergeben und ihm ein feierlicher Auftrag bezglich der Aufbewahrung der Urkunde gegeben. Der Prophet betont, er habe zu
Gott gebetet, nachdem ich Baruch das Kaufinstrument bergeben
hatte", was wohl heien soll, nachdem das von Gott anbefohlene
Kaufgeschft vollstndig zu Ende gefhrt war.
Die Bestellung der Zeugen" wird nach der Versiegelung genannt (Vers lO und
man
aus Vers
12,
44).
wo
Was
hierunter
es heit: in
Kaufbrief unterschrieben hatten" 3.
zu
verstehen
ist,
ersieht
Gegenwart der Zeugen, die den
Fraglich wre nur, wo die Zeugen
Die Exegeten wuten mit der versiegelten und offenen Urkunde nichts
anzufangen. Rothstein schreibt bei Kautzsch, Die Heilige Schrift, i. Aufl.,
'
Textkritische Eriuterungen, S. 45:
lich
Wenn
zum ursprnglichen Text gehren
so mten
(die
,das
Gebot und
LXX drcken
die Satzungen' wirk-
beide Worte nicht
aus),
darin Kunstwrter der Gerichtssprache vorliegen, auf deren nhere
Erklrung wir zu verzichten htten.
Dasselbe
gilt
von der Unterscheidung des
.versiegelten und des offenen Kaufbriefes' hier u. V. 14. Da aber in dem Hauptberichte V. 10 nur von einem einfachen, vor Zeugen versiegehen Kaufbriefe die
Rede ist, so liegt die Vermutung nahe, da jene Unterscheidung erst nachtrglich
den Text hineingebracht worden ist, weil man das plurale tantum nnBD V. 14,
das auch iKn 21, 8 und ganz sicher Jes 37, 14 einen (zusammengefalteten) Brief
bezeichnet, miverstand und sich nach einem zweiten Brief umsah; neben dem
offener' angenommen und diese Unter.versiegelten' wurde nun noch ein
scheidung aus V. 14 auch in V. 11 zurckgetragen." Die pltzliche Unterscheidung zweier Kaufbriefe ist unbegreifUch." Hitzig und Stade dachten
in
an zwei Teile ein und desselben Kaufbriefes (ebenda).
2
So kurz V. 44, ausfhrlicher V. 9 11. Die Schluworte von \'. 11 ,,ich
wog das Silber auf der Wage" scheinen berflssig, da das Zuwgen des
Silbers" bereits vorher erwhnt war.
Mglich
ist
indes, da nach der Perfek-
tionierung des Kaufgeschftes ein abermaliges genaues
stattfand. So wre das hinzugefgte Wort aufder
Wgen
Wage
die V. 9 genannte
3
Kaufsumme
nipon nE3C2 n-anrn.
Vgl.
der
Kaufsumme
zu verstehen,
whrend
nicht noch einmal erwhnt wird.
Nehemia
10,
Wir
verpflichteten uns D'nnsi
FESTSCHRIFT COHEN
224
ob auf der Innen- oder auf der Auenseite?
Nehemia lo, i legt die erstere Vermutung nahe. In diesem Falle
wrde der prophetische Kaufbrief auch in dieser Beziehung der
Syngraphophylaxurkunde geglichen haben, in welcher die Zeugen im
versiegelten Teile aufgefhrt worden sind.^ Doch wird man aus der
Reihenfolge: ich schrieb und versiegelte und bestellte Zeugen", sowie aus der noch 800 Jahre spter bestehenden Praxis, auf die wir
sofort eingehen, zu schlieen sein, da die Zeugen ihre Namensunterunterschrieben
haben,
schrift auf die
Auenseite gesetzt haben.
Die Mischna spricht von der versiegelten Urkunde wie von
etwas Alltglichem. An der Hauptstelle fixiert sie die Unterschiede,
welche zwischen den beiderlei Urkunden bestehen. Die Stelle lautet
wrtlich:
Innenseite,
Rckseite.
Urkunde sind die Zeugen auf der
bei der verbundenen Urkunde sind die Zeugen auf der
Haben die Zeugen die einfache Urkunde auf der RckBei der einfachen
(i)
unterschrieben,
seite
beide ungltig,
oder die verbundene auf der Innenseite, sind
R. Chanina,
Sohn Gamaliels
sagte:
Wenn
die
Zeugen
verbundene Urkunde auf der Innenseite unterschrieben haben,,
ist sie gltig,
denn man kann sie in eine einfache verwandeln.
R. Simon, Sohn Gamaliels sagt: Alles richtet sich nach der Landessitte.
(2) Die einfache Urkunde hat zwei Zeugen, die verbundene
drei.
Hat die einfache Urkunde blo einen Zeugen oder die verdie
bundene blo zwei Zeugen, sind beide ungltig."*
Die Amorer identifizieren "llJ'IpO mit Dinn. Die historisch interessanteste Interpretation ist diejenige, die im palstinischen Talmud
an erster Stelle im Namen R. Immis ("'D'^S
''OS) gegeben wird und
wie folgt lautet: 3 Ich nahm den Kaufbrief, den versiegelten", das
ist der verbundene, und den offenen", das ist der einfache im ver-
und unterschrieben". Hernach folgt: 13"'in3 IlM^ IVIl Dinnn ^J?1 auf dem Versiegelten waren unsere Obersten, Leviten, Priester". Hier scheint D''3n3 ,,auf der
Innenseite schreiben" und Dinnn "jyi ,,auf der Auenseite schreiben" zu bedeuten.
^ Wenn man D"'3n3n vokalisiert, bedeutet der fragliche Satz:
die im Kaufbrief verzeichnet sind".
2
Baba Bathra
10,
1-2:
.... r\vb:i "icipoi n':3.
inj? tsitrs
tsji
Cf. Tos. B. B. 11,
viinKO
vnj? "itipi i3in vnj? diipb
tja
i.
mnnn
ni napon td nxnpxi
nn ciVf^ niw ba ni"? ni y^v a^pnn ni niiton n^ ,iii'ipo3a> tiitrsn nt i^Jn
rmnKC ntl i:in nt niy'jB'a Die Gebote und Satzungen" werden auf die Unterschiede gedeutet, welche zwischen den beiden Urkunden desselben Kaufbriefes
bestehen; die .versiegelte Urkunde" und die offene Urkunde" bilden zusammen
3 j.
Baba
B. 17c oben: nxi ityipon n?
ein einziges Kaufinstrument.
,,
BLAU, ZUR DEMOTISCHEN
UND GRIECHISCHEN PAPYRUSURKUNDE
Mit anderen Worten:
225
verbundene (d. h. der versiegelte) Kaufbrief besteht aus zwei Urkunden, aus einem, der verbunden (d. h. versiegelt) ist, und aus einem anderen, der ausgebreitet
Das ist buchstblich die Syngraphophylax(d.h. offen) ist.
bundenen".
der
urkunde der Ptolemerzeit.
Die Rabbinen von Caesaraea"* deuten den Kaufbrief" wohl
auf die einfache Urkunde, aber die Worte: den versiegelten und den
offenen" (Kaufbrief) beziehen sie ganz in derselben Weise wie Immi
Hiernach folgt im
auf den verbundenen und auf den einfachen".
Namen Jirmijas (2. Hlfte des dritten Jahrhunderts) auf Grund von
Tradition (Halacha) die folgende Beschreibung des Inhalts der ver-
bundenen Urkunde: Die verbundene Urkunde ist also (angefertigt): Man schreibt den Namen des Verleihers und den
Namen des Entleihers und die Namen der Zeugen und das
Datum. Dann bindet man sie zu und schreibt (noch einmal)
ebenso unten."
Die Sache liee sich noch weiter verfolgen, doch darf ich den
mir gewhrten Raum nicht allzu sehr berschreiten und will mich
daher auf noch einige Bemerkungen beschrnken. Der Terminus
"ItyipO verknoten" zeigt darauf hin, da diese Art Urkunden ursprnglich auch bei den Juden durch einen Faden verbunden wurde.
nach welcher die Urkunde zeilenweise
gefaltet und jede Falte von einem Zeugen unterschrieben wurde,
drfte nicht das Richtige treffen. Die Mischna* fordert soviel Zeugen,
Waren die Zeugen weniger als die
wieviel Dnti'p die Urkunde hat.
dann nannte man die
z. B. 7 D''1l5>p und nur 6 Zeugen usw.,
n"'"ltyp,
Urkunde eine kahle" 3. Hieraus folgerte man, da die fragliche Urkunde gefaltet und jede Falte einzeln vernht und von je einem
Die
traditionelle
Erklrung,
Zeugen unterschrieben wurde. Das in Rede stehende Wort bezeichnet
aber eigentlich den Knoten, ein Iti'lp ta: also eine verknotete Urkunde. Jeder Knoten wurde nun durch die Unterschrift eines Zeugen
Der Terminus tSIt^D ^^, der nur als
o-es-en Lsung sicherp;estellt.
Gegensatz zu
IlS'IpO
13:
gebraucht wird, drfte
vielleicht die einfache
Urkunde" bedeuten.
Ich lege indes auf die Erklrung der Terminologie kein besonderes Gewicht, nachdem das Wesen der Sache feststeht. Noch im
b. B. B. 160 b wird dies
GittinS, 10:
Tosefta Gittin 7 Ende;
nvo
im Namen Rafrems
y2^^ viwptr
'73
,n'\p
(R. Efraem) mitgeteilt.
ai int^v
b. Gittin 81 b.
15
FESTSCHRIFT COHEN
226
fnfte Jahrhundert (post)
war
die verbundene"
Urkunde
in
Babylonien
bekannt^ und es gab Orte, wo man lediglich solche anfertigte. Die
Babylonier brachten die Sitte der Verbindung" der Urkunde mit den
dem jhzornigen Priester, der seine
Priestern in Zusammenhang.
Um
Frau abscheiden will, zur Beruhigung Zeit zu verschaffen, htten die
Rabbinen den gefalteten Scheidebrief fr Priester obligat gemacht.'
Hiervon ist soviel mit Sicherheit zu entnehmen, da zur Zeit des
babylonischen Talmuds die Priester sich noch dieser sorgfltigen Urkundenart bedienten. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, da die
Doppelurkunde vornehmlich bei der Aristokratie Judas, welche in
Jeremia
erster Reihe die Priester vertraten, gang und gbe war.
war
gleichfalls Priester.
ber
die
bernahme der Garantie
(eama-is)
und andere Punkte
der griechischen Kaufurkunde werde ich an anderer Stelle handeln,
hier sei nur kurz bemerkt, da sie schon in den aramischen Papyrus-
urkunden genau so vorkommt, wie in den spteren griechischen. Sie
ist also nicht sicher nur eine Denaturierung des altgriechischen Instituts",
'
wie Mitteis 189 vermutet.
Baba
Baba
B. 165 a: ni^ipD ""rnin .... tsi^
'*i^^i^ ''in3 "'
nn lox.
B. i6ob.
Der Wiederaufbau des jdischen Tempels
Elephantine
in
ein
Kompromi zwischen Juden
und Samaritanern.
Von Eugen Mittwoch.
den Tempel
drei wichtigsten
Die
in
Elephantine betreffenden Ur-
kunden, bereits vor fnf Jahren von EDUARD Sachau verffentlicht*, haben damals in der wissenschaftlichen Welt berechtigtes Auf-
sehen erregt, brachten
sie
uns doch die erste
Kunde von der
dischen Militrkolonie auf der obergyptischen Nilinsel und von
Tempel- und Opferkult, den
heiligtum Jerusalems
Jetzt liegt der
die
Juden daselbst
fern
vom
j-
dem
Zentral-
ausbten.
gesamte Papyrusfund von Elephantine^
vor,
und
damit sind auch jene drei Urkunden in ein helleres Licht gerckt
Ihr tieferes Verstndnis ist um so eher mglich geworden, als noch
ein vierter auf den jdischen Tempel bezglicher Papyrus hinzugekommen und durch die Flle der anderen Urkunden die ganze
Wesensart der jdischen Kolonie uns
Das
religise Milieu
dieser jdischen
viel
vertrauter
geworden
ist.
Gemeinde der Diaspora und
den Juden des Heimatlandes, sowie die politischen
Beziehungen zwischen den Juden auf der einen und den Persern
und gyptern auf der anderen Seite hat Eduard Meyer klar beEr hat in einer auch fr weitere Kreise berechneten
leuchtet.
ihr Verhltnis zu
Schrift
die vielfach zerstreuten Zge, die uns die
Urkunden
bieten,
zu einem Gesamtbild vereinigt und dieses in den Rahmen
der allgemeinen politischen und Kulturgeschichte jener Zeit gefat.
glcklich
Eduard Sachau,
Drei aramische Papyrusurkunden aus Elephantine,
Abhandlungen der Berliner Akademie 1907.
^
Aramische Papyrus und Ostraka aus einer jdischen Militrkolonie zu
Elephantine, bearbeitet von EDUARD SACHAU-Leipzig 191 1.
3 Eduard Meyer, Der Papvrusfund von Elephantine, Leipzig 1912.
15*
FESTSCHRIFT COHEN
228
Immerhin wird es der weiteren Forschung vorbehalten bleiben
mssen, die eine oder andere Schwierigkeit, die die Urkunden noch
bieten, zu lsen und manche Lcke, die fr unser Verstndnis noch
vorhanden
Wenn
ist,
auszufllen.
wir heute die auf die Zerstrung und den Wiederaufbau
des jdischen Tempels bezglichen Papyri einer Betrachtung unterziehen, so mge zunchst ihre Vorgeschichte und ihr wesentlicher
Worten
Inhalt in ein paar
Seit
dem
skizziert
werden.
siebenten vorchristlichen Jahrhundert gibt es in
eine starke jdische Diaspora.
gypten
Die Juden haben von der Regierung
die Erlaubnis erhalten, ihrem Gotte einen
Tempel
zu errichten.
Und
Kambyses in gypten einzog, fand er diesen Tempel gebaut
Whrend man nun die Tempel der gyptischen Gtter alle
vor.
Jahrhunderte lang
zerstrte, hat diesen Tempel niemand verletzt."
also haben die Juden bereits ihren Opferkult in diesem Tempel ausals
gebt, als er im Jahre 410
Priester
v.
Die gyptischen
Chr. zerstrt wurde.
hatten die Abwesenheit des persischen Satrapen Arsames,
den Hof des Perserknigs gegangen war, benutzt, um mit
Hilfe des persischen Generals Widarnag (Hydarnes) und seines
Sohnes Nephajan einen Angriff auf den Tempel zu unternehmen,
der an
Eduard Meyer
der dessen vllige Zerstrung im Gefolge hatte.
hat mit Recht darauf hingewiesen, da hierbei nicht nur die Motive
des Judenhasses, sondern auch politische Grnde mitgespielt haben.
Da
die
den Juden eine Hauptsttze
wollte und den persischen Komman-
gyptische Priesterschaft
der persischen Regierung treffen
in
danten fr eine Maregel gewonnen hatte,
Erhebung gegen
einer
die Perser
selbst
die
fhren
in
letzter Linie
sollte,
zu
kann kaum
zweifelhaft sein."'
Papyrus
vom
Kopie'
einer Eingabe, in der sich die Juden von Elephantine an Bagoas,
den persischen Statthalter in Jerusalem, wenden. Sie schildern den
Vorgang, der sich bei der Zerstrung des Tempels vor drei Jahren
abspielte,
I,
der
weisen darauf
Jahre 407
hin,
datiert
ist,
bildet
die
wie lange Zeit der Tempel bereits be-
geben ihrer Befriedigung darber Ausdruck, da die Missetter, die den Tempel zerstrt htten, von der gerechten Strafe erAber den Wiederaufbau des Tempels htten sie,
eilt worden seien.
stehe,
Meyer,
Eine zweite Kopie (mit nur geringfgigen Abweichungen)
rus II vor.
a. a.
O. Seite
jd,.
liegt in
Papy-
MITTWOCH, DER WIEDERAUFBAU
D. JD.
TEMPELS IN ELEPHANTINE 229
den drei Jahren noch nicht durchin dieser Angelegenheit bereits frher an
Bagoas einen Brief geschickt, ebenso an den Hohenpriester Jochanan
und seine Genossen, die Priester in Jerusalem, und an Ostan, den
Bruder des 'Anani und die Vornehmen der Juden. Doch sie htten
Juden von Elephantine,
setzen knnen; sie htten
die
in all
keine Antwort erhalten.
nun die Juden von
Elephantine die Bitte an Bagoas: Wenn es unserem Herren gut
scheint, so mgest du des Wiederaufbaues des genannten Tempels
gedenken, da man uns nicht gestattet, ihn aufzubauen. Sieh auf
die Empfnger deiner Wohltaten und Gnaden hier in gypten. Es
mge ein Brief von dir fr sie geschickt werden in Betreff des
Tempels des Gottes Jahu, ihn in der Festung Jeb (Elephantine) wie
In deinem Namen
er frher gebaut gewesen war, wieder aufzubauen.
werden ;sie das Speiseopfer, Weihrauch und Brandopfer darbringen
auf dem Altar des Gottes Jahu." Die jdischen Bittsteller weisen
noch darauf hin, welches Verdienst der Satrap sich erwerben werde,
falls er ihrer Bitte willfahre und bemerken schlielich, da sie die
ganze Angelegenheit in einem anderen Briefe dem Delajah und
Schelemjah, den beiden Shnen des persischen Statthalters von Sa-
Im
marien
weiteren Verfolge
richten
Sin-uballit, mitgeteilt htten.
Es erheben
1.
des Briefes
Warum
sich hier folgende Fragen:
ist
nicht gleichzeitig mit der Bestrafung des
Widarnag
und des Nephajan den Juden von der persischen Regierung auch
die Erlaubnis erteilt worden, den Tempel wieder aufzubauen:
2. Warum wenden sich die Juden Elephantines nicht einfach an
Arsames, den persischen Satrapen in gypten ^ oder nicht ausschlielich an ihn, sondern auch an den Statthalter in Jerusalem,
der doch keineswegs dem Satrapen von gypten bergeordnet gewesen sein kann?
3. Warum haben die Juden in den ganzen drei Jahren von Bagoas keine Antwort erhalten, und ebensowenig von der Priesterschaft in Jerusalem, an die sie sich ebenfalls gewandt hatten?
Gemeinde von
4. Aus welchem Grunde wendet sich die jdische
Elephantine auch an die Shne des persischen Statthalters von
Samaria und warum teilt sie dem Bagoas mit, da sie sich an jene
gewandt habe?
Bevor wir uns der Beantwortung dieser Fragen zuwenden, mu
^
ber dessen Verhalten
siehe weiter unten Seite 231
Anm.
i.
FESTSCHRIFT COHEN
230
noch eine befremdliche Tatsache Erwhnung
Papyrus III kennen lernen.
I
finden,
die
Dieser enthlt ein Prokotoll, das der Bote, der die
enthaltene Bittschrift nach Palstina berbracht
(II)
in
wir
aus
Papyrus
hatte,
auf
Grund der Verhandlung mit Bagoas und Delajah niedergeschrieben
Der Bescheid lautet folgendermaen: Der Tempel soll
hat.
wieder aufgebaut werden, Speiseopfer und Weihrauch
wie frher auf jenem Altar wieder dargebracht werden.
Es
ist
bereits wiederholt die auffllige
Tatsache hervorgehoben
worden, da, whrend die Juden darum bitten, Speiseopfer, Weihrauch und Brandopfer wieder darbringen zu drfen, ihnen nur die
beiden ersten Opfergattungen' gestattet werden, hingegen in jenem
Protokoll von Brandopfern nicht die Rede ist. Man hatte zunchst
angenommen, da die Perser mit Rcksicht auf die gypter, die das
Verbot ausgesprochen haben
Ed. Meyer ^ hat aber mit Recht darauf hingewiesen, da
drften.
nur einige bestimmte Tierarten in gypten sich einer besonderen
Pflege erfreut haben, da aber andere Tiere, wie Ochsen und Schafe,
Tieropfer verabscheut
htten,
dieses
den jdischen Opfern die Hauptrolle spielen, zu allen Zeiten
geschlachtet worden sind. Er gibt fr das Verbot der Perser einen
Nach der Lehre Zoroasters habe die Veranderen Grund an.
brennung von Tieren eine Befleckung des heiligsten und reinsten
die bei
Elements, des Feuers", gebildet.
Allein
wenn dem
die Brandopfer
stehenden
vorher
Oder, wenn sie in einem bewollten, so htten sie nach der
so wre, so htten die Perser schon
verbieten
mssen.
Kultus nicht eingreifen
Zerstrung des Tempels von vornherein keinen Zweifel darber gelassen, da Brandopfer in Zukunft auf keinen Fall mehr zugelassen
werden wrden. Dann htten die Juden unmglich sich noch mehrere
Male in dieser Angelegenheit an die persische Regierung wenden
knnen.
mchte nun versuchen, das Verbot des Brandopfers aus
einem Vorgange zu erklren, der gleichzeitig auf die oben erwhnten
vier Fragen eine zureichende Antwort ergeben wrde.
Ich
Speiseopfer (minchah) und Weihrauch gehren immer zusammen:
dem
dem
das Mehlopfer nicht
als minchah, sondern als Schuldopfer" (ascham) dargebracht wird (Leviticus
,,er giee kein l darauf und streue keinen
5, II) heit es ausdrcklich:
vgl. Lcviticus
2, 2;
2,
15.
In
Weihrauch darauf, denn
^
A.
a.
O.
S. 88f.
einzigen Falle, in
es ist ein Schuldopfer".
MITTWOCH, DER WIEDERAUFBAU D. JD. TEMPELS IN ELEPHANTINE 23
Zur Zeit als die Juden in Elephantine den Tempel errichteten
und den Opferkult daselbst einfhrten, war dies kein unerhrter
Vorgansf. Auch in Palstina selbst waren damals allenthalben KultSttten vorhanden, auf jeder
Hhe und
unter jedem grnen
gab es Tempel oder wenigstens Opferaltre.
eine gewaltige
lstinas
in
Wandlung
erfolgt:
Baume"
Inzwischen aber war
Jerusalem war fr die Juden Pa-
der Tat das ausschlieliche Heiligtum und
alle
anderen
waren vernichtet worden. Die Juden Palstinas haben
nun sicherlich auf den Tempel in Elephantine mit scheelen Augen
geblickt, wenn sie auch nicht die Macht hatten, ihm den Untergang
zu bereiten. Als dann der oben geschilderte Vorgang, nmlich die
Zerstrung des Tempels durch persische Soldaten auf Betreiben der
gyptischen Priester erfolgte, haben die Juden Jerusalems, besonders
die Priesterschaft diesem Tempel sicherlich keine Trne nachgeweint.
Sie werden sich sofort an den persischen Statthalter in Jerusalem
gewandt haben, damit dieser auf seinen Kollegen in gypten^ einwirke, da der Wiederaufbau des Tempels auf keinen Fall gestattet
werde. Davon haben natrlich die Juden Elephantines Kunde erhalten.
Und so wenden sie sich sofort im Jahre 410 an den Statthalter in Jerusalem und an den Hohenpriester in der Hoffnung, da
Kultsttten
jener den Widerstand der Priesterschaft zu berwinden imstande sein
werde. Aber die Juden Jerusalems haben in dieser Frage offenbar
nachgeben wollen. Jede fremde Kultsttte war ihnen ein Dom
im Auge, und sie mochten sie auch auerhalb des Landes nicht
nicht
mehr dulden.
Anders verhielt es sich natrlich mit den Samaritanern. Ihnen
mute um so eher daran gelegen sein, da die Bitte der Juden von
Elephantine
erfllt
werde,
als
sie
ja
ebenfalls
in
Jerusalem nicht
das Zentralheiligtum erblickten, sondern ihrem eigenen Heiligtume
in
Samaria den Vorrang zuerkannten.
Die Unterhndler der elephantinischen Juden werden in Palstina
allmhlich hinter diese Tatsache gekommen sein, und so erklrt es
nicht
sich, da sich die Gemeinde von Elephantine im Jahre 407
wieder an den Hohenpriester wendet, sondern nur noch an den persischen Statthalter Bagoas und an die Shne des Statthalters von
hat den Juden offenbar Entgegenkommen gezeigt, vgl.
Papyrus I, Zeile 30 Femer, von alledem was uns angetan worden ist, wei Arsames nichts". Das kann nur heien: er ist daran unschuldig (vgl. Meyer,
'
Arsames
selbst
:
Seite 85,
Anm.
i).
FESTSCHRIFT COHEN
232
Samaria.
Hierin haben
wir einen diplomatischen
Zug
zu erkennen.
Die Gemeinde von Elephantine sucht eben Hilfe und Untersttzung
dort, wo sie sie erlangen zu knnen hofft.
Ob im allgemeinen der
schroffe Gegensatz zu den Samaritanern, der sich inzwischen in Palstina
wir
entwickelt hatte, in Elephantine bestand oder nicht', knnen
aus dieser Tatsache
nicht
schlieen.
Grnde der Diplomatie
knnen auch grundstzliche Gegner zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles zusammengefhrt haben.
Den Erfolg der Bittschreiben aus dem Jahre 407 haben wir uns
folgendermaen zu denken: Die Samaritaner, vertreten durch Delajah, den Sohn des Statthalters, setzen sich bei dem Satrapen in
Jerusalem mit aller Macht dafr ein, da den Juden nicht nur der
Aufbau des Tempels, sondern auch der vllige Opferkult, also
die Darbringung von Speiseopfern, Weihrauch und Brandopfern wieder gestattet werde. Die Priesterschaft von Jerusalem war zunchst
auch jetzt noch zu keiner Konzession bereit. Bagoas befand sich
also in einer schwierigen Situation.
Er wollte sowohl den Juden als
auch den Samaritanern gefllig sein, und er mochte daneben auch
des materiellen Gewinns, den die Juden in ihrem Bittschreiben ihm
diskret' in Aussicht stellen, nicht verlustig gehen.
So kam
da
sah,
phantine
sie
es
sie
denn zum
Kompromi.
Als die Priesterschaft
ein-
die vllige Hintertreibung jedes Opferdienstes in Ele-
auf die Dauer nicht werde durchsetzen knnen,
so viel zu retten, als nur irgend mglich.
Man
suchte
einigte sich da-
da die unblutigen Mehl- oder Speiseopfer 3, rnit denen die Darbringung von Weihrauch verbunden war ^, gestattet wurden, whrend
die Tier- oder Brandopfer nach wie vor untersagt bleiben sollten.s
Die Juden von Elephantine sahen ein, da mehr sich nicht erzielen lassen werde.
Sie fanden sich also mit dem Verbot des
Brandopfers ab und suchten nun, nachdem der Widerstand der
Juden von Jerusalem wenigstens zum Teil gebrochen war und Bagoas sie demgem wenigstens zum Teil gnstig beschieden hatte,
hin,
Das
letztere folgert
daraus
Meyer
a. a.
O. S. 80.
Siehe darber die feinen Bemerkungen Meyers Seite 85.
Aus Leviticus 5, 11 (Lehre vom Sndopfer) geht hervor, da das Mehloder Speiseopfer hinter dem geringfgigsten Tieropfer, nmhch dem Tauben*
opfer, rangierte.
^
dem
Anm. i.
90, Anm.
Siehe oben Seite 230
5 Auch Meyer, Seite
i, denkt einen Augenblick daran, ,,da man
jdischen Gesetz eine Konzession machen wollte", gibt aber diese Annahme
als ,,vk'enig wahrscheinlich" sofort wieder auf.
MITTWOCH, DER WIEDERAUFBAU
auf Grund
gypten
dieses
D. JD.
auf den
Bescheides
TEMPELS IX ELEPHANTINE 233
persischen Statthalter
von
So haben wir uns Papyrus IV. (Sachau
Seite 31 fg., Meyer Seite 87) zu erklren.
Fnf wohlhabende Juden
von Elephantine wenden sich entweder direkt an Arsames, oder an
eine einflulJreiche Persnlichkeit, die auf Arsames einwirken kann,
und stellen ihm ein groes Geschenk, nmlich 1000 Artaben Gerste,
einzuwirken.
wenn ihrem Wunsche
in Aussicht,
ist
leider
annehmen
drfen, da er
scheides
auf
Zeile 10
und
willfahren werde.
unvollstndig auf uns
nur
nach^ dem
das Bittschreiben
11
Wenn
gekommen.
Dieser Papyrus
Wir werden aber
Eintreffen des gnstigen Be-
des Jahres 407 geschrieben
wurde.
dieses Bittschreibens lauten:
unser Herr
und der Tempel des
Gottes Jahu wieder aufgebaut wird, in der Festung Jeb (Elephantine) wie er vordem gebaut war, und Schafe, Rinder, Ziegen
uns
fr
eintritt,
dort nicht als Brandopfer ^ dargebracht werden,
rauch und Speiseopfer, so
sondern Weih-
."
.
Daraus geht hervor, da die Juden sich mit dem Verbote des
Brandopfers abgefunden haben, da sie eben nicht mehr hatten erreichen knnen.
Fassen wir das Ganze noch einmal zusammen, so wrde sich
ergeben: da die Juden Jerusalems die Zerstrung des Tempels in
Elephantine von vornherein mit Freude begrten und alle Mittel
anwandten, um eine Erlaubnis zum Wiederaufbau des Tempels zu
da also die Juden Elephantines bei dem Statthalter
in gypten allein nichts ausrichten konnten, sondern sich auch
nach Jerusalem und zwar sowohl an den persischen Statthalter als
auch an die jdische Priesterschaft wenden muten; und da sie endlich, um gegen die Vorstellungen der letzteren ein wirksames Gegengewicht zu schaffen, die Hilfe der Samaritaner in Anspruch nahmen.
Die jdische Priesterschaft und die Samaritaner wirkten nach zwei,
verschiedenen Richtungen auf Bagoas ein, und die teilw^eise Erlaubnis der Wiedereinfhrung des Opferdienstes wrde somit auf ein Kompromi zwischen Juden und Sam arit an er n zurckzufhren sein.
hintertreiben;
So auch Meyer Seite 88 oben.
So etwa mu der Sinn sein. Die genaue bersetzung macht wegen des
dunklen Wortes makju'^ Schwierigkeiten. Es ist damit aber sicherlich keine
Tierart gemeint. Das Wort wird vielmehr (etwa als Absolutus von maklih")
.Verbrennung" bedeuten; vgl. das im sptem Hebrisch bhche mikl'' Brandsttte, Herd". Siehe Lew, Neuhebr. u. Chald. Wrterbuch Bd. HI, Seite 222 a.
[Ebenso jetzt auch EPSTEIN in ZATW, 1912, S. 129].
^
,,
Cber
die Bekanntschaft Saadias mit der griechischen
Skepsis.
Von HOROVlTZ -B reslau.
Richtungen der griechischen Skeptiker
sind die Nachrichten bei den jdischen Religionsphilosophen
des Mittelalters und in der lteren Literatur der Araber sehr sprlich, so da man danach auf eine nur geringe Bekanntschaft mit
jenen schlieen knnte. Abgesehen von einigen flchtigen uedie verschiedenen
LTber
/
rungen
wird
die
skeptische
mit Stillschweigen
sophie
Richtung
bergangen.
der
Nur
griechischen
Philo-
beilufig erfahren wir
von Maimuni in seiner Darlegung der Prinzipien der Mutakallimun,
da sich die Letzteren zu den Sinneswahrnehmungen skeptisch verhielten und der Ansicht waren, da dem Zeugnis der Sinne kein
Glauben beizumessen sei. Maimuni knpft daran die Bemerkung, da
die Mutakallimun ihre Ansicht den Sophisten entlehnt htten und
zu ihrem skeptischen Standpunkte sich durch ihre naturwissenschaftlichen Annahmen gezwungen sahen, welche dem Augenschein hufig schnurstracks widersprechen.
Bemerkung Maimunis
Skepsis
man
nicht zu
zu tun habe.^
es
XH
ersehen,
Doch
ist
aus der kurzen
mit welcher Richtung der
Ein anderes Mal
zitiert
Maimuni
in
o'nwn nmpnn
'131 D'JB "Jca D'inn niwn [I. mit Munk ncn] \yav, nnmon '3 nn.
Bei genauerer
Unterscheidung sind es drei Gesichtspunkte, von denen sie ausgehen. Da die
Mutakallimun, von welchen Maimuni redet, Anhnger der Atomenlehre Demokrits waren, knnte man annehmen, da sie auch hinsichtlich ihrer Skepsis den
^
Vgl.
More
"]},.
Ton
riBn nn^ vh D'B'innB' diok
my
Sinneswahrnehmungen gegenber ledighch Demokrit folgen. Von Wichtigkeit
ist daher eine versprengte Notiz bei Ibn Hazm,
Kitab al-fasl fi al-Milal V. S.
53, welche mit den Worten beginnt: <*J ^^_^ ^LJ\ ^^ ^y*^ ^..y^-^^^ vJ^lS
JoAJ usw. Vergleicht man diese Stelle mit Sextus Empiricus Pyr. H>'p. II 215
und III 98, wodurch sie erst verstndlich wird, so ergibt sich, dat die Mutakallimun Maimunis Anhnger der spteren Skepsis waren.
FESTSCHRIFT COHEN
236
gegen die Mutakallimun den bekannten Ausspruch
des Aristoteles, da die Dinge sich nicht nach'unseren Vorstellungen
richten, diese vielmehr sich jenen anpassen mssen, wenn sie wahr
Maimuni betrachtet diesen Ausspruch, den er irrtmsein wollen.
Ucherweise dem Themistius in den Mund legt, wie eine unumsthche Wahrheit, die wegen ihrer inneren Evidenz keiner weiteren
seiner Polemik
Begrndung bedarf, und macht es der Mutakallimun zum Vorwurf,
da sie nach dem entgegengesetzten Prinzip verfahren und, anstatt
von den Dingen auszugehen, mit ihren vorgefaten Meinungen an
die Betrachtung der Dinge herantreten.^
Auch Abraham Ibn Daud, ein Vorlufer Maimunis, schenkt der
griechischen Zweifellehre gar keine Beachtung. Ja noch mehr, eine
gelegentliche uerung verrt, da ihm die extremen Ansichten der
griechischen Skeptiker vllig unbekannt waren. Wir haben nicht
gehrt", bemerkt er einmal, da jemand in seiner Torheit so weit
gegangen sei, den Satz von der Gleichheit zweier Dinge, die einem
dritten gleich sind,
Da
Zweifel zu ziehen,"*
in
die Skeptiker sich
auch an die Axiome herangewagt und speziell der angefhrte Satz
von Karneades bestritten wurde, davon war Ibn Daud offenbar
nichts bekannt, und es erscheint ihm eine solche Verirrung des
menschlichen Verstandes undenkbar.
Auch Jehuda Halewi, bei dem man vielleicht seiner ganzen RichJ
tung nach am ehesten eine Hinneigung zum Skeptizismus erwarten
knnte, bergeht die Skepsis mit Stillschweigen. Er ist der Ansicht,
da der natrlichen Erkenntnis gewisse Grenzen gesetzt seien, und
bestreitet den Philosophen das Recht, in Fragen der Religion mitzusprechen, aber von der Skepsis ist er weit entfernt. Wie er ber
gewisse Fragen
hervor,
in
aus einer Bemerkung
der Skeptiker denkt, geht
der er die
prophetische Erkenntnis
mit der sinnlichen
Daselbst 71 nst^i nwsn i" 10 Dvaoon noxe i3 lann ^3 ^b noi ^^3^
niK"'Sn nnx ni3K'03 nvnoNn mvin ^3 nijjnn nns. Schon Narboni macht, wie Munk
z. St. bemerkt, darauf aufmerksam, da dieser Satz nicht dem Themistius, son'
dern
dem
2
ejBtfon
Aristoteles angehrt, vgl. Aristoteles,
Vgl.
nn
Em.
r.
S.
60
piD^tr
nmlich: DMty nn in
ni'jSDn
nj?
isn"? d-'I
v'^^*'
nnsi
Von
Metaph.
^^^
III. 6.
"'"5'
"'J'
^''J'''
"'^''^'^
^^
^"^^
"ic' 'jse'.
auch die Darstellung AlRazis im Muhassal S. 23. Danach haben einige Skeptiker auch die Axiome bezweifelt, indem sie davon ausgingen, da der Satz des Widerspruchs das gewisseste Axiom sei, auf welches alle anderen zurckgefhrt werden. Sie stellten
nun den Satz des Widerspruchs in Frage und glaubten, dadurch auch die an3
Vgl.
Zeller
3.
S.
502 A.
3.
deren Axiome erschttert zu haben.
Interesse
ist
HOROVITZ, BER D. BEKANNTSCHAFT SAADIAS MIT
Wie niemand, meint
vergleicht.
23/
D. GR. SKEPSIS
an der Wahrheit der Sinneswahr-
er,
berstimmen und
jemand, dessen Wahrnehmungsvermgen von der Regel abweiche, als
abnorm angesehen werde, so seien auch die Wahrnehmungen der
nehmungen
zweifle, weil alle hinsichtlich derselben
Propheten ber allen Zweifel erhaben, weil diesbezglich berein-
stimmung unter ihnen
Auch
herrsche.*
die jdischen Neuplatoniker, Isaak Israeli, Gabirol, Bachja,
Josef Ibn Saddik schenken der Skepsis keine Beachtung. Nur im
Vorbeigehen spricht einmal der Letzgenannte von solchen, welche
Sinneswahrnehmungen bezweifeln, und zitiert einen
angeblichen Ausspruch des Aristoteles, wonach es kein besseres
Mittel gebe, diese Zweifler zur Rson zu bringen, als sie zu zchtigen und ihnen Schmerzen zuzufgen, damit sie sich von dem
Gegenteil ihrer Ansicht berzeugen. Desgleichen, fhrt J. Saddik
die Realitt der
fort,
mssen
diejenigen, welche gewisse allemein anerkannte
heiten leugnen,
als
Menschen betrachtet werden,
die nicht
Wahr-
im Voll-
besitze ihrer Verstandeskrfte sind.*
Ganz
anders
Saadia,
sich
verhlt
der
sich
sehr
eingehend
den verschiedenen Ansichten der griechischen Skeptiker beschftigt und dieselben mit Grnden zu widerlegen sucht. Es ist
jedoch nicht unsere Absicht, das Verhltnis Saadias zur Skepsis von
Grund aus zu beleuchten, da dies eine ausfhrlichere Auseinandersetzung erfordern wrde, als der Raum hier gestattet. Vielmehr
mit
sind
es
Wir wollen
richten.
auf die wir unser
vorzugsweise zwei Punkte,
Augenmerk
erstens dartun, das die Ansichten der griechischen
Skeptiker in jdischen Kreisen nicht unbekannt waren und da es
auch an prinzipiellen Anhngern derselben nicht fehlte. Zweitens
wollen wir der Quelle nachgehen, aus welcher Saadia seine Kenntnis der griechischen Skepsis schpfte.
Was
zunchst den ersten Punkt
betrifft,
so verrt uns Saadia
nD3Dn [nmch n-K^in bv] anno bv T^b\'i:r\ n'Knm
wmn mpTioa nn^o lan: "3 i2nio3 u^v^y linj "ny3 'ist onn nn"i5n ^:i ^nn pn
"jj^tsn ]"'3j; SV uv no: irbiy pi'?n^ "d nxii dki T^i'^br^ mrioi.
msi
^
Vgl. Mikrokosmos S. 5 -isi3n b^ n no^bi -i'?ip2 nnV 7^2112 nsos 'lOD^nx
nnana.
n\si3n
'121 pbnn p inv "jani? isiaty mKS 'b^nfu jjns losp lann ]3"i n^yacii
und
Die Stelle, die I. Saddik im Auge hat, findet sich in der Topik I 105 a 3
^
Vgl. Cusari IV.
b::
3.
lautet: oi 5 5^ irw irp6\r)a
X670U Seofiivuv Kai
Ti-Iiav
urt KoXdcreus
Ko\axrew% iovrai,
das Zitat falsch
om
ist
ol
fi
ircLaau
^4<ni> imaKoirelv,
ar^ireo}?.
irbrepov
r/
ol
fi
ev yp iropouvres
x"^' Xev/oj
t)
vopMixy
ov alcr^(Teo3S.
Man
und auf einer Verwechslung der beiden von
brauchten Beispiele beruht.
.y
irbrepov Set
Tis tQiv
rovs eoi-s
Sieht,
uau
Aristoteles ge-
FESTSCHRirr COHEN
238
da es vereinzelte Anhnger der Skepsis gegeben
hat, teils direkt durch einzelne uerungen, die sich auf seine Zeitgenossen beziehen, teils indirekt durch den Eifer, mit welchem er
sich gegen die verschiedenen Richtungen der Skepsis wendet. Nicht
die Tatsache,
im ersten Abschnitt seines religionsphilosophischen Werkes
Emunot, widmet er denselben eine sehr eingehende Widerlegung,
sondern auch seine Ausfhrungen in der Einleitung zum genannten
Werke, wenn sie auch scheinbar einem anderen Gegenstande gelten,
bezwecken in Wirklichkeit nichts anderes als eine Bestreitung der
Skepsis. Er stellt sich hier eine doppelte Aufgabe er will einerseits
die Ursachen des Irrtums und des Zweifels darlegen, andererseits
blo
die
Mittel
Saadia
zu
ihrer
in erster
Beseitigung
Reihe darum zu
angeben.
tun,
Hierbei
ist
es
jedoch
eines der wirksamsten Argu-
mente der Skepsis zu entkrften. Die Verbreitung des Irrtums und
des Zweifels unter den Menschen, die Tatsache, da Ansichten, die
Jahrhunderte hindurch fr wahr gehalten wurden, sich hinterher als
falsch herausstellten, ist nur zu sehr geeignet,
das Vertrauen
in die
Macht des menschlichen Erkenntnisvermgens zu erschttern und
den Boden fr die grundstzliche Skepsis vorzubereiten. Eben
darum ist Saadia bemht darzutun, da Irrtum und Zweifel nicht
etwa in einem nicht zu beseitigenden Mangel der menschUchen
Natur ihren Grund haben, sondern lediglich aus Fehlern und Migriffen entspringen, die wir uns hufig bei der Forschung nach der
Wahrheit zuschulden kommen lassen. Nur wenn man sich diese
ganze Tendenz der Einleitung vor Augen hlt, tritt in das rechte
Licht der Satz, mit dem Saadia beginnt. Er preist Gott, dem das
Wesen der lauteren Wahrheit zukomme und der dem Menschen die
Existenz ihrer Seele verbrgt hat, wodurch sie sich der Wahrheit ihrer sinnlichen und Verstandeserkenntnis klar bewut werden.'
Man versteht diese Worte in ihrer eigentlichen Bedeutung erst dann,
wenn man sie von dem Gesichtspunkte auffat, da sie gegen den
extremen Zweifel gerichtet sind. Um die Skepsis zu bekmpfen,
nimmt Saadia
weil
seinen Ausgangspunkt von der Selbstgewiheit,
wie er meint, wenn wir auch an allem zweifeln wollten, doch
an unserem Selbst, an der Existenz unseres eigenen Ich nicht zweifeln
knnen. Hier sei demnach der feste Punkt, von dem aus der Zweifel
wir,
'
Vgl.
yyy] yv nis^ )h na? b^v' \nbN
'T^ii^ ^^'^^ n.T'^niD ns insdi n-rna nax cniB'Di m^s onanab
Em. Anfang:
omri'' ^3 ly"'"'
'131 pns nj;n\
r\'^^^'2n
nDn
[1.
^"^
-[ni
noNon
HOROVITZ, BER D. BEKANNTSCHAFT SAADIAS MIT D. GR. SKEPSIS
239
und wenn auch Saadia das alles mehr andeutet
als ausfhrt, so ist es doch immerhin von Interesse, bei ihm~ einen
Anklang zu finden an einen Gedanken, den auch Augustin einmal
flchtig ausspricht,* und der spter durch Cartesius fr die Ent-
ZU berwinden
sei,
wicklung der Philosophie sich so fruchtbar erwiesen hat. Mit der
Bemerkung Saadias ist eine Stelle bei Al-Razi zu vergleichen, aus
der hervorgeht, da gerade die Ichvorstellung von einigen als ArguDie scheinbar gewisseste
ment fr die Skepsis bentzt wurde.
sagte man,
Erkenntnis,
hlt
schrferen Analyse nicht stand,
einer
was dem Ich zugrunde liegt, vermgen wir nicht zu erkennen, und inbezug auf die Frage, was unter dem Ich zu verstehen
sei, gehen die Meinungen weit auseinander.^
Wenn die Widerlegung der Skepsis das Leitmotiv Saadias auch
in der Einleitung ist, so kann man daraus ersehen, wie sehr ihm
gerade an der Bekmpfung dieser Richtung gelegen ist, und der
Eifer, den er nach dieser Seite hin entfaltet, ist eben darauf zurckzufhren, da er einer gewissen Geistesstrmung im Judentum seiner
Zeit wehren will. Darauf weisen die uerungen Saadias selber hin.
Eine gewisse Zweifelsucht, die Saadia selbst als einen Hauptschaden
seiner Zeit bezeichnet, hatte sich weiter Kreise bemchtigt, und das
Streben, seine Zeitgenossen von jenem bel zu heilen, ist es vorzugsweise, das ihn zur Abfassung seines religionsphilosophischen
Werkes bestimmte. In der Schilderung, die Saadia von seiner Zeit
denn
das,
entwirft, spricht er
als
Soliloqu,
Vgl. Al-Razi
zweites
^.yj\
I,
de
a. a.
trinitate
O. S. 24.
Argument folgendes
eXJJ
JiL^l
\3^
Jli
s.is^
II.
die jeden Halt verloren haben,
von solchen,
\j^iJJL\
X.
14.
Eine von den Richtungen der Skepsis fhrt
an:
*\UJ\ ^\
dJ^ L^^l^ ^L_>U)
^ J^ ^ ^^H=-^^^^^
<>Jyb ^.y^,
?'-'**^^
s.LJ:>)\
l^\
jt-'
^\
Cr
*>^.y>
Cr^. ^^- ^ ^^-^[
J*^ Cr* H=-^^ ci^y"*'-^
^-^^^ "^^^y"-
,^ Ha-^^
die
?j4-^
geht auf Sextus Emp. Py. Hyp. II 2228 zurck. Es
handelt sich um die Frage, wer denn Richter ber die Wahrheit sein soll. Wenn
geantwortet wird: der Mensch, so wenden die Skeptiker ein, da gerade ber
den Begrifif des Menschen selber die Philosophen unter sich nicht einig sind.
Es werden hierauf die verschiedenen Definitionen des Demokrit und Plato anMenschen
gefhrt, und 2332 wird dann noch weiter die Unerkennbarkeit des
Pointe
Die
nachgewiesen.
aus der Unerkennbarkeit der Seele und des Krpers
Al-Razis
des Beweises ist bei Al-Razi eine andere, doch ist die Abhngigkeit
vgl. S. 163.
von Sextus
Die
Stelle
zweifellos.
FESTSCHRIFT COHEN
240
in
einem bestndigen Wechsel
Anschauungen
ihrer
begriffen sind,
Menschen vergleicht, die nicht wissen, welchen Weg
sie einschlagen sollen. Er redet ferner von solchen, die nahe daran
sind, im Meere der Zweifel unterzugehen, ber welche die Wogen des
Irrtums zusammenzuschlagen drohen und denen niemand die rettende
Hand reicht, um sie aus dem Abgrund zu sich heraufzuziehen,^
und
die er mit
Aus
dieser Schilderung
jedoch
lt
sich
blo
auf
das Vor-
handensein einer skeptischen Stimmung bei Einzelnen schlieen, nicht
aber auf ein Bekenntnis zur Skepsis als Doktrin. Da es jedoch auch
an grundstzlichen Anhngern der Skepsis, welche den Zweifel selbst
zum
Prinzip erhoben hatten, nicht fehlte, geht aus folgender
Im Anschlu an
Saadias hervor.
sagt er
des
Glaubens
Weise wie Maimuni oben, nur derjenige sei
Dinge zur Grundlage macht und sich in seinen
hnlicher
in
weise, welcher die
Ansichten nach
trich hingegen derjenige, welcher
ihnen richtet,
verfhrt, in der
umgekehrt
richten
seine Definition
uerung
Meinung, da die Dinge sich nach ihm
Hierauf ergeht er sich
werden.
in
von
Knechte
einer Schilderung
Leuten, ber die er sich nicht genug wundern konnte, die
sind und keinen Herrn zu haben glauben, weil sie in der Einbildung
leben, da das nicht vorhanden sei, dessen Existenz sie leugnen,
und da umgekehrt dasjenige vorhanden
Wenn dem
sie als wirklich setzen.
sein msse, dessen Existenz
so wre, so brauchte ja derjenige,
der kein Geld hat, sich blo einzubilden, da seine Scke voll Geld
Aber wie schnell wrden
sind, und der Hungrige, er sei satt usw.
einem gleichen Irrtum befinden sich diejenigen, die da meinen, da sie, wenn sie an Gott
nicht glauben, sich ungestraft seinen Geboten entziehen knnen.^
Es macht nicht den Eindruck, das unter den Leuten, ber die sich
Saadia wundert, die Stoiker gemeint seien, wie BLOCH annimmt,3
vielmehr spricht der Wortlaut dafr, da Saadia hier von Zeitgenossen redet, und zwar dem ganzen Zusammenhang nach von Anhngern des Protagoras. Da Saadia, wie man vielleicht nach
und
diese ihres Irrtums inne werden,
lediglich die Ansicht des Protagoras
den Schuworten sagen knnte,
5
Em.
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'iT'wni
'wi v"
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2
Em.
S. 6
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'131
pt mjjnn p nj?n3 lojjy nx JMiOB? 'o nnei
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D^E^ix pis; nin
pDD DH 1^ Yvf ^0 nn nxn nxi 'i3i ^tan miy ip^mn no.
3 Bloch.
Vom Glauben und Wissen Saadiahs S. 20 N.
i.
noxon
nr *?
HOROVITZ, BER
auf gewisse
da
sie
D.
BEKANNTSCHAFT SA ADIAS MIT
Freigeister
Zeit
seiner
24 1
D. GR. SKEPSIS
bertrgt und blo sagen
will,
so handeln, als wrden sie sich zu jener Ansicht bekennen,
denn der Anfang und die ganze
Darstellung macht den Eindruck, da Saadia von solchen spreche,
scheint
uns nicht einleuchtend,
die sich faktisch zur Ansicht des Protagoras
bekennen.
Da
es in
den Tagen Saadias Leute gegeben haben soll, die berzeugte Anhnger des Protagoras waren, ist nicht verwunderlicher als die Tatsache, da die Lehre eines Thaies oder irgendeines anderen vorsokratischen Philosophen Parteignger im Judentum hatte/ Von
Anhngern der Skepsis in jdischen Kreisen berichtet auch Ibn
Hazm. Er handelt in einem besonderen Kapitel von der Isosthenie,
dem bekannten Satze der Skeptiker, da sich jeder Behauptung eine
entgegengesetzte von gleicher Strke gegenber stellen lasse, und
unter den Anhngern dieser Lehre nennt Ibn Hazm auch Juden.
Ibn Hazm spricht allerdings von verschiedenen Stufen der Skepsis,
von Skeptikern, welche die Lehre von der Isosthenie in bezug auf
die Existenz Gottes in Anwendung bringen, und demgem behaupten, da man das Dasein Gottes weder bejahen noch verneinen
knne,
vielmehr
die
Frage
unentschieden
lassen
msse.
Zu den Skeptikern dieser Klasse zhlt er einen jdischen Arzt
Namens Ismail b. Junus. Andere beschrnkten ihre Skepsis auf die
Sendung der Propheten, das heit die Offenbarung, und unter den
Skeptikern dieser Gattung erwhnt er einen andern jdischen Arzt,
dem
haben will.^ Interessant ist es, bei dieser
Gelegenheit auch von Leuten zu hren, die man als Vorlufer von
gewissen modernen Bestrebungen bezeichnen knnte, und deren
Skeptizismus sich in der Ansicht uerte, da man von dem, worin
mit
er selbt disputiert
die verschiedenen Religionen einander widersprechen, vllig absehen
und
an das Ethische, das ihnen allen gemeinsam ist,
Ob auch diese Richtung unter den Juden Vertreter
sich lediglich
halten msse.
'
Vgl.
Em.
S. 30.
Aus Sahrastani
ersten Satz der Genesis
II S.
256
Hazm,
iJ^\)\
^^\SJi^
^yL\ ^i5U> OJl3^ ....
Jy\
1J>.A
jj,\
zu ersehen, da
im Sinne des Thaies deuteten.
Vgl. Ibn
ist
a. a.
O. V. S. 119
'<>)i\
>:.yl5;:
J<yiJl
Ua
manche den
Vgl. Cusari V.
Jyl Jl ^y
(Jl
^--*J^.
v.^.^JbJo.
16
2.
<--^>
0^
'^^
242
FESTSCHRIFl'
hatte,
ist
aus den Worten Ibn
stand nun,
das Ibn
Hazms
Hazm von
COHEN
nicht zu entnehmen.
Der Um-
verschiedenen Graden der Skepsis
redet und hierfr nicht allgemeine Gesichtspunkte aufstellt, sondern
den Unterschied im Verhalten zu einzelnen Fragen erlutert, schwcht
den Wert seines Zeugnisses merkUch ab, und es entsteht die Frage,
inwieweit wir es bei den von ihm genannten jdischen rzten mit
Skeptikern im eigentlichen Sinne zu tun haben. Man braucht ja noch
kein Skeptiker in erkenntnis-theoretischem Sinne zu sein,
wenn man
Zusammen-
Aber ein
hang zwischen dem Skeptizismus jener rzte und der griechischen
Skepsis ist jedenfalls bezeugt, wenn man nicht annehmen will, da
in
irgendeiner Frage sich skeptisch verhlt.
Ibn IJazm nur flschlicherweise einen Hauptgrundsatz der griechischen
Skepsis auf gewisse Richtungen
zeigt sich ber die
seiner Zeit
bertrgt.
Bedeutung jenes Grundsatzes genau
Ibn
Hazm
unterrichtet,
und so ist auch seiner Darstellung zu trauen, wenn er die von ihm
genannten Skeptiker als Anhnger desselben bezeichnet.^ So werden
die uerungen Saadias durch Ibn I^azm ergnzt, und wir begreifen,
warum er mit besonderem Eifer die Skepsis bekmpft.
Wir wenden uns nun zu der Darstellung, die Saadia von der
Skepsis gibt. Er unterscheidet vier Richtungen in derselben. Die
erste Richtung ist die der Daharijja, welche die Weltewigkeit behaupten. Man kann die Anhnger dieser Richtung als Sensualisten
bezeichnen, sie leugnen jede Verstandeskenntnis und lassen nur die
unmittelbare
Wahrnehmung
gelten.
Von diesem ihrem Prinzip aus
Teilen als ewig. Da sie nm-
Welt in allen ihren
lich nur das fr wahr halten, was mit den Sinnen wahrgenommen
wird, ein Anfang und ein Ende der Welt aber noch niemals wahr-
erklren sie die
Als Beweis fr ihre Behauptung berufen sich die Anhnger der Isosthenie
auf den Widerspruch der Meinungen unter den Menschen, wobei namentlich auf die Verschiedenheit der reUgisen Vorstellungen hingewiesen wird. Es
ist der von den Skeptikern genannte
rpinvos ir rrji bia(pu]vlas,
und auch sie
weisen gern auf die Verschiedenheit der Anschauungen auf religisem und ethi'
u, a.
schem Gebiete hin. Obgleich Ibn Hazm von alledem wie vom Hrensagen redet
und seine Darstellung verschwommen ist, so ist doch kein Zweifel, da er die
griechische Skepsis im Auge habe und nicht etwa blo mibruchlich die Bezeichnung von dort entlehnt hat. Unter den Beweisen, die er den Skeptikern in
den
Mund
auf S. 123 das Argument, da jeder Beweis auf ein
regressus in infinitum hinauslaufe, d. i. der rpiros e/s ireipov iKdWui'. Auch die
Frage des Skeptikers an den Dogmatiker das., woher er wisse, da er wisse,
legt, findet sich
verrt deutlich den griechischen Ursprung.
HOROVITZ, BER D. BEKANNTSCHAFT SAADIAS MIT D. GR. SKEPSIS
genommen
wurde, so
sei
die
243
Welt ohne Anfang und Ende?
Die
Ansicht der Rechthaberischen, der Obstinaten.
Ihr erkenntnistheoretischer Grundsatz
lautet, da sich die Wirklichkeit der Dinge nach unseren Vorstellungen richte, und diesem Grundsatz gem antworten sie auf
Richtung
zweite
bezeichnet
Saadia
als
die
ob die Welt ewig oder geschaffen sei, sie sei fr jeden
so, wie sie ihm scheine, fr den einen ewig, fr den anderen geschaffen.^
Die dritte Richtung bilden die Ephektiker. Sie sind der
Ansicht, da man sich jedes Urteils enthalten msse, weil das
die Frage,
Denken
und dem zuckenden Blitze
vergleichbar nicht gefatit und festgehalten werden knne. Die Vertreter dieser Ansicht sind nach Saadia noch trichter als die Vorgenannten, weil jene mit der Wahrheit den Irrtum verbinden,
whrend die Ephektiker Wahrheit und Irrtum zugleich aufheben.3
^
vielen
Em.
S.
32
Zweifeln unterworfen
'131
nm
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u'Wib iJ-Dn bi nniN-i Mby bis" n2 bn
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vhm
nj>n
"'i-'irvn
cntr nn3j?D2ir n^nin"!
nj?im
r;iD "^i
Die Daharijja unterscheiden sich von den arabischen
und deren Ansicht als
achte Schpfungstheorie von Saadia aufgefhrt wird, dadurch dad die Aristote-
)1D
nVi
n'^xn.
Aristotelikern, die gleichfalls die Weltewigkeit behaupten,
liker
eine erste
bewegende Ursache annehmen, whrend
die Daharijja eine
solche nicht anerkennen.
Diesen Unterschied hebt Ibn Rosd, Tahafut al Tahafut
S. 8 mit Bestimmtheit hervor, und in demselben Sinne lautet die Erklrung, die
Al-Gazzah, Alunkid ed. Schmoelders S. 14 von den Daharijja gibt. Mit Al-Gazzali
stimmt in aufflliger Weise berein die Darstellung von den verschiedenen
Klassen der Philosophen bei Al-Kifti ed. Lippe S. 49, so da der Letztere aus dem
Ersteren oder beide aus einer gemeinsamen Quelle geschpft haben. Al-Razi
a. a. O. S. 127 gebraucht einmal die Bezeichnung Daharijja unrichtiger Weise,
indem
er berichtet, einige von den Daharijja htten Gott die Erkenntnis seiner
Wesenheit abgesprochen. Dazu bemerkt der Kommentator Tusi, Al-Razi habe
sich im Ausdruck vergriffen, denn er htte von Philosophen, nicht von den Daharijja sprechen mssen, da diese berhaupt eine erste Ursache nicht annehmen.
Wir finden also auch hier, da die Negierung einer ersten Ursache das charakteristische Merkmal der Daharijja war, so dafi die Behauptung Al-Razis nur als eine
Entgleisung aufzufassen ist. Die von ihm mitgeteilte Ansicht gehrt Mu'ammar
an, dessen Lehre von den Ma'ani auch zu den Karern gedrungen ist.
Die
Ansicht der Daharijja wird von Saadia auch in der Einleitung zum Jcslra-Kommentar als erste Theorie erwhnt. ber den angeblichen Zusammenhang der
Ansicht der Daharijja mit ihrem Sensualismus vgl. w. u.
^ Em. S.
34 n"? (arab. .>_^J1 ...jlar^^) nitrpj?n "''?j?3 nj?T XTi itTV nnsn njjnm
niynn "'B2 abn ni\s n'?sx anann nnax "'s nn^ niumno nviioip nixsmn d-'dc.
3 Em. S. 35 n-'iyixn n!? (arab. '^^^\ ^^.-Jbj^) nT'oyn nyi ny ^iun nj>nm
]vyn "'s nx ": ima y'k' Hb^ -inn mDj/"ty in nosn "3 nwn
D\sn linjsi mpsD
"': niirpyn ^trixK) n"'!?3D nnv n'?xi 'i3"i trsr,"' bi -i^sx^ Hb ni'?n p'\'2T\ iod [erg. "inix]
16
FESTSCHRIFT COHEN
244
Am
weitesten
in
Richtung, die wir
ihrer
in
Skepsis
gehen
die
Anhnger der
vierten
Ermangelung eines passenden Namens Agnos-
nennen wollen, obgleich diese Bezeichnung leicht miverstanden
werden kann. Sie unterscheiden sich von den eben genannten
Ephektikern dadurch, da sie nicht blo die Verstandeserkenntnis wie
jene leugnen, sondern ihre Skepsis auch auf die Sinne ausdehnen und
gar keine Wahrheit zurcklassen. Auf die Frage, ob die Welt ewig
oder geschaffen sei, oder beides oder keines von beiden, desgleichen
wenn man sie in bezug auf etwas Wahrgenommenes fragt, ob es
ein Mensch oder ein Tier sei oder beides oder keines von beiden,
haben sie immer nur die eine stereotype Antwort: jeder der genannten Flle sei mglich.* Soweit die Darstellung Saadias.
Vergleichen wir nun die genannten vier Richtungen mit den
verschiedenen Schulen der griechischen Skepsis und gehen wir den
stiker
Quellen
aus denen
nach,
Saadia seine Kenntnis der skeptischen
Ansichten schpfte, so geraten wir
Was
in nicht
zunchst die Unterscheidung zwischen der dritten und vierten
Richtung, den Ephektikern und Agnostikern,
in
geringe Schwierigkeiten.
betrifft,
so lt sie sich
der Geschichte der griechischen Skepsis nicht nachweisen.
Aber
ber diese Schwierigkeit knnten wir uns leicht hinwegsetzen, und
den Irrtum vielleicht darauf zurckfhren, da schon die Alten sich
ber den Unterschied zwischen den verschiedenen Richtungen der
Skepsis klar waren und dieselben nur schwer auseinanderhalten
noKno nov nbi nnpiy nissoin nnosn h man onc Saadia gibt sonst
keine Begrndung der verschiedenen skeptischen Ansichten, nur fr die in Rede
stehende Richtung deutet er einen Grund an. Doch bedrfen seine Worte noch
'131 nn"" "ipirni
der Erklrung
*
Em.
S.
vgl. w. u.
36
D.ni
(arab. ^^^j-Jufcls:^-'^ v^-o*.J>^)' D"''?3Dn nj)T
iB'j?
r\wbvr] nynni
nx Y ^3 noNi m)> nwnion icna cynon onts'nsn dj? "wh cyn
den angefhrten Worten ist der Unterschied zwischen der
dritten und vierten Richtung so deutlich angegeben, da man sich in dieser
Beziehung in gar keinen Vermutungen zu ergehen braucht und jeder Versuch,
die Worte Saadia anders zu deuten, hinfllig erscheint. Die arabische Bezeichnung gibt Tibbon S. 66 richtiger durch D"'O^J?non wieder: die nichts zu wissen
vorgeben. In Ermangelung einer passenden Bezeichnung haben wir das Wort
durch Agnostiker wiedergegeben, nur darf man das Wort nicht in dem Sinne
nehmen, in welchem es heute gebraucht wird. Auch im Kommentar zu den
Sprchen S. 52 spricht Saadia von den ^'bnxJnD und den ]""im und sagt von
ihnen, da sie sich mit der Wissenschaft beschftigen, nicht um die Wahrheit zu
finden, sondern um Zweifel zu erregen. Auch hier ist die bersetzung DerenBURGs D''"?^1K fr ^'bnXJn falsch und wegen des Zusammenhanges sinnlos, da von
Toren nicht riD3n3 D''j;i' gesagt werden kann.
ViT^
'131
k"?
hbo "121 DiB'S
tynio"?
bl.
In
HOROVITZ, BER
D.
BEKANNTSCHAFT SAADIAS MIT
Daraus liee sich
eines bestimmten Merkmals
245
D. GR. SKEPSIS
Ermangelung
in der arabischen berlieferung von
selbst sich die Unterscheidung zwischen einer radikalen und milden
Skepsis herausbildete, von welchen die eine lediglich die Verstandeserkenntnis, die andere auch die Sinneserkenntnis aufhebe. Eine weit
grere Schwierigkeit entsteht fr uns, wenn wir auf den Ursprung
der beiden ersten Ansichten eingehen. Wer ist denn Urheber der
Ansicht, die Saadia den Obstinaten zuschreibt? Man erkennt leicht in
der Behauptung, da die Dinge so sind, wie sie einem jeden erscheinen, den Satz des Protagoras, da der Mensch das Ma aller
Dinge sei. Und wer ist Vertreter der sensualistischen Theorie, die
konnten.'
vielleicht erklren,
Saadia den Daharijja zuschreibt?
dem
Unterschiede, da wir in
goras
selber
vor
uns haben,
dem
wie
in
Wiederum Protagoras, nur mit
einen Falle den Satz des Prota-
im anderen Falle
die
Ansicht,
auf
welche Plato im Theaetet den Satz zurckfhrt. Die Behauptung, da
der Mensch das Ma aller Dinge sei, deckt sich nach Plato mit der
dem Theaetet in den Mund gelegten Behauptung, da das Wissen
Wahrnehmung
Da
den Daharijja zugeschriebene sensualistische Ansicht tatschlich mit der von Plato im
Theaetet bekmpften identisch sei, bedarf keines Beweises, denn sie
auf
sich
beschrnke.^'
die
deckt sich sachlich vollstndig mit derselben.
Es
lt sich
jedoch
noch obendrein nachweisen, da die Darstellung Saadias selbst auf
den Theaetet zurckgehe, und dadurch wird die Schwierigkeit um so
grer.
Da nun die von Saadia den Daharijja zugeschriebene
sensualistische Ansicht aus dem Theaetet stamme, ergibt sich aus
dem Nachweise, da auch die Einwrfe Saadias gegen dieselbe auf
den Theaetet zurckgehen. Ganz deutlich verrt den Platonischen
Ursprung der Einwurf, da es eine Erkenntnis geben msse, welche
die
Wahrnehmungen
'
der verschiedenen Sinne mit einander vergleicht
Vgl. Gellius, Noct.
att.
XI
vetus autem quaestio et a multis scriptori-
bus graecis tractata est, in quod et quantum Pyrrhonios et Academicos philosophos intersit. uterque enim ffKeirriKoi, i(j>eKriKoi, Troprp-tKoi. dicuntur, quoniam utrique
nihil affirmant nihilque comprehendi statuunt. Der Unterschied, der dann folgt,
soll darin bestehen, da die Akademiker wenigstens den skeptischen Stzen
selbst Gewiheit zuschreiben, whrend die Pyrrhoneer selbst diese blo als ungewi hinstellen, vgl. Sextus I 220 235 ber die vielen angeblichen Unterschiede
zwischen den Skeptikern und den einzelnen Richtungen der Akademie.
elprqKivai.
Tavra.
Plato,
Theaetet 151
irepl iirurT^iJLTjs,
aUriytr
5y,
(pr)s,
iiri<Tr7)fi7);
KivdvfeOea iyToi \6yoy ov <pav\oi>
fKeye Kai llpuirayopas. rpirov oi nvo. XKov
etpj}K
airra
FESTSCHRIFT COHEN
246
und ZU einander in Beziehung setzt' Das Gleiche gilt von dem
Einwurf, da man auch das fr wahr halte, was der augenblick-
Wahrnehmung entzogen
lichen
Auch
und Abwesenden.^
gangenen
wie
ist,
in
des Ver-
Erkenntnis
die
einem
Einwand,
dritten
welcher sich auf die Erkenntnis des Zuknftigen bezieht, knnte
man eine Reminiscenz an Plato erblicken, aber die beiden erwhnten
Vergleichspunkte reichen
um
hin,
zu beweisen, da die den Daharijja
zugeschriebene Ansicht mit der des Protagoras im Theaetet identisch
und aus dem Theaetet
dem
entlehnt
Richtungen
dargestellt wird,
Quelle nur zwei verschiedene
Grundansicht
ist.
Wenden
wir
Em.
Vno Hin
nn
S.
n^n"'
Kint^D
34
b nx
'i:i
dh nnx
n3j?Dn DK1 "im
uns
mrw
13''n
nyn ybn) msin ein
ini
nixn
Wir
was
in
Formulierungen
nun zu der
Ephektikern zuschreibt und fragen
'
sei. 3
wir,
irin"?
einer
nns nnnan
und derselben
Saadia den
die
wie es sich mit dieser ver-
^b i" nj^tan
in ny^Kin nxi
zwei ver-
als
mni
D-'iniD
nnix
nxn
vbti by nbiro
b^ sio -as 13 inxi on^*? yir\ b D^trnin n^x
in
demnach zu
der ursprnglichen
dritten Ansicht,
^mv\''Vf
vwr\ bv nbw
sind
da bei Saadia
Resultate gelangt,
aufflligen
schiedene
selbst
noi ini
"?=
ib
t^Ejan
n"'N-in im'?''' ]3
'JN
b^
^\^n^n
n ppn
-ini m
n-'x-i
nxn nisiso n-i k"? in im'?. Vgl.
Gedankengang, nachdem der Satz, Wahraufs neue aufgenommen ward. Von dem Beweise
iniss yi nan
B^^ty
Plato, Theaetet 184 den nmlichen
nehmung und Wissen
sei eins,
des Aristoteles fr die Existenz des Gemeinsinns unterscheidet sich die Darstellung Saadias durch den Satz '131 Sl "'3K ]3 "in1, woraus ganz allgemein folgt,
da es ein und dieselbe Seele ist, von welcher alle Funktionen ausgehen, und
Vereinigung aller Wahrnehmungen im Zentralsinn.
Davon abgesehen, bentzt ja Saadia den Gedanken in gleichem Sinne wie Plato
zur Widerlegung der Ansicht des Protagoras, so da nur Plato in Betracht kommt.
2 Em. S.
35 -[bn itr nunontt' "|"' nn "73^ Dnnnn nnniD nmx itin "3 -[
i3t2 \pn^t '<:sD iti^inn om nxn ir xini nx 'i3i nxnw m '231 rtvv na'x D^B'jJom na
ibsx 1V3tDi1 Dnion[i] Dmis !?3p itrx i'jstri V"!i"' in "jax, vgl. Piaton Thaetet 163:
Ti at; fiirqfxi)v ov \iyeis fiivroi n; usw.
Ebenso Aristocles bei Eusebius praeparatio ev. XIV 20, wo die Einwrfe Piatos im Theaetet zum Teile ausgezogen
nicht etwa ledigUch eine
sind: '0 7
/irjj
ecKrd/ttej'os
bTLOVv, etrat fiefivTHJidvos, olSe fikv, aia'ha.veTai o'
ovk^ti.
3 Fraglich bleibt es dabei, in welchem Zusammenhange die Ansicht des
Protagoras mit der von der Weltewigkeit stehe und welche Philosophen man
sich unter den Vertretern der letzten Ansicht zu denken habe. Zu den Daharijja
zhlte man, wie es scheint, mehrere vorsokratische Philosophen, wie beispiels-
50 als den ltesten Vertreter dieser Richtung nennt
und als dessen Gesinnungsgenossen er S. 104 die Inder bezeichnet. Anderer-
weise Thaies, den Al-Kifti
seits
S.
schrieb man, wie es scheint, gesttzt auf Plato Theaetet 152
und
Aristoteles
1009 b I2ff. die Ansicht des Protagoras vielen vorsokratischen Philosophen zu.
Zwischen beiden Ansichten fand man dann einen natrlichen Zusammenhang.
HOROVITZ, BER D. BEKANNTSCHAFT SAADIAS MIT
Als wir bei der zweiten Ansicht waren, erkannten
hlt.
247
D. GR. SKEPSIS
wir, dali sie
mit der ersten zusammenfalle, und nun sind wir bei der dritten, und
da es sich mit dieser nicht anders verhalte.
Was behauptet denn die dritte Ansicht? Doch nur, da es keine
Verstandeserkenntnis gebe, eben das behauptet ja auch die erste,
nur da der dritten ein anderer Name angehngt ist, der im Grunde
gar nicht auf sie pat. Denn die Bezeichnung der dritten Ansicht
als ephektische, kann nur bedeuten, da wir uns jedes Verstandesurteils enthalten mssen, nicht aber jedes Urteils berhaupt, und
Sollen wir annehmen,
dasselbe gilt auch nach der ersten Ansicht.
sich
es stellt
da auch
heraus,
hier als
dritte
Ansicht ausgegeben wird, was
der ur-
in
sprnglichen Quelle nur eine andere Formulierung der ersten An-
war?
sicht
Wir
halten es
wenn wir es
Wenn nmUch die dritte
nicht fr ausgeschlossen,
auch nicht direkt behaupten mchten.
Ansicht irgendein neues Moment enthalten soll, so kann es nur in
der Begrndung liegen, und in dieser sind die Worte, da das
Denken dem zuckenden Blitze vergleichbar nicht stille stehe und
nicht festgehalten
werden knne,
bei aller
Krze sehr bezeichnend.
da wir unsere Meinung schnell
wechseln, da unsere Ansichten vernderlich sind, da der Sinn vielmehr zu sein scheint, da wir dieselben gar nicht festhalten knnen.
Die Worte erinnern an Heraklit und die Erzhlung von seinem
Freunde Kratylus, der zuletzt die Dinge nicht anders bezeichnen
zu drfen glaubte, als indem er mit dem Finger auf sie hienwies,
weil sie nach seiner Meinung schon whrend der Rede sich verndern, und was in dem einen Augenblicke wahr sei, es in dem andern
nicht mehr ist.^
Da nun Plato im Theaetet die Ansicht des ProSie
scheinen
"
nicht zu
besagen,
Vgl. Aristoteles loioa 7
5^ waxrav pQvTes ravTi)v Kivovitnjv Ttif
S^ ToO fj.eTad\\ovTOS ov^^v aKiev/xevov, vepL ye rb irdvTr] TrvTWS
oKreeiv.
kvtwi'
eK
yp raim)S
TjpaKKeiTi^eiv,
VTr6\rj\peu}s
Kai o'Lav
ii,r)i^cfev
KpaTuXos
et^e',
rj
eradWov
aKporTTj 56^ tQiv
os r
reKevroMv
(pJuffiv,
Karo,
ovk ivd^x^"''^'^
elpTjfieviv,
tQ>v cpacr-
t)
oifhkv Coero Selv Xiyeiv,
dXX
iKLVi 6vof.
Hict witd nun allerdings nur die Beweglichkeit des
Objekts hervorgehoben, aber auch die Worte Saadias knnen so verstanden
werden, da der Gedanke nicht festgehalten werden knne, weil er schon im
Tov dcLKTvXov
Auerdem gelangt man zum selben Resultat,
da es kein wahres Urteil gebe, auch wenn man von der Beweglichkeit des Subjekts
nchsten .^ugenbUck nicht wahr
ist.
ausgeht, wie beispielsweise auch Plato
im Theaetet 284
in
bezug auf die Nicht-
beharrlichkeit des Subjeks ausfhrt, da es in der Konsequenz der Heraklitischen
Lehre
liege,
da es auch keine Wahrnehmung gebe:
inroiaaovw dlov rijs tov pq.v
ij
Koveiv; p.iveiv irori
ec aiiri^
tQ
Tt 0^
pq.v
-n-epl
r)
aicr&Tjo-ews
.Kovi.v;
ipoOev
ore &po.
FESTSCHRIFT COHEN
248
tagoras
und gewissermaen
Stzen, des Theaetet, des Protagoras und
auf die Heraklitische Lehre
von
eine Gleichung
drei
grndet'
wo
Heraklit durchfhrt, so lge der Fall hier so, wie oben,
um
es sich
das Verhltnis zwischen der zweiten und ersten Ansicht handelte.
Aber wir knnen uns nicht auf Grund einer nicht sicheren Interpretation weniger Worte in Vermutungen ergehen und lassen es
dahingestellt, ob auch hier ein hnliches Verhltnis obwaltet wie
oben. Welches Miverstndnis aber auch zu Grunde liegen mag, an
da auch die dritte Ansicht mit
der ersten zusammenfalle, und es stellt sich als Ergebnis heraus, da
nur zwei Richtungen einander gegenberstehen: auf der einen Seite
die subjektivistische Ansicht des Protagoras, auf der anderen die
Skepsis Pyrrhos. Den Gegensatz beider Richtungen stellt Saadia
richtig dar durch die Antwort, die er in deren Namen auf die Frage
der Tatsache
ist
nicht zu ndern,
betreffend die Weltschpfung gibt*
Zu dem
gleichen Ergebnis, da
Richtungen gegenberstehen, gelangen wir auch, wenn
wir von den Namen, mit welchem Saadia die verschiedenen Richtungen bezeichnet, ausgehen und sie mit anderweitigen Angaben versich nur zwei
gleichen, worauf wir jedoch nur kurz hinweisen wollen.^
pq.i'
Trpo(Tp7]Tiou
fx&Wop
Tl.
ij
117)
pq.v
ore
ti.v'
\\r)u
ata'hr]a-LP
SWov
tj
p.T\,
Trdpruv ye
Vgl. auch Philoponus, Scholien zu Aristoteles 35 a 25.
TrdKTws Ki.vovnivuv.
Theaetet 152 ff.
'
SchoHen zu Aristoteles 22 b 45, die Ansicht der Skeptiker der des Protagoras gegenber. Auf die Frage, ob die Seele
sterblich oder unsterblich sei, antworte Protagoras, was jedem scheine, sei wahr,
*
In gleicher
Weise
steUt David,
die Ersteren hingegen, sie sei sterbUch oder unsterblich oder beides oder keines
Gem
von beiden.
^/cX'^Tj
KoX rpLirovs
i]
dieser Antwort fhrten sie noch einen eigenen
a'lpeais
avrOiv,
iireiSri
T/jtTrXSs eiroLOUPTO
Namen
ras nropia^.
seinem Kommentar zu Al-Razi S. 23 A. nennt drei Parteien der
Sophisten. DieLa'adrijj, .ii,>\\Ul, die Nichtwissenden (von |^^>\ "^ ich wei nicht).
Es sind diejenigen, welche sagen, wir zweifeln und zweifeln, da wir zweifeln.
Die 'Indijj (do^LoJl), die Obstinaten, welche behaupten, es gebe kein Urteil,
und scheine es noch so evident, dem nicht ein widersprechendes von gleicher
3
Tusi
in
Strke entgegengestellt werden knnte. Die Subjektivist en, die Indijj(von ^^>-^
bei mir, nach meiner Ansicht), welche behaupten, es sei fr jeden das, was er fr
halte, wahr imVerhltnis zu sich selbst, falsch imVerhltnis zu einem anderen.
Entgegengesetzte Urteile seien gleich wahr im Verhltnis zu verschiedenen Sub-
wahr
Die gleichen Parteibezeichnungen hat das Zitat bei Delitzsch, n"'^n |>5>
nur wird von den Obstinaten blo gesagt, da sie alle Wahrheit leugnen,
ohne da eine Erklrung ihres Namens gegeben wird. Nun liegt auf der Hand,
da fr die zweite Ansicht bei Saadia die Bezeichnung Indijj zutreffender ist
als Indijj nitypj?n """jva, und man mchte zunchst annehmen, da bei Saadia
jekten.
S. 324,
eine Verwechslung vorliege.
Aber
bei nherer Betrachtung drngt sich
der
HOROVITZ, BER
D.
BEKANNTSCHAFT SAADIAS MIT
249
D. GR. SKEPSIS
Entsprechend den beiden Ansichten, die wir zuletzt erhalten,
ordnen sich auch die Einwrfe, die Saadie erhebt. Der subjektivistischen Ansicht des Protagoras wirft er vor, da sie gegen den
Satz des Widerspruchs verstoe. Ebenso erhebt er gegen die
Skepsis alle jene Einwnde, die den Skeptikern schon in aller Zeit
von ihren Gegnern entgegengehalten wurden. Sie laufen im WesentErstens, da sie sich mit ihrem eigenen
lichen auf zwei hinaus.
Prinzip in Widerspruch setzen, so z. B. wenn sie die Zurckhaltung von
schon ein Urteil enthalten ist.' Es ist derselbe Einwand, wenn auch mit anderen Worten,
wenn die Agnostiker gefragt werden, ob sie auf Grund einer Erkenntnis oder eines Nichtwissens behaupten, da es keine Erkenntnis
gebe,^ oder wenn gefragt wird, auf welche Weise sie denn hoffen,
jedem
Urteil empfehlen,
whrend
hierin selbst
Gegner durch Grnde zu berfhren, wenn sie selbst behaupten,
da es keinen Beweis gebe.3 Der zweite Einwand luft darauf hinaus,
da die Skeptiker durch ihr eigenes praktisches Verhalten ihre
Lehre Lgen strafen.* Auf alle diese Einwrfe haben die Skeptiker,
so gut sie konnten, geantwortets, und von Interesse ist fr uns dabei
ihre
nur,
zu
vertraut
inwieweit Saadia
sehen,
mit
der
Literatur
einschlgigen
Auf einem Miverstndnis der skeptischen Ansicht
war.
da die ganze Unterscheidung von Indijja und Indijja nur auf
einem Irrtum beruhe, da in dem erstem Namen berhaupt kein Hinweis auf eine
bestimmte Richtung gegeben ist, vielmehr blo eine Hindeutung auf den Gedanken, da jeder Behauptung eine entgegengesetzte von gleicher Berechtigung
entgegengestellt werden knne, welche Ansicht dem Protagoras und den Skeptikern gemeinsam ist. Es scheint demnach, da La'adrijja der allgemeine Name
Gedanke
ist,
mit
auf,
die ganze Partei der Sophisten bezeichnete, innerhalb deren
dem man
man
die der Subjektivisten, Indijja, und der Skeptiker, La'aDie einzelnen Schulhupter scheinen nur wenig bekannt gePyrrho wird von Alfarabi, philosophische Abhandlungen ed.
dann zwei Richtungen,
drijja, unterschied.
wesen zu sein.
DlETERICl S. 50 genannt.
'
Em.
Ibid. S. 36 n'?i2 1 vnD
S. 35
Ibid. S. 35
m^oj?n ]d noy^t
iniavBB^
nTvn n"pb n^acin vn nb
*
Ibid. S.
36
noD
nu^n on
^hv omo
li
nToyn ist
b nne obs n^nn d.
j^noa,
n)^ d-'Xsv m-'vn Dr^-nb ddj?
onnan
"'S
noi
D-ynoi p^^^iT^b n^ni.
mninr^ ? iisn nyn h'sw b uoy n^sn
ini
ni xbi"?!
iij? -lOiKi
'"IST
nnsw
's nij? toi"!
no "3.
gengt
5 Auf die Belege im Einzelnen lohnt sich nicht hinzuweisen,
auf das bereits erwhnte Fragment aus der Schrift des Aristo des bei Euseb.
praep. ev XIV 20 hinzuweisen, was die gegnerische Seite, und auf Sextus Pyr.
Hyp I 1315 u. 197; I 2224, was die Antworten der Skeptiker betrifft. Vgl.
auch Theaetet 178, David, Scholien zu Aristoteles 23a 6ff., Philoponus das.
'131
n""in ^b v^tf nan
^32 nats^ni ncont^n
"'s
iij?
nii
"i3i
piKn
ont?
es
35 a 22 ff.
FESTSCHRIFT COHEN
250
scheint es zu beruhen,
wenn Saadia
meint, da die Skeptiker durch
Schmerzen von der Unwahrheit ihrer Behauptungen berzeugt werden
sollen, da es den Skeptikern niemals eingefallen ist, an der Wirklichkeit der Empfindungen und Gefhle als innere Zustnde zu zweifeln.'
Aber auch dieses Miverstndnis ist alt, wie schon daraus hervorgeht, da dem Aristoteles eine gleichlautende uerung in den
Mund
gelegt wird.^
Nur
noch auf die Ausfhrungen Saadias in
der Einleitung, soweit sie mit unserem Gegenstande zusammenhngen, hingewiesen. Irrtum und Zweifel
das ist der Grundgedanke
haben ihren Grund nicht in einem innern Unverdes ersten Teiles
mgen des Menschen, die Wahrheit zu erfassen, sondern in einem
fehlerhaften Verhalten unsrerseits, sei es, da wir nicht mit der
ntigen Sorgfalt forschen und vorzeitig unsere Ttigkeit einstellen, sei
es, da wir nicht gengend vorbereitet an die Untersuchung herantreten, das gesuchte Objekt nicht kennen oder mit den Methoden
in
aller
Krze
sei
des wissenschaftlichen Verfahrens nicht vertraut
sind.-5
Aus
der weit-
Gedankens heben wir einen Punkt
Saadia meint, da es bei
hervor, der uns beachtenswert erscheint.
einem mangelhaften Verfahren unsererseits geschehen kann, da wir
das Objekt, das wir suchen, vor Augen haben, ohne es zu erkennen.
Diese Bemerkung ist nach unserem Dafrhalten nur verstndlich,
wenn man an die zuerst von Plato aufgeworfene Frage denkt, wie
denn Erkenntnis berhaupt mglich sei, da wir das, was wir nicht
wissen, nicht suchen knnen, und wenn wir es gefunden, das Gesuchte nicht in ihm erkennen wrden, wenn wir es nicht schon vorher unbewut in uns getragen haben.'^ Auch Al-Tusi kennt diese
Frage und fhrt sie als Argument der Skeptiker an. 5
An seine Ausfhrungen ber die Quellen des Irrtums schliet
lufigen Auseinandersetzung dieses
Saadia eine Errterung ber die Quellen der Wahrheit,
'
Sextus Pyr. Hyp.
Vgl. oben S. 237.
3
nj?
'131
"121
Vgl.
x"?i
mx
^aa"? nipBon r\b^Sii nsD n^nn s?mNT
^iWD '3 nipaon nna whsDi B'ina n^jcian
nxn ^b nnp-'i?.
80 und Aristoteles 995 a
inxs'' IN
Meno
p.
33,
der Gedanke nur flchtig gestreift wird, fr uns nicht
5
>3r-sti
Al-Razi
der er auf
19 20,
Enumot Anfang nnain rm '1:1
MTT b) vib n\T'C' nts^Bxi 'm nno
t?"!"!''
in
a.
a.
<-^ ^'^^^
O.
^'^^
S.
24
"^^3
^;;,1
(ein
<^-^^XL ^h,
zweiter
'joli )X
doch kommt
letzterer,
wo
in Betracht.
Grund der Skeptiker)
U^-oLS'
Ik^Xjuo ^^^ j^l i__)^)>k^l
<*J1
HOROVITZ, BER D.BEKANNTSCHAFT SAADIAS MIT D. GR. SKEPSIS
standesurteil,
folgerung
vom
Notwendigkeit beruhende SchluBekannten aufs Unbekannte. Zu den Wahrheiten
die auf logischer
Klasse
ersten
der
3.
Es gibt nach ihm drei 'solcher
Wahrnehmung, 2. das unmittelbare Ver-
sinnliche
die
i.
Bezug nimmt.
die Skeptiker direkt
Quellen:
25
gehren
alle
Erkenntnisse,
nehmung unserer Sinne verdanken, wie
die
die wir
der
Erkenntnis
Wahr-
von der
ueren Erscheinung der Dinge; zur zweiten alle Wahrheiten, die
uns unmittelbar einleuchten, wie die sogenannten Axiome und die
zur dritten alle Wahrheiten, die sich uns nicht von
sittlichen Urteile
;
selbst aufdrngen, aber aus Erkenntnissen der beiden ersten Klassen
sich
mit Notwendigkeit
kennen die
drei
ergeben.
Nicht
alle,
Quellen der Wahrheit an.
bemerkt Saadia, erManche dehnen ihre
Skepsis selbst auf die Wahrheiten der ersten Klasse aus, manche verhalten sich ablehnend blo gegen die beiden letzten Klassen, die
weitaus grte Zahl bestreitet die Erkenntnisse der dritten Klasse.'
Im Gegensatze dazu entwickelt Saadia seinen eigenen Standpunkt,
und aus seinen Darlegungen ist zu ersehen, da er mit den verschiedenen Argumenten der Skeptiker bekannt war. Die verschiedenen
Arten von Sinnestuschung, die Halluzinationen der Fieberkranken,
wie auch die Traumvorstellungen sind nach Saadia kein Beweis,
da den Sinnen berhaupt kein Glaube beizumessen sei. Vielmehr
folgt daraus blo, da wir uns vor gewissen Tuschungen in acht
nehmen mssen, Wahrnehmungen
nicht mit Einbildungen verwechseln
drfen und die Aussagen unserer Sinne der Kontrolle unseres Ver-
standes unterwerfen mssen.^
Sehr ausfhrlich verweilt Saadia bei den Erkenntnissen der
dritten Klasse, namentlich bei dem Schlu von der Wirkung auf die
Ursache, wobei er gewisse Regeln aufstellt, nach denen bei diesem
Schlsse zu verfahren sei. Es ist bekannt, da die Skeptiker den
Kausalbegriff speziell zu einem Gegenstand ihrer Angriffe machten.
Sie stellten es in Frage, ob es eine Ursache gebe und, die Existenz
vorausgesetzt, bezweifelten sie die Mglichkeit, sie zu erkennen.
war das mit ein Grund, warum Saadia sich gerade mit
dem Begriff der Ursache so eingehend beschftigt.
Vielleicht
'131
Em.
nDn
S. 7
'SB'O.
gehandelt, vgl.
nan^ u-xn no UD^c'n iv3i
Wir haben ber diese Stelle wie auch das Folgende anderwrts
die Psychologie der jd. Religionsphilosophen S. 46, und gehen
b)!
njn nanjir
darum auf das Einzelne
Em.
S. 8.
n"'is
nicht ein.
ii^Kin naxan h
FESTSCHRIFT COHEN
252
Fassen wir alles zusammen, so ergibt sich, das Saadia mit den
Ansichten der griechischen Skeptiker, mit ihren Argumenten und
den Einwrfen ihrer Gegner ziemlich vertraut war. Er hatte zwar
kein richtiges Bild von den einzelnen Richtungen und Schulen, was
darauf zurckzufhren ist, da ihm nur mangelhafte Quellen zu Gebote
standen, aber ber die Fragen, um die es sich handelt, zeigt er sich
gut unterrichtet.
Ja, es erscheint
merkwrdig, welche ausgebreitete
Kenntnis der griechischen Philosophie er fr seine Zeit besa, und
um
wenn man bedenkt, aus welchen zweifelhaften
Quellen er sich seine Kenntnis verschaffen mute. Wir haben auch
gesehen, da der Eifer, mit welchem Saadia die Skepsis bekmpft,
darauf zurckzufhren ist, da es vereinzelte Anhnger der Skepsis
dies
so mehr,
gab, und da die Ansichten der griechischen Skeptiker keineswegs,
wie
man nach den
waren.
sprlichen Nachrichten erwarten knnte, unbekannt
Es drngt
sich
demnach
die
Vermutung von
selbst auf,
da
auf die Entwicklung der jdischen und arabischen Religionsphilosophie
in
der lteren Zeit auch die Lehren der griechischen Skeptiker nicht
ohne Einflu gewesen
zuweisen,
ist
sind.
Diesen Einflu jedoch im Einzelnen nach-
hier nicht der Ort.
Mediaeval Hebrew Terms for Nature.
By Henry Malter,
Word
Themation
has
nT^S""
Dropsie College.
the simple meaning of which
creation or for-
is
been used by Hebrew philosophic writers since
Judah Ibn Tibbon synonymously with V^ta for nature. Thus nonn
in Ibn Tibbon's translation of Saadia's 'Amnt, chapter X,
mTn
end of the Eleventh Theory
"natural
1864,
p.
spekulative Wissenschaft",
not
science"^
Leipzig
(ed.
157)
as
denotes
GuTTMANN
280 see also p. 279,
note 2) has it. Thinking that the passage contains an allusion to
a certain theory of Aristotle, GUTTMANN even proposes to drop the
Word riTm in Ibn Tibbon's version or to replace it by VDtJTI, which
is
found
in
this
Saadia,
p.
the manuscripts of the so-called Paraphrase.
however, aside from
in
des
Religionsphilosophie
{Die
its
latter,
general inaccuracy, does not prove anything
For the word
instance.
The
bzi^,
has been used by the
too,
translators in a diverted sense to designate the innate talent, disposition or natural Constitution of a person.
the
translator
s^^
which,
means man's
par
like
excellence used
^-^
natural
in
nntiTtO
gifts,
p.
and
'?Dty
for the
Arabic
the passage of Saadia referred to above^,
his mental
Ibn Tibbon's translation was, indeed,
quera (miian nni,
Even Samuel Ibn Tibbon,
149)
who
equipment by
criticized
birth.
Samuel
by Shem Tob
points out that nStJ'nD
is
Pal-
not the
adequate equivalent for the word 'i^ used there by Maimonides
"
p. 23,
1,
In this sense m"'S"'n nosn
7 (as a
synonynx of
is
*.
used also by Nahmanides, ni^m, Vienna 1873,
JT'trwia nB?j?D
physics).
n-suan nr,o, 1,2: rbatyim inntrno dj; wi; III, 17, near the beginning of
fifth
Theory: *.3D0 vn?o "^rntr nai; see Munk, Guide, III, p. 127, note i.
the
3 'Amnat, ed. LANDAUER, p. 310, last line.
4 Quoting the Arabic of Maimonides (nnx'pipvoi nnitaD J) ini) he asserts
that the correct rendering would be rni'?:B'lOl inT'lf DJ? Kini, and referring to
'
FESTSCHRIFT COHEN
254
The
seem to have been in doubt as to the proper
rendition of i^-k.
For each time the word is used by Maimonides
in Arabic Ibn Tibbon offers a more or less dififerent quivalent in
Hebrew: Hi^tyno {Guide, 1,2); nj;nt21 H^T (1,75; MuNK, ad locimi,
translators
note 6);
p. 449,
HNnn
(I, 'j6,
MuNK,
yno
p. 548); vataion
(II,
17) for
which a manuscript variant has n'T'i"'! (see MuNK ad locuin, p. 131,
note I comp, also II, 36 nj^ntaiH nj;nn ^obtr for the plural ''0'?D
;
"lD^N);
"PDJT
undecided,
likewise
MuNK,
(III, 17,
but
127,
p.
renders
note
the
word
in
passages more correctly by m^in, respectively
same uncertainty
is
the
^^<^'^2,
and
yiita.
For the Arabic
while one of the
which
also
like
for
puts 'dwr\
jk
MSS.
reads
m^^M
one
..^-LJI^ s^LJI
lJ^^}\
i^^b
where the
^Lyii.sn j;^t3^;
''D
comp. RosiN,
^=^
{Anint, p. 319,
{Enmnbt, end,
p.
161).
(beginning of chapter
p.
75)
is
4,
^^
,^J>^
(Am.,
10)
1.
he
In other init
by
n^J2.
:inion.
Similarly for
n-^^^n n^:nn^ {Eiminbt, 82,
while .T'i^n pn ^y
H^iDD),
p. 198,
ysta.
Ajjint, p. 145, last but
rendered rfi^m
have wrongly
HTU'' for
Hebrew
he imitates the Arabic term, rendering
editions
Hebrew
disposition,
equivalent to the
{Aiunt 162, bottom):
Stands for 'L.J^\
variety of
is
j^iUkJl
D^j;3J3n riDn
Eviiinbt,
line,
and dSlL.
^M^
^LJI
stances, however,
So
last
riltas^fc^
Die Ethik des Maimonides, p. 62, note i.
We have noticed already that Judah Ibn Tibbon uses
So
The
the editions of Samuel Ibn Tibbon's version have HT^J^n
ri^ii^Di'?
<*^-o
is
corresponding
by the superscription of the
evidenced
chapter of Maimonides' "Eight Chapters".
n^ti'li.!,
Judah Al-Harizi
i).
1.
15).
We
(p.
99)
thus see here a
expressions for natiire, or more properly for the innate
character, or Constitution with which one
Shem Tob Palquera defines
prompts man to action without
n"l''i}''
was
created.
as a property of the soul which
previous reasoning or deliberation '.
Ibn Tibbon's translation, continues: NU ^"^ inDE^n in-fS^ d1p3 p^nyn Nini
103 nnx nan n anj?nn b moj "jsu? n'?nni ms "'S i'?2B' nn^s"' dj? Vm ixra nscno^
"pDif -lib ntos ^py "iioii m"'S'< <'2nys Hiiisi "'"isn ]'3J?n i"'2Db yn" xint
ini
nabn "jDtyno n^nn-D no n": ni^nipo x"?! nioomso n ]\x taiB'S nM-'trs; comp. Schever
'"i-'ij"'
in
Judah
al-Harizi's translation of
Maimonides' Guide (edited by Schlossberg,
London 1851), p. 12, note 5.
Comp. Levi b. Gerson, 'n nion":, II, 8,
which has the same meaning.
' See his Dl'pnn mJX, pubHshed by the
'
ed. Leipzig, p. 119: nT'3\n u?nc3,
writer in the Jewish Quarterly
Review, 1910, p. 478: nib^non "p^ .f)2n nibiys ^ys'c xnvh nsni' csj^ ]"':j; m''i'\ni
riTni xbl. This accords essentially with the definition of nature given by Aristode,
MALTER, MEDIAEVAL HERREW TERMS FOR NATURE
In the plural,
mT'lJ'',
255
the term signifies the various original qualities
which make up one's nature. Hence distinction is sometimes made
between niT^'' and riH, the former referring to the natural propensities and inclinations, or to "the fashion of the inner man", Arabic
3)^
(see
Lane
s.
v.),
the latter to the fashion of the outer man,
appearance, or also acquired habits and manners, Arabic ^J,y^.
Judah Ibn Tibbon's translation n^nnDDI rmi^rs^:! bn for ^OSD^
his
npN'?5si npbS
''3
{Kiisari,
I,
95),
while showing a distinction in the
usage of the two terms, seems, therefore, to be inexact,
as pS^5t<
is
in as
much
not the plural of p^S (which seems to be the reading
of the noun immediately before) but of p75.
CaSSEL's translation
mit uerer und innerer Vollendung" agrees with the Arabic rather
must be admitted, however, that most
of the authors use riHD and mTiJ^ promiscuously. There is, moreover, much confusion as to the qualities which are to be considered
as innate and unchangeable and those which are subject to changes
by training and education. Al-Gazzali, pT^ ""itND, p. 74, in discussing
the matter, says: 1DD DH nnentT ^1132.1 V D'^tSlin D^ti^i mp UtJ^n IDD
^nty i'^np^ h^i ni^i}\T
nn m-nom n^ijr nn mTi{\m nnnnty intj^n
^^Jy lOS nann ]\Sty ThbT\\
Whatever the truth in that matter may
be, the passage quoted shows clearly the usage of the Hebrew terms
than with the Hebrew.
by Abraham Ibn
It
Hisdai, the translator of Gazzli.
Another question which was raised in connection with this
matter was whether the qualities termed nn''^\ e. g. greed, cowardice, courage, shrewdness, and the like, are inherent in the rational
soul or in its lower faculties only, e. in the sensitive and vegetative soul.
i.
Palquera
in
the passage referred to above (page 254, note 2) quotes
divergent views, but
is
himself of the opinion that
all
such
qualities,
and Impulses, originate from the appetitive or sensuous soul (niNnon tySiH), which agrees essentially with
li^Si 1321
the view of Maimonides, Commentary on Abot, II, 1 1
pbn^ isso^ D^D nnan ni'?j;Dti' n^DJsn nsi tynsb \y(^'M^x\ 'w^ ^iuri pisn
as also the natural instincts
Physics,
II, I;
see Zeller, Philosophie der Griechen
(3),
11,2, pp, 331, 3S4, 494;
comp. Kusari, I, 70 "j"]^ and CaSSEL ad loctim.
^ So
also Todros Todrosi in his translation of Averroes' Commentary on
the Poetics of Aristotle (TB'n D ms2) published by Fausto Lasinio, Pisa 1872,
p. 20, last line; comp, my notes in Zeitschrift fr hebr. Bibliogr. VII, 95, with
reference to the passage from Kusari, and Palquera, tfpn (Haag 1779). 23*:
rnnoi rmr^i'' n^an^.
FESTSCHRIFT COHEN
256
nnon nvn^ns p
again
that
dj isijo^
t^Din ^p'?no n-iiynon'.
^b)
Samuel Ibn Tibbon uses throughout
n^'ri^K b^XSS"?, while
Shem Tob
Palquera coins the phrase
ated, as
ZUNZ3
it
to
was
in
in his
this Observation in the style of
recognize him
n'l'pV
numerous works. The
terminology should not be underestim-
nn^^''*, which occurs very frequently
importance of such differences
We notice here
nnOH m'?VD for
Palquera that helped
work
as the author of the encyclopaedic
(MS. in the library of Leiden) which had been previously ascribed by STEINSCHNEIDER and others to Samuel Ibn
Tibbon.
As striking examples of the synonymous use of HTS^ and VlltO
two further passages may be added here. Joseph Ibn-Saddik, D7iy
pp, Breslau 1903, p. 70, top: iDi^D ns; p nn)pb M 1^$: rhn nnN
n pmnty j^::t3"i <Din n^by nsiiti' nyv and Palquera, miDn nmo,
D''B1D"l'?"'n
p. 54:
niJ^T
5nyT
n"?!;!
yntS
nnni.
The word
Arabic ^^sl-^ of Maimonides, Dallat,
means:
iLks,
indoles,
natura
nTil^ Stands here for the
I,
103b, which again,
like
Jioniinis.
Comp. SCHEYER, Das psychologische Syste?n des Maimonides, Frankf. a. M.
p. 104, note 14. The same theory is expounded by Palquera more elaborin numerous passages of his niVjjnn "IBD, edited by VenetiANER, Berlin
1845,
ately
1894; see for instance ib., p. 72.
Comp. Steinschneider, Hebr. bersetzungen, p. 8, note 53 and
especially p. 360, note 751, and ZfhB., VII, 95. Emanuel of Rome, tenth Makama
(ed. Lemberg 1870, p. 78, col. i
1314) has niT'SNT nn3 (nvT'S\n.?).
^
1,
See Hebr.
Comp. Palquera, ni'jJJn, 17: 7m^r\ 1t
The edition has corruptedly n"l"'n'' n^V"?:
who quotes
Bibliogr., IX, 135, Ges. Schriften, III,
"jj?
nSliC
see
277279.
'.
MUNK,
the correct reading from the manuscripts.
Guide.
I,
372,
note
2,
Ein Gratulationsbrief an Maimonides.
Von Israel Friedlaender (New
des Mannes, den
Zu EhrenGemeinschaft
mit gleichem
York).
die philosophische
dische
aus
dem
Welt und
die j-
Stolze den ihrigen nennt, sei
Schutte der Jahrhunderte ein Schriftstck ans Licht ge-
zogen, welches auf die Lebensgeschichte des Maimonides, des groen
Philosophen und Juden, ein interessantes Streiflicht
wirft.
Das
Schrift-
stck, welches sich bei nherer Prfung als ein Gratulationsbrief
an
Maimonides herausstellt, ist aus der Sonderkollektion maimonidischer
Genisahtexte in Cambridge entnommen, zu der ich durch die Liebenswrdigkeit des Herrn Professor
ScHECHTER Zugang
erhielt
und aus
der ich zwei auf Maimonides bezgliche Texte bereits bei frherer
Gelegenheit verffentlicht habe.^
Der vorliegende
einem einzigen auf beiden
Seiten beschriebenen Blatte, welches 24
22 cm gro ist.
Die
oberen und unteren Zeilen sind nur zum Teil erhalten, da die Ecken
weggerissen sind. Bedauerlicher ist es, da der Brief in der Mitte
abbricht und uns ber den Schreiber im Dunkeln lt. Doch geht
aus dem Inhalt deutlich genug hervor, da es ein Schler oder
Jnger des Maimonides war. Eine Vermutung ber dessen Identitt
wird man am Schlu dieser einleitenden Bemerkungen finden.
Was die Veranlassung zu dem Briefe betrifft, so geht aus dem
aus
Brief besteht
Zusammenhang
zu
einem
gerufen
klar hervor,
ehrenvollen
wurde.
aber
Zwei
da
er
zugleich
Ereignisse
durch Maimonides' Ernennung
zeitraubenden
aus
der
Amte
hervor-
Lebensgeschichte
des
Maimonides kommen hierbei in Betracht: seine Anstellung als Hofarzt und seine Ernennung zum Oberhaupt (hebrisch Ngid, arabisch
^
In der Monatsschrift fr Geschichte
(1908) p. 621
ff,
und 53 (1909)
und Wissenschaft des Judentums 52
p. 469ff.
17
FESTSCHRIFT COHEN
258
gyptischen Judenheit'.
der
Ra'is)
entschieden
stnde
fr
die
letztere.
deutet darauf hin, da es sich nicht
um
nung, sondern
wenigstens
heit,
Ehrung
gypten,
eine
in
Doch sprechen mehrere UmDer ganze Ton des Briefes
um
eine individuelle Auszeich-
an der die gesamte Judenein lebhaftes Interesse hatte.
Die
handelt,
groe Freude, die der Briefschreiber ber die glckliche Besetzung
des hohen Postens ausdrckt, ist nur dann recht verstndlich, wenn
Auch liegt es
von allgemeiner jdischer Bedeutung war.
nahe, das im Briefe vorkommende Wort Ri'sa (Oberhoheit, Oberdieser
herrschaft")
in
technischem Sinne
Ra'Iswrde" zu interpretieren,
als
Bedeutung scheint auch die Titulatur Rsch ha-Rschim
Oberhaupt") ^ und der Wunsch, da die gesamte Judenheit mit
einer langen Lebensdauer des Maimonides gesegnet werden mge+,
da der Brief die
hinzuweisen.
Ja, es ist nicht ausgeschlossen,
speziellen Vorgnge, die sich vor Maimonides' Ernennung zum Ngid
Wie wir jetzt aus der der Genisah entabspielten, reflektiert.
stammenden SuttaroUes wissen, hatte vor diesem Zeitpunkt ein
gewissenloser Mann, namens Sutta, auch Sar Schlm genannt, die
Ngidwrde usurpiert und die gyptische Judenheit mit eiserner
Faust beherrscht. Maimonides, der nicht minder Suttas rcksichtsloses Regiment zu fhlen bekam ^, wurde der Retter der gyptischen
Judenheit, indem er, wie sich der Chronist ausdrckt, das Gtzenbild
aus dem Heiligtum entfernte" 7 und nach dem Sturz des Tyrannen
und auf
diese
Da Maimonides Ngid
war, lt sich
kaum
bezweifeln, vgl.
Kaufmann
ZDMG
Bemerkenswert ist es, da
Monatsschrift 41, 463 und in
51, 450.
als solcher bezeichkann,
nirgends
ausdrcklich
urteilen
soweit
ich
Maimonides,
in
net wird, whrend dieser Titel seinem Sohne
Doch wird
in
und von der
findet
nides als bnin
mundi
Abraham
hufig beigelegt wird.
im Besitze E. N. Adlers beBibliothek unseres Seminars eine Kopie besitzt, Maimo-
einer Geschftsurkunde, die sich
1198.
S-in
(In
die
nrs '^-n
na
'^-ha
tituliert.
Das Datum
ist
[4J959
Aera
Marx aufmerksam
nx ,^^5>Kt2DK p ixan
der Urkunde, auf die mich Professor
machte, figurieren auerdem die folgenden Namen: ]Dn^N
Als Ra'is wird Maimonides allgemein
nmn ]3 und dessen Frau mi/N HD.)
von den arabischen
Schriftstellern bezeichnet.
'
Zeile 25, 28, 29.
Zeile
4.
Rsch
Ra'is.
Kaufmann
Vgl.
Monatsschrift 41, 463.
Zeile 15.
Jewish Quarterly Review VIII, 541
JQR V, 421
JQR VIII, 547,
^ S.
7
Suttas,
f.,
in
Kaufmann
Zeile
i.
ff.
Cf.KAHANA
in
Haschiloah XV, 175
ff.
a. a. O.
Ich beziehe den Ausdruck auf die Absetzung
FRIEDLNDER, EIN GRATULATIONSBRIEF AN MAIMONIDES
selber mit der
Ngidwrde bekleidet wurde.
sachen
sich
liee
die
Im Lichte
259
dieser Tat-
Ausdrucksweise
eigentmliche
des Briefnur
der
der
nicht
gyptischen
Judenheit, sondern
',
auch ausdrcklich der Ra'iswrde, die durch den Bsewicht Sutta
schreibers erklren
geschndet worden war, zu ihrem neuen so hervorragenden Trger
gratuliert.
Auch die zitierten Bibelverse, in deren Sprache der
Briefschreiber Gott dafr dankt, da er sein Volk nicht im Stiche
lie
und ihm Maimonides
als
Erlser schickte ^ knnen erst angesichts
denen Maimonides' Ernennung ein Ende
setzte, richtig gewrdigt werden.
Sein Wunsch, da Maimonides
bei Hofe Gunst finden mge 3, zeigt, was ja von jeher bekannt war,
da die Ra'iswrde einen hohen von den Landesherrschern verdieser traurigen Verhltnisse,
Rang
liehenen
reprsentierte.
Wahrscheinlich
zeichnung des Maimonides auf seine Anstellung
das Ergebnis seines
in dieser
folgte
als
diese
Aus-
Hofarzt und war
Eigenschaft bei Hofe neugewonnenen
Einflusses,
Den Kernpunkt
der
anonyme
unseres Textes bildet der Passus, in welchem
Ausdruck gibt, da die
Ttigkeit des Maimonides hinderlich
Briefschreiber der Befrchtung
neue Stellung der literarischen
Auch diese Befrchtung pat vorzglich zur Ngidsein werde*.
wrde, die die religise und gerichtliche Oberhoheit ber smtliche
gyptische Gemeinden involvierte und mit einer Reihe zeitraubender
Funktionen verbunden war 5.
Was
die
geplanten
und
infolge
der
neuen Amtspflichten in ihrer Ausfhrung bedrohten' Werke betrifft^,
so hngt deren nhere Bestimmung von der chronologischen Fixie-
Nach KAUFMANN 7 war Maimonides bereits
im Jahre 1172 mit der Ngidwrde bekleidet. Danach wrde sich
der Briefschreiber auf den Mischne Torah und den More beziehen.
Nach Grtz* dagegen, und diese Zeitansetzung ist aus allgemeinen
Grnden vorzuziehen 9, folgte Maimonides' Ernennung zum Ngid auf
rung der Ernennung
Zeile 28.
Zeile 26 f.
Zeile 16 f.
Zeile 31
5 Cf.
ab.
f.
GrTZ, Geschichte der Juden VI
258.
^ Zeile 32 f.
7
Monatsschrift 41, 215.
^ a. a.
9
Es
Cf. ib. p. 463.
O. 302.
ist
kaum anzunehmen, da Maimonides
bereits 1172, acht Jahre vor
der Vollendung seines Mischne Torah, eine so dominierende ffentliche Rolle
Die anti-karische Verordnung aus dem Jahre 1176 (Monatsschrift 53,
spielte.
17*
FESTSCHRIFT COHEN
260
zum Hofarzt und wrde daher ungefhr
seine Befrderung
II 87
Jahr
sein
als
fallen,
Mischne Torah
bereits vollendet
in
das
war und
der gesamten Diaspora rasch Verbreitung fand. In diesem Falle
wrde der More in erster Linie in Betracht kommen. Wie die ge-
in
samte literarische Ttigkeit des Maimonides sich nach einem festen
methodischen Plane vollzog, so war namentlich der More, wenn
auch in modifizierter Gestalt, bereits am Beginn seiner Laufbahn in
Aussicht genommen'. Die Vorrede zum More lt ziemlich deutlich durchblicken, da sich der Ausfhrung des More Schwierigkeiten entgegengestellt hatten. Es waren, wie Maimonides ausdrcklich
hervorhebt % die mit seinem Lieblingsschler Joseph Ibn 'Aknin
gepflogenen Studien und Gesprche, die in ihm den Entschlu, der
bereits eingeschlummert war, wiedererweckten", und es war die Abreise desselben Ibn 'Aknin, die,
nach Maimonides' eigenem Gestndnis 3,
More nunmehr
ihn dazu bevvog, den
ernstlich in Angriff zu
und ihn dem wissensdurstigen und von
nehmen
religisen Zweifeln geplagten
Jnger kapitelweise zuzusenden 4. Vielleicht darf man aus diesen perder Arbeitslast eines verantwortungsreichen
snlichen Umstnden,
Amtes und der klar erkannten Pflicht seinem Lieblingsschler gegen-
ber,
da
unser
den literarischen Charakter des More ableiten, dessen Disposition an systematischer Abrundung hinter der des Mischne Torah
zurcksteht und die kapitelweise Entstehung an der Stirne trgt.
Diese Tatsachen und berlegungen sind vielleicht aber auch
geeignet, uns auf eine Spur hinzulenken, die zur Identifikation unseres
Anonymus fhrt. Zieht man die oben dargelegten Umstnde in
Erwgung, dann kann man sich kaum des Gedankens erwehren,
Briefschreiber,
der
fr
die
unvollendeten
Werke
des
469 ff.) unterschreibt Maimonides zusammen mit neun anderen als unus inter
pares. Die Worte !?io "jnin 2">n n liinsT n-Tiitri in der von Kaufmann
verffentlichten Kethubba (Monatsschrift 41, 215) knnte man, falls die Urkunde
aus Fostat stammt, darauf beziehen, da Maimonides damals als die oberste religise Autoritt der Stadt Kairo galt. Danach wren meine Bemerkungen Monatsschrift 53, 473 zu berichtigen. Man sieht hieraus wieder einmal, wie sehr die
Lebensdaten des Maimonides einer grndlichen Revision bedrfen.
'
(arabischer Text
MUNK
Kommentar zur Mischna, Einleitung zum Perek Chelek
HOLZER Berlin 1901 p. 24) und andererseits More ed.
Vgl. einerseits den
I,
ed.
s^-
More
Ibidem.
Ibidem.
ed.
Lichtenberg
MuNK
Cf.
II,
I,
2^
MUNK,
31
'^.
Notice sur Joseph ben Jehuda
p.
23 und
Kobez
ed.
FRIEDLNDER, EIN GRATULATIONSBRIEF AN MAIMONIDES
Meisters ein so rhrend liebevolles Interesse an den
201
Tag -legt,
kein
Die schwrmerische, aber
zugleich naive Aufrichtigkeit atmende Sprache und der bei allen
berschwenglichen Hflichkeitsphrasen vertraulich klingende Ton
passen zu keinem besser als zu Joseph Ibn 'Aknin, der mit grenzenloser Liebe und Verehrung an seinem Meister hing und den der
andrer als eben derselbe Ibn 'Aknin
ist.
Meister mit gleichem Stolze seinen Schler nannte'.
Im folgenden gebe
den Brief
ich
Text und bersetzung
in
der letzteren lasse ich die umstndliche Titulatur, die
hebrisch abgefat ist, beiseite und beginne mit Zeile 20, wo der
arabische Text und der eigentliche Inhalt des Briefes beginnt.
wieder.
In
Text.
umi inD
[ii]:i\niD
Ksn
irsysy
3no
in
ip"
irs
'jni
innty'?
'?^-i:o
nn"in
n^n*?
miyn
rmn
nn
D^a'^ti'%1
r^j? ]iDi ^iJi'^
n j;mj
nmn
iii
DDm
D^tyin
mn
^^:i
ip
i:^
nuD
icno
li^tynsi i:^nDi irt^ij:
"lanoi n^tyjsin "lni n^trnpn
n^n y^a,
'ira^n niDj?
nsn moi'
pinn
n^tyn^ ]nii
ty^tasn
pnmn
nan nnn noDnn nipD Q:inon ]7o
"p^^d
[ni]mi np]i iion
nmnn
mo-'
nijy
^^do
.Tt^ini
Tn^ D^imn bin "nnyon t: rm^x ntyn
nmnn
n^'?^^s
ipD vjs^ n^oDn b^) nmj;n
11
So np na nn nn ino nv
ity\T
pnsn pmn
ty-^tasn
niJiii
ti'ti'
nitoo
in'?di
nnn
mn
jio^d
pnnion "jn^n
Mit der obigen Annahme wrden die uns bekannten Daten aus dem
Leben Ibn 'Aknins vorzglich bereinstimmen. Ibn 'Aknin begab sich nach Kairo
um II 85 (Grtz a. a. O. 299). Er verlie Kairo um 11 86 (ibidem) tmd war 11 87
bereits in Aleppo (MuNK, Notice p. 21). Maimonides' Ernennung zum Ngid
fand also kurz nach Ibn 'Aknins Abreise statt. Unser Brief drfte also von
^
Aleppo aus an Maimonides gerichtet sein.
^ Die Handschrift hat nsn,
doch ist das
schreiber ursprnglich beabsichtigte, war wohl
Vater
der Propheten), das Oberhaupt".
Wohl nosj?3 zu ergnzen.
(sc.
3
So nach Zeile
11 zu schreiben.
3 in
ty
gendert.
Was
D'ty-in t?NT 3t<n r\WQ
der BriefMoses, der
10
202
FESTSCHRIFT COHEN
^[Y'n2 bi^]^^'
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Lichtenberg 1, 14*= npn nibnp ''^'?3 "ijoyi
vna. In einem andern an Maimonides gerichteten Brief, der sich
ebenfalls in der Cambridger Sammlung befindet, wird dieselbe Wunschformel
arabisch gebraucht: nn"'nn nnJiriM mge Gott sie (die Gemeinden) mit seinem
^
VD"
Dieselbe Formel in Kobez ed.
ni2'>"iK31
Leben krnen!"
'
Siehe die einleitenden Bemerkungen.
Statt
DiS-'D.
Jeremia
Als erstes
23, 6.
Wort
ist
ohne Zweifel
r\i(p2
,,
seine Lebensdauer" zu ergnzen.
Nur Raum fr ein Wort. Etwa [npc'Jyi und seine Liebe"
Der Zusammenhang erfordert ein Wort wie xnmijn.
Ich ergnze
[nan]!*?!.
zu ergnzen.
Siehe die bersetzung und die einleitenden Be-
merkungen,
'
^.
" Psalm
"
*3
Vgl.
94, 14.
Ruth
S "^
^^^^Jj)^^,
4,14.
*
Lob
II
rnit
dem Akkusativ
der Person und
.Jemand zu etwas gratulieren".
'* Der Wrde, d. h. der Ra'iswrde.
^5 Beachte den Dual.
Siehe die bersetzung.
<
]o*d 20
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^i^j?2i
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D^p^"i
niDn^m
ro^
in"':j^i
15
der Sache
25
FRIEDLNDER, EIN GRATULATIONSBRIEF AN MAIMONIDES
-^bi^Vn n'?'?ss
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6]ij;
^^y^sS
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263
''[n]b[i^]
iTs
tj oi m^t
35
ipi
bersetzung.
Mge
2. 2o
Gott [seine Lebensdauer] ver-
lngern
21
des groen Lehrers.
Mge Er ihm
23
24
Ruhm
begrnden
Gott der Allmchtige kennt die starke Sehnsucht Ihres Dieners
nach Ihrer hohen Person 7, [seine Liebe?],
wie auch seinen Schmerz ber sein Fernbleiben von Ihrer Gesellschaft, vom Verweilen in Ihrer Gegenwart und vom Anhren
Ihrer hochehrwrdigen Person, Als ich vernahm, was Gott der
Allmchtige der (jdischen) Nation an Glckseligkeit und der
immerdar gewhren und seinen
22
Ehre, Hilfe und Wohltaten
fest
VV[rde]8
25
der Oberhoheit 9 an Auszeichnung durch die Ernennung Ihrer
mge
hohen Person, unseres Meisters, des groen Lehrers,
Ruhm
hoch und seine Ehre erhaben sein!
verliehen hatte, da war meine Freude und mein Jubel darber
sehr gro und ich sprach: ,denn der Herr wird sein Volk nicht
verstoen, noch sein Besitztum preisgeben'.
Ich dankte Gott dem Allmchtigen und ich sprach: ,Gepriesen
sein
26
27
Lediglich Spuren. Mglich
ist
auch,
gem dem
mittelarabischen Sprach-
gebrauch, n"? zu lesen.
^
Vor np
Richtig wre
scheint ein
zu stehen, das ich jedoch nicht deuten kann.
i<r\'by.
iXJi*.
'---
s.
5 L^gj_>l.
6 II
7
Samuel
19,20.
So bersetze
Die Suffixe
Titulatur gebraucht wird.
Femininum
Anrede an hochgestellte Personen als
werden infolgedessen berwiegend im
ich rnsn, das in der
gebraucht.
Anm.
Siehe
rijsa (richtiger ri'sa).
S. 262,
des Ra'is bedeuten.
9.
In technischem Sinne knnte dies die
S. die einleitenden
Bemerkungen.
Wrde
FESTSCHRIFT COHEN
264
sei
der Herr, der seinem Volke Israel einen Erlser nicht ver
sagt hat'.
Und was mich betrifft,
28 so gratuliere ich der (jdischen) Gemeinschaft und der
zu
der Ehrung,
die Gott in
Wrde
seiner Gte ihnen beiden^ durch
die Oberhoheit^
29 Ihrer
hohen Person hat zukommen
lassen.
Denn^
Wrde und
heit Ihrer Stellung, Ihre ehrenreiche
die
Erhaben-
Ihre angeborene
Oberhoheit stehen bei mir
30
31
meiner Seele an jedem Orte und zu jeder Zeit auf derselben Stufe, und nichts Neues ist bei mir zu der Ehrung
Ihrer hohen Person hinzugekommen, als was schon immer in
und
in
meiner Seele gewesen war.
33
aber wei
ich,
da nichts
hohen Person hinzugekommen ist
als die Ablenkung Ihrer Aufmerksamkeit von den der (jdischen)
Gemeinschaft so ersprielichen Werken und Schriften,
die (zu verfassen) Ihre hohe Person bereits beschlossen hat,
und ich bin davon uerst schmerzlich berhrt. Mge Gott
Neues
32
Wohl
bei Ihrer
der Allmchtige
Ihretwegen
34
(?)
das
bel
,Und mge
Verschuldung anrechnen !'5
sucht
(beseitigen?).
trifft,
so
ist
36
D.
h.
D.
h,
Schaden
mir mein Herr nicht
als
Was
der Ra'Iswrde, dem Ra'isamt.
sowohl der Judenheit als auch der Ra'Iswrde.
Vgl. S. 263,
Zu
es
der Ihren
nun andere Dinge bemir Ihr erhabener Befehl zugegangen
Und ich habe bereits gefunden, zusammen mit
Verdienst(?).
35
dessen,
Anm.
9.
ist
etwa: ,,Ich gratuliere nicht Ihnen persnlich".
Maimonides' eigene Person kann nicht mehr hher gestellt werden.
5 Dies bezieht sich wohl auf die Offenherzigkeit, mit der der Briefschreiber
die Folgen der maimonidischen Ernennung beurteilt.
subintelligieren
Antikarische
Polemik
in
Sa'adiahs Religions-
philosophie.
Von Hartwig Hirschfeld -London.
den von mir
Unter
Kitb
da
al
die
Sa'adiah-Fragmenten befindet
den Titel "On the traditional Laws"
Nachtrglich fand ich, da das betreffende Stck dem
Amnt angehrte*. Nun unterliegt es keinem Zweifel,
sich eines,
beilegte \
verfifentlichten
welchem
ich
oben erwhnte angebliche Abhandlung das Traditionsgesetz
da die Worte n'^V^o'?^ y\S"HJ'^ zweimal in
derselben vorkommen. Die Existenz eines Aufsatzes Sa'adiah's mit
diesem oder hnlichem Titel ist aber lngst mit Recht vermutet
zum Gegenstande
hat,
worden, nur konnte
man
ber den Titel nicht ins Reine
kommen 3.
Die verschiedenen Angaben ber diesen Gegenstand sind von PozNANSKI zusammengestellt worden, wobei es allerdings zweifelhaft
blieb, ob jenes Werk, der Ansicht Bachers zufolge mit dem IsTtb
al
Amnt
identisch,
oder aber, wie
MUNK
meinte,
ein
selbstn-
diges Gesetzeskopendium darstellte*.
Der
richtige Titel scheint in
einem anderen,
gleichfalls
verffentlichten Sa'adiah-Fragment seines arabischen
Exodus
enthalten zu sein und lautet n^^DD^
von mir
Kommentars
V^^ni:''? ^
DS^p^N
zu
"pStan
Abweisung der Spekulation in Sachen der Traditionsgesetze" 5, Die
irrtmliche Fassung des Titels in frheren Erwhnungen rhrte daher, da die handschriftlichen Quellen es zweifelhaft lieen, ob man
DS^p"? oder DS''p'?S lesen sollte.
Meine Meinung geht nun dahin,
da Sa'adiah wirklich eine Abhandlung mit dem genannten Titel
^
3
4
5
Jew. Quart. Rev. XVII, p. 721 sqq.
Ibid. Oct. 1905 p. 146.
See Poznanski ibid. X p. 259.
Ibid. Ein y'Knc'? 2Sn3 wird auch von
JQR XVIII, p. 607.
Neubauer
in
JQR
VI, 705 erwhnt.
266
FESTSCHRIFT COHEN
verfat, sie aber spter
dem
greren
Werke
einverleibt
und ihm im
ber Gebot und Verbot" handelnden Kapitel einen nicht
unpassenden Platz angewiesen habe.
dritten,
habe bei einer frheren Gelegenheit' die Ansicht ausgesprochen, da eine mechanische Einteilung von Sa'adiahs Schriften
in exegetische, halachische, polemische und philosophische^ untunlich ist. Es scheint mir vielmehr, da sie smtlich einen einheitlichen
Plan verfolgen, nmlich die Bekmpfung des Karaismus 3. Hauptschlich zu diesem Zwecke und zur Belehrung seiner rabbanitischen
Brder hat er die Bibel bersetzt und erklrt, und auch sein philoIch
Werk
sophisches
bungen
ein.
man den
reiht
Um
sich,
wie sich zeigen wird,
in diese Bestre-
seine wissenschaftliche Ttigkeit zu verstehen,
mu
Einflu des Karaismus
im zehnten Jahrhundert richtig erfassen. Derselbe war hauptschlich den breiteren Massen der jdischen
Bevlkerung in islamischen Lndern gefhrlich. Es war die religise
Erziehung derselben, welche Sa'adiah sich zur Lebensaufgabe gemacht
hatte.
Daraus ergibt
dem
nicht
da das Kitb
al
Amnt
bloen Bedrfnis Sa'adiahs seine Stellung
markieren
Die
sich,
sondern
verdankt,
Verhltnisse
erforderten
sich
fr
sein
Dasein
zum Kalm
zu
seinen Gesamtplan einreiht.
in
rabbanitische
Leserkreise
einen
sicheren Fhrer durch die wirren Pfade der spekulativen Theologie.
Ein solcher war auch
die
fr die Minoritt
Werke der arabischen Theologen
der Gebildeten, die sich
in
erwnscht.
vertiefen konnten,
Dies widerspricht der oben ausgesprochenen Ansicht nicht, da die
Karer bekanntlich den mutazilitischen Kalm adoptiert hatten.
Zu den schwersten Bedenken, die Sa'adiah in den Lehren der
JQR
XVII,
p. 714.
Steinschneider, Die arabische Literatur der Juden
Umstand
p.
48 sqq.
von Frheren unbeachtet gebheben. Schmiedl,
Studien p. 165 erwhnt nur, da S. die Karer als Anhnger der Lehre der
Seelenwanderung bekmpft.
Guttmann, Die Rel.-Phil. des S. p. 30 Anm.
findet, da S. sonst den Karaismus in diesem Buche nicht bercksichtigt, hegt
daran, da er sich in den religisen Grundwahrheiten mit ihm auf demselben
3
Dieser
ist
Boden
wei, der Hauptdifferenzpunkt aber, die Autoritt der
es sich,
mndhchen Lehre,
diesem Buche berhaupt nicht errtert.
Ibid. p. 102. So erklrt
da S. in unserem Buche jede Polemik
auch gegen den Karaismus
wird von
S. in
Neumark, Gesch. d. jd. Philosophie
den Ausdruck NiOV jO mp (ed. Landauer III p. 128)
unterlt.
(gegen Ideenlehre und Atomistik). Das
karischer Polemik kein Wort.
ist
des Mittelal.
auf Karer
I,
449 bezieht
und Rabbaniten
nicht unmglich, aber sonst von anti-
HIRSCHFELD, ANTIKARISCHE POLEMIK IN SA'aDIAHS RELIGIONSPHILOS. 26/
Karer finden mute, gehrte ihre Auffassung der Prophetie. Whrend
die Propheten fr Saadiah die Vermittler des mndlichen Gesetzes
darstellten, sahen die Karer ihre Aufgabe in ganz anderem Lichte.
Dies geht klar hervor aus einer Stelle in jEFETHs Einleitung zu
seinem Kommentar zu Hosea, woselbst er die Wirksamkeit, oder wie
er es ausdrckt, den Nutzen" des Propheten in folgende acht
Punkte zusammenfat. Ich teile die Stelle in bersetzung mit:'
Erstens: Belehrung des Volkes auf mndlichem Wege ber
Gebote und Verbote, in Anlehnung an die spekulativen Gesetze, um
fr diese und jene Welt vollstndigen Nutzen zu ziehen (Deut
6,
2425).
Zweitens: Gott wirkte durch die Propheten Zeichen und
Wunder. Dies beruht auf drei Grundstzen: i. Besttigung der
prophetischen Aussprche, durch welche die Macht Gottes natrliche Vorgnge zu verndern sowie da auer ihm kein anderer
Lenker seiner Welt vorhanden ist, bewiesen wird. 2. Besttigung der
Prophezeiungen durch dieselbe Belehrung, welche Gott uns durch
das Wort Mosis hat zukommen lassen (Exod 4, i). Gott versah
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msn
FESTSCHRIET COHEN
268
nach deren Ausfhrung das Volk ihn als wirklichen Gesandten ansah (Exod 4, 30
31). 3. Die Propheten wurden
durch die von ihnen in schweren Zeiten bewirkten Wunder ausgezeichnet, wie durch Josua geschah, als er Sonne und Mond zum
ihn mit drei Zeichen,
Feinde niedergemetzelt hatten
CJosua 10, 13). hnliche Wunder geschahen auch durch Elia und
Dies sind drei Grundstze, welche den Nutzen von WunderElisa,
Stillstand brachte, bis die Israeliten ihre
Volk darstellen.
Drittens: Die Sendung von Propheten dient dazu, die Snder
um Gottes Vergebung zu gewinnen
zur Umkehr zu ermahnen,
(2 Kn 17, 13). Jedes Prophetenbuch enthlt bekanntermaen Strafreden und Ermahnungen und Rckruf des Volkes zum Glauben und
zur Umkehr, worauf des weiteren einzugehen uns zu weit fhren
taten fr das
wrde.
haben fr das Volk zu beten, um Gottes Zorn
von demselben abzuwenden, wie aus der Geschichte Moses, Arons,
Samuels und der brigen Propheten bekannt ist.
Fnftens: Sie haben die Menschheit ber die Zeitlufte zu belehren und zu warnen. Viele von denselben hoffen auf die gttlichen
Verheiungen, frchten Drohungen und lassen ab von Unglauben
und beltaten.
Sechstens: Sie geben aus den Ereignissen verschiedener Zeiten
Kenntnis von dem v/as geschehen soll, damit die Menschheit an
Gottes Werke sowohl als an seine Propheten glauben soll (Is 48, 35).
Siebentens: Befestigung der von Propheten entblten Exulanten im Glauben, wenn diese die Schriften der Propheten lesen
und aus denselben die Geschichte der frheren und spteren Ereig-
Viertens:
Sie
nisse lernen.
Achtens:
Exulanten ber die whrend des
Gott
Exils sich ereignenden Vorkommnisse (Ps 94, 19; 71, 20
21).
hat dieser acht Ntzlichkeiten wegen seine Propheten zu seinem
Sie
trsten
die
Volke geschickt.
Was
da die
rabbinische Auffassung einer der Hauptaufgaben der Propheten sorgfltig vermieden, und selbst der im ersten Punkte vernehmbare
Anklang an dieselbe durch Heranziehung der freien Spekulation
abgeschwcht wird. Wie scharf hier der grundstzliche Gegensatz
in
diesen Ausfhrungen hauptschlich
beider Sekten zu
Tage
tritt,
auffllt,
ist
zeigt sich aus der folgenden Saadiah-
nischen Erluterung der Prophetensendung, und es verdient hervor-
gehoben zu werden, da dieselbe
in
dem Eingangs
dieser Studie
HIRSCHFELD, ANTIKARISCHE POLEMIK IN Sa'aDIAHS RELIGIONSPHILOS. 269
enthaltenen
Abschnitte
des
AI Amnt
K.
enthalten
ist
Die
Stelle lautet:^
Da
des
Teile
nmlich
Gesetzes,
mu
spreche,
Bemerkungen ber die beiden
der spekulativen und traditionellen
ich gerade diese allgemeinen
ich auseinandersetzen, worin die
Sendung von Propheten
besteht.
Notwendigkeit
der
Ich habe nmlich gehrt, da es
welche behaupten eine Notwendigkeit fr Propheten sei
nicht vorhanden, da ihr eigener Verstand sie befhige Gutes und
Bses zu unterscheiden. Bestrebt die Wahrheit zu suchen fand ich,
da, wre die Sache wie sie behaupten, der Schpfer ja am besten
Leute
gibt,
wei und er wrde keine Propheten entsandt haben. Vollbringt er
ja doch nichts zweckloses. Bei weiterem Nachdenken fand ich, da
Menschheit der Propheten durchaus bedarf, nicht nur wegen
des Unterrichts in der mndlichen, sondern auch wegen der spekuDenn die Bettigung der letztgenannten kann nur
lativen Lehre.
dann vollkommen werden, wenn die Menschen von Propheten andie
Zum
Beweise diene, da die Vernunft Dankbarkeit
gegen Gott fr seine Wohltaten vorschreibt, ohne dieselbe jedoch
in bezug auf Ausdruck, Zeit und Form nher definiert zu haben.
Eine solche Definition zu geben bedurfte es der Propheten, welche
geleitet
werden.
Gebet nannten und ber seine Tagesstunden, seinen WortCharakter und Zweck besondere Bestimmungen trafen. Ferner
dieselbe
laut,
Es fehlt aber an einer Definition in
Mannes Ehegattin wird, ob diese
verbietet die Vernunft Ehebruch.
welcher Weise ein Weib eines
lediglich durch einen Spruch, oder Geld, oder den eigenen Willen
oder den ihres Vaters, durch zwei oder zehn Zeugen, oder smt-
Einwohner der
liche
Stadt, oder
irgendein Zeichen,
Da kamen
oder Beschrei-
Propheten mit MorgenEin anderer Beweis ist, da die
gabe, Ehebrief und zwei Zeugen".
Vernunft Diebstahl verbietet, ohne zu erklren in welcher Weise ein
Mensch eigenen Besitz erwirbt, ob durch Arbeit, oder Handel, oder
Erbschaft, oder Herrenlosigkeit, wie durch Jagd zu Land oder zu
Wasser, oder durch Kauf fr Geld, oder durch Besitzergreifung oder
bung
ihrer
Person geschieht.
die
durch ein Wort. Da sind noch allerhand lange und breite
Zweifel in diesem Kapitel, welche die Propheten durch endgiltige
Entscheidung beseitigen. Hierher gehrt ferner die Bestimmung des
Schadenersatzes. Vernunft erfordert ja, da jeder der irgendwelchen
lediglich
Schaden angerichtet
^
AI Amnt ed.
hat, dafr
LANDAUER
aufkomme.
p. 118.
Sie hat aber keine Richt-
FESTSCHRIFT COHEN
2/0
ob diese durch ZurechUveisung allein, oder von
Beschimpfung begleitet, oder durch Geilielung geshnt werden solle.
Ist Geielung verhngt worden, mu das Ma derselben bestimmt
werden. Dasselbe ist mit Zurechtweisung und Beschimpfung der
Fall, es mte denn sein, da nichts als Todesstrafe zufriedenstellend ist. [Es ist auch die Frage] ob das Strafma aller Schadenschnr gegeben,
oder
gleich,
stifter
in
verschiedenen
Fllen
verschieden
ist.
Da
Propheten mit angemessenen Bestimmungen, haben einige
Klassen zusammengestellt und anderen Geldshne auferlegt. Wegen
dieser hier aufgezhlten und hnlicher Dinge brauchen wir Propheten.
Denn wren wir auf unsere eigenen Meinungen angewiesen gewesen,
kamen
die
auseinandergegangen und htten ber nichts berEndlich aber brauchen wir sie fr die traditionellen
dieselben wren
eingestimmt.
Gesetze, wie ich auseinandergesetzt habe".
Auf
diese
Einleitung
Auseinandersetzungen
des Werkes, woselbst
er
weist
die
der Verfasser
in
der
wahrhafte berlieferung"
an sich wahrscheinlich, da diese Einleitung geschrieben wurde, nachdem das
Material des Buches gesammelt und geordnet war. Den mglichen
als
vierte
Erkenntnisquelle bezeichnet', hin.
Es
ist
Einwurf, da metaphysische Spekulation von den Weisen als uner-
wnscht dargestellt worden sei, beantwortet er mit dem Hinweise
auf den Ausspruch eines Propheten (Jes40, 2I)^ Die Weisen, sagt
er, haben jedoch verboten die Bcher der Propheten bei Seite zu setzen
und an individueller Meinung festzuhalten, was wohl zu richtigen'
aber auch zu falschen Schlufolgerungen fhren kann. Der Zweck
des Werkes sei einerseits um ber das was wir von der propheberlieferung
tischen
wissen,
Klarheit
zu
gewinnen,
andererseits
jedermann widerlegen zu knnen, der gegen uns in irgendeinem
Punkte unseres Glaubens polemisiert. Hat ja Gott uns fr alles
wessen wir in Dingen der Religion brauchen, durch seine Propheten
belehrt.
'
Ibid. p. 14.
Ibid. p. 21.
Ibid. p. 22.
ber
die
Minim
von Sepphoris
und Tiberias im
zweiten und dritten Jahrhundert.
Von
Unsere
A. Bchler, London.
Kenntnis des Lebens und Treibens der Juden Palstinas
im zweiten Jahrhundert
ist
noch immer keine ausreichende, wie es
bei der Eigenart unserer Quellen
kaum
Bestand des von R. Johanan
Jamnia vom Jahre 70 bis 135
Zakkai gegrndeten Lehrhauses
b.
anders zu erwarten
ist.
Der
in
im Talmud und Midras
wohl keine zusammenhngende Geschichte, aber doch betrchtliche
Bruchstcke eines Bildes vom religisen und wirtschaftlichen Leben
Die Verlegung des
in Juda whrend des genannten Zeitraumes.
Lehrhauses von Jamnia nach Galila und dessen Bestand von 136
bis ungefhr 400 in Usa, STar am, Sepphoris und Tiberias gewhren
erhielt fr uns
Leben verschiedener Volksschichten der galilischen
Juden, indem Halacha und Haggada das stndige und wechselnde
Handeln und Denken von Juden und NichtJuden in gelegentlichen
Bemerkungen beleuchten. In diesen Bruchstcken werden einigemal,
wie wohl bekannt, Minim (D"'i"', ]^0) vorgefhrt, teils religise Fragen
Einblicke in das
mit jdischen Lehrern errternd,
teils
als
von diesen
in ihren Bibel-
und Gesetzeserklrungen im Lehrhause widerlegt. Seit Grtz' grundlegender Arbeit, Gnostizismus und Judentum, sind die Minim wiederholt und eingehend behandelt worden, und es gibt kaum eine auf
sie bezgliche Talmud- oder Midrastelle, die den Forschern entgangen wre. Aber merkwrdigerweise ist in diesen Untersuchungen
die Frage nach Zeit und Ort als nebenschlich wenig beachtet
worden, und Nachrichten, die durch Entfernungen und Jahrhunderte
Mgen
getrennt sind, wurden als Zge eines Bildes verwendet.
auch Angriffe auf das Judentum sich durch Jahrhunderte wiederholt
haben, es ist von vornherein nicht wahrscheinlich, da sie gleiche
Zustnde widerspiegeln. Hier wird der Versuch gemacht werden,
FESTSCHRIFT COHEN
272
Stellen der
Agada
zu besprechen, die sich auf die
Minim des zweiten
Sepphoris und Tiberias beziehen. Die
Begrenzung, zeitlich und rtlich, ist einerseits durch den erhaltenen,
sicher datierbaren Stoff geraten, andererseits aus Rcksicht auf die
und
dritten Jahrhunderts in
damals vorhandenen griechischen und heidnischen Elemente in Galila
und auf das Christentum besonders wichtig.
Es werden aber hier nicht die ausgesprochenen Anhnger der
Lehre Jesu behandelt werden, wie Jacob aus K'far S'khanja, den
R. Eliezer b. Hyrkanos vor 135 in Sepphoris traf und von dem er
mro b^ 12"I, eine nicht als minisch erkennbare halachische Erklrung hrte.
In Sepphoris, das vielleicht der Mittelpunkt seiner Lehr-
oder im Bezirke dieser Stadt sollte er den Neffen des
R. Ismael, ben-Dama, heilen, wurde aber von R. Ismael daran verhinderte Auch sollen hier die in Tiberias und Sepphoris als Zauberer
ttigkeit war,
auftretenden Minima nicht weiter beachtet werden, und es sei nur
da einer derselben R. Eliezer b. Hyrkanos,
R. Josua b. yananja und R. Akiba im ffentlichen Bade von Tiberias
festbannt und den See teilt, von R. Josua aber selber unbeweglich
gemacht wird. ber ein Jahrhundert spter sieht R. Jannai in den
Straen von Sepphoris, wie ein von einem Min in die Luft geworfener
beilufig
erwhnt,
Kalb niederfllt; und ungefhr ein Jahrhundert spter sieht
R. yinena b. IJananja in nsi:i von Sepphoris einen von einem Min
in die Luft geworfenen Schdel gleichfalls als Kalb zurckfallen,
was sein Vater als Schwindel bezeichnet. Obwohl bekannt ist<, da
Stein als
Astrologie und Wahrsagerei bei den Ebionern heimisch waren, ist
es fraglich, ob die eben genannten Minim Christen waren und demselben Kreise in Sepphoris angehrten, wie der Wunderheiler Jacob
aus K'far S'khanja.
Auch
wird hier kein Versuch gemacht werden,
das noch immer rtselhafte Wort ]"" zu erklren. Denn einerseits
zeigt der Gebrauch desselben vor dem Jahre 135, da es hretische
Baraitha in 'Aboda zara 16 b, To. HuUin
Revue des Etudes Juives XXXVIII,
die Christen 21
^
I, 9.
In Gittin 6b, jer.
I, i,
43 c 10,
nher Sepphoris
als
Akko
Synh. VII, 13, 25
II, 22, jer.
To.
Scheidebrief vor R. Ismael, und R.
liche
I,
Ilai
r.
1,8,
Bacher
Jesus, die Hretiker
in
und
'Aboda zara II,2,4od
3 bringt ein
Mann
73,
Kohel.
r.
aus K'far Sasai einen
macht diesen aufmerksam, da der Ort
ist.
21 61. BERGMANN,
und gnostische Zauberer.
HiLGENFELD, Ketzergeschichte
StraCK,
Kohel.
ff.
'Aboda zara 27b, To. Hullin
3 jer.
1899, 42,
II 24,
434.
Apologetik
35,
nennt
sie christ-
BCHLER, BER DIE MINIM VON SEPPHORIS UND TIBERIAS USW.
2/3
Juden bezeichnete; und auch der Satz R. Johanans vor 279, da
Israel erst in Verbannung ging, als es zu 24 Gruppen von Minim
geworden war% setzt das Vorhandensein jdisch-hretischer Schulen
zur Zeit desselben Lehrers voraus.
Andererseits wird diese Untersuchung zeigen, da in Galila im zweiten und dritten Jahrhundert
Min in erster Reihe auerjdische Sektirer bezeichnet und auch
R. Johanan
anderen Stellen von solchen allein spricht; dagegen
kaum ein Satz zu finden ist, worin der Min mit einiger Wahrscheinlichkeit als Jude erwiesen werden knnte, so da der angefhrte
Ausspruch R. Johanans nicht weiter belegt werden kann^
in
Zwei bekannte, sehr lehrreiche Midrastellen in Koheleth rabba
bezeugen zunchst das Vorhandensein von Minim in Galila. Zu
I, 8 wird dort berichtet, da Hanina, der Neffe des R. Josua b. Hananja,
nach K'far Nahum ging und dort von Minim betrt wurde, am
Sabbat zu reiten. Ob der Bericht tendenzis und unwahr ist, oder
unsere Frage gleichgltig; er lehrt jedenfalls zwei Tatda im ersten Drittel des zweiten Jahrhunderts, als Hananja
nicht, ist fr
sachen
in Galila
lebte,
in
K'far
Nahum Minim
lebten und
da irgendein
Lehrer, hier Hananja, zu diesen Antinomisten in Beziehungen stand.
Das besttigt auch die Zusammenstellung des R. Issi aus Caesarea zu
7, 26 von Lehrern, die der Snde des nii" in die Hnde geraten
unter anderen PJananja, Neffe des R. Josua, der sich rettete,
whrend die Leute von K'far Nahum gefangen blieben. Dieser Ort
sind,
am
Westufer des Tiberiassees^ in Galila; und die Sekte der
Minim bestand hier noch nach mehr als hundert Jahren, da ein
lag
Schler R. Jonathans, wahrscheinlich des aus Sepphoris bekannten
Lehrers dieses Namens, zu ihnen floh, wie die angefhrten Stellen
erzhlen.
Diese nennen ferner R. Jehuda
der Minim gut beantwortete.
als
dem
R. yijja mit
hause
in
Sepphoris
Patriarchen verkehrte, gehrte er
um
mit standen Lehrer in
Da
Nakosa, der viele Fragen
er Schler des R. Jehuda I war%
b.
200
dem
Lehr-
wie etwas spter R. Jonathan. SoGalilas zwischen 100 und 250 in Beziehungen
an,
Synh. X, 290,57.
Er spricht in Synh. 38 b vom jdischen onipsK, mit dem man sich in keine
Errterung einlassen soll, da eine solche ihn zu noch grerer Hresie fhrt
5 Siehe S. Klein in ZDPV, 1912, 4ofif.
^
jer.
Baba kamma
Wo Hananja gelebt hat,
er
dem Lehrhause
R.
Gamaliel eine
81 b, bathra 71a.
nicht bekannt. Aber nichts spricht dafr, da
Jamnia angehrt hat. Da R. Jode der Galiler dem
Entscheidung Hananjas meldet (Nidda 24 b, s. Hyman,
ist
in
18
L-^
FESTSCHRIFT COHEN
274
Minim in K'far Nahum, welche am einfachsten daraus zu erklren
sind, da in Sepphoris selbst Minim lebten, die die Lehrer beeinfluten und sie auf K'far Nahum hinwiesen. Ob sie gnostische Juden
oder Christen, ob sie Juden- oder Heidenchristen waren, lt sich
Die charakteristischen
aus den kurzen Berichten nicht ersehen.
Einzelheiten der Schilderung von R. Jonathans Besuch bei den Minim
(Kohel r. i, 8 4) sind noch immer zu dunkel, um die Frage nach
ZU
der einen oder der andern Seite zu entscheiden'.
Als die Lehrer von Jamnia nach Galila wanderten, fanden
sie
und mehrere Stellen im Midras weisen auf solche in
Sepphoris hin. Zunchst sei R. Jose b. Halaftha genannt, der in
Sepphoris wohnte und mit einem Min die Auferstehung der Toten
errterte (Genes r. 14, 7, Midr. -^ 2, 9).
R. Josua b. Karha, dessen
Wohnort in Galila nirgends erwhnt wird, der aber hchstwahrscheinlich in Sepphoris lebte ^, warnte eindringlich vor den Minim
und vor Verkehr mit denselben, der auf Abwege fhrt \ Er knnte
hierbei an antinomistische Lehrer hnlich denen in K'far Nahum
gedacht haben, die in Sepphoris lehrten.
Ein Zeitgenosse des
Patriarchen R. Jehuda I, R. Simon b. Menaja, sagte"*: Trinke vom
Wasser deines Schpfers und nicht trbes Wasser, damit du nicht
den Worten der Minim folgest s. Was er mit trbem Wasser meinte,
hier Minim;
cxan nnbin 503 a) und R. Joe b. Halaftha als einziger in seinem Namen tradirt
(To. Pea III, 5), hat er in Galila gelebt.
Siehe M. Friedlnder, Der vorchristl. jd. Gnosticismus 71, der an
^
Ophiten denkt.
^ Er besuchte R. Johanan b. Nuri, der erst in Sepphoris und dann unweit
davon in li''3J: wohnte (jer. Kil'aj. IV, 29b 30; 'Erub. I, 19c 18; Sukka I, 52a 43;
b.'Erub. IIb) und der nach den Angaben des R. JoPoe (To. Ma^aser seni I, 13;
Baba bathra II, lO; Kelim 2, I, 5; 'Ahil. V, 8) seinen Vater R. Halaftha
in Sepphoris
besuchte (vgl. auch To. Kelim 3, 11,2; Sebi'ith IV, 13; Megilla II, 4).
R, Josua und R. Joe wird derselbe Satz zugeschrieben (To. Synh. XIV, 6), und
R. Jehuda der Patriarch suchte R. Josua b. Karha auf (Megilla 28 a; Midr. 'A 92, 15),
als er seinen Wohnsitz nach Sepphoris verlegte.
3 II. Rezension 'Abth R. Nathan III, 7a zu Prov.
5, 5: '3"i ,l3"n n'^Vj; pmn
wahrscheinlich
nx y\n b) n"':"'on ^sn ihn b\ff mK"? D"'nai .n^yn im sb n y nois nmp p jjB^in"
onnan n y\ ''3\s ^bm ^m^ "'S by i^x 'is nitaa ,nn^ -\n ,nn"'a'j>03 b^::in "jc on-'nm
DiTB^Vi bBDX sbl. In I. Rezension II, 7 a. b. anonym und mit einigen Varianten.
4 Sifre Deut 48, p. 84a zu Prov 5, 15: b^i ^xin b\v D-ttO nnt ,T>'i3 D" nnty
wy "nm nj; "i^ni nmaj? nrurn.
5 Vgl. dieselbe Gegenberstellung aus viel spterer Zeit in Kohel r. 2,1:
niv -iDna nou ,niy "'ima hdski min 'imn nojx naoaxi nsoix -in onas -an
.
min
"nan^.
BCHLER, BER DIE MINIM VON SEPPHORIS UND TIBERIAS USW.
2/5
nicht klar; vielleicht nichtjdische, philosophische Lehren, wie sie
ist
mehrere Lehrer in Jamnia mit groem Eifer sich aneigneten und sie
als Auslegungen von Genes i und Ezech i auch in Galila gepflegt
wurden und, wie der Fall Elisa b. 'Abujas zeigte, zu gefhrlichen
Irrlehren fhren konnten.
Nun
wissen wir, da R. Simon
b, Menaja
Fragen errterte (Bes 26*) und diesen
Patriarchen und dessen Shne als von Gott ausgezeichnet rhmte
('Abth VI, 9, jer. Synh. XI, 4, 30=^ 55); er gehrte sonach dem
Kreise des Patriarchen an, und zwar, da dieser schon erwachsene
Shne hatte, der Zeit des Lehrhauses in Sepphoris. Im selben
mit R. Jehuda
gesetzliche
Kreise finden wir R. Ismael
b.
R. Joe, des Sepphorensers, Fragen
von Minim beantworten', welche unten besprochen werden sollen.
Der Patriarch selbst hatte ebenfalls religise Fragen mit Minim zu
errtern (Hll. 87
In
bereiteten.
mehrere
die ihm,
*),
der
ersten
Sepphoris
wie wir sehen werden,
Hlfte
ansssige
des
viel
Verdru
dritten Jahrhunderts
Amorer Minim
hatten
bekmpfen.
R. Jannai und R. Jonathan saen einmal beisammen; da kam ein
Min und befragte sie ber den Widerspruch betreffs Rachels Grab
in Genes 35, 19 und I Sam 10, 2, und R. Jannai forderte R.Jonathan
in
zu
Frage zu beantworten ^ Hier, wie in mehreren anderen
Fllen, weisen Minim Widersprche in der Bibel nach, um zu zeigen,
da diese nicht gttlich sein knne. R. Jonathan sagt (Genes r. ^^
48, 6), da "Jin in der Bibel immer m:"'0 bedeute, am deutlichsten
die
auf,
in
Obwohl
in dieser Bibelstelle weder Juden-, noch
Heidenchristen, weder Ophiten, noch andere Gnostiker gemeint sein
knnen, sondern nur Juden, denen R. Jonathan einen Charakterzug
Jes
33, 14.
der Minim seiner Zeit und
noch
da
Umgebung
zuschrieb,
so folgt daraus
Minim R. Jonathans ausschlielich Juden waren.
Und ein anderer Satz desselben Lehrers und die Stze seines Freundes
R. Hanina aus Sepphoris werden es deudich machen, wo die Minim
in
nicht,
die
dieser Stadt hauptschlich zu suchen sind.
In Tiberias,
wo im
zweiten Jahrhundert mehrere Lehrer wohnten,
bezeugen nur wenige Nachrichten das Vorhandensein von Minim.
Zwar lebte dort der Apostat Elisa b. 'Abuja (jer. IJagiga 11 yj^);
Synh. 38b unten.
"
r.
14 legt
I, I,
stellt
ihm
ein
In Berakh. 50 b, jer.
Min
Ma aser
seni IV,
9,
55 b 58, Threni
Trume behufs Deutung vor und R. Ismael
Blutschande des Mannes fest. Goldfahn in
seine
aus denselben greuclhafte
XIX, 169 ff. hlt diesen fr einen Gnostiker.
Midr. Samuel XIV, 6 nsj nn, vgl. auch Samuel ibn
Grtz' Monatsschrift 1870,
*
m:
Genes
ed.
r.
82, 9; in
BuBER
p. 40.
18*
Gama
FESTSCHRIFT COHEN
276
Beobachtung, die seinen Glauben erschtterte, im
Tale Gennesar's machte, mu er seinen stndigen Wohnsitz am
In Tiberias lebte auch sein Schler
Tiberiassee gehabt haben.
und da
er
die
am
R. Meir, da er
Hamtha Vortrge hielt' und am
Nun lesen wir (Midr. ^ 104, 35
Tiberias ^
Freitagabend
in
Sabbat im Lehrhause in
5 27), da in seiner Nachbarschaft ein Min wohnte, der ihn mit Bibelversen so viel qulte, da R. Meir dessen Tod herbeiwnschte 3; und
auch andere seiner Gesprche sind, wie wir sehen werden, mit Minim
gefhrt worden, wie auch seine Frau Beruria einem Min ber Jes
54, I Rede zu stehen hatte (Berakh. I0)'^. Von 150 bis 250 scheint
Tiberias weder ein Lehrhaus gehabt, noch Lehrer beherbergt zu
denn nach langer Unterbrechung finden wir erst die drei
zeitgenssischen Lehrer R. Johanan, R. Simon b. Laki und R. Eleazar b. P'dath nachdrcklichst gegen Minim Stellung nehmen, was
dafr spricht, da es zwischen 250 und 279, dem Todesjahre
haben;
R. Johanans,
in
Tiberias
Minim gab,
die
fr
manchen
eine Gefahr
bildeten.
Was
Da
haben nun die Minim
R. yanina b. liama (um 220
Sepphoris und Tiberias gelehrt?
250) am hufigsten mit Minim ge-
in
nannt wird, ist es ratsam, erst seine Gesprche anzufhren. Ein
Min sagte R. Hanina (Peah. Sy^ unten): Wir sind besser als ihr,
i6d 45, Num r. 9, 20, Lev. r. 9, 9.
Vgl. Sifre zutta zu Num 19, g (ed. HOROVITZ 133)
II, 77b 24.
p ^\'ph "all TNO mi nnatsa ms2 nni 2v apv' p ii?'^ ""^n n\n nn dj?d tid
Dlf l^SCV yitt'; in jer. Berakh. I, 4b, 35, Midr. Sam XIX, 4 zeigt R. Jacob b. Idi
dem R. Johanan den Platz, wo R. Meir im Namen des R. Ismael Stze angefhrt
hat, offenbar in Tiberias, wo R. Johanan spter lebte und lehrte.
3 Die Parallelstelle in Berakh, 10 a hat statt Min "'iina in:n; aber es ist
nicht einzusehen, da gewaltttige Mnner ihn sollten gerade mit Versen ge^
jer.
Sota
'
jer.
Hagiga
I,
qult haben.
Erwhnt sei noch ein Satz aus der Schilderung der der messianischen
vorangehenden Zeit seitens R. Nehemias, eines Kollegen des R. Meir (Synh. 97a,
Cant. r. 2,13, 4, Sota 49a, Bacher, Agada der Tannaiten II, 236, 5): nsBnil
ni3"'0"? nisVn "ps, was Bacher bersetzt: das ganze Rmerreich wird dem Christentum zugefallen sein. Ist es aber denkbar, da ein Lehrer um die Mitte des
4
zweiten Jahrhunderts solches fr mglich gehalten hat? 150 Jahre spter sagte
der Amorer R. Jishak dasselbe; und sein Zeitgenosse R. 'Abba b. Kahana
BACHER, Pal. Amorer II, 481, 5) sagte: Wenn du
die Bnke der Lehrhuser mit Minim gefllt siehst, harre auf das Kommen des
Messias. Es scheint aber sachlich undenkbar, da R. 'Abba sollte gemeint haben,
Christen wrden die jdischen Lehrhuser fllen. Es klingt wahrscheinhcher,
wenn hresch angehauchte Jnger gemeint waren.
(Threni
r.
i,
13,
Cant.
r.
8, 9, 3,
BCHLER, BER DIE MINIM VON SEPPHORIS UND TIBERIAS USW.
2//
denn von euch erzhlt I Reg ii, i6, da Joab und ganz Israel sich
sechs Monate in Edom aufgehalten und alles Mnnliche in Edom
ausgerottet haben; ihr aber seid schon viele Jahrhunderte bei uns,
ohne da wir euch etwas zuleide getan htten. R. Ilanina entgegnete:
Willst du, da einer meiner Jnger dir antworte? R. Hoa'ja trat
hervor und sprach: Weil ihr nicht wisset, was ihr tun sollet; ihr
herrschet nicht ber alle Juden, um alle vernichten zu knnen, und
wenn ihr die unter euch wohnenden vernichtet, wrdet ihr ein verstmmeltes Reich genannt werden. Der Min antwortete: ^D1"n KSi!
Es ist
Damit sinken wir, damit steigen wir.
da der Min ein NichtJude, ein nationaler Rmer
mit
dem
nicht zweifelhaft,
ist,
der sein Volk
jdischen der biblischen Zeit vergleicht und aus der Bibel
Juden ein grausames Volk seien. Er mu die
Bibel genau gelesen haben und kann, wie z. B. die Matrone des
R. Joe b. yalaftha in Sepphoris^ ein bibellesender Heide gewesen
sein. Da er die Juden herabsetzt und seine Beweise fr die Gegenwart aus der biblischen Vergangenheit holt, scheint fr einen Christen
zu sprechen aber in der ersten Hlfte des dritten Jahrhunderts konnte
ein solcher noch nicht von seinem herrschenden Volke sprechen und
pat auch die Schwurformel nicht zu einem Christen. Warum der
Rmer als Min bezeichnet wurde, ist nicht ganz klar; wahrscheinHch
weil er das Judentum angriff und hierzu die Bibel heranzog.
In
Kethub. Ii2a, wo die groartige Fruchtbarkeit Palstinas geschildert
wird, sagt ein Min dem R. Hanina: Ihr rhmet euch eures Landes
mit Recht; mein Vater hinterlie mir ein S'ah Feld und es versieht
mich mit Ol, Wein, Getreide und Hlsenfrchten und auch mein
Vieh weidet darauf. Wieder spricht ein NichtJude, der unter Juden
in Palstina, genauer in Galila lebt, und entweder aus der Bibel
oder aus mndlichen uerungen der Lehrer das Lob des Landes
kennt.
Nicht das Mindeste weist auf einen Judenchristen hin, der
von Palstina anders gesprochen htte. Da hier kein Angriff, sondern die Anerkennung einer jdischen Behauptung vom Heiden
ausgeht, ist die Bezeichnung Min wahrscheinlich dem sonst geuerten
Zweifel des Heiden an der Richtigkeit der Schilderungen der Bibel
oder der Rabbinen zuzuschreiben, wie aus der folgenden Stelle zu
erkennen ist. In Gittin 57 % wo der Volksreichtum Palstinas in
zahlreichen Stdten als ungeheuer geschildert wird, sagt ein Min
dem R. Hanina: Ihr lgt, (wie der gegenwrtige Zustand des Landes
beweist,
da
die
Midrasch Tannaim ed.
Hoffmann
262.
FESTSCHRIFT COHEN
2/8
beweist).
R. Uanina erwiderte: Palstina wird das Land des Hirschen
("'iS
genannt; wie die Haut des Hirschen dessen Krper nicht
fat,
|*"1S)
so dehnt sich Palstina,
wenn
es
bewohnt
ist,
und schrumpft
zusammen, wenn es unbewohnt ist. Da die genannten Schilderungen
nur in den Lehrhusern und Synagogen vorgetragen wurden, mte
Min entweder einen Judenchristen bezeichnen, oder einen Juden,
der ber die agadischen Ausmalungen der Rabbinen spottet, wie ein
anderer Min ber R. Johanans Schilderung von Jerusalems knftigem
Glnze (Baba bathra 75^), der schlieUch berzeugt wird. Die freche
uerung spricht nicht gegen einen Juden, da galilische Gegner
der Rabbinen in ihren Worten nicht whlerisch waren und R. IJanina
selbst von Sepphorensern verhhnt wurde (jer. Ta'anith 11166^ 46
52).
Und doch klingt es nicht wahrscheinlich, da ein Jude so gesprochen
htte; nach den vorher angefhrten Bemerkungen von Minim war
es eher ein Heide, der die vielfach wiederholten Schilderungen auch
auerhalb der Synagoge gehrt haben konnte und der wegen seiner
scharfen Kritik als Min bezeichnet wurde.
Vllig verschiedenen Charakters ist die Kritik eines Min gegenber R. Hanina (Joma ^6^, S7^)'- J^^zt ist es klar, da ihr unrein seid
nach Threni 1,9. R. Hanina erwiderte: Lies, was in Lev 16, 16 steht:
Der mit ihnen in Mitten ihrer Unreinheit wohnt; auch wenn sie unrein
Kein Jude, und hate er die
sind, ruht Gottes Majestt unter ihnen.
Rabbinen noch so heftig, kann von der Verwerfung der Juden seitens
Gottes derart gesprochen haben. Auch ein gnostischer Jude knnte
im uersten Falle nur von der Verwerfung der jdischen Religion,
Es ist hier offenbar jemand
nicht aber des Volkes geredet haben.
gemeint, der gegen die beharrliche Behauptung der Juden auftritt,
da sie trotz aller Leiden von Gott als auserwhltes Volk geschtzt
seien: entweder ein Heide, der die Bibel las und darin die Besttigung seiner, auf die furchtbare Lage der Juden gegrndeten berzeugung von der Verwerfung ihres Volkes fand, oder ein Christ.
Aber ein Heide, der an die Auserwhlung Israels nicht geglaubt
oder auch keine Kenntnis von derselben gehabt hatte, kann kaum
so gesprochen haben, als ob er ein besonderes Interesse an dem Ergebnisse des Beweises gehabt htte. Nur ein Christ, der sich und die
Anhnger der Lehre Jesu an die Stelle des verworfenen Israel setzen
wollte und der aus der Bibel den Nachweis fr die gegenwrtige
Stellung der Juden fhrte, kann so gesprochen haben; wie Justin
Martyr die Juden seiner Zeit aus den Vorwrfen der alten Propheten
als Gtzendiener, Ruber und Mrder erweist. Die gleiche Behaup-
BCHLER, BER DIE MINIM VON SEPPHORIS UND TIBERIAS USW.
tung wird schon
um
die Mitte des zweiten Jahrhunderts
2/9
von R. Meir
ein von Gott
widerlegt ^ als ein rmischer Befehlshaber (pcn) Israel
verachtetes Volk nennt, das einem mit Schande und Spott aus
Hause gejagten Sklaven gleiche und von Gott verstoen
sei;
dem
er hat
euch unter uns exiliert, solltet ihr nicht unsere Lebensweise annehmen? R. Meir antwortete: Wir gleichen einem Sohne, den sein
Vater wegen schlechter Lebensfhrung verstoen hat; aber wir
bleiben Kinder Gottes und er ist bereit, uns wieder aufzunehmen.
R. Meir lebte in Tiberias, wo der rmische Statthalter oder ein
hherer Beamter mit ihm Unterredungen gepflogen hat^ Als Rmer
ist dieser, wie andere vor ihm, der Ansicht, da ein besiegtes, unter
den Siegern lebendes Volk seine nationale Lebensweise aufzugeben
und
die des
Herrn anzunehmen habe.
herbeigefhrte
Lage
ist
seinen
in
Israels jetzige,
Augen
von den Rmern
ein untrgliches Zeichen
Da die
und der Verwerfung Israels.
Religion der Juden dem Rmer nur eine der uerungen ihres nationalen Daseins ist, hat das Gesprch fr ihn keinen religisen Anstrich, und R. Meirs Antwort folgt nur dem angezogenen GleichNur der Schlu
nisse mit einem seiner Hoffnung entsprechenden.
des Berichtes, wonach der Hegemon erklrt: ihr seid wahr und
des
Zornes
euere Lehre
seines
ist
Gottes
wahr", scheint,
zuweisen, der die gedrckte
falls
echt, auf einen Proselyten hin-
Lage der Juden
bespricht; aber seine
Grnde unterscheiden sich nur wenig von denen des Min 3. R. Meir
befate sich auch sonst mit der Behauptung der Verwerfung Israels .
In Sifre Deut 32, 5 308 sagte er: Die Israeliten werden Gotteskinder genannt, auch wenn sie voll Gebrechen, wenn sie verderbt
und tricht sind. Auch wenn Gott die Israeliten verwirft, weil sie
ihn erzrnen, nennt er sie seine Shne und seine Tchter (Sifre
Buber, Sammlung agad. Kommentare zu
Esther 81, Bacher, Tannaiten II, 35, Bergmann, Jdische Apologetik 136.
^ R. Meirs Bemerkung,
da Gott die Juden in ihr Land fhren werde,
JELLINEK,
mon nn
1,21,
scheint frs Ausland zu sprechen; doch hat er das ganze, ber das rmische
Reich versprengte Volk im Auge.
b. Halaftha die Frage,
der Erstgeborene war)
(sonach
warum Esau als erster aus
(Genes r. 63, 8); sie wollte offenbar beweisen, da die Juden kein Recht htten,
sich als bevorzugt anzusehen (Bergmann, Jd. Apologetik I37ff.)- Sie unterscheidet sich vom Hegemon nur durch ihre Kenntnis der Bibel, aus der sie ihren
3
In Sepphoris richtete eine
dem
Malrone an R. Joe
Mutterleibe
kam
Beweis gegen die Juden nimmt; R. Joc antwortet ihr daher mit Bibelversen,
deren es genug gegen Esau gibt. Nichts spricht dafr, da sie eine Christin war.
+ Bacher, Agada der Tannaiten II, 26 ff.
FESTSCHRIFT COHEN
280
Deut
32,
Ihr seid Kinder
19 320).
dem Ewigen, euerem
Gotte
96), ihr seid auf jeden Fall Kinder Gottes. Die
wiederholte Betonung desselben Gedankens seitens desselben Lehrers
(Sifre
Deut
14,
da nach der furchtbaren Katastrophe unter barKochba die Verwerfung Israels fter betont wurde. Ob blo von
den Vertretern der rmischen Macht in Tiberias oder auch sonst,
besagt deutlich,
ist
erst zu ermitteln.
Merkwrdigerweise findet sich die gleiche Behauptung von der
Verwerfung Israels schon im ersten Jahrhundert. Ein Philosoph*
sprach zu R. Gamahel: Ihr sagt, euer Gott wende sich euch zu und
werde euch von unter den Vlkern sammeln sind nun euere Propheten
Sie gehen mit ihren
wahr oder falsch? Sie sagen (Hosea 5, 6)
Schafen und ihren Rindern Gott suchen und finden ihn nicht, er
hat sich von ihnen getrennt. Da er sich von euch getrennt hat,
wie sollte er zu euch zurckkehren? R. Gamaliel zeigt ihm aus Deut
25, 9, da ybT\ nicht die Bedeutung der Trennung habe, und der
;
Philosoph
stimmt
der
Erklrung
zu.
Dieser,
wie
der
Min des
R. IJanina, hat die Bibel gelesen und einen Beweis fr die Verwerfung Israels gefunden, weil ein solcher ihm willkommen war; er
ist
kein Jude, da er von eueren Propheten" spricht.
R. Gamaliel
antwortet ihm mit einer Bibelstelle, und da derselbe sich befriedigt erklrt, scheint er die Widerlegung verstanden zu haben, was bei
einem Heiden nicht ohne weiteres anzunehmen ist. Da R. Gamaliel II auch in Sabb. ii6a. b. mit Christen verkehrt, wre es auch
Ein Min deutete dem
hier mgUch, an einen solchen zu denken.
R. Josua b. Hananja mit stummer Gebrde im Palaste des Kaisers
an, da Gott von den Juden sein Antlitz abgewendet habe, und
R. Josua antwortete ebenso, da Gottes Hand sie schtze (Hagiga 5 '').
Dieses kann sich ganz gut in Palstina zugetragen haben, als Kaiser
Hadrian sich in Juda aufhielt, und Heidenchristen mgen schon
damals solche Beweise gefhrt haben; oder beide Parteien standen
vor einem Hegemon, der sie aus politischen Grnden vorgeladen
hatte*.
Derselben
Auseinandersetzung
gehrt
die
beleidigende
Min gegenber R. Josua ('Erub. loi^) an: Du Dorngestrpp! Denn von euch ist geschrieben (Micha 7, 4): ihr Bester
ist wie Dorngestrpp. R. Josua erwiderte: Lies den Vers zu Ende:
uerung
eines
Midr. ha-Gadol zu Lev 26,9 (Bacher,
V' 10 Ende,
ist
der Sprecher als Min eingefhrt.
ersten
Stelle
der
Tannaiten I, 82,6); an
* JOEL, Blicke in die Religionsgeschichte I, 35.
*
Jebam. 102b, Midr.
BCHLER, BER DIE MINIM VON SEPPHORIS UND TIBERIAS USW.
28 1
Gehege; das besagt, dalj auch der erste Teil
Nur
im gnstigen Sinne von Israel verstanden werden mu.
jemand, der in der Bibel nach herabsetzenden uerungen ber
Israel suchte, kann auf den angefhrten Vers gestoen sein; wohl
kaum ein Heide. Einen solchen wrde R. Josua nicht mit der Auslegung des Verses widerlegt haben. Am besten passen die Worte
Und auch
in den Mund eines Heidenchristen, wie Justin Martyr.
die Frage eines Min an Beruria, die Frau des R. Meir (Berakh. lo*)
Er sagte: es steht gescheint einem Heidenchristen zu gehren.
schrieben (Jes 54, i): Juble, Unfruchtbare, die nicht geboren hat;
soll sie jubeln, weil sie nicht geboren hat? Beruria antwortete: Lies
den Vers zu Ende: denn zahlreicher sind die Shne der Verdeten
Was heit nun
als die Shne der Geehelichten, spricht der Ewige.
der erste Teil? Juble, Gemeinde Israels, die einem unfruchtbaren
Weibe gleicht, insofern sie keine Kinder fr die Hlle geboren hat,
wie ihr. Was der Min mit seiner Frage gemeint hat, ist nicht gesagt, aber aus der verletzenden Auslegung Berurias ersichtlich. Er
der Redliche
ist
ein
verhhnte die Juden
als ein
unfruchtbares Volk, das ber seine Un-
Tat sagt Justin Martyr (Apologie
die Verdeten in diesem Verse seien die Heiden, die jetzt
I, 53),
die einst den Juden und Samaritanern von Gott gegebene Lehre
in grerer Zahl angenommen haben, als die Christen aus den Juden,
und das habe Jes 54, i prophezeit \ Sonach htte in Juda vor
135 R. Gamaliel und R. Josua solche Fragen von Heidenchristen
zu beantworten gehabt, in Tiberias zwischen 136 und 160 R. Meir
und seine Frau', in Sepphoris vielleicht R. IJanina b. Hama zwischen
220 und 250. Es mge gleich hier hinzugefgt werden, da die
Angreifer als Grund der Verwerfung Israels die Anbetung des goldenen Kalbes anfhren, allerdings erst zwischen 280 und 320^.
2. Der Kollege und Freund des R. Hanina im Lehrhause von
fruchtbarkeit jubeln
6;
Vgl.
In der
soll.
noch die Parallele
in
Cant.
r. i, 5, 3,
und BACHER,
Pal.
Amorer
III, 83,
Bergmann,
Jd. Apologetik 137.
R. Meir hat sicherlich Christen gekannt, da er
nach Rasi bei RabbinoSchule in Sabb. ii6a unten das Evangelium ]r!?J p genannt
hat; siehe BACHER in Revue des Etudes Juives XXXVIII, 1899, sgff.
3 R. Jishak in Cant. r. 1,6 iTn n noiK nnoixi h^v^b D'iio n^ipn nioiKW "Sib
Dnn3, R. Levi in PefJiktha 77b, Lev r. 27,8, Tanh. B. IIO 1$; ber Sifre zutta
ed. KNIGSBERGER, Anfang s. Bacher, Pal. Amorer II, 329, 4: 1 'l^ri pb nj;
.b^yh nb-'na na"? yv nnoiKi ^3j?n nwj?DS innnx yiy^ \nv "i" by moiKn bs nj:
'
wicz oder seine
Siehe auch
Bergmann
141,
und Marmorstein, Religionsg. Studien
I,
2off.
FESTSCHRIFT COHEN
282
Sepphoris,
Nahum
R. Jonathan,
floh,
ist
in
der
dessen Schler zu den Minim nach K'far
Agada
mit einigen, sehr bemerkenswerten
Nahman
im
Namen des R. Jonathan (Genes r. 8, 8): Als Moses die Thora
schrieb und die Schpfung jedes Tages niederschrieb und zum Verse
(Genes i, 26) gelangte: Gott sprach: Wir wollen einen Menschen
machen in unserem Ebenbilde, nach unserer hnlichkeit, sprach
Moses: Herr der Welt, warum gibst du den Minim Anla zu reden?
ber
Stzen
Minim
vertreten.
R. Samuel
Gott antwortete: Schreibe, und wer irren
die Schpfung des Menschen mit
riet
b.
will,
mag
irren.
sagte
Gott be-
Hier
den Dienstengeln.
Minim die Grundidee des jdischen Glaubens,
den Monotheismus, in Frage gestellt und den Plural in den drei
unterstrichenen Worten des Bibelverses als Beweis fr eine Mehrheit
Ein jngerer Zeitgenosse des
von Gottheiten angefhrt haben.
R. Jonathan, R. Simlai, der in Nahardea in Babylonien geboren
erfahren wir, da die
Juda ansssig war, aber auch R, Jannai in Sepphoris
bediente (Baba bathra in') und an R. Jonathan dort agadische
Fragen richtete (jer, Peah. V, 32^ 73, b. 62'') und auch in Tiberias
lehrte (Peik. r. XXIII, 115 b), gab auf die Frage der Minim, ob
mehrere Gottheiten (DTl'?) die Welt erschaffen und was die Mehrzahl in ntyyi in Genes i, 26 bedeute, ob etwa eine Mehrheit von
und
in
Lydda
Schpfern
dem
er
in
(jer.
Berakh. IX, 12 d
auf das
58), eine
folgende Zeitwort
""*"!
befriedigende Antwort, in-
und das Suffix
in
10^32
Wer
waren diese Minim? Judenchristen, die, wie die Juden,
an nur einen Gott glaubten, knnen solche Fragen nicht gestellt
haben; sondern entweder Gnostiker, die den Schpfer der Welt vom
hinwies.
hchsten Gotte unterschieden,
oder Heidenchristen, die Jesus
als
Auer der bereits angefhrten Frage haben die
Minim den R. Simlai noch ber die Mehrheit der Gottesnamen befragt, nmlich die drei in Josua 22, 22 und Psalm 50, i, so da an
Nun
trinittsglubige Christen zu denken wre (Genes r. 8, g)\
fhrt Justin Martyr (Dialogus c. Tryphone 62) als Auslegung der
jdischen Lehrer von ntryi an, Gott habe entweder zu sich selbst
gesprochen oder zu den Elementen, der Erde und den anderen,
aus denen wir den Menschen gebildet glauben; und seine eigene
Meinung ist, Gott habe zu jemand gesprochen, der von ihm numeGott verehrten.
Jd. Apologetik 8388, der diesen Punkt zuletzt behandelt
hat, meint, da die Polemik der Lehrer gegen die Annahme zweier Gtter oder
einer Mehrheit in Gott dem Christentum und zugleich dem Gnostizismus galt.
^
Bergmann,
BCHLER, BER DIE MINIM VON SEPPHORIS UND TIBERIAS USW.
risch verschieden
und
ebenfalls ein intelligentes
Wesen
283
Denn
Meinung
war."
mchte nicht sagen, da die
einer Gruppe unter euch (uns) richtig sei, oder da deren Lehrer
beweisen knnten, Gott habe zu den Engeln gesprochen oder da
die menschliche Form das Werk von Engeln sei'". Somit ward die
von R.Jonathan gegebene Erklrung von ntT^i schon hundert Jahre
vor ihm von den Rabbinen gelehrt ^ und die von ihm bekmpfte
von
so fhrt er
dem
Justin,
richtige
fort,
ich
Und wenn auch
vorgetragen.
Angabe vorhanden
Justins
des Plurals
des Heidenchristentums,
Vertreter
in ntJ>J?i
ist,
keine
als
ltere
die
einzig
Parallele
zu
so lt sich die rabbinische Erklrung
aus der von
"liO
in
Genes
3,
22
als
schon
um
100 vorhanden erweisen. Denn wie Justin diese Stelle als Beweis
fr die Rcksprache Gottes mit irgend jemand ber den ersten
Menschen anfhrt, so hat ein Lehrer Pappos gegenber R. Akiba
den Plural in UOO auf die Engel bezogen 3. Und es ist beachtenswert, da Simon Magus in den pseudo-clementinischen Homilien
oder mehrere
(16, II) Petrus entgegenhlt, da die Bibel selbst zwei
Gottheiten zugebe, da es heit: Gott sprach: Wir wollen einen
Menschen machen nach unserem Ebenbilde, nach unserer hnlichkeit; Gott sprach: der Mensch ist wie einer von uns geworden.
das Schpferwort: wir wollen
machen, hat Gott zur Weisheit gesprochen; in Wahrheit gibt es nur
Einen Schpfer, da es heit: Gott schuf, und nicht: schufen die
Petrus verteidigt die Einheit Gottes:
da Min in unseren Stellen Judenchristen
nicht bedeuten knne, sondern entweder einen Gnostiker, wie der
Magier Simon, oder einen Heidenchristen, wie Justin der Mrtyrer.
Gtter.
'
Hieraus wird
klar,
Siehe auch Altercatio Simonis II, 8, BERGMANN 87.
