Biologie Physiologie Mensch Atlas PDF
Biologie Physiologie Mensch Atlas PDF
Biologie
Anatomie
Ph y siologie
Lehrbuch und Atlas
Der Autor hat alle Anstrengungen unternommen, um sicherzustellen, dass etwaige Auswahl und Dosierungsanga-
ben von Medikamenten im vorliegenden Text mit den aktuellen Vorschriften und der Praxis bereinstimmen.
Trotzdem muss der Leser im Hinblick auf den Stand der Forschung und mit Blick auf die nderung staatlicher
Gesetzgebungen, mit dem ununterbrochenen Strom neuer Erkenntnisse bezglich Medikamentenwirkung und
Nebenwirkungen unbedingt bei jedem Medikament den Packungsprospekt konsultieren, um mgliche nde-
rungen im Hinblick auf Indikation und Dosis nicht zu bersehen.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt
auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen-
und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wren und daher von jedermann benutzt werden drfen.
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Autor:
Dr. pd. Martin Trebsdorf
Illustrationsideen und Beratung:
Dipl.-Med. pd. Paul Gebhardt
Zeichnungen:
Sylvana Bardl, Halle
Mark Bitter, Hamburg
Andreas Busse, Suderburg
Steffen Faust, Berlin
Gerhard Schfer, Bad Bevensen
Layout und Satz:
GS Werbeagentur, Bad Bevensen
Lektorat:
Karin Schanzenbach, Hamburg
Rdiger Mackenthun, Suderburg
ISBN 3-928537-30-X
7. Auflage 2002
1993 by Lau-Verlag GmbH, Reinbek
Alle Rechte vorbehalten
Printed in Germany
Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier
Vorwort 3
Das vllig neue Gesicht der 4. Auflage hat sowohl bei Schlern als auch bei Lehrern groen
Anklang gefunden, nicht zuletzt weil das bewhrte inhaltliche und didaktische Grundkonzept
beibehalten wurde. Das hat uns bewogen, auch die 5. Auflage weiter zu verbessern, was durch viele
neu gestaltete Zeichnungen sichtbar wird.
Bei der Arbeit mit dem Buch ist es deshalb von groer Bedeutung, stets den Text in engster
Verbindung mit den in unmittelbarer Nhe befindlichen Abbildungen und Tabellen zu studieren.
Gerade durch diese enge Nachbarschaft von Text und Bild lesen und sogleich sehen hebt sich die-
ses Lehrbuch unmissverstndlich von allen anderen ab, zum Vorteil von Lernenden und Lehrenden.
Aufgrund dieser Tatsache war es auch mglich, einfache oder bereits bekannte Sachverhalte, wie
zum Beispiel makroskopische Strukturen, nur aufzuzhlen, um dadurch das umfangreiche anato-
mische und physiologische Wissen gerafft wiedergeben zu knnen.
Das Studieren wird durch den streng logischen Aufbau und eine bersichtliche Anordnung des Stoffes
erleichtert. In Merkstzen wird das Wichtigste immer wieder przise zusammengefasst.
Wiederholungsfragen am Ende der Kapitel helfen, den Lerneffekt zu berprfen. Hilfreich dabei ist
auch das umfangreiche Stichwortregister.
Darber hinaus bietet die neugeschaffene, extra zu diesem Buch konzipierte CD-Rom die
Mglichkeit, mit Hilfe neuer Technik die Inhalte noch prziser anschaulich aufnehmen und erarbei-
ten zu knnen.
Die positiven Resonanzen haben uns bewogen, das Konzept unverndert zu lassen. Mit der vorlie-
genden 6. Auflage zhlt das Werk im Bereich Biologie, Anatomie, Physiologie bereits zu den
erfolgreichsten Titeln in der Ausbildung der pflegerischen und medizinischen Berufe, was auch auf
die vielen Anregungen von Dozentinnen und Dozenten sowie den Auszubildenden selber zurckzu-
fhren ist. Hierfr mchten wir uns bedanken, weil ein gutes und erfolgreiches Buch nur dann Ihren
Ansprchen gerecht wird, wenn immer wieder Hinweise und Tipps aus der tglichen Praxis berck-
sichtigt werden.
Die mitgelieferte CD gehrt selbstverstndlich weiterhin zur Ausstattung und wird Ihnen ein hilfrei-
cher Begleiter whrend Ihres beruflichen Werdeganges sein.
Maeinheiten Merke
s Mikrosekunde (0,000 001 s)
ms Millisekunde (0,001 s) Diese Merkestze enthalten wichtige ergn-
g Mikrogramm (0,000 001 g) zende oder zusammenfassende Informa-
mg Milligramm (0,001 g) tionen der vorangegangenen Inhalte.
m Mikrometer (0,000 001 m)
nm Nanometer (0,000 000 001 m)
l
nl
Mikroliter (0,000 001 l)
Nanoliter (0,000 000 001 l)
P Die nachfolgenden Informationen stellen
Pa Pascal (0,0075 mmHg) einen Praxisbezug dar.
mmHg Millimeter Quecksilbersule (133 Pa = 1,33 mbar)
mbar Millibar (100 Pa = 0,75 mmHg) Allgemeine Symbole
A Ampre (Stromstrke)
Vorwort 3
Vv.
Venae Erluterungen zu den Abkrzungen und Zeichen 4
3 Gewebe 59
3.1 Epithelgewebe (= Epithel) 60
3.2 Binde- und Sttzgewebe 62
3.3 Muskelgewebe 68
3.4 Nervengewebe 69
3.4.1 Bau 69
3.4.2 Grundlagen der Erregungsphysiologie 71
Fragen zur Wiederholung 76
9 Kreislaufsystem 153
9.1 Aufgaben (berblick) 153
9.2 Das Blut 153
9.2.1 Blutzellen (Blutkrperchen) 153
9.2.2 Blutplasma 156
9.3 Physiologie des Blutes 156
9.3.1 Transportfunktion 156
9.3.2 Blutstillung (Hmostase) 157
9.3.3 Fibrinolyse 158
9.3.4 Blut und Immunsystem 158
9.3.5 Unspezifische und spezifische humorale und zellulre
Abwehrmechanismen 165
9.3.6 Verschiedene Immunreaktionen 168
9.3.7 Immunisierung 168
9.3.8 Blutgruppen des Menschen 168
9.4 Das Herz (Cor) 172
9.5 Gefsystem 176
9.5.1 Blutgefarten 176
9.5.2 Blutkreislauf 178
9.5.3 Lymphgefsystem 187
9.6 Physiologie des Kreislaufsystems 189
9.6.1 Erregung des Herzens 189
9.6.2 Mechanik der Herzttigkeit 191
8 Inhaltsverzeichnis
10 Wrmehaushalt 207
10.1 Krpertemperatur des Menschen 207
10.2 Wrmeproduktion und Wrmeabgabe 208
Fragen zur Wiederholung 212
11 Atmungssystem 213
11.1 Gliederung 213
11.2 Bau der Atmungsorgane 213
11.2.1 Nase (Nasus) 213
11.2.2 Rachen (Pharynx) 214
11.2.3 Kehlkopf (Larynx) 216
11.2.4 Luftrhre (Trachea) 219
11.2.5 Lungen (Pulmones) 220
11.2.6 Brustfell (Pleura) 223
11.3 Physiologie der Atmung 224
11.3.1 Atembewegungen 224
11.3.2 Gasaustausch 228
11.3.3 Atemgastransport 229
11.3.4 Regulation der Atmung 230
Fragen zur Wiederholung 232
12 Verdauungssystem 233
16 Sinnessystem 311
17 Nervensystem 331
17.1 Gliederung 331
17.2 Rckenmark (Medulla spinalis) 332
17.2.1 Lage und Form 333
17.2.2 Innerer Bau 333
17.2.3 Rckenmarksegmente 335
17.3 Gehirn (Encephalon) 335
17.3.1 Masse, Lage, Form, Gliederung 335
17.3.2 Endhirn (Telencephalon) 335
17.3.3 Zwischenhirn (Diencephalon) 341
17.3.4 Mittelhirn (Mesencephalon) 342
17.3.5 Brcke (Pons) 343
17.3.6 Kleinhirn (Cerebellum) 343
17.3.7 Verlngertes Mark (Medulla oblongata) 344
17.3.8 Netzsubstanz (Formatio reticularis) und aufsteigendes
retikulres aktivierendes System (ARAS) 344
17.4 Hirnkammern (Ventriculi encephali) 345
17.5 Schutzeinrichtungen des ZNS 345
17.6 Gehirn-Rckenmarks-Flssigkeit (Liquor cerebrospinalis) 346
17.7 Blutversorgung des Gehirns 348
17.8 Leitungsbahnen des ZNS 349
17.8.1 Sensible aufsteigende Leitungsbahnen 349
17.8.2 Motorische absteigende Leitungsbahnen 350
17.9 Peripheres Nervensystem (PNS) 352
17.9.1 Hirnnerven 353
17.9.2 Rckenmarksnerven (Nn. spinales) 357
17.10 Reflexe 361
17.11 Vegetatives Nervensystem (VNS) 364
17.12 Zusammenwirken der Koordinationssysteme VNS,
animales Nervensystem und Hormonsystem 371
17.13 Wachsein und Schlafen 372
Fragen zur Wiederholung 375
Stichwortverzeichnis 377
11
1.1 Inhalt und Aufgaben der Anatomie und Physiologie ist keine Diagnose
Anatomie und Physiologie (Krankheitsbestimmung) und ohne Diagnose
keine Therapie (Heilverfahren) mglich.
Die genaue Kenntnis des gesunden menschli-
chen Krpers ist eine unabdingbare Vorausset- Anatomische und physiologische Kenntnisse
zung, um pathologische (krankhafte) Vernde- sind die erste Voraussetzung fr alle Pflege- und
rungen festzustellen. Ohne die Kenntnisse der Gesundheitsfachberufe.
Kopf
(Caput)
Hals
(Collum)
Rumpf
(Truncus)
obere Extremitt
(Membrum superius)
Bauch
(Abdomen)
Becken
(Pelvis)
untere Extremitt
(Membrum inferius)
P Die geschlechtsspezifischen Unterschiede leicht nach vorn gekrmmt. Erst mit dem
sind genetisch festgelegt und werden mageb- Laufenlernen und dem damit verbundenen auf-
lich durch die Wirkung verschiedener Hormone rechten Gang bilden sich beim Kind die typi-
(auch durch knstliche Hormongaben) beein- schen Krmmungen heraus ( S. 104, Kap.
flusst. 5.3). Das diskontinuierliche Wachstum des
menschlichen Krpers zeigt sich sowohl im
1/4
1/4
... der
gesamten
Krpergre
1/4
1/4
Lngen- als auch im Breitenwachstum. So ist im 3. Embryologie (Lehre von der Embryonalent-
1. und 5. bis 7. Lebensjahr sowie whrend der wicklung): Dieses Teilgebiet befasst sich mit
Pubertt ein verstrktes Lngenwachstum, der Entwicklung des Menschen von der be-
dazwischen und nach der Pubertt ein erhhtes fruchteten Eizelle bis zur Geburt.
Breitenwachstum zu beobachten.
4. Systematische Anatomie: Sie bietet eine Ein-
Im 5. bis 7. Lebensjahr verndert sich der fllige teilung nach gleichen Funktionen. Auf diese
Kleinkindtyp durch strkeres Wachstum der Weise wird eine Vereinfachung und bessere
Gliedmaen, Vergrerung des Kauapparates, bersicht des menschlichen Krpers erreicht.
Abnahme des Unterhautfettgewebes und Abfla-
chung des Rumpfquerschnittes in den typischen Das Lehrbuch orientiert sich deshalb an der
Schulkindtyp. Diese Krperformvernderungen systematischen Anatomie und behandelt fol-
werden als 1. Gestaltenwandel bezeichnet. Der gende Organsysteme:
2. Gestaltenwandel vollzieht sich whrend der Hautsystem (Hute und Drsen),
Pubertt und fhrt zu den endgltigen Krper- Sttz- und Bewegungssystem,
proportionen des Erwachsenen. In dieser Phase Kreislaufsystem,
werden auch die Geschlechtsorgane funktions- Atmungssystem,
tchtig, und es kommt zur Ausprgung der Verdauungssystem,
sekundren Geschlechtsmerkmale. Harnsystem,
Geschlechtssystem,
Die Regulation des Wachstums erfolgt durch das Hormonsystem,
Erbgut, das Hormon- und das Nervensystem Sinnessystem,
sowie durch Umweltfaktoren wie Ernhrung u.a. Nervensystem.
Merke
Frontalebenen
Es gibt unendlich viele Sagittal-,
Medianebene
Frontal- und Horizontalebenen,
Sagittalebenen aber nur eine Medianebene
(Krpermittelebene).
Die Medianebene ist ebenfalls
eine Sagittalebene.
lateral
medial ventral
dorsal
cranial Richtungsbezeichnungen
Horizontal- caudal Die Richtungsbezeichnungen die-
oder nen ebenfalls der besseren Orien-
Transversal- tierung am Krper. Die wichtigsten
ebene sind in der Tabelle Lage- und
Richtungsbezeichnungen auf einen
Blick verdeutlicht.
Der Mensch ist ein Teil der belebten Natur. In der kleinsten lebensfhigen Struktureinheit,
Zwischen allen Lebewesen und der Umwelt be- der Zelle, vollziehen sich durch Wechselwirkung
stehen lebensnotwendige Wechselwirkungen. mit ihrer unmittelbaren Umgebung die fr das
Besonders wichtig sind: Leben notwendigen Funktionsablufe.
1. die stndige Aufnahme und Abgabe von Stof- Im Folgenden beschftigen wir uns mit allge-
fen und Energie, sowie meinen Grundlagen der Lebensvorgnge.
2. die stndige Aufnahme und Abgabe von Infor-
mationen.
Fr jedes Lebewesen sind die aus der Umwelt 2.1 Bau- und Funktionsstoffe des
aufgenommenen Stoffe krperfremd. In den
Zellen werden sie in der Regel in krpereigene menschlichen Krpers und
Stoffe umgewandelt (= Assimilation) oder un- ihre biologische Bedeutung
verndert ausgeschieden.
Alle Zellen bestehen aus organischen Stoffen
Autotrophe Assimilation (Eiweie, Fette, Kohlenhydrate) und anorgani-
Die grnen Pflanzen sind als autotrophe Lebe- schen Stoffen (Salze, Wasser). Die physikochemi-
wesen in der Lage, im Prozess der Photosynthese mischen Eigenschaften dieser Substanzen bestim-
die anorganischen energiearmen Stoffe CO2 und men ihre biologischen Funktionen in der Zelle.
H2O mithilfe ihres Chlorophylls und unter Nut-
zung der Lichtenergie in den energiereichen orga-
nischen Stoff Glucose (Traubenzucker) umzu- 2.1.1 Wasser
wandeln (= autotrophe Assimilation).
Die Glucose wiederum dient der Pflanze zusam- Der erwachsene Mensch besteht zu 60 % aus
men mit einigen anorganischen Stoffen, z. B. Wasser. Ohne Wasser gibt es kein Leben. Das
Stickstoff (N), Schwefel (S) und Phospor (P), als Wasser ist ein polarisiertes Molekl, das als
Ausgangsstoff fr die Synthese der verschiedens- Dipol auf einer Seite positiv, auf der anderen
ten Pflanzeninhaltsstoffe (z. B. Eiweie, Fette, Moleklseite negativ geladen ist. Diese Polari-
Vitamine, Farbstoffe, Duftstoffe). sierung ermglicht es, dass sich Wasser an ande-
re elektrisch geladene Teilchen (Ionen) anlagern
Heterotrophe Assimilation kann.
Alle Lebewesen ohne Chlorophyll, also auch der Der Vorgang der Wasseranlagerung wird als
Mensch, nehmen organische energiereiche Stoffe Hydratation bezeichnet ( Abb. 2.1, Seite 18).
auf, die letztendlich immer von chlorophyllhalti- Die Hydratation spielt fr Wasser- und Elektro-
gen Zellen stammen, und wandeln diese in kr- lytverschiebungen eine wichtige Rolle. Ins-
pereigene Stoffe um (Stoffwechsel). besondere gilt dies fr Flssigkeits- und Stoff-
bewegungen zwischen intrazellulrer Flssigkeit
Merke (IZF = Flssigkeit in den Zellen) und extrazel-
lulrer Flssigkeit (EZF = Flssigkeit auerhalb
Die Photosynthese ist der wichtigste Assimila- der Zellen in den Zellzwischenrumen). Dieser
tionsprozess auf der Erde, weil durch sie so- Dipolcharakter des Wassers ermglicht es auer-
wohl die stoffliche als auch die energetische dem, dass Stoffe gelst und mit der Flssigkeit
Grundlage fr alle heterotrophen Organismen im Organismus transportiert werden knnen.
geschaffen werden. Auerdem produziert sie den Wasser kommt in Moleklverbnden vor. Auf-
gesamten molekularen Sauerstoff auf der grund seiner inneren Struktur kann es viel
Erde. Wrme aufnehmen und transportieren. Diese
Eigenschaft ist eine wichtige Voraussetzung fr
die Regulation der Krpertemperatur.
18 2 Grundlagen, Bau- und Funktionsstoffe
Zink: Bestandteil des Insulins und von Enzy- Stoffwechselvorgngen beteiligt. Auerdem sind
men. sie Bausteine fr viele biologisch wichtige
Mangan: Bindegewebs- und Skelettentwicklung, Verbindungen ( Tab. 2.2).
Bestandteil von Enzymen. Der eigentliche Energietrger ist die Glucose
Kobalt: Zentralatom des Vitamin B12, Bildung (Traubenzucker). Im Blut gelst wird Glucose
von Blutzellen. als Blutzucker zu allen Zellen transportiert.
Iod: Bestandteil der Schilddrsenhormone Durch regulierende Hormone (einerseits Insulin,
Trijodthyronin und Thyroxin. andererseits Glucagon u. a. ) wird der Glucose-
Fluor: Knochen- und Zahnaufbau. spiegel im Blut beim Gesunden zwischen 3,4
und 5,5 mmol/l einreguliert (= 0,6 bis 1 g pro
Merke Liter bzw. als Messwert oft angegeben 60 bis
In allen Krperflssigkeiten liegen charakte- 100 mg pro 100 ml Serum).
ristische Elektrolytkonzentrationen vor. Die
dominierenden Ionen im IZR sind K+ und
P Vor allem Erythrozyten und Nervenzellen
Eiweiionen, im EZR Na+ und Cl-. sind bei der Deckung ihres Eigenbedarfes auf
Die Mineralstoffe dienen dem Krper als Bau- Glucose angewiesen. Ein Glucoseabfall im
sowie Regelstoffe und sind Bestandteile von Blut unter 3,4 mmol/l fhrt deshalb zu Ausfall-
Enzymen. erscheinungen des zentralen Nervensystems
(ZNS). Besonders gefhrlich ist der hypoglyk-
mische Schock.
Fette (Lipide)
Fette (bestehend aus den Atomen C, O, H) stel- G Fettsure-Rest
len eine heterogene Stoffgruppe dar. Alle Fett- l R lipophiler
stoffe sind wasserunlslich. Fr unsere Betrach- y Anteil
c e Fettsure-Rest
tung kommen infrage: e
Triglyceride als einfache Lipide, r s
Phosphatide als zusammengesetzte Lipide, die o t Phoshorsure-Rest hydrophiler
zustzlich Phospor (P) und andere Atome ent- l (organischer,
basischer Bestandteil) Anteil
halten,
Cholesterol (= Cholesterin) als wichtigstes
Sterin des hheren tierischen Organismus und Phosphatide gleichen im Aufbau den Triglyce-
Steroidhormone. riden, haben aber statt einem der drei Fettsure-
reste einen Phophorsurerest gebunden, der sich
Triglyceride sind Verbindungen (Ester) von an Wasser binden kann (hydrophiler Anteil). So
Glycerol mit drei gleichen oder verschiedenen knnen Stoffe, die sich nicht in Wasser lsen,
Fettsuren (daher Triester). Dabei kann es sich durch Bindung an Phosphatide wasserlslich,
um gesttigte Fettsuren (FS) handeln, die vor und dadurch mit der Blutflssigkeit transportiert
allem in tierischen Fetten vorkommen, oder um werden. Auerdem werden Phosphatide beim
ungesttigte Fettsuren mit einer oder mehreren Aufbau von Zellwnden und anderen Bio-
Doppelbindungen, die berwiegend Bestandteil membranen bentigt.
pflanzlicher Fette sind. Ungesttigte Fettsuren
Cholesterol (oft noch als Cholesterin bezeich-
sind ernhrungsphysiologisch gnstiger.
net) befindet sich, wie die Phosphatide, in allen
Fettbildung Zellen und wird ebenfalls fr den Aufbau der
G + FS G Biomembranen bentigt. Auerdem ist es
Fettsure-Rest + H2O
l l R Ausgangsstoff fr die Steroidhormone und
y y Gallensuren. Cholesterol kommt in freier
c c e (unveresterter Form) in den Zellen und in gebun-
e + FS e Fettsure-Rest + H2O
s dener (veresterter Form) im Blutplasma vor.
r r
o o t Steroidhormone
l + FS l Fettsure-Rest + H2O
P Ein erhhter Cholesterolspiegel im Blut
Einige Fettsuren kann der Krper selbst synthe- (Hypercholesterinmie) zhlt neben berge-
tisieren, andere mssen zugefhrt werden. Die wicht zu den ernhrungsbedingten Risiko-
wichtigste Fettsure fr den Menschen ist die faktoren fr Arteriosklerose mit den mglichen
Linolsure. Sie ist Ausgangsstoff fr die Syn- Folgen eines Herzinfarktes oder Schlagan-
these weiterer Fettsuren, die bei Mangel von falles.
Linolsure ebenfalls essentiell werden. Mehrfach
ungesttigte Fettsuren werden besonders fr den
Aufbau von Biomembranen bentigt. ( Hormonsystem, Kap. 15.3.3, S. 304).
P Ungesttigte Fettsuren sind besonders in Merke
pflanzlichen Fetten enthalten. Deshalb sind diese Fette leisten vielfltige und ntzliche Auf-
fr die Ernhrung wertvoller als tierische Fette. gaben, wie z. B.:
Energiespeicherung
Triglyceride dienen im Organismus als
Schutz vor Auskhlung Triglyceride
langfristige Energiespeicher und Reservedepot
mechanischen Schutz
(Glykogen dagegen ist ein Kurzzeitspeicher);
Krperfett dem Schutz vor mechanischen Be- und dienen als
lastungen;
Fettschicht unter der Haut der Isolation und Bausteine der Biomembranen Phosphatide,
Cholesterol
der Temperaturregelung des Krpers.
2.1 Bau- und Funktionsstoffe 21
Zwitterion
Das H+ der Carboxylgruppe wandert zur Aminogruppe
R - CH - COO-
Protonenbergang
NH3+
Kation Anion
R - CH - COOH R - CH - COO-
NH3+ NH2
Bei H+-berschuss in saurer Lsung nimmt die Bei OH--berschuss in basischer Lsung verbindet
Carboxylgruppe ein H+ auf. Es entsteht ein Kation. sich das H+ der Aminogruppe mit dem OH- zu H2O.
Es entsteht ein Anion.
22 2 Grundlagen, Bau- und Funktionsstoffe
Eiweie
Glykoproteine (Schleimstoffe)
Globulre Gerst- (Protein + Kohlenhydrat)
Eiweie eiweie Lipoproteine
(Protein + Fett)
Albumine Kollagene Nucleoproteine
Globuline Keratine (Protein + Nucleinsure)
Phosphoproteine
(Protein + Phosphorsure)
Zellorganelle Zellen
(z. B. Mitochondrium) (z. B. glatte Muskelzellen,
Bindegewebszellen)
Ganzheit
Der Mensch
Gewebe
(z. B. Endothelgewebe
der Lungenblschen)
Organ
(z. B. Lunge)
Organsystem
(z. B. Atmungssystem)
Organsysteme sind Funktionseinheiten, die aus Die Zelle ist die kleinste selbstndige Bau- und
mehreren Organen bestehen und geordnet zu- Funktionseinheit mit den Kennzeichen des
sammenarbeiten. Das Verdauungssystem z. B. Lebens. Diese sind:
besteht aus den Organen Mund, Rachen, Speise- Vermehrungsfhigkeit (Fortpflanzung),
rhre, Magen und Darm. Formwechsel (Wachstum und Entwicklung),
Informationsaustausch (Aufnahme, Weiter-
Merke leitung, Verarbeitung, Speicherung und Ab-
Der menschliche Organismus besteht aus Zel- gabe von Informationen),
len, Geweben, Organen und Organsystemen. Stoff- und Energiewechsel.
Beachte: Die Zellteilung wird im Abschnitt 2.5.3
Seite 48 beschrieben.
Zellen sind im Prinzip identisch gebaut. Sie vari-
2.2.1 Bau und Funktion der Zelle
ieren allerdings aufgrund unterschiedlicher
Funktionen vor allem in ihrer Gestalt und ihren
Die Zellenlehre (Zytologie) beschreibt den grund-
funktionellen Bestandteilen.
stzlichen Aufbau und die Leistungen der Zellen.
24 2 Grundlagen, Bau- und Funktionsstoffe
Schweidrse
Blutgef
intravasaler Raum
extrazellulrer
Raum (EZR) interstitieller Raum
Zellmembran Kapillarmembran
hohe Durchlssigkeit fr hohe Durchlssigkeit
Wasser, geringe fr Ionen fr Wasser und Ionen
Ribosomen d: 18 20 nm
Kleinste kugelfrmige Partikel, die aus ca. 40 % RNA und 60 % Proteinen bestehen, liegen entweder ein-
zeln im Plasma oder am granulren endoplasmatischen Retikulum.
Aufgabe: Eiweisynthese.
Zytoskelett
Die das Zytoskelett bildenden Strukturen sind fr den Erhalt der Zellform und fr die Stabilitt der Zellen
zustndig. Man unterscheidet:
Mikrofilamente, die aus den fadenfrmigen Eiweien Aktin und Myosin bestehen und sich meist in
Bndeln zusammenlagern, welche dann als Fibrillen bezeichnet werden (z. B. Myofibrillen in Muskel-
zellen, Neurofibrillen in Nervenzellen, Tonofibrillen in Epithelzellen).
Mikrotubuli sind 25 nm dicke, rhrenfrmige, vorwiegend aus dem Protein Tubulin bestehende
Strukturen. Sie befinden sich z. B. in Zilien, Geieln und Mikrovilli und bilden den Spindelapparat
whrend der Zellteilung.
Aufgaben: Stabilisierung von Form und Festigkeit der Zellen, Transport von Zellbestandteilen (z. B.
Chromosomen bzw. Chromatiden, Vesikel) und Widerlager bei Bewegungsablufen.
Ribosomen Golgi-Apparat
P Grere Abweichungen des inneren Milieus dische Logarithmus gewhlt, sodass ein fallender
knnen, insbesondere bei Suglingen und lte- pH-Wert eine hhere Wasserstoffionenkonzen-
ren Menschen, lebensbedrohlich sein. tration bedeutet.
Grnde, die zu solchen Vernderungen fhren,
sind z. B.: [H+] in mol/l pH-Wert
Wasser- und Elektrolytverluste bei extremem
Schwitzen, Durchfllen oder Erbrechen,
1,0 = 100 0
zu geringe Flssigkeitszufuhr ber lngere
0,1 = 10-1 1
Zeit,
0,01 = 10-2 2
Strungen des Elektrolythaushaltes bei Nieren-
sauer
0,001 = 10-3 3
erkrankungen,
0,0001 = 10-4 4
Eiweimangel bei Hunger oder Leberschden,
0,00001 = 10-5 5
Einnahme bestimmter Medikamente.
0,000001 = 10-6 6
Wichtig: Bei Verlust grerer Flssigkeitsmen-
0,0000001 = 10-7 7 neutral
gen fr ausreichende Flssigkeits- und Elektro-
0,00000001 = 10-8 8
alkalisch (basisch)
lytzufuhr sorgen!
0,000000001 = 10-9 9
0,0000000001 = 10-10 10
0,00000000001 = 10-11 11
2.2.4 Sure-Basen-Haushalt 0,000000000001 = 10-12 12
0,0000000000001 = 10-13 13
Fr eine normale Stoffwechselfunktion mssen 0,00000000000001 = 10-14 14
die Sure- und Basenkonzentrationen in den
Krperflssigkeiten immer konstant gehalten
werden. Lsung pH-Wert
Entscheidend fr das Sure-Basen-Gleichge- sauer < 7,0
wicht ist die Einstellung einer festen Wasser- neutral = 7,0
stoffionenkonzentration (Isohydrie) mit einem alkalisch bzw. basisch > 7,0
pH-Wert von 7,37 bis 7,43 in der extrazellulren
und 7,28 bis 7,29 in der intrazellulren Flssig- Magensaft 1,5
keit. Die Isohydrie ist notwendig, weil die En- Urin 4,7 bis 8,0
zyme bestimmte, oft sehr eng begrenzte pH-Werte destilliertes Wasser 7,0
fr ihre Wirksamkeit bentigen. Blut 7,37 bis 7,43
Schon eine geringfgige nderung der Wasser- Bauchspeichel 8,0 bis 9,0
stoffionenkonzentration ist lebensbedrohlich. Darmsaft 8,0
Ammoniak 12,0
Die Isohydrie ist permanent Strungen ausge-
setzt, weil im Stoffwechselgeschehen stndig
u. a. H+, aber auch OH- anfallen. Hauptsure- Merke
quelle ist der Energiestoffwechsel. Hier entsteht
Der pH-Wert der intra- und extrazellulren
die flchtige Kohlensure. Darber hinaus fallen
Krperflssigkeiten liegt im schwach alkali-
nichtflchtige Suren an, z. B. Milch- und
schen (basischen) Bereich.
Phosphorsure.
H2CO3 H2CO3
HCO3-
CO2
Niere pH Wert Lunge
Puffersysteme
HCO3- oder H+
Kohlensure-Bikarbonat-
Proteinpuffersystem Puffersystem Phosphat-Puffersystem
(Hmoglobin) (Bicarbonat) (Phosphat)
HHb H+ + Hb- H2CO3 H+ + HCO3- H2PO4- H+ + HPO42-
hyperton
isoton
hypoton
Beobachtung:
Das Flssigkeitsvolumen im inneren Gef
Filtermembran
vergrert sich allmhlich.
Erklrung:
Die semipermeable Membran lsst nur die Was- Niere
serteilchen hindurch, die entsprechend ihrem
Konzentrationsgeflle von auen nach innen dif-
fundieren.
Merke
Wird die Bewegung bestimmter grerer Druck
Teilchen (hier Na+ und Cl-) durch eine halb- hoch niedrig
Vorkommen: Filtration
Da fast alle Zellen semipermeable Membranen Besteht zwischen beiden Seiten einer Biomem-
als Grenzschichten (Zellmembran, intrazellulre bran ein Druckunterschied, werden alle Teilchen
Membransysteme) besitzen, spielt die Osmose einer Flssigkeit, die durch die Poren passen,
bei der Wasseraufnahme der Zelle und beim vom Ort des hheren zum Ort des niederen
Wassertransport innerhalb der Zelle eine bedeu- Druckes gepresst.
tende Rolle.
Vorkommen:
Merke Stoffaustausch im Gewebe,
Filtration des Blutplasmas in der Niere.
Voraussetzung fr den Ablauf der Krper-
funktionen ist, dass die Krperflssigkeiten
annhernd isoton (isoton = gleicher osmoti-
2.3.2 Aktiver Transport
scher Druck) sind.
Diese Transportform ist notwendig, um Stoffe
gegen Konzentrationsgeflle und hydrophile
Stoffe, die ansonsten die Biomembran nicht pas-
1) Konzentration bezieht sich auf die Menge der im Lsungsmittel
sieren knnen, zu transportieren. Hier sollen
Wasser gelsten osmotisch aktiven Teilchen. einige Formen nher beschrieben werden:
34 2 Grundlagen, Bau- und Funktionsstoffe
1. Blschentransport
verschiedene feste Partikel EZR 1) a) Phagozytose (griech.: Fressttigkeit
einer Zelle)
Zellmembran
Amoeboid3) bewegliche Zellen, z. B.
bestimmte weie Blutzellen, umflieen
feste Partikel (z. B. Bakterien). An der
IZR 2)
Berhrungsstelle der Zellmembran ent-
steht eine Vertiefung, die als Blschen
Blschen abgeschnrt wird.
b) Pinozytose (griech.: Trinken einer
Abb. 2.10 Phagozytose. Zelle)
Die Pinozytose luft prinzipiell hnlich
der Phagozytose ab. Es wird Flssigkeit
mit darin gelsten Stoffen aufgenom-
Flssigkeitstrpfchen EZR 1) men. Zur Pinozytose sind im Gegensatz
zur Phagozytose fast alle Zellen fhig.
Zellmembran c) Exozytose (griech.: Ausscheidung
von Stoffen durch eine Zelle)
Verschiedene in der Zelle anfallende
IZR 2) Stoffe, z. B. Sekrete, knnen ebenfalls
in Blschen, die meist vom Golgi-
Blschen Apparat abgeschnrt werden, einge-
schlossen werden. Diese Blschen ver-
Abb. 2.11 Pinozytose. schmelzen vom Plasma her mit der
Zellmembran und entleeren ihren
Inhalt nach auen.
EZR 1) verschiedene, in der Zelle anfallende Stoffe
2. Trgerstoffe
Die zu transportierenden Teilchen, vor
Zellmembran allem Nhr- und Mineralstoffe, werden
an spezifische Trgermolekle
Transporteiweie (Carrier) gebunden
IZR 2) (= Trgertransport) und transportiert.
Blschen Vorkommen:
Aufnahme der Glucose, Amino-
Abb. 2.12 Exozytose. suren, Vitamine und Mineralstoffe
in die Darmzellen, von dort in das
Blut und danach in die Krperzellen.
Blutkapillare 3. Konvektion
Unter Konvektion wird Stofftransport
Interstitium
durch Mitfhrung verstanden.
Die treibenden Krfte sind Temperatur-
oder Druckdifferenzen.
Beispiele:
Sauerstoff- und Kohlendioxidtrans-
port bei der Belftung der Lunge;
Trgermolekl Stofftransport durch das Blutplasma
Zellmembran Substrat
(Carrier) und durch den Harn.
Abb. 2.13 Trgertransport. 1) Extrazellulrer Raum
2) Intrazellulrer Raum
3) Kriechbewegungen von Zellen ohne feste Zellwand
2.4 Physiologie des Stoff- und Energiewechsels 35
Herz-Kreislauf-System
Atmungssystem Verdauungssystem
O2
Nahrung
CO2
O2
CO2
Nhrstoffe
Ausscheidung
Ausscheidung
Harnsystem Haut
Zelle
Blutkapillaren
interstitielle Flssigkeit
Die Stoffe werden einerseits zum Aufbau und zur Energiereiche Phosphatverbindungen fungieren
Erhaltung der Krperstrukturen und andererseits als bertrger Energie verbrauchender und
als Energielieferant zur Aufrechterhaltung der Energie liefernder Prozesse.
Lebensvorgnge bentigt. Jeder Stoffwechsel Die grte Bedeutung hat das Adenosintriphos-
stellt also gleichzeitig einen Energiewechsel dar. phat (ATP). Es besteht aus der organischen Base
Dieser gliedert sich in zwei sich gegenseitig Adenin, dem Zucker Ribose (Adenin + Ribose
bedingende Bereiche: = Adenosin) und drei Phosphatgruppen P (
anabole (aufbauende) Stoffwechselwege Tab. 2.7).
(= Baustoffwechsel) Synthese krpereigener
Wird Energie freigesetzt, luft in der Zelle fol-
Tab. 2.7 Energiereiche Phosphatverbindungen. gender Vorgang ab:
ADP +
P + Energie ATP
Adenin Ribose
P
P ~
P
Wird Energie bentigt, kehrt sich der Vorgang um:
Adenosin energie-
reiche ATP ADP +
P + Energie
Bindung
AMP = Adenosinmonophosphat
Merke
+ +
Enzym Substrat Enzym-Substrat- Enzym Reaktions-
Komplex produkte
38 2 Grundlagen, Bau- und Funktionsstoffe
Energie
Aktivierungsenergie
ohne Enzym
mit Enzym
fr die Enzym-
Substratverbindung
2 H2O2
metastabiler Ausgangsstoff
2 H2O + O2
energiearme stabile Endstoffe
Wirkungsweise der Carboanhydrase bei der Bildung von Kohlensure bzw. Wasser,
Wasserstoff- und Bicarbonat-Ionen
H+ HCO3-
H2O CO2
Carbo-
anhydrase
OH-
CA
H2O + CO2 H2CO3 H+ + HCO3- oder
CA
H2O H+ + OH-; OH- + CO2 HCO3-
Lipase
Lipase
Coenzyme Merke
Fr viele Enzymkatalysen sind unbedingt
Coenzyme (= Cosubstrate) notwendig. Dies sind Jedes Enzym wirkt nur in einem bestimmten
niedermolekulare Stoffe (also keine Eiweie), pH-Bereich.
die im Gegensatz zum Enzym bei der Reaktion Enzyme haben meist eine geringe Temperatur-
verndert und wieder regeneriert werden ms- und pH-Wert-Toleranz. Manche Enzyme ms-
sen. Es handelt sich also nicht um Enzyme. Als sen durch bestimmte Ionen (z. B. Ca2+, Mg 2+,
Bausteine oder Vorstufen fr Coenzyme dienen K+) aktiviert werden bzw. bentigen die
verschiedene Vitamine. ATP ist das Coenzym Anwesenheit eines Coenzyms.
des Energiestoffwechsels.
Bestimmte Chemikalien (z. B. Kupfer- u. Silber-
Beeinflussende Faktoren der Enzymttigkeit ionen, Suren) hemmen bzw. blockieren die
Aus der Eiweistruktur der Enzyme ergibt sich, Enzymttigkeit.
dass ihre Aktivitt insbesondere von der Tempe-
ratur und vom pH-Wert abhngt. Dies verdeut-
lichen zwei Experimente (vgl. Tabelle 2.9).
1. Experiment: Reagenzglas 1 2 3
Drei Reagenzglser wer- Strkelsung 2 ml 2 ml 2 ml
den nach folgendem
Amylaselsung 4 ml 4 ml 4 ml
Schema gefllt:
Iod-Kaliumjodid-Lsung 1 Tropfen 1 Tropfen 1 Tropfen
Ergebnis:
Das Temperaturoptimum fr die meisten Enzyme liegt zwischen 30 und 40 C, also bei Krper-
temperatur. Temperaturerhhung ber 60 C zerstrt die Enzyme.
2. Experiment: Reagenzglas 1 2 3
Drei Reagenzglser
werden wie folgt ge- Wasser 0,5 ml 0,5 ml 0,5 ml
fllt: Pufferlsung (pH = 4,8) 1 ml
Pufferlsung (pH = 7,0) 1 ml
Pufferlsung (pH = 8,0) 1 ml
Strkelsung 0,5 ml 0,5 ml 0,5 ml
Jetzt wird in jedes Reagenzglas 1 ml Amylaselsung (spaltet Strkemolekle) gegeben und kurz
geschttelt. Danach werden aus jedem Glas einige Tropfen in je eine Vertiefung einer Tpfelplatte
gegeben und mit 1 Tropfen Iod-Kaliumjodid-Lsung (verfrbt sich bei Vorhandensein von Strke
krftig blau) auf Strke geprft.
Ergebnis: Unterschiedliche Frbungen lassen erkennen, dass sich im Ansatz 2 (pH 7) kaum noch
Strke befindet, d. h., bei einem pH-Wert 7 ist der Substratumsatz optimal.
40 2 Grundlagen, Bau- und Funktionsstoffe
P Beim Fettsureabbau in der Leber entstehen Der Stoffwechsel der Proteine beginnt mit der
Ketonkrper (= Aceton, Acetessigsure, -Hy- Zerlegung des Eiweimolekls (im Verdauungs-
droxybuttersure) als Stoffwechselprodukte, trakt) in Aminosuren. In der Leber dienen die
die normalerweise in den peripheren Organen Aminosuren entweder dem Aufbau krpereige-
abgebaut werden. Bei Hunger und beim ner Proteine oder sie werden abgebaut. An dieser
Diabetes mellitus mit extremer Mobilisierung Stelle werden drei mgliche Reaktionswege
der Fettreserven kommt es zu einer ber- stark vereinfacht beschrieben:
schieenden Produktion dieser Ketonkrper. 1. Transaminierung
Sie werden dann mit dem Urin ausgeschieden Transaminasen (ASAT = Aspartat-Amino-Trans-
(Obstgeruch!). Auerdem fhren sie zu einer ferase, ALAT = Alanin-Amino-Transferase) ber-
azidotischen Stoffwechsellage ( S. 230). nehmen die NH2-Gruppe einer Aminosure und
geben sie an ein anderes Kohlenstoffskelett ab.
Fettspeicherung Auf diese Weise wird der Aminostickstoff in den
Triglyceride knnen in Fettzellen und begrenzt ausscheidungsfhigen Harnstoff berfhrt.
auch in der Leber gespeichert werden. ber-
schssige Kohlenhydrate knnen leicht in
P ASAT und ALAT spielen eine wichtige
Triglyceride umgewandelt und so ebenfalls zur Rolle in der Leberenzymdiagnostik. Erhhte
Auffllung der so genannten Fettdepots (z. B. Konzentrationen im Blutserum deuten auf
Bauch, Oberschenkel, Oberarm) dienen. einen Leberschaden hin.
Merke
Decarboxylierung. Tab. 2.14
Auch aus Kohlenhydraten knnen Fettdepots
gebildet werden. Decarboxylase
P Fettsucht (Adipositas) und das damit ver- Aminosure CO2 + biogenes Amin
bundene bergewicht sind eine der hufigsten
Ursachen fr Herz-Kreislauf-Erkrankungen 2. Decarboxylierung
und Erkrankungen des Bewegungsapparates. Spezifische Enzyme (Decarboxylasen) spalten
von Aminosuren CO2 ab.
Tab. 2.13 Synthese von Fettsuren und Fetten. Dadurch entstehen die
biogenen Amine, welche
CO2 im Organismus vielfltige
Aufgaben erfllen, z. B.
Glucose Pyruvat C2-Krper Fettsuresynthese durch
als Bausteine von Coen-
zymen oder Vorstufen von
Verketten der C2-Krper
Hormonen ( Tab. 2.14).
3. Oxidative Desaminie-
im Mitochondrium im Zellplasma rung
Mit Glycerol knnen Fettsuren Triglyceride oder Durch Aminosure-Oxida-
Phosphatide bilden sen wird in der Leber von
Aminosuren die NH2-
Triglycerid Phosphatid Gruppe abgespalten. Dabei
entsteht Ammoniak, der
FS FS
unter Energieverbrauch in
Glycerol FS Glycerol FS Harnstoff umgewandelt
FS Phosphat + Alkohol wird.
42 2 Grundlagen, Bau- und Funktionsstoffe
Der Harnstoff besitzt folgende Eigenschaften, die Bei der Energiefreisetzung sind folgende bioche-
seine Ausscheidung mit dem Urin problemlos er- mische Vorgnge zu erkennen ( Tab. 2.15):
mglichen. Er ist ungeladen, nicht toxisch und Pyruvat und C2-Krper sind zentrale Stoffe im
kann gut durch die Biomembranen diffundieren. Energiestoffwechsel, wobei, wie bereits gesagt,
99 % aus der Glykolyse stammen.
Merke Alle C2-Krper werden in den Zitratzyklus
eingeschleust und weiter abgebaut, wobei
Die wenigen nicht als Baustoff oder Funk-
Wasserstoff (wird an Coenzyme gebunden)
tionsstoff bentigten Aminosuren werden vor
und CO2 (wird abgegeben) entstehen.
allem in der Leber zur Energiefreisetzung
abgebaut.
Die Endprodukte des Aminosureabbaus sind:
P Die zentrale Stellung des Zitratzyklus im
Intermedirstoffwechsel kommt darber hinaus
Wasser Kohlendioxid Ammoniak. beim Fettsure-, Aminosure-, Glucosestoff-
wechsel und bei der Synthese krpereigener
P Fast jede Erkrankung verursacht mehr oder Stoffe (z. B. Hm) zum Ausdruck.
weniger deutliche Vernderungen des Eiwei-
stoffwechsels. Bei Schwerkranken und Schock- Biologische Oxidation des Wasserstoffs
patienten ist immer darauf zu achten, dass aus- Unter biologischen Bedingungen werden Was-
reichend Harnstoff ausgeschieden wird. serstoff und Sauerstoff stufenweise in ihrer
Reduktions-Oxidationsenergie angenhert, so-
Stoffwechselwege zur Energiefreisetzung dass es nicht zur Knallgasreaktion kommt. Die
(berblick) bei der biologischen Oxidation hintereinander
Der Mensch bentigt zur Aufrechterhaltung sei- geschalteten Redoxreaktionen bezeichnet man
ner Lebensvorgnge (wie z. B. Informationsaus- als Atmungskette. Zuerst wird der Wasserstoff
tausch, Stoffsynthesen, Bewegung, gleichmige (enthlt die Energie) ionisiert. Die dabei entste-
Krpertemperatur) stndig Energie, die durch henden energiereichen Elektronen werden so-
Abbau energiereicher Stoffe in den Zellen be- gleich ber die Atmungskette, die aus Oxido-
reitgestellt werden muss. reduktasen besteht, bergab transportiert. Das
Als energiereiche Stoffe kommen infrage heit, es kommt zu einer schrittweisen Energie-
Kohlenhydrate: 99 %. abgabe. Die freigesetzte Elektronenenergie wird
Fette: Geringe Beteiligung, aber die sofort durch ATP-Bildung in chemische Bin-
langkettigen Fettsuren lie- dungsenergie umgewandelt ( S. 36). Zum
fern bei hohem O2-Verbrauch Schluss werden die energiearmen Elektronen auf
viel Energie. molekularen Sauerstoff bertragen. Der so ioni-
Eiweie: Spielen normalerweise keine sierte Sauerstoff verbindet sich mit den entstan-
Rolle. denen Wasserstoffionen (H+) zu Wasser.
1. Zerlegung der Makromolekle in ihre Grundbausteine ( Kap. 12.8, S. 252): Die beschrie-
Amylasen benen Abbau-
Kohlenhydrate Monosaccharide, wege zur Ener-
Lipasen
Fette Glycerol + Fettsuren, giefreisetzung
Proteasen und Peptidasen
Eiweie Aminosuren. sind in allen
2. Zerlegung der Grundbausteine in C2-Krper. Zellen gleich.
3. Oxidation der C2-Krper zu CO2 + H2O, wobei die Hauptmenge der Energie
schrittweise freigesetzt wird.
2.5 Genetik 43
Pyruvat
C2-Krper
Zitrat-
zyklus
CO2
Energie
H2
Oxydo- 38 ADP + 38
P 38 ATP
reduk- oxidative Phosphorylierung
tasen
2e-
O2-
1
2H+ + 2 O2
H2O
Bei der Fortpflanzung einer Organismenart ent- Die nur whrend der Zellteilungsphase sicht-
stehen immer wieder Nachkommen, die in ihren baren Chromosomen gehen aus dem Chromatin
wesentlichen Merkmalen den Eltern gleichen. hervor und nach Abschluss der Zellteilung wie-
Diese relative Konstanz der Arten wird durch die der in dieses ber.
Konstanz spezifischer Eiweie gewhrleistet. Die
Anweisungen fr die Bildung der Eiweie sind Merke
in der DNA gespeichert, welche sich in den
Die Chromosomen stellen die Transportform
Chromosomen befindet. Bei der geschlechtlichen
der Erbinformation whrend der Zellteilung
Fortpflanzung werden sie von den Eltern auf die
dar. Das Chromatin ist die Funktionsform,
Nachkommen bertragen und bei der Zellteilung
die im Stoffwechsel der Zelle wirksam wird
an die Tochterzellen weitergegeben. Man sagt,
und sich verdoppelt. Struktur und Anzahl der
sie werden vererbt, und bezeichnet sie als Erb-
Chromosomen sind artspezifisch.
information oder genetische Information.
Alle Merkmale eines Lebewesens sind von sei-
ner Erbinformation abhngig. In der DNA sind
P Vernderungen der Chromosomenstruktur
die Informationen fr die einzelnen Eiweie hin- und Chromosomenzahl haben meist Krank-
tereinander angeordnet. heiten (Erbkrankheiten) zur Folge.
44 2 Grundlagen, Bau- und Funktionsstoffe
G
Bei je0der Zellteilung wird gewhrleistet, dass
C die Tochterzellen die vollstndige Erbinforma-
A tion der Mutterzelle erhalten ( S. 48). Die
Matrix T Nukleinsuren sind hierfr die stoffliche Grund-
C lage. Sie besitzen die fr diese Funktion notwen-
G
digen drei Eigenschaften:
T relativ stabil zu sein,
A
zahlreiche Informationen speichern zu knnen,
sich identisch zu verdoppeln.
Abb. 2.17 Bau des Chromosoms.
Aufbau der Nukleinsuren
Fr das Vererbungsgeschehen kommen zwei
unterschiedliche Nukleinsuren in Frage:
Menschliche Keimzellen (sowohl Eizellen als Desoxyribonukleinsure (DNS) oder (englisch)
auch Samenzellen) enthalten 23 Chromosomen; Desoxyribonucleinacid (DNA),
die bei der Befruchtung entstehende befruchtete Ribonukleinsure (RNS) oder (englisch)
Eizelle (Zygote) und alle aus ihr hervorgehenden Ribonucleinacid (RNA).
Krperzellen besitzen 46 Chromosomen (
S. 49). Jede dieser Nukleinsuren besteht aus vielen
miteinander verbundenen Nukleotiden als Bau-
stein. Deshalb werden sie auch als Polynukleotid
1) Bildliche Darstellung der Chromosomen eines Organismus
bezeichnet.
2.5 Genetik 45
P Adenin
Stickstoffbase
Desoxyribose
P Thymin
Phosphorsure
P Guanin
Wasserstoff-
brckenbindung
P Cytosin
Desoxyribose
Ribose
Kernmembran
Information
Kernpore
RNA
DNA
Proteinsynthese
Ribosom
Uracil
m-RNA und t-RNA und Verknpfung der Das Chromatin formt sich zu den Chromo-
Aminosuren, somen um ( Abb. 2.17, S. 44), und die
Lsen des neu gebildeten Eiweies (Gen- Chromatiden werden sichtbar (Lngsspalt).
produktes) von der t-RNA. Das Zentriol teilt sich.
P Sowohl durch uere Einflsse (z. B. radio-
Zentriol
aktive Strahlen, Rntgenstrahlen, Zellgifte,
Viren) als auch durch innere Einflsse (z. B.
Erbeinflsse) kann die DNA verndert werden.
Auf diese Weise knnen Zellen entarten und
beispielsweise Krebszellen entstehen, die
auerhalb der Regulations- und Steuervor-
gnge des Organismus liegen.
Hieraus lsst sich das weitgehend ungehemm-
te Wachstum von bsartigen Tumoren er-
klren.
Chromatin Chromosomen
1. Reifeteilung (Reduktionsteilung)
2. Reifeteilung (Mitose)
haploide Tochterzellen haploide Geschlechtszellen
Samenzelle
(Spermium)
haploid
Jedes Gen hat eine spezifische Erbinforma- zwei ungleiche Buchstaben fr mischerbig,
tion gespeichert. Die Gesamtheit der Gene zum Beispiel aB, AB, bA.
eines Lebewesens werden als seine Erban-
lagen bezeichnet. An der Ausbildung eines Bei der Durchfhrung von Kreuzungen werden
Merkmals (z. B. Augenfarbe) sind in der fr die Kreuzungspartner die folgenden Bezeich-
Regel Genpaare beteiligt, d. h. je ein Gen vom nungen benutzt:
Vater und von der Mutter. P = Elterngeneration (Parentalgeneration),
Genotyp: Gesamtheit der in den Genen verschls- V = Vater,
selten Erbinformation. M = Mutter,
Phnotyp: ueres Erscheinungsbild eines Fl = 1. Tochtergeneration (l. Filialgeneration),
Individiums, welches sich aus allen Merk- F2 = 2. Tochtergeneration (2. Filialgeneration)
malen zusammensetzt. usw.
Reinerbig (homozygot): Fr die Ausbildung
eines Merkmals sind zwei gleiche Gene oder 1. Mendelsche Erbregel (Uniformittsregel)
Gengruppen vorhanden. Kreuzt man reinerbige Individuen, die sich in
Mischerbig (heterozygot): Fr die Ausbildung einem oder mehreren Merkmalen unterschei-
eines Merkmals (z. B. Augenfarbe) sind zwei den, sind alle Fl-Bastarde gleich (= uniform).
verschiedene Gene oder Gengruppen vorhan-
den. Diese Individuen mit 2 verschiedenen Beispiel: Vererbung der Blutgruppen
Anlagen fr ein Erbmerkmal werden als
Hybride oder Bastarde bezeichnet. a) Dominant-rezessiver Erbgang
Solche gleichen oder auch unterschiedlichen AA = Blutgruppe A (Vater)
Zustandsformen von Genen, die in homologen oo = Blutgruppe 0 (Mutter)
Chromosomen den gleichen Platz einnehmen,
werden als allele Gene oder Allele bezeichnet.