In Synh. 38 b sagt Rabh: Als Gott den Menschen erschaffen wollte, schuf
er eine Abteilung von Dienstengeln
Mensch
und
fragte
sie,
in unsereni Ebenbilde erschaffen werde";
ob sie wollten, da ein
da sie Bedenken uerten,
verbrannte er sie und ebenso andere Abteilungen, die er erschaffen hat. Diese
Dichtung beruht auf der Voraussetzung, da ntJ'J?! auf Gott und die Engel sich
bezieht. Rabh, der in Sepphoris der Schule des Patriarchen R. Jehuda I angehrt
hatte, mag diese Erklrung dort gehrt haben, da auch R. Hanina, der demselben
Genes r. 8, 4 sagt: Als Gott den Menschen erschaffen
wollte, beriet er sich mit den Dienstengeln und sprach zu ihnen-, wir wollen eben
Menschen machen. R. Josua b. Levi, der Freund R. Haninas, dagegen erklrte,
Gott habe sich mit Himmel und Erde beraten (Genes r. 8, 3 wo 'lb n3 zu lesen
berein.
ist, Bacher, Pal. Amorer I, 184, i). R. Johanan stimmt mit den ersteren
Lehrhause angehrte,
Genes
D15B y^-i
r.
Tpy
21, 5,
""ai "
in
Cant.
lox
Mekhiltha zu Exod 14, 18, p. 33 a: D1SB
.mcn '':"poo nnss lioa nnxs n^n mn ]n.
r. i, 9,
'31
vn
FESTSCHRIFT COHEN
284
Das Hineintragen mehrerer Gottheiten in das Bibelwort seitens
der Minim findet sich in Sepphoris schon um das Jahr 200. Ein
Min sprach zu R. Ismael b. R. Joe (Synh. 38b unten): Es heit
(Genes 19, 24): Der Ewige He auf Sodom und aufAmora Schwefel
und Feuer vom Ewigen vom Himmel regnen; htte es nicht heien
mssen: von ihm?
Es
antworten.
'Ada und
Silla,
Da
sprach ein Walker: Lasse
heit (Genes 4, 23):
Lemekh sprach
ihn, ich will
ihm
zu seinen Frauen:
hret meine Stimme, Frauen Lemekhs, merket auf
meine Rede; es htte heien mssen: meine Frauen; aber es ist
bibhsche Redeweise, ebenso hier. Als R. Ismael den Walker fragte,
woher er diese Erklrung habe, sprach er: aus dem Vortrage des
Deutung der
schwierigen Worte keinen Schlu gezogen hat, unterliegt es keinem
Zweifel, da er einen der wiederholten Gottesnamen auf einen zweiten
Gott bezog; und wir haben auch hier entweder einen Gnostiker oder
einen Heidenchristen zu sehen. So zieht auch Justin denselben Vers
an (Dialogus 56), um zu beweisen, da der Gott, der Abraham,
Jakob und Moses erschien, verschieden sei vom Schpfer des Alls;
und einer der Tryphon begleitenden Juden gibt hierauf sogar zu,
da einer der beiden Engel, die nach Sodom gegangen sind, von
Moses der Ewige genannt wird und verschieden vom Ewigen sei,
der Abraham erschienen \sV. Denn nicht nur Philo und die HeidenR. Meir habe ich
Wiewohl der Min aus
sie.
seiner
haben an den Logos geglaubt, sondern auch Juden, die,
wie der eben genannte Jude, die Beziehung des einen Gottesnamens
auf den Logos zugegeben und nur die Gleichsetzung des Logos
mit Jesus abgelehnt haben. So berichtet auch Origenes % da kein
christen
mit denen er wissenschaftlichen Umgang
gepflogen, habe zugeben wollen, da Logos und Sohn Gottes identisch seien; und er fgt hinzu, da der Jude des Celsus den Logos
Damit ist auch gesagt, da der
als rein und heilig anerkannt hat.
einziger der vielen Juden,
24 einen zweiten Gott ableiten wollte, kein
gnostischer Jude gewesen sein kann, da auch ein solcher nicht zwei
Gottheiten zugegeben htte. Justin, der sich die Logoslehre angeeignet,
der aus Genes
Min,
19,
Logos mit dem Johannesevangelium Jesus zu
setzen, zeigt in seinen biblischen Beweisen hiefr, da der Min nur
ein logosglubiger Heidenchrist gewesen sein kann.
um
an die
Stelle des
Wie R.
Meir, der in Tiberias lehrte, sich aber
Siehe M. Friedlnder, Patristische
Contra Celsum
II,
FRIEDLNDER
u.
a. a.
auch
talm. Studien 107.
O.
82.
in
Sepphoris
BCHLER, BER DIE MINIM VON SEPPHORIS UND TIBERIAS USW.
285
haben mu' und dort vom angefhrten
Walker ber Genes 19, 24 gehrt wurde, diese Stelle erklrte, haben
wir eben gesehen er mag hiezu durch Deutungen der Minim veranZeit
einige
aufgehalten
lat
worden
sein.
Nun
finden wir dieselbe Schwierigkeit des Bibel-
textes von den Lehrern auf verschiedene Weise erklrt ^ R. Jishak
stimmt genau mit R. Meir und bezieht beide Gottesnamen im Verse
auf Gott selbst;
R. Eleazar
ebenso
P'dath,
b.
der nur hinzufgt,
da der erste Gottesnam.e mit 1 Gott mit den Engeln bezeichne. Dagegen erklrt R. Jehuda b. R. Simon, der um 300 dem Lehrhause
in Lydda angehrte, den ersten Gottesnamen als den Engel Gabriel,
was sehr khn und auffallend ist, aber auf lteren Auslegungen beDiese befaten sich mit den drei zu Abraham gesandten
ruht.
Eneeln, denen Tannaiten die Namen Michael, Gabriel und Raphael
gaben 3; und es wird errtert, wozu drei und nicht weniger Engel
geschickt wurden und welche einzige Aufgabe jeder zu vollfhren
Im Ergebnis der Meinungsverschiedenheit wird erklrt, da
hatte.
Gabriel
Sodom
zerstrte 4, d. h.
""M
von R. Jehuda
wird, wie
b.
Simon,
auf den Engel Gabriel bezogen. Nicht blo die schwierige Wiederholung des Gottesnamens, sondern auch die Deutung der Gnostiker
und Heidenchristen auf einen zweiten Gott oder Jesus mgen die
Rabbinen gezwungen haben, Gott im ersten Falle auf Gabriel zu
beziehen.
Es
Hiefr lag noch eine andere Veranlassung vor.
eben erwhnt, vorausgesetzt, da
alle drei
wie
wird,
Mnner, die zu Abraham
R. Joe b. Halaftha rhmt ihn gegenber den Sepphorensern als groen,
heiligen und sittHchen Mann (jer. Berakh. II, 7, 5 b 56, Genes r. 100, 7); als R. Meir
^
Sabbath Trauernde begrite, fragten die Leute von Sepphoris, ob
Siehe auch
ein so vielgerhmter Mann einen solchen Fehler begehen sollte.
das Genizafragment in Jew. Quart. Review XIV, 489, wo R. Meir der Vorgnger des R. Joe in Sepphoris als 'Ab-beth-din gewesen zu sein scheint.
einmal
am
Genes
r.
51,2: 'M po^D
N'n "1 -ij Dtpo
"73
iiv"? "21
piDB3 D-oys 'n
loir
T:ie
nn piDB2 Q'j>E
3 Baraitha
"TiB?
10U'
"-a-i
iDK
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in min''
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ntfn "'pno in -'sh^n ^2^
e^npn
nt
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T3T0 n"2pn n^on ni
ni
ono
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n'?n
b)!
^2->
Ton
nos .im
n-'ai
nnx,
ysONl nnn Tina ps^no vn rtwbv "an
in Joma 37a,
.i'?i2i3 ]t3pi la^D^a "jnj
j?si2X2 VxD'o nmnx !?sx iNntr mcn 'dk'jo na^b^a ^y-i pi
stand
l'?0tt'2 "PXBII ll'Ca "jN'iai als die drei Dienstengel zu Abraham kamen,
Derekh
'eres III
der Mitte, Gabriel zu seiner Rechten und Raphael zu seiner Linken.
Genes r. 50,2, Babamesi'a 86b ^ic? Vi nin"''? ^n nirij? nn "l'70 1" 3n
Michael
in
bxn2i ,p'7nDi'i in-ncn ic "pn:' V .D"'Dbn
ei"? n ^sn"? Vbii ono n iisn"? nbn:.
ib'
nnoi ni .nn
nin"'"? ptyiv d'3':d
FESTSCHRIFT COHEN
286
kamen, Engel waren; ebenso
der
Mitte
der
in
stehende,
in
der Baraitha des R. HijjaS
wo
als
angesehenste Engel Michael genannt
und vom Amorer R. Joe b. Zimra^ der in Sepphoris lebte
wie vor ihm der eben genannte R. Hijja, und welcher betont, da
Gott und drei Engel Abraham erschienen. Nun findet sich eine
ltere Meinungsverschiedenheit ber die Gottesnamen in Genes i8
und 19, die auf die Frage betreffs der Engel einiges Licht wirft.
Eine Baraitha in Sebu'oth 35 b lautet: Dnnnxn mirQ D^OSn mctf bj
wird,
n^miN riDiDn
^in
!?in
tDi^n
]n "inny s^io
sin
n min^ nn "iont xn ^r ]od) ti'mp it *]
nnin matr "jd (.iitn im3 ]03 nrDjr ^i n'^npno nnv
i n^T\ ^ns i ^n nn^"? '^)b "io^i nDN'iir' trmp Ninty nro
^n:i n-i
inn trnpn
Ansicht sieht
nt
""i"Ifc<
nrnn^i
in
Genes
in^n
n-^an"?
^d
ty^ii'
Gottesnamen
18, 3 nicht als
Die erste
1^:73.
'lii
an,
sondern
an einen der Engel gerichtet, wie die Baraitha des R. Hijja; I5ananja dagegen meint, auch "'i'IS sei Gottesnamen und Abraham
habe damit Gott angeredet. Wie dieser Lehrer den ganzen Zusammenhang erklrte, ist aus Rabhs und R. Eleazars ergnzenden
Bemerkungen ersichtlich 3, die meinen, Abraham habe Gott gebeten
zu warten, bis er die
vor
verse
dem
Ob
Wanderer empfangen habe.
Jahre 135 blo
diese Kontro-
exegetischer Natur war,
oder von
Deutungen der Minim veranlat wurde, wissen wir nicht. Aber
schon Justin fhrt als die Ansicht des Juden Tryphon an (Dialogus
56), da Gott und drei Engel Abraham^ erschienen, zwei derselben
gesandt waren, Sodom zu zerstren, und einer, Sarah die frohe Botschaft zu bringen und sich nach Erledigung seines Auftrages zu entfernen. Justin dagegen nahm an, da einer der drei Engel Gott war,
aber nicht der hchste Gott, der nicht auf Erden wandelt, sondern
Jesus. Er fhrt hiefr noch das Versprechen in Genes 18, 10 zusammengehalten mit Genen 21, 12 als Beweis an, woraus folgen soll, da Gott
'
Genesr.48, iobx3''nfioN]niB'bn:ibx"'^n"'a-i"'3n
,'T'r5>3 ^n
tiksd X3 dn 'ans nax^i.
rmb^\ "js
X1D? nn "dv "ai nca irj?"? "n-n pv "an
Seine Beziehungen zum Patriarchen
Dia"? n'"!"' nb Xtaib bi"? ib nnaisi yby U^biy
R. Jehuda I und die Tatsache, da R. Eleazar b. P'dath den greren Teil
seiner Aussprche tradiert, wie den des Sepphorensers R. Hanina, beweisen, da
^^
Genes
r.
44, 11
D-'ax'po
er in Sepphoris gelebt hat
(Bacher,
Pal.
Amorer
Sabb. 127a, Sebu'oth 35b: "is n^apn
nii Kimiy"? 'Si nos ."iJi -iinyn : bn yyy^
3
^bvs siaxB'nj? ]non
l-j-'ya ]n
Tsso
"jini"?
im"?
b\^''
a"'n"ni<
I,
116,
in Tix^f xi
pirp ]'k nTn'.:'a
sj n.s "ans los^i aTia .T'apna iV"!.
i).
noarn n!?nj 21-10 min""
ma
,mi
mix
^anx inx^i n^nan r\y^u
"iB^a
mo n"3pn mo3
sbt?
BCHLER, BER DIE MINIM VON SEPPHORIS UND TIBERIAS USW.
287
Engel das Versprechen berbracht habe. Tryphon
beachtet diesen Beleg nicht weiter, gibt aber schlielich doch zu,
da einer der Engel Gott war.^ Um solchen Erklrungen und anRabbinen
geblich jdischen Zugestndnissen zu begegnen, muten die
und ihre Ausdie Aufgaben der einzelnen Engel genau umschreiben
legung auch in Genes 19 folgerichtig durchfhren. Diese Absicht
und nicht
ein
auch aus R. Haninas Bemerkung zu Exod 3, 2 (Exod r. 2, 5),
^^
als
da der Engel, der Moses im Dornbusch erschien und neben
Michael
n^n"? bezeichnet wird (3, 4), Gabriel, nach R. Johanan
Die Schwierigkeit der wechselnden Gottesnamen veranlagte
war.^
erhellt
Aber auch Justin (Dialogus 59) behandelt diese
Seht ihr
Stelle und sagt den Juden, Tryphon und seinen Genossen:
und der zu
nicht, da der Gott, von dem Moses als Engel spricht
ihm in der Feuerflamme redet und Moses erklrt, da er der Gott
solche Erklrungen.
Abrahams, Isaaks und Jakobs
ein
Tryphon entgegnet, da
anderer Gott, Jesus war?3
sondern
nicht der Weltschpfer,
ist,
die Steile
nur besage, da ein Engel in der Feuerflamme erschien, aber Gott
Wirklichkeit
selbst mit Moses eine Unterredung hatte, so da in
sich
zwei Wesen beisammen waren, ein Engel und Gott selbst, die
Tryphon gibt schon hundert Jahre
in der Erscheinung ofienbarten.
von diesen vorgetragene ErEs war die allklrung; neu sind blo die Namen des Engels.
gemein angenommene Erklrung, die in Galila in den Lehrhusern
vor R. Hanina
und R. Johanan
die
gegeben wurde; und der Zeitgenosse
R. Meir,
Justins,
mag
sie in
Tiberias ebenso vorgetragen haben, wie R. Joe in Sepphoris+,
sie auch erst im Namen R. Haninas angefhrt wird.+
1
Siehe
JOSEPHUS,
Goldfahn
Antiquit.
I,
II,
in
Grtz' Monatsschrift
2 verweist,
wo
XXII,
sich die drei
1873,
112,
wenn
der auf
Mnner, die sich essend
nachher als Engel zu erkennen gaben.
2 R. Johanan fgt noch hbzu:
Wenn man JofJe den Langen sah, wute
man, da Rabbi dort war; ebenso wo Michael erschien, erschien auch Gottes
gestellt hatten,
Herrlichkeit.
Homilien i6, 14 sagt Petrus dem Simon
Magus: Auch wir wissen, da die Bibel Engel Gtter nennt, z. B. den, der im
Dornbusche sprach und der mit Jacob rang; und dieselbe Bezeichnung ist ebenso
auf den als Immanuel geborenen angewendet, der mchtiger Gott genannt wird.
Er bezog sonach cn"? in Exod 3, 4 auf den Engel (Vers 2), noch nicht auf Jesus.
4 Ein Heide fragte R. Josua b. Karha,
den Kollegen des R. Meir und
3
In den pseudo-clementinischen
R. Joe,
warum Gott im Dornbusch
erschien (Exod
wie JUSTIN (Diaeinem so kleinen Teile der
r.
2, 5);
logus 60) erklrte, der Weltschpfer knne nicht in
Erde erschienen sein; der Heide mag ein Christ gewesen sein.
5 Dieselbe Antwort, wie zu Genes 19,24, wre auch zu Exod 24,
IDK TiV ^N1
FESTSCHRIFT COHEN
288
wurden aus der Bibel noch andere Beweise fr
zwei Gottheiten angefhrt. Ein Min sprach zu Rabbi (HuUin 87a):
Der Gott, der die Berge erschuf, schuf nicht den Wind, da es heit
(Arnos 4, 13): denn siehe, der Bildner der Berge und der Schpfer
des Windes. Rabbi entgegnete: Narr, lies den Vers zu Ende: der
Ewige der Heerscharen ist sein Name. Der Min erbat sich drei
Tage Zeit, eine Widerlegung zu finden, und Rabbi fastete drei Tage.
Als er den Segen zum Anbeien sprechen wollte, meldete man ihm,
da ein Min Einla begehre; da sprach Rabbi: Sie geben mir als
Labung Gift usw. (Psalm 69, 22). Ein Min trat ein und sprach: Rabbi,
ich bringe dir eine frohe Botschaft: dein Gegner fand keine Antwort und strzte sich deshalb vom Dache und starb. Rabbi lud ihn
zu Tische und frug ihn nach der Mahlzeit, ob er den Becher des
Segens trinken oder vierzig Goldstcke haben wolle? Der Min whlte
den Becher. R. Jishak sagte: Jene Familie besteht noch unter den
Groen des Landes und heit FamiHe des bar-Levianus.' Man beachte,
da der zweite Besucher weder Heide, noch Heidenchrist sein kann,
da ihn Rabbi zum Sprechen des Tischgebetes auffordert und derRabbi mu aus dem Tone, in dem der
selbe es auch annimmt.
Mann die Freudenbotschaft berbrachte, gesehen haben, da derEr hatte mit dem Min nichts gemein und wute
selbe ein Jude war.
wahrscheinlich nur als Nachbar, was dem Min widerfahren war.^
In Sepphoris
'
b nbj? zu erwarten gewesen, da nmlich Michael Moses sagte, zu Gott hinaufzugehen. Statt dessen finden wir in Synh. 38 b unten, da R. Idi, ein Amorer
des vierten Jahrhunderts, auf die Frage eines Min antwortete: 1Dt?t5> pitSBD nt
ditD, es bezieht sich auf Metatron, dessen Name derselbe wie
mp3 "'0 ''3 a^nsn
^^
(Ob das fehlende Subjekt oder der vorhandene Gottesname Metatron
ist, ist nicht sicher. Nach Rasi sprach Metatron; nach Nahmani zu Exod 23, 21
sprach Gott zu Moses, dieser solle zu Metatron hinaufgehen; vgl. auch BaCHER,
Pal. Amorer III, 708.) Da er einen Engel nennt, wre am ehesten an Michael
Gottes
ist.
zu denken, mit
bersetzt.
wie EUsa
ihm
dem
in
der Tat
Targum
jer.
Justin versteht in Exod
'Abuja in Hagiga 15a,
zu
Exod
23, 20. 21 unter
b.
als er
24,
das fehlende Subjekt
dem Engel Jesus (Dialogus
Metatron im Himmel
75),
sitzen sieht, in
eine zweite Gottheit erblickt.
^
In Synh. 39 a fragt ein
Min den R. Gamaliel
dieselbe Frage, aber dieser
gibt eine andere Antwort.
^
lich,
eine
R. Jishaks
Angabe von dem Fortbestand der Familie
bezieht sich natr-
wie Rasi bemerkt, auf den guten und nicht den bsen Mann, und es
vornehme jdische Familie gemeint;
Was GOLDFAHN
in
Grtz' Monatsschrift
auf Miverstndnis, R. Jishak lebte
vornehme Juden.
in
vgl.
mein
XIX,
Political
and
ist
social leaders 34.
1870, 175 hierber sagt, beruht
Tiberias und dachte nur an galilische
BUCHLER, BER DIE MINIM VON SAPPHORIS UND TIBERIAS USW.
Es
289
vom Judentum
des zweiten Besuchers keinerlei Schlu
auf den jdischen Ursprung des Min gestattet, und es liegt auch
nicht der mindeste Beweis dafr vor, da der Min ein Judenchrist
ist
daher
Im
war.
Gegenteil, die Tatsache allein, da er zwei Gottheiten bei
Schpfung nachweisen will, zeigt berzeugend, da er kein
Judenchrist war, sondern entweder ein Gnostiker oder ein Heidenchrist.
Das Fasten Rabbis und die lange Bedenkzeit des Min lassen
die Beharrlichkeit und Lstigkeit der Argumente des Min ahnen;
sie erinnern an den Wort- und Versschwall und die Blasphemien
Justins des Mrtyrers, die der Jude Tryphon sehr schwer empfand*.
Es mu solche Minim in allen Stdten gegeben haben denn in Sifre
Deut 32, 21 ^ 320 p. 137 b wird der Satz: durch ein trichtes Volk
will ich sie krnken", auf Minim gedeutet, wie es in Psalm 14, i heit:
der Tor spricht in seinem Herzen: es gibt keinen Gott.^ Sie leugnen
Gott, indem sie zwei Gottheiten an seine Stelle setzen und auerdem Lohn und Strafe leugnen.
Eine anonyme Baraitha in Sifre Deut 329 zu 32, 39 wendet
sich gleichfalls gegen die Annahme zweier Mchte.3
Erst werden
die Leugner jeder Gottheit im Himmel widerlegt durch den Hinweis
der
Siehe auch Berakh. 7a: ein Min, der
Levi wohnte, plagte diesen mit Versen.
*
in
der Nachbarschaft des R. Josua
b.
nach der Lesart des Jalkut Mekhiri zu Psalm 14, i heit
es: 101 ntv"7x <2i .nana nnmnai np nv n
-idk 2*1 na ]3n an nox dd^j^s ^3: vi3
yyTi " im Namen R. Eleazars, was eine Baraitha ist
In einer Baraitha
Berakh. 12 b lesen wir (vgl. Rabbinovicz): idi in ]3i mi-D it 0233^ '"inx '3n
n\n'? r n^2 bli -ion, in der Parallelstelle in Sifre Num 115.- DSaa"? nn '-iinn K^i
*
In Jebam. 63 b
"\i^
D\n^K3 nV"
"jbni,
mit Hinweis auf Psalm
von
If.U
wo das Wandeln nach dem Herzen
bez.
i,
14,
aus Caesarea, die Frau
Kohel
7,
26,
als Irrlehre
als nU"' erklrt
wird
wo, wie im Midr. Kohel zur Stelle
gedeutet wird.
Rasi zu Berakh. 12b
Verdrehung des Sinnes der Thora zu irrigen Auslegungen und
Gtzendienst, was nur auf Gnostizismus und Heidenchristentum pat. Das Herz
scheint den bsen Trieb zu bedeuten, der zur Annahme von Irrlehren fhrt, wie
Berakh. IX, 5, Sifre Deut 6, 5 32 erklrt: j?l "iv^ni Z'WH ns"'3 123^ "733 ynb " n n3nKl
Gott mit ganzem Herzen, d. h. mit beiden Trieben, dem guten und dem bsen
zu lieben; und Genes, r. 48, 11 R. 'Aha DSsb invoi in Genes. 18, 5 erklrt npoi
D':x'?03 tihvff yin -is-' y mos xnn 023*? nym xb
i3 3T13 ]\s 0333^ da Engel
nur den guten Trieb haben.
3 nviE'i "Ti -iDixn
.D'OB'3 nin yH d-'-idi!? n3iB'n nx? .in "JN "'JK "3 nnj? ikt
h n'nb k"?! rwnnb h ^13'' y xdi ik .>no)> n^nbn y^ )b onoisi mix y^'v d^o3
erklrt diese als
-ax n"ix3S
" i^Kui "jx-iw
DM'jx y nj?b30l ]nnN
-[bo
"3X1
^^
nox n3 noixi
,n''nxi n"'x '-ax noi"?
nw'?n
y^nb
yvn^, siehe den etwas verschiedenen Wortlaut
MANNs Midrasch Tannaim
p. 202.
19
x^i
in
p-in"?
HOFF-
FESTSCHRIFT COHEN
290
auf: ich, ich bin es;
dann durch
die Fortsetzung des Verses: es gibt
keinen Gott neben mir, die Anhnger der Lehre von zwei Mchten
im Himmel. Als dritte werden die widerlegt, die wohl an einen Gott
da er weder tten, noch beleben, weder
Schlechtes noch Gutes tun knne, durch den Schlu: ich tte und
belebe, und Jes 44, 6. Die Widerlegung durch Bibelstellen scheint
aber
glauben,
sagen,
dafr zu sprechen, da hier jdische oder judenchristliche Gnostiker
und Atheisten bekmpft werden. Aber es ist nicht zu vergessen,
da
gehren, keinerlei
Gnostiker,
die
welchem Kreise sie auch anEindruck machen: ebensowenig auf Heiden oder
auf Gottesleugner,
Bibelstze
so da hieraus keinerlei
die Bibel nicht anerkennen,
oder andere Sekte gezogen werden drfen.
Der Urheber der Auslegung lehrte in der Synagoge oder im Lehrhause und wollte seine Zuhrer dem verderblichen Einflsse der
Schlsse auf die eine
Hretiker entziehen,
hatte
aber offenbar Atheisten und Gnostiker
Die letzteren sind auch in Misna Synh. IV 5 gemeint:^ Gott hat bei der Schpfung nur Einen Menschen erschaffen,
damit die Minim nicht sagen, da es im Himmel mehrere Mchte
gebe; und der erste Mensch wurde erst am Freitag erschaffen, damit
die Minim nicht sagen, Gott habe bei der Schpfung einen Mit-
im Auge.
allein
arbeiter
gehabt.
Damit
wonach Gott
ist
(Dialogus 62)
zunchst Justin
zu
ver-
den heiligen Geist, Gottes Herrlichkeit,
Sohn, Weisheit, Gottesengel, Herr und Logos und Obersten des
Heeres Gottes, Jesus erschuf, mit dem er sich bei der Schpfung
Da Justin sich den Logos angeeignet hat, so ist es mgberiet.
lich, da die Rabbinen entweder die Logoslehre oder den DemiKeinesfalls dachten die Lehrer
urgen der Gnostiker bekmpfen.
der Misna im zweiten Jahrhundert noch an den Sohn Gottes; denn
ihr Kampf gegen diesen gehrt einer viel spteren Zeit, zwischen 280
gleichen,
erst
und 350, an.^
Zwei Gottheiten wurden, wie bereits oben (S. 284) erwhnt, aus
der Mehrzahlsform des Gottesnamens DNl^N und aus zwei oder
mehreren, nebeneinanderstehenden Gottesnamen herausgelesen. Hiefr ist die teilweise bereits behandelte Reihe von Fragen nochmals
anzufhren, die die Minim an R. Simlai gerichtet haben (jer. Berakh.
"Tn"' mx ni23; Baraitha
b
Synh. 38a, To. VIII, 7 nann annix a^i^nn m^ bu ,nD "iDi si '-'w an ]3i"i i3n
" HM ^m nnoi n^i'on m^ i6& ,no "jeji r\2:s snya "laa ons
o^nwa nn"
n^xia nwjj2 in "ji-ia w^pnb.
^
Ctra nviwn
T\':i'\n
oneiix
D''i"'on
'
Siehe die Stellen bei
BERGMANN,
Jd. Apologetik 81
ff.
BCHLER, BER DIE MINIM VON SAPPHORIS UND TIBERIAS USW.
29 1
IX I, I2d 58): Wieviele Gottheiten (Deut r. 2, 13 nVItJ'-)) haben die
Welt erschaffen? Er erwiderte: Fraget ihr mich, fraget den ersten
Menschen in Deut 4, 32: vom Tage, als Gott den Menschen erschaffen
hat
wo
auf Erden,
Gottesnamen
in
t<13
in
Was
der Einzahl steht.
Josua 22, 22 VIV
in
^^
n\n^ ^
"^
bedeuten die
n^^bN ^? Er
verweist auf die Einzelzahl des Prdikats yiV, die eine Mehrheit im
Subjekte
ausschlieft.
Psalm
in
"Ip"""!
Was
Was
bedeuten
die
Namen
Er hebt wieder
50, l?
bedeutet in D^ti^np Tihi^
"IJIT
die Einzahl
"'"'
^nbi< bi<
der Verba
Josua 24, 19? Er verweist auf in und auf KIH "lip b^ in der Fortsetzung des Verses.
Was bedeutet D^nnp D\n^S in Deut 4, 7 ? Die Fortsetzung liNlp b:)2
V^S* mit dem Suffix der Einzahl vb widerlegt jede Mideutung auf
hervor.
eine Mehrzahl
der Gottheiten.
Von
in
diesen Stellen finde ich
allen
keine bei Justin, so da sie wahrscheinlich in der ersten Hlfte des
zweiten Jahrhunderts noch nicht als Beweise fr eine Mehrheit von
Gottheiten angezogen wurden, wie
Doch
sind.
hat,
sie
wie bereits erwhnt
auch
als
solche ganz haltlos
(S. 283),
Simon Magus, der
dem
Petrus einige dieser
Vertreter einer frhen gnostischen Hresie,
Stellen als
Beweis dafr vorgehalten, da die Bibel
selbst zwei
oder
mehrere Gottheiten zugebe; so auer Genes i, i noch Psalm 50, i
(Pseudo-clement. Homilien 16, 5. 6). Somit hat vor den Christen der
zweiten Hlfte des dritten Jahrhunderts der samaritanische Gnostiker
des ersten Jahrhunderts, Simon, die Bibel auf die gnostische Mehrheit
von Gottheiten mideutet. Der Zeitgenosse des R. Simlai. R. Johanan in Tiberias, sagt ebenfalls (Synh. 38 b), da die Thora selbst
solchen Mideutungen begegnet, und fhrt an fr D"T ^l den
Singular in Genes i, 27, fr m"li n::n in Genes ii, 7 ITT in 11, 5, fr
n^n'p.sn ih:^^ Genes 35, 7 >mN r^l)V^ ^J^"? in 35, 3, fr D^nnp D\n'?N in
Deut 4, 7 die Fortsetzung vb> li^lp b^2, fr nns'? n\n^N ID^H in
II
Sam
7,
23 das folgende
l'?
nns'?.
Wir erfahren
hieraus gleichzeitig,
da diese und hnliche Stellen von Minim in Sepphoris und Tiberias
als Beweise fr mehrere Gottheiten in der Bibel verwendet wurden;
und wir wissen nun, da diese Minim keine Judenchristen, sondern
entweder Gnostiker oder Heidenchristen waren.
Zum
gefhrte
Schlsse dieser Skizze
Sifrestelle
sei
hingewiesen,
noch einmal auf
wo
die (S, 289ff.) an-
Ansicht widerlegt wird,
weder Gutes, noch Bses
die
da Gott weder tten, noch beleben,
tun knne. Diese Irrlehre wird einmal im Namen der Minim angefhrt
in
einem sehr lehrreichen Ausspruche des R. Simon
b. Lakis,
der in
Tiberias
vor 279 an der
Seite
des
19*
R. Johanan
FESTSCHRIFT COHEN
292
Die Minim sagen, da Gott die Toten nicht belebt, die Reuigen
nicht aufnimmt, die Unfruchtbaren nicht bedenkt, und aus dem Feuer
nicht rettet; aber Elijah, Knig Manasse*, Pianna, Hananja, Miael und
Azarja bezeugen das Gegenteil. Wer sind diese Minim? Da es sich
wirkte.*
um
Behauptung handelt, da die Wiederbelebung der
Toten nicht in der Thora stehe (Synh. X, i), sondern um die vllige
Leugnung der Auferstehung der Toten, so kann kein Christ gemeint
sein, da die Auferstehung Jesu die Grundlage des Glaubens an ihn
Es ist nur von Sadduzern und Samaritanern bekannt, da
bildete.
sie die Auferstehung nicht anerkannten; aber die Polemik der Tannaiten und Amorer ist nicht gegen diese, sondern gegen Minim
So versuchten R. Gamaliel II und R. Josu b. I^ananja
gerichtet.
(Synh. 90 b ff.) die Minim durch Bibelstellen von der Lehre von der
Auferstehung zu berzeugen, aber nur Deut 4, 4 machte auf sie einen
R. Meir in Tiberias beweist dem Hegemon, der beEindruck.-'
hauptete, Israel sei von Gott verworfen worden (oben S. 279), auch
In Sepphoris sucht R. Joe b. yalaftha einem
die Auferstehung.
Min, der seinen Hinweis auf ein Wiedersehen in der kommenden
hier nicht
die
Welt zweifelnd aufnimmt, durch die Wiederherstellung gebrochenen
Glases dieselbe Lehre zu beweisen (Genes r. 14, 7, Mid. V' 2, 9). Und
auch die Schule des R. Ismael, die sich in Galila befand, bediente
sich desselben Beweises (Synh. 91
In Sepphoris lehrte R. Simai
a).
da es keinen Abschnitt in der Bibel gebe,
worin die Auferstehung der Toten nicht angedeutet wre; nur htten
Deut
(Sifre
32, 2 306),
wir die Fhigkeit nicht, alle die Stellen zu deuten (vgl. R. Simai in
Synh. 90b).
Den Trgern
griechischer Bildung
mag
der Glaube an
die Auferstehung des Leibes unbegreiflich erschienen sein; aber mit
diesen befate sich die Polemik der Rabbinen
Tanhuma
Amorer
I,
Wi
B.
30,
372,4): ^n-no n^HD
Tanhuma
NU *]nn
Xltri
tff'\'i\>n
nicht.-
Da
28 (Parallelen bei
y'^
-[b ntss"'
R. Simon
Bacher,
Pal.
D-'yon dn v^pb ^"\ iok
non nx n^nnty ^"'J>o wb nn T\b na
naitsTin im "n^apw n^jjo nin nn Br\b ii D^nc bapD T\"2pT\ yav
"b "'in
D^BN nn napV nn nnpj; npia n":ipn y^ n^ron "]? no"' dk ,-t?"i nyo nnsx .ntr:o
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"in
vfn
'?"'So
n"3pn yi<
i"?
ik"'
min\
Es ist beachtenswert, da R. Johanan (Synh. 103a) sagte: Wer dem Knig
Manasse den Anteil an der knftigen Welt abspricht, entmutigt die Reuigen.
3 Bacher, Tannaiten I, 82.
Siehe BERGMANN, Jd. Apologetik 121 ff; dagegen JUSTIN, Dialogus 80,
'
'
Friedl..nder, Vorchristi, jd. Gnosticismus uff.
19.
BCHLER, BER DIE MINIM VON SAPPHORIS UND TIBERIAS USW.
293
den Minim auch die Lehre anfhrt, da Gott die
Reuigen nicht aufnehme', welche als gnostisch bekannt ist, drften
auch die Leugner der Auferstehung derselben Schule angehren.
Marcions Abweisung derselben mag in Tiberias und Sepphoris Vertreter gefunden haben; und diese Gnostiker sind es, die von R. Simon
von
b.
Lakis
b,
Lakis und R. Johanan widerlegt werden.
==
berblicken wir die hier besprochenen, auf die Minim bezg-
da die Minim im zweiten und dritten
Jahrhundert in Sepphoris und Tiberias das Judentum als von Gott
verworfen darstellten, eine Mehrheit von Gottheiten lehrten und sie
aus der Bibel erwiesen, Gott gegen Bue gleichgltig beschrieben
lichen Stellen, so finden wir,
die Auferstehung
und
unter
Min
leugneten.
Judenchrist
ein
zu
In keiner dieser Nachrichten
verstehen,
in
keiner
ein
ist
deutlicher
Hinweis auf das Christentum zu finden oder eine Anspielung auf
In den meisten Fllen handelt es sich um bibellesende HeiJesus.
den, die gegen das Judentum und seine wesentlichen Lehren Stellung
wenigen Stellen, mit denIn keinem der angefhrten
Stze ist ein jdischer Gnostiker festzustellen. Die meisten Parallelen
zu den Erklrungen und Behauptungen der Minim liefert der Heidenchrist Justin der Mrtyrer, der vieles den Vertretern der Logoslehre
nehmen, antinomistische Gnostiker, oder,
selben bereinstimmende Heidenchristen.
in
und Ausgestaltung des Christentums
verwendet hat. Einige Parallelen Uefert der Magier Simon in seiner
Lehre von der Mehrheit von Gottheiten in der Bibel.-^
entlehnt und es fr die Darstellung
Damit
Abrede
Reihe von Talmudstellen Min
soll nicht in
gestellt
sich
werden, da in einer ganzen
auf Juden mit hretischen An-
sichten bezieht; aber alle diese Nachrichten betreffen
Meinungen und
Zustnde vor dem Jahre 135 und zwar injuda.
befat sich die
'
(Exod
So
Exod r. 13,3 sagt: Ich habe sein Herz schwer gemacht"
den Minim Anla zur Annahme, da Gott die Reue Pharaos
da sagte ihm R. Simon b. Lakis: Mge der Mund der Minim
R, Johanan in
10, i)
gibt
gar nicht wollte;
geschlossen werden, denn Gott geht mit Sndern nach deren eigenem Gebahren
(Prov 3, 34).
* R. Johanan beweist die Auferstehung aus
Jas. 52, 8 (Synh. 91b); siehe
um
Bacher,
Pal.
.\morer
GOLDFAHN
I,
337,
2.
XIX, 1870, 164 meint, da unter Minim
Christen in der weiten Bedeutung des Wortes gemeint seien, Judenchristen,
Gnostiker wie Marcion und Heidenchristen. Aber seine Bemerkungen ber die
einzelnen Stellen aus dem 2. und 3. Jahrhundert haben spezifisch Christliches
5
in Grtz'
nicht erweisen knnen.
Monatsschrift
FESTSCHRIFT COHEN
294
einem Juden, wie
schon Rasi aus den letzten zwei Bestimmungen mit Recht erschlossen
hat; der jdische Min wird einem Heiden gleichgeachtet: das Tier,
das er schlachtet, ist Gtzenopfer, sein Brot und sein Wein sind
Baraitha
oft errterte
zum Gensse
in Hll,
13 a* sicherlich mit
Bcher sind wie Zauberbcher, seine
Bodenertrgnisse sind unverzehntet; nach einigen sind seine Kinder
DnTlOO.
Die hier erwhnten Bcher, Thoras, werden auch in einer
Baraitha in Gittin45b erwhnt ^ wo sie ausdrcklich als eine Thora
von einem Min geschrieben bezeichnet werden. Meines Wissens beverboten,
seine
handelt kein Lehrer der nachhadrianischen Zeit in Palstina solche
Bcher oder ThoraroUen; dagegen errtern Lehrer der vorhadria-
was mit solchen Bchern aus Rcksicht auf
ihnen enthaltenen Gottesnamen geschehen solle (Sabb. ii6a,
nischen Zeit in Juda,
die in
XVI
15
Baraitha
in
jer.
To. XIII
c,
5,
Ros haSana
Sifre
17
a',
Num
wo
16)
3.
Derselben Zeit gehrt die
auer Minim noch Angeber und
Epicorsim genannt sind, die die Thora und die Auferstehung leugnen.
Ihre Zeit lt sich aus der Parallele in Synh. X i bestimmen, wo
Minim wohl nicht ausdrcklich genannt, aber gengend gekennzeichnet
sind: Die folgenden haben keinen Anteil an der kommenden Welt:
wer da sagt, da die Auferstehung nicht in der Thora steht, da die
Thora nicht von Gott kam, und der Epicuros; R. Akiba sagt: auch
wer drauenstehende Bcher liest und wer eine Wunde durch geDer Zusatz des R. Akiba zeigt, da
flsterten Spruch heilen will".
der erste Teil aus der Zeit ^or_l3S stammt. Diese Minim haben
Abfassung einer besonderen Benediction veranlat,
weil sie innerhalb der jdischen Gemeinden und in den Lehrhusern
hretische Ansichten hegten und wahrscheinlich auch verbreiteten.
Dagegen standen die Minim, mit denen diese Untersuchung sich
R. Gamaliel
wegung
ppi
.
des galilischen Judentums. Die gefhrliche BeJuda unter dem Einflsse des zerstrenden Gnostizis-
auerhalb
befat,
zur
II
in
ioan
3-\ 'in
.l"
"nsa *iidoi
nir"!
nayi
i"j>j?
Yh^Dt
"iDi
^NiwM
nsi isnD
^'o
]3n3ts'
tiit?"'
^d
ninti
lanst? nnin isd lyopi
yban mir
pn: an nos
xam nni
ibd "antrso
'ni3i.
Siehe BACHER, Revue des Etudes Juives XXXVIII, 42, Agada der Tannaiten I, 259, TolJ. Jadaj. II, 13, JOEL, Blicke I, 72.
4 i3mo WT'Bwi D'-nDn n^nna nsswi mina nsst n^D"np^Bn"i m-nDoni i^ran bz
D^mn n ix'Bnm ini?i n^n y'^'2. nn^nn unawi lus, Joel,
Dan"':'? ^"'mv
3
Blicke
I,
30
ff.
33.
BCHLER, BER DIE MINIM VON SAPPHORIS UND TIBERIAS USW.
mus wurde durch den
Patriarchen
29$
und das Lehrhaus amtlich und
von einzelnen Lehrern privat bekmpft. Die, wie es scheint, nicht so
ernsten Angriffe auf das Judentum und dessen Religion in Galila
wurde ganz der Verteidigung der einzelnen Lehrer in Tiberias und
Sepphoris berlassen.' Als eine Einzelheit aus dem inneren Leben
der Juden in Galila im zweiten und dritten Jahrhundert gewhrt
dieser
Kampf
einen nicht uninteressanten Einblick in die Auffassung
der Lehrer von der Stellung Israels zu Gott und von Gott selbst.
Es sei hier noch auf eine fter behandelte Ebzelheit wegen der zeitlichen
Bestimmung nochmals hingewiesen. In Berakh. 12a lesen wir: 10 min" 21 "lOS
t\n b^m
"nn "2n "ca 'in .yyn noipn "as Di'^tsa na^ty n"? p nnp"? iwpn ^'bnja
yyr\ na-.pn "^so Di'^ton "last? xb p nnp"? itrps ^^nia "loix ini, Samuel sagte: Man
wollte den Dekalog auch auerhalb Jerusalems in das Morgengebet einfgen,
aber unterliefj es wegen bler Nachrede seitens der Minim; in einer Baraitha
'
berichtet dasselbe R. Nathan.
In jer. Berakh.
I, 8,
3 c 31 lautet der Parallelbericht
Dv boi nnann mcj? ^mp in-'W n\n y-12 i^dk pn^nn lani na 'pkid' 'sm nants
"yna nvb i"? una pa"? i*? nnis u"' b yyw n:j?t3 jso pix ^nip ]'k n. Es ist auffallend, da SanieTTein babylonischer Lehrer vor 254, und R. Nathan, ein babylonischer Lehrer der ersten Hlfte des 2. Jahrhunderts, der nach Galila kam
und sich dem Lehrhause in Usa anschlof5, sollen als einzige ber eine aufJerjerusalemische, palstinische Institution berichten; beide haben es offenbar in
"joi
den babylonischen Schulen berichtet. Wann diese Abnderung erfolgte, ist nicht
ersichtUch. Joel, Blicke I, 36, denkt ohne weiteres an die Schule in Jamnia vor
verweist auf
135, wofr kein Beweis vorliegt. Bergmann, Jd. Apologetik 65,
bezeichnet
Demiurgen
des
Werk
den Valentinianer Ptolemus, der das Gesetz als
mit Ausnahme des Dekalogs, der das reine Gesetz Gottes ist (siehe auch BOUSSET,
Hauptprobleme der Gnosis lio, HilgenfELD, Ketzergeschichte
hat schon Marcion dieselbe Unterscheidung gemacht.
346).
Vielleicht
Kleinigkeiten.
Von
In
D. SiMONSEN.
Ehren
einer Festschrift zu
eines Meisters wie
Herman Cohen
im Grunde nur Arbeiten erscheinen, die in jeder Beziehung
Vollgewicht halten. berzeugt da die anderen Beitrge zu diesem
Werke den groen Ansprchen entsprechen, darf ich vielleicht kleineres bieten.
Die Umstnde verhindern mich das zu leisten, was
sollten
ich
gern wollte,
Denker auch mit dem vorlieb
mein bescheidenes Ehrengeschenk dar-
so wird der groe
nehmen, was ich heute
als
bringen kann.
Herman Cohen
hat klar und
eindrcklich
Reinheit
die
der
Gottesverkndigung und der Sittenlehre der Propheten Israels ge-
Doch whrend
Kiew ein
Proze vorbereitet, der nicht zustande gekommen wre, wenn nicht
noch immer unter den Unwissenden der Wahnglaube erhalten wrde,
schildert.
ich
dieses
schreibe,
wird
in
da die Juden fr religise Gebruche Menschenblut ntig htten.
Die wahnsinnige Beschuldigung, der wir z. B. im Namen Apions bei
Josephus begegnen, hat bekanntlich auch die Christen getroffen, und so
auch die zweite Beschuldigung Apions, die Josephus zu widerlegen hat,
da die Juden einen Eselskopf anbeten.' Whrend die Blutbeschuldigung etwas allgemein Barbarisches und dadurch auf ihrem Gebiete
gewissermaen etwas Verstndliches ist, ist es schwieriger zu fassen
wie man dazu gekommen ist, gerade den vollkommen bilderfreien
jdischen Kultus
S. Th. Reinach
isme Paris 1895. Index
^
"
189S.
dem
mit
S. II i)
ist
nicht
in
Textes d'auteurs Grecs
s. v.
Richard Wijnsch
Verhhnung der
Eselskopfe
Ane und Meurtre
Verbindung zu bringen.*
et
Romains
(Sethianische Verfluchungstafeln aus
,,
au Juda-
Rom.
Leipzig
da das sogenannte Spottkruzifix wirklich zur
nach dem eben
Eselsverehrung" der Christen durchaus mglich ist".
sicher,
christlichen Glaubenslehre gezeichnet sei, ,,da
Gesagten eine tatschliche
relatifs
rituel.
FESTSCHRIFT COHEN
298
Gesehen hat man nun, da es damit zusammenhngt, da die Alten
den dem gyptischen Seth und dem mit diesem identifizierten
Typ hon geheiligten Esel vor Auge gehabt haben und weiter SethTyphon mit einem kanaanischen Baal v^ermengt haben \ Es scheint
mir aber doch noch dasjenige zu fehlen, was speziell den Eselskult
mit dem bei den Juden verehrten Gotte (ich spreche hier ja unter
den Voraussetzungen jenes Zeitalters) in Verbindung bringen konnte.
Nun lese ich aber in Erman, Die gyptische Religion (2. Auflage
1909, S. 249 f.), folgendes ber Zauberei durch Anrufung von TyphonSeth, Wer einen Feind lhmen will, der nimmt einen Eselskopf
und spricht also Ich rufe dich an
Typhon-Seth
Ich rufe
deinen wahren Namen an ... Jo-erbeth Jo-pakerbeth
usw." Dazu
bemerkt Erman: gyptisch ist unter anderem das Jo, denn Jo
bedeutet den Esel, unter dessen Bild man sich den schrecklichen
Seth dachte und dessen Kopf der Magier ja auch vor sich hat".
Nun scheint mir alles klar. Apion hat J o einerseits als das gyptische
Wort fr Esel gefat, andererseits als einen der bekannten Kurzformen, in denen der hebrische Name Gottes vorkommt.
Ein
sprachliches Miverstndnis lge dann dem theologischen Unsinne
.
zugrunde.
Da
Miverstndnisse bei Ungelehrten und bel-
sprachliche
wollenden Schlimmes zeitigen knnen,
ist
selbstverstndlich.
Auch
knnen sie aber falsche Beurteilungen hervorrufen.
In einer groen dnischen Kirchengeschichte (Fr. Nielsen
IP 1898, 414) heit es, da man (etwa um das Jahr 1000) die Juden
fr treulos und unzuverlssig" hielt. Zitiert wird dabei das Charfreitagsbei redlichen Gelehrten
Oremus
gebet:
et
pro perfidis judaeis.
Der
gelehrte und parteilose
Verfasser hat bersehen, da perfidus" nicht die Bedeutung hat, wie
unser perfid". Man hlt die Juden fr treulos", was das Gottesbekenntniss
betrifft,
also
dogmatisch, wogegen
sie
den
Menschen
gegenber, rein moralisch, zuverlssig" genug sein konnten.^'
man nach und nach dem
Unglubigen"
alle
Da
schlechte Eigenschaften
und perfid" dann so schlimm wird, da z. B. MLLER
von Itzehoe und GOETHE erklren es gar nicht deutsch bersetzen
zuschreibt,
S.
WNSCH
1.
c. S.
89 ber
Vermengung des gyptischen Seth mit dem
kanaanischen Baal.
*
Nielsen verweist
Die Juden
ganz genau
in
ist;
u. a.
auf den bekannten schnen Aufsatz Dllingers
Europa", Akademische V^ortrge I, S. 216, wo auch nicht alles
doch sagt DLLINGER S. 237 ausdrcklich, daC> die Vertrags-
treue" der Juden nicht angetastet wurde.
SIMONSEN, KLEINIGKEITEN
ZU knnen,'
Schlielich
nur spteres.
ist
schaft ber Religionsha
und
siegt
299
sogar Vlkerfeind-
perfid" wird zur Bezeichnung Albions"
besonders gestempelt.
meinen Glaubensgenossen durch
Miverstndnis etwas beigelegt, was ihnen nicht zukam, so hat
Hat nun
ein
einer meiner Landsleute
ein Gelehrter
andererseits
ersten
Ranges mir einen Landsmann be-
den ich in dieser philosophischen Gesellschaft reklamieren
mchte. Steinschneider spricht in seinen Hebrischen bersetzungen
des Mittelalters I, 211 von einem bersetzer oder Verfasser philosoraubt,
phischer
falsch
Schriften
bersetzt;
namens BOETHIUS aus Dalmatien.
der
betreffende
Boethius ex provincia Daciae.
Boethius
heit
Dies
ist
Er hat
de Dacia
oder
aber nicht das alte Dacien
oder Dalmatien, sondern entweder einfach Dnemark oder die Kirchenprovinz Dacia, zu der damals (13. Jahrhundert) Dnemark gehrte.
Fr die Forscher der mittelalterlichen Philosophie sind hier brigens
noch Fragen zu lsen ber
Boethius,^ welcher
Bo,
dem
resp.
Name
die verschiedenen dnischen gelehrten
nur eine Latinisierung von
altnordischen
Bui
dem
dnischen
ist.
Um
wieder zu jdischen Sachen zurckzukommen, knnte ich
auch ein anderes Namenmiverstndnis STEINSCHNEIDERS nennen.
In dem oben genannten Werke i, 305 Anm. 283, will er O. H. ScHORR
Dieser hat
berichtigen.
in
He-Chaluz
V/erke Isak Albalags mitgeteilt,
steller
des
13.
in
7,
dem
167 Auszge aus einem
dieser spanische Schrift-
Jahrhunderts eine Bemerkung macht darber, ob es
da das an sich Vergngliche ewigen Bestand bekommen
knnte. Zur Beleuchtung nennt er eine jdische Anschauung, da
Serach, die Tochter von Jakobs Sohn Asser ewig lebe, und die bei
NichtJuden herrschende Vorstellung, die solch ewiges Leben dem
ti^Vl ntsn ]1i zuschreibt.
SCHORR versteht unter den hebrischen
mglich
sei,
Wrtern Johannes den Evangelisten, was ebensowenig dort zu lesen
ist wie Steinschneiders Korrektur a. a. O. Johannes den Tufer.
Zu
Juan (Johannes) Butadeus (resp. spanisch Votadios) ^, der
Name fr den sogenannten ewigen Juden", in dieser Form
lesen
lteste
ist
deutsche Wortforschung XIII, 320.
1. c. siehe auch
'
S. Zeitschrift fr
'
Auer den Hinweisen bei Steinschneider
Siger de Brabant 1899.
3 ber das Verhltnis zwischen den
Mandonnet:
Namen Butadeus und Votadios mu
mich begngen auf Gaston Paris, Legendes du moyen ge 1903, S. igff.
zu verweisen. Rtsel sind hier noch zu lsen.
ich
FESTSCHRIFT COHEN
300
kaum
sonst
bei
einem so alten spanischen
Schriftsteller
nachge-
wiesen.
aber der jetzt gewhnliche Namen des ewigen Juden:
Ahasverus? Da er nach dem alten Perserknig (Buch Ester I, i)
benannt sei, ist ausgeschlossen. Die oben erwhnte, zufllige Zu-
Woher
sammmenstellung von Assers Tochter mit der andern Figur hat
mich auf eine Fhrte gefhrt, die vielleicht eine Antwort auf das so
Im i6. und 17. Jahrhundert also in der
oft Gefragte geben kann.
Zeit der Entstehung der modernen Form der Ahasveruslegende, ist
der Name Ahasverus oder Assuerus nichts Seltenes bei Christen.*
Assuerus wird den biblischen Namen Asser reprsentieren (noch jetzt
bei Juden in der Form Assur vorkommend), ist aber andererseits die
Der Name des ewigen
lateinische Wiedergabe des Ahasverus.^
Juden wre im Volke also eigentlich Assur = Asser, dann von einem
Ahasver vermengt. Ob dies nun damit zuGelehrten mit Assuerus
sammenhngt, da des Patriarchensohn Assers Tochter Serach nach
dem oben erwhnten Volksglauben ewiges Leben haben soll, oder
deshalb genommen ist, weil im 16. Jahrhundert ein jdischer auch in
christlichen Kreisen bekannter Pseudomessias^ Asser aufgetreten ist
oder sonst irgendeinen Grund hat, ist vorlufig nicht zu entscheiden.'^
Da ich im obigen nicht nur geantwortet sondern auch gefragt
ob nicht in dem unter
Himmelsstrichen vorkommenden Verbrennen des Judas" zur
darf ich vielleicht auch weiter fragen,
habe,
vielen
Frhjahrszeit ebenfalls ein sprachliches Miverstndnis vorliegt.
ist doch gewi sicher, da man schon in vorchristlicher Zeit bei
kunft der schnen
Tage den Winter,
Es
An-
symbolisiert durch den Riesen,
den Gewaltigen der Urzeit, verbrannt hat,5 und dieser Winterriese,
als Halmpuppe oder sonst wie dargestellt, hat dann auch in christlicher Zeit einen Namen gehabt, der an die Gestalten der Urzeit gemahnt hat. Hier im Norden nannte man einen Riesen Jtun^; es wre
Ahasver s. bei E. KNIG: Ahasver, der ewige Jude, 1903,
21. Von Assuerus nenne ich z. B. den bekannten Maler und Holzschneider
S. 20
Assuerus van Landerzeil in Amsterdam, Mitte des 16. Jahrhundert.
~ Ezra
4, 6, auch griechisch Acro-ouijpor.
3 Vgl. GraetZ: Geschichte der Juden IX, Anhang Note 3.
^
Zitate
fr
4
5
A. 31.
KNIG c. trifft gewi nicht das Ziel.
Vgl. Grbers Grundri der romanischen
E.
1.
Stubenvoll,
Philologie
Heidentum im Christentum
II,
(1891) S.
2 (1897) S. 241
2223
(vgl-
auch
44. 64. 66. 68).
^
Grundbedeutung nach FALK und TORP Etymologisk Ordbog: der Esser.
SIMONSEN, KLEINIGKEITEN
3OI
auch gar nicht unmglich, da man in Griechenland und in Spanien,
wo man den Judas jetzt am Charsamstag verbrennt, an solche Jtun
oder an die Goten der Vorzeit angeknpft hat' Und nachdem dann
jene Vorstellungen von den Riesen im Volksbewutsein ganz geschwunden sind, die christlichen Erzhlungen aber leben, hat die
Halmpuppe den anklingenden Namen des Judas
angenommen.
Die Er^vhnung der Goten fhrt mich nach
ausgezeichneten Gelehrten, dessen Jubeltag wir
wird Westdeutschland
seit
dem
resp. des
dem
Juden
Vaterland des
Bekanntlich
feiern.
dem Namen
Mittelalter hebrisch mit
Aschkenaz bezeichnet. Wo dieser hebrische Name in der Vlkertafel Genesis X, 3 vorkommt, bezeichnet er gewi weder Deutschland
noch ein diesem naheliegendes Land. Wie ist man nun dazu gekommen, Deutschland mit diesem Namen in Verbindung zu bringen?
Dort in der Vlkertafel ist Aschkenaz der lteste Sohn des Gomer,
der wieder der Erstling des
Gomer nach dem Talmud
(s.
Patriarchensohnes Jafet
Krauss
in
Nun
ist.
ist
der Monatsschrift fr Wissen-
Judentums Bd. 39, S. 2) der Stammvater der Goten (resp.
der Geten). Und woher kamen die Goten? In der Geschichte des
Jordanes ber Herkunft und Taten der Geten belehrt er uns,* da
sie aus der Insel Scandza kamen, indem er jene Insel als officina
gentium oder vagina nationum" bezeichnet. Nun klingt der Name
dieser im Norden liegenden Insel Scandza, deren Namen die Goten
dann nach dem Kontinent gebracht haben sollen, sehr stark an jenen
Namen Tity an. Mit den gotogermanischen Stmmen wandert nun
schaft des
der
Name
Punkt der
tracht
'
ein
wenig nach
Jafetiten,
dem
Sden, doch nur zu
dem
nrdlichsten
der fr die Juden des frhen Mittelalters
in
Be-
kommt.
Vgl.
Sandfeld-Jensen: Nationalfhlsen og Sproget
(1910) S. 39 f. rum-
nisches Jidov" wird einerseits fr den Riesen der Urzeit, andererseits fr den
Im dnischen Elucidarius ed. Knudsen 1909, 148 wird NimJuden verwandt.
Da Judas" mit dem Juden zusammengestellt
rod Jude statt Riese genannt.
wird, ist so einfach, dalJ es kaum zu sagen ntig ist; s. z. B. in der Zeitung Hhmizpe 1912 u. 14 Correspondenz aus Zurygrod (Galizien) ber Verbrennung der
Juden" zur
^
Osterzeit.
Moderie, Anschauungen ber Herkunft der Goten
forschung XII, III
f.
s.
Z.
f.
d.
Wort-
Zur Lehre vom Logos
bei Philo.
Von Leopold Cohn- Breslau,
ber
den Logos
bei Philo
ist
frher viel gestritten worden.
Bei
den Unklarheiten und Widersprchen, in denen Philo sich zu
bewegen scheint, ist es ungemein schwer, ber den in den mannigfaltigsten Farben schillernden Begriff, ber sein Wesen und seinen
Ursprung,
ins
klare
zu
kommen.
Dennoch hat
sich
im Laufe der
mancher Meinungsverschiedenheiten im einzelnen in der
Hauptsache eine gewisse bereinstimmung herausgebildet. Die gelehrte Forschung ist im allgemeinen zu dem Ergebnis gelangt, da
die Lehre vom Logos und von den Mittelkrften, wie sie bei Philo
vorliegt, als eine Mischung aus platonischen, stoischen, neupythagoreischen und jdischen Elementen anzusehen ist.
Gegen dieses Ergebnis hat sich neuerdings Widerspruch erhoben. EDUARD SCHWARTZ
Zeit
trotz
kommt
Aporien im vierten Evangelium" auf Philo zu
sprechen' und stellt die Behauptung auf, da der Logos Philos von
seinen
in
Hause aus mit der griechischen Philosophie
er
ursprnglich
nichts zu tun habe,
nichts anderes sei als das biblische
da
Wort" Gottes;
von jdischer Spekulation weit mehr abhngig, als man
gewhnlich annehme, und habe aus dieser auch die Lehre vom Logos
bernommen. SCHWARTZ nimmt auf die Literatur ber Philo so gut
wie keine Rcksicht und glaubt auf Grund eigener Lektre Philos
diese Thesen beweisen zu knnen.
Seine Ausfhrungen haben auf
den ersten BUck etwas Verblffendes. Sieht man aber genauer zu,
so erkennt man, da er von unbegrndeten Voraussetzungen ausgeht, die zumeist auf ungengender Kenntnis des Judentums bePhilo
sei
'
Nachrichten von der K. Gesellsch.
1908, S.
537
ff.
d.
Wiss. zu Gttingen, Philol.-hist. Kl.
FESTSCHRIFT COHEN
304
ruhen,
und durch mancherlei Miverstndnisse und
verfehlte Inter-
gelangt.
Der Ansicht
pretationen
zu
falschen
eines Gelehrten wie
Schlufolgerungen
wird mancher leicht geneigt
EduaRD Schwartz
Gewicht beizulegen. Es drfte daher nicht berflssig
erscheinen, seine Beweisfhrung ein wenig zu beleuchten.^
Schwartz beginnt mit der Bemerkung, man habe Philo zu einem
griechischen Philosophen zu stempeln versucht*, der den Logos des
sein greres
Evangeliums aus der hellenischen Spekulation hergeholt habe;
man habe dann aber zwischen dem Philonischen und Johanneischen
Logos eine Scheidewand aufrichten wollen. Beides sei verkehrt, der
Logos Philos und der Logos des vierten Evangeliums htten denselben Ursprung, nmlich die jdische spekulative Exegese. Das
glaubt er fr Philo bestimmt behaupten zu knnen: wer auch nur
vierten
mit so geringer Kenntnis des A. T., wie jich sie besitze, Philo selbst
der ist ber die Flle der Berhrungen und Beziehungen
liest.
.,
berrascht, die Philo mit den spteren Teilen des A. T. verbinden".
.
Von
solcher Berhrungen
einer Flle
ist
mir nichts
bekannt,
ich
den weiteren Ausfhrungen von SCHWARTZ nicht
finden; denn die wenigen Hinweise auf die Psalmen, auf Jesus Sirach
und die Weisheit Salomos sind nicht der Rede wert. Man mu im
Gegenteil erstaunt sein, da von einem jdischen Schriftsteller und
Erklrer des Pentateuch auf die andern biblischen Schriften so wenig
Bezug genommen wird. Wie sprlich bei ihm Zitate aus den Pro-
kann
sie
auch
in
pheten, Psalmen und den andern Bchern sind, ist bekannt.^ Man
braucht nur einen Blick in die Midraschim hineinzuwerfen, in denen
immerfort zahllose Belege aus allen Teilen der Bibel zur Erklrung
herangezogen werden, um zu erkennen, wie verschieden (trotz mancher
Berhrungen in der Methode) Philos Bibelexegese von der des rabbinischen Judentums
teuch
mit Hilfe
Philo
ist.
es nur darauf an, den Penta-
kommt
der griechischen Philosophie zu
eriutern.
Nun
Schon die Art und Weise, wie SCHWARTZ von Philo spricht, verrt deutlich,
wie falsch und ungerecht er ihn beurteilt: Philo heit bei ihm der alexandrinische
Rabbi" oder Rabbiner", jener flache Schwtzer", der charakteristische Typus
^
des Rabbiners, der mit seiner philosophischen Bildung prunkt" u. .
* Mit diesem Vorwurf sagt SCHWARTZ durchaus nichts Neues.
Man hat
griechischen
nur
als
Philo
die
lngst darauf hingewiesen, da die Darstellungen,
Philosophen behandeln, einseitig sind und der Eigenart Philos nicht gerecht
werden; vgl. J. FREUDENTHAL, Monatsschr. f. Gesch. u. Wiss. d. Jud. 18 (1869),
417,
und meine Bemerkungen Neue Jahrb.
3
An
anderer Stelle
Frmmigkeit, wie
sie die
(S. 543)
sagt
f.
klass. Altert.
Schwartz
selbst,
(1898), 517.
da von der jdischen
Psalmen atmen, bei Philo nichts zu finden
ist.
COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO
3O5
meint SchwaRTZ: Von griechischen Pilosophemen findet sich nur
einzelnes, das aus dem Zusammenhang gerissen ist ^; die Fetzen platonischer, stoischer, neupythagoreischer, si<eptischer Doktrin, so
Wertab und zu erhalten haben, widerstehen hartnckig dem
Versuch, sie zu einer einheitlichen Lehre zusammenzuordnen". Darauf ist zu erwidern: Philo ist als Philosoph Eklektiker, und das Wesen
des Eklektizismus besteht darin, da er sich nicht zu einer einheitlichen Lehre zusammenordnen lt.
Was Schwartz hier von Philo
sagt, gilt ebenso von Cicero und Plutarch.
Philo will ja auch in
den exegetischen Schriften gar nicht systematischer Philosoph sein,
volles
sie
er will die Bibel philosophisch erlutern,
und zu diesem Zwecke
zieht
Theoreme aus der griechischen Philosophie heran, die seiner Anschauung entsprachen und ihm zur Begrndung des Bibeltextes geer
eignet
erschienen.
die Philosophie bei
Wenn SCHWARTZ
dann weiter behauptet, da
Philo nur Tnche sei und die griechischen Termini
dnne Hlle, durch die die jdischen Vorstellungen durchschimmern, so ist vielmehr das Gegenteil richtig. Die religisen
Grundanschauungen Philos sind jdisch, aber sie sind bei ihm so
mit griechischen Vorstellungen verbrmt und durch philosophische
Theorien so stark modifiziert, da sie hinter diesen fast ganz verschwinden. Diese Grundanschauungen saen allerdings bei ihm so
fest, da er trotz aller philosophischen Aufklrung ein frommer und
gesetzestreuer Jude blieb und die strengste Befolgung der biblischen
Vorschriften verlangte.
Auch den Glauben an den Vorrang des
israelitischen Volkes hielt er fest, weil er wie jeder glubige Jude
von der berzeugung durchdrungen war, da dieses Volk ein Priestervolk sein solle, das von Gott auserwhlt sei, den Menschen den
einig-einzigen Gott zu verknden und fr das ganze Menschengeschlecht zu beten und zu opfern. Die jdischen Anschauungen
Philos beruhen auf der griechischen Bibel, und zwar hauptschlich
eine
auf
dem
Quelle
Gesetz
d.
h.
dem
seiner jdischen
Pentateuch,
Religiositt
der
beinahe
die
genannt werden kann.
einzige
Spt-
jdische Vorstellungen, die sich nicht unmittelbar aus der Bibel ab-
man
ihm recht
Der Grund dafr
liegt in seiner Unkenntnis der hebrischen Sprache und wichtiger
Momente der traditionellen Entwicklung des Judentums. Daher
leiten
lassen,
findet
bei
selten.
^ Da Philo mehrere rein philosophische
Schriften verfat hat und da auch
n den exegetischen Schriften ganze philosophische Abhandlungen eingestreut
sind, ignoriert
Schwartz
vollstndig.
20
FESTSCHRIFT COHEN
306
sind
die
Berhrungen
mit
dem Rabbinismus und
Exegese verhltnismig schwach.
So
ist
es falsch,
der rabbinischen
wenn SCHWARTZ
behauptet, da Philo auch die richtige Deutung des Gerechten" auf
mit
Die zitierte Stelle (de praem. et poen. ^ 125)' hat
Gerechten und dessen Deutung nichts zu tun. Philo um-
kenne.
Israel
dem
Deut 28, 13 Karaa-rrjo-ei a-e kv/dios o eos crou
K(^aAy;v,
19
die er wie den ganzen Abschnitt richtig auf das den
gttlichen Geboten gehorsame jdische Volk bezieht, das er aber
schreibt nur die Bibelworte
in seiner
psychologischen Erluterung (wie so
Weisen
identifiziert;
der Gerechte"
Auch
heit
oft)
mit
dem
stoischen
das jdische Volk bei
Lehre von dem Rest der Frommen" kann
ich bei Philo nicht finden.
ScHWARTZ zitiert dazu de spec. leg.
An dieser Stelle ist
II 47 mit deutlichem Anklang an Jes 42, 3",
nicht vom Rest der Frommen" die Rede, sondern von den wenigen
Weisen oder Tugendhaften, die es auf der Erde gibt: vgl. g 44
Philo niemals.
ocroi
r Trap' 'EAAij(riv
77
die
Trapa
apdpocs
da-KrjTal
Von einem An-
cro<f)tas.
An
den beiden
sacrif. Ab. et Caini 124 und de migr. Abrah.
122 (nicht 124) ist mit Beziehung auf Abrahams Frbitte fr Sodom
und Gomorrha (Gen 18, 24 ff.) bemerkt, da Gott um der Tugendhaften willen, wenn es auch noch so wenige sind, auch den Unwrdigen seine Gnade und seinen Segen (tov ttAovtov avrov d. h. die
klang an Jes 42, 3
andern Stellen de
ist
keine
Spur zu
Gaben der Natur) zukommen
lt.
Eindringlich schrft Philo, wie
des Dankgebets
ein.
Philo
entdecken.
steht
SCHWARTZ hervorhebt, die
hier auf dem Boden des
Pflicht
Juden-
tums und des jdischen Gemeindegottesdienstes. Die Psalmen sowohl wie die spteren Synagogengebete strmen ber von Dank
gegen Gott den Schpfer der Welt und Spender alles Guten. Da
in diesen Dankgebeten zugleich das Bekenntnis zu Gott mit enthalten ist, liegt in der Natur der Sache; die hebrischen Bezeichnungen (TIDT) nmn) drcken bekanntlich beides aus (Dank und Bekenntnis, danken und bekennen).^
Falsch sind aber die Behauptungen, da dieses dankende Bekenntnis eine zentrale Stellung im
Judentum gewonnen hat, da es das a-vfxoXov ist, in dem sich die
Juden aller Orten zusammenfinden, und da es in der Eucharistie
^ Ke0a\7j'
fi^y
tov Av&ptaTreiov y^vovs iaeff^ai
Die Gleichung
eix^p^o-Teii'
(prjcri
i^ofioXoyeta'^i
rbv <rirovScuov eire vSpa
= Gott bekennen,
anfhrt, findet sich bei Philo nur an zwei Stellen (leg.
wo er von Juda
miK dort in der
spricht, der
ihm der
Septuaginta durch
all.
i^ofioXoyrrriKbs rpwos ist
i^oiJ.o\oy^(TOfj.ai
bersetzt
die
80. 82,
elfre
Xa6v.
SCHWARTZ
II
95
f.),
nach Gen 29,35, weil
ist.
COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO
der
christlichen Liturgie
fortlebt
seinen Glauben an den einzigen
307
Das Bekenntnis des Juden, das
Gott zum Ausdruck bringt, waren
und sind vielmehr die Worte: Hre Israel, der Herr unser Gott,
der Herr ist einzig" (Deut 6, 4). Das sind die Worte, die von altersher den Mittelpunkt des jdischen Gebetrituals bilden und im Gemeindegottesdienst immer wiederkehren.
Das
ist
das Bekenntnis,
das der Jude bei jeder feierlichen Gelegenheit ablegt, mit dem der
fromme Jude seine Seele aushaucht, mit dem Tausende von jdischen
Mrtyrern in den Tod gegangen sind. Das ist auch das Symbol,
dem
Juden aller Orten sich zusammenfinden. Es ist nun
recht merkwrdig und fr die Geistesrichtung Philos bezeichnend,
da wir dieses altjdische Bekenntnis bei ihm vergebens suchen:
in
die
Hre,
der Satz
Mal
Israel usw."
wie
kommt
in
Philos Schriften
nicht
ein
berhaupt irgend welche Kenntnis eines
Gebetrituals nirgends verrt.
Da das eucharistische Gebet der Meeinziges
vor,
er
den Dankgebeten des jdischen Gemeindegottesdienstes
seinen Ursprung hat, ist sehr zu bezweifeln. Mit grerer Wahrscheinlichkeit ist es aus den Segenssprchen und dem Dankgebet
bei der Mahlzeit an dem Vorabend des Sabbats und der Festtage
liturgie
in
herzuleiten.
scheinlich
Dieses christlich umgestaltete Dankgebet wurde wahranfangs bei der Agape verwendet und spter in den
Morgengottesdienst aufgenommen,
verlegt
wurde.'
Das
jdische
als die
ganze Eucharistie
Bekenntnis
ist
in
jedenfalls
diesen
die
in
christliche Eucharistie nicht bero-egfangen.
Auch
in der Art,
wie Philo ethische Begriffe der griechischen
Philosophie verwendet, will
lichen Bildungsstolz"
durchbrechend, die
Schwartz
nur Flitter" und oberflch-
im Grunde rhre sich, immer wieder
Moral des Judentums. Gewi lt sich nicht
sehen;
Ethik aus der griechischen Philosophie herieiten.
alles in Philos
Was
mit seinen religisen Grundanschauungen in engstem Zusammenhange
steht, ist fr das Judentum in Anspruch zu nehmen.
So die innige
Verbindung von Frmmigkeit (eva-eeta) und Menschenliebe {4>i.\avdp(aTTia), die Bezeichnung der eia-eaa als erste und vornehmste Tugend,
'
darin
Vgl. F. X.
irrt,
Kraus, Realenzykl.
d. christl.
Altertmer
II,
311
ff.,
da er dieses Ritual nur dem Passahabend zuschreibt;
Haucks Realenzykl. V3
P.
der jedoch
Drews
in
561.
Die Stoiker definierten die emieia als irtaT^v ^S" ^pairelas (Stob. Anth.
Da Gott im Mittelpunkt von Philos Weltanschauung steht und die
11 62, 2 W.).
^epawfia SeoC nach ihm die erste Pflicht des Menschen ist, so ist ihm folgerichtig
die eiiaeeia die hchste Tugend.
2
2o*
FESTSCHRIFT COHEN
308
zu Gott, das feste Gottvertrauen,
Sieht
Bibel gegeben sind.
lauter Dinge, die unmittelbar durch die
man von diesen ab, so kann man unmglich leugnen, da Philos
der Begriff der
Reue und Umkehr
und gar auf der Lehre der Stoa aufgebaut ist. Die
dem
Lehre von den Tugenden und Affekten, von der SittHchkeit als
Weisen,
hchsten Gut (/iovov to KaXov dyaOov), die Schilderung des
Tugendhaften, das Weltdie Gleichsetzung des Weisen und des
brgertum des Weisen, die Lehre von der fortschreitenden und vollkommenen Weisheit, die Empfehlung des naturgemen Lebens, der
Leidenschaften
6p6os A070S c^uo-ews, die Bekmpfung der Begierden und
alle diese und andere stoische Lehren nehmen
bis zur Apathie,
Ethik ganz
bei Philo
breiten
so
einen
Raum
man
da
ein,
sie nicht
blo als
oder Aufputz ansehen kann. Auch was er als das Ziel wahrer
hnlich
Sittlichkeit hinstellt, Gott nachzuahmen und ihm mglichst
werden suchen, hat er nicht aus dem Judentum entlehnt, sondern
Flitter
zu
aus Plato, obwohl diese Forderung sich auch aus biblisch-jdischer
Anschauung begrnden lt. Es lag doch fr einen Bibelerklrer
sein,
so nahe, dabei an das Bibelwort anzuknpfen: heilig sollt ihr
denn heilig bin ich der Herr euer Gott" (Lev 19, 2). Aber auch
wird von Philo
dieser Satz, der an der Spitze jdischer Ethik steht,
Er
lebt
und betrachtet es
als
nie angefhrt.
eben
viel
mehr
in
seine Aufgabe,
griechischen Vorstellungen
biblischen
die
Gebote und
Moralvorschriften durch die ethischen Lehren der griechischen Philosophie zu erlutern und zu begrnden.^
Ein Mittel, das SchwarTZ gern anwendet, um zu zeigen, da
bei Philo jdische
Anschauungen versteckt
vorliegen, besteht in der
Gleichsetzung Philonischer Begriffe mit hebrischen Ausdrcken der
In den meisten Fllen beruht eine solche auf Irrtum oder
Bibel.
So setzt er bei einigen Zitaten aus Philo zu to V
Miverstndnis.
in
Klammern
hinzu:
Das
m.T.
heit den Leser irrefhren.
Philo
gebraucht entsprechend seiner Lehre, da eigentlich Gott allein
wahres Dasein zukommt, sehr hufig von Gott den Ausdruck to
Diesen hat er aber aus Plato, nicht
ovTws ov oder auch blo to 6v.
aus der Bibel*; denn die Septuaginta bersetzt nin"' niemals mit
^
Wie
weit das geht, zeigt
gebet de spec.
Wendland
leg.
210
f.
z.
B. das mit stoischer Physik aufgeputzte Dank-
und das Gebet des Hohenpriesters
neuUch hingewiesen hat (Nachrichten der
ibid. 97,
worauf
Gott. Gesellsch. d. Wiss.,
Philol.-hist. Kl. 1910, S. 332).
'
Auch
die hufig
Plato (Tim, 28
c),
vorkommende Bezeichnung
ebenso
ytwriffai Trarrip (ibid.
27
c).
irotrjrrjs
Kai irar-np
stammt aus
COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO
sondern
3O9
und der Umstand, da in der griechischen Bibel Gott bald Kvpto^ (= nin*') bald eos (= DM^K) genannt
wird, hat Philo zu seiner Unterscheidung der beiden gttlichen HauptTo
ov,
stets
mit
krfte veranlat (Kvpios
Svvajxis TTOLifTiKrj
Bezeichnung
Exod
3,
14 eyw
oder
Kvpios;
Svvafj.i's
evipykrLs).
oder
aa-iXtKrj
Die neben
KoAao-rij/jtos
to 6v bei Philo
und
eds
vorkommende
wv findet sich in der Septuaginta nur an einer Stelle:
6
t/zt
ojv
n\"IX
An
ii/xas= 2'hi^ ^:n^tr iTH.
n\1K und
ItJ'fc^
diese StelleS
wv aTrecTTaAKev
/le tt/jos
an der also nicht mn^
dachte Philo wahrscheinlich, wenn er de Abrah. % 121 den
mittleren der drei Mnner, die bei Abraham erschienen, als den
erklrt, der in der Heiligen Schrift o wv genannt werde.
Wie der
steht,
Gottesname lautete und was er bedeutete, war Philo unbekannt.
Das geht aus de vita Mos, II 114 f. hervor, wo er nach
heilige
Exod
28,
36 die
auf
Inschrift
= LXX
dem
des
Stirnblatt
Hohenpriesters
erwhnt und nur bemerkt, da
sie
Buchstaben des (Gottes-)Namens enthielt, der nur im
(eV
dyiots) ausgesprochen und gehrt werden drfe.*
Heiligtum
Philo
wei nicht, da in der griechischen Bibel mit KvpLos das Tetragramtynp
(niiT?
Kvplov)
ayiao-p.a
die vier
maton wiedergegeben wird; er wei nur vom Hrensagen, da die
vier Buchstaben den Gottesnamen enthielten
nicht aber, da sie
TO V (oder o wv) bedeuten oder da diese Bedeutung in sie hineingelegt wurde.
Die charakteristische Stelle Exod 6, 3 (^ mn^ ""Dt^t
3,
nrb TlVlU) konnte Philo
verstand und
nicht verwerten,
er nicht Hebrisch
weil
von der griechischen Bibel abhngig war. In
der griechischen bersetzung (/cat to ovop.a. jxov Kptos ovk lTjAwo-a
avTols) war ihm nun die Stelle so unverstndlich, da er sie ndert,
indem er Kvp tov aus /cuptos macht und dann einen Beweis darin
findet fr seine philosophische Anschauung, da Gott eigentlich
namenlos sei.*
vllig
Sie wird von Philo fter
zitiert: quod det. pot. insid. sol. 160.
de mut.
nom. 11. de somn. I 231. de vita Mos. I 75. Die drei Stellen Jer 1,6. 14, 13.
32 (39). 17, an denen die LXX irrtmlich nns durch &i> bersetzt, drfen hier
^
fglich auer Betracht bleiben.
Mit Unrecht wirft hier Siegfried (Philo 203 ^) Philo eine ungenaue Auffassung der Tradition vor; Philo sagt nicht, da nur der Hohepriester und nur
'
im
Allerheiligsten
Name
Gottes)
KvpUf) Te Kai
*
I
230
den Namen" habe aussprechen drfen.
Mos
de vita
II
132
tQv rerTdpwu
Vgl.
quod deus
e^
ypa/ifj.dTwi',
sit
immut.
wv Svoa tov
log
6uT0i
(der
raTs tov 6;>tos Zwy^cn,
eifS.
de mut. nom.
KoX
(t>aa\ firjpvea-Mi.
y&p
13
/cai
iv iripois a-Ke^j/dfvos,
r6 vo/xa
ei
/jlov
Kvpiov
lort ti tov
vtos
oiiK i5-^\u(ra
i/o/xa,
avroh".
aa<pQt iyvu,
de SOmn.
6ti lojpiov
FESTSCHRIFT COHEN
310
Die Weisheit", behauptet SCHWARTZ, ist bei Philo stets die
jdische n03n. Darin aber, da die a-ocfyca bei ihm auch ,,das moralische Wissen von Gott" bedeutet, liegt doch kein Beweis fr eine
solche Behauptung, Da das gttliche Gesetz (vojjlos) und das Sittengesetz
(Aoyos
6pdb<s
bei Philo zusammenfallen,
(f)vcre(i)s)
Gotteserkenntnis und das Wissen von der
Was
Begriffe.
kannte er die
Tugend
so sind auch
fr ihn identische
HDDn ist, wute Philo nicht, wohl aber
griechische a-o<f>ia und insbesondere die stoische.
Bei
die jdische
den Stoikern geht die o-o^ia, geht die theoretische Wissenschaft in
das moralische Wissen ber. Im Stoizismus sind der Weise (o-o^6s)
und der Gute {dyaOos, a-n-ovSahs), der Tor (acjipwv) und der Bse (/caK-o?)
Nicht der
identische Begriffe.
und der
de spec.
ist
zum Frommen geworden
zum Gottlosen (S. 542), sondern umgekehrt wird bei
Fromme zum stoischen Weisen und der Gottlose zum
Weshalb an der von Schwartz
a^/3)v.
soll,
ist
acjipiov
der
Philo
o-o^os
288 unter der
leg. I
<TO(f>La
(S. 533')
die
angefhrten Stelle
nDSn verstanden werden
Philo allegorisiert das biblische Gebot, da das
mir unklar.
Feuer auf dem Altar stets brennen solle: der Altar bedeutet
die dankbare Seele des Weisen, das Feuer das Licht des Geistes,
die crocjiia, wie umgekehrt das Dunkel der Seele die ac^poa-vrj ist;
denn wie das sinnliche Licht den Augen dient zur Wahrnehmung
a-ot^ia) dem Geiste zum
des Krperlichen, so das Wissen (OTto-Ti^/*?;
Schauen des Unkrperlichen und rein Geistigen, und dieses Licht
leuchtet stets und erlischt nie. Man sieht. Philo bewegt sich auch
Ganz unverstndlich
hier ganz in stoischen Ideen und Ausdrcken.
ist aber der Hinweis (ebenda) auf de opif. mundi 3^ to 8e aoparov
heilige
Kai
vorjTov
yevea-Lv
als
und
Oeiov
Xoyov
die Erklrung
yeyovev
Urlicht,
dem
<^ws vo-qrov,
eiKwv
tov
8tep[Jirjvev(TavTos
dem
'Licht' ist".
Urbild
Philo spricht hier
der sichtbaren Gestirne,
der Ideenwelt von Gott geschaffen wird;
als letztes
T7)v
der Schwulst bedeutet nichts anderes
da das Gesetz, die Tora, das
vom
das
avTov
Ikcivo
(fiws
dieses Ur-
ebenso wie dann der Idealmensch ein Abbild dieses Aoyo? genannt wird, da der ganze koct/xos
licht
voi/ros
nennt er ein Abbild des
mit
dem
Thora zu tun
gttlichen
delos Aoyo?,
Logos
identifiziert
wird.
Was
hier
die
hat, ist unerfindlich.*
ovSh.
Danach ist auch Zeller III 2*, 403 zu berichtigen: der Name des
beSeienden (der Jehovaname) ist der einzige, welcher das Wesen Gottes
zeichnet".
Es mu heien: der Name der Seiende (oder das Seiende)", der
Zusatz der Jehovaname" ist falsch.
" Aus welchem Grunde Schwartz die Gleichung 7rat6e(a
iDI hervorhebt,
Falsch
COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO
3II
depaireur toG Oeov
auch die Gleichung mn^ nx rr\
ist
Der Ausdruck JVW wird
(S. 544).
allgemeinen Bedeutuno-
in dieser
sondern immer nur speziell vom Dienste
der Priester und Leviten im Tempel, und die Septuaginta gibt ihn,
nie in der Bibel gebraucht,
wie ein Blick
in die
Konkordanz von Hatch und Redpath
zeigt, fast
durchweg durch Aetrovpyetv wieder, nie durch depaTrevav. Gott dienen",
was bei Philo Oepaireveiv Tov 6e6v bedeutet, heit hebrisch miT' ns l^j;
(in der LXX gewhnlich mit Xarpeveiv bersetzt, was Philo vermeidet;
Exod
ersetzt er
de confus.
94 durch
fie 6epaTrvrj).
Das in der Bibel so hufige miT' 12)^ wird in der
griechischen Bibel durch depTTw deov wiedergegeben, und an der
8,
AaT/36i5cr)crtv
/iot
i'va
ling.
iva
wo
einzigen Stelle,
Jesaia 54, 17,
ist
Aber auch der
hohem Grade
Apathie
BepaTreia
tois
dem
anfechtbar.
nicht
hinauslaufen.
zusammengehren.
Die
Oepaweveiv
in
der
LXX
vorkommt,
bersetzung von miT'
die falsche Gleichung vorkommt,
depaireovcriv
Satz, in
fr Philo
Oeov
Verbum
das
Kvpiov
Schwartz
das
in
da Weltflucht und
sind, sondern auf die
Hier vermengt er zwei Dinge,
Oeov,
ist
meint,
absolute Ziel
depairda
HiJ?.
die
Philo
die nicht
verlangt,
ist
die
fromme jdische Gottesverehrung (das biblische Gott dienen").
Weltflucht und Apathie dagegen sind griechische Begriffe und Vorschriften der platonisch-stoischen Ethik, und ihr Ziel ist auch nur etwas,
was nicht mit der jdischen Frmmigkeit zusammenhngt, nmUch
die platonische Idee der mystischen Anschauung Gottes.
Diese
unklare und schiefe Auffassung setzt sich auch in den unmittelbar
folgenden Worten fort: und ihr Lohn ist nicht die hellenische
iSaip.ovta, sondern die Ekstase, die im Gebet mit Gott verkehrt und
von ihm Offenbarungen empfngt". Der Lohn der Oepa-n-eia 6eov ist
nach Philo ohne Zweifel die evSai/xovta, wie
Befolgung der gttlichen Gebote verheien
sie in
der Bibel fr treue
Die Ekstase aber
ist nicht der Lohn der (jdischen) Frmmigkeit, sie ist berhaupt
so, wie sie Philo versteht, nichts Jdisches.
Die Ekstase ist die
weitere Folge der Weltflucht und Apathie: nach Abttung der Sinne
sehe ich nicht
ein.
Natrlich gebraucht Philo
er Bibelstellen anfhrt, an
(und
wird.^
iraiSeLa in
denen das hebrische
"IDIO
dieser
Bedeutung
da,
wo
(und "i") in der LXX mit
immut. 54 und de somn.
11). Sonst aber hat es bei
z. B. quod deus sit
de congr, erud. gr. 177 (Prov 3,
ihm die gewhnliche Bedeutung, auch leg. alleg. III 167 <pQs di ^Iwxv^ io'ri vouSeia,
wie die weitere Ausfhrung zeigt und die Parallelstelle de spec. leg. I 288, wo
dafr emaTri/jLij und (TorpLa stehen. Im brigen hat "iD"' auch die Bedeutung belehren".
' Vgl. z.B. de opif. mundi
172. de post. Caini 185, de spec. leg. I 345.
xaiSe/o
I
iraidevew)
237 (Deut
8, 5).
bersetzt wird:
FESTSCHRIFT COHEN
,12
will
der
dem
gttlichen nahe verwandte menschliche Geist in den
Zustand der Ekstase gelangen (e^io-rao-ai) und in das Reich der
Ideen sich aufschwingen, um das letzte Ziel der Philosophie zu erreichen, Gott zu schauen. Die Ekstase hat also an sich mit der
depairaa Oeov, mit der Gottesverehrung im biblisch-jdischen Sinne,
Auch das Gebet wird von Schwartz ganz willkrnichts zu tun.
lich hineingebracht, leg. alleg. III S 42 ff-, wo die Exegese der angefhrten Stellen die Ekstase als die Ekstase des Gebets fassen
Philo sagt, daC mit Gott
soll, ist vom Gebet gar nicht die Rede.
zu verkehren, d. h. in mystischer Weise sich zu Gott zu erheben,
nur dem mglich sei, der sich von allen sinnlichen Fesseln befreit
und den Zustand der Ekstase erreicht hat. Nach dieser falschen
Auffassung von der Ekstase findet dann SCHWARTZ, da die Berufe
und Propheten von Philo in ideale Hhen hinaufgeschraubt werden, und zwar jener noch mehr als dieser, obgleich
man erwarten solle, da ihm die Prophetie nher lag als der Stand
der Leviten. Der Beruf des Leviten und der des Propheten lassen
Die Leviten sind
sich eigentlich gar nicht miteinander vergleichen.
des
Leviten
wegen des bestndigen Tempeldienstes, dem sie ihr Leben
weihen, die idealsten Vertreter der depaTreca eou. Der Prophet dagegen ist ihm der Weise, der von Gott gewrdigt wird, sein Dolfr Philo
metscher (ipfj.rjvev's) ZU sein, der kraft gttlicher Inspiration in Ekstase
gert und im Zustande vlliger Bewutlosigkeit gttliche Offenbarungen empfngt und verkndet. Philos Auffassung von den Leviten beruht ganz auf der Bibel und entspricht der Anschauung des
Judentums. Seine Vorstellung von dem Wesen des Propheten da-
gegen ist aus der platonisch-stoischen Lehre von der intuitiven
Mantik geschpft und stimmt vllig mit dieser berein.' Da Philo
vom Propheten nicht gering dachte und ihn nicht niedriger stellte
als den Priester und Leviten, zeigt allein schon die tiefe Verehrung,
mit der er von Moses spricht und ihn schildert; und die andern
Propheten glaubt er am besten dadurch zu ehren, da er sie Schler
des grten Propheten nennt (Mwvo-ews yvwpLfioi. oder (j)OLTi]Tal). Von
einem inneren Widerspruch also, der in Philos Auffassung von den
Leviten und Propheten liegen soll, kann keine Rede sein. Ebenso-
wenig besteht bei Philo der Widerspruch, da er das Judentum
Quis
poen.
55.
rer. div. her. 259. 265.
Vgl. Plat. Tim. 71 d.
Br^hier, Les idees
philos. et relig.
de spec.
Ion 534
a.
de Philon,
leg.
65,
IV
49.
de praem. et
Posidon. bei Cic. de divin.
p. 185.
als
66.
COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO
und doch
3I3
im eigentlichen- Sinne
Propaganda fr das jdische Gesetz treibt. Ist denn nicht die Verherrlichung des jdischen Glaubens und der biblischen Gebote als
hchste Philosophie die beste Propaganda fr das Judentum? Ist die
Art, wie er von den Proselyten spricht und ihre Bekehrung von dem
heidnischen Irrglauben zu dem wahren Glauben preist und als nachahmenswert empfiehlt, etwas anderes als Propaganda fr das Judentum? Die Schriften aber, die spezifisch apologetischen Charakter
haben und fr nichtjdische Leser berechnet sind, insbesondere also
die Vita Mosis und die 'ATroAoyta virtp 'lovSaiwv, haben neben der Verteidigung augenscheinlich auch Propaganda im Auge.
Die Ursache fr die in Alexandria gebte Spiritualisierung der
Bibel will SCHWARTZ in einer ungeheuren Spannung sehen, die
zwischen der das jdische Leben beherrschenden Hoffnung auf eine
gute Zukunft des auserwhlten Volkes und den realen Verhltnissen,
in denen die Juden unter rmischer Herrschaft lebten, angeblich
bestand und empfunden wurde. Die philosophierende Allegorie soll
nicht aus dem Bestreben entsprungen sein, eine philosophische Lehre
mit der Bibel auszugleichen, sondern aus dem Sehnen und Trachten,
jene Spannung aufzulsen. Diese Behauptungen sind ohne jeden Beweis hingestellt. Von dem Empfinden einer Spannung zwischen den
messianischen Hoffnungen und der geschichtlichen Wirklichkeit ist
weder bei Philo noch sonstwo irgend etwas zu merken. Und wenn
eine solche Spannung wirklich bestand und gefhlt wurde, so sieht
man nicht ein, wie sie durch spiritualistische Exegese der biblischen
Lehren und Gebote beseitigt werden konnte.' Weshalb hat man
denn dieses Heilmittel nicht auch im palstinischen Judentum angewendet, das doch unter denselben Verhltnissen und noch mehr
zu leiden hatte? Weshalb nicht im Mittelalter, in den finsteren Zeiten
der Unduldsamkeit, Bedrckung und Verfolgung? Nicht Allegorie
und spiritualistische Exegese, sondern unverwstlicher Optimismus
und unerschtterliches Gottvertrauen haben zu allen Zeiten dem
jdischen Stamme ber alle Not und Drangsal hinweggeholfen. Die
philosophische Allegorie bei den hellenistischen Juden lt sich nicht
anders erklren, als sie bisher immer erklrt worden ist. Die Juden
hchste Philosophie
glorifiziert
nie
' Es steht mit diesem Gedanken nicht
besser als mit der Vorstellung eines
Gfrrer, Dhne u. a., dafi die Alexandriner in bewuter Weise den Zwiespalt
zwischen Religion und Philosophie, den sie empfunden htten, knstlich zu ver-
decken suchten.
FESTSCHRIFT COHEN
314
Alexandria lernten die griechische Bildung und griechische Philosophie kennen und entdeckten in dieser manche Berhrungspunkte
in
mit ihren religisen Anschauungen.
Unwillkrlich gelangten sie da-
Lehren der griechischen Philosophie mit ihren Glaubenslehren
zu vergleichen und fr die Erluterung der Bibel zu verwenden,
indem sie biblischen Erzhlungen und Geboten einen tieferen (symhin,
Sinn
bolischen)
Dazu bot
unterlegten.
klrungsmethode
dar,
sich
von den Stoikern
die
allegorische
die
Er-
der Deutung der
bei
war.
Mythen und bei der Erklrung der Homerischen Geangewendet wurde und in jener Zeit allgemein verbreitet
Aus jdischer Quelle lt sich die allegorische Bibelexegese
nicht
herleiten.
griechischen
dichte
angewandt,
sie
bestand bereits
in
Alexandrien, wie aus verschiedenen
hervorgeht, an denen er auf symbolisierende oder
bei Philo
Stellen
hat diese Art der Bibeldeutung nicht zuerst
Philo
Bezug nimmt; es ist zu vermuten, da solche
in den Synagogenvortrgen am Sabbat und in den Diskussionen,
die sich daran knpften, vorgebracht wurden.^ Aber es knnen nur
einzelne Erklrungen gewesen sein, die er entweder aus mndlicher
allegorische Erklrungen
kannte
Tradition
Philo
hatte.
ist
wie
und da
wir
er
selbst
bei
solchen
Vortrgen
vernommen
der erste literarische Vertreter dieser Geistesrichtung
Denn da
im Judentum.
fange,
oder
dem Um-
schon vor ihm stattgefunden,
nur bernommen habe, ist frher zwar geglaubt,
sie
sie
die Spiritualisierung der Bibel in
bei Philo
aber nie bewiesen worden,
finden,
SCHWARTZ
tritt
mit der
Annahme
einer
weitgehenden jdischen Spekulation vor Philo in einen bedenklichen
Gegensatz zu einem sicheren Ergebnis der neueren Philoforschung:
er nimmt damit die Vorstellung frherer Forscher wieder auf, die
man schon
da die alexandrinische Religionsphilosophie" lange vor Philo fix und fertig gewesen sei und in Philo
nur einen Vertreter neben vielen andern gehabt habe^ er kommt
wieder zurck auf jenes Phantom einer allgemeinen jdischen Theosophie". 3
beseitigt
glaubte,
Ein Unterschied besteht zwar darin, da
Schwartz
nicht
Freudenthal, Die Flav. Josephus beigelegte Schrift von der Herrschaft der Vernunft, S. 6 ff. Br6hier S. 5 5 ff.
^ Freudenthal a. a. O. S.
d. klass. Altert. I (1898),
38. Vgl. Neue Jahrb.
520 ff. Br^hier S. 45 ff.
^
J.
f.
Die Therapeuten (Jahrb. f. klass. Philol. Suppl. 22, 736). BedenkHch ist auch der etwas unklare Satz: da nicht nur hellenistische Philosopheme. sondern auch orientalische, bis jetzt nicht sicher zu fassende Theogerne zugegeben
sophien bei dieser Spiritualisierung mitgeholfen haben, soll
3
Wendland,
COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO
GfrRER und Dhne andere Erzeugnisse
wie
315
der jdisch-helle-
nistischen Literatur als Beweis anfhrt, sondern aus
dem
Beispiel der
denen nach Philo die Bibel allegorisch ausgelegt
wurde, folgert, da aus solchen Kreisen, wie es der der Therapeuten
war, der Philonische Spiritualismus stamme.'
Die Therapeuten sind
indessen auch von GfrRER und DHNE fr Vertreter der schon
vor Philo bestehenden alexandrinischen Theosophie erklrt worden.
ber den Inhalt der Bibelexegese der Therapeuten und ber ihre
Therapeuten, bei
religisen
oder philosophischen Anschauungen
Schilderung etwas Positives
Wendland
nicht zu
aber aus Philos
ist
entnehmen.
Denn
Philo hat,
Anschauungen
den Therapeuten als Motive fr ihr beschauliches Leben und ihre
Askese untergelegt. Es ist also eine vollstndige Verkehrung der
Tatsachen, wenn Schwartz den Spiritualismus Philos von den
Therapeuten herleitet. Er ist eben auf alle Weise bemht, die Bedeutung Philos so viel wie mglich herabzudrcken und seine ganze
wie
Lehre nicht
als
gezeigt hat^, seine philosophischen
sein
Eigentum, sondern
als
das Produkt vorphilo-
nischer jdischer Spekulation hinzustellen.
Auf
diese Weise,
tungen glaubt
mit
solchen Voraussetzungen
Schwartz den Boden
und Behaup-
geschildert zu haben, auf
dem
oder richtiger die von Philo zu Papier gebrachten
Exegesen der Tora gewachsen sind". Auf dieser schwachen Grund-
die Philonischen
er nun auch die Herkunft der Lehre Philos vom Logos
und den Mittelkrften aus rein jdischer Spekulation beweisen. Die
lage
will
gttlichen Krfte"
{8vvd/iei.s)
sollen aus der Superstition des spteren
werden". Man mchte beinahe glauben, da Schwartz damit auf die unglckselige Idee lterer Forscher zurckgreifen will, die die Quelle der .alexandrinischen Theosophie" in uralter geheimnisvoller orientalischerWeisheit vermuteten.
Oder denkt Schwartz dabei an Reitzensteins haltlose Hypothese von der
,
Beeinflussung Philos durch die Hermetischen Schriften?
'
Schwartz spricht dabei von der Schilderung des Paschafestes der
Therapeuten. Wenn das Paschafest nicht ein lapsus calami ist fr das Pfingstfest,
das einige Forscher verstehen wollten, sondern ernsthaft gemeint ist, so mu
werden. Das alle sieben Wochen wiederkehrende, am Vor-
dem widersprochen
abend des
50.
Tages
gefeierte
Fest
jdischen Feste direkt identifizieren.
der Therapeuten lt sich mit keinem
Hchstens knnte eine Anlehnung an das
gefunden werden, das sieben Wochen nach dem
Passah gefeiert wird. Das Passah selbst ist schon dadurch ausgeschlossen, da
die Therapeuten bei dem Festmahl gesuertes Brot genieen.
Wochen- oder
^ a.
a.
Pfingstfest darin
O. S. 732
ff.
FESTSCHRIFT COHEN
3l6
Judentums hervorgegangen
Mund
die
den Gottesnamen nicht
in
den
nehmen wagte: Gott hat keinen Namen, sondern nur seine
Wie die ehrfrchtige Scheu, den heiligen Namen Gottes
zu
Krfte".
der Idee
auszusprechen, zu
(niiT)
sein,
von der Namenlosigkeit Gottes
und zur Annahme von Mittelkrften fhren konnte, ist nicht einzusehen. Man hat das Tetragrammaton nicht nach seinem Lautvvert
ausgesprochen, man sagte dafr Adonaj (Herr). Spter gebrauchte
man fr den Gottesnamen auch andere Umschreibungen, am meisten
Dtyn (der Name), aber man hat darum nicht Gott fr namenlos ge-
angenommen,
halten und Mittelkrfte
auch gar
sagt
Philo
keinen Eigennamen
nicht,
die statt seiner
da Gott keinen
(ovofia Kvpiov).
Und
Namen
Namen
hat,
haben.
sondern
die Erklrung- dafr liegt in
seinem Gottesbegriff. Bei Philo ist die Gottheit nicht mehr der
lebendige Gott des Judentums, sie ist bei ihm zu einer abstrakten
Idee verflchtigt (to V, fiovds, ev). Wir wissen nur, da Gott ist,
sein
Wesen aber
ist
unfabar,
unerkennbar.
Darum
hat
Gott
keinen Namen, weil er eigenschaftslos ist, weil man sein
Das sagt Philo ausdrcklich an den
nicht bezeichnen kann.
eigentlich
Wesen
von SCHWARTZ angefhrten Stellen (de mut. nom. ii. leg. alleg.
Aus dieser berspannung der Transzendenz Gottes sind
III 207).^
auch die Mittelkrfte bei ihm zu erklren. Wie den abstrakten
auch den dualistischen
Gegensatz Gott und Materie, Idee des Guten und Prinzip des Bsen.
In seiner Erhabenheit und Abstraktheit kann und darf Gott nicht in
unmittelbare Berhrung mit dem Materiellen und Bsen treten.
Darum bernehmen die Krfte" oder Wirkungen" Gottes die Vermittlung; diese identifiziert Philo zunchst mit den platonischen Ideen ^
da Gott die oberste Idee ist oder noch ber den Ideen steht, dann
aber auch mit den stoischen wirkenden Krften in der Natur, den
Gottesbegriff,
so
entlehnt
Philo
aus Plato
wie es scheint, schon in der Stoa selbst mit
den platonischen Ideen in Verbindung gebracht waren.3 Also nicht
\6yoi
(nrepfjLaTtKOL,
die,
Lehre von den gttlichen Krften keine philosophische, sondern
Theosophie
ist, will SCHWARTZ aus der Heimlichkeit schheen, mit
superstitise
der Philo sie umgibt. Philo bezeichnet aber die allegorischen Bibelerklrungen
^
Da
berhaupt
*
in
De
als
Mysterien.
spec. leg.
329
rats ffudrois Svvdfieai.v, Hiv ^rvfiov 6voa ai I54ai.
63 (HARRIS S. 64) ras irpiirai rov vroi
SCHMEKEL (Philosophie d. mittl. Stoa, S. 430
Exod.
3
die
II
Quaest.
dvm/jLeis iS^as ISeuy inrapxo'aau
ff.)
hat es sehr wahrschein-
hch gemacht, da Posidonius bereits die platonischen Ideen mit den stoischen
X701 airepuauKoi (und den pythagoreischen Zahlen) verknpft hat.
COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO
aus jdischer superstitiser Theosophie,
317
sondern aus Vorstellungen,
die Philo der griechischen Philosophie entlehnt hat,
ist
die
Lehre von
den gttlichen Krften zu erklren. Diese Krfte oder Ideen sind
Auch diese
zahllos (dixvrjTot) und haben viele Namen (iroAvww/otot).
Tro\vu)wixia ist nicht jdisch, sie stammt gleichfalls aus dem Stoizismus,
speziell aus Posidonius, der von seiner mit dem stoischen Logos
identischen Gottheit sagt, da sie vermge ihrer Krfte oder
Wirkungen
viele
zeichnet Philo
die
Namen
trage.'
schpferische
Als die zwei obersten Krfte be-
oder gndige
{Koa-jxoiToirynKri,
t'Aews)
und die herrschende oder strafende (aa-cXiK^, KoXaa-T-qpios), die er in
den beiden Bezeichnungen fr Gott (eos und Kvpios), die in der SeptuaEs ist mglich, da
ginta gebraucht werden, ausgedrckt findet.
Der palstinische Mihier die jdische Theologie eingewirkt hat.
drasch kennt nmlich eine hnliche Unterscheidung von Gottes
Barmherzigkeit und Gerechtigkeit: wo mn"' in der Bibel steht, sei
Gottes Eigenschaft der Barmherzigkeit
(D''n"in
mo)
gemeint,
wo
DM^N, Gottes Eigenschaft der Gerechtigkeit Onn mo). Wenn Philo
diesen Midrasch gekannt hat, so hat er ihn jedenfalls falsch anDenn er geht von der Etymologie der griechischen
gewendet.
Wrter eds und Kvpios aus und findet demgem in Oeos (= D\n'?i<)
die gndige und in KvpLos (= m.T) die strafende Kraft Gottes, lehrt
also gerade das Gegenteil von dem, was in dem Midrasch ausgedrckt ist. Man knnte also hiemach hchstens von einer geringfgigen Berhrung mit jdischer Spekulation sprechen. Die Lehre
von den Krften" aber lt sich nicht auf diese, sondern nur auf
die griechische Philosophie zurckfhren^.
Vor allem aber, fhrt Schwartz fort, ist es unmglich die
Lehre von den Krften von der Angelologie zu trennen. Wie sich
aus superstitisen Grnden im AT. die Oftenbarung durch den "JS^D
mn"" an Stelle der direkten setzt, ist bekannt: Krfte und Engel
'
Diog. La. VII
135
eV t'
eripai'i duoiiaalaiS Trpoaovod^ea^ai.
irpotTovofj.dieiT^at
'
Die
eo Kai vovv
el^-ai
147
Kai
elap^vrju
Kai
Aia iroXXats rs
.7-6 itjkov Si irdvTiv, 6 iroXXats irpoa-ijyopiati
Kara ras Svvdeis.
von der trv de plant. 127, meint Schwartz, werde erst
wenn man bedenke, da die Spteren den Namen seiner HeiligDC) mit dem Wip 131 identifizieren. Das tun nicht erst die Spteren,
Stelle
verstndlich,
keit" (itnp
schon die Bibel identifiziert beides: Ex 3, 15 (danach Ps 135, 13) mit Bezug auf
die dort gegebene und bis auf den heutigen Tag in Gebetstcken festgehaltene
Bezeichnung Gottes als ,,Gott .Abrahams, Isaaks und Jakobs". ber die Unrichtigkeit der Worte ,,zum Namen Gottes bekennt sich der Jude in der Eucharistie
und im Psalm" s. ob. S. 307.
FESTSCHRIFT COHEN
3l8
am
sind dasjenige
Wesen, das von den Menschen
gttlichen
erfat
werden kann, daher, fr Philo wenigstens, identisch". Die Lehre
von den Krften von der Angelologie zu trennen ist keinem Menschen
eingefallen, da Philo ausdrcklich die Swdixeis 6eov mit den ayycAot der
Da im AT. die Offenbarung durch den Engel
Bibel identifiziert.
Gottes an Stelle der direkten geschieht,
dieser Allgemeinheit
(in
ist
Die Engel sind im Pentateuch, der fr
Philo allein in Betracht kommt, Diener Gottes, die als Boten von
ihm ausgesandt werden, um einen gttlichen Befehl auszufhren,
ausgedrckt) nicht
richtig.
Menschen zu
seinen Willen kundzutun,
und zu schtzen
leiten
u. dgl.';
Offenbarungen werden (in der Regel) von Gott selbst erteilt. Als
Gottes Diener (vTrrjpeTai, Siokovoi, Sopvcfiopoi,, Sopvcfiopova-ai) werden aber von
Philo auch die Swa/xas deov bezeichnet, die als Mittler zwischen Gott
und der Welt stehen wie
die Engel; daher sind beide fr ihn iden-
Diese Gleichsetzung war um so leichter, als schon die Stoiker
die in der Natur wirkenden Xoyot o-irepixaTiKoi mit den Dmonen des
Die griegriechischen Volksglaubens zusammengebracht hatten.
tisch.
schon von Plato (Symp. 202 e) als Mittelwesen
zwischen den Gttern und Menschen bezeichnet werden, galten den
Stoikern als hhere geistige Wesen (yj/vxi-Kai ova-iai). Die Engel sind
chischen
die
Saifxove^,
nach Philo gleichfalls rein geistige Wesen ^ und bedeuten dasselbe
was die Saifiove's bei den griechischen Philosophen.^ So kommt es,
da die Swafieus (= ISeai), die Aoyot (a-TrepfiaTiKot) und die ayycAot (=
BegrifTe
identische
Philo
fr
latfioves)
Wenn demnach
sind.*
genannt werden,
Aoyoi (deov)
Engel von Philo an zahlreichen Stellen
auch Philo: de plant. 14. de somn. I 141. de Abrah.
De confus. Hng. 174. de Abrah. 115. de spec. leg. I 66.
So
% 16 ^uxO'S
de plant.
gig.
0^1'
14
Am
XKoi
os
vwrdrw
5'
ehcu
KaXovat, Mojuff^s 5^
/liv dia(p^poi'Ta,
ras Ka'^apWTdrai
eiwer
yy^Xovs MtoucT^s
daifiova^,
(j>ik6(jo<poi.
Sai/wvas Kai yyiXov^ dv/xara
'f'*'
(piKoaocpiricravTe^ i^pwas
s oi jj-h irap'
(\{/vxds),
ibairep
/xkv
(ppovrifidrup
eydXov a/nX^ui aKoal Kai
XXot
ol
bvbfJiaTL-
irarpl
^etor^pwv
Kai
Kai
<t)i\6<TO<f>oi,
yp ras tov
5iayy4XXovai.
iiruc^poK
6 5^ lepbs
Tjijuv
irapb
irarps
Kai
Xbyos
dyy^Xovi
iwiKeXeija-eii
EWijffi.
140 ff.; Philo schildert
rots
S. i26fTf.) die
Ka^apdjraTai Kai pta-rai (i/vxal),
virapxoi oe toD irav-rjyefibvoi,
Kai dKoiovaai.
etwe
KuXelv
Salfiovas
ratjTecs
irpoa<pvea-Tipi^
xP^f^''^
iyybvoiv Kai ras tQv iyybvwv xP^ias
fepxofi&ovs avnvs
<Twi(j)p fiecrLraLi Kai SiaiTrjrais
171 175 (SCHWARTZ
5'elal
icpopQcrai. irdura
Kai
KaTibvras ela-fiyayev,
Xbyon
xPV<^^^'' ^'*
'''^
Vgl. auch
pxv^ a&rov Kpdros.
fhrt nur einen Teil dieser Stelle an).
ire^piK^vai rbv irajnrpvTaviv Kai rb /M^yiffTOV
ling. S
XKai
iTriKaxovcrai
6\pii,
'
077^01;? vpocrayopevn.
deutUchsten zeigt das die Stelle de somn.
da im Anschlu an die
Bevlkerung der Luft mit reinen Seelen:
vo/j.dteii'.
iv 5^ koX rairrbv viroKelfievov.
platonisch-stoische Kosmologie (BrHIER
ei^bvuiv
115.
fat sie
De
die
ri
re'infirivai
rQ
rols
Kai
de CCnfuS,
COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO
319
knnen das nicht einfach 'Reden' Gottes sein, wie Schwartz
behauptet. Die Aoyot knnen an allen diesen Stellen nur im philoSO
Sinne
sophischen
ausgedrckt wie
darin
Begriff"
werden,
verstanden
es
den
in
kungen, Ideen, Bilder", die im gttlichen
wie Strahlen von ihm ausgehen.
Aoyoi
die
Die
spekulative
Krfte oder Wir-
Wesen
enthalten sind und
Aoyot sind nichts anderes als
Nur hat
der Stoiker.
a-irep/xaTLKOL
derselbe
ist
Swa/iets:
an die
Philo
Stelle der
stoischen Weltvernunft den Gott des jdischen Off'enbarungsglaubens
deshalb
gesetzt,
heien
Man
Aoyoi 6doi.
um
orav
.,
dcrc/zaTots aKTtcrt
yuev
ttjs
kol
evcfiopfj
AoytK?js
ayyeAovs* ...orav ydp
at
(racf)i(rTaTat
rrjv
to
115 ...rj
a'iprjrai,
t/i/ros
d(rKr)TiKfj
rals dp^erinrois kol
dOavdrois Aoyot?,
elKocriv,
aTToAtTrwo-iv
ytvovrat
tov
al
ovs KaAeif eo9
eov
avyat,
dvareAAet
KaraAryi^ets,
Es
Kai dcrevea-Tepov Aoywv, ovkti Trpay/xdTOiV, c^eyyos.
da mit den dcimrot
angefhrten Stellen
tov reXe(Tcf>6pov 6eov TrepiXdfnrerai, rav 8e
"^vx^jv
TrpayfidTOJV
tjv
B, de somn.
tt/dos
Tr-qyrjs
KaraaLvrj kol d(f)Opy, Tals (Ketvuiv
Schwartz
oder
Aoyot Oeov
die Unmglichkeit einzusehen, unter
Z.
,,
ihm auch
bei
braucht nur die von
im Zusammenhange zu lesen,
Aoyot
Reden" zu verstehen.
BiavoLa
Aoyot
diese
to
8l
o>v
Sevrepov
auf der Hand,
liegt
den Abbildern der Ausstrahlungen der
Aoyot,
gttlichen Vernunft, nicht Reden'' gemeint sind, sondern die ewigen
Ideen und unsichtbaren Krfte in der Natur, wie de opif. mundi 43
...ras (nrepjj.aTiKds ovo-tas..., ev aus dSrjXoi Kai d</)avis 01 Aoyot twv
oXwv
eis
oder de spec.
eiVt
leg. I S
Der Gegensatz
c/cyovovs Sitjkovo-i.
-^^yo'? Tr/ooyovwv,
^37
TrpdyfxaTa
und
do/jarots etSecrtv,
Aoyot bedeutet nicht
Sachen" und Reden", sondern im platonischen Sinne wirkliche
Dinge" und Abbilder oder Erscheinungen der Dinge", wie doch
aus dem Gegensatz /3;(eTi)7rots KTio-t und rat? cKetVwv t/coo-t klar hervor-
Danach mssen wir auch an den andern von ScmVARTZ
geht'.
angefhrten
Schwartz
"
avrQ
TTjf
TT/js
p.a.Twv
(^tXoed/Uoyt
-
weiter
bei
Sia
tu>v
.Tro-}(p(cTL
Was
yp
de fuga
ttjs
Kai (pvXaKas
fxoa-dfiei'Oi,
76 ...
Kai
al
vepl
(^'
ao(pLai
(seil. TriavQiv)
finden
da
will,
er
die
t d\r;eiar ip^yyos fjpi_aTo 6 es iva-
oi5
avrrjs
oiix ^veKa
'^apro}!'
tov TrXeidvuiv
\6ywv,
yerai Se
ifjLireipos yei'^-at
eou Kai rCiv lepujTaTuv avroO 5vydfj.euv
et inv. 144
de confus.
genauer erlutert wird:
oidav
angedeutet
Wenn
ablehnen.^
oyS^
Trpay-
^rff]<jei.i
T(p
ktK.
zeigt die Parallelstelle
Tr]v
Philo
imarifiris
^iaf avrQiv
Reden"
bersetzung
die
Vgl. de migr. Abrah.
(TTpaTTTeiu
^rroj'
Stellen
fi
oOx
4'^xV^ Trepi^iovras,
6in-as,
alux'^'"^'^'-
opg.i
Iva.
'"'^
oOj Kokeiv los yy^Xovi.
mit
ling.
roiis
toi>s
27
gemeint ist,
wo dieselbe Bibelstelle (Gen 19, 4)
Upom
f.,
koI fudvrovs \6yovs
ia-Teipu4vovs
ao(plav Kai TvcfyXoin
ddyotaf
tovs ^evu^ivra'! iepovi Kai aLovs \6yovs airnj, <ppovpovs
dM(f>^ipu(ri
Karo.
tQv
'bddjv
Kai
lepQiv
\6yiav
awo-
FESTSCHRIFT COHEN
320
Gleichung ayyeXoi
das
Aoyot
zugeben.
nicht
Adyoi etot
(=
dyycAovs.^
Er
bernommen
eov
wo
fgt an einigen Stellen,
Philo
Worte hinzu
deov) spricht, die
Svvayxets
so kann ich auch
hat,
oi's
damit nur sagen: ich nenne Aoyoi
will
von den
er
eos dvo/xaCciv
6uol,
was man
mit biblischem Ausdruck ayyeAot nennt", also dasselbe, was er anders-
wo
mit den Worten
ausdrckt:
Man
ayyeAoi nennt".^
knnte
die
die
heilige
(Moses)
Schrift
einrumen, da von gebildeten
allenfalls
Alexandria schon vor Philo die biblischen Engel mit den
griechischen Saifiove? zusammengebracht wurden. Aber die Gleichung
Juden
in
Aoyot
^106
nommen,
hat Philo nicht aus jdischer Spekulation ber-
ayyeAot
den philosophischen Begriff der 8wa/xts 6eov aus
der griechischen Philosophie gewonnen hat und deren Verknpfung
mit den Aoyot der Stoiker auch nur dieser entlehnen konnte. Auch
das allmchtige Wort Gottes" in der Weisheit Salomos (i8, 15)
kann nicht als Beweis gelten fr Philos Abhngigkeit von jdischer
Spekulation in dieser Beziehung. Die Weisheit Salomos nennt nicht
weil
er
den Engel, der
Wort
g}^ptische Erstgeburt
die
Gottes": o 7ravToSva/xds
Gott, da
Exod
ttet,
das
allmchtige
Adyos ist nur eine Um.schreibung fr
(tov
29 Gott selbst es ist, der die Erstgeborenen
Wenn der Verfasser der Weisheit Salomos dieses
12,
der gypter ttet.
'Wort Gottes' dann
personifiziert (wie dies
B. schon bei Jesai 55, 11
z.
Chron
21, 16 den Pestengel, so geschieht es nur, weil er Anthropomorphismen vermeiden wollte, wie das sptere Judentum berhaupt.^
und
geschieht)
poetischer Weise hnlich schildert wie
in
Mit Philos Aoyot hat das nichts zu
tun.
und aus dem Umstnde,
da der Adyos Oeov auch der lteste der Engel" genannt wird, schliet
SCHWARTZ weiter, da der Logos bei Philo das Wort Gottes" ist
Aus der Gleichung
deov
Ao'yot
yyeAot
Man
und nicht das immianente stoische Weltgesetz.
Schwartz
nur die Stelle an, die
De
'
Vgl. die
migr. Abrah.
oben
174 yy^Xovs ras
TWjrai
3
S.
i/'u^s
Schon
LXX
die
raurai eiwe KaXelf
oi
Woi
ersetzt
(piXocrocpoi,
z.
Exod
B.
28.
5^ lepbs Xyos yyfKovs eiwe KaXeiv.
4,
24
nw
irap4\^
4
KcLv
K0ffe2(T^(u
(Trjfia
Seivs
Exod
Praep. Evang. IX
ixrfiiiTU)
Kar rbv
/JL&Tot.
pcDf,
'laparjX,
ny^vTi
irptjiTbyovov
iroKvdiyvp.ov virp-)(ovTa.
Kai
yyeXos (Euseb.
KvpLov
und der
mit den
Worten
durch yyeXo;
jdisch-hellenistische Dichter Ezekiel umschreibt
TTws
12, 13
29).
^(6xpfws wc vlbs eoO 7rpo(Tayopevea^aL,
rjs
146).'*
de somn. I 115.
gig. 6, femer de confus. ling.
ecrTTiySs \6yos.
de SOmn. I 141
de confus. ling.
3183 angefhrte Stelle de
Salnoyai ^u
(\f/vxo-s)
hier zitiert (de confus. ling.
173.
sehe sich aber
airov^a^iro}
avrov \6yov, tov Yy^Xw;' irpedvTaTov, ws av pxdyyeXov,
Kai yap dpxv xal
Trpocrayopeijerai.
vofia ^eov Kai
.
Kai
yp
ei
Xyos Kai 6 Kar' elKva v'ApuTTOS
Tfir)
iKavol
eoC iratbes
vop.l^ea'ai.
COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO
321
denkbar, da Philo dabei an das biblische Wort Gottes" gedacht hat? Oder kann irgendeiner seiner griechischen Leser unter
Ist es
diesem Ayos das biblische Wort Gottes" verstanden haben? Wie
die Aoyoi deov an den eben besprochenen Stellen nicht Reden Gottes"
den mit den SwafULs identischen Begriff ausdrcken,
sondern
sind,
dem
so kann auch mit
Singular Adyos
hier nur ein philosophischer
Beweis dafr sind auch die verschiedenen
Namen des Aoyos, die ganz der TroAvww/ita des Aoyos im stoischen
Pantheismus entsprechen (s. oben S. Si/O- Wie die Aoyot 6eov bei
Begriff gemeint
sein.
den stoischen Aoyot o-irepfMaTiKoi stammen, so kann auch
der Logos bei ihm nichts anderes sein als der stoische Aoyos koivos
oder o T^s cftva-ews Aoyos, die immanente und alles durchdringende
Weltvernunft, Sein religiser Monotheismus vertrug aber nicht den
Wie also die Aoyot der
pantheistischen Charakter dieses Logos.
aus
Philo
geworden sind, so der stoische Aoyos
cf)vcre(os
zum 6eov oder Oetos Adyos. Der stoische Logos ist die
TTJs
Weltvernunft, der Inbegriff aller Adyot o-Tre/j/xartKot. Philos Logos ist
die Zusammenfassung aller Adyot etot, er ist die gttUche Vernunft,
die in Gott immanent ist und von ihm ausstrahlt, das Abbild {elKuyv)
und die Ausstrahlung (dTavyaarfia, aTrppota) Gottes. Da die Adyot deov
mit den platonischen Ideen oder Swa/iets und mit den Engeln der
Bibel identisch sind, so ist der Logos, der oberste der Adyot, auch
Stoiker
bei
ihm zu
Aoyot
die allgemeinste Idee
Krfte"
bedeutet
Trpea-vraTos)
Logos
twv
(tSea
twv
(i7ye/xwv
deov
Swa/iewv),
iSetSv,
der Anfhrer der
apxervTros ISea)^
der lteste oder vornehmste (beides
der Engel*
Seine Identitt mit
dem
stoischen
an zahlreichen Stellen klar zu Tage, zumal Philo ihn
hufig geradezu mit stoischen Namen wie d o-Trep/iart/cds Adyos oder
liegt
oder
d opOos Adyos
(1.
d TTJS <f>va-ws Adyos
dvod^eahau) yeyvafiev, dXXd
elKujv
\6yos
*
spec. leg. III
Si.aTpi<pei
207
rev.
airroO
Leg.
\byop
alleg. III
div. her.
irpbt
oca yiyove,
de somn.
150
a-irepaTiKs Kai yfPv-rjTtKos
119 dparos Kai
toO 6utos X670S,
X70J \7r)s Kai
leg. alleg.
kuI 6 X670J 5e tov eoO
239
ttj!
f.
tov
'eoO
rwv Ka\wp \6yoi
i]
(jirepfiarkid]
eUdva, top
6pj.
de
agric.
ttjp iirtfKeiap rrjs
worauf Exod
wird (ebenso de migr. Abrah.
23,
174).
quis
Quaest
20
de
Idoii
51
kpas Tavrrji
iyui dTrocrr^Xw
post.
21
in
de
tQiv 6vt(j3p ovaia,
St/Xwti/cos irdpTWP.
top p^op avrov \6yop Kai irpwrbyopov v16p, ts
zitiert
a-rrepfiaTiKos Kai Tex^/cr SeZ6s icxTi \6yos.
y4\rjs old Tis /MeydXov affi\^u)s vrrapxos SiaS^^erat,
t6p dyyeXop
top vurdru X670J'.
iSiav,
rbp ifyefiva iraaQp tQp toiovtuip 5wd/ieup,
Exod. II 68 (Harris S. 67)
vita Mosis II 128 t^s (t>i(Jewe
irpofjTTja'dfj.ei'OS
px^TVwov
ris r!^ yeviKUTdTu) aiirov \6yu},
yp
irpea-vraTOS Kai yefiKTaTOi tCjv
dyyeXop
\6yov toO iepvrdTov eou 70p
de/5oys dnvos aiirov,
irpfcrvTaTot.
De
III 175
ttjs
roi.
bezeichnet* und mit Attributen
Caini
68
FESTSCHRIFT COHEN
322
Die Auffassung, da der Logos bei
des stoischen Logos belegt/
Philo die gttliche Vernunft
bedeutet,
dem
erhlt
weitere
eine
Sttze
Stoizismus stammende* Lehre,
da
die menschliche Vernunft mit der gtdichen nahe verwandt und
deren Abbild sei.^ Dabei ist zu beachten, da Philo (wiederum in
durch
aus
gleichfalls
die
bereinstimmung mit den Stoikern) in dem Logos des Menschen
den Aoyos ev8id$Tos und den Xoyos TrpotfioptKos unterscheidet, diese Unterscheidung aber bei dem gttlichen Logos nicht macht: in der gttlichen Vernunft ist eben eine Trennung des Gedachten und des ausgesprochenen Gedankens nicht mglich, Gottes Gedanke und Gottes
Wort
Diese Einheit
sind eins.
dem
in
ist
griechischen Begriffe aus-
gedrckt; denn Aoyos, das ursprnglich Wort" (==
hat
bedeutete,
oder Rede"
prjfia.)
der philosophischen Sprache auch die Bedeutung
in
Vernunft" und Gedanke"
So hat auch der
erhalten.''
Aoyos Oeov
bei Philo eine dreifache Bedeutung: die gttliche Vernunft, der gtt-
Gedanke, das gttliche Wort. Die bersetzung gttliches
Wort" ist besonders an solchen Stellen geboten, an denen er auf
Bibelstellen Bezug nimmt, in welchen das Wort Gottes" (prjfjia eou)
liche
6 irpo(TTdTr]s
eTrlrpoTTOs
7)
Ebenso vom
t)
StSdtTKaXos
oJuXfTai
X670S =
etos
irori
TL
ij
irarrjp
fj
Saliniy,
quod deus
lepevs
xPV x^^elv tou
vpoaTrrjv
eKuTTtf
61/
KoKeiv toO av/Kpla.TOS
(plXoi'
ti
t)
sit
iep^a.
Kai
immut.
Hierzu
i)yfx6ya
134
vgl.
iirlrpoTros
Mark Aurel
ij
5,
irari]p
27
irSjvaafia
IduKev,
Zei)j
6 p's \6yos.
T)fiC}v,
yap
cra
iavTOV'
StOj d4 iariv iKarv vous Kai X7oy.
Quis rev. div. her.
'
30 Tov
iiiaov
jrpayd.TUi'
tCsv
X670;'.
de Cherubim
eavTo \6y},
28
d^VKivriTraTOV
yp Kai
eiy,
de spec.
leg.
i<7Tli>
u^pdmivoi vovi
ry yhei
rfjs
eUuu
Xyov crvyyiveuiv,
II
III
eKfiayelov
rjv
t)
wairadpLa
(paat TViru'^rjvaL
(p'
i^alpeTov
irapaaxop-ivov
Kai eyicrT-qv
oS Ka^dnep pxeT^Trov yiyovev
iravyaaa yeyovcbs.
t)
Kara
T-qv
.
ekSva rov vtos^ireiST]
^eoeidrjs
de exsecr.
Zwpedv,
dv'^piiirivos vovs.
ttjv
163
wpbs
Tbv
Quaest. in
62 (Harris S. 26) "hvrjTbv yhp ovUv neLKOvia^vai irpbs Tbv dviordTio Kai iraT^pa
iMvaTO, dXXa Trpbs Tbv Seirepov eo', os ^cttlv iKeivov \6yos- I5ei ydp Tbv \oyiKbv
iv v'bpiinrov ipvxv ruirov irb eioi;
ber
braucht
(pOcreios
of^dvaTOv,
'''h"
dv^pibiruv
Gen.
143. 156.
207 i^vxv ydp v^p-rrov riiov,
px^virop IS^av, Tbv ywTdru X670;', TUTrwefj.
foO.
irpbs
tSiv
/xaKaplas
81 ^VXV"
airrov
tGiv 'okwv
ex quo pars et in hoc pectus mortale
230 Mo \6yovs, 'iva fih px'^Tvwov Tbv virip vz-ms, 'iTepov 5k
V^s VTrdpxoma. de opif. mundi I46 rrs av'iipUTros KaTO. /xh rijv dtdvoiav
Tbv Kah'
5'
dei,
div. her.
(^KelwTai \6yij}
de
Kai irvpSr)
Mark Aurel 5,27. Diog. La. VIT
Quis rev.
3
p.lp.7)ixa
mens
San. Epist. 120, 14 ...
defluxit. cf.
eoO
^j/^epfxov
ffvfiirivTiav
X7S Kai fiaXuxTa 6 tov alriov.
^ep/jLv
X670S
13 toj royuei TcDf
ist,
X70V
x^P'^'X^^'''*'
die mannigfaltigen Bedeutungen, in welchen X67os bei Philo ge-
vgl. die
Zusammenstellungen von Grossmann, Quaest. Philon. altera
X7V Philonis, Lips. 1829.
COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO
Da
vorkommt.
er das biblische p^/xa 6eov mit seinem
Dieselbe Verbindung haben wir an einer Stelle, wo Exod
Logos.'
25,
22
wird.^
Aoyos
323
verbindet
avwev
AttA-^cro)
tov
dva
IXaa-TTjpiov
twv ^(.povijx erlutert
jik(rov
Es wre aber sehr verfehlt, in diesen Stellen, wo wir also
wegen des synonymen Ausdrucks p^/xa mit Wort" bersetzen
mssen, einen Beweis
sehen dafr, da der Philonische Logos
berhaupt nichts anderes sei als das biblische Wort Gottes. Diesen
wenigen Stellen steht eine Unmasse von Stellen gegenber, an denen
nur die gttliche Vernunft" oder der gttliche Gedanke" verstanden
werden kanru
zu
Der Ausgangspunkt des Philonischen Logos kann
nur der spekulative Begriff der griechischen Philosophie gewesen sein,
den zuerst Heraklit geprgt 3 und die Stoiker weiter ausgebildet
Vom
haben.
bunt
bibhschen Wort Gottes" fhrt keine Brcke zu der
Lehre vom Logos bei Philo. Das mn"" nm der
der Septuaginta bald durch Aoyos Kvpiov bald durch
gestalteten
wird
Bibel
in
priim Kvpiov bersetzt.
Philo nennt seinen
Logos niemals
denn unter Kvptos versteht er etwas anderes
Die Gleichung Aoyos deov (oder Aoyos duos)
das Tetragrammaton.
als
Aoyos Kvpiov,
ihm
mn"' "im hat
bei seiner Unkenntnis des Hebrischen ganz fern gelegen.
Wo
also
Philo
von einem Worte Gottes im biblischen Sinne spricht, also
von einer Offenbarung oder Willenskundgebung Gottes, da gebraucht
er nicht den spezifischen Ausdruck Aoyos deov (oder Aoyos ddos), son-
wirklich
dern andere unzweideutige Ausdrcke wie Aoyiov oder XPWI^^'^- Man
wird auch bei Philo keine Stelle finden, wo in so charakteristischer
'
Leg.
alleg. III
o5t6s
173
6 eds rrj ^pvxV) Jrpoaev^yKacr'bai.
UduKev
iffrif 6
iavTOv
oKrtrj
-qv
Kai
yvi^aiov
^(pa/uev
\6yov yiypavTai ydp-
,,ovk iKKXtveh irb
inv. 137
Kai
\6yov
eiire.
ii'rfTi^cravTes
"elov,
pros"
tI
t6
(prjal,
Quaest.
to
pyj/ia
Exod
\6yoy
rpvxw
piovatv
vixos
(Deut
Tpo(p^,
^v 548wKev
ttjv acyCKiia]v
KaXei
28, 14).
eoO
70W
prjiia
Kai
de fuga
et
epo" a'iivTes pruxa eoy kuI
evaoi.
vwiTa^e Kvpios" (Exod
ovtos yhp 6 pros, tv
I02
(pi\ocro(piav,
tov priaTOS ktX."
(ro(pleu
16, 15),
de pOSt. Caini
elvai
Tpitpov iarl rr]v
^' ov vaaoL waiSeUu Kai
totO",
(Exod
Kai tov eavrou
pri/j.a
(payeh, tovto to prjfia" (V. l6).
T)pXu
Taxmtv 656v,
(139)
tLs odv 6 prot,
16, 16).
68 (Harris S. 66):
Philo deutet v n^aov auf den
Logos und nennt ihn (wegen XaXTjo-w) cpuvr] Kai \6yos, und dem entsprechend heit
Gott hier \4yuv. Aber gleich darauf spricht er von demselben Logos in den
ihm gelufigen Ausdrcken: liretTa 6 toO ovtos \6yos,
a-irepfianKT} tZv vtuv ova-la
und beschreibt die Stufenfolge der 5vvduis, die von ihm ausgehen. Ebenso bezeichnet er leg. alleg. III 175 den Logos, den er eben erst mit dem prjfia eoO
verbunden hat, als die allgemeinste Idee (r6 yeviKilnaTov tQv 6vtuv).
'
in
II
rj
Act.
28,
(Diels
Doxogr. 323)
t6v Si owiai tov Trai^s oiriKovra.
'SpdK\eiTOt
owlav diMppAm^^
ive(paLvTO \6yov
FESTSCHRIFT COHEN
324
Weise von der Macht, Gre und Ewigkeit des gttlichen Wortes"
gesprochen wird, wie es in der Bibel geschieht.^
Weiter behauptet SCHWARTZ: Und dieses 'Wort Gottes' ist bei
ihm ebenso wie in der Weisheit Salomonis (9, i) und dem vierten
Evangelium dasjenige, das die Welt geschaffen hat". Die Weisheit
Salomos beweist wiederum fr Philo nichts. Dort ist natrlich das
Wort" gemeint, durch das Gott (nicht das) die Welt geschaffen
hat, dort liegt die rein jdische Anschauung klar zu Tage, der ganze
dem
Satz klingt wie eine bersetzung aus
Hebrischen.'
Bei Philo
von SCHWARTZ angefhrte Stelle de sacrif. Abelis et Caini
8 die einzige, an der er sagt, da die Welt durch ein Wort Gottes"
geschaffen sei. Es geschieht im Anschlu an die Bibelworte Deut
ist
die
Moses starb auf Befehl Gottes"
34, 5
dem Grunde,
aber nur aus
koctixos eSrjfxovpyeiTo,
a-vfjiiras
Worte hinzu
Philo fgt nun die
bersetzt.
hier miT^ ''S"^V
wie die
8ta p-q^aros Kvpiov,
8l
LXX
ov koi
weil er damit
da Gott den Weisen der Welt
gleichwertig erachtet. 3 Philo bertrgt hier also auf das Wort" etwas,
was er sonst vom Logos aussagt, hnlich wie er an den vorhin be-
den philosophischen Satz beweisen
sprochenen Stellen Aoyos und
will,
prjixa
verbunden
6eov
Das konnte
hat.
im Griechischen Aoyos und prjixa synonyme Ausdrcke sind.
Aber allerdings liegt hier ein Widerspruch insofern vor, als prj/xa
nicht das bedeuten kann, was Aoyos in der philosophischen Sprache
er,
weil
bedeutet.
Was
Philo unter
dem Logos
der Weltschpfung wirklich verstanden hat,
Vor
Stellen klar genug.
Gottes Werkzeug bei
als
sagt er an zahlreichen
allem in der grundlegenden Auseinander-
mundi 1 5 ff. Hier
sieht man so recht deutlich, wie weit Philo sich von der biblischjdischen Anschauung entfernt. Verstand Philo unter dem Logos
das Wort Gottes" oder sah er in diesem die Wurzel seines Logos,
setzung ber den Weltschpfungsproze de
z.
B. Jesai 31,2. 40,
0e^
iVa fid^s, Ti TOV
Traripo}!'
ip-ya^/xei/os Kai
^
Wie
Kai
8. 55, II.
Kvpie
aocpbv
tov
Ps 33,
iXiovs
IdOTiov
rb fiev
yap
Xeioripup
tj
K6crfJt.w
es
8, 3),
aTbti.a
(TVfJi.o\op
'f/vxv
Cos
119,89.
r
irvTa
tQ avrQ
r/yetTai
crov
\byi^ Kol t6
wv
iv
Xytp
eavrov.
Wahrheit ber das Verhltnis zwischen Logos und
(Deut
Also der Logos
107, 20.
iroirjaas
t6v TiXeiov ir tui> irepiydwv vyuv
Philo in
dachte, erhellt aus leg. alleg. III 176
/xaros eoO"
6. 9.
ffov,
opif.
a}^\' ewl Traurl
priixari.
prip.a
rip iKTropsvo/uLhip 5td (7T-
rovriari Kai Si iravThs tov \6yov TpacpT^aerai Kai oi ^povs a&rov'
tov \6yov,
^byip'
to bk
prjfia
yair7)aaip.ev
^^V '''V
das allgemeine
5'
p-ipos aTOv.
hv
7]p.is,
ei
rp4<pTai S^ tuiv p,^p re-
Kai fxipei Tpa(peiripiiv avTOV.
{to yeviKbv), das ,,Wort" nur ein einzelner Teil
des Logos; das Wort hat also nicht die schaffende Kraft wie der Logos.
ist
COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO
32$
SO mute er den Grundsatz von der Schpfung des Alls difrch das
Wort Gottes an die Spitze seiner Errterung stellen. Wie aber ent-
ihm die Welt? Nicht durch das Wort Gottes. Philo lehrt
Er unternicht eine Schpfung ex nihilo, sondern eine Weltbildung.
scheidet in bereinstimmung mit stoisch-pythagoreischer Lehre zwei
Weltprinzipien, die wirkende Ursache und die passive Materie.' Gott
als die wirkende Ursache (o twv oAwv vov? nach stoischer Terminologie
genannt) schafft die Welt, indem er die leblose und gestaltlose
Materie belebt und gestaltet. Die Art und Weise, wie das geschah,
Weil eine
schildert Philo dann im Anschlu an Piatos Timaeus.
schne Nachahmung nicht ohne ein schnes Vorbild entstehen kann
steht bei
und
wahrnehmbare Dinge nicht tadellos werden, wenn sie
einem Urbilde und einer Idee nachgebildet sind, so formte
sinnlich
nicht
gedachte Welt, die Ideenwelt (koc/zos vor/ros), um
dann vermittels dieses unkrperlichen Vorbildes die krperliche oder
Gott
die
zuerst
wahrnehmbare Welt
sinnlich
(kV/xos ala-rjTos) herzustellen.
Wie
der
Baumeister den Plan zum Bau einer Stadt oder eines Gebudes
zuerst in seinem Geiste entwirft und nach dem Muster dieses Planes
den Bau ausfhrt, ebenso bildete Gott, da er die Welt zu schaffen
gedachte, zuerst im Geiste ihre Formen, setzte aus ihnen die gedachte
Welt zusammen und stellte nach diesem Muster die sinnlich wahrnehmbare Welt her. Wie nun der Plan des Baumeisters in seiner
Seele eingeprgt ist, so hat auch die Ideenwelt keinen andern Ort
als die gttliche Vernunft; denn die gttUche Vernunft (Aoyos Oem)
ist
die Sttte der gttlichen Krfte"
auch
K0O-/X0S
V01JT0S ist
nichts
anderes
der
welt,
deren Quelle
weltschaffende,
die
demnach, so
als
Koa-fios
In
aus Plato.
die
vorjTos
dem
(o
das Urbild des
pythagoreisch
weltschaffende Prinzip
die
schliet Philo diese Auseinandersetzung,
Vernunft Gottes
als
und eine Kraft" ist
Gte Gottes ist. Der
(Swa/^ets),
6eov Aoyos).
Koc-fios
Die Ideen-
ala-Otyros,
beeinfluten Stoizismus
stammt
ist
das
der als mit der Gottheit identisch gedachte
Logos, die immanente Weltvernunft. ^ Bei Philo wird entsprechend
seinem jdischen Gottesglauben der stoische Logos zum Aoyos eov.
Der Weltbildner ist (wie bei Plato) die Gottheit, die gttliche Vernunft
das Werkzeug
ist
(opyavov),
mit
dem
die
Welt hervorgebracht
Diog. La. VII 134 So/ceT oavrdis pxo.i elvcu tGiv 6\tDv dijo, rb iroiovv Kai to Kay^pv.
Sext. Emp. adv. math. IX 11. DiELS, Doxogr. 289. Seneca Epist. 65, 2.
^ Diog. La. 1. 1. T iiXv olv TTwaxov elmt ttji' iroiov oihtUlv, ttjv Xt/v, t6 5^ woiovi'
rhv iv avrrj Xdyov rbv ^e6v tovtov yp atoiou vra ha. wdffTjs airrijs 8r]iovpyeti> ^Kaara.
*
Seneca
1.
1.
causa autem,
id est ratio,
materiam format.
FESTSCHRIFT COHEN
326
dem
wurde, das Urbild, nach
Danach kann
wo der Logos von Philo
wurde.
sie gestaltet
es
keinem Zweifel unterliegen, da berall,
in
Verbindung mit der Weltschpfung genannt wird, nur die gttliche
Vernunft verstanden werden kann. Und diese Auffassung erhlt
nur eine weitere Besttigung, wenn einmal an Stelle des Logos der
Gedanke Gottes oder die allgemeinste Idee ' oder die Gesamtheit
der Krfte" 3 als Mittler der Weltschpfung genannt wird. Nur bei
dieser Auffassung erklrt es sich auch, da fr den Logos bisweilen
'
die Weisheit
Gottes
(a-ocjita)
Schwartz
eintritt.*
meint,
man
solle
durch die Verquickung mit den platonischen Ideen nicht
sich
irre
fhren lassen, er findet in der Vermischung und Vertauschung des
Logos mit der Weisheit einen Beweis
da Philo vllig in der
jdischen Spekulation stecken geblieben sei. Die Sache verhlt sich
gerade umgekehrt. Wir haben gesehen, da in der Lehre von den
Mittelkrften (abgesehen von der uerlichen Verbindung der Engel
mit den Swa/xets durch Vermittlung der Saifioves) wie in dem Logos
als Mittler bei der Weltschpfung nichts Jdisches enthalten ist.
Diese Verbindung mit der platonischen Ideenlehre und mit der a-o<f)ta
beweist gerade, da Philos Logos nichts mit jdischer Spekulation
zu tun hat. Wenn Philo im Anschlu an die stoische Lehre die
Weisheit die Quelle der allgemeinen Tugend (yevucv) dper-q) und der
De
spec. leg. III
(Tvviarr) tpopais aKyois,
auch quod deus
sit
rbv yp irpetTTepov
189
eUbra iXdavey,
Xoyia-fjLp
dXXa diavolq, eoC,
immut.
31
^i>
6;/
ri
iraripa Kai
raOra ovk TravTO/xaTKrb^VTa
Vgl.
dvod^eii' ^/is.
TrotrjTriv
Koa-fj-os
verepos vls eo5, are ala^ros &v'
irpecreluv
^Luaas irap' iavri^ Kara/x^veiv
yp
vorfrbs 5' iKeivoi
dafr,
SiepOTj^Tj.
De
migr. Abrah. 103 \X'
iKelvT)
ixiv
i]
(xcppayh
I8ia
ISedv,
i(7Tiv
Ka%' ^v
e6s iT&ircae rbu Kcrov.
De
confus. ling. 172
5ta
Kff/xoi,
So
als
6pyavov der
drjfuovpyreh Kap-oi.
Weltbildung quis
de fuga
det. pot.
gttliche
insid.
sol.
rer.
et inv. 109 aoiplas,
dieser Personifizierung wird die
quod
tovtuv tQ>v Bwfieuv
Kai
aadi/xaTOi
vorp-bs
iiryrj
ei?
ffO(plq.
rb Tov (paipoixivov rovSe p)(iTVTrov, ISiais opdrois avara'heis.
54.
aotpLa
81.'
^s
tol
30.
de fuga et
Logos das Urbild der menschlichen Vernunft
das Urbild der menschlichen Weisheit:
Wie der Logos
nlfir)ij.a rr]p iwlyeiov (Tocplav.
'6\a
leg. alleg.
199
^Xec
ist,
43
inv. 109.
als Vater:
Wie
so die gttliche
ravrrjs
Bei
eis yii>ecnv.
Welt neben Gott
zur Mutter der
de ebr.
heres
div.
der
<ro(f>La
us &v apxeTiirov
vibs "iieod genannt wird, so die Weisheit
de fuga et inv. 50. Das Urlicht, das (pCi vo7]t6v, ist de somn. I 75
der Logos, de migr. Abrah. % 40 die (To<j>la. Ebenso wie von der iroXvuvvfiia des
Logos (s. ob. S. 317) spricht er von der iroXvupvp.ia der gttlichen Weisheit: leg.
'istvydT-qp
alleg.
Kai
eoO:
43
yp dpxn"
TTjp fierdpcnov Kai
c-^
ovpdvLov aocpiav iroXXots ovacn iroKvdjvvov ovaav SeS^Xw/ce*
eUdva Kai paaiv ^eov
/c^/cXtjkc.
Vgl.de Confus. ling. 1 46 (ob. 5.320*).
COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO
Kardinaltugenden nennt und dann die
vier
man
dem Logos- gleich-
o-o(/)ta
was
32/
Wort
Gottes" soll. Ebensowenig kann von diesem die Rede sein, wenn
einmal das Manna auf den Logos und ein anderes Mal auf die gttso
setzt',
sieht
nicht,
Identitt
selbst aus der
Juden
und Prov 8
und der
rief,
vor allen Kreaturen bei Gott war..., und dies vorDasein der Weisheit drfte die Spekulation des Koo-/ios
Weisheit,
die
weltliche
haben: die platonischen Ideen
erzeugt
vot;tos
Dem
behauptet:
Kombination von Gen
des Wortes, das das Licht ins Dasein
von
ergibt sich
hier das biblische
Schwartz
Weisheit gedeutet wird,^
liche
die
wirklich
nur Etikette",
sind
Fr den Juden, der jdisch denkt, bedarf es gar nicht erst dieser
Kombination, die Identitt des gttlichen Wortes und der gttlichen
Weisheit folgt unmittelbar aus der biblischen Vorstellung von dem
Wesen des einig-einzigen Gottes. So spricht der in jdischem Gedankenkreise sich bewegende Verfasser der Weisheit Salomos in
einem ParalleUsmus von dem Wort und der Weisheit Gottes. 3 In
der Sap. Salom. ist die Weisheit, obwohl bei ihrer poetischen Schilderung auch stoische Termini mit verwendet werden (7, 24), nur die
*
Leg.
ToO "^eov
alleg.
ao(pias,
I
.
64
iK r^r
ireTTOir/rat
yeviKri aperf}.
dperds*
tj
^ai
(pdffKuv
rod ofTos
p.kv
TT\v
\6yo^
eibi
de post. Caini
b 5k
5'
"ES^/i
iKiropeveTai
.
yeviKTis
-rijy
S\ov
Sk<i)v
6t'
avrr)
(cf.
E5^/U
dvaxebpeMOv Kol
yp toOtov
ras
leg. alleg. III 15)'
SrjXot
So
."
de SOmn.
242 KoXel
II
riacapas pxds", \iycj Si
eis
Setoj \6yos in
p-^h
/cor
5i
Kareiai. 5k wcnrep irb irijyijs t^j aocpias ttotu/xoD Tphi^ov
kpbs oOros X-yos (f>opi^TCU
di.a(Tvi>i<7TT]a-i,
yeviKTi peTTJ)
(ij
Trori^ei
ffxi-^fTox.
Weiterhin wird dann der
durchdringende Kraft geschildert: ( 245)
rbv etov Xyoj
Kai b eoO \6yos
p-ivroi
riffcrapas ipers
als die alles
5i icrriv 6 SeoO \6yos'
i]
ovTOi
i^
yevuo) pen) irb t^s 'E5^//, t^s
f]
\2J ovtws
koKQiv irp^euu
TTT/yf;
irorafibs
<To<plau
t^s to eo5 ao(pias'
'ES^/jl,
pxV y^P
vo/to^njs
ras apxa-s
rirrapei irb
if etei
dk
ai
iKiropei/erai
ow
kv
XafjLdvei
^p7]fj.ov
alp6p.eifoy
irKi^pr)
toO ao<plas vd/xaros
Kai Kevbv eavroO p-ipos ix^^->
eis
v\j/os
di,
ttjv ffVfexV '^"^
ras
eis
stoischer Manier
{pSXKw)
eirdWijXov
oh
rijs
evdov
iniyTJs iKelvTjs ipopdv.
Leg. alleg.
tQi>
roO SeoO
oaa yiyove.
iffriv,
J)j'
115
i
leg. alleg. II 86
Kpav Kai
also wie sonst der
sol. S
7]ois
rb yb,p ptdvva
ri^ yeviKWTdrii) airrov \6y({>
tI", tovt6 iari rb yeviKJTarov twv vtuv kuI b \6yos dh tov eoC
ip-qveveTOL
Kuraros
III 175 SiaTpi<peL yap
i}
yp aKpoTOos w^rpa (Deut
irpiTiaTr^v irep-ev irb tCov
Logos die oberste der
8,
Vgl. auch
15) ^
eavroO SwdpetJiv ktK. (die
Swdp^eis).
quod det
yevi-
<TO(pia
Weisheit
pot. insid.
ff-
Sap. Sal,
9, I. 2
voiT^ffas
TO.
irdvra
ii>
Xytf)
coi;
("11213),
Kai
rfi
a-o<plq,
<rov
Im rabbinischen Midrasch wird an die Stelle des
Wortes" oder der Weisheit" die Tora gesetzt und in Anlehnung an Prov 8, 22
gelehrt, daC) Gott im Hinblick auf die Tora die Welt geschaffen habe (Beresch.
(]ni3:ni) carco-Ki^twas f^pcvTroy.
R.
c.
iMos
Anfang), oder da die Welt auf der Tora gegrndet sei
1, i).
(Tanchuma
zu
FESTSCHRIFT COHEN
328
Personifikation
einer Eigenschaft Gottes,
nicht
ein Mittelwesen
im
Fr Philo dagegen, der griechisch denkt, ergibt sich die Identitt des Aoyos Oeov und der a-otfiia eov daraus,
da er unter dem Logos die gttliche Vernunft" versteht. Wenn
SCHWARTZ auf de ebr. 30 f. hinweist, wo Prov 8, 22 direkt zitiert
wird, so findet sich dort nichts von einer Identifizierung der Weisheit mit dem Wort Gottes, sondern nur die Allegorie von der Weisheit, mit der als fj^rjrrjp Gott als Trar-qp die sichtbare Welt geschafi'en
habe. Hiernach mu die a-o(f>ia lter sein als der Kocr/to?, ebenso wie
sonst der Logos der Trpio-vrepos vlos Seov und der koo-/xos ato-T^ro? der
v(orepos vlbs Oeov genannt wird.
Zur Besttigung zitiert nun Philo
Prov 8, 22 o 6eos eKT-qcraTo ^ /le -jrpcTia-Trjv tQv eavTov epyiov. Da aber
dieses vorweltliche Dasein der Weisheit die Spekulation des koo-^os
vorjTos erzeugt haben soll, ist eine haltlose Vermutung, die das, was
bei Philo selbst steht, vllig ignoriert und ihm widerspricht.
In
Philos Darstellung des Schpfungswerkes kommt weder die Weisheit
noch ein Hinweis auf Prov 8, 22 vor. Die platonischen Ideen sind
bei Philo nicht Etikette: nur durch Plato ist Philo zu seiner Lehre
Philonischen Sinne.^
vom
gelangt.
Ko<r/*o? vorjTos
dem Logos,
Und
die Identifizierung des
der gttlichen Vernunft,
Koa-fios vorp-6s
erklrt
sich
nur aus der
stoischen Lehre von der immanenten Weltvernunft,
dem
Aoyos ^wews,
mit
der die Welt gebildet hat.
Philo dazu kam,
vorjTos),
Twv
das
tSewv),
Man kann
die gttliche Vernunft die intelligible
Urbild
(dpxeTvwov)
Dinge,
aller
(Koa-fios
Idee
(t8ea
zeitigen
Nicht fr den, der die Philonischen Begriffe auf Plato oder
unentwirrbares
biblische
die hchste
Wort" Gottes solche Theorien
die Stoa oder alle beide zurckfhren
ein
Welt
die oberste der gttlichen Krfte (Swanets) usw. zu nennen,
nicht aber, wie das biblische
konnte.
hiernach wohl begreifen, wie
Rtsel",
bleibt diese Identifikation
sondern weit mehr
Wort" Gottes hineinbringen
Es war
will,
ein verhngnisvoller Irrtum,
den,
der das
DHNE
den Weis-
fr
will.
da Gfrrer und
und der Sap. Sal. mit dem Philonischen Logos
und daher die alexandrinische" Philosophie in nuce schon in
diesen Bchern finden wollten. SCHWARTZ nhert sich dieser Auffassung in beheitsbegriff des Jesus Sirach
identifizierten
denklicher Weise.
Wenn
brigens
Wellhausen
(Evang. Joh.
S. 123
')
behauptet,
da Philos Logosbegriff genau mit dem der Chokma bereinstimme, so wiederholt er offenbar nur die Ansicht von Schwartz.
* Beachtung verdient die bersetzung iKr-na-aro (= 'iap), die
auch Aquila,
Symmachus und Theodotion boten (ebenso Vulg. possedit\ whrend die LXX
tKTKjfv hat. Auch die Worte vpiTia-rqv tQ>v iavToO ^pycov weichen von der LXX ab.
COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO
Die
weiter,
von Wort und Weisheit, meint
Vereinigung
setzt
sich
nicht
die
der Philonischen Ethik
in
329
fort.
SCHWARTZ
Auch hier soll
sondern der jdische Ofifenbarungsglaube oder die jdische Spekulation vom Worte" Gottes
zu Grunde liegen.^ Ich verzichte darauf, schon mit Rcksicht auf
den verfgbaren Raum, seine weiteren Ausfhrungen im einzelnen
berall
zu beleuchten; es
stoische Philosophie,
mte immer von neuem
bereits
Gesagtes wieder-
denn es sind zum Teil dieselben Stellen, die er immer
seiner Weise interpretiert, whrend jeder unbefangene
holt werden,
wieder
in
Leser darin nur griechische Philosophie sehen kann, die
in die
Bibel
und mit biblischen Anschauungen verquickt wird.
Die so hufige Verbindung und Vertauschung des Aoyos 6eov mit dem
hineingedeutet
stoischen
opos
den Logos
des
Aoyos
ttJs
^vo-ews
lt
es schlechterdings
nicht
zu,
das Wort" Gottes zu erklren und die Verwendung
opOos Aoyos als etwas Unwesentliches anzusehen.
Schlielich
als
macht SCHWARTZ doch das Zugestndnis: Gewi ist ein Unterschied
zwischen dem niiT "im des AT. und dem Aoyos eios des Rabbiners,
und es soll gar nicht geleugnet werden, da die philosophische
Bildung des Exegeten diesen Unterschied erweitert und vertieft hat".
Es besteht aber nicht nur ein Unterschied: Thilos Logos hat vielmehr von vornherein nichts mit dem nirf 131 gemein, seine wesentlichen Elemente haben ihren Ursprung in der griechischen Philosophie.
Philo besa, wie alle seine Schriften zeigen, eine ausgedehnte
Kenntnis der griechischen Philosophie, insbesondere der platonischen
und stoischen. Die philosophischen Anschauungen, die er daraus
gewann, hat er dann versucht auf dem Wege der Allegorie aus der
Bibel
herauszudeuten
und so
die jdischen
Glaubensvorstellungen
den griechischen Weisheitslehren auszugleichen. Die philosophische Theorie ist das magebende Moment in seiner Bibelexegese,
ihr gegenber sind die Spuren eines Einflusses jdischer Spekulation
mit
sehr
gering.
Philosophie
Philo
ist
ihm
kein Rabbiner,
sondern Philosoph,
und die
Tnche. Ich kann hier nur
wiederholen, was ich an anderer Stelle* gesagt habe: Philo bezweckt
ist
bei
nicht
blo
Vershnung des jdischen Glaubens und der griechischen Spekulation.
Aber die Spekulation ist fr ihn der wirkliche Ausgangsdie
im Griechischen so
Philo neben anderen Ausdrcken (al
*
mu
Selbst ein
gelufig-er
Ausdruck wie
6 lepbs X670S,
Beweis herhalten.
Die Werke Philos von Alexandria
als
*
den
kpal ypa<pal u. .) fr die Bibel gebraucht,
in
deutscher bersetzung
I,
S. 21.
FESTSCHRIFT COHEN
330
punkt, die Bibel nur der formelle;
wuchert die biblische Grundlage,
zu sehr in den Hintergrund".*
die philosophische Theorie ber-
sie
ScHWARTZ
drngt die jdische Anschauung
den Ausfhrungen ber Philo
und dessen vermeintliche Abhngigkeit von jdischer Spekulation
durch seine Untersuchungen ber den Prolog des Johannesevangeliums; sie sollen seine Auffassung sttzen, da der Logos des vierten
Evangeliums nicht aus der griechischen Metaphysik hergeleitet werden drfe, sondern im Kern und Wesen jdisch sei. Es liegt mir
fern, ber die Bedeutung des Johanneischen Logos mich in eine
Diskussion einzulassen. ^ Aber ein Satz, den ScHWARTZ dem Exkurs ber Philo vorausschickt, darf nicht unwidersprochen bleiben.
Er meint (S. 537), da kein griechischer Philosoph auf den Gedanken verfallen konnte, da das Denken Fleisch wurde, und behauptet dagegen von den Juden: dem Juden, der gewohnt war das
Veranlat wurde
zu
'Wort des Herrn' als eine lebendige Realitt zu empfinden, dem das
Gesetz und die Propheten als Reden Jahves galten, lag der Glaube
an eine leibliche Erscheinung dieser Kraft Gottes durchaus nicht
Darin liegt eine Verkennung des Judentums und jdischer
fern".
Anschauung, wie sie krasser nicht gedacht werden kann. Zwischen
der Empfindung einer lebendigen Realitt und dem Glauben an eine
leibliche
Erscheinung
wurde im Judentum
als
liegt
eine
unermeliche Kluft.
lebendige Realitt empfunden.
Gott selbst
Aber schon
das zu allen Zeiten festgehaltene Verbot bildlicher Darstellung
zeigt,
Eine ganz hnliche Charakteristik Philos las ich krzlich bei J. Kberle,
Snde und Gnade im religisen Leben des Volkes Israel (Mnchen 1905) S. 539:
Philo stand mit seinem System, das der Geschichte der griechischen Philo
sophie, nicht aber der der jdischen Frmmigkeit angehrt [das trifft nicht ganz
Bei ihm ist die Philosophie nicht nur uerer Anstrich, sondern das
zu], allein.
griechische Denken und die griechische Weltanschauung greift entscheidend
*
und umgestaltend
in
sein ganzes
dem
Denken und Fhlen
Oft
ein.
ist
es auer-
Gebahren den Ausdruck der wirkUch vorhandenen Frmmigkeit zu vernehmen."
ordentlich schwierig, hinter
gespreizten philosophischen
Theol. u. Kirche
Nur Harnacks Worte seien hier angefhrt (Ztschr.
Da die fnf ersten Verse des Prologs sich weder aus
2 [1892], 213): .
dem A. T. noch aus der Literatur des spteren palstinensischen
Judentums erklren lassen, ist in neuerer Zeit von mehreren ausgezeichneten Gelehrten aufs grndlichste gezeigt worden. Der Logos, der hier
eingefhrt wird, ist der Logos des alexandrinischen Judentums,
der Logos Philos."
*
f.
COHN, ZUR LEHRE VOM LOGOS BEI PHILO
33 1
da der Gedanke an eine leibliche Erscheinung nicht aufkommen
konnte. Nie durfte ein Jude, wie er sich auch Gott dachte, von der
Vorstellung des bersinnlichen sich entfernen.
Und
ebenso verhlt
den Vorstellungen von den Eigenschaften Gottes. Auch
Philo ist weit davon entfernt an eine leibliche Erscheinung zu denken
wenn er den Logos vlbs Oeov nennt; es ist bei ihm nichts als metaes sich mit
phorische Bezeichnung.
Glaube an den
Aus dem Judentum
lt sich der christliche
Menschengestalt auf Erden erschienenen Sohn
Gottes in keiner Weise erklren. Dieser Glaube war es, der das
Christentum vom Judentum schied und eine unberbrckbare Kluft
in
zwischen beiden schuf.
Auch
jdische
Hellenisten,
wie der Jude
Tryphon im Dialog des Justinus Martyr, empfanden die Vorstellung
von dem Gottmenschen und dem Fleisch gewordenen Logos als
Frevel und Gotteslsterung. Wie schwer es den Juden wurde, sich
zu dieser Lehre zu bekennen, zeigt auch der lange
Judenchristen und Heidenchristen.
Kampf
zwischen
Die Vergttlichung Jesu und die
Lehre von der Fleischwerdung des Logos sind nicht auf dem Boden
des Judentums erwachsen, sie haben ihren Ursprung in Vorstellungen
des griechisch-rmischen Heidentums.
Aramische Lurchnameni.
Von Immanuel Lw-Szeged.
Wurmzngler (Chamleon).
2.
1.
Pflanzennamen
IKx^o^l
PSm
PSm
bei
956
(LA auch
?,
nicht das Tier, sondern
128
und zwar IKjoI
bei
BA
aber
I^.*j,,
XevKos.
llia>w
/xeAas,
859.
154 = ZDMG 39,
Gal XII
?Kij
DBB
l^ju,)
die Pflanze
trotz
ist
x/^"'^^*^''
1837.
302, 5;
BA
li^x^a^l
und bei Cardahi.
Honein
hat dafr Diosc
rend SergiUS l^ij fr
352 f.
= DBB
859. 860
wh-
ll;.*,
x"A"^'^""^s setzt.
Irrige Identifikationen fr IK,:
I)
irrig
DBB
595
UJ^i^).
UasiOA*
Jbaaol
CardahI:
>y^\^ -^^y^ Jp^^
(J^g..***^
^J,J,^<
>^\ ^5?^
<i3^^
o'^y ^*5
(bei
CjLo 5*3
ij-^'
AUDO
'^*v
Cr^.^^
o'"*^ Diosc.
SV
657:
Bltter wie apvoyAwo-o-ov.
2)
^^U
3)
Cardahi
^^\
^^
^^y h^^ ys^
J''-:^^ (^^
LA
IK.4^a^l IKam
index 212.
npn, n^pn. Die Tradition lt
uns im Stich: weder Rai noch Aruch geben eine Erklrung. Es
ist immer sehr milich, einen Tier- oder Pflanzennamen auf Grund
einer Etymologie zu bestimmen. Ich mu mich gegen den Versuch
2.
n^pT
Das
08 b
c)^:;^'-*-'^
oy^-j*^ -^-^ ^^^ l^Sm nur o^^Jj'^-
DUVAL BB
oaijT <^^^i\
Snh
V*J5
yto,
erste Kapitel der
nipt,
Lurchnamen (Eidechsen) erschien
in
der Gold-
ZIHER-Festschrift 126147, das dritte (Schlangennamen) in der HARKAVY-Fest-
406.
61,
das sechste (Frosch und Krte)
der V0G1^:-Festschrift 391 bis
Meine Fischnamen erschienen in der NLDEKE-Festschrift 549 570.
*
^^^^U. DOZY nur die Pflanze: chardonette. ;>bl DOZY aus Ibn Bait;
schrift 37
aus Leon:
Bot. II
in
addad, berberisch. Chamaeleon, die Pflanze,
35 aus Largus, II 393 aus Isidorus.
Meyer, Gesch.
d.
FESTSCHRIFT COHEN
334
MUSSAFIAS, der das Wort mit
Sturmwind {U^) mand. Gr.
102) kombiniert und auf das angeblich nur von Luft lebende Chamleon deutet, durchaus ablehnend verhalten, obwohl sich ihm viele angeschlossen haben.
S^p"*?
(Migdal 'z
v.
{slk)
Jak.
Herschel Emden
73 a
II
Schnhak nr. 160, Lew I 551a, Jew. Enc. sv.
Ebensogut knnte man i<p^t JLoj {zekk) Schlauch, oder
Lewysohn"
lizard.).
p.
224,
mit Jastrow, V'^y^ the transparent one" kombinieren.
Wo
Kontext,
Tradition und Sprachvergleichung versagen, bleibt nur ein non liquet
Mige etymologische Kombinationen sind schdlicher Ballast.
Da das Chamleon von der Luft lebt, glaubte das Altertum.
Oken vi 643, Lenz 4306"., Boch. I 1080 ff., RDK sv-.T^^'h-. pK^Vp
ein Vogel, der von Luft lebt: (Abramowitsch III 267).
Darauf
grndete BoCH. seine vielfach nachgeschriebene Erklrung des
Wortes nDti'in von l/^Dt^i.
So noch Jew. Enc. und Meyer Conv.
Lex. und noch neuestens: Guide to the exhibition of animals ....
mentioned in the Bible, London, British-Museum, 191 1, 17, unter
Chamleon; Ges.'s und KNIG sv. In dem wunderlichen Buche
Barsilai von Ahron Marcus (Berlin 1905, p. LVII heit es: Der
Vogel notl'in von notJ'i
zwischen Haut und Krper wie mit einer
Lufthlle umgeben, flDJ^in wre demnach gleichbedeutend mit Luftballon". P. LXI: Phusalos, eine Krtenart, wohl identisch mit JlDti'in,
brig.
die sich aufblst".
Boch I
von Fischer zu Bxt
3.
i'^nn
1058 falsche Konjektur nach
366 nachgeschrieben.
o-^^'t^
^^^
iOH,
ed Urmia. Nldeke] BA 3721 (u. BHebr) (Maclean 94 khlmt, nicht ns., a sand-lizard, chamaeleon) XJ^h^^m
des Gleichklangs halber? Lev 11, 30 fr OOin gesetzt. BA [PSm 1753,
4.
i^Joii-oii
by.\: LA]
[so
.^.LkJl
^J>\
'^Lo
y*>^
t':>^^-
DBB
726
xa.\ia.ikki>iv
der Schlange hnlich ^ (lk^uA), Rcken glatt mit
schwarzen und roten Streifen. BHebr Schol in Lev. ed Kerber Lpz.
lnger
1895
als
p.
^j-jI.
lloSoij,
19:
^-^
Derselbe
o<N
320:
^'**'
T*^
LojA-
JL.^>iai>-aju.
liAia
Bar Kef
msm^po
falsch:
j^^oVaj
JL^o^^-.
IK-a><.
Das von Lewysohn aus Sohar II 80a angefhrte XD'pt ist kein Tiername,
auerdem ist der Sohar bekanntlich kein testis linguae.
* [NLDEKE: Diese Definition fhrt auf eine Blindschleiche,] aber die anderen Merkmale und die arabischen bersetzungen schlieen die Blmdschleiche,
'
die
dem Altertume
galt, aus.
brigens nicht fr schlangenhnlich, sondern fr eine Schlange
LOW, ARAMISCHE LURCHNAMEN
JLojtA,
l^oo;,
und zu
C^^>js^
{]^^tQij
voAt^eo&A
I^oa
JL^jBj
I ^'.
Derselbe hat zu
iKfQ^.
Card.
.ttju.
335
\oJ1mj>
== ^^-il *Lo, zu
JL^iiaik-OAi
den grten ^\^ Arten gehrig. [Ob die spteren Syrer das Wort
anderswoher als aus Lev 11,30 kannten? NLDEKE.]
XafMaiXewv, bersetzt: Ifsi.; i-W' Jak Edess. und Bar Kefa PSm
BHebr
1284.
PSm
'ij\^
Bt
BocH
i753f. Ibn
bers. 153,
3.
^\y^
<ki
Iloia^
DBB
15 12
r^jo
DBB
das.
PSm
IJIoOdJLs.
la,5s,
wo
und Vulg.
DBB
=="
1754
JLa\juK*soj
^^.al.
TToAuTTovs,
LXX
1082.
JLfta
903:
DBB
860
vi|^ opa^iX--.
llax*.
Dann
\-lj.
Steinsciin.
HD.
fr
mp.
14 zu
2,
^byL\
])iibi^m
^^'))lc\.:L.
345
Hex Zeph
.^4^0]);.^
726.
BB
verweist
auf
unter diesem Fischnamen der Physiologus
(Ahrens p. 72 deutsch, p. 54 syr., Land IV 92) erzhlt, dieser Fisch
nehme die Farbe seiner Unterlage an, wie das Chamleon. Vom
verfolgten Polypus berichtet dies Plin 9,46, Aelian Var.
Gronov.
Kohler, Das Tierleben im Sprichwort
St.
z.
hist.
I,
und
(1881) 130 aus
(Fischnamen Nr. 88.)
Jak. Edess. Hexaemeron, Leyden (cod. Or. Syr. Nr. loi H.) 61 v
nachdem er JUu-., Jl,,^ (Eidechsennamen Nr. 16) behandelt hat:
Theognis.
V^
i^jQ3
^^Kdo
yae6-
tloVlj^
jlfajja
^i_L<^
*'"^!
J .ia
Ajuo
-H^ <a
V! v.^^
^ACOQ^^boeo .voopKj
marg.]
^1 Ka^qI ya^JjpJLa Jja-
.;O
ooull
r-Ks *^
m\->
lloio^i
Ka* j^,
Aa^j
Ijjl
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Sal. ibn
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X^U
JL&^I
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JJl
f>\\aN
^r*?
J-^f"^
63b. J>jY. ,X^\
v!
Jb^-vl
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Ut^
Jiaj
3)1^
i>'.J>^9l
j'^ss
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J-..aso
'^J? .Naa.:^
1-^!
jl-f
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IIj^s^
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lo^ <^>m^rr)o
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marg.]
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Isf.^ v'
Melech
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IpolK iJLo^^
^\x Umqi
marg.]
t^oi.
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.^f^el
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n DURN, Mgen Abt
Dozv).
ifS
ca^e^JUe;
.ttuajko.^
Jl
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[4vpc*;o
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--*o
-o*^ Vv.
Jlooti
\>-iS<n
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Ji^
.^wj^JOo|
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>pc;^&.:
{IqJ^JA
^A.at
IJL<^s JL^!
J^viN^nY
,_,,
^a^
,^
)^{
.\<)|^
iL^rrnin
.iKxia
CN^jto
]io,
Jiaj
NX^-^
v' -v*
Vull 647 (Die Pflanze
dem Salamander verI
Jes 34, 14 mit
wechselt.
'
namen
3
Lies:
Nr.
Ich gebe
diese Stelle als Ergnzung zu
NLDEKE.
NLDEKE.
JUi^LS NLDEKE.
Ur=>rM
4 ?
5
jlf...
12.
>
meinen Eidechsen-
FESTSCHRIFT COHEN
336
,joo w^mi:aJao
llo^^kOA;
JLXiOa l^t;
J-A^^OitO
l.*dt
j^joOAO i^ ^t
et
lo^i
))1^
.tiOjw
OOi
loa
.)lia,^
-^^^
O"
l^^.^
Icut
i'-'^ ^^a>
J-^^^jo
^^!
iloLAMpoO &^l J-COSO^;
ijlUO;
LanE: das mnnliche Chamleon
jli^.
y*!
^'^
*^
^,\^V
.t^Q^
^''' ^'i^
.IIojlBjO
cxr5^^ ?^ grer als
nach der Sonne und nimmt von ihrer Hitze
verschiedene Farben an\ [fters bei den alten Dichtern: sitzt unbeweglich bei der grten Sonnenglut. NLDEKE.] Damiri I 209,
Es dreht
ssLkt.
DozY
261.
210,
sich
pl.
Cj\^^'j^ und auch <^}^f^ cameleon, wie das
Weiber und Kinder im Karmel
benutzen den Farbenwechsel des Chamleons, um ihr Glck zu
Vulgr heit es in Syrien auch birbachti und wird
erproben.
mit dem Reimspruche birbachti schuf li bachti (sieh mir mein
Tier heute noch
in Palstina heit.
ZDPV
Glck) angeredet.
als
30,
Qazwini
141.
II
^^y^, grer
301
<~J^\ dreht sich nach der Sonne. ZDMG
hirba = Chamleon Jacob, Beduinenleben' 24. AbulForsk p. IX literarisch b^, vulgr fochacha, mataDin.
^.Ui*, pers. ^^^-'^.
40, 240.
walid^ zu
VULL.
krif
614 wird
b^
fr
syrisch
erklrt
43 P^rs.
L_-)lXd\
1447 ^yt>. I 379 '^^'t:^.- I ^7 zu ^yj^^\ s. c^y^y^
Farben wechselnd". I 236 ai^v^. I 647 YUU. eine Art Jfj^ ^^\.
dUxo^..
II
Seetzen IV 509 Fleischer aus dem trk. Kamus, >^-^^\ =
^llL'^^\ [BOCH. I 1058 f] trk. kertenkele der gewhnlichen Eidechse trk. y^ keler hnlich, aber dick und grobuchiger,
hirb Mnnchen des umm-hubein (Mutter des
daher ^^.y^".
Nach Anderen ein dem Kertenkele hnkleinen dickbuchigen).
liches Tier, welches sich mit dem Kopf immer nach der Sonne
wendet, trk. ^jXS U
In
Sonnenanbeterin".
Felseneidechse",
dem Mae,
als
pers.
^iX^^j^.
^^\
Einwirkung der
die
die
Wrme
El-hhebene Seetzen
strker wird, spielt es verschiedene Farben".
442 nach Fleischer Chamleon oder diesem sehr nahverwandte
'^^-^^^ cA^^ ?^ of the form of
Eidechsenart. Lane: cAr^ ?^
III
the
*b^,
das heit Chamleon, broad
the belly, or
it
*b^dem *b^
the female of the
is
(vgl. niD
the breast and large in
in
?)
DozY
II
437,
hnliches Tier.
ber den Farbenwechsel des Chamaeleons LiNDAU 51a
Oken VI
73 a Brehm 170; beim Hardaun 61, beim Colotes 170.
= uns zu taoin RDK (LA ona)
Michlal Jfi zu Lev 11.
^
Sefer haberith
643f.
LOW, ARAMISCHE LURCHNAMEN
j^\
^r^
^\,
^.y cameleon, DozY.
ZDMG
f^\
cumulus,
lat.
C:,i^
33/
le
40,
240
Grnbaum
g.
Aufstze 343 von
capuchon du burnous (DozY),
von der
also
Kopfform.
^\ und
^3^vX>j
Damirl
1082.
Wir essen
Sonnenanbeter
als
^y^^^ Grnbaum
209 hat zu *bj*.: t-j^l^^^y^ 3^.^}^^
was
alles
kriecht
und
sagte ein alter Beduine zu einem Medinenser.
y^
O.
BocH
(3-rr*-^^ >^^
dem Chamleon,
auer
luft,
a.
Jacob, Altarab. Par-
Beduinenleben' 247.
KDOin Onk, fr t3Din ist nicht etwa aus
allelen 9.
5.
dern wie an derselben Stelle
14.
19.
j^-iaNajw,
sriD,
fc^HtS^n
und
Fr das biblische
sowie nach Saadja und AbulwaLiD
34.)
Hebraismus.
^ .\ a.M
entstellt,
son-
(Eidechsennamen
kann man nach
Chamleon gelten
J<iS
tSDin
*b^
lassen.
Schlangenart Ges. '5
Eine
Tiern. Sy
WB
(assyr.
hulmittu nach DELITZSCH
277) oder Eidechse nach kopt.
hants
ist
es gewi
Auch Sandeidechse, scincus ist unbegrndet (Verhandl.
abgedruckt Rahmer Litbl. 1887
d. k. k. zool.-bot. Ges. Wien 1885
Schwarz d. heil. Land deutsch 300, p. 368 LUNCZ schliet
p. 73).
sich Saadja an und beschreibt die Beweglichkeit der Augen des
Chamleons. Chamleon in Jerusalem: Oken VI 648. In den sdlichen Kstenstrichen Palstinas kommt das gemeine Chamleon
ziemlich hufig vor.
BDEKER Pal. LIII. In Mesopotamien RiTTER
nicht.
XI
51.
6.
t?nD
Eidechsen Nr.
171 unrichtig
kau ach
19.
LXX
u.Vulg.
xaA'a'Aewi',
danach
Brehm
Chamleon.
nennt Jak. Edess 61 v den JL^.i<ii-av
xp^fiatXewv das ist
JL.il
der Griechen. Er hat auch 54V 1uj> Kxaol J_^.ioi^Qj, eierlfa:.j
legender Vierfer neben Ibuaaol Ji;*- li^;ovj jlw. Das Wort kennen
7.
JiJL
weder BA, BB, EN, noch PSm, Brock., Cardahi, Audo, Brun.
An eine Entstellung aus x i-uj,, Nr. 6, wird man kaum denken wollen,
[xjjuj knnte richtig sein, womit noch nicht gesagt ist, da das
Wort echt aramisch, und nicht Transkription ist, wie jd.-aram. i<nD
Eidechsennamen Nr.
19.
NLDEKE.]
^lo
chTn
ns Maclean 130
davon verschieden: a mosquito, gnat. Natrlich
u. mischn
Ly s. v. nicht damit zu kombinieren.
8.
n^i'rOD
Glosse zu
LA
]^iniD,
'O
in
MPsalm 78,11
p.
ist
ist
auch n33
bibl.
350 Buber
(vielleicht
eine
den Paralleltexten fehlend),
fr das
22
biblische
FESTSCHRIFT COHEN
338
Dliy
ist
LW
II
Nachtrge p. 11.
C 440 chamaeleon ist die Pflanze und stammt aus
PSm
596, 898.
meine Bemerkung zu Krauss
S.
x/^''^^'^''
KoHUT
292 gegen
lljjLs
9.
nicht
jedenfalls
956. Pflnn 128,
Das Wort
5.
sehr zweifelhaft; es
ist
oben Nr.
neben besser bezeugtem J^aw
zu li^x^.A^I li^jLa hat DBB 860 Honein x'^H-"^'-^^^^
steht
^evKos lliQj^
X-
Diosc.
Jlioiu
132
III
EN
habel
43,
86
t'jja-
11^*,
und
Ib^i;
lioaaol
fr
fl;f*)
lioo^ol
/xcAas
also Chamleon.
shabeleta Chamaeleon.
pl.
einem hauri-Texte.
in
fif.
irrig
und analog
352 f.
10. iMjk^f.
11.
(und C.
ll'rjco
859f.
DBB
Eines
S.
Krokodil Nr.
6.
D.H.MLLER Mehri
Tages kam zu uns ein
Chamleon, das wir mit Steinen warfen. Es verwandelte sich, wurde
schwarz und wei und rot und grn, bis wir es umbrachten."
Panzerechsen.
4.
.roV;
1.
Fischotter
St. p. y6:
und
BB
'ardin == iwSpts
bei
;nnt^nm.
Dazu
vxu.^;
Ahrens
wu
i^^-J
DBB
1385 zu
durch
KpoKoSeiXiov
^^^1^
1368
8.
Nileidechse
Im Texte
PSm
in
Blo
hii-
fr .so:s..;ajBop
BHebr.
*=J;,
|;rju;
2720 noch durch
o-KiyKov ovpd,
(Brun
Geop
40, 17
^\
>
iA.}<ij;ajB.
ist j3?j
DBB
771
Vitae prophetarum
Vcf>(i>6,
.si,
17: rwv vSaraiv
gyptisch
Chrest. 55, 2
cod. H. ^j.
PSm
ol
1368 aus
Orjpes,
19, 12
BB
cap. 15
lasii.
gr.
Nestle,
;.
KaXovo-iv
ois
Index,
Ol
KiyvTmoi
"EAAipes Se KopKoSrjXov^.
2.
Nr.
NESTLE
j;v*
172).
auch
was weder
DUVAL BB
gengend erklrt wird. [);f^ Krokodile, Vita Antonii
SCHULTHESS. NLDEKE.]
Unerklrt
2716 zu
ibid.
^L**-<JJ1
BA
|;fjt..
BA PSm
^Lo..J:Jl.
<3r^^
HoFFMANN
ist.
weiter kurz
l;<i*j;
xoo,jjB SQjajixo
PSm
ist
p.
und
)>^.r^
40,
20 Ahrens 58,9: der
der Wasserhund, welcher der
KpoKoSeiAos.
>fn*.fi\..;javj
PSm
Tychsen
heit der
qurqdilqls, das
Feind des
z.
Nileidechse"
)i'ii^
(Krokodil).
jli-
crocodilus
BROCK
149
aus
AS
4, 142,
s.
Eidechsen
12.
3.
v^-o^
[1^"'^''
der kanaanische
zerk vorkommende
Schlangennamen Nr.
Name
fr
das im
Nhr
ez-
NLDEKE.] Fischnamen Nr. 17.
Jew. Enc. sv. Leviathan. Hiob 40, 25 Kro-
Krokodil?
12.
auch bei Syrern nur biblische Reminiszenz, nicht KrokoMendelssohn hlt 'b auch Ps 74, 14 fr Krokodil und schliet
dil.
sich auch Ps 78, 45 lteren Erklrern an, die den Frosch der gyp-
kodil, aber
Gegen gyptischen KatzenProoem, 60. Behemoth und Leviathan
tischen Plage fr das Krokodil halten.
und Krokodilkultus
Sibyll.
LOW, ARAMISCHE LURCHNAMEN
Henoch
Go,']. 8 p.
269 Kautzsch, 4Esra
6,
49 ff.
330
p.
367 f. Kautzsch,
Syr. Baruchapokalypse 29,4 p. 423 Kautzsch, Jellinek, Beth haMidr. VI, 150 berall auch die eschatologische Leviathanmahlzeit an
der Rabbi den Antoninus teilnehmen lassen
Rabbi
will.
(Krauss, Antoninus
Die kleineren Fische knnten vor dem grten, 400
Pars langen Fische nicht bestehen, wenn der Leviathan nicht am
u.
60).
Ouatember des Monates Tebeth sein Haupt erhbe, sich schttelte
und allen Fischen des Meeres Schrecken einjagte, (M. Konen bei
Jellinek, Beth ha-Midr. II 38). Die Haut des Leviathan beschftigt
ebenfalls die Phantasie der Agadisten. (Pes.
Die palstiden Leviathan durch den Engel Gabriel erlegen
(Bb 75 a). Wer die Tierhetzen der heidnischen Amphitheater nicht
mit angesehen hat, wird den Entscheidungskampf des Behemoth und
des Leviathan sehen. Das Urbild dieses eschatologischen Kampfes
sahen die Rmer 58 vor Chr. als die Ungeheuer des Nil, Krokodil
nische
Agada
r.
188 ab.)
lt
und Hippopotamus bei den Festen des Scaurus in der Tierhetze
dem Volke vorgefhrt wurden. Friedlnder Sittengesch.3 II 368.
Otto Keller
8,
96)
(Tiere
bemerkt, es
wahrscheinlich,
sei
des
nicht
da Scaurus
klassischen
Altertums
ausdrcklich
207
berliefert,
nach
aber hchst
beiden miteinander kmpfen
die
Plin
lie.
Dieser Krieg des furchtbaren Sugetierkolosses mit den grlichen
Amphibien wird auch auf die Nerven der blasierten Rmer Eindruck
gemacht haben. Knstlerisch verwertet finden wir den Gegenstand
an der berhmten schnen Statue des Nilgottes im Vatikan; an der
Schmalseite zu Fen des Gottes sind Nilpferde und Krokodile im
Kampf miteinander dargestellt. Otto Keller, Die antike Tierwelt I
406: Schon seit dem Jahre 58 vor Chr. bildeten sie eine nicht sehr
seltene
Attraktion: besonders
dem Kampf
der Nilpferde mit den
Krokodilen, einer Art Seeschlacht der grten Bestien, schaute das
Publikum der Hauptstadt mit Leidenschaft zu. Vgl. Lev. r. 13, 3
Tanch Semini 6. Da der Agadist von den Tierkmpfen ausgeht, hat
Bacher
Aruch und nach ihm Benvenisti
denken an die Treibjagd i^Pi^'^^
caccia, Oth Emeth z. St.), Mainzer verweist darauf, da Augustus 36 Krokodile kmpfen lie (Jagd,
Fischfang und Bienenzucht Fft. 1910, 9 n. i). Den Kampf des Behemoth und des Leviathan verarbeitet Meir b. Isak Nehrj in
Worms (gest. vor 1096) mit den Worten des Midrasch in seinem
betont (Ag. Pal.
III 606).
aramischen liturgischen
151. Jew.
Enc. und sar
Einleitungsgedichte
Jisrel
sv.
Akdmt
(Zunz Lg
moTp) zu folgenden
versen:
22*
Knittel-
FESTSCHRIFT COHEN
340
dem
Leviathans Kampfspiel mit
Stier der
Bergesnacken:
Wie in wildem Kriege sie einander ringend packen,
Wie des Behemoth Hrner stoen gleich gewaltgen Recken,
Doch entgegen schnellt der Lurch in seiner Schuppen Schrecken.
Jetzt der Schpfer nahet mit dem Schwert, dem ungeheuren,
Mahl und Imbi zu
4.
Kai.
pers.
U^Hi Brock.
wa Dimna
26, 15
nihang, aus
liche persische
bereiten seinen
Brun
Wort
Lagardes Emendation gA 65 fr v^o,l
30, 770 BROCK 4a. BA bei PSm 47 v^.?,
aus
ZDMG
nihaka,
skr.
Frommen, Teuren.
nihank. ^i^iMj>^ das gewhnKrokodil, [fter im Schahname, obwohl es
fr
ar.
im Bereich des Iranischen schwerlich Krokodile
und -Lw-^' VULLERS zu (^i
JoJsJ II
5.
II
1381, <*^LLvJ, ,^\Jj3
1206, crocodilus, alligator aus skr.
Das
transkribierte
schrieben: orA^ioj
C83I. 835.
ILrJiOjB
j^
>eDa\^;Q.0O{jB,
Bee
k/dokoSciAos
78.
AUDO
axsa^iQxtOis
II
445. 461,
<*<af*JC.
erscheint mehrfach,
>o\*MajB, vceoi^^jB^jB
O^.AiU0Va*K/30Kdl'tAot
Nldeke]
gibt.
Brock 341
Brock
auch ver337b 341a,
aus Bh.
tfiS^jBtOJB,
^l.
Armen. Hbschmann 358kokorAuf
dilos, mhd. kokodrille, span. cocodrilo, it. coccodrillo.
Kephalonia der Hardun heute noch krokodilos oder korkodilos
Brehm 59. ber KpoK. HOMMEL, Tiernamen 329, der es irrtmlich
aus einer Quelle mit karkadann stammen lt.
Delitzsch bemerkt zu Hiob40, 25: Einen eigentlichen Namen
des Krokodils besitzt die alttestamentliche Sprache nicht, auch die
Dl'pmip'lp
Eskl hakfer 24, d
talmudische behilft sich mit
cea
== viridis Herod.
5.
fr<np1"lp
KpoKoSuXos, das
ist
lacerta cro-
Gattungsname gewundener und
pn langgestreckter Ungetme". In bezug auf fc<npl"lp ist dies trotz
Lewysohn 220 unrichtig. S. Froschnamen Nr. 6.
5 a. *^"'DJ
6.
;jaAa
s.
2,
6g,
]JV)b
Eidechsen Nr.
ist
32.
jib^ Chamleon
EN
43, 86, aber ^^^^0*0*
nach
DBB
Hunt bei PSm 4343 i. Krokodil .L-j, 2. verschiedene
1959
Eidechsen, die ja die Glossographen nicht unterscheiden: ^^U-\ i_.^.^\
[LA: <;yi, j;^!] J^y}\ ^3>^1.]
Lagarde gA 71 p^uLOA skr. gumgamara = pers. ^U-4*j^.
^U-4*j^-co],
ZDMG 50, 650 gigumra = Kindermrder, ^U.a^
Vllers Igy jysiJJ^\ dem^U-^^-*^ hnlich ZDMG ^6, 630 pars, sismr, np. ssmr (VULLERS II 574 zu ^.U^*, 854 zu j^sp.S, Qaz:
[1.
LOW, ARAMISCHE LURCHNAMEN
J^)
Wini zu
fr
^U-^^
;vim*m BrOCK 233a: SEETZEN III $02 ^L*Mh*o falsch
^L-^", mit Beschreibung des Krokodils.
Fremdsprachlich: Vllers
Nr. 16.
Diosc.
ii^t^, Cifo^ in
I
Spanien
354 Ihn Bt bei
DOZY
W^,
J-^
Sprenger
HoMMEL
34 1
1898:
373.
m-wl
u. d.
I
s.
Eidechsen
Pflanze
K/joKoSetAtov
928 o5j5^ Nilkrokodil
Maghreb
156.
habe mir aus Ibn Bt cod
(Ich
notiert).
die
th. hargast, Krokodille.
J-**^ Wright Kai. wa-Dimna 80,
bei Brock 399. Brun 721. mvti. = ji,^ i-^jaKso, IKai Ii^jl PSm 1368.
AUDO II 627: u^ixeiiol, ou.-L*ojol mit der irrigen bersetzung JL^r* statt
gyptisch pj-msh, fem. tj-msh (NLDEKE OS 1105), t-emhy'r*'.
seh HOMMEL 329, X"-H-i^^ Herod. 3, 69, cro^xos Strabo 17, i HOMMEL
Vorkommen:
444. Salmas. Ex. Plin. 613a E. BOCH. I 1043. II 655,
Ritter VII 49. X 1031. XI 510. 723. Im Nhr ez-zerk (blauer
Flu hat man noch 1877 ein Krokodilweibchen erlegt (Bdeker
Pal. 265); es ist der Krokodilflu des Plinius.
1904 kam die Haut
eines kleinen im Krokodilflu getteten Krokodils in yaif zum Verkaufe. ZDPV 31, 229. Im Nhr ez-zerk existiert noch bis heute
7.
uo.*.
Fremdwort
das Krokodil (timsh)
dem
13.
ZDPV
109.
II,
des Krokodils
ZDPV
30 (1907) 141
Jahrhundert ber das
ez-zerk
ZDPV
ZDPV
Eine Erzhlung aus
des Krokodils im
Nhr
255 aus CONDER, Quart. Statements 1888, 166.
Die frheren Nachrichten ber das Vorkommen
13,
in Palstina
hat Saint- Aignan
886 zusammengestellt.
109 aus: Acad. de Sainte-Croix d'Orleans.
II,
memoires
Vorkommen
Lectures et
1886, 534549: Saint-Aignan, Les crocodiles en PaleSeetzen II 73. IV 275 f. Schwarz d. heil. Land ed. Luncz
377n aus GA RDbZ III 401: \>^ = b)pii')p.
^Lv.j" Damiri I 148, bei Syrern auch zu Delphin!
Fischnamen
stine.
p.
Nr. 49
PSm
839. Krokodil
AuDO
BA
zu
v^j.o,l.
EN
43
DBB
1385.
PSm
und zu k/ookoSciAos.
Bei Juden: nottn^ Saadja Ps 78, 45. Abulw. 438 (Bacher),
I. Esra, Bacher, Ibn Esra als Grammatiker
172, Bachja 90d, Nachmani 510,3 und Abarbanel zu Ex 7, 25. 8,2. Sa'ar hasmajim
Maimni, Gifte ed. Steinschneider 95 n. 4. Lands25 a, 42 b.
berger, Iggereth 92. 247. Emendation fr D^n lionn 1. D^nDOnn
Midr. Agada II 157 Buber, Rej 27, 155. 311. Obadja Bertinoro,
4343. 4461.
371. II 461 zu hyr^
Reisebeschreibung, Jahrb.
f.
Gesch.
Daselbst: Als Erdkrokodil wird
III
205.
bezeichnet die freilich ungefhrliche
ruddaa, die einer grnen Schlange hnlich sieht, aber mit Fen versehen ist
und bis zwei Fu lang wird.
^
FESTSCHRIFT COHEN
34-2
Bei Arabern:
(^L.*-^!
kodil
Kro-
551
,3.^-=.
unempfindlich wie ein Krokodil werden.
[Der
II
eine
i--;-^.
davon:
_L_,JJ1);
J^
DOZY
I-.!-^"
445 -L*vmP, doch auch 450
Pflanze,
calamint,
Sha
393.
-*U^1 schon bei Muhammads Leibdichter Hassan 22, 8; bei
Spteren selten. NLDEKE]. Krokodilvogel DozY U 79. 854: ^Uj.
Plural
^^^ ^^.5 ^'f^- Syrer
crocodile ^^^a _L*^', caymane
U*.:J1
zu
Berggren ms
jjftsu.
der
DMG:
Zu 'jllJ'On wiederholt DEEwALDs, der Dichter spiele Hiob
J.^-^.
LITZSCH den agadischen Einfall
HlTZlG und
40, 25 auf den gyptischen Namen des Tieres an!
Del. z. St.
8. jiAjl (In
den Achikarsprchen 54, 12 a Sachau, vgl. OLZ
Neuere j191 1, 531 l'^in == Drache) ns. Krokodil. Maclean 323.
dische Schriftsteller gebrauchen ]"'in fr Krokodil Schnhak Nr. 157.
:
Abramow.
Lindau
51b,
(Fischnamen Nr. 39 Schlangennamen Nr.
26.)
III 45, jedenfalls
Sefer haberith 73a.
richtiger als
Philo erwhnt das Krokodil (924
b)lin 3"ipj;n
ed. Paris,
de praem.
et poenis.,
ad Cajum, Rej 41, 191). Sonst kommen jdische Schriftsteller aus Anla der gyptischen Froschplage auf das Krokodil zu
sprechen. Nach Abarbanel kamen sie in wunderbarer Weise eigens
aus dem Ozean in den Nil (zu Ex 7, 27). Ibn Esra' bekmpft die
570
leg.
dem
Agadisch
wird berichtet, Jeremia sei von den Juden in gypten gesteinigt, von
den gyptern aber in Ehren bestattet worden, da sie auf sein Gebet
von der Krokodilplage befreit worden waren (Midr. Agada II 157
Buber). Dasselbe berichten auch christliche Quellen (Vitae prophetarum 16, Nestle syr. Chrest. 55. Book of the Bee 78). Herodots und Aristoteles Nachricht, da das Krokodil nur den Oberkiefer
bewege, geht durch die mittelalterliche arabische und jdische LitenN''J2:J 42b S"*"'2n ed.
ratur.
Sa'ar hasmajim 25a 42b HDOn
Auch Abarbanel zu
Ven. 1547 f. 20b, II n^:it3 33c, 7 ^^in).
Identifikation der gyptischen
Frsche mit
Krokodil,
Ex
7, 27.
Gesehen hat Obadja aus Bertinoro das Krokodil auf seiner Reise
(1489): Der Frosch timsah, grer als ein Br, hat Knoten auf
der Haut, Die Schiftsieute behaupten, es gebe noch zweimal so
groe.
Sie stammen von den Frschen aus Mosis Zeit,"
^
Mangels geeigneteren Ausdruckes nennt ihn L Esra nnson XSO:
Abarbanel
die Frsche D^jjisn citspn a^ii nennt.
jn,
wie
LOW, ARAMISCHE LURCHNAMEN
343
Jehuda Hedessi
Sehuppenbewachsene gibt es unter den Seetieren, wie der Kokordilos und
Er hat vier
seine Arten beschuppt ist wie die Fische des Meeres.
Fe und mammae, wie die Tiere des Feldes. Alle Menschen
frchten ihn, denn Schwert, Speer und Lanze durchdringen seinen
Panzer nicht und des Bogens Sohn jagt ihn nicht in die Flucht.
Alte Fabeln wiederholt B. Saphir Reisebeschreibung I 28 a. II 92:
Das Krokodil sondert keine Fkalien ab; es ffnet den Rachen und
Eine Beschreibung versucht
Vogel
ein
Reste" dort heraus.
frit die
Schildkrten.
5.
I.
*U.
506 iM^X Uv.
PSm
^yi
j)i4^
PSm
ZDMG 24,
BA Nr. 2880 'i^ls^-h^ sUs^--*J\ ^^\. BA bei
aSj}\ lai ]^rJ>^^; !^.aisj*, IIqju-. BA daselbst noch:
hj=^ -s^^. JIJL^ liest NLD. ZDMG 30, 355
i--^.
3y^ J^.i
1746 bei Jos.
Wrights Ausgabe
EN
490. 1915
II
BB
527.
LXX
lUsa.
43,
JLxi
zitiert
BHebr
|l^^
pl.
dLis:^-***-^^
vorschlgt.
(1148):
PSm
bei
716.
BHebr
Styl. 43, 17 fr JL^^l.^ -01, ^oi^^s
1.
jlJU,^ -o,,
^\j>
da das ms. so hat, wie Nldeke
80 i.^iL*Jl j^> mnnliche Schildkrte. DBB
48, 6
ebenso HUNT bei PSm 3973 AUDO
12 iLouua jl^ y^l (Boch. I 6y, 70 und 1091.
U.s:^-**'),
(5^,
Hos
zeigt,
12,
nach iU, und mischn. *?:. GEIGER jZ I 60. XI 168.
Symmachus bei FiELD hat statt x'^^^^"-'- hier dTpaxot. Zipser BChan
I 31), zwei Arten (J-iSoi): im Meere und auf dem Lande j:^vqI y^l
In Beziehung auf Hos 12 irrt PSm mit
!,v^j^ Od; s^;a^.xajoo Jl^^xoo.
seiner Bemerkung gegen K. Card. I 171 c_.U-*Jl (-^i* yt^ ^3^^ J^irrig
Sternbild x^'^^. auch Lyra genannt, BHebr und Hunt bei
Die Schildkrte
716.
lUs,; llop^ A>i 305 nomen constellationis.
Das
PSm
im
Hommel, Astronomie
Tierkreis:
DBB
3yi U-r^
PSm
1966
->^y.-
4130
AuDO
u.
3.
566 jL^i f^j
iieu; ]L^ Landsberger, Fabeln
Goldberg, Chofes Matmonim
v^ tr^^^^!
Mo; l~^^. Card.:
"Ji^
Nr. 35.
Ahrens 60
d.
^4*
5-iy.l
Sophos
J-*,
Jls,^
U=^! und
fr
zu l>y^
Hoffmann zur Stelle p. yy. Irrtmlich steht )L4,
lies mit Frnkel U^ (Fischnamen Nr. 27) cod P
bei
il^,^
DBB
UL
^\c^\
II
L-isw^L^Jl <*.^ >'-^.. IJ^ouilo
Nr. 38.
^\
der alten Chalder
1759
^_-V).
SeetzEn
?:
317.
BB: U5ov JL^
IV
518.
mischnisch Sifra 49 c
Falsch
LewySOHN
p.
atm
vorl.
223 yaOXos.
Iv^juuD.
Pflanzennam.
p.
159.
JACOB, Beduinenleben ^ 23.
n"3
W^^iyn D^yilB^Jm W'bin
FESTSCHRIFT COHEN
344
Aruch
na'n^n n^'j^ini.
RAbD
281.
II
>i
bekennt, da er keine tradi-
Erklrung des Wortes kenne, errt aber richtig, da es die
von ihrer [Rcken-]Rundung benannte Schildkrte se\\
tionelle
fX^ mnnliche Schildkrte Brock 56 aus Wright,
wa-Dimna 248, 10 n. 2. [Wright konjiziert i-A,5sa fr l\l der
iaaik*^
2.
Kai.
NLDEKE.]
Handschrift; es wird da, als fremder Ausdruck, erklrt.
"ln
4.
Jint
5.
imn
6.
hmes,
s.
Henne
4.
Eidechsen Nr.
13.
Schiltkrott" Eidechsen Nr. 16.
BxT(7ii) 823
mehri:
und
Lewysohn
^b^D ist trotz
III 270. Z.
PSm.
S.
keine
Fischnamen Nr.
Zab
i.
II
ist
362
keine
Nr. 544. 308. Nr." 578.
232. 373.
Auch
Ly
II
319
lo^^h
Abramo WITSCH
nicht x^^^s
ist
trotz
39.
3,
an den sonstigen
wie
selbe
n.
Schildkrte.
Dil^D, Dil^D
8.
und
legt die Eier unter einen Stein
299. 3 24 f. 368, 4. 27
7.
D, H. MLLER, Mehri
Schildkrte.
Es grbt und
Rtsel:
(nach Haj, Maimn! und Anderen dasStellen,
LW
also KoAdva, KoXwva
Frankel,
KrenGEL, Hausgert
nach REJ 57,291, Dalman 17a 190a und F. Perles (brief-
Einleit.
56
Frsche Nr.
3.
n)
z.
V. 1909)
lich 3.
Jerusch.
b Krauss
x^<""'s
obwohl Sophocles
Sept. Judith 14, 15
dazu
ein Fragezeichen
ZDMG
288
II
vttottoSiov,
Fuschemel,
Perles verweist auf
setzt.
355 x^^^^V^- Ii'i den Zusammenhang der
Mischnahstelle pat der Fuschemel besser als Stange''.
^oikj
NLDEKE,
BXT
]n
D^'?''Si
9.
30,
Eidechsen Nr. 32.
pers. slhpi, sahlifa,
1368 testudinis species.
S.
dem
zalhafa, sondern gut semitisch. So NLDEKE gegen ZDMG
612. 643. Arabisch sU-sxi-co SacHAU, Gavaliki 43, DOZY sv. der
10.
I^usoi^ kein Lehnwort aus
des
merkt,
Fremdwortes Aussprache
langen
der dazu sulfka Pestbeule,
I
REJ
RDK
^i^inei
53,
189.
zu
n5p.
de?
xints
"jiij?
npitp
ynn
inis
Kints'
prov.
tartugue
Maim. Einl. Tohoroth, Landsberg Iggereth 246 Iz.
Biesenthal und Lebrecht z. St. tartuga marina Saar hasa-
Bissa scudellera GrNBAUM,
Levita tD^nSbc^ Schiltkrott: Bxt 823.
Gefe aus tierischen Exkrementen TSabb. XIII 130,20, b i6b, 58a.
b.
inns i8b:
niDl'pn
Jd.-deutsche Chrest. 542.
"bl
jitai
Cancer, Krebs, ga-
pItD-ita
majim 30a. 43
C-'j'jJ
b]}
das
be-
schwankend und
sei
Wort wie
stellt]:
50,
Schiltfrot
csilD-illD.
174 f.
TKel. Em V 583, 20.
Ohol. 5, 5; 6, I. T. VII 603, 36. Para 5, 5. Mikw. 4, i. Jad. i, 2. Ukz. 2, 10. Mit
no'?n gemischt Kel. 11, 4. TKel. Bm. I 578, 36; mit Erde jNazir VII 56 d, 1718.
TKel. Bm. I 578, 34. Haj zu Kel. 11, 4. Mainzer, Jagd 59. Mit Schildkrten
Men. 69ab. TZeb.
X 495.
14 (Schibb. haleket 165). Kel. 10,
i.
hat das
177.
Wort
Archol.
nichts zu tun, trotz
II
643
n. 257.
Ben Chan.
II 325. 466.
S. zu
Krauss,
LW
II
LOW, ARAMISCHE LURCHNAMEN
345
.
lpago, crapaudine auf eine Beule
bertragen.
' -
Sha 1037.
sLisrU-)
Card. ZU Lei, ^ilLj DBB 191 5.
hat fr testudo auerdem buzi, tirse p. IX und sukar. Usc^-^
Tledth Alexander 33. FoRSK 142: Ova testudinis sicca beid elqolqom ^JI Jxo. i^.^a\^> EN 43, 80. BA bei PSm 2643. 3973DBB 1353. (Mit fc^n'D^D, einem Fisch verwechselt: s. Fischnamen
FORSK
FORSK
VIII und 12
'<iJLl.y,
*Li.sn.iil>
Nr. 62.)
Fleischer zu Seetzen IV 518 zu
von ^r^
p.
Emys
krte,
Trionyx aegyptiaca, Nilschildkrte. (FORSK,
vpios)
IX tirse
502 <*-*o^l (Schildkrte
III
Testudo triunguis IV 505
d^s}"^ Wasserschild-
<^.y^\
f.
syriacaEHRB, ^.^^ dJ.^-^ Landschildkrte, Testudo
marginata Schpf.)
11.
^^^^
dSyi
gilt
lieu?
DBB
Un'r^
U5^y*-"^
1456
-r^;
L.5-*-**^-.5
den Morgenlndern
fr eine
21
n.
cod.
..5^*-**^-3
^y
S.: ^^^
L-A-!iU*Jl.
y^o,
k'ij}\^
Die Schildkrte
Art groen Frosches, daher trkisch
y-o eigentlich der mit einem Gehuse versehene
Frosch.
(Fleischer Seetzen IV 519). Ungarisch: tekno's beka:
der Frosch mit dem Waschtrog.
HONIGBERGER, Frchte aus d.
Morgl. 564 trkisch = kaplun, tozbagha, arabisch zilfi, bakheh,
persisch senghpuscht. Persisch = VuLLERS I 69 ^y^y>\ in Oriente
kaply baga
testudo) (136:
697
C^s-i:o
dJ>^
c>^<^^ ^^t
^iXl-ioL,
isli-sr-*^
503
336 <::-^.
d3^L^
DOZY:
L-i-ixif.
^b.
954 ^\S^>, 157
(Schildkrotschale),
Ub
^^.J^y
lacerta,
b nimmt Thureau-D ANGIN
Hrozny macht
an und
ba
dieser
Vermutung
BXT
^^^r.
58/
jj C-^. ^V
^s-^d.^"^ =
846
cu-<io_
(^X^
^-ix^
i---to.
^3Il ybj ^ysx^\ und C-<-;^^" testudo.
Gesenius, Maltesische Sprache 51
assyrisch
e/V
X-^^'?)
46
II
54 ^^>L--< -L
x^Xwvrj
ecaille,
^*XjJ^
geltend,
die
da die
lteste Gestalt des Zeichens
ungnstig
vielleicht nicht
Fr
Bedeutung: Schildkrte
Cj^'j^ Schildkrte.
WZKM
ist.
1911, 238.
Siehe Eidechsennamen Nr. 34.
2S galt vielfach fr Schildkrte. Die englische Bibelbersetzung
12.
n:J
testudo.
hatte ebenfalls tortoise, das in der Revised version in
verbessert wurde.
Selbst
Halevy
mit 2^,
48 a,
meint noch, die
Schildkrte benannt.
Sefer
LUNCZ: D^
Bei
Lekah tob semini
haberith
72 a.
2:$
great lizard
32 a y^a: ]UD HDI^ pJi'H Hf.
JllViy seien von der hnlichkeit
f.
NLDEKE OS
SCHWARZ, D.
h.
1023.
Ebenso LiNDAU
Land 301
deutsch, 367
al-selchefi, aber auch die Eidechse dabb.
den Fabeldichtern:
2:J1
bn Berachja
p.
208.
Hase und
FESTSCHRIFT COHEN
340
Schildkrte (oben Nr.
GORON, Mischle Jehd
n:jm n:ii"lNn
i)
148,
ni'm nnyn n"nj;n n^^sn 123 aus Lafontaine.
man LA y^'^bp
Num 12, 17 soll
Num
zu
13. Yl^'h)pb
7, 3
ns m'?:v Pesiktha 8 a,
Krauss LW II
505. Dalman 362. Ly IV 310b denkt an cella, Jastrow 1328 an
Y^bp. Jedenfalls verfehlt ist x^^^'^ und x^^'^^'^ zu D"''?^ KrauSS
LW II 177, oben Nr. I. 'A(rm8oxe\(ovr) iio\>-^mt, J.Aa:i.| Phys. TYCHSEN
p. 18 und p. 163. (Ahrens 55, ["T, bers.]) Land cap. 73. S. Fischnamen Nr. 71.
^y..^ = xeAoJio; NLDEKE, Pers. Stud. 2, 43
SCHULTHESS WB 205.
Cant
r.
6,
zu x^'^^ov gehren,
r.
IfA
14.
Nr. 15.
s.
= S DBB
=
H
auch
BHebr. J^W
191
15-
Uj
kennt
JLoi,
noch nicht
sein sollte.
Ob
dazu gehrt
887
bei
PSm
iyl PSm 3973
AUDO II 527
J-ii,
[Das e wre auch dann
Sp"*"!
SR
i,
280, 3
Schildkrte
NLDEKE.]
Usufia: zihilfi.
DBB
JL;,
wenn mand.
garantiert,
1456
^v. HUNT. das.
^U-sil.*^!
richtig
? ?
tortoise.
284:
aus
Cardahi
aber
iU., aLj,
Kj
2643 zu
J-jj
Im Karmel
ZDPV
xe^wvj;.
qr,
heit
30, 141.
Irrig
PSm
qry
die
31, 258.
pl. Lvjb
qryi ns.
Schildkrte
MacleaN
qurq'a,
Vgl. auch Nr. 16.
in
i3ji\
1697 tenuitas", subtilitas" bersetzt.
Ibw^ao^ro.
DlEZ^ 717 aus malayisch kurakura,
Meerschildkrte, korakora groes Schiff, portugiesisch cor a cor a,
corocora vom arabischen ^^v.
Davon romanisch: caracca.
16. i'i^'r^ ein Schiff, KepKovpos
Fraenkel 217
I
(nach Nldeke). 294.
Hbschmann, Armen.
Gr.
307.
17.
Dimna
ioiM
(fAuut)
PSm
4345 und BROCK, aus
75, 14; 166, 8: 176, 10.
Eidechsennamen Nr. 32
Brun
entstellt:
Wright
Kai. wa-
704: Schildkrte. [Ob aus;,yi-L*o
NLDEKE.]
Vorboten der Judenemanzipation
Von
Dr.
in
Kurmainz.
Siegmund Salfeld.
den Bildern aus der Vergangenheit der jdischen Gemeinde
Mainz" konnte dem Generalreskript des letzten Kurfrsten, Friedrich
In
Karl Joseph von Erthal (1774 1802), vom 9. Februar 1784, das die
soziale Lage der Juden verbessern und ihre materiellen und geistigen
Krfte fr den Staat gewinnen sollte, nur wenig Raum gewhrt
werden.
zwang
Die konomie
der
als
Festschrift erschienenen
Bilder"
zur Beschrnkung und verbot eine eingehendere Besprechung
der vorwiegend durch Archivalien' bezeugten Bestrebungen, die Juden
aus sklavenhnlichem Zustande zu befreien und ihr Dasein wrdiger
nun auf Grund der einschlgigen, in der
Mainzer Stadtbibliothek aufbewahrten Archivalien ein ausfhrlicher
Beitrag zur Geschichte der Emanzipation der deutschen Juden geboten werden.
zu
gestalten.
Was
Hier
soll
Kurmainz angestrebt wurde, ist nur ein kleiner Teil
der groen Bewegung des Aufklrungszeitalters, die von Lessing,
Mendelssohn, Dohm und anderen in Preuen, von Joseph IL in
in
von Mirabeau, Abbe GregoiRE und anderen in Frankreich inauguriert worden ist, und der die Juden Gleichberechtigung
und kulturellen Aufschwung zu danken haben. Ob hierfr jdischerseits im Kurstaat vorgearbeitet, ja gekmpft wurde, erfahren wir
nicht, denn aus den Kreisen der Unterdrckten flieen die Quellen
nur sprlich; der Druck hatte Mut und Hoffnung geschwcht, und
fr das, was die Welt versagte, entschdigte das Haus und die
religise Praxis in der Gemeinde, im Gotteshause und Lehrhause.
Bezeichnend ist, da die von der kurfrstlichen Regierung verordneten
und berwachten Judenlandtage,' die unter dem Prsidium des Obersterreich,
'
Siehe weiter unten.
FESTSCHRIFT COHEN
248
rabbiners tagten, sich lediglich mit Steuerfragen, Schutzrenovationen,
Gesetzstudium und Zeremonialsachen befaten, und dali die wenigen
bekannten Landtagsberichte ber soziale Fragen keinen Aufschlu
geben. Man fgte sich, so gut es ging, in die bestehenden Verhltnisse und war zufrieden, wenn das jahrhundertalte Joch, an das
man
sich allmhlich
wegs
bejubelte
gewhnt
hatte,
etwas erleichtert wurde.
man wohlwollende Bestimmungen.
Keines-
Aufrichtiger, reicher
Jubel stieg erst in spterer Zeit aus den dankbaren Herzen empor.
Das Jahrhundert vor Erla eines neuen Judengesetzes zeigt
ununterbrochene Reihe von Beschrnkungen, von Mitrauen und Feindseligkeit, eine Kette schmhlicher Verordnungen,
entwrdigender Ausnahmegesetze. Mit Erffnung eines neuen Ghetto
meist eine
kam
Der Kurfrst Johann Philipp (1647 1673) verDezember 1662, eine neue Judengasse in Mainz zu
neues Leid.
ordnete
bauen.
'
am
8.
Denn
weil die Mainzer Judenschaft
sich allzusehr
ber-
hufe und dadurch der Brgerschaft, den Handelsleuten sowohl bei
Wohnungen und Nahrung merklich entzogen (so!) und um deswillen
nicht wenig
Klagen gefhrt werden";
die allzuvielen Taschenbriefe
Regierung durch
und Handel und Hand-
weil ferner die
benachteiligt sei
werk nicht geschdigt werden drften, so sollten fr die Folge nur
zwanzig schutzverwandte Juden mit Weib, Kind und Gesind" in
Mainz geduldet werden. Sie muten die bis dahin bewohnten Grundstcke verlassen, in einer neu zu erbauenden Gasse sich ansiedeln,
durften dort ein Gotteshaus errichten, whrend ihre jetzo inhabende
Behausung und Synagog zu anderweitigem Gebrauche wiederumb in
brgerliche
Hnden
zu verkaufen
sei".
Die ber die bestimmte Zahl
vorhandenen Juden sollten die Stadt rumen und sich dort auf dem
Lande, wo man sie dulden wolle", niederlassen; des kurfrstlichen
Der Handel mit ebaren und
Schutzes drften sie gewrtig sein.
fetten Waren", mit Korn und Wein ward untersagt, der Verkauf von
Tuch und Seidenwaren
Handel
in Silber,
auf zwei Geschfte beschrnkt, jedoch der
Gold, Juwelen, Wechseln, Pferden, Vieh,
Federn,
SCHAAB, Diplomatische Geschichte der Juden zu Mainz, 223ff.; Salfeld,
Bilder aus der Vergangenheit der jd. Gemeinde Mainz, 43 f.
' Taschenbriefe
waren eine Art Passepartout fr die Zollsttten, fr die
Sie wurden Einzelnen auch gratis gewhrt.
ein Pauschquantum gezahlt war.
Siehe u. a. Mainzer Domkapitel-Protokolle v. 1729 1732 im Kreisarchiv Wrzber Annullierung der Freiheits- und Taschenburg [KA.] fol. 629, 654, 658.
^
Judensachen im stdtischen Archiv zu Mainz, Verordn. v. 7. Okt.
Vgl. femer daselbst Churfrsll. Verordnung (gedruckt) v. 19. Dez. 1775.
briefe
s.
1763.
^
H
SALFELDj VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ
Bettwerk,
alten
Kleidern und
dergleichen
freigegeben.
349
Was
die
jdischen Einwohner an Zinn, Kupfer, Messing, Federn und andern
Produkten ber einem Viertel Zentner verkaufen wollten, durften sie
sondern muten es im stdtischen Kaufhaus
abwiegen, Geldgeschfte und Verschreibungen waren vor den weltDie Vergnstigung der Taschenlichen Gerichten zu vollziehen.
nicht in ihrem Hause,
briefe hrte auf.
Fremde Juden
durften Mainz nur durch das Eisen-
Rhein oder durch die Gaupforte betreten, nachdem sie
Lnger als acht Tage durfte kein
ihr Zollzeichen gelst hatten.
Fremder ohne Zollzeichen beherbergt werden. Keiner sollte mehr
trlein"
am
Knecht und
als einen
halten.
Im Winter
eine
Magd, aber keine
hatten die Juden auf
christliche
Sugamme
dem Wochenmarkt
ihren
Bedarf vor lo, im Sommer vor 9 Uhr morgens einzukaufen. Ihre
Sie waren verGassen sollten allabendlich geschlossen werden.
pflichtet, 50 Feuereimer zu beschaffen und bei Feuersbrnsten bereitzuhalten.
den man weise und
gerecht genannt hat, und der zwei Jahre nach diesem drakonischen
Erfasse, nachdem er das ungehorsame Erfurt bombardiert und unterworfen hatte, bei einem splendiden Gastmahl in Mainz mit volltnenden Worten Liebe und Toleranz pries. Wer Andersglubige
verdammt, der sndigt gegen Gottes AUiebe und Gerechtigkeit, wer
Das war
sie verachtet,
die Judenpolitik
eines Frsten,
hasset oder verfolgt, der handelt gegen die Grundstze
Eine Auflage, die nach Verhltnis auch den Christen verordnet war und
nicht nur fr Mainz, sondern auch fr andere Orte galt. KA. Wrzb. a. a. O.
fol. 753; Mainzer Judensachen, Anfrage des Churpflzischen Regierungsrats,
Stadtdirektors in Mannheim v. 26. Jan. 1789, was fr eine Ordnung in Mainz
der Judenschaft wegen von derselben in Feuer- und Wassernten zu leistenden
Beihilfe vorgeschrieben sei". Antwort: Unsere dahiesige Judenschaft, welche
aus loi schutzsssigen Juden bestehet, ist verpflichtet: 100 brauchbare Feuereimer auf ihre Kosten bereit zu halten." Diese Eimer werden in der Synagoge
aufbewahrt und von Zeit zu Zeit von der Polizei kontrolliert. Wenn Feuer in
der Stadt oder in den Landorten ausbricht, mssen die Juden sobald der Alarm^
Schu geschehen" mit den Eimern
zur Brandsttte eilen.
Man
hat kein Beispiel,
da es dieselben jemals an der thtigsten Mithilfe htten fehlen lassen, selbst
Der Lage
nicht, wenn an einem Sabbat sich ein solches Unglck ereignete."
Wasserbei
Mithilfe
der Judengasse wegen braucht man sie in Mainz nicht zur
gefahr heranzuziehen .... Wenn im Notfalle wir derselben bentigt wren,
wrden wir ihnen wie bei Feuersgefahr auch bei dieser Gelegenheit keinen
anderen Zwang und keine hheren Schuldigkeiten als unsern brigen christlichen
Unterthanen auflegen und sie in allem mit gleichen Rechten wie diese behandeln."
FESTSCHRIFT COHEN
350
und Glaubenslehrer predigt Sanftmut
und Geduld, Liebe und Menschenachtung. Alles leidenschaftliche
ermuntert nicht zu edelm VorEifern erweckt keine Frmmigkeit
satze, zu tugendhaftem Bestreben, aber es entfernt, erweckt Erbitterung und eine verderbliche Eifersucht im Staate." Das ist nur
ein kurzer Auszug aus der erwhnten Bankettrede.'' Wie stark kontrastierten solche Tiraden mit dem Unglck, das dem Staate und
der Stadt Erfurt widerfahren, weil die Protestanten nicht nach Vorschrift beten wollten", und mit den Bestrebungen, die Juden, deren
Chebra-Kadischa-Statut von 1662 den Geist der Liebe atmet, zu
demtigen. Nicht, um den angeblich verderblichen Einflu der Juden
zu verhten, hat man sie aus den besseren verkehrsreichen Stadtteilen verwiesen und in die Judengassen, die sich nun auf dem unAll ihr Volkes-
der Religion.
gesundesten Boden erhoben, eingepfercht, nein, die Judenhuser sollten
ansehnlicheren Gebuden weichen. Denn als die Nachwehen des
Dreiigjhrigen
der den
Krieges,
berwunden waren, erwachte
in
Kurstaat
Anlegung neuer Straenzge, der
in
Sie trieb den Kurfrsten zur
drei Bleichen mit ihren
Kommuni-
das Stadtinnere, zum Bau einer Rheinbrcke und zu um-
fassenden Festungswerken.
ist
hatte,
Mainz, wie vieler Orten nach ber-
standenen Katastrophen, die Baulust.
kationen
geschdigt
arg
Da
jdisches Geld ihm hierbei geholfen,
denn
nicht festzustellen, aber wahrscheinlich,
die
Verordnungen
von 1662 scheinen nicht in der beabsichtigten Strenge befolgt zu sein.
Erst neun Jahre spter wurden sie durch Reskript vom 12. November
167 1 rcksichtslos erneuert und verschrft. Die Zahl der geduldeten
Familien ward von 20 auf 10 herabgesetzt, auch kamen einige neue
Beschrnkungen hinzu.
Johann Philipps Judenpolitik ward die Direktive seiner Nachfolger.
Lnger als ein Jahrhundert war sie von verderblichem Einflu.
Schon 1674 hat Lothar Friedrich von Metternich-Burscheid (1673
1675) auf Drngen der Konkurrenz den Juden den Wein- und Fruchthandel wieder verboten und mit Konfiskation etwaiger Vorrte gedroht.
Zu den alten Belstigungen kamen neue, wie ein Schreiben Damian
Hartards von
der
Leyen (1675
1678)
an das Vizedomamt im
Das Verhltnis
zu den Juden erhellt u. a. aus KA. Wrzb. Domkap. Protokolle v. 1663 1666
Judendimittierung aus dem Mainzer Erzstift; Ingrossatur-Buch fol. 86: Decretum
^
MtJLLER, Die letzten sieben Kurfrsten von Mainz,
pro Judaeis
Moguntinis
Judenordnung
8/o zu nehmen.
.
1662
1671
1662;
fol.
das.
fol.
121,
125,
149.
131,
146:
Maintzische
235: Jndultum Judaeis concessum auf 10 Jahre
k:
11
SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ
35
Rheingau vom 29. Januar 1776 zeigt, wonach bei allen aus dem
Staate gehenden Mitgiften eine erhebliche Steuer, der sogenannte
zehnte Pfennig", zu erheben sei. Etwas Licht flutete in die Judengassen, als Lothar Franz von Schnborn (1695
1729) zur Regierung
Als Ausdruck der auf ihn gesetzten Hoffnungen widmeten
kam.
ihm die Juden bei seiner Inthronisation einen Glckwunsch auf
die
Platte,
silberner
auf der
auf der einen Seite eine hebrische,
anderen eine deutsche Inschrift
zeigte.
Ihre Hoffnungen schienen
Er gestattete ihnen die Annahme eines Rabbinen,
der von ihm approbiert werden sollte und dem bis zu einem gewissen
Grade die Jurisdiktion bertragen wurde. ^ Er gab den Frucht- und
Weinhandel frei und lie den durch die Zeitverhltnisse bedingten
Zinsfu von 8 Prozent bestehen. Mit Nachdruck aber bestand er auf
der Abgabe des zehnten Pfennigs" von dem jdischen Vermgen,
das auer Landes ging. Da die uere Lage der Mainzer Juden
sich auch unter diesem wohlwollenden Frsten nicht gnstiger gestaltete, beweist ein Regulativ vom 10. Februar 1724, betreffend
den von den Vorstehern, damals Vorgnger genannt, erwirkten Beschlu, Rechtssachen ohne den Rabbiner zu erledigen, und eine Verordnung vom 18. Juli 1724, die uns zwischen den Zeilen lesen lt,
sich zu erfllen.
wie schwer es den durch die ungnstigen Zeitverhltnisse
arg ge-
schdigten Juden wurde, die erheblichen Steuern aufzubringen.
Gemeindeleitung mute, um die frstliche Gnade nicht zu
vom
scherzen, eine Direktive
Staate erwirken, nach welcher
sie
Die
ver-
der
Herrschaft ohne die bislang schwer empfundene Schdigung vieler
Gemeindemitglieder gerecht werden konnte. Wie die nicht unerheb-
Lasten
lichen
'
Judenschaft
drcken
muten,
SCHUDT, Jdische Merckwrdigkeiten
Mitgeteilt von
zeigt
deutlich
IV, 149;
SCHAAB
O. 261.
a. a.
Whrend der
einander
(1687
die
in
Regierungszeit Lothar Franz' waren drei Rabbiner nach
Simon Enosch, auch Dr. Leo Simon genannt
R. Isachar Berusch (Bernhard Eskeles, 1716 1723) und R. Isak
Mainz
1714),
ttig: R.
Lob
b.
1729), ber welche Lwenstein, Zur Geschichte
Rabbiner in Mainz (1615 1848) im Jahrb. der jd.-Hterarischen Gesellschaft,
Seckel Ethausen (1723
der
III,
Eine Verordnung,, wie die Annahme des Judenrabbiners
geschehen solle" befindet sich im stdt. Archiv zu Mainz, sie ist datiert vom
30. Januar 1696 (Churfrstl. Verordnungen III, 52), ist 17. Juli 1732 von Philipp
225
ff.
zu vergleichen
Karl, 21. Juli 1732
erneuert.
SCHAAB
Sie
a. a.
ist.
vom Domkapitel und
10.
Febr. 1747 von Johann Friedrich Karl
auerdem Bestimmungen ber Handel und Zinsnahme.
Betr. des Handels der Juden vgl. die Beschwerde der Krmer-
enthlt
O. 262.
und Schneiderzunft
v. 5. Juli
1697 in Mainzer Judensachen (Stadtarchiv).
FESTSCHRIFT COHEN
35'
erwhnten Reskripts: Wir wollen drittens, da unter
dem Namen herrschaftliche Gelder diejenige ordinari und extraordinari Anlagen, welche wir oder mit unserm gndigsten Consens
unsere Hof kammer an unsere Judenschaft ausschreiben oder zu fordern
S 3
des
haben, unter denen gemeinen Gelder aber die Neujahrs-Gelder, die
Martins-Gns-Gelder, Domkapitularische sogenannte Synagog und
'
gebhrende Gelder, sodann die Armenhausgelder, so lange diese Anlag whret, die Glockengelder zur Pfarr
ad S'""" Emmeranum, die einem zeitlichen Rhentmeister schuldige
zeitlichen Erzpriester
einem
Zapfgelder respectiv deren jenigen, so selbige der Gemein zu zahlen
haben, die Gelder fr die Armen Studenten bei den. Patribus der
Societt, die Gelder, so in der Fasten fr Fisch zur Behuf deren
und der Societt angewendet werden,
zu denen Leuchten in der Judenga er-
P. P. Franziscaner, Capuziner
die Feldschtzengelder, die
forderliche
Speesen,
die
Kurpflzischen Taschengelaitsgelder,
die
deren Vorgnger, armen Kranken -Wrter,
aller gemein Diener, deren Schechter, die Gelder zu Baw und Unterhaltung der armen Herberg, Juden Kirchhof und Suberung der
Gassen, nicht weniger der Brunnen und Feuerordnung, das Geld fr
Salaria
des Rabbiners,
den Hecht pro rectore magnifico in der Charwoche, alle gemeine
und sonsten
Capitalien und deren davon verfallenen Interessen
Nach der kurzen Regierung
keine verstanden werden sollen."*
des den Juden nicht freundlich gesinnten Kurfrsten Franz Ludwig
.
(1729
1732) ward
in
unruhvoller Zeit ein wohlwollender, hochherziger
Karl von Eltz (1732 1743), zu seinem Nachfolger
Die Juden wandten sich nicht vergeblich an ihn um Beerwhlt.
freiung von der Zehnpfennig-Steuer, die sie von der Aussteuer ihrer
Frst,
Philipp
auerhalb des Erzstifts verheirateten Kinder zu zahlen hatten. Wir
haben", so dekretiert er am 17. Juli 1732, hiebey [nmlich Erla der
Nachsteuer]
in
reifliche
und
billige
berlegung gezogen, mit was
Zu Martini muten in vielen Orten den Verwaltungsbeamten fette, zierlich
aufgeputzte Gnse verehrt werden.
* Dazu kamen noch besondere direkte Besteuerungen, z. B. ,,bei Aufrichtung
der Landmiliz (1700) ein bestimmtes Quantum Kupfer aufzubringen", (BamBERGER, Historische Berichte ber die Juden der Stadt und des ehemaligen
Frstentums Aschaffenburg, 14); ferner in das Jagdhaus zu Aschaffenburg Federn
und Bettzeug gratis zu liefern (Extractus Protoc. Camerae Electoralis Mogunt.
^
Mainzer Stadtarchiv; Bamberger a. a. O. 52); die Abnahme von
Tuch und Wollenwaren aus der Armenfabrik bei Rezeption eines Schutzgenossen
des Jonas Bonte
(s. Vicedomamts-Bericht v. 25. Juni 178g, die Schutzannahme
[Bondi] aus Dresden betr., im Mainzer Stadtarchiv).
26. Jan. 1767,
SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ
353
schweren und gemeinen Lasten besagte Judenschaft unsers Erzstifts ohne da beschwehrt ist, dergestalt, da selbiger
allerdings schwehr fallen will bey denen dermahligen schlechten und
bei den Hausteuern
nahrungslosen Zeiten solche aufzubringen
und Erbschaften ist ein mehreres nicht als Einhundert Gulden jhrlich
erheben zu lassen."^ Den Forderungen der sturmdurchtobten Zeiten
Rechnung tragend, schuf die Mainzer Judenschaft 1741 ein Gemeinde-
vielen Herrschaftlichen
das
Statut,^
Leben ordnen
sollte.
der gering
Kraft
zum
ihr Verhltnis
Staate, ihr Wirtschafts- und inneres
Dieses Statut wirft helles Licht auf die
sittliche
geschtzten und verachteten Juden, die bei aller
Zurcksetzung eine schlichte Religiositt sich wahrten, mit Vorliebe
das Studium des Gesetzes pflegten und die Hoffnung auf bessere
Auch
Zeiten nicht aufgaben.
mit Johann Friedrich Karl von Ostein
1763)
und Emmerich Joseph von Breidbach (1763 1774)
kamen die besseren Zeiten noch nicht. Den Letztern haben die Juden
mit reicher Hoffnung begrt. Sie haben an seinem Wahltage einen
(1743
solennen Gottesdienst mit Predigt ihres Rabbiners R.Moses Brandeis
abgehalten und vertrauensvoll der Zukunft entgegengesehen. *
Ihr
Der Kurfrst war ein wissensreicher,
weiser Regent und edler, im Leben erprobter, erfahrener Frst,
der bei seinem Regierungsantritt alle Nhr-, Lehr- und Verkehrs-
Vertrauen war berechtigt.
einem beklagenswerten Zustand des Verfalls antraf"
und bei seinem Tode das Land in gesunden Verhltnissen,
Er hatte
schuldenfrei, materiell gekrftigt und blhend hinterlie.
anstalten
in
Mainzer Stadtarchiv judensachen Verordnung v. 1 7. Juli 1732, darin gestattet
den Handel mit Waren, alten wie neuen Kleidern,
letztere mssen jedoch von eingesessenen Schneidern verfertigt sein; erneuert
18. Mrz 1773, die Nachbesteuerung beschrnkt sich lediglich auf die auer."; 11. Dez. 1797, die Nachsteuer
halb des Erzstiftes verheirateten Kinder
beziehe sich nur auf die verheirateten Kinder, involviere aber nicht die Freizgigkeit von allem und jedem auer Landes gehenden Vermgen."
* Original, etwas defekt, in meinem Besitz, ungengende Transkription bei
SCHAAB a. a. O. 325 ff. Siehe auch Salfeld, Bilder ... 62.
^
Kurf. Philipp Karl ferner
LWENSTEIN
"
Liturgie
a. a.
O. 228.
und Rede sind
in
einem auf Pergament (17 Foliobltter) ge-
schriebenen, fr den Kurfrsten bestimmten Dedikationsexemplar enthalten.
Titel lautet: ,,Eine
herrn
den Fnfften
Emmerich Joseph
Julii
von
1763 an
dem
dem
allhiesigen
Wahl Tag
Der
unsers Landes-
Rabbiner Moyses Brandeis
Synagoge allhier in Mayntz von samtlicher getreuen Judenschaft mit einer Illumination und Music angestellte Dancksagung und Gebett, so
auf Herbrisch und Teutsch hier folgt." Neuerdings beschrieben von O. LEHMANN
im Mainzer Anzeiger v. 4. April 1912 u. in d. Beil. der Jd. Presse Nr. 12, 1912.
.
Verfasste, in der
23
FESTSCHRIFT COHEN
354
und Industrie gehoben, Handel und Verkehr gefrdert, die Schiffahrt belebt, Fabriken und Manufaktureien erweitert
und neu angelegt, die Stadt durch Bauten verschnert, das Armenwesen und die Krankenpflege geordnet, eine Schulreform angebahnt
und fr Humanitt begeistert.^ Solcher Mann, sollte man meinen,
htte auch das Los seiner jdischen Landeskinder von Grund aus
bessern mssen.
Wohl ist er fr sie hin und wieder eingetreten,
aber trotzdem blieb er ein Sohn seiner an Vorurteilen reichen Zeit, und
seine Bestrebungen, allen leidenden Landeskindern ein gerechter,
liebevoller Vater zu sein", machten an den Thoren des Ghetto Halt. *
Erst der letzte Kurfrst von Mainz, Friedrich Karl Joseph von Erthal
Landwirtschaft
(1774
1802),
dessen Charakterbild
seiner liberalen Ttigkeit
wegen wie
in
der Geschichte schwankt, der
sein kaiserlicher
Freund Joseph
II.
von Osterreich angeblich verkannt und im Vergleich zu dem scharfblickenden Emmerich Joseph als falsch spekulierender Obskurant
verketzert wurde, schlug betreffs der Juden eine neue Politik ein.
Im Anfang seiner Regierung streng kirchlich sich gebend und
der freisinnigen Richtung seines Vorgngers abhold, frchteten
Bald aber schlugen Gesinnung und
ihn die Juden als ihren Feind.
Ttigkeit in das Gegenteil um, er gefiel sich in der Rolle eines Freigeistes, der auch vor dem Kampfe mit Rom nicht zurckschreckte." 3
Ehrgeizig und eitel, haschte er nach Anerkennung und Bewunderung
dort, wo er sie am ehesten erwarten konnte und kam bald in Abhngigkeit von seinen Ratgebern, deren einflureichster wohl der
Weihbischof Valentin Heimes war.'* Dieser Beamte wird als klarer
und fester Kopf geschildert, der durch hervorragende Talente, durch
geschwinde, durchdringende Einsicht sich auszeichnete und dessen
Herzensgte und Menschenfreundlichkeit auch den Juden zugute
kommen sollte. Seinem Einflu ist es zuzuschreiben, da schon 1782
der Kurfrst sein Augenmerk auf die moralische und soziale Lage
ber ihn HenneS, Die Erzbischfe von Mainz, 326; MLLER a.a.O. 341
2 Beweis: Verordnung (Mainzer Stadtarchiv) v. 26. Jan. 1767. Zur Ergnzung
des Churf. Jagdzeugs zu Aschafifenburg hat jeder Jude des Ober- und Untererzstifts
150 Stck weifie Federkiel, eine Wittwe die Hlfte in das dortige Jagdhaus zu
liefern; Verordnung (das.) v. 2. Aug. 1773 (auf Vorstellung vom 8. Juli d. J.) es
wird den Juden nicht gestattet, an Sonn- und Feiertagen ohne erhebliche Ursach
^
S.
fif.
zum Doktor, Barbierer und zur Apotheke zu gehen
Note
wird erlaubt. S. auch
2, S. 352.
3 Bockenheimer, Kurmainz im Frstenbunde, 14.
aus ihrer Gassen zu gehen;
das. 17;
Mller
a. a.
O. 397.
SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ
seiner Schutzjuden richtete
Mit
verbessern.
und mit ihm nach Mitteln
dem Ausschreiben vom
15,
355
suchte, sie zu
Februar 1782 nehmen
diese Bestrebungen ihren Anfang.
Kurfrstlich Mainzisch. Hofraths-Prsident,
Kanzley- Direktor,
Geheime Hof- und Regierungsrthe.
Unsern
Gru zuvor
etc.
Unter den mancherley Gegenstnden,
die die landesvterliche Einsicht Sr. Kurfrstlichen
Gnaden
beschftigen,
beherzigen Hchstdieselbe auch das Schicksal der in Hchstdero Kurlanden befindlichen Juden. Da es aber vordersamst auf die moralische
Verbesserung derselben ankmmt: so habet ihr ungesumt einzuberichten
a) wie viele Juden, mnnlich und weiblich, sich in euerem Amtsbezirke
befinden? b) welche Gewerbe dieselben treiben, und wovon sie sich
ernhren? c) wie die Verfassung und Gesetzgebung derselben beschaffen
seye? in welchen Gegenstnden sie den Beamten und in welchen dem
Rabbiner und welchem Rabbiner sie unterworfen seyen? d) wie diese
Verfassung zu bessern seye? e) ob den Juden erlaubt werden knne,
mehrere Nahrungszweige zu treiben? f) in welchem Zustande sich die
in euerem Amtsbezirke befindlichen jdischen Schulen befinden?
was,
wie und durch wen daselbst gelehret wird, und wie, und durch welchen
Beytrag und Anstalten dieselben gebessert werden knnen. Wir gewrtigen ber smmtliche vorliegende Gegenstnde eueren erschpfen-
den Bericht und verbleiben etc.
Mainz, den 15. Februar 1782.
Freyherr von Frankenstein.
Schon nach einigen Wochen, am 2. April, resolvieren die Rte,
nachdem sie die Listen ber Personal- und Nahrungsstand eingereicht
hatten, da dem Rabbiner in Sachen Jude contra Jude die erste Instanz
in Zivil- und Religionssachen zu bertragen sei und da er nach
der Thora, dem Schulchan aruch und Maimonides entscheide. In
Polizei- und Kriminalfllen sei das Vizedom- und Gewaltbottenamt
zustndig.
Es sei nicht rtHch, dem Rabbiner, ohne ihn und die
Gemeindemitgheder zu verletzen, die Gerichtsbarkeit zu entziehen
denn die Juden seyen mit ihrer Religion toleriert". In Zivilsachen
stehe
dem
gravirten Teil die appelations instanzen ganz offen".
Da
drei Viertel der
Mainzer Juden arm oder schlecht bemittelt
knnten
nicht abgeben.
Fabriken solcher
das Geld seither auer Landes geschleppt sei, knne
Waren,
sie
seien,
so
sich mit entreprisen
fr die
man
anzulegen unbedenkHch erlauben.
Nahrungszweige ihnen zu
gestatten, durch welche Christen sich ernhren, wrden Beschwerden
hervorrufen, denen
man
wieder abhelfen mte.
Die meiste, schir
23*
FESTSCHRIFT COHEN
356
Juden sind dahier in der deutschen Sprache, dem Lesen und
Schreiben gar wenig gebt, denselben will es daher auch schwer
alle
da
fallen,
angehalten werden jene Aufstze, so eine gesetz-
sie solten
liche Kraft
haben
sollen, in
deutscher Sprache zu fertigen", deshalb
das Schulwesen, das sich
sei es rtlich,
und
fr
stimmte eine kurfrstliche Verordnung,
Gerichtspflege
zu
Justiz
approbieren zu
die letzte Schulklasse einen christlichen Lehrer anzu-
der im Deutschen unterrichte.
stellen,
Verfassung befinde,
vom Rabbiner
zu verbessern, die Lehrer auch ferner
lassen
in rgster
mit
am
1783 beda die Juden betreffs der
Bereits
i.
Juli
den Christen gleichzuhalten, ihnen schleunige
administriren"
und da
sei
Christen behandelt werden
drften.
sie
Vier
nichts hrter als die
in
Wochen
kam
spter
das
folgende Generalreskript, das vorlufig die Anstellung eines Rabbiners
dekretierte, die
Bestimmungen
Gerichtspflege wiederholte und den Juden zur
Grenzen seiner Befugnisse
ber die staatliche
festsetzte, die
machte, ihre Geschftsbcher usw.
Pflicht
Der Kurfrst
fhren.
in
deutscher Sprache zu
Juden
zu mehren und zu
behielt sich vor, in der Verfassung der
nach hchstem Wohlgefallen
und Gutdnken
mindern."
Kurfrstlich Mainzische Landes-Regierung.
Durch erhebliche Grnde finden Wir uns bewogen, wegen den in
dem Kurstaate befindlichen Juden zu verordnen und zu gebieten, wie
folgt:
Behlt es dabey sein Bewenden, da fiir die smtlichen Kurlande (Erfurt und Eichsfeld lediglich ausgenommen) nur ein einiger
Rabbiner angestellt werde und verbleibe, dergestalten zwar, da die
kurfrstlichen Vicedom- und Obermter und Vogteyen strcklich darauf
i)
zu wachen haben, da kein fremdherrischer Rabbiner in den Kurlanden
Es sind
irgend einige Gerichtsbarkeit ausben mge. ^
2) jedoch alle und jede Landjuden in Civilsachen, selbst in Sachen
Jude contra Jude, bei Obsignationen, Inventuren und Theilungen, auch
bei Straffllen, lediglich die Ceremonialsachen ausgenommen, in Zukunft
der christlichen Obrigkeit, so wie christliche Unterthanen untergeben.
Die Ehepakten auf dem Lande werden in Zukunft von der gewhn-
lichen christlichen Obrigkeit errichtet.
^
Der
meist unter
Am
8.
fr
den Kurstaat erwhlte Rabbiner war R. Chajim Hirsch Berhner,
dem Namen
R.
Noach
Z'wi bekannt. Siehe
Lwenstein
a.a.O. 239.
Juni 1783 gewhlt, ward er am 9. Februar 1784 durch kurfrstliches Dekret
nachdem er vor einer Regierungskommission eine Prfung abgelegt
besttigt,
hatte.
vom
Die Anstellungsurkunde, in der das weiter unten abgedruckte Reskript
gleichen Datum, soweit es die Amtsbefugnisse des Rabbiners betrifft, ent-
halten
ist,
bringt
SCHAAB
a. a.
O. 405
ff.
SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ
357
Es werden die Schultheien, Amtsvgte, Ober- und Vicedommter
auf das gemessenste hiebei angewiesen, den Juden, so wie den Christen
gleich schleunige Justiz zu pflegen, und sie in keinem Stcke hrter,
als andere christliche Unterthanen, und besonders auch in den Gerichtsgebhren, dieselben den letzten gleich zu halten.
3) Bleibt aber der Rabbiner in der kurfrsthchen Residenzstadt
Mainz, und wo die Stadtmainzischen Juden Beklagte, noch zur Zeit in
Sachen Jude contra Jude Richter erster Instanz.
Da derselbe in
Ceremonialsachen aber ohne Unterschied fr alle und jede Juden in
den Kurlanden die Obrigkeit der Juden bleibe, versteht sich von selbst.
4) Wird der Rabbiner von den ihm untergeordneten Juden unterhalten, dergestalten
da dieselben provisorie bis auf anderweite Verordnung in 6 Klassen nach dem Vermgens-Anschlage von 30
I fl.
I
fl.
40 kr.
2 fl.
2 fl. 30 kr. zu diesem
30 kr.
Unterhalte beytragen.
Die kurfrstlichen Aemter schicken daher ungesumt die neuesten Schatzungsregister an kurfrstliche Landesregierung
ein, nebst dem Verzeichnis und Vermgensstande jener Juden, so seit
,
dem Tage der Verfertigung jener neuesten Schatzungsregister sich verheurathet haben. Es wird seiner Zeit die genaue pnktliche Bestimmung
des Beytrags einer jeden Klasse nachfolgen.
Wird dem Rabbiner zwar die Kopulationsgebhr hchstens zu
5 fl. und 45 kr. fr die Ehepakten oder Staar von dem Ehepaare
nachgesehen; doch ist demselben auf keine Weise erlaubt, auer dieser
Kopulationsgebhr von irgend einem Ceremonial- oder Schulgegenstande
uiiter irgend einer Rubrik an Douceurs
oder sonstiger Gebhr das
mindeste zu erheben.
In den ihm belassenen Civil-Prozesachen der
Juden in der kurfrstlichen Residenzstadt Mainz contra Juden bezieht
der Rabbiner nichts mehr an Sportein oder Gerichtsgebhren, als was
5)
hnlichen Fllen ein Vicedomamts-Beysitzer nach der InstructionsBestallungsnote zu beziehen hat.
Von vorkommenden Strafen
bezieht der Rabbiner ledighch nichts, es fallen alle und jede Strafgelder der Stadt- und Landjudenschaft zu irgend einer gemeinntzHchen
in
und
Verwendung, deren Bestimmung Seine Kurfrstliche
sich vorbehalten, zur Hlfte, zur andern Hlfte aber
Gnaden gndigst
dem
stadtmainzi-
schen Armenhause anheim. In Civilsachen aller Juden, jene der kurfrsthchen Residenzstadt Mainz ausgenommen,
von Obsignationen,
Inventuren und Theilungen der Juden, die dem christlichen Gerichtsstande gegenwrtig bergeben sind, beziehen die respective Schultheien,
Amtsvgte und Obermter nicht mehr Sportein oder Gerichtsgebhren,
als dieselben vermge Instruktions- und Bestallungsnote von christhchen
Unterthanen zu beziehen befugt sind.
6) Htten in Zukunft die smthchen Juden in den Kurlanden bey
Strafe der Nullitt ihre Handelsbcher, Inventuren, Kontrakte und alle
Schriften und Urkunden, woraus eine gerichtliche Verbindlichkeit entsteht,
in deutscher Sprache und Buchstaben zu fertigen.'
'
land
Referat ber vorstehende Verordnung im Journal von und fr Deutsch(1784),
I.
288.
FESTSCHRIFr COHEN
358
sich zwar bevor, in dem
Verfassung
der
Juden nach hchstem Wohlweiteren Umlaufe in der
gefallen und Gutdnken zu mehren und zu mindern; doch hat dasjenige,
was hier oben verordnet ist, andurch seine gesetzliche Kraft. Die kurfrstlichen Vicedom- und Ober-Aemter haben daher die gegenwrtige
Verordnung allsogleich bekannt zu machen, Selbsten und durch ihre
Amtsvgte zu vollziehen und auf Vollziehung derselben pflichtmig
zu wachen.
Seine
Mainz,
Kurfrstliche
am
Gnaden behalten
9ten Julius 1783.
Freyherr von Frankenstein
Was
um
in
der Kurfrst versprochen, suchte er gewissenhaft zu erfllen,
so eifriger, da sich seinen Bestrebungen in christlichen
jdischen Kreisen Hindernisse entgegengestellt hatten.
vom
und auch
Sein Aus-
Februar 1784 normiert das Gehalt des Rabbiners
bestimmt, einen Landtag der Juden wie in frheren Zeiten in
Aschaffenburg abzuhalten, erklrt nochmals Buch- und Geschftsfhrung in deutscher Sprache fr obhgatorisch, regelt das Vorschreiben
9.
mundschaftswesen und die Mitgiftfrage, untersagt die damals bliche
frhe Beerdigung jdischer Leichen, verlangt die Einrichtung von
2
3 jdischen Schulen im Erzstift und ordnet die staatliche Prfung
Auerdem enthlt das Reskript einen Paragraphen
aller Lehrer an.
ber den Jugendunterricht, der ein denkwrdiges Zeichen echten
Wohlwollens bleibt. Hier merken wir den Einflu eines Ratgebers,
der das gesamte Schulwesen des Kurstaats mit Einsicht, Sachkenntnis und Besonnenheit systematisch geordnet hat, des Freiherrn
von Bentzel-Sternau, der seine pdagogische Tchtigkeit bereits unter
dem Kurfrsten Emmerich Joseph bewhrt hatte und sie spter unter
dessen Nachfolger Friedrich Karl Joseph als Restaurator und Kurator
der Mainzer Universitt erfolgreieh
besserungen
freute
sich
damals
Deutschland und betrachtete
wenigstens
sei.
in
den
Gewhren wir
'
sie
der
als
ganze
ein
seine
aufgeklrte
SchulverTeil
Werk, das noch
von
niemals,
systematisch
bearbeitet
der kurfrstUchen Verordnung
selbst das
katholischen
jetzt
ber
bewies.
Staaten,
Wort:
Anselm Franz Freiherr von Bentzel-Sternau war 28. Aug. 1738 geboren,
Siehe Nheres Allgem. Deutsche Biographie II, 347;
er starb 7. Febr. 1785.
Journal von u. fr Deutschi. II, 521 ff. ber seine organisatorische Ttigkeit
unter Emmerich Joseph und Friedrich Karl Joseph vgl. MeSSER, Die Reform
des Schulwesens im Kurfrstentum Mainz unter Emmerich Joseph (1763 1774)
^
S.
u,
13, 172.
SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ
359
Kurfrstlich Mainzische Landes-Regierung.
Wir besttigen hiermit, und wiederholen anhero seinem ganzen
das unterm 29. Julius 1783 wegen der Verfassung der
Judenschaft von Uns erlassene Generalreskript, und weisen die smtInhalte nach,
lichen kurfrstlichen Beamte ernstgemessen hiermit an, dahin zusehen,
da sothanes Generalreskript durch alle Punkte auf das genaueste vollzogen werde, ohne auf irgend eine Einwendung, insonderheit auf jene
eines anderen Herkommens, oder auf den Vorwand, da gegen sothanes
Generalreskript vom 29, Julius 1783 an Uns Vorstellung gemacht
worden, die mindeste Rcksicht zu nehmen.
Wir verordnen anbey
weiter
Da, um unter anderen allen und jeden in den smtlichen
Kurlanden befindlichen Juden, ohne irgend eine Ausnahme, fr den
Unterhalt des Stadt- und Land-Rabbiners gndigst bestimmten Beytrag
nach 6 Klassen von 30
i fl.
i fl. 30 kr.
2 fl.
45 kr.
2 fl. 30 kr., und fr die zur Vergtung der Reisekosten des Rabbiners
weiters bestimmten Beitrge und sonstige Unkosten zu bethtigen, mit
Anfang des knftigen Monaths May in der kurfrstlichen Residenzstadt
Aschaffenburg, in Gegenwart, und unter Aufsicht des von Uns dazu
eigends committirten kurfrstlichen Vicedomamts - Direktors daselbsten,
ein allgemeiner Juden-Landtag gehalten werde,
bey welchem die Juden
i)
'
Den
Geleitbrief des Rabbiners d. d.
4.
Mai 1784
s.
bei
411. Der erste, der ber diejudenlandtage, besonders ber die
Schaab
in
a. a.
O.
Hessen-Cassel,
nhere Kunde bringt, ist F. U. KOPP, Bruchstcke zur Erluterung der deutschen
Geschichte u. Rechte (Cassel 1799) 11, I57ff.: Hessen-CasseHsche Judenversammlungen in politischer Hinsicht. Das von KOPP benutzte Constitutenbuch der
smmthchen Hessischen Judenschaft vom Jahre 1690" ist von L. MUNK nher
in der Jubelschrift fr Dr. J. Hildesheimer (Berlin 1890) beschrieben worden,
deutsche Abt. 69 ff., hebrischer Teil 7785. Nach den Forschungen Kopps
schrieb L.
,,Die Judenlandtage in Hessen-Cassel" in Monatsschrift fr
Wissenschaft des Judentums XLI, 505 ff. Nach Kopp fanden nicht nur
Hessen-Cassel, sondern auch in Hessen-Darmstadt, im Hochstift Paderborn,
Fulda, im Chur-Mainzischen und sonst (z. B. im Brandenburgischen, s. KNIG,
Gesch.
in
in
Munk
u.
Annalen der Juden in den Preuischen Staaten, 104) statt. ber die in Kurmainz
abgehaltenen Landtage ist bisher nur wenig bekannt geworden. Bamberger,
Historische Berichte S. soff., erwhnt einen Landtag in Miltenberg 1769 unter
der Leitung des Mainzer Rabbiners R. David Michael Scheuer (Lwenstein
a. a. O. 231) und ber den im darauffolgenden Jahre in Aschaffenburg abgehaltenen, dessen Protokolle sich in einer Transkription im Mainzer Stadtarchiv befinden.
Das von Bamberger a. a. O. 88, Beage 4 gegebene fragmentarische
Originalprotokoll ber den Landtag vom Mai 1770 (Sonntag, 24. Ijar 530) betrifft
hauptschlich das Thorastudium, die Errichtung von Lehrhusern usw. Weitere
Tagungen sollten von drei zu drei oder von vier zu vier Jahren stattfinden, wir
erfahren jedoch erst durch vorliegendes Reskript von der am i. Juli 1784 in
Aschaffenburg abgehaltenen Versammlung. Siehe auch Bamberger a. a. O. 48.
FESTSCHRIFT COHEN
360
aus
Aemtern,
allen
ohne
Ausnahme,
sich
htten,
einzufinden
der-
gestalten jedoch, dat> der Rabbiner keinen Schreiber oder Gehilfen
von hier auf den Landtag mitnehme, den er in Aschaffenburg findet,
da das Landtags-Protokoll an Uns zur Genehmigung eingesendet werde,
da ohne unsere Genehmigung irgend eine Verhandlung sothanen
Landtags weder eine gesetzliche Kraft habe, noch da eine von den
daselbst behebten, und vorkommenden Zahlungen ohne unsere weitere
Genehmigung ausbezahlt werde.
Es liegt daher den kurfrstlichen Beamten ob, diese Verordnung
den Amts-Juden bekannt zu machen und dieselben anzuhalten, auf dem
Landtage zu erscheinen.
Wir verordnen
Da
und jede gemeine Juden rechnungen in deutscher
Jahre von dem Amtsvogten abgehrt, berselien,
und aufbehalten werden, da der Amtsvogt fr eine jede gemeine
Judenrechnung, als Gebhr der jhrlichen Revision 30 kr. beziehe, und
da ein jedes Amt alle Jahre eine Tabelle der smtUchen von den
2)
Sprache
alle
gefertigt,
alle
Amtsvogteyen revidierten Judenrechnungen, mit der summarischen Be-
merkung der Einnahme und Ausgabe und des baaren Restes an Uns
einsende.
Da
Ansehung des Dotis und des Vorzugsrechts des Dotis
bey jdischen Konkursen das kxirfrstliche Landrecht die Entscheidung
3)
in
lediglich gebe.'
4) Da alle und jede jdische Vormnder, von heutigem Datum
durch die gewhnliche christliche Obrigkeit besttigt, auch in Ermange-
lung testamentarischer Vormnder, von der gewhnlichen christlichen
Obrigkeit, jedoch nach jdischen Gesetzen bestellt, und solchergestalten
die Erblassungen der Juden von der gewhnlichen christlichen Obrigkeit abgetheilt, und abgethan werden mgen, wie Wir bereits in Unserem
Generalreskript vom 29. Julius 1783, verordnet haben, und welches
Wir hiermit seinem ganzen Inhalte nach nochmalen besttigen.
Die kurfrstliche Obrigkeit beziehet von der gleichen Besttigung,
Inventur und Abtheilung nicht mehr, als dieselbe von christlichen
Unterthanen zu beziehen
hat.
Wir gebieten
5) Da in den Kurlanden kein Jude ein gemeines Judenamt begleiten mge, ohne von dem Amt geprfet und besttiget zu seyn, in
welcher Rcksicht der Amtsvogt fr die Prfung und den Bericht zusammen nicht mehr als 30 kr., der Amtsverweser fr die Besttigung
eben auch 30 kr., und der Amtsschreiber fr die Fertigung des Besttigungsdekrets nicht mehr als 12 kr. zu beziehen hat.
Aschaffenburger Landtag zur Zeit des Mainzer Rabbiners R.
Seckel Ethausen (1723 1729) erwhnt.
^ Churfrstlich-Mayntzische Land-Recht und Ordnungen (Mayntz
1755) Tit I,
Das. S. 14
ist
ein
Von Heuraths-Gut und Ehe-Beredungen;
und Tit XXII 11 pag. 45.
8 daselbst, betr. etwaiger
Konkurse
SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ
36 1
Da
der Rabbiner, oder die Vorsteher auf keine Weise und
in keinem Falle befugt seyn mgen, an Gelde oder Geldswerthe, vielweniger an Leib und Leben zu bestrafen, und da des Rabbiners
Gewalt in keiner Rcksicht auerhalb Ceremonial- Gegenstnden, und
auerhalb der Judenschule sich erstrecken mge.
7) Da in Ansehung der Erlaubnis zu Heurathen, und in Ansehung der Grojhrigkeit fr die Juden eben das gelten msse, was
in Ansehung der Christen verordnet, und gesetzlich ist und zwar beydes
bey einer nahmhaften unnachlssigen Geldstrafe und bey Nichtgiltig6)
keit der Grojhrigkeit.
So entfernet Wir brigens sind, der Religionsfreyheit der einmal
geduldeten Juden den mindesten Zwang anzulegen und in irgend einem
Betracht etwas zu verordnen, das den Grundstzen dieser einmal geduldeten Religion nicht angemessen wre: so halten Wir es dem zu
frhe, oder gar noch zur Pflicht, um zu verhten, da kein Jude aus
Miverstand seiner Glaubenslehre, dennoch lebendig begraben werde,
8) Zu gebieten, da von dem heutigen Datum kein Jude, ohne
Unterschied des Geschlechts oder Alters begraben werde, ohne da
wegen dieser Begrbni der Amts-, Stadt- oder
Ortsphisikus nicht einen
Todtenschein ausgestellt htte.
Der ausstellende Phisikus bezieht fr
einen solchen Todtenschein in keinem Falle mehr als 6 kr.
Wir weisen
Beamte an, die angestellten Phisicos hiernach gehrig
und wohl darnach zu sehen, da kein Jude zu frhe
die kurfrstlichen
zu
instruieren
begraben werde. ^
Mit gleicher Abneigung gegen allen Zwang der Gewissensfreyheit
der einmal geduldeten Juden, und ledigHch in der bestgemeinten
Absicht durch eine bessere Erziehung der jdischen Jugend fr die
erwachsenen Juden beyderley Geschlechts, und fr die knftige Generation eine grere Glckseligkeit zuzubereiten, befehlen
9)
d. J.
Da binnen dem
alle wirkl.
Zukunft
angestellte
heutigen Datum, und
jdische ffentliche
dem
Wir
iten November
und Privat-Lehrer und
Juden, welche ffentlichen oder Privat-Unterricht ertheilen wollen, von der gewhnlichen Amtsschul- Kommission, Oberamtsoder Amtsvogte in allen Gegenstnden^ wie die christlichen Schullehrer,
geprfet, da jene, welche hinreichend bestehen, und von der Schulin
alle
tchtig befunden und erklret sind, von dem Amte
werden mgen, fifenthchen oder Privat-Unterricht zu geben;
da aber nach dem iten November 1. J. 1784, keinem Juden erlaubt
kommission
als
authorisiret
Die Mndigkeit trat nach zitiertem Landrecht (Tit. V, 14) mit dem
ein, konnte aber von der Regierung frher, jedoch nicht vor dem 20.
Lebensjahre, bestimmt werden.
^ ber die Beerdigungsfrage s. Kayserling,
Moses Mendelssohn, 2. Aufl.
'
25.
Jahre
Grtz, Gesch. der Juden, 11. Bd., 2. Aufl., 28 ff.; von zeitgenssischen
Autoren M.J.Marx, ber die Beerdigung der Juden, Hannover 1784 (Besprechung im Journal v. u. f. Deutschland I, 2 [1784] 227 f) und M. HERZ, ber die
frhe Beerdigung der Juden, Berlin 1787, 2. Aufl. 1788.
277
ff.;
FESTSCHRIFr COHEN
362
mge, ffentlichen oder Privat-Unterricht zu geben, es seye dann
nach gegenwrtiger Absicht geprfet und authorisieret; dergleichen Prfung und Authorisierung geschieht jedoch unentgeltlich.
In derselben Absicht haben Wir
10) den kurfrstlichen Vicedomamts - Direktor zu Aschaffenburg
angewiesen, mit Zuziehung des Stadt- und Landrabbiners auf dem bevorstehenden Landtag der Juden es dahin einzuleiten, dali zwey oder
drey allgemeine Judenschulen in den Kurlanden errichtet werden, und
dal5 uns der Plan der Lehre und des Unterhalts, auch die Oerter, wo
sothane Judenschulen angelegt werden knnten, zu Unserer weiteren
Genehmigung, und Verfgung gehorsamst vorgelegt werde.
Um dabey lediglich nichts zu verabsumen, was zur Bildung und
zu dem knftigen Glcke der Juden befrderlich seyn knne, geben Wir
11) denselben frey, ohne es jedoch zu gebieten, da die
jdische Jugend eben wie die christliche ohne Unterschied des Geschlechts,
oder Alters, die christlichen Land- und Stadtschulen, Real- und Normalschulen, namentlich jene in der kurfrstlichen Residenzstadt Mainz, und
Schulen aller Art besuchen mge.
Wir versehen Uns, die smtlichen kurfrstlichen Beamte werden
diese bestgemeinte Verordnung den christlichen und jdischen Unterthanen wohl erklren, damit dieselben eines Theils weder durch Mitrauen oder Miverstand vereitlet werde, andern Theils, damit die
erzielte allgemeine Bildung und Glckseligkeit durch wechselseitige Vertrglichkeit und durch wechselseitiges Bewirken in alle Wege befrderet
sein
derselbe
werde.
Gleichwie aber die Moralitt und die Fhigkeit durch Arbeit und
Verdienst den hinreichenden Lebensunterhalt zu verdienen, die erste
Eigenschaft eines Unterthanen sind, also gebieten Wir
12) Da von dem heutigen Datum an kein Jude den kurfrstlichen
Schutz erhalte, der wegen seines Gewerbes und Wissenschaft im Deutschlesen,
Deutschschreiben und Rechnen von
lnglich geprfet sey,
und wegen
dem Amtsvogte
nicht hin-
seiner Moralitt hinreichende Zeugen-
schaft beygebracht habe.
Der prfende Amtsvogt
bezieht fr eine solche Prfung nicht mehr,
kr. und nicht mehr.
Beamte an, von dem heutigen Datum,
auer dem gewhnlichen Inferendum, auch den Befund der Prfung
an Uns jederzeit einzuberichten, inmaen wir entschlossen sind, die
24
als
kr.,
der Aktuarius aber 12
Wir weisen
Berichte,
die kurfrstlichen
welche
diesen
Befund nicht
enthalten,
ledigUch
zurckzu-
senden.
Dieselben gndigste und menschenfreundliche Beweggrnde, welche
Verordnung veranlasset haben, haben auch Se. Kurgndigst bewogen,
zu verordnen. Uns auf den Fall, wenn Juden in den
Gndigst
13)
die vorstehende
frsthche
Ob und wo diese Schulen errichtet wurden,
Aschaffenburg und Buchen, s. w. u.
*
in
Gnaden
ist
nicht ermittelt, vermutlich
SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ
363
Kurlanden Huser ankaufen, und die Besttigung des Kufers einmal
ausgebracht haben, gegen dieselbe bis auf eine allenfallsige andere
Verordnung der fhrwhrende Abtrieb der Christen gegen die Juden
von heutigem Tage an nicht mehr statt haben solle, ^ Auch
14) Dali den Juden in den Kurlanden, vom heutigen Tage an,
gndigst erlaubt seyn mge, Manufakturen und Nahrungsgewerbe, wozu
weder Zunftartikel, noch Gesellen oder Lehrjungen erfordert werden,
vorzglich in der Neustadt zu Hchst zu errichten und zu treiben.
Und
gleichwie
15)
Se.
Kurfrstliche
Gnaden gndigst
oder wenig angebauten Gemarkungen,
um
geneigt sind,
in grolen
die Grundstcke in Ertrag
Werth zu bringen, den in dem Amte einmal geduldeten Juden
gndigst zu erlauben, Grundstcke anzukaufen; also gewrtigen Wir
unfehlbar binnen 2 Monathe den pflichtmtMgen Bericht, ob, und in
welcher Mas in den einzelnen Ortschaften den Ortseingesessenen Juden
gndigst gestattet werden mge, Grandstcke daselbst anzukaufen, und
Ackerbau zu treiben.^
Wir legen den kurfrstlichen Aemtern auf, die gegenwrtige Verordnung den Christ- und jdischen Unterthanen wohl bekannt zu machen,
und den Inhalt derselben wohl zu erklren, sothane Verordnung durch
alle Punkte in Vollziehung zu setzen, und darinn zu Handhaben, in
allen und jeden bei Uns etwa anhngigen einschlagenden Gegenstnden,
und
in
Abtriebrecht war das sechs Wochen, bezw. sechs Monate giltige Recht,
wonach Blutsverwandte verkaufte Grundstcke, die Familienmitgliedern gehrt
hatten, oder die im Erzstift Ansssigen die an Auslnder veruerten Immobien
wieder an sich bringen durften. Die gesetzlichen Bestimmungen bringt Tit. XXIV
^
des Churf. Mayntz. Land-Rechts, 47 ff,
Regierungsverordnung v. 29. Dez. 1761
(Stadtarchiv): ,,Auf Klage der Juden, da sie oft von Brgern und Einwohnern,
welche sich zum Abtriebrecht meldeten, aus ihren Behausungen vertrieben und
Ernhrung geschdigt wrden, weil man behaupte, sie htten die besten
Nahrungshuser acquiriret, wird zur Abthuung dieser Beschwerden und zuknftigen Verhtung der ferner daraus entstehenden bsen Folgen verordnet: i) Jeder
in ihrer
jdische Schutzgenosse
Wohnung, worber
ist
in
dem
ungestrten Besitz seiner an sich gebrachten
er Churf. Consens hat, zu belassen.
und Huser ber 30 Jahre Besitz eines Juden
Wo
kein Consens
ist
sind, sei es erworben oder vererbt,
durch brgerlichen Abtrieb nicht mehr angefochten werden. Die
fehlende landesherrliche Genehmigung ist binnen drei Monaten einzuholen. 2) Dahingegen sollen Brger usw. das Abtriebsrecht haben gegen alle Judenhuser
und Wohnpltze, welche erst in neuerlichen Zeiten und unter 30 Jahren acquiriret
worden. 3) Bei ffentlichen Versteigerungen von Wohnhusern sollen Juden nicht
mitsteigern. 4) Es ist fr die Folge den Juden untersagt, irgend ein Wohnhaus
ohne churf, Consens eigentmlich an sich zu bringen. 5) Die Juden werden fr
ohnfhig erklrt, cker, Weinberge, Wiesen, Waldungen oder andere unter dem
Namen Wohnhuser oder Wohnungen nicht verstandene Stcke eigentmlich
drfen
sie
zu besitzen."
^
S.
auch Bamberger
a. a.
O. 46
u. 48.
FESTSCHRIFT COHEN
364
Entschlieung zurck steht, sich darnach zu bemessen, binnen 2 Monathe den befohlenen Bericht einzusenden und
berhaupt in allen zweifelhaften, und nicht vorgesehenen Fllen an
Uns einzuberichten , worauf Wir nicht entstehen werden, das Weitere
WO
vielleicht
unsere
zu verfgen.
Mainz, den gten des
Homungs
1784.
Freyherr von Frankenstein.
Der
Befehl, die
Landtage zu besuchen, sich dort abschtzen zu
lassen und einen Beitrag
zum Gehalte des Rabbiners
zu leisten, rief
Gemeinden des Kurstaats wach.
Sie wandten sich deshalb an die Regierung und machten geltend,
da sie frher nie zu solchen Pflichten und Leistungen herangezogen
Die Behrde ging auf ihre Vorstellungen nicht ein, denn es
seien.
lag ihr sichtUch daran, das begonnene Werk der sozialen und moralidie Opposition
einzelner jdischen
schen Verbesserung der jdischen Landeskinder durchzufhren.
beharrte deshalb energisch auf ihrem Standpunkt:
Sie
Kurfrstlich Mainzische Landes-Regierung.
Es
ist
Sr.
Kurfrstlichen
Gnaden gehorsamst vorgetragen worden,
welchergestalten die Judenschaft mehrerer kurfrstlichen Aemter unterthnigst nachgesucht hat, von Besuchung des Landtages in Aschaffenburg sowohl, als von dem Beytrage zu Unterhaltung des Rabiners
gndigst frey gegeben zu werden, inmaen dieselben nie weder zu
dem einen, noch zu dem andern gezogen worden, auch da der
Landtag spter hinaus verlegt werden mge, worauf Hchstgedachte
Se. Kurfrstliche Gnaden gndigst befehlen:
Da es einmal fr allemal sein Bewenden dabey habe, da
Magabe
der von kurfrstlicher Landesregierung unterm 29. Julius
nach
i)
1783 und
Februar 1784 erlassenen General-Reskripten, fr die Judensmtlichen Kurlanden nur ein einiger Rabiner angestellt
werde, und da kein fremdherrischer Rabiner in den Kurlanden irgend
eine Verrichtung vornehmen drfe, da daher
2) Die Judenschaft aller und jeder kurfrstlichen Aemter ohne
Unterschied, ohne Ausnahme, und ohne Rcksicht auf wirklich geschehene, oder knftige Vorstellung schuldig, und gehalten sein solle,
auer dem hergebrachten Beytrage zu dem alten stndigen Gehalte
des Rabiners von 320 fl., dem neu gndigst hiezu bestimmten stndigen
Gehalte von 680 fl. (als wodurch der auf 1000 fl. zu Unterhaltung
des Rabiners bestimmte volle Gehalt von 1000 fl. vollzhlig wird)
nach den in den vorhergehenden angefhrten General-Reskripten bestimmten 6 Klassen jehin, die Reise Kommissions-Prfungs- und Verpflichtungskosten aber fr diesmal nach jener Bestimmung und Ermigung, welche den beiden Vicedomamts- Direktoren zu Mainz und
schaft
9.
der
zu Aschaffenburg anheute zugeht, zu entrichten, dergestalten zwar,
SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ
365
3) Da an dem stndigen Beytrage von 680 fl. sowohl^ als an
diesjhrigen aulJerordentlichen Beytrage die untererzstiftische Judenschaft drey Fnftel, die obererzstiftische Judenschaft aber zwei Fnftel
dem
beytragen
solle,
und da
Judenschaft die in den Vicedommtern in und auer der Stadt Mainz, in den Obermtern und Aemtern
Starkenburg, Knigstein, Kronberg, Hirschhorn, Hofheim, Rdesheim,
Gernsheim, Lahnstein, Neubamberg, Hchst, Ohlm, Eltvill und Alges4)
zu
der
untererzstiftischen
heim befindlichen Juden, hingegen die in den andern dahier nicht
genannten kurfrstlichen Aemtern befindlichen Juden zu der obererzstiftischen
Mase
Judenschaft
gezhlt,
und dorthin
in
der vorgeschriebenen
ihren Beytrag liefern, auch da
5) Die zu der untererzstiftischen Judenschaft gezhlten Juden durch
Vorsteher oder sonstige Bevollmchtigte den 15. May, oder zum lngsten
einige Tage spter in loco Mainz, die zu der obererzstiftischen Judenschaft aber unfehlbar den iten Julius d. J., in loco Aschaflfenburg zu
dem Landtage erscheinen, respective bey dem Vicedomamts-Direktor,
dazu committirt ist, sich melden, und ihren
als welcher eigends
Schatzungs-Ansatz in gehriger Form vorzeigen sollen, damit in der
gndigst bestimmten Mase der gndigst bestimmte Beytrag realisirt
werden knne; wobey
6) Se. Kurfrstliche Gnaden die unterm agten Julius 1783 und
9ten Februar d. J. von der kurfrsthchen Regierung erlassenen GeneralReskripte gndigst besttigen, und gndigst aufgeben, jene Verordnungen pnktlich in Ausbung zu erhalten.
Wir unverhalten diesen hchsten Befehl den smtlichen kurfrstlichen Aemtern mit der Weisung, ihn gehrig bekannt zu machen, in
Vollziehung zu setzen, und seiner Zeit anher einzuberichten, wie die
drey vorliegenden General -Reskripte in Vollziehung gesetzt sind, und
in Ausbung erhalten werden.
Mainz, den 27. April 1784.
Freyherr von Frankenstein.
Auf den Landtagen war man wegen der Organisation des jdischen Elementarschulwesens zu keinem Entschlsse gekommen. Berechtigtes Mitrauen
gegen
viele,
von Vorurteilen nicht
freien christ-
Pdagogen, der konservative jdische Geist, der sich nur
ungern vom Herkmmlichen trennt, und besonders die finanzielle
Schwche der erzstiftischen Judenheit waren die Hauptschwierigkeiten, die sich der Einrichtung und Erhaltung von konfessionellen
Schulen entgegenstellten. Auf Vorstellung der Juden sah die Regierung vorlufig davon ab, allgemeine Judenschulen einzurichten",
bestand aber darauf, da die Jugend den ffentlichen Lehranstalten
anvertraut und dort zu Tchtigkeit und Vaterlandsliebe herangebildet
werde. Etwaigen Bedenken ward einsichtsvoll und klug vorgebeugt.
Jdische Kinder sollten den christlichen gleichgestellt sein und von
lichen
FESTSCHRIFT COHEN
366
Lehrern und Schlern rcksichtsvoll und liebreich behandelt werden.
und Buchen, wo die Schaffung jdischer Schulen
In Aschafifenburg
sich ermglichen
werden.
Den
Untertanen
lie,
sollten geprfte Israeliten als
Lehrer angestellt
den staatlichen Lehranstalten vorgebildeten jdischen
in
sollte
der
Weg
zu
ehrenvoller
brgerlicher
Ttigkeit
Deshalb wird anschlieend an die Verordnung betr.
Schulbesuchs der Kauf von Immobilien und der Betrieb des Ackerbaus freigegeben.' Nheres besagt folgendes Reskript vom 27. Sepgeebnet werden.
tember 1784.*
Kurfrstlich Mainzische Landes-Regierung.
Demnach die smtliche auf dem vorgewesenen Landtage versammelte Judenschaft sich erklrt hat, da sie wegen ihrer zerstreuten
Wohnorten, wegen ihrer minder zahlreichen und minder bemittelten
Judengemeinen, und zu Ersparung der Unkosten keine eigene allgemeine
Judenschulen errichten knne und wolle, und solchergestalten der
lote des Generalreskripts vom pten Februar d. J. auf sich beruhen
mge: so lassen Se Kurfrstliche Gnaden
1"" dieses gndigst geschehen, in der Voraussetzung jedoch, da
die Juden nach dieser Erklrung die Christenschulen besuchen, und
da sie sich dort zu tchtigen kurfrstlichen Unterthanen bilden werden.
Se Kurfrstliche Gnaden besttigen daher ganz vorzglich die 9,
II und 12 des besagten Generalreskripts, und befehlen gndigst, da
die Judenkinder an Schulgeld in keinem Falle mehr bezahlen sollen,
als die christlichen Kinder, und da die Schullehrer sowohl, als die
christliche Schuljugend, worauf die Lehrer insonderheit zu sehen htten,
den jdischen Schulkindern ja nicht mit Verachtung, sondern mit
gleicher Rcksicht begegnen, und da beede die jdische Jugend vorzglich liebreich behandeln sollen.
Gleichwie auch Hchstgedachte
Se Kurfrstliche Gnaden die einige Absicht haben, da die Juden zu
ihrer eigenen Glckseligkeit gebildet werden sollen, keineswegs aber
jene, der Gewissensfreiheit derselben den mindesten Zwang anzulegen;
also genehmigen Hchstdieselben nicht minder, da nach dem bittlichen Antrage der Judenschaft fr das obere Erzstift in Aschafifenburg
nmlich
und
in
Buchen
Churf. Verordnung
in
Absicht der Religion zween Judenlehrer
Da wahrgenommen,
da verschiedene Schutzjuden blo aus der Absicht, sich in einen Ankauf ganzer Bauerngter einlassen, entweder ganz oder zerstckter verkaufen zu knnen, und eben
dadurch einen der churf. Verordnung v. 27. Sept. 1784 ganz entgegengesetzten
Sinn beilegen wollen, so wollen wir zur Verhtung mehrerer sich allenfalls ergebender Unterschleifen, erwhnte Verordnung dahin erklren, da die Erlaubnis
zum Gterankauf den Schutzjuden blo in der Absicht gestattet sei, um sie zu
behalten, sich davon zu nhren und allenfalls selbst zu bebauen." S. auch Journal
v. u. f. Deutschland II (1785), 520.
^
Auch
bei
v. 16.
Bamberger
Juni 1785:
a. a.
O. S. 46 ff. abgedruckt.
SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ
mit einem jhrlichen Gehalte von 200
fl.
36/
angestellt werden, jedoch nicht
nderst, als dali
Diese Lehrer nach
a)
und
authorisiert werden,
dem
angefhrten Generalreskripte geprfet,
und da b) die Judenschaft zu Protokoll sich
welchem Fundus sie diese jhrliche 200 fl. entrichten wolle.
den Kurlanden befindlichen Juden auf diese Weise
fr die Wohlthaten, welche Se Kurfrstliche Gnaden denselben gndigst
zuwenden, empfnglich werden: so erlauben, gestatten und erklren
erklre, aus
Indem
die in
Hchstdieselben hiemit gndigst:
2*^
da
in
allen
Aemtern und Gemarkungen, wo Juden
bereits
angesessen sind, lediglich die Gemarkung der Stadt Mainz, oder den
sogenannten Burgbann ausgenommen, die eingesessenen Juden liegende
Grnde und Immobilien, wie dieselben heien mgen, ankaufen, in
dieselben sich immittiren lassen,
und
sie besitzen,
und Ackerbau
treiben
eben wie christliche Unterthanen, ohne irgend einem weitem
als auch eben die christlichen Unterthanen unterworfen zu
seyn, auch da Juden, welche in andern Gemarkungen, wo bisher keine
Juden angesessen waren, Immobilien ankaufen wollen, zwar einer besonderen Besttigung bedrfen, da jedoch ohne erhebliche Ursache
^
diese Besttigung nicht verweigert werden solle.
" Erneuern Se Kurfrstliche Gnaden gndigst das Generalreskript
3
vom 2 9ten Julius seinem ganzen Inhalte nach, abrogiren gndigst alle
jener und der gegenwrtigen Verordnung zuwider laufende geschriebene
Gesetze, Verordnungen, Herkommen und Observanz, und befehlen
gndigst: da diese beyde Verordnungen auch in den Vogteyorten,
so viel nmlich nicht Recesse in Contrarium bestehen, bekannt gemacht
und zur Vollziehung gebracht werden, auch von allen Richtern und
Justizstellen darnach gesprochen werde.
Wir unverhalten hiemit diese hchste AVillensmeynung Sr. Kurfrstlichen Gnaden, und weisen die kurfrstlichen Aemter an, dieselbe
gehrig bekannt zu machen und in Vollziehung zu setzen.
Mainz, den 27. September 1784.
drfen,
Abtriebe,
Freyherr von Frankenstein.
Der Versuch,
die
Vicedom-Amt
dargelegt v^^erden:
Jugend in den
ffentlichen Schulen zu ermglichen, milang, und zwar aus Grnden,
die in der Eingabe der Mainzer jdischen Schutzgenossenschaft an
das
Ausbildung der
israelitischen
Ein kurfrstlich hochlbliches vicedom-Amt geruhete ohnlngst
das hohe Regierungs Rescript uns bekannt zu machen; inhalts ween
wir gehalten sein sollen, unsere Jugend von 10
14 Jahr ihres Alters
zur Erlernung des Teutsch Lesens und Schreibens, wie auch rechnens
in die Kristliche Schuhlen zu schicken.
Wir als Unterthane und Schutzgenossen haben auch bereits gezeigt,
da wir keinen Anstand genohmen, diesem hohen Landesobrigkeitlichen
.
Vgl. S. 363, No.
15.
FESTSCHRIFT COHEN
368
Befehl zu gehorsamen, unsere Pflichten aber machen uns zur Schuldigkeit, eine unterthnige Gegenvorstellung in diesem alleinigen Ziel und
Maali dargegen einzubringen, dali durch die Einschickung unserer
Jugend nehmhch mnnlichen Geschlechts zur Schuhl deren kristlichen
Kindern die hohe Absichten in der Folge nicht erreichet werden, theils
wegen der bey der Jugend herrschenden Ausschweifung, theils wegen
mangelnder Furcht der Elterlichen Aufsicht, wie wir dann wrcklich
bemercket haben, da der Fortgang in der Lehr des Lesens, Schreibens
und Rechnens noch wenig zugenohmen habe und eben deswegen wir
mittelst Anlegung eines bestimmt hinreichenden Fonts bey uns beschlossen haben, einen besonderen kristlichen Lehrer hierzu anzunehmen
und zu besolten, auch in unserer Gali ein allschon gemiethetes Ziminer
hierzu anzureihen, allenfalls auch geschehen lassen zu wollen, da uns
von hoher Obrigkeitswegen, wann der unsrig erwehlte nicht anstndig,
ein geprfter Lehrer angeordnet werde, den wir salarirten, und welcher
zu bestimmten Stunden in das in unserer Ga gemietete Lehrzimmer
sich begeben thue.
An Ein Kurfrstlich hochlbliches vicedom-Amt gelange demnach
unser unterthniges Bitten, obvermeldeten zum mehreren Nutzen unserer
Juden, wie zur besseren Erreichung der hohen obrigkeitlichen Absicht
gemachten und vorgetragenen Schlu zu genehmigen, und zu erlauben,
sonderlich, da dem gemeinen Mann hierunter kein neuer Last aufgeleget wird, sondern der Font von besonderen Gutthtern durch eine
Colect allschon errichtet worden, getrsten uns also
Hertz Jacob Reinach, Vorsteher dahier
.
Moyes Homburg, Hof-Factor
Lob Salomon Lorch, Vorgnger
Moyes Liebmann Oppenheim, Vorsteher
Nathan Isaac Goldschmit, Vorsteher.
Die Archivalien geben uns keine Auskunft ber den Erfolg dieses
Gesuchs. Jedenfalls hatten sich die Zustnde im Mainzer Ghetto
einige Jahre spter
noch nicht gebessert.
Denn
eine bereits 1784
angeordnete, aber 1789 erst vollendete Revision der Gemeinde wei
von erfreulichen Verhltnissen kaum zu berichten.
Die uere
Politik
nahm
Regierung bald derart
die
in
Anspruch, da
jdischen Schulangelegenheiten und der sozialen
weitere Aufmerksamkeit nicht
Staatlich
sie
den
Hebung der Juden
mehr widmen konnte.
vorgenommene Revision der jdischen
Gemeinde Mainz
17841789.
i)
Wir
Kurfrstlich Mainzische Landesregierung.
erteilen
dem K. Hofrath und Vizedom-Amts-Direktor den
Auftrag, je eher je besser, eine Vissitation der dahiesigen Judengasse
und gemeine vorzunehmen und zu untersuchen: a) den Zustand der
SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ
gemeinen Aemtem, b) der gemeinen Kassen und Rechnungen,
gemeinen Bcher und Urkunden, d) der gemeinen Reposituren,
369
c) der
e) der
Schul-Anstalten fr beiderlei Geschlecht und der Synagoge, fj der Gefngnissen, g) der Armen- Anstalten, h) berhaupt alle Personal- und
Realgebrechen und was bei einer so ansehnlichen Gemeine nur vorkommen kann, und einer Einsicht von Obrigkeits wegen bedarf.
Gleichwie Wir Uns nun versehen, es werde der K. Hofrath und Vize-
wichtigen Geschfts mit allem Eifer und
entledigen, also gewrtigen Wir ber den
und
Einsicht sich unterziehen
Fortgang oder am Ende, wie es das Geschft mit sich bringt, die
schuldigen Anzeigen, Protokollen mit Beilegung der Urkunden und
dom-Amts Direktor
-
dieses
Bericht seines Gutachten.
Mainz, den 24. September 1784.
Lieb
PL
Kissel, Sekr.
An
K. Hofrath und VizedomAmts-Direktor Heimes
dahier.
Judengemeinde
dahier vorgenommene Untersuchung betr. Expediert
2)
(Bericht) Die bei der
d. 6.
K. H. L. Reg.
um
erliese
Juni 1789.
an gehors. Unterschriebenen ein H. Reskript
Judengemeine dahier vorzunehmen und
eine Untersuchung bei der
alsdann das Gutachten hierber einzusenden.
Diesen zum Nutzen des States als auch der Judengemeinde selbst
in jedem Betracht ganz ntzlichen Auftrag htte Commissarius verschiedene mahlen bis aufs innerste in vollkommener Erfllung zu setzen
gewagt, wegen dem Mitrauen der Juden aber, auch gegen den bestgesinnten Kristen, habe er nicht weiter einzudringen vermocht, als was
ihn seine Augen htten sehen, und durch das viele Durcheinander
reden von mehreren Juden htten auffangen gemacht
ad A)
Den Zustand
der gemeinen
Aemter
betr.
gemeine Vorsteher wren in der Judengemeinde, wovon Jedes mahl
einer, nach dem andern einen Monat lang, nach jd. Ausdruck zu
Diese wren die Reichsten von der Gemeinde, und
regieren habe.
derjenige, welcher der Monats-Bamas [Pames] oder Schultheis seye,
gebe die Anweisungen zu Geld-Einnahme und Ausgabe, bestrafe die
in der Synagoge vorgehende Verbrechen, auch die Klagen Jud contra
Besoldung beJud, wenn solche von keinem grolien Belange wren.
ziehen diese 5 Vorsteher keine, ebenso wie die 6 gemeine Einnehmer,
deren Obliegenheiten sind, die von den Vorstehern genehmigte Einnahmen und Ausgaben zu erheben, zu verausgaben und zu verrechnen.
Auch diese sollen nicht die mindeste Besoldung nehmen, sondern diese
5
Arbeiten zum
besten
der Gemeinde
ohnentgeldlich verrichten.
24
Das
FESTSCHRIFT COHEN
370
Amt
des
bekannt.
Rabbiners
ad B)
ist
schon K. H. Reg. wie auch dessen Person
Den Zustand
der gemeine Kasse und Rech-
nung betr.
ad C) Die gemeine Urkunden und Bcher.
ad D) Der gemeinen Reposituren
und Haushaltung
Dieselben haben in einem Buch ihre Rechnungs-Einnahmen und
in andern ihre Rechnungs-Ausgaben, und bei diesen 2 Rubriken Einnahme und Ausgabe haben dieselben die Rechnung bis anher gefhrt.
Es ist daher jedermann begreiflich, wie alles sowohl in der Einnahme
wie Ausgabe durch und unter einander geschrieben seie.
Ob nun
gleich die Einnahmen und Ausgaben seit dem J. 85 bis daher in
deutscher Sprache verfhrt worden sind, so fhren dieselbe dem ohngeachtet das Schazungs -Anlag Buch, worin eines jeden Schuzjuden sein
zu bezahlendes Quantum auf einem besonderen Blatt vermerkt ist, in
hebrischer Sprache und machen also dadurch die chte und wahre
Einnahme einzusehen beschwerlich und ohne Zuziehung eines vertrauten
Juden ganz unmglich.
Die gemeine Kasse wird von den 3 ltesten Gemeine Einnehmern,
welche auf der gemeine Stube stehet, durch 3 verschiedene Schlssel
verwahret
die gemeine Bcher sind noch alle in hebrischer Sprache
geschrieben, solche werden auf der gemeine Stuben aufbewahret
was aber darin geschrieben stehet, knnen nur jene wissen, die das
hebrische verstehen. Die betr. Gemeine Urkunden und die derselben
von Zeit zu Zeit zugehenden Ordinationen sind nach den Materien
separiert und mit einem blauen Bogen Papier Umschlag, worauf eine
so
ist
dieser ebenso, wie die Juden in ihrem Betragen
sind.
hebr. Inschrift
ist.
Kein eigenes repositur Zimmer ist vorhanden und der Schrank,
worin die Urkunden und gemeine Bcher solten verschlossen sein, ist
zu klein.
ad E) Die Schulanstalten fr beider]. Geschlecht
die Synagoge betr.
und
Oeffentliche Schul Anstalten sind noch z. Zeit bei der Judengemeinde
jedoch wollen die Vorsteher einen Plan zu derselben Erkeine
richtung schon vor einigen Jahren K. H. Reg. eingegeben haben. Die
Reichen, Bemittelten, auch die mittelmlg bemittelten Juden haben
zum Unterrichte ihrer Jugend eigene Lehrer vulgo Bager [Bachur,
Mehrz. Bachurim], welchen dieselbe neben einem Honorarium freie
Kost und Quartier geben mssen.
Die Einrichtung in der Sinagoge ist uerst schmuzig, und man
wird derselben keine Beleidigung zufgen, wenn man dieselbe einem
riesigen Schornstein vergleichet, worin noch Koth v. 20 Jahren aufzu-
SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ
3/1
Der vorige Rabbiner dahier solle es vor mehreren
finden ist.
20 Jahren, wo Hoffaktor moises homburg aus Andacht die Sinagoge
durch einen Tncher hat ausweisen lassen, demselben sehr nachdrcksamst verwiesen haben, da er die Sinagoge habe reinigen lassen.
ad F)
Haben
die
Gefngnis
Juden
in
ihrer
Gasse kein eigenes
der selben wurde von diesen vormals der sogen, kleine
Vergehung eines oder andern Juden gebraucht.
statt
ad G)
Armen Anstalten
Bann bei
betr.
Die Juden besizen ein eigenes Armenhaus, worin dieselbe die
hies. Armen kranken sowohl als auch die fremden anher kommenden
ber die Verpflegung der armen
kranke Arme verpflegen lassen
alljhrlich
aus ihrer Gemeinde einen bedieselbe
whlen
Kranken
mittelten Jud zu einem sog. Almosenpfleger, welcher die von Versteigerung der thora allwchentlich 3 mal eingehende Gelder erheben,
berechnen und zur Verpflegung der Kranken anwenden mssen. Einmal
im Jahre mu ein jeder Jud, welcher nicht unter die Klasse der Armen
gezhlt werden will, die thora an sich ersteigern,' und der reichste
Jud mu dafr
einer aus der 3.
Klasse von Vermgen 6 fl.
Klasse 4 und einer aus der 4. Klasse 2 fl. bezahlen.
Rth.
der in
2 ter
Reichen und bemittelten Juden eine Gesellschaft
unter sich gemacht, welche wchentl. Gelder zusammenschieen und
davon den Armen und schamhaften Juden Holz fr den Winter an-
Dann haben
kaufen.
2)
die
ad H)
Die real- und personal Gebrechen bei der Judengemeinde knnen
sehr vielfltig sein, jedoch ist unter der ganzen Gemeinde nicht ein
einziger Jude zu finden gewesen, der nur eine derselben htte angegeben. Von verschiedenen hat man nur soviel herausbringen knnen,
da denselben die Einrichtung mit 5 Vorsteher und 6 Einnehmer aus
der Ursachen nachteihg wre, weil erstere alle Monate das Vorsteheramt verwechselten; wodurch groenteils entstnde, da dasjenige, was
der eine Vorsteher in seinem Monat zum Nuzen der Gemeinde verordnete vom folgenden Monatsvorsteher entweder verabsumt oder gar
aufgehoben wrde.
2) Da die 5 Vorsteher mit ihren verheurateten Kindern und Anverwandten mehr als die halbe Judengemeinde ausmachten^ wodurch
dann fter groe Parteilichkeit unterlaufe;
eigenes
3) wre den meisten G. Vorsteher ihre Handlung und
Interesse weit mehr am Herzen gelegen, als das Beste der Gemeinde
dies bewahrheite sich;
das Recht, zur Thora aufgerufen zu werden, erwerben.
'
Soll heifJen:
Salfeld, Bilder ...
92, Nr. 5.
24*
FESTSCHRIFT COHEN
372
4)
von daher zu hellem Tage,
Gemeinde mit mehr als
Kapitalschulden beladen wre, und welche zu bezalen den
als
die
40,000 Fl.
Vorstehern keine Angelegenheit wre.
5) wren bis 50 fremde Judenbuben dahier, um beim Rabbiner
zu studieren.*
Diese mlJten von den hiesigen Schutzjuden in Kost
und Quartier erhalten werden, wodurch die Wohnungen rar gemacht,
da schier kein ordentlicher Schutzjud wohnen knne.
6) wenn fremde Rabbiner oder Vorsnger hier durchpassirten und
ihre Sinagoge besuchten, so erhielten dieselbe nicht allein reiche Geschenke, sondern auch ihr dahiesiger Aufenthalt und weitere Reisekosten wrden ihnen noch von daher bezalt.
Berichtender hat mit allem Vorbedachte smtlich diese Gegenstnde mehrmal eingesehen, vielfltig erwogen und auf der Sachen
Abnderung fters gedacht
seine ihm bei jedem Gegenstande eingefallene Zweifel durch genohmene Einsicht endlich dahin resolviert,
K. H. L. Reg. nunmehr anzurathen, die jd. Gemeinde dahier in eben
jener Form, wie die Christen Gemeinheiten seien, auch dahin einrichten
Des Endes die smtliche Vorsteher und gemeine Einnehmer
zu lassen.
der gestalten zu redomieren, da einer davon das perpetuirliche Vorsteher Amt, die brige 4 aber ad dies vitae als Beisitzer verbleiben
mten, sodann von den gemeinen Einnehmer einer zum stndig. Einnehmer und noch einer zu dessen ControUe, nicht weniger einen gemeine Schreiber als actuar beizugeben wre.
Beim Absterben der
gemeine
Beisizer
wird
wenn
genug
sein,
statt
dermalen
4 nur 2 Bei4
sizer beibehalten wrden.
Ebenso sind dermal 3 Gemeine Bediente,
wo doch die ntige Verrichtung von einem versehen werden knnte,
2 von ihnen knnten mit ihrem Gehalte ad dies vitae in die Ruhe
gesetzt und nur einer beibehalten werden.
Wrde nun nach dem soeben geuerten gehorsamst. Vorschlage
ein perpetuirlicher Vorsteher, ein g. Einnehmer, einer zu dessen ControUe und ein gemeiner Schreiber angestellt werden, so knne dem
g. Einnehmer durch eine noch zu entwerfende instruction und Rechnungsformular die Fertigung der jhrl. Gemeinderechnung
so dann
den vorbenannten 3 Personen die Verwahrung der gemeine Kasse
Die von der Gemeine Judenschaft
am
29. Sept. 1784 eingereichte Liste
Namen: Elias Metz, Joseph Bulweiler, Manuel
Amschel Schlchter, Hirsch Ellinger, Low Reiss
Frankfurt, Menge Bdesheim, Simon Frth, Samuel Grnhuth, Joseph Gugenheim, Moies Frth, Abraham Brandei, Mayer Lob Frth, Feist Metz, Moes
Hirsch Schlnger, Joseph Mutzig, Moses Hoblich, Jeremias Hanover, Isaak
Hanover, Wolf Aach, Simon Guttentag, Jacob Mannheim, Jacob Sultzbach,
Isaye Saargemnd. Samuel Nagelspurg, Moes Coblenz, Hayum Bonn, Wolf
Amsterdam, Joseph Prag, Mandel und Abraham Redendorf, Przeptoren, Aaron
Bamberg, Przeptor, Joe! Lichtenfeld dito, Low Alten-Kunstatt dito, Abraham
Fitzdorf dito, Joel Hamburg dito, Sender Brandei, Savel Horburg, Joel Ochder Bachurim enthlt folgende
Hanau, Abraham
frth,
H agenau,
Beer Nieder-Wifjen, Przeptor, Joseph Brzenheim
David Ellinger dito.
vidt dito,
dito,
Abraham Neuen-
SALFELD, VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION IN KURMAINZ
373
ad c) Der gemeinen Bcher und Urkunden
ad d) Der gemeinen repositur
ad g) Der armen Anstalten dergestalten anvertraut werden, da&
der gemeine Einnehmer die zu Fhrung einer Rechnung ntige ManualienRechnung und Rechnungsurkunden in deutscher Sprache verfertigen
und stellen msse. Soviel von dem anzustellenden personale.
Gleichwie nun vorzusehen ist, dalJ in den ersten lo Jahren auch
das neu anzustellende personale von ihren einmal angewhnten Mischmasch nicht so leicht wird abzubringen sein, so wird es allerdings
notwendig werden, an das neu anzustellende personale die geschrfste
Verordnung zu erlassen, daii dieselbe keine Ein- noch Ausgabe, die
mehr als 5 fl. betragen, ohne vicedomamtliche Einwilligung und von
daher erhaltenen ptoclar extrait weder von der Gemeinde zu erheben
noch zu verausgaben, wovon die Ursache allein Berichtender darin
angiebt, weil er sich noch nicht gengsam berzeugt glaubt, da die
eingesehene Rechnung acht seien und alle Einnahmen und Ausgaben
enthielten und allein dadurch zu erzwingen hoffet, wenn dieselbe ber
alle Ein- und Ausgaben mit v. D. ptlar Extractum beweisen mten.
Den Low Salomon Lorch bringt Berichtender zum perpetuiriichen
Vorsteher
zum gemeinen Einnehmer den Beyfus Marx und zur
Controll desselben den Joseph Hausen, sodann zum gemein Schreiber
den Michael Hausen und zu einem g. Diener den Baer Lorch um
daher in unterth: Vorschlag, als ersterer bekanntlich der reichste Jud
dahier ist und fr welchen die gemeine Judenschaft die meiste Achtung
heget und welcher bei der Gemeinde alles am ersten durchzusezen
vermag
Den 2ten hat Berichtender als den fhigsten gefunden,
welcher sich von dem g. Einnahmen und Ausgaben die grte Kenntnisse erworben hat, auch welcher zuverlssig zu Herstellung der Ord-
nung im Rechnungswesen die Hand am ersten bieten wird.
Der
3 ter ist ein im Rechnungswesen wohl gebter Mann, stillen Betragens
und zu Aufsicht des Einnehmers vollkommen geeigenschaftet.
Der
4te hat eine gute Hand deutsch zu schreiben
ist schon seit etlichen
20 Jahren bei dem Rabbiner als actuar gebraucht worden, verstehet
die Einrichtung der gemeine Bcher und reposituren und Verwahrung
der Urkunden, wenn ihm hierzu aus der gemeine Kasse die gehrige
Einrichtung mit Schrnken gemacht wird, und ist immer bei den jd.
Gerichtsverhandlungen gebraucht worden.
Der ste ist ein armer
Schutzjud, welcher von den g. Vorsteher wegen seiner bis dahin
geleisteten Diensten belobt worden.
Durch diesen gehors. Vorschlag drfte
Gebrechen um daher vorgebogen sein, als
nun
vielen
angezeigten
ad I et 2 und 3 man sich lediglich an dem in besondere Pflichten
nehmenden ersten Vorsteher nur allein zu halten htte; an welchen
man die zum Nachteile der Gemeinde durch seine Verabsumung
unterlaufenden Nachteile bei derselben Wahrnehmung rgen knne,
zu
auch welcher zuverlssig nicht so viele Anverwandte hat
steher zusammen haben.
als
die 5
Vor-
FESTSCHRIFT COHEN
374
gemeine Einnahmen und Ausgaben
von dem g. Einnehmer zu stellende Rechnung kldich
eingesehen werden kann; so mgen sich dadurch gar leicht Mittel finden
die Einnahmen zu vermehren, solche ohne Rcksicht herauszutreiben,
auch viele Ausgaben ergeben, welche zum Teil ganz gestrichen und
zum Teil eine groe moderation werden vertragen knnen, wodurch
ad 4)
durch die
man
in
so ferne einmal die
jhrl.
etwas zu Zahlung der Schulden wird erbrigen knnen,
welche sich bis daher, statt auf Mittel zu derselben Abzalung zu
denken, vergrert haben.
alljhrl.
5) smtliche fremde Judenstudenten von hier auf einmal auszuweisen, wird auf den Fall nicht rtlich sein, wenn dieselbe
ad
a)
auf ihre eigene Kosten dahier studieren, oder
wenn diesen die unentgeldliche Verpflegung in Kost und
von Reichen Juden dahier gegeben wird. Nur alsdann glaubt
Berichtender, da diese von hier hinwegzuschaffen sind, wenn dieselben
oder aber wenn dieauf Kosten der verschuldeten Gemeindekasse
selben den hiesigen Schuzjuden mit einem Zwange zu Verkstigung
und Verpflegung von den Vorstehern sollten aufgedrungen und verb)
quartier
pfleget werden.
Weit schdlicher sind der hiesigen Judengemeinde beim Absterben
eines Rabbiners ein aus dem Auslande beschriebener fremder Rabbiner,
und die meistenteils aus Fohlen hier angenohmen werdende Lehrer,
Grtenteils sind die Rabbiner
in Rcksicht derselben Aufklrung.
Mnner von altem Vorurteile, die in ihrem ganzen Leben kein anderes
und welche wegen
Buch als den Tallmuth kennen gelernt haben,
20
30 Jahren sich von der
ihrer einsmaligen Befrderung durch
menschlichen Gesellschaft abzuhalten nun angewhnt haben.
Von
solchen Mnnern soll eine ganze Landjudenschaft eine gesunde moral
Solten wohl
vorgetragen und diese zu Menschen gebildet werden.
noch Juden, wie dieselben noch jetzt sind, in hiesiger Gegend noch
anzutreffen sein, wenn derselben Rabbiners nicht mit Vorbedacht
wrden die Juden
derselben Kinder noch
dieselbe verabsumten
eine Sprache reden, wovon man in dem schlechtesten Winkel der
und Gott wei,
wenn dieselbe nicht polnische
Lehrer htten. Wrde man noch
woher und aus welcher Gegend
Juden oder derselben Kinder antreffen, welche stets mit Schmutz behaftet sind, wenn solcher ihnen nicht von den fremden, polnischen
Lehrern zugebracht wrde, welche gewohnt sind alle Jahr nur einmal
Stadt nichts wei,
ein
Hembd
zu wechseln.
Berichtender glaubt gehors. und ohnmageblich, da in der ZuAbsterben eines Rabbiners dahier alsdann aus der hiesigen
Judengemeinde ein Rabbiner zu whlen wre, wenn sich unter derselben
ein Subject vorfinden sollte, welches in der Prfung einem Auswrtigen
gleich wre.
2 Da zum Unterricht im mosaischen Gesazze ein aus hiesiger
Gegend durch den Rabbiner vorher zu prfender Lehrer, von dessen
Moralitaet man durch vorgelegte Zeugnisse genugsam unterrichtet werden
kunft bei
S ALFELD,
knnte,
VORBOTEN DER JUDENEMANZIPATION
IN
KURMAINZ
375
zum
Unterricht der jd. Jugend anzustellen seie, jedoch dergestalten, dali der hiesige Rabbiner schuldig sein solle, von den
hiesigen Schuzjudenshnen eine gewisse Anzal der Fhigsten herauszuziehen und diese zu knftigen ffentlichen Lehrern im mosaischen
Geseze zu unterrichten, welche alsdann angehalten werden mten, die
Normalschule zum Unterrichte der Schullehrer fleiliig zu beauch sich am Ende eines jegl. Jahres wenigstens aus einem
Gegenstande ffentlich prfen zu lassen.
Davon knnten alsdann
in der Folge v. einigen Jahren einige als Lehrer bei der jdischen
Jugend dahier aufgestellt und zuverlssig mehreren von den hiesigen
Schuzjuden Kindern ihr Glck im Auslande dadurch gemacht werden,
und hierdurch mag wohl der erste und festeste Grundstein zu knftig
chter Bildung der Juden am ersten gelegt werden, wenn an die
hiesige
suchen,
Pflanzen die erste Hand angelegt wird.
ad 6) Nicht allein diese, sondern mehrere unnze Ausgaben werden
der Judengemeinde dahier erspart werden, wenn derselben gemeinde
Rechnungswesen zu einem obrigkeitlichen Einsehen allhrlich gebracht
werden mu.
Berichtender schlieet nun gegenwrtigen Bericht und glaubt zuda, wenn seine wenige Gedanken ber den gehors. gemachten Vorschlag sollten genehmigt werden, alsdann erst hierdurch
der wahre Zustand der hiesigen Judengemeinde in allen seinen Teilen
nach und nach erst eingesehen, die chte Verbesserung daran vorgenohmen und diese Gemeinde zum Nuzen des Staates ihre Richtung
erhalten knnte.
Mainz, den 19. Mai 1789.
versichtlich,
Hiermit enden
die
Juden des
in
Erzstifts
Kurmainz
die
aus gesellschaftlicher und sittlicher Knecht-
schaft der Freiheit entgegenzufhren.
anderer Seite
kommen.
anerkennenswerten Versuche,
Dieses hohe Gut
Bald brausten die Strme
sollte
von
vom Westen
und den erlsenden Dreiklang Freiheit, Gleichheit, Brderlichkeit" auch in die dumpfen Judengassen
trugen.
Das Schicksal der Juden und ihrer Gasse war entschieden.
heran, die die frische Maienluft
Am
26. Fructidor des 6. Jahres der franzsischen
Tore des Ghetto' und 1808 besuchten
betr.
bereits 31
Republik
fielen die
Kinder der brger-
' Salfeld, Bilder ... 46.
Das Dekret der franzs, Munizipalvenvaltung
Auflassung der Judengasse lautet:
Registre General
Bureau de
No. 2149
No.
Liberte
'
Egalite
'
Departement du Mont-tonnerre.
>-
Canlon de Mayence.
Deliberation de l' Administration tnunicipale de la Commune de Mayence.
Seance du 26 fructidor, l'an 6 de la Republique fran^aise une et indivisible.
L'Adm'" mpale.
'
FESTSCHRIFT COHEN
3/6
Freigewordenen die ffentlichen stdtischen Schulen.^ Dankbar
haben die deutschen Juden ihre brgeriiche Gleichstellung begrt
und, auch unter den spter genderten Verhltnissen, sich derselben
lieh
An
wrdig gezeigt.
die
Stelle
frherer unfreiwilliger Passivitt
ist
Wie wir mit allen Edeln eintreten
Tat getreten.
fr Erhaltung der hohen Gter der Menschheit, so scheuen wir den
Kampf nicht zur Erlangung des ungeschmlerten, uns verfassungsmig verbrgten Staatsbrgerrechtes. Einer unserer treuesten und
unerschrockensten Mitkmpfer ist der edele, tiefe Denker, dem vorstehende Abhandlung gewidmet ist und von dem das Wort gilt,
das das Wirken seines groen Landsmanns charakterisieren sollte:
Sein Leben lehrte!" Glckwnschend und dankbar fgen' wir hinzu:
Seine Lehre belebte!"
die frohgemute
V
il
le
rapport du Citoyen Dittmeyer, Commissaire de police, dans lequel
commune professans la religion mosaique
expose, que les habitants de cette
sont
intentionnes,
de
faire
demolir avec quelque solennite
les
portes, qui se
que
de
regime
separes
ces portes, par lesquels ces citoyens furent pendant l'ancien
la societe de leurs concitoyens, et exclus d'une mani^re despotique et revoltante
de tout commerce avec eux, et dont l'existence doit rappeller la memoire de
ces citoyens, qui furent si long-temps les victimes de la tyrannie et du fanatisme
trouvent l'entree de la rue habitee par eux; considerant,
le
Souvenir
Le
amer de
Comm"
qu'il est juste,
leur ancien esclavage, soient annuUees.
du Dir'^ executif entendu,
Arrite
permis aux preposes des habitants professans la religion mosaique,
de faire demolir avec les solennites, qu'ils jugeront convenables les portes, qui
existent l'entree de la rue, dite rue des juifs, sous la surveillance du citoyens
Dittmeyer, Commissaire de police.
Par les Administrateurs municipaux de Mayence
President; Zentner, Cronauer, Zindt Adm*"";
Umpfenbach,
Signes:
Jl
est
Comm^^ du
Retzer,
Dir. ex.; Mller, Secret.
Pour Expedition conforme
Umpfenbach, president.
sign.:
Mller, sre.
Salfeld a. a. O.
ber das
publiques.
'^
76:
Noms
des enfants
vorurteilsfreie,
juifs,
qui frequentent les ecoles
freundschaftliche
Verhltnis
zwischen
Mainzer Juden und Christen schon whrend des Aufklrungszeitalters bringen
wir von den zahlreichen Beweisen nur einen aus Heidenheimer, Zur Geschichte
und Beurteilung der Juden vom XV. bis XIX. Jahrhundert [Monatsschrift fr
Gesch. und Wissenschaft des Judentums LIII, iff.], S. 155: Vom Hause des
Professors Vogt (1749 1789)
Leben daselbst habe
es sich
wird uns erzhlt:
mehrmals
getroffen,
in
dem
uerst ungezwungenen
da ein Mnch, ein Jud und
ein Protestant miteinander spielten, oder auf der einen Seite ein Krippchen ge-
baut, auf der andern die Bsten Voltair's
und Rousseaus
auf der dritten ein Jude seinen Sabbat feierte."
aufgestellt
wurden und
Die Judenordnungen
Von
Unter
den mehr
L.
in
Hessen-Cassel.
MNK-Marburg.
hundert greren und kleineren Verordnungen,
als
im i6., 17. und 18. Jahrhundert betr. der Juden in HessenCassel ergangen sind, fhren vier groe Erlasse aus den Jahren 1539
1679, 1739 und 1749 den Namen Judenordnung". Von diesen sind
die Erlasse aus den Jahren 1739 und 1749 nur Erweiterungen der
Judenordnung vom Jahre 1679, so da die Betrachtung der letzteren
neben der vom Jahre 1539 ein gengendes Bild der fr die Juden
die
den genannten Jahrhunderten geltenden Bestimmungen gibt.
Philipp der Gromtige hatte im Jahre 1524 smtliche Juden
aus dem Lande verwiesen, im Jahre 1532 sie fr sechs Jahre wieder
aufgenommen und nach Ablauf dieser Zeit mit seinen Rten Verhandlungen darber gepflogen, unter welchen Bedingungen sie fernerhin zuzulassen wren. Die auf Grund der Gelehrtengutachten gestellten Bedingungen waren von solcher Hrte, da Philipp selbst
erklrte, sie wrden besser tun, das Land zu verlassen, als solchen
Bedingungen sich zu unterwerfen und alsdann die folgende Judenordnung vom Jahre 1539 publizierte^:
in
(Drenung
pbJltpfen
vt(er
von
(Bottes
gnaDcn antgraac 5U
"^eiJen,
(Braue 5U Ca^enelnbogen, 5Die^, Siegen^nin an tTivi, Wie unD xva6
gefielt Die
3uDen nun
binfurter inn unfern ^urflentbumb, (Brauefcbafften
vnixZ) gepieten gelitten
iErfilicben
yeDee orte
follenn
lcf?erunge
t'eyn
fte
<:)k
vnD geulDet
3uDen vnfren 21mptleuten, auch Den Pfrrberrn
gefetfen fein,
roiDer <Z\;}ti\}atn
mit
Dem
efDe verfprecben,
vnfern berrn, vnnZ)
gion ?u treiben, nodb ju geflatten, fotiDern
D6
inen tHofes
^
Sammlung
vtin^
Frstl.
tt>erDen foen.
^it
\id)
bei
^tn iren
feine bevlige
l^dU
Des alleyn ju bnlten,
propbeten orgegeben b^ben anO ^a&
Hessischer Landes-Ordnungen
I,
S. 120.
fte
FESTSCHRIFT COHEN
378
auch ie jren mit ferner f^t^unge
(Befefi
vnD Den propbcten
Durch
^i(
Juden
t>cn
Calmutifcben
5um
rcerDen.
anDern
Religion,
foen
armen gutthertzigen
die
5am
nit
^ie
(it
befcbn?ercn tcollen,
fein,
geDicbte
gottlofen
xvaren
vnfer
geme^
nit
Dem
^^mit
iDelchc
ircr lalmutifcfcert lerer,
Abgebalten
furnet>mf?en
3uDen geloben
nirgent nea?e fynagogen auffjitridnen, fonDer
verfprecben,
x>ni:>
ntyn Der alten vn^
fi'cb
^^orgebatfeten mit aer ftit 5u gebraueben.
oum
Der 2\eligion ju
preDigern,
1Da6
inn tynidjm n?eg, ^Ann aEeyn mit
Difputieren
Weibern r>nD
)ren
5um
^A^a bcfonDere erorDnen rcerDen.
xvir
tiic
mit nkmante Der vnfern x>on
t>erfprecben,
fjc
man
5U Den PreDigern, X>k
(it
fampt
foen
Dritten
^intitxn
^>men
vierDen,
jncn infonDcrbcit r>crcrDnen u?urDt,
t'ommen
r>nD preDig [)ovtn foen
unD
rcoen
5um
inn Den
ficttcn
^ocb
leiDen.
rnD
foll
orten
X>a
ttyn ^unfftc
verlfau|fen, Doch
oDer Da
fein,
roabf nit vertcn?crn, fonDern
jr
ftc
unD
3imlicber roeifc fauffen
fotten
funfftetif
ftc
Die 5unffte
vmb tynm
^im^
pfmni^ geben, roie es ]ntn vnfre bcampten oDer Brgers
meyflcr vnD Katb fe^en rourDen, nX> foUen feyn rcabt t>ert*auffen, ftc
lieben biicben
feie
inen X>ann juuor Durch vnfrc bcampten urgcrmeyfler oDer Katl?
gefef^t
roorDcn.
3am
fecbflen,
ollen
alle
b^n5>el vffricfotig treiben, mit
irc
Wo
vngeburlicben hanDcl oDer x>inAn^m umbgebn/
fh, vnnD vnrechte hnel
Z>en
triebe,
5um
t>nfrc
foll
sroen
oDcr
nicht
WurDen
t^bernemen.
oDer
Drei
Dauon nach
mehr
tDiDernge
billicher
^uDen,
am
aller
erflen
haben ^tn 5ehenDen Pfennig von folchen
leihen,
nfer amptleut oDcr amptlfnecht,
beifein
^m
vnn^
aber cyntm emen
unD
ftebcnDen, ollen feyntn ^uDifchen gefuchc
arme .euthe
gulDen
nemiidb mit verfallung
t?nD Der fo folcbcn falfcb fcbe i^on
rnnD mit grunDe angejeigt,
vttfamm (Butern.
eyner folches vber;
foKenn vnfere bcampten Darumb
nacb gelegcnheyt vnnD ernfilicb firaffen,
feiner gfitcr.
Uynem
fte
fottichs
oDer
Derfclbigen,
follc
o?ucher,
gefchehcn inn
eynes
rathe,
tait
ruilfen
2ll6
nemlich von einem
hunDcrt gulDcn tyn jar funff (iJulDen oDcr ruae
man
fnf?
Dem
(Thriffen
WurDe aber eyn ^uDc Darber ujud^er
er ^ie hauptfumma feines ausgclihcnen
3U geben pflegt, gegeben roerDen.
vnn^
gefuch
gelte,
vnn^
tcochen
fcfnem
aeyn
mit
man
on
treiben,
Die
Dem thurn
alleyn,
on
folle
aller
hellft
vortrijfen
2lmptt'ned7te,
fo
feiner
gefirafft
verfallen
rcerDen.
vnnD Dar?u
haben,
i^e
foll
auch
r>ora>i|fen feiner hau^fratoen, 2luch
ires
mannes,
vnZ>
oDer burgermeyfler r>nD
on
raths,
beifein
ettruas
hyn ^uDc
fernem
vnferer
leihen.
vier
n?eibe
2lmptleute,
(Befchehc
MUNK, DIE JUDENORDNUNGEN
Aber
fo foc Deribenig fo
folltcbe,
IN HESSEN-CASSEL
D get entlebcnct bat
379
om
^ucrt,
Dem t^uDen was n?iDcr 3u geben, oner et t^uDc
bAptfumm fampt Dem b^lben teyl aller feiner guter x>tv
n Darju nocb fouil als Die bAuptfumma etjclbcn ge
geirefen, b^Ib vne, vnD balb Den beampten, vn:) brgere
fchulig fein
nicfct
fo Dtcfelbig
loren
b^bcn,
libencrt gelte
vnD
meifler
5u
ratt?
firaff geben,
unD Darju
vierfte^en tage inn tburn
gelegt trerDen.
5um
ad^ten, foen
eynen cfDt 5u (Bot fcbroeren, t'cynem burger,
fte
Statthalter, J^atbeAmptmann, burgermeyficr oDer Diener, oDer Dcrfeligen
n?eibern,
cttuas
ja
auch
fcbent'en,
pfcnnigwertb/ bei firaff free ^eibe
nit
vnbiliicben
tymm
eynigen
cuucber
vnZ>
Damit
x>nnt> lebene.
gaabe geflocben, vnZ> Den 3aDen
Durcf?
alfo
nit
tngepurlicfce
b^ni>el
oDer
Pfennig
beamptcn
t)nfere
Defler eb ire x>inAni^en
geflatten
vni>
ju
feben.
WurDc auch Darber
vnZ>
efner rnfer beampter gefcbcni: von 3uDen nemcn,
mnAni?,m oDer vngcpurlicbe b^nDel ju feben, Der fol von x>ns
ire
Darumb
vnnacblffjg gcfirafft toerDen.
5um
neunten,
^uDe efn
tpelcbcr
roeib
(Tbriflen
oDer ^ungfran?
oDer befcblefft, ^en foKen nferc bcamptcn (im leben
fcbenDct,
Darnmb
firaffen.
3um
jebcnDcn, Welcher
t)en
foUen vnfre bcamptcn
im
felbigen
am
vcrfeben t'Sme,
fo
fo
gut
t'omme,
Vn^ ob
er
ficb
t'aufft
Vn^
leben firaffen.
abfauffen, Der 3uDe bb
Daffelbig
fotticb
^uDe gcfiokn gut
ifcynem
oDcr Daruff
Damit
ficb Der
3uDe
uff ettvae leiben,
oDer
Qann juuor erfnDigt, ruober
auch Derjenig fo foicb gut vertauffen,
oDer Daruff entlebnen roiE, foUicbe jutbun macbt b^be oDer
3um
eilfften,
nit.
ite foen aucb vnfere amptt'necfjt, Burgermeyfler x>n^
Katb gan^ vnnD gar ^cynen au^lenDifcben t^uDen
etwas in vnfcrn Un<:>m x>nD gcpieten ju
laffen,
leibet,
geflatten
oDer 5a
ifauffcn oDer ju
t)cr==
t'aufen u?eDer rccnig oDer vil.
3um
mit
licbc
5U
foUen
vnfre beampten
JDas
Darufif feben,
3um
Drei^ebenDen, Wollen roir ^en
ficb
^ic
^urgermeyflcr rnD 2\atb
3uDen Difer
^uDen ju
fleif^
artit'ul
alfo gebalten.
la|fen, ^HQ fit fonDer*
perfonen vnDer intn bAbcn, ^ie beneben vnfern 2(mptt'necbten mit
feben,
Welcber
felbfl
jujolfftcn,
^ae
Die
ftcb
Da
recbtfcbatfen,
x>n^ Difer Zvticvil gebalten.
fic
fat^ungm firaffen mgen.
DiertebenDen, Wollen n?ir b^ben, Das
geben, vot^
nacb Dem
ficb
aber Deren nit baltcn tcijrDe, Das
auch nach
3um
3uDen
fit
er
Denfelbigen vnter fidh
frer
mit uns vbert'ommen jerDen,
fit
\^nl>
vne
i>tn fchuftpfennig
fonDerlicb cyn yeDer,
vermag.
diese Judenordnung,
zuerst
weder von den Juden noch
FESTSCHRIFT COHEN
o80
von den Amtsherren genau befolgt wurde, zeigt das Konzept einer
neuen Judenordnung vom Jahre 1543', in dem Landgraf Philipp den
Amtsherren ber die ungengende Befolgung der Judenordnung
einen strengen Verweis
Eine Verffentlichung dieser konzi-
erteilt.
Verordnung fand nicht statt; doch folgte eine strengere
Handhabung der Judenordnung von 1539, die viele Juden zum VerDies ergibt sich aus folgendem
lassen des Landes veranlat hat.
Schlupassus des frstlichen Ausschreibens vom 20. August 1545.
pierten
oum
^uDDen
bv;ben
Dritten
glaubltcben
xx>iv
beriebt,
Ob
ficb
gleich
Die
vnfer orDnung tjAlben,
vnDer nDere
lcutt?e
au^ nfern Unerr getb^n. Das (k (ich
geccenct, Da Pannen fte nichts Defro weniger mit
vnfern vnDertbnen b^nDlen vn^
partbieren,
toelcbe
wir
ir'efne
ruege
Demnach euch bi^mit inn gnaDen gan?
ernfilich, IDas jr 3a f?unD an, allenthalben in x>nferm ampt ercer ver*
rualtung Die r>erfehng thuiD, ^ae folcher ^uDDen t'eyner eynig h^nD?
lung, oDer parthicrung mit vnfern vn^trtanm treib, Vn^ ^a jr Darber
3U leiDen gcmeynt
fein,
.efeiben
inn h^fft 3iehct, x>n^
etliche betretet, ^it
Darumb vngneDig
(^raffet.
Die zweite Hlfte des 16. Jahrhunderts drfte eine Zeit verhltnismiger Ruhe fr die Juden in Hessen gewesen sein. Es haben
sich bis jetzt keine die Juden betreffenden Verordnungen aus dieser
Zeit gefunden, jedoch ein Brief Landgraf Wilhelms des Weisen an
seinen Bruder den Landgrafen Ludwig, der von solcher Aufklrung
und Duldsamkeit zeugt, da er auch heute noch als vorbildlich be-
Er
zeichnet werden kann.
lautet*:
5reunDlicher lieber ruDer vn^ geuatter,
lein
wtidne
^-ro.
l.
Ph^rher
30?.
halbenn aufgehen la^enn, gelefenn.
roercf vnX> fchier nichts ^arin
ifl,
(Biefjenn
rcir
-o^benn X>a6
XTigrinue
2)etinDenn Daraue
als fabelnn
Der
t>;i6
buch?
'^^i^^^nn
es fchlccht
vonn ^tm Durchl?ochennen
'SACVAmcntlid)tnn broDt vnnDt Dergleichenn, v>nD tcae t>avin
i(?,
fo ein
cimn Neruum h>iben mochtte, folches 3fl alles vonn rcortten
n?or3tenn ausanDernn Authoribus mutuirt, ^tx^em ^a auch folche
rt>enig
30
Argumenta
t/ic
60
man
mu^tt
"^nn beurtem buchlein anget^ogenn rcerDen geltenn foltcnn.
ireine
an^evn eligions X^ercoannthcn aufferhalb Der
2^eligion Derenn ^it C:>brigt'eit 3ugethann geDulDenn,
onDern
iDie
iitnn (Taluiniflen vnK> alle ann^>eve '^ecttnn vcrDriebenn ojerDenn
I,
s.
^aaon
Kopp, Bruchstcke zur Erluterung der Teutschen Geschichte und Rechte
157.
*
papi#
Kopp
a. a.
O.
S. 159.
MUNK, DIE JUDENORDNUNGEN IN HESSEN-CASSEL
Doch gott Der ^er gb^r
potcef
liebe
vnD
roelcber 2vcligion
t6
er
njoUcrt,
fte
gebott bat gcgebenn fortDern
t'etn
fritleben
38 1
bcy
aen erljaltenn bben,
Daramb
Paulus
Slucb <3.
fi'e
voill eufler?
fefen gletcb
toan
fprtcbt
fie
dfo verfielen toolten ae fit ie gottlofen folten meien, fo rourDe
fi'e
beifTen auf Der Welt $tk>mn. Van^ bettcnn alfo ie papificn ein
gute bcmentelung, feine anerc Keligion '3nn ^brcrtn <lanenrt, als Die
Papiflifcbe
xvelcbe
Dan
propositiones
folcbe
fit
fcr
btetx
a>art>afftig
foncrlicb
Dcrobalbenn
50 leyenn,
aber bey
^it^tnn oeittenn sugb^r
unfruchtbar.
^at.
(TafTcl
am
19 ^ebruary 70."
Wilbelm
Aus dem Jahre
erhalten,
die
16 10
spter den
ist
eine
Namen
Reffen
I5
Verordnung des Landgrafen Moritz
Silberbrief"
Das
fhrte.
Original
desselben war auf Pergament geschrieben und wurde bei der Vorsteherschaft der Juden in Kassel aufbewahrt'.
Von
ottee (BnAt>tn, Wir XHori antgraffc 3U
5ue (Tat^enelnbogcn,
Cbun
3uen
?Diet^,
5iegenbain un XTiDa.
tunbt vnnt) benennen bittmit, XTacbDem biebeor Wir
tnter
nfererm cbu 5u roobnen gnaDig vergnnet,
"^ecrm ^unff (ulDen ^cbu^gelt genommen,
bi^
off Seben (BulDen
tin
^eDcr
iommtn
binfuro 21cbt (BolDgulDen in
cbuR
3u
begeben
foU:
tvien^,
efilicbe
vnD von
bernacber aber Datfelbe
^nDlicben aber gecoiiget,
lafftn,
^Sinjug Seben (Bolgulen erlegen
vnferem
(Brave
-oeffcn,
specie
geben,
X>nn^ Da
folcbes
(ich
mit
vnn^
^c^^
fr Den
aucb einer au^
vnfcrn
oDer
vnfer
<rammer venviffen tbun vnD ficb erleDigen foU. Wblti aucb
biebeor <Sie Die ^uDen tint Sln^abl Silber^ in r>nfere XTiun^t, Docb
gegen tint benannte ^ejablung lieffern mu\Jtn: o baben wiv folcbes
2^eutb
in (Bnn,^tn ^odb Derogeflat erlalfen,
^a^ ie vn^ Davor ^abrlicb
tin
aaitn^ eicbsgulDen
an gutber gangbabrer xnunP,t, nemblicb 3eDe
XHeife ^unffbunDert 2?eicb6gulDen 5U ^i^an^tn vnfer^ (Tammers ^djvti^
bcr^ liefern foen, ^argegen u?ir 3bnen nachgeben, ^a 3i)rtv elicbe
vcr|?erben, oDer au^ unferm anDe jieben n?urDen, Dafj al^Dann ibre
quota an Derfelben nacbgelaffen
Vn^ tinqtnommtn
feyn,
hingegen aber ^a ^brer mehr von
terDen, fo al^<:iAnn folcbe^ x>n^ 5U gutben
elDes erhbet tverDen;
3uDen, fo vnter Denen vom
^ommtn,
x>nnZ> ^it .ieferung Des
foUen
'
aud?
Land.-Ord.
<>it
II,
S. 342.
2tDett
in
vnfrem
FESTSCHRIFT COHEN
382
Suvficnt^umb wo\}nm, x>nn^ mit Vnfeuv (Brtigen erwiEtgung
an
folcber
mttt
.icferung
3bnm
-^ulffe t'ommcn,
5U
vnn '3bncn Ac^Ampt
erlegen,
vnnZ)
(ctoerbe \>nrtD
Die
3br
fiftcn,
2irttbcil
pArtbierung,
ie feinen abermaligen Wucher
nei^mmf fonDern ftcb ?ie anDere eim^ billigen (Beroin^ begngen laflTen,
ebne -^inerni^ geflattet tueren, ebne gefebrDe,
3n brt'unt b^ben ?ir "Vn^ mitt eigen -o'^tten nterfcbrieben, vnDt
Deren
ftt
?ue gebraueben, Doch Da^
\'icb
X>nfer Secret
i}icvan
Cag ^anuary Anno
^hn^m vnt
(lin
taufenDt
SL.
3.
geben UjTen jue
(Taifcl
3eitigcr
vnZ>
beu?abret ee
forfleber
bey
ibren
Den lrflcn
ecbjJbunDert vnZ> 3eben
XViovip,,
-j^ejTen.
auf Pergament gefcbriebcne Original
5Da8
(Taifel
iSbrigen
beft'tjet
X>k 32>enfcbajft
Documenten, njovon
unD JuDenfcbafftlicber cbreiber XTacbrid^t
3U
tin
ertbeilen
ionntn,
^^&
Dienet
Dermalen nur 3U iSrlfluterung Der ^"ffllicben Concession
t)om aotcn 3ulii \ss6 i. a. S. oben pag. 337.
unD Der t?orflellung x>om lten VCiay 1655 pag. 342.
Trotz der hohen Abgaben,
die
den Juden aufgelegt wurden,
und der geringen Erwerbsmglichkeit, die ihnen gelassen war, suchten
die Znfte und die einzelnen christlichen Gewerbetreibenden ihren
Erwerb immer mehr zu unterbinden. Es wurde deshalb von der
Regierung ihr Recht zum Schlachten fr ihren Bedarf, zum Gamund Hutehandel ihnen oft besttigt, so im Jahre 1606, als die
Metzger in Kirchhain sie am Schlachten hindern wollten, ferner im
Jahre 1610, 1613, 1615, 1618 usw.
Auch ihren Gottesdienst wollte
man untersagen, so da in einem Kameralreskript im Jahre 161
unter Berufung auf die Judenordnung
vom
Jahre
1539 darauf ver-
wiesen wurde, da die Juden zwar keine neuen Synagogen dort aufbauen drfen, wo bisher keine gewesen, in ihren Husern jedoch
Gebet ohne geschrey vnd Ergernissen der Christen" verrichten
drfen. Die von den Znften, von Ratsherren und Brgermeister
den Juden bereiteten Schwierigkeiten huften sich so sehr, da die
Vorsteher der gesamten hessischen Judenschaft in Hessen-Cassel"
am 15. Mai 1655 eine Beschwerdeschrift an den Landgrafen einreichten, in der sie um Schutz betreffs des Schlachtens, Garn- und
Huteverkaufs baten und da sie unter keinem anderen als Ihre
F. Gnaden dero nachgesetzter Regierung Jurisdiction und Botmig-
ihr
keit stehen
mochten."
In dieser Vorstellung weisen sie darauf hin,
da die gemeine Rechte sie fr Rmische freye Leute und
Brger erkennen auff- und annehmen, auch die Vornemdste Brger-
MUNK, DIE JUDENORDNUNGEN IN HESSEN-CASSEL
liehe Privilege
und da
mitteilen",
383
die Frsten zu Hessen,
so sehr
Widersacher der Juden sich dagegen gestrubt haben, ihnen
laut ihren Schutzbriefen nicht geringe Freiheit, als den anderen
Untertanen, sowie jedes aufrichtige Handeln mit Waaren, die nicht
auch
die
besonders privilegiert sind,
vom
Konzession
frstliche
gestattet haben.
Hierauf erfolgte eine
welcher den Forderungen
20. Juli 1656, in
der Juden entsprochen wurde \
um
Die Erteilung dieser Konzession war von
so grerer Be-
dem Landtag
des Jahres 1655 die Stdte wiederum
die volle Vertretung der Juden auf Grund des frstl. Ausschreibens
deutung, als
in
vom
Philipps
da die
vom
Dezember 1655 heit
Juden gar aus dem Lande vertrieben und unter den
langen erlassenen
es:
In der auf dieses Ver-
1524 verlangt hatten.
Jahre
frstl.
Resolution
20.
Gott- und Weltlichem
Rechte zuwider, be vorab da sie gttliche Verheiung der Bekehrung
haben. (Deut XXX Hos III v. 4 et $. L 14 C de Judas)".
Wenige Tage nach Erteilung der Konzession, am i. August
1656, wurde folgendes interessante Ausschreiben ber die Anstellung
eines Landrabbiners vom Landgrafen Wilhelm erlassen, dessen Original,
auf Pergament geschrieben, sich bei den Judenschaftlichen Dokumenten in Kassel gefunden hat 3.
Von (Bettes (2>nAen Wir Wilhelm anDgraff 5U -Reifen, ^urfl ju
Christen nicht geduldet werden sollten,
-^ersfelDt,
(ratf
5U
(Tat^enelnbogen,
ist
^ie,
XT^iDDa
Siegctibin,
vnDt
ScbatDenburglf/ etc. ^et'ennert i^itvmit;
2ii0
wiifv in glftubtourige
rnferm ^rf^cntbumb
fcbAfften
x>n^t
erfabrung gebrcbt,
Debro
3ucn,
grax>ert;
entfcbeiDen,
I^
Die
tiDt
-(octr^
(Sr^ff*
wAn
von einem frembDtcn
^ulDa vn^t i^o nad^er ^rieDtburgJ: evocirt,
2\;binen
Die in
A^nQt\;)viQen
r-erbaitene Scbu^ertPftrTtbe
3n?ifcben '3bncn vol^rgefaen,
roeIcbcrgef?>;lDt
eto?;
2\binen, an nacbcr
afelbfleri
urcb befagtcn
Dabey gefallene (5elD(lr;tf bAlb
Dc <Dbrtt6 Obrigfeit, ^ie
fhreittigt'eiten
Dem ^urg*
anDer Reifte aber Der gemeinen
"^uDenfd^atft jugecoiefen, ujoDurcb ^iinn nfern '^cb9>x>evxx> antiken nidht
allein
viell
lautfene
vni:>
tcegen Weitte Dee
Wcgee gro^e
t?nt'ofien ge*
mad7t, fonDern vn^ aud? DarDurcb vnfere otjnfiretttige b-^benDe Regalia
"onDt Juris
dictionalia
enDtjogen,
ruelcDtbr
vber nfere cbut^vertcantbe ^uDen
aber
'
Land.-Ord.
II, S.
'
Land.-Ord.
III, S. 122.
Land.-Ord.
II,
337.
S. 620.
tcegen
nfrer
^mblid)
boben ^urfllicben bbenDen
FESTSCHRIFT COHEN
384
Regalien lenger nicht nachgeben noch geflatten t'onnen, fonDer '3hncn
en tJuDen mitt ^rnfl aucb orbe^ltener firaff (Da^ te folcbes bis*
bcro
verfcbtiegcn)
fferlegt,
alt?ier
in
vnferm
^"tf^entbanib
einen
eigenen Kabinen ju beflellcn.
VOan
'Sie
Dan folcbem unferm
befelcb
vntertbenig geborfamb ge?
leiflet
vni> vnf^ vntbert^enig 5u ernennen gegeben,
felbfr
nunmebro
a^ ^ie ntter '3bnen
einen 2^abinen abngeornet vnDt
vmb
gnaDigc Ratifi-
cation r>nDt Confirmation Oe^felben gebetben.
hftben
21l6
nDt
tt)it>r
folchem
ibrem
2(bnortnung
Die bcfcbebcne
vnttertbcnigem
l^iermit ratificirt,
fuci7en
cieferiret
Doch alfo vnDt Der*
gefialDt, Da^;
iErfllicb
fein,
'3bre6
Rabines
teitter
i^nen 3uDcn ?u ricbten vnD 5U fcblicbten, nach
5rDifcl?en
ifd)en
2(bnorDnang
folcbe
(Beborfamb vnDt Zwangsmittel
nicht aber X?ergeringerung
vn^t Jurisdiktion gemeynet
t^ohrs
anDcr, roeiE
nicbt,
al^
3brem tHofa*
gleich anDrer 2<abinen bemchtigt
vn^ 2Ibbruch
r>nferer
h^benDer Regalien
fein folle.
bcy
folcher
HhnorDnung
r>nnter
ft'e
fich
(3is-
roan einer bef K>em Kabiner t'lagen, vn^t ff gegebenen Je^
fcheiD ?eitter fuchen vnZit Der Blagc nicDerfcig cuurDe, ^a^ al^tian
poniret,
Derfelbe Sehen Ktblr.
firaff erlegen
clegenheitt Der ferfprechung
foEe,
f^Eige
i>a^
vn^t anDere nach
folche
nferm Fisco 5um halben ChciE
berechtigt x>nDt eingelieffert roerDen foEe.
Vohve
Dritte, tiamit <>an hieruntter iceine (BefehrDe
gebraucht rcerDen
mge, ^a^ Desiregen einer au^ 3hrem mitteE mit einem leiblichen 3uDen
21yDt
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firaff jeDer5eit
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etwas anDres 5U tTachtheil vnDt 2lbbruch
>eampten rnDt JDiener habenDen Jurisdiction vn^t
t?nferer oDer t^nfer
(Serechtigt'eit practiciret ujerDen folte, Daffelbe
lieh
vn^
jcDesmable auffricht reDt*
ohne angefcben einiges Der an^Deten Juden Bannes oDer Excommuni-
cation bey leib v>n^t lebens firaff abnju^eigen.
25ef^en ju X?brt'unDt haben toibr Diefes mitt eigener hangen Vnnter^
vnferm S&tfien Secret ^nftegeE
fchrieben vntit mitt
(Befcheben 3u
CbaufenD
(Taf^eE
<)en
lrf?en tTTonathstag
bet'rftigt.
21ugufli,
Des O^in
fechs bunDert funffjig fechf?en Jahres.
tOilbelftt
mppria
t.
I
Johann
(Eanftlar
\pens. /
t^ulrcius
mppria.
MUNK, DIE JUDENORDNUNGEN IN HESSEN-C ASSEL
385
Konzessionen ber Handel und Gewerbe der
Juden, ihre Berechtigung zum Schlachten, ihren Gerichtsstand und
die Anstellung eines Rabbinen wurden spter wiederholt erneuert,
so am I. Oktober 1664 durch die Landgrfin Hedwig Sophie, am
Die
frstlichen
Mrz 1679 durch den Landgrafen Carl,
Im Jahre 1679 wurde auch eine neue Judenordnung erlassen^.
Auch diese hat ihre Geschichte. Bereits im Jahre 1622 forderten
die Rte des Landgrafen Moritz eine Revision der Judenordnung
von 1539, die sonderlich damit zu verbessern sey, dass den Juden
verbothen wrde, liegende Grnde oder Huser anzukaufen, ihnen
15,
auch anzubefehlen, ein besonderes Zeichen an ihren Kleidern zu
Dieser Forderung wurde damals keine Folge gegeben.
tragen".
Nachdem jedoch im Jahre 1643 die Landstnde zwei Bittschriften
um Erla einer neuen Judenordnung eingereicht hatten, wurde eine
solche im Jahre 1646 am 5. Oktober gedruckt, und auch die dazu
gehrigen Ausschreiben waren bereits angefertigt. Diese Judenordnung
Paragraph 26 Bestimmungen ber Zeichen, so die Juden
an ihren Kleidern tragen sollten". Sie wurde jedoch nicht verffentlicht, weil die Juden am 9. Oktober 1646 eine dringende Bittschrift
gegen ihre Publizierung eingereicht und auch die Ritterschaft um
Landgraf Carl hat
vorherige Mitteilung derselben gebeten hatten.
enthlt in
sie
Judenordnung vom Jahre 1679
renoviren und der Zeitbeschaffenheit nach
spter, wie in der Einleitung zur
bemerkt
ist,
revidiren,
verbessern, auch
wo
es nthig befunden, ndern lassen".
druckte Regierungs-Ausschreiben, mit
datiert
vom
15.
Februar 1680.
dem
Das
ge-
diese verffentlicht wurde,
Sie unterscheidet sich in wesent-
von der Judenordnung von 1539. Sie ist bedeutend
umfangreicher, als letztere
sie besteht aus 29 Paragraphen
wenn auch kleiner als die aus den Jahren 1739 und 1749, die 39
Ich beschrnke mich darauf die
resp. 30 Abschnitte umfassen.
wichtigsten Punkte dieser Judenordnung anzugeben.
Die Paragraphen i 6 enthalten Bestimmungen ber die Auflichen Punkten
Juden, ber welche spterhin viele Einzelverordnungen
erfolgten. In keinem Orte, dem nicht von alters her das Recht der
nahme der
Judenaufnahme zustand, durften Juden wohnen. Im Jahre 1779 wurde
hierzu noch angeordnet, da auch in diesen Orten nicht mehr Juden
wohnen drfen, als dies im Jahre 1744 nach einer damals angelegten
Judentabelle der Fall gewesen. Vor der Aufnahme mute der Jude
^
Land.-Ord.
III, S. 120.
25
FESTSCHRIFT COHEN
386
einen Schutzbrief des Landesherrn
haben.
erhalten
Dieser wurde
der der lteste Sohn eines inlndischen Schutzjuden
war, das fnfundzwanzigste Lebensjahr zurckgelegt, wenigstens 500
Reichstaler Vermgen hatte, obrigkeiiche Zeugnisse ber seinen
nur
dem
erteilt,
Handel und Wandel, eine Bescheinigung der Ortsobrigkeit, da die
christlichen Einwohner gegen seine Aufnahme nichts einzuwenden
und eine solche von vier Vorstehern der Judenschaft vorgelegt hatte,
da die Gesamtjudenschaft fr alle Abgaben, die der Aufzunehmende
auch in Zukunft zu zahlen habe, haften wolle. Nachdem diese Bedingungen erfllt waren, mute der Jude mit seinen ber vierzehn
Jahre alten Kindern einen Eid der Treue leisten, in dem er unter
anderem
gelobte, keinen weiteren
Anhang
in
das Land zu bringen,
es nicht wieder zu verlassen, bevor er einen Abschiedsbrief erhalten
dieser kostete
ihm
ein Drittel seines
Vermgens
keinen Unter-
durch seine Hantierungen dem Frsten und den
Untertanen nicht zu schaden, sondern ihren Nutzen und Frommen
Paragraph 7 verbietet jede Lsterung der christlichen
zu frdern.
Religion, die Aufrichtung neuer Synagogen, das Disputieren mit
schleif zu begehen,
Christen ber religise Fragen und das Einladen derselben zur Feier
der jdischen Zeremonien und Feiertage; er befiehlt die
Belehrungen und Bekehrungspredigten
christlicher
Annahme
Theologen.
der
Para-
graph 9 gestattet ihnen, ihren vermeintlichen Gottesdienst", jedoch
nur in der Stille, in einer abgelegenen Wohnung eines Juden zu
halten und verbietet dabei jedes sonderbare Getn und das fifentHche Hornblasen aus den Fenstern und den Husern. Im Jahre 1655
hatten sich nmlich Brgermeister und Rat zu Kirchhain darber
beschwert, da die fnf Juden dort mit groem Geplrr ihre Synagoge halten". Die Regierung zu Marburg forderte darauf die Judenschaft von Kirchhain und Frankenberg vor sich und gab ihnen eine
frstliche Resolution vom 3. Juni 1656 bekannt, nach der sie das
Hiergegen reichten smtliche VorBlasen zu unterlassen haben.
steher der Judenschaft im Frstentum Hessen s. d. Cassel 2. September 1656 an Serenissimum eine Beschwerde ein, da sie als
Juden zur Observierung des Mosaischen Gesetzes und Ceremonien
sich in allen Wegen verbunden achteten, in welchen auch die Hornblasen mit begriffen, wie Levit.
ahm
23 und
Num ahm
29 mit meh-
reren zu sehen, also da sie dasselbe ohne Profanirung ihres Gottes-
bey annahendem ihrem Neuen Jahres-Fest nicht umgehen
konnten, wie denn hin und wieder im gantzen Rom. Reich, wo noch
diensts
Juden geduldet wrden,
man
dessen nicht entbrigt sein knnte, es
MUNK, DIE JUDENORDNUNGEN IN HESSEN-CASSEL
'
38/
auch mit demselben so gethan, da es zu niemands Aergerni oder
Beschimpfung gereicht, gestalt solch blasen nicht auf offener Straen,
sondern in den Husern, wo die Zusammenknfte wren, ohn gro
Gethn geschehe, vndt kaum eine halbe viertel Stunde wehrte, da
es wohl die wenigsten Leute zuhren bekmen, vorab zu Kirchhain,
allwo den Juden Zusammenknfte in einem an der Stadtmauer abda sie samt vndt sonders bei
gelegenen Hause wren
ihrem Gottesdienst und zwar dero Zeit auch in specie bey der
Ceremonie des Hornblasens bei Begehung ihres Neuen Jahresfests
werden mchten".
Die nunmehr ergangenen Resolutionen an die Smtl. Judenschafft im Frstenthum Hessen" Vor die Juden zu Kirchhain vndt
Frankenbergk" vom 3. September 1656 und ein Rescript an die
Regierung zu Marburgk" vom 5. September 1656 ordnen an, da
gelassen
nur das ffentliche rgerliche blasen", nicht das blasen uf ihr ver-
meinte Festtage" verwehrt
sei,
ohne welches
sie
ihren
Vorgeben
nach ihren vermeinten Gottesdienst nicht verrichten knnen."
Paragraph 10 der Judenordnung bestimmt, da alle Juden
Persohnen jung und alt, auff" die Sonn- und Fest-, auch B-, Betund Fasttage sich einheimisch halten, und nicht ber Feld oder
sonsten ausgehen, oder in den Husern einige Hand- Arbeit verrichten,
weniger ihr Schuldener mahnen, sich mit ihnen berechnen, Geld
einnehmen oder ausgeben, sondern sich still und eingezogen halten
und kein Aergerni geben, und diejenigen Predigten, so Wir defalls
anordnen mchten, besuchen, fleiig zuhren, und den Gottesdienst
nach eines jeden Pfarrherrs Anordnung, abwarten, alles bey Straff
zehen Gulden, welche einer jede Persohn, so hierwider handeln wird,
jedesmahls ohnnachlssig zu erlegen schuldig seyn soll".
Die Landgrfin Amalie Elisabeth hatte die Bekehrung der Juden
eifrig betrieben.
Besondere Predigten wurden fr sie in den Ratshusern gehalten; die Judenpredigten des Dekans Justus Saldan vom
Jahre 1647 ^^^ spter wurden im Jahre 1650 gedruckt. Sechzehn
Juden, welche im Jahre 1649 ^"^ Vershnungstage den jdischen
Gottesdienst im
Hause
eines Rabbiners abg-ehalten
und
die auf
dem
Rathause zu Kassel angesetzte Predigt versumt hatten, wurden mit
Gefngnis bestraft, der Rabbiner ward aus dem Lande verwiesen.
Im Jahre 165 1 waren sechs Termine fr die Judenpredigten ausgeschrieben.
Dem Gesuche der Juden um Dispensation hiervon
wurde nicht entsprochen. Auch ein besonderer Judenkatechismus
wurde fr sie ausgearbeitet. Auf ihre diesbezglichen Vorstellungen
25*
FESTSCHRIFT COHEN
388
erfolgte die frstliche Resolution
Gnaden laen
vom
9.
Juni 165
1:
Ihro Frstliche
den der Juden Predigt halber gemachten anstalt auch nochmalen bey der Verordnung, da die vnter dero schtz
wesende Judenschafft den zum Truck gebrachten Catechismum zu
sich nehmen vndt lesen, lediglich bewenden.
Gleichwie es aber die
meynung jetzo dabey nicht hat, da sie deswegen eben gedachten
catechismum auwendig zu lernen vndt darber redt vndt andtwort
zugeben wieder willen gehalten sein solten, also werden Sie dieses
sich zur erluterung des obigen; dienen vnd im vbrigen obged. J. f.
Gn-verordnung gehorsamblich zu gehalten angelegen sein lassen."
Paragraphen 11
14 enthalten Bestimmungen ber die Instanzen
fr Juden als Beklagte und Klger, Paragraphen 15
17 ber ihren
Handel, Paragraph 18 Zahlung des Silbergeldes, Paragraphen 19 27
ber die Geld- und Darlehnsgeschfte, Pfnder, Anzeige gestohlener
Waren, Paragraph 28 ber Abzugsgeld und Abschiedsbrief. Die Judenordnung schliet mit dem Verbote, Geld oder Geldeswert den Beamten
zu schenken mit einer Strafandrohung fr diese, falls sie Geschenke
es ber
annehmen ahnen.
Fr die vielen vom 16., 17. und 18. Jahrhundert erlassenen Einzelverordnungen darf ich auf meine Abhandlungen das Constitutenbuch
der smtlichen hessischen Judenschaft
schrift
zum
vom
Jahre 1690"
in
der Jubel,
siebzigsten Geburtstag des Dr. Israel Hildesheimer"
Die Judenlandtage
in
Hessen-Cassel"
in
der Monatsschrift fr
schichte und Wissenschaft des Judentums" Jahrgang
und
Ge-
895 verweisen.
Un
ignoto capitolo di storia ebraica.
Umberto CASSUTO-Firenze.
Di
Finora
non era nota
l'infuori di quelli
dalla
Spagna
esistenza in Italia di
l'
che
vi giunsero,
cripto-giudei al-
altri
direttamente o indirettamente,
e dal Portogallo, e nessuna conoscenza
si
aveva, ch' io
sappia, di gruppi abbastanza considerevoli di ebrei italiani che, costretti dalla forza
servato
la
nell'
devozione
l'esistenza
ad abbracciare
il
cristianesimo, avessero poi con-
intimo del cuore e della vita familire l'attaccamento e
alla
Ora per credo
fede avita.
secolare
di
cripto-giudei
tali
numerose famiglie ebree
Italia
dell'
poter dimostrare
di
italiani,
l'esistenza
cioe
di
meridionale che lungamente vis-
sero professando in palese le forme del culto cattolico, e conservando
tuttavia nell' animo, di generazione in generazione, fedelt al giudaismo,
di cui osservavano,
i
per quanto era lor concesso dalle circostanze,
e le cerimonie nel segreto delle pareti domestiche. Resta cosi
riti
maggiormente spiegata e
lativa agli aniisini,
nel
giustificata la
come vengono chiamati
formulario liturgico degli ebrei
Riservandomi
presenza di una preghiera rein
ebraico
cripto-giudei,
italiani.'
di parlare altra volta delle
vicende secolari
di
queste
mi limiter ora a occuparmi delle circostanze
e del tempo in cui la conversione ebbe luogo.
II beato GlORDANO da
Rivalto, in una predica tenuta nella
chiesa di S. Liperata in Firenze il di 9 novembre 304, * riferisce che
forse 14 o 15 anni poco pi o poco meno prima di allora un ministro
di re Carlo [d'Angio], frate Bartolomeo, aveva esposto al re che gli
famiglie di convertiti,
ms
Ed. Bologna 1540,
i:"sv"i DN^iJvi ujj^vi
22a e 35b: D-'aimn ^iw "013X1 ^it'
ny^wn bnan i "iiays nm pn^i nenr nipon n^ncai
vol.
c.
I,
Prediche, Firenze 1831, vol.
II, p.
231.
la-'H
ms2
FESTSCHRIFT COHEN
390
ebrei di Puglia
un fanciuUo
II
re,
il
si
allo
erano
resi colpevoli di
rituale,
di ripetere e di schernire la
scopo
martirizzando
passione di Cristo.
qule non aspettava che un' occasione per liberarsi dei suoi
sudditi ebrei, fece prendere
morte e
lunga ponderazione,
gli
il
battesimo
fuggire,
in
masero pi
in
conversione
al
cristianesimo.
di pi
che ottomila, mentre
altri
era
Dopo
narrazione del predicatore.
riuscivano
non
amico
e in tutte le terre del re
tutta Puglia
Uno dei battezzati divenne frate,
uomo colto e lettore in Napoli.
giudei.
Giordano;
la
e impose
ebrei decisero di farsi cristiani, e accettarono
numero
sieche
giudei di tutta la provincia,
loro la scelta fra la
fra
omicidio
e fu
Fin
qui
ri-
di
la
Manifestamente, questa narrazione non
scopo di edificazione
cui mirava fra Giordano, ed alcuni particolari sono evidentemente
Pur tuttavia, non sembra probabile che si debba ritenere
fantastici.
non esservi ombra di vero in quanto riferisce fra Giordano. Nella
stessa predica, poco sopra, egli ricorda una terribile persecuzione
degli ebrei avvenuta quattro anni prima, o anche meno, in Alee da accettarsi
ad occhi
magna, e da alcuni
chiusi,
dato anche
particolari e dalla data
lo
da resulta senza
Rindfleisch, per quanto
che
egli
alcun dubbio trattarsi della persecuzione di
poco esattamente riferita. Nella stessa guisa parrebbe quindi doversi
racconto riferentesi agli ebrei pugliesi, ritenendolo cioe
rispondente ad alcunch^ di reale nelle sue linee generali, per quanto
alcuni dei particolari siano immaginari, altri esagerati, altri per lo
considerare
meno
il
inesatti.
questo proposito va ricordato che
!e
prediche di
Fra Giordano non furono poste per iscritto da lui, ma raccolte da
uno o pi dei suoi uditori, talche e possibile che il redattore non
abbia riferito con fedelt quanto il predicatore aveva realmente detto.
Se non che, il GDEMANN, che gi rilev la narrazione di
Giordano da Rivalto, non avendo trovato nessun' altra testimo'
questo avvenimento cosi importante per gli ebrei dell' Italia
meridionale, fu indotto a revocarne in dubbio la realta. Egli osserva
monianza
di
che mentre nessuna notizia abbiamo del fatto da altra fnte, sappiamo
sovrani della casa d' Angio tennero un' attiinvece per contro che
tudine favorevole agli ebrei: Carlo I ne fu addirittura un benevolo
fautore, e Carlo II, sotto il cui regno sarebbe avvenuto il fatto, li
prese almeno sotto la sua protezione; per di pi sappiamo, egli
i
continua, che nei secoli XIII e
'
fra
XIV
Geschichte des Erziehungswesens
Giordano
h di correggersi in 9
vi
II, p.
furono sempre ebrei in Trani
261,
dove
la
data della predica di
novembre anzieht 9 dicembre.
UN IGNOTO CAPITOLO
CASSUTO,
della
e nel resto
MANN
r asserzione di fra
39 1
Per tutte queste considerazioni,
Puglia.
non solo non
DI STORIA EBRAICA
esita a relegare senz' altro nel
Giordano che
al principio del
il
GDE-
regno delle favole
secolo
XIV non
vi
che potremmo consentire con
lui), ma si esprime altresi in modo da porre in dubbio anche la
veridicit della parte essenziale del racconto. ^
Gi altrove^ io accennai che non a ragione il GDEMANN negava 1' attendibilit di
un ebreo
pi
fosse
questa
Puglia*
in
riservandomi
notizia,
di
(nel
tornar con pi agio
come
e di esaminarlo pi minutamente,
Anzi
tutto,
si
da Rivalto non e
deve osservare che
sull'
argomento,
faccio nel presente studio.
la
testimonianza di Giordano
da potersi
completamente respingere con
tanta agevolezza. Fra
particolari che egli ci narra, se ve ne sono
alcuni indubbiamente inammissibili, ve ne sono altri che costituiscono
un tal qule suggello di autenticita. Cosi la menzione del rninistro
reale Bartolomeo (in cui sar da vedere probabilmente Bartolomeo da Capua, giureconsulto a Napoli e protonotario del regno,
morto verso il 1328); cosi indicazione della data, per quanto approssimativa; cosi il ricordo del convertito che divenne frate e lettore
Per contro,
a Napoli.
argomento allegato dal GDEMANN della
tale
1'
1'
costante presenza di ebrei in Puglia nei secoli XIII e
non
valere a infirmare se
ebrei pugliesi,
babilmente
che
infatti,
la generalit della
come abbiamo
XIV non pu
conversione di tutti
gli
gi notato, sar assai pro-
ma
non pu esser
sufficiente a far negare ogni attendibilit al fatto di una conversione
parziale, anche assai estesa.
D' altra parte, bisogna osservare che
le notizie riferentisi al secolo XIII, essendo anterior! all' epoca in
cui secondo il predicatore avrebbe avuto luogo la conversione, non
hanno alcun valore in tal senso; mentre invece nel trecento le notizie
di ebrei in Puglia vengono a scarseggiare, e ricompariscono con
maggiore abbondanza solo nel secolo XV. II GDEMANN, nell' asserire
che
un' esagerazione
Trani e negli
in
mente
ebrei,
ordinamenti
marittimi
neir
Anzi,
Un
art.
Carlo
il
le
fra
della
Giordano;
luoghi della Puglia dimorarono continua-
evidentemente
attinge
che nonostante
altri
di
citt
di
al
Beltrani, Su
Trani,
vessazioni cui furono
fatti
il
gli
antichi
quale dice appunto''^
segno verso
predicatore dice di pi: in tutta Puglia e in tutte
1'
alba del
le terre del re^.
temperato e il giudizio che della narrazione del Rivalto ^ dato
Apulia della Jew. Enc. II, p. 31 (ove per si parla erroneamente di
po' pi
anzieht di Carlo
Nel mio
p-
n-
art.
II).
su Carlo II d'Angio nella JewrejeskajaEncycl. di Pietroburgo.
FESTSCHRIFT COHEN
392
secolo XIV, essi continuarono sempre a rimanere nella citt di Trani,
ma
prove che
le
il
Beltrani adduce per dimostrare questa sua
asserzione non risalgono pi lontano
Barbiano ebbe
XIV
il
dominio
utile di
dell'
epoca
in cui
Alberico da
Trani, vale a dire fra
la
fine del
XV.' Forse il GDEMANN pensa anche
a Isaia da Trani il giovane, ma non sappiamo che questi dimorasse
proprio a Trani e la sua famiglia potrebbe essere una di quelle
secolo
il
principio del
Per mostrare invece come scarseggino
fuggite.
cipio del trecento, ricorder
che
nell'
notizie al prin-
le
elenco delle quote imposte
alle
una contribuzione del 1320, gli ebrei sono
nominati soltanto, per ci che concerne la Puglia, a proposito di
Otranto e di Taranto, mentre si tace di loro a proposito di Lecce,
di Bari, di Trani, e di tutti gli altri luoghi della Puglia.^
Di pi,
come argomento atto a mostrare che la dimora degli ebrei a Trani
non fu ininterrotta, potrebbe forse valere 1' espressione di un documento che concerne diritti spettanti all' arcivesccvo suUa giudecca
di Trani, e che ricorda che 1' arcivescovo dictas .... iurisdictiones
varie citt
del regno in
et
potestates
eosdem Judeos
exercuit in
quotiens fuerunt Judei in
Trano".3
Non
di
d'
argomento
e neppure
sufficiente per respingere la narrazione
Giordano, ne in tutto
fra
Angi verso
gli
ebrei.
esatto,
benevolenza dei
quello della
Dell' attitudine di questa famiglia
sovrana
non abbiamo che poche notizie staccate,
e del resto anche quel poco che sappiamo ci attesta come uno stesso
verso
suoi sudditi ebrei
sovrano
guardo
si
mostrasse ora mite e toUerante, ora severe e ingiusto
agli ebrei,
ovvero fosse benevolo verso
gli
ebrei di
ri-
una pro-
mal disposto verso quelli di un' altra provincia, indotto volta
a volta da special! motivi del momento. Certo e che Carlo I d' Angi,
vincia e
Un
po' pi addietro ci riporterebbe quel che dice
in Buonarroti, 1876, p. 177
gi abbastanza lontana
178,
dove sembrerebbe che nel
da quella a
il
Beltrani
1377,
cui ci riporta la notizia di
stesso
epoca del resto
fra GiordanO,
cittadini tranesi si lamentassero che per le vessazioni dell' arcivescovo non solo
non venivano pi ad abitare la citt nuovi ebrei, come per l'addietro, ma che
anche quelli che gi vi si trovavano se ne partivano. Per, come mostra l'esame
del documento relative, pubblicato dallo stesso BELTRANI nella sua opera Cesare
Lambertini e la societ familire in Puglia durante 1 secoL XV e XVI, vol I,
parte prima, Trani 1884, p. 128, non si tratta di ebrei, ma di neofiti.
^ MiNiERl-RiCCiO, Notizie storiche tratte da 62 registri angioini, Napoli
i
^^77, P3
195196.
Beltrani,
in
Buonarroti,
1876,
societ familire in Puglia etc., p. 301.
p.