Monohybrider Erbgang: Kreuzung, bei der sich V
P: AA x oo A A
die Eltern in einem Allelpaar unterscheiden. M
Dihybrider Erbgang: Kreuzung, bei der sich die o Ao Ao
Eltern in zwei Allelpaaren unterscheiden. (F1)
Dominant: Ein Gen oder eine Gengruppe herrscht Keimzellen: A o o Ao Ao
in der Merkmalsausprgung vor.
Rezessiv: Ein Gen oder eine Gengruppe tritt in
der Merkmalsausprgung zurck. Ergebnis: Alle Nachkommen haben die Blutgruppe
Intermedir oder kodominant: Zwei Gene oder A und sind mischerbig.
Gengruppen sind in der Merkmalsausprgung
gleich stark. b) Intermedirer Erbgang
Autosomaler Erbgang: Ein an die Autosomen AA = Blutgruppe A (Vater)
(normale Chromosomen, nicht Geschlechts- BB = Blutgruppe B (Mutter)
chromosomen) gebundener Erbgang.
Geschlechtsgebundener Erbgang: Ein an die Ge-
schlechtschromosomen (Heterochromosomen) V A A
gebundener Erbgang. P: AA x BB M
B AB AB
Bei der Darstellung von Erbgngen werden zur (F1)
Vereinfachung Buchstaben verwendet: Keimzellen: A B B AB AB
ein groer Buchstabe fr dominant, zum Bei-
spiel B;
ein kleiner Buchstabe fr rezessiv, zum Bei- Ergebnis: Alle Nachkommen haben die Blutgruppe
spiel b; AB und sind mischerbig.
zwei gleiche Buchstaben fr reinerbig, zum
Beispiel BB, bb;
2.5 Genetik 53
a) Dominant-rezessiver Erbgang
Ao = Blutgruppe A (Vater) M V AD Ad oD od
Ao = Blutgruppe A (Mutter)
AD AADD AADd AoDD AoDd
V A o Ad AADd AAdd AoDd Aodd
P: Ao x Ao M (F2)
A AA Ao oD AoDD AoDd ooDD ooDd
(F1)
Keimzellen: A,o A,o o Ao oo od AoDd Aodd ooDd oodd
Genommutationen sind nderungen der Chro- Ergebnis: aa (25 %) homozygot, klinisch krank;
mosomenzahl. AA (25 %) homozygot, klinisch gesund;
Beispiele: Trisomie 21 oder Langdon-Down- Aa (50 %) heterozygote Merkmalstrger; klinisch
Syndrom (Chromosom Nr. 21 ist gesund.
3x vorhanden),
Klinefelter-Syndrom: 44 + XXY,
Turner-Syndrom: 44 + X. Beispiel 2:
V
Ursachen: energiereiche Strahlen, z. B. Rnt- a a
M
genstrahlen,
Chemikalien, z. B. LSD, Nikotin, P: aa x AA A Aa Aa
Salpetersure, bestimmte Industrie- (F1)
abgase, A Aa Aa
Temperatur, z. B. Klte- und Wrme- Keimzellen: a A
schocks,
Ergebnis: Aa (100 %): heterozygot, klinisch gesun-
Viren.
de Merkmalstrger.
Merke
Beispiel 3:
Mutationen in den Keimzellen knnen zu Erb- V
krankheiten fhren. A a
M
Mutationen in den Krperzellen hingegen
fhren zu vernderten Zellverbnden und P: Aa x aa a Aa aa
damit zu Fehlbildungen des Individuums (z. B. (F1)
Krebs), werden aber nicht direkt vererbt. a Aa aa
Keimzellen: A,a a
Ergebnis: Aa (50 %): heterozygot, klinisch gesunde
Merkmalstrger; aa (50 %): homozygot, klinisch
krank.
2.5 Genetik 55
Beispiel 1: Beispiel 1:
V V
a a X Y
M M
P: aa x Aa A Aa Aa P: XY x XXK X XX XY
(F1) (F1)
a aa aa Keim- XK XXK XKY
Keimzellen: a a zelle: X,Y X,XK
Ergebnis: aa (50 %): homozygot, klinisch gesund; Ergebnis: XX (25 %): homozygot, klinisch gesund;
Aa (50 %): heterozygot, klinisch krank. XXK (25 %): klinisch gesund, heterozygote Kon-
duktorin;
XY (25 %): klinisch gesund;
Beispiel 2: XKY (25 %): klinisch krank.
V A a
M
Beispiel 2:
P: Aa x Aa A AA Aa
(F1) V XK Y
M
a Aa aa
Keimzellen: A,a A,a P: XKY x XX X XXK XY
(F1)
Ergebnis: AA (25 %): homozygot, klinisch krank; Keim- X XXK XY
Aa (50 %): heterozygot, klinisch krank; zelle: XK,Y X
aa (25 %): homozygot, klinisch gesund.
Ergebnis: XY (50 %): klinisch gesund;
XXK (50 %): klinisch gesund, heterozygote Kon-
Beispiel 3: duktorin.
V A A
M
P: AA x aa a Aa Aa Beispiel 3:
(F1) V
a Aa Aa XK Y
M
Keimzellen: A a
P: XKY x XXK X XXK XY
Ergebnis: Aa (100 %): heterozygot, klinisch krank. (F1)
Keim- XK XKXK XKY
zelle: XK,Y X,XK
Geschlechtsgebundener Erbgang
Das defekte Gen liegt auf dem X-Chromosom Ergebnis: XXK (25 %): klinisch gesund, heterozy-
und wird bei Vorhandensein eines Normalgens gote Konduktorin;
(heterozygote Frauen) von diesem unterdrckt. XKXK (25 %): klinisch krank;
Das Y-Chromosom des Mannes besitzt dieses XY (25 %): klinisch gesund;
XKY (25 %): klinisch krank.
Gen nicht, sodass es sich bei der Konstellation
X-Chromosom mit defektem Gen plus Y-Chro-
mosom um klinisch kranke Mnner handelt.
Heterozygote Frauen werden als Kondukto-
rinnen bezeichnet.
56 2 Grundlagen, Bau- und Funktionsstoffe
P Beim Menschen knnen auch soziale Fakto-
ren verndernd auf die Ausprgung krperli-
cher und psychischer Merkmale wirken.
P Jeder Mensch besitzt andere Reaktions-
normen. Um das Gleiche im Leben zu errei-
chen, muss derjenige mit der ungnstigeren
Reaktionsnorm mehr tun.
l. Beschreiben Sie die chemischen und physikalischen Eigenschaften des Wassers und seine
Bedeutung fr den menschlichen Organismus.
2. Nennen Sie die intra- und extrazellulren Elektrolytkonzentrationen, und geben Sie
wesentliche Funktionen der jeweiligen Elektrolyte an.
3. Erlutern Sie die Hauptfunktionen der Kohlenhydrate, Fette und Eiweie im menschlichen
Organismus.
4. Erklren Sie folgende Begriffe:
a) Zelle,
b) Gewebe,
c) Organ,
d) Organsystem.
5. Skizzieren Sie aus dem Gedchtnis eine menschliche Zelle und ordnen Sie den einzelnen
Bestandteilen die entsprechenden Funktionen zu.
6. Beschreiben Sie den Aufbau der Zellmembran. Welche Eigenschaften und Aufgaben hat
sie?
7. Nennen Sie Vorkommen und Funktion der Kompartimente.
8. Erstellen Sie eine bersicht ber Menge und Verteilung der Krperflssigkeiten.
9. Was versteht man unter der Homostase des inneren Milieus?
10. Was versteht man unter dem pH-Wert? Nennen Sie den Normbereich des Blutes.
l l. Begrnden Sie, warum schon geringfgige Abweichungen vom normalen pH-Wert lebens-
bedrohlich sind.
12. Wie erfolgt die Regulation des Sure-Basen-Haushalts? Erlutern Sie exakt die Pufferung.
13. Erlutern Sie die Notwendigkeit des Stofftransportes im menschlichen Krper.
14. Erklren Sie folgende Begriffe:
a) passiver Transport,
b) Konzentrationsgeflle,
c) Diffusion,
d) Osmose,
e) osmotischer Druck,
f) kolloidosmotischer Druck,
g) aktiver Transport,
h) Phagozytose,
i) Pinozytose,
j) Trgertransport,
k) Konvektion!
15. berlegen Sie, was passiert, wenn rote Blutzellen
a) in eine hypotone,
b) in eine hypertone Lsung gebracht werden.
16. Erlutern Sie den Begriff Stoff- und Energiewechsel und die wichtigsten Teilprozesse.
17. Was ist ATP und welche Bedeutung hat es?
18. Unterscheiden Sie Enzyme und Coenzyme.
19. Beschreiben Sie den Ablauf einer Enzymreaktion.
Welche Bedeutung haben Enzyme im Stoffwechsel?
20. Erklren Sie die Begriffe Glykolyse und Glukoneogenese.
21. Nennen und erlutern Sie die drei grundlegenden Schritte der Energiefreisetzung.
22. Worin liegt die besondere Bedeutung der biologischen Wasserstoffoxidation?
58 2 Grundlagen, Bau- und Funktionsstoffe
3 Gewebe
Gewebe sind Verbnde von Zellen mit ann- b. geformte Interzellularsubstanzen (= Fasern)
hernd gleichem Bau und gleicher Funktion ein- Die Fasern ermglichen als wichtiger Bestandteil
schlielich der von ihnen abgegebenen Inter- des Krpers den Zusammenhalt und die Festig-
zellularsubstanz. keit der Organe.
Kollagenfasern
(Sehne)
Retikulozyten 1)
retikulre Fasern Knorpelzellen
weie Blutzellen elastische Fasern
1) netzfrmig angeordnete Zellen in den lymphatischen Organen
Epithelgewebe
einschichtig mehrschichtig
Basalmembran
Plattenepithel
(mehrschichtig,
unverhornt)
Plattenepithel (einschichtig)
Hornschicht
kubisches Epithel (einschichtig)
Becherzellen
Plattenepithel
(mehrschichtig, verhornt)
Zylinderepithel Flimmerepithel
(einschichtig) (mehrreihig)
Tastkrperchen Hrsinnes-
zellen
Licht-
sinneszellen
Sinnesepithelien
alveolr
3.2 Binde- und Sttzgewebe
Das Binde- und Sttzgewebe gibt dem Krper
Festigkeit und Halt und verbindet seine Teile
untereinander.
Merke
Das Bindegewebe zeigt in seiner Ausbildung
eine groe Mannigfaltigkeit und bt im Orga-
nismus vielfltige Funktionen aus. Grund-
substanz
Knorpelgewebe, Knorpel
Das Knorpelgewebe geht aus dem Mesenchym
hervor. Es bildet auch beim Menschen zunchst
das Knorpelskelett, welches sich durch den Pro- Grund-
zess der Knochenbildung in das Knochenskelett substanz
umwandelt. Der Knorpel besteht aus den Knorpel-
zellen (Chondrozyten), die von einer gallertartigen elastische Fasern
Grundsubstanz mit eingekitteten Kollagenfasern
umgeben werden. Die Knorpelzellen liegen in Ein-
oder Mehrzahl in den Knorpelhhlen (= Ausspa- Faserknorpel Knorpelzelle
rungen der Interzellularsubstanz). Die Wand der
Knorpelhhlen heit Knorpelkapsel. Mit Aus-
nahme der Gelenkknorpel werden alle brigen von
einer Knorpelhaut (Perichondrium) berzogen,
von der aus die Versorgung des Knorpels erfolgt.
Eigenschaften
hohe Druckelastizitt, geringe Zugfestigkeit. Grund-
Beim Menschen tritt der Knorpel in 3 Formen auf: substanz
1. Hyaliner Knorpel
kollagene Fasern
Die Interzellularsubstanz wird etwa zur Hlfte
von amorpher Grundsubstanz und kollagenen
Knorpelarten. Abb. 3.5
Fibrillen (kleinste Fserchen) gebildet. Der
3.2 Binde- und Sttzgewebe 65
Knochenzellen Interzellularsubstanz
Der anorganische Bestandteil betrgt 50 % und der organische 25 %. Der Rest ist Wasser. Die
Knochenzellen liegen in Knochenhhlen. Untereinander sind sie durch Plasmaauslufer
innerhalb feiner Knochenkanlchen verbunden.
66 3 Gewebe
Knochenzellen
(Osteozyten)
Interzellularsubstanz
Kollagenfasern
Havers-System
(Osteon)
Knochenblkchen
(Substantia spongiosa)
Blutgefe
Haversscher Knochenhaut
(Periost)
Kanal mit
Bindegewebe,
Blutgefen, uere Lamellen
Nerven und
freien Zellen
Volkmann-Kanal
mit Blutgefen
Gelenkknorpel
endochondraler
Knochenkern Epiphyse
Hyaliner
Knorpel
Markhhle
Diaphyse
Knochen-
manschette
einwachsende
Gefe
Epiphyse
Metaphyse oder
Epiphysenfuge
Inneren entsteht ein sog. Knochenkern, der durch Mesenchym Knorpel Geflechtknochen
allmhlichen Abbau des Knorpelgewebes grer Lamellenknochen
wird. Am Ende ist das Knorpelgewebe bis auf
den Gelenkknorpel und die Epiphysenfugen voll- 2. Desmale Ossifikation
stndig in Knochengewebe umgebaut. Unter desmaler Ossifikation versteht man die
Die Ossifikation der einzelnen Knochen ge- Bildung von Knochengewebe direkt aus dem
schieht zeitlich verschoben. So sind zum Zeit- Mesenchym.
punkt der Geburt lediglich Rippen, Schdel- Beispiele: Schdeldach, Schlsselbein.
knochen, Wirbelkrper, Hftbeine und Diaphy- Mesenchym Knochen
sen der Rhrenknochen verknchert. In den
brigen Knochen sind entweder Knochenkerne Aufbau des Lamellenknochens ( Abb. 3.7)
(z. B. Epiphysen der Rhrenknochen, Fersen- Diese Knochenart ist durch ein lamellres Ord-
bein) vorhanden oder sie bilden sich zu einem nungsprinzip der Interzellularsubstanz charakte-
spteren Zeitpunkt in einer ganz bestimmten risiert. Die 5 10 m dicken plattenfrmigen
Reihenfolge. Knochenlamellen werden aus parallel zueinan-
der verlaufenden kollagenen Fibrillen und Kitt-
Merke substanz gebildet. Zwischen den Lamellen lie-
Mit dem Lngenwachstum der Knochen gen die pflaumenkernfrmigen Knochenzell-
( S. 90) bildet sich der Geflechtknochen in hhlen, welche die Knochenzellen (Osteozyten)
den Lamellenknochen um. enthalten.
68 3 Gewebe
Die Knochenzellhhlen sind durch enge Kno- Bruchspalt eine Knochenmanschette legen
chenkanlchen untereinander verbunden, in (= kncherner Kallus).
denen sich die Auslufer der Osteozyten befin- Jetzt, nach Fixierung der Bruchstcke, ver-
den. knchert das Bindegewebe im Spalt.
Zum Schluss des Heilungsprozesses wird die
Osteone (= Havers-System) Knochenmanschette abgebaut.
Durch die konzentrische Anordnung der Kno-
chenlamellen entstehen dnne mehrere Zenti-
meter lange Zylinder, die Osteone.
Wie in Abb. 3.7 zu erkennen, verlaufen die
Lamellen um eine Aussparung, die als Haver- 3.3 Muskelgewebe
scher-Kanal bezeichnet wird. Er enthlt die ver-
sorgenden Blutgefe und Nerven. Senkrecht zu Das Muskelgewebe besitzt im besonderen Mae
den Haverschen Kanlen verlaufen die Volk- die Fhigkeit zur Kontraktion, wodurch die Be-
mann-Kanle, in denen die Arterien, Venen und wegung der Krperteile ermglicht wird. Verant-
Nerven von der Knochenhaut ( S. 89) kom- wortlich fr die Kontraktilitt sind die Myofibril-
mend in das Zentrum der Osteone gelangen. len. Das sind feinste Fserchen, bestehend aus
den kontraktilen Eiweien Aktin und Myosin.
P Bei der Frakturheilung legt der Organismus Zwischen den Myofibrillen befindet sich ein
um den Bruchspalt einen sttzenden Verband Netz feinster Kanlchen (= Tubuli).
in folgender Art und Weise an: Nach morphologischen und funktionellen Ge-
Zunchst wchst vor allem vom Periost ge- sichtspunkten gliedert man das Muskelgewebe
freiches Bindegewebe in und um den in drei Muskelgewebearten:
Bruchspalt (= bindegewebiger Kallus). 1. glattes Muskelgewebe,
Im Bindegewebe entstehen knochenbildende 2. quer gestreiftes Muskelgewebe,
Zellen (= Osteoblasten), welche um den 3. Herzmuskelgewebe.
balkenfrmige
Herzmuskelzelle
mit zentral
liegendem
Zellkern
lockeres
Bindegewebe
Glanzstreifen
Merke
Nissl-Schollen Dendriten
Neurone leiten Erregungen schnell
ber weite Strecken weiter.
Neurolemm
Neuron
Das Neuron setzt sich zusammen aus
Synapse
dem Zellkrper (Perikaryon), dem
Stoffwechselzentrum, und den von ihm
ausgehenden Fortstzen (Dendriten,
Neuriten). Die meisten Neurone des
Zellkern Menschen sind multipolar, d. h., sie
besitzen mehrere Dendriten (baumartig
verzweigt) und einen lngeren Neurit
(= Axon). Das Axon zweigt sich am
Ende zum Endbumchen (Telodendron)
Axoplasma mit Zellkrper auf. Die Enden verdicken sich keulen-
Neurofibrillen (Perikaryon, Soma) frmig (= Endknopf).
Neurone sind funktionell bipolar, d. h.,
Nervenfaser Ursprungskegel
(Axon, Neurit) man unterscheidet einen Rezeptorpol zur
Informationsaufnahme und -weiterleitung
in das Perikaryon und einen Effektorpol
zur Informationsabgabe ber das Axon.
Ranvierscher Neurone besitzen ein stark ausgeprgtes
Schnrring granulres endoplasmatisches Retiku-
lum, welches als Nissl-Schollen oder
Tigroidsubstanz bezeichnet wird, und
Axolemm
zahlreiche Mitochondrien und Lysoso-
men im Perikaryon. Auerdem enthlt
das Perikaryon eine grere Anzahl von
Neurofibrillen, die sich in das Axon
fortsetzen. Sie dienen dem Transport von
Vesikeln und Mitochondrien in die synap-
tischen Endknpfe.
Merke
Nach der Menge des Myelins (= Mark) unter-
scheidet man markhaltige (myelinreiche) und
marklose (myelinarme) Nervenfasern. Endo-
neurium
Epineurium (lockeres Binde-
Einteilung der Nervenfasern nach ihren funk- (lockeres gewebe um die
tionellen Eigenschaften: Bindegewebe, das Perineurium Nervenfasern,
den Nerven umhllt (straffes Binde- mit Blut- und
Afferente (= sensible, aufsteigende) Nerven- und seine Verbin- gewebe um die Lymph-
fasern leiten die Information von der Periphe- dung zur Um- Nervenfaserbndel) kapillaren)
gebung herstellt)
rie zum ZNS.
Efferente (= motorische, absteigende) Nerven- Peripherer Nerv (Querschnitt). Abb. 3.11
fasern leiten die Informationen vom ZNS zur
Peripherie.
Merke
Faszikel und periphere Nerven
Die Nervenfasern sind zu Nervenfaserbndeln Die wesentlichen Aufgaben der Neuroglia
zusammengefasst. Im Gehirn und Rckenmark sind:
werden diese als Faszikel bezeichnet, auerhalb Sttzfunktion,
bilden sie den Hauptanteil der peripheren Isolationsfunktion,
Nerven ( Abb. 3.11). Die peripheren Nerven Beeinflussung des Nervenzellstoffwechsels.
sind berwiegend gemischte Nerven, weil sie
afferente und efferente Fasern enthalten.
P Gliazellen fllen Defekte in der Hirnsubstanz
Neuroglia (Glia) aus. Es entstehen die sog. Glianarben.
Auer den Neuronen befinden sich sowohl im
ZNS als auch im PNS noch die Gliazellen, die in
ihrer Gesamtheit als Neuroglia bezeichnet wer- 3.4.2 Grundlagen der
den. Je nach Funktion unterscheidet man ver- Erregungsphysiologie
schiedene Gliazelltypen.
Zentrale Glia: Das Nervengewebe sichert den Informationsaus-
Astrozyten. Dies sind verzweigte Zellen, die tausch, der in fnf Schritten dargestellt werden
die Neurone mit den Blutgefen verbinden kann:
und den Stoffaustausch ermglichen. Sie bil- 1. Informationsaufnahme durch Sinneszellen
den den Hauptanteil der Neuroglia. (= Rezeptoren),
Oligodendrozyten. Diese sind weniger ver- 2. Informationsleitung durch afferente Nerven-
zweigt und bilden die Markscheiden im ZNS. fasern zum Zentralnervensystem,
Ependymzellen. Sie kleiden Hirnventrikel und 3. Informationsverarbeitung und -speicherung
Zentralkanal des Rckenmarks aus. im Zentralnervensystem,
Periphere Glia: 4. Informationsleitung durch efferente Nerven-
Schwann-Zellen. Sie umhllen die peripheren fasern zum Muskel bzw. zur Drse (= Effek-
Neuriten. toren),
Mantelzellen. Sie umgeben die in den Gan- 5. Informationsabgabe an die Umwelt durch
glien liegenden Perikaryen. Muskelleistung und Drsensekrete.
72 3 Gewebe
extrazellulr
K+ [K+ ] 4 mmol/l Na+
[Na+ ] 140 mmol/l
Natrium-Kalium-Pumpe
intrazellulr
K+ [K+ ] 160 mmol/l Na+
[Na+ ] 10 mmol/l
Grundlage fr den Informationsaustausch ist die relativ gut durchlssig. Entsprechend der unter-
Erregung der Nervenzellen. Im Folgenden wer- schiedlichen Durchlssigkeit der Membran
den beschrieben: die Erregungsbildung, die Er- diffundieren im Ruhezustand stndig relativ
regungsleitung und die Erregungsbertragung. viele K+ von innen nach auen und wenige Na+
im umgekehrten Richtungssinn;
Erregungsbildung ein aktives Transportsystem (= Natrium-Kali-
Die Bildung einer Erregung bedeutet, dass von um- Pumpe) sorgt dafr, dass es nicht zum
einer erregbaren Zelle eine Information aufge- Konzentrations- und damit auch Ladungsaus-
nommen und in elektrische Impulse transfor- gleich kommt.
miert worden ist. Eine wichtige Voraussetzung
dafr ist das Ruhepotential. Letztendlich berwiegen in der intrazellulren
Flssigkeit einige wenige Anionen (negativ gela-
Ruhepotential dene Teilchen) und in der extrazellulren
Flssigkeit einige Kationen (positiv geladene
Merke Teilchen). Dies fhrt dazu, dass die Innenseite
Die Spannung (= Potential), die bei einer der Membran im Ruhezustand gegenber der
nicht gereizten Zelle zwischen Zellinnerem Auenseite negativ geladen ist. Sie ist polari-
und der Auenseite der Membran herrscht, siert.
bezeichnet man als Ruhepotential der Zelle
(Innenseite negativ, Auenseite positiv). Sie Erregung (Aktionspotentialbildung)
ist eine wichtige Voraussetzung fr die Erregung einer Zelle bedeutet die Umwandlung
Erregungsbildung. des Ruhepotentials in das Aktionspotential
(= AP) infolge Reizung.
(mV)
40
20 (1+5) Ruhepotential
3 (2) Depolarisation
0 (3) Ladungsumkehr
4 (4) Repolarisation
- 20
- 40
2
- 60 Schwellenpotential
1 5
- 80 Ruhepotential
(ms)
1 2 3 4
Reiz
Na+
+ + - - + +
- - + + - -
K+ K+
Der Verlauf der Potentialnderung bei Reizung Je nach Reizstrke wird die Membran mehr oder
ist in der Abbildung 3.13 dargestellt. weniger depolarisiert.
Voraussetzung fr die Entstehung eines Aktions-
Es ist zu erkennen, dass bei Reizung das potentials ist eine Mindestreizstrke, welche die
Ruhepotential (1) sehr schnell zusammenbricht. Membran auf ca. 60 mV depolarisiert. Bei die-
Die Membran wird depolarisiert (2). Fr kurze sem Wert erhht sich aufgrund der Ladungsn-
Zeit findet sogar eine Ladungsumkehr bis ca. derung die Permeabilitt der Membran fr Na+
+30 mV statt (Membran innen positiv, auen auf das 500fache.
negativ; 3). Anschlieend wird die Membran Folge:
wieder repolarisiert (4), d. h., das Ruhepotential Rascher Na+-Einstrom mit weiterer Depolarisa-
wird wieder hergestellt (5). Der gesamte tion und anschlieender Ladungsumkehr.
Vorgang dauert nur wenige Millisekunden (ms).
Das durch die Mindestreizstrke ausgelste
Den Verlauf der Spannungsnderung von der Potential als Voraussetzung fr das Aktions-
Depolarisation bis zur Wiederherstellung des potential heit Schwellenpotential. Reize, die
Ruhepotentials nennt man Aktionspotential. Es die Membran bis zum Schwellenwert depolari-
ist Ausdruck einer Erregung. sieren, also die Reizschwelle der Zelle errei-
chen, nennt man berschwellige Reize. Reize,
Beachtet man die Faktoren, die das Ruhepoten- die die Membran nicht bis zum Schwellenwert
tial bedingen, so kann man feststellen: Reize depolarisieren und somit kein Aktionspotential
verndern die Membranpermeabilitt. Als Folge auslsen, bezeichnet man als unterschwellige
kommt es zu einer Vernderung der Ionen- Reize.
verteilung.
74 3 Gewebe
Die Permeabilittsnderung fr Na+ hlt nur kurz- zeichnet man als Alles-oder-Nichts-Gesetz.
fristig an. Dagegen wird die Membranpermea- Das bedeutet, nachdem das Schwellenpotential
bilitt fr K+ verbessert. erreicht ist, bleibt bei weiterer Verstrkung des
Folge: Reizes die Amplitude der Aktionspotentiale
Verstrkter K+-Ausstrom, dadurch Repolarisa- trotzdem unverndert.
tion, d. h., die Ruhespannung wird wieder er- Wie ist es aber mglich, dennoch unterschiedli-
reicht. che Reizstrken, z. B. unterschiedliche Druck-
einwirkung, wahrzunehmen?
Im Anschluss daran sorgt die Natrium-Kalium- Die Reizstrke wird durch die Frequenz der
Pumpe dafr, dass wieder die alten Konzentra- Aktionspotentiale verschlsselt. Je strker der
tionsverhltnisse (wie vor der Erregung) herge- Reiz, desto mehr Aktionspotentiale werden in
stellt werden. Bemerkenswert ist, dass trotz der der Zeiteinheit ausgelst.
groen Permeabilittsnderungen an der erreg-
ten Stelle der Membran die Ionenkonzentratio- Erregungsleitung
nen im intra- und extrazellulren Raum kaum Die Erregungsleitung besteht in der Fortleitung
verndert werden. der Aktionspotentiale entlang der Neuriten-
membran bis in die Synapsen. Wie ist das zu er-
Alles-oder-Nichts-Gesetz klren?
Die Tatsache, dass bei unterschwelligen Reizen Ein ausgelstes Aktionspotential hat zur Folge,
keine Erregung, bei berschwelligen aber immer dass zwischen benachbarten Membranabschnit-
eine Erregung in vollem Umfang erfolgt, be- ten ein Ladungsunterschied entsteht. Dieser
fhrt zu einem Ladungsausgleich
(= Ausgleichsstrom) lngs der
AP Faser (innen und auen). Der
Ladungsausgleich aus der Nach-
barschaft bedeutet dort die Bil-
dung eines neuen Aktionspoten-
tials usw.
Bei markscheidenhaltigen Neuri-
ten erfolgt die Erregungsleitung
Ausgleichsstrom saltatorisch (sprunghaft) von
Schnrring zu Schnrring. Bei
AP
markscheidenlosen Neuriten er-
folgt die Erregungsleitung konti-
nuierlich, weil polarisierte, de-
und repolarisierte Membranab-
schnitte viel dichter beieinander
liegen. Das hat Konsequenzen fr
die Erregungsleitungsgeschwin-
Ausgleichsstrom
digkeit und den Energieverbrauch.
AP Bei der saltatorischen Erregungs-
leitung springt das Aktions-
potential von Schnrring zu
Schnrring.
Folgen:
Erhhung der Leitungsgeschwin-
digkeit (zirka 100 gegenber
m
1 bei kontinuierlicher
s Leitung).
m
Geringerer
s Energieverbrauch,
Saltatorische Erregungsleitung da Natrium-Kalium-Pumpe nur
Abb. 3.14 (AP = Aktionspotential). an den Schnrringen ttig ist.
3.4 Nervengewebe 75
Axon
Neurotubuli
elektrische
prsynaptische Weiterleitung
Blschen (Vesikel)
mit Neurotransmitter
Mitochondrien
prsynaptische
Membran
synaptischer Spalt
chemische
bertragung
(Neurotransmitter)
postsynaptische
Membran mit
Membranrezeptoren
elektrische
Weiterleitung
Hute sind flchenhafte Gewebsstrukturen, die 4.1.1 Schichten der ueren Haut
aus einem Deckepithel und einer darunter lie-
genden Bindegewebsschicht bestehen. Die uere Haut besteht aus:
Besprochen werden in diesem Kapitel Oberhaut (Epidermis) mehrschichtiges
die uere Haut, die den Organismus gegen die verhorntes Plattenepithel.
Umwelt abgrenzt und im weitesten Sinne Lederhaut (Corium) vor allem straffes
Schutzaufgaben erfllt, Bindegewebe.
die Schleimhaut als innere Auskleidung vieler Oberhaut und Lederhaut bilden die eigent-
Hohlorgane mit wichtigen Schutz- und Trans- liche Haut, die als Cutis bezeichnet wird.
portaufgaben, Unterhaut (Subcutis) Verschiebeschicht
die serse Haut, deren Hauptaufgabe darin aus lockerem Bindegewebe zwischen Cutis
besteht, die Verschiebbarkeit der inneren Organe und Muskelfascien bzw. Periost (Knochen-
zu gewhrleisten und haut) der Knochen.
Drsen, die Sekrete bzw. Inkrete mit vielfl-
tigen Funktionen im Krper produzieren. Oberhaut (Epidermis)
Die Oberhaut ist ein mehrschichtiges verhorntes
Plattenepithel, welches sich in 2 Hauptschichten
4.1 uere Haut gliedert.
1. Keimschicht (Stratum germinativum), beste-
uere Haut und Schleimhaut bilden die Grenz- hend aus Basalzellschicht (Stratum basale),
schicht zwischen Organismus und Umwelt. Die Stachelzellschicht (Stratum spinosum), Krner-
uere Haut ist die Krperbedeckung des zellschicht (Stratum granulosum) und helle
Menschen. Sie ist beim Erwachsenen durch- Schicht (Stratum lucidum).
schnittlich 2 bis 3 mm dick, hat eine Masse von 2. Hornschicht (Stratum corneum).
ca. 4 kg und eine Flche von 1,5 bis 2 m2.
Die Dicke der Oberhaut schwankt in Abhngig-
Merke keit von der mechanischen Beanspruchung. Je
grer die Beanspruchung, desto dicker wird sie
Die wichtigsten Funktionen der ueren Haut
(Fusohle 1 2 mm, Hohlhand 1 mm).
sind:
Hautstellen, die sehr stark beansprucht werden,
Schutz vor physikalischen und chemischen
bilden Schwielen. Besonders dnn ist die
Einwirkungen,
Epidermis an den Augenlidern.
Vermittlung von Sinneseindrcken,
Die unterschiedliche Dicke ist vor allem durch
Wrmeregulation.
die Hornschicht bedingt.
Oberhaut
(Epidermis)
Hornschicht
Cutis Keimschicht
Lederhaut-
papillen
Lederhaut
(Corium)
Fettgewebe
Blutgefe
Unterhaut
(Subcutis) Faszie
Muskel
Hautfarbe
Die Hautfarbe des Menschen wird Hornhaut-
bestimmt vom Pigmentgehalt, der schuppen
Farbe des Blutes (abhngig vom O2-
Gehalt) und vom Grad der Durch-
blutung. Die Hautpigmentierung ist
nicht an allen Stellen gleich. Besonders Hornschicht
stark pigmentiert ist die Haut der (Stratum corneum)
Geschlechtsorgane, des Afters und der
Warzenvorhfe.
P Die Hornschicht kann sich bei berbeanspruchung von der
Keimschicht lsen, es bildet sich eine Blase.
P Grere Wasserverluste sind lebensbedrohlich.
7. Sinnesfunktionen
Druckempfindung Merkel-Zellen in den untersten Schichten der Epidermis und
Ruffini-Krperchen der Lederhaut.
Berhrungsempfindung Meissnersche Tastkrperchen in den Lederhautpapillen;
Nervengeflechte um die Haarwurzeln.
Vibrationsempfindung Lamellenkrperchen (Vater-Pacini-Krperchen) in der Unterhaut.
Klte- und Freie Nervenendungen. Klterezeptoren unmittelbar unter
Wrmeempfindung der Epidermis, reagieren hauptschlich im Bereich 17 36 C.
Haarschaft
Haarrinde
Haarmark
(bei dnnem Haar
fehlend)
Haartrichter
Oberhutchen
(Bulbus pili)
(Cuticula)
Talgdrse innere
epitheliale
Wurzelscheide
Haarzwiebel
Haaraufrichter- uere
muskel epitheliale
(Musculus arrector pili)
Wurzelscheide
Haarzwiebel Glashaut
(Bulbus pili) bindegewebige
Wurzelscheide
(=^ Lederhaut)
Haarpapille Haar-
mit Blutgefen papille
mit Blut-
Haarwurzel gefen
Wachstumszone
Abb. 4.6 Haar.
4.2.3 Ngel
P Sauerstoffmangel oder Klte fhren zur
Blaufrbung der Ngel, Durchblutungsstrun-
Die Ngel bedecken als Hornplatten die End- gen zur Beeintrchtigung des Nagelwachstums
glieder der Finger und Zehen und dienen als (erkennbar an Querlinien). Hufige Erkrankun-
Schutz und als Widerlager fr die Tastballen und gen sind Entzndungen von Nagelwall und -bett
gewhren dadurch eine Verbesserung der Tast- sowie Pilzerkrankungen (Nagelmykosen).
empfindung.
Bau
Der sichtbare Teil des Nagels ist die aus ver- 4.3 Schleimhaut (Tunica mucosa)
hornten Epithelzellen bestehende Nagelplatte.
Sie ist durchscheinend und sieht nur deshalb rosa Schleimhute sind feucht und schleimreich. Der
aus, weil sie auf dem gut durchbluteten Nagel- Schleim wird in Schleimdrsen (Becherzellen)
bett liegt. Die Nagelplatte wird von einer Haut- produziert. Wir finden die Schleimhute als
falte, dem Nagelwall, umgeben. Proximal be- innere Auskleidung solcher Hohlorgane, deren
deckt der Nagelwall die Nagelwurzel, die in die Lichtungen mit der Umwelt in Verbindung ste-
ca. 5 mm tiefe Nageltasche eingeschoben ist. hen, dies sind:
Ein schmaler Epithelsaum (Eponychium) der Verdauungskanal, Atemwege,
Nageltasche geht auf die Nagelplatte ber. Harnwege, Geschlechtsorgane,
Unmittelbar unter der Nagelplatte befindet sich Augenlider-Bindehaut, Mittelohr.
zuerst ein Epithel (Hyponochium). Danach folgt
das bindegewebige Nagelbett, das mit der Kno- Jede Schleimhaut besteht aus mindestens zwei
chenhaut des Fingerendgliedes verwachsen ist. Schichten:
Das Hyponochium wird unter der Nagelwurzel 1. Epithelium,
(in der Nageltasche) zur Nagelmatrix. Von ihr 2. Schleimhautbindegewebe.
geht das Nagelwachstum aus. Es betrgt pro Tag
0,1 bis 0,3 mm. Die Nagelmatrix ragt mit ihrem Aufgaben:
konvexen Rand immer etwas aus der Nagel- Die Schleimhute sind in ihrem Bau der speziel-
tasche heraus. Dieser halbmondfrmige hellere len Funktion angepasst. Ihre Aufgaben sind in
Teil heit Lunula (Mndchen). der Tabelle 4.2 genannt.
Die verhornten Zellen der Nagelplatte sowie
jene des Hyponochiums entsprechen der
Epidermis, das aus Bindegewebe bestehende Funktion der Schleimhaut. Tab. 4.2
Nagelbett dem Corium. Funktion Struktur
Schutzaufgabe Unverhorntes mehrschichti-
hohe ges Plattenepithel, z. B.
mechanische Mundhhle, Speiserhre,
Beanspruchung Harnrhre, Scheide.
Nagelplatte Abtransport von Flimmerepithel,
Nagelbett staubigem z. B. Atemwege.
Schleim
Nagelfalz Schutz der Urothel, z. B. Harnblase.
Harnwege
Lunula Stoffaufnahme Falten, Zotten und Mikrovilli
(= Teil der (Resorption) zur Vergrerung der Ober-
Nagelmatrix)
flche, z. B. Dnndarm.
Nagelwall Stoffabgabe Abgabe von Schleim zum
(Sekretion) Schutz der Schleimhaut,
z. B. Magen.
Stofftransport Blut- und Lymphgefe des
Schleimhautbindegewebes.
Abb. 4.7 Fingernagel. Abwehr Weie Blutzellen des
Schleimhautbindegewebes.
86 4 Hautsystem (Hute und Drsen)
P Schleimhautentzndungen sind hufig vor- Eine serse Hhle besteht aus zwei Blttern:
kommende akute und chronische Erkrankungen dem visceralen Blatt, das dem jeweiligen
der Atemwege (Bronchitis), des Verdauungs- Organ anliegt und
traktes (Gastritis) und der ableitenden Harn- dem parietalen Blatt, das sich mit der Um-
wege (Cystitis, Pyelonephritis). gebung verbindet.
Die Endung -itis weist immer auf eine Ent-
zndung hin. Zwischen den beiden Blttern liegt die eigentli-
che Hhle, die in Wirklichkeit nur einem
kapillaren Spaltraum (= Serosaspalt), in dem
sich etwas Flssigkeit befindet, entspricht. Zu
4.4 Serse Haut (Tunica serosa) den sersen Hhlen gehren das Brustfell
und serse Hhlen (Pleura Abb. 11.12, S. 223), der Herzbeutel
(Perikard S. 176) und das Bauchfell
Serse Hute sind spiegelglatt und feucht. Sie (Peritoneum Abb. 7.3, S. 145).
bestehen (wie die Schleimhute) ebenfalls aus
mindestens zwei Schichten.
P Eiter in solchen Hhlen nennt man Empyem
1. Serosaepithel: Es ist im Unterschied zur (z. B. Pleuraempyem).
Schleimhaut immer ein einschichtiges, drsen- Eine Vermehrung der Flssigkeit im Serosaspalt
loses Plattenepithel, welches als Mesothel fhrt zur Bildung eines Ergusses (z. B. Pleura-
bezeichnet wird. erguss), welcher durch Punktion beseitigt wer-
2. Serosabindegewebe. den kann.
Aufgabe:
Die Serosa ermglicht einerseits eine uerst
reibungsarme Verschiebbarkeit der inneren 4.5 Drsen (berblick)
Organe. Das wird durch einen Flssigkeitsfilm
erreicht, der durch Transsudation (= bertritt Drsen sind Organe, die aus spezialisierten
von Flssigkeit aus dem Blut) und Resorption Epithelzellen bestehen. Die spezielle Funktion
(= bertritt von Flssigkeit in das Blut) konstant ist die Bildung von Wirkstoffen (= Sekrete) mit
gehalten wird. Andererseits verbindet sie die einer bestimmten chemischen Zusammenset-
Organe miteinander. zung und physiologischen Bedeutung.
Die Realisierung dieser Aufgabe wird ermg- Die Abgabe der Sekrete heit Sekretion. Sie
licht, indem die Serosa die einzelnen Organe erfolgt entweder nach auen (Krperoberflche)
doppelwandig umgibt, so dass eine sog. serse oder in das Blut. Sekrete sind z. B. Schleim,
Hhle entsteht. Talg, Schwei, Gallenflssigkeit, Hormone.
Ausfhrungsgang
Drsenzellen
Follikel
Drsen-
Hormon zellen
Blutkapillaren
Hormon
Blutkapillaren Blutkapillaren Hormon
Klassifizierung der Drsen ebenfalls ins Blut zu gelangen. Mit dem Blut-
1. Nach ihrer Lage zum Oberflchenepithel: strom erreichen sie den Wirkungsort.
a) im Oberflchenepithel
einzellige schleimproduzierende Becher- Merke
zellen der Darmschleimhaut,
Die endokrinen Drsen (= Hormondrsen)
mehrzellige schleimproduzierende Drsen besitzen im Unterschied zu den exokrinen
im Schleimhautepithel der Atemwege; Drsen keine Ausfhrungsgnge.
b) unter dem Oberflchenepithel im Bindegewebe
es handelt sich immer um mehrzellige
Drsen, die von einer bindegewebigen Zirbeldrse
Kapsel begrenzt werden. (Epiphyse)
2. Nach der Form ( Abb. 3.4, S. 62): Hirnanhangdrse
a) schlauchfrmige (tubulse) Drsen (Hypophyse)
1. Vergleichen Sie den Aufbau von uerer Haut, Schleimhaut und serser Haut.
2. Welche Beziehung besteht zwischen serser Haut und serser Hhle?
3. Stellen Sie in einer bersicht die hauptschlichen Funktionen der verschiedenen Hute
zusammen.
4. Stimmt es, dass die Haut atmen muss? Begrnden Sie Ihre Antwort.
5. Wo kommen
a) Schleimhute und
b) serse Hute (serse Hhlen) vor?
6. Definieren Sie: Transsudation und Resorption.
7. Geben Sie einen berblick ber die Anhangsgebilde der Haut.
8. Welche Aufgaben erfllen
a) der Talg und
b) der Schwei?
9. Beschreiben Sie den Aufbau der Brustdrse. Erlutern Sie die Bedeutung der Selbstunter-
suchung durch Abtasten.
10. Nennen und begrnden Sie einige Manahmen, die zum Erhalt der Funktionstchtigkeit
der ueren Haut beitragen.
11. Welche Rolle spielt die uere Haut im Rahmen der Krankenbeobachtung und Diagnostik?
12. Erklren Sie die Begriffe:
a) Drse,
b) Sekretion,
c) Sekret,
d) Hormon.
13. Unterscheiden Sie exokrine und endokrine Drsen.
14. Nennen Sie die exokrinen und endokrinen Drsen und die von ihnen gebildeten Sekrete.
Beschreiben Sie kurz die Lage dieser Drsen.
89
Das Bewegungssystem ist die Gesamtheit der an platte Knochen (z. B. Schulterblatt, Scheitel-
der Fortbewegung des Menschen beteiligten Orga- bein, Darmbeinschaufel) sind flache, kompakte
ne. Man unterscheidet den passiven Bewegungs- Knochen mit einer festen Auenschicht und
apparat (= Knochen, Gelenke und Bnder) und einer inneren aufgelockerten Knochenschicht;
den aktiven Bewegungsapparat (= Muskulatur). unregelmige Knochen auch kurze Knochen
genannt (z. B. Nasenbein, Jochbein, Unter-
kiefer, Oberkiefer, Wirbel, Handwurzelknochen,
5.1 Allgemeine Knochenlehre Fuwurzelknochen) sind grtenteils wrfel-
oder quaderfrmig.
Die allgemeine Knochenlehre befasst sich im
Wesentlichen mit der Knochenstruktur und den
Knochenverbindungen. 5.1.3 Bau eines Knochens
P Das Fettmark kann unter
schwammartiges besonderen Umstnden (z. B.
Gerstwerk feiner bei groen Blutverlusten oder
Knochenblkchen proximales Leukmien) in rotes Knochen-
mit rotem Gelenkende mark umgewandelt werden.
Knochenmark (proximale
(Substantia spongiosa) Epiphyse)
5.1.4 Knochenwachstum
Muskel-
ansatzhcker
(Apophyse) Beim Wachstum der Rhren-
knochen unterscheidet man Ln-
gen- und Dickenwachstum.
Das Lngenwachstum erfolgt
kompakte unter dem Einfluss verschiede-
Knochenrinde ner Hormone von der Epiphy-
(Substantia compacta) senfuge aus, die bis zum Wachs-
nur im Diaphysen-
bereich der tumsende aus Knorpelgewebe
Rhrenknochen besteht. Nach beiden Seiten wird
Knorpelgewebe abgebaut und
durch Knochengewebe ersetzt.
Knochenhaut Gleichzeitig wird das Knorpel-
(Periost)
gewebe der Epiphysenfuge stn-
dig nachgebildet. Die Verknche-
rung der Wachstumszone be-
Schaft ginnt zwischen dem 15. und
(Diaphyse) 17. Lebensjahr und endet bei der
Frau mit dem 18. und beim
Mann mit dem 20. Lebensjahr.
Zu diesem Zeitpunkt ist das
Lngenwachstum abgeschlossen.
P Verletzungen (z. B. Fraktur
durch die Epiphysenfuge) und
Markhhle Knochenmarkserkrankungen
mit gelbem knnen zu einem vorzeitigen
Fettmark Schluss der Epiphysenfugen
fhren, was z. B. ungleiche
Beinlngen zur Folge haben
kann.
Durch Hormonwirkungen (z. B.
Keimdrsenhormone) kann die
distales Verkncherung der Epiphysen-
Gelenkende
Knochenrinde (distale fuge beschleunigt oder verz-
(Substantia corticalis) Epiphyse) gert werden.
Folgen sind dann Zwerg- bzw.
Wachstumszone Riesenwuchs.
(Metaphyse oder
Epiphysenfuge) Das Dickenwachstum geht von
der Knochenhaut aus, die zeit-
Abb. 5.1 Bau eines Rhrenknochens (Oberschenkelknochen). lebens funktionstchtig bleibt.
5.1 Allgemeine Knochenlehre 91
P Ist der Mineralstoffgehalt der Knochen ver- 3. Synoviale Gelenke (Articulationes synoviales)
mindert, entsteht eine Osteomalazie (Knochen- Wenn man vom Gelenk spricht, ist praktisch
erweichung). Wird im Alter vermehrt Knochen- immer das synoviale Gelenk gemeint.
substanz abgebaut, spricht man von Osteopo-
rose. Durch die Entkalkung werden die Synoviale Gelenke sind gekennzeichnet durch:
Knochen brchiger. Es kann schon bei geringen a) mindestens 2 Gelenkkrper mit von Gelenk-
Belastungen zu Frakturen, besonders Schenkel- knorpel berzogenen Gelenkflchen;
halsfrakturen, kommen. Frauen sind durch die b) einen Gelenkspalt (gewebefreier Raum
verminderte strogenbildung (nach der Meno- zwischen den Gelenkflchen);
pause) hufiger betroffen. c) die Gelenkschmiere (Synovia) im Gelenk-
spalt sie wird von der inneren Schicht der
Gelenkkapsel produziert, hat Ernhrungs-
funktion und dient gemeinsam mit dem
5.1.5 Knochenverbindungen
Gelenkknorpel der Reibungsminderung;
d) die Gelenkkapsel zur Abgrenzung des Ge-
Der Grad der Beweglichkeit von zwei oder mehr
lenkraumes, bestehend aus der Auen-
Knochen gegeneinander muss funktionsbedingt
schicht (Membrana fibrosa) aus straffem
sehr unterschiedlich sein.
Knochenverbindungen
Handwurzelknochen
Auenband
(Lig. collaterale fibulare)
Meniscus lateralis
Gelenkknorpel
Innenband
(Lig.collaterale tibiale)
Menisken
Discus Querband
Radius (Lig. transversum
genus)
Ulna Meniscus
Kreuzbnder lateralis
(angeschnitten)
Meniscus
medialis
Merke
P Bei Strungen oder Schwchung einer dieser
Disci trennen den Gelenkraum vollstndig; Komponenten kann eine Gelenkfhrung durch
Menisci nur teilweise. eine andere teilweise kompensiert werden.
Zum Beispiel wird trotz einer Kreuzbandruptur
die Funktion des Kniegelenkes aufgrund einer
Die Bewegungsausmae und Stabilitt der Gelen- gut ausgebildeten Oberschenkelmuskulatur
ke werden durch drei Komponenten beeinflusst: kaum beeintrchtigt.
Knochenfhrung (beim Hftgelenk z. B. bes-
ser ausgeprgt als beim Schultergelenk);
Einteilung der synovialen Gelenke
Muskelfhrung (besonders ausgeprgt beim Nach der Form der Gelenkflchen und den sich
Schultergelenk, z. B. durch den Deltamuskel, daraus ergebenden Bewegungsmglichkeiten sind
M. deltoideus); verschiedene Gelenktypen zu unterscheiden
Bnderfhrung (besonders ausgeprgt beim ( Abb. 5.4 bis 5.6):
Kniegelenk). Scharniergelenk (einachsig),
Radgelenk (einachsig),
Eigelenk (zweiachsig),
Sattelgelenk (zweiachsig),
Kugelgelenk (dreiachsig) und
straffes Gelenk (Amphiarthrose).
Oberarm-Ellen-Gelenk Fingergelenke
(Art. humeroulnaris)
Fingerendgelenk
(Art. interphalangealis
distalis)
Oberarmrolle Fingermittelgelenk
(Trochlea humeri) (Art. interphalangealis
proximalis)
Ellenbogen Fingergrundgelenk
(Olecranon)
(Art. metacarpo-
phalangealis)
Atlas
Rippe
Axis
Wirbel-Rippen-
Gelenke
Wirbelkrper
Radgelenk (einachsig). Beispiel: Wirbel-Rippen-Gelenk; Gelenk zwischen Altas und Dreher. Abb. 5.5
94 5 Sttz- und Bewegungssystem
P Hufige Gelenkverletzungen sind
Prellung (= Kontusion), Bnderriss (= Ligamentruptur) und
Zerrung (= Distorsion), Verrenkung (= Luxation).
Handwurzelknochen Trapezbein
(Os trapezium)
proximales
Handgelenk
(Art. radiocarpalis)
Elle
(Ulna)
Speiche
(Radius)
distales Handgelenk
(Art. metacarpalis)
Daumensattelgelenk
(Art. carpometacarpalis pollicis)
Mittelhandknochen
Handwurzel- des Daumens
Mittelhandgelenke II + III (Os metacarpale I)
(Carpometacarpalgelenke II + III)
Schultergelenk Hftgelenk
(Art. humeri) (Art. coxae)
Schultergelenkpfanne
(Cavitas glenoidalis)
Oberarmkopf
(Caput humeri)
Hftgelenkpfanne
(Acetabulum)
Oberschenkelkopf
(Caput femoris)
P Wichtige Sehnen fr Reflex-
prfungen sind:
Kniescheibensehne, Achillessehne,
Halteband
(Retinaculum) Bicepssehne und Tricepssehne.
bermige Beanspruchung von
Sehnenscheiden Sehnenscheiden und Schleimbeuteln
knnen zu deren aseptischer Ent-
zndung fhren (Bursitis = Schleim-
beutelentzndung, Tendovaginitis =
Sehnenscheiden
Sehnenscheidenentzndung).
Motorische Einheit
mer
Sarko
Markscheide
motorisches
Kontraktion
Axon
Aktin- Z-Scheibe
Myosin- filament
filament
Z-Scheibe
Erschlaffung
motorische
Endplatte
longitudinaler
Tubulus mit Ca2+ Myosin- Aktin
Z kpfe Z
+ + + + + Muskelfaser- Myosin
membran
transversaler
Tubulus
Aktin
Myosinschaft
Z Myosin Z
+ + +
Kontraktion
= Verkrzung
der Sarkomere
Aktin
Der ATP-Vorrat eines Muskels wird bei Dauer- die erschpften ATP- und KP-Speicher werden
leistungen in dem Mae aerob1) regeneriert, wie auf diese Weise wieder aufgefllt.
er verbraucht wird. Es herrscht also ein Flie- Skelett- und Herzmuskulatur besitzen im
gleichgewicht vor. Dabei kann die Muskel- Myoglobin3) einen besonderen Sauerstoffspei-
durchblutung auf das 20fache zunehmen, was cher, wodurch kurzfristiger O2-Mangel whrend
wiederum eine entsprechende Erhhung von der Kontraktion berbrckt wird.