184;
id.,
Cesare Lambertini e la
UN IGNOTO CAPITOLO
CASSUTO,
per quanto
soggetti
confermano
ci
in
il
sua dominazione, e anche
alla
notizie venute in luce posteriormente
egli trascura,
393
e dato sapere, fu assai favorevole e toUerante verso
ci
dei varii paesi
ebrei
gli
EBRAICA
DI STORIA
opera del
all'
le
GDEMANN, o che
Per cio che concerne
suo giudizio.
vediamo che nel 1269 egli scrive al baiulo
locale ordinandogli di non permettere che gli ebrei siano maltrattatati dai crociati'; poco dopo, con una lettera del 15 febbraio 1271
e un' ordinanza del 3 marzo successivo, proibisce le vessazioni cui
gli ebrei erano fatti segno da parte dei baiuli, istigati dai commercianti angioini concorrenti degli ebrei; e due anni pi tardi, nel
1273, interviene ancora una volta in favore degli ebrei ingiustamente
Nella sua qualit di senatore romano,
trattati dai baiuli angioini.*
emise il 6 aprile 1271 un decreto diretto al suo vicario e a tutti
diritti di cui
funzionari con cui ordinava loro di vegliare a che
gi godevano gli ebrei romani non venissero menomati.^ Poco dopo,
ebrei dell' Anjou, noi
gli
nel 1273, prese le difese degli ebrei di Trani
i
procedimenti arbitrari
e di privati.
ebrei.
in
qualit di
da
Girgenti,
vessazioni che
alle
tutto
ci
di
cui
a cui
la
si
medico,
suo
si
le
I'
imposizioni e
prepotenze di funzionari
inquisizione esercitava contro
aggiunga che
il
titolo
arabo
dall'
principale e
egli
aveva
sua corte,
alla
ebreo Farag (Farragut) ben Schalem
1'
dava
incarico di Carlo tradusse
fiche,
arcivescovo e
le
In Provenza, con un editto del 26 marzo 1276, volle
'*
porre un termine
gli
dell'
contro
1'
di
fedele
in latino
Al-Hawi
del
re",
e che per
parecchie opere scienti-
di Razi,
allo
stesso
modo
che pure per desiderio di Carlo un altro medico ebreo, Moise da
Palermo, anch' egli detto fedele del re, traduceva in latino il
trattato De curationibus infirmitatum equorum" attribuito ad IppoTuttavia, e da rilevare per contro che Carlo I presto facile
crate.^
'
Beltrani,
Sugli
antichi
ordinam. marittimi, docum. XVI,
p.
XXIX-
(26 febbraio 1269).
Revue des e'tudesjuives (REJ.), XXIX, p. 235 segg.; il documento de! 1273 e
pubblicato presse Del Giudice, Codice diplomatico del regno di Carlo I e II
d'Angi, III, p. 200 n. i. Vedi nel seguito della stessa nota un'altra disposizione
*
di
Carlo
3
4
5
a favore degli ebrei d'Angi, in data 24 agosto 1275.
VOGELSTEiN-RlEGER, Geschichte der Juden in Rom I, p. 244.
Del Giudice, op. cit. I, p. 314, n. i.
Gross, in Monatsschrift 1878, p. 155 156; Gallia judaica p. 46.
Per questi traduttori, v. STEINSCHNEIDER, Hebr. bers., p. 723, 974, 985.
titolo di "fedele del re a Moise da Palermo, v. MiNlERl-RiCCiO, Alcuni
Per
il
fatti
riguardanti Carlo
p. 172 n.
d'Angi,
In quest' ultimo luogo
Napoh
si
1874, P- 109, e
Del Giudice,
op.
cit. III,
pubblica anche un documento concernente
FESTSCHRIFT COHEN
394
un ebreo rinnegato, Manuforte, il qule,
dopo essere stato giudice e maestro della comunit degli ebrei di
Napoli, abbracci il cristianesimo ed entro poi egli pure nel novero
Questo apostata riusci a persuadere il re che
dei fedeli del re,
nei libri talmudici e liturgici degli ebrei si contenevano bestemmie
esecrande contro Gesu e la Madonna; e in conseguenza di ci, il di
8 maggio 1270, Carlo I, analogamente a quanto era stato fatto in
orecchio
calunnie
alle
Francia
trent' anni
Donin,
ordin
di
prima per
tutti
le
calunnie d'un altro apostata, Nicolas
regno
del
giustizieri
che a richiesta
di
Manuforte e col consiglio del priore dell' ordine dei predicatori,
o del guardiano dell' ordine dei minori, o del prelato del luogo, eseguissero delle perquisizioni nelle case degli ebrei, e se vi trovassero
alcuni dei
messi
di
con
cui
noi
noti
libri
incriminati
fedeli,
alla regia
Carlo
sequestrassero e
li
inviassero, per
Eccezion fatta per della
camera.^
accuse
dette ascolto alle
questo sovrano sono
di
li
di
facilit
Manuforte,^ gU
da mostrarci che
tali
in
mezzo
atti
generale
non solo toUerante, ma addirittura favorevole, e qualche volta
Se non che la datazione fornianche amichevole verso gli ebrei.
Giordano da Rivalto, cioe quattordici o quindici anni
taci da
egli fu
prima della sua predica, tenuta nel 1304, ci riporta al 1289 90, e
in quest' epoca non regnava pi Carlo I, ma suo figlio, Carlo II
Ebbene, di lui
detto lo Zoppo, che successe al padre nel 1285.
abbiamo varie notizie che ce lo mostrano tutt' altro che benevolo
agli ebrei.
ma
non
II
Gdemann
riferisce la fnte
dice che egli
da
la
sua protezione,
cui trae questa asserzione.
Senza dubbio
li
prese sotto
Beltrani, che usa appunto la stessa espressione a propouna disposizione contenuta nei capitoli di Carlo II; ^ ma il
attinge al
di
sito
Farag, che e detto in esso
familire
del re.
raccolto dalle opere del Minieri-Riccio,
v.
neir Italia merid., in Vessillo israelitico, 191
nel
1,
Altre notizie su Farag, che
mio
art.
ho
Sulla storia degli ebrei
p. 341.
MiNiERl-RiCCiO, Alcuni fatti etc., p. 116 117. II docum. e pubblicato da
Del Giudice, op. cit. III, p. 200 segg. Per Manuforte v. anche Del Giudice,
Talmuct (=niD'jn), Cairbott
I libri incriminati sono:
vol. I, pag. 314 segg.
(cosi ha MiNiERi-RicciO; Del Giudice ha Carrboct; evidentemente nuiip,
nel senso molto ampio di ogni poesia liturgica, equivalente quasi a Machzor; cfr.
^
LOEB
REJ. II, p. 249250), e Sedur (= ino).
Un'altra occasione in cui egU cedh alle accuse di questo ebreo convertito
presso Minieri-Riccio, Brevi notizie intomo all' archivio angioino di Napoli,
in
V.
Napoli 1862,
3
p. 89.
In Capitula regni utriusque Siciliae, Napoli 1773, p. 47,
Sugli ant. ord. mar. p. 76;
Ersch
u.
Gruber, Enc,
cfr.
anche Cassel,
art.
cit.
da Beltrani,
estr. da
Juden, Geschichte,
p. 145 b.
t.
UN IGNOTO CAPITOLO
CASSUTO,
Beltrani
nota
stesso
che
1'
DI STORIA EBRAICA
attitudine
Carlo
di
II
verso
395
gli
ebrei
non e in generale cosi favorevole.
E all' opinione del Beltrani
non possiamo che assentire. E vero che e da notarsi la benevola
disposizione gi ricordata; e vero che nel 1292 Carlo 11 ordino alle
autorit della Provenza di non consegnare gli ebrei all' inquisizione
se non nei casi in cui sicuraniente dovessero essere da essa giudicati
a tenore delle disposizioni pontificie;^ e vero che allorquando nel
1306 gli ebrei furono espulsi dalla Francia, e quelli della Linguadoca
cercarono rifugio in Provenza, Carlo II ve li riceve con viva benevolenza, specialmente in Tarascona* (forse nella speranza che nuovi
venuti arrecassero incremento ai commerci e alle finanze del paese);
pero sappiamo per contro che nel 1288 egli espelleva gli ebrei del
Maine e dell' Anjou,j eccezion fatta per quelli che abbracciassero
il
cristianesimo;'* che nel 1294 pubblicava delle costituzioni per gli
ebrei di Provenza, contenenti disposizioni enormemente restrittive, s
e che nel 1308, dietro
reclami degli abitanti di Tarascona, ordinava
che per
avvenire non fossero affidate pubbliche funzioni ad ebrei,
e che quelli che gi le coprivano dovessero abbandonarle ed esser
sostituiti da cristiani.^
Nulla ci vieta quindi di ritener possibile che
chi nel 1288 espelleva gli ebrei dal Maine e dall' Anjou ove non
volessero accettare il battesimo, potesse un anno o due dopo imporre
agli ebrei di Puglia con la violenza la conversione al cristianesimo.
Si ricordi anche che Carlo II e quegli che nel 1300 impose ai musulmani di Lucera, in Puglia, di convertirsi al cristianesimo, e fece
i
1'
passare a
la
fil
di
spada
fede dei padri.
2
3
Del Giudice,
REJ. XXXIX,
REJ. XVII,
che rifiutarono
quelli di loro
di
abbandonare
op.
cit.
345
n.
203
III, p.
n.
p. 97.
p. 213;
1288, ^ pubblicata in
II, p.
XXIX,
REJ. XVII,
Sappiamo che
p.
p.
238; l'ordinanza relativa, datata 8 dicembre
225226.
emano severissime disposizioni
contro quegli ebrei del Maine e dell 'Anjou che dopo aver accettato il battesimo
erano tomati alla fede ebraica; il docum. relative e pubblicato da Del Giudice,
*
op.
cit.
Si riferir certamente a coloro
che due anni prima forzacristianesimo per evitare l'espulsione.
Gross, Monatsschrift, 1878, p. 157; REJ. XXIX, p. 238239 (dove la data
II, p.
345
n.
I.
lamente abbracciarono
s
25 agosto 1290 Carlo II
il
il
h 1297).
REJ. XXXIX, p. 9798.
Un' ampia ed esauriente monografia
intitolata: La colonia saracena di Lucera e
6
7
corso di pubblicazione
in
Arch. Str, per
Egidi su questo argomento,
sua distruzione, e attualmente in
province napolitane; gi^ ne h
di P,
la
le
FESTSCHRIFT COHEN
396
Ma
avvenimento sia
ha ancora di pi. Non e esatto che
ricordato solo da Giordano da Rivalto; io credo di averne trovato
notizia, per quanto in forma alquanto alterata e inesatta, anche
presso
1'
vi
cronisti ebrei.
SalOMONE Usque,
no.
al
del terzo dialogo della sua Conso-
1 1
lagam as tribulagoes de Ysrael'"
riferisce
dagli
sventure patite
le
ebrei delle citt di Napoles e Trana e di altre localit del regno
Vi erano
di Napoli.
il
loro
il
re
numero
e per la loro ricchezza,
impegnato
trovandosi una volta
quali,
e in procinto di
una guerra lunga e pericolosa,
in
mancanza
esser sopraffatto per la
tutti
racconta, ebrei prosperosi per
nel regno, egli
posero a sua disposizione
di mezzi,
talche egli pote continuare con onore la guerra e
loro beni,
in poi
Grato dell' aiuto ricevuto, il re d' allora
uscime vittorioso.
si mostro costantemente benevolo agli ebrei, concedendo loro
favori e ponendoli
superbirono per
obliando
di
pari
alla
la grazia
porre
dei
nobili
sovrana, e
la loro fiducia in
si
regno, talche essi
del
credettero per sempre
Dio.
infiniti
Di
continua
ci,
s'
in-
sicuri,
USQUE,
1'
non tardarono ad esser puniti. Venuto il re in punto di morte,
raccomand al figlio che ricompensasse gli ebrei dei servigi resi allo
II nuovo sovrano, persuaso dai ministri che la miglior rimunestato.
gli
chiam a
se
ebrei al cristianesimo,
razione sarebbe stata quella di convertire
salvandoli cosi dalla dannazione,
espresse loro
Nondichiarassero che non era questa una ricompensa da
suo desiderio
il
ostante che essi
e che
loro desiderata,
di
talche
ebrei
chiesero
consultati
fra
sarebbero
fatti cristiani
coi
tarsi
loro,
grandi
essi
del
a questa condizione,
il
re
di
di ci,
del
si
re potesse lor fare
sua volont;
egli persiste nella
tempo per
presentarono
Dopo
riflettere.
alla loro aspettativa,
XXXVI
nettamente
il
essersi
dichiarando che
re
al
qualora egli avesse lor concesso
essi ricusarono
vol.
il
modo.
tal
in
pi gran favore che
fece bandire in
apparsa unaparte nel
compensarli
regno, nella speranza che
quando, contrariamente
Adirato,
il
non parlar pi
era quello
gli
capi degli ebrei, ed
il
d'
imparen-
re rifiutasse;
ma
sovrano aderi anche
di accettare
il
battesimo.
tutto lo stato che a partire dal
(1911), p. 597 segg.,
si
enel
vol.
XXXVII
mo-
(1912),
p. 71 segg.
un esemplare dell' opera delr Usque, ho pregato l'Eccmo Sig. D. Camerini rabbino di Parma di copiarmi
dair esemplare della Biblioteca Palatina della sua citt il passo che qui c'interessa; e gli esprimo qui i pi vivi ringraziamenti per la cortesia con cui ha aderito
^
alla
Non essendomi
mia preghiera.
riuscito di trovare a Firenze
CASSUTO,
UN IGNOTO CAPITOLO
mento
del bando, nel
ardere
tutti gli
uccisi.
EBRAICA
DI STORIA
tempo necessario perche una
39/
torcia
ebrei dovessero battezzarsi; altrimenti sarebbero stati
miseri ebrei
non ebbero
la forza di opporsi, e, vinti dal
imposta, eccettuati
che seppero resistere con vigorosa
alcuni
costanza e che furono passati a
fil
spada.
di
matrimoni coi grandi del regno, come
grande sinagoga
re
il
Napoli fu convertita
di
timore
che veniva
della morte, abiurarono la loro fede e accettarono quella
loro
finisse di
convertiti contrassero
aveva promesso, e
la
una chiesa dedicata a
in
Santa Caterina.
Fin qui
il
racconto
Joseph ha-Kohen, ^
dell'
USQUE, da
cui riporta
il
fatto tal qule
quasi traducendo punto per punto la sua fnte,
E' solo da rilevarsi che
e solo abbreviandola un poco.
Joseph Ha-
non menziona la citt di Trani, ma parla solo
del regno di Napoli, e non dice in qule citt si trovasse
che divenne poi la chiesa di Santa Caterina.*
KOHEN
vale a
episodio essa
si
la
sinagoga
USQUE e 5000 dell' era
Non e detto per a qule
dire
1240 dell' e. v,
riferisca; JOSEPH HA-KoHEN la riferisce alla guerra
La data posta
ebraica,
in generale
racconto
in testa al
dell'
il
il
sostenuta dal primo dei due re, talche la conversione verrebbe ad
essere parecchio posteriore.
Un
ebreo presso cui troviamo una narrazione che,
altro cronista
per quanto
in
forma assai diversa da quella
HA-KoHEN, pure deve riferirsi,
e Shelomo ibn Verga. Cosi
da
cui
traduco
espulsione
(su
questa
Jehuda,
se
egli
non
dell'
USQUE
erro, allo stesso
racconta
al no.
letteralmente:^
Neil'
data ritorneremo
pi
comunit, Napoles e Trana, furono costrette
JOSEPH
awenimento,
e di
19 del suo Shebet
della predetta
anno
avanti)
due grandi
ad abiurare
la fede,
maggior parte di loro abiur. La causa di questa persecuzione
non 1' ho trovata, ma cosi ho udito raccontare dai vecchi: che un
prete ebbe una questione con un ebreo nella citt di Trana, e cerc
la
50 51;
33n
poj?,
Una
Variante puramente formale fra
i^ ed., p.
2* ed., p.
6465.
1'
UsQUE
il
Kohen
che que-
che ardendo doveva segnare il limite di tempo
concesso per la conversione, ha stranamente riBJsn, 'ara o iurbante. J. S6e,
nelle note alla sua traduzione francese di Joseph ha-Kohen (La Vallee des Pleurs,
Paris 1881, p. 229), osserva che si tratter di un errore di traduzione, per il qule
il cronista avr scambiato il
tocha della sua fnte (Usque) con tocho (cfr. anche
st' ultimo,
in
luogo della
forct'a
LOEB, REJ. XVI, p. 218); ma io ho trovato in un ms. del 33n
al Collegio Rabbinico ItaHano, proprio la lezione npnx, torcia.
3
ed.
Wiener,
p. 43.
pDj?
appartenente
FESTSCHRIFT COHEN
398
di
suscitare
contro
ira
quanti
tutti
e pose la croce di
ebrei],
[gli
Ges nelle immondizie di un ebreo, e al mattino disse di aver visto
in sogno come gli ebrei avessero posto la croce nelle immondizie.
Tosto uscirono molti
[la
croce]
popolo
gli
empi
ma
ebrei,
d' ira, e
AUora
ebreo, nelle immondizie.
cerco di stendere
udendo
giudici,
per ricercare e investigare, e fu trovata
uomo
casa di un
in
si
cristiani
la
mano
sua
contro
levarono per salvare
ci, si
il
il
tutti
popolo
poiche sospettavano che tutto cio provenisse dal prete.
Per, quando videro i giudici che non avevano forza per opporsi,
perche il popolo era grande assai, consigliarono agli ebrei di abiurare
[degli ebrei],
la
fede per salvarsi, poiche non vi
maggior parte
cristiani
paese,
gli
uomini
levarono quelli che dettero fede
al
di
ma
a Napoles,
fuggirono
ebrei
inseguirono, e anche tra
li
si
Alcuni
abiur.
era per loro altro rimedio, e la
i
Napoles, abitanti del
racconto, contro
gli
ebrei
abitanti nella citt di Napoles, affinche consegnassero gli ebrei fuggiti;
se no
avrebbero uccisi
li
Gli uni e gli altri
tutti.
si
videro in pericolo
eccezion fatta per pochi uomini ragguardevoli che
terribile,
erano
si
nascosti nelle case dei nobili; alcuni furono costretti a convertirsi, e
il
dei
resto
nascosti,
quando
cristiani
si
furono
ebbero
calmati,
tuttora paura e fuggirono per andare in paesi lontani.
vi
erano
Napoles uomini considerevoli assai per la loro
sapienza, e specialmente oratori e poeti, e non si trovavano uguali
a loro nel mondo eccetto che fra gli uomini di Provenza, i quali
in
Trana e Bara
furono
in
superiori
cio
tutte
le
tempo, venne a conoscenza del re che
re
ordin
il
del
prete aveva mentito, e
il
impiccarlo: se non che, per riguardo alla sua qualit
d'
di sacerdote
Dopo
famiglie degli ebrei.
il
popolo
si
oppose, e
il
che
re dette ordine
egli fosse
esiliato in isole lontane.
Ora, se noi esaminiamo queste due relazioni,
dell'
USQUE
e del
Shebet Jehuda (quella di Joseph ha-Kohen possiamo lasciarla da
parte, non essendo che una derivazione diretta della prima), vi
riscontreremo uguali i tratti essenziali dell' avvenimento culminante.
In seguito ad una causa che e diversa nelle due narrazioni, gli ebrei
di Napoli e di Trani vengono costretti a scegliere fra la conversione
al
cristianesimo o la morte;
conversione.
degli
ebrei
sovrano,
E
di
maggior parte
di
loro sceglie la
DA Rivalto
appunto quel che racconta GlORDANO
tutta
la
che considera
vorrebbe imporre
di
e la
Puglia.
la
Neil'
USQUE
conversione
agli ebrei riluttanti; nel
morte parte dal furore del popolo,
la
come un
coazione parte dal
beneficio che egli
Shebet Jehuda
e
le autorit
la
minaccia
consigliano la
CASSUTO,
UN IGNOTO CAPITOLO
conversione
come
Napoli e
Trani soltanto,
DI STORIA EBRAICA
399
unica via di scampo.
Vi sono poi nei particolari di questa conversione varie altre divergenze fra le due relazioni
dei cronisti ebrei.
L' USQUE, dopo aver parlato da principio di
di
1'
alla fine del
riferisce
si
suo racconto a
mentre presso IBN Verga il teatro principale dell'avvenimento sarebbe Trani (e forse tutta la Puglia, come appare dalla
menzione di Bari che si trova alla fine), e a Napoli non si avrebbe
che un' azione riflessa. L' accenno alla effettiva esecuzione della
minaccia di morte nella persona di quegli ebrei che rifiutarono di
tutto
regno,
il
trova
convertirsi,
si
per
parla
contro
USQUE non
ha.
nell'
della
USQUE, ma manca
fuga
alcuni
di
ebrei
Ambedue questi punti si
Giordano da Rivalto.
nel Shebet,
in
il
qule
paesi lontani,
trovano invece,
che
come
abbiamo veduto, in
L' Usque ha ancora
in pi la menzione della sinagoga convertita in chiesa, e il Shebet
a sua volta contiene in pi
accenno al rifugio di alcuni ragguar1'
ebrei presso
devoli
notabili cristiani,
cosa che, se
si
spiega ove
si
popolare, non
sarebbe invece molto giustificata nel
caso della presunta ricompensa da parte del sovrano. II punto dove
si ha gran
divergenza fra le due relazioni dei cronisti e precisa-
tratti
di
furor
mente questo della causale della conversione. L' USQUE ha, come
abbiamo veduto, una lunga narrazione di benefici arrecati dagli ebrei
a un re e della ricompensa che il figlio e successore di questo, per
ordine
paterno,
vorrebbe dare
agli
ebrei mediante la conversione;
ha evidentemente un carattere leggendario e probabilmente
origine tarda.
Pi verisimile, almeno nelle sue linee generali,
tutto ci
di
causale ricordata dal Shebet,
la
ed e degno
osservazione che
che ricordano assai da vicino quel che narra
Giordano da Rivalto. Questi parla del martirio di un fanciuUo,
che gli ebrei avrebbero eseguito in dispregio di Cristo e in rinnovazione del martirio di lui e che un pio frate avrebbe rivelato al re;
ha
essa
alcuni
cronista
di
tratti
ebreo
un' accusa che un sacerdote cristiano
avrebbe falsamente avanzata contro gli ebrei, di atti di sacrilegio
commessi sulla croce di Cristo si tratta evidentemente di due cose
molto simili, guardate da due diversi punti di vista. Si noti altresi
che r ecclesiastico da cui parte
accusa e ministro del re secondo
il
riferisce
1'
Giordano da Rivalto,
il
consiglio di
nistri
promuovere
si
confronti quanto narra
la
1'
Usque, che
conversione dagli ebrei parti dai mi-
e consiglieri del sovrano.
Da
zioni,
questo confronto che siamo venuti facendo fra le varie relasembra potersi concludere che 1' USQUE e 1' ihn Verga attingono
FESTSCHRIFT COHEN
400
mune, come
di
ultima analisi ad alcunche di co-
diverse, risalenti pero in
a fonti
ambedue
Trana.
ci
mostra
la
le relazioni,
La
menzione
e in
di
Napoli e
ambedue
di
Trani
al
principio
sotto la forma Napoles e
fnte diretta della narrazione
dell'
USQUE sembra
essere
abbastanza tarda, e aver subito modificazioni e trasformazioni attraverso la fantasia popolare, pur contenendo tuttora alcuni particolari
da dimostrare un certo carattere di
In questo novero e da porsi la menzione della sinagoga
autenticit.
maggiore di Napoli, che sarebbe stata convertita nella chiesa di
minutamente
cosi
circostanziati
Santa Caterina; infatti, vedremo pi avanti come questa particolarit
riceva una luminosa conferma da altra fnte. Anche per le sinagoghe
di Trani, come vedremo, e indubbiamente provata la conversione
in chiese cristiane.
Shelomo
IBN
Verga
poi,
o forse gi
la fnte
aveva davanti a se due sorta d' informazioni una
tradizione scritta, che menzionava la conversione degli ebrei di Napoli
e di Trani senza riferirne la causa (e che e forse quella che ha qualche
cui
egli
attinge,
remoto legame di parentela con la fnte dell' USQUE), e una tradizione orale, che ricordava la causa che occasion la conversione, e
La originaria
che ha fondamentalmente caratteri di verisimiglianza.
comune
fnte
cui risalirebbero
per lontana derivazione
deir
USQUE
e la tradizione scritta di IBN
pari
che
forma
la
pi
Verga doveva
il
racconto
essere, del
antica e genuina della tradizione orale rac-
da quest' ultimo scrittore, assai simile alla relazione di GlORDANO DA RiVALTO.
Per ci che concerne la data dell' avvenimento riferito dai cronisti, abbiamo gi veduto come la datazione dell' USQUE sia incerta,
e debba probabilmente intendersi come riferente il fatto a qualche
tempo, forse qualche decennio, dopo il 1240, se pure la data dell'anno 50QO non e da ritenersi come una cifra tonda e approssimativa.
Shebet Jehuda poi, come pure abbiamo gi veduto, comincia
II
suo racconto con le parole: nell' anno della predetta espulsione.
il
Ora, nel numero precedente (no. 18) e narrata 1' espulsione degli
ebrei dall' Inghilterra, che vien riportata al 5020 dell' era ebraica,
colta
pari al 1260 dell' era volgare;
ma
in realt
l'espulsione dall' Inghil-
ebbe luogo nel 1290 (5050 dell' era ebraica).
L' errore dipender dal fatto che IBN Verga (o forse gi la sua
fnte), ha scambiato una i (50) con una 3 (20).' Se adunque, come
e probabile, la relazione scritta del nostro avvenimento fu trovata da
terra,
come
LOEB,
e noto,
in
REJ. XVI,
p. 218.
UN IGNOTO CAPITOLO
CASSUTO,
IBN
Verga
tratto
il
asseriva
gi
espulsione degli ebrei
dell'
essere
4OI
sua fnte diretta nella stessa cronaca da cui e
o dalla
ricordo
DI STORIA EBRAICA
avvenuta
conversione degli ebrei
la
e questa
dall' Inghilterra,
dell'
Italia
meridionale nello stesso anno in cui ebbe luogo quella espulsione, la
data della conversione
si
Siamo
da GlORDANO DA Rivalto.
ridurrebbe in ultima analisi
1290.
al
epoca indicata
Per tutto ci non mi sembra azzardato affermare che le relazioni
di GlORDANO DA RiVALTO, di SaLOMONE USQUE e di IBN VeRGA
si riferiscono tutte e tre a un solo e medesimo avvenimento, avente
una realt storica obiettiva. Di questo avvenimento non possiamo
precisare i particolari, ma quello che sembra potersi ritenere stabilito
si e che verso il 1290/ per una ragione non ben definita, ma molto
cosi condotti proprio
probabilmente per
1'
all'
accusa
volont del sovrano,
con minacce
molti
di
di
essi,
di oltraggi alla religione cristiana e
agli ebrei di
per
Trani e del resto della Puglia fu
morte imposto di abbracciare
non trovando nel loro animo
il
la
cristianesimo, e
forza
di
che
resistere,
avveniabbandonarono la fede degli avi per quella dominante;
mento ebbe inoltre delle gravi ripercussioni anche a Napoli.
1'
Tuttavia,
potrebbero restare
ancora dei dubbi suUa realta di
questo avvenimento, se non ne avessimo alcuna conferma nei docu-
ma
anche
documenti ci porgono la conferma della conversione di numerosi
Vero e che fra
ebrei pugliesi al cristianesimo verso 1' anno 1290.
menti, la pi attendibile fra
le
fonti storiche;
cosi
non
e:
documenti
che
fino
relativi
al
ad ora sono
regno
di
Napoli e specialmente
stati pubblicati, in
ve ne ha alcuno, per quanto
sia
numero
alla
Puglia
assai rilevante,
a mia conoscenza, che
si
non
riferisca
direttamente a questa conversione; pur tuttavia, possiamo trovare in
essi delle notizie che,
per quanto indirette, non sono
anzi tutto voglio qui ricordare
tolare di Lucera,
un documento
recentemente pubblicato, sotto
dell'
il
meno
preziose.
Archivio capi-
titolo inesatto di
Lucera nel 1454, e con poche parole d' introLoNARDO,^ il qule per non pens a metterlo in
<Un' abiura di ebrei a
duzione,
da
P.
Se presse Del Giudice, op. cit., I, p. 314, n., troviamo ricordato un
diploma del 19 settembre 1291 col qule Roberto conte d'Artois ordina al secreto
di Puglia di pagare la pensione a Gualtiero di Villano dal denaro che si riscuoter per il tributo degli ebrei di Trani, dal che resulterebbe che a Trani si
trovava ancora nel 1291 una comunit ebraica, si tralter evidentemente di un
errore di data, perch^ Roberto II d'Artois fu reggente del regno di Sicilia solo
^
fino al 1289.
'
In Studi Storici, vol.
XVI,
p. 581 segg.
26
402
FESTSCHRIFT COHEN
relazione coi dati forniti
da GlORDANO DA RiVALTO e dai
ne sembra averne apprezzato
ebrei,
neppure averne penetrato
porta
ora e
alcuni
solo
abitanti
di
della
il
notevolissima importanza e
preciso significato.
che
rilevare
citt
la
in
cronisti
Ma
quel che
questo documento
si
Lucera (in Puglia) e di altre
Farum, quorum antecessores
di
im-
c'
parla di
localit
(cosi si
reame di Sicilia citra
esprime una bolla di papa Nicolo V in esso riportata, e datata
quartodecimo kl. Octobris dell' anno 1453) fuerunt judei quique pro
maiori parte iam sunt anni elapsi centum quinquaginta quod magis
coacte quam voluntarie effecti fuerunt xristiani." Vediamo adunque
cristiani d' origine ebraica che si trovavano in varie citt del
che
reame (e nominatamente a Lucera, in Puglia) nel 1453, discendevano
per la maggior parte da ebrei convertiti al cristianesimo piuttosto
per forza che per spontanea volont, centocinquant' anni prima. Se
dal 1453 scendiamo a ritroso nel corso dei secoli per centocinquanGiordano da
t'anni, arriviamo vicinissimi all' epoca indicata da
del
Rivalto
probabilmente confermata
dai
cronisti
ebrei;
ove
si
che manifestamente centocinquanta e un numero tondo
consideri
e quindi approssimativo,
potremo legittimamente trascurare
la diffe-
renza di pochi anni.
conferma indiretta
abbiamo nel fatto storicamente
accertato, grazie a documenti e ad altre testimonianze inoppugnabili,
della conversione in chiese cristiane delle sinagoghe di Trani, e del
Un'
altra
passaggio
II
1'
un monastero del cimitero ebraico
della
stessa
citt.
luogo che aveva servito come cimitero agli ebrei di Trani venne
verso
1302 donato
il
stessa
guisa
don
Pio
ai
come due
alle
frati
dell'
secoli
ordine di
San Domenico,*
nella
mezzo pi
tardi,
nel 1569,
papa
suore di San Pietro Martire in Bologna
il
cimitero
da lui espulsi.^ Che le sinagoghe di Trani, analogamente a quanto avvenne di quelle degli ebrei di Francia espulsi
nel 1182,* e della moschea dei saraceni di Lucera dopo la loro
degli ebrei bolognesi
\
'
ibid., p. 584.
Beltrani, Sugli
antichi ordinamenti marittimi, p. 76 e p. VI,
docum. V. La
murorum
dicte civitatis
ooncessione parla di cuiusdam terre vacue
[Trani] in
qua
eiusdem.
II
site iuxta
actenus cimiterium seu locus sepulture Judeorum civitatis
documento e conservato da un registro del 1302; sar quindi di
fuit
questo stesso anno o di un anno ad esso prossimo.
3 Stern, Urkundliche Beitrge ber die Stellung der Ppste zu den Juden,
p.
146 No. 136.
LOEB, Bulles inedites des papes, in REJ.
d'actes relatifs aux juifs, in REJ. III, p. 211.
4
I,
p. 117;
Robert, Catalogue
CASSUTO, UN IGNOTO CAPITOLO DI STORIA EBRAICA
forzata conversione nel
nando,
300,
'
fossero trasformate in chiese cristiane,
Cesare Lambertini
assicura
ci
primo del suo
nel libro
che mentre
vescovo
tranese,
De
trattato
questo
egli scriveva
4O3
di Isola,
accen-
jure patronatus
(c. 56),
ossia fra
1514 e il 1523, si
trovavano in Trani le chiese di S. Leonardo abbate, dei SS. Quirico
e Giovita, di S. Pietro Martire, e di S. Maria di Scola Nova, che
libro,
erano originariamente altrettante sinagoghe.^
formazione delle sinagoghe
Carlo
di
III,
che
il
Egli fa risalire la tras-
a trecento anni prima,
in chiese
un errore
il
cronologico
manifesto,
tempo
avendo
al
ma
non basta a infirmare
lattendibilit della notizia di tale trasformazione.
Questa del resto
e attestata, almeno per una delle chiese sunnominate, anche da un
documento datato, che ci mostra dovere essa essere anteriore al
1382, nel qule anno l'arcivescovo tranese Antonio concedeva all'
abate Angelo di Francullo la rettoria della chiesa di S. Maria Nova
(evidentemente la Santa Maria di Scola Nova del Lambertini),
Giudecca di Tram.^
sita nella
In un' altra
di queste chiese,
Carlo
III
regnato
quella
dei
SS. Quirico e Giovita, oggi chiesa
tuttora
1382
dal
un' iscrizione
ebraica
1386,
al
sinagoghe
il
1382, e
in
commemora
che ne
Anna,
si
l'erezione
trova
e
la
anno 1247.4 La conversione
chiese deve quindi esser compresa fra il 1247 e
destinazione a sinagoga, avvenuta
delle
di S.
non andremo
nell'
lontani dal vero se col
Beltranis
la riferiremo
epoca stessa in cui fu donato ai frati il cimitero degli ebrei, e
che e appunto
epoca immediatamente successiva a quella a cui
abbiamo riportato la conversione forzata degli ebrei pugliesi al cristiaall'
1'
nesimo.
Notevolissima e poi
cristiana
riguardo
all'
origine
la
testimonianza che abbiamo da fnte
ebraica della chiesa napolitana di S.
Caterina, esplicitamente menzionata da
Salomone Usque, come
gi
abbiamo veduto. Nella Descrittione de luoghi sacri della citt di
Napoli con li fondatori di essi, di PiETRO DE STEFANO, Napoli
176a, leggiamo: Santa Catherina e una chiesa
1560, a c. 175b
antica nominata santa Catherina dela Giudeca, situata appresso al
i
seggio di Porta Nova, et
si
dice che
si
nomina santa Catherina dela
RivoiRE, in Rassegna Pugliese, 1901, p. 183.
Bextrani, Sugli antichi ordinamenti, p. 76.
dovr forse
L'espressione Scola
Nova
uso ebraico di indicare la sinagoga col nome di scola.
1876, p. 170 e n. 2; e in Cesare Lambertini e la
societ familire in Puglia, vol. I, parte prima, no. XLII, p. 178
179.
si
idem,
all'
in
Buonarroti,
ASCOLI,
^
Iscrizioni inedite
o mal note
etc., p.
316 segg.
Sugli antichi ordinamenti, p. 76.
26*
FESTSCHRIFT COHEN
404
Giudeca, a causa che fu edificata da
certi Giudei,
che
si
fero Christia-
Noi troviamo qui registrata una tradizione conservatasi nella
popolazione di Napoli, che, per quanto in forma un po' inesatta, e
ni.
una valida conferma
Ma
notevole
pi
la
questa parte della narrazione
di
conferma
di cui ci
siamo venuti occupando e
di ebrei
convertiti,
ma
sopra ricordato,
Sono
essi
cui
di
ci
della storicit
dell'
dell'
USQUE.
avvenimento
l'esistenza stessa dei discendenti
parla non solo
anche numerosissimi
il
altri
documento
lucerino
documenti
pugliesi.
numero abbastanza con-
cosi detti ?ieofiti^ che vissero in
siderevole in varie citt della Puglia, specialmente a Trani, per oltre
due
i
secoli,
a cominciare dai primi anni del secolo XIV;
cripto-giudei che nell' intimo
dell'
animo
loro
sono
essi
nel segreto delle
loro case conservarono, per quanto fu loro possibile, fedelt secolare
ai
costumi ed
ai riti della
loro vicende, che
struire,
lungo
almeno
religione dei padri.
Delle loro sorti e delle
documenti sopra ricordati permettono di ricoloro grandi linee, mi propongo di parlare pi a
nelle
in altra occasione.
Dopo aver compiuto questo mio modesto studio, ho veduto l'articolo del
ViTO Vitale di Trani, Nobili e mercanti in Terra di Bari nel secolo XV,
^
prof.
pubblicato nel vol.
dove
l'autore,
XXV
parlando
Rassegna pugliese (estratto, Trani, Vecchi, 1911),
importanza che avevano in Trani i neofiti nel quattro-
della
dell'
cento, dice incidentalmente (p. 7) che la conversione dei loro avi al cristianesimo
ebbe luogo
sotto Carlo
Nessun altro,
neofiti, e siccome
II.
ch'io sappia,
aveva
fatto
accenni deter-
l'articolo suindicato non citava nessuna
che mi fosse sfuggito qualche documento direttamente relativo alla
conversione, e da cui ne resultasse con precisione la data. Mi permisi pertanto
di scrivere in proposito al prof. Vitale, il qule con squisita gentilezza di cui gli
esprimo qui le pi vive grazie, mi comunico non conoscere neppure egli aicun
documento diretto, e di aver semplicemente congetturato la datazione per il fatto
che nei documenti tranesi la prima menzione di un neofita e del 1309, e inoltre
perch^ la colonia ebraica di Trani era nel 1247 tanto fiorente da costruire una
nuova sinagoga, mentre al principio del secolo XIV essa veniva privata dei
suoi luoghi sacri. II risultato cui h giunto, indipendentemente da me, e per
altra via, il prof. Vitale, h una riprova della giustezza delle conclusioni sues-
minati
all'
origine dei
fnte, temetti
poste.
Firenze, Febbraio
1912.
Erklrung einiger biblischer
Von
S.
Stellen.
Maybaum-B erlin.
Gern
bin ich Ihrer Aufforderung gefolgt, zur Jubelschrift fr den
70.
Geburtstag des Herrn Geheimen Regierungsrats Professor Dr.
Hermann Cohen
Denn wenn
einen Beitrag zu liefern.
sonst die Frage nicht htte abweisen knnen,
praktischer Theologe, einem
htte,
der nach
der Philosophie,
befugten Kritiker
dem
was
ich, ein
auch
vorwiegend
Manne wie Hermann Cohen
ich
zu bieten
Erscheinen des zweiten Teiles seines Systems
der Ethik des reinen Willens" von einem spruchals
der deutsche Philosoph katexochen anerkannt
und gepriesen wurde, so ist er gerade damit und seither immer mehr
in den Lebenskreis eingetreten, in dem ich wurzle und wirke, und
ist mir dadurch auch persnlich teuer geworden.
Die Verpflichtung
ist nun zwingender, aber auch die Entschlieung unbedenklicher. Denn
dem wahrhaft Groen gegenber ist ja alles, was man zu bieten vermag, gleich klein und unansehnlich. Nicht auf die Gabe, sondern
auf den Geber und seine Gesinnung allein kann es hier darum offenbar ankommen.
Seit
dem
Erscheinen seiner Ethik des reinen Willens" wei es
die wissenschaftliche Welt,
Denkens
die
prophetische Religion Israels steht, die er
tiefgrndig erfat
und
in ihrer
hat wie keiner vor ihm.
Fortexistenz
da im Mittelpunkte seines philosophischen
dieser
freilich
kulturfrdernden Bedeutung aufgezeigt
Hierdurch begrndete er das Recht
Religion
so
so wie
die
Pflicht
fr die
der Piett unserer
Glaubensgemeinschaft, an der geschichtlichen Aufgabe festzuhalten,
die sie bisher
ber
erfllt
Was
in
so hervorragender
Weise der Menschheit gegen-
hat
er aber in theoretischer
Beziehung
und unserer Gemeinschaft aufgezeigt
hat,
als die
das
ist
Aufgabe erkannt
er
auch zu seinem
FESTSCHRIFT COHEN
406
Teile zu lsen stets bestrebt.
In der Gesellschaft zur
Frderung der
Wissenschaft des Judentums" geht er mit seinen ausgezeichneten
Arbeiten allen als anspornendes Beispiel voran, und wo es gilt fr
Gleichberechtigung des Judentums einzutreten, da ist er unser
allzeit bereiter Sprecher, der in unerschrockener Weise bald schwere
die
Klage gegen den Staat erhebt wegen der Verfhrung zum Abfall,
die jetzt wiederum an den Juden verbt wird", bald wie einer der
altisraelitischen Propheten vor den Vertretern aller Religionen die
So ist er unser
messianische Heilslehre des Judentums verkndet.
und unser Trost, dem wir an diesem Jubeltage mit dem innigen
Wunsche nahen, da Gott seine Tage mehre und seine Kraft und
seinen Ruhm erhhe, und dem ich als Zeichen dankbarer Verehrung
Stolz
die nachfolgende Erklrung einiger biblischer Stellen darbringe.
I.
Wie gro
die
Macht der Gewohnheit
wie
ist,
sehr
sie,
die
auch den Irrtum unerschtterlich
festhlt, das habe ich in der jngsten Zeit wiederum erfahren mssen.
Der Nachweis, den ich gegen die bisherige bersetzung des Gebotes
der Nchstenliebe (Lev ig, i8) erbrachtes ist zwar von niemand
Lebenswurzel
aller
berlieferung,
widerlegt worden, aber trotzdem habe ich fast gar keine Zustimmung
gefunden. Natrlich! Seit fast zwei Jahrtausenden hat man unter
dem
Einflu
des Christentums
bersetzung
die
der Septuaginta,
von dem Evangelium durchweg benutzt wird, als korrekt anerkannt, wie sollte man sich jetzt leichterdings von ihr freimachen
die
knnen!
einmal
Und dabei war die von mir
Man kann ja heutzutage
neu.
vorgetragene Ansicht nicht
auf
dem
Gebiete der Bibel-
exegese kaum mehr etwas vllig Neues finden, was nicht schon
andere vorher gedacht haben. Herr Oberrabbiner GDEMANN-Wien
machte mich nmlich darauf aufmerksam, da schon Wessely in
seinem Kommentar zur Stelle genau dieselbe Ansicht vortrgt. Aber
ebenso wie heutzutage wendete sich damals MENDELSSOHN gegen
ihn, ohne seinen Hauptbeweis, da "]D3 nirgends die Bedeutung des
etwa wie ^ti^W? (vgl. I Sam i8, i) hat, und daher auch
Akkusativs
hier mit dem Nominativ wie Du" bersetzt werden mu, irgendwie
zu entkrften.
Der Hauptgrund aber
fr das
die apologetische Absicht, das
Widerstreben
ist
heute wie ehedem
Gebot selbstverleugnender Liebe,
Gemeindeblatt der jd. Gememde,
i.
Jahrgang Nr.
5.
MAYBAUM, ERKLRUNG EINIGER BIBLISCHER STELLEN
das Christentum lehrt,
wie es
gleichfalls
dem
Die grte
zu besitzen.
GUTTMANN- Breslau
Verirrung, sagte mir jngst Professor
4O7
mit Recht,
was das Christentum
hat, auch fr das Judentum in Anspruch zu nehmen, ohne dabei zu
erwgen, da das Judentum in seiner Lebens- und Weltanschauung
so vllig anders geartet ist als das Christentum. Das Judentum hat
in der Sittlichkeit stets nur das fr den Menschen Erreichbare angestrebt und in der Gerechtigkeit die hchste Tugend erblickt.
liegt
in
apologetischen Bestreben,
Selbstverleugnende
darum
das
Liebe
bersetzte schon
zwar
er
fr
aber
geht
alles,
ber
menschliche Kraft,
die
HiLLEL das Gebot der Nchstenliebe LeviQ,
i8,
das hchste Gebot erklrte, seinem wahren Sinne
nach also: Was Dir verhat ist, das tue Deinem Nchsten nicht,"
und das wrtlich bersetzt also lautet: Liebe Deinen Nchsten, e r
i
s t
Du
Auf
die Septuaginta
geht ferner eine bersetzung zurck,
die
und zwar darum falsch ist, weil sie nur einen Teil jenes
Bereiches trifft, den sie eigentlich ganz beherrschen will. Ich meine
ebenfalls
das
der zehn
dritte
Worte Ex
das gewhnlich so bersetzt
20, 7,
Du sollst den Namen des Ewigen, Deines Gottes nicht aussprechen zum Falschen, denn der Ewige wird den nicht ungestraft
lassen, der seinen Namen ausspricht zum Falschen." Diese ber-
wird:
setzung
nicht
ist
zutreffend,
24, 4
erhellt,
allein
Deines Gottes nicht
wir
SSJ^i
schlechthin
Die wrtliche bersetzung
sprechen" bedeutet.
Ps
weil
richtig:
Du
sollst
bertragen auf
den
nicht
hier
ist
des Ewigen
Nur
so begreifen
Falsches.
einanderfolge der einzelnen Gebote des Zehnwortes
sie
ist
vielmehr
so fein durchdacht, da
wie aus
Namen
auch die Stellung unseres Gebotes im Zehnworte.
fllige,
aus-
ist
Die Auf-
ja keine zu-
angeordnet und an allen Punkten
uns bei jeder neuen Betrachtung neue
planvoll
sie
Schnheiten aufzeigt und neue Gedanken
enthllt.
Wie kommt
es
Gebot an dritter Stelle, d. h. an erster in bezug auf
alle diejenigen Gebote steht, welche das menschliche Leben auf
Erden zu einem gottesebenbildlichen ausgestalten? So wichtig auch
die Wahrhaftigkeit der menschlichen Rede ist, und so strflich uns
der falsche Eid erscheint: wenn das Gebot in Wirklichkeit nur diese
Bedeutung haben sollte, knnten wir seine Stellung vor den Geboten
der Sabbatheiligung und Elternverehrung nicht rechtfertigen; wir
wrden vielmehr erwarten, da es unmittelbar vor dem neunten Gebot
nun, da dies
FESTSCHRIFT COHEN
408
aufgefhrt werde, in welchem das falsche Zeugnis wider den Nchsten verpnt wird.
Darum
scheint
Gebot mehr,
mir das
viel
mehr
blo die
als
Wahrhaftigkeit der menschlichen Rede einprgen zu wollen.
wortgetreue bersetzung:
bertragen
Gottes nicht
als
blo
Du
greift
sie
Namen
den
auf Falsches" fat
in
des Ewigen Deines
der Tat mehr
des Gegensatzes zwischen
die Verwerflichkeit
Gesinnung,
sollst
weiter,
sie
dem
Wort und
Empfindung
Stellung unseres Gebotes im
die innere
Nur so wird uns die
Zehnworte begreiflich. Auf die zwei ersten Worte, welche
nicht entspricht.
und
Geistigkeit Gottes verknden,
der Cherub
wie
haftigkeit,
in sich
chtet alles Widerspruchsvolle an
Menschen, auch jedes uerliche Tun,
heit
Die
folgt
am Eingang
die Ein-
das Gebot der Wahr-
des Paradieses
den
Weg
bewachend, der zum Baume des ewigen Lebens fhrt. Es steht da
mit dem scharfen Schwerte der Wahrheit und scheucht das verlogene Scheinwesen der Welt, alle jene falsche Frmmigkeit und
Sittlichkeit, die sich im Gewnde der Gottesfurcht und Tugend einschleichen will in das Heiligtum des Herrn; es steht da und ruft
hinein in das Getriebe der Menschen,
wo
gar
oft die
Lge triumphiert,
das Wort Gottes:
den Lohn der Tugend fordert,
bertrage nicht den Namen des Herrn, Deines Gottes auf das
Falsche!" Denn wo dies Wort nicht beachtet wird, da werden alle
und
die Heuchelei
Gebote der Offenbarung in ihrem innersten Wesen entstellt und geflscht; da ist die Sabbatruhe keine Lust, sondern eine Last, da ist
die Ehrfurcht vor Vater und Mutter ohne Liebe Freundwilligkeit, da
ist das Leben ohne Weihe und Heiligkeit, die Ehe ohne Wrme und
Innigkeit, und des Nchsten Besitz und Ehre sind zwar vor offenen
Angriffen, nicht aber vor geheimen Anschlgen gesichert.
Und
so
ist
die Erfllung unseres
Gebotes die eigentliche Grund-
lage und Voraussetzung alles gottgeflligen Wandels auf Erden.
Eine andere Stelle hinwiederum wird
Septuaginta
dem
dem Wortverstande nach zwar
getreuer Nachfolge der
richtig bersetzt,
eigentlichen Sinn nach in sein Gegenteil verkehrt.
den Satz Jes
Herr:
in
Wenn
i,
20:
i8
Kommt
wie Wolle
sein.
Wenn
Ich meine
doch, lat uns rechten, spricht der
euere Snden wie Scharlach sind,
wie Schnee erscheinen, wenn
aber
sie rot
wie Purpur
ihr willig seid,
so sollen sie wei
sind,
und gehorchet,
so sollen
sollt ihr
sie
den
MAYBAU.M, ERKLRUNG EINIGER BIBLISCHER STELLEN
Segen des Landes genieen, widerstrebt
so
Hier
teil
vom
sollt ihr
ist
aber und seid aufsssig,
Schwerte gefressen werden."
ihr
der Sinn des ersten Satzes vollkommen
Offenbar fhrt der Prophet
verkehrt.
409
zornmtigen Rede
in
Gegenseiner voraufgegangenen
in sein
wie seine Aufforderung: Kommt doch, lat
uns rechten!" beweist.
Was folgt hier aber nach dieser ber-
Die
setzung?
fort,
volle
Verzeihung
Gottes, bevor
noch
die Zeichen der
Reue hervorgetreten sind, was ja auch die unmittelbar darauf folgende
Drohung beweist (C. i, V. 19): Wenn ihr aber widerstrebet und aufsssig seid, so sollt ihr
vom Schwerte
gefressen werden."
Der Fehler beruht hier aber darauf, da Vers 18 nicht in
fragendem Sinne aufgefat wurde. Hier darf nmlich mit der
konditionalen Partikel D, mit der die beiden Satzglieder im Vers 19
beginnen, die gleiche Partikel nicht verwechselt werden, mit der die
beiden Satzglieder im Vers 18 anfangen, denn die letztere hat auch
Bedeutung einer Fragepartikel, da hier der Fragesatz ohne ein
vorangegangenes H (vgl. Gesenius, Lehrgebude g 225) eingedie
leitet wird.
Der Prophet fhrt nmlich im Anschlu an seine voraufgegangene
Rge also fort: Kommt doch, lat uns rechten! sprichst der Herr,
(Oder was meint ihr?) Wenn euere Snden wie Scharlach sind, sollen
sie wohl wei wie Schnee erscheinen? wenn sie rot wie Purpur sind,
sollen sie wie Wolle sein ?
Wenn ihr willig seid und gehorchet, dann
sollt ihr den Segen des Landes genieen, seid ihr aber widerspenstig
und aufsssig, so sollt ihr vom Schwerte aufgerieben werden."
4-
Auf
Gen
49,
die Septuaginta
1 1
geht endlich die falsche bersetzung von
zurck, an der alle bersetzer bis auf den heutigen
festgehalten haben, trotzdem bereits
Raschi das
Tag
Richtige darbietet.
Juden wie Christen folgen der Septuaginta und bersetzen daher
also: Er bindet an den Weinstock seinen Esel und an die Edelrebe
das Fllen der Eselin". So voll ist sein Land von Weinstcken,
da der Juder sie ob der Menge wenig zu achten und zu schonen
braucht",
so
erklrt
DiLLMANN
Allein diese bersetzung verstt
in
seinem
Kommentar
die
Stelle.
gegen den Kanon, den Autor
nie-
mals etwas Unsinniges sagen zu lassen. Denn wenn der Juder auch
ob der Flle seiner Weinstcke ihrer nicht zu achten brauchte, so
knnte er doch sein Reittier nicht an den Weinstock anbinden, weil
er damit
den Zweck, seinen Esel festzubinden, nicht erreichen wrde.
FESTSCHRIFT COHEN
410
Der Reiter wrde durch solchen Vorgang nicht so sehr seinen Reichtum an Weinstcken, als vielmehr strfliche Torheit offenbaren, weil
der Esel sicherlich durchgehen wrde. Aber abgesehen hiervon will
ja der Autor nicht den Reichtum an Reben als vielmehr die Flle
des Ertrages hervorheben. Es wchst ihm nmlich so viel Wein
Nun kommt aber noch
zu, da er sogar sein Kleid in Wein wscht".
denn
der einfache Dativ ]D5'? darf niemals mit der Prposition des Akk.
an" bersetzt werden. Aber, wie bereits gesagt, schon Raschi hat
das Richtige: p nn pnrij'oi riHK ]s:i iiij;i3M nn tj; mo^ mn^ t5^\s
hinzu,
da
die
bersetzung auch philologisch unmglich
ist,
Der Juder wird fr den Ertrag eines einzigen W^einstockes
seinen Esel und fr den einer Edelrebe das Fllen seiner Eselin anspannen mssen". Wie Num 13,3 die Fruchtbarkeit des Landes dadurch gekennzeichnet wird, da die Kundschafter eine Rebe mit
einer einzigen Weintraube abschnitten, die sodann von zwei Mnnern
an einer Stange getragen werden mute, so wird hier der Reichtum
nn
]in.
des Ertrages dadurch hervorgehoben, da fr jeden Weinstock sogar
Tiere angespannt werden mssen, um die Last der Trauben in die
Kelter zu
schaffen.
Das Verbum 1DH aber bedeutet anspannen"
vom Wagen wie vom Tiere in gleicher Weise
gebraucht. Vgl. z. B. ISam 6, 7. 10, IIKn 18, 44.
Baden-Baden, den 15. Mai.
wie binden und wird
Dr. H. Flesch.
Akzentstudien
der Titel einer grern Arbeit, die demnchst teilweise in der
Monatsschrift fr Geschichte und Wissenschaft des Judentums, zum
ist
Was sich nach
Abschlu der Arbeit noch ergeben, verftentliche ich an dieser
Buch erscheinen
Teile aber als selbstndiges
wird.
Dazu sei mir aber folgende Vorbemerkung gestattet.
Das Wesen, die Bedeutung und die Entstehungszeit der Akzente
ist vielfach behandelt worden, was bis nun wenig oder besser gesagt
gar nicht beachtet wurde, ist: die Bedeutung der Akzente als InterStelle.
preten der traditionellen Exegese.
Woran
das lag?
Weil man die
Akzente der Tradition gleichstellte und diese bis auf Moses zurckfhrte,^ oder doch zumindest dem Esra zuschrieb,^ der die in Vergessenheit geratenen Akzente restaurierte. Dadurch konnte man gar nicht
auf die Idee
kommen, da
Akzente im Dienste der Tradition
stehen.
Und selbst diejenigen, die an einen Zusammenhang von
Tradition und Akzenten dachten, faten die Akzente so auf, als
htten sie die traditionelle Auslegung beeinflut.^
^
teuch
im
Natrani
m^:
1BD2
S. 3
n-D
im D^D
"VDa
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ppTi-,
mn
^3
nj?
minin
Hurvitz S. 91) "i^'a laniW "2 by f\
Mendelssohn in der Vorrede zum Penta-
Vitry (ed.
.
'sa
minn
"lan ^3
ns
j?au? n"j)nB'
b p'-siTsi ]n'p'npn3 inb D^onrnn n^aytim nnipin.
n3-i5)0
nti'a'?
Gaon im Machsor
':ODl nhl 110x2 ns by
die
Schgw.
DJja
31t3,
pao
]'X
nnye
Vgl. auch Asulai
der sich auf Sohar beruft, und behauptet DH
'D
ns"?.!.
* Ibn Esra (o^itwa "iSD) yaiyn x^i i'p n3Nn
b D-iaytin "bys nj?T bv i:3\sty itb "73
Jehuda Muscat zu Kusari, Dialog 3, 31 (vgl. auch Kusari), Jakob ben
Chajim in den m^ni niNlpa (Venedig 1586) nip''in
linn nax D^'n p 2py "lON
.nij> xrB' ny imnnc^ l 'roa ]r\'i (Vgl. auch Duran im Maase Efod und Abarbanel in der Vorrede zu nnx n'^m und Ritwa Joma S. 57,3, Algasi im nj?iat? ]0^
im Namen des Ascheri; Meiri zu Nedarim 37b hlt nur die grolJen Trenner fr
alt, die kleineren Trenner seien jngeren Datums.)
3 Vgl. Raschi zu Megilla 12 a Schgw. baip u. a. v. a. St., Ibn Esra zu Ex
34, 5,
Hanau mat ^-lyc? S. 3 u. a. v. a. St., Nathan, Die Tonzeichen in der Bibel,
vb,
''3
FESTSCHRIFT COHEN
412
Da
diese
Ansicht
unhaltbar,
ergibt
sich
daraus,
da
die
Akzente an unzhligen Stellen von der Tradition beeinflut und in
Freilich kann ich nichts Positives ber die
deren Dienst stehen.
Entstehungszeit der Akzente sagen, aber ich fand bei meinen Untersuchunfren den Einflu der mndlichen Lehre auf die Akzente, sie
mssen
also jnger als diese sein.
Nun
wird
man dagegen
vielleicht
da man ja, nachdem ein Zusammenhang zwischen
Tradition und Akzenten erwiesen, auch das Gegenteil behaupten knne:
Dagegen sprechen
die Tradition sei von den Akzenten beeinflut.
aber zwei Umstnde. Erstens, da die Akzente an sehr zahlreichen
Stellen auf die traditionelle Auslegung keine Rcksicht nehmen.
Nun weist ja bereits NORZI mit Bezug auf Maleachi- 2, 15 darauf hin (s. Ackermann, S. 43), da bei aggadischen Erklrungen
einwenden,
den Akzent nicht wohl angehe, da dieselben oft
sogar mit den Vokalen in Widerspruch stehen; allein die Akzente
nehmen auch auf die Halachah keine Rcksicht. So z.B. Ex 12,2
mit Athnach, nach Erakhin 18 n^Dtrm nnv zu verbinden;
'73J;"'
Lev 6, 10 Tini pbn ohne Rcksicht auf Menachot SS*", Lev 18, 6
nnpn, vgldagegen Sifra z.St.; Lev 25,46 nb):b mit Trenner, vgl. dagegen
Zweitens
Gitin 38^; Num 28,26 DD^nj^Sty^, vgL dagegen Sifra z. St.
nehmen alle Bibelerklrer von Raschi^ bis auf HiRSCH keinen Anstand gegen die Akzente zu erklren. Wenn nun die Akzente Tiy7Tl
''i^DQ ntJ'D^ wren, so mte man ihnen ja den Vorwurf des ^?^
Anders aber verHD^riD miachen, das ist aber niemals geschehen.
eine Berufung auf
hlt sich die Sache,
wenn man an
einen Einflu der Tradition auf
Akzente denkt, dann lsen sich alle Widersprche. Die Akzente
erklren zuweilen im Geiste der Tradition, wo dies aber nicht geschieht, wo sie gegen die Tradition akzentuieren, dort sind sie eben
von der Norm geleitet: "itSItJ'S ""TO N:JV SIpH ]^ (Jebam. ii''), der
Vers ist zunchst nach dem einfachen Wortsinne zu erklren,^ was
aber eine ergnzende Erklrung durch die mndliche Tradition nicht
die
Talmud-Tora Progr. Schuljahr 189293, S. 6 ff., Japhet, Die Akzentuation der
heil. Schrift S. 35 u. a. v. a. St. und die sehr verdienstvolle Arbeit von ACKERMANN, Das hermeneutische Element der biblischen Akzentuation S. 39 ff.
20, 16. 49,9 u. a. v. a. St.; s. Ackermann S. 46 ff.
Raschi
(auch Siporno) ISK nn ibsxn h l1 ICBJa ltJ'3
Gen 9, 4 erklrt
fr den ni ]2
'in i^ssn b im it^Ein t]Ki ^nn ], Das Verbot von "nn p
-nn ^D
ist die Ansicht des R. Chanina b. Gamliel (Sanhedrin 59 b), die Halacha verbietet
Hilch. Melachim Absch. 9, Hai. 10. Raschi eraber nur -nn p ISN; vgl.
^
Vgl. Raschi zu
Gen
RMBM
klrt aber
nach dem einfachen Wortsinn.
FLESCH, AKZENTSTUDIEN
(Vgl. darber
ausschliet.
HOFFMANN,
4I3
Levit. allgemeine
Vorbemer-
und Funk, Die Entstehung des Talmuds, S. 8ff., I4fif.)
Die Akzente kommen demnach nicht nur als musikalische Noten,
Tonzeichen und als Interpunktationszeichen in Betracht, sondern
haben auch exegetische Bedeutung, welch letzteres bis nun fast gar
Diesen Nachweis zu erbringen machen
nicht bercksichtigt wurde.
kung, S.
sich
ifif.
meine Akzentstudien zur Aufgabe.
Wenn man
Augen
Wie man
diese Erkenntnis
Akzente nach
bestimmten Regeln gesetzt, was ja durch Hanau in Schaare Simra,
LuzzATO (in Beer nc nmn, Pollaks Halichot Kedem S. 31, im
Kerem Chemed IX u. a. v. a. St.), Nathan, Japhet und Ackermann
nachgewiesen und dagegen die Abweichungen von diesen Regeln zu
erklren versucht, dann wird man direkt auf deren Quelle verwiesen.
Freilich darf man nicht wie Levita denken, der im Tuw taam (Ende
Absch. 2) sagt: "ltT no"? b'imb ]^i inTnn 'zb n^oyan ltr ^d bb^ni
,]n'1iM) V^^^n 1 IIDH n^oys'?"! pif D^oys'? denn willkrlich sind die
Akzente nicht gesetzt. Die Akzente sind vielmehr nach bestimmten
Regeln gesetzt und stammen aus einer Hand.3 Elia Levita (in seiner
dritten Vorrede seines Massoreth hammassoreth und Tuw taam
Kap. 2) schreibt die Akzente den tiberiensischen Massorethen (''DDn
(T'iatS) zu.
Das Fehlen jegUcher Erwhnung der Akzente in Talmud
und Midrasch sind ihm Beweise dafr. In der Einleitung zu den
Akzenten habe ich mich mit den Talmudstellen, in welchen die
gewinnt?
sich
vor
Q^oyta erwhnt, ausfhrlich beschftigt.
MANN
S. 18
ff.,
hlt,
da
die
Ich verweise hier auf
ACKER-
der diese Stellen angefhrt und sorgfltig bearbeitet
Die Literatur ber die Akzente, sowie ber den Streit, der
sich im i6. und 17. Jahrhdt. ber das Alter der Akzente erhob, ist
bei Ackermann S. 6 ff. und Strack, Einleitung in das Alte Testament, 6. Aufl., Paragraphen ber Punktation und Masora sehr berhat.
sichtlich zusammengestellt.
Gen
II,
2g.
Die Verbindung
^^^0"''i^^
p.Tni durch
die
Akzente
auch der Name der
Tochter von der des Vaters durch Sakef katon getrennt sein kann
(wie Gen 41, 45; 50; s. dagegen Ex 6, 23, Num 26, 15 u. a. v. a. St.),
so will die Verbindung n2^D ^3 ]in r\2 auch die Worte HDD^ ^n1
Merchah Tipchah
ist
unverstndlich.
Wenn
21, 24 mit Lev 24,20; Ex 23, 18. 19 mit Ex 34,25.26; Ex 34, ib
Deutr 10, 2 a; Sam II 22 mit Ps 18 (dort wohl Akz. nach DKn, aber
konform den dafr entsprechenden Akz. in den prosaischen Bchern); Sam II,
Halbv. Deutr 12, 15 mit Deutr 15,22; Kn I 22, 10
Kap. 24 mit I Chr Kap. 21
mit Chr II, 18,9 und noch zahlreiche andere Parallelstellen.
3
Vgl.
Ex
bis Schlu mit
FESTSCHRIFT COHEN
414
mit
]'^n
ni nher verbinden.
Der
zweite Halbvers
nmlich Hd"?
Wenn
auch riD von HD^ ''IX
]in getrennt, es wre dennoch eine andere Auffassung als Haran war
der Vater der Milkah und der Vater der Jiskah" unmglich. Nun
]"in"n2 sollte mit
Darga, Tebir acc.
sein.
werden ber den Vater der Sara keine Angaben gemacht, auch
der
beziehungslose
sonst
(Ewald
Gen 12,
vermutet,
sie
sei
Name
das
nDD""
an
dieser
Stelle
Weib Lots geworden),
ist
auffallend
das,
sowie
haben die Tradition veranlat, in Sara,
wenn auch keine Schwester, so doch eine Verwandte Abrahams zu
JIDD'' pVlT "] 10
erblicken und Jiskah mit Sara zu identifizieren.
YD) ^Dnti' n2D^ -in "im ,tj'ipn n)-):!, nn^^ hdd^ noty ip: n^b) mty
rr'S''^ Rabbi Jizchak sagte: Jiska ist Sara, warum wurde sie Jiska
13
und
20, 2;
12
"It
genannt, weil
sie
Prophetin war, oder weil
alle ihre
Schnheit be-
wunderten (Megillah 14 ^ Jalkut z. St.). Nun werden DiaS nt^ ^
na^ und n^b -nn: nty ntyi ganz gleich mit Mahpach, Paschta, Sakef
katon akzentuiert, ]"in r\2 ist aber durch das vorhergehende Sakef
katon gewissermaen mit """Ity D13t< r\^H U^ verbunden, weil r\i^ Dt^l
riD^D Tini als Parenthese aufgefat wird.
Das will die ganz unverstndliche Verbindung HD^ ^2 pH ro hervorheben. ^DSI HD^ ^3N
n3D^ steht demnach dem HD^ "nm nt^ Dt^l nJ^ m^^ HDS erklrend
gegenber.
Diese beiden Sara und Milkah sind Harans
Tchter und mit Milkah und Jiskah identisch,
Gen 24, 60. linriK mit Sakef gadol, welches noch viel grere
Selbstndigkeit hat als Sakef katon.
Es mte linn mit nx verbunden und vor ""Nl mte Trenner stehen, wie z.B. Gen 17, i; 5;
Diese sonderbare
8; 16. Ex 21,4. 26, 24 u. a. v. a. St.; s. LXX.
Akzentuation findet in Gen. rabb. 60, 13 (vgl. Midrasch Aggadah,
Jalkut, Targum Jonatan und Raschi z. St.) (tSD ^r) n^ )b '1 D^i n""l
nioo nj;i nnm ^s^'? ^^t] ns limn np2^ n nn ^b;; 'idi nni n^nn
SpJ^^
n2mi
Itt'yo
'Z^b^
Unsere Schwester!
Mgest du zu jenen
Tausenden werden, welche von Isak abstammen sollen." Mit "'Zh sind
die Nachkommen Esaus und mit 7^221, die des Jakob gemeint. Vgl.
Mendelssohn, Hirsch und Kautzsch, die von den Akzenten geleitet bersetzen: O Schwester! werde du.
Ohne Akzente gelesen
mute man bersetzen: Unsere Schwester du! Werde zu usw.
Gen
32, II.
^nitap mit Asla,
welches schon seiner uern
Form
nach (Richtung von links nach rechts), von dem Folgenden vollstndig
trennt.
"Tlitap mte Paschta haben, ein Trenner, der aber an das
Folgende lose anschliet. Allein die Akzente fassen ''^^p nicht in
dem
Sinne auf: ich bin zu gering fr
all
die Gnade," sondern lassen
FLESCH, AKZENTSTUDIEN
415
von der Tradition leiten, welche ^Hitap in dem Sinne: ich bin
kleiner geworden" auffat. Sabbat 32 heit es: TIDV^ "? D^iy^ ^r "1"
)b i^ti'ij; Di ,Di ah itrj;^ ah a^^ ,Di i'? i^ti'iytj' noM niDO mpen di
nonn "pd ^nitap ip ^0 ,vnvDto i*? joi d: Man soll sich nicht
an einen Ort stellen wo Gefahr droht und sagen, mir wird ein
Wunder erwiesen werden, denn vielleicht wird es ihm nicht erwiesen.
Geschieht aber ein Wunder, dann rechnet man es seinen Verdiensten
ab, denn es heit Tlitap ich bin kleiner geworden (d. h. meine Verdienste) wegen all der Gnade und Treue" (siehe Taanit 20''). In diesem
Sinne bersetzt OnKELOS: |UtD boi yin "tDO ^niDT p^f. Vgl. Raschi
z. St. Ibn Esra, Rmbn und Siporno erklren dem Wortsinne nach
gegen die Akzente.
Ex 30, 23. Ohne Akzente gelesen mute in^isno bersetzt werden: halb so viel als IIIT I; Kautzsch u. a. Dann aber mte
in''2Jn, nachdem es sich auch auf "WM "10 noch bezieht, von 2 ]Dip1
sich
^^
Nach Keritut 5" (vgl. Parallelstell.), t^cn im no TTI
D^nwSi n^^nn 2 mpi mo r^n Dti^n ]oip ,mo ti^on nip ,mQ wurde
auch ^2 ]OJp im Gerichte von 500 Schekel genommen, Wltno
getrennt sein.
heit: seine des
halb
auf
]?3ip
Hlfte betrgt 250; im ganzen 500.
Dtyn pipl mit in^iJHD verbunden.
ist
"im no sondern auf
nach der Tradition
Dt^n p:pi.
Wren
Es
Des-
bezieht sich in^isno nicht
Die Akzente fassen
Dti'n
]0ip1
Akzente der Meinung, da auch
vom Dt^D ]Dip 250 Schekel nur zu nehmen, dann mte eben das
Athnach mit mSO sein. (Maim. Hilch. Kle Hamikdasch Absch. i.
Hai. 2.)
Cf. Jerusa. Sotah Absch. 8, Hai. i.
Vgl. MENDELSSOHN
z. St., der sich auf die Akzente verwundert, da sie gegen die Tradition akzentuieren, MENDELSSOHN hat aber bersehen, da das
Fehlen des Athnach unter mS und die Verbindung von "in^ljno 2
auf.
die
das Gegenteil beweisen,
Lev
22, 2.
Das Athnach mit
Regel, denn der Relativsatz
soll
''lp
ist
vom Relativum
eigentlich
gegen
die
nicht getrennt werden.
DH la bai' ^in 'lpQ ntn
a^tmpQ cn iwa Dn^n) ayi^n did ^a^ip otr-n
n^ano ^trnp nu"!"?
]Oi{y.
Sie sollen sich vorsichtig verhalten gegenber den heiligen
Gaben der Israelitin, die sie mir weihen und nicht entweihen meinen
heiligen Namen: Zerreie den Vers und erklre ihn." Den sie mir
heiligen", das will hinweisen auf die heiligen Gaben der Priester."
Raschi fat also ^^Ip U na )bbn^ ab) als Parenthese auf DH IB'K
^b n^tynpO bezieht sich nicht auf tJ^np Dti' n iV^H^ k"?! sondern auf
^NiU'^ ^in ^trnpD nn^i.
Auch Luther und Kautzsch lassen sich
Raschi
erklrt:
l^^n^
^^
ab)
'b
D^ti>np
FESTSCHRIFT COHEN
41
von dieser Auffassung leiten. Wre lU't^ Relativum von ''lp Dty,
dann wre '^b auch nicht gut verstndlich. Ibn Esra meint, l"?^?!^ b)
habe eine doppelte Bedeutung, nty ^bbn' i(h) ^^Ip DtT ns "l'?^n^ X*?"!
1^ D^tynpn du sie sollen nicht entweihen meinen heiligen Namen,
Diese Auffassung ist
sollen nicht entweihen, was sie mir heiligen.
sehr geistreich und hat viel fr sich, allein sie ist gegen die Akzente
(trotzdem Ibn Esra im D^iUS' sagt: ^"P^^ n^l b)} ^yH tJ^lTD b^
(VDtyn S^l )b nnn ^ D^O^tsn, denn in diesem Falle mte ^S'ltl'"'
Rmbn wendet sich gegen Raschi und meint,
mit Athnach sein.
wenn sich 'h D'^J^lpD DH "Iti't^ auf die Gaben der Priester beziehe,
dann braucht man den Vers nicht zu zerreien, keine Parenthese zu
schaffen, denn der Vers wrde einfach sagen: bi^lti^'' ''iD ''^Ip Tlti^l
ntr n )bbn'' n,b^ ^b n-tynpo nn nti'Ni ^ip d-j n ]nn )bbn'^ ^i
''b
D^tynp DH ViSI pns. Auch gegen diese Auffassung sprechen
die Akzente; denn das Athnach mte in diesem Falle mit ^b oder
mit bmfi^'^ sein. Nun fhrt Rmbn gegen Raschi den Sifra z. St. an,
welcher ja ^^ Q-ity^npO DH Itr mit p'SV 'lp erklrt, ohne da Sifra
von einer Parenthese spricht. Das ist wohl wahr, aber die Parenthese,
welche die Akzente geschaffen, ist durch die Erklrung resp. AusMalbim, der sich Rmbn mit den
legung des Sifra entstanden.
Worten anschliet: D^H ^pbii nma nilVI Dn^D ]^ty li^^iJ 1D10 pm
jiDD n^ njys nb) nn ^inun onsy ii'^n pinoty (j sip^i) isann -insi
inty-ni
]^io
,1^1
d:jV ^srnp
ti>^
ty"ii
nt b'?2o
psy
:jrtJ^
^tj>-ip
o"3i ,pDDn ^^n ij; 'imsD sNitr n'pon'?
i^^n^ N^t:^
ri
''b
n^tynpo
dd^jj;^.
Die
Trennung des Relativsatzes von seinem Relativum verweise auf einen
B'm und hier erklren die Weisen zunchst einfach, da sie sich
zurckhalten von den heiligen Gaben der Kinder Israels, dam.it sie
nicht entweihen meinen heiligen Namen, dann aber auch, da sie ihre
eigenen heiligen Gaben nicht entweihen. Deshalb werde auch die Frage
aufgeworfen, ]"'''iD ]Dl{y ''^'^p, woher ist erwiesen, da sie auch von
ihren heiligen Gaben sich zurckhalten sollen. Malbims Ansicht, da
es keinen DITD (Parenthese) gibt, stelle ich nur einige Beispiele ent-
gegen.
Gen
y,y. 32. 15;
Chr
7, 13.
Samuel
II 22, II. 32,
S. 78).
Nun
gilt
14, 17.
I 4, 18;
24,27;
Knige
Ex
31, 18;
I 12, lO;
Deut
1,33.
Jeremij 20,
i;
3, 19.
Daniel
5,5.
8,
2;
9 (vgl. S. Hanau S. 23, Japhet S. 18, Ackermann
sowohl fr die natrliche Parenthese, als auch fr die
durch die Akzente geschaffene, die Regel: Dem die Rede unterbrechenden Satz geht ein trennender Akzent voran, und ein solcher
von hherer Rangordnung (zuweilen auch von gleicher)
schliet sie."
FLESCH, AKZENTSTUDIEN
Auch an
unserer Stelle
bii'W^ mit
tuiert.
Sakef katon
was
6^
hervorgeht
V. a. St.
Parenthese
in
diese ein, ''lp mit
leitet
diese.
viel beschftigt,
u.
nach den Regeln der Parenthese akzen-
ist
Trenner Athnach, schliet
ja aus R. zu
(vgl.
dem
grern
Raschi, der sich mit den Akzenten
Ex 15, 7; Deut 11, 30 zu Chagigah
ACKERMANN S. 39 ff.), hat diese
Es
der Akzentuierung gefunden.
Lev
417
htte ja das
Athnach
37 u. a, v. a. St.), oder aber mit bi^lty sein
mssen, denn an einer der beiden Stellen sollte die Respiration einmit
""h
(vgl.
treten.
19, 30.
Nun bemerkt
Sifra
z.
St.:
bv
'\yip
,bit,^^
^iS
^trnpD
myi
im: h)y mt^o DiDyn ^ip bv n^n^'n i^xi otai "imi ^irs bv ^2^^n ^"2
n ^i^ b'n ]^^:d p'sv ^t^np '"^ 't!^"P n*? ^b p bxitr^ ""in 'ip nisi
^b n^tJ'npO.
Es will also nti^l das Verbot des Qt3"l imi, b)^'L hervorheben, das nur beim Opfer der Israeliten am Platze. Woraus ist
aber zu schlieen, da dieses Verbot auch beim Opfer des Priesters
angeht?
Demnach
Weil es heit:
''b
D''ti'npO
DH
'[ii,
welches sie" mir heiligen.
dementsprechend
die Akzente.
Von den Akzenten lie sich nun Raschi und die
meisten Erklrer leiten (vgl. MENDELSSOHN). Ohne die Akzente gelesen ist die Konstruktion einfach. Die Priester sollen meinen heiligen
Namen nicht entweihen, den sie, die Spender von Opfern, durch
diese (durch das Opfer) mir weihen (heiligen). Die Satzfgung wird
schwierig, weil )bbT]'' ^b) zwischen Objekt und dessen Relativbestimmung
gehrt
zu ^nt^^ ^:n
D.l nt^
^tJ'npO nii^l,
doch diese Schwierigkeit entstand nur durch die Akzente.
Hirsch bersetzt: Und nicht meinen heiligen Namen entweihen, den
diese mir heiligen", was wohl richtig, aber gegen die Akzente und
gegen Sifra z. St. Vgl, Elija Misrachi und Sifse Chachamin z. St.,
eingeschaltet,
die sich hier vergebens
bemhen Raschi
Auffassung besteht aber
auch
in
zu erklren.
Nach
unserer
Raschi gar keine Schwierigkeit.
Baruch Epstein in Tora Temimah z. St.
Lev 25, 20. Alle Bibelbersetzer versuchen es
Vgl.
ber die Schwierig-
hinwegzukommen, die in nV^UTI Hitm liegt; die eigentliche
Sorge gilt dem achten Jahre, denn der Bedarf fr das siebente ist
Rmbn fat den
durch den Ertrag des sechsten Jahres gedeckt.
Vers dahin auf, als hiee es: n^i-'Oty:! ^Di HO nr^trn Hitra nn '2\
Nach Rmbn ist also "jDKi HD Parenthese, allein es ist nicht nach
den Regeln der Parenthese akzentuiert. Hat ja TlOSn einen greren
Trenner als ^Di<i HD. Die Parenthese wird aber immer mit einem
kleineren Trenner eingeleitet und mit einem hherer Ordnung geschlossen. Mendelssohn, der die Parenthese ausschlieen will, und
Hirsch, der die Akzentuation gegen die Auffassung des Rmbn ins
keit
27
FESTSCHRIFT COHEN
41
Treffen fhrt, sind
da die Sorge
der Ansicht,
schon im siebenten nicht zu essen wagen wird.
von
Sifra beeinflut zu sein.
li-'nNun riN ]Di Vi vnn
Wenn
ihr
sagen werdet,
In Sifra
"?
d. h.
in
in
z.
fr
das achte Jahr
Nun
scheint
St. heit es: D'^n^ny
n^i^ti'n
mtyn
'jDKi
no
Rmbn
nn
,noiV
^D1
nn
Zukunft wird der Glaube an den
Segen des sechsten Jahres schwinden und ihr werdet sagen, was
sollen wir im achten Jahre essen, wir werden doch nicht sen und
Damit will Sifra sagen, ^D^i HO beziehe sich
nicht einsammeln."
Was bedeutet nun
nicht auf nV^ntm mtrn (vgl. Aderet Elijahu).
pny'DU'n nity^ Das ist eben Parenthese. Der Vers ist aufzufassen:
"jd; h nn ^di
irninn n f)Di *?! ynn "? )n
.nv^nTt nit^n
Wenn ihr einmal sprechen sollet (im 8. Jahre), was sollen wir essen,
wir sen doch nicht und sammeln doch nicht ein unsere Frucht im
siebenten Jahre." Das war aber auch die Auffassung der Akzentuation,
die nV^^LiTI nit^^ nach den Regeln der Parenthese akzentuiert.
Tipcha ("PDSrno) leitet diese ein und Athnach (nyac'n) schliet diese.
Die Akzentuatoren haben die Erklrung des Sifra richtig aufgefat,
sonst htten sie auch Hit^i wie in Vers 2i mit Tipcha versehen.
Der erste Halbvers htte auch wie in 2i, Mahpach, Paschta, Sakef
katon, Tipcha und Athnach haben mssen und nur die Parenthese
erforderte eine andere Akzentuation.
Rmbn
auf und findet deshalb in
Parenthese.
Deut
26, 5.
"raxi rt die
fat Sifra nicht richtig
^3 12 ^n mit Paschta, Munach, Sakef katon.
Die Akzente fassen ^n 12 zusammen. Die meisten Erklrer sind
anderer Ansicht. Ibn Esra meint der Qal *T3 knne nicht transitiv
gebraucht werden und er erklrt gegen die Akzente (trozdem er im
Mosn. 4*^ jede Erklrung gegen die Akzente verwirft; vgl. auch Ibn
Esra zu Lev 25,46 nnyn Dni U^V\ whrend mit den Akzenten
ntn n'i^^b zu lesen) ein Verlorener [Armer ''ij^] war mein
n'?v'?
nSlT^"! nn^^ ,nm'? "IDty lin Herz HOMBURG (s. SiPORNO)
Vater".
Wl
nn herumirren" (s. KAUTZSCH), nni r\^ ^n^n (Psalm
Hirsch bersetzt: Dem Unter119, 176), IVnn Dn^yn (Jerem 20,7).
gang nahe. Onkelos (siehe Targum Jonatan und Raschi z. St.)
bersetzt nach den Akzenten n n^ 121'? n2 n0"l. Die Quelle
findet sich in Sifre z. St. nby) in,-!"? V Dn"? 2pV' Tl' i<^^ ^oV
nn l'?D ^0"ln ]:h by. Der Arami (Laban) wollte meinen Vater
(Jakob) vernichten. Die Akzente verbinden deshalb 12 mit ""i
bersetzt
und ''01 erhlt den Trenner (Paschta). Auch die Haggadah schel
Pesach fat diese Stelle so auf. VdH n Hpv"? ^p^ P^^ Laban wollte
Der Arami wollte
alle vernichten, denn es heit: ^2 in '01
FLESCH, AKZENTSTUDIEN
4I9
meinen Vater vernichten." (Vgl. Elija Wilna in seinem Aderet Elijahu
^2 ^2N ^n und die interessanten Ausnn I^ND Vbv ]^'?J;
fhrungen Friedmanns in seiner riDD b^ rn:in p. 90 ff.)
Deut
niD
33, 15.
^JDty
]^:i^)
Die Akzente ganz unverstndlich.
mit
Munach und HiD mit Athnach
mit Merkah,
Es
sollte
Tipchah, Athnach
]1!J"Tl
mit Tipchah,
akzentuiert sein.
"'iDti'
Alle bersetzer
und Erklrer wie Targum, Raschi, Ibn Esra, Rmbn, Siporno, Homburg, Hirsch, Kautzsch u. a. m. erklren gegen die Akzente und
verbinden HiD ^JDt^ im Dornbusch wohnt".
Sifre z. St. erklrt:
nion bv nbi:i ^0 psi ntyyty mo ^iDt^ ]i:{-n Josef erfllte den Willen
meines Himmelsthroners, der mir im Dornbusche erschien.
Auch
Targum bersetzt dementsprechend: ^iDti'
der im Himmel wohnt,
(S"'0li'2 nniDK'T) HiD
aber dem Moses im Dornbusche erschienen
ist (iDK3 Ubim nti'O b^)); s. Jalkut z. St. (vgl. Sebachim 116'' und
riNitJ'
Jerus. Megillah Absch. i Hai. 12, an erster Stelle wird rD
Die Akzente knnen aber auch der Auffassung sein,
aufgefat).
da man von einem einmaligen und flchtigem Verweilen nicht
gut 135^ sagen kann, weshalb sie ''iStJ' von HiD teilen.
Nach KautzsCH und den
meisten bersetzern gehrt D'^^DIDH zu Satz ^
Ohne Akzente gelesen kann man auch nicht anders bersetzen.
Nach Raschi z. St.
Richter
(vgl.
ym^
5,
20.
1n'?i
Tosafot zu Pesachim
1D1D1
mte auch
mit Athnach.
Il8'>
D'^^DIDH
Schgw. D^Ot^n ]0)
mit Athnach sein.
Pesachim
118'' "'nDlsn "lH^i D"'OtJ'n ]0 zitiert,
Einflsse
dieser
Athnach.
(Auch
Pesachim
zitiert.)
bm2
Stelle
in
ti'Nn
und
lPl^l
ist
mit
katon 15^ wird D^nDIDH lon^i 'n ]0
)V3 D^^DIDn im"?: '^n p
es:
118'' heit
]trsi ino^"? ''\)'\pi<b
221Dn
Nun wird wohl
aber gerade unter dem
sind die Akzente gesetzt
Moed
D^tJ'::
Wmi
^nsn npi
aus ihren Bahnen
in-^n:
-in
nnp
in^^^j; D^jy
^ddid
haben sich mit
Schildern gewappnet und mit Sisra gekmpft." Es wird eben D^^DISH
mit Satz ^ mit Dm7D0D verbunden, um zu sagen, da die Sterne
Dm^DOO aus ihren Bahnen hinabgestiegen. (Vgl. Jalkut 5 53 Targu m
s. Rdk, Rlbg und Mezudot z. St
Ilty'P
Die Sterne sind
gestiegen,
Ohne Akzente gelesen ist der Vers zu bersetzen: Sie drfen keine Witwe oder Vertriebene zum Weibe nehmen,
sondern nur Jungfrauen vom Samen des Hauses Israel; eine Witwe
Ezechiel 44,
22.
jedoch, die von einem Priester hinterlassen wurde, drfen
Nun
steht
der Vers
n^inn nur fr bMit
sie heiraten."
Dort wird
Widerspruch mit Lev2i,7. 3.
]nD gefordert und den andern Priestern jede
in
27*
FESTSCHRIFT COHEN
420
i^^hm
H^H
rntr "p^ptn^ IBD Menachoth 45 ^). Dieser Widerspruch
wird Kidduschin 78^ dahin gelst: jH^n D^DI ^Hi ]nDn t^n Ip ^n
tDVnn, da der erste Teil des Verses auf den Hohepriester, und der
Schlu desselben auf gewhnliche Priester angewendet wird." Di< "'S
^"Ity Vif nbinn beziehe sich nur auf den b)iy ]nD und sei ParenAuf die Frage, ob es denn solche Verse gebe, verweist
these.
Kidduschin 78'' auf Sam I 3, 3. Dementsprechend auch die Akzente.
Das Athnach mte mit ^"Ity sein, denn "'S ist hier nicht Begrndung.
Witwe zu
n"n pniD
Nun
S^n
durch Athnach von Satz
""D ff.
]ni
Ti^pm
um
getrennt,
darzu-
Es mte aber auch HiO? mit "[riDD
mit Merkah sein. Es wird aber nio'? von
das dies die Parenthese.
verbunden und ni'?
]n30 getrennt,
zieht,
(tiii
nm
wird aber
stellen,
gestattet
heiraten
inp''
um
anzuzeigen, da
p2
sich gar nicht auf
]n30 heit hier: von den Priestern",
drfen eine solche
Witwe
d. h.
niO^S be-
manche
Priester
heiraten, der Hohepriester aber nicht.
Von
Targum: H'inD IXtJ'D. Nach
den Akzenten zu bersetzen: Sie drfen keine Witwe oder Vertriebene zum Weibe nehmen
(d. h. sowohl die Priester als auch
dieser Auffassung geleitet bersetzt auch
der Hohepriester)
nur Jungfrauen
vom Samen
(der Hohepriester); jedoch eine Witwe,
auch nsi^n,
ehe befreit
liche
d. h. eine die
die
des Hauses Israel
nur
Witwe
(aber nicht
durch das Schuhausziehen von der Levirats-
manche von den Priestern (nmlich gewhnnehmen (siehe Jalkut z. St., Raschi, Rdk und
hat), drfen
Priester)
sich
Mezudoth).
An
an welcher Targ.
Jon. von der wrtUchen bersetzung abweicht, ist er von der Tradition dazu veranlat.
Ich zitiere aber Targ. Jon. manchmal auch
dieser Stelle
als einzige
und an den meisten
Stellen,
Quelle fr eine unregelmige Akzentuation, trotzdem ich
da Jonat. immer lter als die
Akzente. Es ist mir aber unzweifelhaft, da dem Targ. alte, uns
unbekannte Borajtot vorgelegen haben. Ich will nur einen Beweis erbringen, da der Targ. nach ganz alten, unbekannten Quellen gearbeitet.
Jora Deah Absch 374 11 bringt Isseries im Namen des
Kolbo, da man beim Tode des ersten Sohnes, oder des Erstgeborenen die gesetzliche siebentgige Trauer nicht abzuhalten brauche.
Isseries erklrt diesen Brauch fr einen Irrtum und die Norm entscheidet nach ihm. Die Quelle fr diesen Brauch findet sich nur in
In Gen 38, 4 erklrt Jonatan den Namen ]i1N mit D13 DT1N
Jonat.
'?2n'? ^12 TnV 'l^y weil der Vater ihn (den zweiten Sohn) einst
damit durchaus nicht sagen
betrauern
wird."
Dem
will,
Targ. war
also
die
Quelle
bekannt,
aus
FLESCH, AKZENTSTUDIEN
welcher der Brauch stammt, da
man beim Tode
^21
des Erstgeborenen
keine Trauerwoche abhlt.
Diese wenigen Beispiele drften gengen, um
meine Auffassung,
da die Akzente von der Tradition beeinflut,
zu rechtfertigen.
Kanitz,
am
??L^^^U^
13.
Mai 1912.
R. Achitubs aus Palermo hebrische bersetzung der
Logica Maimunis.
Herausgegeben von M. Chamizer, Leipzig.
Abhandlung ber logische Terminologie, jr^nn m'?0,
schrieb Maimuni in arabischer Sprache u. d. T. n^i^i^J "'S bt^pO
kurze
Die
ptaiD^N, angeblich auf das
der auch
in die
Kunst des Operierens mit logischen
nur auf krzestem
Das
Verlangen eines schngeistigen Theologen,
Wege
Begriffen, aber
eingefhrt zu sein wnschte.
wohl eine Jugendarbeit Maimunis, zerfllt in
7 in der Ursprache in der
14 Abschnitte, von denen Kapitel i
Pariser Nationalbibliothek (Nr. 412 de l'ancien fonds) und Fragmente
vom 7. und 8. Kapitel in Oxford (Neub. Cat. vol. I, Nr. 2424, 11)
aufbewahrt werden. Eine hebrische bersetzung, die sich ganz
erhalten hat, verdanken wir dem Fleie des Moses Ibn Tibbon (um
1240 1283), der, wie sein Vater Samuel und sein Grovater Jehuda
Schriftchen,
Ibn Tibbon, zahlreiche arabische
Werke aus dem Gebiete
der philo-
und medizinischen Literatur durch hebrische bertragungen den Juden zugnglich machte.
Die Schwerflligkeit der Tibbonidischen Diktion und ihre zusophischen
dem araKommentare
meist unhebrische Ausdrucksweise, die sie allzu sklavisch
bischen
Originale
nachbildeten,
zu ihren Arbeiten ntig.
So hat
machten schon
sich
frh
auch der ungenannte Besorger
des ersten Druckes unserer Schrift (erschienen 1550 bei Justinian in
Venedig) nach solchen umsehen mssen, und es gelang ihm auch,
zwei
Kommentare
aufzutreiben,
deren Verfasser
sie
ausschlielich
zum Nutzen Studierender geschrieben htten, wie auf dem TitelIn neuerer Zeit (1865) gab
blatte dieser Ausgabe zu lesen ist.
D. Slucki den Kommentar von Mordechai Comti(a)no (st. g. 1490)
heraus, der aber zum Verstndnis des Wortsinnes wenig bietet. Ja
selbst
einem Moses Mendelssohn, der bekanntlich einen umfangreichen
FESTSCHRIFT COHEN
424
Kommentar und
Sprache schrieb
weiterte,
1765
Maimunis Logica
eine Einleitung zu
(i.
Ausg. Frankfurt
u. fter),
blieb gar
O. 1761,
a.
manches
2.,
in
hebrischer
bedeutend
er-
soda er zu Beoder einfach: ^b
unklar,
merkungen gentigt war wie: 3"in """l^T^ myta ^Bi,
W)'VS) "^nyi'^; oft ward er aber durch schlechten Text und DruckEinige Beispiele
fehler zu unglaublicher Erklrung mileitet.
unten in den Noten
s.
weiter
zum Texte.
Tibbonsche bertragung den
Bchermarkt ganz; sie ist handschriftlich vielfach in allen groen
Bibliotheken zu finden und diente allen unsern Drucken als Vorlage.
Neben ihr konnte keine andere bersetzung aufkommen. So ist
alledem
Trotz
z.
handschriftlich
ist
Nr. 1204, 4) und nie im
Nicht
viel
vom
spanischen Arzte
vor 1372) ganz unbeachtet geblieben;
nur einmal vertreten (Paris Fonds hebreu,
Joseph Ibn Vives aus Lorca
sie
die
der Logica
hebrische Version
die
B.
beherrschte
(st.
Druck
erschienen.
besser erging es der Arbeit des sizilianischen Gelehrten
R. Achitub, die wir im folgenden
Auch R. Achitub
selbst
ist in
zum
ersten
Male verffentlichend
der jdischen Literatur bisher fast
ganz unbekannt geblieben; man wute von ihm kaum mehr als den
bloen Namen ^, hchstens noch, da er Rabbiner in Palermo war,
wie aus der Polemik des Salomo ben Abraham Adret aus Barcelona
(1235 1310) anllich des turbulenten Auftretens des Mystikers und
Pseudo-Messias
Abraham
Abulafia
aus Saragossa (1240 bis
etwas
nach 1291), besonders aus dem Rechtfertigungsschreiben des letzteren hervorgeht^. Durch unsere Handschrift tritt nun die Persnlichkeit des R. Achitub etwas mehr in die Erscheinung. Sie schmckt ihn
mit den einem Gelehrten und Rabbiner gebhrenden Ehrentiteln.
Auerdem erfahren wir noch, da gleichwie er Arzt war, auch schon
sein Vater, R. Jizchak, die
Noch mehr aber
vereiniofte.*
Ttigkeit,
winnen.
Rabbinerwrde mit dem rztlichen Berufe
in
die
interessiert uns seine schriftstellerische
wir durch unsere Publikation einen Einblick ge-
Seine bersetzung der Logica
schlieende
sowie die sich daran an-
summarische Inhaltsangabe der
D''p12
T'^
zeigen
uns
meinen Aufsatz ber diesen Gegenstand in der Zeitschrift fr hebr' S. ZUNZ, Zur Gesch. S. 515.
ische Bibliographie X, 171 ff.
3 ber Abulafia s. M. H. LANDAUER im Literaturblatt des Orients 1845,
Sp. 381 ff. Sein Sendschreiben bei Jellinek, Auswahl kabbalistischer Mystik,
I. hebr. Abt. S. 1328.
* Nach Jellinek, im r">in Ditsaip, S. 41
Note, soll Achitub noch einen
^
S.
Bruder, R. David, gehabt haben, der ebenfalls Arzt war.
CHAMIZER,
ACHITUBS HEBR. BERSETZUNG DER LOGICA MAIMUNIS 425
R.
sein Geschick
in
der Behandlung philosophischer Materien
in einer
einfachen und leichtverstndlichen Sprache\
R. Achitubs bertragung, noch im
kannt und fter herangezogen
^,
Jahrhundert ziemlich bewar verschollen, bis sie der Herausgeber
1
6.
vor mehreren Jahren durch einen glcklichen Zufall
handschrift entdeckte, welche
in einer
Sammel-
sich jetzt in seinem Besitze befindet.
Eine kurze Beschreibung der ganzen Handschrift mge hier
folgen.
Der Papierkodex, aus dem 1 6. Jahrhundert stammend, mit Ausnahme von Bl. i'' und Bl. 86^ durchweg in deutlicher orientalischer
Kursive von verschiedenen Hnden geschrieben, umfat 86B1I, (21 15;
II), die Kolumne zu 25, selten 26 und 27 Zeilen.
15
Inhalt:
1.
Bl. I *: Gekritzel und Federproben Bl. i
in deutscher Kursive,
:
**,
Gebet am Krankenlager und eine feierliche Totenbeschwrung.
Der Verstorbene mge keinem, er sei Mann oder Frau, klein oder
gro, verwandt oder fremd irgend einen Schaden zufgen, sondern
sich im Grabe bis zur Auferstehung der Toten hbsch ruhig verhalten.
Schliet: ntyn .nn^in^ n^^nb n^onn n^non j^V'^tyo nt |sin
ein
Xty^^uo
2.
3.
nennen
(?)
n)b
i.
Bl.
2 bis 9* leer; g^:
Bl.
10
23
sich: Jizchak
rohe logikalische Figuren.
der Text unserer Publikation.
Hakohen
Als Vorbesitzer
und, nach dessen Ableben, seine
Shne
Aharon und Joseph Kohanim. Auf Bl. 24 26 eine rekapitulierende
Zusammenfassung der voraufgehenden Vierzehn Abschnitte" unter
dem Titel D'^pIS T"* ^t3"lS. Fragment; beginnt gegen Ende von 'n pIS.
S. Anhang I.
Der Sprache nach von demselben R. Achitub stammend.
4.
Beide Stcke bilden den ltesten Teil der Handschrift.
Bl. 26'' 30 leer;
Bl. 31* 32* Mitte: Miszellen, beginnend
|1
ninn hy nan
32*^ eine
dem
4nsiin pns\
II
^: ii: in^^i^ ^1 nt^ i.
Plato zugeschriebene
Bl
32
*>
\\
32 untere Hlfte bis
Anekdote vom Translator
Mitte das bekannte Rtsel des
ber die dem R. Achitub zugeschriebene
GDEMANN, Erziehungswesen in Italien, p. 202f.;
^
Bl.
]2 n^iin
Abraham
kleine Schrift
NJtsri
Ibn
man,
s.
ZfhB. X, p. 172 u. Note.
* Dr. M. Marx teilt in der Zeitschrift
fr hebr. Bibliographie (X, 95) einige
Varianten mit, die im Texte und am Rande seines Exemplars der ed. pr. aus
der Achitubschen Version angemerkt sind. Auch mein Exemplar derselben
Ausgabe weist zahlreiche Lesarten derselben Provenienz auf.
3 Moses di Medina, Sohn des RaSchDaM (lebte im 16. Jahrh.).
* D. i. Honein ben Ishaq, i^K^t Johannitius Chrisanus; s. STEINSCHNEIDER,
Cat. Bodi.
s.
V.
FESTSCHRIFT COHEN
426
Esra:
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5.
Von da
Ausgaben
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der Mitte des
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Terminologie; beginnend:
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Bl.
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darunter der in unseren
Kap. eingeschaltete Exkurs
7.
Anhang
sntj; lin
7.
S.
40 58^: m
Ende: min
nrnn n n2
bis Bl. 34'' unten.
krzerer Fassung.
6.
nrn-, dann nnv)
'^b
Philosophische
D^IV^ ]min
1Tj;a
Schlieft mit folgenden,
'
stark korrupten Versen:
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Bl. 74*^ leer.
1|
Bl.
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86^ ausfhrHcher anonymer Kommen-
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man
in ^n
Dn an y) f^in :ni^j;n.
Bl. 86 b Fragment in deutscher Kursive: nilJpn IVinn *?^nn.
9.
Der Abdruck des Textes erfolgt genau nach der Vorlage.
Von einigen durch berpunktieren kenntlich gemachten Verschreibungen und Dittographien abgesehen, ist die Handschrift leserlich
und ziemlich korrekt. Grere offenbare Auslassungen (wie in Kap. II
Z. 5 u. Kap, VIII Z. 49
53) sind in den Anmerkungen, die im
brigen durchaus nicht erschpfend sein wollen, ergnzt. Plene und
defektive Schreibung, promiscue vorkommend, ist beibehalten.
nVri D'?tyi
Die zuerst geplante Gegenberstellung des Ibn Tibbonschen
Textes behufs leichterer Vergleichung beider Versionen mute mit
Rcksicht auf Raum und Zeit vorlufig aufgegeben werden. Eine
kritische Ausgabe der jVJinn niOU' des R. Achitub unter Heranziehung des arabischen Urtextes und Vergleichung der Tibbonschen
Version behlt sich der Herausgeber fr eine sptere Gelegenheit vor.
Mge
der hochverehrte Jubilar diese kleine
aufrichtigsten
Dankes von einem
seiner zeitlich ersten
freundlich entgegennehmen, die sich
(^;^>6LiJ.\
Gabe
vom
als
Ausdruck
vier
Schler
erkenntnisreichen Meister"
yX.^^) vor rund vier Dezennien in das Vernunftgeschft"
gedanklicher
bung haben
einfhren lassen.
CHAMIZER,
R.
ACHITUBS HEBR. BERSETZUNG DER LOGICA MAIMUNIS
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ACHITUES HEBR. BERSETZUNG DER LOGICA MAIMUNIS
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Anhang.
I.
Epitome der vorhergehenden Abhandlung.
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3 ini? im m^mponi \\^nb ddiisd ntr nm moDiism bt^n
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90
FESTSCHRIFT COHEN
454
IL
Die
und
II.
I.,
logische Figur.
III.
Fol.
36a
unten
n'?n:m nn^^n n^tapn .Tnnty -jns niitrsin n:ionn
m'pwni monpHn nn nD^n nioo n^nnsi moDn n^ nsrnti^D
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]^ni
i"i
CHAMIZER,
ACHITUBS HEBR. BERSETZUNG DER LOGICA MAIMUNIS
R.
45 5
Anmerkungen
nn2
Einleitung Zeile 6:
Tun'' bsn, bessere Lesart als
)'\)^:)
Viib imi3 ^^K'a
unserer Drucke. Eine hnliche arabische Wunschformel findet sich in Maimunis Schreiben an die Gelehrten von Lunel, abgedruckt in Ozar Nechmad II,
p. 3, Z. 7. Siehe auch Geigers Note daselbst.
I, 4: n^D 1K in der Hs. ausradiert.
In meinem Exemplar der Ed. pr., Vene-
1550 sind diese Wrter mit Tinte berstrichen, wohl Tilgungszeichen.
dig,
II,
Vor
5:
vom
D'OVS^I ungefhr 2 Zeilen
folgendermaen gelautet haben mochten: b^b
n'bb^Ti
a.
R.
n-'p'rn V'3.
der Hs.
In
II
noinn
II,
ri2"no -ipj n
n''^'?3
px vomRande.
die Punktation
bs ";-ioio Ktrian. n
ber nraiB
13:
II,
||
-n
deutet an,
dafj
7: n^tn
II,
steht nvp^n.
II,
14:
es Schreibfehler fr "inai
ist,
||
wie Z. 20.
nn"iB,
I: bj?isn IN
III,
11,9:
jl
"iKai;
nns
27:
ipm
Schreiber bersprungen, die etwa
Kiis'jn ns^nen nnnn n\nn n^oys^i
wbvs
bvhrj, in (pl.
IV, 9: 'n iVN DIN b:,
mN
R. ^n
a.
Z. 25).
mty
]\si.
n IV, 19: In
derHs. din
nsp
mnin,
"lan
iVN mit Tilgungsstrich.
IV, 38: ni2ij?n a. R. nij:n.
IV, 39, 40: n"'n-irnn
wohl Verschreibung fr r3"inDn HT'rin Hier, wie in der Venediger Erstausgabe,
werden 13 Termini gezhlt, whrend in unseren Drucken me 3'"' steht.
V, 7: nach Viso in der Hs. ncN, mit der Verbesserung am R. in inK, Das
e|ij?
||
||
Wort
besser zu streichen.
ist
VI, 3: Hs. riE'nis-an, d.
VII, 8:
VIII, 2:
16.
mio
St.
-iion a.
nwiBion. n VI, 28: nach T^'[pnT\ ist mbinn zu erg.
VII, 64: "Ninn u'p-'nn verschr. f. "KB^n 'n.
i.
R. v.sp. H. nw\i.
a.
R.
-iinc.
||
VIII, 6: nach
||
'J3lp''E'
fehlt
wohl DIN
!?SN,
VIII, 22: nN"'31pB',Scammonium, ein drastisches Abfhrungsmittel.
II
nSBJ>(<>..oi.ft)adstringierendes Mittel.
VIII, 29: TiBlnnDN^O l.riBlon
i|
'D.
||
II
vergl. Z.
VIII, 23
VIII, 30I.:
nixan irp\nn im n^N-iip un.
VIII, 4953: In der Rekapitulation fehlen
Kunstausdrcke Mian, msjn nsN^, m^ian p\n, dbih (nsNbo)
||
die
IX, 26:
X,
I:
myon
n^n
umzustellen.
||
riN n'bpiB,
X, 14 nnsn,
hier fehlt on; in den
X, 3:
u.
D"'t5'''N
verschr. fr m^SB'n
am
Drucken:
nach Anhang I, 23 u. 32/33
Ven. besser nmn. X, 30 h:ih na^B'-ni;
Vielleicht ist ^3^ Verschreibung fr 'bth
in D":" "iiy sind
-ir\r
R.
' 'b.
nmn,
]31N"i^.
ed.
||
"y^B^,
Am
XI, 35-37: von inip^riDiT bis myn fehlt in den Drucken.
Rande meines
Ex. der Ed. pr. steht dieser Passus in folgender Fassung: lann im nip^DDn IHNI
nj>n "imn iniN nipbrion Nnp:i niN^'Ssn jrata UNipa i:k ksdji?. || XI, 74 nach pimn narr
fehlt: n^niyn.
XIII, 10:
1.
den Beispielen
.3j?n
bjji
nniN.
XIII, 14:
II
fr 3313 als t\r\W
33i2n
bj?
fehlt
als
XIII, 34-36 Zu
Drucken die Erklrung:
"cnn 33i3ni n3non 33i3n bv V'-i
Beispiel
nav-
II
lesen wir in den
ncNjn 33i3n dci 'D^own 33i3ni
Dazu bemerkt M. yiNi ^n"' "O nt "73 ))\
itrn^B TiVT V 3B'j?n nj; 'i3i nsntin
'on IN nano 3312 no
Da in unserer Hs. der ganze Passus fehlt, so ist anzunehmen, da er als ursprngliche Glosse vom Rande in den Text hineingekommen war. XIII, 61 Das unverstndliche D"'3n3n DNip der Drucke, worber
alle Kommentatoren, MENDELSSOHN nicht ausgenommen, gestolpert sind, erweist
sich nach unserer Hs. als Verlesung fr D'3n3n riNnp. ber die Homonymie
,
II
von
3113
s.
More
III,
i.
FESTSCHRIFT COHEN
456
Um
an einigen Beispielen zu zeigen, wie die Versionen des Achitub und von
Ibn Tibbon von einander abweichen, seien hier folgende Stze aus dem XIII.
Kapitel gegenbergestellt.
Achitub
Ibn tibbon
y7]
mb
t?ii v^t<
j!no
D''on
niK-in in
'?vi
nirn n"3 by^ n=i=n
'on 23i5ni
33i:ni
^Vi 32"i2n
bj;
"jv
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1J1D
von mb b^xm
23i2n
jj?
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""'0''n
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"^^P^^
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^V^m
ip'-B?
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2B?j?n
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i-io,t
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XIV,
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D^rono
n^eB.n^33i3
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Fr 1^3 133 nioisn 'DSn
D"'i1npn,
"jj;
Dunn
nion
|itr^3
unter denen wohl die vor-
sokratischen Philosophen (^yoX)i\) gemeint sind, haben unsere Drucke-. niD'jB'n.
Welches ist die richtige bersetzung.? || XIV 49-51: Die Logik gehre,
nach den Philosophen, nicht zu den eigentlichen Wissenschaften, sondern sei
"nur das Organ, die Propdeutik, ohne welche keine Wissenschaft mglich ist.
Dieser Gedanke
wird so
]Vinn n3Nbo3
mo
"?
by
ausgedrckt:
'Tb
m03nn
i mo"''? ]3n''
'p^3
Bb)ii<
xV n" nsn bu
Di" ^'Jnn
n3ba ^3
'bo "n ah.
Seit der
sich aber der Unsinn "nn bj; fortgeerbt. M. bessert
aber die unglaubliche Bemerkung hinzu: nibn n'3iy 1CS1
31^3 mn "ipi nilD3nn. Also "nn bj;= auf der Hochschule!! Bei Slucki steht "nD
XIV, 77-79: Unsere Drucke:
in Parenthese
XIV, 70: nxp3n.??; 71 nep:n??
"733
?
n-insin
n'^in d-'Idd D"'E31Di^b'?i. Meni"?
ixs"
133
nnv ISS''
"biKi 3-ivn ]wb b
!"
delssohn fat ''b!|1 im Sinne von ^b), mchten doch keine mehr erscheinen
ersten
"nn
in
Druckausgabe hat
131,
fgt
||
||
und knpft daran eine lngere Bemerkung. Htte ihm unsere Lesart: Dm SBC'l
so wre uns das schiefe Urteil ber Maimunis
D''3"i "inv ipnyin nbv vorgelegen,
Wertschtzung der philosophischen Literatur in arabischer Sprache erspart geXIV, 84: nach "iDibsn erg. nsion n3x'7D.
blieben
Z. 36, 74: bV^ D"T = V't D3"D1
Anh. I, Z. 7276 vgl. More I, 6. 28. 44.
b\^2 nn der vom Glck Hochgestellte," ist hier Abbreviatur und epitheton ornans.
Z. 76. 84: das Eingeklammerte vom Herausgeber ergnzt.
II
II
II
Zur besonderen Ehrung des Jubilars wurde fr den Abdruck des seltenen
Buches eine ebenso seltene Type gewhlt, die seit bald 450 Jahren nicht im Gebrauch war. Es ist dies die schne, mit Handschriften zum Verwechseln hnliche Schrift, mit der der Arzt und Buchdrucker Abraham Conat aus Mantua,
teilweise unter Beihilfe seiner Gattin Estella, in den Jahren 1476 und ff. einige Werke
druckte. Die Offizin W. Drugulin veranstaltete von jener Type einen Neuschnitt,
von dem sie alleinige Besitzerin ist. Siehe meinen Beitrag Die Frau im tal-
mudischen Sprichwort"
in
Marksteine aus der Weltlitteratur", Leipzig 1902.
Briefe
von Wilhelm Wolfsohn an Berthold Auerbach.
Mitgeteilt
von LUDWiG GEIGER.
Berthold Auerbachs Namen braucht man
nur zu nennen, und hat
von seiner Bedeutung als Mensch und Dichter
ber Wilhelm Wolfsohn dagegen mu man
weiter zu sprechen.
Einzelnes sagen, um den jetzt Lebenden den Wert dieses Mannes
klar zu machen.
Wilhelm Wolfsohn ist ein heute ziemlich vergessener Schriftsteller, der aber zu seiner Zeit bekannt, ja berhmt war.
Er war in
Odessa am 20. Januar 1820 geboren und starb am 13. August 1865
ntig
nicht
in
Dresden,
gebracht hat.
licher
wo
er
das
Jahrzehnt
letzte
seines
Erdendaseins zu-
Sein Leben war Arbeit und Elend, denn sein krper-
Zustand machte ihm
viel
zu schaffen und auch der
Erwerb
und eine starke Familie bereitete
ihm viel Qual. Trotz aller Nte brachte es Wolfsohn zu Ansehen
und Ruhm. Und zwar in dreifacher Beziehung. Zunchst war er
nach dem Zeugnis keines Geringeren, als Georg Ebers, ein Vorleser
und Redner allerersten Ranges, der in seinen in Deutschland und
Ruland gehaltenen Vortrgen ber Wesen und Bedeutung der
groen deutschen Klassiker und russischer Schriftsteller seine zahlreichen Zuhrer unterrichtete und begeisterte.
Sodann verstand er
es in hervorragendster Weise die russische und nordische Literatur
berhaupt in mustergltiger bertragung dem deutschen Publikum
vorzufhren und die Aufmerksamkeit der Deutschen auf entlegene
des Lebensunterhaltes
Kulturen
in
einer
fr
sich
Epoche zu
lenken,
in
der
man
in
Deutschland
wenig von Ruland wute und noch gar keine Anregung durch seine
Schriftsteller empfangen hatte.
Endlich war er ein begabter Poet:
dem es nicht nur gelang, Werke der stlichen Literatur
dem Geiste des Originals anzupassen und doch wie Klnge
ein Lyriker,
feinfhlig
FESTSCHRIFT COHEN
458
der Heimat ertnen zu lassen, sondern
die
Empfindung
und Liebe zu
schrieb
ferner
dem
es auch
gegeben war,
seines Innern in Liedern auszustrmen, Freundschaft
Natur und Vaterland zu verherrlichen. Er
einige wohlgelungene Erzhlungen und hatte das
preisen,
durch drei Dramen whrend der 50er und 60er Jahre des
vorigen Jahrhunderts auf deutschen Bhnen festen Fu zu fassen.
Glck,
(Ausfhrlich ber Wolfsohns literarische Ttigkeit habe ich in
Jahrbuch
fr jdische Geschichte und Literatur 191
dem
Seite 163 bis
197 gehandelt.)
Fast mehr noch denn als geistiger Arbeiter verdient Wolfsohn
Mensch
Aufmerksamkeit und Beachtung des geg-enwrtigen
Geschlechts. Er war, ohne besonders religis zu sein, ein charaktervoller Bekenner des Judentums, dem er entstammte, lehnte eine ihm
angebotene Professur in Odessa ab, weil er den bertritt zum
Christentum nicht vornehmen wollte, den man von ihm verlangte,
besang in seiner Frhzeit die Kmpfe fr Emanzipation und Reform
seiner Glaubensgenossen, und blieb, auch nachdem er eine Christin
heimgefhrt und seine Kinder im Glauben der Mutter hatte erziehen
Er war ein trefflicher Sohn,
lassen, dem vterlichen Glauben treu.
von innigster Familienanhnglichkeit erfllt, ein zrtlich liebender
Gatte und Vater. Bei aller Anhnglichkeit zu den Blutsverwandten
trug er in sich das tiefe innerliche Verlangen nach Freundschaft.
Nicht nur zu den Kameraden seines Strebens und seines Berufes
denn dazu war er zu sehr ein Einsamer, abgeneigt und Feind jeder
Cterie, sondern zu solchen, die seinem tiefen und reichen Gemte
Nahrung gaben und von ihm mit zrtlicher, aber nicht weichlicher
Neigung umfat wurden. Das waren besonders Theodor Fontane
und Berthold Auerbach. Es waren zwei Groe im Reiche des
Geistes, die den hinter ihnen Zurckstehenden seine geringere Bedeutung nie fhlen lieen, sondern das Treffliche in dem Menschen
schtzten, zwei Hochstehende, denen der minder Erfolgreiche nicht
etwa mit kriechender Demut und ungestmer Lobhudelei sich aufdrngte, sondern die er von ihren Anfngen an treu und anhnglich
begleitete. Liebevoll und tatkrftig, ein wenig eiferschtig und doch
Er ward nicht etwa allein durch
nicht bermig anspruchsvoll.
diese hochmgenden Genossen gefrdert, sondern er, der sich selbst
recht grndlich zu plagen hatte, war stets bereit, den hher Begnadeten mit Rat und Tat zu helfen. Namentlich Fontane gegenber, der lange auf den Ruhm warten mute, war er der unermdlich Frdernde.
Schon in den 40er Jahren machte er in seinen
als
die
4,
GEIGER, BRIEFE
Petersburger und
Kolonie und
die
VON WILHELM WOLFSOHN AN BERTH. AUERBACH
459
Warschauer Vorlesungen die dortige deutsche
des Deutschen beflissenen Russen auf Fontanes
und sonstige Gedichte aufmerksam, zu einer Zeit, da in
Deutschland noch wenige von ihm wuten. Er bemhte sich, dem
dichtenden Freunde einen Verleger fr sein Erstlingswerk von der
schnen Rosamunde" zu verschaffen und wagte manche Versuche,
das Werk durch Vorlesungen von Rezitatoren bekannt zu machen.
Er strengte sich an, ihm Korrespondenzen zu verschaffen, sah aber
seine Muhen wenig belohnt, besprach, wo es nur anging, seine Gedichte und ging, soweit seine Krfte reichten, auf die Bitten Fontanes
In dem Briefwechsel
ein, ihm einen Redakteurposten zu verschaffen.
mit Fontane ist er bestndig der Drngende, der das Band zu erhalten sich bemht, wenn der leicht mrrische und unzufriedene
Freund schweigt. Da die Herzlichkeit der Verbindung auch in den
letzten Jahren nicht aufhrt, ist wesentlich Wolfsohns Verdienst.
Whrend diese schne, echt menschliche Beziehung seit einiger
Zeit allgemein bekannt ist (Briefwechsel Wolfsohn-Fontane, Berlin
19 10) ist man ber die Beziehungen Wolfsohns zu Auerbach nur
Beide Mnner haben viel Gemeinsames in
einseitig unterrichtet.
ihrer Dichtung, obgleich Wolfsohn darin gewi der Minderwertige
war. Edle Menschlichkeit eignete ihnen beiden, gleich waren sie in
Die beiden Mnner beihrer Treue zu Deutschtum und Judentum.
freundeten sich whrend ihres gemeinschaftlichen Lebens in Dresden
in den 50er Jahren. Ein Zeugnis ihrer Freundschaft ist der erhaltene
Briefwechsel.
Die Briefe Berthold Auerbachs sind seit vielen Jahren
in der Zeitschrift Nord und Sd" Band 42 Heft 125 und 126
Seite 288
298 und Seite 421
436 gedruckt; die schnen Worte,
mit denen Auerbach den Tod Wolfsohns beklagte, sind in meiner
ausfhrlichen Skizze ber Wolfsohn (Jahrbuch fr Geschichte und
Literatur 191 1 Seite 196) mitgeteilt.
Von den Briefen Wolfsohns
an Auerbach, deren Originale mir aus dem schwbischen Schillerarchiv in Marbach anvertraut wurden, habe ich einige in der SonnBalladen
Mrz 1912 zum Abdruck gebracht; an dieser Stelle mgen noch einige folgen mit
einem kleinen Kommentar, der nicht den Anspruch erhebt, der
leichten Ware wissenschaftliche Schwere zu geben.
tagsbeilage der Vossischen Zeitung, Nr.
9,
3.
I.
Den Anfang mache
Deborah.
Es
bleibt
ein
undatiertes Gedicht
recht auffllig,
da whrend
ber Mosenthals
ein
christlicher
FESTSCHRIFT COHEN
460
Forscher wie A, Schnbach noch 1885 das Werk als das populrste
Drama des Jahrhunderts nicht nur in Deutschland, sondern in fast
allen Kulturlndern" bezeichnete, unser jdischer Dichter sehr stark
mit
dem Werke
Die Verse lauten:
ins Gericht ging.
Und fragt Ihr
Wie man Debora
Einregistrier'
In die Bhnenflora?
Ein jdisch blmelter
Verchristentmelter
Kotzebuezerkrmelter
Edelmut,
In Mosenthalischer
Nonsensikalischer
Hundsloyalischer
Wedelwut!
Wolfsohn sein Drama
Zar und Brger" (vgl. Jahrbuch Seite 181 f.). Es war 1853 in mhseliger Umarbeitung fertig geworden. Fontane hatte es sehr gelobt;
fr Wolfsohn war es, wie er schrieb, der schnste Abend, an dem
er sein Stck Berhold Auerbach und Otto Ludwig vorlesen konnte.
Der in unserem Briefe genannte Devrient ist Eduard, der damals
Leiter der Hofbhne in Karlsruhe war, mit dem Wolfsohn in freundDer am Schlu Erwhnte ist der
schaftlicher Verbindung stand.
berhmte Schauspieler Emil Devrient (1805 1872), der damals eine
Hauptsule des Dresdener Theaters war. Auch mit ihm stand, wie
aus Houbens Biographie hervorgeht, Wolfsohn in gelegentlicher
Mit
dem
brieflicher
ersten dadierten Briefe sendete
Verbindung.
23- 8. 53-
Mit den wesentlichen Vernderungen, die ich noch vorgenommen,
machte es sich so. Schon einen Tag nach Ihrer Abreise von hier
gab ich dem 5. Akte seine
Ludwig gelesen, welchem
Devrient.
In Karlsruhe,
aufgenommen,
Tage
zu.
in
jetzige Gestalt.
dieser Schlu
wo
ich,
Nachdem
sehr
ich ihn
gefiel,
eilte
unserm
ich
zu
von Devrient auf das Herzlichste
dessen Haus wohnte, brachte ich fnf angenehme
Devrient war mit meiner Umarbeitung vollkommen ein-
GEIGER, BRIEFE
VON WILHELM WOLFSOHN AN BERTH. AUERBACH
46 1
und wies mir nur noch im Interesse der Bhne, die
Notwendigkeit nach, den Prinzen Alexej, der allerdings nur als
Figurant auftrat, ganz hinter die Kulissen zu bringen, ebenso auch
den Priester zu entfernen. Ich tat beides, krzte noch mancherlei,
und Devrient sagte: fertig! Er akzeptierte es sodann fr die Karlsruher Bhne, wo ich schon im Herbst eine Auffhrung zu erwarten
habe. Hier in Dresden hngt noch sehr viel von Emil Devrients
verstanden,
Gnade
ab.
Unter den Briefen finden sich hufig stimmungsvolle Gedichte,
manche allgemeiner Natur, manche auch von dem persnlichen Verhltnis
mgen
der Freunde
die
Kunde gebend.
folgenden
dienen,
anlassung sich nicht darlegen
Als Beispiele fr diese Verse
freilich eine
fr die
lt.
bestimmte Ver-
Sie lauten:
3-
Und
ists
nur Tag!
Ob mancher Tag
Der dunklen Nacht auch
Ob auch
gleichen mag,
Sonnenschein
In Sturm und Regenschauer
verhllt der
mu am Himmel
Die Sonne
Tag
ist
Und
bleibt nur Treue!
Uns
der Sonne Dauer!
hei
Mag noch
umwehn
Mag denn auch
des Zornes Hauch,
so fern der Liebe Schein
Entfliehn in stolzer Trauer
Die Liebe
Treu
ist
sein,
mu
im Herzen
sein,
der Liebe Dauer!
4.
Wer
Dich mit groem Mae mit.
Erweise Dich ihm nie zu klein:
Du bist nur, was Du Andern bist,
Und machst Du stolz, so darfst Du's
sein.
Dresden, 25. Mai 1854.
5-
Franz Nissel, von
dem im
Schauspieler und Dichter 1831
nchsten Briefe gehandelt wird,
1893,
ein bekannter
auch
viel ver-
FESTSCHRIFT COHEN
462
leumdeter Verfasser von Buchdramen (einmal 1877 mit dem Schillerpreise gekrnt), hatte 1858 ein Schauspiel Heinrich der Lwe" verffentlicht,
das hier gemeint sein drfte.
Pabst,
Julius,
1817
1881
war eine Zeitlang Erzieher im Hause des Generaldirektors v. Lttichau gewesen (vgl, unten), wurde am i. Januar 1856 Sekretr und
Dramaturg bei der Generaldirektion der Hofkapelle und des Hoftheaters in Dresden und wirkte in dieser Stellung 25 Jahre lang mit
Banck, Otto Alexander 1824 1897, Literaturgutem Erfolg.
und Kunstschriftsteller, seit 1865 in Dresden, Redakteur verschiedener
Jourale, ein feinsinniger Kritiker, dessen auch in Buchform erschienene
Arbeiten Kritische Wanderungen
in
drei
Kunstgebieten",
risches Bilderbuch" sich lange Zeit als ernste
Leserkreisen sich groer Gunst erfreuten.
v.
Litera-
Lesebcher in weiten
Lttichau, General-
direktor des Dresdener Hoftheaters.
uerung zweiter Geburtstag" bezieht, ist
nicht recht klar, Auerbachs Geburtstag ist bekanntlich am 28. Februar.
Auch der Tag, an dem der berhmte Schriftsteller nach Dresden
bersiedelte, kann nicht gemeint sein, denn der Dresdener Aufenthalt hatte nicht im Mrz, sondern im Hochsommer und nicht etwa
Der Brief, dem diese Be1858, sondern bereits 1849 begonnen.
merkungen gelten, lautet folgendermaen:
Worauf
sich die
Dieser Franz Nissel, liebster Freund, ist
schuld, da ich heute nicht sprechen kann.
aus
dem Theater
an,
etwas
keiner zu
wie
bertrieben
hat,
diesen
zweiten
verstanden.
Akt habe
Sie
seit
begreifen,
soundsoviel Jahren
was
ich
darauf er-
Ich glaube inde noch heute nicht, da mein Zorn
wenn
er die
Bemerkung dagegen
noch lngeren Reihe von Jahren
Bhne gebracht worden.
zwischen lt Papst
sich auf der
Papst fngt damit
mit Pabsts nach Hause gingen.
machen
widern mute.
zum groen Teil daran
Es traf sich, da wir
Bhne
fallen,
sei
setzte,
in
einer
kein grerer Stmper auf die
und inEin Wort gab das andere
schn whrend der Darstellung htte es
verbreitet,
wie sehr
unsere unverkennbare Mibilligung auf die
gewirkt und dasselbe gegen
Banck und ich, durch
Stimmung des Publikums
wir,
das Stck eingenommen.
Was
sagen
Gegenwart der
Frauen, was ich von dieser nichtswrdigen, gemeinen Spionage halte,
erklrte, da es mein Erstes sein wrde, Herrn v. Lttichau meine
Meinung darber zu sagen. Pabst beschwichtigte so gut er konnte,
man habe nicht gerade mich beschuldigt, sondern nur bemerkt, aus
Sie dazu?
Ich loderte auf und erklrte rundweg
in
VON WILHELM WOLFSOHN AN BERTH. AUERBACH
GEIGER, BRIEFE
wo
463
Banck und Schmitz gesessen und dergleichen.
Die Frau benahm sich taktvoll und machte Pabst darauf aufmerksam,
ich mchte doch vielleicht als dramatischer Dichter und Kritiker es
der Gegend,
ich,
besser verstehen,
er sei
sehr
zu
vom
Interesse
der Direktion be-
wurde von Pabsts noch ins
Haus gezogen, mute nach lo Uhr mit meiner Frau dort Tee
ich Tor!
noch gegen
trinken, erhitzte und zerredete mich
zwei Stunden, hatte eine elende Nacht, gestern einen noch elenderen
Tag und laboriere noch heute an Brust- und Kopfschmerzen.
Und nun zwei belstnde, zwischen denen ich whlen mute.
Entweder den Vortrag ber Don Karlos, einen Lieblingsgegenstand,
mit halber Kraft halten und den Eindruck der frheren schwchen
oder das Publikum schlimmstenfalls ber den Aufschub ein wenig
Die Wahl war nicht zweifelhaft: ich mu mein
rsonnieren lassen.
Bestes geben. Und heute ist es noch nicht soweit, da der Bien'
mu. Ich werde noch rechtzeitig fertig.
Pfui ber diesen Hohenstaufischen Theaterdreck! Es ist schade
um einen anstndigen Menschen, der sich daran abrgert.
Morgen also Ihr zweiter Geburtstag in diesem Jahre. Den
knnten Sie in Gemeinschaft eines gewissen Freundes feiern
fangen usw.
Ich
wetterte
aber
fort,
mit
19.
nun, gleichviel womit.
Mrz 1859.
Whrend
Ihr Wilhelm.
bisher persnliche
und
Angelegenheiten
nun das gemeinschaft-
literarische
den Inhalt des Briefwechsels ausmachten, tritt
liche Interesse fr die ffentlichen Dinge in seine Rechte. Auerbach
und Wolfsohn waren Juden und besaen ein lebhaftes Mitgefhl fr
das Unrecht, da ihren Glaubensgenossen zugefgt wurde, fr das
Eines der letzteren war der furchtbare Brand,
Unheil, das sie betraf.
der im Mai 1859 in Odessa und Brody ausbrach und in beiden
Stdten die dort beraus zahlreich wohnenden Juden schwer schFr Wolfsohn war das Ereignis um so schmerzlicher, als in
digte.
dem letzteren Ort 'ein von ihm hochgeschtzter Onkel mit seiner
zahlreichen Familie, an ersterem seine Schwester wohnte. Trotz der
Aufregung, in die unser Briefschreiber durch diese Nachricht geriet,
blieb er literarisch eifrig ttig und verffentlichte gerade in jenen
Tagen eine sehr gnstige Rezension ber das damals erschienene,
keineswegs allgememein anerkannte Trauerspiel Gustav Freytags
Die Fabier".
ber
die folgenden Briefe.
letzteres wie ber die
Brandgeschichte handeln
FESTSCHRIFT COHEN
464
6.
19.
5.
56.
da ich Ihnen jede Nachricht aus
Odessa und Brody mitteile, die mir zuginge. Da ist ein Brief meines
Onkels; ich habe ihn soeben erhalten. Schicken Sie ihn mir gleich
Auch meine Schwester hat mir geschrieben, aber noch vor
wieder.
den Ereignissen, von denen die Zeitungen erzhlten. Da indessen
von letzteren nichts weiter verlautet, so kann ich mich wohl darber
beruhigen.
Auch da mein Onkel in Brody so gut weggekommen,
erkenne ich als ein auerordentliches Glck
aber darum hrt das
jammervolle Schicksal dieser Stadt nicht auf, mich tief zu schmerzen.
Ich habe den Hilferuf veranlat, den Sie heute und morgen im
Dresdener Journal finden. Infolge davon hat das Ministerium zugestanden, da auch die Redaktion des Dresdener Journals sich
erbiete, Beitrge zur Linderung der Not in Brody anzunehmen.
Auerdem werde ich wahrscheinlich schon Sonntag zu diesem Zweck
eine Vorlesung in Leipzig halten.
Sie sollen alles nhere erfahren.
Ich gehe brigens nur auf einen Tag hin. Die Vorrede zur ,, Osternacht" schicke ich Ihnen vielleicht morgen. Meinen Artikel ber
Die Fabier" wird einer Zuschrift der Redaktion zufolge (im Betref
der nchsten Nummer) wohl noch einmal geteilt werden.
Sie wollten,
lieber Freund,
7.
Da
der folgende, undatierte Brief aus
1861 sein mu, geht aus den
am
dem Ende
des Jahres
Schlu stehenden Glckwnschen
kommende Jahr 1862, sowie aus Berthold Auerbachs Antwort vom 31. Januar 1862 hervor. Der grte Teil des Briefes, den
ich in dem Folgenden ausgelassen habe, bezieht sich auf die von
Wolfsohn geplante russische Revue. Es war ihm dafr von dem
fr
das
russischen
Ministerium
eine
bestimmte Untersttzung
versprochen
Sendung aller Zeitschriften in Aussicht gestellt worden.
Infolge eines Wechsels im russischen Ministerium wurden diese Verheiungen zurckgenommen, und Wolfsohn sah sich in der unangenehmen Lage, sich alle Zeitungen und Zeitschriften auf seine
Kosten kommen zu lassen und statt einer erheblichen Frderung
durch das russische Ministerium, die Herausgabe der Zeitschrift auf
eigenes Risiko zu versuchen. Neben der breiten Errterung dieser
und auch
die
Angelegenheit stehen auch lngere Auseinandersetzungen darber,
ob es angemessener sei, die Zeitschrift monatlich oder vierteljhrlich
|..
GEIGER, BRIEFE
VON WILHELM WOLFSOHN AN BERTH. AUERBACH
465
erscheinen zu lassen und Aufforderungen an den Freund nun seinerseits
durch Empfehlung
des
Prospektes
in
der Augsburger All-
gemeinen Zeitung etwas fr die Sache zu tun. Das Letztere mute
Auerbach ablehnen, da er, wie er schrieb, seit vielen Jahren nichts
Wolfsohns Auseinanderfr die Allgemeine Zeitung getan htte.
setzungen sind fr die Schwierigkeiten, die im Jahre 1862 bestanden,
eine Zeitschrift ins Leben zu rufen, zwar recht interessant und legen
ein deutliches Zeugnis fr die uerst mhevolle Ttigkeit Wolfsohns
ab, knnen aber doch, da sie gar zu ausfhrlich sind, hier nur angedeutet werden. Es handelt sich dabei um die russische Revue,
die wenig spter zu einer nordischen Revue" erweitert wurde.
Koburg. Um was es sich bei dieser Andeutung handelt, geht aus
Auerbachs Antwort vom 31. Januar 1862 hervor. Auerbach schrieb
mit dem Herzog von Koburg sollen Sie nur vorerst in Verbindung
treten.
Weiteres wird sich dann schon ergeben. Sparen Sie das
Geld und die Zeit fr diese Reise nicht und schreiben Sie an
Meyern, da ich Ihnen im Auftrage des Herzogs gesagt, da Sie zu
einem Besuch kommen mgen und wann dies nun gelegen sei".
Das Goethebuch ist Auerbachs Vortrag Goethe und die Erzhlungskunst", den Bettelheim Seite 2']^ wohl mit Recht ziemlich
khl behandelt gegenber den enthusiastischen Ausdrcken, die
Wolfsohn an unserer Stelle braucht.
Die Waldknigin ist ein
mit Auerbachs Billigung gearbeitetes Volksstck von Kern, das aber
durchaus keinen Anspruch auf dramatischen Wert machen darf. Es
hatte auch, wie Auerbach in dem nher erwhnten Antwortschreiben
zugestand,
recht
geringen
Erfolg.
Carus' Jubilum
ist
das
von C. G. Carus (1789 ^1869). Carus
hatte als Mediziner, Knstler und Kunstschriftsteller groe Bedeutung
erlangt und gehrte zu den angesehendsten Persnlichkeiten Dresdens.
Doktorjubilum
50jhrige
Lieber, teuerer
Im Zug
vernichten.
wie Sie.
(Ende
Freund Auerbach!
61.)
der hchsten Freude hie Schiller unser Schuldbuch
Ich wei, niemand folgt ihm darin so leicht und gern,
Kann
es
aber eine reinere Knstlerfreude geben,
als die,
Oder sollten Sie
mit Ihrem Edelwei" einen Triumph gefeiert
mit welcher Sie das alte Jahr abschlieen durften?
nicht wissen, da Sie
haben, wie
keinen
seit
nicht wissen, da selbst
Ihren ersten Dorfgeschichten?
Sollten Sic
Gutzkow zugestehen mute:
das
Ja,
30
ist
ein
FESTSCHRIFT COHEN
466
schnes
Buch?"
Sie
Sollten
darber beredt wird?
Da
in
nicht wissen,
da unser Carl Blanck
den Augen Ernst Fischers, wenn er
Empfindung perlt?" Sollten Sie nicht
wissen, da in dem Hause Wolfsohns dieses Buch garnicht zur Ruhe
kommt, da Frau Emilie Wolfsohn soundsoviel Tage hindurch jeden
von Edelwei
den
Augenblick,
durchbruch
spricht,
die
oft hart
Zhne-
laborierenden Valeria abgewinnen konnte, diesem
Buche gewidmet hat? Sollten Sie
Doch
erfahren Sie es von mir.
ich zu reden
am
der Beschftigung mit ihrer
sie selbst
alles
das nicht wissen?
nicht
von Ihrem Edelwei wollte
Gut, so
anfangen, (worber ich trotz aller Arbeitsberhufung
Ihnen doch meine Meinung gedruckt mitteilen werde)
'
sondern
von Ihrer edlen Weise (welch gelungenes Wortspiel!), Schillers
Ruf zu beherzigen. Nun ist ein Briefschuldbuch auch ein Schuldund sehen Sie, darauf bin ich jetzt aus. In Ihrer Herzensbuch
freude vernichten Sie mit dem beginnenden Jahr Ihr Briefschuldbuch.
Und ist das zu viel, so streichen Sie wenigstens darin das Konto
Ihres Wilhelm, das sein Gewissen peinlich belastet. Ach, liebster
Freund, und doch ist mein Gewissen gegen Sie so rein, wie meine
Sehnsucht nach Ihnen gro ist. Von meinem Gedankenverkehr mit
der versteht sich von selbst
aber ich
Ihnen ganz abgesehen
spreche auch tglich so viel von Ihnen, da meine Jungen garnicht
In August
aus der Gewohnheit kommen nach Ihnen zu fragen.
scheint
frmlich ein
ber sein Alter hinausgehendes
Zusammenhanges mit mir
sich fortzusetzen.
Er meinte
Gefhl Ihres
neulich, das
whrend
Und Mathy fordert mich wiederholt auf, ihn nach
ich hier bin.
Berlin mitzunehmen. Den Gru der beiden sollen Sie hier im Bilde
Nehmen Sie's als Neujahrsgeschenk aus meinem Hause;
erhalten.
die andern zwei werden sich Ihnen auch gelegentlich prsentieren.
Ich kann und will Ihnen nicht umstndlich auseinandersetzen,
warum ich so lange geschwiegen. Da sehr, sehr Vieles mich vom
Schreiben an Sie abzog, wie oft ich auch schon angesetzt, werden
Sie mir doch ohne weiteres glauben. Ich fhle inde wohl, da ich
das gut zu machen habe, und einfrallemal, das soll anders werden
von nun an, das werden Sie sehen!
Dis Vorarbeiten und Anstalten zur Russischen Revue" haben
mich sehr abgehetzt
Es ist sehr schn, da Sie in Coburg an mich gedacht, aber
ich bilde mir ein, da Ihnen doch irgend ein greifliches Resultat
Denn um nichts weiter als die
dieser Reise fr mich vorschwebt.
ginge doch garnicht, da Sie so lange
in Berlin
blieben,
VON WILHELM WOLFSOHN AN BERTH. AUERBACH
GEIGER, BRIEFE
467
Ehre, des Herzogs Gast zu sein" wrden Sie mich doch keinesfalls
zu einem gegenwrtig fr mich doppelt schweren Zeit- und Geldopfer bestimmen.
Bitte,
verraten
Sie
mir Ihre Gedanken darber
und geben Sie mir einen Wink, in welchem Sinne ich an Herrn
von Meyern schreiben soll.
Ihr Goethebuch
das heit Ihr Vertrag
ist auf dem Felde
der Kritik ein fast noch glcklicherer Wurf als Edelwei in der Poesie.
Ich habe Marchand veranlat, die ganze Abhandlung fr die Revue
Germanique zu bersetzen.
Da Ihnen die Waldknigin" Vergngen gemacht, freut mich
aufrichtig.
So haben Sie doch das Vergngen davon als besten
Gewinn. Dramatisch ist der Stoff nicht, dabei bleibe ich, wenn ich
auch die Behandlung noch nicht kenne (Pabst hat mir das Buch
versprochen,
aber nicht geschickt); ein paar wirksame
Szenen denke ich mir recht gut, doch das reicht nicht aus. Inde
ist das Ding einmal auf der Bhne, so mag es weiter wandern
ich wnsche ihm von Herzen Glck, fliet doch Ihr Blut darin. Wie
ich hre, wird es demnchst in Knigsberg gegeben.
Ich eile nun zum Schlu.
Habe noch viel Briefe heute zu
schreiben. Meine geschftliche Korrespondenz betrgt durchschnittbis
jetzt
lich 5
Briefe jeden Tag.
Denken
Sie nun, wie mir zumute war,
auch auf ein paar Wochen wirklich federlahm" wurde, wie
mich schalten, aber nicht im figrlichen, sondern im wrt-
als ich
Sie
Von
Rheuma an
wurde ich von einem
der rechten Hand befallen und konnte dieselbe
garnicht bewegen.
Ich mute alles, was ich zu schreiben hatte,
meiner Schwgerin diktieren. Auch beim Carus-Jubilum war ich
von diesem bel noch nicht befreit. Man zog mich aber zu dem
Feste, denn
hie es
Sie sprechen ja nicht mit der Hand".
Wirklich bekam mir die Rede sehr gut.
Gleich nach dem Feste
befand ich mich wieder wohl.
Also, mein teurer Freund, auf baldig Wiederschreiben!
lichen
Sinne.
heftigen
Leipzig zurckgekehrt,
Mge Ihnen das
Jahr 1862 den herrlichsten Sonnenschein bringen.
Meine Frau und alle
Ihrem ganzen Haus.
die Meinigen
senden Glckwnsche und Gre
Ihr Wilhelm.
Damit mgen diese Mitteilungen abgeschlossen sein. Sie geben
Kunde von dem harmonischen Freundschaftsbunde zweier Edlen, in
welchem der weniger Erfolgreiche, Krnkliche, vom Schicksal arg
30*
468
FESTSCHRIFT COHEN
Mihandelte doch keineswegs nur
fangende,
sondern frohmutig
als
und
der Hilfeheischende und
stark
als
der
Emp-
Spendende und
Frdernde erscheint.
Diese kleine Gabe, Reliquien tchtiger Mnner, darf ich Ihnen,
hochgeehrter Herr, wohl zu Ihrem 70. Geburtstage mit einem ehrlich gemeinten Glckwunsche berreichen. Sind beide Mnner auch
nicht Ihre Fachleute und darf auch ich mich nicht zu dem engeren
Kreise Ihrer Fachgenossen rechnen, so kenne ich Ihren feinen
sthetischen Sinn, ihre weite und tiefe Teilnahme an allem, was
Dichtung und Kunst betrifft genugsam, um zu meinen, da diese
Und dies um so mehr,
kleine Spende Ihnen willkommen sein wird.
als die beiden Mnner, von denen hier die Rede ist, deutsche Juden
waren, treu ihrem Glauben, gern bereit fr die Verfolgten mit Wort,
und Tat einzutreten, im innersten Herzen erglht fr deutsche
Gre und fr die Herrlichkeit der deutschen Sprache und Dichtung.
Schrift
Die Nchstenliebe im Judentum.
Eine historische Studie von Dr. K. KOHLER.
Religise
Vorurteile sind schwer auszurotten, und
schaftliche
Schrifttum
sie
vermgen wissen-
Gegenbeweise wenig, besonders wenn
mit gttlicher Autoritt versehen hat.
ein heiliges
Wie
der
Ahn
Jacob in dunkler Nacht gegen jene Himmelsmacht kmpfen mu,
die ihm die Hfte verrenkt, bei Tagesanbruch aber vom Gegner als
Sieger anerkannt wird, so mu noch heute der Jude sein gutes Anrecht auf seine Lehre universaler Menschenliebe sich erkmpfen,
bis
die
Sonne wahrhaft geschichtlicher Erkenntnis der Religionen
und Religionsurkunden ber die Streitenden aufgegangen sein wird.
Nun aber mangelt es an tiefem geschichtlichen Einblick und Urteil
noch auf allen Seiten gar sehr. Wie vieles zur Klrung des Denkens
geschehen mu, zeigt unter anderem das schne Werk Ethik des
reinen Willens" von Hermann Cohen, dem zu seiner Jubilarfeier
diese Bltter gewidmet sind.
Ich bergehe, was derselbe ber die jdische Lehre von der
Gottes- und Nchstenliebe' geschrieben, und knpfe an das von ihm
im ebengenannten Werke S. 207 Gesagte an: Wie ist die Nchstenliebe berhaupt entstanden?" fragt er, und die Antwort lautet also:
Tm hebrischen Urtext heit es: Liebe Deinen Re'a als Dich
selbst. Re'a ist der Andere. Der Ausdruck wird sogar von zwei
Ngeln
(?>
(Stcken
Genesis
15, 10?)
gebraucht, die zueinander ge-
aber der Nchste geworden ? Die
ttAtjo-ios (genauer o ttXi^o-iov
Septuaginta bersetzt Re'a mit Nachbar
hren.
Wie
ist
aus
dem Andern nun
Die Nchstenliebe im Talmud. Ein Gutachten", 1888, und Liebe und
Gerechtigkeit in den Begriffen Gott und Mensch" in Jahrb. fr Jdische Gesch.
^
u.
Literatur", 1900.
FESTSCHRIFT COHEN
470
Dieser Ausdruck nimmt auch in
scilicet wv).
dem klassischen GrieUnd in der rmischen
Nhe an.
Verwandten die Nahen
chisch die erweiterte Bedeutung der
(propinqui).
Wenn
Sprache sind ja die
nun im lateinischen Sprachgebrauch Re a mit proximus bersetzt wird,
whrend die Vulgata dagegen mit dem nicht minder verfnglichen
Amicus bersetzt, so scheint durch den Superlativ der Positiv der
Verwandten berstiegen zu sein. Also sind zugleich mit den Blutsverwandten auch die Stammesverwandten bertrofifen, und welche
Nhe und Freundschaft knnte es
welche die Menschen in engere Verbindung
andere
noch geben, in
sich zusammenfgten?
sonst
wei abeV, wie schwer und verhngnisvoll fr das sittliche Bewutsein der Fortgang der Kultur diese Frage beantwortet hat.
Man
und Stamm hat der Glaube die Menschen verkettet.
Und der Genosse des Glaubens wurde zum eigentlichen Haus-
Nher
als Blut
genossen
(oiKiT-qs
Trjs
7rio-T0Js),
er erzeugte
jedoch unvermeidlich die
Ausnahme von der Regel der Nchstenliebe. Er wurde
zum Nchsteren. Man kann es bei HuGO Grotius gewahren,
man braucht dafr nicht auf die scholastische Literatur zurckzu-
legitime
greifen,
wie die Kriege mit den unchristlichen Vlkern dadurch ge-
rechtfertigt werden."
Gehen
Soweit Professor COHEN.
sprachlichen Beobachtungen etwas geallen Sprachen verdichten sich Worte allmhlich zu
und schwankt deshalb vielfach ihre Bedeutung. Das
wir nun diesen
nauer nach.
In
festen Begriffen,
Rea
Verkehren, Genossenschaft haben mit
Jemandem) bedeutet ursprnglich Genosse, Freund, ward aber allBruder", zum Nebenmann oder Anderen
mhlich, gerade wie ah
biblische
(von ra'ah
erweitert.
Zugegeben nun, da
ausschlielich nationalen
die
mosaische
Gesetzgebung
einen
Charakter trug und auch das talmudische
Zivilrecht unter syrisch- rmischer Herrschaft diesen Charakter beibehielt, wie die Mischna Baba Kamma IV, 3 oder Mekilta Mischpatim
12 (vgl. Baba Meziah iii'' und 32'') im Widerspruch mit der fortgeschrittenen Anschauung der Talmudisten des dritten Jahrhunderts
zu bersehen be(siehe B. K. S. 38*, was Merx zu Matthus S. 293
liebte!) zeigt, da somit der Re'a wie der Ger in Leviticus 19, 18 und
34 ursprnglich noch gewissermaen als zum nationalen Verband gehrig gedacht waren; sicher ist, da die jdische Ethik, die auf der
biblischen Darstellung der Menschheitsgeschichte, die von einem
Menschenpaar ausgeht, sich aufbaute, die ferner den prophetischen
Gedanken der Zusammengehrigkeit aller Menschenstmme, den Hermann Cohen den Messianismus nennt, in sich aufgenommen und
f.
KOHLER, DIE NCHSTENLIEBE IM JUDENTUM
an der Patriarchengestalt
Abrahams
4/1
des Menschenfreundes, wie ihn
und noch mehr Hiobs,
dessen Menschenliebe im 31. Kapitel des Buches Hiob so edlen
Ausdruck gefunden, sich emporgerankt, den Gesichtskreis des Judentums frhzeitig genugsam erweitert hat, um lange bevor Jesus
oder Hillel aufgetreten, das Gebot der Nchstenliebe auf
die gesamte Menschheit ausgedehnt zu sehen. Das besagen
die
Hagada
der
schildert,
ltesten Zeit
Worte Ben Azzais seinem Genossen Akiba, dem groen Meister
und Mrtyrer des Hadrianischen Kriegs, gegenber (Sifra zu Lev 19, 18).
Hatte dieser nach dem Vorgange Hilleis das Gebot der Nchstenliebe
freilich nach dem biblischen Wortlaut also in positiver
die
Form und nicht wie Hillel in
negativen Form (Schabbath
der traditionellen oder
targumischen
den groen Grundsatz der
jdischen Lehre" bezeichnet, so erklrte jener den Vers Genesis 5, i,
in welchem die Geschichte oder Geburtsfolge des im Gottesebenbild
geschaffenen Menschen" betont wird, als den wahrhaft grund-
legenden Satz von
31*)
als
der Menschenliebe.
Und wenn Strack und
seine Nachtreter in ihren Leviticus- Kommentaren
behaupten, Ben
Azzai habe hier ein Jahrhundert nach Jesus den ersten Ansatz zur
Lehre, da das Gebot der Nchstenliebe alle Menschen umfate,
gemacht", so haben
sie
ein
von der Matthusschen Bergpredigt
den Tatsachen widersprechendes Urteil abgegeben.
Fassen wir zunchst den Hillelschen Ausspruch ins Auge. Ein
Heide will spttisch
die ganze Thora vernehmen,
stando pede
und^ Hillel antwortet: Was dir zuwider, das tue auch nicht deinem
Nchsten
habrek, ganz wie re'aka, aus haber-Genosse zum Nchsten
beeinflutes,
sprachlich umgewandelt!
Das
ist
die ganze Lehre; alles andere
ist
Htte diese Rede einen Sinn, wenn unter dem
Nchsten der jdische Volksgenosse gemeint sein sollte? Wir kennen
berloth
auerdem Hillels Wahrspruch: Liebe die Mitgeschpfe
gleich dem neutestamentlichen ktiVis ein eigens zur Bezeichnung der
Auseinandersetzung."
und bringe sie der GottesGesamtmenschheit geschaffenes Wort!
lehre nahe!" Nun bezeugen gerade die Evangelien (Markus 12,31;
gegen Matth 5,43^0 da die
Lukas 10,27 und Matth 22,39
Schriftgelehrten so gut wie Jesus den Hillelschen Lehrsatz
von der Nchstenliebe als Hauptgebot gekannt haben. Wellhausens
Versuch, die Urheberschaft Jesus mit der Bemerkung zu retten, da
Kombination der zwei Gesetzessprche, des einen ber die
Gottes- und des anderen ber die Nchstenliebe, sei erst von ihm
vollzogen worden, scheitert daran, da dieselbe bereits in der um
die
FESTSCHRIFT COHEN
472
Jahrhundert
ein
lteren
Grundschrift der Testamente der Zwlf
im Test. Issachar 5, 2; "jj^ und Test Dan 5, 3, vollzogen erscheint, was auch Bacher Agada der Tannaiten", I S. 7
Note 4 unbekannt geblieben. Auch die Paulusbriefe (Rmer 1 3, 9
und Galat 5, 14) lassen den Wortlaut des Hillelschen Lehrsatzes
noch durchblicken, und fand es der Apostel durchaus unntig, den
Begriff des Nchsten in einem anderen oder neutestamentlichen Sinn zu definieren oder zu erweitern. Die aus dem jdischen
Religionsbewutsein geschpfte griechische bersetzung der Siebenzig hatte fr rea ein fr allemal, sowohl im Dekalog und in den
prophetischen Schriften wie im Leviticus, das rechte Wort gefunden:
Patriarchen",
TrAr^crtbv
[oV]
der Nahe"
Vulgata Lev
propinquus;
nicht wie die christ-
Das heit: Jeder dir
Nahe, ohne Unterschied des Geblts oder des gesellschaftlichen Verbandes. Schon die Frage, die Lukas 10, 39 dem Gesetzeslehrer in den Mund legt: Wer ist mein Nchster?" ist, wie
Steinthal Ethik" S. 123 bemerkt, lieblos, und die Parabel vom
liche
guten Samariter
19,
ist
18 hat, amicus".
keine Antwort,
sondern eine Verdrehung der
Frage und kann nur einem Griechisch-Redenden als Antwort auf
die Frage: -rk ka-riv /j-ov 7rXi]criov; gelten, nicht aber von Jesus stammen,
der der aramischen Volkssprache sich bediente. Die ganze Parabel,
die an Stelle des Israeliten den Samariter als Dritten neben den
Cohen und Levi setzt, ist vom dritten Evangelisten aus ihrem ursprnglichen
Zusammenhang
hierher versetzt.
Die jdischen Sitten-
da das Gebot der Nchstenliebe Liebe fr alle von
Seinem Ebenbild Geschaffenen verlangt, denn sie sagen:
Das Gebot schliet mit dem Gottesschwur: Ich der Herr! Das
will sagen: Liebst du den von Mir Geschaffenen, so bin ich da
zu lohnen; hassest du ihn, so bin ich da zu strafen. Nur die Gott
hassen und Ha sen, die ketzerischen Verleumder wollen sie
nach Psalm 139,21 von der Liebe ausschlieen (Abot de R. Nalehrer wuten,
Gott
in
XVI
than
ed.
Schechter 64,
vgl.
Schab.
116*)."
Ganz so
Didascalia (Apostol. Konst.) VI 18,6 mit demselben
dem
der
Zitat
aus
139. Psalm.
Nun
aber
ist
satzes" anzusehen.
der das Gebot
seiner
Philo
auch
Was
Hillel nicht als
Urheber des goldenen Lehr-
der jdische Verfasser des Jakobusbriefs
Form zitiert, das
Bernays (Ges. Werke
in seiner biblischen
2, 8,
knigliche Ge-
I 275) gezeigt,
kommt, wie
dem Aramischen nachgebildeten negativen Form bei
setz" nennt, das
in
in
an der Spitze seiner Sammlung jdischer Sittenlehren vor:
KOHLER, DIE NCHSTENLIEBE IM JUDENTUM
"A
TIS
Ix^aipu
TTadeiv
firj
ttouiv
unmittelbare,
Fassung
alttargumische
bertragene
Griechisch
die
avTov,
4/3
in schlechtes
des
Bibelworts
man nicht
einem anderen tun." An Hillels Vorlage ist aber, trotz Grtz, Bacher
und anderen, um so weniger zu denken als das dem zweiten vor(Lev
19, 18:
Targ.
J.):
Was
Einer
christlichen Jahrhundert angehrige
form kennt:
anderen."
/xio-ei?
/xr^Sevt
Trouja-rjs.
zu
leiden hat, soll
Buch Tobit
Vgl. Aristeasbrief S. 207.
polnische Talmudist Samuel Edels aus
4,
Was du
15 dieselbe Spruch-
hassest, tue
keinem
Schon der scharfsinnige
dem
16.
Jahrhundert hat die
da die in der Volkssprache dargebotene negative Form das Gebot der Nchstenliebe in seiner
praktischen Ausfhrbarkeit vorfhrt, whrend dasselbe in seiner
positiven Form kaum ausfhrbar ist, da man im lebensgefhriichen
Augenblick an sich und die Seinen zuerst denken darf, ja, denken
feine
soll,
Bemerkung
und kann
zu Schab. 31*,
die Liebe
zum Mitmenschen
nicht dieselbe sein wie
und den Unsrigen. Vom Nebenmenschen fernhalten, was wir von uns ferngehalten wissen wollen, das hingegen ist
allgemein anwendbare Pflicht. Trotzdem sehen wir die Umwandlung
der negativen in die positive Fassung nicht blo im Neuen Testament
(Lukas 6,31; Matth 7, 12), sondern auch von Akiba und anderen
die Liebe zu uns
jdischen Meistern des zweiten Jahrhunderts vollzogen.
wenn der Name
Von
Akiba,
nicht irrtmlich an Stelle Hillels steht (Abot d. R.
da er, an die
Targumform anknpfend, zum Proselyten sagte: Wie du nicht willst,
da man dir das Deine beschdige oder wegnehme, so hte auch
du dich davor, anderen etwas zu beschdigen oder wegzunehmen."
Und nun lehrte R. Eleazar, der Schler Johanan b. Zakkais, des
Schlers Hillels La die Ehre deines Nchsten dir so lieb sein wie
deine eigene, und wie du dir nichts Bses nachgeredet haben willst,
so meide auch du die bse Nachrede", und R.Jose: La das Vermgen deines Nchsten dir so lieb sein wie das deine, und taste
es so wenig an wie du das deine angetastet haben willst" (Abot d.
R. N. ed. Schechter 60 und 65).
Nathan Version
B. ed. Schechter 53), wird berichtet,
Dieselbe Lehrmethode nun begegnet uns in der unter dem
Namen Apostolische Konstitutionen auf uns gekommenen
Didaskalia, deren Grundstock nicht, wie Lagarde und FuNK,
die Herausgeber, angenommen, die sptkirchliche sogenannte syrische
Didaskalia, sondern eine von der Kirchenbehrde berarbeitete vor-
christliche und wahrscheinlich essenische Gemeinde-Konstitution ist, aus der sowohl Paulus wie die lteste Kirchenliteratur
474
FESTSCHRIFT COHEN
vieles geschpft haben.
Hierauf nher einzugehen liegt auer
Bereiche dieses Artikels.*
Von
dem
der verwandten Didache im siebenten
Wir haben es hier
blo mit dem in beiden Werken als Hauptlehrsatz erwhnten
Gebot der Nchstenliebe und seiner Behandlung zu tun. Das
Buch
dieser Schrift
ist
das vielfach zugestanden.
warnende erste Kapitel der
lteren, vorzglich mit Zitaten aus dem Alten Testamente versehenen
Didaskalia
die neutestamentlichen sind oft schlecht eingefgt und
nachgeschleppt!
schliet mit folgenden Stzen: 7. Fr die aber,
die Gott gehorchen, gibt es dieses eine, einzige, einfache,
wahre, lebende Gesetz Gottes: Was du hassest, da es dir
von jemandem sonst geschehe, das tue du einem anderen
nicht!" Und nun folgt, ganz wie bei Akiba-Hillel im oben
angefhrten Zitat aus Abot d. R. Nathan die Anwendung:
8. Du willst nicht, da einer mit bser Absicht dein Weib anblicke,
um es zu verderben, so sollst du auch das Weib deines Nchsten
nicht in unsittlicher Absicht anglotzen.
9. Du willst nicht, da man
dir dein Kleid wegnehme, so nimm du auch das eines anderen nicht
weg. 10. Du willst nicht, das man dich schlage, schmhe, beleidige,
Hier haben
so sollst du dieses auch einem anderen nicht tun."
wir kein Zitat aus Tobit 4, 15, wie die Herausgeber in der Note
anmerken, sondern die traditionelle bertragung des Gebots
der Nchstenliebe im Leviticus mit der berlieferten Auslegung.
Und hieran schliet sich ein eigentlich nicht zum Inhalt des Buches
gehriges Stck: II, i. So aber einer dir flucht, so segne du ihn!
denn im Buche Numeri (24, 9) steht geschrieben: Wer dich segnet,
Der
der wird gesegnet, und wer dir flucht, der wird verflucht."
Bibelvers soll wohl dasselbe besagen wie Psalm 109, 28: Die da
fluchen, werden von Gott verflucht, und darum sprich du: Mgen
sie fluchen; du wirst segnen.'*'
Der christliche Bearbeiter schaltet
hier den Satz ein: In gleicher Weise steht auch im Evangelium
geschrieben (Lukas 6, 28): Segnet die, die euch fluchen."
Der zweite Paragraph lautet: So ihr Unrecht erleidet, rchet
besonders gegen
unlautere
Begierde
Siehe die Artikel Didache and Didaskalia in der Jewish Encyclopedia, wo
Schreiber dieses die echt jdischen Bestandteile ausfhrlich besprochen. Der
*
mit der patristischen, nicht aber mit der rabbinischen Literatur vertraute
Fr. H. Funk erwhnt den letzteren Artikel mit ein paar nichtssagenden Worten.
Neue eingehende Forschung
hat mich von meiner Ansicht vergewissert.
Nur
fand ich, da auch die Didache im siebenten Buch der Konstitutionen die ur-
sprnglichere jdische Proselytenlehre
mit Zutaten enthlt.
KOHLER, DIE NCHSTENLIEBE IM JUDENTUM
euch
sondern ertragt es geduldig, denn die Schrift (Sprche
etwas erweitert!) sagt: Sprich nicht, ich will dem Feinde
nicht,
20, 22
LXX
vergelten,
475
was
damit der Herr
sondern ertrage es geduldig,
helfe und an dem, der dir unrecht getan, Rache
er mir unrecht getan,
dir
Recht unpassend schaltet hier der christliche Bearbeiter
den Satz ein: Denn so spricht er im Evangelium (Matth 5, 44f. und
Lukas, 27f. kombiniert!): Liebet eure Feinde; tut wohl denen, die
euch hassen, und betet fr die, die euch beschimpfen und verfolgen"
usw. In der syrischen Didaskalia wird statt dieser Verse der Satz
vollziehe."
Didache
aus der
I,
3 (vgl. Apost. Konst. VII,
euch hassen, und betet
keine Feinde haben" als
in
fr
die, die
2, 2):
Liebt
euch fluchen, und
Evangelium
zitiert.
die, die
ihr
Wir haben
werdet
es also
beiden Schriften mit spten Einschaltungen zu tun.
Gehen wir nun zu der als Apostellehre von der Kirche bernommenen, aber anerkanntermaen jdischen Lehre" fr Proselyten, die auch unter dem Namen: Die zwei Wege" bekannt,
ber.
Da trgt denn die im siebenten Buch der Apost. Konst. erhaltene Version
Ausschlu der sprlichen christlichen Interden Charakter der jdischen Schulmethode, nur
essischer Frbung. Da lautet das zweite Kapitel, entsprechend
polationen
m.it
etwa in
der christlichen Didache
des Lebens, und das ist
I,
3,
also:
Der
erste
nun
ist
der
Weg
den das Gesetz verkndet: Lieben
(sollst du) Gott aus ganzer Einsicht und aus ganzer Seele als den
Einen und Einzigen, neben dem kein anderer ist, und den
Nchsten wie dich selbst".
(Und Alles was du nicht willst,
da dir geschehe, das sollst auch du einem anderen nicht tun.")
der,
Das
ist:
Hier
ist
Was du
ofifenbar
hassest, das tu' einem anderen nicht!
der kurze zweite Satz, der wie der Spruch
bei
der vorhergehende, der mit dem
der christlichen Didache gleichlautend ist, spter als Erklrung
eingeschoben. Wir haben also hier wiederum die traditionelle
Tobit
lautet,
das Ursprngliche,
in
Form, mit der man den Proselyten ber die jdische Ethik belehrte.
Und
daran schlieen sich die zwei folgenden (essisch) jdischen Sittensprche: (Aus diesen Worten folget folgende Lehre:)
2.
Segnet, die euch fluchen;
(fastet fr
die,
die
betet fr die,
euch verfolgen);
(liebet
euch beschimpfen;
wohl
eure Feinde;
die
Denn welches Verdienst habt ihr, so ihr
denen, die eure Freunde sind? Das tun auch
christliche Einschaltung!).
Freundschaft zeiget
die
Heiden.
Vielmehr seid Freunde denen, die euch hassen, und
FESTSCHRIFT COHEN
476
Denn es sagt die Schrift: Du
sollst nicht hassen irgendeinen Menschen, nicht den gyp-
ihr
werdet keinen Feind haben.
ter";
3.
nicht den Idumer" (Deut 23,
schpfe.
7),
denn
alle
sind Gottes Ge-
Meidet daher nicht die leiblichen Personen, sondern die
Gesinnungen der Schlechten."
Wir haben hier
die christliche Didache hat den ersten Spruch
unversehrt erhalten,
nur
ist
<^tXcrv
richtiger als
dyarrav
nichts
Neutestamentliches, sondern jdische Ethik. Im Anschlu an
Genesis 20,7 und 17 und Hiob 42,810 lehrt die Tosifta Baba
Kamma IX 29, vgl. Mischnah B. K. VIII 7 und dazu Gemara: Wer
von jemanden verletzt worden, mu fr denselben, selbst- wenn er
nicht darum anhlt, bei Gott Frbitte tun, wie Abraham und Hiob
getan, und Gott wird ihm besondere Gnade erweisen, wie Er Hiob
von Josephus bergangene Stelle bei
Hippolytus Refutatio Haeresium IX, 23 betreffs des Eides der Esser
beim Eintritt in die Brderschaft: Sie schwren, Gott zu frchten,
und dann Gerechtigkeit zu ben gegen die Menschen, und in keiner
Weise jemandem unrecht zu tun, noch auch irgendeinen zu
hassen, der ihnen unrecht getan, auch nicht den Feind,
sondern fr dieselben zu beten."
Und was nun den anderen, auch in der christlichen Didache
in anderer Fassung gegebenen Sittenspruch anlangt, so ist er
II, 7
offenbar in echt midraschischer Lehrform auf der Kombination von
Leviticus 19, 17: (Du sollst deinen Bruder nicht in deinem Herzen
hassen") und Deut 23, 7: (Verabscheue den Edomiter nicht, denn
er ist dein Bruder") basiert, um zu zeigen, da auch der NichtJude
Auf alle Flle gehrt sowohl die
als Bruder" zu behandeln ist.
Didache wie die Didaskalia in ihrer ursprnglichen Form der vorchristlichen Zeit an. Wir sind nunmehr in den Stand gesetzt, die
Matthussche Bergpredigt, soweit das Gebot der Nchstenliebe
in Betracht kommt, auf ihre Echtheit und Zuverlssigkeit zu
prfen. Vorausschicken wollen wir, da die Bergpredigt, wie WellHAUSEN und andere erkannt haben, ein knstlich aufgeputztes Machwerk ist, das den einzigen Zweck hat, dem verhaten Judentum, das
im Sinai -Gesetz wurzelt, ein Neues gegenberzustellen, einen
anderen Offenbarungsberg, von dem aus dem Volk ein fr
allemal der Bruch mit dem Alten verkndet werden sollte. Aus
allen Teilen des Landes, aus Galila und den zehn Stdten, aus
Jerusalem und Juda wie von jenseits des Jordans" mu das Volk"
(4, 25, vgl. 7, 29) herbeikommen und, in Widerspruch mit 5, 17
19,
getan."
Vergleiche
die
KOHLER, DIE NCHSTENLIEBE IM JUDENTUM
47/
durch das Ich sage euch!" von Jesus als abgeschafft
oder berwunden proklamiert zu hren. So wird aus der einfachen
an die Jnger allein gerichteten Feldpredigt des Lukas, mit den
das Gesetz
und
vier Seligpreisungen
Lehrinhalt,
an die
vier
Weherufen und dem echt essischen
eine Bergpredigt mit einer Absageerklrung der Kirche
Synagoge, und
die Phariser,
die
verhaten Meister des
der Laufbahn Jesus, den sieben
selben entsprechend.
Weherufen gegen
Judentums, am Schlu
mit sieben statt vier
Durch
Seligpreisungen
allerlei
zu
Anfang
der-
Kunstgriffe wird die Kirchen- und
Synagogenlehre zu einem Gegensatz emporgeschraubt, der,
innerlich und geschichtlich unwahr, von der christlichen Theologie immer weiter ausgeheckt wurde und noch heute ausgeheckt
die
wird.
So
denn
folgendem unerhrt schroffen
Gegensatz, der zum Lieblingsthema aller offenen und versteckten
Judenfeinde geworden: Ihr habt gehrt, da gesagt ist, du sollst
deinen Nchsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage
euch. Hebet eure Feinde und betet fr die, die euch verfolgen, auf
gipfelt
die Bergpredigt in
Kinder werdet eures Vaters im Himmel, denn Er lt Seine
Sonne aufgehen ber Bse und Gute und lt regnen ber Gerechte
da
ihr
und Ungerechte" (5, 43 46). Nun lt sich der Satz: Du sollst
den Feind hassen"
zur Qual aller glubigen und unglubigen
Exegeten und Theologen;
nirgendwo im Alten Testament, wo
im Gegenteil Schonung gegen des Feindes Tier (Exod 23, 4) geboten und Gromut gegen seine Person anempfohlen wird (Sprche
25, 11), noch auch bei den Rabbinen finden, die Ha gegen die
Mitgeschpfe" (Abot II, 11) verdammen, wenn auch sptere Engherzigkeit oder Gegenha den Heiden von Exodus 23, 4 ausschlo
(Baba Mezia 32''). Ein Vergleich mit Lukas 6, 27 31 zeigt, da die
Frmmigkeitsmoral,
Jesurede durchaus keinen Gegensatz
hhere
zum
Sinaigesetz bilden, sondern
Das was der
Talmud (Ger. Terumah VIII 46'') Mischnath IJasidim == Esserethik nennt zur Lebenspflicht machen sollte. Im Gegensatz zu den
Weltlichgesinnten, den Reichen", von denen vorher die Rede war,
den Jngern eine
heit es:
Aber
ich sage euch, die ihr hrt"
seHg gepriesenen
Armen und Geschmhten!
das
Liebet
heit,
auch den
eure Feinde;
wohl denen, die euch hassen; segnet die, die euch fluchen; betet
fr die, die euch beschimpfen, und so fort." Und was ihr wnscht,
da euch die Leute tun, so tut auch ihr ihnen gleicherweise." Ganz
so heit es im Talmud (Sabbath SS** und Parallelstellen): Die ge-
tut
\
l
FESTSCHRIFT COHEN
47^
schmht werden und nicht selbst schmhen, die Beleidigung vernehmen und sie nicht erwidern, die alles aus Liebe tun und der
Prfungen sich freuen
das sind die, von denen es heit (Richter
Und
5,31):
aufgeht
Dem
die,
die Ihn (Gott) lieben,
in ihrer Strke."
Vgl.
sind wie
Rosch ha Schanah
die
Sonne,
die
17* und Parallelen:
vergibt Gott alle Snden, der gromtig Beleidigungen ber-
und Midr. Suta Schirha Schirim Anfang: Gott will die Wohlfahrt aller Seiner Geschpfe und lt die Sonne aufgehen
ber Gerechte und Ungerechte."
Um in den Wegen Gottes
zu wandeln, mut du gleich Ihm gtig, barmherzig und liebevoll
gegen all Seine Geschpfe sein" (Sifre zu Deut 11,22). Dasselbe
nun lehrte Jesus seine Jnger: Um wahrhaft Gottes Kinder zu werden,
mssen sie ber die Linien des strengen Rechts hinaus edel sich
erweisen"
um den talmudischen Ausdruck
liphnim mi schurath
hadin (Mekilta Jithro zu Ex 18, 20)
zu gebrauchen, der ohne
Frage dem bei Matthus wiederum verzerrten Ausspruch zugrunde
liegt: Wenn eure Gerechtigkeit nicht die der Schriftgelehrten und
Phariser weit bertrifft, so werdet ihr gewi nicht in das Himmelreich eingehen" (5,, 20).
Also auch barmherzig sein, wie Gott, ihr
himmlischer Vater, barmherzig ist" (Lukas 6, 36). Nun gehen Lukas
und Matthus in den Einzelforderungen an die Jnger auseinander
und weisen beide auf eine gemeinsame Quelle zurck, wie bereits
Resch Agrapha" S. 246 erkannt hat. Nur ist diese Quelle nicht
in einem Urevangelium, wie Resch meint, zu suchen, dem etwa
Paulus I Kor 4, 12: (Beschimpft, segnen wir; verfolgt, dulden wir;
verleumdet, flehen wir") oder I Petri 3, 9: (Vergeltet nicht Bses fr
Bses, Schmhung fr Schmhung, im Gegenteil, segnet vielmehr,
denn dazu seid ihr berufen, damit ihr Segen erbet") entnommen wre.
Sowohl I Petri 2, 23 als die unter dem Namen des Petrus-Schlers
sieht";
erhaltenen judenchristlichen Homilien
(III,
19) fhren Jesus als
Vor-
bild vor (Imitatio Christi statt des ursprnglichen jdischen Imitatio
De),
als
liebte,
die ihn haten,
die
betete,
der,
die
der geschmht, nicht wieder schmhte",
...
die segnete,
ihn beschimpften."
die ihn schmhten,
Besonders bezeichnend
der die
und
fr
ist
die
Rede Petrus in Homilie XII, 32, wo ohne alle Beziehung auf
einen derartigen Ausspruch Jesus folgendes gesagt ist: Allen
ist es von Natur eingegeben, die zu lieben, die sie lieben.
Der Gerechte jedoch versucht es auch seine Feinde zu lieben, und seine
Schmher zu segnen, ja sogar fr seine Feinde zu beten, und die zu
bemitleiden, die
ihm unrecht
tun.
Deshalb enthlt er sich davon.
KOHLER, DIE NCHSTENLIEBE IM JUDENTUM
rchen und segnet sogar
ZU
sich
die,
die
'
4/9
ihm fluchen; er vergibt
denen, die ihn schlagen; er unterwirft sich denen, die ihn verfolgen;
er grt die, die ihn nicht gren;
er
teilt,
was
er hat, mit denen,
den Feind,
ermahnt den Ungehorsamen, belehrt den Unglubigen, trstet den
Trauernden; wenn er leidet, trgt ers geduldig, und wenn er Undank
die nichts haben; er berredet den, der zrnt, befreundet
Da
dem
erfhrt,
gert er nicht in Zorn.
geben,
den Nchsten zu lieben wie sich
nicht
die
er sich
Entschlu hinge-
selbst,
frchtet
er
Armut, sondern weil er das Seine mit denen, die nichts
Armut. Aber er bestraft
auch nicht den, der sndigt. Denn der, der den Nchsten wie sich
selbst liebt, wird, wie er, wenn er gesndigt hat, wei, da er nicht
bestraft werden will, so auch die nicht bestrafen, die gegen ihn
gesndigt. Und wie er wnscht, da er gelobt, gesegnet und geehrt werde, und da seine Snden ihm vergeben werden, so wird
er auch seinem Nchsten gegenber handeln, da er ihn Hebt wie
haben,
teilt,
begibt er sich
(freiwillig) in die
einem Wort, was er sich selbst wnscht, das
wnscht er auch seinem Nchsten. Denn das ist das Gesetz Gottes und der Propheten; dieses die Lehre = Didassich selbst.
kalia
In
der Wahrheit."
Das Ganze
die
Liebe Gott!" Das wird
stck Sifre zu Deut
wie
zurck,
an das Doppelgebot: Liebe Gott!" und Liebe den Nchsten!"
anknpft.
da
Didaskalia
also weist auf die altjdische
alle
6, 5
dem
sicherlich alten Lehr-
also ausgelegt: Bewirke durch deine Liebe,
Mitgeschpfe Ihn lieben und
Abraham
in
als ihren
Gott bekennen, ganz
getan, der durch seine Liebestaten die Heiden bekehrte
und unter Gottes Heilsschwingen brachte." Dieses ganze Kapitel
von der Gottesliebe ist in der Didache beider Versionen ausgelassen, und klafft hier eine Lcke, die beweist, da die ursprngliche
jdische Didache von christlicher Hand arg verstmmelt worden.
Doch sehen wir an dem berlieferten Beispiel Hillels oder Akibas,
da man bei dem Proselytenunterricht auf das Gebot der Nchstenliebe den Nachdruck
legte.
Judentums nach der ungeschichtlichen
Matthusschen Bergpredigt zu konstruieren und etwa herablassend
von humaneren Unterstrmungen" zu reden, wie das BOUSSET in
der sonst verdienstvollen zweiten Auflage seiner Religion des Judentums" S. 154 ff. noch tut, sollte echt wissenschaftliche Wahrheitsliebe
die Forscher dazu veranlassen, die neutestamentlichen und altchristStatt also die Ethik des
FESTSCHRIFT COHEN
480
Lehrsprche an der Hand rabbinischer Quellen besser und
in grerem geschichichen Zusammenhange richtiger verstehen
und wrdigen zu lernen. Es mag ja sein, da die Liebe, wie man
liehen
sagt,
blind
macht; sicherlich
tut
das
in
weit hherem Grade die
Lieblosigkeit. Lerne, sagt Hermann Cohen, aus den Begriffen
Gott und Mensch die Ethik ohne Affekt zu erfassen. Nun, ich
mchte als Theologe die Liebe nicht missen, aber ich verlange als
Jude erst Gerechtigkeit und dann Liebe.
zum
Einige Bemerkungen
Begriff
und zur Methode
der praktischen Theologie.
Von
Die
praktische Theologie
Schaft des Judentums.
S.
Hochfeld.
noch immer das Stiefkind der WissenDie einseitige Bevorzugung linguistischer,
ist
philologischer und historischer Studien scheint allerdings nachgelassen
Whrend noch Maybaum im Jahre 1890 klagte,^ da die
Systematik kaum in Angriff genommen sei, knnen wir heute bereits
zu haben.
auf verheiungsvolle Anfnge
in
der wissenschaftlichen Bearbeitung
der jdischen Glaubens- und Sittenlehre mit Stolz hinweisen.
Der
Mann, dem diese Bltter zu seinem Ehrentage einen Gru darbringen
sollen, hat mit der umfassenden Sachkenntnis und der eindringenden
Urteilsschrfe, die ihm zu Gebote stehen, sowohl das Ganze der
systematischen Probleme als auch einzelne besonders wichtige Materien
zum Gegenstande philosophischer Behandlung gemacht.^
B. Kellermann hat sich, den Fingerzeigen seines Lehrers folgend,
die Abgrenzung der Religion gegenber der Wissenschaft, der SittAndere wie L. Baeck,*
lichkeit und der Kunst angelegen sein lassen,
-3
Maybaum, Jdische Homiletik, Berlm 1890, Vorwort S. III.
H. Cohen, Religion und Sittlichkeit. Eine Betrachtung zur Grundlegung
der ReHgionsphilosophie. Jahrbuch fr jdische Geschichte und Literatur X,
Berlin 1907, S, 98
Ders., Liebe und Gerechtigkeit in den Begriffen Gott
171
und Mensch. Jahrbuch III, Berlin igoo, S. 75132; Ders., Ethik und Religionsphilosophie in ihrem Zusammenhang, Berlin 1904; DERS., Die Bedeutung des
Judentums fr den religisen Fortschritt der Menschheit, Berlin-Schneberg 1910;
vgl, auch desselben Verfassers Charakteristik der Ethik Maimunis, Leipzig 1908,
^
S.
sowie zahlreiche Stellen
in
seiner Ethik des reinen Willens,
2,
Auflage, Berlin
1907.
j
B.
Kellermann, Der
wissenschaftliche
Idealismus und die Religion,
Berlin 1908,
*
L.
Baeck, Das Wesen des Judentums,
Berlin 1905.
31
FESTSCHRIFT COHEN
482
M. GDEMANN/ K. Kohler* suchten zwar mehr durch historische
Lngsschnitte den Lehrinhalt des Judentums zu ermitteln als ihn
durch philosophische Erwgungen in seiner Gltigkeit zu begrnden;
dafr haben M. Lazarus 3 und M. Steckelmacher* die Prinzipiender jdischen
fragen
Ethik
zogen, und ein posthumes
eingehenden Betrachtung untervon Lazarus s fhrt uns wenigstens
einer
Werk
das Rohmaterial einer bersicht ber die sittlichen Gter des Judentums vor. Man mag zu diesen Arbeiten und ihren Ergebnissen
stehen, wie man will, sie legen jedenfalls Zeugnis ab von einem
starken Bedrfnis nach
Sammlung und Besinnung, und
sie
erwecken
da die wissenschaftliche Formulierung unseres heutigen
jdisch-religisen Bewutseins nicht mehr fern ist.
Blht und sprot es also im Anbau der Systematik, so herrscht
die Hoffnung,
de
auf den Gefilden der praktischen Theologie,
die sich um so weniger begreifen lt, als auch nach ihren Frchten
Seit Maybaums erstmaligen Vereifrige Nachfrage zu sein scheint.
eine desto grere
suchen,^ Predigt
und Religionsunterricht aus dem Stadium unsicheren
Tastens und Probierens auf die
Hhe
theoretischer Einsicht zu heben,7
nur Predigtsammlungen und Schulbcher an die
ffentlichkeit gewagt, Arbeiten, die sicheriich auf Erfahrungen und
Grundstze in der praktischen Behandlung theologischer Fragen zu-
haben
sich
fast
M. GDEMANN, Jdische Apologetik, Glogau 1906; vgl. auch desselben
Verfassers Schrift: Das Judentum in seinen Grundzgen und nach seinen ge^
schichtlichen Grundlagen dargestellt,
Wien
1902.