Herz- und Atemzeitvolumen voraussetzt. Die
begrenzenden Faktoren sind das Herz-Kreislauf- Bewegungsbezeichnungen der Muskulatur
System und die Enzymkapazitten. Je nach Lage und Ausgangsposition knnen
Sowohl bei Ttigkeitsbeginn, wenn der Muskel- Muskeln unterschiedliche Gelenkbewegungen
stoffwechsel noch auf Ruhe eingestellt ist, als ausfhren. Oftmals lsst bereits die Bezeichnung
auch bei kurzzeitigen Hchstleistungen wird des Muskels Rckschlsse auf diese zu (z. B.
zustzlich Energie bentigt. Diese Energie- M. flexor digitorum manus, M. pronator teres,
menge wird anaerob2) durch Glykolyse bereitge- M. supinator, M. extensor hallucis).
stellt, was zwei- bis dreimal schneller erfolgt.
Allerdings wird dieser Vorgang relativ rasch Gelenkbewegungen
begrenzt. Es kommt durch die Anhufung von Adduktion = Heranfhren
Milchsure und die damit verbundene Senkung Abduktion = Wegfhren
des pH-Wertes (= metabolische Azidose) sowie oder Opposition = Gegenberstellen
die Anhufung von ADP und Phosphat zur Reposition = Zurckstellen
Ermdung. Flexion = Beugen
Die ATP-Bildung aus Kreatinphosphat und ADP Extension = Strecken
erfolgt ebenfalls zgig. oder Anteversion = Vornehmen
Retroversion = Zurcknehmen
Bei der Kreatinphosphatspaltung und der anae- Innenrotation = Einwrtsdrehen
roben Glykolyse geht der Organismus eine Auenrotation = Auswrtsdrehen
Sauerstoffschuld ein. In der anschlieenden oder Supination = Auswrtswenden
Ruhephase muss diese wieder abgetragen wer- Pronation = Einwrtswenden
den. Die angesammelte Milchsure wird unter
1) aerob = unter Sauerstoffverbrauch
erhhtem O2-Verbrauch (trotz krperlicher 2) anaerob = ohne Sauerstoffverbrauch
Ruhe) in Leber und Herz verstoffwechselt, und 3) roter Muskelfarbstoff, dem Hmoglobin hnlich
Adduktion
zweikpfiger Extension
Oberarmmuskel
(M. biceps brachii)
Deltamuskel breiter Rckenmuskel
(M. deltoideus) (M. latissimus dorsi)
Trapezmuskel
(M. trapezius)
Abduktion Adduktion
Schdel
(Cranium)
Halswirbel
(Vertebrae cervicales)
Schlsselbein
(Clavicula)
Schulterblatt Brustbein
(Scapula) (Sternum)
Oberarmknochen Rippen
(Humerus) (Costae)
Lendenwirbel
(Vertebrae lumbales)
Speiche
(Radius) Kreuzbein
(Os sacrum)
Elle
(Ulna) Hftbein
(Os coxae)
Fingerknochen Oberschenkelknochen
(Ossa digitorum = (Femur)
Phalanges)
Mittelhandknochen
(Ossa metacarpi)
Handwurzelknochen Kniescheibe
(Ossa carpi) (Patella)
Schienbein
(Tibia)
Wadenbein
(Fibula)
Fuwurzelknochen
(Ossa tarsi)
Mittelfuknochen
(Ossa metatarsi)
Zehenknochen
(Ossa digitorum = Phalanges)
Schdel
(Cranium)
Halswirbel
(Vertebrae cervicales)
Schulterblatt
(Scapula)
Brustwirbel
(Vertebrae thoracicae)
Oberarmknochen
(Humerus)
Lendenwirbel
Speiche (Vertebrae lumbales)
(Radius)
Elle
(Ulna) Kreuzbein
(Os sacrum)
Steibein
(Os coccygis)
Oberschenkelknochen
(Femur)
Schienbein
(Tibia)
Wadenbein
(Fibula)
Kopfwendemuskel
(M. sternocleidomastoideus)
Deltamuskel
(M. deltoideus)
groer Brustmuskel
(M. pectoralis major)
zweikpfiger
vorderer Sgemuskel Oberarmmuskel
(M. serratus anterior) (M. biceps brachii)
gerader Bauchmuskel
(M. rectus abdominis)
uerer schrger
Bauchmuskel Unterarmmuskeln
(M. obliquus externus (Beuger)
abdominis)
Leistenband
(Lig. inguinale)
Kammmuskel Hohlhandsehne
(M. pectineus) (Aponeurosis palmaris)
langer Anzieher
(M. adductor longus)
schlanker Muskel
(M. gracilis) gerader
Schneidermuskel Oberschenkelmuskel
(M. sartorius) (M. rectus femoris)
uerer
Oberschenkelmuskel
(M. vastus lateralis)
Kniescheibe innerer
(Patella) Oberschenkelmuskel
(M. vastus medialis)
vorderer vierkpfiger
Schienbeinmuskel Oberschenkelmuskel
(M. tibialis anterior) (M. quadriceps femoris)
Untergrtenmuskel
(M. infraspinatus) Trapezmuskel =
Kapuzenmuskel
kleiner runder (M. trapezius)
Muskel Deltamuskel
(M. teres minor)
(M. deltoideus)
groer runder
Muskel
(M. teres major) Caput laterale
breiter Rckenmuskel
(M. latissimus dorsi) Caput longum
Caput mediale
dreikpfiger
uerer schrger Armstrecker
Bauchmuskel (M. triceps brachii)
(M. obliquus externus
abdominis)
zweikpfiger Darmbein-
Oberschenkelmuskel Schienbein-Sehne
(M. biceps femoris) (Tractus iliotibialis)
halbsehniger Muskel
(M. semitendinosus) schlanker Muskel
(M. gracilis)
halbmembranser
Muskel
(M. semimembranosus)
Wadenmuskel
(M. gastrocnemius)
Achillessehne
(Tendo calcaneus)
Brustwirbel
(Vertebrae thoracicae = Th1 Th12) Lordose: konvexe Seite der Krm-
mung liegt ventral;
Kyphose: konvexe Seite der Krm-
mung liegt dorsal.
Physiologisch sind Halslordose,
Brustkyphose und Lendenlordose.
Neben der Doppel-s-Form ist das
Promontorium (= ventrale, gegen den
5. Lendenwirbel abgewinkelte Kante
Lendenwirbelsule (LWS) des Kreuzbeins) charakteristisch fr
5 gegeneinander bewegliche
Lendenwirbel die menschliche Wirbelsule ( Abb.
Bauelemente
Die Bauelemente der Wirbelsule
Kreuzbein sind
5 miteinander verwachsene 24 bewegliche Wirbel; sie bilden
Kreuzwirbel
(Os sacrum = S1 S5)
den mehr oder weniger beweglichen
Teil der Wirbelsule,
Steibein 8 bis 10 miteinander verwachsene
3 5 miteinander verwachsene Wirbel (Kreuz- und Steibein) und
Steiwirbel
(Os coccygis = Co1 Co35)
23 Bandscheiben (= Zwischenwirbel-
scheiben) zwischen den beweglichen
Lordose
Zahn
(Dens)
Querfortsatzloch
(Foramen oberer
transversale)
Gelenkfortsatz
Gelenkflche
fr den Schdel hinterer
Wirbelbogen
linkes, seitliches
Atlantoaxialgelenk
Wirbelkrper
(Corpus vertebrae)
oberer
Gelenkflchen Gelenk-
fr die Rippen fortsatz
(Proc. articularis
Gelenkflchen superior)
fr die Rippen unterer
Gelenkfortsatz
(Proc. articularis inferior)
Wirbelbogen Querfortsatz
(Arcus vertebrae) (Proc. transversus)
Dornfortsatz
(Proc. spinosus)
von vorn
Vorgebirge
(Promontorium)
Querlinien
(Lineae transversales)
Kreuzbein
(Os sacrum)
Kreuzbeinlcher
(Foramina sacralia
pelvina)
Steibein
(Os coccygis)
Medianschnitt
von rechts
Vorgebirge
(Promontorium)
Darmbeingelenkflche
(Facies auricularis)
Kreuzbeinkanal 5 verwachsene
(Canalis sacralis)
Kreuzwirbel
Vorderflche
(Fascies pelvina)
Hinterflche
(Fascies dorsales)
Gallertkern
(Nucleus pulposus)
Wirbelkanal
(Canalis vertebralis)
Zwischenwirbel-
scheibe
(Discus intervertebralis)
Wirbelbogen-
gelenk
Zwischenwirbelloch
(Foramen intervertebrale)
Knochenverbindungen zwischen Wirbelsule zge entlang der Wirbelsule. Sie ist das mch-
und Kopf (Kopfgelenke) tigste Muskelsystem des Menschen und ermg-
Bei den Kopfgelenken handelt es sich um licht im Zusammenwirken mit der Bauchmus-
5 synoviale Gelenke zwischen Hinterhauptbein, kulatur das Vorneigen, Strecken, Seitneigen und
Atlas und Axis. Sie erlauben Bewegungen wie in Drehen.
einem Kugelgelenk, sodass im Zusammenwir- Weitere wichtige Aufgaben der Rckenmusku-
ken mit den brigen Halswirbeln die groe latur im Zusammenwirken mit dem Bandapparat
Beweglichkeit des Kopfes als Trger wichtiger sind Stabilisierung der Wirbelsule und For-
Sinnesorgane ermglicht wird. Dies ist eine mung ihrer physiologischen Krmmungen.
wichtige Voraussetzung fr die Orientierung und Fr die uerst fein abgestuften Kopfbewegun-
Fortbewegung, aber auch fr das individuelle gen sorgt ein vielgliedriger und komplizierter
Ausdrucksvermgen des Menschen. Muskelapparat, der aus Hals-, Nacken- und
Man unterscheidet Zungenbeinmuskeln besteht.
die paarigen oberen Kopfgelenke (Artt. atlan-
tooccipitales) zwischen Atlas und Hinter-
P Es ist darauf Wert zu legen, dass die Wirbel-
hauptbein. Sie ermglichen Vor-, Rck- und sule nicht einseitig, vorwiegend statisch be-
Seitneigung des Kopfes; ansprucht wird. Vielmehr kommt es darauf an,
das unpaarige mediale Kopfgelenk (Art. at- Stabilitt und Mobilitt gleichmig zu ent-
lantoaxialis mediana) zwischen Dens, vorde- wickeln. Das bedeutet vor allem, auf eine all-
rem Atlasbogen und dem berknorpelten seitige Krftigung der Muskulatur mit der
Atlasquerband (Lig. transversum atlantis); Entwicklung einer aufrechten Haltung zu ach-
die paarigen unteren Kopfgelenke (Artt. ten, sodass der passive Bewegungsapparat ent-
atlantoaxiales laterales) zwischen Atlas und lastet wird.
Axis. Nur eine aufrechte Haltung gewhrleistet eine
Mediales Kopfgelenk und untere Kopfgelenke optimale Belftung der Lunge. Mit den Patien-
ermglichen die Drehbewegungen des Kopfes. ten sollten nach Mglichkeit tglich leichte
gymnastische bungen zur Strkung von
Muskulatur und ihre Funktion Bauch- und Rckenmuskulatur durchgefhrt
Die Bewegungen der Wirbelsule werden durch werden.
das Zusammenwirken von Rcken- und Bauch-
muskulatur ermglicht (Bauchmuskulatur S. Tastbare Knochenpunkte sind die Dornfortstze
138). Die Rckenmuskulatur besteht aus einem ab 7. Halswirbel.
komplexen System sich berlappender Muskel-
5.3 Spezielle Knochen- und Muskellehre 109
Brustkorbffnungen (Thoraxaperturen)
Einschnitt zur Der Thorax besitzt zwei ffnungen:
Gelenkverbindung Obere Thoraxapertur, gebildet von
mit dem Schlsselbein
(Incisura clavicularis) 1. Brustwirbelkrper,
1. Rippenpaar,
Handgriff des Brustbeins
(Manubrium sterni) Handgriff des Brustbeins.
Untere Thoraxapertur, gebildet von
Brustbeinwinkel
(Angulus sterni) 12. Brustwirbel,
Schwertfortsatz,
Rippenbgen,
Brustbeinkrper 11. und 12. Rippenpaar.
(Corpus sterni)
Einschnitte zur
P Die Thoraxform ndert sich in
Gelenkverbindung Abhngigkeit vom Alter. Beim Neu-
mit den Rippen geborenen stehen die Rippen nahezu
(Incisurae costales)
horizontal. Im Laufe des Lebens senken
sie sich, und der Thorax wird flacher
und auch starrer.
Schwertfortsatz Die elastische Verspannung vom
(Processus xiphoideus)
Thorax wird in der Ersten Hilfe bei der
externen Herzmassage genutzt.
Ansicht von ventral Ansicht von rechts
Tastbare Knochenpunkte sind Sternum,
Abb. 5.23 Sternum (Brustbein). die Ansatzstelle der 2. Rippe, der Rippen
5 7 sowie die Rippenkrper.
Schulterblatt Schlsselbein
(Scapula) (Clavicula)
obere Thoraxffnung
(Apertura thoracis superior)
Rippenknorpel
(Cartilago costalis)
Rippenknochen
Rippen
(Costae)
Brustbein
(Sternum)
Rippenbogen
(Arcus costalis)
Obere Extremitt
1 Oberarmknochen 2 Unterarmknochen
(Humerus) Speiche (Radius)
Elle (Ulna)
Schulterblatt
(Scapula)
Oberarmknochen
(Humerus)
Elle
(Ulna)
Speiche
(Radius)
Obergrtengrube
(Fossa supraspinata)
Oberarmknochen
Rabenschnabelfortsatz (Humerus)
(Processus coracoideus)
Oberarmkpfchen
Schultereck (Capitulum humeri)
(Acromion)
Oberarmrolle
Schulterblattgrte (Trochlea humeri)
(Spina scapulae)
innerer Obergelenkknorren
(Epicondylus medialis)
Ellenbogengelenk
uerer Obergelenkknorren (Articulatio cubiti)
(Epicondylus lateralis)
Radiuskopf
(Caput radii)
Untergrtengrube
(Fossa infraspinata) Elle
(Ulna)
Speiche Ellenkopf
(Radius) (Caput ulnae)
Griffelfortsatz
(Proc. styloideus ulnae)
proximales Handgelenk
(Art. radiocarpalis) Handwurzel
(Carpus)
Mittelhand
(Metacarpus)
Grundglied Fingerglieder
(Phalanx proximalis) (Phalanges)
Mittelglied
(Phalanx media)
Die Elle (Ulna) liegt kleinfingerwrts,
Endglied die Speiche (Radius) daumenwrts.
(Phalanx distalis)
Handgelenke
zweikpfiger proximales Handgelenk (Art. radiocarpalis)
Oberarmmuskel Beteiligte Knochen bzw. Knochenteile sind
(M. biceps brachii) Radius,
proximale Handwurzelknochenreihe,
Ulna (durch einen Discus von den Hand-
wurzelknochen getrennt).
Auswrtsdreher Gelenktyp:
(M. supinator)
Eigelenk.
Bewegungen:
Elle Palmarflexion (Beugung der Hand hand-
Speiche flchenwrts) Dorsalflexion (Bewegung
der Hand handrckenwrts),
Radialabduktion (Bewegung der Hand zur
Speiche) Ulnarabduktion (Bewegung der
Hand zur Elle).
P Beim Sturz auf die Hand bricht meistens
der Radius. Die distale Radiusfraktur ist
Einwrtsdrehung eine der hufigsten Frakturen berhaupt.
(Pronation)
distales Handgelenk (Art. metacarpalis)
zwischen proximaler und distaler Hand-
wurzelknochenreihe.
Gelenktyp:
Scharniergelenk.
Bewegungen:
Palmarflexion Dorsalflexion.
runder
Einwrtsdreher Handwurzel-Mittelhand-Gelenke (Carpo-
(M. pronator teres) metacarpalgelenke), Daumensattelgelenk.
Die Carpometacarpalgelenke liegen zwischen
Speiche der distalen Handwurzelknochenreihe und den
Elle Basen der Mittelhandknochen.
viereckiger Das Carpometacarpalgelenk I ist das Dau-
Einwrtsdreher mensattelgelenk und liegt zwischen Os trape-
(M. pronator zium und Os metacarpale I.
quadratus)
Bewegungen im Daumensattelgelenk:
Abduktion Adduktion (Daumen wird vom
Zeigefinger abgespreizt und wieder herange-
fhrt), Opposition Reposition (Daumen
wird aus der Abduktionsstellung dem kleinen
Finger gegenbergestellt und wieder in Nor-
Abb. 5.27 Ein- und Auswrtsdrehung der Hand. malstellung zurckgefhrt).
5.3 Spezielle Knochen- und Muskellehre 115
Merke Kopfbein
(Os capitatum)
Alle Scharniergelenke werden
durch Seitenbnder (= Kollateral-
bnder) gesichert.
proximale Reihe
Dorsalansicht distale Reihe
Achselhhle
Einbuchtung der Krperoberflche
zwischen Rumpf und Arm. Elle Speiche
Inhalt: (Ulna) (Radius)
Bindegewebskrper mit Gefen und
Mondbein
Nerven (Armgefe, Armnerven) Dreieckbein (Os lunatum)
und regionre Achsellymphknoten. (Os triquetrum)
Kahnbein
Kopfbein (Os scaphoideum)
(Os capitatum)
Ellenbeuge groes
Hakenbein Vieleckbein
Liegt zwischen Flexoren des Ober- (Os hamatum) (Os trapezium)
armes und Flexoren sowie Exten-
soren des Unterarmes. Fingergrund-
Inhalt: gelenk
Venen der Ellenbeuge (Cubital-
venen; hufig genutzt zur Blut- Fingermittel-
entnahme und i.v.-Injektion), gelenk
Fingerend- kleines
Aufzweigung der Oberarmarterie Vieleckbein
gelenk
(A. brachialis) in Speichenarterie (Os trapezoideum)
(A. radialis) und Ellenarterie (A.
ulnaris) ( Abb. 9.27, S. 181,
Abb. 9.28, S. 182 und Abb. 9.33,
S. 185).
Rckansicht Vorderansicht
Treppen-
Trapezmuskel muskeln
(Mm. scaleni)
(M. trapezius)
Deltamuskel Deltamuskel
(M. deltoideus)
(M. deltoideus)
Untergrten- groer
muskel Brustmuskel
(M. infraspinatus) (M. pectoralis
major)
groer/kleiner
runder Muskel zweikpfiger
(M. teres Armmuskel
major/minor) (M. biceps brachii)
dreikpfiger vorderer
Armstrecker Sgemuskel
(M. triceps brachii) (M. serratus
anterior)
breiter
Rckenmuskel breiter
(M. latissimus Rckenmuskel
dorsi) (M. latissimus
dorsi)
Palmaransicht Dorsalansicht
Palmaransicht
Flexorengruppe Extensorengruppe
fr Handgelenk fr Handgelenk
und Finger und Finger
langer radialer
Handstrecker
(M. extensor carpi
Oberarm- radialis longus)
Knorrenmuskel
speichenmuskel (M. anconeus) kurzer radialer
(M. brachioradialis) Handstrecker
(M. extensor carpi
runder ulnarer Handstrecker radialis brevis)
Einwrtsdreher (M. extensor carpi ulnaris)
(M. pronator teres)
radialer Handstrecker
(M. flexor carpi radialis) langer
langer Daumenabzieher
Kleinfingerstrecker (M. abductor pollicis
Hohlhandmuskel longus)
(M. palmaris longus) (M. extensor digiti minimi)
oberflchlicher kurzer
Fingerstrecker Daumenstrecker
Fingerbeuger (M. extensor digitorum) (M. extensor pollicis
(M. flexor digitorum
brevis)
superficialis) ulnarer Handstrecker
(M. flexor carpi ulnaris) Halteband
(Retinaculum
extensorum)
Merke Innervation
Die Muskulatur der oberen Extremitten wird
Die im Unterarm liegenden Flexoren und Ex- von Nerven versorgt, die aus dem Armgeflecht
tensoren (= lange Fingermuskeln) sind ber (Plexus brachialis) hervorgehen (N. radialis, N.
lange Sehnen mit den Fingergrund-, Finger- ulnaris, N. medianus; Abb. 17.21, S. 358).
mittel- und Fingerendgliedern verbunden. Sie
verlaufen im Bereich der Hand- und Finger-
gelenke in Sehnenscheiden (= Gleitschutz). 5.3.4 Beckengrtel und untere Extremitt
Haltebnder (Retinacula) fixieren die Sehnen-
scheiden. Beckengrtel und untere Extremitt haben Halte-
und Sttzfunktion. Deshalb sind hier die Kno-
Handmuskulatur chen und Gelenke viel krftiger ausgebildet als
Die herausragende Fhigkeit der menschlichen beim Schultergrtel und der oberen Extremitt.
Hand ist die Greiffunktion. Sie wird durch die
Oppositionsfhigkeit des Daumens mglich, Beckengrtel
d. h., der Daumen kann den brigen Fingern Der Beckengrtel stellt im Unterschied zum
gegenbergestellt werden. Schultergrtel einen geschlossenen Ring dar.
Fr diese Greiffunktion steht ein komplizierter Aufgaben
Muskelapparat der Hand zur Verfgung: Verbindung der Beine mit dem Rumpf.
4 Muskeln des Daumenballens und bertragung der Krpermasse von der Wirbel-
4 Muskeln des Kleinfingerballens. sule auf die beiden Oberschenkelknochen.
5.3 Spezielle Knochen- und Muskellehre 119
mnnliches Becken
(Pelvis masculinum) Vorgebirge
(Promontorium)
Darmbeinkamm
(Crista iliaca)
Kreuzbein
(Os sacrum)
vorderer oberer Darmbeinstachel
Hftbein (Spina iliaca anterior superior)
(Os coxae) vorderer unterer Darmbeinstachel
(Spina iliaca anterior inferior)
Hftgelenkpfanne
(Acetabulum)
Hftloch
(Foramen obturatum)
Schambeinwinkel Hftbein
(Angulus pubis: 7075)
(Os coxae)
Darmbeingrube
(Fossa iliaca)
Darmbein-Kreuzbein-Gelenk
(Articulatio sacroiliaca)
Schambeinhcker
(Tuberculum pubicum)
Hftgelenkpfanne
(Acetabulum)
Schambeinfuge
(Symphysis pubica)
Zu diesem Zweck ist er, im Unterschied zum Schambeinfuge (Symphysis pubica) verbindet
Schultergrtel, als stabiler Ring fest mit der die beiden Hftbeine im Bereich der Scham-
Wirbelsule verbunden. beine mittels Faserknorpel.
Gebrkanal.
Ansatz- und Ursprungsstelle von Bauch-, Gestalt
Rcken- und Gesmuskeln. Das Becken ist trichterfrmig gebaut. Der Innen-
Schutz der Beckenorgane. raum wird durch die Grenzlinie (Linea termina-
lis), die vom Promontorium bogenfrmig zum
Knochen Oberrand der Symphyse verluft, gegliedert in
Der Beckengrtel besteht aus groes Becken oberhalb der Grenzlinie zwi-
1 Kreuzbein (Os sacrum), schen den beiden Darmbeinschaufeln,
2 Hftbeinen (Ossa coxae) sowie kleines Becken (= Beckenkanal) mit Becken-
l Steibein (Os coccygis). eingang und Beckenausgang unterhalb der
Jedes Hftbein wiederum setzt sich aus drei mit- Grenzlinie.
einander verwachsenen Knochen zusammen: Die Beckeneingangsebene ist im Stand vorn
dem Darmbein (Os ilium), nach unten geneigt.
dem Schambein (Os pubis) und Verbindet man die beiden Sitzbeinhcker durch
dem Sitzbein (Os ischii). eine Linie miteinander, entstehen zwei Dreiecke:
ventral das Trigonum urogenitale fr den
Merke Durchtritt der Harn- und Geschlechtsorgane;
Die Hftgelenkpfanne (Acetabulum) wird dorsal das Trigonum rectale fr den Durch-
von Teilen der Krper aller drei Teilknochen tritt des Rectums ( Abb. 5.33).
des Hftbeines gebildet und besitzt einen
halbmondfrmigen Gelenkknorpel. Geschlechtsunterschiede ( Abb. 5.32, S. 119)
Mnnliches Becken: Untere Schambeinste
bilden spitzen Winkel. Das mnnliche Becken
Knochenverbindungen ist hoch, schmal und eng.
Darmbein-Kreuzbein-Gelenke (Iliosacralge- Weibliches Becken: Untere Schambeinste
lenke) verbinden die Hftbeine im Bereich bilden stumpfwinkligen Bogen. Das weibliche
der Darmbeinschaufeln mit dem Kreuzbein. Becken ist flach, breit und weit.
Wegen der sehr straffen, knappen Gelenkkap-
sel sind praktisch keine Bewegungen mglich. Untere Extremitt
Die Gelenke sind wichtig fr die Elastizitt des Die untere Extremitt ist beim Menschen als
Beckens und die Federung der Wirbelsule. Sttzorgan ausgebildet.
Gliederung und Bau:
( Tab. 5.4, S. 122 und
Abb. 5.34)
Ventralansicht Dorsalansicht
Oberschenkelkopf
(Caput femoris)
Oberschenkelhals groer Rollhgel
groer Rollhgel (Collum femoris) (Trochanter major)
(Trochanter major)
kleiner Rollhgel
(Trochanter minor)
Schaft des
Oberschenkelknochens
(Corpus femoris)
uerer
innerer Gelenkknorren Obergelenkknorren
(Condylus medialis femoris) (Epicondylus lateralis
Kniescheibe femoris)
(Patella) innerer uerer
uerer Obergelenkknorren Gelenkknorren
(Epicondylus medialis femoris) (Condylus lateralis
Gelenkknorren
femoris)
des Schienbeins innerer Gelenkknorren
(Condylus lateralis tibiae) des Schienbeins Gelenkknorren-
Wadenbeinkopf (Condylus medialis tibiae) grube
(Fossa intercondylaris)
(Caput fibulae)
Ansatzstelle des
Kniescheiben-
bandes Das strkere Schienbein (Tibia)
(Tuberositas tibiae) liegt medial, das schwchere
Wadenbein (Fibula) lateral im
Wadenbeinkrper Unterschenkel. Schienbeinkrper
(Corpus fibulae) (Corpus tibiae)
mittlerer (innerer)
Knchel seitlicher (uerer)
(Malleolus medialis) Knchel
Fuwurzelknochen (Malleolus lateralis)
(Ossa tarsalia)
Malleolengabel
Mittelfuknochen
(Ossa metatarsi)
Zehenknochen
(Ossa digitorum pedis)
Untere Extremitt
1 Oberschenkelknochen 2 Unterschenkelknochen
(Femur) Schienbein (Tibia)
Wadenbein (Fibula)
Wrfelbein
(Os cuboideum)
Kahnbein
(Os naviculare)
Fuknochen von medial
Keilbeine
(Os cuneiforme mediale,
intermedium, laterale)
Mittelfuknochen Wadenmuskel
(Ossa metatarsi I V) (M. gastrocnemius)
Schienbein
(Tibia)
Zehenknochen
(Phalanges) Sprungbein
(Talus)
Zehengrundglied Achillessehne
(Phalanx proximalis) (Tendo calcaneus)
Zehenmittelglied Fersenbein
(Phalanx media) (Calcaneus)
Zehenendglied
(Phalanx distalis)
Lngsgewlbe des Fues
Malleolengabel (= Knchelgabel)
Den inneren Knchel der Malleolen-
gabel bildet die Tibia, den ueren die
Fibula. Aufgrund der Beteiligung von Hftbein
(Os coxae)
zwei Knochen sind zustzliche Feder-
wege eingebaut. Hftgelenkpfanne
(Acetabulum)
Oberschenkelkopf
Knochenverbindungen, Bewegungs- (Caput femoris)
mglichkeiten, Muskeln
Beckengrtel und Bein sind durch drei
groe Gelenke verbunden: Hftgelenkbnder
Hftgelenk (Art. coxae), (Ligg. articulatio coxae)
Kniegelenk (Art. genus) und
oberes Sprunggelenk (Art. talocru-
ralis).
Zehengrundgelenke,
vorderes Kreuzband Zehenmittelgelenke (auer Gro-
(Lig. cruciatum anterior)
zehe = Hallux, die kein Mittel-
Gelenkflchen gelenk besitzt),
des Schienbeins
Zehenendgelenke.
uerer Meniscus Der Fu besitzt je ein Quer- und
(Meniscus lateralis)
Lngsgewlbe, die durch Muskeln
innerer Meniscus
(Meniscus medialis) und Bnder gehalten werden.
hinteres Kreuzband
(Lig. cruciatum posterior)
P Durch schlaffe Bnder, durch
Muskellhmungen und aufgrund
Abb. 5.38 Menisken des rechten Kniegelenks. schlechten Schuhwerks knnen
Gefgestrungen (= Deformitten)
auftreten, wie z. B.
Merkmale Senkfu: Lngswlbung abgeflacht
Drehscharniergelenk. (als Extremform Plattfu),
4 Hauptbewegungen: Extension und Flexion, Hohlfu: Lngswlbung verstrkt,
Auen- und Innenrotation (nur in Beuge- Spreizfu: Querwlbung abgeflacht.
stellung).
Ungleichheiten der Gelenkflchen werden Muskulatur und ihre Funktionen
durch zwei halbmond- und keilfrmige Die Muskeln im Bereich der Hftregion ermg-
Menisci (Innen- und Auenmeniscus) ausge- lichen die verschiedensten Bewegungen des
glichen. Jeder Meniscus ist durch krftige Beines wie Beugen, Strecken, Heranziehen,
Bnder mit der Gelenkkapsel verankert. Spreizen und Rotationen. Der berwiegende Teil
Stabile Bandfhrung (z. B. vorderes und hinte- von ihnen zieht ber das Hftgelenk direkt zum
res Kreuzband zwischen den Femurcondylen, Oberschenkel. Andere wiederum verlaufen ber
inneres und ueres Seitenband). das Kniegelenk zum Unterschenkel und ermg-
Sehr weite Kapsel. lichen so die Bewegung von Hft- als auch Knie-
gelenk (z. B. Schneidermuskel).
P Das Kniegelenk erleidet hufig Verletzungen,
da es am wenigsten durch Muskelmassen ge- Hftmuskulatur
schtzt ist. Drehungen am Knie bei fixiertem 1. Vordere Muskelgruppe
Unterschenkel (Ski- und Fuballsport) lsen Darmbein-Lenden-Muskel (M. iliopsoas).
Bandschden aus. Sturz in senkrechter Rich- Funktion: Flexion im Hftgelenk.
tung (Absprung) fhren zu Tibiakopfbrchen;
direkte Gewalt (Autoarmaturenaufprall) zu 1) = Darmbein-Lenden-Muskel
Patella- oder supracondylren Femurfrakturen. (M. iliopsoas)
kleiner
Lendenmuskel1)
(M. psoas minor)
groer viereckiger
Lendenmuskel1) Lendenmuskel
(M. psoas major) (M. quadratus lumborum)
Darmbeinmuskel1)
(M. iliacus)
groer Gesmuskel
Leistenband (M. gluteus maximus)
(Lig. inguinale)
Kammmuskel
(M. pectineus)
langer Anzieher
(M. adductor longus)
schlanker Muskel
(M. gracilis) zweikpfiger
Schneidermuskel Oberschenkelmuskel
(M. sartorius) (M. biceps femoris)
Flexion Extension
im Hftgelenk im Kniegelenk
Darmbein-
Lenden-Muskel vierkpfiger
(M. iliopsoas) Oberschenkelmuskel
(M. quadriceps femoris)
Flexion Streckbewegung
im Kniegelenk im Hft- und
Kniegelenk
vierkpfiger
Oberschenkelmuskel
(M. quadriceps femoris)
zweikpfiger groer Gesmuskel
Oberschenkel- (M. gluteus maximus)
muskel
(M. biceps femoris)
Adduktoren
vorderer
Schienbeinmuskel
(M. tibialis anterior)
Zwillingswadenmuskel
(M. gastrocnemius)
Deltoideus-Injektion
Einstichstelle:
Deltamuskel oberes mittleres Drittel
(M. deltoideus)
intragluteale Injektion
Darmbeinkamm Einstichstelle
(Crista iliaca) (Crista-Methode nach
Sachtleben):
beim Erwachsenen
3 Querfinger breit caudal
der gedachten Linie
Mitte des
groer Rollhgel Darmbeinkammes und
(Trochanter major)
dem groen Rollhgel
laterale Vastus-Injektion
uerer Einstichstelle:
Obergelenkknorren Mitte des seitlichen
(Epicondylus lateralis Oberschenkels
femoris)
groer Rollhgel
(Trochanter major)
Endsehne des Muskels, in die die Patella als Hufige Weichteilverletzungen des Beines sind:
Umlenkrolle vor dem Kniegelenkspalt ein- Muskelzerrungen und Muskelfaserrisse. Oft
gelagert ist, setzt an der Tuberositas tibiae betroffen sind M. gastrocnemius und
an. M. quadriceps femoris.
Schneidermuskel (M. sartorius) Achillessehnenverletzungen (Teil- oder
Funktion: Bewegung und Haltung im Hft- komplette Risse).
und Kniegelenk. Typisch fr diese Verletzungen sind pltzlich
2. Flexorengruppe auftretende akute Schmerzen und Funktions-
Zweikpfiger Oberschenkelmuskel (M. bi- strungen. Durch lockeres Aufwrmen vor
ceps femoris) begrenzt die Kniekehle lateral. sportlicher Bettigung wird der Stoffwechsel
Halbsehniger Muskel (M. semitendinosus) der Muskulatur aktiviert und die Dehnbarkeit
begrenzt die Kniekehle medial. der Muskelfasern verbessert, sodass das Verlet-
Halbmembranser Muskel (M. semimem- zungsrisiko vermindert wird.
branosus) begrenzt die Kniekehle medial.
Funktion: Extension im Hftgelenk und
Flexion im Kniegelenk. 5.3.5 Kopf (Caput)
3. Adduktorengruppe
Schlanker Muskel (M. gracilis). Der Kopf (Caput) ist durch den Hals gut beweg-
Kammmuskel (M. pectineus). lich mit dem Rumpf verbunden. Er befindet sich
Langer Adduktor (M. adductor longus). mit den wichtigsten Sinnesorganen an oberster
Funktion: Adduktion im Hftgelenk. Stelle des menschlichen Organismus und hat so
auerordentlich groe Bedeutung beim Er-
Unterschenkelmuskulatur kennen der Umwelt.
1. Extensorengruppe (vorn)
Vorderer Schienbeinmuskel (M. tibialis Schdel (Cranium)
anterior). Der Schdel ist das Knochengerst des Kopfes.
Funktion: Dorsalflexion (Fubewegung nach Er dient als Schutz des Gehirns und wichtiger
oben), Anheben der Zehen. Sinnesorgane. Hier beginnen der Verdauungs-
2. Flexorengruppe (hinten) und der Atmungstrakt.
Dreikpfiger Wadenmuskel (M. triceps Der Schdel gliedert sich in Gehirnschdel und
surae) ber Achillessehne am Fersenbein- Gesichtsschdel.
hcker befestigt. Er gliedert sich in Zwil-
lingswadenmuskel (M. gastrocnemius Gehirnschdel (Neurocranium)
Caput mediale und laterale) und Schollen- Am Gehirnschdel unterscheidet man das
muskel (M. soleus). Schdeldach, die innere und uere Schdel-
Funktion: Plantarflexion, Supination des basis und die Schdelhhle mit dem Gehirn. Bei
Fues, Flexion im Kniegelenk (nur M. Suglingen ist der Gesichtsschdel durch die
gastrocnemius). fehlende Kaufunktion (dadurch unvollstndig
ausgebildete Kiefer) geringer ausgeprgt.
P Intramuskulre Injektionen sind tiefe Injek-
tionen in einen Muskel. Dafr gibt es im Wesent- Knochen des Schdeldaches (Calvaria):
lichen drei Verabreichungsorte ( Abb. 5.42): Scheitelbein (Os parietale),
Deltamuskel (M. deltoideus) an der Auen- Stirnbein (Os frontale),
seite des Schultergelenks, Hinterhauptbein (Os occipitale).
mittlerer Gesmuskel (M. gluteus medius)
im Bereich zwischen Darmbeinkamm und Knochenverbindungen
der Verbindungslinie zwischen vorderem Die Knochen des Schdeldaches werden durch
und hinterem oberem Darmbeinstachel, Knochennhte miteinander verbunden. Die
seitlicher Oberschenkelmuskel (M. vastus wichtigsten sind:
lateralis) auf der Mitte einer gedachten Linie Kranznaht (Sutura coronalis) zwischen Stirn-
zwischen groem Rollhgel und uerem bein und Scheitelbeinen,
Obergelenkknorren. Pfeilnaht (Sutura sagittalis) zwischen den
5.3 Spezielle Knochen- und Muskellehre 129
Kranznaht
(Sutura coronalis)
Stirnbein Scheitelbein
(Os frontale) (Os parietale)
Lambdanaht
(Sutura lambdoidea)
Trnenbein
(Os lacrimale) Hinterhauptbein
(Os occipitale)
Nasenbein
(Os nasale) Schlfenbein
(Os temporale)
Jochbein
(Os zygomaticum) uerer Gehrgang
(Meatus accusticus externus)
Oberkiefer
(Maxilla) Warzenfortsatz
(Processus mastoideus)
Griffelfortsatz
Unterkiefer (Processus styloideus)
(Mandibula)
Scheitelbeinen,
Lambdanaht (Sutura lamb-
doidea) zwischen Hinter-
hauptbein und Scheitel- Stirnbein
beinen, (Os frontale)
Stirnnaht zwischen den Stirn- Scheitelbein
beinen (beim Erwachsenen (Os parietale)
nicht mehr zu erkennen). Schlfenbein
(Os temporale)
Fontanellen Keilbein
Fontanellen sind straffe Binde- (Os sphenoidale)
gewebsverbindungen, die nur Trnenbein
beim Neugeborenen vorhanden (Os lacrimale)
sind. Sie verbinden die Jochbein
(Os zygomaticum)
Schdeldachknochen und er-
mglichen eine Verschiebung Nasenbein
(Os nasale)
der Knochen gegeneinander. Oberkiefer
Dies ist bedeutend fr den (Maxilla)
Geburtsvorgang und das Sch-
delwachstum.
Das menschliche Neugeborene
hat 2 unpaarige und 2 paarige Unterkiefer
Fontanellen. (Mandibula)
Unpaarige Fontanellen
Vordere, groe oder Stirn- Schdel (Ansicht von ventral). Abb. 5.44
fontanelle an der Vereinigung
130 5 Sttz- und Bewegungssystem
Stirnbein
Scheitelbein
vordere
Seitenfontanelle
Scheitelbein Schlfenbein
Pfeilnaht hintere Seitenfontanelle
Hinterhauptbein Hinterhauptbein
delgrube Durchtritts-
stellen fr Hirnnerven Kopfhaut
sowie seitliche Teile uere
der Schlfenlappen des Knochenhaut
(Pericranium)
Grohirns und Teile des uere kompakte
Mittelhirns. Knochenschicht
Die hintere Schdel- (Lamina externa)
grube wird hauptsch- aufgelockerte
lich vom Hinterhaupt- Knochenschicht
(Diploe)
bein gebildet; liegt am
innere kompakte
tiefsten, beinhaltet Hirn- Knochenschicht
stamm und Kleinhirn. (Lamina interna)
harte Hirnhaut venser Blutleiter
Die Grenze zwischen vor- (Dura mater encephali)
derer und mittlerer Sch-
delgrube bilden die Hinter- Schichten des Schdeldaches. Abb. 5.46
kanten der beiden kleinen
Keilbeinflgel. Mittlere
und hintere Schdelgrube
werden durch das Felsenbein getrennt. Die drei groen Knochen sind
die paarigen Oberkieferknochen (Maxilla),
Gesichtsschdel (Viscerocranium) der Unterkiefer (Mandibula) und
Der Gesichtsschdel besteht aus 3 groen und das Stirnbein (Os frontale).
11 kleinen Knochen.
Hahnenkamm
(Crista galli)
vordere
Stirnbein Schdelgrube
(Os frontale)
(Fossa cranii anterior)
Siebbeinplatte
(Lamina cribrosa)
Keilbein
(Os sphenoidale)
Trkensattel
(Sella turcica)
Schlfenbein
(Os temporale)
mittlere
Felsenbein Schdelgrube
(Pars petrosa) (Fossa cranii media)
groes
Hinterhauptloch
(Foramen occipitale
magnum)
Hinterhauptbein
(Os occipitale)
hintere
Schdelgrube
(Fossa cranii posterior)
Stirnmuskel
(M. epicranius)
ringfrmiger Schlfenmuskel
Augenmuskel (M. temporalis)
(M. orbicularis oculi) hinterer Sehnen-
Oberlippenheber haubenmuskel
(M. levator labii (M. epicranius)
superioris) groer Jochbein-
Nasenmuskel muskel
(M. nasalis) (M. zygomaticus
major)
Mundringmuskel
(M. orbicularis oris) Kaumuskel
(M. masseter)
Unterlippen-
herabzieher Wangenmuskel
(M. depressor labii (M. buccinator)
inferioris)
zweibuchiger
Kinnmuskel Muskel
(M. mentalis)
(M. digastricus)
Mundwinkel- Kopfwende-
herabzieher muskel
(M. depressor
(M. sternocleidoma-
anguli oris)
stoideus)
Sehnenhaube
(Galea aponeurotica)
Stirnmuskel
ringfrmiger (M. epicranius)
Augenmuskel
(M. orbicularis oculi)
kleiner Joch- Nasenmuskel
beinmuskel (M. nasalis)
(M. zygomaticus Oberlippenheber
minor) (M. levator labii
groer Joch- superioris)
beinmuskel
(M. zygomaticus
major) Mundring-
Lachmuskel muskel
(M. risorius) (M. orbicularis oris)
Unterlippen- Kinnmuskel
herabzieher (M. mentalis)
(M. depressor labii Mundwinkel-
inferioris)
herabzieher
(M. depressor
anguli oris)
Schlfenmuskel
(M. temporalis)
Kieferschlieer
zieht Unterkiefer zurck
Kaumuskel
(M. masseter)
Kieferschlieer
uerer Flgelmuskel
(M. pterygoideus lateralis)
Kieferffner zieht Unterkiefer nach vorn
mittlerer Flgelmuskel
(M. pterygoideus medialis)
Kieferschlieer
der Kaumuskel (M. masseter), Kiefergelenk ein. Daneben gibt es noch weitere
der Schlfenmuskel (M. temporalis), Muskeln (z. B. die Mundboden- und Halsmus-
der mittlere Flgelmuskel (M. pterygoideus keln), die indirekt auf das Kiefergelenk wirken.
medialis) und Die Kaumuskeln werden durch den dreiteiligen
der seitliche Flgelmuskel (M. pterygoideus Nerv (N. trigeminus) innerviert.
lateralis). Funktion:
Diese Muskeln verlaufen vom Schdel zum Die Kaumuskeln dienen der Zerkleinerung der
Unterkiefer und wirken unmittelbar auf das Nahrung.
24. Nehmen Sie eine Gliederung des Armes vor und ordnen Sie die entsprechenden Knochen zu.
25. Fhren Sie mit Ihrem Arm folgende Bewegungen aus, und benennen Sie die beteiligten
Muskeln:
a) Flexion und Extension.
b) Abduktion und Adduktion.
26. Begrnden Sie, warum das Schultergelenk relativ hufig auskugelt.
27. Welche Gebilde befinden sich
a) in der Achselhhle,
b) in der Ellenbeuge?
28. Skizzieren Sie mit Hilfe von Strichen (= Knochen) und kleinen Kreisen (= Gelenke) ein
Schema vom Handskelett.
29. Begrnden Sie die Sonderstellung des Daumens.
30. Nennen Sie die Aufgaben des Beckengrtels.
31. Beschreiben Sie den Aufbau des Beckens als Ganzes.
Unterscheiden Sie mnnliches und weibliches Becken.
32. Nehmen Sie eine Gliederung des Beines vor und ordnen Sie die entsprechenden Knochen
zu.
33. Vergleichen Sie den Aufbau von Arm- und Beinskelett. Formulieren Sie eine Schluss-
folgerung.
34. Beschreiben Sie Bau und Funktion
a) des Hftgelenkes,
b) des Kniegelenkes,
c) des oberen Sprunggelenkes.
35. Wo befinden sich
a) Schenkelhals,
b) Malleolengabel?
36. Erkunden Sie am eigenen Arm und Bein die Lage und die Funktion von
a) Flexoren und Extensoren,
b) Abduktoren und Adduktoren.
37. Wo befindet sich die Achillessehne, und welche Aufgabe hat sie?
38. Prgen Sie sich genau die Stellen fr intramuskulre Injektionen ein und beschreiben Sie,
wie man diese lokalisiert.
39. Unterscheiden Sie Kopf und Schdel.
40. Beschreiben Sie den Aufbau des Hirnschdels.
41. Unterscheiden Sie Nhte und Fontanellen. Nennen Sie deren Aufgaben.
42. Beschreiben Sie den Aufbau des Gesichtsschdels.
43. In welchen Schdelknochen befinden sich Nasennebenhhlen, und wie heien diese?
44. Welche mimischen Muskeln kennen Sie?
Welche Bedeutung haben die mimischen Muskeln fr die Krankenbeobachtung?
45. Erkunden Sie an sich selbst die in diesem Kapitel genannten tastbaren Knochenpunkte.
137
Vordere-seitliche Bauchwand
6.1 Brustwand Die vordere und seitliche Bauchwand wird in
neun Regionen unterteilt ( Abb. 7.4, S. 146).
Die Brustwand umschliet die Brusthhle als Sie besteht aus drei Schichten:
eine steife Wand. Dies ist die Voraussetzung fr oberflchliche Schicht; Cutis und Subcutis,
den rhythmischen Wechsel von Unterdruck (zur mittlere Schicht; 4 paarige Bauchmuskeln und
Einatmung) und berdruck (zur Ausatmung) in ihre Aponeurosen (breite, flache Sehnen),
der Brusthhle. Die Skelettelemente sind in innere Schicht; Fascia transversalis1) und
Abschnitt 5.3.2, S. 109 ff. beschrieben. Bauchfell.
Zu den 4 paarigen Bauchmuskeln zhlen der
Muskeln gerade Bauchmuskel (M. rectus abdominis), der
Zwischen den Rippen, also im Bereich der Zwi- uere schrge Bauchmuskel (M. obliquus exter-
schenrippenrume (Interkostalrume), liegen die nus abdominis), der innere schrge Bauchmuskel
ueren (Musculi intercostales externi) und die (M. obliquus internus abdominis) und der quere
inneren Zwischenrippenmuskeln (Musculi inter- Bauchmuskel (M. transversus abdominis).
costales interni). Sie haben die Aufgabe, bei der
Ein- und Ausatmung die Rippen zu heben bzw. 1) Faszie zwischen der Innenflche der Bauchwand und dem
zu senken. Bauchfell
Kopfwendemuskel
(M. sternocleidomastoideus)
kleiner
Brustmuskel
(M. pectoralis minor)
Brustbein
(Sternum) groer
Brustmuskel
(M. pectoralis major)
uere
Zwischenrippen-
muskeln vorderer
(Mm. intercostales Sgemuskel
externi) (M. serratus anterior)
innere
Zwischenrippen-
muskeln
(Mm. intercostales
interni)
Rektusscheide Aufgaben
Die Aponeurosen der queren und schrgen Begrenzung der Bauchhhle und Anpassung
Bauchmuskeln bilden fr die geraden Bauch- an unterschiedliche Volumina der Bauchorgane,
muskeln eine Fhrungs- und Gleithlle, die Rek- Bauchpresse zur Druckerhhung bei Stuhl-
tusscheide genannt wird. gang, Husten, Entbindung,
Ausatemhilfsmuskel,
Rumpfhaltung und -bewegung,
Anheben des Beckens Schutz der Bauchorgane.
P Bauchdeckenreflexe sind wich-
tige Schutzreflexe.
gerade
Bauchmuskeln Hintere Bauchwand
Die hintere Bauchwand wird ge-
bildet von der Lendenwirbelsule,
Rumpfdrehen dem ueren schrgen Bauchmus-
kel (M. obliquus externus abdomi-
schrge nis), dem viereckigen Lendenmuskel
Bauchmuskeln
(M. quadratus lumborum), der tie-
fen Rckenmuskulatur (M. erector
Vorneigen
spinae) und dem unteren Teil des
breiten Rckenmuskels (M. latissi-
mus dorsi) ( Abb. 5.29, S. 116).
Obere Bauchwand
gerade Bauchmuskeln Die obere Bauchwand ist das
Abb. 6.2 Funktionen der Bauchmuskeln. Zwerchfell (Diaphragma), das sich
kuppelfrmig zwischen Brustbein,
den unteren sechs Rippen und der
Lendenwirbelsule erstreckt. Es
trennt die Brust- von der Bauch-
gerader hhle ( S. 143).
Bauchmuskel
(M. rectus abdominis) Untere Bauchwand
querer Der Beckenboden ist die untere Be-
Bauchmuskel
(M. transversus grenzung des Bauchraumes. Die
abdominis) straffen Muskeln des Beckenbodens
innerer schrger halten die Eingeweide ( Kap. 6.4).
Bauchmuskel
(M. obliquus internus
abdominis)
uerer schrger
6.3 Leistenregion
Bauchmuskel (Regio inguinalis)
(M. obliquus externus
abdominis) Die Leistenregion ( Abb. 6.5, S.
Leistenband 140) befindet sich im Winkel zwi-
(Lig. inguinale)
schen geradem Bauchmuskel und
Leistenband. Zu ihr gehren das
Leistenband (Lig. inguinale), der
Leistenkanal (Canalis inguinalis)
Muskeln der vorderen und seitlichen und zwei Lcken in der Bauchwand
Abb. 6.3 Bauchwand und Leistenregion. (Lacuna vasorum und muscu-
lorum).
6.3 Leistenregion 139
Funktion
Beim Mann verlagert sich kurz vor
der Geburt der Hoden aus der
Bauchhhle durch den Leistenkanal
in den Hodensack (Descensus
testis). Die geringere Temperatur
auerhalb des Krpers ist fr die Schematischer Verlauf der Bauchmuskeln. Abb. 6.4
sptere Funktionsaufnahme eine
unabdingbare Voraussetzung.
Im mnnlichen Leistenkanal befindet sich der Schwachstellen der Bauchwand
Samenstrang mit Samenleiter, Hodengefen Besonders empfindlich ist die Bauchwand in der
und -nerven. Leistengegend oberhalb und unterhalb des Leis-
Der weibliche Leistenkanal enthlt das runde tenbandes, in der Nabelregion und den Zwerch-
Mutterband mit Gefen, welches vom Uterus fellffnungen ( S. 143).
kommend durch den Leistenkanal zu den groen
Schamlippen zieht.
P An den Schwachstellen der Bauchwand
knnen Brche (= Hernien) entstehen. Unter
Lacuna vasorum und musculorum einem Bruch versteht man den Vorfall von
Beide Lcken (oder Fcher) befinden sich Eingeweideteilen, wie Darm, Harnblase, Netz,
unterhalb des Leistenbandes. Ovarien (= Bruchinhalt), in eine Vorbuchtung
Lacuna vasorum: liegt medial, Durchtritt von des Peritoneum parietale (= Bruchsack) durch
A. und V. femoralis, Lymphgefen und Nerven. eine Lcke der Bauchwand (= Bruchpforte). Das
Lacuna musculorum: liegt lateral, Durchtritt Peritoneum wird noch von der Haut (= Bruch-
des Hftlendenmuskels (M. iliopsoas), N. femo- hlle) umgeben.
ralis und N. cutaneus femoris lateralis. Hernien knnen angeboren oder erworben sein.
Von den vielfltigen Formen der Hernien sind
P Bei fehlender (= Bauchhhlenhoden) oder die Leistenhernien mit ca. 75 % die hufigsten.
unvollstndiger (= Leistenhoden) Hodenwan- Hier tritt der Bruchsack mit Bruchinhalt durch
derung in den Hodensack muss dies bis zum den Leistenkanal und kann bis zum Hoden rei-
2. Lebensjahr medikaments oder operativ chen.
behandelt werden. Die angeborene Leistenhernie tritt bei Jungen
Wird das unterlassen, kann spter die Spermio- achtmal hufiger als bei Mdchen auf.
genese (Entwicklung der Samenzellen) gestrt
sein, und es besteht ein erhhtes Krebsrisiko.
140 6 Leibeswand und Beckenboden
uerer schrger
Bauchmuskel
(M. obliquus externus viereckiger
abdominis) Lendenmuskel
(M. quadratus
lumborum)
uerer Leistenring
(Anulus inguinalis super-
ficialis)
Darmbeinmuskel
(M. iliacus)
= uere ffnung
des Leistenkanals
Leistenband
Samenstrang (Lig. inguinale)
(Funiculus spermaticus)
Oberschenkelarterie Oberschenkelnerv
(A. femoralis)
(N. femoralis)
Oberschenkelvene
(V. femoralis)
Hftnerv
(N. obturatorius)
Oberschenkelvene
(V. femoralis)
Oberschenkelarterie
(A. femoralis)
Leistenband
(Lig. inguinale)
Muskelfach unter
dem Leistenband innerer
(Lacuna musculorum) Leistenring
(Anulus inguinalis pro-
Geffach unter fundus)
dem Leistenband = innere ffnung
(Lacuna vasorum) des Leistenkanals
Samenstrang
(Funiculus spermaticus)
Der von der Leibeswand umschlossene Innen- 7.1 Brusthhle (Cavitas thoracis)
raum ist die Leibeshhle. Diese wird durch das
Zwerchfell scharf in Brust- und Bauchhhle Die Brusthhle liegt innerhalb des Brustkorbes
getrennt. Im Allgemeinen ist es jedoch blich, und beherbergt die Brustorgane. Sie wird von
von drei groen Krperhhlen zu sprechen: auen wie folgt begrenzt:
der Brusthhle, vorn: Brustbein, Rippen,
der Bauchhhle und seitlich: Rippen,
der Beckenhhle (kleines Becken). hinten: Rippen und Brustwirbelsule,
Zwischen Bauch- und Beckenhhle gibt es keine unten: Zwerchfell,
scharfe Grenze. Letztere ist anatomisch gesehen oben: obere Thoraxffnung.
ein Teil der Bauchhhle.
Gliederung und Lage der Brustorgane
Zwerchfell (Diaphragma, Abb. 11.12, S. 223) Die Brusthhle wird durch einen Bindegewebs-
Das Zwerchfell trennt als doppelkupplige mus- raum, Mediastinum (Mittelfellraum), in die rech-
kuls-sehnige Platte die Brusthhle von der te und linke Pleura unterteilt. Jede Pleura enthlt
Bauchhhle. Es gliedert sich in einen sehnigen eine Lunge ( S. 223). Im Mediastinum liegt als
Teil (Centrum tendineum) und in drei muskul- 3. Hhle der Herzbeutel (Perikard) mit dem
se Teile (Brustbein-, Rippen- und Lendenteil). Herzen.
Der sehnige Teil liegt zentral und bildet die rech-
te etwas hher stehende und linke Zwerchfell- Mittelfellraum (Mediastinum)
kuppel mit dem dazwischen liegenden Herzsat- Das Mediastinum ist der mittlere Brustraum. Es
tel. Alles zusammen bildet den horizontalen Teil erstreckt sich vom Sternum bis zu den Brust-
des Zwerchfelles. wirbelkrpern und wird seitlich von den Pleu-
rahhlen begrenzt. Caudal endet es am Zwerch-
Die Zwerchfellmuskeln entspringen peripher an fell und cranial geht es ohne scharfe Grenze in
der Innenflche des Schwertfortsatzes und der den Bindegewebsraum des Halses ber.
7. 12. Rippe sowie am 1. 3. Lendenwirbel
und verlaufen nach oben zum Centrum tendine- Merke
um. Dadurch stlpt sich das Zwerchfell weit in Das Mediastinum ist in erster Linie eine
den Brustraum hinein, und die ihm anliegenden Durchgangsregion fr die Luft- und Speise-
Bauchorgane (Leber, Magen, Milz, Nebennieren, rhre sowie Nerven, Blut- und Lymphgefe.
Nieren) mssen den Auf- und Abbewegungen Es enthlt 2 grere Organe: das Herz und
bei der Atmung folgen. Folgende Durchtritt- den Thymus (bildet sich nach der Pubertt
stellen sind wichtig ( Abb. 12.7, S. 240): zum thymischen Fettkrper zurck).
Aortenschlitz (Hiatus aorticus) im Lenden-
teil fr die Aorta und den Milchbrustgang
(Ductus thoracicus), Gliederung und Organe
Speiserhrenffnung (Hiatus oesophageus) Das Mediastinum gliedert man in:
im Lendenteil fr Speiserhre und Vagus- Oberes Mediastinum zwischen Luftrhren-
nerven, gabel (Bifurcatio tracheae) und Hals.
Hohlvenenffnung (Foramen venae cavae) Organe:
im Centrum tendineum fr die V. cava inferior. Thymus,
groe Venen (V. cava superior, Vv. brachio-
2. Bauchfelltaschen
Zu den Bauchfelltaschen gehren groes Netz
der Netzbeutel (Bursa omenta- (nach oben gelegt)
lis) hinter Magen und kleinem quer verlaufender
Netz; einziger Zugang ist das Grimmdarm
(Colon transversum)
Foramen omentale unten rechts,
die Excavatio rectouterina absteigender
Grimmdarm
(= Douglasscher Raum) als der (Colon descendens)
tiefste Punkt des Bauchfells Dnndarmgekrse
zwischen Mastdarm und Ge- (Mesenterium)
brmutter bei der Frau, Dnndarm
(Intestinum tenue)
die Excavatio vesicouterina
s-frmiger
zwischen Gebrmutter und Grimmdarm
Harnblase (Frau), (Colon sigmoideum)
die Excavatio rectovesicalis
zwischen Mastdarm und Harn-
blase (Mann).
Dnndarmgekrse (Mesenterium). Abb. 7.2
P In den Bauchfelltaschen
kann sich bei Entzndungen
und inneren Blutungen Eiter
bzw. Blut ansammeln (z. B. Leber Zwerchfell
(Hepar) (Diaphragma)
bei Douglas-Abszessen).
kleines Netz
3. Gekrse (Omentum minus)
Gekrse sind Bauchfellduplika- Netzbeutel
turen, die durch das Umschlagen (Bursa omentalis)
des Peritoneum parietale von der Bauchspeicheldrse
(Pankreas)
Krperhhlenwand auf das Organ
Magen
entstehen. Sie werden mit Mes (Gaster)
plus dem Fachnamen des Organs Gekrsewurzel
bezeichnet, z. B. (Radix mesenterii)
Magen: Mesogastricum, quer verlaufender
Dickdarm: Mesocolon, Grimmdarm
(Colon transversum)
Dnndarm: Mesenterium,
Peritoneum
Eileiter: Mesosalpinx. parietale
Dnndarmgekrse
Merke (Mesenterium)
Die Gekrse haben 2 Haupt- groes Netz
(Omentum majus)
aufgaben:
Sie enthalten die Blut- und Gebrmutter
(Uterus)
Lymphgefe sowie vege- Douglasscher
tative Nerven zur Versor- Raum
gung des Organs. (Excavatio rectouterina)
Sie dienen der Fixierung Harnblase
bzw. Aufhngung der sack- (Vesica urinaria)
artig umhllten Organe. Excavatio Scheide Mastdarm
vesicouterina (Vagina) (Rektum)
linke
Rippenbogenregion
(Regio hypochondriaca sinistra)
rechte Magengrube
Rippenbogenregion (Regio epigastrica)
(Regio hypochondriaca dextra)
linke Lendenregion
(Regio lateralis sinistra)
rechte Lendenregion
(Regio lateralis dextra) Nabel
(Umbilicus)
Nabelregion
(Regio umbilicalis)
linke Leisten- oder
rechte Leisten- oder Darmbeinregion
Darmbeinregion (Regio inguinalis sinistra)
(Regio inguinalis dextra)
Schambeinregion
(Regio pubica)
Retroperitonealraum
Der Retroperitonealraum liegt zwischen Perito-
neum parietale und hinterer Bauchwand. Nach
caudal reicht er bis zum Beckeneingang. Er ist Intraperitoneale Organe. Abb. 7.5
wie das Mediastinum, die seitliche Halsgegend
und die Achselhhlen eine wichtige Durchgangs-
und Verteilungsregion fr Gefe und Nerven.
Bauch-
Seine Begrenzungen sind speicheldrse
(Pankreas)
vorn: Peritoneum parietale, Niere
hinten: hintere Bauchwand, (Ren)
oben: Zwerchfell, Zwlffinger-
unten: Beckeneingang. darm
(Duodenum)
Organe untere
Hohlvene
Der Retroperitonealraum beherbergt folgende (V. cava inferior)
Organe: Bauchaorta
Nieren (Renes) zwischen 12. Brust- und 3. Len- (Pars abdominalis
denwirbel beidseits der Lendenwirbelsule; aortae)
8 Hals (Collum)
Der Hals (Collum) verbindet den Kopf mit dem Trapezmuskel (M. trapezius) als oberflchli-
Rumpf. Er gewhrleistet die relativ freie Be- cher Halsmuskel.
weglichkeit des Kopfes als eine wichtige Vor-
aussetzung fr die Orientierung im Raum. Unter dem M. trapezius liegt eine Vielzahl tiefer
Halsmuskeln, die teilweise auf den Kopf bzw.
Rumpf bergehen.
8.1 Bau ( Abb. 8.1) Speise- und Luftrhre bilden die Grenze zwi-
schen vorderen und hinteren Halsmuskeln. Zu
Der Hals besteht aus der dorsal gelegenen, sehr den vorderen Halsmuskeln zhlen z. B. der
gut beweglichen Halswirbelsule, den Hals- flchige Hautmuskel (Platysma), der Kopfwen-
muskeln, den Halseingeweiden mit Luftrhre demuskel (M. sternocleidomastoideus) und der
( S. 219), Speiserhre ( S. 239), Rachen Schlsselbein-Zungenbein-Muskel (M. sterno-
( S. 214), Kehlkopf ( S. 216), Schilddrse hyoideus). Zu den hinteren Halsmuskeln ge-
und Nebenschilddrsen ( S. 301) sowie den hren u. a. die Gruppe der Treppenmuskeln (Mm.
beiden Gef-Nerven-Strngen. scaleni), die auch als Atemhilfsmuskeln fungie-
ren, und der Trapezmuskel (M. trapezius).
Am Hals sind folgende Teile uerlich zu erken-
nen bzw. zu tasten: Die Halsmuskeln ermglichen
Vordere Halsgegend Hautbewegungen (Hauthalsmuskel),
Zungenbein (Os hyoideum) = Hals- und Kopfbewegungen
einziger Knochen ohne Verbindung mit einem (Kopfwender, Treppenmuskeln),
anderen Knochen, Kauen und Schlucken,
Drosselgrube (ber dem Manubrium sterni), Kehlkopfbewegungen.
Schildknorpel (Adamsapfel),
Ringknorpel,
Schilddrse, 8.2 Leitungsbahnen
Hauthalsmuskel (Platysma), eine breite, dnne
Muskelplatte, die die Gesichtshaut mit der 1. Arterien ( Abb. 9.28, S. 182)
oberen Brusthaut verbindet und die Haut des Vom Aortenbogen kommend durchqueren links
Halses spannt. und rechts zwei groe Arterien den Hals.
Die rechte und linke gemeinsame Halsarterie
Seitliche Halsgegend (A. carotis communis dextra und sinistra),
Halsschlagader-Dreieck (Trigonum caroticum) welche sich jeweils in eine innere und uere
Puls der A. carotis communis, Kopfarterie (A. carotis interna und externa)
Kopfwendemuskel (M. sternocleidomastoideus), teilen, und
uere Drosselvene (V. jugularis externa). die rechte und linke Schlsselbeinarterie
(A. subclavia dextra und sinistra).
P Die V. jugularis externa ist fr intravense Beachte: Hals- und Schlsselbeinarterie ent-
Injektionen gut geeignet. springen links getrennt aus dem Aortenbogen,
Alle Hautvenen stehen unter dem Sog des Brust- rechts mit einem gemeinsamen Stamm, dem
raumes, sodass bei ihrer ffnung die Gefahr Truncus brachiocephalicus.
der Luftembolie besteht. Die rechte und linke Wirbelarterie (A. vertebra-
lis) entspringen aus der rechten bzw. linken
Hintere Halsgegend (= Nackengegend) Schlsselbeinarterie, verlaufen in den Querfort-
Dornfortstze der Halswirbel, wichtig: satzlchern der Halswirbel und gelangen durch
C7 als Tastpunkt (Zhlwirbel S. 105), das groe Hinterhauptloch in die Schdelhhle.
150 8 Hals (Collum)
P Bei degenerativen Vernderungen der Hals- Merke
wirbelsule mit Einengung der Querfortsatz- Der Hals ist neben Achselhhle und Leisten-
lcher knnen infolge Minderdurchblutung gegend eine weitere wichtige Lymphknoten-
des Innenohres Gleichgewichts- (Schwindel) station.
und Hrstrungen auftreten.
Bei Schlag gegen den Hals oder berempfind- Die Halslymphknoten werden in oberflchliche
lichem Karotissinus1) kann es durch Reizung und tiefe unterteilt. Aus den tiefen Halslymph-
der Pressorezeptoren zu pltzlichem Blut- knoten gelangt die Lymphe rechts in den Ductus
druckabfall mit Ohnmachtsanfall (Synkopen) lymphaticus dexter und links in den Ductus
kommen. thoracicus.
P V. subclavia und V. jugularis interna eignen
sich sehr gut fr intravense Infusionen (zent-
raler Venenkatheter), da es kaum Strmungs-
hindernisse gibt, der Weg zum Herzen nur kurz
und ein Katheter hier gut verschiebbar ist.
Zungenbein
(Os hyoideum)
Hauthalsmuskel Schildknorpel
(Platysma)
Ringknorpel
linke gemeinsame
Halsarterie
(A. carotis communis
Luftrhre sinistra)
(Trachea) mittlerer
rechte gemeinsame Treppenmuskel
Halsarterie (M. scalenus medius)
(A. carotis communis dextra) Armgeflecht
rechte Wirbelarterie (Plexus brachialis)
(A. vertebralis dextra) linke
innere Drosselvene Schlsselbeinarterie
(V. jugularis interna) (A. subclavia sinistra)
zweibuchiger
Muskel
Griffel-Zungenbein- (M. digastricus)
muskel Trapezmuskel
(M. stylohyoideus) (M. trapezius)
Zungenbein hinterer
(Os hyoideum)
Treppenmuskel
Schlsselbein- (M. scalenus posterior)
Zungenbein-Muskel mittlerer
(M. sternohyoideus)
Treppenmuskel
Kopfwendemuskel (M. scalenus medius)
(M. sternocleidomastoideus)
vorderer
Gef- und Treppenmuskel
Nervenlcke (M. scalenus anterior)
(Hiatus scaleni)
9 Kreislaufsystem
Stammzellen der
Erythrozyten
Querschnitt
Stammzellen der
Granulozyten
Rote Blutzellen (Erythrozyten). Abb. 9.3
Retikulumzelle
Leukozyten
groer Lymphozyt
eosinophiler basophiler
neutrophiler
kleiner Lymphozyt
stabkerniger segment-
kerniger
groer Lymphozyt
basophiler Granulozyt
kleiner Lymphozyt
Thrombozyten
Erythrozyt
stabkerniger, Monozyt
neutrophiler Granulozyt
Transport von Wrme entsprechend des Tem- Nachphase: Fibrinfden ziehen sich zusam-
peraturgeflles, men (Retraktion), sodass sich die Wundrnder
Transport von Hormonen und anderen Wirk- einander nhern. Gleichzeitig entsteht aus
stoffen vom Bildungs- zum Wirkungsort zur allen geformten Bestandteilen der Blut-
chemischen Steuerung des Organismus und kuchen (= roter Thrombus). Dabei wird Serum
Transport von Arzneiwirkstoffen. abgepresst.
Merke
9.3.2 Blutstillung (Hmostase)
Die Blutungszeit betrgt 1 bis 3 Minuten, die
Gerinnungszeit 3 bis 5 Minuten.
Die Blutstillung umfasst alle Vorgnge, die zwi-
schen dem Entstehen und dem Verschluss einer Serum ist Plasma minus Fibrinogen.
Wunde ablaufen. Sie erfolgt nur in mittleren und
kleinen Gefen. In greren Gefen wird der Phasen der Blutgerinnung bei
entstehende Thrombus (= Blutpfropf) immer wie- kleineren und mittleren Gefen. Tab. 9.2
der weggesplt.
Gewebeverletzung
Die Blutstillung verluft in zwei Schritten.
1. Vorlufiger Wundverschluss (primre Hmo-
stase)
Nach Verletzung eines Gefes laufen fol- Vorphase Thromboplastin
(Thrombokinase)
gende Vorgnge ab:
Thrombozyten lagern sich an der defekten
Stelle an und verkleben. Sie bilden einen
Thrombozytenpfropf (= weier Thrombus).
1. Phase Prothrombin Thrombin
Gleichzeitig setzen die Thrombozyten ge-
fverengende Stoffe (z. B. Serotonin) frei.
Auerdem rollt sich die Innenschicht des
verletzten Gefes ein. 2. Phase Fibrinogen Fibrin
Die letzten beiden Vorgnge begnstigen die
Verschlussfhigkeit. Daher kann die Blutung
bereits gestillt sein (Blutungszeit), obwohl die
Gerinnung noch nicht abgeschlossen ist Nachphase Blutkuchen
(roter Thrombus)
(Gerinnungszeit).
2. Endgltiger Wundverschluss (= eigentliche Unter dem Schutz des Blutkuchens knnen sich
Blutgerinnung, sekundre Hmostase) die zerstrten Gewebe wieder regenerieren. Die
Die Blutgerinnung beginnt etwa zur gleichen Blutgerinnung erfolgt normalerweise nur im
Zeit wie die primre Hmostase und ist der Wundbereich, weil im strmenden Blut die Kon-
wichtigste Prozess der Blutstillung. zentration der gerinnungsaktiven Stoffe zu nied-
Vorphase: Gewebeverletzung und/oder Ober- rig ist und Antithrombin die Gerinnung stoppt.
flchenkontakt fhren zur Bildung von Throm-
boplastin (= Thrombokinase).
1. Phase: Das in der Leber mithilfe von Vit-
P Heparin steigert die Antithrombinwirkung
amin K gebildete inaktive Prothrombin wird und wirkt deshalb gerinnungshemmend. Die
in wenigen Sekunden durch Thromboplastin, extravasale Blutgerinnung bei Blutentnahme
Ca2+ und weitere Faktoren in aktives Throm- wird durch Stoffe verhindert, die die auf
bin berfhrt. vielen Stufen des Gerinnungsprozesses notwen-
2. Phase: Das Thrombin wandelt das lsliche digen Ca2+-Ionen binden, wie z. B. Lsungen
ebenfalls in der Leber gebildete Fibrinogen in von Na-Citrat.
unlsliches fadenfrmiges Fibrin um. Normalerweise gerinnt das Blut in unverletzten
Gefen nicht.
158 9 Kreislaufsystem
Nur unter bestimmten Bedingungen (z. B. Ver- 9.3.4 Blut und Immunsystem2)
nderungen der Intima1), verminderte Str-
mungsgeschwindigkeit des Blutes, abnorme 1. Abwehrmechanismen (berblick)
Blutzusammensetzung) bilden sich ausnahms- Jeder Organismus ist normalerweise in der
weise Gerinnsel in den Gefen. Lage, mithilfe seines Immunsystems krper-
Bewirken knnen diese Gerinnsel z. B. fremde Stoffe (z. B. Krankheitserreger oder
Thrombose, Embolie, andere Schadstoffe) zu erkennen und abzu-
Herzinfarkt Schlaganfall. wehren.
Die hufigste Vernderung der Intima der Arte- Zu diesem Zweck besitzt er verschiedene unspe-
rien ist die Arteriosklerose. Sie ist gekenn- zifische und spezifische Abwehrmechanismen,
zeichnet durch unphysiologische Fett- und wobei die Abwehr aus mehreren Stufen besteht
Kalkeinlagerungen. Dies fhrt zu Elastizitts- ( Tab. 9.4).
verlust und Einengungen, im Extremfall bis
zum vlligen Gefverschluss (arterielle Ver- Merke
schlusskrankheit). Unspezifische Abwehrmechanismen sind
Trotz der weiten Verbreitung sind die Ursachen gegen alle Erregerarten gerichtet, spezifische
bis heute nicht genau bekannt. Risikofaktoren nur gegen eine einzige. Beide besitzen je-
sind auf jeden Fall Rauchen, hoher Blutdruck, weils eine humorale3) und zellulre Kompo-
hoher Cholesterinspiegel und Diabetes mellitus. nente.
Abwehrmechanismen
T-Helferzellen T-Suppressorzellen
c) Lymphatisches System
Das lymphatische System ist der hauptsch-
liche Trger der spezifischen Abwehr.
z. B. zytotoxische Zellen Es wird gebildet
(= T-Killerzellen); vom Lymphgefsystem ( S. 187) und
vernichten Zellen den lymphatischen Organen.
regulieren ohne Beteiligung von
Immunreaktion Antikrpern
Rotes Knochenmark
Lymphozyt Thymus
Lymphozyten
Blutgef
lymphatisches
Lymphknoten Gewebe des Darmes
weie Milz
(Pulpa)
Lymphozyten
Blutgef
Der Thymus bildet das Hormon Thymosin, das Form, Gre, Masse
die zellulre Immunabwehr aktiviert. Die Milz hat die Gestalt einer groen Kaffee-
bohne. Sie ist etwa 12 cm lang, 7 cm breit und
4 cm dick. Ihre Masse betrgt 150 bis 200 Gramm.
162 9 Kreislaufsystem
Bindegewebskapsel
Milzbalken hinterer Pol
(Extremitas posterior)
rote Pulpa
(Milzsinus)
Magenflche
(Fascies gastrica)
Schnittrand
des Lig.
gastrolienale
Milzvene
(V. splenica)
Milzarterie
(A. splenica)
Bauchspeichel-
drsenflche
(Fascies pancreatica)
Balkenvene
Balkenarterie rote Pulpa
(Milzsinus) Schnittrand
Pulpavene weie Pulpa1) des Lig.
Pulpaarterie phrenicolienale
vorderer Pol
(Extremitas anterior)
1) Pulpaarterie mit Lymphscheide (T-Lymphozyten)
und Milzfollikel (B-Lymphozyten) bilden die Grimmdarmflche
weie Pulpa (Fascies colica)
P Bei Erkrankungen des lymphatischen Sys- ist wichtigstes Speicherorgan fr Lymphozyten,
essentielles Immunorgan fr Pneumokokken.
tems kann sich die Masse der Milz auf mehre-
re Kilogramm erhhen. Sie ist dann unter dem
Merke
linken Rippenbogen tastbar.
Eine normal groe Milz ist in der Regel nicht Die Milz ist in ihrer Abwehrttigkeit fr die
palpabel. gesamte Blutbahn zustndig.
Rindensinus Lymphfollikel
= Lymphkntchen
Lymphkntchen
= Lymphfollikel Rinde
(B-Lymphozyten)
Mark mit Marksinus
Vene Bindegewebs-
strnge
Arterie
abfhrendes
Lymphgef
Hilus
P Die Kenntnis der Abflussgebiete zu bestimm-
ten regionalen Lymphknoten hat klinische
Bedeutung fr die Diagnostik und Therapie-
Tubenmandel kontrolle von Tumoren und Entzndungen.
(Tonsilla tubaria)
Aus den entsprechenden Gebieten gelangen
Rachenmandel Entzndungszellen bzw. Tumorzellen in die
(Tonsilla pharyngea)
Lymphbahnen und werden in den Lymph-
ffnung der knoten zurckgehalten. Infiltrierte Lymph-
Ohrtrompete
knoten sind vergrert und oft tastbar.
Seitenstrang
Als Lymphographie bezeichnet man die
Zunge rntgenologische Darstellung der Lymphgef-
(Lingua)
e und Lymphknoten mittels Kontrastmittel.
Aufgaben
Lymphknoten sind die Filterstation der
Lymphe. Im Lymphsinus ist die Strmungsge-
schwindigkeit der Lymphe vermindert. Da-
durch haben die dort vorhandenen Uferzellen
( S. 165) ausgiebigen Kontakt und knnen
zusammen mit den Retikulumzellen Zell-
trmmer, Bakterien, Staub- und Ruteilchen
phagozytieren. Auch Krebszellen werden zu-
rckgehalten, so dass Lymphknotenmetastasen
vorderer entstehen knnen.
Gaumenbogen Prgung von B- und vor allem T-Lymphozyten
hinterer fr die spezifische Immunabwehr ( S. 166).
Gaumenbogen Speicherung von Lymphozyten. Die Lympho-
Gaumenmandel zyten halten sich in der Regel mehrere Stun-
(Tonsilla palatina) den in einem lymphatischen Organ auf. Danach
begeben sie sich fr 30 bis 45 Minuten ins
strmende Blut und gelangen dann erneut in
ein lymphatisches Organ zurck.
Lymphfollikel (= Lymphkntchen)
Als Lymphkntchen werden grere Ansamm-
Zunge lungen von B-Lymphozyten bezeichnet. Sie
(Lingua) kommen in allen lymphatischen Organen auer
Thymus und im Darm (= Peyersche Plaques)
vor.
Zungenmandel
(Tonsilla lingualis) Tonsillen (Mandeln)
Unter Tonsillen versteht man das lymphatische
Gewebe im Rachenbereich.
Alle Tonsillen bilden den lymphatischen Ra-
Gaumenmandel
chenring (Waldeyerscher Rachenring). Er stellt
(Tonsilla palatina) einen vorgeschalteten Immunapparat dar, der das
Abwehrsystem gewissermaen konomisiert. In
der Schleimhaut sitzen Makrophagen und versu-
chen, die Antigene abzufangen. Anschlieend
Tonsillen bilden den wandern sie in das Innere der Tonsille zu den
Abb. 9.10 lymphatischen Rachenring. dort vorwiegend vorhandenen B-Lymphozyten.
9.3 Physiologie des Blutes 165
Merke
Auflsung + Abbau
Das Komplementsystem ist das wichtigste un-
spezifische humorale Abwehrsystem. Phagozytose. Abb. 9.11
166 9 Kreislaufsystem
an seine Zelloberflche. Man sagt: Der Makro- plexe nicht abgebaut werden. Sie setzen sich
phage prsentiert die Antigene den Lympho- dann in bestimmten Organen (z. B. Niere, Ge-
zyten. Die Antigenprsentation bewirkt je nach lenke) fest und rufen dort Entzndungen her-
Beschaffenheit des Antigens entweder eine vor.
Beteiligung der B- oder T-Lymphozyten.
4. Spezifische zellulre Abwehr
Im Fall der spezifischen humoralen Abwehr Fr die spezifische zellulre Abwehr sind die
spielen die B-Lymphozyten die zentrale Rolle. T-Lymphozyten verantwortlich.
Folgende Vorgnge spielen sich ab: Folgende Vorgnge spielen sich ab:
T-Helferzellen heften sich an die Antigene und Die vom Makrophagen prsentierten Antigene
stimulieren die B-Lymphozyten; des Erregers aktivieren die T-Lymphozyten;
die aktivierten B-Lymphozyten teilen sich in die aktivierten T-Lymphozyten teilen sich in
B-Plasmazellen und T-Helferzellen,
B-Gedchtniszellen; T-Suppressorzellen (= T-Unterdrckerzellen),
die B-Plasmazellen produzieren antigenspezi- T-Effektorzellen (= T-Killerzellen);
fische Antikrper2) (= Immunglobuline); die spezifischen T-Effektorzellen lagern sich an
die spezifischen Antikrper reagieren mit den die infizierten Zellen und zerstren sie mithilfe
Antigenen, gegen die sie gebildet wurden ihrer Enzyme. Gleichzeitig produzieren sie
(= Antigen-Antikrper-Reaktion). Es entstehen Lymphokin, das die Makrophagen aktiviert,
sodass diese jetzt die Erreger abtten
knnen.
Antigen Antikrper Antigen-
(z. B. Masernvirus) + gegen Antikrper-
Masernvirus Komplex
Spezifische Spezifische
humorale Abwehr zellulre Abwehr
Antigen
Antigen
Krankheitserreger
Krankheitserreger
1. Phagozytose
der Erreger durch
Makrophagen
Makrophage Makrophage
T-Helferzelle
2. Antigenprsentation
(Verlagerung der Antigene
an die Zelloberflche)
B-
Lymphozyt T-Suppressorzelle
T-Helferzelle
T-Lymphozyt
3. Anlockung und
3. Anlockung und rezeptive Anheftung
rezeptive Anheftung
von T-Lymphozyten,
von B-Lymphozyten, T-Helferzellen,
T-Helferzellen und T-Suppressorzellen
Kooperation der und Kooperation der
beiden Zellarten drei Zellarten
4. Vermehrung
T-Gedchtniszelle
der B- bzw.
T-Lymphozyten Lymphokin
Antikrper (klonale Expansion) produzierende
T-Zelle
B-Gedcht- spezifische
niszelle Lymphokin
Antikrper
produzierende
Plasmazelle Lymphokin
befhigt
Makrophagen,
Erreger abzutten
Makrophage
Antigen-AntikrperReaktion Antigen-ImmunzellenReaktion
P Man kennt heute ca. 400 Merkmale der Ery- weiteren Schwangerschaften zu Schdigungen
throzytenmembran, von denen die meisten eines Rh-positiven Kindes fhren knnen. Dies
bei Bluttransfusionen bedeutungslos sind. lsst sich durch eine Serodiagnostik feststellen.
Blutgruppen
Blutgruppe A B AB 0
Agglutinogene
= Antigene der A B A, B
Erythrozyten-
membran
Agglutination Agglutinat
verschliet
A Blutgef
B
A B
+ +
Anti A Anti B
A B
Blutgruppentest Kreuzprobe
Blut- Spender
gruppe A B AB 0 Serum Erythrozyten
minor major
Anti A
Testserum
Anti B
Anti A
und Empfnger
Anti B Erythrozyten Serum
Bluttransfusion
1. Schwangerschaft 2. Schwangerschaft
Zygote
fr den Empfnger ein Restrisiko. Das Blut eine gewisse Zeit, oftmals Wochen bis Monate,
jedes Menschen enthlt ein individuell einma- sodass bei kurz nach einer Infektion entnom-
liges Gemisch verschiedener Eiweie, und da menen Blutkonserven die Antikrperbildung
prinzipiell jedes krperfremde Eiwei als zwar noch nicht nachgewiesen werden kann,
Antigen wirken kann, ist eine allergische sie aber dennoch infektis ist. Aus diesen
Reaktion nie ausgeschlossen. Auerdem kn- Grnden wird die Indikation fr eine Voll-
nen Krankheitserreger bertragen werden. Die blutkonserve sehr streng gestellt.
Antikrperbildung nach einer Infektion dauert
172 9 Kreislaufsystem
linker Vorhof
(Atrium sinistrum)
groe Krperarterie Lungenvenen
(Aorta) (Vv. pulmonales)
zweizipflige
Stamm der Segelklappe/
Lungenarterien Mitralklappe
(Truncus pulmonalis) (Valva bicuspidalis,
Valva mitralis)
obere Hohlvene
(V. cava superior) Aortenklappe
(Valva aortae)
rechter Vorhof
(Atrium dextrum) linke
Lungenarterienklappe/ Herzkammer
(Ventriculus sinister)
Pulmonalklappe
(Valva trunci pulmonalis) Herzinnenhaut
dreizipflige (Endokard)
Segelklappe Herzmuskel-
(Valva tricuspidalis) schicht
Papillarmuskel (Myokard)
untere Hohlvene Herzauenhaut
(V. cava inferior) (Epikard)
rechte Herzkammer Herzscheide-
(Ventriculus dexter) wand
(Septum cardiale)
Herz, ventral
rechte gemeinsame
Halsarterie
(A. carotis communis dextra)
groe Krperarterie
(Aorta)
linke Lungenarterie
rechte Lungenarterie (A. pulmonalis sinistra)
(A. pulmonalis dextra)
Stamm der
rechtes Herzohr Lungenarterien
(Auricula dextra) (Truncus pulmonalis)
rechte vorderer
Herzkranzarterie Zwischenkammerast
(Ramus interventricularis
(A. coronaria dextra)
anterior)
rechte Herzkammer linke Herzkammer
(Ventriculus dexter) (Ventriculus sinister)
Herzbasis Herzspitze
Herz, dorsal
sten Hohlororganen
Herzbasis dreischichtig:
(2. Zwischenrippenraum)
Herzinnenhaut (Endo-
linke Lunge kard), Muskelschicht
(Myokard) und Herz-
auenhaut (Epikard).
ueres Das Myokard ist ein
Herzbeutelblatt
(Perikard) krftiger Hohlmuskel
Herzspitze aus Herzmuskelge-
(5. Zwischen- webe ( S. 68).
rippenraum) Seine Dicke ist der
Zwerchfell Belastung angepasst;
(Diaphragma) so ist das Vorhofmyo-
Leber kard schwcher als das
(Hepar) Kammermyokard (ein-
Magen schlielich Vorhof-
(Gaster, und Kammerseptum)
Ventriculus)
und das linke Kammer-
myokard deutlich str-
Abb. 9.18 Lage des Herzens. ker als das rechte.
Tricuspidal-
klappe
(Valva
Pulmonalklappe tricuspidalis)
(Valva trunci pulmonalis)
rechter Vorhof
(Atrium dextrum)
Papillarmuskeln
rechte Herzkammer
(Ventriculus dexter)
Tricuspidalklappe
(Valva tricuspidalis)
Segel) zwischen rechtem Vorhof und rechter zeigen sich insbesondere an den Klappen. Als
Herzkammer und Folge knnen Herzklappenfehler entstehen.
Mitralklappe (Valva mitralis zwei Segel)
zwischen linkem Vorhof und linker Herz- Blutversorgung ( Abb. 9.17, S. 173)
kammer. Die Blutversorgung des Herzens erfolgt durch die
Herzkranzgefe (Koronargefe). Zwei Herz-
Taschenklappen (Semilunarklappen) kranzarterien entspringen aus der Aorta dicht
Die dnnen Membranen der Taschenklappen be- hinter der Aortenklappe.
stehen aus einer Doppellage der Arterieninnen- Rechte Herzkranzarterie (A. coronaria dextra),
haut (Intima) und haben die Form von Schwal- sie verluft in der rechten Kranzfurche nach
bennestern. Sie sind so angeordnet, dass sie vom hinten. Ihr Endast, der hintere Zwischenkam-
zurckstrmenden Blut gefllt werden, sich da- merast (Ramus interventricularis posterior),
durch aufblhen und somit die ffnung ver- steigt in der hinteren Zwischenkammerfurche
schlieen. Jede Klappe besteht aus drei Taschen. ab;
linke Herzkranzarterie (A. coronaria sinistra).
Die Taschenklappen unterteilen wir in Sie teilt sich nach l cm in zwei Endste:
Pulmonalklappe (Valva trunci pulmonalis) den vorderen Zwischenkammerast (Ramus
zwischen rechter Herzkammer und Truncus interventricularis anterior), der in der vorde-
pulmonalis sowie ren Zwischenkammerfurche herzspitzen-
Aortenklappe (Valva aortae) zwischen linker wrts verluft und
Herzkammer und Aorta. den umbiegenden Ast (Ramus circumflexus),
der in der linken Herzkranzfurche nach hin-
ten verluft.
176 9 Kreislaufsystem
P Durchblutungsstrungen des Herzens sind 9.5 Gefsystem
relativ hufig.
Begrndung: Das Herz wird durch zwei Arte- Das Gefsystem bildet in Verbindung mit dem
rien versorgt. Dies sind funktionelle End- Herzen ein Transportsystem, in dem das Trans-
arterien, die kaum ber Anastomosen in Ver- portmittel Blut in einem geschlossenen Kreis-
bindung stehen. Durch die stndige Energie lauf bewegt wird. Auf diese Weise werden den
verbrauchende Pumpttigkeit hat das Herz Zellen die zum Leben notwendigen Stoffe zu-
einen groen Durchblutungsbedarf. und die Stoffwechselprodukte abgeleitet. Man
Bei unvollstndigem oder kurzzeitigem Ver- unterscheidet das Blutgefsystem und das
schluss kleinerer Gefe kommt es zu hefti- Lymphgefsystem.
gem Thoraxschmerz, der oft in den linken
Arm ausstrahlt (Angina pectoris). Einige
Tropfen oder Sprayste Nitroglyzerin (ber 9.5.1 Blutgefarten
die Mundschleimhaut resorbiert) lindern
prompt die Beschwerden, weil dadurch eine Das Blutgefsystem ist ein geschlossenes
Erweiterung der Herzkranzgefe erfolgt. Der System, d. h., der Inhalt (Blut) bewegt sich aus-
vollstndige Verschluss eines Gefes (meist schlielich in den Gefen. Es werden folgende
durch einen Thrombus) verursacht extrem star- Blutgefarten unterschieden:
ke Brustschmerzen (Herzinfarkt). Das berle- 1. Arterien. Gefe, die das Blut vom Herzen
ben des Patienten hngt hauptschlich davon weg transportieren. Die kleinsten Arterien
ab, wie schnell er in eine Klinik kommt und heien Arteriolen.
dort der Thrombus durch knstliche Fibrino- 2. Venen. Gefe, die das Blut zum Herzen hin
lyse mit Medikamenten (z. B. Streptokinase, transportieren. Die kleinsten Venen heien
Urokinase) aufgelst wird. Auch heute noch Venolen (oder Venulen).
sterben viele Menschen am Herzinfarkt, da bei 3. Kapillaren. Kleinste Haargefe zwischen
einem greren Gefverschluss das dahinter Arteriolen und Venolen, die dem Stoffaus-
liegende Herzmuskelgewebe irreversibel ge- tausch zwischen Blut und Zelle dienen.
schdigt wird und der Pumpvorgang nicht auf-
rechterhalten werden kann. Die Ver- und Entsorgung der Zellen erfolgt indi-
rekt ber die interstitielle Flssigkeit.
Nervenversorgung
Das Herz wird vom vegetativen Nervensystem
(sympathische und parasymphatische Herznerven) interstitielle Flssigkeit
versorgt ( S. 364 ff). Bei sympathischer
Erregung steigen Herzfrequenz und Schlagkraft,
der Parasympathikus hemmt beides.
Arteriole
P Viele Herzmedikamente wirken ber die
Beeinflussung des vegetativen Nervensystems
(z. B. Betablocker). Venole
Kapillaren
Herzbeutel (Perikard) Gewebe
P Der Herzbeutel ermglicht die freie Beweg-
lichkeit des Herzens. Er ist wie alle sersen Stoffaustausch im Kapillargebiet. Abb. 9.21
Hhlen aus zwei Blttern aufgebaut ( S. 86):
dem ueren fibrsen parietalen Blatt (Perikard
im engeren Sinn) und Arteriovense Anastomosen sind Gefverbin-
dem inneren sersen viseralen Blatt (Epikard), dungen zur Umgehung der Kapillaren. Sie die-
das dem Herzen anliegt. nen der Durchblutungsregulation (z. B. Vern-
Der Umschlag vom Epikard in das Perikard derung der Hautdurchblutung zur Steuerung des
befindet sich an den Ein- und Ausflussbahnen des Wrmehaushaltes.
Herzens.
9.5 Gefsystem 177
Kapillaren Hauptgef
Arteriole
Nebengef
Gewebe
Venole interstitielle
Flssigkeit
Brckenanastomose
P Hufigste Erkrankung der Arterien ist die Bau von Arterie und Vene. Abb. 9.24
Arteriosklerose (Arterienverkalkung).
178 9 Kreislaufsystem
Merke
P Hufige Erkrankungen der Venen sind
Das Blut gelangt ber Venen immer zuerst in
die Vorhfe. Im Herzen fliet das Blut dann
Krampfadern (Varizen) als Folge schwacher
vom rechten Vorhof in die rechte und vom
Venenwnde: Die Klappen schlieen nur noch
linken Vorhof in die linke Herzkammer. In
unvollkommen.
der rechten Herzhlfte befindet sich O2-
armes, in der linken Herzhlfte O2-reiches
Kapillaren Blut.
Die Kapillarwand ist einschichtig und besteht
nur aus der Intima, die von einem Gitterfaser-
hutchen umhllt wird. Der Durchmesser der Die einzelnen Organkreislufe (z. B. Nierenkreis-
kleinsten Kapillaren ist geringer als der eines lauf) des Krperkreislaufes sind parallel geschal-
Erythrozyten, sodass diese sich nur aufgrund tet, d. h., jedes Organ erhlt einen bestimmten Teil
ihrer Elastizitt hindurchbewegen knnen. des Gesamtblutvolumens.
Jeder Organkreislauf zeigt eine bestimmte
Geffolge:
9.5.2 Blutkreislauf
linke
gemeinsame Lungenarterie
Halsarterie (A. pulmonalis
(A. carotis communis) sinistra)
linke
Lungenvenen
(Vv. pulmonales
obere sinistrae)
Hohlvene
(V. cava superior) Lungenstamm-
rechter arterie
Vorhof (Truncus pulmonalis)
(Atrium dextrum) linker Vorhof
rechte (Atrium sinistrum)
Herzkammer linke
(Ventriculus dexter) Herzkammer
Leber (Ventriculus sinister)
(Hepar) Aorta
Pfortader
(V. portae)
Grimmdarm
(Colon)
untere
Hohlvene
(V. cava
inferior)
gemeinsame Oberschenkel-
Becken- oder arterie
Hftarterie (A. femoralis)
(A. iliaca communis)
Brustaorta Bronchialarterien,
(Pars thoracica aortae) Speiserhrenarterien, Brusteingeweide,
obere Zwerchfellarterien, Zwerchfelloberseite,
Zwischenrippenarterien. Brustwand.
Bauchaorta Unpaarige ste:
(Pars abdominalis aortae) Bauchhhlenstamm
(Truncus coeliacus) mit
linker Magenarterie, Magen, Duodenum,
gemeinsamer Leberarterie, Leber, Milz,
Milzarterie (A. lienalis); Bauchspeicheldrse.
obere Gekrsearterie Darm ab Jejunum bis
(A. mesenterica superior), Quercolon (2. Drittel).
untere Gekrsearterie Letztes Drittel Quer-
(A. mesenterica inferior). colon bis zum oberen
Teil des Mastdarms.
Paarige ste Nebennierenarterien, Nebennieren,
Nierenarterien (Aa. renales), Nieren,
Hoden- bzw. Eierstockarterien, Hoden bzw. Eierstcke,
Zwerchfellarterien, Zwerchfellunterseite,
Lendenarterien. Bauchwand.
Gemeinsame Hftarterie
(A. iliaca communis) mit
innerer Hftarterie Beckenorgane
(A. iliaca interna) und
uerer Hftarterie Bein
(A. iliaca externa).
Die Arterien verzweigen sich bis zu den Kapilla- Arterien des Krperkreislaufes und ihre
ren stndig weiter auf. Dabei nehmen der Gesamt- Versorgungsgebiete
querschnitt zu, Durchmesser und Wandstrke ab. Alle groen Arterien des Krperkreislaufes ent-
Ebenso verringert sich die Strmungsgeschwin- springen aus der Aorta. Die Aorta beginnt im lin-
digkeit des Blutes. ken Ventrikel und wird ihrem Verlauf entspre-
Die Organdurchblutung wird vom vegetativen chend in folgende Abschnitte gegliedert:
Nervensystem und durch Hormone dem jeweili- Aufsteigende Aorta (Pars ascendens aortae) im
gen Funktionszustand angepasst. oberen Mediastinum.
Aortenbogen (Arcus aortae) verluft vom obe-
ren Mediastinum in das hintere.
9.5 Gefsystem 181
Schlfenarterie
(A. temporalis)
Gesichtsarterie uere Kopfarterie
(A. facialis) (A. carotis externa)
innere Kopfarterie
(A. carotis interna)
gemeinsame
Halsarterie
(A. carotis communis)
Schlsselbeinarterie
(A. subclavia)
Stamm
Achselarterie der Kopf-Arm-Arterie
(A. axillaris) (Truncus brachiocephalicus)
Oberarmarterie Aorta
(A. brachialis) Bauchhhlenstamm
Nierenarterie (Truncus coeliacus)
(A. renalis) obere
gemeinsame Gekrsearterie
Hftarterie (A. mesenterica superior)
(A. iliaca communis) untere
Speichenarterie Gekrsearterie
(A. radialis) (A. mesenterica inferior)
Ellenarterie uere Hftarterie
(A. ulnaris) (A. iliaca externa)
tiefer
Hohlhandbogen
(Arcus palmaris
profundus)
innere Hftarterie
(A. iliaca interna)
oberflchlicher Oberschenkelarterie
Hohlhandbogen (A. femoralis)
(Arcus palmaris
superficialis)
Kniekehlenarterie
(A. poplitea)
vordere
Schienbeinarterie
(A. tibialis anterior) hintere
Wadenbeinarterie Schienbeinarterien
(A. fibularis) (Aa. tibiales posterior)
Furckenarterie
(A. dorsalis pedis)
Hinterhauptarterie
(A. occipitalis)
Speichenarterie Bauchaorta
(A. radialis) (Pars abdominalis aortae)
Ellenarterie
(A. ulnaris)
uere Hftarterie
(A. iliaca externa)
Oberschenkelarterie
(A. femoralis)
Kniekehlenarterie
(A. poplitea)
vordere Schienbeinarterie
(A. tibialis anterior) Wadenbeinarterie
(A. fibularis)
hintere
Schienbeinarterie
(A. tibialis posterior)
Furckenarterie
(A. dorsalis pedis)
Pulstaststellen
Aortenbogen
aufsteigende Aorta (Arcus aortae)
(Pars ascendens aortae)
Brustaorta
Bauchhhlenstamm (Pars thoracica aortae)
(Truncus coeliacus)
obere Gekrsearterie linke Nierenarterie
(A. mesenterica superior) (A. renalis sinistra)
Keimdrsenarterie
Bauchaorta (Hoden- bzw.
(Pars abdominalis aortae) Eierstockarterie)
gemeinsame untere
Hftarterie Gekrsearterie
(A. iliaca communis) (A. mesenterica inferior)
uere Hftarterie Aortengabel
(A. iliaca externa) (Bifurcatio aortae)
innere Hftarterie
(A. iliaca interna)
absteigende Aorta
(Pars descendens aortae)
oberer Magen
Bauchhhlenstamm (Gaster)
(Truncus coeliacus) Milz
(Splen, Lien)
Milzarterie
(A. lienalis)
linke Magenarterie
(A. gastrica sinistra)
gemeinsame Leberarterie
(A. hepatica communis)
Ast der A. hepatica
Leber communis
(Hepar) (A. gastroduodenalis)
Bauchspeicheldrse Ast der A. lienalis
(Pankreas) (A. gastroepiploica)
Zwlffingerdarm rechte Magenarterie
(Duodeum) (A. gastrica dextra)
gemeinsame
Hftvene
(V. iliaca communis)
Oberschenkelvene
(V. femoralis) uere Hftvene
(V. iliaca externa)
groe Hautvene
(V. saphena magna) innere Hftvene
(V. iliaca interna)
groe Hautvene1)
(V. saphena magna)
entsteht im Bereich
des Schienbeinknchels
Kniekehlenvene1) und zieht medial am
(V. poplitea) Unter- und Oberschenkel
nach proximal
kleine Hautvene
(V. saphena parva)
beginnt im Breich des
Wadenbeinknchels
und verluft an der
dorsalen Seite des
Unterschenkels zur
Kniekehle und
mndet hier in die
V. poplitea
1) Hautvenen
Venennetz des
Furckens ber die mit markierten Venen bestehen
(Rete venosum dorsale Verbindungen (Anastomosen) zum Pfort-
pedis) aderkreislauf
linke
Lungenarterie
(A. pulmonalis
rechte sinistra)
Lungenarterie Lungenvenen
(A. pulmonalis (Vv. pulmonales)
dextra)
linker Vorhof
Lungenvenen (Atrium sinistrum)
(Vv. pulmonales)
Lungenarte-
rienstamm
(Truncus
pulmonalis)
rechte
Herzkammer
(Ventriculus
dexter)
Pfortaderkreislauf
Merke
Unter den Organkreislufen des Krperkreis-
laufes nimmt der Pfortaderkreislauf eine Sonder- Unter dem Pfortaderkreislauf versteht man
stellung ein. Abbildung 9.35 verdeutlicht dies folgenden Weg des Blutes:
wie folgt: Bauchaorta
Das Blut kommt von der Bauchaorta ber die
Organarterien in die Kapillargebiete der unpaari- Organarterien der unpaarigen Bauchorgane
gen Bauchorgane (Magen, Darm, Bauchspei-
cheldrse, Milz). Kapillaren der unpaarigen Bauchorgane
(1. Kapillargebiet)
Hier finden folgende wichtige Vorgnge statt:
Pfortader (= Sammelvene)
Im Magen- und Darmkapillargebiet erfolgt die
Resorption der Nahrungsstoffe, Leberkapillaren
im Milzkapillargebiet die Aufnahme von Ab- (2. Kapillargebiet)
bauprodukten des Blutes und
im Bauchspeicheldrsenkapillargebiet die Auf- Lebervenen
nahme der Hormone Insulin und Glukagon.
untere Hohlvene
Das in seiner Zusammensetzung so vernderte
Blut fliet danach ber die Venen der unpaarigen blut befindlichen Stoffe werden einer Kontrolle
Bauchorgane in die Pfortader (V. portae), also unterzogen, bevor sie in die anderen Organe
nicht wie blich in die untere Hohlvene. ber gelangen.
die Pfortader gelangt es in das 2. Kapillargebiet, Die Leber verndert also das Blut deutlich, in
das der Leber. Von da strmt es schlielich ber dem sie u. a.
die Lebervenen zur unteren Hohlvene. die resorbierten Nahrungsstoffe abbaut oder
ineinander umwandelt,
Die Leber ist das wichtigste Stoffwechselorgan toxische Stoffe (Alkohol, Medikamente) ent-
( Kap. 12.6, S. 246), d. h., die im Pfortader- giftet,
9.5 Gefsystem 187
untere Hohlvene
linke (V. cava inferior)
Magenvene
(V. gastrica sinistra)
Pfortader
(V. portae)
Leberpforte
(Porta hepatis)
Milzvene
(V. lienalis)
rechte
Magenvene
(V. gastrica dextra)
Bauchspeicheldrsenvenen
(Vv. pancreaticae)
obere Gekrsevene
(V. mesenterica superior)
untere Gekrsevene
(V. mesenterica inferior)
P Bei Verstopfung der Pfortader nimmt das Lymphgefsystem mit zahlreichen blindver-
Blut einen Umweg (Kollateralkreislauf) ber schlossenen Lymphkapillaren. Die Lymphkapil-
Anastomosen, die zu Venen der vorderen laren vereinigen sich zu ableitenden, oft mit
Bauchwand fhren. Deren Erweiterung fhrt Klappen ausgestatteten Lymphgefen, die ber
zum sog. Medusenhaupt. Eine weitere Um- den Milchbrustgang (Ductus thoracicus) und den
gehung erfolgt ber Speiserhrenvenen und rechten Lymphstamm (Ductus lymphaticus dex-
damit verbundener Varizenbildung. ter) in das Venensystem einmnden. An den
188 9 Kreislaufsystem
Merke
Lymphmenge
Extremitten verlaufen die mittleren Lymphge- Sie betrgt unter normalen Bedingungen ca. 2 l/d
fe hufig in unmittelbarer Nachbarschaft der (= 1/10 des kapillren Filtrats).
greren Hautvenen.
Lymphtransport
Der Ductus thoracicus ist der grte Lymph- Das Lymphsystem hat im Unterschied zum
stamm. Er beginnt in Hhe des 1. Lendenwirbels Blutgefsystem kein Pumporgan. Der Trans-
mit einer blschenfrmigen Erweiterung port der Lymphe erfolgt durch Kontraktion der
(= Cisterna chyli) und tritt mit der Aorta durch glatten Gefmuskulatur und durch vorber-
das Zwerchfell. Danach verluft er im hinteren gehende Drucksteigerung in der Umgebung der
Mediastinum und mndet in den linken Venen- Lymphgefe. Die mittlere Strmungsgeschwin-
winkel (= Vereinigung von V. subclavia sinistra digkeit ist dementsprechend sehr langsam.
und V. jugularis interna sinistra). Er sammelt die
Lymphe aus allen Krperteilen unterhalb des
P Verschluss von Lymphgefen fhrt zu
Zwerchfelles, dem linken Arm und der linken Lymphdemen.
Brust-, Hals- und Kopfseite. Entzndungen der Hautlymphgefe (z. B.