K. Kohler, Grundri einer systematischen Theologie des Judentums auf
geschichtlicher Grundlage, Leipzig 19 10.
*
M. Lazarus, Die Ethik des Judentums, Frankfurt a. M. 1898; vgl. dazu
Cohens Kritik, Monatsschrift fr Geschichte und Wissenschaft des Judentums,
3
1899, s.
4
385400, 433449.
M. Steckelmacher, Das
Prinzip der Ethik
jdisch- theologischen Standpunkt aus betrachtet,
Mainz
M. Lazarus, Die Ethik des Judentums. IL
Winter und Wnsche, Frankfurt a. M. 191 1.
5
vom
philosophischen und
1904.
Bd.,
Maybaum,
herausgegeben von
Jdische Homiletik, Berlin 1890; Ders.,
jdischen Religionsunterrichts, Breslau 1896.
6 S.
Methodik des
Siehe meinen Artikel, Allgemeine Zeitung des Judentums 1906,
S.
232 ff,
Jacobs kurze Programmabhandlungen seien hier mit Dank genannt
(Jahresberichte ber den Religionsunterricht der Synagogengemeinde zu Gt8
tingen
1895 1900); ebenso verdient Tachaus pdagogischer Wegweiser: Die
prophetischen Bcher der Heiligen Schrift nach ihrem
wrdigt, Wolfenbttel 1899, lobende Erwhnung.
Gedankeninhalt
ge-
HOCHFELD, EINIGE BEMERKUNGEN ZUR PRAKTISCHEN THEOLOGIE
483
rckgehen, diese aber nirgends aussprechen' oder deutlich erkennen
noch eine geraume Weile so weiter
gehen, wie es frher gegangen ist, da man nmlich den Anfnger
im Amt den ganzen Weg der Irrungen und Fehlgriffe von vorn
machen lt, anstatt ihn fr seine spezielle Aufgabe mit Anweisungen
Es
lassen.
scheint, als solle es
und Belehrungen auszursten.
Und doch
sind
es
nicht
blo
die
komplizierteren Gemeindeverhltnisse, in die die Gegenwart den Lehrer
und
nun gebieterisch die Beseitigung
der rohen Empirie und ihren Ersatz durch kritische Besonnenheit
und bewute Kenntnis der Forderungen und Mglichkeiten verlangen.
Das Lehramt selber ist zu heilig, um als Tummelplatz aller mglichen Einflle und Meinungen, als Versuchsobjekt unbewhrter Methoden und willkrlicher Experimente mibraucht zu werden. Mu
demnach auf eine wissenschaftlich fundierte Lehre von den Aufgaben
des praktischen Amts und von den Mitteln, die zu ihrer Lsung
fhren, gedrungen werden, so erscheint es in diesem Augenblick
und Prediger
hineinstellt,
die
besonders ntig, in eine Diskussion der Grundbegriffe der praktischen
den beteiligten Kreisen
noch immer keine Klarheit und bereinstimmung zeigen will.^
Die praktische Theologie gehrt zu den sogenannten Kunstlehren oder angewandten Wissenschaften, die als solche den theoretischen oder erkennenden Wissenschaften gegenberstehen. Handelt
Theologie einzutreten, da sich ber
es
sich
jenen
bei
um
testantische
diesen
um
sie
in
die Feststellung eines Tatbestandes, so bei
die Herstellung
eines Tatbestandes.
Oder wie der pro-
Theologe Marheineke es einmal ausgesprochen hat:
COBLENZ' gesondert erschienene Einfhrung" zu seinem Lehrbuch der
Der an das Er(2. Auflage 1909) dringt nicht in die Tiefe,
scheinen des COBLENZschen Lehrbuchs anknpfende Streit zwischen JACOB und
dem Verfasser bot zwar viel Unerquickliches, hat aber doch manches zur Klrung der Probleme des systematischen Religionsunterrichts beigetragen.
^ In dem Grundri der Gesamtwissenschaft des Judentums, herausgegeben
von der Gesellschaft zur Frderung der Wissenschaft des Judentums, prsentiert
sich unter D. Praktische Fcher neben Homiletik, Pdagogik und Geschichte
des Synagogenkultus als besonderes Fach die praktische Theologie. Was soll
das heien? Gehren Homiletik und Pdagogik nicht zur praktischen Theologie?
Oder sollte unter praktischer Theologie diesmal ausnahmsweise nur Seelsorge,
Religions- und Gemeindepolik verstanden sein? Und warum nur Geschichte
des Synagogenkultus und nicht auch Theorie des Gottesdienstes? Sollte das
Historische bei der Behandlung gottesdienstlicher Fragen ausreichen, warum
nicht auch statt Homiletik und Pdagogik lieber Geschichte der Predigt, Ge^
jdischen Religion
schichte der Erziehung?
31*
FESTSCHRIFT COHEN
484
hier
es
ist
ein
Wissen
dort ein
Wissen
um
um
des Wissens
willen,
das erstrebt wird,
des Handelns willen/
Die praktische Theologie steht mit ihrer Richtung auf Gegenwart und Zukunft nicht isoliert in der Gesamtheit der Wissenschaften,
sie
hat ihr Korrelat in jeder Fakultt, beinahe in jeder Einzelwissen-
Jnger nur mit der Rechtsentwickelung der Vergangenheit vertraut machen, und gengt es ihr, wenn
sie dazu einen Einblick in das Wesen und den Geltungsbereich des
schaft. Will die Jurisprudenz ihre
Rechts gewhrt, oder sollen ihre Adepten nicht zugleich lernen, wie
man Recht findet und Recht schafft, wie man zum Recht verhilft
und vor Unrecht schtzt? Ist es der Medizin lediglich darum zu
tun, den Bau und die Funktionen der einzelnen krperlichen Organe
in ihrem normalen Verhalten und im Zustande abnormer Verndekennen zu lernen, erstreckt sich ihre Aufgabe nur auf die
rung
Arbeiten der Anatomie und Physiologie, der Pathologie und Bakteriologie, lt sie es sich nicht auch angelegen sein, zur Heilung von
Krankheiten und zur Verhtung von Gefhrdungen der Gesundheit
Und wie steht es mit der allgemeinen Pdagogik und
anzuleiten?
der speziellen Didaktik der einzelnen Unterrichtsfcher, mit National-
konomie und Finanzwissenschaft, mit Geologie, Chemie, PharmakoHaben sie nicht alle ihr Praktikum, ganz ablogie und Botanik?
gesehen davon, da sie selber in ihrer Forschung durch die Richtung auf aktuelle Zwecke orientiert sind?
Das eine ist zunchst allen angewandten Wissenschaften gemeinsam, da
sie
nmlich die rein erkennenden Wissenschaften zur Voraus-
Dem
angehenden Mediziner kann nicht gezeigt
werden, welche Heilmittel unter diesen und jenen Umstnden dem
kranken Organismus die Rckkehr zu seinen normalen Funktionen
setzung
haben.
wenn er nicht ber die Struktur des Organismus, ber
den Zusammenhang des Ganzen und seiner Teile, ber die Lebenserleichtern,
bedingungen des menschlichen Krpers und ber die spezifischen
Qualitten der vegetabilischen oder animalischen Stofife, die die Heilung befrdern
mu
sollen,
vorher unterrichtet worden
aus der Ethik ein Ziel seiner Ttigkeit,
ist.
Der Erzieher
aus der Psychologie
Einsicht in die seelischen Zustnde des Zglings
gewonnen haben,
ehe er an die Aufstellung und Anwendung von praktischen Regeln
denken kann. So mu der Theologe, der sich fr Predigt und Lehre
vorbereitet,
die Religion kennen,
die er verkndet, er
Marheineke, Entwurf der pracschen Theologie,
mu
zugleich
Berlin 1837, S. 6.
HOCHFELD, EINIGE BEMERKUNGEN ZUR PRAKTISCHEN THEOLOGIE
485
einen Einblick in die eigentmlichen Bedingungen haben, unter denen
Verkndigung vornehmen soll. Er mu wissen, was er zu
predigen hat, welchen Zwecken die Predigt dient, wie diese Zwecke
innerhalb der realen Mchte, die ihn umgeben, zu erreichen sind.
Dies fhrt uns zu einer Konstruktion des Gesamtbaus der theoin bereinstimmung
logischen Wissenschaften. Man hat sie bisher
er die
mit der Disposition der christlichen
getische,
uns
historische,
gestattet,
die
eingeteilt in
Theologie
unter
die
exe-
Es
sei
historische
zu
systematische und praktische Fcher.
exegetische
Denn
Theologie
Bedeutung wir auch der Erklrung der
Bibel fr die Erkenntnis des Judentums beimessen, das steht doch
auer Frage, da zwischen der Bibel und den spteren Quellenschriften des Judentums nur ein gradueller, kein fundamentaler Unterschied obwaltet, da also auch die Ergrndung des biblischen Lehrinhalts in die Ergrndung des geschichtlich berlieferten Judentums
hineingehrt.' Wir wrden demnach den einzelnen Fchern folgende
Aufgaben zuweisen. Historische Untersuchungen und Darstellungen
sollen uns zeigen, wie jdisches Leben und jdische Lehre sich im
Laufe der geschichtlichen Entwickelung herausgebildet haben, was
in ihnen als vorbergehende Erscheinung aufgetreten ist, was als
wesenhafter Kern sich bewhrt hat, welche Stellung die einzelnen
berzeugungen und Institutionen in dem Gesamtbild mehrtausendsubsummieren.
so
viel
jhriger Geistesgeschichte einnehmen.'
schaftlichen Arbeit gehren
alle die
In diese Kategorie der wissensprachlichen, literarhistorischen,
religionsgeschichtlichen, rein geschichtlichen, archologischen Studien,
von denen uns das
letzte
Jahrhundert eine reiche Flle geschenkt
Systematische Darlegungen, auf die wir mehr als bisher rechsollen unser heutiges religises und sittliches Bewutsein zum
hat.
nen,
Ausdruck bringen, seinen Zusammenhang mit der bisherigen Entwickelung des Judentums nachweisen und seine Berechtigung innerHierher
halb der geistigen Strmungen der Gegenwart begrnden.
sind zu zhlen sowohl Forschungen prinzipieller Natur, die sich
mit dem Ursprung und dem Wesen der Religion, mit ihrer Mgiichdas theologische Studium, Tbingen 1908 ist
auch auf protestantischer Seite mit dieser Neuordnung Ernst gemacht worden,
was bei der konstitutiven Bedeutung des Schriftworts fr die protestantische
^
In
Wernles Einfhrung
in
Kirche besonders zu beachten ist.
* Dabei mag aus Grnden der Arbeitsteilung der Exeget auch fernerhin seine
Sonderstellung behalten, ebenso wie wir es fr wnschenswert erachten, wenn
der Historiker" knftig neben
dem
Literarhistoriker
mehr zum Worte kme.
FESTSCHRIFT COHEN
486
und ihrem Daseinsrecht beschftigen,
keit
als
auch
spezielle
Mono-
graphien, die einzelne Materien der jdischen Glaubens- und Sittenlehre
zum Gegenstande
haben.
Arbeiten zur praktischen Theologie
endlich sollen uns aufklren, wie das durch historische und systema-
Untersuchungen gewonnene Wissen zur Belehrung der Gemeinde
verwendet werden kann, in welchen Formen, mit welchen Mitteln es
dargeboten werden mu, damit es Wurzel schlage und zu einer
Lebensmacht in der Zukunft werde. Fragen, die hier zur Beantwortung kommen, betreffen den Inhalt und die Form der Predigt,
den Stoff und die Methode des Unterrichts, die Aufgabe und die
Gestaltung des Gottesdienstes, die Belehrung und Beeinflussung der
Gemeinde im aueramtlichen Verkehr.
Lassen sich demnach die Probleme der drei theologischen Hauptfcher mit einer leider nicht zu umgehenden Gewaltsamkeit^ in das
Schema zwngen: was war? was ist? was soll und was kann sein?
und wird durch dieses Schema die Grundtendenz ihrer Fragestellung
klar, so ergibt sich aus der auf das Leben gerichteten und die Betische
dingungen des Lebens bercksichtigenden Eigenart der praktischen
Theologie noch ein anderer wichtiger Unterschied. Die wissenschaftliche Theologie, die kein anderes Ziel hat als die Erkenntnis, ist verpflichtet,
alles,
was mit ihrem Gegenstand irgendwie
Verbindung
Sie darf auch
in
den Bereich ihrer Forschungen zu ziehen.
an dem Kleinsten und scheinbar Unbedeutendsten nicht vorbergehen,
weil von daher oft unvermutet Licht auf dunkle Epochen oder
schwierige Fragen fallen kann. Das drftigste Fndchen ist zu
steht,
in
buchen, das unansehnlichste Steinchen
Erschpfung! ist
ganz zu Ende kommende
wenden.
nie
Theologie
ist
ihre
immer
Theologie
Baumaterial mit zu ver-
aufs neue zu bewltigende,
formale Aufgabe.
das erste Erfordernis die
wissenschaftlichen
als
In der praktischen
Auswahl
dargebotenen
des ihr von der
Erkenntnisstoffes,
und
zwar die Auswahl nach praktischen Gesichtspunkten. Sie hat das
Groe und Bedeutende, das Einmalige und Normative, das Charakteristische und Wichtige herauszuheben und darf das NebenschDie Unterschiede sind an den Grenzgebieten doch wieder flieend. So
kommen sowohl die systematische als auch die praktische Theologie ohne spezielle historische Hilfsarbeit nicht aus: die Geschichte der religisen und ethischen
Ideen ist ebenso der Systematik zuzuweisen, wie die Geschichte der Predigt, des
Unterrichts, des Gottesdienstes, der Liebesttigkeit den praktischen Disziplinen.
Auch wird es sich der Religionsphilosoph und Ethiker nicht nehmen lassen,
Forderungen fr die Zukunft aufzustellen.
^
HOCHFELD, EINIGE BEMERKUNGEN ZUR PRAKTISCHEN THEOLOGIE
und
liehe
beiseite
48/
das Abgestorbene und innerlich Tote ruhig
Ihre Regeln bauen sich auf Werturteilen auf; was
Irrelevante,
lassen.
vor ihren Werturteilen keinen Bestand hat, kann auf Bercksichtigung
Anweisungen und Ratschlgen keinen Anspruch erheben.
Vielleicht wird das Gesagte noch deutlicher, wenn wir an einigen
Beispielen die Arbeitsteilung und die Besonderheit der Forschungsmethode jeder theologischen Hauptdisziplin aufzeigen. Der Messianismus des Judentums hat sowohl in der historischen wie in der systematischen und in der praktischen Theologie seine Stelle. Der Historiker
lehrt uns, wo und in welcher Gestalt die messianische Idee zum
erstenmal aufgetaucht ist, welche Wandlungen sie im Laufe der
Geschichte durchgemacht hat, welche Wirkungen von ihr ausgegangen sind. Der Systematiker weist der messianischen Lehre
ihren Platz im Gedankenleben der Gegenwart an, er ordnet sie ein
in die Zusammenhnge unserer heutigen Welt- und Lebensanschauung,
er untersucht ihre Grundlagen und ihre Konsequenzen. Der Praktiker
fragt welche Rolle spielt die messianische Idee in der Verkndigung
der Gegenwart? wie und bei welcher Gelegenheit soll von ihr Zeugnis abgelegt, fr sie geworben werden? Wie stellt sich der Prediger,
wie der Religionslehrer, wie endlich der glaubenstreue Jude in den
Dienst messianischer Gedanken? Oder man denke an die so oft
in ihren
Unsterblichkeitslehre!
diskutierte
wissen,
dauer nach
ob und
Der
Talmud,
wie Bibel,
in
dem Tode
Von dem
mittelalterliche
urteilen.
Historiker
wollen
wir
Autoren ber die Fort-
Der Systematiker
soll
uns sagen,
welcher Ausprgung die Unsterblichkeitslehre haltbar
Praktiker
endlich hat
darber nachzudenken, bei welcher Ge-
legenheit der Unsterblichkeitshoffnung das
Form
am
ist.
Wort
zu verstatten
ist,
in
Trstung
der Trauernden und in anderen Fllen zum Ausdruck kommen mu.
Haben wir damit das Arbeitsgebiet der praktischen Theologie
welcher
sie
Grabe,
bei der Seelenfeier,
bei der
von dem der historischen und systematischen Theologie abgegrenzt,
so wird
dem
es
sich
jetzt
darum handeln,
ein Prinzip aufzufinden,
aus
ihre einzelnen Bettigungen abzuleiten sind.
Ein solches Prinzip
wird uns durch die bisherige Entwickelung des Judentums gar bald an
die
Hand
als
erhaltende und fhrende
gegeben.
Ist
es
die
Lehre",
die
als
belebender Geist,
Macht dem Judentum innewohnt, so
ist
Gemeinde" der Trger dieser Lehre, der fr ihre Pflege, fr
ihre Erfassung und Weiterbildung immer wieder tchtig gemacht
werden mu. Aus den beiden Begriffen der Lehre" und der Gemeinde" ergeben sich alle die Handlungen, die der praktische Theodie
FESTSCHRIFT COHEN
488
loge ZU vollziehen hat, und tu deren wohlbedachter Ausfhrung ihn
seine
Spezialwissenschaft
anleiten
soll.
Er
als
der
in
der Lehre
Gemeinde heranzubilden
als auch die bereits bestehende in der Schtzung und Wahrung ihres
Eigentums immer wieder zu bestrken.^ Er hat ferner die in den
Tiefen der Gemeinde schlummernden religisen Krfte zu erwecken
und ihnen zu angemessenem Ausdruck zu verhelfen. Erwchst aus
der Arbeit an der knftigen Gemeinde die Pflicht der Unterweisung,
und dient dieser als vorbereitende Wissenschaft die Religionspdagogik,
so richtet sich an die erwachsene und mndig gewordene Bekennerschaft die religise Rede, fr die die Homiletik die Ziele und Wege
besser Unterrichtete hat sowohl die knftige
aufweist.
Ist
der Gottesdienst vorzugsweise^ ein Bekenntnis der Ge-
immer aufs neue Gott angelobt, so stellt
die Liturgik fest, in welchen Formen dies zu geschehen hat.
Die
Seelsorge aber wendet sich an die inoffizielle Gemeinde, die nicht
in Schule und Synagoge, sondern in den Familien und Wohnungen,
im tglichen Verkehr und bei besonderen freudigen oder traurigen
Anlssen des belehrenden Wortes, der hilfreichen Anweisung harrt.
Es bleibt der Zukunft vorbehalten, auch fiir dieses wichtige Gebiet
Beobachtungen und Erfahrungen, Wnsche und Ziele, Mglichkeiten
und Notwendigkeiten als Theorie der Seelsorge zusammenzustellen.^
meinde, durch das
sie sich
Bei der Aufzhlung der Wissenschaften, die die praktische Theo-
war im Verlaufe dieser Skizze nur auf die richtige
Erfassung und Begrndung der Lehre Rcksicht genommen, die
verkndet werden soll. Ein Blick auf die Gemeinde, die belehrt
werden mu, zeigt, da auch sie ein Objekt des Studiums bildet,
logie voraussetzt,
Statt unzhliger Belege, die
bote stehen,
mge
hier nur
jngster Zeit gestattet sein: F.
fiir
die Erhrtung dieser Auffassung zu Ge-
der Hinweis auf eine autoritative uerung aus
Rosenthals Vortrag Was
war, was
ist
und was
der Rabbiner sein?" (Verhandlungen und Beschlsse der Generalversammlung des Rabbiner-Verbandes in Deutschland, Breslau 191 1, S. 2032).
^ Da in Wirklichkeit Bekenntnis und Belehrung oft nebeneinander hergehen, beweist nichts gegen die hier vorgetragene Anschauung vom Wesen des
soll
Schhelich hat ja die Belehrung auch den Zweck, zu freudigem
Bekenntnis immer wieder anzuleiten.
Gottesdienstes.
^ Das Fehlen der Mission ist ein altes Charakteristikum des Judentums.
Das Judentum hat auf die Werbung von neuen Anhngern fast zu allen Zeiten
verzichtet und sich mit dem lebendigen Zeugnis fr Gott und sein Reich be-
Dafr aber scheint sich als neuer Zweig der praktischen Theologie in
der Gegenwart die Apologetik herauszubilden; wenigstens machen die unausgngt.
gesetzten Angriffe auf die Reinheit der jdischen Lehre eine zielbewute
planmige Verteidigung notwendig.
und
HOCHFELD, EINIGE BEMERKUNGEN ZUR PRAKTISCHEN THEOLOGIE
das nicht
vernachlssigt
werden
darf,
wenn
die
489
Arbeit der Ver-
kndigung zum Ziele fhren soll. Zur eindrucksvollen Belehrung
gehrt sicherlich die Kenntnis der Menschen, an die man das Wort
richtet, nicht zum wenigsten auch die Kenntnis der ueren VerhltEine allnisse, in die der praktische Theologe hineingestellt wird.
gemeine Lebenskunde wird allerdings nur durch Selbsterleben, durch
Ohren und Augen, sowie durch Wahrhaftigkeit im Urteilen
erworben, wenngleich hier psychologische und ethische Schulung
wertvolle Vorarbeit leisten. Aber neben einer genauen Kenntnis der
Rechtslage der Gemeinden und ihrer Beamten, fr die wichtige Arkmen Untersuchungen ber die konobeiten bereits vorliegen,
mischen, sozialen, innerpolitischen und religisen Verhltnisse der
deutschen und auerdeutschen Juden in Betracht. Die Schriften,
die die letzten Jahre ber diese Dinge gebracht haben, ^ tragen doch
offene
="
zu sehr das Geprge einer einseitigen Parteirichtung oder eines bestimmten politischen Ideals, als da sie fr die objektive Orientierung
gute Dienste leisten knnten.
Von
der Spezialgeschichte der einzelnen Zweige der praktischen
Theologie war bereits
in einer
Anmerkung 3
kurz die Rede.
Lassen
Forderungen der Homiletik, Pdagogik, Liturgik und Seelsorgetheorie auch durch die Ergebnisse der historischen und systematischen Theologie gut fundieren, so ist es dennoch fr jeden praktischen Theologen, der tiefer in sein Fach eindringen will, von groem
Interesse, zu erfahren, wie frhere Geschlechter den besonderen Auf-
sich
die
geworden sind. Und zu dem Interesse
gesellt sich das Verfangen, von Meistern der Vergangenheit zu
lernen, ihre Vorzge nachzuahmen, ihre Fehler zu vermeiden. So ist
gegen die Behandlung der Geschichte der jdischen Predigt,* des
gaben
ihrer Zeit
gerecht
Rechtsstellung der Juden im preuischen Volksschulrecht, Berlin 1908; A. Michaelis, Die Rechtsverhltnisse der Juden in Preuen
seit dem Beginne des 19. Jahrhunderts. Gesetze, Erlasse, Verordnungen, Ent^
J.
Freund, Die
scheidungen,
Berlin
1910;
Kollenscher, Rechtsverhltnisse der Juden
in
Preuen, Berlin 1910.
* A. RUPPIN, Die Juden der Gegenwart, 2. Auflage, Kln und Leipzig 1911;
F. Theilhaber, Der Untergang der deutschen Juden, Mnchen 191 1; W. SOMbart. Die Juden und das Wirtschaftsleben, Leipzig 191 1. Wichtige Einzelheiten
Gemeindebunde herausgegebene Handbuch der jdischen Gemeindeverwaltung und Wohlfahrtspflege, sowie die Zeitschrift fr Demographie und Statistik der Juden.
3 Oben S. 486.
* Abgesehen von ZUNZ' grundlegendem Werk liegen Einzelarbeiten vor von
bieten das
vom
Deutsch-israelitischen
FESTSCHRIFT COHEN
490
jdischen Religionsunterrichts/ des jdischen Gottesdienstes* und der
jdischen Seelsorge als Einleitung oder Abschlu einer programma-
und synthetischen Lehre nicht nur nichts einzuwenden, sie ist
vielmehr im Sinne einer tieferen Begrndung der einzelnen Aufstellungen und Forderungen direkt wnschenswert. Hat doch selbst
ein ZUNZ sein berhmtes Buch ber die gottesdienstlichen Vortrge
der Juden zum Teil auch deshalb verfat, weil er der Behauptung,
tischen
die jdische Predigt sei eine
treten
Nachahmung
der christlichen, entgegen-
und jener die notwendige historische Anknpfung sichern
wollte.
Eine Besorgnis, die
in
der jngsten Vergangenheit fters laut
noch zu zerstreuen. Man hat in protestantischen
Kreisen die enge Verbindung der theologischen Fakultten mit der
Kirche als eine Gefahr fr die Wissenschaft empfunden^ und hat
den Vorschlag gemacht, die Fakultten ihres konfessionellen Charakters zu entkleiden, ihre Aufgaben nach der religionswissenschaftlichen
Seite zu erweitern und sie dafr von der Pflicht, Pfarrer heranzu-
geworden
ist,
gilt
es
bilden, zu entlasten.5
neuerdings bemht,
Andererseits
man
auf hochkirchlicher Seite
greren Einflu auf die Besetzung der theo-
um
logischen Lehrsthle zu gewinnen,
den Resultaten der
Maybaum
ist
freien
dadurch
die
Forschung und dem
Spannung zwischen
Inhalt der Kirchen-
(Die ltesten Phasen in der Entwickelung der jdischen Predigt,
Berlin 1901),
THEODOR
(viele Aufstze in der Monatsschrift fr
Geschichte und
Wissenschaft des Judentums) und anderen. Vgl. auch S. Baeck, Die Darschanim
vom 15. bis Ende des iS. Jahrhunderts, in Winter und WNSCHE, Die jdische Literatur seit Abschlu des Kanons, Bd. II, Trier 1894.
Strassburger, Geschichte der Erziehung und des Unterrichts bei den
Israeliten, Stuttgart 1885; Maybaum, Abraham Jageis Katechismus Lekach tob,
Berlin 1892; Dissertationen ber Pdagogisches im Talmud von WIESEN und
Lewit; viel Material in GiJdemanns Quellenschriften zur Geschichte des Unterrichts und der Erziehung bei den deutschen Juden, Berlin 1891.
*
Neben ZUNZ'
Schriften
genannt
seien
J.
Elbogen
Studien zur Ge-
schichte des jdischen Gottesdienstes, Berlin 1907; A. BERLINER,
kungen zum tglichen Gebetbuch, Berlin 1909, 191 2.
3 2.
4
Auflage (1892) Einleitung
C. A.
p.
X, XII.
S. 473, 484.
Bernoulli, Die wissenschaftliche und
der Theologie.
Randbemer-
die kirchliche
Ein enzyklopdischer Versuch, Freiburg
i.
Methode
in
B, 1897.
Dagegen A. Harnack, Die Aufgabe der theologischen Fakultten und
die allgemeine Religionsgeschichte, Gieen 1901 und E. Troeltsch, Die Trennung von Staat und Kirche, der staatliche Religionsunterricht und die theo5
logischen Fakultten, Heidelberg 1906.
HOCHFELD, EINIGE BEMERKUNGEN ZUR PRAKTISCHEN THEOLOGIE
lehre herabzumindern.'
Die Furcht, da
in
49!
der jdischen Theologie
durch den Ausbau der praktischen Disziplin sich hnliche Spannungen
herausbilden knnten,
ist
unbegrndet.
Wir haben keine Kirche mit
Dogmen und
unverrckbaren Heilstatsachen; wir
haben keine geistliche Behrde, die das Recht fr sich in Anspruch
fest
formulierten
nimmt, das
Wesen und den
Geltungsbereich des Judentums unum-
Konflikte zwischen der Wissenschaft
stlich festzustellen.
und der
auch dann nicht zu befrchten, wenn unsere
Wissenschaft in hherem Mae, als es bislang geschehen ist, an die
Bedrfnisse des Lebens denken sollte. Denn das Leben hat nicht
die Lehre zu meistern, sondern die Lehre soll dem Leben Gestalt
Praxis
sind
bei
uns
Um
und Richtung geben.
Mideutungen zu begegnen, sei die
Verschiedenheit der Aufgaben in der wissenschaftlichen und der
praktischen Theologie noch einmal scharf herausgestellt. Die wissenschaftliche jdische Theologie dient der Erforschung des geschichtlich gewordenen Judentums, der Erkenntnis und Darstellung seines
Lehrinhalts; sie hat diese Aufgabe zu erfllen unbekmmert um die
Wirkungen, die das Ergebnis ihrer Arbeit in dem heutigen Kampf
der Geister auslst. Die praktische Theologie zeigt, wie wissenschaftliche berzeugungen unter bestimmten Umstnden ins Leben getragen
werden knnen. Sie bernimmt die Ergebnisse der wissenschaftlichen Theologie, whlt sie aus und sucht sie fr die Gestaltung der
Zukunft nutzbar zu machen, Ist es bei diesem Abhngigkeitsverhltnis
der praktischen von der wissenschaftlichen Theologie ausgeschlossen,
da die Empfngerin der Geberin einmal Vorschriften ber die Art
Darbietungen
ihrer
allen
machen
wird,
so darf andererseits die wissen-
doch wertvolle Impulse und Anregungen von
ihrer dankbaren Schwester erwarten. Denn gerade die Anste, die
vom tglichen Leben ausgehen, weisen am wirksamsten darauf hin,
wo im wissenschaftlichen Weltbild Lcken vorhanden sind, welche
dunkel gebliebenen Probleme aufgehellt, welche vernachlssigten
Materien sorgsamer und eindringender behandelt werden mssen.
Wissenschaft und Leben sind, von solchen Gesichtspunkten aus beschaftliche Theologie
trachtet, keine Feinde,
'
vom
Vgl. die
13.
Februar
sondern treue Bundesgenossen.
Debatten im preuischen Abgeordnetenhause zum Kultusetat
1908.
Die leitenden Ideen der jdischen Predigt
der Gegenwart.
in
Von
Unsere
Zeit
Dr. M. Levin.
hat wieder einmal
Sturmlauf unternommen
einen
gegen die religise Welt- und Lebensanschauung, aber auch
gegen die Stellung, die die sogenannten Geisteswissenschaften bisher
einnahmen.
Bald
den Positivismus sich anlehnende
Monismus, der die einzig mgliche Methode fr die Lsung der
VVeltrtsel
bieten
ist
will,
es der an
bald
ist
es
magebende Theorie der Energetik,
die Geisteswissenschaften
von
ihr
auf physikalischem Gebiete
die
die dahin trachtet,
da auch
aus ihre Impulse empfangen.
Der Ansturm der monistischen Naturforscher hat die Philosophen
wie die Theologen auf die Schanzen gerufen. Das Schlagwort Kultur,
das
die Naturwissenschaft
stellte sich die
Gegeben
ist
ausgab,
nahm
die Philosophie
auf und
Aufgabe, eine kritische Kulturphilosophie" zu werden.
die Kultur als die menschliche Kultur in ihrer geschicht-
lichen Entwickelung.
Die Sache der Philosophie
ist
es,
diese ganze
aufsteigende Lebensflle daraufhin zu durchforschen, wie darin die
allgemein gltigen, ber das empirische Wesen des Menschen weit
hinausragenden Vernunftwerte zu bewuter Erfassung und Gestaltung
gelangt sind."'
Gleicherweise suchte
die Theologie
den Beweis zu liefern, da
die Religion als eine Kulturmacht anzusehen sei.
Beiden, der Philosophie und der Theologie, gengt nicht die
naturwissenschaftliche
Daseienden,
alles
Erklrung der urschlichen Zusammenhnge
Werdens und Geschehens;
sie veriangt auch
nach einer Antwort auf jene alte Frage, die schon der indische
Weise Asoka stellte: Wozu gibt es etwas?
Windelband
alles
in
Groe Denker". Bd.
II, S.
377.
FESTSCHRIFT COHEN
494
Nur der Idealismus vermag uns einen Lebenszweck zu erschlieen,
nur im Reiche der Idee finden wir einen Sinn des Lebens, so dali
wir dem Leben einen Wert abgewinnen knnen.
Eine festere Position
als
die Theologie scheint die Philosophie
einzunehmen, denn whrend diese im freien
Intellekt waltet,
jene durch das Gefhlsmige gebunden, ja noch
wird
mehr durch Mythus
und aus ihm hervorgehende Dogmen. Um nun ihre Behauptung,
eine Kulturmacht zu sein, aufrecht zu erhalten, sah sich die Theogentigt,
logie
wo noch
und,
statt
der Kirchenreligion eine persnliche zu setzen
eine Staatskirche besteht, dahin zu streben, sie in eine
Volkskirche zu wandeln.
Wie anders
sich
die
bilden,
gnstigen
Lage
unabhngig
vom
der
in
Manahmen
gestalten sich die
befindet,
in
der Judenheit, die
Gemeinden zu
selbstndige
Staate ihre religisen Angelegenheiten,
nach ihrem Standpunkt, ordnen und pflegen. Fr uns handelt
es sich nur um die Frage: Welche Ideen sind es, die auch bei den
vernderten Zeitverhltnissen der geschichtlich gewordenen Religion
je
eine Lebenskraft verleihen?
Von
vornherein bemerken wir:
Die Religion
ist
uns nicht nur
Sache des Gefhls, sondern auch des Intellekts, und der Mythus
wird auf den geschichtlichen Kern zu prfen sein. Der denkende
Mensch, der auch seine Gefhle unter die Kontrolle der Vernunft
stellt, kann erst dann vor sich bestehen, wenn Fhlen und Denken
Merkwrdig, Theologen halten Reden, in
einen Einklang ergeben.
denen sie in pantheistischen Gefhlen die Religion an das Universum
eine
knpfen, Philosophen dagegen geben Anregungen zu
Predigten
in
Beziehung auf Gott.*
Die Predigt
in
der Gegenwart", sagt
COHEN, ' bedarf der Ver-
und Belebung durch die Ideen, die nicht etwa eine abstrakte Verdung, sondern eine Vergeistigung, eine Verinnerlichung
herbeifhren, wie solche immer die natrliche Folge wahrhafter Ertiefung
kenntnis
ist."
zwischen Glauben und Wissen; nicht der Ausgleich
Der freien
zwischen Wissenschaft und Religion ist die Aufgabe.
Kein
Kampf
Forschung berlassen
S.
wir.
Wissen zu
schaffen, die Religion
KGELGEN: Schleiermachers Reden und Kants
Predigten, Leipzig 1901.
Deub: Predigten nach Kantischen Grundstzen, Knigsberg
=*
S. 23.
Ethik und Religionsphilosophie
in
dagegen
1794.
ihrem Zusammenhange, Berlin
1904.
LEVIN, D. LEITENDEN IDEEN D. JD. PREDIGT IN D.
gewinnt
Ideen
alle
aus
dem
GEGENWART
dem
Gottesglauben wie aus
495
Seelen-
glauben,
Nicht
Gottesidee,
als
weniger
noch
Gottesbegriff,
als
am
Pantheismus
mnden mu, ist die jdische Lehre von Gott zu fixieren. Ein
lebendiger Glaube kann nur in Tatsachen seine Begrndung findenDiese Tatsachen drngen sich ihr zunchst aus der Naturbeobachtung
wenigsten
als
verschwommene
Einheitlich
auf.
ist
Mystik,
das Weltganze,
in
die
in
einen
seiner Mannigfaltigkeit har-
Die einheitliche Welt hat ihren Urgrund in der
Die Welt ist einheitlich, Gott ist einzig. Jude
Einzigkeit Gottes.
sein", heit nach COHEN:* als den Grund des Daseins, als den Halt
monisch geordnet.
der Welt den einig einzigen Gott bekennen."
Ein
mit
Gott
identisch
in
in
eins
verschmolzen oder mit
der Naturnotwendigkeit unterworfen.
wre
glaube sieht
der Natur
Gott den Ewigen", der, ber Zeit und
Der
Raum
ihr
Gottes-
erhaben,
und darum unvergleichbarer schpferischer Freiheit
waltet, 3 seine transzendente Existenz kann die Sprache nicht anders
bezeichnen, als da sie Gott einen persnlichen" nennt.
in rein geistiger
-*
Der EntwickelungsgedankeS
schaltet ebensowenig wie
die ener-
getische Naturauffassung eine schpferische und gesetzgebende Gottheit aus.
da
Wenn
selbst
verdankt",
HartmanNN^ mit Genugtuung darauf hinweist,
im Judentum, dem man den Persnlichkeits-Monotheismus
E.
v.
Philosophie
eine
auftreten
konnte (Venetianer: Der
und Immanenz Gottes predigt und
sich zum Pessimismus bekennt", so bersieht er ein Grundelement der
Der
jdischen Weltanschauung, die eine durchaus optimistische ist.
Pessimismus Koheleths richtet sich nicht gegen die Weltschpfung,
sondern gegen das menschliche Treiben.^ Es ist unerfindlich, wie
bei dem Zugestndnis eines, wenngleich immanenten, Gottes, der
Pessimismus Zutritt haben knnte. Der unverrckbare Glaubenssatz,
Allgeist"), die die Unpersnlichkeit
'
'
Jesaja 45, 7 Psalm 104.
Ethik und Religionsphilosophie, Berlin 1904.
;
S. 20.
Mose 33,20 23; 15, II; Jesaja 40,25; 2 Mose 3,14; Maleachi 3,6.
4 2 Mose 20, 2; Jesaja 44, 24.
5 ber den heutigen Stand des Darwinismus s. GOLDSCHEID: Darwin
Lebenselement unserer modernen Kultur, Wien und Leipzig 1909.
3
Die Selbstzersetzung des Christentums, Berlin
^ I
Mose
i,
Koheleth
31.
3,
li; 7, 29.
1874.
S. 112.
als
FESTSCHRIFT COHEN
496
mit
dem
Ewige
das Judentum steht und
fllt,
ist
Hre,
das:
Israel,
der
unser Gott, der Einzig- Ewige!*
ist
Die Beobachtung der Natur fhrt nicht nur zur Gotteserkenntnis,
sondern auch zur Selbsterkenntnis. Blickt der Mensch aus der Umwelt in sich, so gewinnt er seine Stellung innerhalb des Naturganzen.
Er sieht sich zum Herrscher berufen und mit Hoheit und Wrde
man auch hier von einer Idee, und
Idee. Und die experimentelle Psycho-
Philosophisch spricht
gekrnt.*
zwar von der psychologischen
Werte aus unmittelbar
logie leitet alle geistigen
erlebten Bewutseins-
vorgngen ab; dem metaphysischen Prinzip der Substantialitt stellt
sie gegenber das psychologische Prinzip der Aktualitt der Seele. 3
Dagegen hat Schleich, wiewohl er aus physiologischen Bedingungen und Vorgngen das Seelenleben erklrt und von physischen Organen der Psyche spricht, immerhin eine substantielle
War schon
Seele zugestanden.
in seiner
Gesamtheit aufzufassen
flutungen
Mensch
als ein
vom
abgetrennt
sich,
fr
der
als
organisches
Wesen
System rhythmischer Durch-
Kraftspiel
der
anorganischen
und vielleicht
einzig dastehende, still verschlossene Kammer wunderbaren rhythmischen Spiels, die ihn in eigener Weise befhigt, mit den Eindrcken
der Auenwelt immer frei zu schalten und zu walten."'*
Nach jdischer Lehre ist auch die Seele keine Idee, sondern
Masse, so
noch weit mehr
ist
Wesenheit, 5
uert
Sie
diese auch
Gemt,
einer
Und
orientiert.
so
persnliche
Kindes zum Vater,
anders,
kann.
als
tritt
in
rein kausalen
Lebens-
So
erkennender Verstand, als fhlendes
alle Seelenkrfte verbinden sich zu
Verfassung, die
einheitlichen
innigste
sind,
nur
selbstndigen Geistesregungen". ^
in
handelnder Wille
als
nicht
sich
vorgngen, sondern auch
vielfltig
seine Seele eine fr sich
der
Verhltnis
an
sich
der Einzigkeit Gottes
Mensch vermge der Seele
zu
Gott,
in
das
Verhltnis
in
das
eines
das die Sprache wieder nicht
Gottebenbildlichkeit des Menschen kennzeichnen
ein Verhltnis,
denn als
Die Gottebenbildlichkeit
Annahme
der
Substantialitt
der einzige Anhaltspunkt fr die
der Seele, fr ihre Prexistenz und
ist
Postexistenz.
Mose
Psalm
WUNDT:
SCHLEICH: Von der Seele, Berlin
Mose
6, 4.
8, 6. ff.
Einfhrung
Vgl. Schleich,
1,26. 27; 2,
in die Psychologie, Leipzig 191
7.
a. a.
O.
S.
253 ff
1900.
S. 23-
1.
S. 126.
LEVIN, D. LEITENDEN IDEEN D. JD. PREDIGT IN D.
GEGENWART
49/
Wesenheiten erfat, so ergeben
sich von selbst jene Ideen, die leitend und richtunggebend der jdischen Predigt ihren Weg bestimmen.
Die tierische Natur
erste Idee ist die Sittlichkeitsidee. ^
I. Die
Sind erst Gott und Seele
als
im Menschen, die sich dem Geiste entgegenstellt, fordert ihn zum
Kampf heraus, und seine Waffe wird die Sittlichkeitsidee. Sie
erschliet sich ihm aus der Erkenntnis Gottes.^ Nur in diesem Sinne
nehmen
wir
und nur
ihn zu erkennen,
creereben,
Das Gott
uns und wir
in
weise; die Freiheit
ist
Gott hat uns eine Seele
der Offenbarung.
Idee
die
in
Gott"
ist
reine" Seele erkennt ihn.
die
eine pantheistische Ausdrucks-
wenn
nur dann gewahrt,
wir durch die eigene
Erkenntnis dahin gefhrt werden, die Sittlichkeit als Gotteswillen in
unseren Willen aufzunehmen. 3 Dann aber heit es: vor Gott, mit
Gott oder Gott
nach wandeln.
Und
das aus Liebe, zu der sich der
Gottesglaube gesteigert hat.*
Was
Wie
Ordnung.
Gesetze,
so
Es ist die gesetzmige
der Natur eine Ordnung hergestellt ist durch
die Seele eine Ordnung her durch das Sittlich-
Wesen
das
ist
in
stellt
der Sittlichkeit?
Dieses Gesetz
keitsgesetz.
sich
whrend das Bse nur
eigentliche Gute,
keineswegs
Rechts,
Verletzung
des
erscheint.
Im brigen
whrend das Bse
in die fernste
manifestiert
erlangt
als
Zukunft
Recht; es
als
Widerstand,
ein
selbstndiges
das Gute
sich nur kurze Zeit
als
stets
das
ist
als
das
eine
Prinzip
bergewicht;
behauptet, wirkt das Gute
fort.s
Wenn
nun dem Rechte eine angeblich hhere Forderung gegenbergestellt wird, nmlich die Liebe, so finden wir den Ausgleich
darin, da wir das Recht als eine vollziehende Macht betrachten,
Durch die Liebe, die in der
die Liebe jedoch als treibende Kraft.
Gotteskindschaft wurzelt, gewinnt das Recht einen tieferen Grund,
wenn
dem
Gemeinschaftsleben herleiten.
IL Die Sittlichkeitsidee, wie sie als vollziehende Macht im Rechte
und als treibende Kraft in der Liebe zur Erscheinung gelangt,
als
wir es nur aus
erschliet uns zugleich die Menschheitsidee.
Eine grundlegende Behandlung erfuhr das Problem durch COHEN in
seiner Ethik des reinen Willens", Berlin 1907. S. auch dessen Autonomie und
'^
Freiheit", Berlin 1900.
*
5
5
Mose
Mose
Mose
Mose
S. 3
4, 35.
39; 3
30, 15
ff.
ff.
Mose
19, 2;
Micha
6, 8;
Jeremia 9,2223.
6, 5.
20, 5. 6,
32
FESTSCHRIFT COHEN
498
Die Gotteskindschaft bildet die Grundlage fr die Auffassung des
einheitlichen Menschengeschlechts. Die Nchstenliebe an der Selbstliebe messen, heit nichts anderes, als jedem das gleiche Recht ge-
Und
whren.^
so wird das Sittengesetz als sittliche Weltordnung"
Gesamtheit magebend und bestimmt
fr die
Was
wir Geschichte nennen,
geschichte.
Aber
eine
ein
ist
das sich aus seinem Urzustnde zu einer
des Menschengeschlechts,
hheren Stufe
und Richtung.
Bericht von der Entwickelung
ihr Ziel
Vorwiegend
fortbewegt.
ist
es
noch eine Kriegs-
Der Eigennutz wird zum ausschlaggebenden
Unterstrmung, wenngleich noch nicht sieghaft,
Richter.
bereitet
Durch
diese wird der sittlichen Weltordnung die Bahn erffnet, was ein
neuerer Naturforscher mit den Worten ausdrckt: Neben und ber
den Boden
fr
ein
hheres Dasein, es
ist
die Kulturarbeit,
der Tatsache der erblichen Belastung gibt es die Tatsache der ver-
erbbaren Vervollkommnung."^ Die Geschichte wird Kulturgeschichte;
ihre Seele wird die Solidaritt der Vlker.
Eine neue Idee
tritt
auf
den Plan, es ist die Erlsungsidee. Die Erlsung von all den beln,
die Rassenha, Lndergier und Klassenherrschaft erzeugen, die Erlsung von allen politischen und sozialen beln soll das Recht
bringen die Entscheidung in streitigen Fllen wird nicht der Waffen;
gewalt, sondern
dem gesetzmigen
Richterspruch zuerkannt.
Die Kultur, sowohl die materielle
ergnzt
durch
die
Kultur,
religise
als
das
auch
die
geistige,
Kulturreich
wird
durch
das
Gottesreich.
Im
Gottesreich
bewirkt
Anerkennung
die
des
Allvaters
die
Einigung der Menschheit, und den allgemeinen Frieden verbrgt die
bung
des
Sittengesetzes,
die
von
der
Liebe
eingegebene
Ge-
rechtigkeit.
III.
Alle die Ideen, wie die der Sittlichkeit, der Menschheit, der
man als kulturelle auffat, traten
dem Volke Israel zutage, und zwar
Erlsung, der Vollendung, die
schichtlich
zum
erstenmal
Durch
religise Ideen.
in
sie
ward
geals
es ein richtunggebender Faktor in
der gesamten Religionsgeschichte.
wird uns erst dann vollends
volk betrachten.
unter
dem
Das Verstndnis dieses Volkes
aufgehen, wenn wir es als ein Missions-
Die Auserwhltheit"
Israels ergibt nur einen Sinn
Gesichtspunkt einer Missionsidee.
Die volkstmliche Ent-
faltung in einem jahrtausendelangen Staatsleben diente nur dazu, es
Mose
Ostwald
4 Mose 15, 1516.
Die Forderung des Tages, Leipzig 1910.
19, 18. 34;
:
S. 263.
LEVIN, D. LEITENDEN IDEEN D. JD. PREDIGT IN D.
Der
groen Beruf vorzubereiten.
fr seinen
GEGENWART
499
persnliche Messias, den
nach der Zerstrung des Reiches erwartete, wandelte sich bald
in die Messiasidee, die es verpflichtete, endlich ein Reich von
Priestern" zu werden, ein heiliges Volk", um die Befhigung zu
es
erlangen, als
Zeugen Gottes" zum Lichte der Vlker" zu werden;*
zum Menschheitsgedanken,
der Nationalittsgedanke erweitert sich
zum
der Gottesstaat
Aber
Universalitt,
aller
die
Missionsidee
die
sich
es
sollte
hatte fr alle Zeiten.
Der Gottesbund und
seine
Bedingungen kommen
Ob
und Bundespflichten zur Darstellung.
oder gar
Prinzipien
da
derart,
durch
es
doch als vorbildliche Religionsgemeinde erDas bedingte schon der Bund, den es mit Gott geschlossen
gewann,
halten.
bei
Gottesreich.
in
Dogmen
verdichtet,
in
Bekenntnis
sich das Bekenntnis in
in
jedem Falle sind
sie
nur solche Pflichten aufstellen, die eine allgemeine
sie
Anspruch nehmen knnen. Nicht eigentliche Gesetze,
die der Vernderung ausgesetzt wren, sondern unwandelbare GrundIhre ewige Gltigkeit deutet der
stze geben die Richtschnur an.
Dekalog, der Religion und Sittlichkeit aneinanderschliet, dadurch
an, da als Gesetzgeber Gott erscheint, der, wie in der Natur, so
auch in der Geschichte waltet.
Als Bundeszeichen wird der Sabbat
eingesetzt, der Gott als Schpfer und Erlser bezeugen soll, wie
er wiederum den Menschen gegenber die Forderungen involviert:
die persnliche Freiheit, die persnliche geistige und sittliche VollGeltung
in
endung, endlich die allgemeine soziale Vollendung.
IV.
Nach
zwei Richtungen
hin vollzog sich die Entwickelung
unserer Religionsgeschichte; im Hinblick
das
Zeremonialgesetzliche
Wandel
ausgebildet,
auf das Volkstum wurde
wie
es
als
Halacha den
vorschreibt; im Hinblick auf das allgemein Menschliche kulti-
man die
Hag gada
vierte
Ideenwelt
die
vor
die Religions-
Augen
und
die sittlichen
fhrt.
Zu
und Moralphilosophie,
ihr
die
Probleme, wie es uns
zhlen wir insbesondere
Polemik und Apologetik,
endlich die Predigt.
Das
Volkstmliche erfhrt namentlich
religis
am
Sabbat eine
schon durch die Thoravorlesung gegeben. Kann
die Predigt auf der gegenwrtigen Entwickelungsstufe das Zere-
Behandlung. Das
ist
Jesaja 42. 43.
'
Jesaja 66, 21. 22.
3 5
Mose
Mose
51,
20,
1 14.
1
2.
?2*
FESTSCHRIFT COHEN
500
monial-Symbolische nicht mehr an den Gottesbund knpfen, so wird
sie doch nicht bersehen, da Zeremonien und Symbole einen pdagogischen Zweck verfolgen, dem Anschauungsunterricht wie der
den Zeitverhltnissen
und der Stufe der Kultur, nichtsdestoweniger wird die Predigt aus
ihnen noch Gedanken zu entwickeln verstehen, die einen geistigen
Erziehung dienen.
sittlichen
Gewinn
'
Sie entsprachen
erzielen.
Ein weiteres Feld erffnen ihr die Feste. An den drei religisgeschichtlichen Festen wie an den drei Gedenktagen wird sie den
Zusammenhang mit der Vergangenheit zu unterhalten haben; an den
beiden erhabenen Festen" wird
Auge
fassen.
Das
sie die
Gottesreich wie
Gegenwart und Zukunft
die
Einzelwelt wird hier
ins
das
Thema.
Die Predigt
Gottesreich vertritt den unverrckbaren Glauben
frei schpferischen Ewigen, die Gotteskindschaft
vom
an den einzigen,
aller Menschen, die Vollendung der Gesamtheit auf Grund des
umfassenden Sittengesetzes.
Was
wir aber persnliche Religion nennen,
leitung zur Selbsterkenntnis
erfordert die
alle
An-
und Selbsterziehung, zur Charakterbildung
und zum Aufsteigen zu einer Persnlichkeit.
Der Mensch, in die Wirrnisse des Tages hineingestellt, sucht in
seinem Seelenleben nach einem Halt, um sich im Lebenskampf behaupten zu knnen, um das, was ihn traurig oder mde macht, zu
Da wird denn die Predigt vor allem aus der Seele
berwinden.
selbst die in ihr schlummernden Krfte herausfrdern, die den
Horizont erhellen, und, in einer religis beseelten Lebensordnung,
Geist,
Gemt und
Wille
zum siegenden
Heile fhren.
Nicht wie bei Tagesfragen wird die Predigt Effekte zu erzielen
trachten, nicht das vulgre Moralisieren wird ihr einen Erfolg sichern,
gewaltsam berredend,
sondern klrend und bildend den ganzen Menschen ergreift. Fern
jeder einseitigen Richtung wird sie nur das Allgemeine und ewig
Gltige ausbauen, und indem sie dem Individuellen gerecht wird, an
es
ist
die Orientierungsarbeit allein, die nicht
der Vollendung der Gesamtheit mitwirken.
Bereschith rabba
44.
Recht und
Von
Billigkeit in der Jurisprudenz
des Talmud.
Max EsCHELBACHER-Freiburg
Rabbiner Dr.
Gesetz wird
Demdas biblischen
strenge Recht und
i.
B.
da in ihm
die Forderungen der Milde und der
Menschlichkeit innig verschmolzen sind. Der stndige Gedanke an
die Schwachen, an die Armen, die nie aufhrende Frsorge fr den
Ausgleich der Gegenstze im Zusammenleben der Menschen, die
Achtung vor der Wrde des Menschen, selbst vor der des Verbrechers, haben dem Gesetze der Bibel zu allen Zeiten hohe Verehrung gesichert.
Aber
allgemein zugestanden,
seine Fortsetzung, der
Talmud, hat bei ihm
Fernstehenden meist andere Gedanken erweckt, nicht immer Liebe,
oft genug die Empfindung des Fremdartigen, des Abstoenden. Der
Welt schien es oft, als ob alle jene Krfte, die das Recht der Thora
so menschlich machen,
wie
in einer
Wste
in
der spteren Entwicklung des Judentums
sich verloren htten.
ob dem nachbiblischen, dem
talmudischen Gesetze mit dieser Betrachtung recht geschieht, ob es
wirklich nur ein Spiel des spitzen Verstandes, nur ein Rechnen mit
Begriffen ist, oder ob man auch ihm nachrhmen darf, da wie einer
Darum
liegt es
nahe,
zu prfen,
seiner bedeutendsten Vertreter,
Rab Jehuda
Gehorsam gegen
ein
seine
Gebote
bar Jecheskel, sagt, der
Stck Frmmigkeit
sei.^
I.
Einen Ruhm wird man dem
machen knnen. Ein groer Zug
beugsames Rechtsgefhl.
ist
Mag auch
nicht zur vollen Selbstndigkeit
Baum
rabbinischen Recht nicht streitig
ihm zu
die jdische Jurisprudenz
30 a.
sein,
noch
Zweig
mgen auch
gekommen, sondern
des religisen Schrifttums geblieben
Baba Kama
eigen, ein starkes un-
ein
am
ihre
FESTSCHRIFT COHEN
502
Meister,
die
Hillel,
Schriftgelehrte
und
Akiba,
Rab und
wie sie
erst in zweiter Linie Juristen sein
und
die Klassiker der rmischen Jurisprudenz, die Papinian,
immer
vor Allem
alle heien,
nicht,
wie
Ulpian oder
doch eine Erkenntnis zur
hchsten Klarheit bei ihnen gereift.
Sie wissen, da Fragen des
Rechts rein nach dem Recht entschieden werden mssen, da ihm
gegenber alle anderen Rcksichten, namentlich alle Erwgungen der
Zweckmigkeit und des Interesses, zu schweigen haben. Den Grundsatz fiat iustitia pereat mundus" kennt auch der Talmud, er verlangt,
wenn auch nicht in der schroffen Form dieses Satzes, das Recht
soll den Berg durchbohren."^ Darum will ein Lehrer der Mischna,
Rabbi Elieser, dem Richter sogar verbieten, einen Vergleich zu
schlieen, er begehe damit eine schwere Snde.^ Diese Anschauung
ist nicht bindende Norm geworden, im Gegenteil, es wird, wie wir
sehen werden, den Streitenden vielmehr als Pflicht der Billigkeit hingestellt, auf einen Vergleich einzugehen, und doch ist auch sie der
Ausdruck einer richtigen Empfindung. Recht mu Recht bleiben
und als Recht durchgefhrt werden, der Vergleich aber, in dem die
Partei von ihrem Rechte opfert, schwcht und verschleiert das starke
und entschiedene Recht.
Ganz besonders hat vor Gericht das Mitleid zu schweigen. Auch
im Namen des Erbarmens darf das Recht nicht gebrochen werden,
und der Arme darf nicht deshalb siegen, weil er arm ist. Den
Armen darfst du nicht begnstigen in seinem Rechtsstreit" verlangt
schon die Thora. Und wie energisch die sptere Zeit diesen GrundAn dem Ausgange eines
satz durchgefhrt hat, zeigt die Mischna.'*
Ein Lehrer
Prozesses, berichtet sie, war auch eine Witwe beteiligt.
wollte zu ihrem Gunsten entscheiden, nicht etwa weil unzweifelhaft
das Recht auf ihrer Seite gestanden htte, sondern eben, weil sie
Da trat ihm R. Akiba scharf entgegen. Vor
eine Witwe war.
Gericht gibt es kein Erbarmen." Vor Gericht gibt es nur das
Paulus, ausschlielich Juristen,
ist
-5
Recht.
So
ist
das hchste Gut fr das jdische Recht die Gerechtig-
Sie steht hoch ber allem Andern,
keit.
und
ihr
gegenber
mu
sogar schweigen, was unter anderen Umstnden hohe Tugend und
"
Sanhedrin 6b,
Eod.
3 2
4
23, 2.
Keth IX,
2.
ESCHELBACHER^ RECHT
U. BILLIGK.
I.
D.
JURISPRUDENZ
D. TALiyiUn
5O3
gegenber mu sogar das Mitleid verstummen. Diese
Herrschaft der Gerechtigkeit allein schon macht das jdische Recht
zu einem Recht der Sittlichkeit.
Pflicht
ihr
ist,
Doch
dem
die
Gerechtigkeit
Wort
bedarf der Ergnzung.
Sie
ist
nach
eine der Sulen, auf denen die
Welt ruht,
aber sie ist nicht die einzige. Hat doch nach der Legende im
Midrasch^ Gott die Welt geschaffen nach den Grundstzen der Gerechtigkeit und zugleich nach denen des Erbarmens, denn das Bse mte
in ihr triumphieren, wenn nur Gottes Gnade und Barmherzigkeit in ihr
walteten, und nicht die Gerechtigkeit jenem wehrte, und sie knnte
andrerseits von vornherein nicht bestehen, wenn sie ausschlielich
nach strengem Recht beurteilt wrde. Zu dem rmischen Worte
summum ius summa iniuria" bekennt sich darum auch der Talmud,
er drckt mit andern Worten den gleichen Gedanken aus, indem er
sagt Jerusalem sei deshalb zerstrt worden, weil seine Richter nach
strengem Recht geurteilt und die Grundstze der Billigkeit aueralten jdischen
acht gelassen htten."*
So mu
also
zum Recht
mssen beide zusammenwirken,
ordnung mu
Gemeinsam
gebietende Rechts-
die Billigkeit hinzutreten.
eine
starke,
herrschen, an der das Rechtsleben einen festen Rck-
Gedanken der Gte und der Menschlichkeit mssen
strenge Ordnung bei aller ihrer Kraft dennoch weich und an-
halt hat, aber die
diese
passungsfhig machen.
Wie
und
ist
es
nun mglich geworden, im jdischen Gesetz Recht
Billigkeit miteinder zu
verschmelzen?
II.
Die Vereinigung ist in erster Linie dem biblischen Gesetze
zu danken, das die wichtigste Grundlage fr das sptere, das rabbinische
Recht bildet. Der Wortlaut der Bibel ist oft weit und frei, er deutet
I.
neben dem geschriebenen
zu erfllen sind. Dadurch macht er es den spteren Geschlechtern
mglich, auch neue Rechtsprobleme auf der Grundlage der Thora
im Geiste der Billigkeit zu regeln. Als Beispiel eines solchen Bibelhin auf die
wortes
wird hier
*
Ber. rabbah 12 Ende.
B. mezia 30b.
3 5
die
Forderung des Deuteronomiums an 3; Du
was recht und gut ist in den Augen Gottes". Zweierlei
geboten, das Rechte und das Gute. Das Rechte" um-
fhren wir die
tun,
sollst
ungeschriebenen Gesetze,
6, 18.
FESTSCHRIFT COHEN
504
was dem strengen Gebot der Vorschrift entspricht, das
Gute" aber das, was darber hinaus Vernunft und Herz fordern.
fat
alles,
Und
die
nachbiblische Rechtsbildung
ist
eifrig
bemht, durch die
Gute neben dem Rechten einzufhren.
Sie hat in dem Satze des Pentateuch eine Art Generalklausel gesehen, um den Forderungen der Billigkeit selbst im System
des strengen Rechtes Eingang zu verschaffen. Positive Einrichtungen
Pforte, die Bibel hiermit erffnet, das
Grund dieses Satzes in spterer Zeit geschaffen worden.
a) So wurde auf die Forderung des Guten die Institution des
Nachbarrechtes gegrndet." Der Eigentmer eines Grundstcks
hat ein Vorkaufsrecht am Grundstcke des Nachbars, wenn dieser
Nach dem strengen Rechte stnde es ihm nicht
es verkaufen will.
Ist ein Acker auf zwei Seiten von den Grundstcken zweier
zu.
Brder umgeben, die ein Interesse daran haben, auch das mittlere
Feld zu besitzen, so knnen sie einen etwaigen Neuerwerber des
sind auf
Mittelfeldes
zum Abzug
Aus dem
b)
sondern
zwingen.
gleichen Grunde, weil
man
auch das Gute tun mu, haben
Vorschriften ber die
nicht nur das Rechte,
die
Zwangsvollstreckung
Rabbinen ferner
gemildert.
Es
die
gilt
den frhern
Eigentmer zurck" (rmn NDlti').*
Diese Bestimmung sollte den
armen Leuten helfen, deren Acker gepfndet und unter den
der Grundsatz
das versteigerte Grundstck geht an
Hammer gekommen war. Sie sollten ihr Feld nicht auf immer verlieren.
Wenn sie wieder zu Krften kamen, sollten sie befugt sein,
den verlorenen Besitz vom Glubiger wieder einzulsen. Damit ist
Rechtsmacht des reichen Erwerbers auerordentlich eingeschrnkt.
c) Auf die Forderung, das Rechte und das Gute zu tun, ist schlielich von einigen Lehrern die Pflicht fr die Parteien begrndet
worden, den Proze durch einen Vergleich zu beseitigen, weil dieser
die rechte Verbindung von Gerechtigkeit und von Nachgiebigkeit
darstellt, gleichzeitig Behauptung und Aufopferung des Rechtes ist.3
So erffnet die Thora neben dem strengen Gesetz noch die
Billigkeit als selbstndige Rechtsquelle.
Deshalb ist von jeher auch
gerade der angefhrte Satz des Deuteronomiums als eines der allerwichtigsten Worte der Bibel angesehen worden. Nach dem Worte
jaschar, das Rechte, das er enthlt, ist das fnfte Buch Moses ber-
die
B. mezia 108 a.
B.
mezia i6b und 35b.
Raschi z. St.
ESCHELBACHER, RECHT
haupt
als
U. BILLIGK.
sepher hajaschar,
das
als
I.
D.
JURISPRUDENZ D. TALMUJ)
5O5
Buch vom Rechten und Geraden
bezeichnet worden.*
In diesem Falle
2.
und auch noch
einfache Wortlaut des strikten Rechtes
manchem anderen
ist
der
ohne weiteres zugleich
die
in
Oft aber bedarf es erst der
Quelle der Billigkeit.
Auslegung des
um
den Vorschriften der aequitas Eingang zu verschaffen.
Da zeigt sich dann auf dem Gebiete des Rechts die groe Bedeutung, die die berlieferung fr das Judentum hat. Die groe
Gesetzes,
Bewegung, deren Niederschlag wir als Tradition bezeichnen,
hat den Horizont des Rechtes erweitert und den Weg gebahnt, auf
dem neue Gedanken in die Gesetzgebung eindringen konnten. Sie
geistige
hat
immer wieder
das Bibelwort nicht
gelehrt,
als eine
abgeschlossene
Satzung zu betrachten, sondern es im
Gegenteil als einen Hinweis auf die groe und grenzenlose Welt des
Rechts anzusehen und als ein Zeugnis fr diese Welt. Die berlieferung hat im einzelnen gelehrt, immer neue Rechtsstze zu finden.
gewordene
und
starr
Wie
diese Mglichkeit geschaffen
Rechts
in
alte
Ausgangspunkte
verwandelten, dafr
mge
fr
als
wurde und wie so Stze des strikten
die Forderungen der Billigkeit sich
Stichprobe ein Beispiel dienen.
Die Thora bestimmt: Du darfst nicht die Grenze deines Nchsten verrcken, die die Vorfahren gesetzt haben, in dem Erbe, das
du ererbst, in dem Lande, das der Herr, dein Gott, dir zum Besitz
gegeben
Der Wortsinn
hat".*
Gesetz verbietet
vom Lande
auf
es,
ist
einfach und klar verstndlich.
dem Wege
Das
der Grenzverrckung ein Stck
Der Talmud fat es seinem
ja jede Form derVerietzung
Bestimmung du darfst nicht
des Andern sich anzueignen.
System entsprechend noch enger.
fremden Eigentums schon durch
rauben" 3 verboten
ist,
Da
die
so sieht er in der neuen SpezialVerordnung
du darfst nicht die Grenze verrcken" eine zweite Bestimmung, die
zu der ersten hinzutrete, und die nur fr Palstina Geltung habe,
da der Ewige dein
Gott dir gegeben hat". Das ist das Ergebnis der exakten philologisch
und juristisch vollkommen zutreffenden Auslegung des Gesetzestextes.
Aber ber diese ursprngliche Fassung und ber diesen Wortsinn
entsprechend
dem
Zusatz
in
dem
Lande,
dann die Tradition weit hinausgeschritten und hat die wichtigsten
und allgemeinsten Forderungen des Rechts daraus abgeleitet.
ist
Aboda
sara 25
19, 14.
33M
19, 13.
a.
FESTSCHRIFT COHEN
506
Grenzen nicht verrcken, die die Alten gesetzt
haben" verlangt Moses. In diesem Worte fand man den Gedanken
ausgedrckt, dali das Herkommen allein schon, die Sitte an und fr
sich, Autoritt besitzt. Dieser Grundsatz gilt nicht nur auf dem Gedarfst
die
Herkommens, des sogenannten Minhag,
auf dem er am bekanntesten geworden ist, sondern er herrscht
ebenso auch auf dem Gebiete des rechtlichen Gebrauchs, des Gewohnheitsrechts. Auf diesem Gebiete wird er sogar zum erstenmal
ausgesprochen. Damit ist neben dem gesetzten Recht die lebendige
biete des
gottesdienstlichen
bung als Rechtsquelle erschlossen.
Das Wort Du darfst die Grenze
ferner
zwar nicht
nicht verrcken"
die gelehrte Tradition,
hat
dann
wohl aber die volksmige
die Annahme eines ganz all-
Grundlage benutzt fr
gemeinen, die Grenzen des Rechts schon berschreitenden, Interessenkreises, einer Rechtssphre, die zu zart ist, als da sie schon vom
Gesetz Schutz verlangen knnte, deren Verletzung aber ein Versto
berlieferung
gegen
als
die gute Sitte
Darum wurden Forderungen
ist.
des Anstands
dem Gebiete des wirtschaftlichen Lebens, ganz besonders das
Verbot unlauterer Konkurrenz damit eingefhrt und begrndet, da
man nicht die Grenzen des Anderen verrcken" drfe, und man
auf
hatte so ein Mittel gefunden,
dem Boden
um
die
enge Grenze des Rechts auf
des Rechtes selber durch die Sitte zu erweitern.
Worte noch nach
Sie hat nmeiner ganz merkwrdigen Richtung hin ausgedeutet.
lich daraus eine Art Urheberrecht und Urheberschutz entwickelt.
Den Inhalt dieser Vorschriften enthlt der Talmud allerdings schon
im Keime, der Sifre, die lteste Erklrung zum Deuteronomium, bestimmt nmlich, man drfe die Worte verschiedener Lehrer nur dem
Schlielich
wirklichen
hat
Autor
Tradition
die
die
gleichen
und nicht miteinander vertauschen^
Grenzen des Nchsten verrcken. Und
zuschreiben
denn man drfe nicht
auch eine andere etwa
die
gleichzeitige
Schrift
(Perek Kinjan
Thora)
gebietet eindringlich, eine Mitteilung, die wir erhalten, den Gedanken,
den jemand ausgesprochen, im Namen seines Urhebers wiederzugeben.
(Kap. VI der Sprche der Vter 6.) Auf diesem Fundament hat
dann die sptere Tradition weiter gebaut und auf Grund des biblischen Wortes den Nachdruck sowie die Nachahmung von Erfindungen fr verboten erklrt, weil
des Anderen
verletzt, seine
ungewhnliche
liche
Fhigkeit,
Elastizitt
in
beiden Fllen einer das Gebiet
Grenze verrckt.
Es
zeigt sich hier eine
des jdischen Gesetzes, eine auerordent-
dem Wechsel
der Zeiten und ihren Anforderungen
ESCHELB ACHER, RECHT
sich anzupassen.
bis
U. BILLIGK.
I.
D.
JURISPRUDENZ
dem modernen Recht
In
der Begriff eines
geistigen
D.
TALMUJ)
^OJ
hat es lange gedauert,
Eigentums durchgedrungen
ist
und
dieses geschtzt wurde.
So viel ist im Laufe der Zeit aus einem Speziaisatz des Rechtes
der Thora geworden. Die Forderungen, die aus ihm abgeleitet
wurden, sind sicherlich
in
seinem Wortlaut ursprnglich nicht ent-
man
Auslegung nicht als eine willkrliche bezeichnen, denn die Rechtsgedanken, die aus ihm entwickelt wurden, ruhen eben doch im Keime auf dem Grunde des biblischen Gesetzes. Auch fr das jdische Recht gilt so, was WiNDSCHElD
vom rmischen sagt es wird dem Richter eine genaue Erforschung des wahren Gehalts des positiven Rechtes sehr hufig die
dem ersten Blick sich verbergende Mglichkeit gewhren, die Ansprche der Billigkeit mit den eigenen Mitteln des Rechts zu behalten, trotzdem
friedigen".
aber kann
die
'
den bisher besprochenen Fllen hat die Thora direkt oder
auf dem Wege der Interpretation fr die Grundstze der Billigkeit
im Rechte Raum geschaffen. Vielfach aber ist auch die mndliche
Lehre'S die Tradition, selbstndig vorgegangen und hat ohne Anknpfung an die Schrift, aus eigner Kraft Neues geschaffen und den
Kreis des Rechtes erweitert. Die groen Gesichtspunkte, von denen
die Lehrer der Mischnah und des Talmud sich leiten lieen, haben
die Grenzen des geschriebenen Rechtes weit ausgedehnt und innerhalb dieser Grenzen der Sitte und der Sittlichkeit zu ihrem Rechte
In
3.
verholfen.
Als Zeugen dafr fhren wir zunchst jene Gesetze an, die
a)
gefhrt worden sind
zum Wohle der Welt"
(O'piJ^n
ein-
pp^n ^iS) und
Mischna im Traktat Gittin IV, 2 ff. verzeichnet. Sie stammen
alle von Hillel und von seinem Enkel Gamliel I.
Zum groen Teil
beziehen sie sich auf die Gebiete des Eherechts, der Ehescheidung
oder des Schadenersatzes. Auch rein zivilrechtliche Bestimmungen
die die
worden zum Wohle der Welt". Sie sind also nicht
etwa aus Grnden der juristischen Systematik eingefhrt worden,
nicht die Logik der Rechtsbegriffe hat sie erfordert, sondern sie sind
geschaffen worden aus Rcksichten auf die Billigkeit, auf die Zweckmigkeit, kurz aus Frsorge fr das Wohl der Welt". Das bekannteste Beispiel einer solchen Verordnung ist der sogenannte
sind getroffen
Prusbul",
'
durch den
Pandekten
1 7
Hillel
S. 66.
eine Einrichtung
des Rechts der Bibel
FESTSCHRIFT COHEN
508
Die Thora verlangt, da im siebenten Jahre,
Sabatjahre, der Glubiger seine Forderungen
praktisch beseitigt hat.
dem sogenannten
mehr einklagen
nicht
drfe, ja sie erlassen solle.
Aber
die ursprng-
Wohltat wurde im Laufe der Zeit gerade fr die Armen
Denn wenn das siebente Jahr herannahte,
ein schwerer Nachteil.
frchteten die Glubiger, sie mchten nicht mehr zu ihrem Gelde
kommen. Darum gaben sie keine Darlehen mehr, und den Armen
fehlte gerade im Sabatjahre die Hilfe in der Not.
Da traf Hillel
zum Wohle der Welt" eine Bestimmung, die die Satzung der Thora
tatschlich aufhob. Er verordnete nmlich, im sechsten Jahre einer
Sabatperiode knne der Glubiger seine Forderung dem Gericht
durch eine besondere Erklrung, den sogenannten Prusbul, zur Einziehung bertragen. Forderungen des Gerichts aber wurden von
den Bestimmungen der Bibel ber das Erlajahr nicht getroffen und
waren dadurch vor dem Verfalle geschtzt.
Bei diesen Schpfungen der Rechtsentwicklung verdient der
Ausdruck zum Wohle der Welt" noch eine besondere Bercksichtigung. Er entstammt nicht der Rechtssprache, sondern er ist der
ethischen Terminologie entnommen. Die Frderung der Welt" ist
nmlich nach der Darstellung Steckelmachers der sprachliche
Ausdruck fr das hchste Ziel der jdischen Ethik. Es wird also
aus dem Sprachschatz der ethischen Prinzipienlehre ein Wort verwendet, um den leitenden Grundsatz der Rechtspolitik zu bezeichnen.
Ganz besonders hier zeigt sich der enge Zusammenhang zwischen
Ethik und Recht im Judentum.
b) Die Ausgestaltung des positiven Rechts ist dann ferner beeinflut worden, durch die Rcksicht auf die Reuigen", JHipn ""iDO
D''2ti'n, auf diejenigen, die Bses getan haben und es shnen mchten.
Ihnen wollte man die Umkehr nicht schwer machen, darum wurde
liche
'
u.
eine Einrichtung getroffen,
a,
die
dem
die aber der Billigkeit entspricht, nmlich
jus strictum zuwiderluft,
die
Bestimmung wegen
des gestohlenen Balkens".'
Wenn
Balken gestohlen wird, so bleibt das Eigentum daran
dem Bestohlenen, der Dieb erwirkt kein Eigentum. Wenn er ihn
also beim Bauen verwendet und in sein Haus einfgt, so knnte
ein
nach strengem Recht der Eigentmer die Rckgabe verlangen und
es mte, wiederum nach strengem Recht, der unrechtmige Besitzer
*
Das
'
Gittin V,
Prinzip der Ethik.
5.
Mainz
1904.
ESCHELBACHER, RECHT
U. BILLIGK.
I.
D.
JURISPRUDENZ
D.
TALMUD
5O9
einreien,
um
erstatten.
Der bestohlene
Damit ist das
den Balken
Diese uerste Konsequenz hat
in natura zurckgeben zu knnen.
aber das Recht nicht gezogen. Es hat vielmehr dem Dieb gestattet,
Umstnden das ganze Haus wieder
unter
statt
des Balkens dessen Wert
in
Geld zu
Eigentmer hat also sein Eigentum verloren.
strenge Recht des Eigentums in diesem Falle stark eingeschrnkt.
Der Grund dafr liegt auf ethischem Gebiete. Der Schadenersatz
tritt an die Stelle der Rckgabe aus Rcksicht auf die Reuigen".
Denn wenn das Recht in seiner vollen Strenge angewendet wrde,
wrde der Dieb so verstockt und verbittert werden, da der Ge-
danke an eine Umkehr auf den rechten Weg in ihm gar nicht aufkommen oder bald wieder verschwinden wrde. Das rmische Recht
kennt die gleiche Einrichtung, gibt ihr aber eine andere Begrndung.'
c) Dann hat in gleicherweise der Wunsch Den Frieden unter
den Menschen zu frdern",
in vielen
Fllen dazu gefhrt, die Gesetze
Konsequenzen zu verfolgen, sondern im
Interesse der Menschen gelindere Bestimmungen zu treffen. Auch von
den Gesetzen gilt ja, was MoMMSEN von den Menschen gesagt hat,
da allein der Mangel an starrer Konsequenz sie ertrglich mache.
Darum bestimmt die Mischna^ Folgende Bestimmungen wurden getroffen, um den Frieden unter den Menschen zu frdern. CiDO
nicht bis in ihre uersten
Raub, wenn einer aus einer Falle, die ein
anderer gestellt hat, Wild, Vgel oder Fische herausnimmt. Was
ein Taubstummer, ein Geisteskranker oder ein Kind gefunden hat,
Es
Dibjy "'D'n).
man
gilt
als
Nach strengem Recht hat der Fallensteller noch kein Eigentum an dem Tier erworben, das ihm in die
Falle gegangen ist, er mu es vielmehr erst in seinen Besitz nehmen,
Und ein Geisteskranker, ein Kind oder ein Taubstummer sind nach
darf
ihnen nicht rauben".
knnen also
Diese Stze fhren zu paradoxen
jdischem Gesetz berhaupt nicht handlungsfhig,
auch kein Eigentum erwerben.
Das Wild
Folgerungen.
in
der Falle,
der Fund
sie
in
der
Hand
des
Kindes oder des Geisteskranken ist darnach im Grunde herrenlos,
und von rechtswegen drfte jeder sie wegnehmen. Aber um den
Frieden unter den Menschen zu frdern" hat das Recht diese
uersten Konsequenzen
den Geisteskranken
M.
3
S.
49 f.
pr.
Vgl. D.
in
nicht
gezogen und den Jger, das Kind,
seinem Besitze geschtzt. ^
D. de signo
47,3.
Gittin V, 8.
Hoffmann, Der Schulchan Aruch und
die
Rabbinen usw.
1894.
FESTSCHRIFT COHEN
5IO
HL
Wir' haben bisher das sptere jdische Gesetz kennen gelernt,
wie es sich in engerer oder loserer Verbindung mit der Bibel oder
auch unabhngig von ihr entwickelt hat. Klar tritt uns dabei die
Rcksicht auf das Leben entgegen, das Streben, seinen Anforderungen gerecht zu werden, damit der Spruch des Richters auch
wirklich auf alles Acht haben knne, was Bercksichtigung verdient.
So gewinnt er in diesem Gesetze ein Werkzeug, mit dem er wahr-
haft Recht sprechen kann.
Er ist damit der Diener
des Gesetzes.
Darf
er
sich
aber
auch zu dessen Herren machen? Darf er selber das Gesetz, das
ihm als Richtschnur gegeben ist, bertreten, um dem, was er fr
In unseren Tagen wird diese
billig hlt, Geltung zu verschaffen?
Frage in der allgemeinen Rechtslehre viel errtert, sie bildet den
Kern der Freirechtsbewegung. Nher noch als dem modernen liegt
sie
dem
jdischen
Recht,
als
im heutigen Gesetz.
ja
seit
weil
Das
ist
der Vernichtung seines
hier
der Richter freier gestellt
ist,
nur natrlich.
Das Judentum kennt
Staatswesens
keine
gesetzgebende
den Richter bindende Normen
aufgestellt htte,
die Interpretation des Gesetzes,
die der Richter
Gewalt mehr,
die fr
an ihre Stelle
tritt
und die Entscheidungen der Gerichtshfe,
die Prjudizien, werden in weitem Umfang Quellen des Rechts.
Infolgedessen berichtet uns der Talmud auch von Urteilen, in denen
das Gericht sich bewut ber die Vorschriften des Gesetzes
hinweggesetzt hat, wenn es dieses im gegebenen Fall fr ungerecht ansah, um an seine Stelle die Regelung zu setzen, die es fr
das wahre Recht hielt. Wir hren von Rechtssprchen, die an die
Urteile des Richters Magnaud, des berhmten bon juge von Chteau
Thierry erinnern. Aber man darf zweifeln, ob sie ein Segen geselber zu vollziehen hat,
wesen
sind
gerade
sie
scheinen zu zeigen, welch ein Glck die strikte
Einhaltung fester Gesetze
ist.
Betrachten wir einige Flle dieser Art.
Rabba bar bar-Chona,^ ein Lehrer des Talmud, hatte Taglhner
gemietet, die Weinfsser transportieren sollten. Dabei zerbrachen
die
Leute
wollte
ein
Rabba
Fa und der Wein
lief aus.
Zur Deckung des Schadens
die Kleidungsstcke zurckbehalten,
B. mezia 73 a.
die
die Arbeiter
ESCHELBACHER, RECHT
U. BILLIGK.
I.
D.
JURISPRUDENZ
D.
TALMUD
1 1
und ihnen keinen Lohn zahlen. Das wollten sich
wieder die Leute nicht gefallen lassen, und sie verklagten ihn. Er
wurde vor das Tribunal Rabs geladen, des berhmten babylonischen
Lehrers. Nach
dem Gesetze und zwar nicht nur nach dem Buchstaben, sondern auch nach dem wirklichen Rechte, htte der Richter
die Klage abweisen mssen, denn die Arbeiter waren verpflichtet,
den Schaden, den sie angerichtet hatten, wieder gut zu machen.
Wie aber die Taglhner ihren Anspruch auf Rckgabe der Kleider
und Auszahlung des Taglohns damit begrndeten, da sie den
ganzen Tag gearbeitet htten, da sie hungerten und nichts besen,
da siegte in Rab das gute Herz, und entgegen dem Gesetze, aus
Mitleid, verurteilte er den Rabba.
Die Arbeiter brauchten also den
Schaden nicht zu ersetzen und bekamen obendrein noch ihren Lohn.
Rechtsgrnde gab Rab nicht an, er berief sich nur auf die Mahnung
Salomos* Du sollst auf dem Wege der Redlichen gehen und die
Bahn der Gerechten sollst du einhalten".
Hier hat der Richter nicht nach dem Gesetz, sondern entgegen
dem Gesetz geurteilt. Aber so gut auch Rabs Motive gewesen
sein mgen, ein Unrecht war sein Spruch darum doch, Rabba wurde
in seinem Rechte dadurch schwer gekrnkt.
Und so bestechend
die Entscheidung auf den ersten Blick auch erscheinen mag, so sehr
tritt
sie in Widerspruch zu den Grundstzen des Rechts, ganz besonders auch zu dem ausdrcklichen Gebot der Thora Den Armen
darfst du nicht begnstigen in seinem Rechtsstreit".
Den rechten
abgelegt hatten,
Gegensatz dazu schildert uns die talmudische Erzhlung
David, dem idealen Vorbilde des jdischen Richters.
vom Knig
Ihm wird
nachgerhmt," er habe in hnlichen Fllen arme Leute verurteilt,
aber nachher aus seinen privaten Mitteln ihnen die Schuldsumme
Das
ersetzt.
die
wahre und
Verbindung und Trennung
von Recht und Mitleid zu gleicher Zeit.
Das kann allerdings nur ein Knig tun, und auch Rabs Urteil
lt sich begreifen und rechtfertigen. Rabba, der Beklagte, war ein
Mann
in
ist
hervorragender
die rechte
bedeutender Gelehrter, der
aus Rcksicht auf seinen Beruf und seine sozialen Verhltnisse nicht allzuenergisch auf seinem Schein bestehen durfte, und
auerdem war er der Neffe von Rab. Daher haben wir dessen
Entscheidung vielleicht nicht als ein frmliches Urteil aufzufassen.
schon
*
*
Sprche 2, 20.
Sanhedrin 6b.
Stellung,
ein
FESTSCHRIFT COHEN
sondern wohl mehr
einen
als
guten Rat, den der Verwandte
dem
Verwandten, der Gelehrte dem Kollegen gegeben hat.
Eine merkwrdige Entscheidung hnlichen Charakters wird aus
einem Erbschaftsproze berichtet.' Es lebte in Babylonien ein Mann
Namens Mari, ein rcksichtsloser Mensch, mit dem keiner zu proEines Tages erschien aus der Ferne ein Fremder,
zessieren wagte.
den Bruder des Mari ausgab, und mit diesem dessen
vterliches Erbe teilen wollte.
Mari erkannte den Fremden nicht
In diesem htte
als Bruder an, und so entspann sich ein Proze.
der sich
fr
der angebliche Bruder sich zunchst legitimieren mssen.
denn auch, Zeugen
Er
erklrte
Verwandschaft zu haben, behauptete
Nach den
aber, sie frchteten sich vor dem gewaltttigen Mari.
Forderungen des Gesetzes htte er gleichwohl, als Klger, den Beweis antreten, und, wenn er ihn nicht fhren konnte, abgewiesen
fr
seine
werden mssen. Der Richter, Khasda, verfuhr jedoch gegen das
gltige Recht und brdete nicht dem Klger, sondern dem Mari den
Beweis auf. Mari solle nachweisen, da der angebliche Bruder in
Wirklichkeit nicht erbberechtigt sei, und der Richter begrndete diese
merkwrdige Entscheidung mit der Erklrung, so msse man gegen
gewaltttige Leute verfahren.
Nicht als Diener des Gesetzes, sondern als sein Herr erscheint
Nicht nach der Anweisung des Gein solchen Fllen der Richter.
und im Rahmen des Gesetzes, sondern nach eigenem
Ermessen und aus eigener Macht vertritt und frdert er die Ansprche der Billigkeit. Mag das Gesetz verlangen Der Klger hat
zu beweisen", der Richter verordnet doch, da der Beweis dem Beklagten obliege. Gewi glaubte Khasda, auf diese Weise dem Rechte
setzgebers
zu dienen, aber es
angewendet
sehr fraglich,
ist
Denn
hat.
ob er das richtige Mittel dazu
eine Entscheidung, wie die seine,
mu
das
Rechtsbewutsein und namentlich das Gefhl der Rechtssicherheit
schwer erschttern. Sie wird dadurch mehr schaden als der Sieg
des Schwachen, der ohne sie vielleicht gefhrdet gewesen wre,
gut
die
machen kann.
Rab und Khasda
tiefe
geworden
sind beide bedeutende
Verehrung
ist.
Wenn
ihrer
wendig
^
B.
feste
und der Nachwelt zuteil
Entscheidungen solcher Mnner
Zeitgenossen
selbst
zu so gefhrlichen Folgen
Mnner gewesen, denen
die
fhrten,
so
zeigt
sich
darin,
wie not-
Gesetze sind, und wie jeder Halt aufgegeben wird,
mezia 39 b.
ESCHELBACHER, RECHT
wenn an
U. BILLIGK.
an
deren Verwendung
spter
dem
in
mann,
einer der ersten
sondern
als
Recht
Auch
und
Fhigkeiten auf diesem Gebiet dazu benutzt
als Richter,
sie dazu,
Mittel
zu
selber
im
ge-
nicht
hierfr liefert uns
Wir hren von einem
Rechtslehrer der Gemara, Rab Nach-
groes juristisches Wissen
sein
TALMUD
der Richter
mehr mit Befriedigung zurckdenken kann.
die Rechtspraxis des Talmud einen Beleg.
Fall,
D.
Leicht verfhren
das wirkliche oder vermeintliche
fr
brauchen,
JURISPRUDENZ
Norm das persnliche Ermessen
kann.
Und solche salomonische Ur-
bringen noch weitere Gefahren.
Kampfe
D.
der bindenden
die Stelle
des einzelnen Richters treten
teile
I.
Privatmann, auf
Siege zu fhren, die er fr die gute
hielt.'
ungewhnlichen
um, freilich nicht
seine
hat,
Umwegen
Sache zum
Er gab einer armen Ver-
wandten, einer Waise, aus Mitleid einen juristisch
die
fein ausgeklgelten
Rat, wie sie sich von einer drckenden, aber rechtlich begrndeten Ver-
Er hat ihr dadurch ihr Vermgen erhalten, aber doch im Widerspruch zu dem, was eigentlich Recht
gewesen wre. Ein armes Waisenkind war versorgt, jedoch durch
nicht ganz lautere Mittel, die Billigkeit hatte gesiegt, aber das Recht
war unterlegen. Nachmann hat das selber anerkannt, denn er
uerte spter Wir haben es gemacht wie die Advokaten". Der
Talmud weist auf die Empfindungen hin, die ihn veranlat htten,
im Namen des Rechts und doch nicht auf rechtlichem Wege die
Forderungen des Mitleids durchzusetzen. Anfangs sei er dem Worte
des Jesaja gefolgt Deinem Fleische darfst du dich nicht entziehen".
Spter aber habe er sich selber sagen mssen Ein Mann, der auf
allgemeine Achtung Anspruch macht {2)^n m), darf so etwas
pflichtung
befreien
knnte.
nicht tun".
Das Wort von dem Manne, der auf allgemeine Achtung Anspruch erhebt", fhrt uns noch zu einem weiteren Gedanken, der
die Verbindung von Recht und Billigkeit, von Recht und Sittlichkeit
Es
Gedanke, da der anstndige
Mensch noch hhere Pflichten hat, als nur jene, die durch
die Paragraphen des Gesetzbuchs bezeichnet werden, da
es also Dinge gibt, die das Recht noch gestattet, die die Sitte und
aufrecht
erhlt.
ist
der
die Sittlichkeit aber verbieten.
Wir
sahen,
wie Gesetzgeber
und Richter sich bemhen, im
Recht und neben dem Recht die Billigkeit zur Geltung zu bringen.
Jetzt erscheint die gleiche Aufgabe als Pflicht aller Menschen ohne
Kethuboth 85
b.
33
FESTSCHRIFT COHEN
514
Unterschied des Standes.
gesprochen.
Die Mischna
Recht der Vertrag
lose Abrede nicht
Vertrge,
z.
stellt
einmal
als
dar,
Rechtspflicht
aus-
im rabbinischen
wie
bestimmte Form verlangt, so da die formbindet, wie ja auch im heutigen Recht gewisse
eine
ber die Eigentumsbertragung
B.
nur dann bindend
Von
Das wird sogar
sind,
an Grundstcken,
wenn gewisse Formvorschriften beobachtet
Abrede darf Einer also
So bestimmt das Recht. Aber die Mischna, die das
zurcktreten.
Gesetz kodifiziert, fgt unmittelbar hinzu' aber die Weisen haben
gesagt, Gott wird den strafen, der nicht bei seinem Worte bleibt."
So weist das Gesetz ber sich selber hinaus und verkndet in
aller Form Rechtens, da der Mensch nicht genug tut, wenn er nur
erfllt, was der Gesetzeskodex von ihm fordert, da das Recht die
Grenze bezeichnet, die dem Handeln des Menschen seine Schranke
vorschreibt, und da der anstndige Mensch sich hlt mit^D D'^isb
wurden.
einer
formlos
getroffenen
innerhalb der Grenzen seines Rechts.
)nrj,
Auch
hier
erscheint das
das der Ergnzung durch die
wenn
Recht
als ein
Billigkeit,
Torso,
durch die
ein Bruchstck,
Sittlichkeit bedarf,
Ganzes werden soll.
In seiner schnen
Gedchtnisrede auf Salomon Neumann
hat Hermann Cohen es als die Aufgabe der Wissenschaft
des Judentums hingestellt den Zusammenhang der Quellen des
Judentums aus den verschiedenen Zeiten immer durchsichtiger zu
machen" und zu zeigen, da sich das nachbiblische Judentum in
einem innersten Kontakt mit dem biblischen entwickelt". Das ist
eine groe Aufgabe, die viel Arbeit erfordert. Aber reich fhlt sich
belohnt, wer an sie herantritt.
Sehen wir doch, wie auf dem Gebiete der strengen Halacha und in ihren Schpfungen der gleiche
Geist der Gerechtigkeit und der Liebe lebendig wird, der aus der
Thora, wie aus unseren groen Propheten gesprochen hat, wie selbst
in ihren trockenen Paragraphen nicht nur der Verstand grbelt,
sondern auch das Herz schlgt. So kommen wir auf diesem Wege
zur richtigen Schtzung nicht nur der glnzenden Zeiten unserer
Geschichte, sondern auch zur Wrdigung und Anerkennung dessen,
was in schweren Jahrhunderten in unscheinbarer Form geschaffen
wurde, nach auen hin glanzlos, im Inneren aber erfllt von der
Macht der Gte, der innigen Verbindung von Recht und von Liebe.
es ein
B. mezia IV,
2.
Spinozas
Zusammenhang
Von
Die
mit
dem
Aristotelismus.
Julius Guttmann.
geschichtliche Einordnung der Philosophie Spinozas,
an die
gewendet worden ist,
hat sich mit dem Fortschreiten der Forschung als eine immer verNur zwei entscheidende Momente
wickeitere Aufgabe erwiesen.
heben sich klar heraus. In dem System Spinozas ist der Erkenntnisso
viel
in
begrifif,
eindringende Forschungsarbeit
dem
Descartes
wissenschaftlichen
die
Erkenntnis
physischen Welterkenntnis
Methode
definiert
geworden.
der
hat,
mathematisch-natur-
zum
Ideal
der meta-
Die Metaphysik aber,
die
Spinoza mit diesen Mitteln errichtet hat, steht nicht nur in ihrem
Inhalt, sondern ebensosehr schon ihrer Absicht nach weit ab von
Descartes, fr den die Metaphysik nur ein Mittel
tivitt
der empirischen Wirklichkeit sicher zu
ist,
stellen.
um
die Objek-
Fr Spinoza
Die logischen Werkzeuge, die ihm Descartes geliefert hat, dienen ihm nur dazu, das
metaphysische Weltbild zu gestalten, um das vor allem es ihm zu
So nimmt er die von Descartes zurckgestellte Aufgabe der
tun ist.
berlieferten Metaphysik wieder auf, und mit ihr berhrt er sich
ebenso wie in seiner Absicht auch in der Durchfhrung seines Systems
kehrt sich
das Verhltnis
vollkommen um.
Die genauere Bestimmung dieser Zusammenhnge aber
hat ein auerordentlich kompliziertes Bild ergeben. berzeugend hat
M. JOEL den Einflu der jdischen Religionsphilosophie auf Spinoza
vielfach.
nachgewiesen; daneben hat besonders SiGWART Spinozas Verwandtschaft mit der Naturphilosophie der Renaissance betont, und endlich
hat Freudenthal mannigfache Berhrungen Spinozas mit den Lehren
der
christlichen
forschung kann
abschtzen.
Scholastik'
die
aufgezeigt.
Nur
die
subtilste
Einzel-
Tragweite dieser verschiedenen Einflsse genau
Eine sichere Entscheidung
ist
oft
kaum
zu treffen, weil
33*
FESTSCHRIFT COHEN
^l
in
allen diesen Quellen vielfach
dem
Sie alle stehen unter
verwandte Gedanken enthalten
Einflu des Aristotelismus in seiner Ver-
schmelzung mit den neuplatonischen Elementen,
die
sind.
arabische Philosophie eingefgt hat.
Auch
die
ihm vor allem
die Opposition,
die
Denkern des spteren Mittelalters
gegen Aristoteles regt, vermag sich von den Grundbegriffen seiner
Lehre nicht zu befreien. Und man wei, da von der Natuqohilosophie
So weit sie sich vielfach vom
der Renaissance das Gleiche gilt.
AristoteUsmus entfernt, hat sie ihn doch nicht innerlich berwunden;
das neue Weltbild, das sie ihm entgegenstellt, baut sie zu gutem
sich bei jdischen wie christlichen
Teile mit seinen Begriffen auf.
Damit aber erffnet sich uns der Blick auf eine neue Aufgabe,
die unabhngig von der literargeschichtlichen Erforschung der Quellen
Spinozas zu lsen ist. Auch ohne zu entscheiden, woher er die verschiedenen Einzellehren entnommen hat, in denen er sich mit den
frheren Systemen berhrt, lt sich die Grundkonzeption seines
Systems den entscheidenden Gedanken des Aristotelismus gegenberstellen,
dem
begegnete.
so
er
vielfach
Von ihm
in
der metaphysischen
bedieferung
unterscheidet sich Spinoza durch den neuen
den er von Descartes ausgehend gewonnen
des aristotelischen Formbegriffes ist bei ihm
Erkenntnisbegriff,
An
die
Stelle
Gesetzesbegriff
der
modernen Wissenschaft
getreten.
Mit
hat.
der
den
Mitteln dieses Gesetzesbegriffes aber leistet er das Gleiche, was der
Aristotelismus mit seinem Formbegriff geleistet hatte. In seinem
System
ist,
wie die
folgenden Ausfhrungen beweisen sollen,
Weltansicht des Aristotelismus
in
die
Begriffsform
die
der modernen
Wissenschaft bertragen.
I.
Zwischen der geschichtlichen Stellung Spinozas und der des
In dem Fortgange
Aristoteles besteht eine bedeutsame Parallelitt.
von Descartes zu Spinoza vollzieht sich dieselbe Wendung von der
Erkenntniskritik zur Metaphysik wie einst in dem bergange von
Descartes hatte ein letztes Prinzip der GewiPlato zu Aristoteles.
von dem aus sich die Gesamtheit unserer Erkenntnisse
lckenloser Deduktion entfalten lie. Diese Forderung steht auch
heit gesucht,
in
im Ausgangspunkt der Erkenntnislehre Spinozas. Auch fr ihn ist
die Grundlage aller wahrhaften Gewiheit die intuitive Erkenntnis,
welche die letzten Prinzipien des Wissens mit unmittelbarer selbstgegebener Evidenz ergreift. Von ihr aus mu die Erkenntnis in
GUTTMANN, SPINOZAS ZUSAMMENHANG MIT DEM ARISTOTELISMS
Strenger
Notwendigkeit
ferneren
alle
Ergebnisse
5I7
ableiten.
Diese
methodische Forderung aber gewinnt fr Spinoza sogleich eine metaphysische Bedeutung. Der Erkenntnis mu stets eine Wirklichkeit
entsprechen; aus
dem
letzten
Erkenntnisprinzip
mu
deshalb auch
Zusammenhang der Wirklichkeit in seiner Notwendigkeit ableitbar sein. Der Akt der Definition, in dem unsere Begriffe entspringen,
erfat zugleich das Wesen des definierten Objektes.
Ist dieses
Objekt selbst bedingt, so mu die Definition es aus seinen Bedinder
gungen erzeugen und
damit deren eigene Definition voraus.
Dieser Zusammenhang weist notwendig auf eine letzte Urdefinition
zurck, deren logische Notwendigkeit aus ihr selbst hervorgeht und
keinen Zweifel an der Realitt ihres Objektes brig lt. In der
wahrhaften Erkenntnis der Wirklichkeit mu die schpferische Grundsetzt
Folgen entfalten.
Das letzte Prinzip der
Erkenntnis ist zugleich das Grundprinzip des Seins, das durch seine
begriffliche Notwendigkeit seine Existenz verbrgt und darum causa
sui genannt werden darf ^
definition
bei
sich
in
ihre
Der ontologische Gottesbeweis der alten Metaphysik steigt so
Spinoza zu vllig neuer Bedeutung empor, indem er die Gewi-
da die geforderte Grunddefinition, welche die hchste
Idee des Verstandes als den Ursprung der Wirklichkeit enthllt,
mglich ist. Er sichert die intuitive Gewiheit der Gottesidee und
heit darbietet,
gibt damit der Erkenntnis
den
in sich gegrndeten Ausgangspunkt,
von dem aus eine deduktive Erzeugung der Wirklichkeit mglich
Mit derselben Notwendigkeit, wie aus diesem Grundbegriff der
ganze Inhalt unserer Erkenntnis hervorgeht, folgt aus seinem Objekt
die Gesamtheit der Dinge. Denn aus der Grundvoraussetzung Spinozas,
da jedem wahrhaften Begriff eine Wirklichkeit entspricht, folgt
ist
unmittelbar,
logischer
da
der
reale
Zusammenhang
Zusammenhang der
Wirklichkeit
ein
da dieselbe Gesetzmigkeit, welche
die Abfolge unserer Begriffe beherrscht, auch in der Ordnung der
Dinge waltet.
ist,
Mit vollem Bewutsein vollzieht hier Spinoza dieselbe Wandlung
des hchsten Erkenntnisprinzips in die letzte Ursache des Seins, die
Dieser Gedanke wird nach allen Seiten hin im Tractatus de intellectus
emendatione entwickelt. Vgl. besonders 95 ff. der BRUDERschen Ausgabe
(Opera ed. Vloten und Land S. 2931). Eine umfassende Darlegung dieser
^
Gedanken
gibt
Khnemann, ber
die
Grundlagen der Lehre des Spinoza,
wie Cassirer, Das Erkenntnisproblem Bd.
II
S. 12
ff.
so-
FESTSCHRIFT COHEN
5l8
auch
einst
in
Gottesbegriff des Aristoteles
platonische Idee
des Guten,
ist
die
nichts anderes
freilich
bei
ihren sittlichen Eigenwert eingebt
und nur
Quellpunkt der Ideen bewahrt hat
Aus
in
Der Gott des Aristoteles ist die
folge der Wesen abschliet und
Ausgangspunkt
hat.
Spitze er steht,
ist
reine
in
als die verdinglichte
dieser Hypostasierung
ihre
Bedeutung
als
der
der letzten Voraussetzung,
der Plato die Begrndung der Erkenntnis
wird nun die hchste Ursache, von der
ist
Der
der aristotelischen Metaphysik stattgefunden hat.
alles
zum Abschlu
bringt,
Weltgeschehen ausgeht.
Form,
in
der sich die Stufen-
der zugleich alles
Werden
seinen
Die Folge der Wesenheiten aber, an deren
eine Folge
von Begriffen;
die aristotelische
Form
die begriffliche Wesenheit, der Gattungsbegriff der Dinge, der sich
den Einzelobjekten darstellt und verkrpert. War es bei Aristoteles
unbestimmt geblieben, wie aus der reinen gttlichen Form die Einzelformen der Dinge hervorgehen, so schliet der arabische Aristotelismus diese Lcke des Systems durch den neuplatonischen Gedanken
der Emanation. Aus der vollkommenen Einfachheit der reinen gttlichen Form lt er die schon in der astronomischen Theorie des
in
Aristoteles
vorausgesetzten immateriellen Wesenheiten nacheinander
hervorgehen, die mit
dem
fortschreitenden Abstnde von der in sich
ruhenden Urform auch deren Einfachheit immer mehr einben, bis
aus dem letzten Glied der Reihe die Mannigfaltigkeit der sich in der
irdischen Welt darstellenden Einzelformen hervorgeht. So fhrt auch
von der letzten Form, dem ursprnglich
gesetzten Begriff zu der Reihe der Einzelformen herab. Die jdische
und christliche Theologie bemht sich freilich, in dem Rahmen des
aristotelischen Systems fr die freie Schpferttigkeit Gottes Platz
offen zu lassen und wehrt sich gegen diese Vorstellung, nach der
die Weltentstehung zu einem logisch notwendigen Prozesse wird.
Aber es ist leicht zu sehen, da damit ein fremder Gedanke in das
System hineingebracht ist, dessen Konsequenz keine Durchbrechung
der das Werden beherrschenden Gesetzmigkeit duldet.'
Der teleologische Charakter dieser Gesetzmigkeit macht es
freilich mglich, auch die Ansicht der Aristoteliker, welche ein streng
gesetzmiges Weltentstehen lehren, in die Sprache der religisen
hier ein begrifflicher Proze
Die Emanationslehre der arabischen Aristoteliker war Spinoza am frMoreh Nebuchim des Maimonides, Buch II, Kap. 22,
wo sie dargelegt und zugunsten des Schpfungsbegriffs als unzulnglich verworfen wird.
'
hesten zugnglich durch den
GUTTMANN, SPINOZAS ZUSAMMENHANG MIT DEM ARISTOTELISMUS
Schpfungslehre zu
bertragen.
Zweckursache des Geschehens,
in
Auch
fr
sie
Gott die
ist
der der zweckvolle
5I9
letzte
Zusammenhang
So ist es ihnen leicht, ihre Vorstellung
von der Entstehung der Welt aus ihrer letzten Zweckursache mit
der Wirklichkeit wurzelt.
dem
Schpfungsbegriff der monotheistischen
und
Religionen zu identi-
Lehre von der Zweckttigkeit der die Materie
beherrschenden Formen den religisen Vorsehungsgedanken wiederfizieren
zufinden.
ihrer
in
Ihre
Umbiegung der
religisen Begriffe
macht
sich Spinozas
kurzer Traktat, der gern durch die dialektische Zersetzung der
gisen Vorstellungen
Er bedient
nutze.
zum
reli-
eigenen Standpunkt hinleitet, deutlich zu-
sich ihrer Grnde,
um
seine
Lehre von der notwrdige Auffassung
wendigen Weltentstehung als die Gottes allein
darzustellen und um die allbeherrschende Gesetzmigkeit der Welt
mit der allwaltenden gttlichen Vorsehung zu identifizieren/ Die
aristotelische Ansicht von einer natrlichen Zweckttigkeit ist so
das Mittelglied, das eine bertragung der in der religisen Schpfungslehre erwachsenen Begriffe in Spinozas System der strengen Gesetzmigkeit mglich macht.
So kennzeichnend diese Verwendung aristotelischer Schullehren
fr die Kunst Spinozas, die berlieferten religisen Begriffe dem
Geiste seines Systems gem umzuprgen, ist, fr den sachlichen
Gehalt seines Systems hat sie keine wesentliche Bedeutung. Sieht
man
auf
ihn,
so entdeckt
man
statt einer
einen starken Gegensatz der Gedanken.
Gemeinschaft zunchst nur
Mit der Lehre der Aristote-
von den begrifflichen Wesenheiten, die sich in den Einzelobjekten verkrpern und die ihren letzten Ursprung in der reinen
gttlichen Form haben, hat Spinoza nichts gemein. Schon im kurzen
Traktat spottet er ber die allgemeinen Wesenheiten der Aristoteliker und erkennt kein Sein auer dem der individuellen Objekte an.*
liker
Durch
alle
seine Schriften zieht sich die Polemik
lastischen AUgemeinbegrifife
zum
Begreifen
macht.
der Dinge
Diese aber
hindurch,
in
gegen
die scho-
deren leere Abstraktheit
ihrer Bestimmtheit
vllig
sie
untauglich
seinem eigenen Systeme zur Erkenntnis
bringen.
Deshalb legt er entscheidendes Gewicht darauf, da die
hchste Idee, von der alle Erkenntnis ausgeht, nicht die eines Abstrakwill
er in
tums, sondern eines besonderen affirmativen Wesens"
de intellectus emendatione ^ 98.)
^
ist.
Die schpferische Grunddefinition,
Vgl. JOEL, Zur Genesis der Lehre Spinozas, S. 35, S. s8ff.
* I. Teil,
Kap.
6.
(Tractatus
FESTSCHRIFT COHEN
520
von der aus
die Erkenntnis das Sein der
Dinge
hat zu ihrem
entfaltet,
Objekt das gttliche Sein, dessen Allgemeinheit unendliche Totalitt,
Die Wirklichkeit in ihrer vollen
aber nicht abstrakte Leere ist.
Bestimmtheit bleibt auch weiterhin die alleinige Aufgabe der Erkenntnis.
Sie hat sich vor allen abstrakten und allgemeinen Dingen" zu hten
und nur den inneren Zusammenhang des Wirklichen in seiner konDiesen Weg hat auch die Metakreten Bestimmtheit darzulegen.
die
physik innezuhalten,
nicht
die
vergnglichen
Einzelexistenzen,
sondern die ewige Ordnung der Dinge zu ihrem Gegenstande hat.
Denn auch diese Ordnung, die allem Werden des Einzelnen zu
Grunde liegt, wurzelt nicht in abstrakten Allgemeinbegriffen, sondern
in den festen und ewigen Dingen", die unmittelbar aus Gott hervor-
Auch
von dem alles
gehen.
ihre Allgemeinheit
die
ist
Einzelne umschlossen
ist.
des
unendlichen Ganzen,
Durchweg
tritt
diese an
die Stelle der gattungsmigen Allgemeinheit des Abstrakten.
Einzelne
folgt
aus
dem
und seinen
gttlichen Sein
unendlichen
Das
ewigen Gesetzen, wie das besondere rumliche Gebilde aus der Einheit des
Raumes
das System
So
hervorgeht.
beherrscht,
die
ist
die logische Notwendigkeit, die
der logischen Abfolge des
konkreten
Seins.
den Spinoza damit zu
der aristotelischen Hypostasierung des Allgemeinen tritt, bleibt doch
die Gemeinsamkeit des Zieles bestehen, den Zusammenhang des
Seins als eine notwendige Folge begrifflicher Bestimmungen zu
Bei
aller
Gegensatzes,
Schrfe des
in
Der Verdinglichung des Begriffes selbst freilich entgeht
Spinoza, indem er den Begriff von seinem Objekt unterscheidet und
erfassen.
dieses
mus
als
seiner begrifflichen
Natur zu vereinen.
er die Allgemeinheit
In der
Substanzen,
der
bis
Seins mit
Welt der reinen Formen
des reinen Begriffs mit der hchsten Be-
stimmtheit des individuellen Seins zusammenfallen.
begrifflichen Wesenheiten
der Aristotelis-
individuelle Bestimmtheit des
aber ringt damit, die
lt
Auch
konkret bestimmtes Sein begreift.
ist
dann
Die Folge der
zunchst eine Folge fr sich bestehenfreilich
bei
dem bergange von dem
metaphysischen zum physischen Sein sich die Zweideutigkeit des
Formbegriffs enthllt und die Form der wechselnden Einzeldinge sich
nunmehr
als
Wohl
bloer Gattungsbegriff darstellt.
schneidet Spinoza diese Schwierigkeiten ab, indem er in
seinem Substanzbegriff an die Stelle der gattungsmigen Allgemeinheit
Aber das Problem
die Allheit der unendlichen Totalitt treten lt.
kehrt
in
vernderter Gestalt bei ihm wieder.
Denn
in
Wahrheit
GUTTMANN, SPINOZAS ZUSAMMENHANG MIT DEM ARISTOTELISMUS
Bedeutungen
Von
und
stellt sie
als
als
da
sie
ding-
sie in
unendliche, existierende Wesenheit
dieser unendlichen Substanz aber
auszusagen,
verschiedene
Als das ursprngliche Sein denkt er
bei.
licher Existenz
vor.
durchaus
seinem Begriff der Substanz zwei
er
legt
521
vermag
unendliche Realitt
er nichts weiter
in sich enthlt.
Jeder
nheren Bestimmung bleibt sie entzogen, da ja jede Determination
eine Negation bedeutet, und sinkt so zu vollkommener Unbestimmt-
Die einzige fabare Bestimmung, die Spinoza von ihr
besteht in ihrer Funktion, den gesetzmigen Zusammenhang
endlichen Seins zu begrnden. In ihr sind die gemeinsamen Vor-
heit zurck.
gibt,
alles
aussetzungen
aller
Einzelexistenzen enthalten, von denen deren Sein
abhngt und zu begreifen ist (Ethik, Buch II, Prop. 37fr.) Das ewige
Wesen der Gottheit und die in ihm wurzelnden festen und ewigen
Dinge" sind der Quell der Gesetze, die in jenen Dingen als in ihren
wahren Gesetzbchern eingeschrieben sind und nach welchen alles
Einzelne sowohl geschieht als geordnet wird" (Tractatus de intellectus
emendatione loi). So ist das gttliche Sein der Inbegriff der
Gesetzmigkeit, die sich in allem konkreten Einzelgeschehen
Ihre Unendlichkeit
zieht.
ist
die schrankenlose Geltung der Regel,
welche die logische Voraussetzung
alles
einzelnen
Vernunft, welche die Dinge in ihrem gesetzmigen
begreift,
es,
ist
die sie sub
quadam
auf das gttliche Sein zurckfhrt.
als
Aber
Seins
ist.
Das
Die
Zusammenhange
specie aeternitatis erfat
und
logische Ideal, die Natur,
gesetzmiges System zu begreifen, findet
Gottes
voll-
in dieser
Auffassung
des Inbegriffs der Gesetze, seine metaphysische Verklrung.
dieser metaphysischen Fassung wird die Gesetzmigkeit der
als
in
Natur ihr
als ein dingliches Substrat
gegenbergestellt. Die Naturgesetz-
den Fortschritt und Zusammenhang des Einzelnen bedingt,
Der
ist zugleich das Urwesen, aus dem alles Einzelne entstammt.
Widerspruch der Vorstellungen, die hier im Begriff der gttlichen
Substanz vereinigt sind, enthllt sich bei den immer wieder zu nennenden festen uud ewigen Dingen" des Tractatus de intellectus emenlichkeit, die
den ihnen entsprechenden unendlichen modis der
Ethik. Sie sollen als existierende Dinge von unendlicher Ausbreitung
und zugleich als Gesetze von allgemeiner Geltung gedacht werden.
datione, wie
bei
Raumes, welche die
auseinandergehenden Bestimmungen zusammenhalten soll. In dem
Raumbegriff fallen fr Spinoza die Einheit des unendlichen Ganzen
berall
ist
es die Vorstellung des unendlichen
bestimmenden Gesetzes zusammen. Das in allen
Teilen identische Raumgesetz identifiziert er mit der Allheit des
und
die Einheit des
FESTSCHRIFT COHEN
522
Raumganzen und denkt nach
dieser Analogie in der gttlichen Sub-
stanz berhaupt die Einheit des Gesetzes als dingliche Allheit'
Wie
den
in
dinglicht sind, so
Formen
aristotelischen
ist
Allgemeinbegriffe ver-
die
hier das allgemeine Gesetz in eine Wirklichkeit
Das
umgebildet worden.
dem
das Spinoza von
Objekt,
Begriffe
doch nichts anderes, als die verdinglichte begriffliche Regel. Die entscheidende Wandlung, die sich in Spinoza vollzogen hat, betrifft nur den logischen Charakter der begrifflichen
unterscheidet,
ist
Gesetzmigkeit, die er zu dinglichem Sein erhebt.
Nicht mehr der
Gattungsbegriff der aristotelischen Logik, sondern der Gesetzesbegrifif
modernen Wissenschaft wird nunmehr zum letzten Sein umDas Ideal der mathematischen Begriffskonstruktion, die
gebildet.
der
ihr
Objekt
in
Bestimmtheit entstehen
seiner vollen
lt,
der
liegt
Polemik Spinozas gegen die abstrakten AUgemeinbegrifife der SchoWie der Aristotelismus aus der Allgemeinheit des
lastik zugrunde.
hchsten Gattungsbegriffes
will
Spinoza aus der Einheit des letzten
Gesetzesbegriffes die Wirklichkeit herleiten.
An
darum auch fr beide
Das konkrete
unberwindliche Schwierigkeit.
genau der gleichen
Systeme
die
letzte
Sein des Einzelnen, das
Stelle erhebt sich
herzuleiten haben, entzieht sich
aristotelischen
System
hier wie dort dieser Ableitung.
das Problem des Individuellen
findet
Form
Verhltnis von Materie und
des Begriffes
der letzten Einheit
aus
sie
in
Im
dem
und bekann-
seinen deutlichsten
Die Materie, die zunchst bloe Mglichkeit
mu die Individualitt der Einzeldinge auf sich nehmen, welche
testen Ausdruck.
ist,
die
Form
als
mag.
In der selbstndigen Bedeutung, die damit die Materie gegen
die
der verselbstndigte Gattungsbegriff nicht zu erklren ver-
des Systems
ursprngliche Konzeption
die Unmglichkeit, aus
dem
gewinnt, offenbart
sich
allgemeinen Gattungsbegriff das Einzelne
im System Spinozas
Die
in dem Verhltnis der endlichen und unendlichen modi auf.
Idee des Systems erforderte es, aus der letzten Weltursache die
logisch zu gewinnen.
Dieselbe Schwierigkeit
Gesamtheit der Wirklichkeit herzuleiten.
Begreifens
ist
das Einzelne
erst realisiert,
in
Das
wenn aus der
seiner Notwendigkeit
tritt
Ideal des deduktiven
letzten
ableitbar
nur bis zu den
Notwendigkeit
modis,
denen wir den metaphysischen Ausdruck
in
Vgl. hierzu
Cassirer
a.
a.
O.
Geschichte der neueren Philosophie,
S.
S.
Diese strenge
ist.
deduktive
aber reicht
Grundidee auch
fr die Gesetz-
27 ff., besonders 34 ff.,
219 ff.,
Khnemann
unendlichen
Windelband,
a. a. O., S. 3of.
GUTTMANN, SPINOZAS ZUSAMMENHANG MIT DEM ARISTOTELISMUS
migkeit des Wirklichen erkannt haben.
allgemeinen Gesetz
zu vollziehen.
zum
Einzelfalle aber
523
Den bergang von dem
vermag
die
Die Erzeugung des Einzelnen aus
Deduktion nicht
dem
Gesetz bleibt
Jede endliche Wirklichkeit weist auf anderes Endliches
Unendliche zurck (Ethik, Buch I, Prop. 28). Das System
ihr versagt.
bis
ins
denen gem die Einzelexistenzen zusammenhngen,
bleibt dauernd von diesen Existenzen selbst geschieden. Metaphysisch
ausgedrckt heit dies, da die Ableitung des Wirklichen aus Gott
unvollziehbar ist.
Die Irrationalitt des Einzelnen findet in dem
unaufgehobenen Dualismus des unendlichen und endlichen Seins
ihren metaphysischen Ausdruck.
Grundverschieden bleibt bei alledem die Art, wie in beiden
Systemen das Problem des Einzelnen hervortritt. Im Aristotelismus
wird die begriffliche Wesenheit der Form in ihrer Verbindung mit
der Materie auf eine Mannigfaltigkeit von Individuen bertragen. Die
Form ist das bildende Prinzip, das sich in einer beliebigen Zahl von
Die gattungsmige Form der
Einzelexistenzen ausprgen kann.
der Gesetze,
Dinge erscheint
sein
als
Bildungsgesetz vorzeichnet.
Dinge
auch
ist
ihr
dem Einzelnen
dem begrifflichen Wesen der
zweckvoll gestaltende Kraft, die
Zweck
In
enthalten, der sich in ihnen zu realisieren
Der Gattungsbegriff ist zugleich Zweckbegriff und wird in
seiner Umbildung zur realen Wesenheit zweckvoll bildende Kraft.
Die Stufenfolge der auseinander hervorgehenden begrifflichen Wesenheiten ist gleichzeitig eine Folge von Zwecken, deren Ausgangspunkt
und Ziel die reine gttliche Zweckform ist. Demgem ist auch
der begriffliche Proze der Emanation zugleich ein teleologischer
strebt.
Proze,
in
dem
die
Reihe zweckvoller Krfte eine aus der anderen
hervorquillt.
Der Zweckbegriff, der
hier
alle
Welterklrung
leitet,
ist
bei
Spinoza durch den Begriff der logisch mathematischen Folge verdrngt.
Nach
allen
Seiten hin bringt Spinoza
dem
aristotelischen
Hat er
konstruktive Methode der
Formbegriff gegenber den Gesetzesgedanken zur Geltung.
frher
dem
abstrahierenden Verfahren die
mathematischen Erkenntnis entgegengestellt, so setzt er nun an die
Stelle des Zweckzusammenhanges den reinen urschlichen Zusammenhang der mathematischen Naturwissenschaft oder, genauer gesprochen,
den logisch geometrischen Zusammenhang der mathematischen Erkenntnis selbst, der ihm mit dem realen Zusammenhang des GeBegriff des
Natur-
erkennens gewinnt auch seine Metaphysik ihre neue Gestalt.
Indem
schehens zusammenfllt.
Durch diesen neuen
FESTSCHRIFT COHEN
524
und Gott zur immanenten
Ursache alles Seins macht, schreitet er von der Metaphysik des
Zweckbegriffs zur Metaphysik des mathematischen Gesetzbegriffes
fort.
Die immanente Urschlichkeit Gottes ist nur die bedingende
Funktion des mathematischen Gesetzes,
Damit entfllt von selbst der Gegensatz von Materie und Form,
der nur innerhalb der dynamischen Naturbetrachtung mglich ist.
Spinoza sich von der Emanationslehre
loslst
Sicherlich sind die Diskussionen der jdischen Religionsphilosophen,
denen die Schwierigkeiten dieser Begriffe nach verschiedenen
Richtungen hin hervorgehoben werden, nicht ohne Einflu auf ihn
Entscheidend aber ist doch die Unvereinbarkeit dieser
geblieben.
Begriffe mit den letzten logischen Voraussetzungen seines Systems.
in
Der
Zusammen-
Begriff der logisch-mathematischen Folge schliet das
und Materialursache aus und duldet nur das
So mu Spinoza
reine Verhltnis von Bedingung und Bedingtem.
auf das Auskunftsmittel, mit dem der Aristotelismus die Kluft von
Allgemeinem und Einzelnem hatte schlieen wollen, verzichten. Fr
wirken der Formal-
dem
ihn stellt sich das Verhltnis des Einzelnen zu
Gesetz,
dem
er
dinglichen Bestand verliehen hat, als das unvermittelte Nebeneinander-
stehen des endlichen und unendlichen Seins dar.
IL
Das
Form
Begriffspaar von Materie und
dem
hatte
Aristotelis-
und materiellen
Fr Spinoza bedurfte auch dieses VerWirklichkeit zu bestimmen.
hltnis einer neuen Bestimmung.
Wiederum ist es die Erkenntnislehre, die der Metaphysik den
mus auch dazu
Weg
gedient, das Verhltnis der geistigen
Spinozas Lehre von der Parallelitt der Attribute
ruht ganz und gar auf seiner Auffassung von dem Verhltnis der
vorzeichnet.
Erkenntnis zu ihrem Gegenstande.
Noch
als
Verstehen
dem
ein bloes Leiden, in
sich in uns bejahen oder verneinen (Teil
die
II,
Dinge
ist
ein reines
selbst
Kapitel 15,
nur die Erkenntnis der sinnlichen Einzelobjekte,
des gttlichen Seins
kurzen Traktat
Wirkung des Objekts.
betrachtet Spinoza die Erkenntnis
ist
dem
in
Wahrnehmen,
Das
etwas von
16).
Nicht
sondern auch die
in
dem
sich uns die
Als die
Wesenheit unmittelbar offenbart (Kapitel 22).
Quelle dieser Auffassung hat man verschiedene Philosophen der
Renaissance angesprochen.' Mag Spinoza ihnen auch in der besongttliche
"
SiGWART, Spinozas neuentdeckter Traktat von
Gott,
dem Menschen und
GUTTMANN, SPINOZAS ZUSAMMENHANG MIT DEM ARISTOTELISMUS
am
deren Formulierung des Gedankens
nchsten stehen, so
ist
525
doch
die Grundauffassung nur das
Fr Aristoteles
alles
ist
Wie
wutseins.
Erbe der aristotelischen Erkenntnislehre.
Erkennen ein passives Empfangen des Be-
in
Wahrnehmung
der sinnlichen
mene Gegenstand auf das Bewutsein
der wahrgenom-
einwirkt, so vollzieht sich
auch
die Vernunfterkenntnis durch eine Einwirkung des Gedachten auf
das denkende Bewutsein, durch eine Berhrung des denkenden
Geistes mit dem Denkbaren.
Der arabische Aristotelismus bildet
diesen bei Aristoteles ziemlich unbestimmt gefaten
da
fort,
des uns
Gedanken dahin
menschliche Vernunfterkenntnis auf einer Einwirkung
nchsten stehenden immateriellen Wesens, des sogenannten
alle
am
ttigen Verstandes" beruhe, der die Denkobjekte, die reinen
Formen
Wesen, in sich trage und sie auf die Einzelobjekte
emanieren lasse. Die vielfach schwankenden Einzelheiten dieser verwickelten Lehre drfen hier auer Betracht bleiben. Das fr uns
aller irdischen
Wesentliche
schon
auch die Verstandeserkenntnis ist Anschauung des erkannten Objektes, Einswerden des
Denkvermgens mit dem Denkgegenstande; in ihr tritt der Intellekt
mit den hheren metaphysischen Wesenheiten in unmittelbare Betritt
jetzt
klar
hervor:
rhrung.
Der Einflu Descartes' gibt der Erkenntnislehre Spinozas eine
vollkommen neue Gestalt. Im Tractatus de intellectus emendatione
ist auch fr Spinoza die Erkenntnis zur autonomen Funktion des
Verstandes geworden. Die wahre Erkenntnis verdankt jetzt ihre
Gewiheit nicht mehr ihrer Abhngigkeit von einem ueren Objekt,
sie
hat das Kriterium ihrer Wahrheit
Das
keit.
Nur
das,
was
Stempel der Gewiheit an
jetzt
Vloten
ihrer eigenen Gesetzmig-
eigene Gesetz des Verstandes verbrgt die Wahrheit seiner
Ergebnisse.
ist
in
der
vermag, trgt den
Die Aktivitt des Verstandes gerade
er selbst zu erzeugen
sich.
alleinige Quell
alles
wahren Erkennens
(^
6971
ed.
Seite 2122).
Durch diesen autonomen Erkenntnisbegriff wird
fr Spinoza die
Beziehung der Erkenntnis auf eine ihr gegenberstehende Wirklichkeit keineswegs gelockert.
Auch jetzt noch gehrt es zum Begriff
der Idee einem von ihr verschiedenen Gegenstande, ihrem ideatum,
zu entsprechen (S 33, ed. Vloten Seite 11). Die Gewiheit ist nichts
anderes als die Art, wie wir das formale Sein erfassen (sentimus)"
dessen Glckseligkeit
S. 8
ff.
S. 121
auf Campanella.
ff.,
verweist auf Giordano Bruno, Cassirer
a. a.
O.,
FESTSCHRIFT COHEN
526
gegen die Meinung, da alle Erkenntnis auf willkrlichen Setzungen des Verstandes
beruhe, kommt dieser Standpunkt zu deutlichem Ausdruck. Die Ab-
( 35,
Vloten
Seite 11).
In der Polemik Spinozas,
Standpunktes sieht Spinoza darin, da ihm zufolge das
Bewutsein die Kraft habe, Ideen zu erschaffen, die nicht irgendein
Die gedankliche NotSein ausdrcken (S 60, VloTEN Seite 18).
wendigkeit, die der wahren Erkenntnis eigen ist, brgt dafr, da
surditt dieses
das Sein entspricht. Nur den Ursprung aus den Dingen lehnt
Spinoza ab und sieht das Kriterium der wahren Erkenntnis in ihrer
immanenten Gesetzmigkeit. Aber gerade diese durch sich evidente
ihr
Geltung der Erkenntnis erschliet uns das wahre Sein der absoluten
Denn es gehrt zum Begriff der Erkenntnis, Erkenntnis
Dinge.
eines Seienden zu sein; sie gilt kraft ihrer eigenen Gesetzmigkeit,
aber
sie gilt
notwendig von einem auer
ihr befindlichen Sein.
An
Abbildens der absoluten Wirklichkeit tritt die Parallelitt
der autonomen Erkenntnis und des absoluten Seins.
In Spinozas Theorie von der Parallelitt der Attribute ist dieser
Er
erkenntnistheoretische Standpunkt metaphysisch ausgedrckt
Stelle des
genaue Korrespondenz des geistigen und
materiellen Seins zu begrnden, durch welche eine wechselseitige
Beeinflussung beider Gebiete mit ihren schon lngst empfundenen
Schwierigkeiten vollkommen unntig wird. Hatte die Ansicht von
macht
es
mglich,
eine
einem Leiden eine Einwirkung der Dinge auf
das Bewutsein gefordert, so ist diese bei der bereinstimmung
der Erkenntnis
als
der autonomen Erkenntnis
innere
Zusammenhang
mit
der Wirklichkeit entbehrlich.
der Erkenntnisse
mu dem
ihrer
Der
Objekte ge-
nau entsprechen. Die Grundlehre Spinozas, die den realen Zusammenhang der Dinge als logisches Folgen begreift, gestattet und
fordert die bertragung dieser notwendigen Korrespondenz auf das
Verhltnis von Bewutsein und uerer Natur. So wird nun dieses
Verhltnis der Erkenntnis zu ihrem Gegenstande zu einer Korrespondenz des Bewutseins und der ueren Wirklichkeit berhaupt
verallgemeinert.
Zusammenhang
nisse
zusammen.
Auf der
Seite des Bewutseins
fllt
der urschliche
seiner Inhalte mit der logischen Folge der Erkennt-
Der Bewutseinsproze
ist
seinem ganzen Umfange
nach ein logischer Proze, in dem die abgeleiteten Erkenntnisse aus
ihren logischen Bedingungen hervorgehen. Dem logischen Zusammenhange der Erkenntnisse mu der ihrer Gegenstnde genau entDer Zusammenhang der rumlichen Dinge aber ist
sprechen.
wiederum der logische Zusammenhang der Gegenstnde des Raum-
GUTTMANN, SPINOZAS ZUSAMMENHANG MIT DEM ARISTOTELISMUS
So
erkennens.
ist
es dieselbe logische
Ordnung,
dem
die in
52/
logischen
Proze des Bewutseins und in dem logischen Zusammenhange der
Wirklichkeit waltet, welche Gegenstand der Bewutseinserkenntnis ist.
Die Parallelitt der Attribute folgt aus der Identitt der logischen
Ordnung, welche die Erkenntnis und ihren Gegenstand beherrscht.^
Die menschliche Erkenntnis, die durch diese Theorie von ihren
empirischen Objekten unabhngig wird, rckt durch sie in einen um so
engeren metaphysischen Zusammenhang anderer Art. Sie gehrt dem
einheitlichen logischen Zusammenhange aller Erkenntnis an, der aus
dem
Denken hervorgeht.
gttlichen
Unser ganzes Bewutsein
ist
nur ein Teilinhalt des unendlichen gttlichen Verstandes. So erklrt
es sich auch, da unsere gesamte Erkenntnis, auch ihrem empirischen
autonomen Gesetzmigkeit der Erkenntnis ihren
Teile nach, in der
Ursprung
findet.
Auch
diejenigen unserer Erkenntnisse, die fr uns
etwas nur uerlich Gegebenes sind, haben in dem umfassenden
Zusammenhang der Gesamterkenntnis ihre strenge deduktive Begrndung. Sie erscheinen nur uns als etwas Irrationales, weil nur
unserem eigenen Bewutsein liegt, das ihren
Zusammenhang deshalb nicht zu berschauen vermag. In unserer
reinen Erkenntnis aber, welche ihre Objekte adquat begreift, voll-
ein Teil ihrer
Grnde
in
zieht sich in uns selbst der
deduktive
Zusammenhang
der gttlichen
Erkenntnis.
Hier berschauen wir den Zusammenhang,
Erkenntnislehre
verbindet, die
Spinozas
dem
mit
der auch die
der metaphysischen
Aristotelismus
entstammt.
reife
Erkenntnislehre
Die Erkenntnisttig-
menschlichen Vernunft fhrte die aristotelische Schulphilosophie auf die Einwirkung des sich mit ihr verbindenden formen-
keit der
spendenden
Intellekts zurck.
In diesem sind die
Formen
realisiert,
Indem unser Intellekt sich
mit ihm berhrt, verwirklichen sich auch in ihm die Erkenntnisobjekte, zu deren Erfassung er durch die vorangehende Wahrneh-
die unsere Erkenntnis in sich aufnimmt.
mungsttigkeit
des
Bewutseins disponiert
ist.
von Spinoza aus der Sprache der Abbildstheorie,
Diese Lehre wird
die
im Erkennen
Der Beweis fr die 7. Propositio des II. Buches der Ethik, welche die
Ordnung und Verknpfung der Ideen mit der der Dinge identifiziert, macht in
seiner lapidaren Krze diesen Zusammenhang schlagend evident. Spinoza fhrt
nur sein Axiom an, nach dem die Erkenntnis der Wirkung die der Ursache in
sich schliet, und setzt es als selbstverstndhch voraus, da der Zusammenhang
^
der Bewutseinsgeschehnisse ein logischer Erkenntniszusammenhang
hierzu auch Cassirer a. a. O. S. 37/8.
ist.
Vgl.
FESTSCHRIFT COHEN
528
ein
Aufnehmen
seiner Objekte
erblickt,
in
die
der autonomen Er-
Die Grundanschauung, da unsere Erkenntnis
auf einer Einwirkung eines metaphysischen Intellekts beruht, behlt
Spinoza bei. Aber diese Einwirkung besteht nicht mehr darin, dali
unser Bewutsein passiv den Einflu dieses Intellekts erleidet und
kenntnislehre bersetzt.
die
die das Objekt der Erkenntnis bilden, in sich aufnimmt.
Formen,
der Vereinigung unserer Erkenntnis mit einem ihr gegenber-
Aus
stehenden Objekt, wird ihre Einbeziehung in den metaphysischen
Erkenntnisproze. Die rationale Erkenntnis unseres Bewutseins ist
Empfangen des
kein
Objekts, sondern wird aus der' eigenen Erkennt-
nisgesetzmigkeit des Bewutseins
erzeugt.
Doch
ebendiese
er-
zeugende Ttigkeit des Bewutseins ist nur ein Teil des unendlichen
gttlichen Erkenntnisprozesses. In unserem rationalen Erkennen wirkt
Gott selbst, nicht als ein unserer Erkenntnis uerliches Objekt sondern
der innere Ursprung unserer Erkenntnisttigkeit, als der letzte
logische Grund, aus dem alle Ergebnisse unserer Erkenntnis hervorals
gehen.
hltnis
So sehr der vernderte Erkenntnisbegriff Spinozas das Verdes Bewutseins zu seinen metaphysischen Bedingungen um-
gestaltet,
die
kenntnis auf
mit
dem
Grundanschauung des Aristotelismus, da unsere Er-
dem metaphysischen Zusammenhange
des Bewutseins
allumfassenden gttlichen Intellekt beruht, bleibt auch fr
ihn unentbehrlich.
Er mu
Erkenntnistheorie
einfgen,
diese metaphysische
um
die
Annahme
in
seine
Korrespondenz von Erkenntnis
machen.
Die Kontinuitt dieser Entwickelung bekundet sich auch in der
Ansicht vom Wesen des menschlichen Bewutseins. Auf den ersten
Blick allerdings scheint hier die starke Differenz im BewutseinsDie aristotelische Ansicht,
begriff jede Gemeinschaft auszuschlieen.
begreiflich zu
und Wirklichkeit
welche die Seele und insbesondere ihren vernnftigen Teil zur substanziellen Form des Menschen macht, wird von Spinoza durch die
grundverschiedene Auffassung ersetzt, da der Geist des Menschen
ein dem gtUichen Bewutsein angehriger Vorstellungsinhalt ist. Dringt
man
indessen genauer in die Auffassung des Aristotelismus
findet sich
gerade
in
seiner
ein,
so
Lehre von der menschlichen Vernunft
In dem arabischen
Ansicht Spinozas.
Aristotelismus, der die ttige Vernunft des Aristoteles von der
menschlichen Seele abtrennt und sie zu einer transzendenten immateriellen Wesenheit macht, ist das menschliche Vernunftvermgen
Die menschliche Vernunft in ihrer Vereine bloe Denkanlage.
der
Ansatzpunkt
wirklichung
ist
fr
die
identisch
mit
den begrifflichen Erkenntnissen, die
GUTTMANN, SPINOZAS ZUSAMMENHANG MIT DEM ARISTOTELISMUS
unter
dem
529
Einflu des ttigen Verstandes" in uns erzeugt werden.
Sie bilden den erworbenen Verstand des Menschen, welcher der unsterbliche Teil der Seele
So
ist.
ist
auch hier die menschliche Ver-
Summe
von Denkinhalten, wird der Begriff selbst das
Die Denkanlage freilich, die in der
eigentliche Wesen der Seele.
dynamischen Auffassung des Aristotelismus den Ausgangspunkt der
In seinem
Vernunfttigkeit bildet, hat bei Spinoza keine Stelle.
System, das den dynamischen Zusammenhang durch den logisch
mathematischen Zusammenhang ersetzt, verschwindet diese Denknunft eine
von selbst und die logische Ordnung der Ideen erschpft
nunmehr den Begriff des Bewutseins.
Die Folge dieser Ansicht, die das Bewutsein zu einem logischen
Prozesse macht, ist ein Intellektualismus, der das ganze seelische
Leben auf das theoretische Vorstellen reduziert. Das Wollen und
Streben hrt ebenso wie das Fhlen auf, ein selbstndiger Akt
des Bewutseins zu sein; alle diese Begriffe werden dahin umgebildet,
da sie nur ein Ausdruck fr das psychologische Beharrungsvermgen
anlage
Der
der Vorstellungen, fr den Fortbestand der Begriffe sind.
allein
noch fortbestehende psychologische Unterschied ist der zwischen
den rationalen, von unserem Bewutsein in ihrer gedanklichen Notwendigkeit zu erzeugenden und den empirischen Bewutseinsinhalten,
die innerhalb des Einzelbewutseins ihre logische Erzeugung nicht
finden und deshalb in ihm wie etwas uerlich Gegebenes erscheinen.
Von dieser vollkommenen Intellektualisierung des Bewutseins
ist
der Aristotelismus weit entfernt.
Das
theoretische Verhalten
Unter anderem
fr ihn nicht die einzige Bettigung des Bewutseins.
Gesichtspunkte aber
ein intellektualistischer
bei sich
ist,
in
ist
Leben
Psychologie
aristotelischen
deutlich hervor.
Dort wo
die Seele ganz
ist sie
allein in-
Die hchste und eigentlich menschliche Bettigung
die Erkenntnisttigkeit,
Verflechtung mit
tellektuelle
Zug
auch an der
der reinen Bettigung der Vernunft,
tellektuell ttig.
der Seele
tritt
ist
dem
und
materiellen Dasein,
was
sie
dem
alle
es
ist
nur ihre
ber dies rein
Die Vernunftttigkeit
hinausfhrt.
menschlichen Daseins, zu
letztlich
in-
das Ziel des
ist
anderen seelischen Funktionen
nur die Vorbedingung bilden.
Fr
sich
genommen knnte
diese
uerlich erscheinen. Dieser Schein aber schwindet,
Zusammenhange des Systems betrachten. Wie
kommene Intellektualisierung des Bewutseins
Auffassung der Wirklichkeit
als
zufllig
und
wir sie in
dem
bereinstimmung
begrifflicher
wenn
bei Spinoza die voll-
ihren
Grund
Proze
hat,
34
in
so
der
geht
FESTSCHRIFT COHEN
530
auch im Aristotelismus
sischen
entsprechende Lehre aus der metaphy-
die
Verdinglichung der Begriffe hervor.
Sein der Dinge das Sein des Begrififes
ist,
zielt
Weil das eigentliche
auch das Bewutsein
seinem letzten Sinne nach darauf ab, diese Begriffe in sich zu verwirkBegriffliche Wesenheiten und geistige Substanzen werden ja
lichen.
im aristotelischen System stndig gleich gesetzt; so ergibt es sich
von selbst, da auch der menschliche Geist in der Aufnahme der
Begriffe seine eigenste Ttigkeit entfaltet.
Mit vollkommener Deutlichkeit erkennen wir, da die Verwandtschaft Spinozas mit den psychologischen Ansichten des Aristotelis-
mus mehr
ein
als
und
ethischen
Standpunktes
uerliches Zusammentreffen
religisen
verfolgen,
in
wenn
ist,
wir
die
Konsequenzen dieses psychologischen
denen sich das Bild des Spinozismus
vollendet.
III.
Die spekulative Erkenntnis spricht sich in dem Abschlu des
spinozistischen Systems die Wrde des wahrhaften Lebensideals zu.
Als Quell
aller Kraft,
Erkenntnis sich
selbst
aller
Freude und Seligkeit
dartun.
Diese Selbstverklrung des theore-
tischen Bewutseins, in der Spinozas eigenstes
bar
weist
enthllt,
Wiederum
ist
hier die reine
will
doch zugleich
Wesen
auf griechischen
es der Aristotelismus, der Spinoza
am
sich unmittel-
Geist
zurck.
nchsten
steht,
Grundstimmung, sondern auch in der theoretischen
Rechtfertigung dieser Anschauung und der mittelalterliche Aristotelismus vollzieht auch die gleiche Wendung dieses Lebensideals in
nicht nur in der
das Religise wie Spinoza.^
Der
Inhalt wie die methodische
Begrndung der Ethik Spinozas
zeigen gleichmig, da die praktische Vernunft in die theoretische
Wohl
entspringt
die
aristotelische
Lebens dem platonischen Eros,
allein
wenn
Verherrlichung
des
theoretischen
bei Plato die sittliche Vernunft sich
zur Ebenbrtigkeit mit der theoretischen Erkenntnis hindurchzuringen strebt, so
ist
bei Aristoteles die theoretische Kontemplation die alleinige Verwirklichung
wahrer Vemunftttigkeit, hinter der die sittliche Einsicht weit zurckbleibt. In
diesem entscheidenden Punkte steht auch die Stoa, fr die das theoretische Erkennen nicht Selbstzweck, sondern nur Mittel fr die rechte Lebensfhrung ist,
Spinoza, dessen Ethik sich sonst mit ihr berhrt, weit ferner als der AristoteHsmus besonders nach seiner Verschmelzung mit neuplatonischer Lehre.
GUTTMANN, SPINOZAS ZUSAMMENHANG MIT DEM ARISTOTELISMX>S
531
Die Methode der geometrischen Erkenntnis als die
einzige Methode wahren Erkennens ist auch das Ideal der wissenSie ist es,
schaftlichen Ethik (Vorwort zum III. Teil der Ethik).
aufgehoben
Gesetzmigkeit
die
weil
ist.
Form
einzige
geometrischen Zusammenhanges die
des
gesetzmiger Einheit berhaupt
neben der auch
ist,
im menschlichen Bewutsein keine andere Gesetzmigkeit
Von
dieser Grundvoraussetzung aus hatte sich das ganze
Bewutseins
zusammenhang
Bewutseins
Der Wille
dargestellt.
ist
Proze,
intellektueller
als
aufgehoben.
als eine
eigene Richtung des
Dann aber kann
es keinen Wertunter-
mehr geben
mgliche
allein
als
den
ihrer
Die Selbstndigkeit der reinen Erkenntnis
logischen Rangordnung.
die
Leben des
denknotwendiger Ideen-
als
schied unter den Inhalten des Bewutseins
ist
Platz hat.
Form
die Unselbstndigkeit
aller Aktivitt,
des bloen Erfahrungswissens die einzige
Form
Nur
der Passivitt.
und
Seligkeit des Menschen gegrndet sein.
Der psychologische Nachweis dieses Zusammenhanges ist die alleinige Aufgabe der Ethik.
Sie zeigt, da die Weihe und Seligkeit des erkennenden Lebens
in
der
der reinen Erkenntnis
Kraft
Eudmonie
alle
kann
jetzt
Freiheit
alle
in sich schliet.
Die aristotelische Verherrlichung der reinen Kontemplation geht
genau in der gleichen Weise aus den psychologischen Grundlagen
des Systems
Auch
hervor.
fr
Aristoteles
des Menschen aber
die
ist
die
hchste
Form
glckseligen Lebens, dessen
menschlicher Ttigkeit der Quell des
Aufzeigung die Aufgabe der Ethik
ist
Diese hchste Ttigkeitsform
ist
theoretische Vernunft.
So
ergibt
sich
auch hier aus dem psychologischen Intellektualismus die Aufhebung
Ethik
der
in
die verschiedene
das
Bewutsein.
theoretische
Form
Nur
macht
sich
des psychologischen Intellektualismus auch
Wie das
Denken
im Aristotelismus
wohl der Hhepunkt des menschlichen Bewutseins ist, ohne in-
in
der Ethik geltend.
reine
dessen die Selbstndigkeit der anderen Bewutseinsgebiete aufzuheben,
so ist auch ethisch das spekulative Leben wohl das hchste Ziel
des Menschen, aber nicht die einzige
heit.
Im
nant
dahin
ihren
Wert
Form menschlicher VollkommenAnschauung prgandere menschliche Tugend
mittelalterlichen Aristotelismus wird diese
ausgesprochen,
darin
hat
der
faltung zu ermglichen.
da
alle
spekulativen
Vernunft
ihre
freie
Der Anlage des Systems gem
ist
Enthier
die reine Erkenntnisttigkeit als das hchste Ziel menschlicher Ent-
wicklung durch
bei
Spinoza,
dem
die untergeordneten Funktionen bedingt,
diese
dynamische Entwicklung
fremd
34*
whrend
ist,
der
FESTSCHRIFT COHEN
532
Zusammenhang der
Erkenntnis
allein
be-
sich,
wie
wir schon oben angedeutet haben, diese Richtung seiner Ethik
fort.
logische
reinen
schlossen und seinerseits der Quell
In der Unsterblichkeitslehre
Bereits Aristoteles
aller
des
Kraft
ist.*
Aristotelismus
die Unsterblichkeit
hatte
sich
in
setzt
des denkenden Teiles
Der arabische Aristotelismus
der menschlichen Seele gelehrt.
bildete
diese Ansicht dahin fort, daOi die metaphysische Erkenntnis die Quelle
Die metaphysischen Erkenntnisse, in denen die
Vernunft ihre Wirklichkeit erlangt, sichern ihr den ewigen Bestand.
Diese Ansicht lebt in wenig vernderter Gestalt in Spinozas kurzem
der Unsterblichkeit
ist.
Auch Spinoza
da die Seele die Ewigkeit erlangt, wenn sie sich in der Erkenntnis mit einem ewigen
Wesen verbindet.^ Im fertigen System Spinozas kann diese Lehre
Traktate
w^eiter.
lehrt hier,
nicht unverndert fortbestehen bleiben.
In
dem
zeitlosen
Zusammen-
hang der Ideen hat eine errungene Unsterblichkeit keinen Platz.
Aber in der Lehre, die an ihre Stelle tritt, ist der Zusammenhang
mit der frheren Stufe
nicht
zu
erkennen.
Die zum Wesen des
menschlichen Geistes gehrige, ewige gttliche Idee, die den unsterblichen Teil des Menschen bildet (Ethik Buch 5, Lehrsatz 23)
von der aus dem gttlichen Intellekt in den
menschlichen Gei.st berstrmenden Erkenntnis genau so wie der
neue Bewulitseinsbegriff Spinozas von dem des Aristotelismus.
unterscheidet
sich
Mit voller Klarheit
tritt
Bedeutung hervor, welche
Streng
genommen
dieser
Zusammenhang
in
der religisen
die reine Erkenntnis fr Spinoza gewinnt.
handelt es sich nur
um
eine neue
Wendung
der
schon entwickelten Gedanken.
So wie wir den Erkenntnisbegriff
Spinozas und des Aristotelismus kennen gelernt haben, ergibt es
von
sich
selbst,
da
in
mit Gott beschlossen ist
der Erkenntnis
Knnte
die Einheit
des Menschen
es sonst erscheinen, als lge hier
nur die Gemeinschaft vor, die Spinoza mit allen Formen mystischer
Gotteserkenntnis verbindet, so ergibt sich die volle Genauigkeit der
Korrespondenz, wenn wir die Entwickelung dieser Lehre aus
Erkenntnisbegriff beider Systeme beachten.
Erkennen
alles
als ein
Im
dem
Aristotelismus, der
Berhren mit seinen Objekten betrachtet, war
Vgl. fr die Anschauungsweise des Aristotelismus die Schlukapitel des
denen allerdings mit dieser Auffassung, wie Hermann
Cohen (Charakteristik der Ethik Maimunis, Moses ben Maimon, Band I, S. 116 ff.)
nachgewiesen hat, die von Grund aus andere Richtung des sittlichen Monotheismus der Propheten ringt.
* Kurzer Traktat II,
23, vgl. JOEL, Zur Genesis der Lehre Spinozas, S. 65 ff.
Moreh Nebuchim,
in
GUTTMANN, SPINOZAS ZUSAMMENHANG MIT DEM ARISTOTELISMUS .533
Einswerden der Vernunft mit den
berirdischen geistigen Wesenheiten geworden. Die metaphysische
Erkenntnis ist nicht nur ein Wissen von diesen Wesenheiten, jeder
Erkenntnisakt bringt uns in reale Beziehungen zu ihnen.
die reine Vernunfterkenntnis
ein
Je tiefer und umfassender diese Erkenntnis sich gestaltet, um so
inniger wird auch das Band, das uns mit dieser hheren Welt ver-
knpft und uns schlielich zu Gott selbst hinfhrt.
mit
dem
gttlichen
Wesen
uns dessen
sich
erschliet
In dieser Einheit
ganze Herr-
und erweckt in uns die volle Kraft der Gottesliebe. So wchst aus
den metaphysischen Voraussetzungen der Erkenntnislehre die religise
lichkeit
Weihe der Erkenntnis unmittelbar heraus.
Das alles findet sich bis ins Einzelne im kurzen Traktat Spinozas
Der amor dei intellectualis der Ethik unterwieder. (Vergl. II, 22.)
scheidet sich davon nur soweit, wie es die vernderte Erkenntnislehre
Spinozas fordert.
Aus dem Objekt
unseres Erkennens
eigenen Kraft
letzten
Gottes
unseres
als die letzte
unsere Einheit
Die
letzte logische
unserer
Die reine Erkenntnis, die sich
aus der
Geistes
Grund zurck.
Gott die
innerste Grundlage
Voraussetzung unserer Erkenntnis, die
Vernunft selbst geworden.
ist
gestaltet,
fhrt
auf Gott
Erkenntnis,
intuitive
welche
als
die
ihren
Idee
Gewiheit der Erkenntnis begreift, erschliet uns
mit Gott und
lehrt
uns Gott
als
den
Quell
aller
Die Erkenntnis ist nicht mehr die
offenbart uns nur die ewige Einheit unseres
Erkennens erfassen.
Seligkeit des
Vereinigung mit Gott,
sie
Geistes mit ihm.
Wie im
Aristotelismus die Erkenntnis als
lichen Einflusses die
nun
als Glied
Verbindung mit Gott
Empfangen des
gtt-
herbeifhrt, erschliet sie
der gttlichen Erkenntnisttigkeit unser Einssein mit
Gott.
Grundgedanke, der von den ersten metaphysischen Grundlagen aus bis zu dem ethischen und religisen Abschlu beide Systeme zusammenhlt.
Indem das hchste Prinzip
der Erkenntnis zur letzten Ursache der Dinge, ihr realer Zusammenhang zum begrifflichen Zusammenhange wird, geht auch das Be-
So
wutsein
ist
es derselbe
in
bedingungen
diesen metaphysischen
ein,
die
wird die theoretische
Zusammenhang der
im Erkenntnisakt
Erkenntnis
ihre
Wirkung
Erkenntnis-
entfalten,
und
das wahrhafte Sein des Geistes,
das ihm die hchste Vollkommenheit bereitet und seinen Zusammen-
hang mit Gott bedingt. Wie die Gemeinschaft, so ist auch die
Differenz beider Systeme von einem Punkte aus zu begreifen; der
FESTSCHRIFT COHEN
534
neue Erkenntnisbegrifif, zu
dem Spinoza
durchgreifende Umbildung des Systems.
bernahme von
Einzellehren,
sondern
sich bekennt,
um
Nicht
um
eine
fordert eine
eine uerliche
Neuschpfung des
Motiven heraus handelt es sich. Noch
einmal ist der gleiche Denktypus mit abermals vernderten begriffAls die kritische Erkenntnislehre
lichen Mitteln dargestellt worden.
Kants zur Metaphysik umgebildet wurde, hat das System Hegels die
Kategorien der Kantischen Transzendentalphilosophie zum Ausdruck
der gleichen Weltansicht gemacht, die Aristoteles in die Sprache
Systems aus seinen
letzten^
des Form- und Gattungsbegriffes, Spinoza
gekleidet hatte.
in die
des Gesetzesbegriffes
Entwicklung des alexandrinischen Judentums unter
dem
Von
J.
Einflsse Philos.
HOROWITZ-Charlottenburg.
(Erweiterter Vortrag.)
Wenn
mau
oft
auf jdischer Seite nicht nur, sondern auch
auf nichtjdischer Seite, soweit
sie
der Betrachtung des Juden-
tums und seiner Geschichte unbefangen gegenbersteht
wunderbaren Erscheinung der Erhaltung des Judentums
von der
spricht, von
der beraus starken Lebenskraft, die der jdische Stamm whrend
seiner mehrtausendjhrigen Geschichte bewhrt hat, so denkt man
dabei natrlich in erster Reihe an die harten Proben und Heimsuchungen, denen er in den verschiedenen Epochen ausgesetzt war,
an die schweren Prfungen und Verfolgungen, unter denen er den
Kampf um das Dasein zu bestehen hatte und teilweise auch jetzt
noch zu bestehen hat. Allein die Gefahren, die den Bestand des
Judentums bedroht haben, gingen nicht immer und nicht ausschlielich von feindlicher und brutaler Seite einer berlegenen materiellen
Macht aus. Oft waren es auch groe, gewaltige Kulturmchte, deren
Einflu das Judentum sich nicht entziehen konnte, mit denen es, wenn
es den auch im Reiche der Geister unablssig tobenden Kampf bestehen
sollte,
sich auseinanderzusetzen gentigt war.
Whrend
seiner
Wanderung ber den Erdball ist der jdische
wie kaum ein anderer, mit hufig ihm fremdartigen
jahrtausendelangen
Stamm
so
oft,
Kulturen verschiedener
entlegener Vlker
in
nahe Berhrung ge-
kommen, in deren Mitte er zu leben, an deren Arbeit er ttigen Anteil zu nehmen hatte.
Geboten ihm schon die Anforderungen des
physischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens in hohem
Mae Anbequemung an die Lebens- und Bettigungsart der Vlker,
in
deren Mitte er
flssen der ihn
weilte, so
war
er nicht
minder den geistigen Ein-
umgebenden Kulturvlker unterworfen.
Und
er
nahm
FESTSCHRIFT COHEN
536
allezeit die
ihm
bis
dahin fremden Schtze an Wissenschaft und Kunst
von diesen Vlkern gern und bereitwillig an, er arbeitete allezeit an
der Mehrung und Bereicherung dieser Schtze wacker und emsig mit
und entfaltete sein Leben stets unter dem Einflsse des unausgesetzt
wirksamen allgemeingltigen Gesetzes der kulturellen und geistigen
Entwicklung.
Den Gesetzen der Entwicklung ist aber, ebenso wie
alle Erscheinungsformen des natrlichen und geistigen Lebens, auch
das religise Leben samt den es ordnenden und gestaltenden Lehren
unterworfen. Auch diese sind, wie alles geschichtlich Gewordene, in
steter Fort- und Umbildung begriffen; auch hier darf und kann ein
Stillstand, der berall in Natur und Geist das Zeichen des Erstarrens
der Lebenskraft ist, niemals Platz greifen. Diesen Fortbildungsproze
in Lehre und Leben hat das Judentum unter den mchtigen Einflssen mannigfacher Kulturstrmungen zu verschiedenen Zeiten erfahren; es hat ihn erfahren und durchlebt von den Zeiten des Mosaismus bis zur Epoche seiner groen Propheten, von diesen, die
Epochen des ersten und zweiten Exils, die Periode der talmudischen
Literatur
hindurch bis
die
in
vielen Jahrhunderte
des
christlichen
whrend dessen es im Verein mit den Arabern
den Vlkern des Abendlandes eine groe Kulturperiode erneuten
Aufschwungs der Wissenschaften geschaffen hat Es hat den Entwicklungs- und Fortbildungsproze weiter erfahren und durchlebt von
den Zeiten der Renaissance und der Kirchenreformation bis in die
Neuzeit, bis in die Epoche der neueren Philosophie, die durch zermalmende Kritik mit vielem Traditionell-berlieferten aufgerumt, bis
Mittelalters hinein,
in
das Zeitalter der
die,
alles
beherrschenden Naturwissenschaften
hinein,
wie unser ganzes praktisches Leben, so auch unser Denken und
unsere ganze Weltanschauung neugestaltend beeinflut haben.
umwlzenden Kulturstrmungen
anzupassen. Der jdische Stamm hatte,
diesen tief einschneidenden,
hatte
das Judentum
wie kein anderer
in
sich
zum
Allen
Teil
der Weltgeschichte, die schwierige Aufgabe,
die.
mannigfachsten Kulturerrungenschaften der Vlker, auch diejenigen,
die
ihm und
seiner Lehre, auf die sich sttzend er die Jahrtausende
durchwandert, von Hause aus ganz fremd waren, sich zu assimilieren.
Dieser Assimilationsproze, der nicht selten nicht nur in das Leben
der Juden, sondern auch
Lehre
neuernd,
in
das heiligste Palladium ihres Lebens
umbildend und umgestaltend eingriff, war
bisweilen mit groen Gefahren fr den Bestand des Judentums verbunden, mit Gefahren, die vielleicht nicht geringer waren als die-
in ihre
jenigen,
die es
durch brutale Unduldsamkeit bedroht haben.
Da
HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS
53/
im Prozesse der
Assimilation auf kulturell-geistigem Gebiete sie bedrohenden Gefahren
berstanden, da sie bei allen Wandlungen und Umgestaltungen, die
sie erfahren, ihre Eigenart und die Grundfesten ihrer Lehre unerschttert erhalten haben, zeugt fr die Strke auch der geistigen und
sittlichen Lebenskraft des Judentums und seines Lehrinhaltes, die mit
Recht die Bewunderung jedes Unbefangenen erweckt.
Eine fr die Weiterentwicklung des Judentums fruchtbare, aber
wegen dieser mit einer tiefgreifenden Umbildung verknpften Entwicklung den Bestand des Judentums zugleich bedrohende Zeitepoche ist
Stamm, da das Judentum auch
der jdische
diejenige, die
man
mit
dem Namen
die
der Alexandrinisch-Hellenistischen
zu bezeichnen pflegt. Als Griechenland
in
der Schlacht bei Chaeronea
mazedonischen Herrschaft unterworfen, und durch Alexander den Groen das mchtige
Perserreich erobert worden war, grndete dieser geniale Herrscher in dem
seiner politischen Selbstndigkeit verlustig, der
weit vorausschauenden Plane, den Orient mit
dem
Okzident zu ver-
binden und die Vlker des Ostens mit griechischer Bildung und grie-
nach ihm benannte Stadt
Alexandria an der Kste des Mittellndischen Meeres in Nordafrika.
chischem Geiste durchdringen zu
An dem
in
lassen, die
der Alexanderstadt, wie es ihre geographische Lage mit
sich brachte, bald
aufblhenden Handel, der produktiven gewerblichen
und an dem daran sich knpfenden Reichtum gewannen die Juden, die schon frher in groer Zahl in gypten
sich angesiedelt hatten, einen starken Anteil, und sie erfreuten sich
unter Alexander und, als nach dessen Tode das groe Reich geteilt
ward, unter den ersten Ptolemern vlliger Gleichberechtigung, selbstndiger Verfassung und Verwaltung, an deren Spitze die aus ihrer
eigenen Mitte ernannten Alabarchen standen.
Allein mit diesem
materiellen wirtschaftlichen Wohlstande und der politischen Gleichberechtigung war es fr die alexandrinischen Juden nicht abgetan.
Es galt, auch mit einer groen geistigen Macht, mit der diese neue
und
industriellen Arbeit
beherrschenden Macht der griechischen Wissenschaft,
der griechischen Philosophie sich auseinanderzusetzen, um das Judentum und seine Lehre auch unter den starken neuen Einflssen helle-
Kultursttte
Die Macht griechischer
Kultur hatte einen groen Teil der alexandrinischen Juden wie mit
nischen Geisteslebens lebensfhig zu erhalten.
einem unwiderstehlichen Zauber erfat. Das Griechische war ihre
Muttersprache geworden, die Kenntnis des Hebrischen war so sehr
abhanden gekommen, da die Vorlesungen aus der Thora an Sabbaten und Festtagen nicht mehr
in
der Ursprache der Bibel,
son-
FESTSCHRIFT COHEN
538
dern nur
in
ltester Teil
hunderts
V.
der
griechischen bersetzung
der Pentateuch
Chr. abgefat sein
in dieser griechischen
um
der Septuaginta,
die Mitte
des dritten Jahr-
statthaben konnten.
soll,
deren
Sind auch
Bibelbersetzung noch keine direkten Einflsse
und Spuren griechischer Philosophie wahrzunehmen, so finden wir
bildlicher
doch in ihr schon die ersten Anfnge allegorischer
Erklrung von Pentateuchstellen, vor allem das Streben nach Bed. h, der menschlichen Eigenseitigung der Anthropomorphismen
Der fortgeschaften in der Vorstellung und Auffassung Gottes.
schrittenen und geluterten Religionsanschauung mute es widerstreben,
von einer Hand, einem Geruchsorgan und anderen Gliedmaen Gottes
zu reden; und da dieses Widerstreben, auch unabhngig von unmittelbaren griechischen Einwirkungen, bei den Juden jener Zeit sich
regte, beweisen die den palstinensischen Juden schon in alter Zeit gelufigen Midraschim und exegetischen Erklrungen der Bibel, welche
Weit
alles Menschenhnliche von Gott fernzuhalten sich bemhen.
deutlicher schon tritt der griechische Einflu in der allmhlich sich
entwickelnden apokryphischen und pseudepigraphischen Literatur hervor, in der neben der Vorherrschaft der griechischen Sprache auch
das Beherrschtwerden der jdischen Schriftsteller von den dem griechischen Gedankenkreise entstammenden Anschauungen wahrzunehmen ist. Um nicht den Griechen den Vorzug der Prioritt dieser
Gedankenschpfungen zu belassen, vielmehr ihre Originalitt dem
eigenen Volke zu vindizieren, von dem die Griechen sie entlehnt
htten, werden vielen dieser Schriften altjdische berhmte Namen,
wie die des Knigs Salomo und des Propheten Ezechiel flschlich
untergeschoben. Hatte der Reiz und Zauber des griechischen Geistes
in Dichten und Denken die jdischen Schriftsteller jener Zeitperiode
so umwoben, da sie oft zur Ehrung ihres Stammes den Griechen
entlehnte Gedanken als altes jdisches Eigentum auszugeben sich
gedrngt fhlten, so konnte bei diesen schwachen fragmentarischen
Anfngen grzisierenden Denkens nicht Halt gemacht werden. Es
den fhrenden, das Denken jener Zeit beherrschenden Geistern der griechischen Philosophie, besonders mit den Lehren
Piatons und der Stoiker sich grndlich auseinanderzusetzen, um das
Judentum und seine Lehre gleichsam philosophisch zu legitimieren
und dadurch fr die vom griechischen Geiste gefangen genommenen
alexandrinischen Juden lebensfhig und lebenskrftig zu erhalten.
Da dieses Verlangen, das Judentum dem ihm von Hause aus so
heterogenen Griechentum anzunhern, die jdische Lehre, an der
galt vielmehr, mit
HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRIN ISCHEN JUDENTUMS
539
nach der alten Mahnung kein Deut gemindert, und zu der ebenso
wenig ein Deut hinzugefgt werden sollte, mit den Ideen der griechischen Denker zu durchsetzen, fr das traditionelle Judentum mit
mancher schweren Gefahr verknpft war, konnte den Strengglubigen
und Gesetzestreuen unter den Juden Alexandrias nicht entgehen, zumal
wahrnahmen, da die Griechlinge, die dem Reize griechischer
Sitte und griechischen Geschmackes ganz erlegen waren, tatschlich
dem jdischen Gesetze oft untreu wurden und der altjdischen Art,
sie
Welt und Leben
Diese extrem-kon-
aufzufassen, sich entfremdeten.
sozusagen orthodoxe Partei verfuhr daher von ihrem Standpunkte aus konsequent, indem sie jede nhere Berhrung mit der die
geistige Atmosphre durchwehenden griechischen Kultur und dem
servative,
Aber ebenso wie jene
ohne Wahl und ohne Prfung allem,
griechischen Geiste mied und von sich wies.
Partei der Griechlinge, die sich
was griechisch war, in die Arme warfen, leichtfertig und gegen das
heilige Erbe ihres Stammes treulos verfuhr, ebenso verfuhren die
Anhnger der starr orthodoxen Partei, die alles, was griechisch war,
verschmhten, einseitig und verstndnislos. Das Gesetz der Entwicklung, dem alles, was lebt und webt und ist, unterworfen ist, spottet
solch blinder Einseitigkeit und vermeintlicher Konsequenz, die eben,
weil sie
fehlbar
dem Entwicklungsgesetze sich widersetzen will, ebenso unzum Untergange fhren mu, wie die alles berlieferte ohne
Prfung verneinende Untreue und Leichtfertigkeit.
Entwicklung mute, wie sonst
berall,
Das Gesetz der
so auch im alexandrinischen
Judentum sich durchsetzen und Recht behalten. Es mute, beiden
extremen Parteien
den treulosen Griechlingen, die ihr Judentum
leichtfertig ber Bord warfen, und der starren Orthodoxie, die vom
zum Trotz, der ernstliche VerGriechentum nichts wissen wollte
such gemacht werden, die beiden groen Kulturmchte, die religissittlichen Lehren des Judentums und die philosophische Weisheit des
Griechentums
sich
aneinander
messen,
sich
auseinandersetzen
zu
Lehre mit Ideen der fhrenden griechischen
Denker zu verschmelzen und zu durchdringen, um eine dem Geiste
der Zeit entsprechende und fr die Folge fruchtbare Fortbildung und
Diesen Versuch, diese
Entwicklung des Judentums anzubahnen.
khne, nicht ungefhrliche und folgenschwere Tat unternahm und
lassen,
die jdische
vollbrachte der jdische
Um
dasjahr 25
V.
Denker
Philo von Alexandria.
Chr. in der Alexanderstadt geboren, nach
Berichte seines palstinensischen Glaubensgenossen,
schreibers
Flavius Josephus,
einer
dem
des Geschichts-
der vornehmsten
Familien ent-
FESTSCHRIFT COHEN
540
sein Bruder bekleidete das Amt eines Alabarchen
Stammend
ward Philo durch frhzeitig begonnenes, ununterbrochen fortgesetztes
Studium der griechischen Literatur zum grndlichen Kenner und
Bewunderer hellenischer Bildung und Wissenschaft. Mit dieser
Bewunderung fr die Geistesschtze des Griechentums verband er
eine glhende Liebe fr das angestammte Judentum und dessen
Lehre, was er schon dadurch bewies, da er im Jahre 40 n. Chr.,
eifrigen
vorgerckten Alters,
trotz
das gefahrvolle
Amt
eines Fhrers
der
von den alexandrinischen Juden zum Zwecke des Schutzes ihrer gefhrdeten Rechte an den rmischen Kaiser Caligula abgeschickten
Gesandtschaft bernahm und, trotz vieler von der heidnischen Gegengesandtschaft und deren Fhrer, dem aus Josephus bekannten Judenfeinde Apion, erlittenen Schmhungen und Krnkungen, die bernommene Verteidigung der angegriffenen Rechte seiner Glaubensgenossen unverdrossen und mit beharrlicher Treue fortfhrte. Diese
seine praktische, unter Gefahren fr die eigene Person im Interesse
des Judentums bekundete Bettigung war
um
so
mehr anzuerkennen,
nach seinen eigenen uerungen zu schlieen, eine durchaus
theoretisch veranlagte Natur war und jede Unterbrechung seiner
wissenschaftlichen Arbeit und der beschaulichen Mue als eine AbSo
irrung von seiner eigentlichen Lebensaufgabe auffassen mute.'
hat er denn auch als Theoretiker einen groen Teil seiner wissenschaftlichen Lebensarbeit in den Dienst einer Weiterbildung und
Fortentwicklung des Judentums gestellt. Abgesehen von den beiden
als
er,
apologetischen
Schriften
Inhalts,
der Schilderung
seiner
Gesandt-
und der Schrift gegen den judendfeindlichen Statthalter von gypten, Flaccus, teilt man die berkommenen Schriften
Philos in drei Hauptgruppen, deren eine die hermeneutischen umfat,
welche die Erklrung und Auslegung biblischer Bcher zu ihrem
schaft an Caligula
Gegenstande haben, die andere die historischen, welche Personen
und Begebenheiten der biblischen Geschichte darstellen, die dritte
Gruppe aus rein philosophischen Schriften besteht, in welchen das
System Philos, seine ganze Welt- und Lebensauffassung zur Darstellung
kommt.*
Was
zunchst Philos Erklrung und Auslegung biblischer Schriften
Legibus III, i, wo Philo es beklagt, da er, infolge der
politischen Wirren, nicht mehr, wie frher, sich ganz der Philosophie hingeben
knne.
*
Vgl. Leop. Cohn: Einteilung und Chronologie der Schriften Philos."
'
Vgl.
De
special.
HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMSangeht, so
54I
das dabei zugrunde gelegte und befolgte Prinzip, so-
ist
wohl hinsichtlich der geschichtlichen wie der gesetzlichen Teile dieser
das
Schriften,
der Allego ristik,
dem
welche mit
berlieferten
d. h.
derjenigen
Behandlungsweise,
Wortsinn der schriftlichen Urkunden
diesem einen bildlich angedeuteten,
sich nicht begngt, sondern hinter
gedanklich und
man
Begegnet
fteren
ideell
dieser
hheren Sinn sucht und zu finden bemht
Auffassungsweise
alter
berlieferungen des
Zeitepochen des aufgeklrten Denkens,
in
ist.
in
welchen
ein
Hinnehmen mythischer Erzhlungen und religiser Bestimmungen zur Unmglichkeit geworden ist, denen es aber andererseits
noch an dem erforderlichen historischen Sinn fehlt, um die naive Unnaives
befangenheit
vergangener Zeiten im Unterschiede von der fortge-
Denkweise verstehen und wrdigen zu knnen, so hat
Philo fr seine biblische AUegoristik scharf ausgeprgte Vor- und
Musterbilder bei den griechischen Denkern vorgefunden.
Hatten
manche der vorsokratischen Philosophen an den Homerischen Gesngen, an ihrer Gtterauffassung und ihren sittlichen Anschauungen
schweren Ansto genommen,' hatte spter Plato, selbst nicht weniger
genialer Knstler als Denker, einem groen Teile dieser Gesnge,
weil sie den Gttern ihrer unwrdige menschliche Leidenschaften und
Fehler zuschreiben und zur Verweichlichung der Gemter der Jugend
schrittenen
beitragen, in seinem philosophischen Idealstaate eine Sttte versagt,^
so finden Denker der Stoischen Schule, welche,
um
das Jahr 300 v.Chr.
begrndet, bis in die rmische Kaiserzeit hinein die Geister beherrscht,
ein Rettungs-
diese
und Erhaltungsmittel
Bibel
der Griechen
Homerischen Dichtungen
fr die
in
ihrer
allegorischen Erklrung,
durch welche sie zur Fundgrube und Quelle vieler naturphilosophischen und ethischen Wahrheiten erhoben werden, die ihnen tatschlich
fremd gewesen sind und deren Erkenntnis erst viel spteren Zeiten
angehrt.' In der stoischen Erklrung und Auslegung Homers fand
vllig
Xenophanes, der Begrnder der Eleatischen Einheitslehre, wirft dem
Homer und Hesiod vor, sie htten alles, was bei Menschen als das Schimpflichste gilt
Diebstahl, Ehebruch und Betrug
den Gttern zugeschrieben
(Sext. Empir. adv. Math. IX, 193.
Ebendas. I, 289. Diog. Laerl. Vol. II,
Kap. II, 18).
Plato De Republ. lib. III.
Ebendas. b. II, 378".
3 Eine
durchweg allegoristische Deutung der Homerischen Gesnge
unternimmt der Stoiker
besonders nach physisch-kosmologischer Seite hin
Heraklitus (oder Heraklides) um die Zeit des Augustus in den Homerischen
Allegorien". Vgl. Karl SIEGFRIED Philo von Alexandria als Ausleger des alten
Testaments" S. 13 ff., ebendas. S. i6off.
'
FESTSCHRIFT COHEN
542
und dieses System sowie
manche methodischen Grundstze desselben wurden ihm zum VorEntbild fr seine Deutung und Auslegung biblischer Schriften.
sprechend den Grundstzen stoischer AUegoristik bei der Auslegung
des Homer, sehen wir Philo bei der Auslegung von Schriftstellen
bald den buchstblichen Wortsinn ganz ausschlieen und nur den
allegorischen als den allein mglichen bezeichnen, bald den VVortsinn
zwar bestehen lassen, aber den allegorischen neben oder ber ihn
Philo
ein
der AUegoristik
S)'stem
vor,
der Wortsinn, sobald etwas Gottes
Unwrdiges an einer Schriftstelle von ihm ausgesagt oder wenn etwas
mit einem Widerspruch Behaftetes oder ganz Unzulssiges erzhh
stellen.
Als ausgeschlossen
gilt
Gott einen Krper oder Leidenschaften zuschreiben, ist eine
Lsterung.^ Vor Gott sich verbergen, ist unmglich, da er allgegenwrtig ist;' ebensowenig darf als wirklicher Sinn der Schriftstelle angesehen w^erden, wenn es heit Gott fragt. Gott kann und braucht
wird.
Eine sprechende Schlange, Bume
der Erkenntnis und des Lebens gibt es nicht.* Da Kain fr drei
Menschen eine Stadt erbaut, wenn von Kains Weib die Rede ist, da
nicht fragen, da er allwissend
ist.3
doch Eva das einzige bis dahin existierende weibliche Wesen ist, kann
unmglich wrtlich verstanden werden.s Einfltig ist es, sagt Philo,
anzunehmen, da die Welt in sechs Tagen vollendet oder berhaupt
in einem begrenzten Zeitrume geschaffen worden ist, weil die Zeit
jnger ist als die Welt, weil jene erst als Produkt der Himmels-
bewegung
rische Ttigkeit
nie
weil ferner Gottes schpfe-
werden kann, und
vorgestellt
aufhrt,
vielmehr
das Ende des
einen
seiner
Schpfungs werke der Anfang eines anderen, und weil alles in steter
Entwicklung und Umwandlung begriffen ist.^ Sollen diese und hnliche biblische Erzhlungen und Lehren einen zulssigen und zweckmigen Sinn haben, so drngen sie alle auf eine allegorische Erklruncf hin.
Ist nach Philos Ansicht bei Schriftstellen der oben an
einigen Beispielen angedeuteten Art nur die allegorische Auslegung
zulssig, weil die Auffassung derselben nach ihrem Wortsinn teils aus
natrlichen, teils aus religis- ethischen
'
Grnden unmglich
ist,
De posteritate Caini i. Quod deus sit immutabilis ii, 12.
Legum Allegor. III, 2.
De profugis 37 erklrt Philo auch beim Engel das Fragen im
so ge-
buchstb-
lichen Sinne fr unmglich.
De
De
agricultura 22.
De
post. Caini 14. ibid. 11.
Leg. allegor.
I,
2, 3.
opificio
mundi
Vgl. ebendas.
I,
54.
5: iraierai ovUirore voiCiv b e6j.
HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMSsich bei
seilt
sinn er
ihm auch
gelten
lt,
in
zu
543
der Auslegung solcher Stellen, deren Wort-
dem Wortsinn noch
eine
allegorische Er-
Wert und Bedeutung meist weit ber den buchstblichen Wortsinn gestellt wird.
Der allegorische Sinn gilt Philo als
der eigentliche Schriftsinn, der Wortsinn ist ihm nur eine Anbequemung an die Bedrfnisse der Menschen und die Schranken ihrer
klrung, die an
Den Wortsinn nennt er den Krper, den allegorischen Sinn die Seele, die gleichsam wie ein geistiges Fluidum"
Auffassungsfhigkeit.
ganze
die
Schrift,
das ganze Gesetz durchstrmt und nur von den
Eingeweihten erfat werden kann.^
fr eine solche
Whrend
Doppelerklrung anzufhren,
Philo,
in
um
ein Beispiel
der Schrift ber Das
Leben Moses" die Erzhlung, da Mose den gypter
Wortes eigentlicher Bedeutung auffat,^ deutet er sie in
ttet,
in
des
einer anderen
welche der allegorischen Erklrung der Bibel gewidmet ist,
dahin, da Mose als berwinder und Tter der sinnlichen Begierden
Schrift,
werden soll.3
Es kann hier nicht unsere Aufgabe
dargestellt
in
sein,
Philos Allegoristik bis
eine detaillierte Darstellung seiner Erklrungsversuche der behan-
delten Bibelstellen zu verfolgen.
Es wrde dies in vielen Fllen auch
Ganze seines philosophischen
nicht angngig sein, bevor wir in das
Systems eingedrungen sind, und insbesondere seine Auffassung von
Gott und dessen Verhltnis zur Welt und zum Menschen kennen gelernt haben.
Es sei daher an dieser Stelle nur noch auf den obersten, allgemeinsten und zusammenfassenden Grundsatz Philonischer
Schriftdeutung hingewiesen, welcher in folgendem Gedanken gipfelt:
Zwei
Wege
schlgt die Heilige
Schrift
ein,
um
den Inhalt
ihrer
Lehren zum Ausdruck zu bringen. Der eine
der allegorische
Weg
fr den der Buchstabe und Wortsinn nur ein sichtbares
Symbol, ein Sinnbild des in und hinter ihm sich bergenden tieferen
Gedankens ist,- steuert unmittelbar auf die Wahrheit hin und be-
'
Quod deus sit immutabilis
Einfhrung derjenigen in das
In der Schrift
diene nur zur
Weise zu vernnftiger Auffassung nicht gelangen
Abrahami i6, 89 bis 93, wo zwar der Schriftsinn
il
sagt Philo, der Wortsinn
Verstndnis, die auf andere
knnen''.
als die
V^gl.
Seele"
De migratione
dem Wortsinn
als dem Krper" des Gesetzes bergeordnet, nichts destoweniger aber die Befolgung der Gebote des Mosaischen Gesetzes auch nach ihrem buchstblichen
Sinne zur unbedingten Pflicht gemacht wird.
*
3
<
De vita Mosis I, 8, 44.
Legum Allegor. III, 12.
De special, legibus, III,
32.
FESTSCHRIFT COHEN
544
grndet jenen biblischen Satz, der
Mensch
gelten kann: Nicht wie ein
Menschenhnliche,
alles
als
Grundgedanke des Judentums
ist
Von Gott mu alles
jede dem Geschaffenen
Gott."
Krperliche, Sinnliche,
und Endlichen zukommende Eigenschaft, jede Bewegung, Verndeder
rung und Wandlung ferngehalten werden. Der andere Weg
ist der auf die
Weg des Buchstabens und des bloen Wortsinns
unzulngliche stumpfe Auffassung der beschrnkten Menschen be-
einem anderen biblischen Satze
zum Ausdruck kommt, in dem es heit: Gott der Herr wird dich
erziehen, wie wenn ein Mensch seinen Sohn erzieht." Die Erziehung
geistig Unmndiger durch Gott, den Alleiter und Allbildner, ist aber
nicht zu bewerkstelligen, ohne da dem Erzieher und Bildner menschrechnete pdagogische
Weg, der
liche Eigenschaften zugeschrieben
in
werden.
Er mu, wenn
er
und
dem beschrnkten Verstnde fabar sein soll, wie
Mensch kommend und fortgehend, hinab- und hinaufsteigend,
sein Erziehungsplan
ein
sprechend und mahnend, zrnend, drohend und strafend eingefhrt
und dargestellt werden. Diese sinnfllige Darstellung Gottes aber
hat nur den Wert eines Erziehungsmittels dem beschrnkten menschlichen Fassungsvermgen gegenber; dem Wesen des Unendlichen,
dem Wesen
allegorische
Gottes
und
das
Deutung dartun
und endlichen Eigenschaften,
will die
auf die Wahrheit hinzielende
und bleiben alle jene sinnlichen
ihm der Wortlaut der biblischen
sind
die
Schriften oft zuschreibt, fremd.'
umfangreichem Mae
hervortretende Ableitung biblischer Namen, bei der Philo, wohl mit
wegen unzureichender Kenntnis der hebrischen Sprache und Gram-
Auf
die in Philos allegorischen Schriften in
matik, neben hebrischen Etymologien
hufig
auch griechische zu
geben versucht,^ und auf die in den allegorischen Schriften sehr oft
angewandte Zahlensymbolik, deren Philo im Anschlu an die Pythagoreische Zahlenspekulation sich befleiigt,^ kann hier nicht nher eingegangen werden. Es mag gengen, darauf hinzuweisen, da fr
Konsequenz mit seiner Neigung zu allegoristischer
Deutung, auch in Namen und Zahlen oft tiefe Ideen, meist ethischen
Inhalts, verborgen liegen, und da er durch die entsprechende DeuPhilo,
in
voller
Quod deus
immutab. ii 14 und an anderen Stellen.
S. darber Siegfried Philon. Studien" S. I49fif., 162,
Siegfried Philo von Alexandria" S. 143 ff.
'
sit
Wendland,
Hellenist.-rm.
Kuhur
in
ihren
Bezieh,
163,
z.
vgl.
Judent.
auch
und
Christentum" betont scharf den nach dieser Richtung von den Stoikern durch
Posidonius auf Philo gebten Einflu.
HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS,
Namen und
tung dieser
Bibelstellen einen
ihm
sind
Adam
Whrend
Zahlen
oft
545
ganz schlichten und nchternen
hheren Gedankengehalt zu geben bemht ist. So
und Eva Sinnbilder irdischer Sinnenlust und Sinnen-
Kain Selbstsucht und Gottlosigkeit personifiziert sieht, ist ihm Abel das Symbol der Gottergebenheit.' In Enos
spiegelt sich ihm die Hoffnung, Henoch ist das Bild der Sinnesndekraft.
rung,
Noah
er in
das Sinnbild
Bei
der Gerechtigkeit.*
der Betrachtung
denen er die Personifikation
der urbildlichen oder ungeschriebenen Gesetze, im Unterschied von
den geschriebenen mosaischen Gesetzen, erblickt,^ unterscheidet er die
uns von den griechischen Denkern her wohlbekannten'* und vom Geder Lebensbilder der drei Patriarchen,
schichtsschreiber Thucydides
in
der Schilderung des
bei Gelegenheit
welche zum Erwerb der Weisheit, Tchtigkeit und Tugend fhren, deren einer Unterricht und Belehrung, der andere die angeborene Kraft und Naturanlage ist, der
Themistokless errterten drei Wege,
dritte in
unausgesetzter
bung
besteht.
Als Reprsentant des
erst-
genannten Weges, der durch Belehrung zur Weisheit und Tugend
fhrt, gilt ihm Abraham, whrend Isaak die durch angeborene Kraft,
Jakob die durch asketische bung erworbene Tugend reprsentiert.^
Wenngleich Philo bei dieser Auslegung biblischer Personen und Begebenheiten fast immer eine,
sei es
Motivierung beizubringen bemht
ist,
etymologische,
so
ist
es
sei es
sachliche
doch unverkennbar,
da dieser Auslegungsart eine knstliche Umdeutung zugrunde liegt,
deren Begrndung zuoberst auf das Streben zurckzufhren ist, in
biblischen Personen und Geschehnissen, berall ethische Gedankenden Aufbau von Philos im Anschlu an die groen griechischen Denker entworfenem Gedankendenn dies ist die Richsystem zu tragen. Es soll und mu eben
gnge anzulegen,
die geeignet sind,
De sacrificiis Abelis et Caini i.
De Abrahamo 2, 3. De Abrahamo 6 und 7, wo jedoch Noahs
entsprechend dem Ausdrucke der Schrift, als eine relative im
*
keit,
zu
GerechtigVerhltnis
seinen Zeitgenossen bezeichnet wird.
3
De Abrahamo i.
Vgl. Plato Menon
Nikom. II, i. Eth. Eudem. I, i, wo
eine Errterung angestellt wird, auf welchem der drei Wege der Mensch zur
Eudmonie gelangen knne, die nach Aristoteles in einer Bettigung der Seele
gem der vollkommenen Tugend besteht.
5 Thukyd. I, 138.
^ De Abrahamo 11, 52.
Vgl. De Josepho i. Die Patriarchen werden als
4
Symbole der
uKrja-ts
drei Ideen
70
ff.
Arist. Eth.
der drei Seelentypen
rpbiroi.
fvxvs der
aufgefat.
35
/iarjcr,
(pv<TK,
FESTSCHRIFT COHEN
546
tung des jdisch-alexandrinischen Denkens, das
in Philo,
dem
jdischen
genannt wird, zum vollendetsten Ausdruck kommt
der reiche Schatz an philosophischen und ethischen Gedanken der
Griechen, soweit es irgend angngig ist, mit den mosaischen Urkun-
Plato, wie er hufig
den nicht nur in Verbindung und Einklang gebracht werden, es mu
auch der Nachweis versucht werden, da diese Gedankenschtze,
lange bevor sie der griechische Geist erworben, Eigentum des Mosaismus gewesen sind, dem die Griechen sie, sei es unmittelbar, sei
es auf mittelbarem
Wege,
Denn Mose ist das Sinndem Menschen erreichbare
entlehnt haben.*
bild des prophetischen Geistes,
der
alle
Weisheit vorausgeschaut und erkannt hat, weshalb auch, die von ihm
und berlieferten Urkunden alle vom Menschengeiste erdachten und erkannten Wahrheiten, wenn auch nicht fr jeden offenkundig, so doch dem Eingeweihten erkennbar in sich bergen und
verfaten
enthalten mssen.
Wie
nun Philo
diese
Frage drngt sich jetzt uns
bei seiner ausgesprochenen Neigung zur AUegounwillkrlich auf
ristik, zu den gesetzlichen Verordnungen des Mosaismus, zum mosaischen Zeremonial- und Ritualgesetz? Bestreitet er, in voller Konsequenz seines obersten Grundsatzes der Bibelinterpretation, da der
allegorische Schriftsinn der allein unmittelbar die Wahrheit treffende
seinem buchsei, die Verbindlichkeit des Zeremonialgesetzes nach
Diese uerste Konsequenz der AUegoristik,
stblichen Wortsinn?
wie sie von der anderen extrem hellenistischen Partei gezogen worden ist, und wie man sie von dem platonisierenden griechischen
Denker htte erwarten knnen, zieht Philo nicht. Es lebten eben
verhlt sich
Er war, wie
zwei Seelen in seiner Brust.
einerseits
ein begeisterter
Verehrer griechischer Weisheit, so andererseits auch ein treuer Jude
und unentwegter Verteidiger der im Leben seiner Stammes- und
Glaubensgenossen
war
vielleicht
gewurzelten mosaischen berlieferungen.
tief
der erste
philosophischen Juden
der
in
Er
der Folgezeit zahlreich vertretenen
oder jdischen Philosophen, bei denen
ein
Widerstreit zwischen theoretischen Lehrmeinungen und der Ansicht
von ihrer praktischen Anwendbarkeit zutage tritt.
Whrend Philo
nach einem Ausspruche Carl Siegfrieds, durch seine AUegoristik
'
De
vita
Mosis
I,
5,
23 sagt Philo
abweichend von der jdisch-helleist
Moses sei, auer von gyp-
nistischen Auffassung, die sonst auch die seine
tischen Gelehrten, auch von Griechen belehrt worden.
Hellenistische Studien", Heft
i,
S. 117.
Vgl.
Freudenthal,
HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS,
547
theoretisch auf den Buchstaben des Gesetzes auflsend wirkt,*
will er ihn praktisch festgehalten wissen, dringt er mit aller Schrfe
auf die Beobachtung der mosaischen Gesetze, weil er in ihnen ein
festes Band erkennt, das sein Volk zusammenhlt, und weil er meint,
da durch genaue Beobachtung der Zeremonien nach ihrer leiblichen,
buchstblichen Seite, auch ihre symbolische Bedeutung besser erkannt
werde". ^ Getreu seinem oben erwhnten Grundsatze, da der Wortsinn der Bibel in der pdagogischen Einwirkung auf die in enge
Schranken gebannte Fassungskraft der meisten Menschen seinen Wert
und seine Bedeutung habe,^ sieht er auch im Zeremonialgesetz nach
seinem buchstblichen Wortsinn ein geeignetes Erziehungsmittel, um
die sinnlichen Triebe in Schranken zu halten und zu bekmpfen, eine
Aufgabe, die, wie wir noch sehen werden, eine fundamentale Forderung der mit seiner ganzen Weltanschauung zusammenhngenden
Ethik Philos bildet. Die Lebensordnung, wie sie der Mosaismus lehrt,
zielt auf eine luternde Entsinnlichung, Vergeistigung und Heiligung
des Menschen hin und entspricht nach Philonischer Auffassung der
gesamten Weltordnung,* deren Urkraft, Wesen und Endziel im rein
Geistigen besteht. In diesem Sinne wendet Philo den obersten Grundsatz der stoischen Ethik, deren hnlichkeit, hinsichtlich der Strenge
der sittlichen Gebote, 5 mit der Sittenlehre des Judentums er erkannt
hat, auf
den Mosaismus
Die Grundforderung der stoischen Ethik
der Mensch solle sein Leben der Natur- und Weltordnung ge-.
einrichten und fhren.^
Da nun nach Philo die vom Mosaismus
an.
lautet,
ma
geforderte Lebensordnung der Weltordnung entspricht, so ergibt sich
bereinstimmung der mosaischen Lebens- und Sittenlehre
mit der philosophischen Ethik der Stoa. Sehen wir auch hier Philo
flir
ihn eine
'
Vgl. Siegfried, Philo
De
3 S.
von Alexandria",
migratione Abrahami
oben
S. 543,
Anm.
S. 159
und
a. a.
O.
16. 93.
i.
De opif. mundi i sagt Philo, ,,Der Schpfungsbericht sei von Moses dem
Gesetze vorangestellt worden, um zu zeigen, da die Welt mit dem Gesetze und
das Gesetz mit der Welt im Einklang stehe."
5 Die scharfe Betonung der Gesinnung bei den Stoikern, durch die allein
t
dem Handeln
der moralische Charakter verliehen wird
Handlung als Karp^ua
dem blo Geziemenden
einer solchen
/caSTj/cov
D'B'np nri^ni nriu>ni5nn)
der nB*^ niso.
^ Diog. Laert.
als
Moralprinzip
vollkommene
die Unterscheidung
Pflichterfllung
von
dem
hat
etwas Analoges mit dem Mosaischen
und der spteren rabbinischen Einschrfung der Erfllung
VH,
87 sagt, Zeno habe in der Schrift vepl
gelehrt: b/ju)\oyov^vw rf
(p(Tti
avlnfxvov <pv(Teus
irjf.
35*
FESTSCHRIFT COHEN
e^S
alexandrinischen Denker charakteristische Richtung, mit
griechischen Philosophemen und Theorien das Judentum zu trnken
die fr die
und zu befruchten, konsequent verfolgen, so lehnt er andererseits als
treuer Jude solche Theorien oft ab, die zu den mosaischen berlieferungen in einem offenkundig unberbrckbaren Gegensatze stehen,
und zieht diejenigen kosmologischen und metaphysischen Lehrmei-
nungen griechischer Denker vor, die sich in irgendwelcher, oft freilich nur sehr gezwungener und knstlicher Form mit den jdischen
Grundanschauungen in Einklang bringen lassen. So verwirft er, hnwie dies spter die mittelalterlichen jdischen Religionsphilosophen
tun, an ihrer Spitze, trotz seiner sonstigen Anhngerschaft an Aristoteles, Maimonides, ' die Aristotelische Lehre von der Ewigkeit, dem
lich
Ungewordensein der Welt und folgt dem Plato, der die geordnete Welt
Plato,
geschaffen und gestaltet werden lt*.
den Kosmos
sagten wir eben, lt die geordnete Welt den Kosmos geschaffen und gestaltet werden, das will heien, da es fr Plato eine
Schpfung aus dem absoluten Nichts nicht gab, wie es denn fr den
Griechengeist
berhaupt
als
unumstlich feststehender
Grundsatz
da aus nichts nichts werden knne. Plato lt die chaotische
ungeordnete Materie als eine ungewordene von Ewigkeit her existieren;
der von dem gttlichen Geiste ausgehende und durch ihn bewirkte
Schpfungsakt besteht fr ihn darin, da durch den gttlichen Geist
dem Ungeformten eine zweckmige Form gegeben, in das Wirre
und chaotisch Ungewordene harmonische Ordnung, Gesetzmigkeit
galt,
Welt entstanden
ist, der die Griechen so sinnig den Namen Kosmos", was Ordnung,
Zierde, Schmuck bedeutet, gegeben haben.
Ob und inwieweit Philo, indem er Piatos Lehre von der Ewigkeit
und Prexistenz der Materie zu der seinigen machte, sich einer Ab-
und Schnheit gebracht
wird,
wodurch
diese unsere
weichung von der mosaischen berlieferung ber die Wcltschpfung,
nach welcher nicht nur die Form, sondern auch der Stoff der Welt
von Gott ins Dasein gerufen ward, bewut gewesen ist, lt sich deshalb schwer feststellen, weil auch jdischen Spekulationen in Talmud
und Midrasch, deren schriftliche Fixierung zwar in nachphilonische
Zeit
fllt,
deren Ursprung
aber in
eine
frhere
Zeitepoche
Annahme eines Urstoffes und die
dem Schpfungsberichte der Genesis
hinauf-
reichen mag, die
Herleitung dieser
Annahme
nicht ganz fremd
'
aus
More Nebuchim II. c. 25. Vgl. das, III, 25 fin.
De opif. mundi 2, entsprechend der Lehre Piatos im Timus
28.
HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS
gewesen
aus
dem
549
Eine Schpfung im strengen Sinne, eine Schpfung
ist.^
absoluten Nichts
Wie
gibt es
demnach
fr Philo
ebenso wenig
auch fr Philo Weltschpfung, Weltbildung und -gestaltung. Gott ist, sozusagen,
der Knstler, der Architekt, nach dessen Abri, nach dessen im
wie
Plato.
fr
diesen,
fr
bedeutet
entworfenen und gedachten Plane
Geiste
aus der prexistierenden
und gestaltlosen Materie' der Bau der Welt ausgefhrt
wird.
Gott ist der den Plan zum Weltenbau schaffende Knstler. ^
Ist er es auch und kann er es auch sein, der durch eigenes EinDie Art, wie Philo diese
greifen diesen gedachten Bauplan ausfhrt?
Frage beantwortet, ist grundlegend fr seine gesamte Gottes- und
Weltauffassung und bildet zugleich den einschneidendsten Punkt, in
welchem er neubildend und umgestaltend in die Lehre des Judentums eingegriffen hat. Philos Auffassung von Gott als dem rein
geistigen unendlichen Wesen, dem keinerlei Eigenschaft des Endlichen,
Begrenzten, in Schranken des Raumes und der Zeit Wirkenden zueigenschafts-
geschrieben werden darf,* lt es nicht zu, Gott mit der Materie
unmittelbare Berhrung zu bringen,
in
ihn selbst in diese eingreifen zu
was dem metaphysischen Begriffe Gottes widerWesen dadurch begrenzt, verendlicht und materialisiert
lassen, weil erstens,
sprche, sein
*
er
Im
habe
Babyl.
Talmud Traktat Chagiga pag.
15^ wird
sich in die Schpfungsgeschichte vertieft
und
von Ben Soma
sei zu
erzhlt,
dem Ergebnis
ge-
Zwischenraum
ber den
schwebte
von drei Fingern gewesen, denn es heie: ,,Der Geist Gottes
Wassern", wie eine Taube, die ber ihren Kindern schwebe, ohne sie zu berhren. Darauf habe R. Josua zu seinen Jngern gesagt: Ben Soma befindet
sich noch auerhalb der richtigen Einsicht" (ist noch nicht eingedrungen). Dies
scheint uns der richtige Sinn der Worte zu sein: V^nSD KOH ;a y\1.V, nicht, wie
Karl Siegfried: Philo von Alexandria als Ausleger d. alt. Test." S. 231 bersetzt: Ben Soma ist auer sich". Siegfried zitiert die obige Stelle nicht aus
Traktat Chagiga, sondern aus Midrasch Beresch. Rabba, wo sie (Parascha 2),
abgesehen von einigen anderen Abweichungen, mit einem wesentlich vernderten
Schlugedanken wiederkehrt. Rabbi Josua, heit es da, habe zu seinen Jngern
gesagt, Ben Soma ist von dannen gegangen, und er lebte (in der Tat) nur
wenige Tage". Trotz dieses abweichenden Schlugedankens, stimmen beide
Versionen darin berein, da Ben Somas materialisierende" Vorstellung \on
Geistes Gottes mit den
Gottes schpferischer Kraft, die Identifizierung des
kommen, da zwischen den oberen und unteren Wassern nur
ein
,,
oberen Gewssern" etwas Tadelnswertes oder gar Strafwrdiges sei. Nach
Jerusal. Talmud Traktat Chagiga Kap. 2 lehrte R. Juda ben Pasi, die Welt sei
ursprnghch Wasser auf Wasser gewesen.
'
Die v\v
Materie
De opif mundi 4.
Legum Allegor. III,
wird als
17.
ffrifios,
irotot
bezeichnet.
De
profugis
2.
FESTSCHRItT COHEN
550
werden wrde, und weil zweitens - und dies ist die ethische Seite
des Problems Gott als das hchste Prinzip des Guten, der Vollkommenheit und der sittlichen Heiligkeit zur Materie, der Trgerin
des Unvollkommenen und der Sinnlichkeit, welche nach PlatonischPhilonischer Auffassung die Quelle des Bsen ist, in keine unmittelbare Beziehung treten kann.^ Um daher den von Gott in seinem unendlichen, unbegrenzten Geiste entworfenen und gedachten Weltenplan
durch persnliches Eingreifen zur Ausfhrung zu bringen, um die
gedachte Welt in die bestehende, unseren Sinnen wahrnehmbare
Welt umzusetzen, bedurfte es fr Philo der Annahme vom hchsten
gesonderter geistiger Krfte als .ausfhrender
von Gott
Werkmeister des von der hchsten Intelligenz entworfenen Bauplanes,
als Mittler zwischen Gott und der zu bildenden und gestaltenden
endlichen Welt.* Dieses von Philo als Erklrungsgrund der Weltbildung und Welterhaltung aufgestellte komplizierte System von vermittelnden gttlichen Krften, welche als Teilkrfte durch die beiden
Sein
schon in den mosaischen Urkunden scharf hervortretenden Attribute
das Attribut der unendlichen Gte und
oder Eigenschaften Gottes
charakBarmherzigkeit und das der alles beherrschenden Macht
terisiert, durch Philo von Gott abgesondert und personifiziert werden,
findet seinen
welcher den
zusammenfassenden Ausdruck
Mittelpunkt
wie
der
in
dem Logosbegriffe,
philosophischen
Weltauffassung
auch seiner neuernden Umbildung der Grundlehren des
Philos, so
Judentums bildet.
allerdings in vielfach wechselnder FasDer Logosbegrifif ist
altes Eigentum der griechischen
sung und mannigfacher Bedeutung
Schon von dem groen jonischen Denker Heraklit
Philosophie.
um das Jahr 500 v. Chr. als der Eine allwaltende
von Ephesus
gttliche Feuergeist, der unzhlige Male die Welt baut, sie wieder
zu bestimmter Zeit aufgehen lt, um sie immer wieder aufs neue
zu bauen",
De
zum Grundprinzip
opif.
mundi 24
seiner Naturauffassung erhoben, 3 kehrt
lt Philo
nur die gute Seele des Menschen von
Gott selbst erschaffen werden, die Seele der Schlechten dagegen ist das Werk
der vermittelnden Krfte. Vgl. De profugis 13, 14.
*
S. besonders De confusione linguarum 34, wo, trotz scharfer Betonung
der Einheit Gottes, von unsglich vielen Gott umgebenden Krften als Beistnden
und Erhaltern alles Geschaffenen gesprochen wird, durch welche Krfte auch
das Musterbild der Sinnenwelt
der porrrbs k6(tixo%
die immaterielle Idealwelt
erbaut worden
3
sei.
Diog. Laert.
Praep. Evang. XIII.
Clemens, Alexandr. Stromata V.
Vgl. Mullach: Fragm. Philos. Graec. I
IX,
i.
14.
S.
Eusebius:
315 und 322.
HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS
55
Fassung zwei Jahrhunderte spter in dem System
der Stoiker wieder/ welche neben Plato einen bestimmenden Einflu
auf Philos Weltanschauung gebt haben. Und wenn es auch als unzweifelhaft gelten darf, da Philos Lehre, nach ihrer kosmologischen
Seite hin, nach der Seite seiner Theorie von der Gestaltung und
Bildung der Welt und ihrem Verhltnis zum Urgttlichen, in weit
grerem Mae auf Plato als auf den Stoikern ruht,^ so ist das gewi, da er das Wort, den Namen Logos" fr seine zwischen Gott
und Welt vermittelnde Kraft keinem anderen als der Lehre der Stoa
er in vernderter
entnommen
hat.
War
dieses
einerseits Vernunft, Denkkraft,
das gesprochene
Wort
als
vieldeutige
Wort
es
bedeutet wie
Denkfhigkeit und Gedanke, so auch
uerung des Gedachten
fr Philos
philosophischen Begriff der vermittelnden gttlichen Kraft in hohem
Grade geeignet, so bot auch der biblische Schpfungsbericht dafr
einen willkommenen Anknpfungspunkt, durch den eine Vereinigung
der Lehre von der weltbildenden Kraft des Logos mit dem Wortlaute der
mosaischen Urkunde sich
gewissem Sinne herstellen lie.
Da das Wort Gottes schpferische Kraft habe, da durch seinen
mittels gesprochenen Wortes kundgegebenen Gedanken und Willen
in das chaotisch Formlose, in die de und Finsternis formgebende
Erieuchtung dringt, das spricht der mosaische Schpfungsbericht im
dritten Verse der Genesis aus, in dem es heit: Gott sprach: Es
werde Licht, und es ward Licht". Dieses zur Tat gewordene Wort
Gottes der Bibel, in Verbindung mit dem Weltbildungsgedanken
Piatos und dem der Stoa entnommenen Logosausdruck wird zur
Logoslehre Philos, zur Lehre von der personifizierten, von Gott gesonderten, zwischen ihm und der Welt vermittelnden Kraft, durch
welche Lehre ein gewaltiger Ri in die Gotteinheitslehre des Judentums versucht worden ist, der, wenn auch seine weitreichenden Folgen
'
Sextus
Emp.
adv.
Math. IX,
loi.
in
Plutarch
plac.
philos.
I,
7.
Vgl.
Heinze: Die Lehre vom Logos in d. gr. Phil." Der weltbildende \6yos uirepuaTiKi ist nach der Lehre der Stoa ein Teil der Gottheit und fat, hnlich wie der
Logos bei Philo, eine Mehrheit von Krften
\6yoi, oder Swfieis
in sich.
Die entgegengesetzte Ansicht Zellers (Philos, d. Gr. III, 2) kann nicht
durchweg stichhaltig gelten. Der transzendente Dualismus Philos und seine
Lehre von der Weltbildung zeigen gar zu deutlich eine Anlehnung an Piatos
Timus und stehen, trotz mancher bereinstimmung in der Logoslehre, in wesentlichen Punkten zum materialistischen Pantheismus der Stoa im Gegensatz. Vgl.
Jakob Horovitz, Untersuchungen ber Philons und Piatons Lehre von der
Weltschpfung", Marburg 1900. Vgl. auch HeinzE: Die Lehre vom Logos in
d. gr. Phil." und B. Rippner in d. Monatsschrift f. Gesch. und Wiss. d. Judent.
^
als
FESTSCHRIFT COHEN
552
damals noch nicht vorausgesehen und von Philo selbst nicht geahnt
werden konnten, gleichwohl leichtbegreiflicherweise auf Seiten der
am strengen Monotheismus festhaltenden Juden, besonders der palstinensischen, welche mit der griechischen Spekulation in keine un-
Berhrung gekommen waren, heftigen Ansto erregen
mute. Daraus erklrt sich das im Talmud wiederholt ausgesprochene
den ketzerischen
Verbot der Beschftigung mit den D"*;^)? n.DD
Schriften, unter welchen, wie Karl Siegfried Grtz gegenber mit
Recht behauptet und durch eine Talmudstelle " und die Bemerkung
mittelbare
'
eines Thosafisten
belegt, die, eine Spaltung der Gotteseinheit lehren-
den Schriften alexandrinischer Juden zu verstehen sind. Die Abneigung
und der Eifer der streng am monotheistischen Gottesgedanken Festhaltenden gegen die mittels der AUegoristik und griechischer Philosopheme in die Gottesidee des Judentums hineingetragene Spaltung
muten natrlich um so grer werden, je schrfer und deutlicher
das christliche Dogma in die Erscheinung trat und damit der Gegensatz der neuen, die Mittlerschaft zwischen Gott und Welt scharf betonenden Lehre gegen die Gotteinheitslehre des Judentums offenbar
wurde.
Denn
da, neben
dem
dem
aus
Orient, vor allem aus
sismus und seinem Mithraskult, neben
dem von
dem
Par-
Phnizien aus nach
gypten, Juda und Griechenland eingedrungenen Adoniskult und
ihren mystisch-religisen Vorstellungen, auch der jdische Alexandrinismus und zuoberst sein wissenschaftlicher Systematiker Philo auf
theosophisch-spekulativem Wege, ohne es zu wissen und noch weniger
zu wollen, das christliche Dogma vorbereitet haben, ist nicht nur aus der
Logoslehre des Evangelium Johannis^ und den Paulinischen Briefen,5
aus den Gnostikern^ und den griechischen Kirchenvtern 7 zu erSIEGFRIED: Philo von Alexandria
als
Ausleger des alten Testaments"
II. Teil, S. 286.
^
Kap.
Talm. Jerusch Berach, Kap.
I,
9.
Vgl. Midr. Beresch. Rabb. Parascha VIII,
26.
Minim
Sekerer
sind
diejenigen,
die
an die Existenz von zwei
Gottheiten glauben".
"
Kap.
I,
13.
An den angefhrten Stellen
15, 16; Ephes. 3, 9; Hebr. i, 2.
und noch mehreren anderen wird die Mittlerschaft Jesu als Weltbildners,
entsprechend der des Logos bei Philo, scharf betont.
6 ber Philos Einflu auf die Gnostiker s. Siegfried, Philo von Alexan5
Coloss.
I,
dria" s. 3413437 S,
ebendas.
S.
330
ff.
HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS
553
auch aus Stellen in den Schriften Philos selbst ersichtlich, an denen dieser den Mittler Logos bald das Abbild,' bald
schlechtweg den Sohn Gottes,* bald, im Unterschiede von der durch
den Logos gebildeten Welt, welche als der jngere Sohn bezeichnet
wird,^ den ltesten Sohn Gottes nennt. Es ist somit klar, da durch
die von dem platonisierenden jdischen Denker Philo mittels allegorischer Deutung der biblischen Schriften und mittels knstlicher Verquickung derselben mit der griechischen Philosophie in den rein
kennen,
es wird
hineingetragene Spaltung das Judentum
monotheistischen Gedanken
bedroht war und
welche zu allen Zeiten die
Grundsule,
in seiner
Gotteinheitsidee gebildet hat, htte erschttert werden knnen.
Da
dem Judentum drohende Gefahr abgewendet worden, da die
Philonische Spekulation fr das Judentum nur eine philosophische
Theorie geblieben ist, ohne praktisch dasselbe zugunsten der auf dem
diese
Grunde orientalisch-mystischer Kulte und der mit ihnen verschmolzenen griechischen Theoreme sich aufbauenden christlichen Lehre aus
den Angeln zu heben, dazu haben, neben der in sich gefestigten
Wahrheit des monotheistischen Gedankens und dem Unhistorischen,
das
in
der auf die Spitze
getriebenen
alexandrinischen Allegoristik
noch mehrere geschichtliche Momente wesentlich mitgewirkt.
Die von dem dereinstigen Schler Rabbi Gamliels, dem Schriftgelehrten Saul aus Tarsus, welcher nach Eintritt in die junge christliche Johannesgemeinde den Namen Paulus angenommen hat, zu
seiner Lebensaufgabe gemachte, mit rastlosem Eifer und flammender
Begeisterung betriebene apostolische Mission der Heidenbekehrung
hatte fr die groen Erfolge, die sie erzielte, zu ihrer Voraussetzung
die Aufhebung der Verbindlichkeit des Mosaischen Gesetzes, weil,
wenn seine Verbindlichkeit
besonders nach zeremonial- ritualer
Seite hin aufrecht erhalten worden wre, Griechen und Rmer niemals
Fr diese
fr den neuen Glauben htten gewonnen werden knnen.
seine antinomistische Tendenz, fr den Vernichtungskampf gegen das
nicht nur gegen die
Mosaische Gesetz, der sich
nebenbei bemerkt
zeremonial- und ritualgesetzlichen Bestimmungen richtete, sondern
ist doch
auch in den Kreis ethischer Lehren tief eigrifif
nach dem Rmerbrief Christus des Gesetzes Ende", so da wer
lag,
an ihn glaubt, durch diesen
'
De
opif.
mundi
6.
Leg. Allegor.
De profugis 20.
Duod deus immutabilis
Rom
10, 4.
Glauben
sit 6.
allein gerecht
III, 31.
ist'**
FESTSCHRIFT COHEN
554
doch Tugend nicht als Verdienst menschlichen Wollens und aus
freier Selbstbestimmung entspringenden Handelns, sondern als dem
Menschen ohne eigenes Verdienst zuteil werdende Gnade
fr
diesen seinen Kampf gegen die mosaische Gesetzes- und Pflichtengilt
'
lehre fand der Apostel Paulus
alten prophetischen
einen
historischen Sttzpunkt in der
Verkndung, die spter auch im Talmud wieder-
in der Messianischen Zeit
die Verbindlichda dereinst
Dieses dereinst"
keit der Mosaischen Gebote aufhren werde.^
deckte sich aber fr Paulus mit der Gegenwart. Das von den Propheten verheiene Zukunftsideal war nach seiner innersten berzeugung durch die Erscheinung Jesu bereits verwirklicht. Der durch
Synkretismus, durch Verschmelzung mit orientalischen Religionsvorstellungen in die neue Johannesgemeinde eingedrungene Mythos von
der mysterisen Geburt, dem Tod und der Auferstehung eines die
Welt erlsenden Heilands ward fr Paulus zu einem unerschtterlich
festen dogmatischen Glauben an die erlsende Macht Christi, zu
einem Glauben, an den allein die Seligkeit des Menschen ge-
kehrt,
knpft
sei.3
Diese antinomistische
gesetzesgegnerische
Richtung des
Apostels Paulus und ihre Begrndung durch den Glauben an die beeingetretene
reits
Verwirklichung
der
Verheiung
prophetischen
standen zu Philos Auffassung des Judentums und seiner Messianischen
Zukunftsidee in krassem Widerspruch. Wir haben gesehen, wie scharf
Philo,
der hheren
trotz
Bewertung des allegorischen Sinnes der
im Vergleich zu ihrem buchstblichen Sinne, die Verbindlichkeit der Beobachtung der Mosaischen Gesetze betont, und wie
er denjenigen Leichtfertigkeit vorwirft, die sich von der Erfllung der
Schriftstellen,
gesetzlichen Vorschriften lossagen.'*
Was
grndung des Antinomismus durch den
ferner die Paulinische Bebereits
Anbruch
erfolgten
der Messianischen Zeit angeht, so widersprach auch
sie
nischen Auffassung des Messiasgedankens, der fr Philo
in
der Philo-
dem Ver-
trauen auf eine dereinstige herrliche Zukunft seines Volkes und auf
die Erfllung der idealen ethischen
Verheiungen der alten
israeliti-
Daher ist es leicht erklrlich, da, so
sehr auch der mchtige Strom Philonischer AUegoristik" und seine
schen Propheten wurzelte.
Rom
II, 6.
n'ibtaa niJJo.
KD"?
n^nj?S
t
VI
TT
.
Rom
De
lo, 9, lo.
migr.
Abraham!
i6,
89
93.
HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS-
555
philosophische Spekulation den Geist des alexandrinischen Judentums
und befruchtet hatte, dieser Strom fr die Beeinflussung der
Juden und ihrer Lehre desto mehr versiegen mute, je mehr er
im Paulinischen Sinne von Aposteln, Evangelisten und Kirchenlehrern
aus seinem ursprnglichen philosophischen Bette abgeleitet und in das
enge Bett des Dogma gezwngt wurde. Barg die Philonische AUegoristik und der von ihm im Anschlu an Plato in der Lehre vom
Logos vorgetragene Gedanke der Mittlerschaft zwischen Gott und
Welt, trotz der in ihnen vollzogenen Verquickung heterogener Elemente, den Keim philosophischer Entwicklungsfhigkeit in sich, die in
einen breiten Strom theosophischer und religionsphilosophischer Systeme
sich zu ergieen und zu differenzieren geeignet war, so wurde, wie
Carl Siegfried und in neuester Zeit Paul Wendland klar darlegen,^ die AUegoristik und die Logosidee fr die kirchliche Exegese
der biblischen Schriften zum bloen Mittel, um eine starre Dogmatik,
eine nicht wanken und nicht weichen wollende Glaubenslehre aufzustellen,
an welche das Heil und die Erlsung des Menschen geknpft sei.
Konnte diese Lehre einen groen Teil der heidnischen Vlker, deren
ergriffen
Oberschichten zu jener Zeit jeden inneren
gebt hatten, leicht
Unterschichten
sich
fr
derselben,
die
sittlichen Lebensinhalt ein-
gewinnen, hat
in
der
sie
besonders auf die
rmischen
Kaiserzeit
unter
schwerem sozialen und wirtschaftlichen Drucke seufzten, ihre werbende Kraft mit Erfolg geltend gemacht, und hat sich auch eine
nicht geringe Zahl von wenig kritisch, wenig unterscheidungsfhig,
von schwrmerisch veranlagten Juden ihr angeschlossen, so war sie
andererseits nicht imstande, den rein monotheistischen Gedanken des
alten Israel aus der Welt des Geistes zu bannen, und den Bestand
des Judentums, das nach wie vor an den Mosaismus und an die
groen Propheten sich lehnte, aus denen
siegbaren
Borne,
seine
religis -sittliche
es,
wie aus einem unver-
Lebenskraft
schpfte,
zu
untergraben.
Dazu kam, da im Gegensatze zur Paulinischen Lehre, da nicht
durch des Gesetzes Werke, sondern nur durch den Glauben allein
den Menschen Seligkeit zu teil werden knne", einer Lehre, die in den
ersten Zeiten des jungen Christentums heftige Konflikte zwischen den
juden-christlichen
Siegfried
S. 398, 99.
Judent.
u.
Vgl.
in
und den heiden-christlichen Gemeinden hervorrief
d.
mehrfach angefhrten Werke Philo
Wendland,
Christent."
Die Hellenist.-rm. Kultur
in
v.
Alexandria",
ihren Bezieh,
z.
FESTSCHRIFT COHEN
556
da im Gegensatze zu dieser gesetzesfeindlichen Lehre auf jdischer Seite gerade der gesetzliche Teil der Lehre unablssig mit
sich steigerndem Eifer bis ins Extrem gepflegt und fortentwickelt
wurde. Seit Schamai und Hillel, deren Blte hundert Jahre vor der
Zerstrung des zweiten Tempels gesetzt wird, in deren unter dem
Namen Haus Hillel und Haus Schamai" bekannten Schulen, von
diesen bis Jochanan ben Sakkai, welcher, Zeuge der Tempelzerstrung,
und Titus dem Judentum und seiner
Lehre in dem zu Jamnia am Mittellndischen Meere gegrndeten
Lehrhause einen neuen geistigen Mittelpunkt schuf
sein Nachfolger
in Jabnah war Raban Gamliel, auf dessen Anregung eine neue griechische bersetzung der Bibel von Aquila verfat wurde'
von da
weiter bis Akiba ben Josef, von dem es heit, da er jedes Wort
und jeden Buchstaben der Schrift zur Auslegung der gesetzlichen
Bestimmungen gedeutet habe", und bis Juda Hanasi, dem Redaktor
der Mischna, der, nach einer berlieferung im Talmud und Midrasch,
mit Antoninus
vielleicht ist Marc-Aurel, der stoische Denker auf
dem rmischen Kaiserthrone, gemeint
philosophische Gesprche
gefhrt haben soll,
diesen zwei Jahrhunderte umfassenden Zeitraum zieht sich die lange Reihe der Tannaim hin, die an der Auslegung und Feststellung der mndlich berlieferten Gesetzeslehre unausgesetzt gearbeitet haben.
Und an sie schliet sich die lange
Reihe der Amoraim, der Verfasser der Gemarah, die gleichfalls
mehr als zwei Jahrhunderte die Halachah fortspinnen, unter ihnen
die Grnder der berhmten Schulen in Sura, Nehardea und Pumbedita,
bis das riesenhafte Werk
der babylonische Talmud
um das
Jahr 500 n. Chr. zum Abschlu gebracht wird.
War auch das Gebot der Erforschung des Gesetzes schon von
vornherein durch den Mosaismus seinen Bekennern eingeschrft worden, weil die Thora eine Fhrerin durchs Leben, die Wegweiserin
fr das sittliche Handeln zu werden bestimmt war, und hatte selbst
ein so abstrakt denkender und unter dem Einflsse der Platonischen
Ideenlehre stehender Geist wie Philo allen mosaischen Gesetzen, auch
den Zeremonial- und Ritualvorschriften, obwohl er hinter ihnen hhere
Wahrheiten verborgen sah, in ihrem buchstblichen Sinne dauernde
Verbindlichkeit zuerkannt, so ist die minutise oft haarspaltende Ausdeutung und Ausspinnung, welche die mosaischen Gesetze im Talmud
erfahren, so weitgehend, die Zune und die Zune der Zune", die
unter den Kaisern Vespasian
Vgl.
CasseL: Lehrbuch der jd. Gesch.
u.
Literatur" S. 169.
HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS"
aufgerichtet werden,
zum Schutze der Gesetze
man wohl
da
nicht
irrt,
so
55/
vielverschlungen,
wenn man annimmt, da gar manche
sptere Teile dieses weitmaschigen Netzes
nicht
ohne die bewute
Absicht einer Reaktion gegen den das Judentum verneinenden Paulinischen Antinomismus gesponnen worden sind.
darber wohl
seits
kaum
Und
wie
man
verschiedener Meinung sein kann,
einer-
da
ein
der auf diese minutise haarspaltende Arbeit verwandten
gut Teil
scharfen und reichen Geisteskraft theoretisch weit besser htte ver-
wendet werden knnen, so ist es andererseits kaum zu bezweifeln,
da diese jahrhundertelange Arbeit an dem Gesetzeswerke tatschlich einen Schutzwall fr den Bestand des Judentums gebildet und
zu seiner Erhaltung gegenber dem aus dem Alexandrinismus und
aus der spekulativen Lehre Philos erwachsenen dogmatischen Christentum nicht wenig beigetragen hat.
unmittelbaren Folgeerscheinungen des alexandrinischen
Die
Denkens und der philosophischen Spekulation Philos
gesehen haben, fr das
Durch
drohend gewesen.
ist
der einfache,
Urkunden
Judentum
ungnstig,
ja
zum
sind,
wie wir
Teil
gefahr-
die auf die Spitze getriebene Allegoristik
schlichte, vielfach poetische Inhalt der
oft entstellt,
mit fremdartigen Elementen
dadurch historisch verflscht worden.
stik eng verwachsene und durch sie
mosaischen
durchsetzt und
Durch die mit jener Allegoriin das Judentum knstlich hin-
eingetragene Spaltung des Gotteinheitsgedankens, durch die mit
dem
Mosaismus verwobene Lehre vom Logos als Mittler zwischen Gott,
der Welt und dem Menschen ist der Boden urbar gemacht worden
fr die Auffhrung des dogmatischen Lehrgebudes des ChristenWollte
tums.
man
jedoch,
angesichts
dieser
unbestreitbaren Tat-
sache, zu der Behauptung sich versteigen, da die groe bewunderns-
werte Geistesarbeit Philos fr die Dauer keinerlei frdernden Einflu
auf die Entwicklung und Weiterbildung des Judentums gebt habe,
wrde man nicht nur diesem groen Denker Unrecht tun, sondern wrde auch der geschichtlichen Fortentwicklung des Judentums
so
selbst
durchaus nicht gerecht werden.
Die geschichtliche Entwick-
bewegt sich hufig in vielfach
verschlungenen, schlangenfrmigen Linien, und wenn man ihr auf
diesen ihren Bahnen folgt, findet man, da durch die philosophische
Spekulation Philos das Judentum mittelbar eine groe Bereicherung
und Fortbildung erfahren hat.
Von den beiden Quellen, welchen, psychologisch betrachtet, das
lung
ist
sehr oft keine geradlinige.
Sie
FESTSCHRIFT COHEN
558
religise Bedrfnis des
Menschen entstrmt, deren
eine als der ethische,
werden kann,
dem jdischen Bewutsein und
die ethische
flo die erstere
der jdischen Lehre von vornherein sehr reichlich und ergiebig, whgroe Strecken weit entdie metaphysische
rend die andere weder gar nicht strmte oder nur stellenweise und vereinzelt hervorDie Tendenz und die Ziele des Judentums sind von Hause aus
brach.
die
andere
als
der metaphysische Trieb bezeichnet
Am
Anfang war die Tat." Dieses Wort darf
p-ewissermaen als Leitmotiv des Mosaismus betrachtet werden. Die
Thora ist eine Lehre des Lebens und seiner sittlichen Gestaltung.
Sie ist, wie es im Deuteronomium heit, nicht im Himmel und nicht
jenseits des Meeres, da man fragen knnte, wer steigt fr uns hinauf oder zieht hinber, um sie uns zu holen und verstndlich zu
machen; sie ist dem Menschen nahe, er hat sie im Munde zu fhren,
sie soll in sein Herz dringen, damit er sie erflle und bettige".
Und in konsequenter Fortbildung der Grundtendenz des Mosaismus
praktisch-ethische.
sind es auch bei den Propheten
in fortgeschrittener universalisti-
ethischen Ziele und Ideale, welche im
Vordergrunde des Interesses des Menschen und der Menschheitsgeschichte stehen. Wie im Mosaismus, wird auch im Prophetismus
der Mensch, seine Lebensaufgabe und seine Lebensziele stets zu Gott
in Beziehung gesetzt, und der Vollkommenheitsgrad des Menschen
an der Norm seiner Annherung an die gttliche Vollkommenheit,
an der Gotthnlichkeit gemessen. Aber diese Norm ist auch hier
Denn wie fr den Menschen das
fast immer die praktisch-ethische.
scher Ausprgung
die
Schwergewicht des Lebensinteresses in das Sittliche fllt, so ist fr
das Judentum auch sein Gott, um ein Wort HERMANN COHEN s zu
gebrauchen, der Gott der Ethik". Die dreizehn Eigenschaften oder
dem hchsten Wesen zuschreibt,
Tag in weihevoller Andacht in
Attribute, welche die Bibel lobpreisend
und welche
Israels
bis
auf den heutigen
Gotteshusern
rezitiert
ethischen Charakmit Gott geschlossenen Bund zum
werden, sind
alle
und wenn der Israelit seinen
Ausdruck bringen will, dann tut er dies mit den biblischen Worten:
Ich habe mich dir anverlobt durch Recht und Gerechtigkeit, durch
Gte und Barmherzigkeit, ich habe mich dir anverlobt durch Treue;
dies ist und bedeutet Erkenntnis Gottes."
Unstreitig ist diese ethische Gottesauffassung und des Verhltnisses des Menschen zu ihm erhaben und fr den Menschen heilbringend. Sie ist es auch, worin der Hauptgrund fr die Erhaltung
ters;
und Unzerstrbarkeit der jdischen Religion
zu
suchen
ist.
Allein
HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS,
sie befriedigt
nur
nur die eine Seite des religisen Triebes,
dem einen Verlangen
ein
kommt
der Gott suchenden Seele entgegen; die
andere Seite des religisen Triebes
und
sie
559
Empfinden
zu ihrem Rechte.
Und wenn
metaphysisch-mystische
Ahnens und Sehnens
gut Teil mystischen
innigen religisen
die
kommt
dabei nicht
in
jedem
gleicher Weise
liegt
in
einmal, wie in der Vision des Propheten
Ader des nach metaphysischer Gotteserkenntnis mchtig ringenden reHgisen Gemtes stark anschwillt, macht
dies auf das sonst in klaren ethischen Bahnen sich bewegende religise Bewutsein einen so ungewohnten fremdartigen Eindruck, da
Ezechiel, die mystische
talmudische Gesetzeslehrer allen Ernstes daran gedacht haben, das
Buch Ezechiel aus dem Kanon der heiligen Bcher auszuschlieen.'
Und doch hat und behlt der metaphysische Trieb des Menschen
einen Rechtsanspruch auf Befriedigung in der Gestaltung und im
Ausbau der Religion; ihm mu vollends Rechnung getragen werden,
wenn eine philosophische Betrachtung der Religion ermglicht werden, wenn eine Religionsphilosophie sich entwickeln soll. Nun ist es
aber gerade Philo, der fr den Aufbau und die Entwicklung einer
Religionsphilosophie im Judentum von magebender Bedeutung gewesen ist. Er zuerst hat durch seine Lehre, so sehr diese auch im
einzelnen von einer historisch richtigen Auffassung des Judentums ab-
nach einem Ausdrucke Siegfrieds, dem wir
irrte,
in
der nachfolgen-
den Darstellung des Philonischen Einflusses auf mittelalterliche jdische
Denker in vielen Punkten folgen,
die spekulative Saat ausgestreut",
aus welcher durch Vermittlung anderweitiger Doktrinen in spteren
Zeitperioden mannigfache Richtungen jdischen
schen Denkens emporgewachsen
in
verhltnismig frher Zeit
sischen
in
religionsphilosophi-
Abgesehen von dem schon
den Targumim und im palstinensind.
Midrasch hervortretenden vielfachen Einflu Philos,
ist
es
da die um die Mitte des dritten Jahrhunderts
n. Chr. entstandene, von Plotin in ein System gebrachte neuplatonische
die letzte Verfechterin griechisch-heidnischen Denkens
Philosophie
historisch gesichert,
um
als eine
Lehre
systematische Fortbildung und Vertiefung der von Philo vertretenen
Welt- und Gottesauffassung gelten darf.^ In beiden wird als Endziel
des Menschendaseins das unmittelbare Schauen Gottes, als das ein-
gegenber der
sich
greifenden
christlichen
'
Talmud
Vgl. Zeller, Philos. d. Griechen" 111,2.
d. Phil."
TeU
i.
Babli Trakt. Chagiga pag. 13*.
berweg, Grundri d Gesch.
FESTSCHRIFT COHEN
560
Askese und
Von wie groem Einflu
Entstehung und Entwick-
zige Mittel, zu diesem hchsten Ziele zu gelangen,
die
Abttung der
Sinnlichkeit
hingestellt.
aber die neuplatonische Philosophie auf die
lung der Kabbalah
die
der mittelalterlichen jdischen Geheimlehre
gewesen ist, ist von Isaac Misses in seiner Schrift Zofnat Paneach"
eingehend nachgewiesen worden.^ Neben diesem mittelbaren Einflsse Philos auf die Kabbalah machen sich auch direkt viele Berhrungspunkte beider bemerkbar. Bei beiden sind dieselben Grunddie allegorische neben und ber der
stze der Schriftauslegung
anzutreffen.
Nach der Kabbalah
buchstblichen des Wortsinnes
ist, ebenso wie nach Philo, das Wesen Gottes auf begrififlich-wissenschaftlichem Wege unerkennbar, whrend das unmittelbare Schauen
Gottes auf dem Wege der Selbstentuerung und Extase als dem
Weisen erreichbar bezeichnet wird. Philo gebraucht zur Bezeichnung
Gottes als des alles umfassenden hchsten Wesens den Begriff tottos,
den Begriff des unbegrenzten Raumes; ganz dementsprechend beauer mit dem Namen En Soph"
zeichnen die Kabbalisten Gott
das Grenzenlose
die in
manche
mit
dem
Raumbegriffe DIpO, eine Bezeichnung,
unserer Gebete Eingang gefunden hat.
Die aus der
]'''ir|
Kabbalah bekannten beiden Hauptattribute Gottes
nip
das Attribut der richtenden Herrschergewalt und
und D^on"in mo
das der Gte und Barmherzigkeit, stammen aus Philo, bei dem sie
nicht oft genug als die beiden Hauptseiten des gttlichen Waltens
Und da die Auffassung dieser
hervorgehoben werden knnen.
Attribute Gottes als von Gott gesonderter gttlicher Krfte aus der
Kabbalah in die spteren jdischen Religionsvorstellungen eingedrungen ist, wird unzweideutig dargetan durch ein in die Neilah-
andacht des Vershnungstages eingeschaltetes Gebet, welches an die
Q''pnnri rnip
an die gttliche Barmherzigkeit gerichtet, diese an-
vor
fleht,
dem Throne
Gottes als Frsprecherin fr uns sich nieder-
zuwerfen und Gnade zu erbitten.
Den
vermittelnden Krften Philos,
im Logos ihren zusammenfassenden einheitlichen Ausdruck finden,
entspricht die Lehre von den Sephiroth im Sohar, dem um das
Jahr 1300 von dem spanischen Juden Mose de Leon im Anschlu an
viel ltere Anschauungen niedergeschriebenen Hauptwerke der Kabbalah.
Auch bei der Schpfung wird hier, wie bei Philo, zwischen
der vorerst im gttlichen Geiste planmig entworfenen gedachten
Welt und der nach diesem Plane erfolgenden Ausfhrung derselben
die
'
MISSES: Zofnat Paaneach od. b. d.jd. Geheimlehre". Krakau 1862,63.
HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS
Wie
561
und noch viel ausgesprochener bei den
Neuplatonikern, wird auch in der Kabbalah die Entstehung der Welt
aus Gott emanatistisch, d. h. als Ausstrahlung und stufenweises Hervorgehen des Geringeren aus dem Hheren" aufgefalit. Die Platonische Prexistenz der Seele vor ihrer Verbindung mit dem Krper
lehrt die Kabbalah ebenso wie Philo.
In der kabbalistischen Ethik
unterschieden.
gilt,
wie
sehen
in
in
bei Philo
der Philonischen, die Materie
als
Quelle des Bsen. Beide
der Bekmpfung und berwindung
der Sinnlichkeit das
den Weisen, sich von der bedrckenden erniedrigenden Erdenlast zu befreien und zum Schauen Gottes, zur Vereinigung
Sind, wie wir gesehen haben, bedeutende
mit ihm sich zu erheben.
Einwirkungen der Spekulation Philos auf die kabbalistische Richtung
der jdischen Religionsphilosophie nachweisbar vorhanden, so hat
Philo teils durch Vermittlung der Neuplatonischen, teils auch durch
einzige Mittel fr
den Arabern und Juden sich verbreitenden Aristotelischen Philosophie, auch auf andere jdische Religionsphilosophen
des Mittelalters einen groen Einflu gebt. Der um die Mitte des
elften Jahrhunderts in Spanien lebende Dichter und Denker IbnGebirol, nach Sal. MunKs Entdeckung, identisch mit dem den christlichen Scholastikern als Verfasser der Schrift Fns Vitae" unter dem
Namen Avicebron bekannten und von ihnen fr einen Araber gedie der spter bei
haltenen Philosophen,* zeigt
in
Weicht
auch
erscheint
in
Gottes, gleich
und
dem
auch
bei
ihm der
Wille
oder
das
Wort
Philonischen Logos, mit schpferischer Kraft aus-
was
Schriften angeht,
Philo.
der Theorie von der Materie von diesem ab, so
andererseits
gestattet,
auf neuplatonischer Basis ruhen-
manchen Grundgedanken groe hnlichkeit mit
den Lehre
er
in seiner
ist
Methode der Auslegung der biblischen
auch bei ihm wie bei Philo die Allegoristik vordie
herrschend.
Und wenden wir uns endlich, mit bergehung anderer jdischer
Denker, zu dem bedeutendsten jdischen Philosophen des Mittelalters
zu Moses Maimonides
so finden wir bei
ihm sowohl
in
der
Grundtendenz seines Philosophierens, wie in einzelnen seiner Lehren,
zahlreiche und groe bereinstimmungen mit unserem alexandrinischen Denker Philo, die einen unverkennbaren Einflu des letzteren
auf ihn verraten. Auch bei Maimonides ist die Grundtendenz des
Philosophierens darauf gerichtet, zwischen Glauben und Denken eine
Vershnung herbeizufhren. Mit seinem Denken in der Aristotelischen
'
Salom. Munk.: Mdlanges de philosophie
juive et arabe", Paris 1859.
36
FESTSCHRIFT COHEN
562
Philosophie wurzelnd, mit seinem Herzen und Gemtsleben
tum
dem Juden-
von seiner
Platonisch-Stoischen Basis aus getan, die Lehren des Mosaismus und
des Judentums mit der Weltweisheit des groen Denkers und Systematikers von Stagira in Einklang zu bringen, entscheidet sich aber
in den Fllen, in welchen die Kluft zwischen Aristoteles und der
treu ergeben, versucht er, wie unser Alexandriner dies
Bibel eine unberbrckbare
ist,
zugunsten der geoffenbarten mosai-
schen Lehre, deren Autoritt er
geschmlert gewahrt wissen will.
in
den
So
erklrt er die
religisen
Grundfragen un-
Lehre des Aristo-
von dem Ungewordensein der Welt, von der Ewigkeit des
Kosmos, als eine mit der mosaischen Schpfungsberlieferung unvereinbare fr unannehmbar.^ Dagegen ist er in all den Fllen, wo
die Kluft zwischen philosophischem Denken und biblischen berlieferungen nicht unberbrckbar ghnt, unablssig bemht, die letzteren vernunftgem zu deuten, wie dies besonders bei der Erklrung
teles
biblischer
Wundererzhlungen und
geschieht.*
durch
Ist
Auffassung der Prophetie
der jdische Aristoteliker Maimonides hierdurch wie
andere Versuche eines Ausgleichs zwischen Vernunft und
viele
Glauben,
in seiner
in
seinem religionsphilosophischen Hauptwerke
Dem
Fhrer der Irrenden"
im Gegensatze zu dem nach Seiten der
Mystik neigenden Philo, der erste Begrnder einer rationellen jdischen Theologie geworden, so begegnet man andererseits bei ihm
mancher Auffassung
religiser Grundbegriffe, die mit der Philonischen
Auch
eine groe hnlichkeit zeigen.
los
und unerkennbar ;3 auch nach
greift
Gott nicht unmittelbar
sondern bedient sich dazu
oder Engel".
als
in
fr ihn
ist
Gott eigenschafts-
und Weltauffassung
die Dinge der irdischen Welt ein,
seiner Gottes-
vermittelnder Krfte der reinen Geister"
Gott schafft nichts", heit
es,
unter Berufung auf
More Nebuchim,
alles, was der Geist
einen Ausspruch der Rabbinen, an einer Stelle des
ohne auf die obere Familie hinzuschauen",'* d. h.
Gottes ins Dasein gerufen, ist, um mit Plato zu reden, im Hinblick auf
Welt der Ideen, oder um der Ausdrucksweise Philos zu folgen, mit
Hilfe einer von dem hchsten Wesen ausstrahlenden gttlichen Kraft
eines Logos
geschaffen worden. Ferner begegnen wir bei Maimonides, hnlich wie bei Philo, einer doppelten Deutung von Bibelstellen,
die
'
^
t
More
More
More
More
Neb. II, c. 25, vgl.
Neb. II, 3945.
Neb. I, 54.
Nebed. Stern II, c.
III, 25.
6.
HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS-
563
nach dem Wortsinn, der sich der
beschrnkten Auffassung der Menschen anbequemt, und der allegowelche die bereinstimmung des
nach dem Schriftsinn
rischen
mosaischen Gesetzes mit der Vernunft und der Wissenschaft dartun
will/ Hat Philo, wie wir gesehen haben, trotz der hheren Bewertung
des allegorischen Sinnes, die Verbindlichkeit des Gesetzes auch nach
seinem buchstblichen Sinne scharf betont,^ so hat Maimonides neben
seinem More Nebuchim"
dem groen religionsphilosophischen Werke,
auch
ihrem gesetzlichen
in
Teile, der
welchem
Judentum und
Lehren vernunftgem zu begrnden sucht,
das riesenhafte halachische Werk Jad-Hachasakah
verfat, welches den ersten, das ganze mosaische und talmudische
Gesetz umfassenden und in systematischer Ordnung darstellenden
Kodex bildet. Ist es aber auch bei diesem alle ritualgesetzlichen
Gebote und Verbote ausnahmslos kodifizierenden Werke fr die
Geistesrichtung seines Verfassers charakteristisch, da die beiden
in
er das
seine
ersten der vierzehn Bcher, welche es enthlt, die Titel Erkenntnis"
und Liebe" fhren, so beweist der Umstand, da derselbe Maimonides, der der erste Kodifikator der jdischen Gesetzeslehre gewesen
des Judenist, zugleich auch der erste systematische Dogmenlehrer
tums war, augenscheinlich, da ihm die ethisch -gesetzliche Seite
der Religion nicht das ganze Wesen der Religion ausmachte, da
ihm vielmehr der Ausbau auch der metaphysischen Seite
man
sie
vom Standpunkte
oder, wie
des allgemeinen Bewutseins nennen kann,
der Seite des Glaubens, fr das
Wesen
der Religion als unentbehr-
Maimonides hat bekanntlich jene dreizehn Glaubensstze
oder Dogmen in das Judentum eingefhrt, welche, wenn auch spter
eine Reduktion derselben auf drei oder gar auf einen unternommen
worden ist, so sehr in das allgemeine religise Bewutsein der Juden
eingedrungen sind, da sie als Anhang zur tglichen Morgenandacht
in die Gebetbcher aufgenommen wurden und von gar manchen
Strengglubigen bis auf den heutigen Tag nach Schlu des Morgen-
lich galt.
gebetes
Ob
rezitiert
dieser
werden.
von Maimonides
in
das von Hause aus dogmenfreie
Judentum hineingetragene Dogmatismus fr dieses einen Fortschritt
zu bedeuten hatte, kann zweifelhaft erscheinen. Doch um diese Frage
handelt es sich hier ebensowenig wie darum, ob durch die Lehre
^
^
More Neb. II, 26.
Philo De migratione Abrahami
S.
Stelle betreffenden
16,
8993 und
vgl. die
Anmerkungen.
36*
oben diese
FESTSCHRIFT COHEN
564
und die durch dieselbe zutage getretene vernderte Auffassung
des Mosaismus und seines Lehrinhaltes fr diesen ein unmittelbarer
Gewinn zu verzeichnen gewesen ist. Hier war es hauptschlich um
den Nachweis zu tun, da in beiden Fllen neue Entwicklungsstadien
des Judentums wahrzunehmen sind, die durch den jedesmaligen Zeitgeist und die die Zeit beherrschenden Strmungen notwendig bedingt
Fhilos
Ebenso wie das innerhalb der christlichen "Welt des
Mittelalters zu immer schrferer Betonung gelangte Glaubensprinzip
auf die durch Maimonides vollzogene Einfhrung einer Dogmatik in
das Judentum hingewirkt hat, und ebenso wie derselbe Maimonides
durch den seine Zeit in der Scholastik sowohl wie im Arabertum begewesen
sind.
herrschenden Aristotelismus zu seinem groen religionsphilosophischen
Werke getrieben worden ist, in welchem der Versuch einer Ver-
shnung zwischen Glauben und Wissen, zwischen Judentum und
Aristotelischer Lehre unternommen wurde, ebenso war mehr als ein
Jahrtausend vorher unser Philo durch den seine alexandrinische
Epoche beherrschenden Geist zu einer Amalgamierung des Mosaismus mit der Platonisch-Stoischen Philosophie veranlat und gedrngt
durch den Alexandriner und
fremdartige Elemente in
durch den mittelalterlichen Aristoteliker
das Judentum eingedrungen, die mit seinem ursprngUchen Wesen
worden.
sich
Sind
nicht
auch durch beide
organisch
verbinden zu knnen
schienen, so
ist
doch
durch beider Lehren das Judentum bereichert, zu grerer VielseitigUnd fragt man, wer zuerst
keit entwickelt und gestaltet worden.
die dem Judentum ursprnglich fehlende metaphysische Seite der
Religion fr dasselbe angebaut und dadurch auch die spteren Ent-
wicklungsphasen der jdischen Religionsphilosophie angebahnt hat,
so wird unstreitig der Name Philos genannt werden mssen, als desjenigen groen jdischen Denkers, dessen Einflu auf die spteren,
zwischen Glauben und Wissen, zwischen Judentum und Philosophie
vermittelnden Denker ein unverkennbarer
ist.
Es
zeigt sich hier nicht
minder deutlich als sonst berall, da das allmchtige Gesetz der
Entwicklung, dem alles in Natur- und Geistesleben unterworfen ist,
auch die Erscheinungsformen der Religion und ihres Lehrinhaltes unausgesetzt beherrscht, und da insbesondere das Judentum unter der
Herrschaft des Entwicklungsgesetzes gar mannigfache Umbildungen
und Vernderungen erfahren
hat.
Auf seinem jahrtausendelangen
hat das Judentum im Mosaismus
und Prophetismus, im Talmudismus und kabbalistischen Mystizismus,
in rationaler Religionsphilosophie und im Dogmatismus verschiedene
Gange durch
die Weltgeschichte
HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS,
565
und unter all den mchtigen Einflssen, welche auf seine Fort- und Umbildung eingewirkt haben, gehrt der durch die Berhrung mit dem Griechentum, die zuerst in
der alexandrinischen Periode und in deren Hauptvertreter Philo zur
Erscheinung kommt, unstreitig zu den folgenschwersten und, trotz
wechselnder Formen, dauernd wirksamsten.
Man begegnet in Schriften evangelischer Theologen des ftern
der Bemerkung, da den alexandrinisch- hellenistischen jdischen
Denkern von jdischer Seite nicht die ihnen gebhrende Anerkennung zuteil geworden ist, whrend von Seiten der christlich-theologischen Forscher ihre Verdienste in vollem Mae gewrdigt worden
besonders
seien.
Es mu zugegeben werden, da dieses Urteil
hinsichtlich Philos manches Zutreffende hat, und da hier von
jdischen Forschern lngere Zeit Versumtes erst jetzt wieder nachErklrt sich auch die Vergeholt wird und noch nachzuholen ist.
schiedenheit der von christlicher und von jdischer Seite dem groen
alexandrinischen Denker gewordenen Anerkennung aus der Verschiedenheit der unmittelbaren Einwirkung seiner theosophischen Lehren
auf Christentum und Judentum, so darf doch andererseits der tiefgreifende und weitreichende mittelbare Einflu, wie des alexandriEntwicklungsstadien durchlaufen,
nisch-jdischen Hellenismus berhaupt, so insbesondere seines philo-
sophischen
Hauptvertreters,
auf
die
sptere
Ausgestaltung
und
Entwicklung der jdischen Theologie und Religionsphilosophie nicht
Bei der Wrdigung Philos als jdischen
unterschtzt werden.
Denkers mu auch seine Verehrung fr die ethischen Lehren des
Mosaismus, seine begeisterte Hochschtzung der sozialen Gesetze der
Bibel, welche, wie er sagt, die Begterten lehren, von ihren Gtern
den Drftigen mitzuteilen, und die Armen trsten, da eine Zeit fr
sie kommt, wo sie nicht an den Tren der Reichen zu betteln brauchen,
wo mit Eintritt des siebenten Jahres die Witwen, Waisen und alle
Enterbten wieder begtert werden", immer von neuem scharf betont
und hervorgehoben werden. Es mu darauf hingewiesen werden,
da das biblische Gebot Heilig sollt Ihr werden, denn heilig bin ich
der Ewige, Euer Gott" Philos ganzes Denken und seine gesamte
allerdings oft in einem dem
Lebensauffassung beherrscht, da er
unabJudentum ursprnglich fremden gesteigert asketischen Sinne
lssig auf Entsinnlichung, auf Abwendung von allem Endlichen und
Vergnglichen dringt und zur weihevollen Heiligung des Lebens
durch Tugend, Lauterkeit der Gesinnung und Gerechtigkeit mahnt.
Erschien er uns in seinen kosmologischen und theosophischen An-
FESTSCHRIFT COHEN
566
schauungen vielfach mit den Grundanschauungen des Judentums in
Zwiespalt geraten, so sehen wir ihn, trotz seiner asketischen Tendenz,
oft auf den Pfaden der groen Propheten Israels einhergehen und
mit
ihrem
den Menschen den, wie er
zeigen, der zu Gott und zur wahr-
Feuereifer, ihrer Begeisterung
ihn oft nennt, kniglichen"
Weg
haften Glckseligkeit emporfhrt.
obwohl sie jeder Mystik und Dogmatik
in der Religion abgeneigt ist, auch von uns modernen Juden, die wir
in der Rckkehr zum Prophetismus den wahren Fortschritt des
Judentums, in der mosaisch-prophetischen Gotteinheitsidee und der
auf diese sich grndenden Sozialethik die Brgschaft fr dessen
Fortbestand erblicken, darf der Wert und die geschichtliche Bedeutung des jdischen Alexandrinismus und der Spekulation Philos
Denn sie zuerst haben die beiden grten
nicht verkannt werden.
das Judentum und das
geistigen Kulturfaktoren der antiken Welt
Durch
in nahe Berhrung mit einander gebracht.
Griechentum
Auch
in
unserer Zeit,
die alexandrinisch-hellenistische Kulturepoche
griechische Genius auf
dem
ist,
wie einerseits
der
Gebiete von Philosophie und Kunst, so
Judentums auf dem Gebiete der Religion
und Sittenlehre zum Lehrer der Vlker zum Bildner der zivilisierten
Menschheit geworden. Die an den Namen des Groen Alexander
sich knpfende Geschichtsepoche hat und behlt fr alle Zeit das
Verdienst, wie dem Geist der Schpfungen der alten Griechen, so
dem des alten Israel, an Stelle der national begrenzten, eine
universelle Bedeutung und Wirkungsfhigkeit verliehen, das Judentum der Diaspora insbesondere zu dem gemacht zu haben, was
Adolf Deissmann in seinem Licht vom Osten" betitelten Werke
andererseits der Genius des
so treffend mit
dem Namen Weltjudentum"
tum, das nicht
in
und
bezeichnet, ein Juden-
nationale Isoliertheit, nicht in ein religis-politisches
gesellschaftliches Ghetto zurckzukehren, sondern die Weltkultur
aufzunehmen und an ihrer Frderung mitzuarbeiten, seinerseits aber auch die Welt mit seinen religis-ethischen Ideen zu durchdringen und das uralte Erbe der Gemeinde Jakobs zum Gemeingute
der Menschheit zu machen bestimmt ist.
in sich
Das Gesetz der Entwicklung hat, wie berall, so auch hier, seine
unbezwingbare sieghafte Macht bewhrt. Die Geschichte des Judentums und
seiner
Lehre
zeigt
der Religion nicht minder,
als
unverkennbar, da
auf
dem
Gebiete
auf allen anderen Gebieten geistigen
HOROWITZ, ENTWICKLUNG DES ALEXANDRINISCHEN JUDENTUMS
und
kulturellen
tion
nicht
Lebens eine gesetzmig
zerstrend, sondern erhaltend,
56/
sich vollziehende Evolu-
nicht
verneinend, sondern
und bereichernd wirkt. Von Hause aus allem Mystizismus nicht nur, sondern auch jeder philosophischen Spekulation fernstehend, hat das Judentum und seine Lehre es verstanden, dem Geiste
der Zeiten folgend, auch diese befruchtenden und ideell bereichernden Geisteselemente in sich aufzunehmen und zu verarbeiten, und
dabei den Kern und das Wesen des alten ursprnglichen Lehrinhaltes unverlierbar zu bewahren. Was diesen reinen alten Lehrfortbildend
oder zu entstellen drohte, wurde im Laufe der
wieder ausgeschieden, teils in andere Formen umgegossen,
inhalt zu verflschen
Zeiten
teils
den ewigen, unvergnglichen Wahrheiten der Lehre sich anzupassen vermochten.
die
Und was von
hat,
ist
das
und
gilt
auch
der jahrtausendelangen Vergangenheit gegolten
die
fr
Gegenwart und Zukunft.
bleibt entwicklungsfhig.
Das Judentum
Antimodernisteneide und jede Art
erzwungenen, das Gewissen des Menschen bindenden und bedrckenden Glaubensbekenntnisses sind dem Wesen des Judentums, das
schon
in
der Urzeit die Fernhaltung von jeder Unwahrhaftigkeit ge-
boten hat, vllig fremd.
Nicht aus einem feindlichen Kampfe gegen
moderne Wissenschaft und die auf gesicherter wissenschaftlicher
Erkenntnis beruhende moderne Weltanschauung, sondern aus einer
Berhrung und Durchdringung mit ihnen erwchst dem Judentum
die
Strkung seiner Lebenskraft. In einer gesetzmig fortschreitenden Entwicklung liegt fr das Judentum die Brgschaft seiner Erhaltung und des dereinstigen Sieges der vor Jahrtausenden von ihm
verkndeten Wahrheiten
sozial-ethischen Ideen.
des Einheitsgedankens und der groen
Meschullam
Kalonymos' Polemik gegen
b.
die
Karer.
Von
Meschullam
'rn
Fhrern
Kalonymos
b.
A. Freimann.
Mose
b.
^ptr ',
genannt der Groe oder
gehrt zu den hervorragendsten und angesehensten
vf>',
Von Narbonne
der zweiten Hlfte des X. Jahrhunderts.
in
man
Das
RabbinatskollegiuminArles bittet um seine Entscheidung^. R. Gerschom
b. Jehuda, Meor ha-Golah, sagt von ihm: 'oi ri'D inj spc i:ri7'5 und
aus wandte
sich
Raschi nennt ihn
an M.
in
einer zivilrechtlichen Frage'.
r\f>i'o.^
Die von M. verfaten Gutachten
weite
Verbreitung 7.
Deutschland und Frankreich
den Synagogen galt als Brauch der
Seine liturgischen Poesien haben sich
eingebrgert; deren Vortrag in
fanden
in
niemand durfte ungestraft an diesem Herkommen rttelnd
Aus seinem Kommentare zu Abot fhrt Aruch? ein lngeres Stck an.
Von auerordentlicher Bedeutung ist Meschullams Polemik gegen
Alten",
die Karer, die hufig angefhrt wird:
I.
ifjpP'i
pst
a"yp
r'rC'
Verbote No. 66 (Venedig 1547 f
^f>^^:v
XXVII,
No. 123.
'
tn^yt pn'pTih pip'iiip
'3-)D;
Zur Literatur ber M.
vgl.
I.
Freimann,
Jiyr
Vpir 'ist,
Sabbat 73 ^
Mt)LLER, Responsen des R. M., Berlin
crpp 'p (Krakau) N. 607.
s. V.
3'Cr>i
und Nizzachon von R. LiPMANN aus Mhlhausen
Diese Anfhrung findet sich in unserer Vorlage No. 4.
i:'3i
Vgl. weiter 573 Anmerk. i.
C':ir7p D':if>a poitp N. 140.
cSicr
daraus Hagah. Maimoniot
Einleitung
XXIV.
'
23'')
f.
15^,
7j;p
Mordechai BB. N.
ed. Buber, N. 28.
ed.
Kohut
VI, 93.
663.
1893.
zum Siddur Raschi
FESTSCHRIFT COHEN
570
hh
ifj'ipr
'iDi
Ende
No.
in
u.
'ri
2.
od
'prrti
pi)'':i^p
vgl.
pir>':iip;
r^'f'-Jt
ciicr
")3
ersichtlich,
dazu No.
7iri
aus No.
i^h
... rpro.
Krakau No.
3'pD :pri
S'tni
Beweisfhrung, die sich
C'7'pp 'p
11 57
unserer
No. 271 und 408,
in
der
p-)rvv
(1147),
p'ri r": ciitr
in
gegen
polemisiert
1 1
icr:3 'D
'p
pd
pfr
t?c
p'-jpif'
hat.
Lev. XXIII,
zu
8.
No. 3 mit den Worten
6. O'7'pp
....
Aus Nizzachon
in
357'
i:'3">
3.
-)pp
cpif'
c^icr
'3-)3
No. 105
da R. LlPMANN die Beweisfhrung aus No. 9
ist
bernommen
Esra
Ibn
220=*):
i:'3-)
Diese Anfhrung
p.
(f.
fhrungen M.
....
ptp
rn
3'tr>
Nizzachon von R. LlPMANN aus Mhlhausen No. 66:
'?37i
stillschweigend
t^Ti
i:'3-
vo'pm
ist
5.
cSicr
'r^
liispf
"5r)C
t:p
Gebote No. 199
y'rp
rptr
4.
123^^):
(f.
Dieses lange Zitat findet sich
piP'iiip.
3.
Gebote No. 47
a"rp
2.
r'f''^
i''3D
nimmt auf No.
i:'3'?
d'W wicpr
Vorlage nicht
Ausgabe
die
Aus-
Tn3 psn
5
Bezug:
Diese
pf.
findet, wird
Berlin No. 622
im
und 1296
wiederholt.
Die folgenden neun
No. 32 f.
38''
39*
antikarischen
enthalten.
PozNANSKi
I.
sind
im Cod. Vat.
Q. R. X., 275 weist auf
gesehen, aber nicht lesen knnen
J.
EPSTEIN hat sie
XXVII, 84). Es ist mir gelungen, den Text nach
dieselben hin, A.
(R. E.
puitp
einer
gebe denselben
wort- und buchstabengetreu wieder. Unerlliche Korrekturen sind
durch runde und eckige Klammern, unleserliche Buchstaben durch
Punkte angedeutet.
Photographie
nahezu vollstndig zu
1 nr^Dnn nin
O'Ti-'Do:)
'DO
'p's
entzifiern,
bi^t:^
'>iDi'o D"'io Tjzzri iiD^:s
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ich
]^i^^b
'C^iinn iid'>:s
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iJirSi:?
'sS
Angefhrt im j"rp Gebote No. 47 (Venedig 1547, f. 123*=), die Beweisfhrung stimmt mit der von R. Chananel (if'iop hliV p. 33) berein.
* I Samuel, XX, 24; 26; 27.
'
Verschrieben fr opit5
i)).
FREIMANN, MESCHULLAM
Olipr ipS"!
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B.
O.
XXX,
2.
j'rp hat hier noch
Num.
Vgl. Pessachim
^ytt'i'o j'Cir -JOir oilJji '3.
IX, 10.
sie!
Lies: D't7lpr.
f.
79".
FESTSCHRIFT COHEN
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O.
15.
O. 39.
Angefhrt im j'>p Gebote No. 199
Jos. IV, 19.
O. V,
II.
Lev. XXIII,
14.
(f.
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Exod. XXXIV, 22.
6 Ps.
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Chron.
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"'r^TJiyi
7n^^
T^y^
"]i:77
"'ri71
j'7'T'p piDio VII, ii, im
Gersons zu Josua zur Stelle und in Nizzachon von R. LiPMANN aus jMhlhausen No. io6. Gegen Meschullam polemisiert ibn Esra im
Kommentar zu Lev. XXIII, ii: f'ii 'li'pi piir PPEt^ p-^prP ri'f? f'^O 'mD crpi
Vgl. Monatsschrift XLI, 205.
'1D1 f'ir 1Cr:3 'O r7'.
2 Exod. XVI, 29.
3 Angefhrt im j"pp Verbote No. 66 (f. 23^), daraus Hagah. Maimoniot p3C
Brll in Graetz Jubelschrift S. 191, No. i
XXVII, I und Nizzachon No. 123.
^
Dieselbe Beweisfhrung bei Maimonides j'Epin
Kommentar Levi
b.
hlt diese Stelle irrtmlich fr antichrisich!
4 Jes.
LXVI,
Fehlt
Erubin
in
23.
17'^.
O. 5r\
Exod. XVI,
' a. a.
29.
O. XXI,
13.
XLVI,
der Vorlage und wurde nach
8 a. a.
9
3.
4"t>P ergnzt.
FESTSCHRIFT COHEN
574
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Num. XXXV,
Vgl.
in
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^ D'7'PP '0
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5.
Geschichte der Juden, V, Note 17, Anmerk. 4^
aus der Petersburger Bibliothek jv)r^ p. 8 und Poz-
in Graetz,
Neubauer,
E. J. XLIV, I74ff.
Lev. VI,
MeschuUam
'Tjn 133:7
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26, 27.
Harkavy
Aufl. S. 483),
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b.
Vgl. ibn
5 Exod. XIII, 7andere Widerlegung im
hat
eine
No. II 53 (1147)
5.
Kalonymos.
Esra zu Lev. VII,
18,
NEUBAUER
a. a.
O.
p.
24
u. 42.
Namen
R.
FREIMANN, MESCHULLAM
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B.
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Exod. XXIX,
Lev. VIII, 25.
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III, 9.
Num. XVIII,
6 sie!
30.
Lies: r>P'r
Vgl. Raschi Exod.
Mu
f'i.
XXIX,
wohl heien: 73i
Lev. VII, 23.
"
ChuUin
22.
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in R. E.
J.
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XLV,
60 ff. und
Nizzachon No. 143 Ende.
' Deuteron. XXV,
5.
4
Band
Genes. XXXVIII,
s a. a.
O.
10.
<"
a. a.
O.
XXVI,
Lies: oorr ii
II,
S. 80,
Lies
Vgl.
5.
PC
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f'iioi f'ic vj3
i:>''
Vgl.
ff'iv r:'(>v
tdoi
80.
C ']p |'31 "p |'31. Vgl. Jebamot 92^.
Neubauer a. a. O. p. 27 und 46 und Poznanski
plpioi
p. 174 Anm.
Lev. XVIII, 9.
Gedenkbuch
10
Note
8.
in
Kaufmanns
2.
"
ibid. 10.
'' ibid.
16.
FREIMANN, MESCHULLAM
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Temura 16^ und Raschi z.
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Vgl. Sota
ii'',
St.
Halochot Gedolot ed. Hildes-
p. 609.
Esra II, 61 vgl. Nehemia VII, 63.
Angefhrt im Nizzachon No. 66 im Namen R. Meschullam
Vgl.
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KALONYMOS' POLEMIK GEG.
B.
Neubauer
a. a,
O.
p.
23 und
47,
Poznanski
a. a.
Kalonymos.
und
p. 176
b.
O.
fif.
Nizzachon No. 105 Ende.
7
74a
Chullin
Genes. XV, 4.
Vgl.
IlSam. XVI,
f.
II.
'
Genes. XVI,
11.
"
Rieht. XIII,
5, 7.
"
Lev. XXII,
27.
Nizzachon
a. a.
O. weist irrtmlich auf Jes. VII, 14 hm.
'3 ibid.
28
37
FESTSCHRIFT COHEN
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Diese Zeile bezieht sich wohl auf das folgende Tischgebet, welches im
Ozar Tob (hebr. Beilage zum Magazin 1878) S. 016 abgedruckt wurde. Demnach widmete Juda b. Mose dieses ptpr> P'Zn'i R. Uri Schrago b. Levi; vgl.
^
Zunz Bemerkungen im Magazin 1876,
S. 52
53!
Die Wertschtzung der Arbeit
in Bibel
und Talmud.
Ein Vortrag.
Von
S.
KAlischer-B erlin.
Sagen und Dichtungen der alten Vlker des Morgen- wie des
Abendlandes knden von einem Paradiesesdasein, von einem
Die
goldenen Weltalter, wie es in dem griechisch-rmischen Sagenkreis
genannt wird, von einem Zeitalter der Unschuld und des berflusses.
Erde Frchte hervor; es
flssen Milch und Nektar in Strmen dahin und aus grnender Eiche
Und dieser Segen und Frieden
trufelte gelb der Honig hervor.
der Natur beseelte auch das Menschengeschlecht, es kannte nicht
Not noch Arbeit, nicht Furcht noch Hoffnung, nicht Begierde noch
Kampf, oder wie Schiller im Geiste des griechischen Mythos das
Unbearbeitet,
so
goldene Zeitalter
singt
Ovid,
brachte die
darstellt:
Erst regierte Saturnus schlicht und gerecht,
Da war es heute wie morgen,
Da lebten die Hirten, ein harmlos Geschlecht,
Und brauchten fr gar nichts zu sorgen;
und taten weiter nichts mehr.
Die Erde gab alles freiwillig her.
Allein wir Modernen denken bei jener mythischen Zeit im allgemeinen nicht an Hesiod oder Ovid, sondern an die biblische Erzhlung vom Garten Eden, den wir nach der griechischen BibelSie liebten
bersetzung Paradies nennen.
Freilich
hat die Wissenschaft
Urzeit lngst in das Reich der
alle
Trume
Vorstellungen einer solchen
verwiesen;
sie gestattet
keinen
da Mhe und Kampf, Not und Tod des Menschen stete
Begleiter von Anbeginn seines Daseins waren. Aber dennoch oder
ebendeshalb kommt die biblische Erzhlung, bei allem Farbenspiel
Zweifel,
der Phantasie, der Wirklichkeit nher
als
alle
anderen Dichtungen
37*"
FESTSCHRIFT COHEN
580
Nur ein Menschenpaar erfreute sich des unschuldvollen
paradiesischen Glckes, und wie kurz whrte es! Gleichsam einen
Augenblick nur lebte das erste Menschenpaar jenseits von Gut und
dieser Art.
Bse,
kaum
und
Schuld,
wir
die
Mensch ohne
Dasein
ins
ihm
freilich
die Frucht
gerufen
belastet
war
einer
mit einer
gern verzeihen: denn was wre der
vom Baume
Und
der Erkenntnis!
Tat, von der die Bibel nach der Vertreibung aus
richtet,
sich
es
der schrecklichsten Frevel,
dem
die
die erste
Paradiese be-
das Menschen-
geschlecht kennt, und noch heute haben wir fr eine solche Freveltat
keinen
mchtigeren Ausdruck
anlehnenden, da
sie
zum Himmel
Aber im Paradiese
selbst
als
den sich an den biblischen
schreit.
ist
dort das
Leben
als
ein
ses
von dem rmischen Dichter,
wie wir es von dem griechischen Snger durch den Mund Schillers
vernommen haben? Keineswegs. Vielmehr heit es in der Schrift:
Gott brachte Adam in den Garten Eden, da er ihn bearbeite und
pflege (Gen. i, 15).
Arbeit war also nach der Bibel die Aufgabe des
Menschen von dem Augenblicke, da er ins Dasein trat, ja noch ehe
dies geschah, ward ihm seine Bestimmung zur Arbeit verkndet.
Und alles Gewchs des Feldes war noch nicht auf Erden, und alles
Kraut des Feldes war noch nicht gesprossen, denn der Ewige Gott
hatte noch nicht regnen lassen auf die Erde und der Mensch war
noch nicht da zur Bearbeitung des Bodens" (2, 5). Also nicht, wie
Hesiod sagt, trug die nahrungspendende Erde reichliche Frchte von
selbst, nicht gab sie alles freiwillig her, sondern sie ward nach der
Bibel zur Nahrungspenderin nur durch die Arbeit des Menschen. Sie
wartete auf den Menschen, da er die Frucht ihrem Sche entUnd ist es nicht, als ob die Bibel uns sagen wollte, da die
locke.
Arbeit fr Adam allein zu gro geworden war, wenn ein Motiv des
Schpfers fr die Erschaffung des Weibes lautet: Ich will ihm eine
Gehilfin zur Seite geben?" (2, 18).
Die wenigen Worte der mosaischen Schpfungsgeschichte ber
die Bearbeitung des Eden haben brigens auf Milton, den Dichter des
Verlorenen Paradieses, einen groen Eindruck gemacht, denn an vielen
Stellen seines Sanges malt er die Arbeiten im einzelnen aus und so
lt er beispielsweise im vierten Gesang Adam zu Eva sprechen:
Frh', eh die Morgenkhle mit dem ersten
Annahn des Lichts den Osten rtlich sumt,
Erheben wir zu unserer Arbeit uns.
Beschneiden jene Bume, jene Lauben,
Nichtstun,
ist
es so gedacht, wie wir es
KALISCHER, D. WERTSCHTZUNG D. ARBEIT IN BIBEL
Den
TALMUD
U.
58 1
berzweigten grnen Mittagsgang,
Der unserer schwachen Arbeit hhnt, und doch
Mehr Hnde noch erfordert als die unseren
Das
scheint uns fast zu viel der Arbeit fr ein Paradies.
Ohne
Zweifel verrt es einen offenen Wirklichkeitssinn, da die
die Arbeit
Bibel
gleichsam
mit
dem Menschen geboren
sein
lt,
ihm vorausverkndet wird.
Es war also Adam nichts Ungewohntes, wenn
Gott ihn fortschickte aus dem Garten Eden, um, wie es in der
Schrift heit, den Erdboden zu bearbeiten (Gen. 3, 23). Freilich ganz
heil kam unser Urahn nicht davon.
So leicht wie dort sollte die
ja
da,
wie
gesagt,
seine
Bestimmung
Lebensfristung frder nicht sein:
zur
Arbeit
im Schweie deines Angesichtes
du Brot essen".
sollst
Adam
Die Bibel wei nichts von einer Widerrede.
fgte sich schweigend in sein Verhngnis. Eine talmudische
Legende erzhlt aber: Als Gott zu Adam die Worte gesprochen: ,und
Dornen und Disteln soll dir der Erdboden sprieen lassen und das
Kraut des Feldes sollst du verzehren,' fiel Adam unter Trnen ein:
,Herr der Welt,
ich mit
soll
dem
Esel aus der Krippe essen?'
fuhr Gott fort: ,im Schweie deines Angesichts sollst
und
Adam
Aber
du Brot
Da
essen,'
war beruhigt."^
Verabschiedung aus dem Paradiese und die damit
verknpfte saure Arbeit klingt doch ein Fluch hinein! Allein niemals
sonst ist von einer solchen Auffassung die Rede, hat eine derartige
Auffassung in Israel Eingang gefunden, niemals ist die Arbeit anders
denn als Segen betrachtet worden. Im Buche Hiob (5, 6) sagt einer
in die
der drei Freunde des edlen Dulders: Der Mensch
heit auch vor allem,
ist
zur Mhsal, das
geboren, und dieses Wort kann
als Motto gelten fr die Bewertung der Arbeit im ganzen biblischen
und talmudischen Schrifttum, Lehre und Vorbild wirkten zusammen,
um die Arbeit als den grten Segen der Menschheit erscheinen zu
lassen
und die Lehre stammt vom Sinai. Im Gegensatz zur Umzur Arbeit
den uralten despotisch regierten groen Reichen, in deren
einem die Kinder Israel jahrhundertelang in Knechtschaft schmachteten, und deren Herrscher alle Rechte, d, h, alle Willkr in sich
verkrperten und fr sich selbst gttliche Verehrung in Anspruch
zu
welt,
nahmen,
erscholl
zum erstenmal vom
Sinai das Wort,
das an
alle
gleichermaen gerichtet war, das allen gleiche Pllichten auferlegte und
bersetzung von
Pesachim 118".
ADOLF BTTGER.
FESTSCHRIFT COHEN
82
Recht zusprach, das Gotteswort: Du sollst" und du
sollst nicht", du, wer du auch seist Dieses Wort war wie ein
Es bedeutet die Morgenrte einer zweiten
zweites Es werde".
gleiches
Schpfung, die Schpfung der sittlichen Welt. Sinnig lautet eine
fromme Legende, daCi die Stimme Gottes vom Sinai in 70 Sprachen
sich spaltete, so da alle Vlker
so viele zhlte die alte Welt
der Erde
das
Es war aber doch nur ein Volk,
Fhrern unablssig rang, die sittliche Welt auf
vernehmen konnten ^
sie
in seinen geistigen
der reinen Gottesidee zu verwirklichen. Die heidnischen
Vlker schufen sich ihre Gtter nach ihrem Ebenbilde, mit ihrem Lieben
und Hassen, mit ihren Begierden und Leidenschaften und zogen so das
dem Grunde
Gttliche ins Irdische herab.
Olymp
Schnheit des
Wir werden
nicht aufhren', uns an der
dem
zu erfreuen, wir sehen auch
obersten der
Ehemnner, seine verwegensten
Liebesabenteuer nach, aber zum Aufbau der sittlichen Welt konnten
auch die Gtter Griechenlands keinen Untergrund bilden. Israel allein
lt umgekehrt den Menschen im Ebenbilde des Einen Gottes geschaffen sein. In diesem Gedanken liegt der strkste Antrieb zu steter
Selbstvervollkommnung, der Ansporn, sich zu Gott zu erheben. Dieses
Verlangen sollte Grund und Ziel der ganzen Lebensfhrung des Israeliten
Dieser Gedanke ist zugleich ein Ausdruck fr die von einem
sein.
Meister der Philosophie, Hermann Cohen, im Geiste des Prophetismus gelehrte Auffassung Gottes als des Urbildes und Vorbildes und
Gtter, diesem
auch
somit
ungetreuesten
als
aller
und Urquells des
des Urgrundes
sittlichen
Seins.
Auffassung sind nicht nur die prophetischen Schriften,
sondern auch die Bcher Mose reich an Zeugnissen; denn berall,
wo hohe sittliche Forderungen an den Menschen gestellt werden,
Und
fr diese
weist Gott auf sich selbst als Vorbild hin,
begrndet: Ihr sollt heilig
Ewige Euer Gott"
(Levit.
sein,
19, 2;
werden
denn
20, 26).
sie
heilig
Und
wie
eben hiermit
bin ich, der
in
dieser uni-
das ganze Reich der Sittlichkeit umfassenden Formel, so
erfolgt nicht minder bei den sittlichen Einzelforderungen die Berufung
versellen,
auf Gott
als Vorbild.
und Witwe
Wenn
in
der Thora beispielsweise die Waise
sich eines ganz besonderen Schutzes erfreuen
und unauf-
Waise und Witwe Recht zu schaffen, so
heit es auch: Gott schaffet Recht der Waise und Witwe; und
wenn immer wieder und wieder eingeschrft wird, den Fremdling
zu lieben, so heit es wiederum auch von Gott, er liebet den
hriich geboten wird, der
Midr.
r.
zu Exod. Abschnitt 28,
6.
KALISCHER,
Fremdling
WERTSCHTZUNG
D.
D.
ARBEIT IN BIBEL
U.
TALMUD
583
Unter diesem Gesichtspunkte gewinnt
die Fassung des vierten der zehn Gebote, dieses in doppeltem Sinne
lapidaren Kodex der Sittlichkeit, fr unsere Betrachtung die hchste
Bedeutung. Denn nunmehr drfen wir sagen, es gebietet nicht blo
die
Du
(Deut. lo, i8).
Sabbatruhe und Sabbatheiligung, es gebietet auch die Arbeit.
sollst arbeiten; sechs Tage sollst du arbeiten und all dein
Werk
denn sechs Tage hat der Ewige den Himmel
und die Erde gemacht, das Meer und alles was darinnen. Wiederum
also erscheint Gott als Vorbild, und dies bedeutet, da die Arbeit
zur Pflicht, zum Range einer sittlichen Forderung erhoben
wird. Ihm, dem Weltenbaumeister und Weltenarbeiter
das ist der
Sinn der Bibelstelle
soll der Mensch nacheifern in der Erfllung und
in dem Ausma seiner Arbeitspflicht.
Parallel mit der Begrndung
der Arbeit geht die der Sabbatruhe; wie Gott von seinem Schpfungswerke ausruhte, so soll auch der Mensch, nicht nur der Freie,
sondern auch der Knecht und die Magd und auch das Arbeitstier
ruhen, aber nach getaner sechstgiger Arbeit; denn wie der Ernte
die Saat vorausgehen mu, so ist die Ruhe der Arbeit Preis. Ja
gerade die groe Weihe, die dem Sabbat verliehen ist, nicht nur im
Pentateuch, sondern auch in den prophetischen Schriften, bildet
eine Folie fr die Wertschtzung der Arbeit.
So empfngt die
Arbeit durch die Berufung auf Gott als Vorbild die hchste Wrde,
den unvergleichlichsten Adel. Diese Auffassung ist in vlliger bereinstimmung mit dem Talmud. In den Aboth des R. Nathan, einer
Erluterung und Erweiterung der Sprche der Vter" lesen wir
nicht nur: Wie der Sabbat so ist auch die Arbeit geboten" ^ sondern
den Ausspruch von wahrhafter Groartigkeit: Wie die Thora, so
verrichten
ist die
Arbeit
als
Bndnis gegeben"^ Dieses wundervolle Wort
bedarf keiner Erluterung, denn es liegt auf der Hand, da, da ein
Bndnis an die Verbndeten relativ gleiche Forderungen stellt, die
Arbeit
Und
eine
gegen Gott zu bende Bundespflicht des
die Gleichstellung der Arbeit niit der
Schatze, den der Jude
Wrdigung der
als
Jude
besitzt,
Thora,
ist
Israeliten
dem
ist.
kstlichsten
wahrlich der Gipfel der
Arbeit.
Die Arbeit, deiner Hnde Werk," wie ein unzhligemale wiederkehrender Ausdruck im Pentateuch lautet, ist das Mittel, durch das
sich die Verheiungen Gottes erfllen sollen, und so fehlt es auch
^
Ab.
Daselbst Abschnitt
d. R.
N. IL Rec. herausgegeben von
11.
Schechter
S. 44.
FESTSCHRIFT COHEN
584
der biblischen Schriften, die belehrenden oder erbauenden
in keiner
von der Hochschtzung
der Arbeit Zeugnis ablegen. Siehst du einen Mann," heit es in den
Sprchen Salomos (22, 29), emsig in seiner Arbeit, vor Knige
darf er sich stellen." Und der Psalmist singt (128, 2): Issest du von
deiner Hnde Arbeit, Heil dir und wohl dir".
In Anlehnung an
diesen Psalmvers stellt R. Chija
als eigentlichen Urheber des Ausspruchs nennt er den R. Ula
den, der von seiner Hnde Arbeit
lebt, hher als den Gottesfrchtigen an sich, von dem im vorhergehenden Psalmvers die Rede ist; denn es heit hier, so deutet der
Rabbi, von dem Gottesfrchtigen nur Heil ihm", von dem aber, der
von seiner Hnde Arbeit lebt, wie wir gehrt haben Heil ihm und
wohl ihm"
also eine doppelte Preisung, und die erstere beziehe
sich auf das Diesseits, die letztere auf die knftige Welt'
Es soll
dies wahrlich nicht als ein Muster der Interpretierkunst angefhrt sein
fr den Talmud sind ja freilich Deutungen dieser Art charakteristisch
sondern nur als ein Zeugnis fr die eminente Hochschtzung
der Arbeit im Talmud, der in seinem Ausdruck hierfr oft weit ber
die Bibel hinausgeht. Auch der weltkundige Koheleth (5, 11) rhmt
die Arbeit mit den Worten: S ist der Schlaf des Arbeiters, ob
er wenig oder viel isset, aber den Reichen," das kann hier nur heien,
den, der sich durch seinen Reichtum verleiten lt, nicht zu arbeiten,
Inhalts sind, an kernigen Aussprchen, die
lt bersttigung
nicht
ruhig
findet,
kann
nicht
verhehlen,
stimmt
(2, 10).
Man
doch
haben keine
um
Und
er,
da Arbeit
der alles
zur
darf wohl sagen, da Israel seine Bndnispflicht
es zu allen Zeiten sich
uns
schlafen."
Statistik,
eitel
Frhlichkeit
erfllt,
durch Arbeitsamkeit ausgezeichnet
hat.
da
Wir
aber die einzigartigen Literaturdenkmler, die
so kstlicher erscheinen, je kleiner der
Umfang
ist,
der sich
aus den Strmen der Jahrtausende zu uns herbergerettet hat, die
sinnfllige
Sprache, ihre konkrete Gestaltung, die einerseits malerische,
andererseits kernige pointierte Art des Ausdrucks, die dieses Schrift-
tum kennzeichnet, gestatten uns hufig durch einen
einzigen Satz in
der Seele des Volkes zu lesen, einen tiefen Blick in das Volksleben
und -Streben zu
tun.
Von
dieser Art erscheint
ein Zeugnis fr
Vers im Zusammenhange des prachtvollen 104. Psalms,
von dem Herder sagt, da er allein wert ist, da man, um ihn zu
In diesem Psalm, einer Art Kosmos,
genieen, Hebrisch lerne.
viele
ein
Berachoth
8*.
KALISCHER,
D,
WERTSCHTZUNG
D.
ARBEIT IN BIBEL
U.
TALMUD
585
gesamte Naturleben eine Schilderung, die die hchste
Bewunderung eines Alexander v. Humboldt, der ja selbst ein so
erfhrt das
glnzender,
feinsinniger
Naturschilderer
war,
auf sich
zog.
Alles
an diesem Naturgemlde von plastischer Anschaulichkeit
und intensivster Lebendigkeit: der Himmel mit seinem Lichtmeer,
Wolken und Winde, Blitz und Donner, Berg und Tal, Felsen und
erscheint
Wald und
Klfte,
und
Flur,
Quellen und Strme und das weite Meer
die ganze lebende Welt.
Die Nacht bricht herein
da
kommt
der Lwe
das Wild des Waldes aus seinen Schlupfwinkeln hervor:
brllt nach Beute, als forderte er von Gott seine Nahrung".
Nacht weicht
Die
die wilden Tiere ziehen sich zurck in ihre Hhlen-
denn die Sonne sendet ihre ersten Strahlen zur Erde, und
Nur wenige
allsogleich lt der Dichter den Menschen erscheinen.
Worte knden ihn an, aber als nichts anderes schildern sie ihn,
denn als den Arbeitenden vom ersten Morgengrauen an.
Da geht der Mensch hinaus zu seinem Werk, an seine
lager,
Arbeit bis zum Abend." Dies allein ist die Stellung, die der
Snger in seinem Gemlde des Naturlebens dem Menschen zuweist,
und der ganze Charakter des Gedichtes brgt dafr, da da nichts
Willkrliches ist, da vielmehr der Dichter es erlebt und im Leben
seines Volkes das Vorbild gehabt hat.
Und
Ist
hier gibt es keinen Unterschied zwischen
doch das Weib schon
in
Mann und Weib.
der Schpfungsgeschichte
Und bedarf
den Hymnus auf
Mit-
zur
zur Bekrftigung
arbeiterin
des Mannes bestimmt!
es
mehr
der Erinnerung an
das wackere Weib,
mit
als
dem
das Buch der Sprche Salomos abschliet?
Welche Tugen-
werden ihr nicht nachgerhmt! Treue, Gte, Milde, unbegrenztes Wohltun; sie ffnet ihren Mund mit Weisheit und Lehre
der Liebe ist auf ihrer Zunge;" aber am hellsten ertnt das Lob
Wir sehen sie am Webihrer nie rastenden Ttigkeit und Arbeit.
stuhl und Spinnrad; sie schmckt mit ihrer Hnde Arbeit das Haus.
Von ihrer Hnde Werk pflanzt sie sich einen Weinberg. Noch zur
Nachtzeit erhebt sie sich, verteilt im Hause die Zehrung, gibt
Weisung ihren Mgden. Aller Orten wartet sie des Hauses und
den
Brot der Trgheit
Es
it sie nicht.
verdient wohl hervorgehoben zu werden, da dieser
Hymnus
auf des Weibes umfassende und emsige Arbeit einem Knige
Mund
gelegt wird.
Und
recht bemerkenswert
altjdischem Brauch dieses Lied
ist
am Vorabend
Heimkehr aus der Synagoge gesungen wird
es auch,
in
den
da nach
des Sabbat bei der
das Hohelied der
FESTSCHRIFT COHEN
586
Arbeit
in
der Stunde, mit der die
Ruhe nach
der Arbeit der
Woche
knne man sich schwer von ihr trennen, wie
von einem geliebten Gegenstande. In der Tat mahnt auch ein berhmter Gesetzeslehrer, Schemaja: Liebe die Arbeit"', Ja, mit der
Thora selbst. ist auch die Arbeit, die Pflicht und Liebe zur Arbeit ein
Es
beginnt.
als
ist,
,,
Gemeinde Jakob geworden.
Der Talmud beschftigt sich ernstlich mit der Frage, welche
huslichen Arbeiten die Ehefrau auszufhren verpflichtet ist, und zhlt
Erbteil der
deren eine reiche
der Mgde, die
Menge
auf.
etwa
sie
Mgde
Die Anzahl verringert sich mit der Zahl
in die
Ehe
bringt, aber, so heit es, selbst
dennoch verpflichtet, im
Haushalt zu arbeiten, denn Unttigkeit fhrt zur Lockerung der Sitten.^
Und hier erkennen wir gleichsam von der negativen Seite unter
neuem Licht die hohe Wrdigung, die der Arbeit zuteil ward. Denn
nicht minder als durch das positive Lob bekundet sie sich durch
den Hohn und Spott, den Abscheu und die Verachtung, die ihr
Gegensatz, die Trgheit, der Miggang erfhrt. Besonders reich an
hierher gehrigen Sentenzen sind die Sprche Salomos. Nur einige
wenn
sie
hundert
mitbringt,
ist
darf ich aus der Flle herausheben.
sie
Wie
dreht der Faule sich auf seinem Lager" (26,
seiner Arbeit,
macht arm,
ist
ein
die
14).
Genosse des Verderbens"
Hand macht
fleiige
Tr
Wer
(18,9).
reich" (10, 4;
der Angel,
in
lssig ist in
Trge Faust
12, 24).
Und
der
Spruchdichter kann sich nicht daran Genge tun, den Segen des
menschlichen Fleies dem Unheil des Migganges gegenberzustellen,
den Faulen zu heilen durch Erregung seines noch etwa
vorhandenen Restes von Schamgefhl, indem er ihm die Tierwelt
Geh du Fauler nur zur Ameise, Schau ihr Tun
als Muster aufweist
und nimm Vernunft an, Sie hat nicht Fhrer, noch Vogt, noch Herrn,
er
sucht
Und doch im Sommer rstet
Wie lange also
Vorrat ein.
sie ihre
Nahrung, Sammelt zur Ernte
du Fauler liegen? Wann wirst
du aufstehen von deinem Schlafe? Noch ein wenig Schlaf, noch
ein wenig Schlummer, Noch daliegen mit bereinander geschlagenen
Doch bald kommt dir einher die Armut, der Mangel wie
Hnden
wirst
Gewappneter" (5,6 11).
Von tiefster Verachtung fr den Miggang sprechen uerungen
des Jesus ben Sirach, eines frommen Spruchdichters aus dem dritten
vorchristlichen Jahrhundert, z. B.: Ein Fauler kann mit einem Mistein
'
Pirke Aboth
'
Kethuboth 59b
i,
10.
Mischna.
KALISCHER, D. %VERTSCHTZUNG D. ARBEIT IN BIBEL
knollen verglichen werden; jeder, der ihn aufhebt,
um
abschtteln'", nmlich
Auch
Talmud
der
sich
steht in
biblischen Schriften nicht nach.
TALMUD
U.
wird die
von der Berhrung zu
587
Hand
reinigen.
der Verurteilung der Trgheit den
Man
den Faulen
mit Fingern weisen, wenn man den Ausspruch von Rabbi hrt:
Etwas Groes ist die Arbeit, denn wer nicht arbeitet, wird von den
Menschen verspottet: woher hat der zu essen, woher hat er zu
Zahlreiche
trinken?"^
sieht frmlich auf
andere Aussprche des Talmud lassen sich
dahin zusammenfassen, da die Trgheit den Menschen zu grnde
richtet, nicht nur physisch, sondern auch seelisch.
Der Wertschtzung der Arbeit
entspricht der gesetzliche Schutz,
der den Arbeitnehmern gewhrt wird.
nahmen
Eine der wichtigsten Ma-
Beziehung ist das Gebot, den Lohn dem Arbeiter
nach der Tagesarbeit auszuzahlen. An demselben Tage noch
sollst du ihm seinen Lohn geben, la die Sonne nicht darber untergehen" (Deut. 24, I4f; Levit. 19,13). Der Talmud hlt die Nichtbeachtung dieses mosaischen Gesetzes, das auch dem Nichtisraeliten
gegenber zu beobachten ausdrcklich geboten wird, fr ein so ungeheures Vergehen, da er von dem, der es bertritt, sagt, er sei als
in dieser
sofort
nhme er dem Lohnarbeiter das Leben.3 Die talmudischen
zum Schutze der Arbeiter sind von humanstem Geiste
Vorschriften
erfllt.
Die
Gesetzeslehrer lassen sich zumeist von sozialethischen Gesichtspunkten
Schon
leiten.
da
ein
dies
Arbeiter,
ist
beispielsweise sicherlich nichts Unbedeutendes,
der auf eine
Woche
oder einen Monat oder ein
angenommen worden ist, auch fr
natrlich nicht arbeitet, Lohn bekommen
Jahr
beiter
auch die
braucht
Zeit, die er
aber nicht zu
die Sabbate,
mu'^,
an denen er
und da jeder Ar-
Wohnung zum
dem umgekehrten Wege
von seiner
Ort der Arbeit
anrechnen
Aber weit darber hinaus scheuen sich die Gesetzeslehrer des
Talmud nicht, sich ber die gewhnlichen Rechtsanschauungen hinwegzusetzen, um den wirtschaftlich Schwachen den weitgehendsten
Schutz angedeihen zu lassen. So bestand die freilich nicht unbedenkliche Neigung, bei Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitdarf
gebern von vornherein zugunsten der Arbeitnehmer zu entscheiden.
'
Sirach
Testaments
I,
Aboth
B.
22, 2,
Kautzsch, Die Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten
341.
R. Nathan, herausgegeben von Schechter
Mezia II2^ hnlich -JT.
d.
Daselbst
Daselbst 83
58=.
''.
S. 44.
FESTSCHRIFT COHEN
588
Es bestand der Grundsatz: Der Lohnarbeiter hat
die
Oberhand".'
Sie wachten eiferschtig ber die individuelle Freiheit der Arbeiter
und gestanden ihnen das Recht
zu,
schrnkenden Bedingungen, jederzeit
allerdings unter
vom
einseitig
gewissen be-
Arbeitsvertrage
zurckzutreten, gesttzt auf den Schriftvers (Levit. 25, 55): Mir sind
die
Kinder
Israel
Knechte, meine Knechte sind
der Talmud, Knechte von Knechten.^
sie",
aber nicht, folgert
Diese Begrndung des Rechtes
des Arbeiters, jederzeit seine Freiheit wieder gewinnen, ber seine
Person verfgen zu knnen, bezeugt die hohe sozialethische Gesinnung
Sie hatten ein instinktives Gefhl fr den
dieser Gesetzeslehrer.
Wahrheitskern des paradox klingenden Satzes: Das hchste Recht
ist
das hchste Unrecht.
Nur aus diesem Gefhl heraus
sich Entscheidungen, fr die folgende Erzhlung
-J
typisch
erklren
ist.
Dem
Fa Wein zerbrochen und den
pfndete ihnen ihr Gewand; sie klagten vor
R. b. Bar-Chana hatten Arbeiter ein
Wein
dem
verschttet;
er
Rab und
den Rabbi zur Herausgabe der
Kleider. Ist das Recht? fragte dieser. Ja, erwiderte Rab, damit (du
Die Arbeiter gaben sich
erfllest): Wandle im Wege der Guten".
aber damit nicht zufrieden, sie verlangten auch ihren Lohn; wir sind
Richter
er verurteilte
haben den ganzen Tag gearbeitet, wir sind hungrig
und haben nichts, und der Richter gebot, ihnen den Tageslohn ausarm, sagten
zuzahlen.
sie,
Heilet
antwortete
Rab
wahren" (Spr.
das Rechtsprechen? fragte der Verurteilte. Jawohl,
(denn es heit): Du sollst die Pfade des Gerechten
2, 20).
Es braucht kaum bemerkt zu werden, da
durchweg unter
Arbeit ausschlielich krperliche Arbeit verstanden war, und nach
den allgemeinen Betrachtungen ber ihre Wertschtzung wenden wir
uns den beiden in Frage kommenden Hauptgruppen der Arbeit zu,
dem Ackerbau oder Landbau und dem Handwerk.
Der Landbau bildet die wirtschaftliche Grundlage des jdischen
Staates.
Seine
Wrde
hier
verbrgt schon, wie wir gesehen haben, die
Die Bibel verlegt also den Landbau an den
Anfang des Menschengeschlechts und er gilt demnach als uranfngSchon die Sprache
liche Bestimmung und Pflicht des Menschen.
Schpfungsgeschichte.
B. Mezia 77 nav^vn ^5? byit T. Eine wenn auch nicht erschpfende Zusammenstellung des talmudischen Arbeiterrechts gibt David FarbsteiN: Das
Recht der freien und der unfreien Arbeiter nach jdisch-talmudischem Recht
verglichen mit dem antiken speziell mit dem rmischen Recht. 1896.
- B. Kamma 116''; vgl. B. Mezia
77.
'^
B. Mezia 83
KALISCHER, D. WERTSCHTZUNG D. ARBEIT IN BIBEL
verknpft den Menschen,
Adam,
U.
aufs innigste mit der
Erdboden, insofern er der Bearbeitung
TALMUD
589
Adamah, dem
unterliegt.
Regelrechter Ackerbau kann natrlich nur von einer sehaften
Bevlkerung betrieben werden, und es kann demnach hiervon bei
dem Volke Israel erst nach der Eroberung des Landes Kanaan die
Rede
Wohl
sein.
wird
Noah
ein
Ackerbauer und
als
Erfinder des
Weinstocks genannt, aber die Patriarchen fhrten ein nomadisierendes
Leben, sie waren Hirten, Herdenbesitzer. Nur von Isaak wird berichtet, da er neben der Sorge um die Vermehrung seines von
Abraham
ererbten Herdenbesitzstandes auch einen sehr ertragreichen
Ackerbau
betrieb (Gen. 26, 12).
schtzte, ja
Wie hoch
den Ackerbau
er
ein-
da er ihn eigentlich bevorzugte, bekundet sein Segen,
den er Jakob spendete und im wesentlichen fr Esau wiederholte,
und der nicht dem Herdenbesitz, sondern lediglich den Erzeugnissen
des Erdbodens galt: Gott gebe dir vom Tau des Himmels und von
der Erde Fruchtbarkeit und Flle von Getreide und Most" (27, 29, 39).
Traum, in dem Joseph sich
und seine Brder auf dem Felde Garben binden sah, scheinen anzudeuten, da der Ackerbau dem Hause Jakobs nicht ganz fremd
gewesen sei. Indessen wissen wir ja, da Jakobs Berufsarbeit und
Tchtigkeit auf anderem Gebiete lag.
Aber ber seine rastlose
Arbeit, seine unermdliche Ausdauer hat er seinem etwas skrupellosen Oheim Laban gegenber sich selbst das sicherlich wahrhaftige
Zeugnis ausgestellt: Am Tage verzehrte mich Hitze, und Frost in
der Nacht, und der Schlaf floh aus meinen Augen" (31, 40).
Mit der Besitzergreifung des Landes Kanaan wurde die Boden-
Manche Erzhlungen,
bearbeitung
die
so
z.
B. Josephs
Hauptbeschftigung
des
Volkes.
Die
grandiose
Agrargesetzgebung, die mit den Institutionen des Erla- und Jubel-
Schonung des Bodens bezweckte, andererseits
der Verarmung und dem Latifundienbesitz, der Anhufung von Reichtmern in wenigen Hnden entgegenwirken sollte, zeigt, in welchem
jahres einerseits die
Umfange der
jdische
Staat
sich
wirtschaftlich
auf der Boden-
bearbeitung aufbaute, und die groe Fruchtbarkeit des Landes tat
das
ihrige,
um
die
Liebe des jdischen Volkes
wecken, zu erhalten und festwurzeln zu
lassen.
gesetzgebung, die ffentliche Frsorge fr die
Landbau gegrndet, indem
stimmt
ist:
ein Teil
zum Landbau zu
Auch die Armen-
Armen
ist
der Ernte fr den
das Feld durfte nicht ganz bis
zum Rande
auf
Armen
dem
be-
abgeerntet,
von der Weinlese;
den Armen, der Waise und Witwe und dem Fremdling sollte es
die Abflle nicht aufgelesen
werden; dasselbe
gilt
FESTSCHRIFT COHEN
590
berlassen werden.
Ja selbst
gessen ward, so," heit
es,
eine
Garbe auf dem Felde
kehre nicht zurck,
Witwe
Fremdling, der Waise und
23, 22; Deut. 24, 19
wenn
soll
sie
dem
sie zu holen,
gehren"
ver-
(Levit. 19,
f.;
ff.).
den rechten, religis - sittlichen
Wandel, fr die Anhnglichkeit an den Einzigen Gott, fr die
bung von Recht und Gerechtigkeit, die Frsorge fr den Armen
und Drftigen, die Waise und Witwe und den Fremdling, in
Hunderten von Wendungen verheien wird, gilt einzig und allein
dem Gedeihen des Bodens.
Das wre nicht vllig verstndlich,
Alle Segensflle, die Israel
wenn der Landbau
fr
nicht die Beschftigung des ganzes Volkes,
Hoch
und Niedrig, Jung und Alt, gebildet htte.
Der Landbau erschien als die sicherste Gewhr zur Gewinnung
eines angemessenen Lebensunterhaltes wie zur Erhaltung der Einfachheit der Sitten.
Wer seinen Boden bearbeitet," heit es in den
Sprchen Salomos (28, 19), wird satt des Brotes, wer es mit den
Nichtstuern hlt, wird satt der Armut." Verrichte drauen deine
Arbeit, bestelle wohl dein Feld, dann wirst du dir dein Haus erbauen"
(24, 27).
Der Ackerbau
von Gott gegebene
Vorschrift, bei deren Befolgung keine Mhe gescheut werden darf.
So sagt der Spruchdichter Jesus ben Sirach (7, 15): La dich die
mhsame Feldarbeit nicht verdrieen, denn sie ist von Gott zuerteilt".
Und in einer anderen wohl drei Jahrhunderte jngeren apokryphischen
Schrift, dem Testament der 12 Patriarchen"
worunter die zwlf
Shne Jakobs verstanden sind
einer Nachbildung des Segens
Jakobs an seine Shne, ruft Isachar seinen Kindern zu: Bewahret
nun das Gesetz Gottes, meine Kinder, und erwerbt euch die Einfalt
und wandelt in Unschuld.
Beugt euren Rcken, um Ackerbau
zu treiben und beschftigt euch mit Feldarbeiten
denn es ist dir
kein anderes Erbteil gegeben als von der Fettigkeit des Landes,
dessen Frchte durch mhsame Arbeit (gewonnen werden)".'
Wie, nach den Worten von Graetz, keine der vlkerbeherrschenden Grostdte, welche von der Spitze ihres Glanzes in den Staub
gesunken sind, in ihrem Untergange so verherrlicht worden ist, wie
Jerusalem" ^ so hat auch kein Land aus seinen Trmmern, aus der
frchterlichsten Verwstung sich so rasch wieder emporgearbeitet,
galt zu allen Zeiten als eine
'
Kautzsch, a. a. O. II, 479, 5.
Graetz: Geschichte der Juden
II,
403.
KALISCHER,
ja
D.
WERTSCHTZUNG
verjngt aus seiner
zum
Asche
D.
ARBEIT IN BIBEL
U.
TALMUD
erhoben, wie Juda.
kleinsten Teil aus der heien Liebe
sich
Und
59I
das
zum Landbau erklren. Nebuchadnezars Feldherr, Nebusaradan, lie, wie im
Buche der Knige (II, 25, 12) und in Jeremia (39, lO; 52, 16) erzhlt
wird, nur die Armen, die niederen Volksschichten zu Winzern und
Pflgern" zurck.
Alle brigen wurden als Gefangene fortgefhrt.
Aber kaum war das babylonische Heer abgezogen, so fanden sich
die Flchtlinge, die sich vor den Schrecken des Krieges im Lande
zerstreut hatten, und die Streitscharen, die den Feind zu beunruhigen
und durch Guerillakmpfe das Vaterland zu retten gesucht hatten, bei
drfte sich nicht
Gedalja,
dem von Nebukadnezar
eingesetzten Vorsteher von allen
Seiten in Scharen ein und lieen sich
Er
Land
zur Bearbeitungf zuteilen.
ihnen anheim, ihren Wohnsitz nach Belieben zu whlen,
und ermunterte sie, die Stdte wieder aufzubauen und Ackerbau zu
stellte
treibend
Allerdings
wurde
bau des Landes durch
eine
Anfang zum Wiederaufder ruchlosesten Taten, die Ermordung
dieser glckliche
des wahrhaft edelgesinnten Gedalja durch einen prinzlichen
Wege-
und seine Sippschaft, jh unterbrochen, als aber endlich die
Stunde der Erlsung gekommen war, da wute man doch aller
Schwierigkeiten und Fhrlichkeiten, aller Feindseligkeiten der Nachbarvlkerschaften Herr zu werden und, freilich begnstigt durch das
Wohlwollen des Knigs Darius, der alles zu bebauende Land steuerfrei
lie^, das Land aus seiner Verdung wieder zur Blte zu bringen;
die in Trnen seten, ernteten in Jubel.
lagerer
Die Liebe zum Ackerbau bekundete sich naturgem in den
der Erntezeit geweihten festlichen Veranstaltungen. Die sogenannten
drei Wallfahrtsfeste
waren ursprnglich Erntefeste, wenn
auch
an sie knpften, andere Deutungen
geltend machten und den ursprnglichen Charakterzug mehr oder
weniger verwischten. Das Passahfest bedeutete den Beginn der ersten
Ernte, die mit dem Wochenfest ihren Abschlu fand, das Laubhttensich
spterhin andere Erinnerungen
das Ende der Einsammlung der Bodenerzeugnisse und die Zeit
der Weinlese: Ein Fest der Htten sollst du feiern sieben Tage,
fest
wenn du einsammelst von
Tenne und deiner Kelter". An
diesen Festen sollten alle teilnehmen, es waren Feste der Freude,
Und du sollst dich freuen an deinem Feste, du, dein Sohn und
deiner
Jeremia 40, 8
12.
Josephus, Altertmer X,
deutschen bersetzung von Heinrich Clementz).
* Joseph. Das. XI,
3, 8 (Bd. II, S. 13).
^
g,
(Bd.
I,
S.
626 der
FESTSCHRIFT COHEN
592
dein Knecht und deine Magd,
deine Tochter,
der Levite und der
Aber
Fremdling, die Waise und die Witwe, die in deinen Toren."
ihr sollt
II
15).
dem Ewigen, eurem Gotte"
euch freuen vor
Durch das
war vorgebeugt, da
religise
die
(Deut. i6,
Geprge, das diese Erntefeste
Frhlichkeit,
trotz
erhielten,
der langen Dauer der
Aber gro mu der
Feste, nicht in Ausgelassenheit ausartete.
Jubel
gewesen
In einer gewaltigen Strafrede des Propheten Jeremia gegen alle
sein.
Reiche der Erde wird das Getse der Zornesstimme Gottes mit dem
An den Erntefesten, den
Jubelruf der Kelterer verglichen (25, 30).
bei diesen Erntefesten, insbesondere zur Zeit der Weinlese,
Festen des Ewigen", wie
ein
sie
genannt werden, fanden
Rest davon hat sich ja noch
am
Umzge
Httenfeste erhalten
statt
und
an Musik und Tanz, den namentlich die jungen Mdchen auffhrten,
hat es dabei nicht gefehlt. Ein solches Fest wird es auch gewesen
an dem, wie im Buche der Richter erzhlt wird (21, 19 f.), die
Jungfrauen von Silo in Reigentnzen vor die Stadt zogen, um von
den in den Weinbergen verborgenen Benjaminitern, denen es an Frauen
sein,
fehlte,
geraubt zu werden, just wie die Sabinerinnen von den Rmern.
Der ungemeinen Wertschtzung des Landbaues
Knig ist dem Felde dienstbar," sagt Koheleth (5, 8)
auch der
entsprach die
Achtung, der
sich seine
Trger
erfreuten.
Man
ging an den Feld-
ohne sie zu gren oder Gottes Segen auf sie
herabzurufen. Als Boas, der nachmalige Gatte der lieblichen Ruth, auf
sein Feld kam, richtete er an die Schnitter den feierlichen Gru: Der
Ewige sei mit euch," und sie erwiderten: Der Ewige segne dich". ^
Von der innigen trauten Hingabe des gesamten Volkes an den
arbeitern nicht vorber,
Landbau zeugt
nicht
zum wenigsten
die symbolische Rolle,
die
er
im biblischen Schrifttum spielt. Die Propheten und zum groen Teil
auch die Psalmendichter sind unerschpfhch an Bildern, die dem
Landbau entnommen sind, fr alle Schicksale der Vlker und insbesondere Israels, von seinem Werdegange als Volk Gottes bis zu
seiner Hhe, von seinem Niedergange bis zu seiner Wiederaufrichtung,
fr Gottes Liebe und seinen strafenden Zorn, fr alles Glck und
alles Unheil, allen Glanz und alles Verderben, Wohlstand und Vernichtung, und fr alles, was das moralische Leben der Gesamtheit
und des Einzelnen ausmacht. Durch unzhlige Variationen solcher
Bilder vermgen diese Gottesmnner ihren Gedanken ein immer
neues Licht, eine neue Frbung zu geben und ihr Stil wird oftmals
*
Ruth
2, 4; vgl.
Psalm
129, 8.
KALISCHER,
D.
WERTSCHTZUNG
D.
ARBEIT IN BIBEL
So
hierdurch von packender Realistik.
z.
wenn
B.
U.
TALMUD
593
ein Psalmdichter
von seiner Jugend an erfahren hat, mit
den Worten schildern lt: Auf meinem Rcken haben Pflger gepflgt, haben ihre Furchen darein gezogen" (129,3). Indes mu ich
das Miverhltnis zwischen der mir zu Gebote stehenden Zeit und
der berflle des Stoffes hier wie stillschweigend an mancher andern
Israel die Drangsale, die es
dafr verantwortlich machen,
Stelle
wenn
ich diese
Seite unseres
Gegenstandes nicht weiter verfolge und nur noch auf ganz weniges,
das hierher gehrt, hinweise.
Ein sehr hufig gebrauchtes Bild friedlichen Wohlstandes ist
dies, da ein jeglicher wohne unter seinem Weinstock und seinem
Feigenbaum. Und ebenso ist der Landbau und dessen reicher Erder
das Bild
trag
Prophet
Amos
fernen,
Zukunft.
glcklichen
(9,13): Siehe
Tage kommen,
So weissagt der
spricht der Ewige,
da
den Schnitter und der Kelterer an den Semann; es triefen die Berge von Most und alle Hgel flieen ber".
Und vollends das Ende der Tage, die Zeit der Vlker-
reichet der Pflger an
des ewigen Friedens,
verbrderung,
die
auch unsere Hoffnung
ist
und
das
bleibt,
als
die
messianische Zeit,
wissen die groen Propheten,
wie Jesaja und sein Zeitgenosse Micha,
zumalen,
ist
nicht
eindrucksvoller
aus-
durch die Perspektive der vollkommenen Hingabe an
Bodens: Und sie werden umschmieden ihre
Schwerter zu Pflugscharen und ihre Speere zu Winzermessern".
Verherrlicht die Bibel den Landbau auch in poesieverklrter
Form, so huldigt der Talmud nicht minder in seiner Art der Lieblingsbeschftigung des Volkes, die es auch nach dem Untergang
die Bearbeitung des
des jdischen
Staates
geblieben
war.
reichen talmudischen Traktate, die
dem
zeigen schon rein uerlich, welcher
Wert
wurde.
Man
Die verhltnismig
Ackerbau gewidmet
zahlsind,
dieser Ttigkeit beigelegt
hrte nicht auf, die Bearbeitung des Bodens als eine
Im Midrasch wird erzhlt, da ein sehr alter
Mann auf seinem Felde fort und fort Bume pflanzte, und als er
Pflicht zu betrachten.
darob
vom
Kaiser Hadrian verspottet wurde, da er doch nicht hoffen
knne, selbst die Frchte seiner Arbeit zu genieen,
erwiderte
er,
da jedermann verpflichtet sei, den Boden zu bearbeiten, und wie
andere vor ihm dies fr ihn getan haben, so msse auch er ohne
Rcksicht auf seine eigene Person den Boden fr die, die nach ihm
kommen, bepflanzen." Man fhlte sich so mit dem Boden verwachsen
*
Midr.
r.
zu Koheleth
2, 20.
38
FESTSCHRIFT COHEN
594
da Rabbi
Elieser, ein
Talmudlehrer des ersten Jahrhunderts,
gro-
in
dem, der keinen Acker sein eigen nennt, das
Menschentum absprechen zu drfen glaubte ^ und zwar in Anlehnung
an den Psalmvers (115, 16): Die Himmel sind des Ewigen, aber die
artiger bertreibung
Erde hat Er den Menschenkindern gegeben". Die Talmudlehrer verlangten fr den Ackerbau rastlose Ttigkeit; nur wenn der Mensch
sich selbst zum Diener der Erde macht, sagen sie, findet er Brot zur
Sttigung, sonst findet er das Brot nicht.^
sie
Das war aber nicht blo Theorie
diese Mnner
lehrten.
Wir kennen eine lange Liste hochberhmter
lebten,
wie
palstinen-
und babylonischer Talmudlehrer, deren brgerliche Erwerbsttigkeit der Ackerbau war.
Sie verbaten sich in den Tagen des
Nissan und des Tischri den Besuch ihrer Jnger (im Lehrhause) damit sie nicht etwa das ganze Jahr hindurch um ihren Lebensunterhalt
in Sorge seien, wenn sie an diesen Tagen der Ernte nicht auf dem
Felde arbeiten. 3 Unter diesen Talmudlehrern gab es sehr reiche Gutsbesitzer, aber sie lieen es sich nicht nehmen, sie erachteten es als
ihre religise Pflicht, selbst Hand anzulegen, selbst den Pflug zu fhren.'*
Auf gleichem Range der Wertschtzung wie der Ackerbau
stand das Handwerk. Galt doch das Handwerk, zumal in seiner
hheren Form des Kunsthandwerks als ein unmittelbarer Ausflu
sischer
gttlichen Geistes.
Denn wie
sich der Bibel,
wenn
wir uns an die
kanonische Reihenfolge halten, die erste Gelegenheit, von
werk
dem Hand-
der Beschreibung des Baues der
Stifts-
htte bietet, so sind uns an dieser Stelle des zweiten Buches
Mose
die
in Israel zu reden, bei
Namen
der gottbegnadeten Knstler aufbewahrt,
sein Gehilfe Ahaliab, die zur
Bezalel
ist
Bezalel
und
Ausfhrung des Baues berufen wurden.
der namentlich Berufene:
Und
ich erfllte ihn mit gtt-
lichem Geiste, mit Weisheit, Einsicht, Erkenntnis und
aller
Fertig-
Entwrfe zu ersinnen und sie auszufhren in Gold und Silber
und Kupfer und in Steinarbeit zum Einfassen in Holzarbeit und
keit;
allerlei
Kunstwerk zu vollbringen" (31,2
5).
Diese beiden Knstler
wurden verpflichtet, andere zu unterweisen, und so standen alle, die an
dem Bau der Stiftshtte beteiligt waren, also das gesamte Handwerk
unter gttlicher Weihe.
Die eingehende Darstellung dieses Baues
und seiner einzelnen Bestandteile, der Gertschaften, die das Innere
erfllten und heiligem Brauche dienten, der kunstvoll dekorativen
'
3
4
Jebamoth 63 ^
Berachoth 35^
Vgl. z. B. Aboth
'
d.
R. Nathan
6, 3.
Sanhedrin 58^
KALISCHER,
D.
WERTSCHTZUNG
D.
ARBEIT IN BIBEL
U.
TALMUD
595
Gegenstnde, wie die aus einem Stck mit dem Deckel der Bundeslade in Gold getriebenen Cherubim und ebenso der siebenarmige
Leuchter mit seinen reichen Motiven aus der Pflanzenwelt, der kostbaren mit Gold durchwirkten und mit Edelsteinen besetzten priester-
Gewnder, all der anderen Arbeiten in Gold und Silber, geund Filigranarbeiten, Mosaik- und Gravierarbeiten, der
lichen
triebenen
Kunstweberei, Buntwirkerei, Teppiche und Vorhnge setzt eine erstaunliche Blte des Kunsthandwerks und somit des Handwerks
berhaupt voraus. An diesen Arbeiten hatten auch die Frauen ihren
Anteil.
Sie
opferten nicht blo fr den
Bau der
Stiftshtte
ihren
Schmuck, sondern die kunstsinnigen Frauen, wie die Bibel sie nennt,
bettigten sich auch durch Herstellung von Gespinsten (35, 25 f.).
Der Bau des Tempels und die sonstigen Prachtbauten des
Knigs Salomo, seine Befestigungswerke Jerusalems und seine Stdtegrndungen zeigen, da in dieser Glanzzeit des israelitischen Reiches
auch das Handwerk im weitesten Sinne auf der Hhe stand. Salomo
erbat sich zwar von seinem Bundesgenossen, dem Knige Hiram
von Tyrus, Arbeiter und Beihilfe und lie auch einen Obermeister
aus Tyrus kommen, dem eine Vielseitigkeit des Knnens nachgerhmt wird, wie Bezalel. Dieser Knstler, dessen Name, gleich
dem
seines Knigs,
Hiram
seits Israelit, sein
war aber zweifellos mtterlicherVater wird im Buche der Knige (I, 7, 14) und in
der Chronik
13)
nach
(II, 2,
lautete,
bereinstimmend
einer anderen Quelle
als ein
Tyrer bezeichnet, aber
war auch
sein Vater, namens Uria, israeliAbstammung.^ Dieser Mann arbeitete, wie ausdrcklich gesagt
wird, gemeinsam mit den Kunstverstndigen in Juda und Jerusalem
^
er scheint nicht einmal eine Fhrerrolle unter den einheimischen
Knstlern ausgebt zu haben. Und wenn man bedenkt, da Salomo
tischer
zuweilen das Fremdlndische bevorzugte, wie das auch andere groe
Knige zu allen Zeiten taten, so wird man den Anteil tyrischer
Handwerker an Salomos Tempelbau
keine ungnstigen
ableiten.
Denn
Schlsse
nicht berschtzen und daraus
auf den israelitischen Handwerksstand
keinem Zweifel, da all die groartigen
Arbeiten in ganz berwiegendem Mae von einheimischen Krften
ausgefhrt worden sind. Dasselbe gilt von den Bauten, Befestigungses unterliegt
werken, Stdtegrndungen und Heeresausrstungen spterer Knige,
wie z. B. des Knigs Usia (um 805 758).
Joseph. Altertmer VIII,
' II.
Chron.
2, 6.
3,
(I,
S. 480).
Das. Cap. 26.
38*
FESTSCHRIFT COHEN
596
Es gibt nur wenige Handwerlve, die die Bibel nicht nennt. Die
Handwerker wurden so zahlreich, da sie Straen, Stadtteilen und
Toren ihre Namen darliehen. So gab es, wie durch Jeremia (37,21)
bezeugt
ist,
in
Jerusalem eine Bckerstrae, ferner ein Tal der Zimmerer,
Ksemachertal usw. In spterer Zeit war die
Zahl der Kupferschmiede so gro, da sie dort eine besondere
Synagoge hatten.' Auch da, wo die Juden Kolonien bildeten, waren
In Alexandrien z. B. bestand
die Handwerke zahlreich vertreten.
eine ausgebildete Handwerker-Organisation, und in der Synagoge, die
ein
Tpfertal,
ein
durch ihre Gre, ihre architektonische Gliederung und Pracht ein
Werk so hoher Kunst war, da der Talmud sagt, wer sie nicht gesehen, der hat die Herrlichkeit Israels nicht geschaut, saen die einem
und demselben Handwerk Angehrigen in Gruppen beisammen."
So war
es freilich nicht zu
gierungsjahre Sauls wird erzhlt,
Aus dem ersten Reda damals kein Schmied im ganzen
allen Zeiten.
Dafr hatten die siegreichen Philister
gesorgt, sie hatten die Schmiede aus dem Lande entfernt, damit,
wie der Bericht lautet, die Hebrer sich nicht Schwert oder Speer
machten (I. Sam. 13, 19 ff.). Diese Hebrer waren nmlich offenbar
vortreffliche Waffenschmiede und spterhin war ihre Zahl in Jerusalem
Unter den Gefangenen, die Nebuchadnezar
selbst eine sehr groe.
unter der kurzen Regierung des Joj achin, des vorletzten Knigs von
Juda aus davidischem Geschlecht, nach Babylon fortfhrte, werden
Lande
Israel zu finden war.
neben 7000 Kriegern 1000 Werkmeister genannt, die wrtlich als
Schmiede und Schlosser bezeichnet werden 3, aber ohne Zweifel sind
damit Waffenschmiede und Leute, die den Festungsbau verstanden,
gemeint. Hier darf ich wohl an die vor einiger Zeit durch die Presse
gegangene Mitteilung erinnern, da unter den Falaschas, den Juden
Abessyniens, die ja
in
neuerer Zeit das Interesse der europischen
hherem Mae auf sich gelenkt haben, und die zumeist
Handwerker sein sollen, die besten Schwerterschmiede zu finden
seien, und da diese Kunst das Geheimnis einiger Familien sei, in
denen es sich von Geschlecht zu Geschlecht forterbe. Vielleicht ist
also diese ihre Kunst ein uraltes Erbe.
Die Handwerker scheinen im Rufe felsenfester Ehrlichkeit gestanden zu haben, wenn man das, was von den fr die Instandhaltung des Tempels angestellten Werkmeistern berichtet wird,
Juden
in
Megilla 26^
3 II
Kn.
24, 16.
Sukka
51
KALISCHER, D. WERTSCHTZUNG
D.
ARBEIT IN BIBEL
U.
TALMUD
59/
verallgemeinern darf. Unter der Regierung des Knigs Josia, etwa 630,
wurde eine Ausbesserung des Tempels vorgenommen, und da wird
da man auf ausdrckliche Weisung des Knigs von den
Handwerkern, Zimmerleuten, Bauleuten und Maurern, die durch Vermittelung der Werkmeister Geld bekamen, um das Rohmaterial,
Hlzer und Steine, zu kaufen, keine Rechnungslegung verlange, denn,
so wird hinzugefgt: sie handeln in Treue". ^ Der hieraus gezogene
Schlu gewinnt an berzeugungskraft durch einen ganz hnlich
erzhlt,
um
lautenden Bericht, der sich auf eine
230 Jahre ltere Zeit bezieht.
Auch unter der Regierung des dem Blutbade der Ataljah entronnenen Knigs Joas wurde der Tempel ausgebessert, ohne da
von den im Hause des Ewigen" angestellten Werkmeistern, die es
ausgaben fr die Zimmerleute und Bauleute, Maurer und Steinmetzer,
fr Anschaffung von Hlzern und Quadersteinen, Rechnungslegung
worden wre,
verlangt
denn, so
wird auch
hier
hinzugefgt,
sie
Die vollkommene Redlichkeit hat sich also in
dieser Berufsklasse wie ein Erbstck durch die Jahrhunderte hindurch
handeln
Treue".^
in
erhalten.
Von
der weiten Verbreitung des Handwerks unter den Juden
auch der Wiederaufbau Jerusalems und des Tempels nach der
Rckkehr aus der babylonischen Gefangenschaft eminentes Zeugnis
ab.
Eine groe Anzahl von Namen, deren Trger an dem Aufbau
legt
einzelner Stadtteile ttig waren,
ist
uns berliefert.^
Sie waren schwer-
Handwerker, aber doch sehr viele, die das Werkzeug fhren konnten, und alle, die nur einigermaen hierzu imlich alle gelernte
Und unter welchen Schwierigkeiten ging
das Werk vonstatten.
Von allen Seiten die feindseligsten Versuche,
den Bau zu stren, und um stets bereit zu sein, die Angriffe abzustande waren, griffen
zu.
wehren, hatten die Bauleute das Schwert um die Hften gegrtet.
Mit der einen Hand taten sie Arbeit, in der andern trugen sie die
Wie
Was schaffen da die
welken Juden?
Werden sie lebendig machen die Steine, die verbrannten, aus dem Schutthaufen?
Mgen sie doch bauen: wenn ein
Schakal hinaufspringt, bricht er ihre Steinmauer ein." 5 Nun die
Waffe." 4
spotteten doch die Gegner:
.
Sptter haben sich
geworden,
die
Kn.
'
II.
Nehem.
Das.
3,
34 f.
die Steine sind wirklich gleichsam lebendig
Mauern haben wieder Jahrhunderte standgehalten,
22, 5
3, i
geirrt,
ff.
32.
Das.
12, 12
Das.
4, 11
f.
16.
FESTSCHRIFT COHEN
598
dank der von glhender Vatedandsliebe beseelten Tatkraft und
der bewundernswerten Geschicklichkeit der kleinen Schar Zurckgekehrter.
Das Handwerk entfaltete sich in den folgenden Zeiten zu immer
hherer Blte. Manche Handwerke wurden in Familien erblich, denen
Manches Gewerbe konzentrierte
es andere nicht gleichtun konnten.
sich in gewissen Ortschaften,
dadurch berhmt wurden, andere
die
Namen, wie z. B. das Magdala der Frber.
Das Hchstma knstlerischen Knnens bekundete sich wohl in den
erhielten hierdurch ihren
Herodianischen Prachtbauten.
Man
versuchte damals auch auswrtige
Krfte, Alexandriner, heranzuziehen,
aber
sie
entsprachen nicht den
gesetzten Erwartungen, und jene Bauten sind einzig und allein
in sie
Erzeugnisse palstinischer Kunstfertigkeit.'
Wie dem Ackerbau, so entnimmt die poetische Literatur auch
dem Handwerk
werden, das
gefunden
in
hat,
zahlreiche
die
religise
und mit dem
Bilder.
Nur
eines
mag
hier
erwhnt
Poesie des Vershnungstages Eingang
eine
Weissagung des Jeremia
(18,
17)
Gott heit ihn in eine Tpferwerkstatt gehen. Dort
Miriet
sieht der Prophet den Tpfer an der Drehscheibe arbeiten.
eingeleitet wird.
ihm das Gef, das
er herstellen wollte, so
machte
er aus
dem Lehm
den Augen des Tpfers. Da ward
mir das Wort des Ewigen: Vermag ich nicht wie dieser Tpfer euch
ein anderes, wie es gut dnkte in
Haus
zu tun,
Israel?
Lehm
Siehe, wie
in
der
Hand
des Tpfers, so
Hand, Haus Israel."
Der Talmud kann sich nicht genugtun im Lobe des Handwerks. Das Handwerk schien eine noch sicherere Gewhr des Lebensunterhaltes zu bieten als der Ackerbau, bei dem man doch von den
Einflssen der Witterung abhngig ist. Mag," so heit es im Talmud, eine Hungersnot sieben Jahre dauern, zur Tr des HandZu der herrlichen Stelle im 5. Buch
werkers dringt sie nicht herein."
Mose (30,19): Ich rufe heute ber euch zum Zeugen den Himmel und
die Erde: Leben und Tod, Segen und Fluch habe ich euch vorgelegt,
seid ihr in meiner
=*
whle das Leben," bemerkt der Talmud 3; Diese letzten
Worte bedeuten ein Handwerk. R. Elieser ben Asarjah sagt: Etwas
Groes ist das Handwerk, ein jeder rhmt sich seines Handwerks, indem er seine Abzeichen auf der Strae trgt; so geht der Weber mit
du
aber
FRANZ DELITZSCH:
Siehe
Sanhedrin29^
J.
Peah, Abschn.
i.
Jdisches Handwerkerleben zur Zeit Jesu S. ijl
Ed. Krotoschin
15^.
KALISCHER, D. WERTSCHTZUNG D. ARBEIT IN BIBEL U. TALMUD
seiner Spindel hinter
dem Ohre
aus, der
599
Frber mit Wollenbndeln ber
der Schreiber oder BuchProben seiner Kunst
halter mit der Feder hinter dem Ohr".^ Etwas Groes ist das Hand-
den Ohren
als
werk," sagt ein anderer Gelehrter, es ehrt seinen Trger."
Ja wir
begegnen uerungen ber den Wert des Handwerks, die uns als
bertreibung erscheinen mssen, so wenn R. Juda ben Hai im
Wer seinen Sohn kein Handwerk erlernen
lt, der ist, als wenn er ihn zum Ruber erziehen wrde." 3
Die ungemeine Vorliebe fr das Handwerk fhrte sogar zu
Man sah das Leben
einer starken Abneigung gegen den Handel.
zweiten Jahrhundert lehrte:
Wanderleben an und warnte
davor, wenngleich der zu erwartende grere Gewinn verlockend
erschien. Mit der Aussicht auf greren Gewinn sah man aber auch
die Gefahr zu unredlichem Tun verknpft, und das war ein Hauptgrund der Talmudlehrer, sich gegen das Kaufmannsgewerbe auszu-
Kaufmannes
eines
als
ein
unstetes
sprechen.
Die Hochachtung vor den Handwerkern bekundet sich im Talmud auch darin, da es ihnen verwehrt war, sich in ihrer Arbeit
stren zu lassen, sich zu erheben, um einem Gelehrten die bliche
Ehrenbezeugung zu erweisen'*, was sonst als eine allgemeine Pflicht galt.
So wenig Rangunterschiede auch zwischen den Handwerken
gemacht wurden, so gab es doch ein Handwerk, gegen das sich
im Talmud
berei,
ein groer Widerwille zu erkennen gibt, das ist die Ger-
aber nur des blen Geruchs wegen, den
daher
sie verbreitet;
Die
auch nicht innerhalb der Stadt betrieben werden,
Notwendigkeit auch dieses Handwerks wurde natrlich nicht verkannt. Kein Handwerk ist fr die Welt entbehrlich, sagt der Talmud 0,
aber man zog begreiflicherweise die Parfmerie, die denn auch umfnglich auch von Frauen betrieben w^urde, der Gerberei vor.
Wie aber sonst alle Handwerke, alle Gewerbe berhaupt grundstzlich gleich geachtet waren, wenn auch das eine mehr empfohlen
wurde als das andere, so gilt dasselbe von den Trgern der verDoch gab es einige Klassen von Gewerbeschiedenen Berufe.
treibenden, auf die man nicht gut zu sprechen war, und die eben ihr
durfte
sie
Aboth d. R. Nathan, Ausg. von Schechter
Nedarim 49*^.
Kidduschin 29
Das. 33^.
B. Bathra 25 ^
Kidduschin 82 ^
3
4
23^-
FESTSCHRIFT COHEN
6oo
Gewerbe
selbst in
Verruf brachten.
Dazu gehren
in
erster Linie
den Verkehr innerhalb der Stadt oder von Stadt zu
Land vermittelten, ferner die Kamelfhrer und die Schiffer. Indes
erheben sich doch fr diese letzteren Klassen Stimmen, die sie fr
wackere Leute erklren, an den Eseltreibern aber laut niemand ein
gutes Haar. Sie gelten als Leute, die ihre Auftraggeber zu prellen
Allein strengste Rechtschaffenheit in Handel und Wandel,
suchten.'
das war natrlich die unbedingte Forderung, wie der Bibel, so des
die Eseltreiber, die
Talmud, und darum warnten ja die Mnner des Talmud, wie bereits
bemerkt worden, vor Berufen, bei denen die Gefahr der Versuchung,
vom Pfade der Redlichkeit abzuweichen, eine grere ,war. Die
Gleichwertung aller Arbeit bei guter Gesinnung kommt im Talmud
zuweilen in sehr eigenartiger Weise zum Ausdruck. Die Gelehrten
hier gab es bekanntlich ein berhmtes Lehrhaus
von Jahne
heit es, stellen folgenden Wahrspruch auf: Ich bin ein Geschpf
Gottes, mein Nebenmensch ebenfalls; ich habe mein Berufsgeschft
in der Stadt, er auf dem Felde; ich eile frh an meine Arbeit, er an
die seine; wie er es mir nicht in meiner Arbeit zuvortun kann, so
ich
ihm
nicht
in
der seinigen; denkst du aber etwa:
ich erwirke
Groes, er Geringes, so haben wir gelernt: ob Groes oder Geringes,
das
das
wenn nur der Sinn
gilt gleich,
Tun
Vor
zu Gott gerichtet
ein Gott geflliges, redliches, wahrhaftiges
allen
Dingen
soll
darum empfehlen
Kraft und Fahrigkeit
man
h. also
d.
ist.
jeder suchen, sich seine Unabhngigkeit
zu wahren, und
irgend die
ist,^
die
Talmudlehrer jede Arbeit, zu der
ausreicht.
Ja noch mehr,
sie ver-
wenn sie auch noch
so fremdartig erscheint, um nur nicht den Menschen zur Last zu fallen.3
das will sagen,
Mache lieber den Sabbat zum Wochentage"
langen, da
sich zu jeder Arbeit verdinge,
verzichte
lieber
auf die besseren Sabbatmahlzeiten
andere Leute nicht
Arbeit,
in
Anspruch"."*
wenn auch noch
gefallener Tiere
genannt
so niedrig"
Verrichte
als
nur
um Lohn
nimm
jegliche
solche wird das Enthuten
und sage nicht: ich bin
ein Priester,
vornehmer Mann, sie geziemt mir nicht."
Da solche Lehren das Selbstbewutsein der Handwerker und
der Arbeiter berhaupt heben und strken muten, ist natrlich.
ein
Kidduschin 82.
Berachoth 17 ^
B. Bathra IIO^
Pesachim II2^ 113*.
Das. 113*.
KALISCHER;
Dafr nur
WERTSCHTZUNG
D.
eine Probe
als
Brunnenmacher
in
der glnzendsten
ARBEIT IN BIBEL U. TALMUD
dem
eine Erzhlung aus
Namen
in
Ich
Midrasch: Ein
Juda: Ich bin so gro wie du.
vollfhre,
ebenso verdienstliches
Werk
Warum?
antwortete der Brunnenmacher,
wie du,
denn ich arbeite auch
das allgemeine Wohl, indem ich fr reines klares Wasser
und Baden
60I
Jerusalem sagte zu R. Jochanan ben Sakkai, einem
fragte R. Jochanan.
ein
D.
fr
zum Trinken
Dieser Logik vermochte der Rabbi nichts ent-
sorge.^
gegenzusetzen.
Alle die Aussprche des biblischen und talmudischen Schrifttums
ber die Wrdigung der Arbeit
wir
aller Art, die
vernommen haben,
tragen natrlich ihren Wertmesser in sich, wir gewinnen aber einen
neuen Mastab, wenn wir damit in aller Krze in Vergleich ziehen,
was die groen Mnner im Volke der Hellenen
von anderen
Denker Griechenlands, Plato und Aristoteles, hierber gedacht und gelehrt haben.
So grundverschieden auch ihre philosophischen Lehrgebude sind,
in der Geringschtzung, ja in der Verachtung jeglicher krperlicher
Arbeit sind beide eines Sinnes. Es soll nicht verschwiegen werden,
da andere griechische Philosophen, namentlich Sokrates und spter
die Stoiker, eine bessere Schtzung fr die krperliche Arbeit haben,
aber Plato und Aristoteles bringen doch in dieser Beziehung das
Vlkern nicht zu reden
wirkliche Hellenentum
Bann der
was
die beiden grten
zum Ausdruck.
Sie stehen beide unter
dem
Vorstellung, da die Sklaverei eine von der Natur gewollte
Einrichtung
sei.
Nach
eigentlich in Freie
ihrer
Anschauung
zerfllt
und Unfreie oder Sklaven.
nur die Handvoll begnstigter Hellenen,
und Aristoteles macht
alle
sich das Dichterwort:
die
Menschheit
Die Freien, das sind
brigen sind Barbaren,
Es
ist
billig,
da die
Griechen ber die Barbaren herrschen," mit der Begrndung zu eigen,
da das Barbarische und das Sklavische dasselbe ist.^ So sind dem-
nach
Menschen die geborenen Sklaven
vllige Verwechslung von Ursache
die Barbaren, d. h. alle brigen
Und
der Hellenen.
es ist wie eine
und Wirkung, wenn Aristoteles die gequlte Definition aufsteUt: Wer
von Natur nicht sich, sondern einem andern gehrt, aber ein Mensch
ist, der ist von Natur ein Sklave".^
Hier wird der Natur zugeschrieben,
was erst durch menschlichen Zwang herbeigefhrt worden ist.
Die Sklaven werden den Haustieren gleichgeachtet.
Der
Stier" (zum Pflgen), sagt Aristoteles, vertritt bei den Armen den
zu Koheleth
Midr.
Aristot. Politik.
Das.
r.
I,
4:
I,
4, 17.
2; 1252'', 7
1254^ 14
f.
ff.
Ed. Bekker.
FESTSCHRIFT COHEN
602
Fr
Sklaven."^
auch gerecht und
die Sklaven sei es
ntzlich Sklaven
zu sein.
Die harmonische Ausbildung von Krper und Seele war das
Ideal, das unsere Philosophen fr den Griechen erstrebten und im
Staate
ist
werden.
sollte es verwirklicht
und der Wissenschaft,
die Pflege der Sittlichkeit
durch Tugend,
d.
h.
durch
Seine eigentliche Bestimmung
alle
die Staatsbrger
mgliche Tchtigkeit, glckselig zu
machen.
Das
sind fraglos hochsinnige
Mehrheit
der
Menschen
Anschauungen, nur schade,
da der Begriff des Staatsbrgers, des Vollbrgers gar zu eng gefat
wurde, da nur eine verschwindende Minderheit dieser Glckseligkeit
teilhaftig werden konnte.
Diese Beschrnktheit des Horizonts, die
das Sklaventum als eine Naturnotwendigkeit ansah, der die ungeheure
war,
verfallen
Arbeit den Stempel der Unfreiheit
drckte
aller
krperlichen
Landbauer und Handwerker,
Handel- oder Gewerbetreibende sind in den Staatengebilden unserer
Philosophen vom Brgerrecht ausgeschlossen, wie es auch tatschlich
in den griechischen Staaten der Fall war.
Alle diese Bevlkerungsklassen sind politisch unmndig. Man erkannte natrlich wohl die Notwendigkeit ihres Vorhandenseins im Staate an, aber Teile des Staates
bilden
sie nicht,
auf.
bildet keine Klasse,
der Verwirklichung der
Tugend
dachten auch nicht daran,
die,
nicht ttig
in ihren
wie Aristoteles sagt, bei
ist.*
Aber
die Philosophen
Staaten durch Erziehung dahin
zu wirken, da jene Volksklassen der
Tugend
teilhaftig
wrden.
Auf
woher denn leben, wenn man nichts erwirbt, haben sie
die Antwort bereit, da die Besitztmer natrlich den Brgern gehren mssen, wenn es notwendig ist, da die Ackerbauenden Sklaven
die Frage,
oder Barbaren oder Hintersassen
Wahrlich
grellere
sind.J
Gegenstze
griechischen Philosophen einerseits,
Anschauungen der grten
der biblischen und nachbiblischen
als die
und der Rabbinen andererseits lassen sich kaum denken.
Hier
Wie ganz anders malt sich doch die Welt in diesen Kpfen
herrscht bei allem noch so stark ausgeprgten Nationalbewutsein
der lebendige Begriff der Menschheit als Einheit, der bei den
griechischen Philosophen vllig fehlt; hier gelten alle Menschen als
Kinder eines Vaters, des Schpfers Himmels und der Erden;
Schriftsteller
Aristot. Polit. 1,2; 1252'', 12.
Das. VII, 9; 1329*, 19
Das. 1329 ^ 24 ff. Zu dem Abschnitt ber Plato und Aristoteles
Zeller, Philosophie der Griechen 2, i IV. Aufl. S. 889 f., 896, 859; 2, 2
*
fif.
S. 604, 682, 686, 691, 693, 702, 729,
739
f.
vgl.
noch
III. Aufl.
KALISCHER,
D.
WERTSCHTZUNG
D.
ARBEIT IN BIBEL
U.
TALMUD
603
von Natur alle gleich frei. Die Sklaverei ist keine
Sklaverei
natrlich gegebene Einrichtung, keine staatliche Institution.
der Stammesgenossen gibt es im mosaischen Staatsrecht berhaupt
nicht, es ist nur ein hchstens sechs Jahre dauerndes MietsverhltWer einen Volksgenossen zum
nis zwischen Diener und Herrn.
darum
sind
Sklaven kauft, sagt der Talmud, der
ist,
als
sich
setze er
einen
Herrn ber sich selbst.^ Und die Sklaverei von Nichtstammesgenossen war nur geduldet und durch auerordentlich humane GeKommt es nicht einer Aufsetze eingeschrnkt und gemildert.
hebung der Sklaverei gleich, wenn der flchtige nichtjdische Sklave
seinem Herrn nicht ausgeliefert werden durfte? Ja, so heit es aber
im fnften Buch Mose (23, 16 f.): Du sollst den Sklaven seinem
Herrn nicht ausliefern, wenn er sich zu dir vor seinem Herrn rettet.
Bei dir soll er wohnen, an dem Orte, den er erwhlt, in einem deiner
Tore, wo es ihm gut dnkt; du sollst ihn nicht krnken."
In Griechenland war der Fremde an sich rechtlos, und selbst
wenn ihm der Staat seinen Schutz zugesagt hatte, bedurfte er, um
ein Recht wirklich zu verfolgen, der Vermittelung eines Einheimischen".^
Im mosaischen Staatsrecht gilt fr den Fremden dasselbe Gesetz, dasselbe Recht wie fr den Einheimischen (z. B. Num. 9, 14; Levit. 19, 33f.).
Aus dem Begriff der Menschheit und der natrlichen Freiheit
ergibt sich, da alle ein natrliches Recht an den Gtern der Erde
haben,
Auffassung des jdischen Geistes, die ich
Ihnen darzulegen versucht habe, die Aufgabe, die Freiheit zu wahren,
ergibt
sich
um
als
unwrdige Abhngigkeit von anderen zu
Allen
geraten, ergibt sich die Arbeit als eine sittliche Forderung.
ist gleiches Recht verliehen,
aber auch gleiche Pflicht auferlegt.
zu arbeiten,
nicht in
Tugenden aneignen und sie ben, alle sollen, indem
eigenem Nutzen arbeiten, sich bewut sein, da sie zugleich
Alle sollen sich
sie
zu
einem hheren
gesehen haben,
Ziele,
alle
der Allgemeinheit dienen.
Darum
ist,
wie wir
Arbeit gleichgeachtet, hochgeschtzt.
Die griechischen Philosophen betrachteten das theoretische Leben,
das der Philosophie als Inbegriff der Wissenschaft geweihte Leben
als das hchste.
Dieser Ansicht
huldigt
das ist unzweifelhaft
auch der Talmud. Das Studium der Thora, der Gotteslehre, die ja
als die
Quintessenz
aller
Kidduschin 20^, 22^.
'
Handbuch der
MiJLLER IV,
I,
II.
Wissenschaft
galt,
klassischen Altertumswissenschaft,
Aufl. S. 15.
obersten
Rang
herausg. von
IWAN
nahm den
FESTSCHRIFT COHEN
6o4
in
der Reihe der menschlichen Ttigkeiten
ein, bildete
das erstrebens-
Die frher erwhnte Abneigung
der Talmudlehrer gegen das Kaufmannsgewerbe hatte auch darin
seinen Grund, da sie meinten, der Handeltreibende finde weniger
Mue zu geistiger Ttigkeit, Zu der wundervollen Stelle im 5. Buch
werteste Ziel des irdischen Daseins.
Mose
(30,
1 1 ff.)
Die Lehre, die ich
dir
heute gebiete ...
ist
nicht
Meeres" bemerkt der Talmud: Du findest sie nicht bei
Kaufleuten und Hndlern,'' die groe Reisen machen mssen."
Die Beschftigung mit der Thora sah man als etwas Selbst-
jenseits des
Thora selbst geThora gelernt", sagt R. Jochanan ben
darauf zugute, denn dazu bist du ge-
verstndliches an, als die Erfllung einer von der
botenen
Pflicht.
Hast du
viel
Sakkai, so tue dir nur nichts
Von
schaffen."*
dem
R. Jochanan rhrt das
Wort
her: Einen Mhlstein
wenn dir auch noch so viele Verpflichtungen
obliegen, aber mit der Thora mut du dich beschftigen.^ Wie aber,
wird andererseits im Talmud gefragt, lassen sich dann die Arbeitspflichten in bereinstimmung bringen mit dem Worte der Schrift
(Jos. I, 8): Es soll nicht weichen dieses Buch der Lehre von
auf
Halse,
d. h.
deinem Munde (und du sollst darber sinnen Tag und Nacht)?" Und
die Antwort lautet freimtig: das sei eben nicht buchstblich zu
nehmen.* In der Geistesarbeit allein sah man nicht die Erfllung
der Lebensaufgabe des Menschen, sondern in ihrem Verein mit der
Hndearbeit. So lehrte denn auch Rabban Gamliel, der Sohn des
R. Juda des Frsten: Schn ist das Studium der Lehre in Verbindung mit einer Erwerbsttigkeit, denn die gemeinsame Pflege
beider hlt Schuld fern, dagegen hat das Studium ohne Erwerbsttigkeit keinen dauernden glcklichen Bestand." s Damit folgte Rabban
Gamliel nur den Spuren seines ungleich berhmteren Vaters, von
dem
berkommen hatte, der da sagte;
mache dir neben dem Thorastudium ein Handwerk zu eigen.^
Freilich lassen sich auch entgegengesetzte Stimmen vernehmen,
da Studium mit der Ausbung eines Handwerks oder Gewerbes
er
die
berhaupt
Patriarchenwrde
nicht
vereinbar
sei,
darunter
auch
die
des Jesus
ben
durch Rabban Gamliel den soeben gehrten prgnanten Ausdruck gefunden
Sirach,7
*
4
^
7
aber zur Geltung gelangt
ist
die Ansicht,
auch Pirke Aboth 2, 6; 4, 12
3 Kidduschin 29
Pirke Aboth 2, 9.
5 Pirke Aboth 2, 2.
Berachoth 35''.
Midr. r zu Koheleth 9, 9.
22, 2; Kautzsch, Die Apokryphen etc. I, 341.
Erubin 55^;
vgl.
'^.
6, 6.
die
KALISCHER, D, WERTSCHTZUNG
Aussprche
hat.
Und
dieser
Art
ARBEIT IN BIBEL
D.
im
sind
Talmud
das blieb hinsichtlich des Handwerks
hinsichtlich des
Durch mehr
uns der Talmud berliefert
Ackerbaues.
Rabbinen,
die
vertreten,
darunter
sogar das
so
R. Jose ben Chalaphta,
TALMUD
sehr
605
zahlreich.
wenig Theorie wie
hundert Namen von
so
als
hat,
unbeliebte
U.
ist
das Handwerk
der Gerberei
in
der
von R. Akiba.
Ein anderer Schler dieses hochgefeierten Mannes, Juda ben Hai,
war Bttcher, und es wird erzhlt, da er selbst ein Fa, das ihm
als Katheder diente, ins Lehrhaus trug.
R. Akiba selbst erwarb
seinen Lebensunterhalt durch Holztragen; ebenso war der groe
Hillel Tagelhner.
Viele hatten Beinamen, die das von ihnen betriebene Handwerk bezeichneten.
So R. Jizchak Nepachta, d. h. der
Schmied; R. Jochanan Hassandelar, d. h. der Schuhmacher; R. Juda
Hanachtom, d. h. der Bcker; R. Nehemia Hakador, d. h. der
Tpfer usw.
Alle diese Gelehrten lebten buchstblich von ihrer
Person
Hnde
des
eines
Schlers
Arbeit, und wer wte nicht, da derartige Gestalten, deren
leuchtende Vorbilder ebendiese Talmudlehrer waren, bis in unsere
Tage
hineinragen, und wer es nicht selbst in der eigenen oder anderen
Familien erlebt hat, der hat es von Gromutter erzhlen hren.
den Staatengebilden unserer griechischen Philosophen darf
kein Ackerbauer oder Handwerker zum Priester bestellt werden, ' im
Judentum durfte selbst der Hohepriester aus dem Handwerksstande
In
Nur wenige Handwerke waren davon ausgenommen,
nmlich solche, bei denen die Versuchung zu einer sittlichen Ver-
hervorgehen.
fehlung stark war.^
Wie konnte
denn auch anders sein, da die
Vorbilder, die Urbilder in der Bibel gegeben waren, die Helden,
Knige und Propheten von der Herde oder vom Pfluge weg zu ihren
hohen Sendungen berufen sein lt! Gideon war beim Weizendreschen,
als er die gttliche Botschaft empfing, da er zum Fhrer in Israel
berufen sei, sein Volk aus der Hand der Midianiter zu befreien.3 Saul
es
zog aus, seines Vaters Eselinnen zu suchen, und errang eine Knigs-
Und nachdem
krone.
er bereits
zum Knige
gesalbt und ausgerufen
worden war, ging er dennoch seiner gewohnten Ttigkeit nach. Als
Boten nach Gibeat, seinem Wohnort, kamen, um Hilfe gegen einen
Anschlag der Ammoniter zu suchen, da, so wird erzhlt, kam Saul
gerade hinter den Rindern vom Felde her.'^ Ebenso vertauschte
^
Aristot. Polit. VII, 9;
Kidduschin 82^;
Richter
6, 11.
Sam.
II, 5.
4 I.
vgl.
1329^ 29 f.
auch DELITZSCH
a. a.
O.
S. 41.
FESTSCHRIFT COHEN
6o6
David den Hirtenstab mit dem Knigszepter. Vom Knig Usia wird
ausdrcklich gerhmt, da er den Ackerbau liebte.' Der Prophet
Arnos war ein Hirt, der nebenbei Maulbeerfeigenbume zog und sich
von ihren minderwertigen Frchten nhrte.* Elisa, der
Jnger des Propheten Elia, wurde vom Pfluge hinweg zu seiner
Propheten-Mission berufen.^ Und der erhabenste und gewaltigste von
allen, Mose, Moscheh Rabbenu, unser, der Menschheit grter Lehrer,
vielleicht
was war er denn, als er seine weltgeschichtliche Sendung antrat, aus
einer Masse von Sklaven ein freies Volk zu schaffen, es umzuschaffen,
da es der Bannertrger seiner Ewigkeitsgedanken durch die Jahrtausende der Geschichte, da es, wie ein Prophetenwort lautet, zum
Licht der Vlker werden konnte! Ein Hirt, wie er war, ist er ein
Hirt der Menschheit geworden.
Wenn nun in neuerer Zeit, seit den Tagen der beginnenden
Emanzipation und noch frher sich das Bestreben geltend macht und
in zahlreichen Vereinen zum Ausdruck gelangt, Ackerbau, Boden-
und Handwerk unter den Juden zu verbreiten und zu frdern,
so ist dies kein neues, kein fremdes Reis, das auf den israelitischen
Stamm gepfropft wird, sondern nur eine Rckkehr zu der uralten
Lebensfhrung, zu den ureigenen Lebensgewohnheiten, die bis tief
in das Mittelalter hinein gepflegt wurden, eine Wiederbelebung der
Volksinstinkte, die durch eine weltgeschichtliche Tragdie ohne
Gleichen wohl zurckgedrngt, bis zur Unkenntlichkeit verhllt, aber
Und so bietet sich berall das Schaunicht erttet werden konnten.
spiel, da dieses geknechtete Volk, dem mit unfabarer Verleugnung
kultur
aller
Menschlichkeit zu
seiner Lebensfristung
wenig mehr
als eine
mit einem Makel behaftete aufgezwungene Erwerbsttigkeit gelassen
wurde,
sobald
nur ein Schimmer von Freiheit
in die
dunklen und
dumpfen Mauerlcher des Ghettos drang, in Scharen zum Pfluge
und zum Werkzeug griff und es hierin bald seinen Bedrngern gleich,
wenn nicht zuvortat. Die neueren Forschungen geben hierber die
Um nur von der neuesten Zeit zu
erquicklichsten Aufschlsse.
sprechen und nur auf das Land hinzuweisen, in dem die Juden
das im Jahre 1900
heute noch am furchtbarsten zu leiden haben
in
deutscher bersetzung 4 erschienene, wie durch ein
Vernichtung, zu
^11. Chron. 26,
vor der
der es bestimmt war, gerettete Buch Die Juden
10.
Kn.
"
Arnos
Von August Scholz, Concordia Deutsche
7, 14.
Wunder
I.
19, 19.
Verlagsanstalt.
KALISCHER,
in
D.
WERTSCHTZUNG
D.
ARBEIT IN BIBEL
U.
TALMUD
00/
Ruland", das lediglich aus Urkunden und Zeugnissen russischer
Behrden und nationalrussischer Autoritten von Militr- und Zivilgouverneuren und anderen hohen und hchsten Verwaltungsbeamten,
von Bischfen und Erzbischfen und Schriftstellern auf allen Gebieten zusammengesetzt, also von jeglichem Verdacht einer aprirorischen
Vorliebe fr die Juden absolut frei ist, redet eine ebenso erschtternde Sprache von ihrem Elend als eine bewundernde von der unbedingten Hingabe der Juden an die krperliche Arbeit, von ihrem
rastlosen Flei, ihrer ungeheuren Energie und unermdlichen Ausdauer, ihrer Opferfreudigkeit, ihrer Gengsamkeit, Sparsamkeit und
Migkeit, und auch, wir wollen es gern anerkennen, eine trstliche
von der humanen Gesinnung und dem Gerechtigkeitsgefhl eines
Teiles jener Oberschichten des russischen Volkes.
die
Kundgebungen
mit
dem Jahre 1772.
Von diesen Tugenden
nicht
ber das Jahr 1888
Allerdings reichen
hinaus und beginnen
des arbeitenden Volkes wei jeder Be-
groen oder kleineren jdischen Organisationen zu erzhlen
sind es, die das fortschreitende Gedeihen und Blhen der
richt der
und
sie
jdischen Kolonien verbrgen und
dem groen Werk
der erstrebten
Kolonisation Palstinas und der umgrenzenden Lnder, bei
etwas, wie das
Wehen
dem man
des alttestamentarischen Urgeistes versprt,
das Gelingen verheien.
Es wre durch nichts gerechtfertigt zu meinen, da diese Tugenden
dem Juden von Natur eigen sind, ihnen mehr als anderen Nationen. Sie
sind vielmehr sicheriich nichts anderes als das nach den Gesetzen der
Vererbung immer mehr gefestigte Resultat einer tausendjhrigen Erziehung, deren Grundstze sich in den religis-sittlichen Kernlehren
verdichtet haben, von denen ich einige Ihnen vor die Seele zu fhren
die
Ehre
hatte.
demnach dem Wunder der Geschichte gegenber zum Schlu immer wieder fragen: Wie war es mglich, da
Und wenn
wir uns
den Strmen seines eigenen von Hunderttausenden von Henkern vergossenen Blutes untergegangen ist ? Wie
war es mglich, da dieses Volk, von Ort zu Ort, von Land zu
Land gejagt, gehetzt, zu Tode gengstet, immer umgeben von dem
das jdische Volk nicht
in
schrecklichsten der Schrecken, einer wahnbetrten Menschheit, am
Leben blieb? Wie konnte, um nochmals an das Psalmwort zu er-
Jahrhunderte hindurch Pflger
gepflgt und Furchen darein gezogen haben, wieder gerade und die
Wenn wir uns diese Fragen vorlegen,
Furchen geglttet werden?
innern, dieser Rcken, auf
dem
viele
I
i
FESTSCHRIFT COHEN
608
SO wei ich wohl, da
mehr
Antwort darauf gegeben werden
als eine
kann, aber keine, die der Wahrheit nher
kommen
drfte als diese:
Es waren die Geistesschtze, die das jdische Volk auf seiner Wstenwanderung durch die Jahrhunderte begleitet haben; sie bildeten die
schtzende Wolke im Rcken der Vertriebenen und ruhelos Wandernden und die voranziehende Feuersule,
ungewissen Zieles
Geschichte,
die
das Dunkel ihres
war der Auf blick zu den Helden
erhellte; es
seiner
auf eine unvergleichliche Vergangenheit
der Rckblick
und der Ausblick und die Hoffnung auf die verheiene Zukunft; es
war die religis-sittliche Kultur, die Mose geschaffen, fr die die
Propheten gestritten und gelitten, die die Makkaber vom Untergange gerettet und die Talmudlehrer erneuert und mit Schutzwllen
umgeben haben.
Das
sind
die
Mchte,
jhrigen Leidens der Seele die Gesundheit,
kraft erhalten
Unkundige
haben.
Und
eben
die
sich nur als spitzfindige,
die
dem
des tausend-
trotz
Geiste die
Talmudlehrer,
die
Schwunggar viele
haarspaltende Dialektiker vor-
Wahrheit aber zum grten Teil Mnner von hohem Gedankenflug, von berragender sittlicher Gre und Kraft, sie stehen
angesichts des Zusammenbruchs der antiken Kultur und der hereinbrechenden Finsternis und der Greuel der Verwstung des Mittelalters wie mit flammenden Schwertern vor den Pforten des selbstgeschaffenen geistigen Paradieses, der durch sie gefestigten religissittlichen Kultur und wehren allem Fremden und Unreinen den Eingang. Und ein Stck dieser religis-sittlichen Kultur bilden auch
stellen, in
und die bis zur selbstverstndlichen Verpflichtung gesteigerte Ermunterung, das Thorastudium,
die hochsinnigen
Lehren ber
die Arbeit
die geistige Arbeit mit der krperlichen zu verbinden.
Und
wie sehr
gewandelt haben, der
ethische Gehalt der Lehren dieser Mnner hat nichts von seinem
Werte eingebt und es ist nicht zuviel gesagt, da die Kernlehren
des Talmud nicht blo auf dem Gebiete, das ich Ihnen vorzufhren
sich
auch
die Verhltnisse gendert, die Zeiten
versucht habe, sondern auf fast allen Gebieten der sozial-ethischen
Lebensuerungen geprgt erscheinen
fr die Ewigkeit.
Ich kann diese Arbeit nicht verffentlichen, ohne zu erwhnen,
da ich hierzu durch
bin,
ein
Manuskript meines Vaters angeregt worden
der vor einer langen Reihe von Jahren im Literatur- und Kultur-
Verein der jdischen Gemeinde
Gegenstand gehalten
in
Thorn einen Vortrag ber diesen
hat, der ein reiches Quellenmaterial enthlt.
Auge um Auge, Zahn um Zahn
Von
Rabbiner Dr.
J.
HOROVITZ-Frankfurt
a.
M.
Wenn
Shylock zu seinem jdischen Freunde Tubal sagt: Geh,
geh, Tubal, und triff mich bei unserer Synagoge, Tubal geh,
guter Tubal! bei unserer Synagoge, Tubal, so will der Dichter wohl
andeuten, da auch die Synagoge im weiteren Sinn des Wortes mit
!
dem Rachedurst Shylocks
und ihn schlechterdings
gutheit, ja noch mehr, da der Jude in seinem Hasse gegen den
Christen durch seine Religion bestrkt wurde und doppelt des Juden
Freund wird durch den gemeinsamen Ingrimm gegen den Nichtjuden. Darum, Tubal, guter Tubal
Tubal! So sehr Shakespeare
diese fleischgewordene Rachgier trotz aller offenbar berechtigten
einverstanden
Antipathie,
ber
Blinden die
Augen
die
Ausgang des Dramas auch manchem
der
ffnen
ist
sollte,
aus den persnlichen Erfahrungen
des jdischen Wucherers und aus den Schicksalen seines Stammes
psychologisch begreiflich zu machen sucht', und so sehr vielleicht
Erst in der Novellensammlung Pecorone, die FlORENTlus 1378 schrieb,
dem reichen heidnischen oder christlichen Kaufmann ein Jude. Siehe
H. Grtz, Shylock in der Sage, im Drama und in der Geschichte (Monatsschrift
'
wird aus
Geschichte und Wissenschaft des Judentums 28. Jahrgang 1880, auch separat
bei MONASCH, Krotoschin erschienen) S. 10 f., der nachweist, da smtliche Legenden ohne Beteiligung eines Juden lter sind als das Jahr 1348, das bekanntlich die Beschuldigung der Quellenvergiftung und anderer seit jener Zeit den
Juden zur Last gelegten Ungeheuerlichkeiten heraufbeschworen hat. Wenn brigens SOMBART (Die Juden und das Wirtschaftsleben S. 13) schreibt, da Rodrigo
Lopez ,,der Jude sei, nach dem Shakespeare den Shylock prgte", so fhrt eine
solche Ausdrucksweise zumal im Munde dieses Gelehrten leicht irre. Lopez,
der ehemalige Leibarzt und Vertrauensmann der Knigin Elisabeth in diplomafr
tischen Angelegenheiten,
wurde
infolge
mannigfacher Intriguen, ber die
man
das Nhere bei Lee, The original of Shylock, in Gentleman's Magazin, Februarheft 1880, bzw. bei Grtz a. a. O. S. 23 ff. nachlesen kann, im Jahre 1594 als
39
FESTSCHRIFT COHEN
6lO
auch neben anderen Umstnden gerade die Notwendigkeit einer
solchen Seelenanalyse dazu beigetragen haben mag, aus dem ehemals heidnischen oder christlichen Geldverleiher einen jdischen zu
machen, wesentlich mitgewirkt hat sicherlich das der allgemeinen
Anschauung der damaligen Christenheit mit seiner anklagenden Ten-
und Blut bergegangene Wort der Bergpredigt: Ihr
habt gehrt, da gesagt ist, du sollst deinen Nchsten lieben und deinen
denz
in Fleisch
Feind hassen, ich aber sage, ihr sollt eure Feinde lieben." (Matth
V, 43f.) sowie das andere: Euch ist gesagt worden, Auge um Auge,
Zahn um Zahn. Ich aber sage euch, ihr sollt nicht widerstreben
Bsen, sondern, so jemand dir einen Streich gibt auf deine
rechte Wange, dem biete auch die andere dar, und so jemand mit
dem
dir
rechten und
dir
den
Rock nehmen will, dem gib auch den
Da das Judentum nie und nimmer
Mantel" (Matth V, 38 ff.)lehrt, den Feind zu hassen, da im Gegenteil der Begriff der
schen Nchstenliebe auch den Feind
begreift,
sich
in
bibli-
insofern
als
auch dieser persnlich Fernste darum doch nicht aufhrt, ein Nchster
zu bleiben im Sinne der Humanitt, wird jetzt mehr und mehr, wenn
auch nicht mit solcher Deutlichkeit, zugegeben. Reden doch die
Gesetze und Ermahnungen: Wenn du den Ochsen deines Feindes
oder seinen Esel umherirren triffst, bringe ihn ihm zurck. Siehst du
den Esel deines Hassers zusammenbrechen unter seiner Last, und
du wolltest unterlassen ihm aufzuhelfen, hilf ihm auf." (Exodus XXIII,
4 und 5), Wenn dein Feind fllt, freue dich nicht, und wenn er
strauchelt, frohlocke nicht deine Seele".
(Sprche XXIV,
wenn
dein Hasser hungert, gib ihm Brot zu essen,
ihm Wasser zu
trinken" (Sprche
XXV,
und
21)
17.)^
Wenn
ihn durstet, gib
viele
andere eine
Hochverrter gehngt. Ganz abgesehen aber davon, da die Akten deutlich
seine Unschuld erweisen (S. a. a. O. S. 28), stammt das Bild des hartherzigen
Glubigers und Wucherers wie die Fabel der Dichtung durchaus aus der viel
lteren Legende. Auch in der Hinsicht hat Shylock mit Lopez jedenfalls nichts
gemein, da weder Christenha noch erfahrene Zurcksetzung in dessen Proze
eine Rolle spielt. Nach der viele beachtenswerte Gesichtspunkte enthaltenden
Abhandlung von D. HONIGMANN (ber den Charakter des Shylock. Jahrbuch
der deutschen Shakespeare-Gesellschaft. Bd. XVH S. 201 ff.) ist aber die ganze
Hypothese Lees sehr
in
Frage
gestellt.
Zugleich der Lieblingsspruch von Samuel hakatan, den die Sprche der
Vter IV, 19 wegen seiner fr die Sittenlehre grundlegenden Wichtigkeit noch
besonders hervorheben. Rabbenu Jona schreibt: Samuel pflegte diesen Schrift'
vers
die
immer wieder anzufhren, weil er
meisten Menschen versndigen". S.
eine wichtige
bi^)V
irm
z.
Lehre
St.
ist,
gegen die sich
UM
HOROVITZ, AUGE
deutliche Sprache.
Hier
sei
UM ZAHN
AUGE, ZAHN
6ll
nur noch erinnert an das Wort: Auch
denen gegenber, die mir fluchen, schweige meine Seele", das
in den Schlustzen des tglichen Gebetes gesprochen wird, und
wie jene anderen dem Gebete eines hervorragenden Amorers
(Berachoth 17 a) entnommen ist. Wir sehen, auch in dem Feind
drfen wir den Menschen nicht vergessen.
Nicht nur, da wir
verpflichtet
sind,
auch
ihm
gegenber
selbstverstndlichen
die
Forderungen der Menschenliebe zu erfllen, sein Leben und Eigentum
zu schtzen und zu erhalten, da wir unseren Ha nicht abladen
drfen auf das unschuldige Tier, das ihm gehrt, wir mssen auch
sonst unsere elementare Rachgier gebieterisch schweigen heien, ja
selbst ein beginnendes Gefhl der Freude und Genugtuung niederkmpfen, wenn die Bestrafung unseres Widersachers eine Tatsache
und ganz ohne unser Zutun erfolgt ist.
Vielleicht, da jener An-
der Bergpredigt nur ein rhetorisch krftiger Ausdruck fr den
griff
Gedanken
sein
will,
da
das Judentum
kein spezielles Gebot der
Feindesliebe kennt, wie es doch die Fremdenliebe noch besonders
Das wre
eingeschrft hat.
Schrifttums
die
angesichts der klaren Aussagen unseres
psychologisch gnstigste Auslegung fr jene Be-
hauptung des Neuen Testaments \
Man
wei
ja,
wie sehr die Rede-
H. Cohen macht in seiner Abhandlung; Liebe und Gerechtigkeit in
den Begriffen Gott und Mensch (Jahrb. fr jd. Geschichte und Literatur.
Bd. III. S. 75 ff., s.S. 108) geltend, da Jesus im stoischen Stil des Zeitalters als das
Ideal eines Weisen aufgestellt werde. ,,Und zu diesem Idealbild gehrt die
Freiheit von Affekten. Die Liebe ist ein Affekt, und der Weise soll frei von
Affekten sein. In der Feindesliebe heben sich die gegenseitigen Affekte der
Liebe und des Hasses auf." Nach dieser geistvollen Auffassung wre aber die
Tendenz des Angriffs ebensosehr auf der einen Seite verschrft wie auf der anderen Seite wiederum gemildert und darum erst recht nicht verstndlich. Indem
das Evangehum nur die Freiheit von Affekten predigte, die eigentliche Liebe
aber berhaupt bekmpfte, htte es gewi keinen Anla, dem Judentum an
derselben Stelle mit solchem Affekt eine Feindesliebe abzustreiten, die selber
eigentlich keine Liebe mehr ist. Diese Erklrung wre meines Erachtens nur
mglich, wenn es heien wrde: ,,Euch ist gesagt worden, du sollst deinen
Nchsten lieben, ich aber sage, du sollst deinen Feind lieben", der Mittelsatz
^
aber nicht stnde.