Der nur ca. 1 cm lange Ductus lymphaticus dex- nach Insektenstich) erkennt man an deren roter
ter mndet in den rechten Venenwinkel (Ver- Verfrbung (roter Strich im Volksmund fl-
einigung von V. subclavia dextra und V. jugularis schlich als Blutvergiftung bezeichnet).
interna dextra) und sammelt die Lymphe aus
dem rechten Arm und der rechten Hals- und
Kopfseite. Aufgabe
Bevor die Lymphe in die groen Lymphgefe Das Lymphgefsystem dient dem Flssigkeits-
gelangt, passiert sie zahlreiche zwischengeschal- transport in das Venensystem, wobei gleichzeitig
tete Lymphknoten. Diese kommen an bestimm- Kontroll- und Abwehraufgaben erfllt werden.
ten Stellen gehuft vor (z. B. regionre Lymph- Mittransportiert werden solche Stoffe, die die
knoten) und besitzen Filter- und Abwehrfunktion Wand der Blutkapillaren nicht passieren knnen
( S. 163). und erst gefiltert werden mssen.
Beispiele: Bakterien, Ru, Krebszellen und
Merke Fettstoffe (werden im Dnndarm resorbiert).
Die Flssigkeit in den Lymphgefen wird
als Lymphe bezeichnet und fliet in das
Venensystem.
9.6 Physiologie des Kreislaufsystems 189
Lymphknoten Drosselvene
hinter dem Ohr (V. jugularis)
Unterkieferlymphknoten linker
Venenwinkel
rechter Hauptlymphgang Schlssel-
(Ductus lymphaticus dexter) beinvene
(V. subclavia)
rechter
Venenwinkel Achsellymphknoten
Achsellymphknoten Lungenhiluslymphknoten
Brustmilchgang
(Ductus thoracicus)
Cisterna chyli
Ellenbogen-
lymphknoten
Gekrselymphknoten
Beckenlymphknoten
Leistenlymphknoten
9.6 Physiologie des Kreislaufsystems weitestgehend selbstndig zu sein, bildet das Herz
deshalb die Erregungen selbst. Bei der Ttigkeit
Dieser Abschnitt beschftigt sich mit der Herz- des Herzens sind demnach das elektrische
ttigkeit und den speziellen Aufgaben der einzel- Geschehen (Erregung) und das mechanische
nen Gefarten. Geschehen (Pumpttigkeit) zu unterscheiden.
rechter Vorhof
(Atrium dextrum)
linker Vorhof
(Atrium sinistrum)
Herzskelett
bestehend aus
4 bindegewebigen
Ringen
(Anuli fibrosi)
Sinusknoten
linke
Herzkammer
(Ventriculus
Atrioventrikular- sinister)
knoten1)
(AV-Knoten) Papillarmuskeln
His-Bndel
Kammer-
schenkel
rechte
Purkinjesche Herzkammer
(Ventriculus dexter)
Fasern
+ +
+
Abb. 9.39 EKG-Ableitungen.
P = Vorhoferregung
Q
R = Kammererregung
S
T = Erregungsrckbildung
in der Kammer-
muskulatur
Elektrischer Impuls
Wie die Vorgnge im
P Bei krperlicher Anstrengung kann das Herz-
Muskelttigkeit Einzelnen ablaufen, minutenvolumen bis auf 20 l/min ansteigen.
ist aus der Tabelle 9.8,
Druckverhltnisse
Seite 194 und der
Abb. 9.42, Seite 195
Regelung der Herzleistung ( Abb. 9.41)
Klappenstellung Die Eigenrhythmik (Autonomie) des Herzens
zu ersehen.
Blutbewegung kann vom vegetativen Nervensystem ( S. 364)
modifiziert werden. Dadurch erfolgt die funk-
tionsgerechte Einstellung der Herzttigkeit ent-
Begleiterscheinungen der Herzaktion sprechend der Belastungssituation.
Durch den Klappenschluss erzeugte Schwingun-
gen fhren zu diagnostisch verwertbaren Schall-
erscheinungen. Man unterscheidet den 1. Herz- Herzfrequenz
ton, der beim Schluss der Segelklappen am (Herzschlag pro Minute)
Systolenbeginn auftritt, und den 2. Herzton, der
beim Schluss der Taschenklappen am Diastolen-
beginn auftritt.
Schlagvolumen Gleichzeitig verlagert sich die
von ca. 70 ml Ventilebene herzspitzenwrts
wird aus jeder Kammer
in die Ausflussbahnen gedrckt; Entstehung eines Soges in den
Restvolumen Vorhfen
von ca. 70 ml Ende
verbleibt in den Kammern Fllung der Vorhfe Kammersystole
Erregungsrckbildung Beginn
Kammerdiastole
Erschlaffung des Kammermyokards Entspannungs-
phase
Kammerdruck fllt
zunchst unter den Arteriendruck
Taschenklappen werden geschlossen,
sodass der Rckfluss des Blutes in die Kammern verhindert wird
wenig spter fllt der Kammerdruck unter den Vorhofdruck
Kammer-
Segelklappen werden geffnet fllungsphase
Ventilebene verlagert sich wieder herzbasiswrts
Blut fliet von den Vorhfen in die Kammern
anfangs schnell, dann langsamer
gleichzeitig kann Blut ber die Einflussbahnen in die Vorhfe nachflieen
Vorhfe und Kammern befinden sich whrend dieser Zeit in einer kurzen Ende
Ruhephase (= Erholungszeit) Kammerdiastole
9.6 Physiologie des Kreislaufsystems 195
ne
be
it le
ne n
be Ve
tile
n
Ve
Ausgangs-
situation Kammern gefllt,
zu Beginn Anspannungsphase
Segelklappen offen,
der Systole Taschenklappen zu, isometrische
Kammerdruck fast 0 mmHg Hg
m
m Kontraktion des
0 Kammermyokards,
8 Hg
m
m Segelklappen
25 fast
0 mmHg
werden geschlossen
fast
0 mmHg 80 mmHg
25 mmHg
Entspannungs- und
m
Hg Fllungsphase
m
80 Hg
m
m
2 5
10 mmHg
Hg
m
0
m Austreibungsphase
fast 13 Hg
10 mmHg 0 mmHg m
m
40 Unter- isotonische Kontraktion
fast druck des Kammermyokards,
0 mmHg
Taschenklappen werden
130 mmHg
Unter-
geffnet, Schlagvolumen
Entspannung des Kammermyokards, druck wird ausgestoen,
Segelklappen werden geffnet, 40 mmHg Vorhfe werden gefllt
Kammern werden gefllt
9.6.3 Funktion der Gefe a) Das Blut strmt entlang des herrschenden
Druckgeflles im Kreislaufsystem.
Der Transport des Blutes unterliegt bestimmten b) Die Durchflussmenge ist umso grer, je gr-
physikalischen Gesetzmigkeiten, von denen er die Druckdifferenz und je geringer der
hier einige genannt werden. Strmungswiderstand ist.
Kapillaren
Arteriolen
Arteriolen
Venolen
Venolen
Arterien
Arterien
Venen
Venen
[cm2 ] [%]
4000
Querschnitt 80 Volumen
3500
70
3000 63
60
2500
50
2000
40
1500
30
1000
20 15
500 12
10 3 7
[cm/s] [%]
Strmungs- Widerstand
geschwindigkeit 60
15 50 47
40
10
30 27
20 19
5
10 4 3
[mmHg] [%]
140 Blutdruck 70 Oberflche
120 60 59
100 50
80 40
60 30 29
40 20
10
20 10
0,5 1,5
Arteriensystem
Die Arterien erfllen zwei Auf-
gaben. Sie verteilen das Blut auf Aortenklappe
zu Entspeicherung
die Krperperipherie und ver-
wandeln die stoweise Blutstr-
mung am Aortenanfang in eine Systole (Austreibungsphase)
annhernd kontinuierliche Str-
mung (Windkesselfunktion).
Merke
Austreibungsphase der Aortenklappe
auf Pulswelle
Kammersystole
Ein Teil des Schlagvolumens
fliet als systolisches Ab- Windkesselfunktion. Abb. 9.44
flussvolumen sofort weiter,
ein anderer Teil wird kurz-
fristig in dem sich dehnenden Aortenab- Im Pars ascendens aortae eines jungen, gesunden
schnitt gespeichert. Es entsteht der systoli- Erwachsenen betragen die Werte durchschnittlich:
sche arterielle Blutdruckwert. systolisch 120 mmHg1) (= 120 Torr),
diastolisch 80 mmHg (= 80 Torr).
Diastole Der mittlere arterielle Blutdruck betrgt mithin
In der Phase des Druckabfalls zieht sich die 100 mmHg.
gedehnte Aortenwand elastisch zusammen Die Hhe des Blutdruckes hngt vor allem von
und bewirkt das Weiterflieen des Blutes in 3 Faktoren ab:
Richtung Kapillaren. Es entsteht der diastoli- von der Pumpkraft des Herzens,
sche arterielle Blutdruckwert. von der Gre des Schlagvolumens und
vom peripheren Widerstand (Gefquerschnitt,
Elastizitt und Glattheit der Gefwand).
Blutdruck
Der in den Blutgefen und Herzinnenrumen
herrschende Druck heit Blutdruck. Merke
Der systolische arterielle Blutdruck hngt
Beim Blutdruckmessen werden 2 arterielle Blut- hauptschlich vom Herzminutenvolumen und
druckwerte ermittelt; der systolische arterielle der diastolische arterielle Blutdruck vom
Blutdruckwert, der whrend der Austreibungs- peripheren Widerstand in den Arteriolen ab.
phase der Kammersystole entsteht, und der dias-
tolische arterielle Blutdruckwert, der whrend
der Kammerdiastole vorherrscht. 1) mmHg = Millimeter Quecksilbersule
198 9 Kreislaufsystem
Daraus folgt:
Organdurchblutung muss angepasst werden
Lymphkapillare
Lymphe
2 l/d
28 mmHg 28 mmHg
= effektiver Filtrationsdruck: = effektiver
37 mmHg 28 mmHg = Reabsorptionsdruck:
9 mmHg 28 mmHg 22 mmHg = 6 mmHg
Folge: Filtration 20 l/d Folge: Reabsorption 18/d (Auswrtsfiltration)
= Flssigkeitsbewegung
Inspiration Exspiration
Venendruck Venendruck
fllt steigt
Venen Venen
erweitert verengt
Sog- und Druckwirkung bei der Inspiration und Exspiration. Abb. 9.47
Venenklappen
geffnet
Venen verengt Kammersystole
Venenklappen
geschlossen untere Hohlvene
Arterie
Sogwirkung der Vorhfe
Abb. 9.48 Arterien-Venen-Kopplung. whrend der Kammersystole. Abb. 9.50
P Beim Wechsel vom Liegen zum Stehen
(Orthostase1)) kann ein Teil des Blutes vor
allem aus dem Lungenkreislauf in den
Abb. 9.49 Muskelpumpe.
Beinvenen versacken und unter Umstnden
zum orthostatischen Kollaps fhren.
1) aufrechte Krperhaltung
202 9 Kreislaufsystem
Merke
Tab. 9.10 Regulation der Organdurchblutung. Durch lokale
Regulation ist
Erhhung des Durchblutung der Organismus
ng Strmungswiderstandes gemindert in der Lage, die
e ngu
Ve r Organdurchblu-
Gef tung schnell,
Erw aber nur bis zu
ei t
eru
einem gewissen
ng Verringerung des Durchblutung Grade anzupas-
Strmungswiderstandes verbessert sen.
arterieller Blutdruck arterieller Blutdruck
Druckrezeptoren (Pressorezeptoren)
(in Aorta, A. carotis, Ventriculus sinister)
(Vasodilatation) Schlagvolumen (Vasokonstriktion) Schlagvolumen
Adrenalin Plasmavolumen
Renin
Noradrenalin Na+
Angiotensin II Durstgefhl
(GFR)
Blutdruck Niere
Na+-Rckresorption
P Versagen der Kreislaufregulation bedeutet, Bei den beschriebenen Regulationsmglichkei-
dass lebenswichtige Organe zu wenig durch- ten sind die schnelle Regelung ber das vegetati-
blutet werden. Dies kann nach Blutverlust ve Nervensystem und die langsame Regelung
und bei orthostatischem Kreislaufversagen mithilfe von Hormonen und anderen Wirkstoffen
auftreten. zu unterscheiden ( Tab 9.14).
l. Definieren Sie den Begriff Kreislaufsystem und geben Sie einen berblick ber dessen
Funktionen.
2. Geben Sie einen berblick ber die Zusammensetzung des menschlichen Blutes.
3. Beschreiben Sie den Bau eines Erythrozyten und nennen Sie die Hauptfunktion.
Was ist der Hmatokrit?
4. Welche Arten von Leukozyten kennen Sie?
5. Wie ist ein Thrombozyt gebaut?
6. Wo werden die Blutzellen gebildet bzw. abgebaut?
7. Geben Sie die Normalwerte der Blutzellen an.
8. Nennen Sie die Bestandteile des Blutplasmas und erlutern Sie deren Funktion.
9. Welche Funktionen hat das Blut?
10. Beschreiben Sie die Vorgnge, die zum Verschluss eines verletzten kleineren Blutgefes
fhren.
11. Warum kann es wegen einer Gerinnungsstrung zu einer Verschiebung des OP-Termines
kommen?
12. Wie kann man die Blutgerinnung bei Blutentnahmen am gnstigsten verhindern?
13. Was versteht man unter der Fibrinolyse und wie luft sie ab?
14. Welche Beziehungen bestehen zwischen Blut und Immunsystem?
15. Nehmen Sie eine Einteilung der verschiedenen Abwehrmechanismen vor.
Begrnden Sie den Zusammenhang zwischen uerem Schutzwall und persnlicher
Hygiene.
16. Welche Aufgaben erfllen die verschiedenen Leukozytenarten?
17. Was gehrt zum lymphatischen System und welche Aufgabe hat es zu erfllen?
18. Beschreiben Sie Bau, Lage und Aufgaben von
a) Thymus,
b) Milz,
c) Lymphknoten.
19. Kann der Mensch ohne Milz leben? Begrnden Sie Ihre Antwort.
20. Was sind regionre Lymphknoten und welche Bedeutung haben sie?
21. Was versteht man unter dem Waldeyerschen lymphatischen Rachenring?
22. Was verstehen Sie
a) unter unspezifischer und
b) unter spezifischer Abwehr?
23. Unterscheiden Sie Allergie und immunologische Toleranz.
24. Was versteht man unter Immunisierung und welche praktische Bedeutung hat sie?
25. Charakterisieren Sie
a) das AB0-System, b) das Rhesussystem.
26. Erlutern Sie die Problematik von Organtransplantationen.
27. Beschreiben Sie Lage und Bau des Herzens.
28. Welche Gefarten bilden das Gefsystem?
29. Beschreiben Sie den Wandaufbau der Gefarten.
30. Was sind Anastomosen und welche Bedeutung haben sie?
31. Erlutern Sie den Blutstrom durch das Herz.
32. Beschreiben Sie Lungen- und Krperkreislauf.
33. Warum spricht man von Lungenarterien, obwohl diese Gefe venses Blut fhren?
34. Wie erfolgt die Blutversorgung
a) des Kopfes, b) der Arme,
c) der Bauchorgane, d) der Beckenorgane,
e) der Beine?
206 9 Kreislaufsystem
Organe der Brust- und Bauchhhle Organe der Brust- und Bauchhhle
Gehirn Muskulatur
Haut, Muskulatur Rest
Rest
10 % 16 % 8% 2 %
18 %
90 %
56 %
Gehirn ATP
Krperkern-
Thoraxorgane temperatur 37 C
Bauchorgane
28 C
ADP + P
Krperschalen-
31 C temperatur
Hypothalamus
Temperaturregulationszentrum
on
m ati
or
Inf
Haut
Rckenmark
Blutgefe
Haut
Schweidrse
eng weit
Schwei Schwei
kann Wrme nur noch durch Verdunstung abge- Vorgnge bei Temperaturanstieg ber den
geben werden. Sollwert:
Die Wasserabgabe erfolgt durch Diffusion, Die Wrmeabgabe wird erhht durch
wobei man 2 Formen unterscheidet: Erweiterung der Hautblutgefe und damit
1. Perspiratio insensibilis (= extraglandulre Forcierung des inneren Wrmestroms sowie
Wasserabgabe), die nicht steuerbare tempera- vermehrte Schweibildung.
turabhngige Wasserabgabe durch Haut und
Atmung (normal: 0,5 1 l/d). Vorgnge bei Temperaturabfall unter den
2. Perspiratio sensibilis (= glandulre Wasser- Sollwert:
abgabe), die durch das vegetative Nerven- Die Regulation erfolgt hauptschlich durch zwei
system steuerbare Wasserabgabe Schwitzen Mechanismen.
(normal: 0,5 l/d). Drosselung der Wrmeabgabe durch Engstel-
lung der Hautblutgefe und damit Vermin-
P Die Wasserverdunstung ist ein stark Energie derung des inneren Wrmestroms.
verbrauchender Vorgang, d. h., dass beim Ver- Erhhung der Wrmeproduktion durch Muskel-
dunsten relativ geringer Wassermengen dem zittern (Zittern vor Klte) und willkrliche
Krper relativ viel Wrme entzogen wird. Da Muskelbewegungen.
die Wrme vorwiegend ber die Haut abge- Wie bereits erwhnt, besitzt das Neugeborene in
geben wird, hat das Verhltnis zwischen Form der zitterfreien Wrmebildung im braunen
Krperoberflche und -volumen groe Be- Fettgewebe eine zustzliche Regulationsmg-
deutung. lichkeit.
Beim Sugling ist die Krperoberflche im
Verhltnis zum Krpervolumen grer als Merke
beim Erwachsenen, folglich khlt er sehr leicht
Die Mechanismen zur Regulation der Krper-
aus.
temperatur sind Verengung (Vasokonstrik-
tion) und Erweiterung (Vasodilatation) der
Regulation der Krpertemperatur Hautblutgefe, Schweisekretion und Ver-
Die Thermoregulation erfolgt ber einen biologi- nderung der Wrmebildung.
schen Regelkreis. Das Temperaturregulations- Diese Mechanismen knnen sehr schnell aus-
zentrum liegt im Hypothalamus des Zwischen- gelst werden, d. h. innerhalb von Sekunden
hirns und speichert den Sollwert (normal 37 C). oder Minuten.
Durch Thermorezeptoren in der Haut, im
Rckenmark und im Hypothalamus erfolgt die Neben den beschriebenen schnellen Anpassungs-
Messung des Istwertes, der dem Zentrum zum vorgngen gibt es auch langfristige. Diese phy-
Vergleich mit dem Sollwert zugeleitet wird. siologischen Adaptationen werden als Akkli-
matisation bezeichnet.
Wrmeregulationszentrum
35 36 37 38 39 40 41
Sollwert Fieber
Hautblutgefe
Schweisekretion Wrme- und Klte-
Krperkerntemperatur rezeptoren in
Wrmebildung Krperschale und -kern
Verhalten
10.2 Wrmeproduktion und Wrmeabgabe 211
Am bedeutsamsten ist die Hitzeadaptation bei infolge berlastung der Wrmeproduktion unter
schwerer krperlicher Arbeit und hohen Um- normal wird als Hypothermie bezeichnet. Bei
gebungstemperaturen bzw. bei in den Tropen Krpertemperaturen um 25 C erlschen die
lebenden Menschen. Die Anpassung beruht vor Reflexe des Nervensystems und es tritt der Tod
allem auf einer Verdreifachung der Schwei- durch Herzflimmern ein.
sekretion, die aufgrund der nach unten verscho-
benen Reizschwelle schon bei niedrigeren Kr- Bei lteren Menschen kann es dazu kommen,
pertemperaturen einsetzt. Auerdem nimmt der dass ihre Krpertemperatur infolge Senkung des
Elektrolytgehalt des Schweies ab. Sollwertes im Temperaturregulationszentrum
Hitzeadaptation bedeutet, dass der Betroffene (Gegenteil von Fieber) niedriger (z. B. auf 35 C)
mehr trinken muss, um seinen Flssigkeits- eingeregelt wird.
haushalt auszugleichen.
Die Hitzeadaptation bewahrt den Menschen vor
P Hypothermie kann als medizinisches
einem Hitzekollaps, d. h. einer berlastung des Verfahren auch knstlich herbeigefhrt werden
Kreislaufes (kritischer Anstieg von Herzfre- mit dem Ziel, die Stoffwechselvorgnge herab-
quenz und Hautdurchblutung). zusetzen und die Reflexe zu dmpfen. Dadurch
werden tiefgreifende operative Eingriffe z. B.
Fieber in der Herzchirurgie ermglicht.
Als Fieber bezeichnet man eine Erhhung der
Krpertemperatur, z. B. bei Infektionen. So ge-
nannte fiebererregende (pyrogene) Stoffe bewir-
ken im Temperaturregulationszentrum, dass der
Sollwert der Krpertemperatur hher gestellt
wird.
11 Atmungssystem
Das Atmungssystem dient der Aufnahme von rer und mittlerer Nasenmuschel;
Sauerstoff und der Abgabe von Kohlendioxid. untere Nasenmuschel (= selbstndi-
Diesen Gasaustausch, bei dem die Lunge eine ger Knochen). Die Nasenmuscheln
zentrale Funktion bernimmt, bezeichnet man dienen der Oberflchenvergre-
als uere Atmung. Sie ist die Voraussetzung fr rung.
den oxidativen Abbau energiereicher Stoffe Boden: Gaumen (Palatum), der gleichzeitig
(z. B. Glucose) zum Zweck der Energiebereit- Dach der Mundhhle ist ( S. 238)
stellung und somit fr die innere Atmung, deren
Vorgnge in den Zellen ablaufen. Unter jeder Nasenmuschel befindet sich ein
Nasengang. Die Grenze zwischen Nasenhhle
und Rachen bilden die beiden Choanen (hintere
11.1 Gliederung ffnungen der Nase). Durch feine Kanle ist die
Nasenhhle mit den Nasennebenhhlen (Sinus
Das Atmungssytem besteht aus den oberen und paranasales) verbunden ( Abb. 11.3, S. 214 und
unteren Luftwegen. Abb. 11.4, S. 215). Die Belftung dieser Hhlen
erfolgt mit der Atmung. Eine weitere Verbindung
Nase obere Luftwege besteht vom unteren Nasengang zur Augenhhle
Rachen durch den Trnennasengang (Ductus nasolacri-
Kehlkopf malis). Auf diesem Weg wird die Trnenflssig-
Luftrhre untere Luftwege keit in die Nasenhhle abgeleitet.
Bronchialbaum
Lunge
Merke
Der Naseninnenraum gliedert sich in den
Nasenvorhof (Vestibulum nasi) und die
11.2 Bau der Atmungsorgane Nasenhhle (Cavum nasi) mit Nasen-
muscheln und Nasengngen.
11.2.1 Nase (Nasus)
Nasenschleimhaut
Die die Nasenhhle auskleidende Schleimhaut
teilt sich in 2 Bereiche:
1. respiratorische Schleimhaut (Regio respiratoria) Stirnhhle
Sie bedeckt den grten Teil der Nasenhhle (Sinus frontalis)
und ist gekennzeichnet durch
Siebbeinhhle
mehrreihiges (Sinus ethmoidalis)
Flimmerepithel, oder
zahlreiche Reinigung Siebbeinzellen
Anfeuchtung (Cellulae
Becherzellen ethmoidales)
Venengeflechte Erwrmung
Kieferhhle
(Sinus maxillaris)
2. Riechschleimhaut (Regio olfactoria)
Sie befindet sich oberhalb der oberen Nasen-
muscheln und enthlt die Lage der Nasennebenhhlen
Riechzellen, von denen fadenfrmige Ner- (Sinus paranasales). Abb. 11.3
ven durch die Siebbeinplatte zum Gehirn
ziehen (N. olfactorius = I. Hirnnerv;
S. 354). Kehlkopf und die Mundhhle mit der Speise-
rhre. Damit kreuzen sich in ihm Luft- und
Speiseweg. Der Rachenraum wird ohne scharfe
11.2.2 Rachen (Pharynx) Grenzen in drei bereinander liegende Abschnitte
gegliedert ( Tab. 11.1).
Der schlauchfrmige Rachenraum ( Abb. 11.4
und 11.5) verbindet die Nasenhhle mit dem Merke
Der Rachen hat 7 ffnungen:
2 Choanen
Nasenhhle Nasenhhle,
(Cavitas nasi) 2 ffnungen
Nasenvorhof der Ohrtrompeten
(Vestibulum nasi) Mittelohr,
Rachenraum Schlundenge
(Pharynx)
Kehlkopf
Mundhhle,
(Larynx) Kehlkopfeingang
Luftrhre Kehlkopf,
(Trachea) Speiserhrenffnung
Speiserhre.
Rachenschleimhaut
Entsprechend der unterschiedlichen
Beanspruchung enthlt sie Flimmer-
Mittelfellraum epithel mit Becherzellen im Nasen-
(Mediastinum)
abschnitt und mehrschichtiges unver-
Lungen horntes Plattenepithel im Mund- und
(Pulmones)
Zwerchfell Kehlkopfabschnitt.
(Diaphragma)
Siebbeinplatte
Stirnhhle (Lamina cribrosa)
(Sinus frontalis)
Keilbeinhhle
obere Nasenmuschel (Sinus sphenoidalis)
(Concha nasalis superior)
oberer Nasengang
mittlere Nasenmuschel (Meatus nasi superior)
(Concha nasalis media)
mittlerer Nasengang
untere Nasenmuschel (Meatus nasi media)
(Concha nasalis inferior)
Rachenmandel
Oberkiefer (Tonsilla pharyngea)
(Maxilla)
unterer Nasengang
Mundhhle (Meatus nasi inferior)
(Cavitas oris)
Nasenrachen
Zunge (Pars nasalis pharyngis)
(Lingua)
Mundrachen
Unterkiefer (Pars oralis pharyngis)
(Mandibula)
Zungenwurzel
Zungenbein (Radix linguae)
(Os hyoideum)
Kehldeckel Unterrachenraum
(Epiglottis) (Pars laryngea pharyngis)
Kehlkopfeingang
Schildknorpel
(Cartilago thyroidea) Speiserhre
Luftrhre (sophagus)
(Trachea)
Dorsalansicht Lateralansicht
Zungenbein Zungenbein
(Os hyoideum) (Os hyoideum)
Kehldeckel
(Epiglottis)
Kehldeckel
Schildknorpel- (Epiglottis)
Zungenbein-
Membran Schildknorpel
(Membrana (erffnet)
thyrohyoidea)
Stellknorpel
Schildknorpel
Stimmbnder
Stellknorpel
Ringknorpel
Ringknorpel
Luftrhre
(Trachea)
Stellknorpel
Schildknorpel
Ringknorpel
Unterer Abschnitt subglottischer Raum falten zur Innenseite des Schildknorpels. Die
(Cavitas infraglottica) zwischen Stimmfalten ffnung zwischen Stimmbndern (vorn) und
und Luftrhrenbeginn. Stellknorpeln (hinten) ist die Stimmritze.
bronchien. Die Teilungsstelle ist die Luftrhren- Lunge ist weich, elastisch und schwammig. Die
gabel (Bifurcatio tracheae). Nach der Lage Lungen sind die relativ leichtesten Organe. Die
unterscheiden wir 2 Hauptabschnitte: Farbe der Lungenoberflche ist beim Neugebo-
Halsteil renen rosa, spter wird sie durch die Ablagerung
Der Halsteil befindet sich vor der Speiserhre. von Ruteilchen zunehmend fleckig (rtlich,
Davor und seitlich liegt die Schilddrse. grau bis schwarz). Die Lungen erhalten ihre
Brustteil Form durch die Anlagerung ber die Pleura an
Hier verluft die Luftrhre im oberen Medias- die Innenwnde des Thorax und das Zwerchfell.
tinum zwischen den groen Blutgefen und
vor der Speiserhre. An jeder Lunge erkennt man
Lungenbasis: liegt auf der Zwerchfell-
Bau kuppel (= Zwerchfellseite);
Die Wnde der luftleitenden Wege sind versteift, Lungenspitze: berragt die 1. Rippe;
damit sie durch den bei der Einatmung entste- Lungenhilus: an der medialen Seite zum
henden Sog nicht zusammengepresst werden. Mediastinum hin gelegen, Eintritts- bzw.
Dies geschieht bei der Trachea durch 16 bis 20 Austrittsstelle von Hauptbronchus (Bronchus
hufeisenfrmige Knorpelspangen. An der principalis), Lungenarterie (A. pulmonalis),
Hinterwand wird sie durch eine bindegewebig- Lungenvenen (Vv. pulmonales), Lymph-
muskulre Membran verschlossen. gefen und Nerven; hier liegen auch die
Ringbnder verbinden die Knorpelspangen elas- Hiluslymphknoten;
tisch miteinander. Rippenseite: liegt den Rippen an.
P Beim Transport der Nahrung dehnt sich die
Gliederung der Lungen ( Tab. 11.2)
Speiserhre, sodass die Luftrhre eingedrckt Entsprechend der Gliederung des Bronchial-
wird. baumes ( Abb. 11.11, S. 222) ergibt sich die
Gliederung der Lungen in Lappen, Segmente
Die Schleimhaut enthlt mehrreihiges Flimmer- und Lppchen.
epithel und im tieferen Bereich (Submucosa)
zahlreiche Schleimdrsen. Bronchialbaum
Als Bronchialbaum bezeichnet man die Ge-
samtheit der Bronchien und Bronchiolen. Er bil-
det die Fortsetzung der Luftrhre. Im Einzelnen
11.2.5 Lungen (Pulmones) sind folgende Abschnitte zu unterscheiden:
linker und rechter Stamm- oder Haupt-
In den Lungen findet der Gasaustausch statt. bronchus (Bronchus principalis sinister und
Dies wird durch die Lungenblschen (Alveolen) dexter) als Aufzweigung der Trachea;
ermglicht, die eine hinreichend groe Aus- Lappenbronchien der rechte Stammbronchus
tauschflche (ca. 100 m2) garantieren. Das mus- zweigt sich in 3 und der linke in 2 Lappen-
kelfreie Lungengewebe der rechten und linken bronchien auf;
Lungenlppchen
11.2 Bau der Atmungsorgane 221
Oberlappen Oberlappen
(Lobus superior) (Lobus superior)
Mittellappen
(Lobus medius)
Unterlappen Unterlappen
(Lobus inferior) (Lobus inferior)
1 1 1 1
2 2
2
2 3
3 3 6
3 6 6
6 4 4
4 5 5
7 10 10 9 10
5 8 5 8
9 8
10 8 9 2 Segmente 9
des
5 Segmente des Unterlappens Mittellappens 4 5 Segmente des Unterlappens
rechter linker
Oberlappen Oberlappen
(Lobus superior (Lobus superior
dexter) sinister)
rechter oberer
Lappenbronchus linker oberer
(Bronchus lobaris Lappenbrochus
superior dexter) (Bronchus lobaris
rechter superior sinister)
Mittellappen Segment-
(Lobus medius dexter) bronchien
rechter mittlerer (Bronchi segmentales)
Lappenbronchus
(Bronchus lobaris
medius dexter)
rechter linker
Unterlappen Unterlappen
(Lobus inferior dexter) (Lobus inferior sinister)
Luftrhrengabel
(Bifurcatio tracheae)
mikroskopische Darstellung
Eingeweide-
teil der Eingeweide-
Pleura teil der Pleura
(Pleura (Pleura
visceralis) visceralis)
Pleurahhle Wandteil der
(Cavitas
pleuralis) Pleura
(Pleura
parietalis)
Rippen
(Costae)
Zwerchfell Pleurahhle
(Diaphragma) (Cavitas pleuralis)
Rippenfell
(Pleura parietalis)
Merke
Brustraumerweiterung und -verengung ent-
stehen durch das Wirken der Atemmusku-
Der im Zusammenhang mit der Energiefrei- latur.
setzung bzw. biologischen Oxidation notwen-
dige O2- und CO2-Transport (auch Gasaus-
tausch genannt) zwischen Umwelt und Zellen Die Atemmuskulatur gliedert sich in Ein- und
wird als uere Atmung bezeichnet. Ausatemmuskeln.
Einatemmuskeln (Inspirationsmuskeln)
Der gesamte Prozess der Atmung lsst sich a. Zwerchfell (Diaphragma)
untergliedern in: Das Zwerchfell ist der Haupteinatemmuskel.
Atembewegungen, Bei seiner Kontraktion flacht es ab und bewegt
Gasaustausch, sich wie ein Zylinderkolben im Thorax nach
Atemgastransport und caudal. Dabei kommt es auch zu einer Ver-
Regulation der Atmung. lagerung der Bauchorgane.
11.3 Physiologie der Atmung 225
Inspiration Exspiration
Unterdruck berdruck
uere uere
Zwischen- Zwischen-
rippenmuskeln rippenmuskeln
Zwerchfell Zwerchfell
Kontraktion Erschlaffung
Atmungstypen Einatemhilfsmuskeln
Wie bereits beschrieben, erfolgt die Erweiterung Treppenmuskeln (Mm. scaleni)
des Brustraumes einerseits durch Senkung des Kopfwendemuskel (M. sternocleidomastoide-
Zwerchfells und andererseits durch Hebung der us) bei fixiertem Kopf
Rippenbgen. Dementsprechend werden zwei Vorderer Sgemuskel (M. serratus anterior)
Atmungstypen unterschieden. und kleiner Brustmuskel (M. pectoralis minor)
bei fixiertem Schulterblatt
abdominaler thorakaler Groer Brustmuskel (M. pectoralis major) bei
Atmungstyp Atmungstyp aufgsttzten Armen
Brustraumvergrerung erfolgt hauptschlich
durch ... Ausatemhilfsmuskeln
Alle Bauchmuskeln bei fixiertem Becken.
... Zwerchfellsenkung ... Heben der Hinterer Sgemuskel (M. serratus posterior).
Rippenbgen Breiter Rckenmuskel (M. latissimus dorsi).
P Bei Atemnot: Die Arme angewinkelt hinter
den Kopf heben. Hierdurch wird eine zustzli-
che Zugwirkung auf den Brustkorb durch die
Atemhilfsmuskeln erreicht.
kleiner Merke
Brustmuskel
(M. pectoralis Die Pleura gewhrleistet die bertragung der
minor) Thorax- und Zwerchfellbewegung auf die
vorderer Lunge.
Sgemuskel
(M. serratus
anterior)
P Wird durch Verletzung oder Krankheit die
Pleurahhle geffnet, sodass Luft einstrmt,
zieht sich die Lunge infolge eigener Elasti-
zitt zusammen. Es entsteht ein Pneumo-
thorax ( Abb. 11.15) und Atemnot.
Abb. 11.14 Einatemhilfsmuskeln.
11.3 Physiologie der Atmung 227
Merke
Die Ventilationsgre hngt vom Atemzug-
volumen (= Atemtiefe) und von der Atem-
frequenz (Anzahl Atemzge pro Minute) ab.
Das Produkt aus beiden Gren heit Atem-
minutenvolumen.
Lufteinstrom Lunge kollabiert Beispiel:
16 Atemzge pro Minute x 500 ml Atemzug-
ffnung der Pleurahhle volumen ergeben
Abb. 11.15 (Pneumothorax). = 8 Liter min-1 als Atemminutenvolumen.
Lungenvolumina
Lungenbelftung (Ventilation) a. Atemruhevolumen: Luftmenge, die in Ruhe
Die treibende Kraft fr den Gasaustausch in der ein- und wieder ausgeatmet wird. Nach norma-
Lunge sind entsprechende Druckgeflle der ler Ausatmung befinden sich Thorax und
Atemgase ( Abb. 11.17, S. 228). Die Aufrecht- Lunge in der Atemruhelage. Hier handelt es
erhaltung dieser Druckgeflle whrend der sich um eine stabile Mittelstellung, bei der
Inspiration und Exspiration wird u. a. durch den sich zwei passive Krfte aufheben.
stndigen Luftwechsel in der Lunge gesichert. b. Inspiratorisches Reservevolumen: Luftmenge,
die bei normaler Einatmung noch zustzlich
Lungenvolumina und -kapazitten aufgenommen werden kann. Es wird vor allem
Das Volumen der Atemzge kann unterschied- bei krperlicher Belastung in Anspruch ge-
lich sein, weshalb man verschiedene Volumen- nommen, wenn das Atemruhevolumen nicht
einteilungen unterscheidet. Zusammengesetzte mehr ausreicht.
[ Liter ]
6
Inspirations-
Vitalkapazitt (4,5 l)
5 Inspiratorisches
kapazitt
Reservevolumen (2,5 l)
Totalkapazitt (6,0 l)
Atemruhevolumen (0,5 l)
3
Residualkapazitt
Exspiratorisches
funktionelle
2 Reservevolumen (1,5 l)
Kollapsluft (0,7 l)
1
Residualvolumen (1,5 l)
Restluft (0,8 l)
0
Die Werte knnen in Abhngigkeit von Krpergre, Geschlecht, Konstitution und Trainingszustand stark schwanken.
c. Exspiratorisches Reservevolumen: Luftmenge, Der Totraum hat die Funktionen, die Ein-
die bei normaler Ausatmung noch zustzlich atmungsluft zu erwrmen, zu reinigen und zu
abgegeben werden kann. befeuchten. Gleichzeitig frdert er die Ventila-
d. Residualvolumen: Luftmenge, die nach maxi- tion der Atmung durch Erweiterung (bei Ein-
maler Ausatmung in der Lunge verbleibt atmung) bzw. Verengung (bei Ausatmung) der
(Kollapsluft und Restluft). Bronchiolen.
Lungenkapazitten Merke
e. Inspirationskapazitt: Luftmenge, die maxi-
Die Belftung des Totraumes ist eine kon-
mal eingeatmet werden kann (Summe aus a
stante Gre (0,15 l). Eine Verminderung der
und b).
Gesamtventilation bedeutet also immer eine
f. Funktionelle Residualkapazitt: Luftmenge,
Verringerung der alveolren Ventilation.
die nach normaler Ausatmung noch in der
Lunge verbleibt (Summe aus c und d). Durch
sie ist es mglich, dass es stndig zu einer
Mischung der vorhandenen Luft mit der zuge-
fhrten Frischluft kommt und die Zusammen- 11.3.2 Gasaustausch ( Abb. 11.17)
setzung der Alveolarluft nur geringfgig
schwankt; das heit, inspiratorische und Der Gasaustausch zwischen Organismus und
exspiratorische O2- und CO2-Konzentrationen Umwelt in den Lungen wird als Atmung im
im Alveolarraum werden ausgeglichen. engeren Sinn oder uere Atmung bezeichnet.
g. Vitalkapazitt: Luftmenge, die nach maxima- Unter innerer Atmung versteht man die
ler Einatmung ausgeatmet werden kann (Sum- Oxidation der energiereichen Stoffe in den
me aus a, b und c). Die Vitalkapazitt ist ein Zellen zum Zwecke der Energiebereitstellung
Ma fr die Ausdehnungsfhigkeit von Lunge ( S. 43).
und Thorax.
h. Totalkapazitt: Luftmenge, die nach maxima-
ler Einatmung in der Lunge enthalten ist (Sum- von A. pulmonalis zur V. pulmonalis
me aus d und g).
Atemwiderstnde
Den Atembewegungen und dem Atemluftstrom pO2
stellen sich Widerstnde entgegen, die durch 100
Muskelarbeit berwunden werden mssen. pO2 mmHg
pCO2
pCO
pCO2 100 pCO2
40 mmHg
46
46 mmHg 40
Zu den Atemwiderstnden gehren mmHg
mmHg mmHg
elastische Atemwiderstnde von Lunge und
Thorax. Von Bedeutung sind die elastischen
Fasern des Lungengewebes und die Ober-
flchenspannung der Alveolen. Letztere wird pO2 40 mmHg
bei inspiratorischer Dehnung der Lunge durch
oberflchenaktive Substanzen (Surfactants) Alveole Lungenkapillare Blut-Luft-Schranke
(Alveolar- und
vermindert, Kapillarmembran,
Druckdifferenzen
Reibungswiderstnde von Lunge und Thorax, (Partialdruckgeflle) dazwischen
Basalmembran)
Strmungswiderstnde in den Atemwegen.
pO 2 = 60 mmHg
Funktion des Totraumes pCO 2 = 6 mmHg
Die luftleitenden Wege (von der Nase bis zu den O2 -arme und CO2 -reiche Luft / Blut = blau
Bronchiolen) bilden den Totraum, weil hier kein O2 -reiche und CO2 -arme Luft / Blut = rot
Gasaustausch erfolgt.
Gasaustausch in der Lunge. Abb. 11.17
11.3 Physiologie der Atmung 229
HHb HbO2
intensiver, je grer Partialdruckgeflle und
Austauschflche, je krzer der Diffusionsweg H+
und je besser die Durchblutung sind. HCO3- O2-reich
CO2-arm [Blut]
Nach dem gleichen Prinzip wie in der Lunge
[Blut] O2-arm
(= alveolrer Gasaustausch) findet der Gasaus-
tausch im Gewebe statt. O2 gelangt entsprechend CO2-reich
seines Partialdruckgeflles aus dem Kapillarblut
Gewebe
kalischer Lsung diffundiert er in die Zellen. H2CO3 H2O + CO2
Merke Merke
Der Sauerstofftransport erfolgt nach physikali- Der CO2-Transport erfolgt nach physikali-
scher Lsung in chemischer Bindung an Hmo- scher Lsung berwiegend in chemischer
globin, das sich in den Erythrozyten befindet. Bindung als NaHCO3 im Blutplasma und in
Carbominobindung (Bindung des CO2 an
NH-Gruppen der Bluteiweie).
P Eine bedeutend grere Affinitt zum Hb
als der Sauerstoff hat das Kohlenmonoxid (CO).
Bereits in geringen Konzentrationen verdrngt
P Bei Atemstillstand oder behinderter Atmung
es den Sauerstoff aus der Hb-Bindung (Giftig- erhht sich die Wasserstoffionenkonzentration.
keit). Eine starke CO-Vergiftung erkennt man Es entsteht eine bersuerung des Blutes, der
an der kirschroten Farbe der Haut. pH-Wert (normal 7,37 7,43) sinkt. Man
spricht von einer respiratorischen Azidose.
Kohlendioxidtransport (Krperzellen Lunge)
Das von den Zellen abgegebene Kohlendioxid
(CO2) wird hauptschlich in Form von Bicar- 11.3.4 Regulation der Atmung
bonat (= Hydrogencarbonat, HCO3-) im Blut
zur Lunge transportiert. Nach physikalischer Durch die Atmungsregulation wird die Aufnah-
Lsung wird im Gewebskapillarblut unter me von Sauerstoff sowie die Abgabe von
Vermittlung des Enzyms Carboanhydrase CO2 Kohlendioxid den Erfordernissen unseres Kr-
wie folgt in HCO3- berfhrt. pers angepasst. Das geschieht durch die Vern-
derung von Atemfrequenz und Atemtiefe (Atem-
Vorgnge im Gewebe: minutenvolumen). In Ruhe betrgt die Atemfre-
1. Kohlendioxid verbindet sich mit Wasser zu quenz 16 bis 20 Atemzge pro Minute. Bei kr-
Kohlensure: perlicher Belastung erhht sie sich um das Drei-
bis Vierfache. Gleichzeitig nimmt auch die
Carboanhydrase
Atemtiefe zu.
CO2 + H2O H2CO3
11.3 Physiologie der Atmung 231
Mechanisch-reflektorische Atmungsregulation
Im Folgenden sind die wichtigsten Faktoren zu-
(Hering-Breuer-Reflex)
sammengestellt, die die Atmung (Ventilation)
Durch den Hering-Breuer-Reflex werden In- und
beeinflussen.
Exspiration den aktuellen Bedingungen des
Ventilationssteigernd wirken:
Tab. 11.4 Hering-Breuer-Reflex (Reflexbogen). pCO2 (= strkster Atemreiz), pO2 ,
P Im Gegensatz zur Herzttigkeit sind Atem-
Atemmuskulatur frequenz und Atemtiefe ber die Grohirnrinde
Dehnungsrezeptoren
in der Lunge willkrlich beeinflussbar.
Atmet der Mensch ohne krperliche Belastung
vielleicht aus Angst sehr schnell und tief,
Reaktion sinkt die Wasserstoffionenkonzentration im
Reiz
(Vernderung des (Vernderung der Atemtiefe Blut. Es entsteht eine respiratorische Hyper-
Lungenvolumens) zur konomisierung ventilations-Alkalose mit Krampferscheinun-
der Atemarbeit)
gen und vorbergehendem Atemstillstand.
232 11 Atmungssystem
12 Verdauungssystem
Mundhhle Rachenraum
(Cavitas oris) (Pharynx)
Zunge
(Lingua)
Speiserhre
(sophagus)
Leber Magen
(Hepar) (Gaster, Ventriculus)
Bauchspeicheldrse
(Pankreas)
Grimmdarm Zwlffingerdarm
(Colon) (Duodenum)
Leerdarm
(Jejunum)
Blinddarm Krummdarm
(Caecum) (Ileum)
Wurmfortsatz
(Appendix vermiformis) Mastdarm Dnndarm
(Rektum) (Intestinum tenue)
Mit der Mundhhle beginnt der Verdauungstrakt. Der Mundschliemuskel (M. orbicularis oris) bil-
Sie dient in erster Linie der Nahrungsaufnahme, det die Basis der Lippen und schliet den Mund;
aber auch der Atmung und wird eingeteilt in die die ffnung des Mundes erfolgt u. a. durch den
eigentliche Mundhhle und den Mundvorhof. zweibuchigen Muskel (M. digastricus). Der
Wangenmuskel (M. buccinator) bildet die Wan-
Die Mundhhle (Cavitas oris) ist der Raum inner- genwand und sorgt im Zusammenspiel mit der
halb der Zahnbgen zwischen Gaumen, mus- Zunge dafr, dass die Nahrung immer wieder
kulsem Mundboden einschlielich Zunge und zwischen die Zhne gelangt. Beim Kauen wird
Schlundenge (Isthmus faucium). zwischen Schneid- und Mahlbewegungen unter-
Der Mundvorhof (Vestibulum oris) liegt zwi- schieden. Die Schneidbewegung (Kieferschluss)
schen der Auenseite der Zahnbgen, den Wan- erfolgt durch den Kaumuskel (M. masseter) und
gen und den Lippen. den Schlfenmuskel (M. temporalis). Die Mahl-
Die Mundschleimhaut besitzt ein mehrschichti- bewegung (seitliche Verschiebung des Unterkie-
ges unverhorntes Plattenepithel und zahlreiche fers) wird durch die Flgelmuskeln (Mm. ptery-
kleine Speicheldrsen. Letztere sind an der goideus medialis/lateralis) ausgefhrt ( Abb.
Lippeninnenseite tastbar. 5.49 5.51, S. 133 134).
18 17 16 15 14 13 12 11 21 22 23 24 25 26 27 28
48 47 46 45 44 43 42 41 31 32 33 34 35 36 37 38
rechte Unterkieferhlfte linke Unterkieferhlfte
1 2 3 4 5 6 7 8
Zahnschmelz
(Enamelum)
Zahnbein Zahnkrone
(Corona dentis)
(Dentin)
Zahn-
fleisch
(Gingiva)
Zahn-
zement
(Cementum) Zahnwurzel
(Radix dentis)
Wurzel-
haut
(Perio-
dontium) Alveolarnerven
(Nn. alveolares)
sind ste des
Blutgefe N. maxilaris und
und Nerv N. mandibularis
1 6. 8. J.
2 7. 9. J.
3 11. 13. J. Milchgebiss
(Durchbruchzeiten)
4 9. 11. J.
5 1 6. 8. M.
10. 15. J.
7. 9. M.
2
6 7. J. 3 16. 20. M.
7 4 12. 15. M.
13. 16. J.
8 5 20. 24. M.
13. 18. J.
Fadenpapillen
(Papillae filiformes)
Wallpapillen
Zungenwurzel (Papillae vallatae)
(Radix linguae) Blattpapillen
Zungenmandel (Papillae foliatae)
(Tonsilla lingualis)
Kehldeckel
(Epiglottis)
Rachen Zungenbein
(Pharynx)
(Os hyoideum)
Schildknorpel
(Cartilago thyroidea)
Ringknorpel
(Cartilago cricoidea)
Speiserhre Luftrhre
(sophagus) (Trachea)
Ausfhrungsgang
der
Ohrspeicheldrse
(Ductus parotideus)
kleine Ohrspeicheldrse
(Glandula parotis)
Unterzungen-
speichelgnge
Unterkiefer-
speichelgang1)
(Ductus Unterzungen-
submandibularis) speicheldrse
(Glandula sublingualis)
Unterkiefer-
1) Er mndet meist gemeinsam mit dem speicheldrse
(Glandula
groen Unterzungenspeichelgang neben
submandibularis)
dem Zungenbndchen auf der Unter-
zungenkarunkel.
Magenschleimhaut
Auenschicht Muskelschicht
(Peritoneum) (Tunica muscularis)
Magengrbchen
(Voveolae gastricae)
Schleimhaut
(Mucosa)
Speiserhre Magengrund
(sophagus) (Fundus gastricus)
Mageneingang
(Kardia/Ostium Magenkrper
cardiacum) (Corpus gastricum)
Magenstrae
kleine
Magenkrmmung
(Curvatura gastrica
minor) groe
Zwlffingerdarm Magenkrmmung
(Duodenum) (Curvatura gastrica
major)
Belegzelle
Nebenzelle
Hauptzelle
Pfrtnerabschnitt
(Pars pylorica, Antrum)
Magenpfrtner
(Pylorus/Ostium pyloricum)
Blutversorgung
Arterien. Alle 3 ste des Truncus
coeliacus ( Abb. 9.29 und 9.30, Zwerchfell
(Diaphragma)
S. 183) sind an der Versorgung des
Magens beteiligt. Leber
(Hepar)
Venen. Das Blut des Magens fliet
ber 4 groe Magenvenen zur V. Magen
portae ab ( Abb. 9.35, S. 187). (Gaster)
Gallenblase
(Vesica biliaris)
Nervenversorgung
Die Innervation der Magenttigkeit Dickdarm
erfolgt ber den N. vagus, der auch (Intestinum
crassum)
die Sureproduktion stimuliert (
Abb. 17.20, S. 355 und S. 356).
Dnndarm
P Bei Strungen des Gleichge-
(Intestinum tenue)
Kerckringsche Falte
(Plica circularis)
Lieberkhnsche
Zottenmuskel Krypten
zentrales
Lymphgef
Dnndarmzotten
Zylinderepithel (Villi intestinales)
Blutgefe
Becherzelle
Ring-
muskulatur
Lngs-
muskulatur
Blutgefe
Bauchfell
Merke Gefversorgung
Sie erfolgt durch
Die sezernierende und resorbierende Ober- Arterien. Obere Gekrsearterie (A. mesen-
flche des Dnndarmes (ca. 100 m2) wird terica superior, Abb. 9.29, S. 183).
3fach vergrert: Venen. Mesenterialvenen leiten das Blut in die
durch die Ringfalten, Pfortader ( Abb. 9.35, S. 187).
durch die Zotten an den Ringfalten,
durch die Mikrovilli (= Brstensaum) der Nervenversorgung
einschichtig angeordneten Zylinderepithel- Die Funktionen des Dnndarms werden haupt-
zellen. schlich von 2 Geflechten des Parasympathicus
(= Teil des vegetativen Nervensystems), die in
Lieberkhnsche Krypten. Das sind Vertiefun- der Darmwand liegen, reguliert, dem Plexus
gen zwischen den Zotten, in denen sich die submucosus (Meissnerscher Plexus) in der Sub-
Ausfhrungsgnge der Drsen der Dnndarm- mucosa und dem Plexus myentericus (Auer-
schleimhaut befinden; bachscher Plexus) zwischen uerer Lngs- und
Lymphkntchen. Sie liegen in den tieferen Be- innerer Ringmuskulatur.
reichen der Schleimhaut und erfllen Abwehr-
aufgaben; Der Dnndarm ist mittels Mesenterium an der
groe Zwlffingerdarmpapille (Papilla duo- hinteren Bauchwand befestigt, ber dessen
deni major, Vater-Papille). Sie liegt im ab- Wurzel smtliche Versorgungsbahnen laufen
steigenden Teil des Duodenums. Hier befin- ( Abb. 7.2 und 7.3, S. 145).
den sich die Mndungen des Hauptgallen-
ganges (Ductus choledochus) und des Bauch-
speicheldrsenganges (Ductus pancreaticus)
( Abb. 12.21, S. 251).
244 12 Verdauungssystem
P Bei Entzndung des Wurmfortsatzes (Appen-
aufsteigender dicitis) entstehen starke Druckschmerzen.
Grimmdarm Einen typischen Druckschmerzpunkt (= Mc-
(Colon ascendens) Burney-Punkt) finden Sie in der Abb. 12.12
Krummdarm oben.
(Ileum)
Bauhinsche
Klappe 2. Grimmdarm (Colon)
(Valva ileocaecalis) Das Colon ist mit ca. 1 m der lngste Abschnitt
Blinddarm des Dickdarms und liegt zwischen Blinddarm
(Caecum)
und Mastdarm. Es umgibt den intraperitonealen
Abgangsstelle des Teil des Dnndarms rahmenfrmig. Das Colon
Wurmfortsatzes wird in 4 Abschnitte gegliedert ( Abb. 12.14):
Wurmfortsatz aufsteigender Grimmdarm (Colon ascendens),
(Appendix vermiformis)
quer verlaufender Grimmdarm (Colon trans-
versum),
Blinddarm mit Bauhinscher absteigender Grimmdarm (Colon descendens),
Abb. 12.13 Klappe und Wurmfortsatz. s-frmiger Grimmdarm (Colon sigmoideum).
12.5 Dickdarm 245
linke
rechte Grimmdarm-
Grimmdarm- krmmung
krmmung (Flexura coli sinistra)
(Flexura coli dextra)
Aussackungen
(Haustra)
Lngs- absteigender
aufsteigender muskel-
Grimmdarm bndel Grimmdarm
(Colon ascendens) (Colon descendens)
(Taenien)
Krummdarm
(Ileum)
Blinddarm s-frmiger
(Caecum) Grimmdarm
Aufhngeband des (Colon sigmoideum)
Wurmfortsatzes Mastdarm
Wurmfortsatz (Rektum)
(Appendix vermiformis)
(zwei rechts und eine links). Die linke heit des Colons sind die Lngsmuskeln gerafft und
Kohlrausch-Falte und liegt ca. 6 cm vom Anus heien Taenien.
entfernt.
Analkanal (Canalis analis).
P ber die Mastdarmschleimhaut knnen Wirk-
Der Analkanal schliet sich ohne scharfe Gren- stoffe resorbiert werden, z. B. Narkotika, Nhr-
ze ab der Biegung des Rektums nach vorn an klistiere, Analgetika. Diese gelangen ber
die Ampulla recti an und endet mit dem After, das Blut, ohne Leberpassage (mglicher Ab-
Anus (= ffnung an der Haut). Die Schleim- bau), direkt zu den Wirkorten.
haut besitzt 8 bis 10 Lngsfalten (Columnae
anales). Zwischen ihnen liegen die After-
buchten (Sinus anales). Auerdem ist sie nahe
dem Anus in der so genannten Hmorrhoidal- 12.6 Leber (Hepar)
zone mit Venengeflechten unterpolstert (Plexus
venosus rectalis = Plexus haemorrhoidalis). Die Leber ist die Stoffwechsel- und Entgiftungs-
zentrale des menschlichen Krpers und bildet
Merke u. a. die Gallenflssigkeit. Fr ihre umfangrei-
che Ttigkeit verfgt sie ber eine auerge-
Das Rektum besitzt im Unterschied zum whnliche Regenerationsfhigkeit.
Colon keine Taenien, Haustren und Fettan-
hngsel, dafr aber reichlich schleimprodu- Form, Farbe und Gre
zierende Becherzellen. Die braunrote Leber ist mit einer Masse von ca.
1,5 kg nicht nur die grte Drse, sondern ber-
Afterverschluss ( Abb. 12.15, S. 245) haupt das grte innere Organ des menschlichen
Der Verschluss des Afters geschieht durch 2 ring- Krpers. Ihre Form wird im Wesentlichen von
frmige Schliemuskeln und einen Schwell- den Nachbarorganen bestimmt. Deutlich zu
krper. unterscheiden sind zwei Hauptflchen, die
Muskeln Zwerchfellflche (Facies diaphragmatica) und
Innerer unwillkrlicher Afterschliemuskel die Eingeweideflche (Facies visceralis). Die
(M. sphincter ani internus) aus glattem Mus- Zwerchfellflche liegt in der Rundung der rech-
kelgewebe; ten Zwerchfellkuppel, die Eingeweideflche liegt
uerer willkrlicher Afterschliemuskel auf Teilen des Magens, des Duodenums und des
(M. sphincter ani externus) aus quer gestreif- Dickdarms. Im vorderen Bereich sind beide Fl-
tem Muskelgewebe. chen durch eine spitzwinklige Kante (= Leber-
Schwellkrper unterrand) getrennt.
Der wie ein Ring unmittelbar vor dem After lie-
gende Schwellkrper wird von dem zuvor Lage und Nachbarorgane
beschriebenen Venenplexus gebildet. Bei Kon- Die Leber liegt im rechten Oberbauch unter dem
traktion der Schliemuskeln wird der Blutabfluss rechten Rippenbogen (im rechten Hypochondri-
ber die Venen behindert. Die Lngsfalten legen um) und reicht nach links bis in die Magengrube
sich aneinander und verschlieen den Anal- (Epigastrium). Wichtige Nachbarorgane sind
kanal. rechte Niere, Colon transversum, Magen und
Duodenum ( Abb. 7.4, S. 146).
P Hmorrhoiden sind knotigenartige Vergr-
erungen bestimmter Schwellkrperabschnitte. Oberflchliche Gliederung
Leitsymptom sind hellrote Sickerblutungen aus Der rechte Leberlappen (Lobus dexter) wird
dem After. durch ein Band vom linken (Lobus sinister)
getrennt. An der Eingeweideflche liegen
die Leberpforte (Porta hepatis) mit Leberarte-
Wandschichten rie (A. hepatica; bringt sauerstoffreiches Blut
Der Wandaufbau entspricht grundstzlich dem = 25 %) und die Pfortader (V. portae; fhrt
des Dnndarms. Die Schleimhaut ist glatt und sauerstoffarmes, mit Nahrungsstoffen aus dem
besitzt Krypten fr Schleimdrsen. Im Bereich Darm angereichertes Blut = 75 % in die Leber);
Text-Verdauung 22.08.2002 10:13 Uhr Seite 247
Lebersinus
Leberkreislauf
Die Speisung der Lebersinusoide mit Blut erfolgt Zentralvene
von der Peripherie des Leberlppchens durch je- Lebervenen
weils ein stchen der Leberarterie und der Pfort-
untere Hohlvene
1) vieleckig
248 12 Verdauungssystem
sichelfrmiges
Gallenblase Band1)
(Ligamentum
(Vesica biliaris)
falciforme)
Eingeweideflche
(Fascies visceralis)
untere
Hohlvene
linker (V. cava inferior)
Leberlappen
(Lobus sinister)
Schweif-
Pfortader lappen
(V. portae) (Lobus caudatus)
Leberpforte
(Porta hepatis) rechter
Leberarterie Leberlappen
(Lobus dexter)
(A. hepatica)
Haupt-
gallengang
(Ductus Gallenblase
choledochus) (Vesica biliaris)
quadratischer
Lappen
1) Bildung des Peritoneums (Lobus quadratus)
gemeinsamer
Gallenblasen- Lebergang
gang (Ductus hepaticus
(Ductus cysticus) communis)
gemeinsamer
Lebergallengang Gallen-
(Ductus hepaticus
blasen-
communis)
gang
Hauptgallengang Haupt-
(Ductus choledochus) gallengang
(Ductus
Bauchspeichel- choledochus)
drsengang
(Ductus pancreaticus) Gallen-
Zwlffingerdarm- blase
papille
(Papilla duodeni
major)
Weg der
Zwlffingerdarm Gallenflssigkeit
(Duodenum)
gemeinsamer Lebergallengang
P Hufige Erkrankungen der Gallenblase sind
(Ductus hepaticus communis) Entzndungen und Steinleiden. Sind die
Mikrovilli Nachbarorgane mit der Gallenblase verwach-
ein- sen, knnen bei Perforation Steine in den
schichtiges Darm gelangen und zum Darmverschluss
Zylinder- (Ileus) fhren.
epithel
der Gallenkoliken entstehen, wenn ein Stein im
Schleimhaut Ductus cysticus oder choledochus einge-
(Tunica mucosa) klemmt wird.
Gallenblasen-
gang
(Ductus cysticus)
Hals der 12.7 Bauchspeicheldrse (Pankreas)
Gallenblase
(Collum vesicae
biliaris)
Die Bauchspeicheldrse hat eine Doppelfunk-
tion: Einerseits bildet sie den Bauchspeichel,
Hauptgallen-
gang der wichtige Verdauungsenzyme und Elektrolyte
(Ductus enthlt, andererseits produziert sie Hormone zur
choledochus) Blutzuckerregulation.
Krper der
Gallenblase Form, Gre
(Corpus vesicae
biliaris) Das Pankreas ist eine ca. 15 cm lange, 3 4 cm
breite und 1 2 cm dicke Drse mit einer Masse
Grund der
Gallenblase von ca. 85 Gramm. Die Lppchenstruktur ist
(Fundus deutlich an der Oberflche zu erkennen.
vesicae biliaris)
Gliederung, Lage
Abb. 12.19 Gallenblase (Gliederung). Kopf (Caput pancreatis). Liegt in der inneren
Krmmung des Duodenums.
Krper (Corpus pancreatis).
Schwanz (Cauda pancreatis).
Krper und Schwanz liegen
dorsal des Magens. Der
exokriner Teil mit Schwanz endet am Milz-
Drsenendstck hilus.
(Acini)
und Ausfhrungs-
gang Merke
Das Pankreas liegt retroperi-
Blutkapillare
toneal auf der linken Seite
der hinteren Bauchwand.
Bauchspeicheldrse
(Pankreas)
Anfangsteil des
Zwlffingerdarms Kopf Krper Schwanz
(Bulbus duodeni) (Caput) (Corpus) (Cauda)
oberer Abschnitt
(Pars superior)
Hauptgallengang
(Ductus choledochus)
absteigender Abschnitt
(Pars descendens)
kleine
Zwlffingerdarmpapille Ausfhrungsgang der
(Papilla duodeni minor) Bauchspeicheldrse
(Ductus pancreaticus)
groe
Zwlffingerdarmpapille aufsteigender Abschnitt
(Pars ascendens)
(Papilla duodeni major
Papilla Vateri) bergang des
Zwlffingerdarms
horizontaler Abschnitt in den Leerdarm
(Pars horizontalis) (Flexura
duodenojejunalis)
Leerdarm
(Jejunum)
Zwlffingerdarm
(Duodenum)
gebildet, der ber den Bauchspeicheldrsen- A-Zellen; sie produzieren das blutzuckerspie-
gang (Ductus pancreaticus) durch die Papilla gelhebende Glukagon und
duodeni major (Papilla Vateri) in das Duode- B-Zellen; sie bilden die Hauptmasse und pro-
num gelangt. duzieren das blutzuckerspiegelsenkende Insu-
lin ( auch Kap. 15.4.1, S. 307).
P Die Verdauungsenzy-
me des Bauchspeichels
knnen bei akuter Pan-
kreatitis wegen fehlender untere Hohlvene
Selbstschutzmechanis- (V. cava inferior)
men die Drse zerstren. Magen
(Gaster)
Strkeverdauung in der
Tab. 12.3 Nahrungsstoffe. Mundhhle. Tab. 12.4
Nicht resorbierbar resorbierbar Ptyalin
Kohlenhydrate
(Di-, Polysaccharide) Monosaccharide
Eiweie Aminosuren Strke Maltose
Fette Glycerol und Fettsuren
Vitamine
anorganische Ionen (Mineralien)
Wasser H2 O
12.8 Physiologie der Verdauung 253
ca. 7 Liter
Verdauungssaft tglich
P Trockene Speisen und Mundatmung erfor- Durch Muskelzug wird das Gaumensegel an-
dern grere Speichelmengen. Bei psychi- gehoben und so die Mundhhle gegen den
scher Erregung (z. B. Angst, rger) kann die Nasenrachenraum abgeschlossen.
Speichelsekretion herabgesetzt werden. Gleichzeitig kontrahiert die Mundbodenmus-
kulatur und zieht das Zungenbein mit Kehl-
Schluckvorgang kopf und Trachea nach vorn und oben.
Der Schluckvorgang ist ein angeborener Reflex. Wird der schluckfhige Bissen (Bolus) bei ge-
Er kann willkrlich eingeleitet werden. Im Be- schlossenem Mund mit der Zunge gegen das
reich des weichen Gaumens und an der Zungen- Gaumensegel und/oder die hintere Rachen-
wurzel befinden sich Druckrezeptoren. Werden wand gedrckt, erfolgen die weiteren Vorgn-
diese durch Speisen, Speichel oder durch einen ge reflektorisch.
Spatel berhrt, wird der Schluckreflex ausgelst. Die Zungenwurzel wird ruckartig nach hinten
254 12 Verdauungssystem
Gaumensegel
verschliet
Mundhhle
gegen den
Nasenrachen
Luftweg
Zungenwurzel
Nahrungsweg Nahrungsfluss
Luftrhre Speiserhre
bewegt. Dadurch stt sie den Bolus in den 12.8.2 Verdauungsvorgnge im Magen
Mundrachen und drckt den Kehldeckel nach
unten. Gleichzeitig zieht der Schildknorpel- Motorik
Zungenbein-Muskel (M. thyrohyoideus) den Der Magen nimmt die geschluckte Speise auf
Kehlkopf nher an das Zungenbein (Os hyoi- (Fllung), durchmischt sie mit Magensaft und
deum), damit der Kehldeckel (Epiglottis) leitet sie portionsweise in das Duodenum. Dabei
schtzend ber den Kehlkopfeingang zu lie- findet eine weitere Zerkleinerung und damit
gen kommt. Oberflchenvergrerung statt.
Zungenbewegung und Kontraktion der Ra-
chenmuskulatur transportieren schlielich
P Die Verweildauer der Speisen im Magen
den Bissen in den sophagus, dessen Peristal- hngt von deren Zusammensetzung ab. Getrn-
tik dann den Weitertransport in den Magen ke gelangen nach wenigen Minuten entlang der
bernimmt. Magenstrae in das Duodenum. Kohlenhydrate
bleiben 1 2, Eiweie 2 und Fette 4 5
P Der Schluckakt wird durch verschiedene Stunden im Magen.
Hirnnerven (V, VII, IX, X) gesteuert. Strun-
gen des Schluckvorganges weisen deshalb hu- Sekretorik
fig auf eine Lsion einer dieser Hirnnerven Im Magen beginnt die Eiweiverdauung. Durch
hin. die Salzsure werden die Eiweie denaturiert1)
Im Zustand der Bewusstlosigkeit erlischt der und das inaktive Pepsinogen zu Pepsin aktiviert.
Schluckreflex, und es besteht die Gefahr, dass Letzteres spaltet ca. 10 % der Eiweie in kleine-
Erbrochenes in die Atemwege gelangt (Aspira- re Polypeptidketten ( S. 21).
tion). Deshalb mssen Bewusstlose in die sta-
bile Seitenlage gebracht werden. Beginn der Eiweiverdauung im
Magen. Tab. 12.5
HCl Proteinase des
Magensaftes (Pepsin)
Eiweie Peptidbruchstcke
1) Denaturierung: Meist irreversible Strukturvernderung der Prote-
ine mit Verlust ihrer biologischen Eigenschaften (z. B. Enzymwir-
kung) und Vernderung ihrer physikalischen Eigenschaften (z. B. H2O
Gerinnung)
12.8 Physiologie der Verdauung 255
Die Farbe wird durch die Gallenfarbstoffe be- Faktor aktiv im Ileum.
stimmt, der Geruch durch den Schwefelwasser- Wasser und Natrium werden vorwiegend im
stoff, organische Suren, Indol sowie Scatol und Duodenum und Jejunum durch Diffusion aufge-
der pH-Wert durch die Grungsprodukte. nommen.
Calcium und Magnesium werden hauptschlich
Motorik aktiv resorbiert. Die Resorption wird durch
Die Dickdarmmotorik bewirkt: 2 Hormone (Calcitonin, Parathormon, Tab.
die weitere Durchmischung des Darminhaltes 15.8, S. 309) gesteuert.
durch langsames Fortschreiten von Ringmus-
kelkontraktionen (sog. Haustrenflieen) und
P Die Calciumresorption setzt die Anwesenheit
rhythmische Segmentierung; von Vitamin D voraus, dessen aktive Form unter
den Weitertransport des Darminhaltes in das Mitwirkung von Niere und Haut bei Lichtein-
Rektum. Zu diesem Zweck laufen 2- bis 3-mal wirkung entsteht (bei Mangel: Rachitis).
am Tag, gewhnlich nach der Nahrungsauf-
nahme, starke peristaltische Kontraktionen Eisen wird ebenfalls aktiv im oberen Dnndarm
vom Caecum ber das gesamte Colon; aufgenommen.
Merke Merke
Im Vergleich zum Dnndarm erfolgt der Die Resorption der Verdauungsprodukte er-
Transport im Dickdarm relativ langsam folgt passiv durch Diffusion oder aktiv mit-
(10 bis 18 Stunden). hilfe von Trgersubstanzen bzw. durch Pino-
zytose.
die Stuhlentleerung (Defkation). Hier han- Der Hauptresorptionsort ist der obere Dnn-
delt es sich um einen willkrlich beeinflussba- darm (Duodenum, Jejunum). Er hat eine sehr
ren reflektorischen Vorgang. Mit zunehmen- groe Oberflche, und alle lebensnotwendigen
der Fllung des Rektums werden durch erhh- Nahrungsbestandteile sind resorptionsfhig.
ten Druck die Dehnungsrezeptoren der Darm- Grundstzlich ist die gesamte Schleimhaut
wand gereizt. Die Aktionspotentiale gelangen des Verdauungstraktes zur Resorption fhig.
in das zustndige Reflexzentrum im Sakral- So besteht auch die Mglichkeit der knstli-
mark, das etwa ab dem 2. Lebensjahr von der chen Ernhrung durch Nhrklistier ber die
Grohirnrinde kontrolliert werden kann. Bei Dickdarmschleimhaut.
der Darmentleerung wird der uere Schlie-
muskel willkrlich entspannt und die Bauch-
presse erzeugt. Gleichzeitig fhren parasym-
pathische Efferenzen zur Erschlaffung des 12.8.5 Regulation der Verdauung
inneren Schliemuskels. Daraufhin kommt es
zur Kontraktion der Ring- und Lngsmuskulatur Die Regulation der einzelnen Verdauungsvor-
des Darmes, und es erfolgt die Entleerung. gnge ist recht kompliziert. Hier werden nur
einige grundstzliche Mglichkeiten dargestellt.
schmacksreize sind. Pepsin
Beispiel: Sekretion der Verdauungssekrete, Erregung N. vagus HCL
Peristaltik und Defkation; Gastrin
ber erlernte Reflexe, deren Auslser Gehr- Anblick
oder Sehreize, aber auch Vorstellungen sind. Vorstellung
Beispiel: Mundspeichel und Magensaftsekre-
tion (= nervale Phase Regulation
durch Vorstellung von Nahrung);
P Aggressionen knnen sekretionssteigernd
hormonal durch Gewebshormone, die durch und Angst sekretionshemmend wirken.
bestimmte Verdauungsprodukte freigesetzt
werden.
2. Gastrale Phase (lokale Einflsse)
Regulation der Speichelproduktion Die Sekretion von Magensaft wird durch den
Die Bildung und Freisetzung des Mundspeichels direkten Kontakt der Nahrung mit der Magen-
wird reflektorisch gesteuert. wand ausgelst.
Dehnungsreiz
Reize Grohirnrinde Nahrung Freisetzung
(Sehen, Hren, Vorstellen) im von
Antrum Gastrin
Reize Hypothalamus chemische Reize
(Geruch) (z. B. Produkte
der Eiweiver- Blutweg
dauung, Alkohol,
Kaffee,
Arzneimittel)
Speichelzentrum Corpus
ventriculi
3. Intestinale Phase
Regulation der Magensaftsekretion Der bertritt des Nahrungsbreis vom Magen in
In den Magendrsen werden pro Tag ca. 3 Liter das Duodenum beeinflusst rckwirkend die
Magensaft gebildet. Magensaftsekretion in folgender Weise:
Zusammensetzung des Magensaftes:
Wasser Dehnung der
eiweispaltende Enzyme (Pepsin) Darmwand Freisetzung
von Magensaft-
12.8.6 Funktionen der Leber (berblick) der Blutglucosespiegel, werden die Glykogen-
vorrte wieder in Glucose umgebaut und an das
Der grte Teil der resorbierten Hydrolysepro- Blut abgegeben. Bei Erschpfung der Glykogen-
dukte der Nahrung dient zunchst dem Aufbau vorrte setzt schlielich die Glukoneogenese ein
krpereigener Stoffe (z. B. Glykogen, Proteine, ( S. 40).
Triglyceride, Phosphatide). Die meisten dieser
anabolen Stoffwechselvorgnge vollziehen sich Merke
in der Leber. Die Leber spielt eine wichtige Rolle bei der
Konstanthaltung des Blutglucosespiegels (
Merke S. 307).
Die Leber ist das zentrale Stoffwechselorgan
unseres Krpers (Zentrallabor). Aufgaben im Fettstoffwechsel
Bei reicher Glucosezufuhr synthetisiert die
Im Folgenden gehen wir auf die wichtigsten Leber reichlich hhere Fettsuren und weiterhin
Funktionen der Leber ein. Triglyceride sowie Phosphatide.
Mit dem Pfortaderblut gelangen nachstehende Mit der Synthese der Plasmalipoproteine schafft
Produkte direkt in die Leber: sie die Grundstoffe fr den Aufbau von Transport-
aus dem Dnndarm: Kohlenhydrate, Eiweie, micellen.1) Diese bentigt der Organismus fr
Fette, Vitamine, Minera- den Transport der wasserunlslichen Stoffe wie
lien, Medikamente etc.; Triglyceride, Phosphatide und Cholesterol in den
aus dem Magen: Alkohol, Medikamente; wssrigen Krperflssigkeiten.
aus dem Pankreas: Hormone (Insulin) der
Langerhansschen Inseln; Die Leber wandelt berschssige Kohlenhydrate
aus der Milz: Abbauprodukte des H- in Triglyceride um und ist fr die Synthese der
moglobins. Plasmalipoproteine unterschiedlicher Dichte ver-
Daraus ergibt sich eine ihrer wesentlichsten Auf- antwortlich.
gaben, nmlich wichtige Stoffkonzentrationen in
den extrazellulren Flssigkeiten, insbesondere Aufgaben im Cholesterolstoffwechsel
im Blut, konstant zu halten und damit eine kon- Die Leber ist der Hauptort der Cholesterol-Bio-
tinuierliche Versorgung der Zellen zu sichern. synthese. Sie nimmt aber auch Cholesterol, das
Hufig geschieht dies durch wechselseitige in anderen Krperzellen gebildet bzw. mit der
Umwandlung von Speicher- und Transportform Nahrung aufgenommen wurde, in ihren Vorrat
eines Stoffes: auf.
Merke
Aufgaben im Kohlenhydratstoffwechsel Die Leber ist mageblich fr den Cholesterol-
Die Leber erfllt hier vor allem die eben beschrie- haushalt des Krpers verantwortlich.
bene Aufgabe, wodurch sie den Blutglucosespie-
gel konstant hlt.
Nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit gelangt Aufgaben im thanolstoffwechsel
viel Glucose, aber auch Insulin, mit dem Pfort- Alkohol (thanol, C2H5OH) wird berwiegend
aderblut in die Leber. Durch das Hormon stimu- in der Leber abgebaut. Die Leber konzentriert
liert, wird die berschssige Glucose in Glyko-
gen und wenn dessen Speicherkapazitt er- 1) Plasmalipoproteine (Bestandteile: Cholesterol, Phospha-
schpft ist, in Fett umgewandelt. Sinkt danach tide, Triglycerid, Eiwei), die dem Lipidtransport dienen
260 12 Verdauungssystem
ihn aber nicht, sondern der Alkohol wird mit lslich und unschdlich. In dieser Form wird das
Ausnahme von Fett- und Knochengewebe im Bilirubin aktiv in die Gallenkapillaren transpor-
ganzen Krper verteilt. tiert und gelangt mit dem Gallensaft in den
Darm. Im Colon wird es durch die Ttigkeit der
P Die Blut-Alkohol-Konzentration ist ein Darmbakterien vor allem in Urobilinogen und
guter Indikator fr die Konzentration des andere Farbstoffe (Sterkobilinogen, Urobilin,
Alkohols im Gehirn. Sterkobilin) umgewandelt. Diese Abbauprodukte
bewirken die braune Farbe des Stuhls. Der
grte Teil wird mit dem Stuhl ausgeschieden
Abbau von Hmoglobin, Produktion und (ca. 85 %). Der Rest wird wieder resorbiert und
Sekretion des Gallensaftes gelangt entweder ber die Pfortader in die Leber
Mit dieser Spezialleistung erfllt die Leber zurck oder bei Resorption im Rektum unter
2 Funktionen: Umgehung der Leber in die Niere. Dieser Teil
Mitwirkung bei der Fettverdauung durch die wird mit dem Harn ausgeschieden und bestimmt
Gallensuresynthese; die bernsteingelbe Harnfarbe mit.
Abbau beralterter Blutzellen.
Beim Abbau von Hmoglobin in der Leber ent- Bestandteile des Gallensaftes und Bedeutung
stehen die Gallenfarbstoffe. Zuerst bildet sich das der Gallensuren
grne Biliverdin, das dann zum wichtigsten Der Gallensaft besteht aus Gallensuren,
Gallenfarbstoff, dem Bilirubin, umgewandelt Gallenfarbstoffen (Bilirubin), Cholesterol, Lezi-
wird. Das Bilirubin ist wasserunlslich und zell- thin, Na+, K+, Ca2+, HCO3-. Die Salze der
schdigend. Deshalb wird es in den Leberzellen Gallensuren sind fr die Verdauung und
an Glucuronsure gebunden und dadurch wasser- Resorption der Fette von groer physiologischer
Bedeutung. Sie setzen die Ober-
flchenspannung herab und wirken
dadurch emulgierend (verteilend) und
Leberarterie dispergierend (verkleinernd). Auer-
(A. hepatica)
Cholesterol im Blut dem aktivieren sie die Lipasen und
hemmen die Magensaftsekretion.
Cholesterol
P Gallensteine entstehen, wenn das
Gleichgewicht der Bestandteile des
Gallensure (0,6 g/d) Leber Gallensaftes gestrt ist. Am hufig-
(Hepar)
sten sind Cholesterol-Pigment-Kalk-
Steine.
Merke
Enterohepatischer Kreislauf
P Die Biotransformationen in der Leber kn-
Unter dem enterohepatischen Kreislauf versteht nen die Konzentration von Arzneistoffen
man die Ausscheidung von Stoffen (z. B. Gallen- beeinflussen. Man spricht vom sog. First pass
suren und Gallenfarbstoffe) mit dem Gallen- effect (Einfluss der ersten Leberpassage).
saft aus der Leber in den Darm und deren Leber- oder Nierenfunktionsstrungen knnen
Rckresorption und Rcktransport mit dem zur Retention von Giftstoffen fhren und
Pfortaderblut in die Leber. Hier gelangen die dadurch ein Coma hepaticum oder eine Urmie
Stoffe dann erneut in die Gallenflssigkeit und hervorrufen.
erfahren den gleichen Kreislauf.
Dieser Vorgang ist in erster Linie eine konomi-
sierung bestimmter Stoffwechselprozesse. Im
Falle der fr die Fettverdauung so wichtigen
Gallensuren bedeutet dies einen tglichen
Verlust von nur ca. 10 %, ca. 90 % werden rck-
resorbiert.
Bei fettreicher Ernhrung ist der Bedarf an
Gallensuren erhht, deshalb zirkulieren die
Gallensuren 4- bis 12-mal pro Tag.
Aufgaben im Eiweistoffwechsel
In der Leber werden die mit dem Pfortaderblut
ankommenden Aminosuren verstoffwechselt.
Sie dienen zum einen der Synthese der Plasma-
proteine (Albumine, Gerinnungsfaktoren, einige
Globuline), die an das Blut abgegeben werden.
Ein weiterer Teil wird abgebaut und der dabei
frei werdende Stickstoff in Harnstoff berfhrt.
Der Harnstoff gelangt mit dem Blutkreislauf zur
Niere. Der Rest der Aminosuren wird benutzt,
um intrazellulre Proteine der Leber aufzubauen.
Merke
In der Leber findet die Synthese der Plasma-
proteine und des Harnstoffes statt.
Merke
Biotransformationen fhren hufig zur Ent-
giftung von Stoffen. Entgiftung bedeutet
demnach, dass krperfremde und krpereige-
ne Stoffe durch Abbau, Umbau oder Kopp-
lung an andere Stoffe (z. B. Glucoronsure)
in biologisch inaktive und fr den Organis-
mus unschdliche oder harnfhige Ver-
bindungen berfhrt werden.
262 12 Verdauungssystem
1. Geben Sie einen berblick ber die Verdauungsorgane und deren Lage.
2. Beschreiben Sie den Bau der Mundhhle und deren Organe (Zunge, Zhne, groe
Speicheldrsen).
3. Beschreiben Sie die Lage sowie den makroskopischen und mikroskopischen Bau der
Speiserhre.
4. Beschreiben Sie die Lage, den makroskopischen und mikroskopischen Bau sowie die Blut-
und nervale Versorgung des Magens.
5. Nennen Sie die Abschnitte des Dnndarms.
Beschreiben Sie deren bauliche Besonderheiten und Lage.
6. Nehmen Sie eine Gliederung des Dickdarms vor.
7. Beschreiben Sie die Lage des Blinddarms.
8. Nennen Sie charakteristische Merkmale des Colons.
9. Wie wird das Rektum verschlossen?
10. Beschreiben Sie Lage und Aufbau der Leber.
11. Beschreiben Sie den Verlauf der intra- und extrahepatischen Gallenwege.
12. Beschreiben Sie Lage und Bau des Pankreas.
13. Definieren Sie:
a) Verdauung,
b) Motorik,
c) Sekretorik,
d) Resorption.
14. Beschreiben Sie die Verdauung und Resorption:
a) der Kohlenhydrate,
b) der Fette,
c) der Eiweie.
15. Interpretieren Sie die Redensart Gut gekaut ist halb verdaut.
16. Nennen Sie die Aufgaben:
a) der Salzsure,
b) der Gallensuren.
17. Begrnden Sie, warum der Dnndarm fr die Resorption am besten geeignet ist.
18. Wie erfolgt die Regulation der Verdauung?
19. Nennen und erlutern Sie die wichtigsten Funktionen der Leber.
263
Die Harnorgane entwickeln sich gemeinsam mit Harnleitern, der Harnblase und der Harnrhre
den Geschlechtsorganen aus der gleichen An- als harnableitende Organe.
lage. So erklren sich auch die engen nachbar- Mit der Harnproduktion und -ausscheidung er-
schaftlichen Beziehungen. fllt das Harnsystem die fr die Aufrechter-
haltung des inneren Milieus entscheidenden
Das Harnsystem besteht aus den paarigen Nieren Regulierungsaufgaben. Wichtigstes Organ hierbei
als harnbildende Organe sowie den paarigen ist die Niere.
groer
Lendenmuskel
(M. psoas major)
Harnblase
(Vesica urinaria)
Harnrhre
(Urethra)
Zwerchfell
(Diaphragma)
Mastdarm
(Rektum)
Harnblase
(Vesica urinaria)
13.1 Niere (Ren, Nephros) ihrem oberen Pol dicht unter dem Zwerchfell und
ventral der 12. Rippen. Die rechte Niere liegt
Die Niere ist, wie auch der Harnleiter, paarig an- wegen ihrer Nachbarschaft zur Leber etwas tiefer.
gelegt.
Merke
Gre, Farbe und Form Die unteren Nierenpole stehen ca. 3 Finger
Die rotbraun aussehende bohnenfrmige Niere breit oberhalb des Darmbeinkammes.
hat eine Masse von 120 220 Gramm und ist
10 12 cm lang, 5 cm breit und 4 cm dick. Die
Form der Niere wird bestimmt durch Die Nachbarschaftsbeziehungen der Nieren zei-
den konvexen lateralen Rand, gen die Abb. 7.6, S. 147 und Abb. 13.1, S. 263.
den konkaven medialen Rand, an der
die Nierenbucht mit
P Vernderungen der Nieren knnen beim lie-
rechte Nierenarterie
Nebenniere (A. renalis)
(Glandula supra-
renalis dextra) linke Nebenniere
oberer (Glandula supra-
Nierenpol renalis sinistra)
Bindegewebskapsel
(Capsula fibrosa)
Nierenrinde
(Cortex renalis)
Nierenarterie
(A. renalis)
Nierenbecken Nierenvene
(Pelvis renalis)
(V. renalis)
Markpyramiden
(Pyramides renales)
Nierensule
(Columna renalis) Nierenkelch
Markpapille (Calix renalis)
(Papilla renalis) Harnleiter
(Ureter)
Mikroskopischer Bau
Die Funktionseinheit der Niere
ist das Nephron, von dem es in abfhrende Arteriole
(Vas efferens)
jeder Niere ca. 1 Million gibt. In zufhrende Arteriole
Gefpol
ihnen wird der Harn gebildet. (Vas afferens)
Nierenbecken (Pelvis renalis, Pyelon) Das Blut durchstrmt in der Niere 2 Kapillar-
Das Nierenbecken, als Auffangbehlter fr den gebiete:
Harn, entsteht durch den Zusammenschlu von das Glomerulum und danach
8 10 Nierenkelchen. Es kann recht unter- das Tubuluskapillargebiet.
schiedlich geformt sein. Im Nierenbecken be-
ginnt das bergangsepithel als Charakteristikum
fr die ableitenden Harnwege ( S. 61 und 62).
13.2 Harnleiter (Ureter)
Tab. 13.1 Nierenkreislauf. Die paarigen Harnleiter gehen kontinuierlich aus
Pars abdominalis aortae
dem Nierenbecken hervor. Es handelt sich um
dnne muskulse Schluche. Die Harnleiter, ca.
30 cm lang mit einem Durchmesser von 4 bis
A. renalis
Zwischenlappenarterien Harnblasenwand
(ziehen zur Basis der Pyramiden)
Ureter Ureter
Bogenarterien
(verlaufen zwischen Rinde und Pyramidenbasis bogenartig)
Lppchenarterien
(an ihnen hngen wie Beeren die Nierenkrperchen)
Vas afferens
auen
Glomerulus
Vas efferens innen auen innen
Tubuluskapillargebiet
Venen innerhalb der Niere
Harnfluss Rckfluss verhindert
V. renalis
Eintritt des Ureters in die
Harnblase. Abb. 13.7
V. cava inferior
268 13 Harnsystem, Funktionen der Niere
7 mm, leiten den Harn durch Peristaltik vom tere Seite der Harnblase ist vom Bauchfell ber-
Nierenbecken in die Harnblase. Beide Harnleiter zogen. An der hinteren Blasenwand verluft das
liegen wie die Nieren retroperitoneal. Bauchfell tief nach unten, um danach entweder
auf das Rektum (Mann) oder auf den Uterus
Ureterengen (Frau) berzugehen.
Der Harnleiter hat 3 enge Stellen: Beim Mann liegt an diesem bergang der tiefste
am bergang vom Nierenbecken in den Harn- Punkt der Bauchhhle (Excavatio rectovesica-
leiter, lis), bei der Frau liegt der tiefste Punkt zwischen
beim bergang in das kleine Becken und dem Uterus und dem Rektum (Excavatio recto-
in der Harnblasenwand. uterina = Douglasscher Raum, auch S. 145).
P In der Niere gebildete kleinere Nierensteine
P Ist die Harnblase gefllt, liegt sie an der vor-
knnen in den Harnleiter abgehen. Hufig deren Bauchwand (ohne Zwischenschaltung
verklemmen sie sich in einer der Harnleiter- des Bauchfells) und kann oberhalb der Symphy-
engen. Dies fhrt zu starken Kontraktionen der se punktiert werden (Abb. 13.10, S. 270).
Ureterwandmuskulatur mit heftigen Schmerzen
(Nierenkolik). Bei entzndlichen Prozessen im kleinen Be-
cken sammelt sich Eiter in den Bauchfell-
taschen bzw. nach Verletzungen Blut.
Wandschichten
Die Wandschichten zeigen den klassischen Drei-
schichtenaufbau der Hohlorgane. Das ber- Harnblasenwand
gangsepithel des Nierenbeckens geht kontinuier- Die Schleimhaut ist mit mehrreihigem ber-
lich auf den Harnleiter ber. gangsepithel (Urothel) besetzt und liegt im lee-
ren Zustand in Falten. Eine Ausnahme bildet das
am Blasengrund liegende immer faltenfreie
13.3 Harnblase (Vesica urinaria) Harnblasendreieck (Trigonum vesicae). Seine
Eckpunkte werden von 3 ffnungen markiert,
Die Harnblase ist ein muskulses Hohlorgan, der inneren Harnrhrenffnung (Ostium ure-
dessen Form und Gre vom unterschiedlichen thrae internum) vorn und den 2 Ureterffnungen
Fllungszustand abhngen. Ihre Aufgaben sind hinten.
die Speicherung und periodische Entleerung
des von den Nieren stndig produzierten Urins. Merke
Das mittlere Fassungsvermgen der Harnblase
betrgt ungefhr 1 Liter. Die Ureter durchsetzen die Harnblasenwand
schrg. Dadurch entsteht ein Ventil, und
Gliederung der Harn kann bei gefllter Blase nicht
An der Harnblase unterscheidet man folgende zurckflieen ( Abb. 13.7).
Teile:
Harnblasenscheitel (Apex vesicae) oben ge-
legen,
P Beim vesikoureteralen Reflux ist das Ver-
Harnblasenkrper (Corpus vesicae) darunter, schlusssystem geschwcht. Dadurch werden
Harnblasengrund (Fundus vesicae) unten, Harnleiter- und Nierenbeckeninfektionen be-
Harnblasenhals (Cervix vesicae) bergang gnstigt.
in die Harnrhre.
Die Muskulatur der Harnblasenwand ist drei-
Lage und Nachbarschaftsbeziehungen schichtig und so angeordnet, dass sich bei ihrer
Die Harnblase liegt im kleinen Becken hinter der Kontraktion die Harnblase vollstndig entleeren
Symphyse. Beim Mann schiebt sich zwischen kann.
Harnblasengrund und Beckenboden die Vorste- Der Harnblasenwandmuskel heit M. detrusor
herdrse (Prostata). Auerdem liegen hinten vesicae.
unten die Blschendrsen an. Die obere und hin-
13.3 Harnblase 269
Merke
Scheitel der Harnblase
Die Entleerung der Harnblase heit Miktion (Apex vesicae)
( S. 274).
Krper der
Verschluss von Harnblase und Harnrhre Harnblase
Der Verschluss erfolgt durch eine aus glattem (Corpus vesicae)
Muskelgewebe bestehende Muskelschlinge, den Harnleiter
(Ureter)
unwillkrlichen Schliemuskel der Harnblase
(M. sphincter vesicae) um die innere Harn- Samenleiter
(Ductus
rhrenffnung und den willkrlichen quer ge- deferens)
streiften Harnrhrenschliemuskel (M. sphincter
Blschen-
urethrae) im Beckenboden. drsen
(Glandula
Bauchfell
(Peritoneum)
gerader bauchfellfreier Raum
Bauchmuskel ber der Schambeinfuge
(M. rectus abdominis)
Harnblasenwandmuskel
(M. detrusor)
Punktionskanle
Schambeinfuge
(Symphysis pubica) innere
Harnrhrenffnung
Harnrhre (Ostium urethrae internum)
(Urethra)
Scheide
Kitzler (Vagina)
(Clitoris) uere
Scheidenvorhof Harnrhrenffnung
(Vestibulum vaginae) (Ostium urethrae externum)
P Bei einem arteriellen Systemblutdruck unter
Glomerulus 70 mmHg besteht Anurie, bei einem arteriel-
len Systemblutdruck ber 220 mmHg eine
Bowmansche Druckdiurese.
Kapsel
Selbstregulation der Nierendurchblutung
Die renale Durchblutung betrgt 25 % des
Primrharn Herzminutenvolumens. Damit die Niere ihre
Funktionen kontinuierlich erfllen kann, muss
glomerulre Filtrationsrate sie mglichst konstant durchblutet werden. Dies
(GFR) 120 ml/min
erfolgt vor allem durch das Vas afferens, indem
es bei einer arteriellen Druckvernderung selb-
Abb. 13.11 Glomerulre Filtration. stndig die Geflichtung so verndert, dass die
Durchblutung konstant bleibt ( S. 202). Auf
diese Weise knnen Blutdruckschwankungen
Die ca. 1 m2 groe Filtermembran wird aus zwischen 80 und 180 mmHg ausgeglichen
3 Schichten (Kapillarendothel, Deckzellen [Po- werden.
dozyten] des inneren Blattes der Bowmanschen
Kapsel, gemeinsame Basalmembran der Po-
P Bei starkem Absinken des zentralen Blut-
dozyten und Kapillarendothelzellen) gebildet druckes, z. B. bei Schock, versagt auch die
und lsst auer Blutzellen und Plasmaproteinen Nierendurchblutung und damit die Filtration
alle Blutbestandteile hindurch. Weil nur kleine des Primrharns.
Teilchen des Blutes im Glomerulusfiltrat enthal- Es kommt zu akutem Nierenversagen, d. h.
ten sind, wird es als Ultrafiltrat und der gesamte keine Harnbildung (= Anurie).
Vorgang als Ultrafiltration bezeichnet.
Bildung des Endharns durch Resorption und
Merke Sekretion im Tubulus
In den Nierenkrperchen entstehen durch Resorption: Stofftransport (aktiv oder passiv)
Filtration pro Tag ca. 170 Liter Primrharn. Er aus dem Tubulus in den Blutkreislauf.
enthlt alle Stoffe des Blutes mit Ausnahme Sekretion: Stofftransport (aktiv oder passiv)
der groen Eiweimolekle und der Blut- aus dem Blutkreislauf in den Tubulus.
zellen. Die Konzentration der filtrierbaren
Teilchen ist im Blutplasma und Primrharn Resorption
gleich. Durch die Resorption werden alle Stoffe, auch
Wasser, die der Krper zur Erhaltung der
Homostase des inneren Milieus bentigt, aus
P Durch akute und chronische Nierenkrank- dem Tubulus in das Blut zurckgefhrt; das sind
heiten kann es zur Filtration von Erythrozyten 98 % der gereinigten Blutflssigkeit. Die aktive
(blutiger Harn Hmaturie), Leukozyten Resorption ist eine Leistung der Tubuluszellen.
(eitriger Harn Leukozyturie) und Eiweien Wrde bei einem 70 kg schweren Mann die
(Proteinurie) kommen. Resorption fr 5 Stunden versagen, betrge die
Masse des Mannes theoretisch nur noch 28 kg.
steigt jedoch die Blutglucose 18 g/dl = 10 mmol/1, Diese Normwerte ndern sich bei einer Erkran-
dann erscheint sie im Urin (= Glucosurie). kung hufig.
Hypophysenhinterlappen
Malpighisches Krperchen Zwischenhirn
ion
Sekretion Resorption
at
Glucose rm
Blutkapillaren fo
Penicilin Aminosuren In
HCO3-, Na+
NH3
K+, Ca2+,
Mg2+ Durst
H2O osmotischer
H O Druck
2
Harnstoff, CI-
ADH
Osmorezeptor
Na+, CI-
Harnstoff
H2O
CI-
Na+
NH3
Na+, K+, Ca2+ Tubulus Blutkapillaren
H+
CI-, H2O
K+
H2O H2O
= aktiv
= passiv
Tubulus-Apparat Harnkonzentration
Nierenkrperchen
(Malpighisches Krperchen)
Osmorezeptor Harnkanlchen
innere Kopfarterie (Tubulus)
Plasmavolumen
Nebennierenrinde Tubulus Blutkapillaren
n
tio
orma
Inf
Na+ Plasma-
H2O volumen
Aldos
teron
H+
K+
Merke
Bei gesunden Menschen enthlt der Urin
weder Eiwei noch Zucker, hchstens einige
abgestoene Epithelzellen der ableitenden
Harnwege und einige Leukozyten.
276 13 Harnsystem, Funktionen der Niere
14 Geschlechtssystem (Genitalsystem)
linker Harnleiter
gerader (Ureter sinister)
Bauchmuskel Blschendrse
(M. rectus abdominis) (Glandula seminalis)
Harnblase Mastdarm
(Vesica urinaria) (Rektum)
Samenleiter Cowpersche Drse
(Ductus deferens) (Glandula bulbourethralis)
Vorsteherdrse After
(Prostata) (Anus)
Gliedschwellkrper Harnrhre
(Corpus cavernosum (Urethra)
penis)
Nebenhoden
Hoden (Epididymis)
(Testis)
Hodensack
Eichel (Scrotum)
(Glans penis)
Harnblase
(Vesica urinaria)
innere Harnleiter
Harnrhrenffnung (Ureter)
(Ostium urethrae
internum)
Blschendrse
Symphyse (Glandula seminalis)
Harnrhre Mastdarm
(Urethra)
(Rektum)
Gliedschwellkrper
(Corpus cavernosum Vorsteherdrse
penis) (Prostata)
Schiffergrube Spritzkanal
(Fossa navicularis (Ductus ejaculatorius)
urethrae)
Hodensack
uere (Scrotum)
Harnrhrenffnung
(Ostium urethrae Hoden
externum) (Testis)
Funktionen
Samenzellbildung
A. testicularis Die Bildung der Samenzellen (Sper-
Samenleiter mien) erfolgt im gewundenen Teil
(Ductus deferens)
der Hodenkanlchen; diesen Vorgang
V. testicularis
bezeichnet man als Spermiogenese.
ber den gestreckten Teil gelangen
Samenstrang die Spermien in das Hodennetz.
(Funiculus spermaticus)
Nebenhodenkopf
P In der Scheide sind die Spermien
(Caput epididymidis) ca. 2 Stunden, in der Gebrmutter
bis zu 48 Stunden befruchtungs-
Bindegewebslager
mit Hodennetz fhig.
(Rete testis)
Hodenlppchen Hormonbildung
(Lobuli testis)
mit Hodenkanlchen In den Leydigschen Zwischenzellen,
(Tubuli seminiferi) die zwischen den Hodenkanlchen
Bindegewebssepten im Bindegewebe liegen, wird das
(Septula testis) Androgen Testosteron gebildet. Mit
Bindegewebshlle Beginn der Pubertt schttet der
(Tunica albuginea)
Hypophysenvorderlappen ( Kap.
Nebenhodenkrper 15.3.3, S. 304) Hormone aus, die die
Nebenhodenschweif Spermienreifung und die Ausscht-
tung von Testosteron anregen. Das
mit 4 5 m langem Testosteron ist mit den weiblichen
Nebenhodengang
Sexualhormonen strogen und Pro-
gesteron verwandt.
Abb. 14.2 Hoden (Testis) und Nebenhoden (Epididymis).
14.1 Mnnliche Geschlechtsorgane 279
Blutversorgung
Die Blutversorgung der Hoden erfolgt durch die
Arteria und Vena testicularis.
Spermien
Nebenhoden (Epididymis) Sperma-
Der Nebenhoden liegt an der Hinterflche des tiden
Hodens, also ebenfalls im Hodensack. Vom Hoden-
netz ziehen Kanlchen in den Nebenhodenkopf Spermatozyt 2 Sertoli-
und mnden hier in den 4 5 m langen auf ca. Zelle 1)
5 cm zusammengeknulten Nebenhodengang. Spermatozyt 1
Dieser durchzieht den Nebenhoden und geht am Ursamenzelle
Nebenhodenschweif in den Samenleiter ber. (Spermatogonie)
Funktion
Im Nebenhoden reifen die Samenzellen aus. Er 1) Sttzzellen, die der Ernhrung der reifenden Samen-
ist der wichtigste Speicher fr die Spermien. zellen dienen
Harnleiter
(Ureter)
Samenleiter
(Ductus deferens)
Harnblase
(Vesica urinaria)
paarige Gliedschwellkrper
(Corpora cavernosa penis)
Schiffergrube
(Fossa navicularis urethrae)
P Hufige Entwicklungsst-
Haut
rung ist eine zu enge Vorhaut (Cutis)
(Phimose). Fascia penis
Scheidewand
Im Inneren des Penis liegen drei (Septum penis)
lang gestreckte Schwellkrper. Gliedschwellkrper
Die paarigen Gliedschwell- (Corpus cavernosum penis)
Dabei sind drei Stadien zu beobachten: die noch keine Kinder geboren haben (Nulli-
Primrfollikel. Die Eizelle ist meist von einer para).
Schicht Follikelepithelzellen umgeben.
Sekundrfollikel. Durch Teilung der Follikel- Gliederung ( Abb. 14.8, S. 284)
epithelzellen schon in den ersten Lebenstagen Bei der ueren Betrachtung der Gebrmutter
wird die Hlle dicker. erkennt man die folgenden Abschnitte.
Tertirfollikel (= Graaf scher Follikel). Er Gebrmuttergrund (Fundus uteri): Dies ist die
entwickelt sich ab dem 10. und 14. Lebensjahr. Wlbung ber den Eintrittsstellen der Eileiter
Das Follikelepithel teilt sich schnell. Es ent- in den Uteruskrper.
steht ein mit Flssigkeit gefllter Hohlraum. Gebrmutterkrper (Corpus uteri): Im Inneren
Der sprungreife Follikel ist kirschkerngro dieses breiten, abgeflachten Teiles liegt die
und hebt sich bis zum Eisprung (Ovulation) Gebrmutterhhle (Cavitas uteri) als Entwick-
deutlich von der Oberflche ab. lungsraum fr den Keimling. Ihre Form ist im
Frontalschnitt dreieckig und im Lngsschnitt
2. Hormonbildung spaltfrmig. Nach unten verengt sich die
Im Eierstock werden in bestimmten Zellen Sexual- Gebrmutterhhle zum Gebrmutterhalskanal
hormone gebildet. = Cervixkanal (Canalis cervicis uteri).
strogene (Follikelhormone), Gebrmutterhals (Cervix uteri): Zwischen
Gestagene (Gelbkrperhormon = Progesteron). Krper und Hals liegt eine Engstelle als Ver-
bindung, der Isthmus uteri. Der obere Teil des
Eileiter (Tuba uterina, Salpinx uterina) Gebrmutterhalses liegt ber der Scheide, der
Der Eileiter ist ein 10 15 cm langer Schlauch untere Halsteil ragt als Mutterkegel (Portio
und dient dem Transport der Eizelle vom Eier- vaginalis) in die Scheide hinein.
stock in die Gebrmutter. Die uere trichterfr-
mige Eileiterffnung umfasst mit fingerartigen
P Der uere Muttermund ist bei der Nullipara
Fortstzen (Fimbrien) den Graaf schen Follikel, rund und bei der Multipara lippenartig quer
fngt die Eizelle beim Eisprung auf und trans- gestellt. Er kann vom Arzt bei einer gynkolo-
portiert sie mithilfe von Flimmerbewegungen gischen Untersuchung betrachtet werden.
der Flimmerepithelzellen sowie peristaltischen
Muskelkontraktionen in die Gebrmutter. Der Lage
Transport dauert ca. 4 Tage. Im Eileiter findet Der Uterus liegt im kleinen Becken zwischen der
normalerweise die Befruchtung statt. Blase und dem Rektum. Normalerweise ist der
Krper nach vorn ber die Blase gebeugt
P ber die Eileiter besteht eine direkte Verbin- (Anteflexio uteri).
dung von der freien Bauchhhle ber Gebrmut-
ter und Scheide nach auen (Infektionsgefahr).