J.
Eschelbacher
hat in
dem
fnften Kapitel seines verdienst-
Das Judentum und das Wesen des Christentums (Berlin, Poppelauer 1905) nachgewiesen, da die heftigen Reden Jesu gegen die Phariser
eine immer schrfer gewordene Waffe des aufstrebenden Christentums waren".
Die Formel: Euch ist gesagt worden usw. findet sich nur bei Matthus, der
auch die Rede mit den sieben Weherufen ber die Phariser komponiert hat
(a. a. O. S. 81). Zu dem, was Cohen S. io4f. ber Leviticus XIX, 17 f ausfhrt,
vgl. die Schrift meines Vaters s. A. Frankfurter Rabbinen III, S. 55 ff.
vollen Buches,
39*
FESTSCHRIFT COHEN
6l2
form der Antithese, so geeignet sie sein mag, gegenstzliche Auffassungen schnell und klar anschaulich zu machen, eben darum auch
die
Versuchung nahelegt, zu bertreiben und zu berspannen.
sie
unterliegt
stilistisch
um
ihr
so
immer wirksam
Allerdings
eher,
als
solche
eine
Und
Gegenberstellung
bleibt.
das hat das Judentum nicht gelehrt, da
man den
begngte sich damit zu
verhindern, da er von dem Throne des Nchsten gestrzt werde.
Fr das Verhalten dem Fremden gegenber kam noch ein weiterer
Feind lieben
weil er ein Feind
solle,
es
ist;
besonderem
Mae bedrftig und wrdig, wie auf der anderen Seite auch hier
mancherlei Interessen wegfallen, die sonst die Quellen des Hasses
von vornherein verschtten. Darum die spezielle Forderung: Und
du sollst den Fremdling nicht bedrcken ihr kennt ja die Seele des
Fremdlings, denn Fremde wart ihr im Lande Mizrajim." (Exodus
XXIII, 9). ,,Und du sollst ihn lieben wie dich selbst, denn Fremdlinge
seid ihr gewesen im Lande Mizrajim; ich bin der Ewige, euer Gott."
(Leviticus XIX, 34.)
Trifft also zweifellos weder im wrtlichen Verstnde noch dem
Sinne nach zu, da den Juden von Religions wegen gesagt wurde:
Ihr sollt euren Feind hassen, so ist ebenso sicher, da der Vordersatz des von uns in zweiter Linie genannten Wortes: Euch ist gesagt worden Auge um Auge, Zahn um Zahn", vollkommen zu Recht
Gesichtspunkt hinzu;
dieser
ist
der Liebe
ebenso
in
besteht.
Wird
ja diese
Formulierung
in
der Schrift selbst an zwei
Je herrlicher aber der Nachsatz der
so schlimmer nahm sich der Vordersatz aus.
bezw. drei Stellen angewandt.
Antithese schien,
um
In Verbindung mit
worden,
dem ihm
ihr sollt eure
nachfolgenden Worte: Euch
ist
gesagt
Feinde hassen, und den Berichten des Neuen
Testaments ber die Kreuzigung Jesu durch die Juden wurde der
Schatten immer grer, den die neue Religion der Liebe auf Juden
und Judentum warf So haben diese Lehren berirdischer Gte und
Milde, indem sie sich zugleich als Gegenbild zu dem alten Bunde
darstellten, neue
Vorurteile gegen die Mutterreligion geschaffen,
das Mrchen von dem Gott der Rache erzeugt, den die verblendete
Minderheit lehre und sicherlich wider ihren Willen das Vorurteil und
damit den Ha gegen die angeblichen Feinde Christi ausgestreut und
Anschauung das Werk der Vorfahren fortsetzen oder doch fortzusetzen beabsichtigen, wo immer sie Gelegenheit haben, und denen gegenber darum oftmals vieles als erlaubt
galt, was sonst verboten war.
So wurde Israel allzu oft auf beide
verewigt, die kraft jener
HOROVITZ, AUGE
Wangen
geschlagen, auch
UM AUGE^ ZAHN UM ZAHN
wenn
andere verletzt hatte, und
die
dem Gegner weder
es
Wort und Tat
in
613
als
die eine
noch
Feind gehat,
obwohl es verkndete', die Frommen aller Vlker haben Anteil an
der ewigen Seligkeit" und trotz aller Erfahrungen seiner Geschichte
nie den Glauben verlor, da solche nahe Verwandte seines besten
Geistes unter den Bekennern der groen Tochterreligion zu finden
wren, wie es sie denn zum Glck auch in den finstersten Zeiten
immer wieder
getroffen hat.
Diese Gesichtspunkte hervorzuheben schien notwendig, um den
Zusammenhang verstndlich zu machen, in dem das Gesetz Auge
um Auge" dem
um dem Leser
werk zu
allgemeinen Bewutsein ohne weiteres erscheint und,
die Mglichkeit zu geben, es
befreien,
Wenn
ich
von dem fremden Bei-
von dem es zumeist umgeben
ist.
aber an Shylock angeknpft habe,
so geschah es
Voreingenommenheit auf den Brettern, die die Welt der Gebildeten und des groen
Haufens zugleich bedeuten, immer wieder erneuert und wurzelfest
nicht nur, weil dieses
Drama
die weltgeschichtliche
macht, sondern auch weil die Fabel der Dichtung den vermeintlichen
Sinn jenes Satzes
in
seiner schrfsten
Fassung ausprgt.
Es
ver-
schlgt nichts, da von einer Talion im engeren Sinne insofern nicht
schon auf den ersten Blick Schuld und Strafe
keineswegs einander entsprechen. Nur um so schlimmer! Das Gesetz
,,Auge um Auge" erscheint ganz eingetaucht in den Ha gegen den
die
Rede
ist,
als hier
Feind und kann von diesem entstellenden Schlamm kaum mehr geUnd Shylocks Rachedurst fr alle ihm
reinigt und befreit werden.
und seinem Stamm widerfahrene Unbill ist so gro, da mancher
Leser darber vergit, da die Vergeltung, die schlielich an jenem
gebt wird, erst recht alles Ma berschreitet und aller Gerechtigkeit
Hohn
spricht.
Zu allem dem, was das Verstndnis des Gesetzes erschwert
kam
in
recht
hat,
der neueren Zeit noch hinzu, da das schroffe Vergeltungs-
eine
beherrschende
Rolle
spielt
in
dem bedeutsamen
bezw. 1901 aufgefundenen Gesetzeskodex des
um
1902,
3000 vor der ge-
whnlichen Zeitrechnung lebenden Babylonierknigs Hammurabi.
Dort heit es
das
Auge
S.
in
Wenn jemand einem anderen
man ihm sein Auge ausschlagen. Wenn
den 5S 196
ausschlgt, so soll
ff
Maimonides, Hilchoth Teschuba
2, Editio Zuckermandel S.
Sanhedrin XIII,
III, 5;
434.
Sanhedrin 105a und Tosefta
FESTSCHRIFT COHEN
6 14
einem andern einen Knochen zerbricht, so soll man ihm seinen
Knochen zerbrechen", zu schweigen von anderen, weit hrteren Bestimmungen, ber die spterhin noch zu sprechen sein wird. Bei
er
den Beziehungen, die
zustellen glaubte, sah
man ohnehin zwischen Babel und Bibel festman in den mitgeteilten Paragraphen eine neue
Besttigung der buchstblich krassen Auffassung jenes Bibelwortes,
fr
Bestimmung des
welche die
membrum
rupsit, ni
cum
eo
rmischen Zwlftafelgesetzes
paicit, talio esto",
si
sowie die altattischen
Gesetze ohnehin eine Parallele boten.
Nun
bereinstimmung
so gro ist, da er zunchst blendet und verwirrt, zumal die Fassung
des Gesetzes an sich im ersten Moment miverstanden werden kann.
Exodus XXI, 22 ff. lesen wir: Wenn Mnner streiten und stoen
ein schwangeres Weib, da ihr die Kinder abgehen, aber (der Frau)
ist kein Unglck zugestoen, so soll
der Mann bestraft werden;
so viel ihm der Gatte des Weibes auferlegt, zahle er durch die
Richter.
ist
nicht zu leugnen, da der Schein der
Wenn
aber (der Frau) dabei ein Unglck zugestoen, so
du geben Leben um Leben, Auge
Hand um Hand, Fu um Fu, Brandmal
sollst
Strieme,
Beule
um
Beule" und in Leviticus
Wenn jemand seinem Nchsten
so wie er getan, geschehe ihm,
um
Zahn
um
um
Auge, Zahn
um
Zahn,
Brandmal, Strieme
XXIV,
19
ff.
um
heit es:
eine Verletzung beigebracht hat,
Bruch
um
Bruch,
Auge um Auge,
Zahn; so wie er eine Verletzung einem Menschen zugefgt
hat, so soll
ihm zugefgt werden".
Sind indessen die hnlichkeiten noch so auffallend, so wird
dem
aufmerksamen Leser, zumal aber dem Kenner der biblischen Redeweise,
nicht
entgehen, da,
wenn
wirklich dasselbe gemeint wre,
wohl ebenso klar und deutlich ausgedrckt sein mte, wie es
in dem Kodex des Hammurabi der Fall ist.
Pflegt doch die Bibel
in den gesetzlichen Partieen kurz und prgnant zu sein.
Zwar heit
es in der angefhrten Stelle im Leviticus am Anfang und am Schlu:
So wie er eine Verletzung beigebracht, so soll ihm geschehen", aber
dies
gibt
um
der
in
der Mitte stehende Ausdruck: Bruch
Auge, Zahn
Kommentar
um Zahn
eigener Art?
Allerdings,
man mu
nicht
um
Bruch,
Auge
diesem Satz wie von selbst einen
sich erst einmal
von der landlufigen, aus
Ursachen alteingesessenen Vorstellung befreien, die a priori
gewohnt ist, gerade in den Worten Auge um Auge" recht eigentlich
den klassischen Ausdruck des jus talionis zu sehen, um zu erkennen,
da das keineswegs zutrifft.
vielen
UM
HOROVITZ, AUGE
AUGE, ZAHN
UM ZAHN
615
da dieses schon an sich
eine ganz andere Beurteilung verdiene, als ihm gemeinhin zuteil wird.
Die Wiedervergeltung bedeute einen groen Sieg menschlicher Selbstbeherrschung, indem sie eine Einschrnkung der alten blutigen
bungen sei, die immer wieder dort hervortreten, wohin die Macht
Einsichtige Beurteiler haben betont,^
des Gesetzes
Form von
Duell oder
drnge ein
und
nicht reicht,
die
bis
auf den heutigen
anderer Weise noch fortbestehen".
in
fr allemal die Selbst-
und Privatrache, welche
Tag
in
Sie verdie
emp-
fangene Verletzung doppelt und zehnfach zurckgeben will, ja sie sei
einen gerechten Strafmastab zu finden,
genialer Versuch
ein
dem
natrnoch suchen, wie sie als das
lichste Strafrecht angesehen werden msse, denn es knne sich hier
niemand ber Ungerechtigkeit beschweren, da dem beltter nur
nach
heute
wir
geschehe, was er anderen getan habe.
Diese wertvollen Gesichtspunkte knnen aber allzu leicht auf
Abwege fhren. Der Talmud hat auf sie nachdrcklich hingewiesen.
Er
sagt:*
Es heit
in
der Schrift:
Auge um Auge,
Auge um Auge.
Seele
um
Seele,
Wenn
nun die Talion im
buchstblichen Sinne beabsichtigt wre, so wrde bisweilen Seele
und Auge fr das bloe Auge genommen werden; indem jener sein
Leben verlieren wrde dadurch, da man ihm sein Auge nimmt".
aber nicht Seele und
So wrde
der beabsichtigte
also
Zweck gerade
wrtlichen Auslegung des Gesetzes nicht erreicht.
bei der scheinbar
Und dem Talmud
von vornherein selbstverstndlich, da dieser Zweck feststeht.
Ein tieferes Eingehen auf die Schrift besttigt seine Auffassung, nicht nur auf Grund des Gesamtgeistes der Thora, sondern
ist
auch des Wortlautes jener
S.
besonders
Schriftstellen
selbst.^
In
dem Codex
Johann David Michaelis, Mosaisches Recht
V,
2.
Auf-
Das mosaische
Strafrecht von Gerhard Frster, Veit 1900, Professor Furrer bei D. H. MLLER,
die Gesetze Hammurabis und die mosaische Gesetzgebung. Wien 1903 S. 222.,
die betreffenden Ausfhrungen bei J. Khler und F. E. Peiser, Hammurabis
lage Frankfurt
am Main
1780
S.
53
ff.,
die Leipziger Dissertation,
MommsenBinding, Zum
hesten Strafrecht der
Kulturvlker, Leipzig, Duncker und Humblot 1905, A. Jeremias, Das alte Testament im Lichte des alten Orients. Leipzig, Hinrichs 1906 2. Aufl. S. 4263,
A. MUSIL, Arabia Petraea III Wien, Holder 1908. ber die Ansichten von Kant
Gesetz,
u.
Bd.
Hegel
^
B.
s.
I,
Leipzig
1904,
w. u.
Kamma
84a.
Andere hnliche Bedenken werden
gleichfalls dort
wie
auch von Saadia und judischen Bibelerklrern des Mittelalters gehend gemacht.
Siehe besonders Ibn Esra an den bezglichen Schriftstellen.
3 Mit Recht bemerkt der Mendelsohnsche iur zu Exodus XXI, 24: e|1
.
6l6
FESTSCHRIFT COHEN
von dem Einzelfall die Rede; dort heit es:
Wenn jemand einem anderen das Auge ausschlgt, wenn jemand
einem anderen den Zahn ausschlgt", wie das rmische Gesetz wiederum
nur eine allgemeine Regel aufstellt, ohne der Spezialflle einzeln zu gedenken. Anders die Thora. Sie bereitet wie von selbst schon dadurch
die Aufhebung der strikten Talion vor, da sie das Prinzip des gerechten Strafmaes in den Vordergrund stellt, aber nicht von den
Einzelfllen absieht, sondern im Gegenteil dieses Prinzip selbst an
den verschieden gearteten Einzelfllen illustriert, so aber indirekt auf
Hammurabi
ist
nur
die Schwierigkeiten hinweist, die sich der wrtlichen
Auslegung
ent-
Zwischen Seele um Seele und Auge um Auge ist eine
scharfe Grenzlinie gezogen, und wir mssen hinzufgen auch zwischen
Wunde und Wunde und Strieme um Strieme. Diese Grenzlinie
wrde bei der buchstblichen Talion allzu oft verschoben und auer
gegenstellen.
So
acht gelassen.
Prinzip,
das ihr
scheitert diese an
zugrunde
liegt.
dem
richtigen
und wertvollen
Hat der krasse Talionsgedanke
den weisen Solon zu der von den spteren griechischen Dichtern
und Philosophen angefochtenen Bestimmung veranlat, da, wer
einem Einugigen das Auge ausgeschlagen hat, beide Augen verHeren soll, damit der Verbrecher keinesfalls milder behandelt werde
als es seiner Tat entspricht, so war fr das Judentum gerade das
entgegengesetzte Bedenken magebend, der Tter darf auch nicht
um das geringste hrter bestraft werden als seine Schuld gewesen
ist
Die Talion wird vernichtet, gerade indem der strenge aber gerechte Mastab endgltig gesucht wird, nach dem jene allererst
Umschau gehalten hat. Das ist auch der tiefe Grundgedanke der
angefhrten Stze
in B,
Kamma.
Indessen sind wir nicht auf diese Argumentation
Haben doch
angewiesen.
von lteren jdischen Religionsphilosophen
und Exegeten, von denen hier nur Jehuda Halevi,^ und Moses ben
Nachman^ genannt seien, darauf aufmerksam gemacht, da auch der
bloe Ausdruck Auge um Auge" wie aus der Schrift selbst hervorgehe, keineswegs die Talion bezeichne, sondern vielmehr im Sinne
eine Reihe
des Schadenersatzes gedeutet werden msse. In Leviticus XXIV, i8
vor dem Satze: Bruch um Bruch, Auge um Auge, Zahn um Zahn",
b Dn3M3 ynv
B"5?
M"n
nexi p"? nionni "hhn nvKin bs im V'tn
"r3 hy a^t^n^ ncsxiyi nbnpn nbn /-leib nm:ii3i mj>n2 p\sc nai'?
y^^wb niy pyn^tr ^rosm "x ,]'?i3 hy nnx T]tiprffn':i rj-pc^cnt? rtjxn bax pnn
n-i3
,\n'hy
nn
nbapi?
^
Kusari
Zu Exodus XXI,
III, 47.
24.
y<vr\h
v'\ff
HOROVITZ, AUGE
lesen wir:
Wer
UM AUGE, ZAHN UM ZAHN
ein Tier totschlgt, bezahle es;
Leben
l/
um
Leben".
Vordersatz und Nachsatz knnen nun doch nicht einander wider-
Also kann nicht zweifelhaft
sprechen.
um Leben"
ist
fr
aufzufassen sind.
Auge um Auge
Was
da ja
Leben"
billig,
sein,
fr
wie die Worte Leben
Leben um Leben recht
ist,
diesem Zusammenhang nicht
oder Auge" in Frage steht,
in
Deutung des Wortes
sondern die des Wrtchens um", das beide Male das gleiche
ist.
So zeigt sich, da gerade der Terminus Auge um Auge"
Er kommt
die Vernichtung der buchstblichen Talion bedeutet.^
die
diesem engeren Zusammenhang nirgends vor,
ebensowenig bei Babyloniern wie bei Griechen und Rmern, und nur
das allgemeine Vorurteil hat ihn zum klassischen Ausdruck des
auerhalb der Bibel
in
im Gegenteil, der Kodex
Hammurabi besttigt von einer neuen Seite die Deutung des Talmud.
Die Bibel redet in der Sprache der Menschen, sagen mit Recht
schon die Alten. Auf dem Dioritblock des Babylonierknigs aber
starren Vergeltungsrechts gestempelt.
steht zu lesen:
Wenn
dem Operationsmesser
ein Arzt
Ja,
dem Sklaven
aus Bronze
eine
eines Freigelassenen mit
schwere
Wunde
beibringt
Sklaven fr den Sklaven ersetzen
( 219) und an einer anderen Stelle: Wenn er das Rind oder ein
Schaf, das ihm gegeben worden ist, zugrunde richtet, soll er Rind
und ihn
ttet,
soll
Schaf
fr Rind,
er
fr
einen
Schaf ihrem Eigentmer
der gleichen Weise wird der Ausdruck
Ochse"
ersetzen ( 263).
In
Schaf fr Schaf" Ochse
anderen den Schadenersatz betreffenden Paragraphen
des Hammurabigesetzes angewandt (231, 245, 246), niemals aber
fr
auch nur
in
in
irgend einer der zahlreichen Bestimmungen, die von der
So ist klar, wie eng die Bezeichnung Sklave fr
Sklave, Auge fr Auge" schon in alter Zeit mit dem Begriff des
Schadenersatzes verwachsen ist. Doch wozu in die Ferne schweifen!
Talion handeln.
Man
braucht die besten Beweise nur zu ergreifen lernen, sie sind
nahe genug. Gleich auf die Stze Auge um Auge" usw. folgt im
Exodus
lassen
die
fr
Bestimmung, (V. 26 f.) er soll ihn (den Sklaven) frei entsein Auge, er soll ihn frei entlassen fr seinen Zahn.
Die Worte der Gemara B. Kamma 83 b DiK n30 ^ ]'m^trnb nana n2o no
]''Ol'?tyn'? mgen zu dieser an sich naheliegenden Beweisfhrung noch besonders
angeregt haben, zumal sie sich gleichfalls auf den angezogenen Schriftvers berufen, sind aber, wie man sie auch auffassen mag (s. Tosaphot a. a. O. und
Tosaphot Kethuboth 35 a s. v. 3^:1) in einem ganz anderen Sinne zu nehmen
und daher nicht mit ihr in Parallele zu setzen. Gegen D. Cassel in seiner
Ausgabe des Kusari a. a. O..
^
FESTSCHRIFT COHEN
6l8
Vor
er
der Thora hufigen
Wendung,
bezahlen Ochse fr Ochse und vielen hnlichen,
dem von
allem aber
soll
dem Talmud'
ist
neben der auch
in
besonders hervorgehobenen Verse, er
soll
geben
und sein soll sie sein zum Weibe dafr, da er sie
geschwcht (Deuteronomium XXII, 29) und anderen Stellen, Ijob
XXVIII, 15 zu beachten: Gediegenes Gold kann nicht fr sie (die
Weisheit) gegeben werden und Silber nicht gewogen werden als ihr
fnfzig Schekel
Hier
Kaufpreis".
ist
Wort nnn parallel mit THO =
Buch der Knige XXI, 2. Das nnn
das betreffende
Kaufpreis gebraucht, ebenso auch
I.
nnn des Talmud (B. Kamma 84a) gewinnt so eine neue Beleuchtung.
Schon dieser hat im Beginn ^ seiner Beweisfhrung unter BeUnd ihr drft nicht nehmen ein
rufung auf Numeri XXXV, 31
Shnegeld fr die Seele eines Mrders, der des Todes schuldig ist,
^^
sondern er
Mord
soll
gettet werden", bemerkt: das will besagen, fr einen
genommen werden, wohl
darf kein Shnegeld
aber bei Leibes-
verletzungen'S freilich hinzugefgt, da jene Stelle fr sich betrachtet
und nur die Mglichkeit, nicht
aber die absolute Notwendigkeit einer Geldbue in den Fllen der
Leibesverletzung besage. Mte aber andererseits bei diesen nicht
ausdrcklich betont werden: Und ihr drft ein Shnegeld nehmen,
noch nicht
die Talion
ausschliee
wenn Auge um Auge"
wirklich
die
starre Wiedervergeltung
be-
um
den Satz, der unter dieser Voraussetzung in
Verbindung mit den Worten: So wie er getan, geschehe ihm" den
schon
zeichnete,
Gedanken der Talion zum Ausdruck
brchte, vor
dem
Miverstndnis
zu schtzen, da ein Lsegeld hier berhaupt nicht in Frage
Da
bel
zum mindesten
es
I,
Kamma
B.
Auf
die
in
Betracht
kommen mu,
hat ja
Numeri
84 a.
Beweisfhrung von Maimonides (Jad Hachasaka, Hilchoth Cho-
der die Bedeutung des Wortes nnn in der Weise
6),
kommt?
mun nnn mnn (Ex XXI, 25) mit V. 18 und 19
von den Versumniskosten gesprochen wird,
gleichsetzt,
komme
wo
feststellt,
da(i er
doch ausdrcklich
noch in anderem Zusie der Mechilta
entstammt
sammenhang (S. S. 639 f.) zurck. Wie ich jetzt sehe,
de-Rabbi Simon ben Jochai, ed. D. Hofifmann. Frankfurt a. M. Kauffmann 1905.
S. dort S. 130. Das p1 (V. 19) scheint ein Protest gegen das jus talionis zu sein.
Malbim, ni^JOni nninn zu Leviticus, Emor Kap. 249 will aus der Tatsache, da
n21 unmittelbar vor den Stzen steht,
der Krperverletzung eines Menschen handeln und unmittelbar nach "'1
tysa b^ ns" ^2, den Schlu ziehen, da hier nur Geldersatz gemeint
der Satz:
die
nov
von
ich
a?Si
nnn
l^sa
r\ibv nnni
irSi
nw m
dort seine geistvollen Ausfhrungen im einzelnen, gegen die sich aber
Manches einwenden lt, und die er meines Erachtens vergeblich in die Gemara
sei.
S.
bzw. den Sifra hineinzuinterpretieren sucht.
3 a. a.
O. 83b.
HOROVITZ, AUGE
XXXV, 35
Auge"
deutlich
UM
gemachte
AUGE^ ZAHN
Ist
mit
UM ZAHN
619
dem Ausdruck Auge um
nichts anderes gemeint als ein entsprechender Schadenersatz,
dann wird natrlich vollkommen verstndlich, warum jener Satz fehlt*
Zu diesen Argumenten kommt schlielich noch hinzu, da IL B.
'^
dem
Die Mechilta hebt noch folgendes Moment hervor: R. Jizchak sagt: In
Ochsen Exodus XXI, 29 f., dessen Besitzer verwarnt
Falle des stigen
worden war, ist dieser des Todes, trotzdem verordnet die Schrift ein Shnegeld,
nach rabbinischer Auffassung ist dieses sogar obligatorisch
sicher also
hier, wo eine Todesstrafe gar nicht in Frage steht. B'IJJB' D'pn Hol V'p n"'"i2n nn
]iD h wi])' "Jt? in T"! '"^^' iy hv ins poo s"?n aj? xb nn" ninsn.
* Hier sei hervorgehoben, da Saadia (S. Ibn Esra zu Exodus XXI,
24) das
13 ]ny ]: (Levitic. XXIV, 20) mi Sinne von m'\y vby inv ]3 auffat. Diese Erklrung
empfiehlt sich durch Exodus XXI, 23 B3 nnn CB: nnJl, das sich meines Erachtens an den Richter wendet. Das ]100 h nvni l''1 und '12 "'B'm TTi"' ^p
in^ "i'NS pao ta" ""^ nts!? n ina"' p ib nwj?"' ]d njyj? -iB'to in'D5?3 dio ^n'' "3 ^si stis
Dixa DIO B. K. 84 a erhielte so einen ganz neuen Sinn. Der
wrde besagen, da das Prinzip nc'y ItyNS hier nicht wrtlich aufgefat sein will und das nnn nochmalig erklren. Da aber auch schon die
Worte ^b nvT ]3 ^^V "^^^ keineswegs eine buchstbliche Talion bedeuten
m ssen, hat gleichfalls Saadia nachgewiesen und zwar aus dem Zusammenhang
in dem Richter XV, 11 gesagt wird Dn^ ''n^B'J? ]3 "^ "wy "iCn:. (Ibn Esra a. a. O.
zitiert die Schriftstelle irrtmlich: nJ?N, dagegen richtig Leviticus XXIV, 19.)
Gerhard Frster, Das mosaische Strafrecht S. 18 meint allerdings, das la'to
sei richtiger Auslegung nach im wesendichen kausal". Fr diese Erklrung
wei er aber keine andere Begrndung, als da man sonst die Worte als einen
wenig sagenden Zusatz jngerer Rechtsanschauung fassen mte". Eine solche
Behauptung beweist nichts und fut auf einer modernen juristischen Konstruktion,
die in ihrem Streben, alles hbsch einzuteilen, leicht in die Irre geht. Da die
'131
"'ysn
Satz
]n''
n-"
^^ n"?
"i3
Art der Wiedervergeltung hier wie dort eine gnzlich verschiedene
nicht erst eines lngeren Nachweises. Auch Chananel ben Chuschiel
Bachja ben Ascher
ist,
bedarf
(zitiert
bei
auch Rapoport, Bikkure ha-Ittim 1821 S.48f. und BerLINER-HOFFMANN, Migdal Chananel Leipzig 1876 S. 36f.) macht den an zweiter
Stelle genannten Hinweis Saadias geltend, freiHch ohne diesen zu nennen. Da
sein Kommentar fast durchweg, wie Rapoport und besonders auch Berliner
a. a. O. S. VIII und XXI aufmerksam gemacht haben, reproduzierender Art ist,
drfte er hier aus Saadia geschpft haben. Neuerdings fhrt
J. Scheftelowitz
in einer whrend der Drucklegung dieser Arbeit erschienenen Abhandlung, Die
Grundlagen einer jdischen Ethik (2. Behandlung der Feinde. Monatsschrift
fr Geschichte und Wissenschaft des Judentums. Mai-Juni-Nummer S. 259fif.)
die betreffende Stelle aus dem Pentateuchkommentar des Chananel in deutscher
bersetzung ohne weitere Quellenangabe an, beachtet aber nicht, da fast alle
von Chananel errterten Gesichtspunkte bereits von Saadia, bzw. schon dem
Talmud gebracht worden sind. Der Hinweis auf Obadja V. 15 und 16, den
brigens Scheftelowitz mit Recht weglt, ist bei Chananel neu. Vielleicht
aber, da auch diese Parallele bereits von Saadia herrhrt, nur da Ibn Esra
nicht fr notwendig hielt, sie anzufhren.
s.
FESTSCHRIFl'
620
COHEN
Wenn Mnner
haben und einer
schlet den andern mit einem Stein oder mit der Faust, und er stirbt
Wenn er dann aufsteht und
nicht, sondern fllt auf das Lager.
M. XXI,
i8ff.
gesagt wird:
Streit
wandelt auf der Strae, so ist der Schlger frei nur soll er ihn heilen
lassen und fr die Zeitversumnis zahlen." Hier wird also in einem Falle
der Leibesverletzung ausdrcklich angeordnet, da die Heilungs- und
;
Versumniskosten bezahlt werden. Chananel ben Chuschiel hat in
seinem Pentateuchkommentar zu II. B. M. XXI, 24 auf dieses Moment
mit Recht aufmerksam gemacht und betont \ da jene unmittelbar vorangehenden Verse unverstndlich sind unter der Voraussetzung, da
..Auee
um Auge"
die buchstbliche Talion bedeute.
Wie
knnte
dem
Tter zugemutet werden, Heilungs- und Versumniskosten zu zahlen,
wenn er von Gerichts wegen in derselben Weise verwundet wrde, er
Versumnis und Heilungskosten beanspruchen
mte nach dem Grundsatz der Gleichheit von Schuld und Strafe.
Nur eine Schwierigkeit ist noch zu errtern. Derselbe Talmud,
dessen einstimmige berlieferung die Worte Auge um Auge" im
also selbst Ersatz fr
Sinne
des
Schadenersatzes
deutet,"
bringt
(Sanhedrin 79 a)
eine
Bachja ben Ascher a. a. O. Chananel beginnt seine bezglichen Ausfhrungen mit der Hervorhebung der Gesichtspunkte, die spter Nachmanides,
ohne ihn zu kennen, besonders geltend macht. Auer dem in der vorigen
Anmerkung genannten Hinweis, mit dem Chananel schliet, ist diese Bemerkung
das einzige Neue, das sich in seiner Beweisfhrung findet. Im wesentlichen ist
aber auch dieser Punkt bereits im Talmud betont worden. S. B. Kamma 84 a:
n^OB^ SB '1
'2"'n "'S B'OO T'D '1 pU DIpOS HKIBI P'''? XB"I^ B"n K"lp "lOX 10 2m
^
S.
Kamma
Zehn Gesichtspunkte und Berufungen auf Schriftverse
seitens einer ebenso groen Zahl von Gesetzeslehrern werden dort angefhrt.
Einen elften bringt die zitierte Mechilta, welche auch eine weitere zur Sache gehrige Bemerkung verzeichnet. Schlielich ist noch die genannte Stelle aus der
Mechilta de Rabbi Simon ben Jochai zu registrieren. Auch R. Elieser, dessen
Lehrmeinung im ersten AugenbUck miverstanden werden kann, stimmt in der
Hauptsache mit den brigen berein. Richtig bemerkt R. Zebi HiRSCH ChaJOTH in seinen scharfsinnigen Glossen zum Talmud, da die erstaunte Frage
"
Baba
Kamma
83 b ff.
T'D tyeo nur verstndlich ist
durch die bereinGesetzes
unter der Voraussetzung, da die Deutung des
stimmende Gerichtspraxis, vor allem aber als "i'DD ntyn'? n^brt feststand. Gerade
aus der besonderen Gewissenhaftigkeit, mit der der Talmud durchweg jede ab-
(B.
84a):
"'in
"Jn bss
n'b
n""?
nt^bs
"3"i
weichende Meinung verzeichnet, kann in der Tat geschlossen werden, da in
diesem Punkte eine Meinungsverschiedenheit nicht besteht und nicht bestehen
kann. S. auch Maimonides Jad Hachasaka Hilchoth Chobel I, 6: nnanir "B by s\)
]"-ii i"?
hvf un n"23 i"iT "i3"n i-i nwi lan^a r^iob r]:i'7n ]^ "i3i ansaty min f ij?
ns'rn
ntyj?"?
Lesart
5?in\
Die
'i3i
Vsai
vDj> ^y^ )yy\ two niD"D nayw in n^ni ]n n^'z
HOROVITZ, AUGE
UM
AUGE, ZAHN
UM ZAHN
021
Meinungsverschiedenheit bezglich der Auffassung des angefhrten
Und du sollst geben Leben um Leben".
Nach der einen ist auch hier der Geldersatz
Passus:
gemeint, aber nur
zu tten, aber B
Theorie \ da, wer die Absicht hatte,
gettet hat, von der Todesstrafe frei ist und vielmehr eine Ersatz-
kraft der
summe
zu zahlen hat, whrend nach der anderen die
Worte Leben
Leben" die Bedeutung haben: Der Tter mu gettet werden.
des Talmud. Keiner
Immanuel Kant wird hier zum Erklrer
ist ein grerer Lobredner des Wiedervergeltungsrechts als der groe
deutsche Philosoph.
In seiner Metaphysik der Sitten sagt er:*
Welche Art und welcher Grad der Bestrafung ist es, welche die
ffentliche Gerechtigkeit sich zum Prinzip und Richtmae macht?
Kein anderes als das Prinzip der Gleichheit (im Stande des Zngfr
kommt wohl
Die etwas schwierigen
Worte, welche die Mechilta dem R. Jizchak, Jalkut Kap. 338 aber dem R. Elieser zuschreibt, werden von Malbim, Mischpatim Abschnitt 31 einleuchtend erklrt. S. aber auch den Kommentar ]3V"i n^t zum Jalkut von R. Abraham Aberle,
dem Verfasser des Magen Abraham und die Erluterung von M. Friedmann
statt nth n3'?n
in seiner
Mechilta.
ernsthaft nicht in Betracht.
Ausgabe der Mechilta (Wien
Wien
1865) mit
1870).
I.
H. WEISS
dem bekannten Kommentator
will
die Stelle (S.
zur Mechilta
M^ny
s.
n\
in Gegensatz zu der Gemara bringen, wird aber ohne Textesnderung nicht
fertig.
Auffllig ist Lekach Tob, die sogenannte Pesikta Sutarta, ed. S. Buber,
Wilna 1880. S. 152. Keinesfalls haben wir aber hier eine alte Quelle vor uns,
nach der etwa unsere Mechilta korrigiert werden mte. Ein so schwieriger,
von der P. S. ganz unabhngiger und im ersten Augenblick dunkler Text, wie
ihn unsere Mechilta bietet, kann nie und nimmer aus einer so eindeugen Bemerkung geflossen sein. Da, wie Buber selbst in der Einleitung an interessanten
Beispielen nachweist, P. S. hufig halachische und haggadische Stellen der Traditionsliteratur verkrzt wiedergibt, ohne sich an den berHeferten Text zu binden,
so ist klar, da wir hier einen erklrenden Auszug aus der Mechilta vor uns
haben. So bemerkenswert dieser Kommentar eines im elften Jahrhundert lebenden Autors auch sein mag, so wenig magebend ist er angesichts der bereinstimmenden Zeugnisse des Talmud und des lteren Rabbinismus berhaupt.
Wie aus Jad Hachasaka und aus More III, 41 deutlich hervorgeht, hat auch
Maimonides, dem ja noch viele Quellen vorgelegen haben, die uns nicht bekannt
sind, eine abweichende Auffassung der berheferung in diesem Punkte ebensowenig gekannt wie vor ihm Saadia. Wie oft, (S. Buber a. a. O. S. 28), verarbeitet
P. S. auch hier verschiedene Quellen ineinander. Merkwrdigerweise hat aber
Buber die Aufflligkeit dieser Stelle ebenso wie den Umstand bersehen, daf5
die Schluworte, welche B. Kamma 84a entnommen sind ('131 niy X^l) dem Vorangegangenen, mit
dem
sie sich als ein Einheitliches darstellen,
'
Sie sttzt sich auf
Ed.
P.
Natorp
Deuteronomium XIX,
p. 332.
11.
widersprechen.
FESTSCHRIFT COHEN
622
als
Wage
an der
leins
der Gerechtigkeit), sich nicht mehr auf die eine
Whrend aber das
auf die andere Seite hinzuneigen."
talmudische Recht die
liegenden, prinzipiellen
starre Wiedervergeltung aus
Grnden
nicht anwendet, bringt
in
biblisch-
der Sache
Kant
fr diese
Nichtanwendung in praxi Grnde, die durch die Bibel bekmpft
und berwunden sind. Er sagt: Nun scheint es zwar, da der Unterschied der Stnde das Prinzip der Wiedervergeltung: Gleiches mit Gleichem, nicht verstatte, aber, wenn es gleich nicht nach dem Buchstaben
mglich sein kann, so kann es doch der Wirkung nach, respektive
auf die Empfindungsart der Vornehmen, immer geltend bleiben".
Weiter heit es nun aber: Hat er gemordet, so mu er sterben;
Es
es gibt hier kein Surrogat zur Befriedigung der Gerechtigkeit.
ist keine Gleichartigkeit zwischen einem noch so kummervollen Leben
und dem Tode, also auch keine Gleichheit des Verbrechens und
der Wiedervergeltung, als durch den am Tter gerichtlich vollzogenen, doch von aller Miachtung, welche die Menschheit in der
leidenden Person
zum Scheusal machen
knnte, befreiten Tod".
diese Unterscheidung zwischen der realen Wiedervergeltung bei
Ist
dem
Morde und der idealen bei der Verletzung der Glieder nicht ganz
und gar koincident mit dem Grundsatze des jdischen Rechtes und
verstehen wir nicht dieses selbst jetzt
in
einem neuen Lichte?'
den Worten Seele um Seele" nur
einen Ausdruck fr die Geldstrafe und nimmt diese Formel in demFr
selben Sinne in welchem sie in Leviticus deutlich gebraucht ist.
diese Meinung spricht auch, da die Todesstrafe* die an zahlreichen
Die eine Ansicht erblickt
in
Auch die oben mitgeteilte aus dem Bibelwort geschpfte Bemerkung des
Talmud nna "tysi"? 1012 npi^ nn bnx -lais npi"? nn ^x nsn VQib wird durch diese
^
Gesichtspunkte doppelt verstndlich, wie auch das nn'D
]"'pu ]"'n
]''X
ein ganz
besonderes Gewicht erhlt. Numeri, XXXV, 23, zwei Stze nach "iS13 inpn xbl
und andere Bibelstellen sagen schon in der Hauptsache das, was Kant ausfhrt.
Besonders aber verdient hier noch der Schlupassus der S. 616 2 genannten
Stelle aus der Mechilta de-Rabbi Simon ben Jochai (ed. D. HoFFMANN S. 130)
erwhnt zu werden, der bei Maimonides nicht angefhrt wird; er lautet: mun
nn nnn nn -laxity mnn n hh:ir\ by no^V b nosj? by -ibb n"?i -ibb nxsM nn-'n bb^2
h"r\ B>E)3
nnn
t^sa
t\.
^13"'
is voi'^B'n in
"73
nnx b^ 1B13 npi"? nns 's nsn
Die letzten Worte stimmen mit dem Talmud berein.
''WH'h 1013 npib
nnSN.
^
Da
die Todesstrafe, die
vielen Fllen ausgesprochen
ausgefhrt wurde,
ist
ist,
da aber vor allem sein
nach dem biblisch-talmudischen Recht
in
in
k\t
Kb^
sehr
Wirklichkeit seitens des Sanhedrin sehr selten
ist auch hier, und hier erst recht, der
Magebend
bekannt.
keinem Fall hrter bestraft werde als er verLeben ein heiliges Gut ist, das erst dann angetastet
Grundsatz, da der Verbrecher
dient,
n no3B^ ]N3 J)S ^'Oi'jB'n
ivDjb n^n vf&ib "ii3 inpn
nn nnn
in
HOROVITZ, AUGE
UM
AUGE, ZAHN
UM ZAHN
623
vorkommt, da wo von ihr allein die Rede
ist, niemals so bezeichnet wird.
Wer Menschenblut vergiet, durch
Menschen soll sein Blut vergossen werden" lesen wir in Genesis IX, 6
und in Numeri XXXV, i6, 17 und 18 heit es: Gettet werde der
Mrder", hnlich an anderen Stellen. Und da sie hier nicht zur
Stellen der Heiligen Schrift
werden
darf,
wenn
alle die zahlreichen
Bedingnisse einwandfrei
erfllt
waren, die
an die Ausfhrung der Todesstrafe geknpft sind. Diese machten ein Todesurteil
zu den grten Seltenheiten. Makkoth 7 a sagt die Mischna: Ein Gerichtshof, der
einmal in einem Septennium die Todesstrafe vollfhrt, wird verderbenbringend
(nach anderen ist das betrefifende Wort richtiger .mrderisch" zu bersetzen)
,
Rabbi Elieser ben Asarjah meint, ein Gerichtshof, der dies einmal in
siebzig Jahren tut. Rabbi Tarfon und Rabbi Akiba sagen: Wenn wir im Sanhedrin
gewesen wren, wre nie jemand hingerichtet worden. Rabbi Simon ben Gamaliel meint: Auch sie (Rabbi Tarfon und Rabbi Akiba) vermehren die, die Blut
vergieen in Israel", das heit, ihre Milde gegen die Mrder ist eine Hrte gegen
Israel, gegen die menschliche Gesellschaft; sie ermuntern gleichsam die Verbrecher, indem sie sie vor der schlimmsten Strafe, dorn Verlust des Lebens, ein
fr allemal schtzen.
Man sieht, in diesen kurzen Stzen sind, wenn man sie
genannt.
recht zu lesen versteht, alle die Gesichtspunkte vertreten, die in der neueren
fr und gegen die Todesstrafe geltend gemacht worden sind.
Da aber
auch Rabbi Simon prinzipiell an der Todesstrafe festhlt, ist selbstverstndUch;
nur in der Praxis htte er es seiner Meinung nach nie zu einem Todesurteil
kommen lassen: er htte von den Zeugen detaiUierte Angaben solcher Art verlangt, da sie ihm kaum htten klar Antwort geben knnen, und sich dann nicht
Zeit
fr berechtigt gehalten, ein Todesurteil zu fllen.
In der mischnisch-talmudischen
welcher man noch keine Zeitungen las, in der die Nerven noch nicht
tagtgUch durch neue Eindrcke berreizt wurden, mochte eine Hinrichtung, die
etwa einmal in einem Jahrhundert vollzogen wurde, schon in gewissem Sinne
abschreckend wirken. Die Kunde pflanzte sich von Generation zu Generation
lebendig fort; das ist die Meinung des Rabbi Elieser. Man vergleiche noch die
Gemara, nach welcher die Mischna auch die zweite Auffassung zult, da ein
Gerichtshof etwa einmal in siebzig Jahren ein Todesurteil fllen darf, ohne ver-
Zeit, in
Die erste fr den Verbrecher immer noch
sehr milde, aber vergleichsweise strengste Ansicht bedarf keines weiteren Kommentars. Ein Justizmord war jedenfalls seitens des jdischen Gerichts, vor
welchem ein Indizienbeweis nicht anerkannt wurde, die Tat vor Zeugen geschehen
sein und der Verbrecher, sollte er entsprechend bestraft werden, unmittelbar vor
der Tat unter ausdrcklichem genauen Hinweis auf die strafrechtlichen Folgen
verwarnt werden mute, kaum mglich. Daher fiel auch bei der Art des jdischen Beweisverfahrens die Irrepabilitt, der entscheidende Grund fort, den die
heutigen prinzipiellen Gegner der Todesstrafe ins Treffen fhren. Was Kant in
dem angefhrten Satz ber die Art der Ausfhrung der Todesstrafe sagt, wurde
im Judentum lngst bercksichtigt s. Kethuboth 37 b und Sanhedrin 45 a. Die
Parallele ist um so interessanter, als sich der Talmud fr den Grundsatz ^b "ilia
ns'' nn'"0 auf das Gebot beruft: ,,Und du sollst lieben deinen Nchsten wie dich
derbenbringend genannt zu werden.
selbst" (Leviticus
XIX,
18).
FESTSCHRIFT COHEN
624
Anwendung kommen
soll,
ist
ja in der Eigenart des
Aber auch jene andere Lehrmeinung wird
begrndet.
Auge um Auge ist das
Schuld und Strafe. Bei dem schlechthin
um
Seele
Casus hinlnglich
Seele,
verstndlich:
Prinzip der Gleichheit
vorstzlichen
Shne
Morde
von
ist
so
da das Prinzip der
Strafe nicht mit der gleichen Deutlichkeit hervorgehoben zu werden
brauchte, von der Genesisstelle abgesehen, in der aber der Talionsgedanke durch den Nachsatz denn im Ebenbilde Gottes hat Er den
klar,
da
die Todesstrafe die einzige
ist,
Menschen geschaffen" in den Hintergrund gedrngt, bzw. eingeschrnkt
Unser Satz aber spricht von einem Fall, in welchem Schuld und
ist.
Irrtum, Absicht und Nichtabsicht verquickt sind, der Vorsatz auf
dieselbe Tat und nur nicht auf dieselbe Person gerichtet war, an der
sie ausgefhrt wurde, ein Mensch aber hatte gettet werden sollen
und gettet worden ist. Hier kann innerhalb dieser Auffassung dem
Prinzip: Seele um Seele, nur Genge geschehen durch die Todesstrafe kraft des Gedankens da es keine Gleichartigkeit gibt zwischen
einem noch so kummervollen Leben und dem Tod". Die Worte Seele
um Seele" an sich bedeuten aber auch im Rahmen dieser Ansicht
ebensowenig die Todesstrafe, wie Auge um Auge" die buchstbliche
Talion; nur
aus der Individualitt des F"alles ergibt sich jener Sinn,
wenn Leben um Leben" im
Leviticus ebenso den Ersatz bedeutet, wie Auge um Auge,, ausWir sehen also: das Grundprinzip
schlielich diese Bedeutung hat^
und
es
ist
daher kein Widerspruch,
IsSERLES, Ch. H. Cap. 423 Ende schliet sich keiner der beiden
hier errterten Auffassungen an, sondern entscheidet mit Tanna debe Chiskijahu
(Kethuboth 35 a, Sanhedrin 53 b), da bei der Ttung eines Menschen durch
'
Moses
einen Menschen niemals ein Geldersatz in Betracht kommt, selbst nicht bei
einem fahrlssigen Totschlag. Aus dem Wortlaut jener berlieferung folgert
bereits der Amora Raba, da Tanna debe Chiskijahu mit R. SiMEON der Ansicht
ist,
nur bei
dem
dolus directus werde die Todesstrafe verhngt,
wonach
63 gleichzeitig auf
auch nicht die Mglichkeit bleibt, die Worte IPSJ nnn
den dolus indirectus zu beziehen und als Ausdruck fr die Todesstrafe zu nehmen.
Wie jene im Sinne von Tanna debe Chiskijahu zu deuten sind, darber spricht
sich der Talmud selbst nicht aus, daher gewhnlich und auch von Kaschi in
seinem Pentateuchkommentar nur die beiden angefhrten und ausdrcklich bezeugten Erklrungen genannt werden. TOS.'^PHOT Kethuboth 35 a s. v. k:'N "
also
und Sanhedrin 79a
s. v.
pamo
xpttl
beziehen die Worte
t^i
'n
nsi im Sinne
von Chiskijahu auf einen beabsichtigten Totschlag der Frau, so da also Todesstrafe eintritt; ebenso, ohne Tosaphot zu erwhnen, Malbim zur Mechiltha,
der diese Ansicht in der dort verzeichneten Exegese des R. Jizchak zu finden
glaubt. Eine zweite Deutung, wonach der Satz '131 B3 nnai n\T' \\H n1 einen
ganz neuen Fall darstelle, der von dem gewollten Totschlag des einen streiten-
UM
HOROVITZ, AUGE
AUGE, ZAHN
der Wiedervergeltung bleibt bestehen, nur
UM ZAHN
da
sie
625
im allgemeinen
nicht buchstblich in die Wirklichkeit umgesetzt wird eben des Prinzipes selbst wegen.
Auf welcher einsamen Hhe das biblisch -talmudische Recht
steht, wird von neuem klar, wenn man wei, da Hammurabi in den
zwar verordnet hat, wer ein Auge auswerde ein Auge ausgeschlagen, aber gleich fort-
angefhrten Paragraphen
geschlagen hat,
Wenn
fhrt':
Knochen
dem
er das
Auge
eines Freigelassenen ausschlgt, oder
den
Mine Silber
zahlen. Wenn er das Auge von jemandes Sklaven ausschlgt oder den
Knochen von jemandes Sklaven zerbricht, so soll er die Hlfte seines
eines Freigelassenen zerbricht,
Preises zahlen."
Mllern
so
soll
er eine
bersetzt das betreffende
Wort des
ersten
Satzes nicht Freigelassener", sondern Armenstiftler", Johns ^ armer
Wie dem auch sei, von einem Prinzip Auge um Auge" ist
hier eigentlich nicht mehr die Rede, selbst unter der Voraussetzung,
da dieses das jus talionis bezeichne. Zur Charakteristik des HamMann.
murabirechts einerseits und der Thora auf der anderen Seite braucht
man
in
dieser
Hinsicht
das
nur
Michaelis^ im Jahre 1774
hierherzusetzen,
schrieb:
was JOHANN D.
Das Wiedervergeltungsrecht
den Mannes durch den anderen spricht, s. Tosaphot Kethuboth a. a. O. Schlielich ist noch die Auslegung zu registrieren, die Rabbi Nissim ben Rben mitteilt,
und die sich neuerdings Z. Ch. Mecklenburg in seinem Pentateuchkommentar
nbapm anDn zu Exod. XXI, 24 aneignet. Der ganze Fall spreche in der Auffassung von Tanna debe Chiskijahu nicht von einem beabsichtigten Totschlag
(von einem nn^nw miJ), die beiden Mnner htten einander nur schlagen aber
nicht tten wollen, der beabsichtigte Schlag htte auch a priori nicht tdhch gewirkt und den Tod nur dadurch herbeigefhrt, da er die Frau an einer leichter
tdlich verletzbaren Stelle des Krpers traf, als sie den Gegner zu treffen beabsichtigt war. Danach wrde also 'Sl 'n VZi ein Ausdruck fr den Geldersatz sein.
Was Raschi betrifft, so ist noch zu bemerken, da dieser nach Misrachi und Jad
Maleachi 'K 'D "'"t!'"i '''?"?: nicht immer diejenige Erklrung in seinem Pentateuchkommentar verzeichnet, die seines Erachtens halachisch magebend ist. Allerdings scheint mir nach der Art, wie Raschi die Ansicht des Rab Adda bar Ahaba
und damit des Rab Chaggi in Baba Kamma 42a (s. auch Tosaphoth a. a, O.
s. v. ,131123 und z. St. fi""'B' DT'no)
deutet, sehr wohl mglich, da Raschi nicht
ganz mit Tanna debe Chiskijahu entscheidet. Welches die Meinung des Maimonides in diesem Punkte ist, ist trotz der groen Literatur ber diesen Punkt,
nicht gengend geklrt.
'
198
f.
Die Gesetze Hammurabis und ihr Verhltnis
gebung sowie zu den XII Tafeln
Wien. 1903 S. 148.
*
zur
mosaischen Gesetz-
3 a. a.
+
O. S. 147.
Mosaisches Recht V.
S. 53
f.
40
FESTSCHRIFT COHEN
626
schickt
sich
nur
eigentlich
Brger gleiches Recht mit
des Vornehmeren
fr
freie
Vlker,
dem vornehmsten
Auge mehr
es ein sehr widersinniges
wert
ist,
als
in
denen der rmste
Wo
Beleidiger hat.
aber
des Bauern seins, wrde
Auch
und inkommodes Recht werden."
Hammurabi, der Knig der Gerechtigkeit", wie er sich stolz mit einem
gewissen Recht nennt, steht ganz im Banne der Vorurteile seiner
Zeit, die bis in die
Man kann
wundern, da
unsere hineinragen.
sich
schon von diesen Gesichtspunkten aus nicht genug
ein
Forscher wie David Heinrich Mller in dem
Auge, Zahn um Zahn, das Urgesetz der Talion
Auge um
erblicken will, aus dem sowohl Moses
Gesetz:
Hammurabi geschpft haben
wie
wer einmal diesem Gesetze ins
Angesicht geblickt hat, in diesem Punkte solche Rckschritte machen
kann? Lt sich da noch sagen, da die Paragraphen 195 bis 201
sollen.
Ist
wirklich glaublich,
da,
Kodex Hammurabi eine Paraphrase der aus dem Pentateuch
bekannten Norm der Talion seien, nur da von Hammurabi diese
des
Gesetzesparagraphen gebracht worden ist.
Dies mute geschehen, weil ja die verschiedenen Menschenklassen
verschieden behandelt wurden?"
Oder ist nicht vielmehr der um-
gewi uralte Formel
in
gekehrte Schlu richtig:
Da Hammurabi
die verschiedenen
Menschen-
klassen so verschieden behandelt, zeigt, da er die Formel noch nicht
kennt, die schon
in
sich das Prinzip
der Gleichheit
zum Ausdruck bringt.
Selbst einmal
zugegeben, da Auge um Auge, Zahn um Zahn
Gesetze
aller
vor
dem
einen Augenblick
die buchstbliche
Talion bedeute, das Groartige des Gesetzes bliebe auch dann noch
seine Allgemeingltigkeit.
Das wei
natrlich
auch MLLER, nur da
ihm ganz zu entgehen scheint, da gerade diese Allgemeingltigkeit
schon in der Fassung des Gesetzes zum Ausdruck kommt. Der
Gedanke, der Leviticus XXIV, 22 die betreffenden Verse beschliet
Gleiches Recht sei bei euch fr den Eingeborenen wie fr den
Fremdling, denn Ich bin der Ewige euer Gott," ist schon implicite
in der Formel selber enthalten.
Aber der Nachsatz denn Ich bin
der Herr", macht zugleich deutlich, auf welchem Grunde und
aus welcher Quelle dieses
Wort
allererst
entstanden
ist.
In
einem
Exodus (XXI, 26 und
Dort heit es: Und so jemand
27), was das Gesetz bedeutet.
das Auge seines Sklaven oder seiner Sklavin schlgt, und es verUnd wenn er
derbet, so soll er sie als frei entlassen fr ihr Auge.
den Zahn seines Sklaven oder seiner Sklavin ausschlgt, so soll er
sie als frei entlassen fr ihren Zahn." H. COHEN hat recht, wenn er
neuen Lichte
zeigen
die
Schlustze
im
HOROVITZ, AUGE
sagt^: Wahrlich anstatt
UM AUGE, ZAHN UM ZAHN
Auge um Auge
sollte
Zahn
02 7
um Zahn zum
Die Verkennung des Gesetzes und seiner
humanitren Tendenz wrde sich durch diese Gleichnisrede deutlicher
blostellen." Cohen schrieb diese Stze zwei Jahre vor dem BekanntSprichwort geworden
sein.
werden des Hammurabi-Kodex. Dieser hat zwei Paragraphen ( 201
und 202) ber das Ausschlagen des Zahnes. Sie lauten: Wenn
jemand den Zahn von einem anderen seinesgleichen ausschlgt, so soll
man seinen Zahn ausschlagen; wenn er den Zahn eines Freigelassenen
Von dem Zahn
ausschlgt, soll er ein Drittel Mine Geld zahlen."
des Sklaven ist nicht die Rede. Aber auch in den frher genannten
dem Ersatz des Auges oder der Knochen
gesprochen wird, wird nur von dem Sklaven eines anderen, nicht
Dieser ist vogelfrei; ihm darf man
von dem eigenen gehandelt.
nicht nur den Zahn und nicht nur die Augen ungestraft rauben.
Die Bestimmung, da man fr das Auge des Sklaven oder dessen
Paragraphen,
Knochen
in
welchen von
die Hlfte des
Preises bezahlen
ist
soll,
ja
nur zugunsten
des Besitzers getroffen; durch den Verlust des Zahnes aber braucht
der Arbeitswert des Sklaven nicht eingebt zu haben.
Wie MLLER
Kodex Hammurabi
eine
vorgeht,
sei
hier
nher
dargelegt.
Auch
der
hat Bestimmungen ber den Schlag, der gegen
schwangere Frau gefhrt wird.
Dort heit es
wir wollen
Bestimmungen fr die Freigelassene
Wenn jemand eine Freigeborene schlgt, sie
hier einmal die unterschiedlichen
auer acht lassen
ihren Ftus verlieren macht, der soll 10 Sekel Geld fr ihren Ftus
Wenn jenes Weib stirbt,
und 210). Von dieser traurigsten
zahlen.
die der
in
Kodex Hammurabi auch
soll
man
seine Tochter tten" ( 209
Abirrung des Talionsgedankens,
sonst zahlreiche Beispiele hat,
der dieser sich in sein Gegenteil umkehrt,
will
fr
und
ich hier nicht weiter
Thora gegen diese
Anschauung mit aller Kraft wendet in dem Worte: Es sollen nicht
gettet werden Vter wegen der Kinder und Kinder sollen nicht gettet werden wegen der Vter; jeder soll fr seine Snde gettet
werden" (Deuter. XXIV, 16), und aus den Knigsbchern ist bekannt,
reden.
Jeder Bibelkundige wei, da sich
die
Amazjah, wie ausdrcklich hervorgehoben wird (II. B. d. K.
XIV, 6), diesem Gesetz gem, nicht zulie, da man die Kinder der
da
Mrder
seines Vaters tte^.
Angesichts dieser unzweideutigen gesetzlichen Vorschrift ist es eine, zwar
wohl nicht gewollte, Entstellung des Tatbestandes, wenn in dem Werke von
40*
*
FESTSCHRIFT COHEN
628
Doch ZU unserer Sache! Um seine These durchzufhren,
Man wird
mentiert MLLER folgendermaen (Seite 152):
J.
Kohler und
F. E. Peiser,
Hammurabis
Gesetz,
Band
I,
argunicht
Leipzig 1904, Seite 148,
gesagt wird: Diese Haftung /der Kinder fr die Eltern /kennt auch das israelitische Recht ursprnglich in seiner ganzen Schrfe." S. auch a. a. O. Seite 2. Zum
Beweis fr diese These wird verwiesen auf IL B. M. XX, 5, XXXIV, 7, IV. B.
M. XIV, 18, Jeremia XXXII, 18. Dann heilit es weiter: Lange noch wirkte der
Gedanke, da das Volk Israel fr die Snden seiner Vter ben msse, so
III. . M. XXVI, 39, so noch Jesaia LXV, 7, auch XIV, 51 und Klagelieder
V, 7. Noch zur Zeit des Jeremia galt das Sprchwort: ,Die Vter haben Herlinge gegessen und die Zhne der Shne sind stumpf geworden usw.', gegen
welchen ganzen Satz sich jedoch Jeremia XXXI, 29 und Ezechiel XVIII, 2 f. mit
Gewalt erheben. Der Deuteronomist allerdings spricht wie Ezechiel usw." Leider
gestattet der Raum nicht, alle diese Bibelstellen der Reihe nach wrtlich vorzufhren. So sei hier nur folgendes bemerkt: Die ersie der vier Stellen, auf
denen die mitgeteilte Behauptung fut, ist der bekannte Satz aus dem Dekalog,
,,der da ahndet die Schuld der Vter an den Kindern bis in das dritte und vierte
Geschlecht, bei denen die mich hassen, der aber Gnade erweist bis ins tausendste
Geschlecht denen, die mich lieben und meine Gebote halten", welcher Gedanke
in den anderen Stellen in anderer Form wiederkehrt, mit dem Unterschied, da
dort zunchst die Gte und Liebe Gottes und zwar in einer ganzen Reihe von
Prdikaten zum Ausdruck gebracht wird, whrend erst am Schlsse von der
Rede ist. Also wohlgemerkt, alle diese Stellen
handeln ausnahmslos von der gttlichen Vergeltung, und da will man sich
auf sie berufen zum Beweise dessen, da das altisraelitische Strafrecht
die Familienhaftung lehre, whrend die einzige klare strafrechtliche GesetzesStrafgerechtigkeit
Gottes die
einem nachhinkenden Schlusatz ihren
Unterschlupf findet und durch die Flle des scheinbar so gelehrten Apparats
ganz erdrckt wird. Peiser unterlt, den vier genannten Stellen eine fnfte
hinzuzufgen, nmlich Deuteron. V, 9, in der ja gleichfalls von dem Gott gesprochen wird, der die Schuld der Vter an den Kindern ahndet. Er wrde
vorschrift,
die das Gegenteil aussagt, in
durch diesen Hinweis die beste und schrfste Kritik seiner Theorie geliefert
haben, da ja nach seiner Auffassung der Deuteronomist'- sich selber widersprche ebenso wie zwei benachbarte Stellen bei Jeremia, XXXI, 28 und 29, und
XXXI 1, 18 in einem unvershnlichen Gegensatz zueinander stnden. Da ein
Volkssprchwort, das an sich schon ebensowenig wie die anderen Stellen in
diesen Zusammenhang gehrt, dazu aber noch ein solches, gegen das sich die
berufenen Vertreter der Rehgion bereinstimmend wenden, angefhrt wird, steht
mit den anderen Argumenten auf einer Stufe. Ich kann gegenber dieser Art
von Beweisfhrung nur wiederholen, was ich in einer anderen Polemik betont
habe, und was leider allzu oft bersehen wird.- Viele Nullen bilden noch keine
Zahl und viele Scheinginde noch keinen Beweis". (Babel und Bibel, Randglossen
zu den beiden Vortrgen Friedrich Delitzschs J. Kauffmann 1904 S. 37.)
brigens fat der Talmud auch die gtthche Vergeltung, von der in jenen
Schriftversen gesprochen wird, so auf, da die Kinder nur dann fr die Snden
der Vter verantwortlich gemacht werden, wenn
sie in
den schlechten
Wegen
HOROVITZ, AUGE
glauben,
nommen
da
hat
AUGE, ZAHN
UM ZAHN
man ohne weiteres die Tochter
.... Meines Erachtens liegt hier
des
629
Schlgers
,ttet
man
ge-
ein Fall der Talion
durch Komposition ausgeglichen worden
vor, der meistens
Bestimmung
UM
ist.
seine Tochter', bereitet schon auf die
Die
Kom-
denn das Leben eines Mannes stand hher im Preise
Diese Ausflucht ist schon angesichts der
wie das eines Weibes."
Wozu sie dient, offenbart
gekennzeichneten Polemik unmglich.
position vor,
uns
Mller
Es
ist
selbst:
interessant,
zu beobachten," heit es
mosaische Gesetz sich zu dieser heiklen Frage
a. a.
stellt.
O.,
Da
wie das
es nicht
Worte denen die mich hassen" zeigen die RichtigDeutung. Wenn Dillmann, Handbuch der Alttestamentlichen Theo-
ihrer Eltern fortfahren; die
keit dieser
gegen diese Interpretation geltend macht, da ja
selbstverstndlich wre, da Gott auch die Shne straft wie die Vter, wenn sie
selbst schuldig sind, so bersieht er, da der Satz vor allem die W^ahrheit konstatieren will, da das Bse, das der Vater tut, allzuleicht auch von dem Sohne
nachgeahmt wird, so da der Vater sich bessern mge, wenn nicht schon aus
Rcksicht auf sich selbst, so doch wenigstens aus Rcksicht auf seinen Sohn.
Tut dieser das Bse, und mu er es spter ben, so bt er zwar seine eigene
Schuld und doch im Grunde die Schuld des Vaters. Dieser Gedanke ist aber in
der Tat geeignet, auf manchen Vater Eindruck zu machen und erziehlich zu
wirken. Leviticus XXVI, 39: ,,Und die briggebliebenen von euch werden hinschwinden in ihrer Schuld in den Lndern eurer Feinde und auch durch
die Snden ihrer Vter mit ihnen hinschwinden", besttigt die rabbinische
Ansicht noch ganz abgesehen von der Deutung, die die Rabbinen Sanhedrin 27''
dem Satze unter Heranziehung eines anderen Schriftverses geben, oder indem
logie
sie
Leipzig
das
S. 262 f
1895
S.
261
ihnen" (S. Sifra & Raschi z. St.) ausdeuten. Auch Dillmann a. a. O.
erkennt schlielich an, da die Prophetie sich nur gegen die miverstan-
,,mit
dene Auslegung jener Verse wandte,
,,in
der das alte
Wort
zur Befrderung
Wichtige
Propheten
bringt
den
Gesichtspunkte
die gttliche
S. Kaatz, Das Wesen des prophetischen Judentums, Poppelauer 1907 S. 62 ff.
Seine Darlegungen knnen auch fr die Erklrung der bekannten Talmudstelle,
Makkoth 24% herangezogen werden. Hei-vorgehoben sei noch, da die Rabbinen gerade im Anschlu an den angefhrten Wortlaut des zweiten Gebots
bemerkt haben (Tosefta Sota, Abschnitt 4, Anfang): Fnfhundertmal grer ist
die Richtigkeit dieser Deutung wird von
die Liebe Gottes als seine Strenge"
einer neuen Seite besttigt durch die Erklrung, welche jenes Gebot in den eingangs dieser Anmerkung zitierten Pentateuchstellen findet: auch die Strafgerechtigkeit Gottes fliet aus seiner Liebe. Dreizehn Ausdrcke fr diese zhlt
der Talmud (Rosch Haschana 17b) in Exodus XXXIV, 6 und 7. Jeder Jude,
der auch nur von ferne mit dem gottesdienstlichen Leben Israels verbunden ist,
der sittlichen Erschlaffung oder Gleichgltigkeit
ber
verdreht wurde."
Vergeltung"
bei
kennt diesen Gott der
stunde betet.
,,
dreizehn Eigenschaften", zu
dem
er in geweihter Festes-
FESl'SCHRIFT
630
sagen konnte:
man
seine Tochter',
ttet
Gesetzes
selbstverstndlich.
sondern:
Und du
sollst
COHEN
bei
ist
Es sagt auch
dem
Geiste dieses
er
wird gettet,
nicht,
Daraus geht un-
geben, Seele fr Seele.
da hier Komposition stattgefunden hat."
So ist das Kunststck zuwege gebracht, zwei diametral
gegengesetzte Bestimmungen einander so zu nhern, da sie
zweifelhaft hervor,
identisch erscheinen.
Aber MLLER
Seite
widerlegt sich selbst.
entfast
148
bezug auf die Reihenfolge hat das mosaische Gesetz
sicherlich die ltere Form: Seele fr Seele", und dieses Gesetz ist
doch nach ihm der Urausdruck der Talion. Ferner: In der Aner: In
sagt
merkung Seite 147 steht zu lesen: Dieser Satz in seiner Einfachheit
und natrlichen Reihenfolge trgt das Kennzeichen eines Urgesetzes
an der Stirn." Und nun soll Seele fr Seele" mit einem Male ein
Ausdruck fr die Komposition sein! Wie wir gesehen haben, kann
man glauben, da das Wort: Seele fr Seele" in diesem Zusammenhang die Todesstrafe bezeichne und dabei doch Auge um Auge"
ebenso im Sinne der Komposition verstehen, wie Seele fr Seele
im Leviticus unzweifelhaft als Ausdruck fr den Schadenersatz gebraucht ist. Unmglich aber ist es, Seele fr Seele" hier an der
Spitze einer angeblichen Talionsformel im Sinne des Schadenersatzes
zu nehmen und Auge um Auge" als einen Ausdruck fr die krasse
Talion zu betrachten.
Mller
Er sagt
Gewicht.
Gesetz
diesem Punkte groes
in
Fr die Erforschung des Geistes der
die Erkenntnis des Zusammenhangs zwischen
Seite 147:
alten Gesetze wie fr
dem
Beweisfhrung
legt auf seine
Hammurabi und dem mosaischen
Gesetz,
andere Gruppe von Bestimmungen so geeignet,
Es
enthalten,
daneben aber
Vergleicht
man
kommen noch
damit Exodus XXI, 15
schied
Seite
fgt
149
da
bestehe nur darin,
er
die
zwei kasuistische Flle vor.
25, so
Mller
versteht
Zusammenhang
und
und
in
angefhrte
erster
Gesetz:
der
hinzu,
Normen
gehen, im mosaischen Gesetze nachfolgen.
Fllen
Linie
bei
wird
man
dieselben
etwas verndert
wesentliche
Unter-
Hammurabi
voran-
Unter den kasuistischen
das
bereits
in
Und wenn Mnner
anderem
streiten,
den anderen mit dem Stein oder mit der Faust,
Wenn er aufsteht und
nicht und wird bettlgerig.
einer schlgt
er
stirbt
wandelt auf der Strae an seinem Stabe, so
sein;
eine
Normen
allgemeine
kasuistischen Flle nur in leichter Umstellung und
wiederfinden."
kaum
die hier folgende:
als
sind hier eine Anzahl Paragraphen, welche
ist
nur seine Versumnis
soll
er erstatten
soll
und
der Schlger
heilen
frei
soll er ihn
HOROVITZ, AUGE
UM
UM ZAHN
AUGE, ZAHN
63 1
(Exodus XXI, 18/19) und die Bestimmung Hammurabis
( 206 und 207): Wenn jemand einen anderen im Streite schlgt
und ihm eine Wunde beibringt, so soll dieser Mann schwren: Mit
Wissen habe ich ihn nicht geschlagen, und den Arzt bezahlen. Wenn
er von seinem Schlage stirbt, so soll er ebenfalls so schwren, und
wenn es ein Freigeborener war, eine halbe Mine Geld zahlen." Von
dem zweiten Fall, in dem beide Male von dem Schlag gegen eine
schwangere Frau gesprochen wird, war schon die Rede. Nun ist
assen."
zum
sehr wohl mglich, da das mosaische Gesetz
entgegengesetzte Entscheidung zu
eine
treffen,
Teil gerade,
um
Flle behandelt, die
hufig vorkamen und schon im altbabylonischen Rechte besprochen
wurden.
Aber
Unterschiede
gleich
die
auf,
Hammurabi mu
der
dieser
erste
MLLER
kasuistischen
bersieht.
Er
sagt:
Flle"
(S.
weist
150) Bei
der Schlger schwren, wissentlich habe ich ihn
Angeklagten kommt bei
Strafsachen im mosaischen Gesetz nicht vor, es mu daher ein Indicium anderer Art gefunden werden, wodurch bekundet wird, da er
nur raufen", nicht wirklich schlagen und verwunden wollte. Dieses
geschlagen.
nicht
Indicium
findet
das
Dieser
Schwur
mosaische
Waffe gebraucht worden
ist,
des
Gesetz
da keine scharfe
Stein oder die Faust."
darin,
sondern nur ein
Beweise fr seine Auffassung fgt er in einer Anmerkung hinzu
Vergleiche als Gegensatz dazu ganz besonders die Charakterisierung
des vorstzlichen Mordes Numeri XXXV, 1621". Was aber steht
Zum
Nachdem
dort?
zunchst von
dem
Fall
gesprochen wird,
in
dem
jemand einen anderen mit einem eisernen Gerte geschlagen hat,
so da er starb", heit es dann weiter: Und wenn er mit einem
Stein in der Hand, durch den man sterben kann, ihn geschlagen
hat, so da er starb, so ist er ein Mrder; gettet werde der Mrder.
Oder er hat mit einem hlzernen Gert in der Hand, durch das man
Man sieht also, da auch dort
sterben kann, ihn geschlagen" usw.
von dem Schlag mit einem Stein, ja sogar mit einem Holzgert die
Rede ist. In der Tat zieht die Mechilta* gerade aus den angefhrten
Stzen den Schlu, da auch die Verse im Exodus von einem
Schlag handeln, bei dem die Mglichkeit einer Ttung a priori beund der zugleich an der Stelle, die er getroffen hat, tdlich
htte wirken knnen % wie aus einem anderen Bibelwort gefolgert
stand,
a.
"
S. ferner Sifre zu
ber den
O.
Numeri XXXV,
zweiten und hnliche
17.
Gesichtspunkte
s.
Baba
Kamma gob
FESTSCHRIFT COHEN
632
Mller
wird.
htte
allenfalls
konstatieren sollen,
da
in
Numeri
den Worten einem Stein" bzw. einem hlzernen Gert" hinzugefgt
wird j.durch den man sterben kann", whrend dieser Zusatz hier
fehlt.
Nicht jeder Steinwurf mu ja in dieser Weise gefhrlich sein!
Wie jedoch der Umstand, da ein Stein gebraucht wurde, beweisen
soll, da nur die Absicht bestand, zu raufen und nicht zu schlagen",
ist
mir unerfindlich.
Wenn
jenen Zusatz im IV. Buch
Exodus
aber der
halachische Midrasch
zitierte
Mose dem Sinne nach auf
bertrgt, so zeigt die ganze Art, wie die
die
Verse im
Thora diesen
Fall
Hervorhebung nach der negativen Seite
(niD'' N^l) die Richtigkeit dieser Exegese'.
Die Hypothese MLLERs
wre darum schon hinfllig, selbst wenn die Schrift nur von einem
Faustschlag sprche. Zumal hier beide Eventualitten in gleicher
Linie genannt sind, ist klar^ da nur von einem solchen Faustschlag gesprochen wird, der von vorneherein eine tdliche Wirkung
nicht ausschliet.
Es ist aber nicht einmal ganz sicher, ob das betreffende hebrische Wort mit Faust" bersetzt werden darf.
Targum Onkelos hat sowohl hier wie Jesaia LVIII, 4, wo der Ausdruck
*]1J1N gleichfalls vorkommt N't^llD, was einige 3 mit xe/>i"5tov gleichsetzen, demnach als Wurfwaffe, Schleuder so gro, da die Hand
sie fassen kann", wie Stein, Holzkloben, also ganz im Sinne von
Numeri XXXV, 17, 18 verstehen, andere als Stab, Stock nehmen,
was dann wiederum dem ^"^ 'h'2 in Numeri entsprechen wrde. Der
Enkel Raschis, Rabbi Samuel ben Meir, sieht sowohl in dem biblischen
namentlich
darstellt,
die
dem genannten aramischen Wort
Michael Sachs*, der auf das griechische
wie
in
dieser Erklrung an, ebenso
sich
das targumische
Wort
als
einen Stein oder Ziegel,
Kepafiis
verweist,
schliet
KOHUTS, whrend Nachmanides
Erdscholle" auffat, eine Bedeutung, die
schon vor ihm^ jdische Bibelerklrer und ebenso neuere Exegeten 7
'
selbst:
'
S.
auch die Mechilta
l)3"'n
niO^B'
Mechilta
"'INI
a. a.
HM
z.
St.:
'iDi
nn^D
yatsn 'SK?3 tyT'S
n'"? nK-'no nn'nsntt
und Mlbim
da-
3"J?1.
O.
Levy, Chaldisches Wrterbuch ber die Targumim und Neuhebrund Chaldisches Wrterbuch ber die Talmudim und Midraschim s. v.
3 S. J.
isches
fein.
4
Beitrge zur Sprach- und Altertumsforschung.
Aruch Completum
^ S.
Nachmanides
s. v.
a. a.
I.
Berlin. Veit 1852 S. 144.
rD"i13.
O.
Gesenius-Buhl, Handwrterbuch 13. Aufl. nieint, da die Bedeutung
Faust wahrscheinUch nur eine Spezialisierung der ursprnglichen, Klumpen, losgerissene Scholle sei, die Exodus XXI, 18 ungleich besser pat; so Targum an
7
HOROVITZ. AUGE
in
dem
hebrischen
^"i:iiS
auf Numeri, durch den
UM
AUGE, ZAHN
sehen.
MLLER
UM ZAHN
Wie dem auch
633
sei,
seine Theorie sttzen
der Hinweis
will,
ist
jeden-
beiden Stellen". Ohne, da ich die sprachliche Seite der Frage zu entscheiden vermag, will mir doch scheinen, da man aus der bersetzung xrlO noch keineswegs
schlieen darf, da das
die bersetzung lautet.
Targum
die
Ist KrttT.a
Wortbedeutung von r^njx so auffatt wie
= xf/'MSwy, dann ist ja, worauf schon Levy,
Wrterbuch zu den Targumim aufmerksam gemacht hat, die Parallele zu dem
T ]3K und 1" yy "ba in Numeri deutlich, wo das Wort n" nach Sifre z. St. 1"' "jo
soviel die Hand fat" bezeichnet. Aber wie immer man das aramische W'ort
nehmen mag, Nrlis als ein Beispiel fr Cji: b erklrt alle jene Bedeutungen.
ist um so nahehegender, als nicht nur das Neuhebrische das
i\M ausschlielich als Faust kennt, sondern vor allem halachische Schlufolgerungen an diesen Sinn des Wortes geknpft werden, (Mechilta z. St. no
Diese Erklrung
Wort
'131 J>1T r)"i:; B. K. 90b: 'Ol Dnv"?i my"? iid xinty ttw t\MH na), und man nicht
ohne Not annehmen kann, da gerade das Targum mit diesen, bzw. auch nur
mit ihren ersten Voraussetzungen in Widerspruch steht. Die bersetzung des
Targum Jonathan Spim = Prgel, Schlger wrde in derselben Weise zu verstehen sein. Die Parallele zu ]:.s, die ganze Eigenart des Falles hat natrlich
dazu beigetragen, da man das Wort fi"i;N nicht nur wrtlich nahm. Jesaia
LVIII, 4 scheint meines Erachtens die Bedeutung Faust die am meisten sinngeme; andererseits braucht der Ausdruck auch dort nicht nur gerade bei
dieser engen Bedeutung stehen zu bleiben. Saadia (bei Ibn Esra z. St.) erklrt
f\MH F= ntt'pi pm "13T und verweist auf das talmudische l'filJ.x ''byi. Auch hier
zeigt sich ein Weg, wie das Wort ."i"i^ unter Festhaltung des Wortsinnes Faust
ber diese Bedeutung hinauswachten kann. Die Mnner der Fuste" sind die
Mnner der Gewalttat berhaupt. Analog ist r]"iJK der gewaltttige Schlag mit
der zusammengeballten Faust, aber auch mit einem Gegenstand, den die zum
Schlage bereite zusammengeballte Hand festhlt. J. Derenbourg verweist in
der Anmerkung seiner Saadia-Ausgabe I, Paris, Leroux 1893 auf das D"'B'"iB'n nSD
von Jona ibn Gannach. Dieser erklrt das betreffende arabische Wort, welches
Saadia fr ^liH hat. Die Stelle lautet: (ed. W. Bacher, Berlin i8go S. loof.)
noo ]ii"iDn nwinn ioiy io: ma^ -imsi? "o b>"ii hb^-ud D'tan n ys'WjV ^bzh nasM
I^Nni vT p\-\:2 rnsn"? nij> udi minn n i-'ijji ]'j>siBiy -ist ho im r^nj! ix ]3iS3
'131 Dn^nisnio nnn mn ]^2vni j?nt3 in itff3 nsDi3 r)ni3.
Diese Erluterung des
betreffenden Wortes (eigentlich jnXB') bei Saadia = Zerbrechendes" wird mir
von befreundeter arabistischer Seite besttigt. Trotzdem gibt Derenbourg
(HI, 1896) das entsprechende Wort, das sich genau so in der bersetzung von
,,
Jesaia
a. a.
O. findet, mit poing (de
l'iniquite)
wieder, vielleicht mit Rcksicht auf
die Mitteilung bei Ibn Esra, die mglich macht, da Saadia das
sprachlich als Faust
genommen
Wort
)ni
hat. D'^tyin 'D hat die Sache allerdings anders
auch I. E. a. a. O. (s. d.) beide Auffassungen voneinander unterscheiden. Fr die durch die Notiz bei Ibn Esra nahegelegte
Auffassung der bersetzung Saadias bietet das franzsische coup de poing, also
eigenich Faustschlag, das, wie ich in den Le.xika sehe, auch eine Art eiserner
Schlger bezeichnen kann, eine interessante ungefhre Parallele. Vgl. auch die
deutschen Ausdrcke Fausteisen, Fausthammer, Faustkolben usw. sowie vor
aufgefat.
Vielleicht will aber
FESTSCHRIFT COHEN
634
Nur das eine kann zugegeben werden, da hier^ der
erste Ausgangspunkt des Zwists ein Streit mit Worten war im
Gegensatz zu Exodus XXI, 22, wo^ von der Absicht einer tdlichen
Verwundung gesprochen wird. Indessen man weili ja, wie oft leider
verfehlt.
falls
ein
kleiner
Anla gengt,
die
bsesten Instinkte und nicht nur fr
den Moment des Affekts wachzurufen 3. Und nichts spricht dagegen,
da auch hier schlielich der eine den anderen wissentlich verwunden, wenn auch nicht tten wollte. MLLER hat in der erwhnten Anmerkung noch auf eine zweite Pentateuchstelle, Deuteronomium XIX, 4 ff. verwiesen, die seiner These zuhilfe kommen soll.
Da
mehr
Der
an-
gebliche
ist
von
dem
dem
diese
nicht
zu retten
ist,
wissen wir ohnehin.
Dort
neue Beweis widerlegt sie aber nochmals.
unwissentlichen Totschlag die Rede, einem Fall, von
ja
der eine der hier in Frage stehenden Paragraphen des Hammurabi-
kodex handelt.
Nachdem
es in
Und
welches Indicium gibt die Thora selbst an?
Vers 4
heit:
und er war ihm nicht feind gewesen
von gestern und ehegestern", fhrt Vers 5 fort Und wer mit seinem
Nchsten in den Wald geht, Holz zu hauen, und es fhrt seine
Hand mit der Axt aus, Holz zu fllen, und es gleitet das Eisen ab
von dem Stiele und trifft seinen Nchsten, so da er stirbt" usw.
So wird auch der zweite Zeuge, den MLLER selbst herbeiruft, sobald man ihn nur einmal hrt, aus einem Frsprecher ein Anklger.
Sind also auch die sogenannten kasuistischen Flle bei aller
:
hnlichkeit des vorausgesetzten Tatbestandes keineswegs einander
so gleich, wie es im ersten Augenblick scheint, so zeigen die eigenen
Worte MLLERS,
Avelche
Gewalt er den Dingen antun mu,
um
Behauptung aufrecht zu erhalten. Er sagt Seite 155 ff: Da
zunchst bei Hammurabi von Adoptivkindern die Rede ist, ergibt
sich aus dem Zusammenhang mit dem Vorangehenden. Hammurabi
einer unerhrten Grausamkeit.
ist gerade gegen diese Kinder von
Das freche Wort wird mit dem Abschneiden der Zunge, das bse
seine
Daniel Sanders, HandHammer. Nachmanides erklrt brigens das
allem den bergmnnischen Ausdruck Fustel, nach
wrterbuch = Schlgel, eiserner
Beispiel von )"IJX im Sinne der Wort- und Sinnbedeutung Faust in geistreicher
Weise. S. auch Malbim, der die Mechilta im Sinne der Unterscheidung des
Nachmanides
interpretiert.
So S. R. Hirsch und Malbim s. aber Jerusch. Sanhedrin II, 3 und Sifre
zu Deut XXV, I und 11.
^ Mechilta z. St., Kethuboth
33 a, Sanhedrin 79: 1310 2ir3n nn^Da riS03.
3 S. die schne Bemerkung des Sifre zu Deuteron. XIX, 11.
^
HOROVITZ, AUGE
UM
UM ZAHN
AUGEj ZAHN
Augen
635
und so folgt die
Amme mit der abgeschnittenen Brust, der Sohn, der den Vater
schlgt, mit den abgeschnittenen Hnden und dann die Talionsregel
Nach Abschlu der Talionsparagraphen erinnert
juristisch entstellt.
sich der Kodifikator, da er aus der alten Vorlage die beiden
kasuistischen Flle nicht herbergenommen hat und fgt sie recht
Gelste
dem Ausreien
mit
und schlecht
und da sie
Da
ein.
er sie
der
bestraft,
mehr schlecht
angefgt hat,
der Tat an unpassender Stelle stehen, ergibt sich aus
in
folgender Tatsache:
Im Exodus
folgt auf die Talionsregel ein Zusatz:
Brandwunde um Brandwunde, Stichwunde
Im Hammurabi
wunde um Hiebwunde."
sich
als recht
htte anschlieen
an ^ 201
mssen.
um
Stichwunde, Hieb-
fehlt dieser Zusatz,
der
Dafr stehen dort die
Bestimmungen ber die Ohrfeige ($ 202 205). Nun htte dieser
Zusatz eventuell auch nach 205 eingefgt werden knnen, aber da
wurden die beiden kasuistischen Flle eingeschoben; die Wunde
Es fllt aber ein weibleibt also, wenn man so sagen darf, offen.
Whrend im Exodus gesagt wird, ,er wird
terer Unterschied auf.
bettlgerig', heit es im Hammurabi: ,und bringt ihm eine Wunde
es mu also an dieser Stelle frher einmal von einer Wunde
bei',
gehandelt worden sein, denn sie findet sich sowohl im Exodus als
auch bei Hammurabi und mu daher schon in der alten Vorlage
auch erwhnt worden sein." MLLER schliet: In der Tat kehrt
Hammurabi nach Absolvierung dieser beiden kasuistischen Flle zur
Wunde zurck, die von einem Arzt beigebracht worden ist."
Also, um erklren zu knnen, da der groe Jurist Hammurabi, wie
ihn Mller nennt, mehr schlecht als recht, die zwei kasuistischen
Flle eingeflickt habe", gewissermaen, um eine Lcke im Codex
Hammurabi zu finden, deren Spuren allerdings noch sichtbar sind",
mu man annehmen, da im Exodus die uralte Vorlage zu erblicken
Hammurabi so ungeschickt wie nur mglich seine Weisheit
entnommen habe. Wenn wenigstens durch eine solche Annahme
der Zusammenhang besser erklrt wrde als ohne sie! Man knnte
dann allenfalls des fleiigen Scharfsinns Mhe verstehen. Aber das
sei,
der
Gegenteil
verstrickt,
ist
der
da
Fall.
er
Und MLLER
ist
so sehr in seine Theorie
gar nicht merkt, wie er selber das Material zu
brigens nimmt er seine Behauptung, da auch bei Hammurabi ursprnglich von einer Wunde gesprochen sein msse, Seite 223 in einer gelegentlichen Anmerkung
wieder halb zurck, indem er sagt: Mglich ist immerhin, da dieser
ihrer Zerstrung
zusammentrgt.
Zusatz Brandwunde
usw. auch von der
mosaischen Gesetzgebung
FESTSCHRIFT COHEN
636
noch weitere Einschrnkung und
Przisierung erhalten hat." In Wahrheit ist aber der Zusammenhang
bei Hammurabi ohne alle diese Experimente sehr wohl und viel
besser verstndlich. Auf das Ausschlagen der Glieder, des Auges
und des Zahns folgt ganz natrlich der Schlag auf die Wange,
herrhrt,
danach
wodurch
die Talion
die nicht beabsichtigte
eine
Verwundung mit
nicht tdlichem bezw.
sodann die verschiedenen Bestimmungen ber
die Flle der Fehlgeburt, die durch eine der Mutter zugefgte Verletzung veranlagt sind und schlielich Bestimmungen ber die Wunden, die durch einen Arzt (S 215
223), bezw. durch einen Tierarzt
tdlichem Ausgang,
( 224, 225)
verursacht wurden, worauf dann von der Verantwortlich-
keit des Scherers ( 226, 227), des
Baumeisters
Schiffsbauers ( 234
240) gesprochen wird.
doch so klar und lckenlos wie nur mglich.
228
233) und
Diese Reihenfolge
Wo
bleibt
des
ist
da sozu-
Wozu also die Annahme, die ReihenWunde offen"?
Seele um Seele, Auge um Auge habe es zu wege gebracht,
sagen eine
folge
da die beiden kasuistischen Flle, die einen tdlichen Ausgang
haben, den die weitere Zerstrung von Gliedern betreffenden Bestimmungen vorangehen muten"? In Wirklichkeit schliet sich", sagt
Mller Seite 154, im Exodus dem Ausgang des Verses die alte
Talionsregel ,Seele fr Seele', ,Auge fr Auge' viie von selbst an."
Hat MLLER vergessen, wie
Welche unglaublichen Widersprche!
Worte Seele fr Seele deutet, so hat er weiter bersehen,
da die Bestimmungen ber das Auge, die Glieder und den Zahn ja
gerade bei Hammurabi den kasuistischen" Fllen vorangehen, und
er selber die
da im Pentateuch der erste dieser Flle ja ausschlielich nur von
dem
nicht tdlichen
Ausgang
redet.
Vor
allem aber hat er auer
acht gelassen, da diese Sonderbestimmungen bei Hammurabi, wie
dargelegt wurde, von selbst ihren besten Platz fanden unmittelbar
vor den Spezialbestimmungen ber den Arzt, den Scherer usw.
Auch, was Mller Seite 153 sagt: Und diese zwei Stze (Vers
15 und 17) sind aus den Talionsvorschriften ausgeschieden und ihnen
vorangeschickt, sie finden sich neben dem Satze, welche den nicht
vorstzlichen Totschlag betreffen," ist, wie man sich durch Einsicht-
nahme
Exodus, Kapitel XXI, berzeugen kann, eine Flchtigkeit.
Dort heit es Vers 14: Wenn jemand aber an seinem Nchsten
frevelt und ihn umbringt mit Absicht, selbst von meinem Altar weg
sollst Du ihn fhren zum Tode."
MLLER vergit diesen Satz und
in
denkt nur an Vers 18, ber dessen Auslegung wir ja ausfhrlich
gesprochen haben. Dieser handelt aber berhaupt nicht von dem
HOROVITZ, AUGE
UM AUGF, ZAHN UM ZAHN
637
Die Reihenfolge im Pentateuch ist vollkommen verZunchst ist im Satz I2 von dem vorstzlichen, in Satz
stndlich.
13 von dem unvorstzlichen Totschlag die Rede, bei welchem die
Flucht in eine Asylstadt ermglicht wird, Vers 14 bestimmt ergnzend,
Totschlag.
auch die Flucht zum Altar
hin vergeblich ist, so dalJ also begreiflich wird, da in Vers 18, 19
nicht noch besonders der Fall des tdlichen Ausgangs erwhnt zu
werden brauchte. Satz 22 sprechen, wie wir gesehen haben, von
da bei dem
vorstzlichen Totschlag
f.
einem ganz neuen Fall, dem dolus indirectus^ Die Zwischenstze,
Vers 1417, behandeln Beispiele, auf die wie auf den Mord die Todesstrafe steht.
An Vers 16 denkt MLLER erst in einer Anmerkung.
Wie hier die Irrwege MLLERs im einzelnen gekennzeichnet sind,
so hat sich auch Professor J. KOHLER vom Standpunkte der vergleichenden Rechtswissenschaft mit
aller
Methode im ganzen ausgesprochen und
hervortretenden
hnlichkeiten
Entschiedenheit gegen seine
seinerseits gemeint,
auf die Einheit
der
da
alle
ursprnglichen
und da aus der Anordnung der
Gesetzesstze nicht das mindeste geschlossen werden kann.^
Da schon die Behauptung, welche den Ausgangspunkt seiner
Lebensverhltnisse zurckgehen,
S.
noch bes. Mechilta
z.
St.,
xb
ti'\s
Tt^
"31
ICIX
ir.t
'h
1t
T\Vf^ti
rnttNi -b
y)2mn bas nn^n sin i.sViir nrni is<iiB? Jiirn'? ^^isron by b livcB'
ber den Zusammenhang nach Tanna debe
b"r\ uyaiy ^ lanix.
psni isaic nirn"?
WVi
1S2"
"'21
Chiskijahu
s.
oben.
Deutsche Literaturzeitung, Jahrgang 1904, Sp. 301. KOHLER hat dabei
nicht gewut, da die auftretenden hnlichkeiten, wie hier an einem wichtigen
Beispiele gezeigt wurde, bei weitem nicht so gro sind, als Ml'LLER sie darstellt.
S. oben S. 6256". Je genauer man die Hammurabigesetze studiert, desto mehr
zeigt sich die erhabene unverlorene Gre der Thora. Zu dieser Erkenntnis
haben die Untersuchungen von A. und B. Jeremias, E. KNIG und vieler
MLLER
anderer, auch die von D. H. Mller selbst manches beigetragen.
hat das Verdienst, auf einige interessante Analogien aufmerksam gemacht zu
haben; aber seine Theorien, die zu oft auch von sonst bedchtigeren Forschern
kritiklos bernommen werden, sind mit der grten Vorsicht aufzunehmen; er
'
gar zu sehr das Glnzende und Schillernde, das im Leben wie in der
Wissenschaft nur fr den Augenblick geboren ist. Da auch das angebliche
Vorbild der sinaitischen Offenbarung" bei Hammurabi, ai:f das in der Babel-
liebt
Bibel-Bewegung mit solcher Emphase hingewiesen wurde, aus der Luft gegriffen
C. Bezold (in
ist, habe ich in meinem Babel und Bibel" S. 2532 gezeigt.
der Deutschen Literaturzeitung), E. KNIG (die Babel- Bibelfrage 3. Heft.)
P. Jensen, J. Selbst u. a. haben sich meiner Beweisfhrung im wesendichen
angeschlossen, gegen die meines Wissens Einwnde nicht erhoben worden sind;
nichtsdestoweniger wird aber die vollkommen irrtmliche Deutung des Bildes
weiter verbreitet.
FESTSCHRIFT COHEN
^S
Beweisfhrung
Seele
ein
usw.
bildet,
habe sich
aus
die
der natrlichen" Reihenfolge Seele fr
Hammurabi entwickelt,
bedarf kaum des nheren Nach-
knstliche"
methodischer Trugschlu
ist,
des
Man
doch gleich ihre erste Voraussetzung hinfllig.
kann sehr wohl auch die Reihenfolge bei Hammurabi eine natrUche
nennen, eben schon darum, weil erst von dem Verlust wertvollerer
Glieder, dann erst von dem Ausschlagen des Zahnes gesprochen
Da aber fr Hammurabi diese Anordnung unabhngig von
wird.
jeder Vorlage die einzig mgliche war, ist klar: Da die Augen und
weises.
Ist
und ebenso wieder diejenigen eines
werden, wurden sie zusammengefat,
Glieder" eines Freigelassenenen
Sklaven gleichmig taxiert
den Zahn eines Freigelassenen, wie ja bereits bemerkt,
ein geringerer Preis, fr den eines Sklaven aber berhaupt nichts
Andererseits kann man die natrliche" Aufeinanderbezahlt wird.
folge im Pentateuch mit ebensolchem Recht eine knstliche" oder
whrend
fr
vielmehr kunstvolle nennen \
Anmerkung: i. Die Formel Blut um Blut" usw. bei den arabischen Beduinen. 2. Das jus talionis bei Hammurabi in Zusammenhang mit
der Aufhebung der Blutrache. Fehlen der Formel Blut um Blut". 3. Die innerNeue Gesichtspunkte fr
liche Umwandlung der Blutrache durch die Thora.
die Richtigkeit der berheferten Auffassung. 4. C'Bia trS3 usw. 5. Die Deutung
Inhalt der
,,
Die Auffassung des
Gesetzes bei Maimonides More Nebuchim Kap. 41. Versuch einer neuen Erklrung der Stelle, i. Alois Musil teilt in seinem lehrreichen Werke Arabia
Petraea, Wien, Holder 1908, Seite 359 ein Sprichwort: Knochen fr Knochen,
des Gesetzes bei den Sadduzern, bei Philo und Josefus.
6.
,,
^n
DSV ^2 nsy
Blut fr Blut, Mann fr Mann, Seele fr Seele" (O^p ^3 bp
nn ''3 nil) mit, das er bei arabischen Beduinen gehrt hat. Es ist nicht klar, ob
die ersten zwei Glieder des Satzes sich auch auf Krperverletzungen ohne td-
lichen
Ausgang beziehen oder
alle vier
Ausdrcke
parallele
Bezeichnungen
fr
das Wahrscheinliche. Wie
dem aber auch sein mag, de facto wird, wie MusiL berichtet, die Talion nur in
den seltensten Fllen auer bei beabsichtigtem Totschlag ausgebt. Bei Krper-
die Blutrache bei Totschlag sind.
Das
letztere
ist
Angaben (S. 368) entnehme, berhaupt
nicht stattzufinden. Ist nun in der Tat wahr und allgemein anerkannt, da wie
S. JAMPEL (Das Verhltnis des ursemitischen Gesetzes zum biblischen. Jdische
verletzungen scheint
sie,
soweit ich seinen
Juh 1912 S. 266) ausfhrt, uralte Traditionen sich bei den
Beduinenstmmen einer beneidenswerten Integritt erfreuen, so mchte ich
daraus nicht nur wie der genannte Gelehrte schlieen, da neben der theoretischen Regel die Komposition seit altersher bestand, sondern auch, da jene
Presse No. 28
vom
12.
infolge der milderen Praxis allmhlich ihren vielleicht anfangs krassen
Sinn verloren hat und eine sprichwrtHche Redensart geworden ist fr die Wiedervergeltung im weiteren Sinne. Wie eingewurzelt und im einzelnen festgelegt die
Formel
Komposition bei den Beduinen
ist,
dafr gewhren die Tarife ber die einzelnen
HOROVITZ, AUGE
UM
AUGE, ZAHN
UM ZAHN
639
Haben wir nun nach allen Richtungen gezeigt, da Auge um
Auge weder stilistisch noch sachlich mit dem betreffenden ParaMUSIL mitteilt, einen interessanten Einblick. 2. Durch diese Anawrde von neuem verstndlich sein, setzt man bei Hammurabi die Bekannt-
Blutpreise, die
logie
einem derartigen weitverbreiteten Volkssprichwort voraus, da der
Babylonierknig eme solche Wendung niemals als Ausdruck fr die Talion gebraucht. Hammurabi rumte mit der Blutrache ganz auf, wie schon A. Jeremias,
Das alte Testament im Lichte des Orients S. 426 richtig erkennt, nicht durch
sittlichen, sondern durch sozialen Fortschritt; die staatUche Gewalt sicherte die
schaft mit
,,
Gesichtspunkt darf nicht vergessen werden.
vielleicht in jenen Zeiten durch die staatwre
Das elementare Rachebedrfnis
liche Gewalt allein nicht niedergehalten worden, wenn Hammurabi nicht die
vielFamilienhaftung in einem sehr weiten Mae beibehalten und die Talion,
sie
vorher
strikt durchgefhrt htte, als
leicht sogar in viel grerem Mae
das sich frei bewegen darf, ist oft leichter
Rachebedrfnis,
Das
mochte.
sein
bch
zu befriedigen und schliet eher ein Kompromi, als wenn es eingedmmt und
eingezwngt ist. So bot die unerbitthche Hrte des Hammurabikodex nach
dieser Richtung hin gefhlsmigen Ersatz. Was die Neuordnung der Dinge
umstie, richtete sie auf der anderen Seite wieder neu auf, indem sie es in den
Rechtsgter".
Noch
ein zweiter
Rechtsstaat einfgte und sicherstellte. 3. Anders die Thora. Sie lie scheinbar
die tief mit dem ganzen Volks- und Seelenleben aller umwohnenden Vlker ver-
Blutrache unangetastet, welche hier ohne die Hilfe eines
alle diese Vlker umfassenden mchtigen Staatengebildes ohnehin schwerlich mit
Stumpf und Stiel htte ausgerottet werden knnen sie suchte sie aber von innen
heraus desto schneller und sicherer umzuwandehi und scharf zu trennen von der
wachsene
Institution der
ungezgelten Blutrache der Nachbarnationen.
Die groartige Einrichtung der
von berallher bequem zugnghchen (Deuteronomium XXX, 3 u. a. O., Makkoth
9b f.) Zufluchtsstdte verhinderte, da der Blutloser mit heiem Herzen" (Deuteron, a. a. O. V. 6 S. More HI, 40) vorschnell Rache nahm, da unschuldiges
Blut vergossen (a. a. O. V. 10) und Israel in seiner Gesamtheit mit Blutschuld
In die Zufluchtsstadt konnte jeder
belastet wurde (a. a. O., Aloed katan 5 a).
flchten, der
jemanden erschlagen
hatte
(a. a.
O. V.
11,
Makkoth
lob).
War
ge-
richtlich festgestellt, da der Totschlger mit Vorwissen und entsprechender Verwarnung vor Zeugen einen Mord begangen hatte, dann erst trat der Goel in
Aktion (a. a. O.): So wurde der Blutloser ein Glied der Rechtsgemeinschaft.
Das kommt wieder
darin
zum Ausdruck, da der Goel nach dem
biblischen
auch Kethuboth 37b) auch jetzt nicht freie Hand hat, sondern den
Mrder tten mu, ,,gibt ihm dieser auch alles Geld der Welt, und wre er auch
persnlich gewillt, ihn von der Todesstrafe zu befreien (Maimonides, Hilchoth
Rozeach I, 4). Treffend bemerkt Maimonides weiter, denn die Seele des
Mrders ist nicht ein Eigentum des Blutlsers, sondern ein Eigentum Gottes,
denn so heit es: Ihr drft kein Shnegeld nehmen fr die Seele eines Mrders;
Rechte
(S.
auf nichts hat aber die Thora so ernst ihr Augenmerk gerichtet wie auf das Blutvergieen". Wenn nun bei Krperverletzungen die Talion in Betracht kme, so
wrde zu erwarten sein, da die Thora festgelegt htte, ob und inwieweit der Verletzte
oder dessen Verwandter sich an der Ausfhrung der TaHon zu beteiligen
FESTSCHRIFT COHEN
640
graphen des Hammurabikodex in Parallele zu setzen ist, so mgen
noch einige Worte ber jenes Prinzip selbst folgen. JOH. D. MiCHADa darber berhaupt nicht gesprochen wird, lt sogar mgda auch vor der sinaitischen Offenbarung bei Krperverletzungen
vielfach eine Komposition stattfand, die nur einer gewissen Willkr preisgegeben
und im einzelnen nicht festgelegt, ferner zwar erlaubt und blich, aber nicht gefordert war. Wie aber im Kodex Hammurabi die genannte Formel niemals im
Zusammenhang mit der Talion angewandt wird, so in der Thora niemals da, wo
von der Todesstrafe wegen begangenen Mordes als solcher die Rede ist, und
das ist in jedem der fnf Bcher Mose der Fall. In Leviticus XXIV wird sogar
unmittelbar hintereinander (V. 17 und 18) gesagt: Und wenn jemand irgend
einen Menschen erschlgt, so soll er gettet werden. Und wer ein Vieh erschlgt,
Leben um Leben." (Eigentlich Seele um Seele). So ist deutsoll es bezahlen.
Leben um Leben", selbst wenn sie ursprnglich
lich, da die Bezeichnung
einmal auerhalb des biblischen Schrifttums einen anderen Sinn gehabt haben
sollte, allmhlich geradezu ein Ausdruck fr die Komposition geworden ist. Auch
wenn man mit Ibn Esra jenen Ausdruck auf beide Verse bezieht, hat er jedenfalls vollkommen aufgehrt ein Ausdruck fr die buchstbliche Talion zu sein
und ist ein allgemeiner Rechtsterminus geworden fr die entsprechende Bestrafung berhaupt. Kann die Bezeichnung Leben um Leben" auch fernerhin
die Todesstrafe bezeichnen, so hegt das auch innerhalb dieser Auffassung, wie
bereits dargelegt wurde (S. S. 621) nicht mehr an dem Ausdruck selbst, sondern
an der Eigenart des Falles, der die Todesstrafe als einzige in Frage kommende
Shne verlangt. Dazu kommt alles das, was wir bezglich des Ausdrucks mn
ausgefhrt haben, der, wie es scheint, nur in der Bibel in diesem engeren Zusammenhang vorkommt, ber das Schweigen von jedem Lsegeld usw. und nicht
zuletzt ber die sorgfltige bis ins Kleinste durchgefhrte Abgrenzung der einzelnen Krperverletzungen voneinander, die schon eben deswegen eine buchstbliche Talion ausschUet. Auch das Recht der Schiiten, so wenig ideal es an
sich ist, zeigt, wie das Streben nach einer gerechten Strafe der durchgngigen
habe oder
nicht.
lich erscheinen,
,,
Ausbung der Talion Verlegenheit bereitet (siehe die betreffenden Zusammenund die Literatur bei J. KOHLER, Zur Lehre von der Blutrache.
Wrzburg, Stahel 1885 S. 2off.) ber die Blutrache bei den Naturvlkern
stellungen
Khler a. a. O. Kap. i. Bei den Malaien findet bei Krperverletzungen ein
gemindertes Blutrecht statt, und der Wertpreis entspricht der Werttaxe desjenigen
Gliedes, welches der V^erletzte eingebt hatte a. a. O. S. 11. 4. Nun noch einige
Worte ber Deuteronomium XIX, 21. M. GDEMANN schreibt in seiner Jdischen Apologetik (Glogau 1906) S. 15: Das alte Vergeltungsrecht ist schon
in der Thora selbst unter Anwendung dieses Prinzips beseitigt worden". Damit
knnte ich ja gewi einverstanden sein, wenn sich GDEMANN nicht in der An-
s.
Mller
und dadurch jenem
auch einen neuen
er, die Stelle zeige gerade, da
,,die alten Talionsformeln zwar beibehalten wurden, sich aber bereits zu einem
unmiverstndlichen Sprachgebrauch fr die Komposition abgeschliffen haben".
Das ist aber insofern nicht richtig, als nach der bereinstimmenden rabbinischen
merkung
zu diesem Satze (S. 236) auf D. H.
Deutung gbe. GDEMANN
Gesichtspunkt hinzu. Gegen MLLER betont
Satz eine eigene
beriefe
fgt indessen
HOROVITZ, AUGE
ELIS hat
die in
in
dem
UM
AUGE, ZAHN
UM ZAHN
64 1
seinem mehrfach von uns genannten Werke, das zwar
Gesetz
zum Ausdruck gebrachte Humanittsidee
klar
und
5 b) tyin K?B3 im Sinne der Todesstrafe verstanden werden
whrend
nnn tii verschieden gedeutet werden kann und gedeutet
B3
mu,
worden ist (s. S. igff.). Da die Thora bei der Art der hier in Betracht kommen-
Ansicht (Makkoth
den falschen Zeugenaussage a. a. O. V. 19 das Prinzip aufsteUt Dt nt^XD 1^ an^trjjl
vn'? ^\^vyb, was dann in dem Nachsatz und in den folgenden Stzen nher begrndet wird, so ist klar, da jene mit dem dolus directus in dem jeweiligen Fall
gleichgesetzt wird. Kann nun der beabsichtigte Totschlag nach dem Gesetz der
Bibel nur durch die gerichtUche Ttung geshnt werden, so mu B'Bia V&i in
diesem Zusammenhang die Todesstrafe bedeuten ebenso wie yy2 yy usw. nur
ein Ausdruck fr die Komposition sein kann. Die talmudische Deutung ist also
vollkommen konsequent und sachlich gerechtfertigt. Z. Ch. MECKLENBURG,
Malbim zum Sifre a. a. O. und andere wollen einleuchtend machen, da die
pharisische Deutung von Deuteronomium XIX, 19 gegenber der sadduzischen
(Makkoth a. a. O. ber die richtige Lesart in der Mischna s. n'japni 2n3 z. St.)
gerade auch in dem Terminus Bi2 CB3 usw. statt SJ nnn E'3 usw. zum Ausdruck kommt. Siehe jedoch meine demnchst an anderer Stelle erscheinende
Abhandlung, Zur rabbinischen Deutung von Deuteron. XIX, 19 und XXV, 12.
GDEMANN hat sich vielleicht nur in dem Ausdruck vergriffen und sagen wollen,
da nach der Auffassung des Dt n3 = nt^J? -iirt K^l not ICSi eine eigentliche
Talicn ja insofern nicht stattfinde, als die vermeintliche Strafe noch nicht vollstreckt wurde, welche die falschen Zeugen ber einen Unschuldigen zu bringen
beabsichtigten, die aber nun an ihnen vollzogen wird. Die Stelle zeigt aber
weiterhin, da der
Ausdruck Auge
um Auge"
usw. sich nicht
mehr
allein
auf
Krperverletzungen bezieht, sondern ein allgemeiner Grundsatz des Strafrechts
Die Stze V. i6fif. sprechen ja deutlich (V. 16: mo U niij)'?) nicht nur von
ist.
Totschlag und Krperverletzung. (S. auch Sifre zu Deut. IX, 19: "lil ib nn'tryi
Ergibt sich so aus der Schrift selbst
D^traiy n'':ij; nx nso mro nx poo po ox.)
der zugleich allgemeinere Sinn des Satzes, der nach dieser Richtung hin nicht
bei seiner wrtlichen Auslegung stehen bleibt, so hat es auch keine Schwierigkeiten, da nach der rabbinischen Deutung der Worte ]''j;3 ]"; hier ja nach beiden
Seiten nur der
Wert des Auges gemeint
ist;
der Mastab fr den Ersatz bildet
Schaden usw., den der Verletzte durch den Verlust seines Auges
erlitten hat, so da die Formel vollstndig verstndlich ist. Ohne die rabbinische
Deutung des ]''V rnn yf wrde man aber auch hier nicht den Ausdruck ]'>J?3 yy
im Sinne der Komposition verstehen knnen. Steht nun diese Deutung von
'1i1 yy^ yy lSi2 CBi fest, so ist klar, da sich auch das ^r5? Dinn xbl hier ebenso
wie auf die Todesstrafe auch auf nipV und ]ino bezieht und was Maimonides,
Hilchoth Chobel I, 4 ausfhrt: lionnxi n bzn niirn bv^ nt klt '"ij? "loxn xctr ^'n na
']yy Dinn x"?! 10x3 -\^h ergibt sich aus der Schrift selbst. Maggid Mischne z. St.
gibt als die Quelle von Maimonides den Sifre an. Gemeint sein kann die im
Jalkut zu unserer Stelle aufbewahrte Bemerkung (S. auch Lekach Tob z. St.),
wonach aus Deut XXV, 12 gefolgert wird, da das Dinn x"?! hier sich auf pOD
bezieht, aber auch Sifre zu XXV, 12, wo R. Jehuda umgekehrt aus der (allgemein
anerkannten) Bedeutung des Dinn x'?1 in unserer Stelle auf Deut XXV, 12 schliet.
natrlich der
41
FESTSCHRIFT COHEN
642
scharf erkennt,
es
aber im brigen
als
krasses jus talionis nimmt,
dargelegt, da (Seite 60) der Unterschied der Stnde dieses in
Wenn
Rom
da der Ausdruck ^a^J? Dinn b) sich sonst
nirgends bei Geldstrafen findet, so ist dagegen zu sagen, da er einmal in den
von Deuteron. XXV, 12 abgesehen, wovon
gesetzlichen Teilen der Thora
berhaupt nur bei der Todesstrafe vorkommt,
gleich zu sprechen sein wird
Avie er auch sonst fast durchweg nur bei Tod und vlliger Vernichtung gebraucht
wird. In Genesis XLV, 20 wird aber gerade der Gedanke, Lats euch nicht
leid sein, hier allerlei zurcklassen zu mssen, da ihr reichlichen Ersatz bekommt" durch die Worte in DS"? nns yMi "?3 Sita "3 Tb:) by Dinn b D3ryi verdeutlicht: eigentlich euer Auge habe kein Mitleid mit euren Gerten" usw. und
in Psalm LXXII, 13 wird das Wort Din im Sinne des Mitleids mit den Armen
angewandt. (Satz 14 a und b entsprechen genau 13 a und b). Das ist noch kein
positiver Beweis und nur eine ungefhre Parallele. Den Beweis dafr, da k"?
Dinn sich hier auch auf andere Strafen mitbezieht, glauben wir aber aus den betreffenden Schriftversen selbst erbracht zu haben. Die Mahnung "\i^ Dinn n"? ist
hier ja fr alle Strafarten besonders am Platze, weil das D? nwXD nach dem
schlichten Schriftsinn zeigt, da die Strafe an den D"1t ^'iy vollzogen wird wegen
ihrer schlechten Absicht, auch wenn diese einen schlielichen Erfolg nicht zu verzeichnen hat. Aus dem B'Sia U?B3 schlieen die Rabbinen (Makkoth 5 b) allerdings,
da vorausgesetzt wird, die D'^lt D^nj? haben einen Urteilsspruch schon erreicht,
der nur noch nicht ausgefhrt wurde. Das Weitere ber l"J> setze ich in der genannten, demnchst an anderer Stelle erscheinenden Arbeit auseinander. Was nun
geltend gemacht worden
ist,
n3 nx nnifpl angeht, so erklrt die Tradition diesen Satz, wie ich
anderwrts darlege, in verschiedener Weise. Hier sei nur noch bemerkt, da
diejenigen, welche den ganzen Fall von der Verpflichtung reden lassen, den Ver-
11"'
J?
Dinn
*?
seinem Verfolger dadurch zu schtzen, da dieser unschdlich gemacht
wird, den Vordersatz wrtlich nehmen und in "[y]} Dinn b die Mahnung erblicken,
selbst vor der Ttung des Verfolgers nicht zurckzuschrecken, wenn ein anderer
Schutz des Verfolgten ausgeschlossen ist. Nach der Deutung, die den Fall auf
ntyn bezieht, knnte "[yy Dinn b besagen, da auf ll hier nicht verzichtet werden
darf, auch wenn dem Beleidigten keinerlei materieller bzw. krperlicher Schaden
hinzugefgt wurde. 5. Im Sinne der Talion aufgefat haben die Sadduzer die
wie Megillath Taanith IV, i mitteilt. H. GrTZ, Geschichte
Worte yy 'n
der Juden III, 2, 4. Aufl. S. 693 will in der ganzen Errterung des Talmud 83bff.
eine Besttigung dieser Nachricht sehen, whrend B. Ritter, Philo und die
folgten vor
l''J?,
Halacha, Leipzig 1879
S. 133
zweifeln zu sollen glaubt.
f.
Da
die
Notiz auf Grund der gleichen Quelle an-
Philo das Gesetz als jus talionis aufgefat hat,
bekannt. S. die nheren Nachweise bei Ritter S. 18 ff. Nach Ritter S. 20
und bes. 21 Anm. i nimmt Josefus eine vermittelnde Stellung ein. Ob freilich
ist
dahin verstanden werden mu, da es dem
freien Ermessen des Beschdigten anheimgestellt bleibe, die Hhe der Summe
zu bestimmen, ist nicht ganz gesichert. Irrtmlich vindiziert A. JerEMIAS, Das
alte Testament im Lichte des Orients, 2. Aufl. Leipzig 1906, S. 426 gar der
die betreffende Stelle, Ant. IV,
8. 35,
Mischna eine solche Ansicht. 6. Zu den Anhngern einer buchstblich krassen
Auslegung des Gesetzes wird auch der Maimonides des More gezhlt. Die be-
HOROVITZ, AUGE
UM AUGE, ZAHN UM ZAHN
643
ganz abgeschafft und bewirkt habe, da der unter Despoten
fast
stehende
Rmer im
treffende Stelle
(More Nebuchim,
setzung:
nntan
iavj?-i
nm
k*?!
feindenkend
so
Jure
]r\y
III,
war,
Kap. 41) lautet
p mxa mo
jn"
in
^B'^<3
wie wir
jetzt
sind.
der Tibbonschen bernow nn non ^m
in
D^piDsn n2D rn^ nin n:i3n
nao
x^i
nj>n
mo'pnn
"'S ]ii3)33
nin n^mtv lirirna
n bs; sie hat von je Aufsehen
na ^h
erregt und schon Schemtob ibn Palakera zu der Bemerkung veranlat: xbl
lanysi nvi laa" nufni m'? "jd n^ 'd ivnoi li^an njsj nas Tijjnv Die uerung
des More erscheint um so auffallender, als Maimonides, Hilchoth Chobel I, 3
Anfang, ausdrcklich das Gegenteil sagt: ]nv p Dnxn Di "in"' niyS2 nmna nsati nt
n::n2 bsnc? idd ntl "pun"? li'X 13. Indessen ist einmal zu beachten, da diese Ablehnung der wrtlichen Auslegung jenes Satzes erst erfolgt, nachdem unmittelbar
vorher (a. a. O. I, 2 Ende) konstatiert wurde: nnn ^^i<}V nttr no'? nyitt'n ^SO
Xin poo D^tr*'?; sodann erklrt Maimonides (a. a. O. 3) positiv den angezogenen
Satz: ipti D':'ti'D '[Tzb'i nc'j? ic3 n "^nn"? \s nax non"? 'Ini wt:' bx; dieses i^-'sb
wird erst verstndlich, wenn man an die Worte nyitJ?" ''S usw. denkt und an
die in 2 mitgeteilte Tatsache, da das Wort nnn nach der rabbinischen Ansicht
im Sinne des Schadenersatzes zu verstehen ist. Maimonides erklrt zudem dieses
l^'h durch den Nachsatz: in na'js ni'nb nsn B'Bab 1S513 inpn ab -lois sin "'im
'131
"1313 13 pK!J? wie B. K. 83 b.
Insoweit knnte danach der Widerspruch als
ausgeglichen gelten. Entfernt sich doch die Erklrung, die Maimonides dem
Satze schlielich gibt, und die mit derjenigen vieler Bibelerklrer bereinstimmt,
noch kaum von der wrtHchen Bedeutung. Zu dieser tritt sie erst in Gegensatz
durch die in Halacha 2 gegebene Voraussetzung. Das Prinzip der Strafe aber
bleibt ja nach wie vor die Wiedervergeltung. Dazu kommt vor allem, da erst
Dj?i
-\'\'ohr\n
D^isa
D^iD
ytsB'''
inb^
im Sinne des Maimonides die eigentliche Begrndung fr die rabbinische Deutung mitteilt, wodurch nochmals klar wird,
da 3 (und 4 ber Deuter. XIX, 21 Anfang nach Sifre z. St.) nur zeigen wollte,
da und wie die betreffenden Verse mit der Tradition in Einklang zu bringen
sind. Maimonides sagt a. a. O.: in ]''ai'?B'n ]"$? nnn ]")! nnasa notsat? ntir piDi
innij? pi 'ui s)-i3K3 1 13X3 inyn nx b?"'s n3'' ''31 lxi itb31 nnnn nnn mnn 13 -lOs:
Jad Hachasaka
a. a.
O.
I,
ma"? xn xqt' xsni in-'
K"X "WH m:ni
X3T XS11 in" inil? p1 ]'l'7ti'n3 0:^1 nitP3 03 XSV3 r\)^)}b, so gewinnen wir den Eindruck, da Maimonides dort gleichsam das Rohmaterial vorfhrt, aus dem er
auf
seine Beweise formt, und da er mit den Worten Q"3B3 n"'3S yr^V nj?"i
.D"'n3^s
nxB^3 "iioxn nnn"?
]"'in
xini ^'Oi'j'n n"ii3n3 lxiiy nnna^
V/enn nun der More gleich nach der
zitierten Stelle fortfhrt:
die Beweisfhrung hinweist, die er bereits
im Jad Hachasaka gegeben hat, und
noch weiter zu ergnzen und zu
die er vielleicht durch andere Gesichtspunkte
Da
der More
den Kapiteln 35, bezw. 36 49 des dritten
Teiles die Grundprinzipien der Gebote behandelt, welche Maimonides, unbeschadet einiger kleiner Abweichungen, nach dem Vorbild seines groen "iBD
vertiefen beabsichtigt.
in
T'\n in vierzehn Klassen einteilt, die Darstellung nur das Wesentlichste hervor-
hebt und weitereilt, hat er hier nicht Gelegenheit, ber alles einzelne so eingehend zu sprechen, wie er es gern mchte. Ihm kommt es in dem betreffenden Zusammenhang lediglich darauf an, die ni3D der Gebote, die nison 'Oj;t3, die
zugrunde liegenden Zwecke und Gesichtspunkte klar zu machen. Da der More
41*
FESTSCHRIFT COHEN
644
Dies
ist,"
fhrt er fort,
sehr begreiflich.
Die Rmer verloren mit
der Zeit immer wieder von der natrlichen Gleichheit, die lange der
von Y)f bis mun
(Exodus XXI, 24 25) handelten samt und sonders von Verwundungen, die entsprechend vergolten werden knnen, und nur bei dem Schlag mit dem Stein
und der F"aust kme eine solche buchstbliche Wiedervergeltung nicht in Betracht, kann schon dem scharfen Denker nicht zugemutet werden, ganz zu
schweigen von dem Vertreter des traditionellen Judentums. Um so weniger, als
der Talmud gegen die krasse Auslegung geltend gemacht hat, H^Si b) yy nnn yy
yy nnn ]"'J?1, und die Gefahr dieser schlimmsten Grenzberschreitung der Strafe
um so grer wird, je schwerer die Wunde ist, die nach dem Wiedervergeltungsrecht dem Verwunder zuzufgen wre. Die Worte D"'iB3i D''iB VB'"' nj)1 im Zusammenhang mit dem folgenden knnen also nicht anders verstanden werden,
als da Maimonides von ferne auf die Brcke hinweist, die zu der traditionellen
Auslegung fhrt. S. MUNK hat in seiner klassischen Ausgabe des More (Le
Guide des Egares. III. Paris. Franck 1866) Seite 313 i f nachdem er zunchst meint, Nous avons donc ici une preuve evidente que, Maimonide, dans
le present ouvrage, suit son opinion personnelle, sans se preoccuper des decisions
rabbiniques, danach betont: Cependant, il est bien difficile, d'absoudre compl^tement notre auteur du reproche, d'etre en contradiction avec lui meme. MUNK
verweist zum Beweise dessen auf die Einleitung zum Kommentar in die Mischna,
in der Maimonides im eigenen Namen zu sprechen scheine, und in der er .ausdrcklich sage, da einer, der sich als Prophet ausgibt und etwa die traditionelle
Auslegung des Textes angriffe, z. B. sagen wrde, da die Worte nB3 nN nnspl
wrtlich aufzufassen seien und nicht im Sinne einer Geldstrafe, sich selbst dadurch als falschen Propheten erwiese und mit dem Tode bestraft werden msse."
Diese Stze sind nun allerdings, soweit sie das Beispiel betreffen, das Maimonides hier anfhrt, hchst auffallend, und wie ich in meiner Abhandlung: Zur
rabbinischen Deutung usw. zeige, in (vielleicht nicht ganz unlsbarem) Widerspruch mit seiner eigenen Deutung des genannten Verses. In der Sache aber
bringen sie den Standpunkt des Rabbinismus zum Ausdruck (S. die rabbinischen
Bemerkungen zu Deuter XVIII, ig, 20 und XIII, iff., besonders Sanhedrin 89 f.
und Mischnakommentar zu Sanhedrin XI, 5, wo Maimonides auf seine bezgliche Auseinandersetzung in der Einleitung seines Mischnakommentars verweist.
S. auch noch minn "'IID"' niS^n IX, i und 0^3313 mnj? ni3'?n V, 7), mit welchem
Maimonides sich eins wei. ber eine andere Schwierigkeit in der Auffassung
des Maimonides, s. Lechem Mischne zu Hilchoth Jessode Hatora a. a. O. MuNK
htte aber noch auf Jad Hachasaka a. a. O. I, 6, also unmittelbar nach der
zitierten Stelle, aufmerksam machen sollen, wo es heit: )bi< D"'T3TC ''B by r)SM
]''2j) i-xi:
'131 T^wb
n3^n i'?i3 'i^D nno i2''3i nro "b ]n ywwt ]'7i3i snsiiy
Diese nochmalige Hervorhebung wre doch, zumal es sich hier um eine T\^bT\
VD nvb handelt, nicht notwendig gewesen, wenn hier nicht die persnlichste
Meinung des Maimonides zum Ausdruck kme. Da das der Fall ist, wird auch
daraus deutlich, da hier Maimonides aus Eigenem zu schpfen scheint. Gerade
die von ihm an dieser Stelle geltend gemachte Beweisfhrung ist in dem gesamten rabbinischen Schrifttum nicht zu finden. Selbst, wenn man mit Lechem
allen Ernstes sagen will, die sieben verschiedenen Beispiele
mm
HOROVITZ, AUGE U.M AUGE, ZAHN
645
der Gemeine
gegen den vornehmen
usurpiert htte, durch mchtig werdende Brger, und da
Arme gegen den Reichen
Patrizier
Mischne
UM ZAHN
z.
St.
der Meinung
ist,
da Maimonides
vielleicht in B.
Kamma
84 statt
lK hu vorgefunden habe "?
rnno 'K
nnnn nnn muno 'B'N 'i IDK (dazu wrde gut stimmen, da die Ableitung von
dem parallelen E'SJ nnn B2 unmittelbar vorher nur darum zurckgewiesen worunserer berlieferten Lesart
den war, weil nn'O
nij? "iV
yp^i yil ^H^ l'poo rp3 r^T; andererseits htte der
Talmud
vermutlich diese Begrndung dann ebenso wie Maimonides noch weiter durch
den Hinweis auf ^n^ in2t? pi kommentiert, was schon einen nicht unwesentlich
vernderten Text voraussetzt), hat Maimonides durch die ganze Art, wie er diese
Argumentation vortrgt, durch die Stelle, an der er sie bringt, und da er von
allen anderen sie allein hier nennt, deutHch genug zum Ausdruck gebracht,
welchen Wert er auf sie legt. Danach ist aber auch die Erklrung, die MUNK
schhelich den betreffenden Worten des More geben mchte: p. 314^: Peutetre voulaitil dire, que les rabbins, par humanite, ont adouci l'ancienne loi du
taUon et ont fait passer leur interpretation pour une tradition remontant jusqu'
Moise lui meme unmglich, ganz abgesehen von allem, was von vornherein bei
einem Maimonides gegen sie spricht. Da sie verfehlt ist, wird neuerdings deutlich durch eine Stelle aus dem Pentateuchkommentar von Abraham ben Maimon,
dem Sohne des Maimonides, zu Exodus XXI, 24, die S. Eppenstein in den
Beitrgen zur Pentateuchexegese Maimunis mitteilt (S. das Sammelwerk Moses
ben Maimon, Band I. Leipzig, Fock S. 413 Anm. i). Dort heit es: Mein Vater
hat hierbei, wde ich es von ihm als mndliche berlieferung habe, auf eine
wunderbare bereinstimmung zwischen der berlieferung und dem ueren
Wortlaut hingewiesen; jedoch ist es mir nicht mglich, es schriftlich zu verweil er es geheim gehalten haben wollte". Der Vorwurf, den MUNK
gegen Maimonides erhebt, ist also nicht begrndet. Zu den letzten Worten von
Abraham ben Maimon ist noch zu bemerken, da MuNK a. a. O. die betreffenden
Stze im More nach dem arabischen Urtext bersetzen zu sollen glaubt: En
outre, j'ai aussi sur la tradition, dont il s'agit, une opinion, qui doit etre exposee
de vive voix, whrend Schemtob den betreffenden Passus gleichfalls "IDIK nj?T
ns ? ns nmx, Charisi aber ns h HB nnix ivotr xiao (Munk a. a. O.) bersetzt.
Wie dem auch sei, da Maimonides seine Erklrung habe wirklich geheim
halten wollen, scheint mir kaum glaublich; dafr findet sich bei Maimonides
meines Wissens sonst kein Beispiel. Man lese nur einmal, was er in der Einleitung zum ersten Teil des Buches ber die Leser schreibt, an die er sich
wendet und zu Begmn des dritten Teiles, wo er auseinandersetzt, da er sich
gentigt sehe, seine Auffassung selbst von n'W13 n5?12 und n32no nE'j.'O wenigstens insoweit darzulegen, da der denkende Leser sie zu verstehen befhigt ist.
Das DIT" b"'DB'oni und dergleichen Wendungen bei Ibn Esra knnen hier nicht als
Ich kann mir die Sache nicht anders erklren,
Parallele herangezogen werden.
aus
der Stelle im More, die ja eine solche AufAbraham
ben
Maimon
als da
fassung mglich macht, irrtmlich geschlossen hat, Maimonides habe seine
Erklrung der betreffenden Verse nicht bekannt geben wollen. Auch mag er an
die Stelle im Jad Hachasaka a. a. O. nicht gedacht haben, mit der sich natrlich
die Abraham ben Maimon bekannte Beweisfhrung wohl nicht erschpft hat.
breiten,
FESTSCHRIFT COHEN
646
Mann
Auge, so fglich er auch vielleicht bei
seinem Migang dies berflssige Werkzeug entbehren konnte, verlieren sollte, weil er einem Armen sein zwar zum Lebensunterhalt und
Arbeit unentbehrliches, aber doch am Ende canailleuses Auge ausgeschlagen hatte, kam dem Prtor nach und nach hart vor". Michaelis
der vornehme
sein
Ausfhrungen: Jede Strafe, die gelinder
gehrt in einen Staat von Unterdrckern
schliet seine diesbezglichen
ist
als
gleich
gegen
gleich,
und Sklaven." Wir haben ja bereits gesehen, wie sehr die im
Judentum berlieferte Auffassung des Gesetzes an dem von Michaelis so stark betonten Grundgedanken des Wiedervergeltungsrechtes
festhlt. Wie sie mit ihm Ernst macht, zeigt die Tatsache, da sie' einen
fnffachen Ersatz fordert, neben dem Ersatz des dauernden Schadens,
der Versumnis- und der Heilungskosten, noch einen besonderen Ersatz
fr den zugefgten Schmerz und die angetane Beschmung. Wenn aber
MUNK
a. a.
O. bemerkt richtig, da,
wenn man
die
Tibbonsche bersetzung
bzw. diejenige Charisis aufrecht erhielte, sich Maimonides hier wie an anderen
Stellen an seinen Lieblingsschler Joseph ibn Aknin wenden wrde, dem er ja
den More gewidmet hat. Die Schwierigkeiten, die er eben darum bei der
Tibbonschen Auslegung der Worte findet (a. a. O.), scheint MUNK viel hher
einzuschtzen, als sie sind. War auch der Schler von dem Meister rumlich
entfernt, so durfte doch Maimonides ihn noch einmal wiederzusehen hoffen.
Andererseits legt die von MUNK hervorgehobene Tatsache, da Maimonides in
Kairo, ibn Aknin in Aleppo wohnte, sowie der Umstand, da sich die Worte
nach der genannten bertragung an diesen richten, von einer neuen Seite nahe,
das na b na, bzw. d''3S ^ D"'i berhaupt nicht allzu wrtlich zu nehmen. Ein
Diplomat pflegt sich jedenfalls anders auszudrcken. Unmglich aber ist es, die
Worte als an Abraham ben Maimon gerichtet anzusehen, wie jetzt Eppenstein
a. a. O. in Erwgung zieht, der die anderen Erklrungen der Stelle unbercksichtigt gelassen hat. Nach jeder, gewi aber nach der MUNKschen bersetzung
scheint nach allem, was hier dargelegt wurde, unsere Erklrung der Stelle die
Wie ich nachtrglich sehe und wie bereits S. 620 bemerkt
einleuchtendste.
wurde, geht die Argumentation in Jad Hachasaka auf die Mechilta de Rabbi
Simon ben Jochai zurck. Meine Auseinandersetzung, die mit der Mglichkeit,
da doch vielleicht eine alte Quelle fr die Beweisfhrung des Maimonides, vorhanden sei, von vornherein gerechnet hat, wird durch diese Feststellung, so
interessant sie an sich ist, nicht weiter berhrt. Von anderen Stellen, an denen
Maimonides mit der Tradition nicht in Einklang zu stehen scheint, und die
W. Bacher in seiner Schrift, Die Bibelexegese Moses Maimunis, Budapest 1896,
Beilage
zum
Bericht der Landesrabbinerschule, S.
;^7
Anm.
4 auffhrt, sei bei
einer anderen Gelegenheit die Rede.
Der Schaden pti, auch (B. Kamma 86a und Gittin 42b s. Raschi z. St.)
nac groe Versumnis" genannt, wird nach der Mischna (B. K. 83 b) in
der Weise berechnet, da man gerichthch abschtzt, wieviel der Verwundete
'
n!?ni
HOROVITZ, AUGE
UM
AUGE, ZAHN
UM ZAHN
647
Kant^ ausfhrt, Geldstrafe wegen einer Verbalinjurie habe gar kein
Verhltnis zur Beleidigung, denn der des Geldes viel hat, kann dies
sich wohl einmal zur Lust erlauben; aber die Krnkung der Ehrliebe
des einen kann doch dem Wehtun des anderen sehr gleich kommen, wenn dieser nicht allein ffentlich abzubitten, sondern jenen, ob
er zwar niedriger ist, etwa zugleich die Hand zu kssen durch Urteil
und Recht gentigt wre," so zeigt ja einmal schon die ganze Art, wie
das Judentum jenen Ersatz bestimmt, da hier auch ideelle Momente
vollauf bercksichtigt sind, eben schon dadurch, da auch der Schmerz
und
die
Beschmung mit
in
Anrechnung gebracht werden und nicht
Weil sich aber hier die
Komposition nicht etwa zugunsten des Reichen und besser Gestellten
eingeschlichen hat, sondern aus dem Prinzip der Wiedervergeltung
der uerlich
blo
angerichtete Schaden.
heraus wie von selbst hervorgewachsen
ist,
aus
dem
Bestreben, aus-
gleichende Gerechtigkeit zu ben, soweit das auf Erden mglich
ist,
im jdischen Rechte keine Spur zu finden der von Michaelis
mit Recht gegeielten Schden des sptrmischen Verfahrens, das
in der Tat in vielfacher Hinsicht einen Rckschritt bedeutet gegen
ist
das harte aber vergleichsweise weit gerechtere jus
heit ist
talionis.
In
Wahr-
denn auch das canailleuse" Auge des Arbeiters nach
dem
vor der Verwundung als Sklave wert gewesen wre, und wieviel er jetzt in der
gleichen Eigenschaft wert sein wrde. Die Differenz mu bezahlt werden. Die
Versumnis n3iy (B. Kamma 83b) oder nip r\2V kleine Versumnis" (B. K.
86 a und Gittin a. a. O.) bercksichtigt, da der Verletzte, solange die Wunde
noch nicht geheilt ist, auch diejenige Arbeit nicht verrichten kann, die er nach
erfolgter Heilung zu leisten imstande ist. Je nachdem ihm die Hand, das Auge
oder der Fu verletzt wurde, wird ihm demgem (B. K. 85b) diejenige Summe
zugebilligt, die er in der Zwischenzeit als Wchter eines Gurkenfeldes, Trhter
oder Arbeiter in einer Mhle htte verdienen knnen. Die Hhe des Schmerzensgeldes tJJS wird (85 a) folgendermaen festgestellt: Man schtzt ab, wieviel jemand, dessen Hand der Regierung verschrieben ist, geben mchte, damit sie
mittels eines Pulvers statt mit dem Schwert abgelst wrde. Der Ersatz fr die
Beschmung n3 ist (86b ff.) je nach dem Ansehen, der sozialen Stellung usw.
des Beleidigers, beziehungsweise des Beleidigten und einer Flle anderer Gesichtspunkte individuell verschieden. Zu dem Entgelt fr die Heilung MBi (B.
K. 83b, 85 a) rechnen die Dezisoren (Moses Isseries zu Choschen Hamischpat
420 3) auch die krftigere und reichlichere Bekstigung, die der Kranke erhalten mu. Nicht immer kommt natrlich ein fnffltiger Ersatz in Betracht;
schon der Talmud nennt Beispiele (85 b), bei welchen Schaden und Versumnis
zusammenfallen oder (a. a. O.) nur Schmerz, beziehungsweise nur Beschmung
Das
usw. verursacht wurde, ohne da ein Schaden angerichtet worden wre.
Nhere ber alle Einzelheiten s. Choschen Hamischpat Kap. 420 ff.
'
S. 332.
FESTSCHRIFT COHEN
648
jdischen Recht nicht schlechter, sondern besser geschtzt
als
das
des reichen Miggngers.
Ausdrcklich wird festgelegt ^ da die allgemeine Abschtzung des Schadens, wonach berechnet wird, wieviel
Hnde als
der einen Hand
der Betreffende frher beispielsweise im Vollbesitz seiner
Sklave wert gewesen wre,
weniger wert
ist,
jetzt
aber durch den Verlust
nur dann Gltigkeit hat, wenn der Verletzte keinen Beruf
dem
Hnde
besonderem Mae angewiesen
ist.
Ist er aber in seiner Berufsarbeit geschdigt, dann mu die
Ersatzsumme entsprechend hher sein.
Ist nun auch nicht zu leugnen, da eine Geldstrafe fr den
Armen immer empfindlicher ist als fr den Reichen, so kommt
zu den schon hervorgehobenen Gesichtspunkten, zu der immer
wieder dem Verletzer durch den fnffachen Ersatz ins Bewutsein gebrachten Tatsache, da er seinem Nebenmenschen Schmerz
und Schande zugefgt hat, hinzu, da es nach der Ansicht
der Rabbinen eine schwere Snde ist, seinen Nebenmenschen zu
beschmen. Wer einen anderen ffentlich beschmt, hat keinen Anausbt, bei
er auf seine
in
an der zuknftigen Welt, heit es im Talmud ^
teil
Vor allem aber
Moment geltend gemacht: Obwohl er
fnffachen Ersatz geleistet hat, wird ihm nicht verziehen,"
hat dieser noch ein weiteres
diesen
die Mischna3,
sagt
bis
Diese Verpflichtung,
fr
den beltter eine solche Kraft, da
nicht
Hilfsmittel
der
um
den Verletzten um Verzeihung bittet."
Verzeihung zu bitten, hat aber im Judentum
er
Staat,
weiter
sondern
paraphrasiert
die
die
bedarf.
der von Kant angegebenen
Diese Pflicht
Gott
Religion,
angefhrte
sie
Mischna
legt
selbst,
richtig:
ja
auf.
Shne
hat
den
fnffltigen
Ersatz
zur
nicht
Maimonides^
Obwohl
Ersatz geleistet hat, wird er so lange nicht geshnt,
Die
hier
als
er
jenen
er usw."
unerllichen
Vor-
aussetzung, es sei denn, da der Fall so liegt 5, da nicht alle Gesichts-
punkte
in
Betracht
demtige Abbitte.
drcklich der
'
kommen;
Und
jene wird aber erst vollendet durch die
Gott sieht
Talmud, bezw.
die
in
das Herz.
Mischna^
Jad Hachasaka, Hilchoth Chobel V,
645 Anmerkung,
5 s. S.
wei, wie nach-
den Vershnungstag
Choschen Hamischpat Kap. 420 15 und yw z. St.; vgl. a. a. O. 17.
Mischna Aboth III, 11 B, Mezia s8b f. u. a. O.
B. Kamma p. 92 a. S. noch Raschi dort und Meirath Enajim zu Ch. H.
Cap. 422 Anfang.
^
fr
Man
Joma
VIII,
9.
9.
HOROVITZ, AUGE
UM AUGE, ZAHN UM ZAHN
betont, es heie in der Schrift ^
649
Von allen Euren Snden seid Ihr
Snden shnt der Vershnungstag,
Nur diejenigen
bei denen kein Mensch im Spiele steht; bei den Snden aber
zwischen Mensch und Mensch mu der eine den anderen um Verzeihung bitten^, und erst wenn der Beleidiger den Beleidigten ein
zweites und drittes Mal demtig um Entschuldigung gebeten hat,
Der
ohne da sie gewhrt worden wre, ist die Tat geshnt.
Zweck ist erreicht: Die Krnkung der Ehrliebe des einen ist, um
mit Kant zu reden, dem Wehtun des Hochmuts des anderen gleichgekommen"; indem der Snder selbst durchmacht, was er dem
rein vor Gott."
anderen getan hat, hat
er die
innere Luterung erfahren,
die
die
Vershnung gewhrleistet; diese kann nicht verhindert und
hintangehalten werden durch die Hartherzigkeit eines Menschen. Von
dem Verletzten aber verlangt die Mischna 3, da er nicht grausam
was spter dahin erklrt wird, da er, von besonders
sei,
gttliche
gearteten
Ausnahmefllen
abgesehen,
mindestens nachdem der Tter
So mndet auch
zum
die
gewhre,
Verzeihung
zweiten Male Abbitte geleistet
unserem Gesetze, wie wir gesehen haben
und wie nicht eindringlich genug betont werden kann, wie berall
im Judentum, die Gerechtigkeit letzten Endes in die Liebe. Die persnliche Rache ist immer verboten.
Du sollst Dich nicht rchen
und nicht Ha nachtragen" (Leviticus XIX, i8). Sprich nicht: So
wie er getan, will ich ihm tun, ich will dem Mann vergelten nach
seinem Tun" (Sprche XXIV, 29; vgl. XX, 22). Michaelis, der
(Seite 79) durch seine irrtmliche Grundauffassung veranlat, gegenber dem Einwand, da nach einer gesunden Moral die Rachgier
hat'*.
nicht
zu billigen
sei,
in
die sich nicht
anders
als
mit Wiederantuung
desselbigen Unrechts befriedigen lt," zu der Ausflucht
greift,
Moral
und brgerliches Recht seien nicht einerlei Dinge, hat auch nach
dieser Richtung hin die Tendenz des Gesetzes vollkommen ver-
Hegel
kannt.
hat
tiefer
gesehen,
Wieder Vergeltung zunchst gegen
^
Leviticus
Joma
XVI,
wenn
sich
hat,
er 5
ist,
meint:
da
Was
sie als
die
etwas
30.
87 a.
Kamma
O.
Choschen Hamischpat, Kap. 422 und Orach Chajim Kap. 606. Die dort
zusammengestellten bedeutsamen Bestimmungen verdienen eine besondere
Wrdigung. Einen scheinbaren Widerspruch zwischen O. Ch. uud Ch. M. klrt
3
B.
a. a.
+ S.
Me'irath
5
Enajim zum Choschen Hamischpat
a. a.
Grundlinien der Philosophie des Rechts
O.
loi.
Anm.
gut auf.
FESTSCHRIFT COHEN
650
Unmoralisches,
gelten kann.
als
Aber
Rache
Die Rache
aus.
Und Hegel
Bibel'.'
und
sie
so fr ein Persnliches
das Persnliche, sondern der
nicht
die Wiedervergeltung
erscheint,
mein", sagt Gott
obwohl auch
sagt das,
Auge
gefate Wiedervergeltung im
ist
hat.
Begrifif fhrt
Um
er
die
wieviel
der
in
wrtlich
mehr
auf-
gelten
Worte fr die jdische, biblisch-talmudische Auffassung. Der
Grundsatz Auge um Auge" ist ein Grundsatz des Rechts. BoDlNUS
hat ihn ein juristisches Sprichwort genannte Dieser Ausdruck kann
seine
unter der selbstverstndlichen Einschrnkung,
unter der er hier an-
gewandt werden darf, akzeptiert werden. Nachdem ihm aber Rechnung getragen wurde, soll die persnliche Milde und Liebe die
Gerechtigkeit ergnzen. Nur whrend diese noch ihres Amtes waltet,
mu sie schweigen. Wie sie sie jetzt krnt und schmckt, htte sie
Ihr sollt kein Unrecht
sie frher allzuleicht in den Staub gezogen.
tun im Gerichte,
Du
sollst
nicht erheben das Angesicht des
Armen
und nicht begnstigen das Angesicht des Groen. In Gerechtigkeit
Und
sollst Du Deinen Nchsten richten," heit es in der Bibel 3.
der milde, gtige R. Akiba, der* das Gebot der Nchstenliebe als
einen groen Grundsatz (eigentlich Regel) in der Thora bezeichnete,
mit der Schrift 5 in jedem Menschen ^ ein Ebenbild und einen Liebling
Gottes sah, der 7 mit den
gesprochen: Im Recht
Armen
so tief empfand, hat^ das
Wort
kein Mitleid"; die Liebe darf das Recht
gilt
nicht verwirren.
Die Tendenz der Polemik des neuen Testaments gegen das
Wort Auge um Auge, Zahn um Zahn"
erkennen.
ist
nunmehr
klar
Der von uns gekennzeichneten Auffassung wird der
dem
Ihr sollt nicht widerstreben
zu
Satz:
bel," gegenbergestellt und durch
seinem Wesen des
Christentums" (Seite 71) meint, da es ein Vorurteil sei, die Liebe
knne bei Verfolgung des eigenen Rechts, bei gewissenhafter Recht-
Wenn Harnack
einige Beispiele verdeutlicht.
17
ff.
S.
V. B. M.
XXXII,
35.
Aus
in
dieser Stelle hat bekanntlich
geschpft.
2 S.
Cohen
a. a.
O.
S. 128.
XIX, 15.
Jeruschalmi Nedarim
Genesis
Sprche der Vter
B.
Kethuboth IX,
Leviticus
I,
Kamma
IX,
4.
27.
VIII, 1,
3:
s.
III,
Mauch B. Bathra loa u. a. O,
auch Kethuboth 50b u. a. O.
s.
Rmer
XII,
HOROVITZ, AUGE
UM
AUGE, ZAHN
UM ZAHN
65
sprechung und bei ernstem Strafvollzug berhaupt nicht bestehen,
so haben wir ja gesehen, da die jdische Lehre dieses Vorurteil
mit
aller
Energie
auch
gerade
Auge um Auge" bekmpft. Da
Auslegung des Satzes
nun das Evangelium Matthi jenen
in
der
Harnack
Satz angreift, kann es wohl nicht dasselbe meinen.
hebt
da Jesus erstens von der berzeugung durchdrungen sei, da Gott das Recht schafft, zuletzt also werde der
Bedrckte sein Recht erhalten; zweitens, irdische Rechte seien an
(Seite 70)
hervor,
sich eine geringe Sache, sie zu verlieren bedeute nicht viel; drittens,
die Verhltnisse seien so traurige,
da der Bedrckte sein Recht
nicht durchzudrcken vermag, auch
wenn
er es versuchte.
Viertens,
wie Gott seine Gerechtigkeit mit Barmherzigkeit durchwaltet und
Sonne ber Gute und Bse scheinen lasse, so soll der Jnger
Jesu seinen Gegnern Liebe beweisen und sie durch Sanftmut entwaffnen." Das seien," fgt er hinzu, die Gedanken, welche jenen
hohen Sprchen zugrunde liegen, und die ihnen zugleich ihr Ma
seine
geben."
Indessen gleich der erste dieser Stze spricht von einer Auf-
niemand in der Welt mit grerem Nachdruck vertreten
hat als die Thora und der israelitische Prophetismus. Und weil das
Judentum diesen Glauben an den endlichen Sieg der Gerechtigkeit
nie verloren hat, hat es auch nie an dem Kampf fr das Recht
verzweifelt.
Mochte es sich auch oft mit dem Gedanken trsten,
da es besser sei, auf irdische Rechte zu verzichten, als sich selber
untreu zu werden, so hat es sich doch niemals zu dem Glauben
bekannt, da irdische Rechte an sich eine geringe Sache seien. Mit
Recht hat Schmiedl' daraufhingewiesen, da der Kampf ums Recht,
den in der neueren Zeit Rudolf von IHERING^ als sittliche Pflicht
verkndet hat, seit je von dem Judentum gepredigt wurde. Wer
aber meint, da irdische Rechte an sich eine geringe Sache sind,
gibt schon durch einen solchen Standpunkt den Kampf um das
Recht prinzipiell auf. Hier widerlegt Harnack sich selbst. SCHMIEDL
hat gut zum Motto seines Schriftchens, das allerdings vielfach der
Ergnzung bedarf, das Wort genommen: Dem Recht, dem Recht
fassung, die
nach,
jage
damit
Du
Prophet 3 wendet sich
*
Die Lehre
(Deuteromium XII, 20), und der
an diejenigen, die das Recht suchen und nach
lebest"
vom Kampf ums Recht im
ltesten Christentum.
Wien. Brder Winter.
Der Kampf ums Recht. Wien
Jesaia LI,
i.
bei
Verhltnis zu
dem Judentum und
1875.
Manz
(i.
Aufl. 1872).
FESTSCHRIFT COHEN
652
Gott verlangen;"
die
das
tun
eine tun,
auch das andere; der
im Sinne des Judentums gleichzeitig der Kmpfer fr
die Gerechtigkeit. Der Knecht Gottes, wie ihn Jesaia schildert, entzieht sich seiner Mission nicht, obwohl er wei, da er dadurch
seinen Rcken den Schlgern darbietet"; stumm nimmt er alle
Schmach und alles Leid der Welt auf sich, aber nur weil die Zustnde so traurig sind, da er als ein Sklave von Tyrannen" gegenber der bermacht der Feinde oft nichts auszurichten vermag. So
sehr auch dieser Mann der Schmerzen deren shnende und heilende
Gottsucher
ist
Kraft kennt,
sucht
er
nur
seines
Gottes
er
weil
sie
nicht
um
gewi
ihrer
ist
ist,
selbst willen
trotz
er
auf
Und
ver-
zeitweilig
Stimmung, mit der auch er zu ringen hat, schlielich des
Sieges der Gerechtigkeit sicher und wird in dem Kampf fr sie
nicht mde, wie die Propheten das oft mde Volk in diesem Kampf
immer wieder von neuem gestrkt haben. Wenn er auch selbst aus
zweifelter
Wunden blutet,
tausend
weltgeschichtlichen, die ganze Menschheit
seiner
bewut
Schwert ist,
dung
dem
des
er lt in dieser Arbeit nicht nach, weil er sich
ist
und wei,
da
sein
Wort
befreienden Sen-
welteroberndes
ein
ein Pfeil, der schlielich durchdringt"
er verwundet.
In
heilt,
in-
dem Harnacks Wesen
Cohen in seiner mehrfach
demselben Jahre,
Christentums erschien, schrieb H.
und
in
angefhrten Abhandlung (Jahrbuch, Seite 129): Wir kennen das Urbild
zu diesem Ideal (des neuen Testaments).
der ,seinen Krper gibt seinen Peinigern.*
Gottes',
Messias
liche
Grund und
auf Erden.
zum
ist
der ,Knecht
Dieser mensch-
geworden; so wird der
diesem Angriff deutlich. Der mensch-
gttlichen
Christus
und Gerechtigkeit zur Wirklichkeit auf
erledigt das Recht
eschatologische Christus aber
bringt Recht
Der
Erden.
ist
eigentliche Sinn in
liche Messias
,Und so Jemand mit
dir
rechten
will,
so entsage
dem
den Gegensatz gegen die
Rechtsmoral der Propheten, und kann nur aus dem Gegen-
Gericht.'
soziale
Es
Der Angriff bedeutet
somit
gegen das Gottesreich auf Erden letztlich verstanden werden,
bevorWeissagungen vom
fr
welches die eschatologischen
stehenden Weltende als vorbereitender Ersatz eintreten. Und so
beruht auch dieser Angriff gegen das Prinzip des mosaischen Strafrechts auf dem Gegensatz des christlichen und des prophetischen
satz
Messianismus".
wer den Sinn jenes Spruches
Dessen Ausfhrungen
tiefer erfat hat, HarNACK oder COHEN.
bedrfen nur in der einen Hinsicht der Ergnzung, da eben, weil
Wir brauchen
nicht erst zu sagen,
HOROVITZ, AUGE
der menschliche Messias,
UM
es
kommt
ja in diesem
ob der Knecht Gottes
nicht darauf an,
auf Erden
bringt,
653
Zusammenhang
als solcher,
Israel oder wie sonst gedeutet werde,
zur Wirklichkeit
UM ZAHN
AUGE, ZAHN
das ideale
als
Recht und Gerechtigkeit
der Knecht Gottes auch
nicht
den Jnger Jesu bleibt. Jener gibt seinen
Krper den Peinigern, weil das Leid vermeiden den Kampf aufgeben
hiee, weil das Streiten fr Gott notwendig mit solchem Opfer verbunden ist. Dieser geht dem sachlichen Kampf aus dem Wege, weil
er ein Pessimist geworden ist in Bezug auf dieses Weltleben und
sich innerlich nur aufrecht hlt durch den Optimismus des Glaubens
an eine jenseitige Welt, der seine einzige Sttze ist. Der Knecht
wahrhaft das Vorbild
fr
was
ihm zu leiden auferlegt.
den Schlechten mehr gewhren als dieser
Gottes erduldet
alles,
Jnger Jesu lt
anfnglich Bses zu tun
um
das Martyrium
die Absicht
er schreibt
1905,
Seite 140):
Fugen gehen,
wo
Jesu
wrde
weil die
kein Klger
da
ist,
kurze
nur
Zeit
ihres
die zitierte Stelle
(Das Christentum des neuen Testaments,
Durch das allgemeine Auerachtlassen
die menschliche Gesellschaft bald
aus ihren
Verbrecher ungescheut freveln drften, denn
ist
Wrden
kein Richter.
diese Vorschriften
wrde die Menschheit bald
Bcken und wenigen Schafen bestehen,
befolgt,
aus einer Herde von vielen
und
ja er sucht gleichsam
Eduard von Hartmann
aufgefat,
dieser Pflichten
hatte;
selbst
seiner selbst willen auf.
hnlich hat auch
wenn
Haacke,
Der
sein Gott
so
wrden die letzteren als Fangblle ihrer Bosheit,
bermuts und ihres gerechten Spotts behandeln. Es wird
die
ersteren
durch diese Vorschriften die Rechtspflege berhaupt nicht nur
berflssig,
sondern
fr unsittlich erklrt,
und
ist
fr
eine solche Ver-
kennung der Wirklichkeit nur daraus zu begreifen, da das Evangelium anfnglich die menschliche Natur wie mit einem Schlage vom
Wolf zum Lamm umwandeln zu knnen glaubte, und da es das
Ende der Welt und die Ersetzung aller irdischen Rechtspflege durch
das jngste Gericht fr unmittelbar bevorstehend ansah."
einer anderen Stelle meint
Hartmann, da
Und
an
Jesus die Schnheit der
talmudischen Humanitt wohl gefhlt, aber durch bertreibung entstellt
hat.
Hat aber Harnack
seine
Interpretation
nur
dadurch
mglich gemacht, da er den Angriff des neuen Testaments (S. 70)
weglt, nur den Nachsatz des Spruches bringt, und so schon wie
von
selbst dessen
ganze Tendenz verschiebt, so wird die innere Un-
wahrhaftigkeit seiner Auslegung noch deutlicher,
er an die Stelle des
wenn man
Kommentars, den das neue Testament
sieht,
da
sich selber
FESTSCHRIFT COHEN
654
bezw. an die Stelle jenes Angriffs einen anderen, weit heftigeren
gibt,
Wir mssen
setzt.
ihn
noch einmal
selbst
hren :^
69 f. sagt er: Jahrhunderte hindurch hatten Bedrckte
und Arme im Volke Israel nach ihrem Rechte geschrieen. In den
Worten der Propheten und aus den Gebeten der Psalmisten vernehmen wir noch heute in ergreifender Weise diesen Schrei, der
doch immer wieder berhrt wurde. Es gab keine Rechtsordnung,
die nicht unter der Gewalt tyrannischer Gewalthaber stand und von
Seite
ihnen nach Gutdnken verkehrt und ausgebeutet wurde.
wenn
daher,
wir von Rechtsordnungen sprechen,
unsere Rechtsverhltnisse denken.
Wir drfen
nicht sofort an
Jesus stand in einer Nation,
deren grere Hlfte Generationen hindurch vergebens ihr Recht
verlangt hatte, und die das Recht nur als Gewalt kannte. In einem
solchen Volke mute mit Notwendigkeit Verzweiflung an
berhaupt Platz greifen
Nur das Recht, wie
es mit
dem Rechte
Gewalt und
Unrecht gebt wurde, das Recht, welches wie ein tyrannisches und blutiges Verhngnis ber dem Volke lag, das hat er
beiseite geschoben.
An das wahre Recht glaubte er, und er war
auch gewi, da es sich durchsetzen werde; er war dessen so gewi,
da er nicht meinte, das Recht msse Gewalt brauchen, um Recht
daher
als
zu bleiben."
gegenber dieser rhetorischen Beweisfhrung nur zunchst
einmal die Schrift selbst reden lassen. In der schon erwhnten
Schilderung von dem Gottesknecht lesen wir^: Siehe aber mein
Knecht, den ich sttze, mein Erwhlter, an dem Wohlgefallen hat
meine Seele, meinen Geist lege ich auf ihn, da er den Vlkern Recht
Ich
will
und erhebt nicht, und lt drauen
nicht hren seine Stimme. Geknicktes Rohr zerbricht er nicht, und
dunkelnden Docht lscht er nicht aus; nach Wahrheit verkndet er
das Recht. Er wird nicht mde und bricht nicht zusammen, bis er das
Recht festgestellt auf Erden und seiner Lehre die Eilande harren."
Darf man angesichts einer solchen Auffassung, fr die sich viel-
verknde.
Er
schreit
nicht
Zeugnisse anfhren lassen, vor allem aber angesichts
der ganzen Thora Israels wirklich sagen, da Israel das Recht nur
fltige weitere
Wie mir
XXXV:
bsK
mn
scheint,
wenden
n^iB Ditra pt3 p^no"'
''33 b)}
"?
sich die
Worte
Dainni ainn iniv
n'?n in T-oibE^nn "in nnanty
in
"^
More Nebuchim,
^^^
n^SE^inn mcstt'D bi
n niSB' no in nbonn "jn nman
gegen
den Angriff der Bergpredigt.
y^^!}V ^33 "i"? ]nn
Jesaia XLII, i ff.
nntaitJ?! Q'i3E)iB'
nVvN Dn
mKUO
mo
i"?
III,
"rs
Kapitel
nbv^r\^
jnn^ :imn pbr\^ i6)
iDsni
mim
nrnta in
HOROVITZ, AUGE
UM AUGE, ZAHN UM ZAHN
655
Gewalt gekannt hat? Oder waren nicht diejenigen, die Gewalt angewandt haben, fast durchweg heidnische Knige oder gtzendieneals
risch gesinnte
Und
den?
Machthaber und
jenen im Bunde stan-
Priester, die mit
nicht die Fhrer Israels
sind
gegen
alle
diese Gewalten
mit einer Energie und mit einem
Mut sondergleichen aufgetreten?
Haben die Propheten auch nur einmal geschwiegen, wo irgendeiner,
und war er auch der Mchtigste, sich gegen Recht und GerechtigZU
keit
vergehen im Begriffe war?
Unrecht ist in der Welt zu
allen Zeiten und oft viel greres geschehen als in Israel.
Niemals
aber ist es schrfer gegeielt worden, und niemals ist die Stimme
des sittlichen Grolls, des Gewissens und der Religion ihm gegenber
mit gleicher Kraft ertnt
wie
in
dem Worte
der Propheten.
Wie
wie ehedem.
Und die
Rabbinen, denen die Welt die Erhaltung des prophetischen Schriftein
reinigendes
Gewitter
wirkt
es
heute
tums verdankt, die es in den Gotteshusern Israels heimisch machten,
fhlten sich ganz als Trger der Thora, die^ ihnen jene berliefert
hatten.
Als ihre Jnger zeigen sie sich auch darin, da sie^ nicht
nur einen Zaum um die Lehre errichteten, zahlreiche Schler um
sich scharten, sondern vor allem von Anfang an bedacht waren
auf die Pflege des Gerichtswesens, das ihnen eine 3 der Grundlagen
der sittlichen Weltordnung schien.
Nie und nimmer haben sie
geglaubt, das Recht msse Gewalt brauchen, um Recht zu bleiben".
Im Gegenteil, sie selbst haben der Gewalt auch in den finstersten
Zeiten getrotzt kraft ihres unverwstlichen Glaubens an den Sieg
des Guten, kraft ihres tiefen Gottesglaubens, der sie an der Thora
und an dem Recht um so inbrnstiger festhalten lie, je mehr die
bermacht der Feinde sie zu vernichten drohte. Dessen ist jede
Seite des
Talmud
ein Zeugnis, nicht
am
wenigsten die Bltter, welche
Auge um Auge gewidmet sind, gegen den
Matthuswort wendet. Zwar sagt ja auch Harnack in
der Erklrung des Satzes
sich
das
dem
angefhrten Zwischensatze: In den Worten der Propheten und
aus den Gebeten der Psalmisten vernehmen wir noch heute diesen
ergreifenden Schrei, aber der Nachsatz, der aber
hrt wurde",
schrnkt
implicite enthalten
Weise
'
Das
ein.
Sprche der Vter
2 a. a.
O.
3 a. a.
O.
I,
i8.
das
in
ber-
jener Feststellung
und irrefhrender
die schlimmste, weil gefhrlichste Art des An-
ist,
ist
das Zugestndnis,
immer wieder
gleich wieder in unzulssiger
I,
i.
FESTSCHRIFT COHEN
656
die
griffs,
die
Wahrheit nicht ganz verschweigt, aber
sie
so ver-
und so unterzubringen versteht, dali sie zugleich je nach
Bedarf gesehen und nicht gesehen wird.
Es liegt mir fern, zu
glauben, da das hier mit Absicht und mit Bewutsein geschehen
klausuliert
ist.
man
aber nicht fast noch schlimmer, da
Ist es
Bewutsein
hat,
Unrecht zu tun? Und
ist
es wirklich eines
Gelehrten von Weltruf wrdig, an einer Stelle,
Gerechtigkeit Gottes spricht,
gar nicht das
vornehmen
an der er von der
dessen Ebenbild der Mensch sein
soll,
solchermaen zu urteilen? Ich will nicht entscheiden, ob Harnack,
Tolstoi oder Sohm Recht hat' und berlasse es fglich der christTheologie der verschiedenen Richtungen und Konfessionen,
zu bestimmen, worin sie das Wesen des Christentums erblickt. In
lichen
der Auslegung dieser Stelle aber hat,
Tolstoi
bestehen,
recht.
eine andere Erklrung
laut des Satzes,
sichtigt,
darber kann kein Zweifel
erscheint uns
Jedenfalls
nicht mglich,
seine antithetische
sofern
man den
Form und
die die Antithese verdeutlichen
bis
auf weiteres
vollen
Wort-
die Beispiele berck-
sollen.
man alle
Harnack (Seite
Beachtet
dann wird man sich auch nicht mit
71) darauf berufen drfen, da jene Sprche doch nicht Gesetze,
also Rechtsordnungen sein wollen."
Soweit hat sich allerdings der
Spruch nicht verstiegen, der Lehre ,,Auge um Auge, Zahn um Zahn"
den Satz Auge und Auge" oder auch nur Zahn und Zahn" gegenberzustellen; er begngte sich mit den milderen Beispielen vom
Schlag auf die Wange und dem Diebstahl des Rockes. Aber gerade
diese Abweichung zeigt, da der Rechtssatz Auge um Auge" nicht
diese Punkte,
nur
in seiner
Beispiel
fr
Antithese:
Vereinzelung angegriffen
die
Ihr
ist^,
Lehre vom
Kampf ums
nicht
widerstreben
sollt
sondern
als ein klassisches
Recht.
So wird
erst
die
dem bel" vollkommen
begreiflich 3.
^ Da in der christlichen
Kirche auch ganz andere Gesichtspunkte ber
das Verhltnis von Recht und Sittlichkeit geltend gemacht worden sind als in
dem
hier in
Frage stehenden Satz des Evangelium Matthi,
und
zeigt u. a. das inter-
den Kirchenvtern"
bei Khler, Blutrache S. 25 ff. Mit Recht verweist Kohler auch auf Rmer
XIII, 4. Manche uerungen von Kohler a. a. O. beruhen auf Unkenntnis des
Judentums.
^ Wie aber S.
639 gezeigt wurde, kann schon aus der Thora selbst gefolgert
werden, da der Satz Auge um Auge" ein allgemeines Strafprinzip darstellt.
essante Kapitel: Blutrache
staatliches Strafrecht bei
Vielleicht setzt die Art des Angriffs in
dem Neuen Testament
diese Auffassung
voraus.
3
An
ausfhrlichen kritischen Besprechungen des Buches von
HarNACK
HOROvrrz, uge
um
uge, zahn
um zahn
657
Unsere Untersuchung ist mit dieser Feststellung zu Ende. Wenn
Porzia Shylock gegenber sagt: Wir beten all' um Gnade, und
dies Gebet mu uns der Gnade Taten auch ben lehren," so beginnt
der jerusalemitische Talmud^ seine Auseinandersetzung ber jene
Mischna, welche von der Verpflichtung handelt, den Verletzten um
Verzeihung zu bitten, mit einem ganz hnlichen Gedanken, den die
alte Tosephta* folgendermaen ausdrckt: Es heit in der Schrifts;
Und Er
gibt Dir
Erbarmen, das
Talmud
lehrt
ein
Zeichen
in
deiner Hand,
erbarmt sich Gott dein", und der babyImmer
gegen Ende des gleichen Abschnittes
so lange du barmherzig
lonische
sei
bist,
'^
sind von jdischer Seite in erster Linie zu erwhnen das schon genannte
Buch
von J. EsCHELBACHER, Das Judentum und das Wesen des Christentums (Berlin,
Poppelauer 1905) sowie J. Perles, Harnacks Vorlesungen, Berlin. Lamm. 1906;
beide Gelehrte gehen aber auf den hier behandelten Punkt nicht nher ein.
Weiter sind noch zu nennen: L. BACK, Das Wesen des Judentums, Berlin,
Lamm. 1905 und die Jdische Apologetik von M. GDEMANN. Die meisten
dieser Schriften beschrnken sich natrlich nicht auf die Kritik von Harnack
u. a. Der feingebildete Marburger Theologe D. W. Herrmann macht in seiner
Ethik (Tbingen. Mohr 1909. 4. Auflage) S. 151 ff. den gleichen Fehler wie HarNACK und andere, indem er auf der einen Seite die Tendenz der Polemik des
neuen Testaments zu ergrnden bestrebt ist, whrend er andererseits mit keinem
Worte unternimmt, auf den angegriffenen Satz und seine Auslegung bei den
Rabbinen einzugehen. So kann er behaupten, da Jesus die bei Juden gang(siel Vgl. gegenber dieser Behauptung nur, was der Talmud B. Mezia 16 b,
108 a u. a. O. zu dem Schriftwort '111 aitani nCM rT'trjJI Deut VI, 18 bemerkt hat,
den ganzen Begriff ]nn mit D''iB^, B. Kamma 99 a, B. Mezia 24 b; R. Akiba in
Jebamoth XV, 7 u. a. O. Aber wozu hier Zitate hufen, wo man das ganze
jdische Schrifttum als Gegenzeugen aufrufen knnte) Gleichsetzung von Rechtlichkeit und Sittlichkeit aufhob" und sagen wolle, da die Unabhngigkeit der
gerechten Gesinnung alle Zune berwindet und sich durch keine Krnkung auf
bare
die Stufe des Beleidigers herabziehen lt", vor allem aber, wie sehr das
liche
Gebot des Moments ber
nehmen
alles,
sitt-
was sich als allgemeine Vorschrift in Aus-
hinausgehen msse" (S. 153). Schon die Mannigfaltigkeit
der Tendenzen, die Herrmann ebenso wie HarnaCK dem Matthuswort beilegt,
HERRMANN fat schliezeigt die Verlegenheit, die es der Erklrung bereitet.
lich seine Ausfhrungen dahin zusammen, da die Worte Jesu etwas fordern,
was sich als allgemeine wirklich sittliche Vorschrift schlechterdings nicht denken
lt". Mit diesen bei Herrmann gesperrt gedruckten Worten, spricht er seiner
eigenen Deutung das Todesurteil, denn der ganze Satz des neuen Testaments
sicht
lasse,
strzt bei einer solchen
Auffassung
in sich selbst
Baba Kamma VHI, 7.
Baba Kamma IX, 30 ed. Zuckermandel
Deuteronomium XIII, 18.
<
B.
'
Kamma
93
a, vgl.
auch Sabbat 88b
zusammen.
p. 366; vgl.
u. a.
auch Sabbat 151b.
O.
42
FESTSCHRIFT COHEN
658
gehre der Mensch zu den Verfolgten und nicht zu den Verfolgern,
denn es gibt keinen unter den Vgeln, dem mehr nachgestellt wird,
der Turteltaube und der jungen Taube, aber dennoch hat sie
Drei
die Schrift fr geeignet erklrt zur Opferung fr den Altar".
als
der
liebt
erzrnen
Herr,"
lesen
lt, den,
wir
Berachoth
13b,
der
den,
nicht
sich
der sich nicht berauscht und den, der gegen ein
ihm widerfahrenes Unrecht nachsichtsvoll verfhrt."' Der Doge bezeichnet im Kaufmann von Venedig" Shylock als einen Unmenschen"
und felsenhaften Widersacher", der keines Mitleids fhig ist, in dem
kein Funke Erbarmen wohnt, und Antonio sagt: Ihr mgt so
was war
gut das Hrteste bestehen, als zu erweichen suchen
hrter?
Sein jdisch Herz." Der Talmud ist in beziig auf diesen
Punkt einer anderen Ansicht. Vor seinem Forum wrde der wollstig-grausame venetianische Wucherer nicht nur als ein Unmensch,
sondern, wenn das Wort gestattet ist, auch als ein Unjude gebrand-
markt werden, der er ja auch in Wahrheit seinem Ursprung nach ist,
denn die Gemara meint ^: Wer sich nicht der Geschpfe erbarmt,
gehrt sicherlich nicht zu den Nachkommen Abrahams, unseres
Vaters" und auch an anderer Stelle ^ wird unter den drei Eigenschaften, an welchen man die Nachkommen des Erzvaters erkennt,
die Barmherzigkeit und die Liebe.
in erster Linie genannt
'^
Vgl. auch Joma 23 b, Megilla 28 a, Taanith 25 b u. a. O.
Beza 32b.
3 Jebamoth 79a.
4 Die Halacha (Maimonides, Jad Hachasaka, Issure Bia, XIX, 17, Schulchan
Aruch Eben Haeser, II, 2) legt unter Berufung auf diese Stze fest, da man sich
nicht mit jemandem verehelichen darf, der frech und grausam" ist, ,,die Geschpfe hat und ihnen keine Liebe erweist"; man msse befrchten, er sei ein
Gibeonite (Jebamoth a. a. O.). Auch da, wo die Dezisoren (Maimonides, Jad
Hach., Hilchoth Chobel V, 10, Choschen Hamischpat, Kap. 422 i) von der
'
Verpflichtung sprechen, zu verzeihen, fgen
sie
mit Bezug, auf jene Stellen hinzu:
grausam und lieblos zu
Gobbo, auf den sich Max J.
speare-Buch (Beck. 1908 S. 348) bezieht, da Shylock
Fehlern" ein .rechter Jude" ist.
Dasjudentum denkt
,,das ist nicht israelitische Art,
sein."
also nicht mit Lanzelot
WOLFF
,,mit
seinem Shakeseinen Vorzgen und
in
Studien
zum
talmudischen Pfandrecht.
Von N. A. Nobel.
Teil
I.
Jahre 320 ergeht ein Erla
Imkommissorische
Nebenberedung
wirkender Rechtskraft
des Kaisers Konstantin,
bei Pfandbestellungen mit rck-
wucherisch verbietet.
als
der die
Der Erla hat
fol-
genden Wortlaut,
Constantinus ad populum.
Quoniam
inter
legis crescit
eius
alias
asperitas,
memoriam
placet infirmari
Si
aboleri.
sanctione respiret, quae
futura prohibet.
praecipue
captiones
cum
quis
igitur
commissoriae pignorum
eam
et in
tali
omnem
posterum
contractu laborat, hac
quoque rapellit et
amissa iubemus recuperare quod
praeteritis praesentia
Creditores enim re
dederunt.
In
den Basiliken wird die lex commissoria folgendermaen
gefhrt: eav Vjy 6
rov x/oovov,
Saveia-rrj's
SecrjTOTTjs
Icro/xai
ort,
tov
fi-q
KaTaXrjdeir]
ve)(ypov,
tovto
jxoi,
to
to Xp^o<i
crviJL(fi(j)vov
kvTo<;
einroSSe
dvt<T)(ypov
IcTTCO.
Die ursprngliche Unbeholfenheit und Armut des rmischen
Pfandrechtes hatte unter dem Drucke wirtschaftlicher Notwendigkeiten
demnach eine Entwickelung genommen, die ber das Ma des Billigen
und rechtlich Ertrglichen soweit hinaus ging, da durch Nebenberedung das Eigentumsrecht des Schuldners so gut wie vollstndig
aufgehoben werden konnte. Es ist anzunehmen und auch aus dem
Wortlaut des Konstantinischen Aufhebungsdekrets zu erschlieen, da
die verschiedenen Mglichkeiten der Sicherung des Pfandglubigers
kommissorischen Beredung nicht nur theoretisch gipfelten,
sondern da auch praktisch dieser Vertrag zu dem gewhnlichen
in
der
zwischen
dem Pfandnehmer und Pfandgeber wurde und
sehr zu Un-
gunsten des Letzteren das wirtschaftliche Leben beherrschte.
42*
FESTSCHRIFT COHEN
660
Ein Pfandrecht im eigentlichen Sinne gibt es im altrmischen
Recht berhaupt nicht. Als jus in re aliena stellt es ein Problem
dar, dem der altrmische Rechtsgedanke nicht ganz gewachsen war.
Der Naivett des Zwlftafelgesetzes mute auch das Darlehen, die
aus der die Notwendigkeit eines Pfandrechtes fliet, als juDie manciristisch schwer zu umgrenzendes Zwitterding erscheinen.
patio per aes et libram, der Kauf, mit aller Feierlichkeit, die aus
Quelle,
dem Rechtsgeschft
zum nexum per aes
nem ursprnglichen
fast
einen religisen
et libram,
zum
Akt macht, wogt hinber
feierlichen Darlehen,
das
in sei-
Rechtssinne der bedingte Verkauf oder minde-
Verpfndung der Person des Schuldners ist (dare damnas
Daher die Unmenschlichkeit des Schuldrechtes. Der Schuld-
stens die
esto).
ner verliert die Freiheit seiner Person.
verkaufen oder zu tten.
ihn zu
Leib
steht
dem
Glubiger
(Shylock.)
der rechtlichen Bestimmung des Darlehenseiner unmenschlichen Handhabung des Schuld-
Die Schwierigkeit
zu
fhrt
frei,
Mehrere Glubiger knnen seinen
Sin plus minusve secuerint, se fraude esto.
teilen.
begriffes
Es
in
beim Darlehen neben
dem rein Rechtlichen ethische Untertne vernehmbar sein sollten, ist
Und so sehr zuletzt die Strenge und Feierlichkeit
nicht vorhanden.
Irgendein Bewutsein
rechtes.
davon, da
des Rechtsgeschftes aus der Achtung vor der Heiligkeit des Besitzes
stammt, also einem sittlich zu wertenden Begriffe, so sehr hat die
der Rechtsform
Starrheit
verstndlich
leidenden
juristisch
ist
die rechtliche Erstarrung.
eine
ist
Oberhand
die
ethische Handlung.
geformten Vertrage
ist
gewonnen,
ja
so
selbst-
Das Darlehen an den NotAuf der Suche nach dem
die Seele der
Handlung, die ethische
Gesinnung, verloren gegangen.
Es ist das ewige Problem: unter der wirtschaftlichen Ausgestal-
tung der Rechte nicht das Urrecht auf das Recht notleiden zu lassen.
Das nexum, das Darlehen verleiht dem Schuldner weder Eigentum an dem Geliehenen, noch auch nur Besitz. Selbst der Begriff
des Besitzes gibt doch die volle Freiheit des Gebrauchsrechtes, die
dem debitor fehlt. Die Notwendigkeit der Wiedererstattung, das
Schulden, hebt streng juridisch jede Freiheit auf, solange nicht ein
besonderes Recht des Darlehens geschaffen ist und das Darlehen
nur unter dem Gesichtspunkte eines mangelhaften und mit besonders
wird.
strengen Kautelen
Es
das Recht
ist
also
des
zu
umgebenden Verkaufsaktes betrachtet
rechtsgeschichtlich
Pfandes
als
des
vollkommen
dem
Glubiger
begreiflich,
da
unterstehenden
Gegenwertes, gleichfalls zwischen Besitz und Eigentum hin- und her-
NOBEL, STUDIEN ZUM TALMUDISCHEN PFANDRECHT
66 1
Es kann das Pfand dem Glubiger als pignus zum bloen
tradirt werden.
Das pignus war wirtschaftlich und rechtlich
schwankt.
Besitze
ungengend,
um dem
Glubiger sein wesentliches Recht zu erzwingen
nmlich das Recht auf Zahlung der Schuld.
Es war
als
bloer Be-
ohne Eigentumsrecht ebenso wenig seinem sprachlichen Ursprung
sitz
(VTrrjyvvfMi),
wie seinem wirtschaftlichen
Zweck
als
Schutz des Glubigers
gengend entsprechend. Das letztere wrde man talmudisch rhi r\by^
Y^h ^iB2 nennen. Der Schuldner konnte das pignus im Nichtzahlungsdem Glubiger berlassen, ohne da diesem ein Verkaufsfalle
recht zustand und ohne da sein bloes Besitztum irgendwie zum
Eigentum sich steigerte. Auch der rechtmige und billige Verkauf
unter Anrechnung der hyperocha zugunsten des Schuldners war ausgeschlossen. Von hier aus entwickelte sich nach der Meinung nam-
Der Glubiger suchte Schutz in
der Beredung, da das Pfand seinem vollen Werte nach ihm verfallen
sein solle, falls der Schuldner den Verfallstermin nicht einhalte.
Es
hafter Juristen die lex commissoria.
ist
aber nicht recht zu begreifen,
sich
aus
dem pactum
warum
nicht ein gengender Schutz
venditionis htte ergeben sollen;
whrend
dies
nach Meinung derselben Zivilisten erst in der spteren Kaiserzeit sich
an das Recht des pignus anschlo. Wesentlich ist vor allem die Frage,
ob der bloe Besitz des Pfandes dem Glubiger das Recht geben
konnte,
seinen
Schuldner,
der
immer noch der Eigentmer des
dem
pignus war, daran zu hindern, dies vor
Verfallstermin
uern.
zu
Verfallstermin oder
seinen Gunsten einem beliebigen Kufer zu
Diesem Gesichtspunkt werden
wir spter
eine
am
ver-
wesentliche
Einsicht zu verdanken haben, die berufen sein kann ein neues Licht
auf die Frage zu werfen, ob
Mischna und Tosifta die lex commissoria pignorum gestattet worden ist.
Gerade dies scheint die
charakteristische Strke der kommissorischen Beredung zu sein, da
dem Schuldner das freie Verfgungsrecht, also auch das Verkaufsin
es dem Darwucherischer Absicht die lex commissoria auszuntzen und
ohne Rcksicht auf das Miverhltnis zwischen dem Werte des Dar-
recht ber sein Pfand,
entzogen
ist.
Das ermglicht
leiher, in
lehens und des Pfandes das Eigentumsrecht des Schuldners gnzlich
Die Entwicklung der lex commissoria aus
mchten wir daher in Frage stellen.
aufzuheben.
dem
pignus
Die fiducia hingegen, die im wesentlichen eine Manipulation zu
treuen Hnden ist, gab immerhin dem Glubiger von vornherein ein
Eigentumsrecht an
dem
verpfndeten Gegenstand.
Allerdings war die Klage auf Remanzipation infamierend.
Aber
FESTSCHRIFT COHEN
662
das Recht der Klage konnte das Unrecht, das
Und
in
der fiducia
in sich
wohl denken, da
der Glubiger sich gegen die Mglichkeit dieser Klage durch den
kommissorischen Vertrag schtzte. Wir wollen nicht soweit gehen zu
behaupten, was allerdings die ausgesprochene Meinung bedeutender
Juristen bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein war, da jede fiducia
eine kommissorische Nebenberedung in sich geschlossen habe.
Vgl.
Warnknig, Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der
lex commissoria beim Pfandrechte (Archiv fr die zivilistische Praxis
beschlossen war, nicht aufheben.
XXIV
S.
337
ff.)