P Bei einer Krmmung des Krpers nach hin-
Bei gestrtem Auffang- und Transportmechanis- ten (Retroflexio uteri) auf den Mastdarm
mus kann sich eine befruchtete Eizelle sowohl in knnte der Weg fr die Spermien versperrt
der Bauchhhle als auch im Eileiter einnisten. werden, weil der uere Muttermund gegen
Im ersten Fall spricht man von einer Bauch- die vordere Scheidenwand gedrckt wird.
hhlen-, im zweiten von einer Eileiterschwan-
gerschaft. Beide sind lebensbedrohlich (Ver- Bauchfellbeziehung und Bnder
blutungsgefahr) und mssen behandelt werden. Der Bauchfellberzug des Uterus zieht als
Doppelblatt seitwrts zur Beckenwand. So ent-
Gebrmutter (Uterus) steht von der Gebrmutter ausgehend das breite
Form und Gre Mutterband (Lig. latum uteri) als Aufhngung
Die Gebrmutter ist birnenfrmig, etwa 7 bis fr Eileiter und Eierstock. Das Gewebe zwischen
10 cm lang und wiegt 60 bis 70 Gramm. Bei dem Bauchfelldoppelblatt heit Parametrium und
Frauen, die mehrere Kinder geboren haben enthlt in Bindegewebe eingebettet Gefe und
(Multipara), ist sie etwas grer als bei Frauen, Nerven. Vom Fundus der Gebrmutter ziehen die
14.2 Weibliche Geschlechtsorgane 283
Gebrmutter
Eierstock (Uterus)
(Ovarium)
Douglasscher
Eileiter Raum
(Tuba uterina) (Excavatio
Bauchfelltasche rectouterina)
zwischen Uterus Mastdarm
und Blase (Rektum)
(Excavatio
vesicouterina) Scheiden-
gewlbe
Harnblase (Fornix vaginae)
(Vesica urinaria)
Scheide
Symphyse (Vagina)
Harnrhre kleine
(Urethra) Schamlippe
Kitzler (Labium minus
(Clitoris) pudendi)
uere groe
Harnrhrenffnung Schamlippe
(Ostium urethrae (Labium majus
externum) pudendi)
Gebrmutterhals
(Cervix uteri)
Eierstock Muttermund
(Ovarium) (Ostium uteri)
Gebrmutterhhle Scheide
(Cavitas uteri) (Vagina)
Gebrmutterenge Mutterkegel
(Isthmus uteri) (Portio vaginalis)
der Funktionsschicht, welche whrend der teren Seite des Gebrmutterhalses zieht dann
monatlichen Regelblutung (Menstruation) das Bauchfell zur Vorderflche des Rektums.
abgestoen und in den darauf folgenden
Tagen wieder aufgebaut wird. Scheide (Vagina)
Die Schleimhaut im Gebrmutterhalskanal Die Scheide ist ein ca. 10 cm langer elastischer
enthlt palmenblattartige Falten. Hier bilden Schlauch zwischen Harnrhre und Mastdarm.
die Zellen einen Schleimpfropf, der das Ein- Vorder- und Hinterwand liegen aufeinander, so-
dringen von Krankheitserregern von der dass ein Querspalt entsteht. Die Wand besitzt
Scheide her verhindert. Reservefalten fr den Geburtsvorgang, aber
auch als Reibeflche fr den Penis beim
2. Gebrmuttermuskulatur (Myometrium) Geschlechtsverkehr (Koitus).
Diese glatte Muskulatur ist in Spiralzgen an- Der obere Scheidenteil ist gewlbeartig erweitert
geordnet und wirkt vor allem als austreibende (man spricht vom Scheidengewlbe) und umfasst
Kraft whrend der Geburt des Kindes durch den ueren Muttermund (Portio vaginalis). Das
Gebrmutterhalskanal und Scheide. untere Ende der Scheide (Scheideneingang,
Scheidenmund) mndet in den Scheidenvorhof.
P Das Myometrium neigt zur Bildung gut-
Scheidenschleimhaut
artiger Gewchse (Myome).
Die Schleimhaut der Scheide trgt mehrschichti-
ges unverhorntes Plattenepithel. Die Zellen ent-
3. Bauchfellberzug (Perimetrium) halten sehr viel Glykogen. Nach ihrem Abster-
Das Peritoneum berzieht vom Scheitel der ben bilden Milchsurebakterien, auch Dder-
Harnblase kommend die Gebrmutterober- leinsche Scheidenbakterien genannt, aus dem
flche. Der Uterus liegt also intraperitoneal anfallenden Glykogen Milchsure. Dadurch
und ist entsprechend beweglich (Gren- wird das Scheidensekret sauer (pH-Wert = 4) und
zunahme bei Schwangerschaft). Von der hin- bildet einen wichtigen Infektionsschutz.
14.2 Weibliche Geschlechtsorgane 285
vorderer
Zusammenschluss der Schamberg
groen Schamlippen (Mons pubis)
(Commissura groe Schamlippe
labiorum anterior) (Labium majus
Kitzlervorhaut pudendi)
(Preputium clitoris) kleine Schamlippe
Kitzler (Labium minus pudendi)
(Clitoris) Scheidenvorhof
uere Harnrhrenffnung (Vestibulum vaginae)
(Ostium urethrae externum)
Scheideneingang hinterer Zusammen-
(Ostium vaginae) schluss der groen
Reste des Schamlippen
Jungfernhutchens (Commissura
(Carunculae hymenales) labiorum posterior)
Damm After
(Perineum) (Anus)
Eileiter
(Tuba uterina)
Eileiter
(Tuba uterina)
Eierstock
(Ovarium)
Eierstock
(Ovarium)
Gebrmutter
Scheide (Uterus)
(Vagina)
uerer Muttermund
(Ostium externum uteri)
Eizelle
Kopf mit Kopfkappe
(Akrosom)
Hals mit Zentriol
Mittelstck mit Mitochondrien
sprungreifer Follikel
(Tertirfollikel =
Graafscher Follikel)
Weg der Samen- und Eizelle zum Ort der Befruchtung. Abb. 14.10
288 14 Geschlechtssystem (Genitalsystem)
2-Zellen-Stadium
Gebrmutterschleimhaut
(Endometrium)
Einnistung (Nidation)
4-Zellen-Stadium
innere Blastomeren
8-Zellen-Stadium Blastozystenhhle
uere Blastomeren
Morula Blastozyste
2. 2 1 Knorpelskelett.
Aortenbogen
(Arcus aortae)
Ductus arteriosus
Lig. arteriosum
(vormals Ductus arteriosus)
rechter Vorhof linker Vorhof
(Atrium dextrum)
(Atrium sinistrum)
Bauchaorta
(Pars abdominalis
aortae)
Leber
(Hepar)
Lig. venosum
(vormals Ductus
venosus)
Navelvene
(V. umbilicalis) untere
Hohlvene
(V. cava inferior)
Nabel
(Umbilicus)
Nabelschnur
(Chorda umbilicalis)
Mutterkuchen Gebrmutter
(Placenta) (Uterus)
und endet mit der vollstndigen Erffnung des erffnet ist und endet mit der Geburt des Kindes.
Muttermundes und normalerweise dem Plat- Dauer bei Erstgebrenden: ca. 30 Minuten.
zen der Fruchtblase. Der Kopf des Kindes Nachgeburtsperiode
hat sich bis zum Beckenboden geschoben. Das ist der Zeitraum von der Geburt des Kindes
Dauer bei Erstgebrenden: ca. 12 Stunden. bis zum Abstoen der Placenta (= Nachge-
Austreibungsperiode burt). Der Geburtsvorgang ist damit beendet.
Sie beginnt, wenn der Muttermund vollstndig Dauer: 15 20 Minuten.
Placenta
Nabelschnur
Muttermund
Erffnungsperiode
regelmige
Wehenttigkeit
ffnung des
Muttermundes
Platzen der Fruchtblase
Austreibungsperiode
vollstndige ffnung
des Muttermundes
Geburt des Kindes
Nachgeburtsperiode
Abstoen der Placenta
1. Geben Sie einen berblick ber die mnnlichen Geschlechtsorgane und deren Lage.
2. Welche Aufgaben erfllen die inneren mnnlichen Genitalorgane?
3. Wie ist das Sperma zusammengesetzt?
4. Beschreiben Sie den Weg der Spermien vom Bildungsort zum Ort der Befruchtung.
5. Geben Sie einen berblick ber die weiblichen Geschlechtsorgane und deren Lage.
6. Beschreiben Sie die Follikelreifung im Eierstock.
7. Welche Aufgabe hat der Eileiter, und wie erfllt er sie?
8. Beschreiben Sie den Aufbau des Uterus.
9. Was bedeutet der Begriff Adnexe?
10. Begrnden Sie, warum eine gesunde Scheidenflora der wichtigste Schutz gegen
Infektionen der inneren weiblichen Geschlechtsorgane ist.
11. Was versteht man unter dem Scheidenvorhof?
Welche Gebilde liegen in ihm?
12. Nennen und beschreiben Sie die Entwicklungsperioden in der menschlichen Individual-
entwicklung.
13. Was versteht man unter der Befruchtung, und welches sind die wichtigsten Ergebnisse?
14. Was geschieht whrend der Furchung?
15. Unterscheiden Sie Trophoblast und Embryoblast.
16. Was versteht man unter Nidation?
17. Wie erfolgen Versorgung und Schutz des Embryos bzw. des Fetus?
18. Welche Besonderheiten kennzeichnen den fetalen Kreislauf, und welche Umstellungen
vollziehen sich nach der Geburt?
19. berlegen Sie, welche Folgen ein sich nicht schlieendes Foramen ovale fr den Organis-
mus hat.
20. Wie wird der Geburtstermin bestimmt?
21. In welche Perioden wird der Geburtsverlauf eingeteilt, und wodurch sind diese gekenn-
zeichnet?
295
Merke
Die glandulren Hormone werden in Drsen
gebildet und gelangen durch den Blutkreis-
Das Hormonsystem realisiert seine Funktion lauf zum Wirkungsort. Bildungs- und Wir-
mithilfe von Hormonen (= Inkrete). kungsort liegen meist weit entfernt.
negative Rckkopplung
viert und eliminiert werden. +
Auf diese Weise werden zu
hohe Hormonspiegel ver- Hypophysenvorderlappen
hindert.
Die meisten Hormone wer- glandotrope Hormone
den in der Leber inaktiviert +
und die Abbauprodukte ber
die Niere ausgeschieden.
periphere endokrine Drse
Biologischer Regelkreis
als Regulator der
Hormonproduktion effektorische Hormone
Die Hormonkonzentrationen
im Blutplasma werden in vie-
len Fllen nach dem Prinzip + = frdern
Erfolgsorgan
der negativen Rckkopplung = hemmen
konstant gehalten: Ein Anstieg
der Hormonkonzentration im
Plasma wirkt hemmend auf seine Freisetzung, ein anderes Molekl oder Ion (= Ligand, Agonist)
ein Abfall dagegen frdernd. mit Reiz- bzw. Signalwirkung ist.
In dem das Hormon mit dem Rezeptor reagiert,
Hormonrezeptoren und Erfolgsorgane werden bestimmte Effekte (z. B. die Synthese
Hormonrezeptoren gehren zu den molekularen eines Enzymeiweies) ausgelst. Den Mechanis-
Rezeptoren (biochemische Definition). Auf mus kann man sich als Schlssel(Ligand)-
molekularer Ebene versteht man unter einem Schloss-(Rezeptor)-Prinzip vorstellen. Stoffe,
Rezeptor ein Molekl (meist sind es Glykolipide die die molekularen Rezeptoren hemmen bzw.
oder Glykoproteine), das Reaktionspartner fr blockieren, werden als Antagonisten bezeichnet.
Merke
Tab. 15.4 Schlssel-Schloss-Prinzip.
Die Rezeptoren fr Hormone sind
spezifische Molekle, die die Hor-
Ligand, Agonist
mone binden und dadurch ihre
Schlssel (z. B. Hormon,
Bakterientoxin, Wirkung vermitteln.
Effekt
Opiat, Antigen)
(z. B. Synthese Die Rezeptoren fr die wasserlsli-
eines bestimmten
Enzymeiweies) chen Hormone befinden sich auf der
Zellmembran, jene fr die Steroid-
Rezeptor
Schloss hormone sitzen am Zellkern oder
(Glykolipid,
Glykoprotein) anderen Zellorganellen, also innerhalb
der Zellen.
298 15 Hormonsystem (Endokrines System)
2. Alle brigen Hormone verbinden sich mit 15.2.1 Hormone des Hypothalamus und der
einem Zellmembranrezeptor. Dadurch bewir- Hypophyse
ken sie die Bildung eines 2. Boten (second In Kerngebieten des Hypothalamus liegen die
messenger) in der Zelle, der dann die typische bergeordneten vegetativen Zentren. Von hier
Wirkung vermittelt. Dieser 2. Bote ist hu- werden sowohl die Aktivitten des vegetativen
fig das cyclische Adenosinmonophosphat Nervensystems als auch die Bildung und
(cAMP). Freisetzung der Hypophysenhormone gesteuert.
Merke Hormone des Hypothalamus
Die meisten Peptid- und Glykoprotein- Releasing- und Inhibitinghormone
hormone sowie Aminosureabkmmlinge Im Hypothalamus werden Releasinghormone,
(kleine Gruppe, Tab. 15.2) knnen die Inhibitinghormone und effektorische Hormone
Zellmembran nicht passieren und wirken des- gebildet.
halb ber einen 2. Boten. Die Wirkungen der 1. Releasinghormone (= Liberine):
Hormone beruht im Wesentlichen auf der Sie steuern die Bildung und Freisetzung der
Beeinflussung von Enzymen in den Zellen 4 glandotropen1) Hormone (thyreotropes Hor-
der Erfolgsorgane. mon, luteinisierendes Hormon, follikelstimu-
Dabei gibt es drei Mglichkeiten: lierendes Hormon, adrenocorticotropes Hor-
1. Aktivierung oder Hemmung vorhandener mon) sowie der 3 effektorischen Hormone des
Enzyme, Hypophysenvorderlappens (Wachstumshormon,
2. Steigerung der Enzymsynthese ber eine Prolactin, melanocytenstimulierendes Hormon).
Genaktivierung, 2. Inhibitinghormone (= Statine):
3. Vernderung der Zellmembranaktivitt Sie hemmen die Freisetzung der 3 effektori-
und damit Einflussnahme auf die Substrat- schen Hormone des Hypophysenvorderlappens
bereitstellung. (Wachstumshormon, Prolactin, melanocyten-
stimulierendes Hormon).
Merke
Wachstumshormon, Prolactin und melano-
cytenstimulierendes Hormon werden sowohl
von Releasing- als auch von Inhibitinghormo-
1) auf eine periphere Hormondrse einwirkend nen gesteuert.
15.2 Hormongruppen 299
Hemmung Hypothalamus
Hypophysen-
Releasinghormone stiel
Hypophysen-
Hypophysenvorderlappen hinterlappen
Hypophyse
glandotrope Hormone
effektorische Hormone
Blut
Hormonkonzentration
15.3 Periphere Hormondrsen, die linken Lappen, die durch eine Brcke (Isthmus)
miteinander verbunden sind. Die beiden Schild-
durch die glandotropen drsenlappen liegen seitlich der Luftrhre und
Hormone gesteuert werden reichen nach oben bis zum Ringknorpel des
Kehlkopfes, nach hinten bis zur Speiserhre, der
Zu den Hormondrsen, die durch glandotrope Isthmus liegt der Trachea vorne auf.
Hormone gesteuert werden, gehren Schild-
drse, Nebennierenrinde und die Keimdrsen Auen befindet sich eine Bindegewebskapsel,
(Gonaden). von der kleine Septen in das Drsengewebe zie-
hen. Dadurch entstehen die Schilddrsen-
lppchen. Das Drsengewebe selbst besteht aus
kleinen Blschen, den Follikeln.
15.3.1 Schilddrse und die Hormone
Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) Die Hormone Thyroxin und Trijodthyronin wer-
den in den Follikelepithelzellen gebildet und in
Die Schilddrse ist die grte Hormondrse. Sie den Follikeln gespeichert.
hat eine Masse von 30 40 Gramm und liegt in Entscheidend fr die Wirkung ist ihr Jodgehalt.
der vorderen Halsregion vor der Luftrhre unter- Neben den Follikelzellen liegen C-Zellen, in
halb des Schildknorpels. Die Schilddrse (Glan- denen ein Hormon (Calcitonin) gebildet wird,
dula thyreoidea) besteht aus einem rechten und das den Calciumstoffwechsel mit reguliert.
Zungenbein Rachenwand
(Os hyoideum) von dorsal
Schildknorpel- rechter und linker
Zungenbein- Schilddrsenlappen
Membran
(Membrana thyrohyoidea) Nebenschilddrsen
Schildknorpel (Glandula parathyroidea)
(Cartilago thyroidea)
Speiserhre
rechter und linker
Schilddrsenlappen (sophagus)
Kolloid
Epithel Blutkapillaren
Schilddrsenenge
(Isthmus glandulae
thyroideae)
Luftrhre
(Trachea)
P Krankhafte Vergrerungen der Schilddrse hufiges Schwitzen,
(Struma) knnen Atem- und Schluckbeschwer- starkes Herzklopfen,
den hervorrufen. Eine Struma kann mit einer hervortretende Augpfel
ber-, Unter- oder normalen Hormonproduk- (Exophthalmus = Glotzauge) und
tion einhergehen. Abmagerung.
Darber hinaus gibt es noch andere Ursachen
Hauptschliche Wirkungen von T4 und T3 fr eine Hyperthyreose, z. B. hormonproduzie-
Die von den Follikelzellen produzierten Schild- rende Schilddrsentumoren.
drsenhormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin
(T3) werden aus der Aminosure Tyrosin durch Schilddrsenunterfunktion (Hypothyreose)
Anreicherung von Jod gebildet. Der Zahl entspre- Ursachen knnen Jodmangel in der Nahrung,
chend enthlt Thyroxin (T4) vier und Trijodthyro- aber auch erblich bedingte Faktoren sein.
nin (T3) drei Jodatome. Thyroxin ist trotz seiner Kennzeichen bzw. Folgen sind u. a.
10fach hheren Konzentration im Blut biolo- niedriger Stoffumsatz,
gisch nicht so wirksam wie Trijodthyronin. Ein geistige und krperliche Trgheit,
Groteil von Thyroxin geht nach der Sekretion in niedriger Blutdruck,
Trijodthyronin ber. Beide wirken hauptschlich teigiges Aussehen der Haut (Myxdem).
auf den Stoffwechsel: Die Hormone stimu- Im Kindesalter kann es aufgrund des gehemm-
lieren vor allem den Energiestoffwechsel. Sie ten Stoffwechsels zur unproportionierten
sind gewissermaen das Gaspedal fr den Kleinwchsigkeit kommen. Meist ist dies mit
Stoffwechsel. geistiger Retardierung verbunden, weil auch
auf Wachstum und Entwicklung: T4 und T3 die Entwicklung des Nervensystems gestrt ist.
frdern die Eiweisynthese, das Lngen-
wachstum der Knochen und die Entwicklung
des Nervensystems.
15.3.2 Nebennieren und ihre Hormone
P Schilddrsenberfunktion (Hyperthyreose)
Ein TSH-hnlicher Stoff regt die Bildung von Die zusammen ca. 10 Gramm schweren paarigen
T4 und T3 wegen der nicht funktionierenden Nebennieren (Glandulae suprarenales) bestehen
negativen Rckkopplung ungehemmt an eigentlich aus 2 Organen, der dreischichtigen
(Basedow-Krankheit). Kennzeichen einer Nebennierenrinde und dem Nebennierenmark.
Schilddrsenberfunktion sind u. a. Bei den Wirbeltieren bilden sie ein kompaktes
erhhter Energieverbrauch, Organ.
Nebennierenkapsel Nebennierenrinde
(NNR)
uere Knuelzone
(Zona glomerulosa)
mittlere Zone, Bndelzone
Zentralvene (Zona fasciculata)
innere Zone, Netzzone
Nebennierenmark (Zona reticularis)
(NNM)
Eileiter Gelbkrperbildung
Follikelstadien und -rckbildung
Vorgnge
im
Eierstock
Schleimhaut
(Endometrium)
Follikelsprung
(Ovulation)
Funktions-
schicht
(Functionalis)
Vorgnge
Basalschicht in der
(Basalis) Gebr-
mutter
Muskelschicht
(Myometrium) 28 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 1
GnRH Hypothalamus
Gonadoliberin
negative Rckkopplung
negative Rckkopplung
follikelstimulierendes luteinisierendes Hypophysen-
Hormon Hormon vorderlappen
(FSH) (LH)
Gelbkrperbildung
Follikelreifung und Gelbkrperrckbildung
Ovar
strogen Progesteron
Gebrmutter-
schleimhaut
(Endometrium)
Uterus
28 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 1
regt an
Menstruation Proliferationsphase Sekretionsphase hemmt
Ein steiler Abfall der Sexualhormone am Ende 15.4 Periphere Hormondrsen, die
der Sekretionsphase lst die nchste Menstrua-
tionsblutung aus.
nicht durch die glandotropen
Hormone gesteuert werden
Merke
Die Regulation der infrage kommenden Hormon-
Die Menstruationsblutung steht nicht mit der drsen und deren Hormone erfolgt in erster
Ovulation im Zusammenhang. Linie durch die Vernderungen der von ihnen
konstant zu haltenden Stoffkonzentrationen
Hormonelle Steuerung der Schwangerschaft (z. B. Glucose, Calcium, Natrium) im Krper. So
Erfolgt eine Kopulation in der Zeit um die Ovu- fhrt eine Erhhung oder Verminderung des
lation, kann eine Befruchtung stattfinden und Blutzucker- oder Blutcalciumspiegels zu einer
damit eine Schwangerschaft eintreten. Ist dies unmittelbaren Stimulierung der Hormonsekre-
der Fall, nistet sich am 7. Tag nach der Befruch- tion. Eine Steigerung der Aldosteronsekretion
tung die Morula in die Uterusschleimhaut ein. wiederum kann durch eine Verminderung des
Nun bildet der Trophoblast (= Hllzellen, die der Plasmavolumens erreicht werden.
Ernhrung dienen) 2 Hormone: HCG (Chorion-
gonadotropin) und HPL (Human Placental
Lactogen). Diese Hormone bewirken, dass der Gelb- 15.4.1 Pankreashormone und
krper zunchst erhalten bleibt. Auerdem regen Blutzuckerregulation
sie ihn zur verstrkten Progesteronproduktion an.
Die in den Langerhansschen Inseln gebildeten
Die Aufrechterhaltung des hohen Progesteron- Hormone Insulin und Glukagon beeinflussen
spiegels verhindert die Abstoung der Uterus- den Blutglucosespiegel.
schleimhaut. Gegen Ende des 1. Schwanger-
schaftsmonats produziert der entstandene Mutter- Insulin wirkt als einziges Hormon blutzucker-
kuchen (Placenta) jene Mengen von Progesteron spiegelsenkend, indem es
und strogen, die fr die Erhaltung der Schwan- die Glucosepermeabilitt der Zellmembranen
gerschaft notwendig sind. Der Gelbkrper (Cor- erhht, sodass Glucose verstrkt in die Zellen
pus luteum) bildet sich nun zurck ( S. 289). gelangen und verbraucht werden kann,
die Umwandlung von Glucose in Glykogen
sowie die Eiwei- und Fettbildung aus Koh-
lenhydraten frdert,
die Glukoneogenese hemmt.
Hypothalamus
kontrolliert
Wachstums-
Insulin Glukagon Adrenalin
hormon
Senkung Steigerung
Blutzucker
Glukagon wirkt blutzuckerspiegelsteigernd durch: Die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) ist eine
Steigerung der Glykogenolyse (Umwandlung Strung insbesondere des Kohlenhydratstoff-
von Glykogen in Glucose) in der Leber, wechsels durch relativen oder absoluten Insulin-
Frderung der Glukoneogenese (Neubildung mangel.
von Glucose) und des Fettabbaus. Die wichtigsten Formen sind der Typ-I-Diabetes
(10 %), der meist in der Jugend beginnt und
P Insulinmangel fhrt zur Zuckerkrankheit insulinabhngig ist, und der Diabetes vom Typ II
(Diabetes mellitus). Dabei kommt es zum An- (90 %), der oft nach dem 40. Lebensjahr auftritt
stieg des Blutzuckerspiegels (Hyperglykmie) und nicht unbedingt Insulinspritzen bentigt.
und infolgedessen zur Ausscheidung des
Zuckers im Urin (Glucosurie) bei gleichzeiti- Hauptursache beim Typ II ist eine genetisch be-
ger Erhhung der Urinmenge (Polyurie). dingte Strung am Insulinrezeptor der Zellen,
Auerdem kommt es durch den verstrkten sodass die Glucose nicht in die Zellen gelangt.
Fettsureabbau (um Glucose zu sparen) Folge:
zwangslufig zu einer erhhten Ketonkrper- Zuckermangel in den Krperzellen und Zucker-
synthese (Acetessigsure -Hydroxybutter- berschuss im Blut.
sure, Aceton). Diese Suren im Blut bedingen
eine metabolische Azidose, die in den Zustand Hufig auftretende Symptome der schweren
tiefer Bewusstloskeit (Coma diabeticum) Zuckerkrankheit sind groer Durst, Polyurie
fhren kann. (= krankhafte Vermehrung der Harnmenge),
trockene juckende Haut und Leistungsschwche.
Regulation des Blutzuckerspiegels In vielen Fllen kann durch sorgfltige Ab-
Der normale Nchternwert des Blutzuckers liegt stimmung der Ernhrung und krperlichen Akti-
zwischen 4,4 6,6 mmol/l = 80 100 (als Grenz- vitt der Blutglucosespiegel ohne Medikamente
wert bis 120) mg/dl. Da Abweichungen von der im Normbereich gehalten werden.
Norm zu schwerwiegenden Erkrankungen Gefrchtete Komplikationen der Zuckerkrank-
fhren, gehrt die Konstanthaltung des Blut- heit sind:
glucosespiegels zu den wichtigsten Regula- Blutzuckerentgleisungen (Hyper- und Hypo-
tionsaufgaben des Hormonsystems. Die wech- glykmie, die ins Koma bergehen knnen)
selnde Aufnahme von Kohlenhydraten mit der und die
Nahrung und die unterschiedliche krperliche diabetischen Sptfolgen wie Arteriosklerose,
Belastung und folglich auch unterschiedliche erhhte Infektanflligkeit, schlechte Wund-
biologische Oxidationsrate verndern stndig heilung, Erblindung, Nierenversagen und
den Blutglucosespiegel. Neuropathien.
Ein wichtiger Risikofaktor fr die Krankheits-
Ein Anstieg des Blutzuckerspiegels wird von entstehung (Typ II) ist das bergewicht.
Glucoserezeptoren im Pankreas registriert. Dar-
aufhin wird verstrkt Insulin freigesetzt, bis sich
der Blutzuckerspiegel wieder normalisiert hat. 15.4.2 Hormonelle Regulation des
Mineralhaushaltes (berblick)
Ein Abfall des Blutzuckerspiegels wird von Glu-
coserezeptoren (sog. Glukostate) im Hypothala- Die Regulation des Mineralhaushaltes erfolgt
mus registriert. Zur Normalisierung werden durch mehrere Hormone, die in verschiedenen
3 Antagonisten des Insulins vermehrt freigesetzt: Hormondrsen gebildet werden.
Glukagon, Adrenalin und Wachstumshormon. Man unterschiedet 2 Gruppen:
P Da der Blutglucosespiegel von mehreren 1. Hormone zur Regulation der Natrium-,
Hormonen beeinflusst wird, knnen Vernde- Kalium- und Wasserkonzentration
rungen Rckschlsse auf den Hormonhaushalt Die Regulation erfolgt durch Aldosteron im
des Krpers geben. Deshalb kommt der Mes- Zusammenwirken mit Renin und Angiotensin
sung des Blutzuckergehaltes groe Bedeutung ( S. 204 und 274). Dabei wird der Wasserhaus-
zu. halt zwangslufig mit beeinflusst.
15.4 Periphere Hormonsdrsen 309
2. Hormone zur Regulation des Calciumhaus- die Calciumresorption aus dem Darm,
haltes die Calciumein- bzw. -auslagerung im Kno-
Die Regulation umfasst: chensystem,
die Konstanthaltung des Blutcalciumspiegels, die Calciumausscheidung durch die Niere.
16 Sinnessystem
Schallwellen
GP
akustische
AP Wahr-
nehmung
bipolare Nervenzellen
Merke
16.2 Chemische Sinne
Die Sinne der Oberflchen- und Tiefensensibi- (Geschmack und Geruch)
litt ermglichen zusammen mit dem Gleich-
gewichtssinn die Regulation der Krperhal- Zu den chemischen Sinnen gehren Geschmacks-
tung und die Ausfhrung von sensiblen und Geruchssinn. Ihre Bedeutung liegt im
Bewegungsprogrammen, indem sie entspre- Wahrnehmen von Umwelteinflssen, die ihrer-
chende Reflexhandlungen auslsen. seits lebenswichtige Nahrungsreflexe auslsen,
das Wohlbefinden des Menschen entscheidend
Schmerz mitbestimmen und ihn vor schdigenden Ein-
Akuter Schmerz ist ein lebensnotwendiges wirkungen schtzen.
Warnsignal mit Schutzfunktion. Als Schmerz-
rezeptoren kommen in fast allen Krpergeweben Konkrete Aufgaben sind:
freie Nervenendungen infrage. Diese reagieren Nahrungskontrolle,
auf bestimmte chemische Stoffe (z. B. Histamin, Auslsung der Speichel- und Magensaft-
Serotonin, Wasserstoffionen ab pH 6), die bei sekretion,
Beeinflussung des Sexualverhaltens und der
Schdigung von Geweben freigesetzt werden.
allgemeinen Affektlage (Lust, Unlust),
Ursache fr die Bildung dieser Stoffe sind
soziale Information (jemanden nicht riechen
mechanische, chemische oder thermische Reize knnen).
(die eine bestimmte Intensitt berschreiten),
aber auch krankhafte Vernderungen (z. B. Geschmackssinn
Entzndungen). Die durch Schmerzreize aus- Die zahlreiche Mikrovilli tragenden sekundren
gelsten Aktionspotentiale werden durch sensi- Geschmackssinneszellen bilden ca. 4.000 Ge-
ble Neurone in das entsprechende Verarbeitungs- schmacksknospen, die in den Zungenpapillen
zentrum der Grohirnrinde geleitet. Hier wird liegen ( S. 237). Die Geschmacksstoffe der
der Schmerz bewusst wahrgenommen. Nahrung lagern sich nach ihrer Lsung an die
Zellmembranen der Geschmacksrezeptoren und
Speichel mit
Geschmacksstoffen
Geschmacks-
rezeptoren s sauer
afferente
Nervenfasern
salzig bitter
Riechzentrum
Riechbahn
Riechnerv afferente Nervenfasern
(N. olfactorius)
Geruchs- Sttzzelle
rezeptoren
Riechfeld
(Regio olfactoria)
Schleim
Riechfden
(Fila olfactoria)
vereinigen sich zum Luft mit Duftstoffen
Riechnerven
Merke
P Mit zunehmendem Alter nimmt die Leis-
Gewhnlich berlagern sich Geruchs- und tungsfhigkeit der chemischen Sinne ab.
Geschmacksempfindungen zu Mischempfin- Bestimmte Krankheiten und Rauchen beein-
dungen. Im Vergleich zu anderen Sinnen trchtigen diese ebenfalls.
zeigen sie eine besonders ausgeprgte
Adaptation.
16.3 Hr- und Gleichgewichtssinn 315
Bogengnge Trommelfell
(Membrana tympani)
Ohrmuschel
Schnecke (Auricula)
(Cochlea)
uerer Gehrgang
Hr- und Gleich- (Meatus acusticus
gewichtsnerv externus)
(N. vestibulocochlearis)
Paukenhhle
(Cavitas tympanica)
Ohrtrompete
(Tuba auditiva)
Bogengnge
ovales Fenster
Schnecke Vorhof
(Cochlea)
Steigbgel Hammer
(Stapes) (Malleus)
mit Handgriff
Amboss
(Incus) uerer
Gehrgang
Trommelfell (Meatus acusticus
(Membrana tympani) externus)
P Schleimhautschwellungen bei Nasen-Ra- lymphe als schtzendes Flssigkeitspolster.
chen-Infekten knnen den Druckausgleich ver- Flssigkeitsraum innerhalb des hutigen Laby-
hindern und somit vorbergehend das Hren rinths mit der Endolymphe, die das jeweilige
beeintrchtigen. Sinnesepithel umsplt.
Innenohr (= Labyrinth)
Das Innenohr wird von einem knchernen 16.3.1 Gleichgewichtssinn
Kanalsystem, dem knchernen Labyrinth, ge-
bildet. Der Gleichgewichtssinn lst wichtige Reflexe
Im knchernen Labyrinth befindet sich, von zur Gleichgewichtserhaltung des Krpers aus.
Perilymphe (s. u.) getrennt, ein analoges hutiges
Kanalsystem, das hutige Labyrinth. Es enthlt Gliederung
die Sinneszellen des Hr- und Gleichgewichts- Das Gleichgewichtsorgan (Vestibularorgan) ist
organs. gemeinsam mit dem Hrorgan im Innenohr
Das Innenohr (knchernes und hutiges Laby- lokalisiert.
rinth) gliedert sich in 3 Abschnitte: Es besteht aus 2 Untereinheiten:
kncherne Schnecke mit hutigem Hrorgan, 1. den 2 Vorhofsckchen Utriculus und Saccu-
kncherner Vorhof mit den beiden hutigen lus, mit den Lagesinneszellen und
Vorhofsckchen und 2. den 3 Bogengngen (seitlicher, vorderer und
kncherne Kanle der Bogengnge mit huti- hinterer hutiger Bogengang) mit den Dreh-
gen Bogengngen. sinneszellen.
Utriculus Sacculus
Horizontalbeschleunigung Vertikalbeschleunigung
Endolymphe
Ciliarbewegung
Statolithen-
membran
Erregung
Haarsinnes-
zellen
Nervenzellen Gehirn
Sacculus (vorderes Vorhofsckchen) und Dies wird ermglicht, weil die 3 Bogengnge in
Utriculus (hinteres Vorhofsckchen) den 3 Hauptebenen des Raumes senkrecht auf-
In den Vorhofsckchen liegen die Lagesinnes- einander stehen. Die Bogengnge haben ihren
zellen zum Registrieren geradliniger Beschleuni- Ursprung am Utriculus, ber den sie auch in
gungen. Der Fleck, an dem sich das Sinnes- Verbindung stehen. Jeweils ein Schenkel der
epithel befindet, heit Macula. halbkreisfrmig gebogenen Rhren erweitert
Die Haarsinneszellen mit den Sinneshrchen sind sich an der Basis zu einer Ampulle, in der auf
in eine gallertartige Masse eingebettet, die einer kaminartigen Erhebung (Crista ampulla-
durch winzige Kalksteinchen beschwert wird. ris) die Sinneszellen lokalisiert sind. Die Sinnes-
Diese Masse wird als Statolithenmembran hrchen tauchen ebenfalls in eine Gallerte, die
bezeichnet und ist schwerer als die Endolymphe. wie ein Hut (Cupula) auf den Sinneszellen liegt.
Das Gewicht der Statolithenmembran verbiegt Dreht sich der Kopf (= adquater Reiz), dann
die Sinneshrchen bereits in Ruhe. Bei jeder kann die Endolymphe infolge ihrer Trgheit der
positiven oder negativen Linearbeschleunigung Bewegung nicht gleich folgen, sie bleibt stehen.
(= adquater Reiz) bewirkt sie infolge der Dadurch wird die Cupula (Gallertkappe) in die
Trgheit eine zustzliche Verbiegung der Gegenrichtung gedrckt, und die Sinneshrchen
Sinneshrchen, welche dann Erregung auslst. werden verbogen. Die Verbiegung der Sinnes-
Die vertikal angeordneten Sinneszellen des hrchen fhrt zur Erregung der Haarsinnes-
Sacculus werden durch Vertikalbeschleunigungen zellen.
erregt, z. B. durch rasches Anfahren oder
Stoppen eines Fahrstuhls. Die horizontal ange-
P Die Folgen bermiger Reizung des Vesti-
ordneten Sinneszellen des Utriculus werden bularapparates sind Kinetosen (See- oder
durch Horizontalbeschleunigungen erregt, z. B. Reisekrankheit) und Schwindelgefhl.
pltzliches Anfahren oder Bremsen eines Autos.
Zentrale Verarbeitung
In den Bogengngen befinden sich die Dreh- Die Erregungen vom Gleichgewichtsorgan ge-
sinneszellen zum Registrieren von Winkel- langen ber den Gehr- und Gleichgewichts-
(Dreh-) beschleunigungen. nerven (N. vestibulocochlearis) zu den Vestibu-
lariskernen im verlngerten Mark (Medulla
oblongata).
318 16 Sinnessystem
Erregung
Haarsinneszellen
Ampulle
(Crista ampullaris)
Verbiegung der Cilien
Gallertkappe
(Cupula)
Endolymphe
Lymphstrmung
Winkelbeschleunigung
Cortisches Organ
In der Scala media liegt auf der Basilarmembran
das Cortische Organ. Es enthlt die Gehr-
sinneszellen, die ebenfalls zu den Haarsinnes-
zellen gehren. Die gallertartige Masse, in die
die Cilien eintauchen, heit Tektorialmembran.
An der ueren Seite der Scala media befindet
sich eine blutgefreiche Region (= Stria vascu-
laris) zur Versorgung des Hrorgans.
16.3 Hr- und Gleichgewichtssinn 319
16.3.3 Physiologie des Hrens also bei relativ niedrigem Schalldruck gehrt
werden.
Der adquate Reiz fr das Hrorgan sind Schall-
wellen der Frequenzen 16 Hz bis ca. 20.000 Hz. Merke
Sie mssen eine bestimmte Intensitt (Mindest- Das menschliche Ohr besitzt fr den Fre-
schalldruck) besitzen, damit die Reizschwelle quenzbereich 2.000 5.000 Hz die grte
(= Hrschwelle) erreicht bzw. berschritten wird. Empfindlichkeit. Hier gengen bereits sehr
Die Hrschwelle ist nicht fr alle Frequenzen niedrige Schalldrcke, um die Hrschwelle
gleich, sie liegt fr den Frequenzbereich 2.000 zu berschreiten.
5.000 Hz am niedrigsten; diese Tne knnen
Schnecke
(Cochlea)
Schnecke Schneckenloch
(Cochlea)
zwischen Vorhof-
und Paukentreppe
(Helicotrema)
Vorhof Schneckenachse
ovales Fenster Vorhoftreppe
(= Vorhoffenster) (Scala vestibuli)
rundes Fenster Schneckengang
(= Schneckenfentser) (Ductus cochlearis,
Vorhoftreppe Scala media endet
(Scala vestibuli) an der Schneckenspitze
blind)
Paukentreppe
(Scala tympani) Paukentreppe
(Scala tympani)
Cortisches Organ
Vorhoftreppe
(Scala vestibuli)
mit Perilymphe
Schneckengang
(Ductus cochlearis,
Scala media)
mit Endolymphe
Reissnersche Membran
(Membrana vestibularis)
Tektorialmembran
(Membrana tectoria)
uere Sinneszellen
innerer Tunnel
innere Sinneszellen
Basilarmembran
(Lamina basilaris)
Paukentreppe
(Scala tympani)
mit Perilymphe
Sttzzellen
Haarzellen
P Der Schalldruckpegel ist ein Ma fr den Erregung der Gehrsinneszellen
Schalldruck. Die Maeinheit ist das Dezibel Die Schwingungen der Membran des ovalen
(dB). Der Schalldruck, der gerade noch eine Fensters erzeugen in der Perilymphe der Scala
Hrempfindung auslst, wird mit 0 dB ange- vestibuli fortlaufende Druckwellen. Diese pflan-
geben. Bei jeder Verzehnfachung des Schall- zen sich zur Schneckenspitze fort und gelangen
druckes erhht sich der Schalldruckpegel um ber die Scala tympani wieder zurck. Das run-
20 dB. de Fenster am Ende der Scala tympani dient dem
Druckausgleich.
Die Schallwellen gelangen hauptschlich ber Durch die gegenlufigen Flssigkeitsstrmun-
das uere Ohr zum Trommelfell und versetzen gen in der Scala vestibuli und tympani geraten
es in Schwingungen. Diese werden ber die die beweglichen Strukturen in der Scala media,
3 Gehrknchelchen auf die Membran des ovalen Reissner-Membran und Basilarmembran in eine
Fensters bertragen, welche dadurch ebenfalls wellenfrmige Bewegung. Sie wird als Wander-
zu schwingen beginnt. Dieser Weg der Schall- welle bezeichnet und breitet sich zur Schnecken-
bertragung heit Luftleitung. spitze hin aus; das Helicotrema wird allerdings
Wird der ganze Schdel, z. B. durch das Aufset- aufgrund bestimmter Dmpfungsvorgnge nicht
zen einer Stimmgabel, in Schwingungen ver- erreicht. Das heit, jede Wanderwelle endet an
setzt, entsteht ebenfalls eine Hrwahrnehmung einem bestimmten Punkt und erzeugt hier ein
man spricht von Knochenleitung. Sie spielt phy- Amplitudenmaximum (strkste Auslenkung der
siologisch nur eine geringe Rolle. Basilarmembran).
Da die Basilarmembran zur Schneckenspitze hin
P Mittelohrerkrankungen knnen zu Schwer- breiter und schlaffer wird, entsteht das Ampli-
tudenmaximun der hohen Tne (hohe Frequenz)
hrigkeit fhren, Versteifung des ovalen
in der Nhe des ovalen Fensters und das niedri-
Fensters zu Taubheit.
ger Tne (niedrige Frequenz) weiter hinten in
der Schnecke. So ist es mglich, dass das Gehirn
Tab. 16.2 Schallaufnahme und -weiterleitung. jeder Stelle der Scala media eine bestimmte
Tonhhe zuordnen kann.
ueres Ohr
Die Verformung des Endolymphkanals bewirkt
Trommelfell eine Verschiebung der Tektorialmembran gegen-
ber den Haarsinneszellen (Hrzellen) und damit
Hammer eine Verbiegung ihrer Cilien. Diese Verbiegung
fhrt zur Erregung, die ber den Hrnerv in das
Amboss Verstrkung Gehirn (Hrrinde) geleitet und dort verarbeitet
wird: Das Gehrte wird uns bewusst.
Steigbgel
Leistungen des Gehrsinns
ovales Fenster Zu den Leistungen des Gehrsinns gehren vor
allem
Perilymphe der Scala vestibuli die Unterscheidung von Tonhhen und Schall-
intensitten sowie
Wanderwelle Amplitudenmaximum die Feststellung der Schallrichtung und Ent-
fernung der Schallquelle.
Verbiegung der Cilien
P Die Zerstrung einzelner Abschnitte der
Aktionspotentiale Basilarmembran oder Hrzellen z. B. durch
Lrm fhrt zu Hrausfall fr einzelne Ton-
Hrnerv hhen bzw. auch zu Schwerhrigkeit. Bei be-
stimmten Krankheiten und im Alter kann sich
Gehirn die Reizschwelle verndern.
16.4 Gesichtssinn 321
Pigmentepithel
Netzhaut
(Schema)
Stbchen
Lichteinfall
Zapfen
2. Mittlere Augenhaut
Zur mittleren Augenhaut gehren Aderhaut, Ziliarkrper mit Ziliarmuskel
Ziliarkrper und Regenbogenhaut. Die Aderhaut und Ziliardrse
(Chorioidea) ist fr die Blutversorgung verant-
wortlich und deshalb gefreich. Der Ziliar- Schlemm'scher
krper (Corpus ciliare) hat 3 Aufgaben: Kanal
Haltesystem fr die Linse;
vordere Augen- hintere Augen-
Vernderung der Linsenkrmmung durch Kon- kammer kammer
traktion bzw. Erschlaffung des Ziliarmuskels;
Produktion des Kammerwassers. Pupille Linse
(Lens)
Hornhaut
Die Regenbogenhaut (Iris) ist farbig und besteht (Cornea) Regenbogen-
aus einem Ringmuskel zum Engstellen und ei- haut
nem Radialmuskel zum Weitstellen der Pupille. Lederhaut (Iris)
(Sclera)
Die Pupille ist eine kreisrunde ffnung in der
Iris, die sich vor der Linse befindet.
Weg des Kammerwassers. Abb. 16.10
3. Brechende Medien
Brechende Medien sind Hornhaut, Linse, Kam-
merwasser und Glaskrper.
Hornhaut (Cornea): 3/4 der Brechkraft des Merke
Auges entfallen auf die Hornhaut.
Das Kammerwasser dient dem Stofftransport
Linse (Lens): Die bikonvexe Linse ist eine glas- innerhalb des Auges.
klare elastische Struktur mit variabler Brechkraft.
Sie besteht aus eiweireichen Zellen und ist ge- Weg des Kammerwassers
f- und nervenfrei. Eine ebenfalls durchsichtige Das Kammerwasser gelangt vom Bildungsort
Linsenkapsel begrenzt sie. Die Linse ist an Fasern zunchst in die hintere Augenkammer, von dort
des ringfrmigen Ziliarmuskels aufgehngt. durch die Pupille in die vordere Augenkammer.
Vom Kammerwinkel (= Hornhaut-Iris-Winkel)
P Beim grauen Star (Katarakt) tritt eine Tr-
fliet die Hauptmenge ber den Schlemmschen
bung der Linse ein. Kanal in das Venensystem.
Die Stbchenzellen liegen mit Ausnahme des 16.4.2 Schutz- und Bewegungsapparat
gelben und blinden Flecks in der gesamten Pars des Auges
optica. Die Zapfenzellen sind auf die Fovea cen-
tralis (kleine Grube) des gelben Fleckes und ihre Die Teile des Schutz- und Bewegungsapparates
unmittelbare Umgebung konzentriert. gewhrleisten die strungsfreie Funktion des
hochempfindlichen Lichtsinnesorgans. Zu ihnen
Das 2. Neuron wird von bipolaren Nervenzellen gehren die kncherne Augenhhle, die Augen-
gebildet. lider und der Trnenapparat.
Oberlid
gemeinsamer
Sehnenring der
Augenmuskulatur
Augapfel
(Bulbus oculi) Sehnervenkanal
(Canalis opticus)
Sehnerv
(N. opticus)
oberer schrger
Augenmuskel
III. Augen- oberer gerader
bewegungsnerv Augenmuskel
(N. oculomotorius)
uerer gerader
Mittelhirn Augenmuskel
Brcke
IV. Augenrollnerv
(N. trochlearis)
mittlerer gerader unterer schrger
Medulla oblongata Augenmuskel Augenmuskel
VI. Augenabziehnerv unterer gerader
(N. abducens) Augenmuskel
Liddrsen Trnenapparat
Augenbraue
Trnendrse
Oberlid (Gl. lacrimalis)
Mollsche Drse obere
Wimper Umschlagstelle
der Bindehaut
Meibomsche Drse (Bindehautsack) Trnensack
Regen-
bogenhaut Trnen-
Pupille nasengang
(Ductus
nasolacrimalis)
Bindehaut Trnen-
(Conjunctiva)
untere Umschlagstelle rhrchen
Unterlid der Bindehaut
Mollsche Drse Trnen-
(Bindehautsack)
punkt
Meibomsche Drse
16.4.3 Physiologie des Sehens Das geschieht durch aktive nderung der Linsen-
krmmung (vorwiegend ihrer vorderen Flche)
Als adquater Reiz wirken elektromagnetische und heit Akkommodation.
Strahlen der Wellenlngen 400 bis 700 nm (= Man unterscheidet
sichtbares Licht). Fernakkommodation: Bei entspanntem Ziliar-
muskel flacht sich die Linse ab, die Brechkraft
Bildentstehung auf der Netzhaut wird verringert.
Die brechenden Medien (Cornea, Kammerwas- Nahakkommodation: Durch Kontraktion des
ser, Linse, Glaskrper) werden als dioptrischer Ziliarmuskels kann sich die Linse so weit
Apparat bezeichnet. Dieser wirkt wie eine Sam- krmmen, dass die Brechkraft um etwa
mellinse und lsst auf der Netzhaut verkleinerte 14 Dioptrien steigt. Das ermglicht ein schar-
umgekehrte reelle Bilder der Umwelt entstehen. fes Sehen bis zu einem Abstand von ca. 10 cm
(= Nahpunkt).
Brechkraft
Die Brechkraft gibt an, wie stark Lichtstrahlen
P Die Nahakkommodation nimmt mit zuneh-
gebrochen werden. Sie wird als Kehrwert der mendem Alter ab (Linse krmmt sich aufgrund
Brennweite (f) berechnet und in Dioptrien (dpt) ihres Elastizittsverlustes nicht mehr genug).
ausgedrckt. Die vordere Brennweite des mensch- Wenn der Nahpunkt grer als 30 cm wird,
lichen Auges betrgt 17 mm, deshalb gilt: spricht man von der Alterssichtigkeit (Presbyo-
1 1 pie). Die Kompensation erfolgt durch Sam-
D = = = 58,8 dpt mellinsen, die den Nahpunkt wieder nher an
f 0,017 m das Auge rcken. Nicht immer sind Gre und
Form des Augapfels genau auf die Brechkraft
Akkommodation des dioptrischen Apparates abgestimmt, sodass
Das Bild eines Gegenstandes wird nur dann Strungen bei der Bildentstehung auftreten.
scharf abgebildet, wenn es genau auf der Netz- Die wichtigsten sind:
haut entsteht. Damit die Bilder von Gegenstn- Kurzsichtigkeit (Myopie),
den unterschiedlicher Entfernungen scharf gese- Weitsichtigkeit (Hyperopie, Hypermetropie).
hen werden, ndert das Auge seine Brechkraft.
Parallelstrahl
Sehachse
(Axis opticus)
gelber
Achse des uerer Fleck
Augapfels Brennpunkt
(Axis bulbi)
Hornhaut
Brennpunktstrahl (Cornea)
Linse
(Lens cristallina) innerer
Brennpunkt
Strahlenkrper
(Corpus ciliare) Netzhaut
(Retina)
Fernakkommodation Nahakkommodation
Bildebene Zerstreuungslinse
Bildebene Sammellinse
Lichteinfall
Pupille eng
Parasympathicus
Lichteinfall
Pupille weit
Sympathicus
Merke
Die Aufgabe der Sehzentren besteht darin,
die von den Augen kommenden Informationen
in ein aufrechtes, reelles Bild umzuwandeln.
1. Definieren Sie
a) Reiz,
b) adquater Reiz,
c) Reizschwelle,
d) Rezeptor,
e) Sinnesorgan.
2. Nehmen Sie eine Klassifizierung der Reize vor.
3. Erlutern Sie
a) Reizaufnahme,
b) Informationsleitung.
4. Was ist
a) unter Oberflchensensibilitt,
b) unter Tiefensensibilitt zu verstehen?
Erlutern Sie die biologische Bedeutung dieser Sinne.
5. Welche Bedeutung hat der Schmerz?
Was versteht man unter bertragenem Schmerz?
6. Erlutern Sie die biologische Bedeutung von Geruch und Geschmack.
7. Beschreiben Sie den Aufbau des Ohres.
8. Wie arbeitet das Gleichgewichtsorgan, und welche Aufgaben erfllt es im Krper?
9. Erlutern Sie die ablaufenden Prozesse bei der Schallaufnahme und -weiterleitung.
10. Erklren Sie, wie es zur Erregung der Hrsinneszellen im Cortischen Organ kommt.
11. Nennen Sie Manahmen zur Lrmbekmpfung.
12. Beschreiben Sie den Bau des menschlichen Auges.
13. Welche Aufgaben haben:
a) die brechenden Medien,
b) der Ziliarkrper,
c) das Kammerwasser?
14. Beschreiben Sie den Abfluss des Kammerwassers.
15. Wo liegen
a) vordere und
b) hintere Augenkammer?
16. Beschreiben Sie die Verteilung der Photorezeptoren in der Retina.
17. Definieren Sie
a) gelber Fleck,
b) blinder Fleck!
18. Nennen Sie die Schutzeinrichtungen des Auges und ihre Aufgaben.
19. Beschreiben Sie die Bildentstehung auf der Netzhaut und das Funktionsprinzip der Stb-
chen und Zapfen.
20. Erklren Sie Akkommodation und Adaptation.
Worin liegt ihre biologische Bedeutung?
21. Was versteht man unter der Sehbahn?
22. Geben Sie einen berblick ber die Leistungen des Gesichtssinnes.
23. Warum strengt langes Nahsehen die Augen besonders an?
331
17 Nervensystem
optimale Anpassung an
die aktuellen Umweltein- ZNS
wirkungen erfolgt. Dazu
nimmt es mithilfe von Rckenmark
Rezeptoren Informationen (Medulla spinalis)
auf, analysiert und spei-
chert sie, um danach die
Effektorgane zur Aktivitt
anzuregen. Zum Beispiel
wird Sprachinformation
akustisch aufgenommen,
analysiert und gespei-
chert, danach werden die
Sprechorgane erregt, und
es erfolgt die Reaktion.
Nervensystem (NS)
ZNS anatomische Gliederung PNS
Nervensysten (NS)
animales NS physiologische Gliederung vegetatives NS, VNS
(= cerebrospinales NS, (= Eingeweide-
Umweltnervensystem) nervensystem)
17.2 Rckenmark
Anschwellung im
(Medulla spinalis) Lendenbereich
(Intumescentia lumbosacralis)
Das Rckenmark leitet ber absteigende
Nervenfasern (Leitungsbahnen = weie
Rckenmark
Substanz) Informationen vom Gehirn zur (Medulla spinalis)
Peripherie bzw. ber die aufsteigenden
Nervenfasern Informationen von der Rckenmark (Medulla spinalis). Abb. 17.2
Peripherie zum Gehirn.
17.2 Rckenmark 333
C1
Halsteil (Pars cervicalis) mit
8 Paar Halsnerven (Nn. cervicales)
C8
Th1
Th12
L1
Lendenteil (Pars lumbalis) mit
Pferde- 5 Paar Lendennerven
(Nn. lumbales)
schweif
(Cauda
equina) L5
S1 Kreuzbeinteil (Pars sacralis) mit
5 Paar Kreuzbeinnerven (Nn. sacrales)
S5
Co1 Steibeinteil (Pars coccygea) mit
1 3 Paar Steibeinnerven (Nn. coccygei)
Co3
zwischen Peripherie und Gehirn verlaufen. Die weier Substanz, die Commisura alba anterior,
weie Substanz wird durch die graue Schmet- in Verbindung;
terlingsfigur rechts und links in jeweils einen Seitenstrang (Fubiculus lateralis)
3 Strnge unterteilt: zwischen motorischer Vorder- und sensibler
einen Vorderstrang (Funiculus anterior) Hinter wurzel und
zwischen Fissura mediana anterior (vordere einen Hinterstrang (Funiculus posterior)
Lngsspalte) und motorischer Vorderwurzel. zwischen sensibler Hinterwurzel und Sulcus
Beide Vorderstrnge stehen durch eine Brcke medianus posterior (hinterer Rckenmarks-
furche).
17.3 Gehirn 335
17.3.1 Masse, Lage, Form, Gliederung Das Endhirn ist der Sitz des Bewusstseins, des
Empfindens, des Willens und des Gedchtnisses.
Das Gehirn ist der rostrale Teil des Zentralnerven- Es ist beim Menschen der grte Hirnabschnitt,
systems. Beim Erwachsenen betrgt die Hirn- der einen weiten Teil der brigen Hirnteile ber-
masse durchschnittlich 1.350 bis 1.500 Gramm. deckt und diesen funktionell bergeordnet ist.
Das Gehirn liegt von Hirnhuten und Liquor Gebildet wird es von zwei fast symmetrischen
umgeben in der knchernen Schdelhhle und halbkugelfrmigen Hlften (Hemisphren), die
ist dieser in seiner ueren Form angepasst. Die durch einen tiefen Lngsspalt (Fissura longitudi-
untere Flche des Gehirns heit Hirnbasis. nalis cerebri) voneinander getrennt und durch
den Balken (Corpus callosum) miteinander ver-
Gliederung des Gehirns bunden sind.
Folgende Abschnitte unterscheidet man:
Endhirn (Telencephalon) oder Die Oberflche der beiden Hemisphren wird
Grohirn (Cerebrum), durch zahlreiche Windungen (Gyri, Singular:
Endhirn
(Telencephalon)
= Grohirn
(Cerebrum)
Scheitel-
Hinterhaupt-Furche
(Sulcus parietooccipitalis)
Balken
(Corpus callosum)
Zirbeldrse
Zwischenhirn (Epiphyse)
(Diencephalon)
Hirnanhangdrse
(Hypophyse) Kleinhirn
(Cerebellum)
Mittelhirn
(Mesencephalon) Brcke
(Pons)
verlngertes
Mark
(Medulla oblongata)
vordere hintere
Zentralwindung Zentralwindung
(Gyrus praecentralis) (Gyrus postcentralis)
Stirnlappen Scheitellappen
(Lobus frontalis) (Lobus parietalis)
Scheitel-
Hinterhaupt-Furche
seitliche Furche (Sulcus parieto-occipitalis)
(Sulcus lateralis)
Hinterhauptlappen
Schlfenlappen (Lobus occipitalis)
(Lobus temporalis)
Zentralfurche
(Sulcus centralis)
Gyrus) und Furchen (Sulci, Singular: Sulcus) Graue Substanz (Substantia grisea)
beachtlich vergrert. Gleichzeitig wird durch Die graue Substanz bildet
die tiefen Furchen jede Endhirnhemisphre in die Endhirnrinde (Cortex cerebri), die wie
4 Endhirnlappen (Lobi, Singular: Lobus) unter- ein Mantel das Endhirn (Grohirn) umschliet.
teilt: Sie besteht aus 10 16 Milliarden Nervenzell-
Stirnlappen (Lobus frontalis), krpern, die in 6 Schichten bereinander an-
Scheitellappen (Lobus parietalis), geordnet sind;
Schlfenlappen (Lobus temporalis) und die Kerne des Endhirns: Als solche werden
Hinterhauptlappen (Lobus occipitalis). Ansammlungen von grauer Substanz unter-
halb der Hirnrinde bezeichnet.
Wichtige Furchen als Grenzlinien zwischen den
Lappen sind Funktionszentren der Endhirnrinde
die Zentralfurche (Sulcus centralis) zwischen Die ablaufenden Nervenprozesse knnen be-
Stirn- und Scheitellappen, stimmten Teilen der Rinde (= Rindenfelder) zu-
die seitliche Furche (Sulcus lateralis) zwi- geordnet werden. Diese Rindenfelder werden von
schen Stirn-, Scheitel-, Schlfenlappen sowie Nervenzellkrpern gebildet, die gleiche oder hn-
die Scheitel-Hinterhaupt-Furche (Sulcus parieto- liche Funktionen erfllen. Die Projektion erfolgt
occipitalis) zwischen Scheitel- und Hinter- in der Weise, dass die Abschnitte der linken
hauptlappen. Krperhlfte auf dem Kopf stehend (Bein und
Becken oben, Kopf unten) in der rechten End-
Merke hirnhemisphre und umgekehrt reprsentiert
werden. Nach der Funktion unterscheidet man
Vor der Zentralfurche liegt die vordere Zentral-
2 verschiedene Rindenfeldtypen, die motorischen
windung (Gyrus praecentralis) und hinter
und die sensorischen (sensiblen) Rindenfelder.
ihr die hintere Zentralwindung (Gyrus post-
centralis).
Motorische Rindenfelder
Sie werden von motorischen Neuronen gebildet
Innerer Bau
und sind fr das Zustandekommen der Bewe-
Wie das Rckenmark besteht auch das Gehirn
gungen verantwortlich.
aus grauer und weier Substanz.
17.3 Gehirn 337
Zentralfurche
(Sulcus centralis)
vordere
Zentralwindung hintere
(Gyrus praecentralis) Zentralwindung
Willkrmotorik (Gyrus postcentralis)
motorisches Krperfhlsphre
Lese- und
Schreibzentrum Scheitellappen
(Blickzentrum) (Lobus parietalis)
Stirnlappen Hinterhauptlappen
(Lobus frontalis) (Lobus occipitalis)
seitliche Furche Sehzentrum
(Sulcus lateralis)
sensorisches
Sprachzentrum
(Wernicke-Zentrum)
Sensorische Rindenfelder
P Bei Ausfall des Sehzentrums ist der Mensch
Sie werden von sensiblen Neuronen gebildet und blind (Rindenblindheit).
verarbeiten die von den Sinneszellen aufgenom-
menen Informationen. Dem Sehzentrum benachbart sind verschiede-
Primres sensorisches Rindenfeld (= Krper- ne optische Assoziationszentren, z. B. das
fhlsphre). Das Zentrum befindet sich in der optische Erinnerungszentrum fr die Schrift
hinteren Zentralwindung (Gyrus postcentra- (= optisches Lese- und Schreibzentrum).
lis) des Scheitellappens, wo die sensiblen Kr-
perfhlbahnen enden. Diese leiten die Infor-
mationen von den Tast-, Druck-, Temperatur-
P Fllt das Zentrum der optischen Erinnerung
aus, kann der Mensch zwar sehen, aber nicht
und Schmerzrezeptoren der Haut, den Mus-
erklren, was er gesehen hat. Dies wird als
keln, Gelenken und inneren Organen in das
Seelenblindheit bezeichnet.
Zentrum. Hier werden sie dann zu Tast-,
Druck-, Temperatur- und Schmerzempfindun- Zentren fr Geschmacks- und Geruchsemp-
gen verarbeitet und bewusst wahrgenommen findungen. Beide Zentren liegen an der Innen-
( auch Abb. 17.17, S. 350). seite des Schlfenlappens (Gyrus parahippo-
Hrzentrum. Das Hrzentrum liegt im Schl- campalis), wobei sich das Geruchszentrum im
fenlappen und ist nur wenige Millimeter gro. vorderen Abschnitt befindet.
Es ist fr die Wahrnehmung von Lauten und
Tnen zustndig.
Merke
P Ausfall des Hrzentrums fhrt zur Taubheit. Die Organe des Krpers sind bestimmten sen-
siblen und motorischen Regionen der Endhirn-
Sensorisches Sprachzentrum (= Wernicke- rinde zugeordnet. Dies bezeichnet man als
Zentrum). Dieses Zentrum befindet sich hin- Somatotopie ( Abb. 17.8).
ter dem Hrzentrum im Schlfenlappen und
ist wie das motorische Sprachzentrum meist In den primren Projektionsfeldern der Motorik
nur in der linken Endhirnhlfte zu finden. Es (vordere Zentralwindung) und Sensibilitt (hin-
ist fr das Verstehen und die Interpretation tere Zentralwindung) der Endhirnrinde sind die
von Wrtern zustndig. einzelnen Organe nicht nach ihrer Gre, son-
dern entsprechend ihrer funktionellen oder bio-
logischen Wertigkeit reprsentiert. Das heit, je
P Ausfall bedeutet Seelentaubheit. Dem bedeutungsvoller ein Organ diesbezglich ist,
Kranken fehlt die Spracherinnerung. Worte und desto grer ist die rumliche Ausdehnung sei-
Silben werden als Wortsalat hervorgebracht nes Rindenbezirkes und umgekehrt.
(Paraphasie).
Reprsentation des Krpers im Gyrus postcentralis und praecentralis (Somatotopie). Abb. 17.8
Lngsfurche
primres motorisches (Fissura longitudinalis
Rindenzentrum cerebri)
Endhirnrinde
(Cortex cerebri),
graue Substanz
Hirngewlbe (Substantia grisea)
(Fornix) weie Substanz
(Substantia alba)
Schweifkern
(Nucleus caudatus) Balken
(Corpus callosum)
Thalamus
Vormauer innere Kapsel
(Claustrum) (Capsula interna)
mit
Linsenkern- Projektionsbahnen
schale (nicht dargestellt)
(Putamen)
Mandelkrper
Bleicher Kern (Corpus amygdaloideum
(Pallidum)
Hypothalamus
Linsenkern
(Nucleus lentiformis) rechte Hemisphre alinke Hemisphre
Die Basalganglien sind ein wichtiges Bindeglied Assoziationsbahnen: Sie verbinden die Zen-
zwischen den motorischen Zentren der Grohirn- tren innerhalb einer Endhirnhemisphre unter-
rinde und denen des Hirnstammes; sie sind aber einander.
der Rinde untergeordnet. Kommissurenbahnen: Sie verbinden die bei-
den Hemisphren miteinander.
Aufgaben
Die Basalganglien sind vor allem am Zustande- Merke
kommen und der Sicherung der normalen Bewe-
gungsablufe beteiligt. Das heit, als Teil des Das wichtigste Kommissurensystem ist der
extrapyramidal-motorischen Systems Balken (Corpus callosum).
sichern sie die Flssigkeit und Zweckmig-
keit der Bewegungen sowie automatisierte und Projektionsbahnen: Diese Leitungsbahnen
individuelle Mitbewegungen, verbinden das Endhirn mit den anderen Hirn-
koordinieren sie die Bewegungen und sind teilen und dem Rckenmark.
mitverantwortlich fr Mimik und Muskeltonus,
Merke
integriert der Mandelkrper Umweltreize und
inneres Milieu und beeinflusst somit die Das Hauptprojektionssystem ist die innere
Ttigkeit des vegetativen Nervensystems. Kapsel (Capsula interna), die in Wirklichkeit
keine Kapsel ist, sondern ein Gebiet, in dem
Merke die meisten afferenten und efferenten Projek-
Koordinierte und orientierte Handlungen bis tionsfasern auf engstem Raum verlaufen.
hin zum Persnlichkeitsprofil sind immer das
Ergebnis des Zusammenwirkens aller Funk-
P Schdigungen der inneren Kapsel entstehen
tionszentren der Endhirn- bzw. Grohirnrinde z. B. bei Blutungen. Sie fhren zu schwerwie-
mit den brigen Teilen des Nervensystems. genden Ausfllen (z. B. Halbseitenlhmungen).
Weie Substanz (Substantia alba)
Sie befindet sich unter der Hirnrinde. Man unter- Limbisches System
scheidet folgende Leitungsbahnsysteme: Es wird aus Hirnteilen gebildet, die wie ein Saum
(Limbus) an der Innenflche der Endhirnhemi-
sphre um den Balken und den
3. Ventrikel liegen.
vorderer Schweifkern
Thalamuskern (Nucleus caudatus) Zum limbischen System gehren
(Nucleus thalami Hirngewlbe u. a.:
anterior) (Fornix) das Ammonshorn (Hippocam-
Balken pus) am Boden des seitlichen
(Corpus Ventrikels,
callosum)
die Ammonshornwindung (Gy-
rus hippocampi) unmittelbar
neben dem Zwischenhirn,
die Grtelwindung (Gyrus cin-
guli; gehrt teils zum Stirn-
Ammonshorn und teils zum Schlfenlappen),
(Hippocampus)
das Hirngewlbe (Fornix) um
Teil des Hirnstamm
Riechhirns den 3. Ventrikel,
(Truncus cerebri)
(Bulbus olfactorius) Teile des Riechhirns (z. B.
Mandelkrper
Hirnanhangdrse (Corpus amygdaloi- Bulbus olfactorius),
(Hypophyse) deum) der Mandelkrper (Corpus
Hypothalamus amygdaloideum) im Schlfen-
lappen und
Abb. 17.10 Limbisches System. der vordere Thalamuskern
(Nucleus thalami anterior).
17.3 Gehirn 341
P Bei Ausfall erlischt das Bedrfnis zur Nah-
rungsaufnahme.
17.3.3 Zwischenhirn (Diencephalon)
2. Durstzentrum. Hier wird die Flssigkeitsauf-
Das Zwischenhirn wird zum grten Teil vom nahme reguliert.
Endhirn berlagert. Nur kleinere Abschnitte sind 3. Temperaturregulationszentrum. Hier aus wird
an der Hirnbasis sichtbar. die Krpertemperatur reguliert ( S. 210).
Es wird hauptschlich aus 2 Abschnitten ge- 4. Sexualittszentrum. Durch die Bildung der
bildet, dem viel greren Thalamus und dem Releasing- und Inhibitinghormone werden die
darunter liegenden kleineren Hypothalamus. Sexualfunktionen regulierend beeinflusst.
Beide Abschnitte begrenzen den spaltfrmigen
3. Ventrikel und werden dadurch in einen linken Merke
und rechten Anteil getrennt.
ber dem Hypophysenstiel (Infundibulum)
Thalamus steht der Hypothalamus und damit das Gehirn
Der Thalamus besteht berwiegend aus grauer mit der Hypophyse in Verbindung. Er stellt
Substanz, die zahlreiche Kerngebiete bildet. somit das zentrale Bindeglied zwischen
Nervensystem und Hormonsysten dar.
Aufgaben
Vorderer Kern (Nucleus anterior thalami):
Umschaltstation der Riechbahn.
Seitlicher Kern (Nucleus lateralis thalami):
Umschaltstation aller sensiblen Bahnen zur
hinteren Zentralwindung (Krperfhlsphre).
Mittlerer Kern (Nucleus medialis thalami):
Regulierende Beeinflussung der Bahnen zur
Bewegungssteuerung.
342 17 Nervensystem
Balken
(Corpus callosum)
Adergeflecht
Gewlbebogen (Plexus choroideus)
(Fornix) Epiphyse
Thalamus (Epiphysis cerebri)
3. Ventrikel Zirbeldrse
(Ventriculus tertius) (Corpus pineale)
Hypophysenstiel Vierhgelplatte
(Lamina tecti)
Sehnerven-
kreuzung Kleinhirn
(Cerebellum)
Hirnanhangs-
drse 4. Ventrikel
(Hypophyse) Mittelhirn (Ventriculus quartus)
(Mesencephalon)
Brcke verlngertes Mark
(Pons) Wasserkanal (Medulla oblongata)
(Aquaeductus cerebri)
P Strungen des Nucleus ruber uern sich der weier Querwulst zwischen verlngertem
u. a. als Mark und Mittelhirn sichtbar. Sie besteht aus
ungeordnete Bewegungen (Ataxien), quer verlaufenden Nervenfasern, die End- und
fehlerhaftes Muskelzusammenspiel und Kleinhirnrinde verbinden. In diese Nerven-
Zittern. bahnen sind die Brckenkerne eingeschaltet,
sodass die Brcke hier als Schaltstation dient;
Schwarze Substanz (Substantia nigra) motorischen und sensiblen Nervenfasern, die
Das Kerngebiet liegt als flchenhafte Nerven- zwischen Endhirn und Rckenmark verlaufen.
zellplatte zwischen Haube und Hirnschenkeln.
Die Nervenzellkrper enthalten Melanin, da-
her die dunkle Farbe.
Die Substantia nigra ist wechselseitig verbun- 17.3.6 Kleinhirn (Cerebellum)
den mit den Basalganglien und dem Endhirn.
Ihre Zellen sind zustndig fr die Produktion Das Kleinhirn befindet sich in der hinteren
des Neurotransmitters Dopamin, das in den Schdelgrube unterhalb des Hinterhauptlappens
Basalganglien bentigt wird. des Grohirns. Wie das Grohirn besteht auch
dieser Hirnteil aus 2 Hemisphren, die in der
Mitte durch den Kleinhirnwurm (Vermis cere-
Merke
P Sind die ffnungen zwischen uerem und
Die Formatio reticularis beeinflusst als Koordi- innerem Liquorraum nicht angelegt oder ver-
nator des Hirnstammes Bewusstsein, Motorik, legt, entsteht der Wasserkopf (Hydrocepha-
vegetative Funktionen und Emotionen. Die lus).
dazu notwendigen Informationen erhlt sie von
allen Sinnessystemen, vom Hypothalamus,
Thalamus, dem limbischen System sowie
bestimmten Arealen der Endhirnrinde. 17.5 Schutzeinrichtungen des ZNS
Die Formatio reticularis ist der Assoziations-
apparat des Hirnstammes. Das ZNS wird von knchernen Hllen (Wirbel-
kanal, Schdelhhle), 3 Rckenmarks- bzw.
Hirnhuten (Meningen) und von 1 Liquorhlle
geschtzt.
Die Hirn- bzw. Rckenmarkshute sind:
17.4 Hirnkammern harte Hirn- bzw. Rckenmarkshaut (Dura
(Ventriculi encephali) mater encephali bzw. spinalis). Die feste und
derbe Dura mater ist als uerste Haut mit der
Im Gehirn liegen 4 mit Liquor gefllte Hirn-
knchernen Umgebung verwachsen;
kammern (Ventrikel; Abb. 17.12, S. 343 und
Spinnwebenhaut (Arachnoidea encephali bzw.
Abb. 17.14, S. 347).
spinalis) liegt direkt unter der Dura. Sie be-
1. und 2. Ventrikel
steht aus einer dnnen Lage Bindegewebe,
Sie liegen in der rechten und linken Endhirn-
dessen kollagene Fasern einander berkreuzen
hemisphre und werden auch als Seiten-
und enthlt keine Blutgefe;
ventrikel bezeichnet.
weiche Hirn- bzw. Rckenmarkshaut (Pia
3. Ventrikel
mater encephali bzw. spinalis). Die ebenfalls
Dieser liegt als spaltfrmiger Raum im Thala-
zarte, dnne, aber gefreiche Pia mater
mus.
schmiegt sich dem Gehirn und Rckenmark an
4. Ventrikel
und dringt in smtliche Vertiefungen ein.
Diese Hirnkammer befindet sich im Rauten-
hirn (Rhombencephalon). Ihr Boden ist die
Rautengrube (Fossa rhomboidea), und das Dach
P Meningitis ist eine Entzndung der Hirn-
wird aus Teilen des Kleinhirns gebildet. hute.
Beide Seitenventrikel sind jeweils durch das
Zwischenkammerloch (Foramen interventricu- Subarachnoidalraum
lare) mit dem 3. und dieser durch einen Kanal Dies ist ein Spaltraum zwischen Arachnoidea
(Aquaeductus cerebri) mit dem 4. Ventrikel ver- und Pia mater, der mit Liquor gefllt ist.
bunden.
Merke
Im beschriebenen Hohlraumsystem befindet Das ZNS ist allseitig von Liquor wie mit einem
sich die Hirn-Rckenmark-Flssigkeit (Liquor Wasserkissen schtzend umgeben. Auf diese
cerebrospinalis). Sie wird von Venengeflechten Weise werden mechanische Erschtterungen
(Plexus chorioideus), die sich in allen Hirn- abgefedert. Auerdem kommt es bei begrenz-
kammern befinden, gebildet. Die 4 Hirnkam- ten Hirnschwellungen nicht zu einem intra-
mern bilden den inneren Liquorraum. Er steht craniellen Druckanstieg.
ber 3 ffnungen im Boden des 4. Ventrikels mit
dem ueren Liquorraum (Subarachnoidalraum,
Zentralkanal des Rckenmarks) in Verbindung:
P Bei der Lumbalpunktion wird beim sitzen-
eine mediane ffnung (Apertura mediana den Menschen eine Kanle zwischen L3 und L4
ventriculi quarti = Magendie-Loch) hinten; oder L4 und L5 in den Subarachnoidalraum
zwei laterale ffnungen (Apertura latera- gefhrt, um Liquor zu gewinnen. Das Rcken-
lis ventriculi quarti = Luschka-Loch) hinter mark kann dabei nicht verletzt werden, da es
sowie unter der 4. Hirnkammer. in Hhe von L2 endet.
346 17 Nervensystem
Rckenmark
weiche
Rckenmarkhaut harte
(Pia mater spinalis)
Rckenmarkhaut
uerer Liquorraum (Dura mater spinalis)
(Subarachnoidalraum) inneres Blatt
Spinnwebenhaut Epiduralraum
(Arachnoidea spinalis)
harte
Wirbel Rckenmarkhaut
(Dura mater spinalis)
Zwischen- ueres Blatt
wirbelscheibe Rckenmarknerv
vorderer Ast (N. spinalis)
(Ramus ventralis)
hinterer Ast
Grenzstrangganglien (Ramus dorsalis)
des Sympathicus
Zwischen Arachnoidea und Pia mater von durae matris). Durch ihre besondere Wandstruk-
Rckenmark und Gehirn gibt es keine nennens- tur (um den Endothelschlauch befindet sich
werten Unterschiede. straffes Bindegewebe der Dura mater encephali)
knnen sie nicht kollabieren und werden deshalb
Harte Rckenmarkhaut (Dura mater spinalis) nicht als Venen bezeichnet.
Die harte Rckenmarkshaut bildet im Wirbel-
kanal
P Ein Tentoriumriss (Riss im Kleinhirnzelt)
ein ueres Blatt: Es kleidet als Periost den kann whrend der Geburt eines Kindes durch
Wirbelkanal aus; zu groen Druck im Geburtskanal lebensge-
ein inneres Blatt: In ihm steckt das Rcken- fhrliche Blutungen zur Folge haben.
mark wie in einem Sack. Blutungen im Bereich der Hirnhute, wie sie
Zwischen diesen beiden Blttern befindet sich z. B. bei Schdel-Hirn-Traumen entstehen,
der Epiduralraum, angefllt mit Fettgewebe und knnen zu lebensgefhrlichen Hirndruck-
Venengeflechten zum Schutz des Rckenmarkes erhhungen fhren. Das Blut sammelt sich in
vor Zerrungen. den entsprechenden Rumen.
tenartigen Adergeflechten
(Plexus choroidei1)) der vier Innerer und uerer Liquorraum
Hirnventrikel durch Ultra-
Subarachnoidalraum
filtration aus dem Blut (Cavum subarachnoidale)
(Tagesmenge ca. 650 ml).
knchernes
Resorption: Schdeldach
Die Resorption in das Blut (Calvaria)
erfolgt im ueren Liquor- Seitenventrikel
raum im Bereich der Rcken- (1. und 2. Ventrikel)
markswurzeln sowie durch Wasserkanal
(Aquaeductus cerebri)
die Zotten der Arachnoidea,
die sich in die vensen
4. Ventrikel
Hirnblutleiter vorwlben.
Zentralkanal
Blut-Liquor- bzw. Zwischenkammerloch
Blut-Hirn-Schranke (Foramen interventriculare)
Die aus 3 Schichten (Plexus- 3. Ventrikel
epithel, Basalmembran, Hirn-
kapillarendothel) bestehende
Permeabilittsbarriere be- Schichten des Schdeldaches, Hirnhute
dingt eine unterschiedliche aufgelockerte
Zusammensetzung von Blut- uere kompakte Knochenschicht
serum und Liquor. Dies ist Knochenschicht (Diploe)
ein weiterer Schutzmecha- innere kompakte
nismus fr das hochemp- Knochenschicht
findliche ZNS. Schdeldach
(Calvaria)
venser
Zusammensetzung: harte Hirnhaut Blutleiter
(Dura mater encephali)
Der Liquor beim gesunden Liquorraum
weiche Hirnhaut
Menschen ist eine eiwei- (Pia mater encephali)
arme wasserklare Flssig-
Grohirnrinde Spinn-
keit, deren Zusammenset- (Cortex cerebri) webenhaut
zung aufgrund stndiger (Arachnoidea
Austauschprozesse geringf- encephali)
gig schwankt.
17.7 Blutversorgung des Gehirns das Blut in die oberflchlichen Hirnvenen und
sammelt sich in den Sinus der Dura mater. Von
Der Blutzufluss erfolgt ber 4 groe Arterien: diesen fliet es in die innere Drosselvene
rechte innere Kopfarterie (A. carotis interna (V. jugularis interna).
dextra),
linke innere Kopfarte-
rie (A. carotis interna
sinistra),
rechte Wirbelarterie
(A. vertebralis dextra), vorderer
linke Wirbelarterie (A. Verbindungsast
(A. communicans
vertebralis sinistra). anterior)
Beide Wirbelarterien ver-
einigen sich am oberen innere
Kopfarterie
Rand der Medulla oblon- (A. carotis
gata zur Schdelbasis- interna)
arterie (A. basilaris).
hinterer
Arterienring Verbindungsast
(A. communicans
(Circulus arteriosus cere- posterior)
bri)
Die A. basilaris und die Schdelbasis-
arterie
beiden inneren Kopfarte- (A. basilaris)
rien sind durch verschie-
dene Arterienste zu ei- Wirbelarterie
(A. vertebralis)
nem Arterienring zusam-
mengeschlossen. Von die-
sem Ring aus werden die
einzelnen Hirnteile von Arterielle Blutversorgung des Gehirns. Abb. 17.15
der Oberflche her ver-
sorgt.
P Ein Platzen der Arte-
rien fhrt zu Hirnblu- Sinus sagittalis
superior
tungen, die z. B. im
Bereich der inneren Sinus sagittalis
Kapsel Nervenbahnen inferior
schdigen knnen, so- Sinus rectus
dass eine Halbseiten- innere Kopfarterie
lhmung entsteht. Ver- (A. carotis interna)
engungen oder Ver-
Sinus cavernosus
schluss dieser Arterien
fhren zu Durchblu- Sinus petrosus
tungsstrungen unter- superior
schiedlichen Grades Sinus sigmoideus
bis zum Schlaganfall Gesichtsvene
(Apoplexie). (V. facialis)
innere Drosselvene
Der Blutabfluss aus dem (V. jugularis interna)
Schdelinneren geschieht
folgendermaen: Von den Venser Hirnblutleiter (Sinus durae matris). Abb. 17.16
tiefen Hirnvenen gelangt
17.8 Leitungsbahnen des ZNS 349
17.8 Leitungsbahnen des ZNS Die peripheren Fortstze dieser Zellen sind
mit den Rezeptoren (Schmerz, Druck, Tempe-
Die Bereiche des ZNS werden miteinander ratur, Tiefensensibilitt) verbunden. Die zen-
durch afferente (sensible) und efferente (motori- tralen Fortstze ziehen bei den Rckenmarks-
sche) Leitungsbahnen verbunden. nerven als sensible Hinterwurzel in das
Rckenmark und enden entweder im Hinter-
horn oder in der Medulla oblongata. Bei den
17.8.l Sensible aufsteigende Leitungsbahnen Hirnnerven enden sie in den sensiblen Hirn-
nervenkernen.
In den sensiblen Leitungsbahnen werden die Zweites sensibles Neuron
Informationen von den Sinneszellen (z. B. Es beginnt im verlngerten Mark. Die Neuri-
Wrme, Druck) und Nervenendungen (z. B. ten dieser Neurone kreuzen entweder im
Schmerz) des Krpers den entsprechenden Teilen Rckenmark oder der Medulla oblongata auf
des ZNS zugeleitet. An der Leitung zur End- die Gegenseite und ziehen zum Thalamus.
hirnrinde sind 3 sensible Neurone beteiligt: Drittes sensibles Neuron
Erstes sensibles Neuron (= peripheres sensi- Es geht vom Thalamus aus. Die Neuriten dieser
bles Neuron) Neurone verlaufen durch die innere Kapsel
Diese Neurone sind pseudounipolare Nerven- und enden in der hinteren Zentralwindung
zellen. Die Nervenzellkrper liegen bei den (Krperfhlsphre). Hier entstehen die Empfin-
Rckenmarksnerven in den Spinalganglien dungen und Wahrnehmungen. Die Neuriten der
und bei den Hirnnerven in den Hirnnerven- 2. sensiblen Neurone, die fr die Tiefensensi-
ganglien. bilitt zustndig sind, fhren zum Kleinhirn.
17.8.2 Motorische
hintere Zentralwindung
(Gyrus postcentralis) absteigende
= Krperfhlsphre Leitungsbahnen
Endhirnrinde
(Cortex cerebri) Zu den motorischen (abstei-
innere Kapsel der genden, efferenten) Bahnen
Grohirnhlften gehren die Pyramidenbah-
(Capsula interna)
nen und verschiedene extra-
3. sensibles Neuron pyramidale Bahnen. Sie sind
Thalamus fr das Zustandekommen der
Brckenkern willkrlichen und unwillkr-
2. sensibles Neuron lichen Bewegungen zustn-
Hirnnervenganglion dig.
1. sensibles Neuron
sensibler Endkern 1. Pyramidenbahn (Tractus
Kopfganglien pyramidalis)
Medulla oblongata Die Pyramidenbahn dient der
Kleinhirn Willkrmotorik. Sie verbindet
(Cerebellum)
zu diesem Zweck die Endhirn-
peripherer rinde mit den
Fortsatz
motorischen Hirnnerven-
kernen und
motorischen Vorderhrnern
des Rckenmarks. Im Unter-
Hinterstrang-
bahnen schied zur afferenten Lei-
tung wird die efferente nur
aus 2 Neuronen gebildet.
Kleinhirn-
Seitenstrang- Erstes motorisches
bahn (= zentrales) Neuron
Die relativ groen Nerven-
1. sensibles
Neuron zellkrper liegen in der
vorderen Zentralwindung
Skelettmuskel (Gyrus praecentralis) des
mit Stirnlappens. Ihre Axone
Muskelspindel ziehen zum Rckenmark
bzw. zu den motorischen
Hautsinnes- Hirnnervenkernen.
zellen
Zweites motorisches
(= peripheres) Neuron
Die Nervenzellkrper lie-
peripherer gen in den Vorderhrnern
Fortsatz
des Rckenmarks und im
Spinalganglion Hirnstamm. Ihre Axone
erreichen in den motori-
Abb. 17.17 Sensible Leitungsbahnen. schen Vorderwurzeln und
weiterfhrenden periphe-
ren Nerven oder in den
Hirnnerven die quer ge-
P Krankheitsbedingte Schden der Hinter- streifte Muskulatur.
strangbahnen fhren zu schweren Sensibilitts-
und Bewegungsstrungen. Demnach werden 2 Leitungssysteme der Pyrami-
denbahnen unterschieden:
17.8 Leitungsbahnen des ZNS 351
innere Kapsel
Hirnschenkel
Tractus
vordere Seite des Mittelhirns corticonuclearis
verlngertes Mark
Brcke (Medulla oblongata)
Pyramidenbahn- 2. motorisches
verlngertes Mark. kreuzung oder peripheres
(Decussatio pyramidum) motorisches Neuron
Im Hirnstamm kreuzt ein Teil motorische
Hirnnervenkerne
der Axone auf die Gegenseite Pyramidenbahnen
und zieht als Tractus corti-
conuclearis zu den motori-
schen Kerngebieten der Hirn-
motorisches Pyramiden-Seiten-
nerven. Hier werden sie auf strangbahn
Vorderhorn
die 2. motorischen Neurone (Tractus cortico-
umgeschaltet, deren Axone zu spinalis lateralis)
den quer gestreiften Kopf-
2. oder
muskeln ziehen. 80 90 % peripheres
der brigen Fasern kreuzen in motorisches
den Pyramiden der Medulla Neuron
oblongata (Pyramidenbahn-
Skelett-
kreuzung, Decussatio pyrami- muskulatur
dum) auf die Gegenseite und
ziehen als Pyramiden-Seiten-
strangbahn (Tractus cortico-
spinalis lateralis) zu den
motorischen Vorderhrnern
des Rckenmarks. Die restli-
chen 10 20 % der Axone
ziehen ungekreuzt als Pyra- Motorische Leitungsbahnen. Abb. 17.18
miden-Vorderstrangbahn
(Tractus corticospinalis ante-
rior) zu ihren Zielsegmenten und kreuzen erst schen Zentren ab, was fr die Koordination der
hier auf die Gegenseite. Bewegungsablufe sehr wichtig ist. Die Pyrami-
Die Axone der Pyramidenbahn geben auf ihrem denbahn bt einen dmpfenden Einfluss auf den
Weg in das Rckenmark ber Abzweigungen Ablauf der spinalen Eigenreflexe, die den Mus-
stndig Informationen an die anderen motori- keltonus regulieren, aus ( S. 363).
352 17 Nervensystem
Siebbeinplatte
Riechfden
(Fila olfactoria)
Riechfeld
(Area olfactoria)
Sehnerv
(N. opticus)
III. Hirnnerv:
Augenbewegungsnerv
(N. oculomotorius)
VI. Hirnnerv:
Augen-
abziehnerv
(N. abducens)
IV. Hirnnerv:
Augenrollnerv
(N. trochlearis)
Schlfenmuskel
(M. temporalis) V1
Kaumuskel
(M. masseter)
V2
oberer
Facialiskern
unterer Speichelkern
Facialiskern
mimische N. facialis
Muskulatur
Felsen-
bein
X. Hirnnerv:
Nervengeflecht Herz-Lungen-
(Plexus parotideus) Magennerv
(N. vagus)
IX. Hirnnerv:
Zungen- rcklufiger
Rachennerv Kehlkopfnerv
(N. glossopharyngeus) (N. laryngeus
recurrens)
Ohrspeicheldrse
Trapezmuskel
(M. trapezius)
V. Hirnnerv (N. trigeminus = Drillingsnerv) nur von der vorderen Zentralwindung der
berwiegend sensibel Gegenseite versorgt.
Zunchst bilden die sensiblen Fasern im Bereich
der Pyramidenspitze das mchtige Ganglion tri-
P Ausfall des rechten zentralen motorischen
geminale (Gasser-Ganglion). Aus diesem Gan- Neurons, z. B. infolge eines Schlaganfalls, be-
glion treten die 3 Hauptste des Trigeminus. deutet Lhmung der mimischen Muskulatur
1. N. ophthalmicus (V1). Er versorgt sensibel: der linken unteren Gesichtshlfte.
Dura mater der vorderen Schdelgrube, Ausfall des rechten peripheren motorischen
Stirnhaut, Nasenrcken, Neurons, z. B. infolge eines Schdelbasisbru-
Auge, Nasenhhle, ches oder einer Mittelohrentzndung, bewirkt
Stirnhhlen, Keilbeinhhlen, totale Lhmung der rechten Gesichtshlfte
Siebbeinzellen. (u. U. fliet aus dem herabhngenden Mund-
2. N. maxillaris (V2). Er versorgt sensibel: winkel der Speichel und das Auge kann nicht
Haut des unteren Augenlides, mehr geschlossen werden.
Wangen,
Oberlippe, Nasenhhle, VIII. Hirnnerv (N. vestibulocochlearis = Hr-
Gaumen und Zhne des Oberkiefers. und Gleichgewichtsnerv) sensibel
3. N. mandibularis (V3). Er versorgt sensibel: Dieser Nerv tritt ebenfalls durch den inneren
Haut, Kinn, Gehrgang in das Felsenbein. Ein Teil leitet die
Unterlippe, vordere Zungenabschnitte, Erregungen vom Gleichgewichtsorgan und ein
Zhne des Unterkiefers, zweiter die vom Gehrorgan.
untere Wangenbereiche bis Gehrgang und
Trommelfell IX. Hirnnerv (N. glossopharyngeus = Zungen-
sowie motorisch: die Kaumuskulatur. Rachen-Nerv) sensibel, motorisch, parasym-
pathisch
VII. Hirnnerv (N. facialis = Gesichtsnerv) Dieser Nerv innerviert
berwiegend motorisch motorisch die Rachenmuskeln,
Zusammen mit dem Hr- und Gleichgewichts- sensibel die hintere Rachenwand und das hin-
nerv zieht der Gesichtsnerv durch den inneren tere Drittel der Zunge,
Gehrgang in das Felsenbein und verlsst durch parasympathisch die Ohrspeicheldrse (Spei-
eine ffnung (Foramen stylomastoideum) die chelsekretion).
Schdelhhle und gelangt so an die uere Sch-
delbasis. Von hier zieht er durch die Ohrspei- X. Hirnnerv (N. vagus = Herz-Lungen-Magen-
cheldrse in den Gesichtsschdelbereich. Nerv) berwiegend parasympathisch
Der N. facialis enthlt Der N. vagus ist der wichtigste Nerv des Para-
motorische Fasern zur Innervation der mimi- sympathicus.
schen Muskulatur, Er tritt mit 10 15 Faserbndeln aus der Medulla
sensorische Nervenfasern (Geschmacksfasern) oblongata und verlsst die Schdelhhle durch
aus den vorderen zwei Dritteln der Zunge und das Drosselloch (Foramen jugulare).
parasympathische Fasern zu den Unterkiefer-
und Unterzungendrsen, Trnendrsen, Becher- Verlauf
zellen der Mund- und Nasenschleimhaut. Der X. Hirnnerv ist zunchst Bestandteil des
Gef-Nerven-Stranges des Halses, gelangt
Der motorische Ursprungskern des Facialis in durch die obere Thoraxffnung in das hintere
der Brcke besteht aus 2 Anteilen, Mediastinum und von dort mit der Speiserhre
dem oberen Facialiskern (Augenfacialis): Er durch den Hiatus oesophageus in den Bauch-
versorgt die obere Gesichtshlfte und wird raum.
von den motorischen Rindenzentren sowohl
der rechten als auch der linken Zentral- Entsprechend dieses Verlaufes werden 4 Teile
windung innerviert; unterschieden:
dem unteren Facialiskern (Mundfacialis). Er Kopfteil: Er innerviert sensibel die Dura mater
innerviert die untere Gesichtshlfte und wird der hinteren Schdelgrube.
17.9 Peripheres Nervensystem 357
P Eine Reizung durch Meningitis hat reflekto- XII. Hirnnerv (N. hypoglossus = Unterzungen-
risches Erbrechen zur Folge. nerv) motorisch
Innervationsgebiet: Zungenmuskulatur.
Halsteil: Er innerviert motorisch den Kehl-
kopf, parasympathisch das Herz.
P Einseitige Lhmung des Hypoglossus fhrt
XI. Hirnnerv (N. accessorius = Beinerv) Whrend der Embryonalentwicklung bleibt das
motorisch Wachstum des Rckenmarkes gegenber dem
Innervationsgebiete: Kopfwendermuskel, Tra- der Wirbelsule zurck. Das hat zur Folge, dass
pezmuskel. sich die Austrittsstellen (Zwischenwirbellcher)
Armgeflecht
(Plexus brachialis)
Axillararterie
(A. axillaris)
Axillarnerv
(N. axillaris)
Ellennerv
(N. ulnaris)
Hautmuskelnerv
(N. musculocutaneus)
Mittelnerv
(N. medianus)
Speichennerv
(N. radialis)
Ellennerv
(N. ulnaris)
Mittelnerv
(N. medianus)
Ellennerv
(N. ulnaris)
L1
Lendengeflecht
(Plexus lumbalis) L2
L3
N. ileohypogastricus
N. ileoinguinalis L4
N. genitofemoralis
N. cutaneus femoris L5
lateralis
N. femoralis
Kreuzbeingeflecht
(Plexus sacralis)
Ischiasnerv*)
(N. ischiadicus)
*) Mchtigster Nerv
des Krpers
Lendengeflecht
(Plexus lumbalis)
Gluteus-Nerven
(Nn. glutaei)
Oberschenkelnerv
(N. femoralis) Kreuzbeingeflecht
(Plexus sacralis)
Obturator-Nerv Obturator-Nerv
(N. obturatorius) (N. obturatorius)
Ischiasnerv
(N. ischiadicus)
Wadenbeinnerv
(N. peroneus communis)
Schienbeinnerv
(N. tibialis)
tiefer Wadenbeinnerv
(N. peroneus profundus)
oberflchlicher
Wadenbeinnerv
(N. peroneus superficialis)
Funerven
(Nn. plantares)
Merke
P Folgen von Nervenausfllen
Reflexe stellen die einfachste Form der Reiz- Monosynaptische Eigen- oder Dehnungsreflexe
beantwortung dar. Es handelt sich hierbei um Beispiel: Kniesehnenreflex
eine unwillkrliche stereotypisierte Reaktion auf Ein leichter Schlag auf das rechte Kniesehnen-
einen Reiz, die unter gleichen Bedingungen band (Lig. patellae) fhrt zu einer passiven Deh-
immer in der gleichen starren und schnellen Art
und Weise abluft. Die Reflexzentren hemmendes
(Umschaltstellen) liegen im Rckenmark und Zwischenneuron
Hirnstamm. Hinterhorn sensorische Bahn
Vorderhorn motorische Bahn
Beispiele
Zurckziehen der Hand beim Anfassen eines
heien Gegenstandes;
Saugen und Schlucken,
Reaktionen zur Bewahrung der Krperhaltung,
Aufrechterhaltung von Atmung und Kreislauf.
Muskel
sehen
und ... Speichelreflexzentrum erregt
schmecken
= Speicheldrsen werden
angeregt
zeitweilige Verbindung
= Speicheldrsen werden
angeregt
parasympathische
N. oculomotorius Kopfganglien
Ganglion
cervicale
Auge N. facialis
superius
Speichel- und
Grenzstrang
Ganglion
Trnendrsen
N. glossopharyngeus
stellatum
Kopfgefe
Th1
Th2
N. vagus
Th3
Herz
Th4
Nn. splanchnici
major und minor
organnahe
parasympathische
Ganglien
Th5
Th6
Ganglion
coeliacum Lunge
Th7
Th8
Magen
Th9
Th10
Ganglion
Th11
mesenteri-
cum Leber
Th12
superius
L1
Pankreas
L2
L3
L4
Niere
L5
S2
S3
Darm
S4
S5 Urogenital-Trakt
(Rektum, Blase,
Genitale)
Ganglion Plexus N. splanchnici
mesentericum inferius hypogastricus pelvini
Schweidrsen
weie Verbindungsste Nn. spinales
Grenzstrangganglien periphere Nerven
(synaptische Umschaltung)
Erfolgsorgane
Hautgefe Vasokonstriktion
Schweidrsen Sekretion
Drsen und glatte Th1 Axone der postganglionren
Muskulatur des Neuronen winden sich um die
Herzfrequenz
Ganglion stellatum Atemfrequenz
(synaptische Umschaltung)
organen ziehen
Nn. splanchnici major und minor
Motilitt
Kontraktion der
prvertebrale Ganglien Schliemuskeln
(Ganglion coeliacum, Ganglion
mesentericum superius)
(synaptische Umschaltung)
1. efferentes
sympathisches Neurone Spinalganglion prvertebrales Ganglion
Rckenmarknerv weier Verbindungsast
Hinterwurzel
zum Grenzstrang
grauer Verbindungsast
zum Grenzstrang
sensible Afferenz
Vorderwurzel
Vorderhorn
Seitenhorn sympathische sympathische
Efferenz Efferenz Haut
Hinterhorn
Baucheingeweide
Hautblutgefe
Schweidrsen
Beispiele: viscerale Afferenz
zwischen Baucheingeweiden und
Hautblutgefen bzw. Schweidrsen 2. efferentes Grenzstrangganglion
sympathisches
zwischen Haut Neuron
und den Baucheingeweiden
Merke Transmitter
Die chemischen bertrgerstoffe im sympathi-
Die paarigen sympathischen Grenzstranggang- schen Nervensystem sind:
lien sind beiderseits der Wirbelsule von der Acetylcholin vom pr- auf das postganglio-
Hirnbasis bis zum Kreuzbein in einer Doppel- nre Neuron in den Grenzstrang- und pr-
reihe angeordnet und werden als Grenzstrang des vertebralen Ganglien.
Sympathicus bezeichnet. Sie sind untereinan- Noradrenalin vom postganglionren Neuron
der verbunden. In den Grenzstrangganglien oder auf das Erfolgsorgan.
praevertebralen Ganglien wird von den pr-
auf die postganglionren Neurone synaptisch Da die sympathischen Ganglien organfern lie-
umgeschaltet. Die Neuriten der postganglio- gen, sind die prganglionren Axone kurz und
nren Neurone ziehen zu den Erfolgsorganen. die postganglionren lang.
P
Arzneimittel, die die gleiche Wirkung wie
Merke
Adrenalin und Noradrenalin haben, heien Nach der Lage der zentralen Teile unterschei-
Sympathomimetika. Arzneimittel, die die det man einen cranialen (Pars encephalica)
Wirkung dieser Hormone blockieren oder und sacralen (Pars sacralis) Parasympathicus.
abschwchen, nennt man Sympatholytika.
Die synaptische Umschaltung von den pr- auf
Noradrenalin und Adrenalin erzeugen an den die postganglionren Neurone erfolgt in peri-
sympathisch innervierten Erfolgsorganen ver- pheren parasympathischen Ganglien, die entwe-
schiedene physiologische Wirkungen. Das ist der in unmittelbarer Organnhe oder im Organ
mglich, weil diese Organe 2 Arten von Rezep- (= intramurale Ganglien) liegen.
toren besitzen, die - und -Rezeptoren. Erstere Die prganglionren Axone ziehen in speziellen
sprechen besser auf Noradrenalin, letztere besser Nerven zu den postganglionren Neuronen, sind
auf Adrenalin an. also im Vergleich zum Sympathicus sehr lang.
Allgemein gilt: Entsprechend kurz sind die postganglionren
-Rezeptoren vermitteln die erregende (Aus- Axone.
nahme: Magen-Darm-Trakt), -Rezeptoren die
hemmende (Ausnahme: Herzerregung) Wirkung Parasympathische Innervation
des Sympathicus. Cranialer Parasympathicus
Von den prganglionren Perikaryen des Hirn-
2. Parasympathicus stammes ziehen die Axone in den Hirnnerven III
Die Perikaryen der praeganglionren (1. efferen- (N. oculomotorius), VII (N. facialis), IX (N. glos-
ten) parasympathischen Neurone liegen: sopharyngeus) und X (N. vagus) zu den post-
im Hirnstamm (Pars encephalica), v. a. im ganglionren Neuronen der vegetativen para-
Mittelhirn und verlngerten Mark, und sympathischen Kopf- bzw. Brust- und Bauch-
im Kreuzmark (Pars sacralis) in den Seiten- ganglien. In den Kopfganglien werden die pr-
sulen der Rckenmarksegmente S2 S4. ganglionren Neurone, deren Axone in den
Hirnnerven III, VII und IX verlaufen, auf die
postganglionren Neurone umgeschaltet. Die
drsen Sekretion
Cannon-Bhm-Punkt2) Motilitt
1) Kopfganglien 2) Grenze zwischen mittlerem und linkem Drittel des Colon trans-
versum
370 17 Nervensystem
1. efferentes 2. efferentes
P Bei verschiedenen Erkrankungen innerer
Neuron Neuron Organe kann die Haut ber dem Krankheits-
(= prganglionres (= postganglionres
Neuron) Neuron) herd, aber auch in weiterer Entfernung,
mit langer Nervenfaser mit kurzer Nervenfaser schmerzhaft und gertet sein. Der Eingeweide-
Acetylcholin Acetylcholin schmerz wird also auf die Hautoberflche
bertragen (bertragener Schmerz). Wichtig zu
wissen ist, dass diese grtelfrmigen Hautareale
Wirkungsweise des VNS (= Dermatome) nicht immer unmittelbar ber
Sympathicus und Parasympathicus weisen je dem erkrankten Organ liegen (Headsche
nach Situation unterschiedliche Erregungszu- Zonen: nerval mit inneren Organen verbundene
stnde auf. Der Sympathicus bewirkt eine Hautregionen). Der Grund dafr: Von einem
Leistungssteigerung, die als ergotrope Reaktion Rckenmarksegment werden sowohl das Organ
bezeichnet wird (vorherrschend bei Arbeit). Der wie die entsprechende Hautregion innerviert.
Parasympathicus sorgt fr die Aktivierung jener
Organfunktionen, die fr den Aufbau der Ener-
giereserven ntig sind, d. h., er hat eine tro- Vergleich Sympathicus und Parasympathicus.
photrope Wirkung (vorherrschend bei Ruhe). Die wichtigsten Gemeinsamkeiten:
Meist 3 Neurone bilden die efferente Strecke
von ZNS zum Erfolgsorgan (Effektor),
P Arzneimittel, die so wirken wie Acetylcholin,
gleicher Transmitter zwischen pr- und post-
werden Parasympathomimetica genannt. ganglionren Neuronen,
Arzneimittel, die die Wirkung von Acetylcholin oft gemeinsame Nervengeflechte um Arterien.
blockieren oder abschwchen, heien Para-
sympatholytica.
17.12 Zusammenwirken der Koordinationssysteme 371
Wegen der unterschiedlichen Transmitter zwi- oft aufgrund vieler tglicher Belastungen
schen postganglionren Neuronen und Effektor (Verkehr, Schule, Arbeit u. a.) in Gang gesetzt,
wird der Sympathicus als adrenerges und der ohne dass danach die krperliche Handlung
Parasympathicus als cholinerges System be- (Abwehr, Flucht) erfolgt.
zeichnet. Folgen knnen z. B. sein: Herz-Kreislauf-
Erkrankungen, Magengeschwre, Drsenfunk-
tionsstrungen.
17.12 Zusammenwirken der
Koordinationssysteme Verarbeitung
VNS, animales Nervensystem
Umwelt
und Hormonsystem
Die verschiedenen Verhaltensformen, wie z. B.
Nahrungs-, Abwehr- oder Fortpflanzungsver- Sinnesorgan
halten, sind das Ergebnis des engen Zusammen- Information
wirkens von animalem und vegetativem Nerven-
system sowie dem Hormonsystem. Der Hypo-
thalamus als oberstes Steuerzentrum aller vege-
tativen und der meisten endokrinen Prozesse
erhlt vom Endhirn Informationen aus der
Umwelt. Daraufhin steuert er die ihm unterge-
ordneten hormonellen, vegetativen und animalen
Prozesse so, dass z. B. Ernhrung und Verdau-
ung gefrdert werden, ein Abwehrverhalten vegetatives NS Hormonsystem
(Alarmstellung) praktiziert wird oder ein Ver-
halten entsteht, das der Fortpflanzung dient. Bei
den 3 genannten Verhaltensformen werden die
Krperfunktionen wie folgt beeinflusst (verein- Herzfrequenz, Atemfrequenz
Nahrungsverhalten:
Blutdrucksenkung, Koordinationssysteme. Abb. 17.30
Erhhung der Magen-Darm-Durchblutung
372 17 Nervensystem
14 30 Hz 8 13 Hz 14 30 Hz
EEG-Ableitpunkte
Wachsein Ruhe Wachsein
Mit dem EEG lassen sich 2 Schlafphasen fest-
stellen: C Leichtschlaf Delta () 4,0
der REM (Rapid Eye Movements = schnelle
Merke
10 min 20 min 30 min 40 min EEG
Der erste Tiefschlaf (D, E) einer
Schlafperiode wird etwa 30 bis
wach
90 Minuten nach dem Einschlafen
A
paradoxer
Merke
Zu einem erholsamen Schlaf gehren sowohl
Non-REM- als auch REM-Schlaf-Phasen.
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ISBN 3-928537-44-X 14 Tuberositas
ossis cuboidei Caput tali
7
Cranium (Schdel) 1/2 5 13
Processus Processus medialis Sustentaculum
lateralis tuberis tuberis calcanei tali
calcanei
Ansicht von ventral
1 Sutura fronto|maxillaris 9 Ramus mandibulae 12
2 Os frontale (Squama frontalis) 10 Gnathion 8
3 Sutura fronto|nasalis 11 Mandibula (Corpus)
4 Foramen supra|orbitale 12 Foramen infra|orbitale
5 Sutura spheno|parietalis 13 Sutura naso|maxillaris 11 10 9
6 Os lacrimale 14 Os temporale
7 Sutura spheno|zygomatica 15 Os sphenoidale
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grativ zu gestalten, wobei das eigenstndige
Teil 2: Mithilfe der Schler/Schlerinnen.
Profil der Berufsbilder erhalten bleibt.
Teil 3: Fachkundige und geplante Pflege.
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11