Noch
irrigen aber geistvoll
viel
es lt sich
weniger wollen wir der
viel
bekmpften,
begrndeten Meinung Ant. Fabers beitreten, da
commissoria berhaupt nur bei der fiducia mglich war und
den Sinn hatte, da nach Begleichung der Schuld die Rckmancidie lex
pation an den Schuldner erfolgen mute (Lex commissoria in pignoribus favorabilis est debitori,
Wir meinen
damnosa
creditori
WarnkNIG,
1.
c.
da entwickelungsgeschichtlich die lex
commissoria sich eher an das Institut der fiducia, als an das des
S. 349)-
nur,
pignus anschlieen konnte.
Die Frage wre demnach fr uns von hoher Bedeutung, ob im
talmudischen Recht das Pfand von dem Glubiger als fiducia oder
als
pignus
besessen wird.
Aus dem Ausspruch des R. JlZCHAK
dn npi^i Mn i^i noxity ]iDtyo niipti' mn ^yn"? p
Die Interpretion
l^i wrde folgen, da es sich um fiducia handelt.
n^n "lo"
des Talmud li^tj^ b^ insiSn nytyn i^b li^ti'OT pns>
inwi^n nVSJ'^ beschrnkt den Eigentumscharakter auf die
"10i<
""D
Zeit nach der Erp fndung durch Gericht.
Zur Zeit der Verpfndung aber sei das Pfand nicht mehr als Realsicherheit in der Hand
np'-[:i
jiDB'D niip )y,
'-i
des Glubigers, also pignus.
Ramban
bloen Harmonisierungsversuch,
wie
erklrt diese Interpretation als
er
in
den synoptischen Ge-
dankengngen des Talmud hufig vorkommt, wenn eine halachische
Entscheidung erstrebt wird.
Tossaphot hingegen erkennen die
Einschrnkung der talmudischen Interpretation an, sind aber ihrerseits
gentigt, doch auch fr die Zeit der Verpfndung Hfc^lST D))\ff^ eine
Vorwirkung des erst nachtrglich erfolgenden Eigentumserwerbes
anzunehmen, die eherechtlich und in Bezug auf die Wirkungen des
Erlajahres niDDtJ' genge.
Mit Recht bezeichnet Sifse Cohen
(Gh. M. 72) diese Auffassung als inkonsequent.
Wenn wir aber mit
Ramban den Satz des R. Jizchak ]"l3a>)3 nilp n"V2 als uneingeschrnkt
betrachten drfen und als rechtsgltig sowohl fr die Erpfndung
als auch fr die Verpfndung, so wre eine deutliche Tendenz nach
NOBEL, STUDIEN ZUM TALMUDISCHEN PFANDRECHT
der fiduzianischen Orientierung des Pfandrechtes gegeben.
663
Es wre
unserem Gedankengange folgen drfen, eine Entwickelung der kommissorischen Nebenberedung innerhalb des talmudischen Rechtes mglich.
wenn
also,
Ehe
wir
wir zur Prfung der Hauptquelle schreiten, aus der tatsch-
das Bestehen der lex commissoria im talmudischen Rechte geschlossen worden ist, ist eine nochmalige Prfung der Vorfrage anlich
ob das talmudische Pfandrecht tatschlich fiduziarisch
gerichtet ist, und ob nicht eine andere Erfassung der ganzen pfandrechtlichen Frage das Eindringen des kommissorischen Nebenvertrages
entwickelungsgeschichtlich als unwahrscheinhch und unntig ergebracht,
scheinen
lasse.
Was
den fiduziarischen Charakter anbelangt, den das Pfand
durch R. Jizchaks lapidaren Ausspruch ]13tJ'D Hilp n"V2 erhalten
soll, so ist auerordentlich bemerkenswert, da von den klassischen
Kommentatoren das Pfand nur zu Lasten des Glubigers als sein
Eigentum angesehen wird. Raschi bemerkt zur Stelle (Pesachim 31''):
Tossaphot zur
(Baba
J\lez.
Stelle
erheben den schweren Einwand aus der Mischna
80'^): IDtJ'
^^IW ^ID^yDn bv IHIVh und grnden darauf die
da die Verantwortlichkeit des Glubigers fr das
Pfand ihn zwar mit den Lasten der custodia belege, aber nur mit
den Lasten eines entgeltlichen custos. Sifse Cohen (1. c.) sucht
sehr geistreich und in groer Ausfhrlichkeit den Standpunkt Raschis
Die Halachah rezipirt in ihren Haupttrgern Maizu verteidigen.
monides und Schulchan Aruch die Annahme der Tosaphot. Alle
Auffassungen scheinen aber darber einig, da es sich nicht um
einen wirklichen Besitz des Pfandglubigers handelt, sondern nur um
Entscheidung,
Erwerb zu seinen Lasten in Hinsicht der aus den verschiedenen
rechtlichen Graden der custodia erwachsenden Verantwortlichkeit.
Diese seltsame bereinstimmung in einer, wie es scheint, dem
Wortlaut nicht ganz entsprechenden oder doch unterhalb seiner
Rechtssphre verharrenden Auslegung einer so grundlegenden Frage
des Pfandrechtes wird vermutlich mit dem im rmischen Recht zu
seinem Nachteil fehlenden Institut der Generalhypothek zusammenhngen. War ja im rmischen Recht sogar die Spezialhypothek
erst nach berwindung von pignus und fiducia aus dem griechischen
Recht herbergenommen: denn griechisch ist an der rmischen
Hypothek wie der Name so auch die Sache. Im talmudischen Recht
FESTSCHRIFT COHEN
664
aber
b).
ns
b)}
all
seiner Gter fr die Schuld ausgesprochen
m^D on
ntati'a
des Glubigers die
(Baba bathra
n^DDi nmi "v ni^o inKi ntsii'n m*? nn min in "riy no
m"? no dv \s bst n-'mNT nnyjy oy ^0 onnyitra
Haftung
175
dem Pfandwesen eigenem Recht
als ein
ist
\s
stdd mtj>o
iny nnn ^di
nimp'?n
n^DDT inri
in^^ifDiN
Durch
dieses Rechtsinstitut
war
]nin
'i^
i-'DDi
^ nm^ ir
jedenfalls inbezug auf ^ii D"'D3i
auf unbelastete Gter des Schuldners ein Pfndungsrecht des
Glubigers gesichert, n^n^ piV ]1iS m^i^ im ''^D3i. So war ein
]^1"in,
eigentliches
Pfandrecht geschaffen, das die Kreise von pignus und
nicht
fiducia
schnitt,
sondern
als
hypothekarisches
selbstndiges
den wirtschaftlichen Anforderungen gengte und
allerdings eine Reihe von neuen Problemen schuf, aber auch die
schpferische Kraft, die groen Rechtsproblemen zu eigen ist, be-
Rechtsgebilde
Danach konnte
ttigte.
Interpretation der
das scheint
klassischen
Erklrer
mir
zu sein
der innere
Sinn der
R. Jizchak nicht
von einem fiduziarischen Erwerb des Pfandes sprechen. Zumal es
sich bei der Generalhypothek nicht blo um Immobilien, sondern
ursprnglich auch um Mobilien handelte, die nur spter aus Verkehrsrcksichten von der auf ihnen ruhenden Belastung befreit wurden.
Auerbach, Das
(Vgl.
und
Obligationsrecht
die dort zitirte Literatur zu dieser Frage.
I,
S. 169,
Anm.
Im rmischen Recht
hypothekarische Pfandrecht bekanntlich ursprnglich
Recht auf Invekten und lUaten des Pchters entwickelt.)
das
hat sich
aus
jdische
dem
R. Jizchak wollte vielmehr den
Umfang
der Verantwortlichkeit
fest-
dem
Pfandglubiger erwchst, wenn er sich mit der Generalhypothek nicht begngte, sondern auf ein bestimmtes Gut des Schuld-
legen, die
ners Beschlag legte.
Fr uns
VniJ^D
na
ist
die
jIDti'n
von Tossaphoth
(B.
m. 81^)
s.
v.
nn ^3n
''"im
behandelte Frage, ob R. Jizchaks Bestimmung bei
einem mndlichen oder schriftlichen Darlehen gilt, an dieser Stelle
Es galt nur den Versuch, nachzuweisen, da bei
nicht wesentlich.
dem Mangel an der fiducia, der nicht einen Mangel, sondern einen
Vorzug bedeutet, da auf der anderen Seite das viel geeignetere, viel
beweglichere und auf die Bedrfnisse des Pfandwesens zugeschnittene
Generalhypothek geschaffen war, der entwickelungsgeschichtliche Boden fehlte, auf dem die lex commissoria htte ge-
Institut
der
deihen knnen.
Wir
die,
schreiten dazu, die Hauptstelle einer Prfung zu unterziehen,
wie es scheint, die kommissorische Nebenberedung
als gestattet
NOBEL, STUDIEN ZUM TALMUDISCHEN PFANDRECHT
Es
erklrt:
Ab^
Wenn
M nn
""^ly
ihm
er
Mischna Babah Mez. 6^^:
die
ist
ausmacht, das Feld
sei
ihm,
dem
10N1 imty by imSn
"l"?
nn ^ d
Feld verpfndet und mit ihm
]ndd
nyi
u'^tj'
Darlehen sein
ein
fr
D^i>
665
]m:
^"j
Glubiger, verfallen,
sobald
die
Jahren bezahlt werde, so ist dieser Vertrag giltig."
In der Diskussion wird die Frage mit einem zweiten Problem verknpft, nmlich der Frage, ob hier KriDDDS, ein Scheinvertrag vor-
Schuld nicht
liegt,
eine
und ob durch
rechtlich
giltige
Wesen
Rckbeziehung der condicio der Vertrag
die
Form
Es
gewinnt.
ist
hier
nicht
am
Platze,
nach talmudischer Anschauung,
Einschrnkung der W^illensulierung nur unter bestimmten For-
ber das
als
in drei
malitten
der Bedingung,
('1D1
gilt,
ntJ^V^
mip
die,
^:n
,'?1DD
^Nin)
zu handeln.
Auch
Aufhebung des scheinvertraglichen Charakters durch Vt^DJ^O bleibe
Wir wollen vielmehr als gegeben annehmen, da
hier unerrtert.
die
das
Verwerfliche
einer
ausgesprochenen
commissoria
lex
durch
Formeln nicht ber das Niveau einer in fraudem legis
Wir nehmen ferner als gegeben
actio emporgehoben werden kann.
an, da in der zitirten Mischnah nicht eine bloe, dem Buchstaben
gengende fraus legis dargestellt werden soll. Das scheint schon
juristische
pl
auszuschlieen.
Es
wird uns anderweitig berichtet, da die fhrenden Geister jener
Zeit,
der Zusatz D^DH
R. Akiba und
S>'y
ntriy
]^i1l
seine Genossen,
Es
]n Din^n
in
n\T
einer Festnacht bei
]"'J1T
DIJT'^
da er im freundschaftlichen Verkehr mit den ersten Mnnern Israels gestanden hat. Es ist von ihm
nicht eine unmoralische Umgehung des Gesetzes zu erwarten, noch
viel weniger die Verewigung solcher Handlung in der Mischnah.
geweilt haben.
scheint
also,
wre durch diese Identifizierung des t"^"i zugleich bewiesen, da die Bestimmung der Mischnah aus dem Zeitalter des
R. Akiba stammt, also ungefhr zwei Jahrhunderte vor der Aufhebung der lex commissoria durch Konstantin erfolgt ist, so da
Allerdings
vermutlich die lex commissoria zu jener Zeit ein gewhnliches Vehikel
des pfandrechtlichen Verkehrs war.
Mischnah wird
)bbr[
"im
l.T^lti'a.
In der Errterung ber die
die folgende Boraitha zitiert (ibid.): pt^ n^in )b ]Dty
n^onn
niD
^^
n"?
Wenn
niDon b Disiob
der Schuldner
dem
nsinti'D'?
)b
mty )b
Haus oder
isi
Glubiger sein
'
Feld verpfndet, unter der Bedingung: du darfst es keinem
andern als mir verkaufen, so ist dies gestattet, wenn das justum
sein
pretium
als Basis
die Immobilien
des Vertrages
fr
die
Summe
gilt.
Es
ist
nicht gestattet,
wenn
des Darlehens, ohne Rcksicht auf
ihren Wert, verfallen sein sollen."
^n
666
FESTSCHRIFT COHEN
haben wir die kommissorische Ncbenberedung.
Sie ist dadurch charakterisiert, dali der Glubiger den Schuldner seiner
Verfgungsfreiheit beraubt durch die Klausel ausgesprochen kommissorischen Inhalts: ^b ubi^ DlDn ^ DIDI^ n^Jini^D^. Wir haben
nun frher bemerkt, da in der rechtlichen Unmglichkeit, das Pfand
freihndig zu verkaufen, das eigentliche Unrecht, die eigentliche Hrte
und das Kommissorische des Vertrages gelegen ist. Es ist klar,
In dieser Boraitha
aufgenommen
da, so lange dieser Punkt nicht in den Vertrag
der Schuldner die Mglichkeit hat, das Pfand vor
dem
ist,
Verfalltage
einem beliebigen Kufer zum justum pretium zu verkaufen und aus
dem
Erlse seinen Glubiger zu befriedigen.
Es
ist
somit erwiesen,
da nicht die Mischnah, sondern die Boraitha eine kommissorische
Verabredung in sich schliet. In der Mischnah ist mit keinem Worte
gesagt, da der Glubiger allein das Recht auf den Kauf haben soll.
Sobald er dies nicht hat, versteht es sich von selbst, da der
Schuldner niemals in der Notlage sein wird, das Pfand wesentlich
unter dem justum pretium abzugeben. Ja, sollte die Mischnah gleichfalls die lex commissoria meinen, so wre ein unlsbarer Widerspruch
zwischen Mischnah und Boraitha, dessen Aufdeckung die talmudische
Die Gegenstzlichkeit wre
durch keinen geringeren Ausdruck zu erschpfen, als den, da die Misch-
Diskussion nicht unerrtert lassen wrde.
nah den kommissorischen Vertrag gestattete, whrend die Boraitha
ihn ebenso strikt verbietet.
Fr jeden Kenner der talmudischen
Praxis ist es einleuchtend, da der Talmud einen so tiefgehenden
Widerspruch nicht ohne den Versuch eines synoptischen Verfahrens
hingehen lassen wrde. Auch Tossafoth zur Stelle s. v. DlOn 7
i<'?i< weisen auf diesen scheinbaren Gegensatz zwischen Mischnah
''b
und Boraitha hin und kommen zu dem Ergebnis, da in der Mischnah das Verfgungsrecht des Schuldners eben gar nicht aufgehoben
und somit dem Glubiger nicht viel mehr als ein Vorkaufsrecht gewhrt ist. Indem dies feststeht, erhebt sich die zweite Frage, ob
die Mischnah berhaupt ihre Bestimmung, um den Ausdruck der
oder "bbn D^onn gemeint habe, also,
ob sie an justum pretium denkt, oder ob wenigstens insoweit von
einer kommissorischen Nebenberedung gesprochen werden kann, als
Boraitha zu gebrauchen,
die
sein
]T\''^W2
Bestimmung den Schuldner
Pfand
dem
zum Werte des Darlehens
Tossafoth (1. c.) meinen, das
und suchen das aus der Meinungsverschiedenheit
Glubiger abzugeben.
letztere sei der Fall,
zwischen R.
verurteilt,
Huna und
R.
Nachman
zu beweisen, die zur Stelle (66^)
mit folgenden Worten dargelegt wird:
m^a
]no nyti'n
^<i^^
31 10
NOBEL, STUDIEN ZUM TALMUDISCHEN PFANDRECHT
i"?^!:
mi
no ]ni
vniv i:iD ^
mp
niVD )no nn^
"?
"jDn
66"]
mp
^DH
mp myo
dem
Die Frage, ob der Glubiger das Ganze erwirbt oder nur den
Werte des Darlehens entsprechenden Teil des Feldes, ist nach
]n inV.
Huna davon abhngig
machen, ob
Bedingung sogleich
bei dem Abschlu des Darlehens oder erst nach dem Abschlu
desselben abgemacht ist Nach R. Nachmans Meinung erstreckt
sich das Recht des Glubigers auf das ganze Pfand, selbst wenn die
Verabredung erst nach bereits erfolgtem Darlehen getroffen ist. In
der Tat erscheint das mi^ liiD beweisend dafr zu sein, da das
mutuum den Wert des pignus nicht erreicht, da aber wenigstens
R.
zu
die
Momente der lex commissoria zutreffen. Da die anderen Momente nicht vorhanden sind, haben wir ja dargelegt. Inzwischen erscheint es bei eingehender Erwgung mglich, da berhaupt nicht von einem wirklichen Erwerb in der Mischnah die Rede
die
ueren
von einem Vorkaufsrecht des Schuldners. Der
Widerspruch zwischen Mischnah und Boraitha, der oben durch die
von der Mischnah vorausgesetzten Freiheit des Schuldners in Bezug
auf den Verkauf bis zum Verfallstermine gelst worden ist, knnte
von R. Huna und R. Nachman aus folgendem Gedankengang heraus
gelst worden sein.
Wenn die Mischnah in Wahrheit meinte, da
der Schuldner das volle Verfgungsrecht ber das Pfand behlt, so
wrde der Vertrag jeden Vorteil fr den Glubiger verlieren. Der
Schuldner wrde nicht nur das justum pretium erzwingen, was sein
gutes Recht ist, sondern dem Glubiger wrde auch nicht das Vorkaufsrecht bleiben, was wiederum als sein Recht anzuerkennen wre,
damit hierdurch aus der Nebenberedung ein Vorteil verbliebe. Die
genannten Amorer nehmen an, da es sich gerade um den Vorteil
ist,
fr
sondern
nur
den Glubiger handele, wie die Boraitha es deutlich genug sagt:
Diese Bedingung meint nach ihrer Auffassung auch die Mischnah.
Das Verfgungsrecht des Schuldners
also
auch nach der
zum Verfallstermin wre
Mischnah aufgehoben. Demnach wre fr die
bis
Mglichkeit eines solchen Vertrages die Voraussetzung
Dann
justum pretium.
aber wrde
die
Boraitha
]iT''1tJ'3,
das
ber
die
nichts
Mischnah Hinausgehendes gesagt haben. Darum wird von den Amorern die Mischnah dahin erklrt, da es sich bei dem von ihr gemeinten Vertrage
Ihr
Streit
zielt
um
dahin,
nichts
mehr
ob durch
als
die
um
das Vorkaufsrecht handelt.
Erlegung des Darlehens der
Glubiger sich das Vorkaufsrecht auf das Ganze oder nur auf einen
668
FESTSCHRIFT COHEN
des Pfandes sichere, nmlich auf den Teil,
Teil
dem
die
Hohe
des
Darlehens entspricht.
Es wre
hier allerdings
dem
ernsten
Einwand zu begegnen, da
nach dem Ausspruch von R. Aschi (das. 68): riT ^2 ^^ HD
-ISD "im in^ ni''D psi "o^ "3i iiDtyi niDU'o ^0 ^ono der
Pfandglubiger ohne besondere Beredung das Vorkaufsrecht hat, da
er die Privilegien eines Grenznachbars geniet, dem nach talmudischem
Recht das Vorkaufsrecht gewahrt ist, vorausgesetzt, da er bereit
das justum pretium zu erlegen.
aber der Verkufer
in
der
Lage, ber das justum pretium hinaus einen hheren Preis zu
er-
Vorkaufsrecht der Grenznachb'arschaft.
In
ist,
zielen,
so
erlischt
das
Ist
dieser Schranke findet auch das Vorkaufsrecht des Pfandglubigers
Grenze.
seine
Die Nebenberedung
will
aber
diese
Grenze
ber-
und das Vorkaufsrecht dahin erweitern, da das Vorkaufsrecht zum justum pretium dem Pfandglubiger gewahrt bleibe.
Wir fassen zusammen: Die lex commissoria ist in der Boraitha
ausdrcklich verboten, in der Mischnah nicht gestattet. Die Stellung
der Tosefta und des jerusalemischen Talmud soll an anderer Stelle
schreiten
errtert werden.*
Die Anregung zu dieser Untersuchung verdanke ich dem auerordentlich
Werke von Zuckermandel, Tosefta, Mischna und Boraitha in
aufschlureichen
ihrem Verhltnis zueinander.
Die messianische Idee
in
den alten jdischen Gebeten.
Von ISMAR ELBOGEN.
Jede
Religionsgemeinschaft hat das Bestreben, ihre grundlegenden
Gedanken, Hoffnungen und Wnsche in ihrer Liturgie zum Ausdruck zu bringen. Die messianische Idee betrifft einen der zentralen
Gedanken der jdischen Lehre, von
dies ein
Umschwung
ihrer Verwirklichung
der trostlosen Lage
in
wurde ber-
des jdischen Volkes
Die messianische Idee hat daher zu allen Zeiten im jdischen Gottesdienste eine bedeutsame Stellung behauptet. Ein betrchterwartet.
licher Bruchteil der religisen
Dichtungen
ist
ihr
Predigt klang in der Regel eschatologisch aus.
gewidmet, die
alte
Bei den
Gebeten
fhrt eine nhere Prfung zu dem Ergebnis, da die Betonung der
messianischen Idee noch weit strker und nachhaltiger ist, als bei
ihrer Bedeutung ohnehin zu erwarten war.
Wir betrachten
d. h.
die,
Folgendem
in
ausschlielich
die
Stammgebete,
den ltesten Bestandteil des Gebetbuches, diejenigen Gebete,
wenn auch nicht immer in der Fassung, so doch im Aufbau
und Inhalt
allen Riten
gemeinsam
sind,
deren Entstehungszeit nicht
spter als in das sechste oder siebente Jahrhundert gesetzt werden
kann.
Die Form,
ist
dieselbe,
begegnet.
in
Auf
der die messianische Idee in den Gebeten
in
der
sie
uns
in
auftritt,
der jdischen Eschatologie berhaupt
der einen Seite steht der prophetische Gedanke von
der Zukunft der Menschheit, von der idealen Vereinigung der Vlker,
welcher das Reich Gottes zu verwirklichen aufgegeben wird".^ Dieser
universalistischen Fassung steht die engere gegenber, die zwar nicht
den Blick von der Menschheit abwendet, die aber doch eine Auslese
*
Cohen, Religion und
u. Literatur,
X, 1907,
S. 145.
Sittlichkeit,
im Jahrbuch
fr jdische Geschichte
FESTSCHRIFT COHEN
670
unter den Teilnehmern
am
Gottesreiche vorsieht,
den Spro Davids
Mittelpunkt,
als Messias, die
streuten Israels, die Wiederherstellung des
ins
Auge
logie in Jenseitsfragen
in
als
Es
fat.
Apokalyptik bekannt
Bemerkung Hermann Cohens,'
treffenden
als
Vereinigung der Zer-
jener keuschen Diskretion vorgebracht,
sie sind in
Jerusalem
Tempels auf Zion
scheinungsformen der messianischen Zukunft
die Bilder, die uns aus der jdischen
die
sind,
Ersind
aber
nach einer
der jdischen Theodie,
berhaupt gebt wird.
Beide Gedankenkreise bleiben nicht immer vllig getrennt voneinander, sie sind hufig verschmolzen
und besonders
in
jngerer Zeit
zusammengeworfen worden. Die Eschatologie im
Talmud unterscheidet die gegenwrtige Welt (ntn D^l^ii) von der zuknftigen Welt (i<3n D^1J?n).
Aber auch die letztere ist nicht einheitlich, in ihr werden zwei Stufen angenommen, die Tage des
Messias (H^t^n ni^) werden von der zuknftigen Welt (Nn*? l^nV und
3n n'piyn) auseinandergehalten.^ Auch im Gebetbuch begegnen wir
dieser Unterscheidung, freilich in Stcken, die ihrer ganzen Fassung
nach der jngsten Schicht der Stammgebete zuzuzhlen sind. Die
einfachste Gegenberstellung von ntn o'piyn und i<3n D^iyn finden
oft unterschiedslos
wir
am
Schlu der "in^H mD13,3 die genauere Unterscheidung der
am
drei Zeiten
nmta
iJ'Tii
Schlsse des tglichen Morgengebetes ^
nNiii ,Tn2i
nn b)Vn
n^m n^n
D^ij?n
ypn ^t^m
in
der Bitte
.... y^sb
pi
\t
^^nb) n^ti^on mo-' ^:^b nD"im; die komplizierteste end-
im Sabbat -Jozer ^nv b^n, wo einerseits rtJn D^iyn und b))}^
:in, andererseits n^^Kiil ni"' und DTlH H'^Tin beieinander stehen. Die
letztgenannte Epoche DTlH n^'Tin ist sonst nicht als besondere Etappe
der messianischen Zukunft bezeichnet.5 Hier mu auch sofort die
Bemerkung hinzugefgt werden, da der Gedanke der Auferstehung
unter den Erscheinungsformen der messianischen Zeit im Gebetbuch
lich
Das.
'
Quellenmaterial hierzu bei P. VoLZ, Jdische Eschatologie
146.
etc.
1903,
Die Gegenberstellung von 3n b^yn und sn"? Tny bei Cohen a. a. O.
bercksichtigt solche Stellen wie Sifre Dt 315 (135a) und b. Schabb 113b nicht.
3 In 13\n'? in nriK Baer, Siddur S. 47, vgl. Pirke dREl. ed. FriedmaNN
S. 57.
S. 118.
4
5
statt
Baer S. 142, vgl. dazu z. B. Sifre Dt 47 (83 a).
Die Verschiedenheit der Texte in den einzelnen Riten (z. B. yb
In ]V^b NS1
*I2"iJ?3
y
Die
*jnj)
Y) bezieht sich nicht auf die hier behandelte Unterscheidung.
Zusammenstellung von DTin n"nn und 3"? TTiJ? beruht vielleicht auf Moed
Kat. III 9 Ende. ber Maimunis Unterscheidung von NSn D^iyn und d"? TTJ?
vgl.
Cohen
in
Moses
b.
Maimon
S. 125
f.
ELBOGEN, DIE MESSIANISCHE IDEE IN DEN ALTEN JD, GEBETEN
/I
nirgends vorkommt.
Die zweite unter den achtzehn Benediktionen
der Tefilla hebt bekanntlich die Lehre von D'Tlon IV^nn besonders
hervor.
In den landlufigen Texten findet sich die Erinnerung daran
nicht weniger als fnfmal, in der neuerdings bekannt gewordenen
palstinischen Fassung
der Fall;
der Tefilla'
aber immerhin
sollte
freilich
diese
das weniger hufig
ist
Lehre offenbar
in
der Tefilla
Betonung finden, Sie gehrt indes nicht zu den Bildern
des Messianismus, im Gegenteil, die Auferstehung der Toten fllt
nach der Anschauung der talmudischen Eschatologie noch in die
diesseitige Welt, whrend die messianische Zeit ganz in der zuknftigen Welt liegt.'
eine starke
Die klassischen
Stellen,
in
denen der Messianismus im Gebet
zum Ausdruck kommt, sind das Kaddisch und die Tefilla. Im
Kaddisch ist der Tatbestand am einfachsten und klarsten, das Gebet
bezieht sich einzig
und
auf die Errichtung des Gottesreiches
auf Erden, dessen Verwirklichung in naher Zukunft erfleht wird. Das
allein
Zeichen der Begrndung
Verherrlichung des
des Gottesreiches
Namens
Gottes
durch
ist
und
die Heiligung
Menschen. Bei der
schlichten Grundform des Kaddisch, wie sie in der Gebetordnung des
Gaon Amram und danach in den meisten Gebetbchern gegeben ist,
alle
hat es nicht sein Bewenden gehabt, vielmehr wurde
Schon
weitert.
iTipID
n0S'>13
in
Saadjas Siddur
ist
um Sendung
Sabbat und Festtagen wird sogar die
in
Bitte
um
er-
die Erlsung
damit verbunden, im spanischen Gebetbuch jedoch
finden wir auch die Bitte
n""7D\1 bb^^)
die
dauernd
sie
des Messias nTT'tyo i"lp''V an
um Erbauung
Ganz allgemein
beigefgt^
sind
des Tempels
diese Erweiterungen
derjenigen Formel des Kaddisch geworden, die nach Beerdigungen
gesprochen wird i^mrin^ Tn^T '^y^. Der besonderen Gelegenheit
entsprechend ist hier auch die Wiederbelebung der Toten eingefgt,
Quart. Review
654, vgl. Monatsschrift 1911, S. 433.
'
Jevv.
Bei G. Klein, Der lteste
auf den Satz ntn nbiya DTion
n"'''nn
christl.
Katechismus, 1909,
verwiesen.
Damit
ist
266
ist
richtig
nicht vereinbar,
wenn
um
Heiligung des
Auferstehung
folgt.
das Kommen des Reiches die
Kommen des Reiches vorausgehen.
dort weiter ausgefhrt wird, dat auf die Erfllung der Bitten
Namens und um
Die Auferstehung mu dem
3 Saadias Text bei P^RUMKiN
gttlichen
S.
in brari
Dioy 21 niD
S.
92b.
Abudraham liest n^n-W yp tOM.
Abudraham hat n^'jS'n '?'?3B'M tglich. Zu den Varianten im Kaddisch
D. DE Sola Pool, The old jew. aramaic prayer the Kaddish 1909, S. 26 ff.
4
vgl.
FESTSCHRIFT COHEN
6/2
aber das einzige Mal, wo D^nOH n^^nn im Bilde der messianischen Zukunft neben den anderen Merkmalen genannt wird."
Fr die Benediktionen der Tefilla liegt der Tatbestand nicht
es
ist
mu
zwischen der Tefilla fr die Feste
und derjenigen fr die Wochentage unterschieden werden, aber auch
innerhalb jeder dieser beiden Gebetsgruppen mu sehr wohl auf die
sanz so einfach.
Zunchst
Entwicklung geachtet werden, weil gerade diese Texte im Laufe der
Die alte
Zeit bedeutsamen nderungen unterworfen gewesen sind.
palstinische Tefilla enthlt an allen Festtagen die Bitte fr das
Erscheinen
, . .
D^'?tyiT'?i
des
.
])^'ih
nbl^D ^22 ^niD^l
um
auch
die
pV
Gottesreiches
.
"j"?
ii^nm
DMin
Nnib 'n
^nty^
Sammlung
bv
bi^^Wi^'
"Jl"?
i^n irn^ts nnpi ysini
in
nbi
ninn
Hier' wird zwar
y^V^ nM.
der Zerstreuten Israels
lUD
^niD'rD
Zion und Jerusalem
Mittelpunkt gebetet, aber diese partikularistischen Zge sind hier
nicht unter dem Einflsse der jngeren Eschatologie entstanden, vielals
mehr unter der Nachwirkung der
alten Prophetie.
Jesaja's Bild
vom
ewigen Frieden (Kap. XI) wird ergnzt durch die Verheiung, da
Gott an jenem Tag die Verstoenen Israels sammeln und die Zerstreuten Judas vereinigen wird" (V. 12.). Das Ziel ist im Gebet wie
im weitesten Sinne des Wortes,
']'?'TT'tyyDno''1die Errichtung des Gottesreiches, und zwar ist das
beim Propheten
ein universalistisches
Gottesreich nicht als jenseitiges, sondern als diesseitiges gefat. Sein
Eintreffen ist erreicht, wenn alle Geschpfe die Herrschaft Gottes,
das Walten seines Reiches anerkennen.
So
lautete
die
Bitte,
wie
neuere Funde ergeben haben,^ in Palstina in alter Zeit in allen Gebeten fr alle Festtage, in der Mussaftefilla der Neumondstage und,
Im Laufe der Zeit
aller Wahrscheinlichkeit nach, auch der Sabbate.3
jedoch trat hier eine gewaltige Vernderung ein, und die Gedanken
der jngeren eschatologischen Richtung gewannen ber die prophetischen die Oberhand.
Nur
in
den Gebeten
fr
den Neujahrstag sind
die alten
Gedanken
Form getreu erhalten geblieben. Die nrD*? behandeln das Thema des Gottesreiches in Bibelversen, geben also
Die Einlediglich dem prophetischen Zukunftsgedanken Ausdruck.
in ihrer klassischen
Pool,
'
Monatsschrift LV, 191
das. S. 38.
1,
S.
433
ff.
586 ff.
liegen handschriftlich hnliche Texte
wie fr die Feste vor (Monatsschr. das. 589). Fr den Sabbat besitzen wir in
3
Fr das Mussaf der Neutnondstage
dem im
seph. Ritus gebruchlichen
Rest eines
in
n^15J HB''J
aller
hnlichem Sinne gehaltenen Gebets.
Wahrscheinlichkeit nach den
ELBOGEN, DIE MESSIANISCHE IDEE IN DEN ALTEN JD. GEBETEN
leitung
"j"?
mpi
Thema
spinnt das
h))
Form
des Gottesreiches
in rein uni-
Erdenbewohner sollen sich vereinigen,
Gottes Namen zu bekennen und das Reich zu begrnden. Nie-
versalistischer
um
673
mand
ist
aus, alle
hiervon ausgeschlossen,
gestellt wird, ist die
einzige
die
Bedingung, die dafr
Beseitigung des Gtzendienstes und die Anerken-
nung des einzigen Gottes, nationale Schranken und Vorurteile sind
aufgehoben. Nach der allgemeinen Annahme ist dieses Gebet von
dem Begrnder der babylonischen Amorerschule, Rab, im dritten
Jahrhundert verfat, ein schnes Zeugnis dafr, wie lange die messianischen Gedanken in ihrer klassischen
voll
Form
im Judentum lebens-
sich
und wirksam erhalten haben.
Als Erinnerung an die ursprngliche Fassung hat sich ferner
dem erwhnten
allen Gebeten des Neujahrstages die Bitte mit
in
uni-
^V T^^^ erhalten. In einem handschriftlichen Fragment lautet dieser sogar in noch erweiterterer Fassung
versal gehaltenen Schlsse D^iyn
'121 nj;
ny ms^O
^niD'rD ^D^
jahrstefilla* ist der
Form
'?D
Auch
in
einem anderen Gebet der Neu-
Gedanke des Gottesreiches
ausgesprochen, in "jinD ]n p21.3
seiner universellen
in
Allerdings finden wir die klas-
Prgung von der Vereinigung aller Wesen zu einem Bunde,
der in der Anerkennung des Gottesreiches besteht, nur im ersten
Stcke, in den folgenden gewahren wir bereits den Einflu der jngeren
Eschatologie, unter den Teilnehmern des Reiches wird eine Auslese
vorgenommen, nur die Frommen werden es genieen, freilich ohne
sische
Unterschied der Nationalitt,
punkt und der Messias aus
andererseits
aber
dem Hause Davids
ist
Zion
als Mittel-
als irdischer
Vertreter
da die
genannten Bitten das erste und einzige Anliegen der jdischen Gebete am Neujahrstage bilden; nicht dem persnlichen Vorteil und dem
des Reiches dargestellt.
Es
ist
sehr wichtig zu beachten,
eigenen Wohlergehen gelten die Bitten,
Zukunft der Menschheit. Entgegen
jnriD ]n ]Dni
vielmehr ausschlielich der
der ursprnglichen Absicht
ist
auch auf den Vershnungstag bertragen worden, es
Monatsschr. das. 597.
a. a. O. S 43 kennt nur inns ^n p2"i und auch dies nur im Musaf
fr den Neujahrstag. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, da VoLZ
nur diejenigen Gebete bekannt waren, die er bei Dalman, Die Worte Jesu fand.
3 Nach einer feinsinnigen Bemerkung, die ich von ISR. Lewy in Breslau
^
VOLZ
hrte, bildete lins ]n ]3ii die nn:*?
im Sinne R. Jochanan
b. Nuris,
der ihre
Vereinigung mit der dritten Benediction der Tefilla forderte nnp DV nV3^
DWn (Rosch ha Seh IV
5),
vgl. jer. das. 59 c n^3 '3
pnv
'13
[uni]
^^"7:3.
43
hbtzi
FESTSCHRIFT COHEN
6/4
an den beiden wichtigsten Festen des Jahres den Gegen-
bildet so
stand des Gebetes.
Abgesehen von diesen
Stellen aber
gebete die partikularistische Auffassung
ist
der jngeren Eschatologie
Zunchst wurde die Bitte
eingedrungen.
berall in die Festtags-
um
das Erscheinen des
im Mussafgebet beibehalten, aus den anderen
hingegen beseitigt, aber auch im Mussaf wurde der Sinn
nur
Gottesreiches
Tefillas
wesentlich
Als Ziel des
verschoben.
Umschwungs
ist
diesmal die
Errichtung des Tempels und die Wiederherstellung des Opferkultus
Hier haben wir es nicht einmal mit einem Gedanken
der Eschatologie zu tun, zu ihr gehrten wohl die Wehklagen ber
hingestellt.
den Untergang des Tempels, seine Zerstrung war eine der hauptschlichsten Ursachen, weshalb eine Umwlzung der gesamten Weltordnung erfleht wurde, aber die Wiederherstellung des Opferdienstes
einen entscheidenden Punkt des eschatologischen Pro-
bildete nicht
gramms. Vielmehr stammt das Gebet wegen der Opfer aus der Vorstellung der babylonischen Amorer, da die Erwhnung des Opferdienstes der Darbringung der Opfer gleichkomme,' und im Anschlu
hieran werden die Vorschriften ber die Festtagsopfer (Num. 28 u. 29)
Die gleiche Stimmung zeigt die Bitte
rezitiert.
am
Schlu der miDliU'
im Mussaf des Neujahrstages, wo nur die Sammlung der Zerstreuten
Israels, ihre Zurckfhrung nach Zion und die Wiederherstellung des
Kultus den Gegenstand der Bitte bilden. Wahrscheinlich ist diese
Stelle weniger von eschatologischer berlegung geleitet, als von dem
Bestreben, einen passenden Gedanken fr den im Anschlu daran
zitierten
Vers Num.
Auch
10 DDnnoty DVai zu finden.
der Tefilla fr die Wochentage finden wir die messia-
in
nische Idee ohne einen allgemeinen Gedanken, nur mit Hervorhebung
einzelner Punkte
kommt
Bitte
Wortlaut
ist
und Bilder aus der messianischen
um Sammlung
die
der Zerstreuten
in
Als erste
Zeit.
Betracht Vpri; der
fast vollstndig
an den Sprachgebrauch im Buche Jesaja
war
die Bitte, wie hnliche Stellen in Sirach
angelehnt, ursprnglich
zeigen, als unmittelbar zu erfllende, nicht eschatologische
Dann
gedacht.
um
Einsetzung gerechter Richter, aus der heute
die messianische Beziehung ebenfalls nur durch den Anschlu des
folgt die Bitte
Wortlautes von
tSDtyo^ liplSI
b.
Meg
keinerlei Beleg.
irtDSIti'
nn''tJ>n
jedoch merkt
27b,
Taan 31b.
an Jesaja zu ersehen
man
es an,
VOLZ
S.
da hier
ist;
einst
dem
Schlu
von der Recht-
339 hat fr die gegenteilige Ansicht
ELBOGEN, DIE MESSI ANISCHE IDEE IN DEN ALTEN JD. GEBETEN
fertigung der
Frommen im
Endgericht die Rede war.
Auch
6/5
die kurze
Inhaltsangabe der Bitte im Talmud
und im Gebet l"*!!! macht es
wahrscheinlich, da der eschatologische Gedanke vom Endgericht,
von der Bestrafung der Gottlosen im Gericht hier weit deutlicher
Dem
ausgesprochen war/
D''p''^iJ^
^V,
nach dem ganzen Zusammenhange
die
meinde darstellen,
genannt und auch
Frommen
entspricht die Bitte fr die
die heilige
die Klasse verdienstvoller Israeliten
in
Ge-
auerdem
ist
die vollstndig bergetretenen Proselyten sind nicht
von Haus aus nicht
eschatologisch gemeint, sie war vielmehr ein Segen fr die bestehende
Hauptstadt; erst nach ihrer Zerstrung wurde auch diese Bitte eschatologisch gefat und mit der um den Messias aus dem Hause Davids
verbunden (genau wie in der Tefilla fr den Neujahrstag). Ihr Text
vergessen.^ Die Bitte fr Jerusalem
in
D"'^tJ''n''^1
ist
der palstinischen Fassung entspricht hnlichen Bitten
Dm.^
Gebeten
D'^^tyiT
sogar
zwei Benediktionen geteilt,
in
^y
"1
'S
In
in
anderen
Babylonien hingegen wurde
um
sie
dort der messianischen Hoff-
nung noch deutlicher Ausdruck zu geben, dort entstand der aus den verbreiteten Texten bekannte Wortlaut.- Nach jngerer Auffassung wurde
auch die siebente Benediktion iri^S ^^?'^auf die messianische Erlsung bezogen, dem ursprnglichen Sinne nach richtet sie sich auf die Befreiung
von gegenwrtigem Leid, sie stammt aus der Liturgie fr die Fasttage und wurde bei ffentlichen greren Kalamitten, insbesondere bei
Regenmangel, gebetet.s Auch die achte und neunte Benediktion erfuhren Umdeutungen, sie wurden ebenfalls auf die Zeit der Erlsung
bezogen. Unter dem Leid, dessen Heilung erfleht wird, verstand
man schlielich die groen bel der Welt, und danach wurde der
Text in der palstinischen Fassung erweitert li^^ 21X3071 1i''i<1^nn 727.^
hnlich erging es mit der neunten Benediktion, wo ^SIDO 1ij;2^1 der
babylonischen Fassung, noch deutlicher aber lin'piSJ nit^ Dipl der
palstinischen zeigen, wie diese Bitte um Herbeifhrung eines guten
Jahres
in die
wurde. 7
um
Herbeifhrung
des
Erlsungsjahres
Als die jdische Geschichte und
umgedeutet
die Auffassung
aller
auf
das Judentum bezglichen Dinge vllig weitabgewandt geworden waren,
*
Elbogen, Gesch. des Achtzehngebets
Das.
t
5
^
7
S. 22 (344).
Jew. Quart. Rev.
Achtzehngeb.
Das. 24 (347).
2Sfif.
655,
(348
S. 21
Dalman, Die Worte
(Monatsschr. 1902,
Jesu 300.
ff.).
Jew. Quart, das.
Das.
43*
S. 343).
FESTSCHRIFT COHEN
6'](>
wurden jene Bitten
in
um
das geistige Gebiet
deutungen
mehr verstanden und
Bei der Erwhnung solcher Um-
irdische Gter
projiziert.
nicht
auch kurz auf die Sabbatgebete *]mD'?02
sei
iriDtJ'^
und
jnitSD "liV^ty verwiesen.
Nicht nur an diesen klassischen Stellen finden wir die Bitte um
das Herankommen des messianischen Reiches oder um das Er-
Beginn verkndenden Ereignisse, so mchtig
war die Idee, da sie auch an andere Stellen der Gebete Eingang
fand, in die sie ursprnglich nicht gehrte, und die lediglich, um fr
Dahin gehren die Benesie Raum zu gewinnen, erweitert wurden.
scheinen
der
seinen
und nach dem Bekenntnis. Die Gebete, welche das
Sch'ma umrahmen, sollten nach ihrer ursprnglichen Anlage nur
hymnisch sein. Hingegen ist gegenwrtig in fast allen eine Bitte
anzutreffen, es war die messianische Idee, die die Vernderung hervorgerufen hat. Der Gegenstand der Bitte bezieht sich zunchst auf
das messianische Reich oder einzelne seiner Kennzeichen. Im ersten
Stcke des Gebetes wird die Schpfung des Lichtes gepriesen IIN "lifV;
diktionen vor
gemeint
das physische Licht,
ist
darin
das
vielen
Gebetbchern die
geistige
Licht,
das
in
jngerer Zeit
messianische.
Bibelstelie Jes 60,
kam
''11
aber sah
man
Darum wurde
Beleg
^Olp als
in
an-
da ber Zion ein neues
Licht aufgehen mge, eine Bitte, die den Widerspruch der angesehensten
Autoritten hervorrief, ohne da es ihnen gelang sie zu beseitigen.^
gefhrt,
Aus
und
in die
hnlicher
lich ein
Dank
meisten
Erwgung
fr die
erhielt die zweite Benediktion, die ursprng-
Offenbarung war und
gebet noch deutlich kenntlich
Sammlung
die Bitte,
ist,
als solcher
ganz unvermittelt die Bitte
der Zerstreuten, oder wie es
in
anderer Fassung heit,
Herbeifhrung der Zeit des Segens und Friedens.^
auch
in die
im Abend-
um
um
Andererseits
ist
Dank
fr
Benediktion, die auf das Sch'ma folgt und den
Gedanke der allgemeinen knftigen
Verwirklichung aufgenommen worden. ^
die Befreiung ausspricht H^li^i, der
Erlsung und die Bitte
Gegen
alle diese
um
ihre
Zustze, die, wie es scheint, aus der gleichen Quelle
Erwartung stammen, wurde bei ihrem Aufkommen viel
Opposition gemacht. Aller Gegnerschaft zum Trotz haben sie sich
nationaler
Elbogen, Studien
Das. S. 27
Das.
S. i27f, 133.
S.
zur Gesch. d. jd. Gottesdienstes 1907, S. 23
f.
f.
31
f.
Vgl. zu
diesen Zustzen auch L. Ginzberg,
Geonica,
ELBOGEN, DIE MESSI ANISCHE IDEE IN DEN ALTEN JD. GEBETEN
^^^
durchgesetzt und durch die Jahrhunderte erhalten.
Im Abendgebet
fehlen solche Zustze fast vollstndig.
Im Schlusatze des ersten
Stckes irbv 'J^'' n^n und des zweiten innnKI sind allerdings einige
Spuren davon geblieben.
Hingegen
den dem Abendgebet
eigentmlichen Stcken die messianische Idee wiederum ganz deutlich
ist
in
um die Htte des
Friedens fraglos der Friede der messianischen Zeit gemeint, wie besonders die Eulogie in palstinischer Fassung Dl^iy flDD t^TlS, die heute
nur noch an Sabbaten und Festtagen blich ist, deutlich lehrt.' Dann
So
ausgedrckt.
lia^DtTH
in
ist
mit
der Bitte
das Abendgebet durch die eigenartige Komposition ^\)h 'T Tili
]S1 JOS erweitert.
Eine Analyse dieses in recht aufflligerweise zuist
sammengesetzten Gebetes ist bisher nirgends geboten, und es ist hier
nicht der Ort auf die Frage der Zusammensetzung und der Verschiedenheit der Texte einzugehen.' Soviel aber steht fest, da *]nn
D^IJ?"?
'T
in
Schlustck
liegt,3
eine
messianische
1i''i''j;
IX"!"'
sie alle
und
Bitte
ausklingt,
imbs, das
D^Dtyntr'
die Eulogie, die in doppelter
Fassung vor-
beziehen sich auf die Idee des Gottesreiches, Die Idee
kommt hier in
zum Ausdruck.
ihrer
Form und vornehmsten Ausprgung
soll die Menschen zum Bekennen seiner
reinsten
Gott selbst
bestimmen und dadurch sein Reich aufrichten; darin bedas wahre Heil, da Gott sein Reich unter allen seinen Ge-
Einzigkeit
steht
schpfen begrndet.
Da
auf die Zweiteilung
und die jenseitige
Welt in den einleitenden Stcken des tglichen Morgengebetes hingewiesen wird, da dort die Bitte um Herbeifhrung des messianischen Heiles und am Schlu des tglichen Morgengebetes eine solche
um die Mglichkeit der Teilnahme an der messianischen Zeit vorgetragen wird, ist bereits in den einleitenden Bemerkungen erwhnt
in
die
diesseitige
worden.
Auer
in
dem
den Gebeten, die zu
stndigen Alltags- und Fest-
auch in denjenigen Gebeten, die der Vorlesung aus der heiligen Schrift beigefgt
sind.
Die Vorlesung aus der Thora und den Propheten erfolgte urtagszyklus gehren,
finden wir die messianische Idee
BCHLER
'
Vgl. dazu
Das Stck
ist
in
Jew. Quart. Rev.
ausfhrlich behandelt in
Buche ber den jdischen Gottesdienst
mon
XX, 799
meinem im Druck
14. 8.
flf.
Vgl.
329.
Neben dem bekannten Texte der Saadjas nswe
Ib nyi n^lV^
l'^S"'
T'On
lOlP.
Vgl.^BONDl
befindlichen
auch Moses
b.
nSiV n^pi lyS ^n
der Siddur Saadjas
S. 15.
Mai-
*? |'?D
FESTSCHRIFT COHEN
578
Sprnglich mit wenig Feierlichkeit, ohne jedes Geprnge. Allmhlich
hat sich ein Zeremoniell dafr ausgebildet, das zuerst im Traktat
Der Vorlesung gehen einige
Sofrim ausfhrlich beschrieben wird.
Gebete vorauf, die zum grten Teil aus Bibelversen zusammengestellt
sind, die Verse sind jedoch so gewhlt, da sie fast alle den Gedanken des Gottesreiches enthalten. Auch ein frei komponiertes
Gebet b^n b)} ist in Sofrim den Versen beigegeben, dieses ist in
wenn man von
seinem Inhalt, ja zum groen Teil im Wortlaut
der Verschiedenheit zwischen Hebrisch und Aramisch absieht
mit dem Kaddisch identisch; es ist eines jener zahlreichen Gebete
eschatologischen Inhalts, aus deren Reihe auch das Kaddisch hervorgegangen ist.' Kommt so in den lteren Quellen schon der
messianische Gedanke bei der Toravorlesung in seiner klassischen
Form zum Ausdruck, so fehlte es doch auch hier nicht an Zutaten,
Im deutschen Ritus z. B. finden
die in die andere Gruppe gehren.
wir nach der
Vers-Sammlung ^IDD r
die Lokalisierung
die nur
zum Gegenstand
die Bitte
des Gottesreiches
in
n 1i13in n^^tONI,
Zion und Jerusalem
l^^J
hat.
Fr die Vorlesung aus Tora und Propheten sind schon frh
Benediktionen bestimmt worden, welche in erster Reihe den Dank
Die Benediktionen
fr die Offenbarung zum Ausdruck bringen sollen.
Zeit, und
fr die Prophetenvorlesung jedoch haben im Laufe der
zwar sicher schon im amorischen Zeitalter, eine sehr wesentliche
Erweiterung erfahren. Der Text liegt in mehreren Rezensionen vor,
Der Inhalt der
ein Zeichen, da er verschiedenartig gestaltet war.
mittleren Benediktionen nach der Prophetenvorlesung bezieht sich
auf die messianische Zeit, er enthlt die Bitte fr Zion und fr die
Wiederkehr des messianischen Knigs aus davidischem Hause.
Die
beiden Benediktionen sind in ihrer Aufeinanderfolge, zum Teil auch
im Text, von den entsprechenden Stcken der Tefilla beeinflut.
Im Anschlu an die Vorlesung aus der Schrift wird beim Gottes=*
Sabbat jedesmal der nahende Beginn des neuen Monats
verkndet, das geschah in verschiedenen Zeiten und Lndern in sehr
verschiedener Form, berall aber finden wir im Anschlu daran eine
Bitte messianischen Inhalts, in mehr oder minder groer Ausfhrdienst
am
lichkeit.3
2
3
Pool
das. S. 18
f.
f.
Vgl, zu diesen Benedictionen J. Mller, Masechet Sopherim S. 184
Im deutschen Ritus irnn"? D^Di rtvp^if ", hnlich im italienischen und
ELOGEN, DIE MESSIANISCHE
mEE
IN
DEN ALTEN
jtJD.
GEBETEN
679
auch beim privaten Gottesdienst
oder bei den huslichen Zeremonien zu. Im Tischgebet, im Gebet
nach irgend einem Gensse, in den Segenssprchen bei Hochzeitsfeiern und hnlichem, berall kommt die messianische Idee zum Aus-
Wie beim
ffentlichen ging es
druck, berall finden sich Bitten
nischen Reiches,
mit
dem
um
Eintreffen
die
des
um
die Verwirklichung des messia-
Herbeifhrung derjenigen Zustnde, welche
Gottesreiches
verknpft gedacht werden.
Diese Ausgestaltung jener Gebete war fr die religise Entwicklung
von
auerordentlicher
Bedeutung, weil dadurch
der
einzelne
mit
seinem Hoffen und Wnschen aus seiner Enge heraus in den Kreis
der Gesamtheit emporgehoben wurde. Da es gerade die messianische Idee war, welche diese wichtige Entwicklung veranlate und
hohe Bedeutung unter den religisen Lehren
des Judentums, beweist, da sie eine wirklich konstitutive Kraft in
sich trug und fhig war, das gesamte religise Leben und den relifrderte, beweist
ihre
gisen Vorstellungskreis zu beherrschen.
romanischen Ritus; im seph. Ritus wird an dieser Stelle das im deutschen am
Montag und Donnerstag nach der Toravorlesung bliche piJ"i \n* verwendet,
worin ein Stck '131 nniB nnitpa iB^anii vociir beginnt.
Die Entstehung des Christentums im Lichte des
historischen Materialismus.
Von Alphons
J.
Sussnitzki.
I.
Es
ist
kein Zufall,
da,
wenn
Ausnahmen
wir von wenigen
sehen, erst die Aufklrungsperiode uns den eigentlichen
ab-
Anfang
Behandlung des Christentums gebracht hat.
Mit dem Nimbus des gttlichen Charakters ausgestattet, war die
Kirche dadurch selbst schon stets in eine intangible Sphre auerhalb und berhalb jedweder dogmenfreien Untersuchung gerckt.
Daher ist es am Ende begreiflich, da sogar der erkenntniskritische
einer historisch-kritischen
Intellektualismus in der neueren Philosophie die
Trennung zwischen
Vernnftigem und bervernnftigem zu vollziehen sich bereit fand
wie ehemals die Scholastik das Vorhandensein von zweierlei
Wahrheiten zu verfechten fr notwendig gehalten hatte Auf diese Weise
konnten natrlich auch die bndigsten Argumente der Logik von
dem religionsschtzenden Schilde nur ganz wirkungslos abgleiten.
der Tat schien ein so naivkeckes Draufgngertum, wie es
den aufklrerischen Rationalismus des achtzehnten Jahrhunderts ausIn
noch dazu befhigt, auf die geltende Theologie einen
ernstlichen Angriff zu wagen. Es gibt Bedingungen, gegen die einzig
durch die Froschperspektive beizukommen ist. Das kirchliche Problem
bildete die vielen Jahrhunderte hindurch eine derart feste und schier
uneinnehmbare Burg, da nur eine von skeptischer Zaghaftigkeit
nicht angekrnkelte Khnheit sich zu ihrer Erstrmung anschicken
zeichnete, allein
konnte.
Und
lediglich das leichtsinnig sorglose Selbstvertrauen, mit
geringem geistigem Ballast und knappem rationalistischem Formelkram alles zu erfassen und zu durchdringen, vermochte den Wunsch
rege zu machen, auch in die mysterisen Tiefen der religisen berlieferung helles Licht zu bringen.
Vielleicht
liegt
gerade
in dieser
Ursprnglichkeit und Unmittel-
barkeit des Denkverfahrens die Erklrung fr das prononciert Person-
682
FESTSCHRIFT COHEN
Stellungnahme der einzelnen Nationen zur angeschnittenen
Frage, deren auseinandergehende Lsungsversuche auch demgem
liehe in der
die
Eigentmlichkeit
psychologischen
der Betrachtung
Standpunkte
aus
Kompromi
Mit einem
bringen.
in
vom vlkerzum Ausdruck
der Dinge
hchst typisch
findet sich der praktische
Englnder
Er glaubt zwar das AUeinherrschertum Gottes bestreiten zu
mssen, aber er will doch Gott als konstitutionellen Herrscher gelten
lassen.
Das ist der englische Deismus, nach welchem ein Weltschpfer wohl anzunehmen ist, der indessen die Welt und die Geschpfe ihrem Schicksal und den Naturgesetzen berantwortet hat.
ab.
Im Gegensatz dazu
depossediert
Herrgott vollstndig.
der
revolutionre
Franzose
den
Nicht blo das Eingreifen eines persnlichen
Regierung der Welt und in die menschlichen Angelegenheiten leugnet er, sondern darber hinaus die Existenz eines
Gottes
in
die
transzendenten gttlichen
die
philosophische
Wesens berhaupt.
Der Materialismus
ist
Vertretung dieser Lehre, die fr eine kirchlich
dogmatische Anschauung irgendwelcher Art keinen Raum gewhrt.
Nachdenklich hingegen stellt sich der kritische Deutsche zu den aufgeworfenen Problemen.
Er entscheidet
nicht gleich, wie weit die
Tradition ihre Berechtigung habe, sondern er fragt frs erste, worauf
denn eigentlich beruhe. Er untersucht ihr Wesen,
trennt dabei das Wesentliche vom Unwesentlichen ab und mit der
diese Tradition
Konstatierung des Falschen bemht er sich zugleich dessen Ent-
Wir haben hier die Anfnge der
welche seitdem auch eine Hauptdomne deutscher Wissen-
stehungsursachen zu ergrnden.
Bibelkritik,
ohne jemals darin weder von den Englndern
noch von den Franzosen nur annhernd erreicht worden zu sein.
Nun war die Bahn frei fr eine wissenschaftliche Erforschung
schaft geblieben
ist,
der Entstehungsgeschichte des Christentums.
Und
als
LESSING aus
der Schutzschrift fr die vernnftigen Verehrer Gottes", welche der
Hamburger Reimarus
handschriftlich hinterlassen hatte, die
berhmt
gewordenen Fragmente" der ffentlichkeit bergab, knpfte er daran
bei aller Anerkennung des Scharfsinns; womit die Studie die historischen Erzhlungen des alten und des neuen Testaments kritisch
zersetzte, die hchst bedeutsame Frage: Wenn wirklich die biblischen
Schriften und zumal die Evangelien so viel Mrchen und Sagen, so
viel Lug und Trug enthalten, wie hat sich dann aus diesem sumpfigen Untergrund die weltgeschichtliche Erscheinung der christlichen
Religion entfalten knnen?
Der damals allmhlich aufkommende
historische Sinn fr die Geschehnisse des Lebens vermochte eben
ENTSTEHUNG DES CHRISTENTUMS USW.
SUSSNITZKI, DIE
Lessing
bereits
Phnomen wie
zu belehren, da ein so gewaltiges
das Christentum, welches den weitaus grlJten Teil der
Menschheit
seit fast
683
zivilisierten
zwei Jahrtausenden zu beherrschen gewut hat,
von Phantasten oder Schwindlern
erzeugten Gedankenproduktes rundweg abzutun ist.
nicht mit der Erklrung als eines
willkrlich
Aus der
Flle der auf allen einschlgigen Gebieten inzwischen
denn auch nach und nach ein
zur Beantwortung der von Lessing aufgeworfenen Frag ge-
erfolgten Spezialforschungen lie sich
Weg
winnen.
Bruno Bauer
entscheidende Wendung.
vor allem bedeutete
Dank
in
dieser Hinsicht eine
Zusammenfassung
aller vorausgegangenen Einzelergebnisse vermochte er, die Lehren
der Tbinger Schule noch berbietend, eine berraschend gut gegliederte
einer fast universalen
organisch-genetische Darstellung
des
prhistorischen Pro-
Weder
zesses in der christlichen Religion zu entwerfen.
einer
noch das Werk
uns da entgegen; denn
bestimmten Persnlichkeit
Offenbarung, lehrt
er,
tritt
Christentum gegeben, das, mit einer
in sich
einer
es
das
Werk
gttlichen
hat nie
ein
abgeschlossenen Welt-
anschauung aus dem Judentum herausgewachsen, auf die Eroberung
der Menschheit ausgegangen wre. Das Christentum ist der griechischrmischen Welt nicht von auen aufgezwungen worden, sondern
charakterisiert sich in seiner Eigenschaft einer
Weltreligion als
die
Emanation eben dieser Welt selbst. Und aus seiner Prmisse,
da von dem ganzen Inhalt der Evangelien sich fast nichts historisch
erweisen lt, so da danach sogar die Existenz eines Jesus Christus
bestritten werden mte, ergab sich fr Bruno Bauer als Motivation
eigenste
zur Entstehung des Christentums allein die in dieser religisen Richtung
hervorgetretene Absorptionsfhigkeit der damals in
Gedanken und Vorstellungen, deren Elemente
nachweisen
lassen,
lange
bevor
die
Religion, der Zeit nach, zur Geltung
Freilich
ist
gerade die
widersprochen geblieben.
Schwang gehenden
sich literarisch bereits
Wirksamkeit der christlichen
kommen
konnte.
BRUNO BAUERsche
Prmisse nicht un-
David Friedrich Strauss
hatte schon
frher mit seiner sogenannten Mythentheorie fr mancherlei der Er-
zhlungen
zu
wahren
im neuen
die
Testamente eine gewisse tatschliche Basis
Handhabe geboten. Namentlich aber war es dann
groem Umfange wiederherzustellen" unternommen hat. Es ist ihm sogar gelungen, hierin Schule zu machen.
Die Gestalt Jesu wurde erhalten,
wennschon ins rein Menschliche gewendet, und dessen Werk, wie-
Harnack,
der die Geschichtlichkeit der Evangelien
wohl aus den
zeitlich
in
gegebenen Verhltnissen gedeutet, nichtsdesto-
FESTSCHRIFT COHEN
684
weniger mit
dem Pathos
eines stark romantischen Personalismus als
Gegen solcherHinsicht individuelle Leistung verherrlicht.
art historischer Ehrenrettung" wandte sich indessen mit besonderer
Er griff dabei
Schrfe der Bremer Geistliche Albert Kalthoff.
in vieler
auf jene ltere Forschung zurck, fr welche weder die Bibel den
Ursprung, noch Jesus den Schpfer der christlichen Religion aus-
machte, whrend er darber hinaus noch zur Ergrndung des Christentumsanfangs das soziale Moment mit heranzuziehen sich bemhte.
im Zentrum
der rmischen Welt, in Rom, in dessen von jdischen Elementen
stark durchsetzten Bevlkerung ihren Ausgang genommen hat, und
er
zum
Resultat,
Rom
aus
die
So gelangte
da von
christliche Religion
da die
Geschichte
evangelische
in
ihrer
spteren
Bearbeitung nach Palstina verlegt worden ist. Es war
gar nicht die Absicht der Evangelien, ber einen Menschen namens
Jesus, zu berichten; wen sie uns schildern wollten, das war der
literarischer
kanonische
Christus,
personifizierte Idee
die
der Kirche.
Mgen
Juden den Kreuzestod gestorben sein, der gekreuzigte
Christus des Neuen Testaments ist nicht das Abbild irgend eines einzelnen von diesen allen, sondern stellt sich uns als ihre ideale Zusammen-
noch so
fassung
viele
in
der Kreuzesgeschichte der altchristlichen Gemeinde dar.
IL
Bei aller Verschiedenheit der Darstellung haben die angefhrten
Richtungen dennoch einen gemeinsamen Boden, in welchem ihre
Betrachtungsweise ohne Ausnahme methodologisch wurzelt. Es ist
die idealistische Geschichtsauffassung, die in den gesellschaftlichen
Kmpfen
nichts
anderes wie
Kmpfe um
abstrakte Ideen,
ethische Forderungen oder politische Einrichtungen erblickt
gem auch das Christentum
als
und dem-
Ausflu ideeller Bestrebungen,
sei
es als Individualschpfung einer berragenden Persnlichkeit, sei es als
Kollektivstimmung einer gewissen Zeitbewegung, deuten zu sollen glaubt.
In direktem Gegensatz zu den bisherigen Darlegungen erscheint
die
KAUTSKYsche Behandlung des Problems, welche von Anfang
an
aus
einer
prinzipiell
anderen
Prmisse
herausgewachsen
ist.
In seiner Lehre von der Entstehung der christlichen Religion vertritt
Kautsky den Standpunkt der materialistischen Geschichtsauffassung.^ Und in diesem Sinne unternimmt er es, hinter den
Der Ursprung des Christentums. Eine
Karl Kautsky. Stuttgart 1908.
"
historische
Untersuchung von
SUSSNITZKI, DIE
sonst als die
letzten
ENTSTEHUNG DES CHRISTENTUMS USW.
sozialen Triebkrfte
geltend
685
gemachten Ideen
noch deren konomische Grundlagen zu suchen, diese allein erst fr
die wahren kausalbildenden Faktoren des weltgeschichtlichen Ereignisses proklamierend.
Es ist nicht das Bewutsein der Menschen,
das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr
Bewutsein bestimmt", lautet der bekannte schon 1859 von Marx
formulierte Satz.
Eine Betrachtung, die in ihrer engeren Fassung
darauf hinausluft, da jede Gemeinschaft im letzten Grunde von den
Bedingungen, unter denen die Produktion ihres wirtschaftlichen Bedarfs erfolgt, abhngig bleibt, derart, da alle nderungen in den
Lebensformen der menschlichen Gesellschaft, mit Einschlu derer
geistiger Natur, durch nderungen in der Produktionsweise entschieden werden.
Nun knnte
den ersten Augenblick berraschen, da gerade bezglich der Persnlichkeit Jesu Kautsky zu Konzessionen
sich geneigt zeigt. Die Frage, ob Christus existiert hat, wird von ihm
nicht nur nicht verneint, sondern geradezu in durchaus positivem Sinne
beantwortet. Er lt es als so gut wie ausgemacht gelten, da zur
Zeit des Kaisers Tiberius in Palstina ein Mann neue Lehren gepredigt und die proletarischen Massen revolutioniert hat, dann aber
als falscher Prophet angeklagt und hingerichtet worden ist
wenn
er auch gleich sich zu der Einschrnkung veranlat sieht, da mehr
ber diesen Punkt nicht ausgesagt werden knne. In unseren Tagen,
wo die Frage der historischen Gltigkeit des Nazareners eine so viel
ventilierte und so oft negativ beantwortete Frage ist, bei einer so
radikalen Denkrichtung und einem so radikalen Denker ein immerhin beachtenswertes Moment!
Es ist ja herzlich wenig", bemerkt
es auf
Kautsky, was wir aus den Evangelien mit einiger Wahrscheinlichkeit als wirkliche Tatsachen aus dem Leben Jesu feststellen knnen:
seine Geburt und seinen Tod; zwei Tatsachen, die allerdings, wenn
nachweisen lassen, beweisen, da Jesus wirklich gelebt hat
und keine blo mythologische Figur war." Mit hbscher Dialektik
sie sich
sucht
der
Verfasser
Das Christentum
die
Richtigkeit
Behauptung darzutun.
starke Wandlungen durch-
dieser
hatte im Laufe der Zeit
Ungeachtet seines anfnglich jdisch-nationalen Einschlags
ist es zum Bekenntnis der Heiden und aus der ursprnglich proletarisch-revolutionren Bewegung die zahme Weltanschauung der beManche Stellen in den Evangelien ersitzenden Klassen geworden.
innern an das erste Stadium dieser Entwicklung, was den spteren
gemacht.
Generationen nicht gerade angenehm sein durfte.
Und
zweifellos
FESTSCHRIFT COHEN
686
man
htte
sie
lngst
Evangelienschreiber
in
wie
oder umredigiert",
ausgemerzt
unbedenklichster Weise so
oft
es
die
getan haben,
im Gedchtnis der Massen zu sehr haften geblieben.
Eine solche Tatsache ist die galilische Abkunft Jesu. Sie war sehr
unbequem fr seine davidisch-messianischen Ansprche. Der Messias
mute auf jeden Fall aus der Davidstadt stammen. Die sonder-
wren
sie
nicht
barsten Ausflchte waren daher notwendig
Wre
stammungsort zuzuweisen.
dem
Galiler diesen
Ab-
Jesus das bloe Phantasieprodukt
Gemeinde gewesen, dann htte sie nie
daran gedacht, ihn zum Galiler zu machen. Seine galilische Abkunft und damit seine Existenz selbst drfen wir also mindestens als
hchst wahrscheinlich annehmen. Ebenso aber auch die Tatsache
seines Todes am Kreuze, die kaum auf Erfindung beruhen wird.
Der Kreuzestod des Messias selbst war eine dem jdischen Denken
so fernliegende Idee, das sich den Messias nur in aller Herrlichkeit
eines siegreichen Helden vorzustellen vermochte, da es eines wirklichen Vorkommnisses bedurfte, des Mrtyrertodes eines Vorkmpfers
der guten Sache, der einen unauslschlichen Eindruck auf seine Anhnger machte, um der Idee des gekreuzigten Messias einen Boden
einer messianisch verzckten
zu schaffen."*
In Wirklichkeit charakterisiert
sich
dieses Zugestndnis
starkes Vertrauen des Forschers zu der eigenen Methode.
als ein
Kautsky
Vorgehen: er darf es
sich schon gestatten, in Fragen der Person Jesu billig zu sein, da
die Sache des Christentums selbst dadurch doch nicht berhrt wird.
Wir haben gezeigt, da es unmglich ist, ber den angeblichen
Stifter der christlichen Gemeinde irgend etwas bestimmt auszusagen.
Wir knnen nun hinzufgen, da es auch nicht notwendig ist, Bestimmtes ber ihn zu wissen. Alle Gedankengnge, die man gewhn-
kokettiert fast mit seinem kompromiartigen
lich als
die Eigenart des Christentums,
bezeichnet,
teils
lernen wir
als
Produkte
der jdischen Entwicklung
preisend oder
teils
kennen.
verurteilend,
der rmisch-hellenischen,
Es
gibt
keinen
einzigen
Gedanken, der es notwendig machte, ihn auf einen erhabenen Propheten und bermenschen zurckzufhren, keinen, der
nicht schon vor Jesus in der heidnischen oder jdischen Literatur
nachweisbar wre."^ Die ganze Personenfrage erweist sich hier eben
als etwas Nebenschliches und Unbedeutendes, weil das sachliche
christlichen
Kautsky
Kautsky
a. a.
O.
S. 4i8f.
a. a.
O.
S.
341
f.
SUSSNITZKI, DIE
Moment
unter
dem
ENTSTEHUNG DES CHRISTENTUMS USW.
Gesichtswinkel der materialistischen Geschichts-
betrachtung davon vllig losgelst und
scheint.
art die
68/
in
abgeschlossen
sich
er-
da gerade bei der ideologischen DenkungS'
Errterung der Frage ber den individuellen oder kollektiven
Es
ist
begreiflich,
Charakter der Religionsschpfung eine besonders hervorragende Rolle
spielt.
Indem das religise Phnomen, wie auch immer, als das
Produkt seelischer Energien hingestellt wird, bleibt es unerllich,
dabei den fluktuierenden Einflu zwischen dem Einzelnen und der
Gemeinschaft abzugrenzen beziehungsweise auszuschalten. Der ideologische Forscher wird somit stets ein ausgesprochenes Interesse
daran haben, wenn er einmal die berzeugung von der Geringfgigkeit des persnlichen Einflusses gewonnen hat, das Christentum aus
den Zeitverhltnissen so hervorgehen zu lassen, da fr die Mitwirkung eines Christusmenschen sich dabei kein Spielraum mehr
Anders hingegen verhlt es sich mit dem historischen Mabietet.
terialismus, nach welchem auch die Religion von rein ueren Bedingungen abhngig ist und die Motive zu ihrer Entstehung oder
Wandlung einzig der ntigen Deckung des Wirtschaftsbedarfs und
der jeweils herrschenden Produktionsform
Projizierung des Innenlebens in den
Umwelt
ist
fr jenes nicht
entspringen.
Durch
die
Wandelproze der konomischen
minder wie
fr diesen
das gleich gesetz-
mige Entwicklungsgebahren entscheidend. Allein damit verflchtigt
sich auch die psychologische Erwgung des persnlichen Einflusses
zu einer Frage hchst sekundrer Natur, indem selbst im gnstigsten
Falle dem menschlichen Eingreifen von vornherein doch blo die
Bedeutung einer rasch dahinschwindenden Episode zuzuerkennen
Mag
immerhin des Tischlers Sohn aus Nazareth sich einer
gewissen Zeit in der Funktion eines Agitators und Sektierers mehr
oder weniger hervorgetan haben, fr die eherne Notwendigkeit des
geschichtlichen Geschehens war das alles von geringem Belang. Und
selbst seine etwaigen Erfolge htte er zudem letzten Endes lediglich
wre.
zu verdanken, da die von ihm eingeleitete politische
und religise Aktion mit den ohnehin durch die damalige Wirtschaftsentwicklung gebotenen neuen Bedrfnissen zusammentraf.
dem Umstnde
Weit wichtiger
ist
die in
Konsequenz davon
sich ergebende Ort-
Mit Jesus bleiben seine jdischen Jnger erst recht
Mgen nun die Zeugnisse ber deren Tun und Treiben aus
lichkeitsfrage.
stehen.
der Profanliteratur noch so sprlich und unbedeutend sein, weil die
kleine Bewegung in ihren Anfngen ganz auerhalb des Rahmens der
offiziellen
rmischen Geschichtsschreibung lag; und
mag auch
das
688
FESTSCHRIFT COHEN
Problem der Evangelien
sich
einander darstellen,
dabei
als
chaotisches Durch-
seit
mehr denn einem
der scharfsinnigsten Geister arbeitet,
ohne
gekommen
der Erreichung gesicherter Resultate allzuweit
in
dessen Entwirrung
an
eine Reihe
Jahrhundert
noch so sehr
zu
bewegen uns zunchst doch immer auf palstinensischem
Boden, in Juda, dem Ursprungslande dieser Seuche", wie Tacitus
In der Tat sieht auch Kautsky
in seinen Annalen grimmig sagt.
in Palstina die Wiege des Urchristentums und in der zu Jerusalem
als Kommunisten lebenden Proletarierorganisation die Keimzelle der
sein"
wir
ersten christlichen Religionsentfaltung.
Von
Jerusalem aus hat sich
Bewegung ber Juda und Samaria bis zu den Stdten am Meere
und bis nach Damaskus verbreitet, ist dann weiter bis nach Cypern,
nach gypten und nach Antiochia in Syrien vorgedrungen und war
kaum ein Menschenalter spter bereits in den Hauptorten Kleinasiens,
die
Griechenlands und Italiens anzutreffen.
Da
freilich
so etwas geschah, so etwas geschehen konnte, ergab sich
als
die
unausbleibliche
rmischen Reiche,
in
Folge der damaligen Zustnde im
dessen Gesellschaftsleben
die
wirtschaftliche
Furchen gegraben hatte, die es fr
die Aussaat neuer Anschauungen, Wnsche und Bedrfnisse aufnahmefhig machen sollten. Die Sklavenwirtschaft, die im Rmerreiche die Grundlage der Produktionsweise bildete, schuf ber dem
Bauern- und Handwerkerstande eine Oberschicht von Grundbesitzern
und Kaufleuten; und je mehr sich der Betrieb zum Grobetrieb
Entwicklung lngst jene
auswuchs,
desto
strker
Schichtung zur Geltung,
tiefen
kam
die Verschiedenheit
dem Mae wie
Sklave vom Haushalt
In
das
in
der sozialen
patriarchalische
des Herrn losgelst
System nachlie und der
wurde, trat auch eine Verschlechterung in der Lage des Sklaven ein.
Umgekehrt wiederum vermochte angesichts der Konkurrenz der
Sklavenarbeit der freie Handwerksberuf kaum hochzukommen. Von
dem blhenden Handwerkertum, wie es spter das Mittelalter kennen
Die Handwerker waren arme
lernte, findet sich da noch keine Spur.
Leute, die gewhnlich allein, selten mit Hilfe von Gesellen ihre Ttigkeit ausbten, und in der Regel nur das ihnen gelieferte Material zuhause oder im Hause des Kunden verarbeiteten. Es kommt hinzu,
da durch die ewigen Kriege der Sklavenstand dauernd an Umfang
zunahm und der einzelne Sklave, fr dessen Anschaffung man zuweilen noch weniger auszugeben brauchte als fr dessen Unterhaltung,
immer mehr im Werte sank. Er war ein Ausbeutungsobjekt geworden,
aus
dem man
mglichst schnell mglichst
viel
herauszuholen suchte.
SUSSNITZKI, DIE
Dies hatte
zur Folge.
ENTSTEHUNG DES CHRISTENTUMS USW.
689
den vlligen Niedergang des Bauernstandes
Denn war ohnehin schon der Bauer durch die unauf-
schlielich
hrlichen Kriegsdienste erschpft,
so wurde er jetzt, soweit ihn der
Eroberer von seiner Scholle berhaupt nicht ganz verdrngt hatte,
durch die mit der massenhaften Sklavenzufuhr eingetretenen Ver-
Boden gedrckt. So hatten die
Klassengegenstze eine frher nie gekannte Spannung angenommen:
Auf der einen Seite die Besitzer gewaltiger Latifundien und unzhbilligung der Arbeitskrfte vllig zu
Sklavenscharen mit ihren ungeheuren Schtzen und Gewinnberschssen; und auf der anderen Seite die vielen unproduktiven Krfte
auf dem Lande und das ins Riesenhafte gewachsene Lumpenproleliger
der Hauptstadt,
dessen Reihen zugleich die Mehrzahl der
freigesetzten Bauern verschwand.
tariat
Auch
in
haben dazu beigetragen, die
Klassengegenstze zu verschrfen und Staat und Gesellschaft so dem
Untergang entgegenzufhren. Wohl war Rom eine Demokratie. In
die politischen Verhltnisse
zhem Ringen" hatten
die Plebejer
Brger, welche
ber die Gesetze entscheiden
den Patriziern ein Vorrecht nach
dem andern entrissen, bis endlich zwischen den beiden Stnden alle
rechtlichen Unterschiede berwunden waren.
Aber tatschlich war
diese Demokratie doch nur eine verkappte Aristokratie.
Die rmische
Demokratie bestand fr Rom, fr die Einwohner der Residenz; sie
war sozusagen eine Demokratie in engem Kreise, nicht eine frs
ganze Reich.
Gewi; es war die Volksversammlung smtlicher
allein
der hchsten Staatsbeamten treffen konnte.
Aber
und
die
Wahl
diese Entschei-
dungen und diese Wahlen lagen ausschlielich in den Hnden der
Bewohner der Hauptstadt, whrend die Bevlkerung drauen darber,
wer Konsul, Prtor oder dil sein solle, nichts zu sagen hatte. Mit
Zunahme des Lumpenproletariats in der Stadt Rom artete dieses
demokratische Privileg immer mehr zu einer sozialen Korruption aus.
der
Die Lumpenproletarier wurden Berufspolitiker", und die Politik wurde
zu einem Erwerb und Geschft. Stimmenfang und Stimmenkauf wurde
schamlos getrieben, und skrupellos wurde die Stimme dem Meistbietenden angetragen und verkauft. Und in diesem Zeichen wickelte
sich in der Folge das ganze politische
Leben Roms
Die Whler
ab.
und unterhalten sein, Panis et circenses war ihr
Parteiprogramm. Fr jene wiederum, die durch Massengunst aufs
Schild erhoben wurden, gab es keine hhere staatsmnnische" Aufgabe, als mglichst viel Geld zusammenzuscharen.
Die Wahlkosten
sollten gedeckt und die Mittel fr andere Wahlen flssig gemacht
wollten
erhalten
44
FESTSCHRIFT COHEN
690
werden; auch muCite man danach trachten, solange die Konjunktur
denn
eine gnstige war, sein Schfchen ins Trockene zu bringen,
Das revoludie Masse ist wankelmtig und ihre Gunst wandelbar.
Umstnden als
Im Namen des Fiskus wurde daher zu
tionsschwangere enrichissez-vous!
die allernatrlichste Devise.
gilt
unter solchen
was nur irgend zu holen war. Die Zentralgewalt
schien keine weitere Sorge zn kennen als die Ausbeutung und Plnderung der ihr unterworfenen Vlkerschaften, und was sich die Statthalter in der Provinz an Aussaugung und Ausraubung geleistet haben,
Als eine bedrfte wohl kaum noch zu bertreffen gewesen sein.
holen gesucht,
sonders schwere Plage erwies sich dabei fr die eroberten Gebiete
Man pflegte das Einziehen der Steuern
die Steuerverpachtung.
Geldmanne zu bergeben,
der den festgelegten Betrag an den Staat ablieferte und dann zusah,
wie er sich dafr schadlos hielt. Es war ein Verfahren, wie es hnlich noch heute im Orient anzutreffen ist und welches Land und
innerhalb einer Provinz einem rmischen
da der Steuerpchter begreiflicherweise nur
darauf ausgeht, die ihm wehrlos ausgelieferte Bevlkerung bis zum
Weibluten zu schrpfen. Nun kam es aber auch nicht selten vor,
Leute zugrunde
richtet,
da einzelne Stdte oder
Summen
tributpflichtige
nicht gleich zahlen konnten.
Knige
die ihnen auferlegten
Wiederum
der rmische
trat
Er stellte die erforderlichen Beitrge zur Verfreilich nur gegen eine angemessene Verzinsung, was in
fgung
solchem Falle gewhnlich 50 bis 75 Prozent, manchmal sogar noch
mehr bedeutete. So hatte sich allmhlich in Rom eine besondere
Klasse von wuchernden Kapitalisten herausgebildet und eine in der
alten Welt zuvor ungekannte Machtstellung erlangt: ein parasitres
Ungeheuer, das mit gewaltigen Polypenarmen den ganzen Staat um-
Geldmann
in
Aktion.
klammert hielt und durch zahllose Saugnpfe
organismus zehrte.
Und
mit
dem Auflsungsproze
schem Gebiete ging
eine Zerstrung
aller
gierig
Gesellschafts-
auf wirtschaftlichem und
politi-
zugleich eine Zersetzung alles Seelenlebens und
berkommenen Denkrichtungen
gewaltige Macht und unermeliche Schtze hatte
zentriert.
am
Aber wer waren
die
Rom
einher.
in sich
Eine
kon-
Trger des ffentlichen Lebens dort?
Geldmenschen, die nur daran dachten, wie man Zins auf Zins hufen
knne; Aristokraten, die von einem Genu zum anderen taumelten,
da sie ihren politischen
Einflu verschacherten.
Streber, Prasser und Schmarotzer also,
denen der Boden unter den Fen wankte und jeder Hajt fehlte;
und Lumpenproletarier,
die
davon
lebten,
ENTSTEHUNG DES CHRISTENTUMS USW.
SUSSNITZKI, DIE
69
auch jegliche innere
frwahr kein anmutiges Bild, das
soziale Schdlinge, die mit der ueren Sicherheit
Es
Festigkeit vermissen lieen.
ist
Rom
damaligen
die Sittengeschichte des
Augen fhrt: ein
Rmern betrachtete
uns vor
und Verfalls. Bei den alten
man, genau wie bei den Hellenen, als Tugend die volle harmonische
Entwicklung der Mannhaftigkeit im besten Sinne des Wortes. Virtus
und arete bezeichnete Tapferkeit und Standhaftigkeit, zugleich aber
auch Mannesstolz, Opfermut und selbstlose Hingabe an die soziale
Gemeinschaft.
Allein in der Folge ist das Knechtische und die
Knechtseligkeit zur obersten Tugend geworden, von der immer mehr
die Beziehung des Menschen zum ffentlichen und privaten Leben
Bild elendsten Zer-
bestimmt wurde.
Und
die
Wirkung war ganz allgemein Abwendung
vom Gemeinwesen und Beschrnkung
Feigheit
eigene Ich,
auf das
und Mangel an Selbstvertrauen, Sehnsucht nach Erlsung nicht durch
die eigene, sondern durch eine fremde Kraft, Selbstzerknirschung
nach oben und pfffische AnmaCtung nach unten, Blasiertheit und
Lebensberdru und wieder Sehnsucht nach Sensation und Wundern,
berschwenglichkeit und Ekstase ebenso wie Heuchelei und Lge".^
Selbst die wenigen freundlichen
Zge
in
diesem trben Bilde, wie die
Erweiterung des Nationalittsbegriffs zum Begriffe der Menschheit,
oder die Forderung der Wohlttigkeit gegen
Arme und
der Humani-
gegen Sklaven, Vorstellungen und Forderungen, die gerade damals auftauchten und rasch Verbeitung fanden, erweisen sich in ihrem
kausalen Zusammenhang nicht als Produkte einer moralischen Erhebung, sondern als Degenerationssymptome des Niedergangs und
tt
Verfalls.
Sie
bildeten
energien, die neue
nicht
das
Werk hher
Werte schufen, sondern
allgemeinen seelischen Erschlaffung, bei
kein
Raum mehr
blieb.
In
einer
sie
gespannter
Seelen-
ergaben sich aus der
der fr alte Anschauungen
Stadt,
in
der Zugehrige
ver-
geben
pflegten, in der Griechen und Juden, Gallier und Spanier, Syrer und
gypter das Brgerrecht besaen und eine hervorragende Rolle
spielten, in einem Lande, in dem die unterjochten Barbaren hohe
schiedenster
Nationen und Rassen
sich
ein
Stelldichein
zu
werden konnten, muten angesichts des durcheinander^verfenden Weltverkehrs und der politischen
Nivellierung alle auf Blutsbande und territorialem Zusammenhang be-
Beamte, Senatoren und
selbst Kaiser
ruhenden Sonderungsgefhle
Mitgefhl mit den
Kautsky
a. a.
als inhaltsleer
Armen und
verschwinden.
das Eintreten
Und
fr die Sklaven,
O. S. 142.
44*
das
war
es
FESTSCHRIFT-
692
COHEN
nicht auch ein Produkt der traurigen Zeitverhltnisse und in gewissem
hatte
Sinne sogar ein Wahrnehmen der eigenen Interessen?
Rom
aufgehrt
die
Versorgungsanstalt
Lumpenproletarier
der
zu
sein.
Unter der Herrschaft der Csaren fand mit der Macht des ProleDieses Versiegen der wichtariats auch das Brotspenden ein Ende.
tigsten Nahrungsmittelquelle
tarierbevlkerung ein
um
war aber
fr die
hauptstdtische Prole-
so schwererer Schlag, als sie sich lngst aller
Die Armut
regelmigen Arbeit und Anstrengung entwhnt hatte.
als Massenerscheinung war die unmittelbare Folge davon, und die
wachsende Not weckte den Sinn fr Mitleid und erzeugte die Idee
der Wohlttigkeit.
Mit der gesteigerten Verelendung
nahm das Zu-
sammengehrigkeitsgefhl der Massen zu: man pldierte sozusagen
fr sich selbst, indem man die anderen dem allgemeinen Interesse
gewissem Sinne auch schon der Grund
fr das dem Sklavenstande entgegengebrachte erhhte Wohlwollen,
da das Proletariat sich in steigendem Mae aus freigelassenen Sklaven
rekrutierte, die whrend der Kaiserzeit sogar die Mehrheit der BeEs kommt hinzu, da hier noch ein
vlkerung Roms ausmachten.
empfahl.
Allein darin liegt in
besonderes praktisches
Moment
das Eintreten fr die Sklaven oppor-
Ehemalige Sklaven waren mittlerweile zu Macht und
Ansehen gelangt und erfreuten sich selbst am kaiserlichen Hofe vielfach einer bevorzugten Stellung. Mochte man sie im Innern noch
so sehr hassen und verabscheuen, man trug doch eine groe Verehrung und Bewunderung fr sie zur Schau, man buhlte um ihre
tun sein
lie.
Freundschaft und warb
Roms
schildert
um
ihre Gunst.
FRIEDLNDER
In
seiner Sittengeschichte
heuchlerische Verhalten
dieses
der
Freien und Aristokraten gegen die Sklaven und Freigelassenen, das die
ganze Verlogenheit und Verkommenheit jener Zeit zeigt und nur
Den allmchtigen
Ekel und Widerwillen hervorzurufen vermag.
Dienern des Kaisers Ehre zu erweisen und zu huldigen, wetteiferte
die hchste Aristokratie Roms, wie tief auch diese Abkmmlinge
uralter
ruhmvoller Geschlechter
sprossenen, mit der
die
aus
verhaten
Schmach der Knechtschaft
Stmmen
ent-
unauslschlich be-
und verabscheuten, die brigens rechtlich in mehr als einer Hinsicht noch unter dem freiSo wurde fr Pallas mit plumper
geborenen Bettler standen.
Schmeichelei ein Stammbaum ersonnen, der seine Abkunft von dem
gleichnamigen Knig Arkadiens ableitete; und ein Abkmmling der
Scipionen schlug im Senat eine Dankadresse vor, weil dieser Spro
eines Knigshauses seinen uralten Adel dem Wohle des Staates nach-
fleckten
Menschen
innerlich verachteten
SUSSNITZKI, DIE
ENTSTEHUNG DES CHRISTENTUMS USW.
693
und sich herabgelassen habe, Diener eines Frsten zu sein.
Auf den Vorschlag eines der Konsuln wurden ihm die prtorischen
Da Pallas
Insignien und ein bedeutendes Geldgeschenk angetragen.
nur die ersteren, nicht aber das letztere annahm, beschlo der Senat,
Dieses Dekret wurde auf
ihn durch eine Dankesresolution zu ehren.
einer Bronzetafel neben einer geharnischten Statue Julius Csars
gesetzt
Lucius
ffentlich aufgestellt.
Kaisers, ein
Mann
Vitellius,
der Vater des gleichnamigen
sehr hoher Stellung,
in
allerdings
selbst da-
ein
mals Staunen erregender Virtuose der Niedertrchtigkeit, verehrte
Das war
unter seinen Hausgttern das goldene Bild des Pallas.'"'
der Boden, auf dem jene Schlinge menschlichen Geistes zuerst
.
keimten und Triebe schlugen. Freilich zu sehr Sumpfboden, als da
auch der fruchttragende Erkenntnisbaum einer neuen Weltanschauung
hier
ohne weiteres htte hervorwachsen knnen.
Damit tritt Kautsky wieder jener extremen Richtung entgegen,
die,
wie bei
Bauer und Kalthoff, im
liche Bildungssttte
csaristischen
des Christentums erblickt.
Rom
Die
die eigent-
rmische Ge-
Kalthoff, stand durchweg auf dem Punkt, wo
aus ihrem Sche ein Neues werden wollte, werden mute. Dazu
sellschaft", schreibt
bedurfte es keines Anstoes von auen;
die inneren Krfte,
die zerstrenden wie die schaffenden, brachten ihr eigenes
sowohl
Werk
zu-
Die zerstrenden schon, ob aber auch die schaffenden?
Rom war kein Fruchtland mehr. Der Boden dort war nicht blo
durchwhlt, sondern bis auf seine kleinsten Teile gelockert und aufgelst; zu sehr gelockert und aufgelst, um noch ertragfhig zu sein.
So sollte es in der Tat auch einem anderen als dem rmischen
stande."*
Volke vorbehalten bleiben, den Samen der neuen Lehre in die heidnische
Welt zu tragen. Diese Aufgabe fiel dem Judentum zu. Dem Judentum der Diaspora, nachdem es im eigenen Heimatlande einen hnlichen Wandlungsproze, nur reiner, konsequenter und energievoller
durchgemacht und noch im Niedergange der Welt ein Denkmal von
Ausdauer, Heldenmut und Hingebung gegeben hat, das aus
Schmutz allgemeiner Feigheit und Selbstsucht jener
Zeit
dem
einsam,
aber umso gewaltiger hervorragt".^
Darstellungen aus der Sittengeschichte
'
Band
S. 42 ff.
Die Entstehung des Christentums von
Kautsky
a. a.
O.
S. 321.
Roms von Ludwig Friedlnder
Albert Kalthoff
S. 45.
FESTSCHRIFT COHEN
694
m.
Zwei parallellaufende Strmungen sind es also, die Gestaltung
der Dinge in Rom und in Palstina, deren schlieliches Zusammentreffen die Geburt und das Wachstum des Christentums zur Folge
gehabt hat. Den beiden Strmungen lt Kautsky vom Standpunkt
des historischen MateriaUsmus eine Beleuchtung zuteil werden; und
wie er es fr den rmischen Staat getan hat, so sucht er auch fr
das jdische Reich systematisch eine Darstellung seiner Wirtschaftsentwicklung sowie der
Zusammenhang damit stehenden
in
ethischen
und religisen Gedankenwelt des Landes zu geben. Diese Beziehung
von ber- und Unterbau" des sozialen Phnomens soll den Charakter
historischer Notwendigkeit beim Ursprung des Christentums dokumentieren, indem sich so die christliche Weltanschauung als der erschpfende Ausdruck der rmischen und jdischen Geistesrichtungen
jener Zeit erweist, womit denn die Frage, wieso das Christentum zur
herrschenden Religion des Weltrmerreiches werden konnte, sich einfach dadurch beantwortet, da es eben das religise Ideenprodukt
Freilich htte der aus der palstinensischdieser Welt darstellte.
rmischen Verbindung hervorgegangene Spro, je lter je eifriger,
Kinder jdisich den Bedingungen seines neuen Milieus anbequemt.
scher Mischehen lassen sich ja, in einer angeborenen AnpassungsIn diesem Sinne liee sich selbst von
fhigkeit, mit Vorliebe taufen.
einer gewissen bereinstimmung unseres Verfassers mit der BauER-
K ALTHOFF sehen
Auffassung, wenigstens hinsichtlich einer der folgen-
Denn
den Entwicklungsphasen der christlichen Religion, sprechen.
wenn auch Kautsky, im Gegensatz zn Bauer und Kalthoff, dem
Judentum die Schpfung einer Anzahl wesentlich konstitutiver Elemente des Christentums nicht absprechen mag, so rumt er doch
mit ihnen gemeinsam
Umgebung
sich
ein,
da, einmal
unterlegen, alle
von letzterem nicht nur
dem
Einflu der auerjdischen
dem Judentum entsprungenen Tendenzen
losgelst,
sondern sich ihm sogar feind-
selig gegenbergestellt haben.
beraus interessant ist es dabei zu sehen, wie der Verfasser die
spezifisch ethischen Anschauungen des jdischen Volkes aus dessen
wirtschaftlichem Entwicklungsgange abzuleiten unternimmt. KautsKY
Er gibt uns eine Schildeholt hier in seinen Darlegungen weit aus.
rung von den semitischen Vlkerwanderungen und vom Eindringen
der Israeliten
ins
kanaanitische Gebiet.
Als nomadisierende, vieh-
zuchttreibende Beduinen haben die Hebrer, die bei ihrem
ziehen frher einmal an
gyptens Grenze und
am
Sinai
Umher-
wohl schon
SUSSNITZKIj DIE
ENTSTEHUNG DES CHRISTENTUMS USW.
695
gewesen sein mochten, sich Palstinas bemchtigt und blieben auch
im eroberten Lande ein Hirtenvolk, lange noch nachdem sie zur
Sehaftigkeit bergegangen waren.
Erst allmhlich eigneten sie sich
von den Kanaanitern die Bodenkultur an, wie den Anbau von Getreide und Wein oder die Aufzucht von l- und Feigenbumen. Aus
der Zeit ihres Beduinentums behielten indessen die Juden nichtsdestoweniger den Sinn und die Vorliebe fr den Warenhandel. Eine unter
Nomadenstmmen ohnehin
hufig
nun gar bei einem Volksschlag
vorkommende Eigenschaft; und
in Palstina, in
dem Lande,
seiner auerordentlich gnstigen geographischen
das dank
Lage von sehr wich-
Karawanenstraen durchzogen war und damit den Verkehr
zwischen gypten auf der einen, Syrien und Mesopotamien auf der
anderen Seite, sowie den von Phnizien nach Arabien beherrscht
tigen
hatte.
Wenn
spter nach
dem babylonischen
Exil die Israeliten ein
Handelsvolk wurden, das sich ber den ganzen Umkreis der antiken
werden wir in der Annahme nicht fehl gehen,
da die Vorbedingungen dazu schon in der Zeit vor dem Exil geschaffen waren. Auch dem bedeutsamsten nationalen Ereignis ist es
Welt
verbreitete,
so
nicht gegeben, die Geschichte eines Volkes in zwei vllig getrennte
Hlften zu schneiden.
Die psychologische Wirkung der Handelsfunktion
progressive Steigerung des Abstraktionsvermgens.
Ware
aber eine
ist
Nicht das Gegen-
den Kaufmann, sondern der dieser
inhrierende merkantile Charakter. Seine Aufgabe besteht darin, da
Welche besondere Ware er
er billig einkauft und teuer v^erkauft.
kauft oder verkauft, ist ihm im Grunde gleichgltig, da allein der
ideelle Gewinn, nicht der materielle Inhalt fr ihn die eigentliche Bestndliche an der
interessiert
deutung des Handelsartikels ausmacht.
die
ihre
Ware
nur
als
Den Kaufmann
interessiert
Reprsentant von Geld, ihn interessiert an
besondere Ntzlichkeit, sondern
ihr
besonderer
ihr nicht
Preis.
Dabei ist es eine ganz bestimmte Denkfunktion, auf die es vorwiegend ankommt. Der Kaufmann mu die Dinge und Vorgnge
stets in eine Beziehung zueinander bringen; er mu ein Verhltnis
zwischen ihnen herstellen.
Was
ihn in letzter Linie beschftigt, das
sind Zahlenverhltnisse, abstrakte Zahlenverhltnisse.
der Handel sich entwickelt, je weiter
in
Je
mehr nun
rumlicher und zeitlicher Be-
ziehung Kauf und Verkauf auseinanderliegen, je verschiedener und
mehr
Akte des
Kaufs und der Zahlung auseinanderfallen, Kreditsystem und Zinszahlung zunehmen, um so verwickelter und mannigfaltiger auch [gekomplizierter sich die Mnzzustnde erweisen, je
die
FESTSCHRIFT COHEN
696
und umso gegenstandsloser, allgemeiner und formaler wird nach und nach die zu ihrer Bewltigung
unerlliche Gedankenarbeit.
So zchtet geradezu der Handel das
mathematische Denken, wie in gewissem Sinne das abstrakt-wissenschaftliche Denken berhaupt.
Es sind nicht die produktiven' Ttigkeiten, Ackerbau und Handwerk, sondern es ist der ,unproduktive'
Handel", bemerkt Kautsky, der jene geistigen Fhigkeiten bildet,
welche die Grundlagen des wissenschaftlichen Forschens ausmachen."
Zudem waren einerseits Kunst und Handwerk, die den Sinn mehr
fr das Konkrete, aber auch fr die Oberflche und nicht fr das
Wesen der Dinge schrfen, bei den Hebrern im Vergleich zu anderen semitischen Vlkern kaum so zur Entfaltung gelangt, um irgend
wie hemmend in den geistesentwickelnden Proze einzugreifen, whrend
man hier andererseits, wie bei den orientalischen Staaten berhaupt,
die wissenschaftliche Beschftigung nicht Sache einer bevorzugten
brgerlichen Klasse vielmehr allein Aufgabe der Priesterschaft werden sieht, wodurch notwendig mit der Zeit Denken und Erkenntnis
eine einseitige Beziehung auf den Religionskultus erlangen mute. So
kam es schlielich, da die Gottesvorstellung der Israeliten, namentlich
nach der ersten Verbannung und unter dem Einflu des babylonischen
stalten sich diese Zahlenverhltnisse
Priesterglaubens, sich
durchgerungen
hat.
zum
,,
geluterten
Gerade
jdischen Monotheismus hin-
der palstinensischen
in
Gegend mit
ihrem starken, internationalen Handel, aber ohne entwickelte bildende
ohne eine profane Aristokratie mit intellektuellen Neigungen
und Bedrfnissen, hingegen mit starkem Priestertum konnte eine
Religion, die von vornherein keinen Polytheismus mit scharf ausKunst,
geprgten
strakten,
aus
Gtterindividualitten
hatte,
leicht
einen
ab-
annehmen, und die Gottheit sich
Persnlichkeit zu einer Idee oder einem Begriff aus-
vergeistigten Charakter
einer
wachsen."
entwickelt
'^
Wenn
auch
der Aufschwung
des Handels
unverkennbar eine
den jdischen Staat bedeutete, bildete dennoch in
Palstina, wie ja berall im Altertum, die Landwirtschaft den wesentlichen Nahrungszweig und die eigentliche Grundlage der Gesellschaft.
Blteperiode
fr
war der Handel nur Nebenbeschftigung; und als sie sich sehaft gemacht hatten, wurde der
Bauernstand der Haupttrger der Bevlkerung, whrend die Zahl der
beruflichen Kaufleute relativ gering blieb. Aber nichtsdestoweniger
Fr
die nomadisierenden Viehzchter
'
Kautsky
a. a.
O. S. 209.
SUSSNITZKIj DIE ENI'STKHUNG DES CHRISTENTUMS USW.
war der Handel von entscheidendem Einflu auf
die
insofern als die durch ihn ins
lichen Verhltnisse,
697
landwirtschaft-
Land gebrachten
groen Vermgen einen Wechsel des Besitzstandes herbeifhrten und
damit Klassen und Klassengegenstze schufen. Die Reichen begannen
ihren Grundbesitz
Zwecke
immer
die Kleinbauern
von der Scholle zu verdrngen oder
hngigkeit von ihnen zu bringen.
um
dem
auszudehnen und suchten zu
weiter
Und
je
mehr
AbLand
in
Kapitalien ins
machte sich die berlegenheit der reichen
Grundbesitzer bemerkbar, die den verarmten Kleinbauern gegenber
zuletzt nur noch als profitgierige Wucherer entgegentraten, in deren
Belieben es stand, sie von ihrem Gtchen zu vertreiben oder als
flssen,
so drckender
Schuldsklaven, die ihre Schuld abarbeiten muten, darauf zu belassen.
Der letztere Modus wird fr gewhnlich vorgezogen worden sein,
denn von stammfremden Kaufsklaven hren wir in Palstina nur
wenig; die Israeliten zhlten eben meist zu jenen unglcklichen
Vlkern, die Sklaven lieferten, nicht die Sklaven machten." Es war
das unvermeidliche Ergebnis eines konomischen Prozesses, wie er
sich auch in Athen und Rom wiederholte, und der mit dem wirtschaftlichen Niedergang und dem sozialen Untergang des freien
Bauernstandes schlieUch sein Ende erreichte. Ein trauriges, jammervolles Ende, von dem die flammenden Proteste und zornsprhenden
Verkndungen der Propheten uns noch heute erschtternd erzhlen.
Freilich haben auch die politischen Verhltnisse in gleicher RichIch denke hier unwillkrlich an die arme Trkei,
tung mitgewirkt.
die infolge ihrer gnstigen geographischen
Lage
sich in der schlimm-
sten politischen Situation befindet, aus der sie sich, eben aus diesem
Grunde, wohl
kaum
je mit Erfolg herausreien drfte.
bertroffene Verkehrsstrae
Als die un-
Asien und Europa,
zwischen
als
die
und noch immer wichtigste Verbindungslinie, die von
Indien und dem Persischen Golf nach dem Mittellndischen Meere
fhrt, hat das Gebiet von jeher bei den anderen Staaten Neid und
Migunst gepaart mit Furcht vor dem Besitzer erregt. Konnten sie
auch nicht hoffen, Herren des Landes zu werden, so ging ihre Sorge
wenigstens dahin, den Besitzer nicht zu mchtig und fr sie zu gefhrlich werden zu lassen.
Und als die Trkei einmal wirklich ernstlich Miene machte, sich aufzuraffen, und mit starker, bewunderungsfrher einzige
werter Geste, die von ebenso auerordentlicher Lebens- wie Willenskraft
zeugte,
sich
dazu
Neues und Groes zu
durch
die
leisten
widerlichsten
Versumtes nachzuholen
und
waren sie alle zur Stelle,
ihr Vorhaben zu stren.
um
anschickte.
sofort
Manver
In
FESTSCHRIFT COHEN
698
einer weniger exponierten
Lage
htte das osmanische Volk zweifel-
und demgem auch weit erfolgversprechender den Regenerationsproze an sich vollziehen knnen. Wie es nun
der modernen Trkei ergeht, so erging es hnlich dem alten Israel.
Palstina bildete das Binnenland der damals bedeutendsten Kulturstaaten und war so fr den Handel gyptens, Babyloniens und
Syriens von der grten Wichtigkeit. Was ntzte es den Juden, da
sie aus gypten wegzogen, wenn hintendrein die gypter in ihre
Heimat nachgezogen kamen? In der Tat hrte Palstina nicht auf,
der Schauplatz fortwhrender Kmpfe zu sein. Von den ewigen Beunruhigungen und Befehdungen der kleinen Nachbarreiche ganz abgesehen, blieb es das bestndige Ziel assyrischer und babylonischer
sowie griechischer, syrischer, gyptischer und rmischer EroberungsDazu kam noch, da Palstina als Knotenpunkt des Vergelste.
kehrs oft zum Tummelplatz fr die Heere feindlicher Mchte wurde,
ohne da die Juden eigentlich direkt an den Kmpfen beteiligt
wren. Zu den Verheerungen der Kriege, die sie selbst fhrten, gesellten sich damit noch die Verwstungen fremder Armeen, die uere
Umstnde hufig ins Land brachten. So haben die politischen Ereignisse die Wendung, welche die Dinge dank der konomischen
und durch
Entwicklung genommen hatten, untersttzt, gefrdert
einen Gewaltakt auch zum Abschlu gebracht. Der Untergang des
Staates war mit dem Niedergang der Bauernschaft unvermeidlich; er
war in Israel ebenso unaufhaltsam geworden wie spter im rmischen
Weltreich. Immerhin htte der natrliche Auflsungsproze noch
lange dauern knnen, wenn nicht bermchtige Feinde dem jdischen
Staate, ehe seine Lebenskraft erschpft war, den Todessto versetzt
htten: Im Jahre 722 rumten die Assyrer mit den zehn Stmmen
des nordisraelitischen Reiches auf, indem sie ihre Hauptstadt Samaria
eroberten, die Blte der Bevlkerung in Gefangenschaft wegfhrten,
dann dafr Menschenmassen aus babylonischen Gebietsteilen im
Lande ansiedelten; und endlich erfolgte noch im Jahre 586 die Eroberung Jerusalems mitsamt dem Landbezirk Juda durch den Babylonierknig Nebukadnezar, der gleichfalls alle wehrfhigen Teile des
Volkes als Gefangene mit sich fortnahm und damit auch dem Rest
los viel ruhiger, sicherer
des jdischen Reiches das
Erst im Exil,
wo
Ende
bereitete.
das Judentum sich ganz zu einer Nation von
Stdtern und Hndlern herausbildete, erfuhren die vorher
lichen Teil latent
khlabwgende
liegenden Fhigkeiten
Intelligenz,
der
ihre
zum
erheb-
volle Entfaltung.
Die
mathematische Sinn, das zuende-
SUSSNITZKI, DIE
ENTSTEHUNG DES CHRISTENTUMS USW.
699
denkende Spekulations- und Abstraktionsvermgen, damit aber verbunden ein starkes Gefhl der Zusammengehrigkeit und eine ebenso
tiefe soziale Empfindung wie opferfreudige national-religise Begeisterung
alle diese .jdischen Rasseneigenschaften" gewannen fr die
Gestaltung des Lebens des Einzelnen sowohl wie der Gemeinschaft
immer mehr Geltung und entscheidenden Einflu. Mit der Rckkehr
in ihre Heimat begannen fr die Juden die wirtschaftlichen und politischen Kmpfe von neuem; nur diesmal um so strker und heftiger,
als die Spannung zwischen unzulnglichem Knnen und hofifnungsschwangerem Wollen jetzt in gesteigertem Mae zutage trat. Kaum
da die Juden noch zur Ruhe gekommen sind, zur Selbstndigkeit
mehr gekommen; und der kurze Aufstieg, den Palstina
als Knigreich der Makkaber genommen hatte, wurde bervoll aufgewogen durch die Tyrannenherrschaft des edomitischen Parvens,
des Knigs Herodes. So konnte auch von einem geordneten sozialen
Leben in Palstina nicht mehr gut gesprochen werden.
Die Juden
blieben Stdter und Hndler, indes ihr Land, einem Spielball gleich,
abwechselnd in die Hnde der Seleuciden, Ptolemer und der rmisind sie nicht
schen
Statthalter
gelangte und
unter
der
Last der beutegierigen
Fremden immer mehr verkmmerte. Da solche Zustnde nicht von
Dauer sein konnten und in wachsendem Grade zum Konflikt fhren
muten, ist begreiflich. Es war vor allem die Fremdherrschaft, die
man immer rebellischer empfand, das Rmerjoch, dem man alles
Unglck und alles Unheil zuschrieb und gegen das sich der ganze
Ha, die ganze Emprung und die ganze Verzweiflung des Volkes
richtete.
bis
zu
Und
es folgten, ja berstrzten sich
revolutionren
Unternehmungen zur
vom Fremdendruck und
zur Abschttelung der
dessen Untergang,
Befreiung des Landes
Rmermacht.
jeder verfehlte
im jdischen Reiche,
die
mute aber auch unter solchen Umstnden
Anschlag zugleich eine seelische Erschtterung der
Freilich
Massen zur Folge haben. In der Tat sehen wir, wie schrittweise
mit dem Schwinden der Krfte der Wirklichkeit sich unter den
Juden eine wachsende Hoffnung auf Wundertaten breit macht. Sind
auch die menschlichen Anstrengungen erfolglos, so darf doch das
auserwhlte Volk mit einem bermenschlichen Eingriff zu seinen
Gunsten rechnen; ist auch die Gegenwart den Kindern Israels wenig
hold, so mu doch in der Zukunft, und zwar in der mglichst baldigen,
ein Messias ihnen Heil bringen; und eben weil die nationalen Waffen
versagen, kann man allein noch durch Wort und Beispiel fr eine
Bekehrung und Besserung der Menschen wirken. Auch das war eine
FESTSCHRIFT COHEN
yOO
Bewegung oder, wenigstens, revolutionre Gesinnung,
von der ein anderes Leben erhoft't wurde; nur war sie passiv,
Der Messias, das
resigniert, ich mchte sagen transzendent.
war die Revolution, die umso mehr auf bermenschliche
Krfte, auf Wunder bauen mute, je mehr sich die Krfte der
revolutionre
und gequlten Massen
Bei den Essenern finden wir diese Anschauungen
verschoben.""
am strksten zum Ausdruck gebracht, die in diesem Gedanken
150 Jahre vor
lebten und wirkten und darin vllig aufgingen.
Christus soll der Orden entstanden sein, um mit der Zerstrung
Wirklichkeit zuungunsten der ausgebeuteten
Jerusalems aus der Geschichte zu verschwinden.
allerdings
war seine Rolle
bei Propagierung
Um so nachhaltiger
der ersten christlichen
Ideen im rmischen Reiche: zunchst unter den dortigen Juden und
dann
in der heidnischen
Welt.
IV.
Eine wissenschaftliche Arbeit werten, heit sie auf ihren organischen Aufbau prfen. Es erscheint mir unangngig, das Urteil
schon von der Stellungnahme zum Ausgangspunkt des Forschers
abhngig zu machen. Ist ja die Methode als Prmisse im wesentlichen ein Credo, wenn auch subjektiv zur berzeugung verhrtet.
Unter dieser Voraussetzung aber mu man bekennen, da Kautskys
von der Entstehung des Christentums eine im hohen
Grade beachtenswerte Leistung bildet. In starkem Gefge gliedern
sich die Teile aneinander, und in groer bersichtlichkeit wachsen
die Einzelerscheinungen aus dem Gesamtbilde hervor.
Allein bisweilen lt sich der Eindruck nicht verwischen, als
ob die scharfsinnigen Deduktionen eher im feinnervigen Hirn des
sozialistischen Schriftstellers denn im Boden der vier- und siebenDarstellung
hgligen Stadt wurzelten.
Mit Absicht bin ich etwas ausfhrlicher
Entwicklung des jdischen Monotheismus gewesen. Um so
gleichzeitig eine Probe aufs Exempel ber die KAUTSKYsche Denkart zu geben. Aber trifft das dort Gesagte in Wirklichkeit auch zu?
Wenn es wahr ist, da der Handel das begriffliche Denken und den
Patriotismus strke, also einerseits das Stimulans zum Monotheismus
bei der
und andererseits das Nationalgefhl besonders
bilde
warum
hat sich das
Phnomen zum mindesten
Stdten Zor und Zidon ereignet?
*
Kautsky
a. a.
O.
S. 305,
Wenn
krftig errege,
nicht auch in den
ein asiatisches
Volk Handel
SUSSNITZKI, DIE
im groen
gewesen.
Stil
Sie
Vielgtterei
zu
ENTSTEHUNG DES CHRISTENTUMS USW.
70I
getrieben hat, dann sind es zweifellos die Phnizier
vermochten jedoch ebensowenig den Mythus und die
berwinden, wie
sie
sich
jemals
zur
einheitlichen
Oder aber beispielsweise gar
wenn Kautsky den Versuch unternimmt, den Glauben an die AufStaatsbildung emporschwingen konnten.
erstehung Christi mit der Sehnsucht eines messianischen Sieges ber das
und unberwindbare Rom zu erklren! Seit den Zeiten
der Makkaber hatte in der ganzen antiken Welt das Vertrauen in die
Selbstttigkeit der Vlker abgenommen. So wurde auch unter dem
Messias nicht mehr das jdische Volk verstanden, das sich selbst
allgewaltige
sondern ein gewaltiger Kriegsheld, voll wunderttiger Kraft,
den Gott entsendet, das gequlte Volk der Auserwhlten und Heiligen
befreit,
aus Trbsal und Not zu erretten und zu erlsen
aber
dem
Messias
die
Kraft zutraute,
Rom
....
zu
Wenn man
berwinden, dann
wohl auch mit dem Tode fertig werden. Totenerweckungen
galten damals als nichts Unmgliches. So kam man zur Anschauung,
da die Vorkmpfer des Judentums, die im Kampfe gefallen waren,
nach dessen Siege in voller Leiblichkeit aus ihren Grbern erstehen
mochte
er
und ein neues Leben der Freude und des Genusses beginnen wrden.
Dabei handelte es sich nicht um eine Unsterblichkeit der Seele,
sondern um eine Wiederbelebung des Leibes, dem auch hchst reale
Das ist ein
Gensse im siegreichen Jerusalem zugedacht waren."
psychologischer Salto mortale, bei dem bersehen wird, da der
Kampf mit Rom einen immerhin natrlichen Vorgang bildete, der
Tod jedoch eine bernatrliche Erscheinung darstellte,
Annahme daher auch eine ganz andere Seelenenergie als
Sieg ber den
fr
deren
Quelle vorausgesetzt werden mte.
doch gegen Kautskys Darstellung der Einwand einer gewissen Verkmmerung und zum Teil willkrlichen Handhabung der materialistischen Geschichtsauffassung als Methode nicht
umgehen lassen. Bei der Betrachtung gesellschaftlicher Vorgnge
Insofern drfte sich
wird es stets eine erste Forderung
sein,
mit
aller
Schrfe zwischen
und empirisch-bedingter
Darstellungskunst zu unterscheiden. Mag man im Kausalnexus der
Bedingungen, die dem Lebensproze das Geprge verleihen, das
konomische Moment als die Vernunftidee geschichtlicher Wrdigung
methodologisch-prinzipieller Forschungsarbeit
postulieren,
man
sich
tive
in
der Schilderung bestimmter sozialer
Phnomene wird
umhin knnen, auch den anderen Motivationen, sofern sie
unmittelbar oder mittelbar bemerkbar machen, auf ihre rela-
nicht
Wirkungskraft nachzuspren.
An
das
erste
Glied
der Kette
FESTSCHRIFT COHEN
702
drngen weitere Faktoren nach, die
anschlieend,
auf
den Ent-
wicklungsgang des Gesellschaftsprozesses gleichfalls kausalbildend
einwirken, so da eine in einseitiger Weise vorgenommene Anwendung
der generell-metaphysischen Voraussetzung bei der Interpretierung
spezieller
und
in sich
geschlossener Sozialerscheinungen nicht selten
zu einer geschichtsklitternden Vergewaltigung des Tatbestandes fuhrt.
einem anderen Zusammenhange die verschiedenen Tatsachen als bloe Emanationen eines
primren konomischen Einflusses zu deuten sind, gilt es im konkreten
Falle vornehmlich, die einzelnen in die Erscheinung tretenden Faktoren
Ohne Rcksicht
festzustellen
verhltnisse
Gegensatz
also darauf, wie weit in
Wirkung auf die Gestaltung der Gesellschaftsabwgend hervorzuheben. Darin liegt der prinzipielle
und
ihre
zwischen
der
reinen Lehre
und
ihrer praktischen
wertung, oder mit Bezug auf den historischen Materialismus,
Wort Friedrich Engels
zu gebrauchen,
Ver-
um
ein
zwischen der suchenden
Methode und der fertigen Schablone. In diesem Sinne kann die Aufgabe der geschichtlichen Untersuchung letzten Endes nur darauf
hinauslaufen, die Bedingungen des gegebenen Gesellschaftsprozesses
so umfassend wie mglich blozulegen, ganz einerlei, ob
zu konomischen,
politischen oder
aus
dem
man
dabei
Bewutsein flieenden
Hingegen wird der Versuch, alle Vorgnge im
geistigen Leben der Menschen direkt aus Reizungen aus der wirtschaftlichen Sphre abzuleiten und jede Bewutseinsvernderung der
Gemeinschaft unmittelbar durch Vernderungen in der Produktionsweise entstehen zu lassen, notwendig zu mehr oder weniger knstlichen Konstruktionen fhren mssen. Und eben nach dieser Richtung
gewi sehr gehaltvolle, an berraschenden
ist Kautskys an sich
Gesichtspunkten wie an bemerkenswerten Kombinationen gleich
reiche Darstellung von der Entstehung des Christentums ein beraus
Kausalreihen gelangt.
beredter Beleg.
Fr mich persnlich freilich gilt das schne Wort des Meisters,
dem zu Ehren diese kleine Studie geschrieben ist: Wer sich auf die
These versteigt, da der Mensch schlechterdings das Produkt der
Wirtschaft und des Verkehrs sei, gerade weil er als Produzent derselben bedingt und verdingt sei, der hat sich Mephisto verschrieben;
der hat den Unterschied zwischen der Materie und dem Geiste und
der Sittlichkeit des Menschen preisgegeben."^
Ethik des reinen Willens von
Hermann Cohen
S. 314.
Spuren
alter
Von
Schon
I.
Volksbcher
Philipp
in
der Aggada.
Bloch- Posen.
bei einer oberflchlichen Durchsicht der lteren
Aggada-
Echa
rabbathi
werke, wie Pesikta derab Kahana, Bereschith rabbah,
und dergleichen, machen wir
die
Wahrnehmung,
dali
in
diesen
nebeneinander hergehen,
das Hebrische der tannaitischen Zeit oder der Mischnah und das
Aramische; ersteres ist die Schrift- oder Gelehrtensprache, letzteres
Das sprachliche Darstellungsmittel, das zudie Umgangssprache.
Schriften zwei verschiedene Sprachidiome
grunde
liegt
Aber
berall vorwaltet, bleibt das Hebrische ^
und
Das Hebrisch der talmudischen
Zeit unterscheidet sich ganz deutlich
in
von
dem Hebrisch der arabischen Zeit, namentlich der spanischen Renaissance.
Ein Wort wie z. B. nS'bo fr Gleichnis" Dichtung" findet sich in der talmudischen Epoche nicht, welche hierfr b\a oder br\ verwendet, und taucht erst
es sich daher in der aggadischen
wieder in der nachtalmudischen Zeit auf.
Wo
Literatur findet, macht es sich als sptere Interpolation verdchtig. Eine sptere
Interpolation ist es jedenfalls in der Einleitung zu Schir haschirim rabbah, Pethichah 2: yi^ vn"' yrw^ nnn, wo betreffs der Gleichheit und Ungleichheit
zwischen Vtern und Shnen vier Charakterverhltnisse unterschieden werden
und fr jedes Verhltnis ein Spruch aus der Heiligen Schrift und ein Spruch
beigebracht wird. Aber bei dem Verhltnis VC"! Tb)0 yv^
heit es: '21 T\^'b "ib B?'1 "? l"? "i Nip l"? ^^ V" T''?10 5?B'"i und werden drei
Sprche angefhrt, zwei aus der Heiligen Schrift und einer aus dem Volksmund,
whrend bei den drei brigen Fllen immer nur gesagt wird: )h C'l NipD 1*? Vf
aus
dem Volksmund
auch beim "\ ' yt?"i ebenso heien und berall nTha, auch
Es mu demnach gelesen werden: V1
mit seinem Vers, gestrichen werden.
j?-i rhm
mS' no bv '3i nsTinx nnn orop nini Tnai Kip ,"? i"? c^i npo ^h
'31 n-'B'iBn. Auch an der Spitze mu nS'"? nn"? "1 gestrichen und gelesen werden:
Whrend ferner in der talmudischen Zeit die
bvm Dn"? '1 KlpD nnb V^ lin"?131.
Verhebe fr aramische Formen und Worte vorherrscht und man bei sprachgeht
lichen Neuschpfungen gerne auf das aramische Sprachgut zurckgreift,
hv.
Darum mu
es
FESTSCHRIFT COHEN
704
den Chorus der gelehrten Vortragenden mischt sich hufig ein fremdartiger Gast, der mit seiner vulgren Mundart von der gleichsam
gebildeten Ausdrucksweise des gelehrten Kreises wunderlich absticht;
manchmal hat man sogar den Eindruck, als wenn durch die konventionelle Form des hebrischen Ausdrucks der aramische Naturder vertraute, naturwchsige Dialekt, wieder durchbricht.
laut,
gehen beide Idiome nur
meist
unvermittelt
hrt, beginnt
die
Splitter, welche
selten
ineinander ber, sie stehen vielmehr
nebeneinander;
wo
Stck aufBald sind es aramische
das hebrische
aramische Erzhlung.
in eine
Indes
hebrische Partie eingesprengt sind, bald
kleine Geschichtchen, welche sich an die hebrische Textausfhrung anlehnen, hin und wieder erscheinen auch grere,
zusammenhngende Partien in rein aramischer Mundart. Was
bedeutet dieser Wechsel mit den sprachlichen Darstellungsmitteln?
Aus welchem Grunde hat man das Aramische sich mitten inne
zwischen das Hebrische einschieben lassen?
Der Versuch,
die Pesikta derab
Richtung
am
hierauf zu
antworten,
Kahana' beschrnken,
leichtesten zu bersehen
soll
sich gegenwrtig auf
weil diese Pesikta in jeder
ist.
berdies halte ich die
Pesikta fr das lteste aggadische Schriftwerk, das uns erhalten
ist;
den Typus am deutlichsten und schrfsten ausgeprgt, nach welchem die Kompilationen aus den Urschriften bearbeitet und die lteren Aggadasammlungen abgefat wurden, so da
jedenfalls
hat
fr die alten
sie
Aggadawerke dasselbe
gilt,
was
in
der Pesikta als ma-
geblich beobachtet wird.
2.
Betrachten wir also die Pesikta derab Kahana daraufhin, so
gewahren wir, da die kleinen Stcke, gleichsam die aramischen
Splitter im hebrischen Fleisch, sich als Sprichwrter, Sentenzen,
fliegende Worte und Redensarten des Volksmundes und dergleichen
Stammwurzeln des hebrischen Wortschatzes
zurck, der von der Bibel geboten wird, um daraus nach ihrer etymologischen
Erkenntnis Neubildungen zu schaffen.
Es scheint brigens, da der bergang
von dem Hebrisch der talmudischen Zeit zu dem der spteren Renaissance
nicht blo durch die groen Grammatiker, wie Menachem und Dunasch u. a.,
sondern auch durch die Gebete und Schriften der nS2na "'TlV vermittelt und gefrdert wurde, da diese letzteren sich durch besondere Reinheit des hebrischen
die nachtalmudische Zeit auf die
Sprachgutes auszuzeichnen pflegen.
^ Diese Pesikta
verwendet den aramischen Sprachgebrauch so reichlich,
wie kein anderes Aggadawerk, und wird darin nur von der Aggada des Jerusalemitischen Talmud bertroffen.
Am nchsten steht ihr in dieser Hinsicht der
Midrasch Echa rabbati.
BLOCH, SPUREN ALTER VOLKSBCHER IN DER AGGADA
JO$
den Zweck, ein Wort, einen Satz dem allgemeinen Verstndnis nher zu bringen, oder einen Gedanken, eine
Texterklrung anschaulich und eindringlich zu machen; sie werden,
Sie haben
darstellen.
da es Prinzip der lteren Aggada ist, sich mglichst gewissenhaft
an die Vorlage zu halten, wahrscheinlich genau so wiedergegeben,
wie sie kursierten. So z. B. Piska l (S. 7b) zu inn DD"? "Plij; tJ'Kni
(I Kg 10, 19) heit es erklrend: tJ'nn'^T mnp nnD n T. Es
wie etwa der Kanzelsitz eines Predigers." Gleich
sagte R. Acha
darauf heit es in demselben Stck, um zu erklren, warum der
:
Himmel auer acht
siebente
wo
(der Platz),
gelassen
der Knig selbst
wird:
]1p^''t3
J^d'pT
''"Iti'
]Tl
weilt, ist eximiert", ferner daselbst
.Tom n ^2 ''in mDDItaO n^ 2^ bedeutet: wohl ausgerstet;
man sagte namens des R. Nehemia: sie waren wie eine Art gewlbter Lade." In derselben Piska (S. 9^) D^ny^ nra ^ynv "IDtJ^ty^ ^inoi
(I Chron 12, 32) erklrt R.Jose wnyb als ]"'D*1"'p^ die gnstigen Zeit(S. 8a) 'DI
punkte."
Abba
erklrt R.
(S. 13a), P.
Piska 2
(S. 60a)
n^b ino
IttS
bar Kahana: ^toan Schafe."
Kg
(II
Piska
3,
4)
(S. 49^):
Chaggai namens des R. Jizchak DIO^D^'
bereit dastehend;" daselbst erklrt R. Jose bar Chanina 'b'^iin "1B1V
(Cant 2,9) mit n^^n II.T^mj;^^ den Jungen der Hirschkuh;" dan^Ji
ino (Ps 82,
selbst (S. 50a):
(S. 59a)
i)
l^b
erklrt R.
^lp wird erklrt mit ^Di:
Huna bar
wird von R.
klrt als l^tanpp Feinbrot."
erklrt:
"im
'DI
Dip
^Ip^
Jose
."IHSn Dn"?
P. 7 (S. 63a) wird
p nUD
IJ/n
vor der Ehre meines Schpfers usw."
R. Jochanan
'DI
nlHD
^ItJ'^'?
mt
]>Mtyj;
P. 6
beeile dich."
(Nchemiah
nUD miV
5,
18) er-
(Ps 57, 9)
meine Ehre werde rege
P. 10 (S. 86^) wird von
D^H Vn lU^D dahin erklrt
]^'?^ND
etwa ein Gitterwerk; darauf fate ihn Serach, Tochter
Assers, scharf ins Auge und sagte: ich war dort dabei, sie waren
wie etwa Fenster."
P. 1 1 (S. 99a) erklrt R. Jehuda bar Simon
'dt
^^^pi^p wie
(Jud
18, 27)
ny^
ntyy
"itl'
mit "^iob^ nt das sind die Gtzenbilder"
Diese Erklrung gehrt zu den in den verschiedenen Aggadawerken sich
wiederholenden Zitaten (vgl. die Parallelstellen bei BUBER a. a. O.), Derartige
^
behebte Wiederholungen sind ebenfalls
ebenso zu
':i
'nh bip
'Dl
]Ti'EniD noiN "O^D
zu ddi3
ij?'" (S. i''),
wo
'T
nopn l^'sbxi
(S. 103*), zu na nD\T
(S.84'');
nj>
ny ny
(S. 134'') u. a.
*
'31
Stck, das von
Das ganze groe
nns ]inr
'^
(S. si*^) in
der Piska
"'22'?
wninn
"nn
'B
non
(S. 48^)
beginnt und bis zu
reicht, gehrt gar nicht
in diese
Es unterbricht die
Reihe der Pethichoth in strender Weise und dehnt die Piska zu einer Lnge
Fr unsere Anfhrung oben
aus, die ebenso ungewhnlich wie unmotiviert ist.
Piska und hat sich aus
ist
nS"i nn-'B^n
Tl hier eingeschlichen.
dies freilich belanglos.
45
FESTSCHRIFT COHEN
706
P. 12
und p^n nsi mit n1D ni das sind die Gtzenpriester."
(S. 103a) erklrt R. Samuel bar Nachman namens des R. Jonathan
DDID niO (Ps 11,6) mit
^mOH
nn'?tJ' )1Tt3"IN'?Bn3
wie ein Doppel-
becher nach dem Bade," eine Erklrung, die wie ein beliebtes Zitat
Ebenso P. 18 (S. 134b)
in den Aggadaschriften hufig wiederkehrt.
zu nn niDM ny nv nv (Ps 1 37, 6) erklrt R. Abba bar Kahana "n^i
niD
hingegen R. Lewi:
schleifet, schleifet!"
]US rodet aus,
jl^D
rodet aus!", welcher Satz noch zweimal in der Pesikta selbst wrtlich wiederholt wird. P. 3 (S. 26a); P. 20 (S. 141=^). Aus diesen Bei-
namentlich aus den prophetischen Piskoth und den
Tischripiskoth noch beraus vermehren lieen, geht hervor, da man,
um ein nicht ganz verstndliches hebrisches Wort oder einen Gespielen, die sich
danken zu
erklren, auf das
Aramische
als die
Umgangssprache
wobei merkwrdigerweise sehr viele und sogar unerwartete
Grzismen unterlaufen. Man kann dies als Beweis ansehen, da solche
Erklrungen auf palstinensischem Boden entstanden sind, und da
zurckgriff,
Worten in der Aggada zunchst einen griechischen Ursprung annehmen darf
Eindringlichkeit
3. Dem Zweck der Veranschaulichung und der
man
bei unerklrlichen
dienen aramische Sprichwrter und Redensarten, welche im Volksmund umherliefen. Die Sprichwrter sind nicht besonders zahlreich.
So wird, um klar zu machen, da der Sturz Roms durch eine groe"
Macht
im Verhltnis
zum Ochsen
steht der Metzger."
Armen
(S.
beschenkt, so sagt ein Sprichwort: sie gibt sich preis fr
pfel und verschenkt
]"'ty^nb
P.
ausplndert und in der Grostadt dann
ein Prokurator die Provinz
die
mn tDsh
56"^).
Wenn
erfolgen werde, das Sprichwort angewendet SnntD
^yb^) P. II
sie
an die Kranken."
(S. 96a).
y'\'\Vn:i
l "PH
dem Mose,
Gott empfiehlt
Engel, welche ihm die Thora streitig machen,
n"^"*:
in die
Enge
als die
getrieben
vor seiner Entgegnung verstummen, die Lehre sofort niederzuschreiben,
mit den Worten: whrend du die Sandale noch am Fue hast, tritt
die
Dornen
nieder."
n;n^3
U'nD
l'rinn
'?T2DT
nj?
(das.
S. 99b).
Joseph beruhigt seine Brder, indem er spricht: ihr seid der Kopf,
ich bin der
nta Dli
riefen
no
Rumpf; wenn der Kopf dahin
NtJ'n "pn )^.
zu Gott mit
geht,
P. 16 (S. 126a).
Macht"
(Jona
3, 8);
was taugt der Rumpf?"
Die Leute von Ninive
das
letzte
Wort
erklrt
R. Simon ben Chalafta: der Zudringliche (wrtlich Freche) hat selbst
geschweige erst bei
bei dem Hartherzigen (wrtlich Bsen) Erfolg,
dem, der die Gte der Welt ist" b^ in^ts'? p ^31 IT^n'? HUi D^sn
ub)V P. 25 (S. i6ia).
Hebrisch finden sich
allenfalls vier Sprich-
BLOCH, SPUREN ALTER VOLKSBCHER IN DER AGGADA
mon
/O/
mon
HD n^ip nvn 10 S'rno ein Sprichwort sagt: hast du Erkenntnis erworben, was fehlt dir? fehlt dir Er^i J/iDi n^W V
kenntnis, was hast du erworben?" P. 4 (S. 33a).
bV^ ty^ilD non "It^n einem Narren passiert nichts und das Fleisch
n n^D HM
eines Toten fhlt nicht das Messer" P. 25 (S. 165b).
Wrter: n^ip HO
nvi
(S. 123^)^
nilion das Fllen hat den Leuchter umgestrzt" P. 15
]n^nio ^n: hy ]^mtity ],Tnmj;
itrj;:i
wo
]^n^^D n:!^:]
manches Fllen
Decke fr seine
und man hat aus seinem Fell eine
Mutter gemacht." P. 27 (S. 173^); doch zeigen auch diese teilweise
ein Mischidiom aus Hebrisch und Aramisch.
4. Zahlreicher sind die Sentenzen und Redensarten, welche ausdrcklich als aus dem Volksmund herrhrend bezeichnet werden, oder
ist
gestorben
als
solche leicht erkennbar sind.
n^oyta
nnnn dort
i^^b^b
i^bl
davon (von Gerste) Kuchen
schmecken."
das. (S. 83^)3
(in
fr
P. 10 (S. 81^)^
sagte R. Johanan:
man
P. 8 (S. 71b)
n^iO ^12]} T" P^
Babylon) sagt man: macht man
mag
den Hund, so
bySJ^ 1113 ]inv
ntD
"Tf'ii
er nicht
davon
es
sagt einem tchtigen Arbeiter: bravo!"
^iVDD ^inao "inn -IOXT tyyD wie ein
Mensch
sagt:
P- 13
mein Enkelshnchen hat meine Miene, mein Aussehen."
(S. 112^) N^D p^nty ]bz '^b r^v no ^on nnan'? noT m'i^D wie ein
sein GeMensch zu seinem Nchsten sagt: siehe was mir jener
bein
mge
zerstieben!
-inn n^DiDT "pnipn
angetan
hat".
poiD piy yr^^ apyn
P. 14 (S. 117^)
nmaf
m:DD?2
^TV
^^ es
">"
sagte
Armut steht der Tochter Jakobs so schn, wie ein roter
das. n^'2 m^n tOIDW 13
Halfter dem Nacken eines weien Zelters"
naty a,bp^p i^bp'p nnn IDI n^ wenn ein Schlo sinkt, heit es immer
noch Schlo, und wenn ein Misthaufen steigt, heit er immer noch
R. Akiba:
Zuerst angewandt auf einen kuflichen Richter, bei dem die Bestechung
mit einem Eselfllen die Bestechung mit einem silbernen Leuchter ausgestochen
^
hat; dann wohl als Sprichwort fr jeden feilen Richter in
vgl.
Wajikra rabb.
c.
Gebrauch gekommen,
21 (Pes. S. 137^).
n\s bedeutet wohl es strke dich (der Herr)"! fr 1".
3 Der schwer zu erklrende Spruch wird aus dem Zusammenhang klar.
Durch das '3 am Ende der Worte '21 ^321N"in nnsw findet R. Marinas angedeutet,
da die Enkel in Gesicht und Haltung den Ahnen hnliche Zge aufgewiesen
*
Diminutiv von ns Sohn", kann aber doch auch heien: der
meinem Sohne Angehrige"; -annD ist Diminutiv von n3D Miene"; ':V3D lt sich
aus vorhandenen Schriften nicht belegen, hngt entschieden mit n3D sehen" zusammen, bedeutet also Aussehen." Der Volksmimd hat eben die Worte, wie
haben.
es
':ni
seme Art
ist
ist,
reimartig zusammengefgt
und
sie
dem
Grovater
gelegt.
45*
in
den
Mund
FESTSCHRIFT COHEN
708
nm
N^nn ^^TQ n HD willst
P. 20 (S. 142^)
du etwa den Strick an beide Enden anknpfen?"*
Nns bs i^hi yi in Don D^noi mnnn nyi n ]'ty on nb)v^\i; :min
""101^ ]D ]"'rn von
einem dummen Menschen pflegen die Leute zu
sagen, er ist so klugj weil er noch niemals in seinem Leben WeizenMisthaufen."
P. 19 (S. 139^) T^i^'\
brot gegessen."
Fliegende Worte oder markante Ausdrucksweisen sind
beispielsweise
Rom
glichen wird;
DH
P. 2
(S. 11^).
wenn
Habsucht mit einer Dornhecke" vernvno \ni NDH p H^"? It^SD nXT lst du sie
seiner
in
auf der einen Seite
es,
los,
hakt
Ebenso
sie
P. 5
sich wieder auf der anderen an."
(S. 43'')
spricht Gott
zu
Abraham:
nn ^no IV wie lange willst du
da sitzen und dein Herz beschweren! Banne die Bedenklichkeit aus
deinem Herzen,"
P, 6 (S. 58^) wird auf die Bemerkung der Rabbanan, da das eschatologische Vieh der Behemoth" sich von den
Tieren der Berge nhre, die Verwunderung geuert: n"" p "1ty)"^1
'Vy^ ^ON '^y2 ist dies denn mglich? gibt es einen Wiederkuers
']2b
o"? pDS "in^n noni ntrv
der andere Wiederkuer verzehrt?"
P. 8
(S.
68 1>) wird zu Koheleth
^'"^
11,9 bemerkt: V"*"! ^'^"1
^V^'^'^ HiniH ^D13 soll der Zgellosigkeit damit das Wort geredet werden, als ob es kein Recht und
keinen Richter gbe;"
P. 9 (S. 79b) lt R. Lewi zu Exodus i, 22
(vielleicht
richtiger zu
in^ p^ino J
pnn
i,
den Pharao sprechen:
mnn so lange sie noch
17)
^DIID
Stuhl der Mutter sind, will ich
volkstmliche
eine
sie
erdrosseln."
Redensart zugrunde, wenn
P.
^^p'^pl
IV
]1i''m
zart unter
dem
Sicherlich liegt
10
(S.
82^)
zu
Exodus 18, II Dn^^y nr ntr "imn ^D4 r. Eleasar bemerkt: Sn^D0S3
]in^ n n^ pta^'^T mit dem Ma, mit dem sie gemessen, ist ihnen
gemessen worden" (?), und R. Josua ben Lewi:
\\rh V"1Dn auf
der Wage, auf der
gewogen"
pheten
an
Genu
3
+
]inV13T nv"13^
gewogen haben, wurde ihnen
P.
16 (S. 125b) fhrt aus, da die Israeliten den Pro-
Amos
in
hmischer Deutung seines Namens D1TDD Stamm-
Ein
Strick,
an
dem einen Ende
^
sie
riD
dem man
sich heraufziehen oder herablassen
ist,
darf nur
befestigt sein.
nn3, aram. gebruchlicher
erlaubt
will,
also ein
i"'J>3
ein Tier,
das im Gegensatz zu n^n
zum
Wiederkuer.
Wrtlich wird etwa der strafende Riemen gelst, auseinander genommen ?"
b mu unmittelbar wohl auf diese Worte
In der Pethichah nnni nmn
:
mn
der dort fehlende Vers n^by nt Itr "lani "'S folgen, denn dieser wird durch Ma"
und Gewicht" erklrt, xn^ ist nicht recht zu verstehen, es knnte hier wohl
nur Mastab" heien, wenn es nicht mit
Knj>"i3
synonym oder gar
identisch
ist.
BLOCH, SPUREN ALTER VOLKSBCHER IN DER AGGADA
Ps 19 (S. I38t>) der Vorwurf Gottes an Israel H
pntyM ihr habt euch miliebig gemacht" und P. 25 (S. 162b)
1er" hhnten.
^]1D^S
Knig Manasse's
Ausruf
verzweifelter
^D
^?"'2i<
]''Tlt!'
alle
sind einander gleich" sind offenbar volkslufige Schlagworte.
Beispiel
charakteristisches
(S.
Numina
Ein
den Wechsel des Hebrischen und
fr
Pethichah der Piska 3
Als ein volkstmliches Wort wird bezeichnet
'S (S. 22b ff.).
23b). p^il I^Dm ^V^3 y\2'b ]no n^na ]inn es wrden die
Aramischen
"1131
7O9
bietet die erste, sehr interessante
Leute sagen: Fluch der Brust, die einen solchen gesugt;" dem
Volksmund gehrt wohl auch der Ruf an: b2 l^iDHO .T^ n es
Schon
ist fr ihn besser, da er in Frieden von hinnen scheidet."
in diesem Stcke sieht man, da die Belegphrasen, um irgend welche
uerungen aus der Heiligen Schrift zu belegen, aramisch gehalten
sind: ri^riDT NIH nn (meist abgekrzt: Tnn) ist gleich lNU' m
np ]nn p aus diesem Schriftvers" (elliptisch); Tl^'^m ri^^
mn^H;
23b)
S"lp ]nn p nb Manche leiten es von jenem Schriftvers ab." (S.
berhaupt werden die Termini, mit welchen die Ableitung aus einem
Schriftvers oder der Hinweis
auf einen solchen eingefhrt oder be-
grndet wird oder die Aussprche auf Autoren oder berlieferung
zurckgefhrt werden,
zum grten
misch gegeben,
er oder
Fall" (S.
7^),
7=*),
?pn
""in
KOytS '01 welche
(S. 157b)
sagte",
n'b
manche kehren
10 inm
ein
nnilDTl
ara-
gleicher
gibt es dafr?" (S. 6b,
Begrndung
es entspricht dem,
"''D
(S. 15b,
man
yn:i ^ (S. 26^), it ^sna s^nsi
lT
Aggada
Teil in der lteren
(S.
25
was N. N.
b)
oder gar
sagt",
j^^n!
y^hm^
n^1
pn
Namen
um", (S. 46^), 10 nn D^KniDK
zvveieriei Erklrer, der eine sagt ... der andere sagt"
180* usw.),
die
I^iaiy
"ion
acht Gesichtspunkte" (S. 84b).
^3
in 10 R. Reuben sagte zweiedei, R. Abin Eines"
noin n
^)b
Dti'n im ,Toii ntyn in ^nin 10
(S. 128% 61=).
R. Berechjah sagte zweierlei, eines in seinem eigenen Namen und
eines im Namen Lewis" (S. 128b).
5. Wir ersehen daraus, da das aramische Idiom sofort hervortritt, wo man Fhlung mit der Volksseele nimmt, oder wo im Verkehr
^nin 10 ]m1
zwischen Lehrer und Schler der gewohnte Mutterlaut
liche Sprachmittel sich geltend
macht.
Wenn demnach
grere Erzhlungen und Ausfhrungen
gegeben werden, so
^ ]i:'SK
pn"'i
ist
ist
klar,
da
als
das natr-
kleinere oder
im aramischen Wortlaut
hier ein
Zusammenhang
mit der
gleich ^II'BX lin"Bp ihr wret hartnackig" d. h. ihr habt
euch miliebig gemacht.
Vgl.
Buber
a. a.
O.
Anm.
15.
FESTSCHRIFT COHEN
7IO
Stimme oder Stimmung des Volkes
Stoffe in allgemein verstndlicher
nisse des Volksgeistes selbst in
Form
vorbrachte oder die Erzeug-
ihrem ursprnglichen Wortlaut ver-
Daher werden solche Erzhlungsstcke hufig
wendete.
herangezogen,
nissen
indem man populre
besteht,
sie sind
in Gleich-
gesamte Aggada
dem gleichen Wortlaut mit geringen
zahlreich ber
die
und kehren meist in
Abweichungen in den verschiedenen Aggadawerken immer wieder.
verstreut
Alle
Stcke
diese
zeigen
entweder
das
rein
aramische Volks-
doch nur schwach hebraisiert.
Zum grten
Teil sind sie entweder humoristisch oder mrchenhaft gehalten.'
Die Erzhlung von Jakob aus Kefar Neborai, welcher nachweisen will, da auch Fische rituell geschlachtet werden mssen
und dafr Stockschlge erhalten soll (S. SS^fif), kann sicherlich, zu
welcher Sekte auch besagter Jakob gehrt haben mag, seiner ganzen
Fassung nach nur scherzhaft gemeint sein. Wenn (S. ^y^) erzhlt
wird, wie dem R. Jehudah ben Ilai oder dem R. Abbuhu das Gesicht
vor Freude gestrahlt hat und ein Heide die Ursache hiervon nach
oder
idiom
sind
Weise erklren will, so enthlt diese Erklrung einen starken
das Heidentum
oder vielmehr
gegen die
gegen
Sarkasmus
seiner
Ein
Unbildung.
zarter,
schne
Geschichtchen
trennen
will
und
von
liebenswrdiger
Humor
dem Ehepaar
infolge der feinsinnigen
zu
umspielt
Sidon,
das
das
sich
Anordnung des R. Simeon
Einen pikanten
ben Jochai sich wieder vereinigt (S. 147^)Anflug durch seine fromme Naivitt gewinnt der Humor, wenn
die Erklrung einer Bibelstelle in einem Monolog oder Dialog ausSo
gefhrt ist, oder gar Gott selbst redend dabei eingefhrt -wird.
spricht Gott zur Erklrung von Jeremiah 10, 19: Ich bin es, dessen
Aufzucht so schlecht geraten ist". (S. 120^ ff.). Zu Threni 3, 39
spricht Gott: Adam, Jakob, Joseph habe ich Wohltaten erwiesen
und
sie
Threni
sie
haben gemurrt, auch Zijon
i,
gemacht, worauf
da
sie
nicht anders".
(S.
131^).
Zu
21 wird geschildert, wie Gott den Israeliten vorwirft, da
durch
sich
ist
ihre
Handlungsweise
Israel antwortet:
Das
bei
sei
allen
Vlkern
unbeliebt
Gottes Schuld; dadurch,
seinen Geboten nachleben, entfremden sie sich allen Vlkern".
Zur Begrndung des Omeropfers heit es: Gott spricht:
ich bin dein Koch, solltest du mir nicht von deinem Gericht zu
kosten geben, damit ich wei, was es noch bentigt, ob Tau oder
Wind oder Regen!" (S, 70*). Ein leiser Hauch von wehmtigem
(S.
iS'^ff)
'
Sie
werden
fast
nur fr Gleichnisse verwendet.
BLOCH, SPUREN ALTER VOLKSBCHER IN DER AGGADA
Humor
zittert
selbst
durch die
tief
tragischen Dialoge zwischen Jere-
miah und Nebuseraddan (S. 113 *) und zwischen Nebuseraddan und
den Priestern (S. 122"). Ein grobkrniger Volkshumor erscheint in
Geschichtchen, wie ein Sklave schlechte Fische vom
Markt bringt und dafr dreifach bestraft wird, was zu dem geflgelten
Wort Anla gegeben: Faule Fische und Schlge dazu" (S. 81^).'
dem bekannten
Ebenso in der Erzhlung von dem Zechpreller, den der Wirt fr
einen Toten ausgibt und so lange fr dessen Bestattung freiwillige
Beitrge sammelt, bis er die Zeche zusammengebracht hat; halbtot
entlt er ihn mit den Worten: Kannst dich jetzt wirklich begraben
164b).*
lassen" (S.
Sagen, Mrchen,
berhaupt alles, was sich das Volk erzhlt
Legenden zur Verherrlichung bedeutender Menschen, Kuriositten,
trgt grtenteils ein aramisches Sprachgewand. Das Geschichtchen
von der Begegnung Simons des Gerechten mit Alexander dem
6.
Groen
(S.
41="),
die Verzweiflung
der gyptischen Erstgeborenen,
welche die Waffen gegen Pharao ergreifen, damit er die Israeliten
ziehen lasse (S. 65^), die humoristische Verhandlung zwischen Mor-
Haman, dessen Vater angeblich ein Dorffriseur gewesen
sein soll (S. 72^ ff.) die ergreifende Legende von dem wallenden
Blut der erschlagenen Propheten, das nicht zur Ruhe kommt (S. 122*)
und dergleichen sind sicherlich aus der Stimmung und Phantasie der
jdischen Volksseele hervorgegangen. Dagegen weist auf fremden
dechaj und
Ursprung hin die Erzhlung von der Ehre, die ein Hausherr seinem
Hunde dadurch erweist, da er ihn bei der Tafel neben den hochangesehenen R. Abbuhu setzt, weil der Hund seine Frau vor Vergewaltigung gerettet hat (S. 69^) und wie ein anderer Hund, um die
Hirten vor dem Genu vergifteter Milch zu bewahren, sich selbst an
und wie eine Hausschlange, um die
Familie zu retten, den vergifteten Knoblauch selbst verspeiste (S. 80^).
Volksmrchen sind es wohl, wenn von den bei der Einweihung der
dieser Milch vergiftete
Stiftshtte
(das.)
geschenkten Rindern behauptet wird,
sie
htten
zu
bis
wren nie krank gewesen usw.
(S. 10), oder wenn Serach, die Tochter Assers, den Moseh informiert, wo die Leiche des Joseph verwahrt worden, oder wenn sie
Salomo gelebt oder gar noch
'
Nur
in
lnger,
der Mechilta, welche sich der hebrischen Sprache berall be-
wird auch dieses Histrchen hebrisch bersetzt (Mechilta, nhvz
fleit,
Vgl. Monatsschrift
f.
G. 1886, Studien zur
Aggadah
S. 179.
Anm.
'B c.
i.
zu
FESTSCHRIFr COHEN
im Schilfmeer
berichtet, wie es
dem Durchgang
bei
der Israeliten
Zu der Verheiung, da Jerusalems
Mauern und Zinnen auf Saphiren gegrndet und von Rubinen erglnzen
werden und da um Jerusalem herum die Edelsteine berall umher
ausgesehen habe.
86^,
(S.
^).
um
liegen sollen (Jesajah 54, 11, 12), werden,
zuweisen,
von
beigebracht
Schififermrchen
allerlei
ihre Mglichkeit nach-
abgelegenen
Hhlen und Ortschaften, wo man derartige Edelsteine von unglaublicher Gre und reicher Flle erblickt habe (S. I36ff.).
7. Von groen, zusammenhngenden Stcken finden sich in der
Pesikta nur zwei, aus beliebten Sagenstofifen entnommen; aus der
Alexandersage (S. 74*) und aus der Simeon ben Jochai-Legende
(S. 88*ff.)'Wir geben die letztere hier in der bersetzung wieder,
damit man aus dem Behagen, mit dem von der krperlichen Kraft,
dem Schwank mit den Eseltreibern, dem polizeilichen Sprsinn erzhlt
wird, ersehen kann da es die Volksphantasie ist, welche mit wunder,
lichem, bizarrem Sagengespinst
den ebenso bedeutenden, wie exal-
umwoben
Mischnahlehrer und seine Nachkommenschaft
tierten
hat.
R. Chiskijah (sagte) namens Jeremiah: so hatte R. Simeon ben
Jochai gesagt: Tal, Tal! flle dich mit Golddenaren" und es fllte
damit*
R. Chiskijah (sagte) namens Jeremiah: Elijahu, zum
Guten gedacht, und R. Josua ben Lewi saen und studierten. 3
sich
kamen
Sie
zu
des R. Simeon
ben Jochai
der
ihn
vorber.
fragen."
Wer
ist
halachischen
ben Jochai
halachischen
ihm*:
Es
einer
Sie
mitgeteilt
sagten:
berlieferung,
erhoben
Sie
denn dieser
R. Josua ben Lewi,
ist
wurde.
kommt
Da
wir
wollen
und fragten
sich
namens
Da ging R. Simeon
berlieferung,
ist
Urheber
erheben
und
Er sagte zu
der
ja
uns
ihn.
in deiner Gesellschaft?"
er
die
der Grte seiner
Er antwortete:
Zeit."
Darauf
sagte jener: Ist der Regenbogen whrend seiner Lebenszeit
Wolken gesehen worden?" Er antwortete:
Ja!"
in
den
Darauf sagte jener:
Man
knnte hierzu auch die Mrchen von den Hhlen und Orten rechnen,
an denen sich Schtze von Edelsteinen finden (S. 136^ fif.).
Merkwrdigerweise
fehlt in der Pesikta die stereotype Erzhlung von den kleinen und sonderbaren
Wesen, von welchen Gott seine Auftrge vollziehen lt; ihr ltester Text findet
'
sich Bereschith rabb.
*
Dieses Stck
zu den Psalmen
5
Text
c.
c. 10.
ist
hier verkrzt.
Ausfhrhch gegeben
ist
es
im Midrasch
92.
Bereschith rabb.
c.
35 wird dies Begegnis ausfhrlicher berichtet
Abweichungen.
Nmlich zum Propheten Eliah; der Text
zeigt
4
ist
eben abgekrzt.
und der
BLOCH, SPUREN ALTER VOLKSBCHER
Wenn
DER AGGADA
IN
713
der Regenbogen whrend seiner Lebenstage gesehen worden,
R. Chiskijah
mich begren zu drfen \"
(sagte) namens des R. Jeremiah: so hatte R. Simeon ben Jochai
gesagt: Es hat Gott unserem Stammvater Abraham zugeschworen,
da es der Welt niemals an dreiig Gerechten, die ihm gleichen,
Dm^i^l (Gen. i8).
mangeln werde." Wie ist das zu begrnden? n'^TV
lo, n = 5,
10, H
Der Zahlenwert von n\T,
5, also (zuR. Chiskijah (sagte) namens des R. Jeremiah: so
sammen) 30.
hatte R. Simeon ben Jochai gesagt: Ich habe die gesehen, welche
so
nicht wrdig,
er
ist
">
der knftigen Welt teilhaftig werden, es sind ihrer gar wenige; sind's
dreiig, so bin ich und mein Sohn darunter; sind's zehn, so bin ich
und mein Sohn;
R. Chiskijah (sagte) namens des R. Jereist's einer, so bin ich es."
miah: so hatte R. Simeon ben Jochai gesagt: Abraham soll die von
ihm bis zu mir frei beten, und ich will dann die von mir bis zur
und mein Sohn darunter;
sind's zwei, so sind's ich
Ankunft des Knigs Messias frei beten ;^ wo aber nicht, mge sich
mit mir Achijah aus Siloh vereinigen und wir werden dann die
ganze Welt
beten."
frei
Eine Erzhlung. 3
R. Simeon ben Jochai und sein Sohn Eleasar
Hhle von Beka zu. Sie
nhrten sich von Johannisbrot, so da ihr Krper sich ganz mit
Ausschlag berzog. Am Ende des dreizehnten Jahres kam R. Simeon
brachten dreizehn Jahre verborgen
in einer
ben Jochai heraus und
an das Tor der Hhle.
er,
setzte
sich
wie ein Mensch Netze ausbreitete,
ersten Mal,
als er
sie
unsichtbare Stimme
zum
als er sie
bare Stimme
sagte
^
(=
dimissus),
wie
eine
und der Vogel entkam;
zweiten Male ausbreitete, hrte er, wie eine unsicht-
rief:
und der Vogel wurde gefangen. Da
Vogel wird nicht ohne den Willen Gottes
specula",'^
Selbst
er:
dimus
sah
Beim
zu fangen.
hrte er (R. Simeon),
ausbreitete,
rief:
um Vgel
Da
ein
Wrtlich: die Miene meines Angesichtes zu sehen."
Dieser Passus ist verkrzt und will nach Sukkah45'^ besagen, da R. Simeon
ben Jochai dem einstigen Weltgericht eine gnstige Wendung fr die Menschheit geben will oder jegliche Katastrophe von der Erde abwehren knne, d. h.
aip"' bedeutet wohl hier .Frbitte einlegen;" da mp wenn auch
"pnn ] mtas'?.
nicht direkt, so doch indirekt beten" bedeutet, geht aus Jerusch. Berachoth4,
hervor: mpi XU "? bbsnm n 'h oneiN ^^n nn'nn 'is'? nr.yn.
,,
n"?l
Das Wort
Griech.
u.
4 inb
Buber
pflegt
als
berschrift wie
nB'VD
eine
Volkserzhlung
erkannt worden;
von Joseph Perles zuerst
lat. Lehnworte II.
p'D ist zu einem Wort zusammenzuziehen und
als Spfia
ist
dort,
Anm.
161 nachweist.
einzuleiten.
vgl.
Krauss,
nbip''BD zu lesen,
wie
FESTSCHRIFT COHEN
714
gefangen, was wollen wir hier
sitzen."
Als er hrte, da die Dinge
Wir wollen hinabgehen und uns in
jener Quelle von TiBERIAS ausheilen.* Darauf sagte er: Wir mssen
uns dankbar erweisen, wie unsere Voreltern es getan, welche Mrkte
veranstalteten und billig verkauften"; also veranstaltete er einen Markt
und verkaufte billig. 3 Er sagte: Wir mssen TiBERlAS fr rein
erklren". Er nahm Feigbohnen, zerschnitt sie und warf sie auf die
Strae, berall dort, wo ein Toter war, wurde er emporgehoben
und man entfernte ihn. Da sah ihn ein Kuther, der sagte: Ich
will mich ber diesen Oberen der Juden lustig machen." Was tat er
nun? Er nahm einen Toten und verscharrte ihn auf einer Strae,
die jener fr rein erklrt hatte. Alsdann ging er zu jenem und fragte
ihn: ,,Hast du die genannte Strae fr rein erklrt?" Er antwortete:
Ja!" Darauf sagte er: Wenn aber nach dir noch ein Toter zum
Vorschein kommt!" Jener antwortete: Wohlan, zeige ihn mir." Da
schaute R. Simeon ben Jochai mit heiligem Geist und erkannte, da
er (der Kuther) ihn dorthin gelegt hatte und sagte: Was oben ist,
soll hinunter, und was unten ist, soll herauf"
Und so geschah es.
Als er fortging, kam er bei der Synagoge von Magdala vorbei
und hrte die Stimme des Nikai,* des Schulmeisters von Mag.s
dala, der sagte: Also hat Bar Jochai Tiberias fr rein erklrt!"
Er antwortete: Bist du nicht selbst in diesem Kollegium gewesen!"
Er hob seine Augen, heftete seinen Blick auf ihn und sofort sank
jener zu einem Huflein Knochen zusammen.
R. Simeon ben
Jochai zog im Erlajahre dahin und sah, wie ein Mensch den Nachsich beruhigt' htten, sagte er:
p-nt
* ''Dnai
ist in
pnts' zusammenzuziehen,
gibt guten Sinn
von
BUBER
dort,
Anm.
163.
^DK heilen.
Die Veranstaltung eines Jahrmarkts seitens des R. Simeon b. J. ist wohl
auf das Miverstndnis eines Abschreibers oder Interpolators zurckzufhren.
R. Simeon will sich fr die Heilung, die er in Tiberias gefunden, dankbar
erweisen, wie der Stammvater Jakob gegen Sichem; da diese Stadt letzteren
gastfreundlich aufgenommen, soll er nach Bereschith rabbah c. 79 daselbst einen
Jahrmarkt veranstaltet haben und billig verkauft haben. Die Dankbarkeit aber,
die R. Simeon der Stadt Tiberias erzeigte, bestand darin, da er ein Stadtviertel,
das bis dahin fr levitisch unrein galt, auf Grund seiner berlieferung fr rein
erklrte, was damals fr eine groe Khnheit angesehen wurde.
4 Vgl. Bacher, Magazin fr die Wissensch. d.
J. 1890, S. 69 ff. Der Name
nicht,
des Elementarlehrers wird wohl "'pi,
wie es hier heit, ^pl', gelautet haben.
Vielleicht ist hier so zu emendieren: blil ^pS'On XIBD "'Kpin n'b'p yotri.
5 Hier fehlt irgend eine begrndende uerung,
da solche Reinheits3
erklrung unstatthaft
sei.
BLOCH, SPUREN ALTER VOLKSBCHER IN DER AGGADA
715
wuchs des siebenten Jahres einsammelte. Er sagte zu ihm: Mein
Sohn! Das ist doch der Nachwuchs des siebenten Jahrs!" Jener antwortete: Bist du es nicht selbst, der solches erlaubt!" Er entgegnete:
Haben mir meine Kollegen nicht widersprochen?" und rief ber ihn:
Wer
einen
(Koh.
10,8),
Zaun durchbricht, den wird
So geschah ihm auch.
R. Eleasar bar Simeon.
Eseltreiber
eine
Schlange beien."
kamen nach
einer Stadt, sie
wollten Getreide verkaufen und sahen ihn, wie er vor einem BackSeine Mutter brachte Brot herbei und er a, sie brachte
ofen sa.
wieder herbei und er a wieder, bis er die ganze Schicht Brot aufgegessen hatte. Da sagten sie: Wehe, eine bse Schlange steckt
seinem Leibe." Jener hatte ihre Worte gehrt, was
Er nahm ihre Esel und trug sie auf das Dach hinauf.
in
tat
er
nun?
Sie gingen
und sagten es seinem Vater; dieser sagte zu ihnen: Vielleicht habt
Sie erwiderten: Wir
ihr ein bses Wort gegen ihn geuert."
haben ihn vor dem Backofen sitzen gesehen, seine Mutter brachte
herbei und er a, sie brachte wieder herbei und er a, bis er die
ganze Schicht Brot aufgegessen hatte. Da sagten wir: Wehe! eine
bse Schlange birgt er in seinem Leibe!" Er (R. S. b. J.) sagte ihnen:
Hat
er
etwa von
dem
gegessen, was euer
ist?
hat nicht der, der
auch seine Nahrung ihm geschaffen? trotzdem
sagt es ihm in meinem Namen, und er wird euch (die Esel) herunterSie gingen hin und sagten es ihm. Die letzte Wunderholen."
leistung war noch schwerer, als die erste; als er sie nmlich herauftrug, trug er einen nach dem andern, als er sie herunterbrachte,
ihn geschaffen
brachte er
sie
hat,
zu je zweien herunter.
R. Eleasar bar Simeon
meon ben
kam
zu seinem Schwiegervater R. Si-
Er
schlachtete fr ihn einen Ochsen,
Jose ben Lekunja.
bck fr ihn eine Schicht Brote und ffnete fr ihn eine Kufe Wein.
Er schenkte ihm ein und er trank [er schenkte wieder ein und er
trank].
(R. Simeon ben Jose) sagte: Solltest du nicht von deinem
Vater gehrt haben, welches Ma fr einen Becher zu beobachten
sei?" Jener antwortete:
Wie
es gegenwrtig
ist,
ein Becher,
in
der
aber die Weisen haben dabei nicht
gedacht an deinen Becher, der klein ist, und nicht an deinen Wein,
der gut ist, und nicht an meinen Magen, der weit ist.
Klte
zwei,
in
der Hitze drei;
R. Eleasar bar Simeon wurde
lie
die
Leute
hinrichten,
welche
als
Oberhscher angestellt und
den
Tod
verschuldet
hatten.
R. Josua ben Karcha schalt ihn aus: Essig, Sohn des Weines." Er
sagte zu ihm: Warum scheltest du mich: Essig, Sohn des Weines?
7l6
FESTSCHRIFT COHEN
sind es nicht ,Dornen,
ich
dem Weinberg
aus
Todes
reif
zum Abschneiden'
ausschneide?
Sind
(Jes.
es nicht
33, 12), welche
Menschen, des
schuldig, welche ich hinrichten lasse?" Jener antwortete: Statt
da du nach Laodicea' entlaufen und gegangen bist, httest du
bis an das Ende der Welt fliehen sollen; mag doch der Eigentmer
des Gartens selbst kommen und seine Dornen ausschneiden!"
R. Eleasar bar Simeon fragte seinen Schwiegervater R. Simeon
ben Jose ben Lekunja und sagte zu ihm: Was bedeutet, wenn geschrieben steht: Dein Gewand zerfiel nicht von dir" (Deut. 8, 4);
haben etv/a Webefabriken' die Israeliten in der Wste begleitet?
Jener antwortete: Wolken
sie
von
nicht
Darauf sagte
er:
sie
eingehHet,
Dein Gewand
so
zerfiel
da
nicht
sind sie (die Israeliten) nicht gewachsen?" Jener antwortete:
dir,
Wie
zerfielen."
der Ehre haben
wenn sie wchst, wchst ihr Gehuse mit.
Bedurften sie nicht des Waschens? Die Wolken der Ehre haben sie
gebleicht. Wundere Dich nicht darber, wie der Amiant (Asbest),
den man nur im Feuer reinigt.
War nicht ihr Geruch unangenehm
wegen der Schweiabsonderung? Sie wurden von den Grsern des
die Purpurschnecke,
Brunnens 3 befeuchtet, denn es heit:
wnder, wie der Geruch des Libanon."
[R.
Simeon
bar] R. Eleasar
'*
Und
der Geruch Deiner Ge-
(Cant. 4, 11.)
bar Simeon wurde
zum
Postmeisters
^ Laodicea lag im rmischen Gebiet.
Der Text ist in allen Varianten der
verschiedenen Stellen schwer zu erklren.
Nach der hier gegebenen bersetzung, welche sich dem in der Pesikta vorliegenden Text anschliet mit einer
nur ganz leichten nderung, die kaum als eine nderung anzusehen ist, scheint
es sich folgenderweise zu verhalten: R. Eleasar, der wahrscheinlich von einer
lokalen Behrde zu
Laodicea,
wurde er
dem
mifihebigen
Amt gezwungen
wurde, flchtete nach
Judengemeinde sich befand. Dort aber
angegeben, von der rmischen Behrde sistiert und nach Galila auf
wo vermutUch
eine grere
Requisition der dortigen Polizei zurckgeschafft.
D^mp 'b wrtlich: Webegertschaften."
Damit wird auf den Mirjamsbrunnen hingewiesen, der die Israeliten auf
der Wstenwanderung begleitet haben soll.
4 Das kann doch nicht R. Eleasar bar Simeon gewesen sein, denn er war
ja ein Hscher und ist es auch erst im spteren Alter geworden, nicht in der
Jugend. Es ist hier vermutlich ein Name ausgefallen, und zwar der Name des
Sohnes des Eleasar, Simon, auf den die Erzhlung oder vielmehr die Sage nach
Baba meziah 85^ in gewissem Sinne zutreffen knnte; es mte daher gelesen
werden ,,R. Simon bar Eleasar bar Simeon." Mglich ist aber immerhin, da
dies aus einem andern Sagenkreis um Eleasar bar Simon entlehnt ist, zumal da
2
,,
das weiter hierauf Folgende nur auf R. Eleasar sich beziehen kann.
5 Hier kann unter Dlta3"ii3N (= yyapevT'/is?) nur die Postfrone verstanden
werden.
BLOCH, SPUREN ALTER VOLKSBCHER IN DER AGGADA
/I/
und tat seinen Dienst. Eines Tages kam Eliah, zu Gutem
gedacht, zu ihm in der Gestalt eines Greises und sagte: Stelle mir
ein Tier!" Er fragte: Was hast du bei dir, um aufzuladen?" Jener
antwortete: Eines meine Tasche, eines meinen Mantel und Reitzeug".
Er sagte zu ihm: Kommt, sehet euch diesen Alten an, den ich
selbst tragen und bis ans Ende der Welt transportieren kann, und
er sagt mir: Stelle mir ein Tier!" Darauf fragte jener: Willst du
auf dir selbst mich reiten lassen?" Er sagte: Jawohl." (R. Simon)
lie ihn aufsteigen, trug ihn die Berge hinauf und die Tler hinab
und setzte mit ihm ber Dornen- und Distelfelder. Schlielich suchte
jener mit seiner Krperschwere auf ihn zu drcken.
Da sagte
(R. Simon): Alter, Alter! mach dich leicht, sonst werde ich dich
abwerfen." Jener fragte: Willst du denn ein wenig verschnaufen?"
Er antwortete: Ja!" Was tat er? Er brachte ihn auf ein Feld und
setzte ihn unter einem Baum ab.
Er (der Greis) gab ihm zu essen
und zu trinken. Nachdem er gegessen und getrunken hatte, sagte
jener zu ihm: All dies mut du fahren lassen, es ist dir nicht gut!
Ergreife das Gewerbe deiner Vter!" Er sagte: Bist du imstande,
es mich zu lehren?" Jener antwortete: Ja!" Manche erzhlen, da
Eliah, zum Guten gedacht, 13 Jahre zugebracht, um ihn zu unterrichten, bis er den Sifra hersagen konnte. Und als er den Sifra hersagen konnte, habe er, so erzhlt man, sogar seinen Mantel nicht
eingesetzt
mehr tragen knnen.
Rabban Gamaliel hatte einen Hausgenossen,
der 40 Saah zum Bcker tragen konnte. Er sagte zu ihm: Du
besitzest eine solche Kraft und setzest dich nicht hin, um dich mit
dem Sifra zu beschftigen!" Als er den Sifra hersagen konnte, war
Manche
er nicht mehr imstande, auch nur eine Saah zu tragen.
erzhlen, selbst sein Linnenkleid mute ihm ein Anderer ausziehen
helfen, er selbst war es nicht imstande.
R. Eleasar bar Simeon war krank. ^ Sein Arm wurde dabei
entblt.
Da sah er, wie seine Frau lachte und weinte. Er sagte
zu ihr: Bei deinem Leben! Ich wei,
Du
geweint hast.
wegen des
Teils,
hast gelacht, weil
der
mir
in dieser
warum du
du dir gesagt hast: Wohl mir
Welt geworden ist! Wohl mir,
warum du
gelacht und
da ich mit solchem frommen Krper vereinigt bin! Du hast geweint,
weil du dir sagst: Wehe mir, da ein solcher frommer Krper den
Wrmern
verfllt."
sollte,
'
sagte er zu ihr: Wahrlich,
der Text von Koheleth rabb. XI zu
Hierzu
Vgl. daselbst
ist
Als er sterben
Buber, Anm.
241.
11, 2
zu vergleichen,
FESTSCHRIFT COHEN
7l8
das
auf
Gewrm wird, Gott behte! keine Gewalt ber mich ben, bis
einen Wurm, der hinter meinem Ohre bohren wird. Denn eines
Tages ging
ich zur
war mir
ausstie; ich
und habe
Mensch Lsterungen^
einig, ob ich ihn in Strafe nehmen soll
Als er (Eleasar) gestorben war, wurde
Da erschien R. Simeon ben Jochai den
Synagoge und
nicht
es nicht getan."
er in Gischala beigesetzt.
hrte, wie ein
Leuten von Merun und sagte zu ihnen: Ein rechtes Auge hatte ich
und ihr legt es nicht zu mir." Darauf gingen die Leute von Merun
hin und wollten ihn holen; aber die Leute von Gischala
Stcken und Spieen heraus gegen
zum groen Fasten 3 sagten
sie:
Eines Tages
sie.
Jetzt
ist
kamen zwei
am
mit
Rsttage
die gnstige Gelegenheit,
ihn zu holen, solange jene beschftigt, bevor sie
aus der Stadt gingen,
kamen
feurige
frei
sind."
Wie
sie
Schlangen und gingen
Das ist die Stunde, da wir ihn erlangen
werden." Als sie am Eingang der Hhle angelangt waren, machten
sich die zwei feurigen Schlangen zur Seite. Sie fragten? Wer geht
hinein und bringt ihn heraus?" Da sagte seine Frau: Ich gehe
hinein und bringe ihn, denn ich habe ein Zeichen, ihn daran zu
erkennen".
Sie ging nun hinein, um ihn zu bringen, und fand den
Wurm, der hinter seinem Ohre bohrte. Sie wollte ihn tten, da
hrte sie, wie eine unsichtbare Stimme sagte: La den Herrn der
Schuldforderung seine Schuldforderung einziehen!" So brachten sie
ihn und legten ihn neben seinen Vater. Wie man erzhlt, ist von
da ab R. Simeon ben Jochai den Leuten von Marun nicht mehr
vor ihnen her.
Sie sagten:
erschienen.
So
finsterte
oft
R. Eleasar bar Simeon den Sitzungssaal*
sich
Mut es dir
du aber bist
das Gesicht Rabbis. 5
gefallen lassen, er
ist
Da
ein
sagte sein
betrat,
ver-
Vater zu ihm:
Lwe, der Sohn eines Lwen,
Lwe, der Sohn eines Fuchses." Als er gestorben
war, schickte Rabbi und hielt um die Hand seiner Frau an.
Sie
aber lie ihm sagen: Darf ein Gef, das heiligem Zweck diente,
profaniert werden?" Er sagte: Was hat er denn getan, dessengleichen
^
ein
Baba meziah
84*'
wird diese Sage ein wenig anders erzhlt.
Dort ist
Lsterungen ausstoend" bedeute Lsterungen gegen
auch zu ersehen, da r)"inD
die Rabbinen ausstoend.
,,
Vgl.
3 d. h.
Buber, Anm. 244
ferner fr das Folgende: Anm. 249 und
am Vortrag zum Vershnungsfest.
Wrtlich: das Versammlungshaus,
verhandelt wurde.
s
Rabbi"
speziell hie R.
wo ber
Jehuda hanassi.
250.
religionsgesetzliche Materien
BLOCH, SPUREN ALTER VOLKSBCHER IN DER AGGADA
auch getan?" Sie antwortete: Wenn er sa und sich mit
ich nicht
der Lehre beschftigte,
tat er es grndlich,
bis er einschlief.
sagte er: Alle Schmerzen Israels sollen ber mich
kamen.
/IQ
Wenn
Dann
kommen, und
sie
seine Stunde kam, sich mit der Lehre zu beschftigen,
sagte er: Ein jeglicher von diesen Schmerzen
seinen Winkel
in
soll
Er lie ihr antworten: Auch
ich werde so tun." Er rief die Schmerzen und sie kamen, er betete,
da sie fortgehen sollten, sie gingen aber nicht fort. Manche erzhlen
Er
aber, da er (Rabbi) 13 Jahre an Zahnschmerzen gelitten habe.
schickte und lie es ihr sagen, sie lie ihm antworten: Ich habe
zurckkehren und
gingen dahin."
sie
da man das Heilige hher stellt, aber nicht herabsetzt."
Pesikta derab Kahana H^t^^ 'D Seite 87 ^
8. Derartiges wird im reinsten Aramisch, im Volksidiom, mitHtte der Verfasser der Pesikta diese Erzhlungen unmittelgeteilt.
bar dem Volksmund abgelauscht und sie schriftlich fixiert, so htte
er sie doch sicherlich in das bliche, ihm gelufige Hebrisch umgehrt,
Aber der Verfasser der
geschrieben.
Pesikta
ist
gar kein Schrift-
im eigentlichen Sinn, sondern er war nur ein Kompilator und
wollte auch nichts anderes sein. Er hat Urschriften vor sich gehabt,
die wir heute gar nicht kennen, aus denen er grere oder kleinere
Stcke exzerpiert und zusammengestellt hat. Er hlt sich stets treu
und gewissenhaft an seine Vorlage, nur da er ab und an, um den
steller
Schlu einer Pethichah nach seinem Schema herzurichten, eine leise,
unwesentliche nderung vorgenommen, vielleicht auch sonstwo ein-
mal Exzerpte fr seinen Zweck ganz unbedeutend abgeschliffen hat.
Da er den Textlaut, den er vor sich gehabt, mit mglichst strenger
Treue wiedergibt, geht daraus hervor, weil man sonst die hufigen
Digressionen und Abschweifungen gar nicht erklren knnte, die beibehalten werden, trotzdem sie sich gar nicht in den Aufbau der
einzelnen Pethichoth oder in die Behandlung eines vorliegenden
Themas logisch einfgen. Auch der Name eines und desselben
demselben aggadischen Sammelwerk verschiedene
Varianten, was sich am einfachsten dadurch erklrt, da der Sammler
verschiedene Quellschriften benutzt hat, welche die Namen dialektisch
Autors zeigt
in
verschieden aufgezeichnet haben,
keiten
fhren,
seiner Quelle sich
wird
po^D 13 min^
20*
(S.
'1
(S.
als
''tD
17% 55 ^ 71^
12 pl^
in
(S.
mi.T
u.
(S.
als ]'\'D
61
65',
bezeichnet:
in
u. a.), als
'').
anzu-
ein Beispiel
bar Simon
a.),
36^ 57%
solchen Geringfgig-
Um
streng anschliet.
der Aggadist R. Jehuda
u. a.), als \)'
52^),
und auch
Die
mv n
pVOlT in
(S.
als
4%
mv n
Sammler
der
FESTSCHRIFT COHEN
720
Aggadawerke geben
getreu wieder;
haben
bot,
rein
wo
sie
soweit sie kopieren, ihr Original mglichst
also,
das Original ihnen den aramischen Wortlaut dar-
ihn so
bernommen, wie
sie ihn
aramische Wortlaut konnte sich jedoch nur
vorgefunden.
in
solchen Bchern
geltend machen, welche fr das Volk bestimmt waren,
Volksbchern, deren
letzte
Reste
in
Der
populren
in
der aggadischen Literatur, wie
Da es
Menge eifrig
erratische Blcke, sich uns erhalten haben.
derartige Volks-
bcher gegeben hat und sie von der
wird vom Midrasch selbst bezeugt, wenn er
gelesen wurden,
in
sie
die gyptische
gypten
Rollen gehabt, mit deren Lektre sie sich jeglichen Sabbath unterhielten, wobei sie sich sagten, da Gott sie erlsen werde." (Tanchuma
"11, zu dem Vers "Ipti' nmn 1j;ty^ bi^) Tanchuma Buber niDSy in ISI
Vorzeit
S. 28
verlegt
Anm.
35).
und
Die Israeliten htten
berichtet:
in
Ein merkwrdiges Zeugnis fr solch volkstmliche
den Papyrusfunden unter den Trmmern
einer Hausruine zum Vorschein gekommen, der Achikarroman,Mer
c. 500 ante Chr. von den Juden gelesen und noch im zweiten nachchristlichen Jahrhundert bei den Juden so bekannt war, da der
Literatur
ist
neuerdings
in
Verfasser des Buches, Tobith, seiner Erzhlung offenbar dadurch ein
I
Helden mit Achikar in Verbindung bringt. Es mag ein bloer Zufall sein, da der Achikarroman als das einzige literarische Erzeugnis unter den Papyrusfunden
an das Tageslicht getreten ist, aber es beweist doch immerhin, da
schon damals unter Juden, die sonst wenig schriftgelehrt erscheinen,
ein groes Interesse fr derartige Bcher bestanden hat.
Und das
Achikarbuch ist in dem gleichen aramischen Idiom abgefat, in
welchem die Aggada in Gegensatz zu dem sonst blichen Hebrisch
ihre Histrchen teils wehmtiger, teils humoristischer Natur uns
Relief verleihen
will,
da
er
seinen
Das sogenannte Targum
bermittelt.
Erzhlungen
vom Untergang
volkstmlichen
Geistes,
scheni
Judas (Gittin
stellen
populre
55*^)
sind
Volksbcher
Alexandersage in ihrer stereotypen Manier
einem Volksbuch entnommen.
Auch
zum Estherbuch,
ist
die
Erzeugnisse
dar.
Die
doch unzweifelhaft
Erklrungen zur
Heiligen Schrift mssen kursiert haben, wie aus Chulin 60^ hervorgeht;
man
zahlreiche
fragmentarische,
systemlose
pflegte sich daraus fr schwierige
Ausdrcke verschiedener
Art, die dort erklrt wurden, Rates zu erholen (Sabb. 80^).
Wenn man
'
Vgl.
mit der Vermutung nicht fehl geht, da die ange-
Eduard Meyer,
der Papyrusfund von Elephantine
S. 102
ff.
BLOCH, SPUREN ALTER VOLKSBCHER IR DER AGGADA
72 1
sehenen Lehrhuser einen Bibliothekraum besaen, so wurden sicherlich in solchen Bibliotheken auch derartige Volksbcher aufgenommen,
aus denen die Sammler der Aggada dann geschpft haben. Die
Bibliothekare waren vielleicht jene
nichts weiter wei,
sie
als
was
''i'i^D
'"IT
D''i<in,
ber welche
eine unklare berlieferung
'
angibt,
man
da
nmlich von alten, verklungenen, meist inkorrekten Mischnajoth
und Berajthoth Kenntnis besaen.
Wir haben demnach wohl das Recht,
Stcken mit rein aramischem Wortlaut Spuren
den aggadischen
alter Volksbcher zu
in
erblicken.
Vgl. Raschi
Baba meziah
34* gegen
Ende der
Seite, Chulin 15*.
46
*"
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