Der Erste Petrusbrief Text Und Ubersetzung Mit Kommentar. Peter Sreitenberger.
Der Erste Petrusbrief Text Und Ubersetzung Mit Kommentar. Peter Sreitenberger.
Der erste
Petrusbrief
Text und
Übersetzung
mit Kommentar
Peter Streitenberger
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 2
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 3
Impressum
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Inhalt
Impressum.......................................................... 3
Einleitung ........................................................... 5
Einleitung
Wie bisher versucht, liefert die Arbeit nach einer kurzen Einführung eine
dreiteilige Übersicht über den griechischen Text, eine Übersetzung
davon und einem Kommentar zur Grammatik bzw. Semantik, Syntax und
auch zur Analyse diskursiver Elemente. Dabei wurden Parallelen aus der
griechischen Literatur vom Autor als Hilfe für den Leser jeweils ins
Deutsche übersetzt.
Die Petrusbriefe sind selbstverständlich noch vor dem Tod des Apostels
geschrieben worden, von dem Clemens Romanus sagt (Epistula I ad
Corinthios 5,4: „Διὰ ζῆλον καὶ φθόνον οἱ μέγιστοι καὶ δικαιότατοι
στῦλοι ἐδιώχθησαν καὶ ἕως θανάτου ἤθλησαν. Λάβωμεν πρὸ ὀφθαλμῶν
ἡμῶν τοὺς ἀγαθοὺς ἀποστόλους· Πέτρον, ὃς διὰ ζῆλον ἄδικον
οὐχ ἕνα οὐδὲ δύο, ἀλλὰ πλείονας ὑπήνεγκεν πόνους καὶ οὕτω
μαρτυρήσας ἐπορεύθη εἰς τὸν ὀφειλόμενον τόπον τῆς δόξης“. „Aus
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Eifer und Arglist wurden die größten und gerechtesten Pfeiler verfolgt
und kämpften bis zum Tod. Stellen wir die guten Apostel vor unsere
Augen: Petrus, der wegen ungerechten Eifers nicht eine oder zwei,
sondern mehrfache Mühsale ertrug und, nachdem er so den Zeugentod
erlitt, an den gebührenden Ort der Herrlichkeit ging“. Da Clemens um
das Jahr 100 nach Christus starb, seine Briefe noch einige Zeit davor
entstanden und diese den Tod des Petrus ansprechen, der nach dem
ersten Brief ja stattfand, bringt uns allein dieser Sachverhalt auf eine
Datierung um viele Jahre vor der Jahrhundertwende.
Wie im Brief selbst zu lesen ist, sind die Empfänger verfolgte Christen, in
den genannten Regionen, die aufgrund der Verfolgung Trost bedürfen.
1.1 Πέτρος, Petrus, Apostel Jesu Wie gewöhnlich nennt sich der Absender und spricht die
ἀπόστολος Ἰησοῦ Christi, (an die) Adressaten im Dativ an, der aufgrund der Ausdehnung bis
χριστοῦ, ἐκλεκτοῖς auserwählten Fremden Vers 2 geht. Zum Wort παρεπίδημος („Reisender“,
παρεπιδήμοις in der Zerstreuung von „Besucher“, „Durchreisende“, „Fremdling“, „Auswärtiger“)
διασπορᾶς Πόντου, Pontus, Galatien, vgl. Polybius, Historiae 32.6: „ἐν ᾧ καιρῷ κάλλιστον μὲν
Γαλατίας, Kappadozien, Asien und ἐγένετο δεῖγμα τῆς Ῥωμαίων αἱρέσεως, κάλλιστον δὲ θέαμα
Καππαδοκίας, Ἀσίας, Bithynien - πᾶσι τοῖς Ἕλλησι τοῖς παρεπιδήμοις, μάλιστα δὲ τοῖς
καὶ Βιθυνίας, ἀνακεκλημένοις“. „Zu der Zeit geschah nun ein schönes
Beispiel des römischen Brauches, ein schönes Schauspiel für
alle Griechen, die Fremde waren, besonders aber für die
Zurückgerufenen“. Vgl. auch Didymus Caecus, Commentarii
Psalmos 35-39, 280.23, der eine interessante Erklärung dazu
liefert: „οὐδεὶς ἐκείνων κάτοικος, οὐδεὶς ἔνδημός ἐστιν,
ἀλλὰ παρεπίδημος. ἄλλοθεν ἐλήλυθεν εἰς τὸν τόπον
τοῦτον, οὐχ ὧδε γεγέννηται“. „Keiner von ihnen ist Bürger,
keiner ist einheimisch, sondern (sie sind) fremd. Er kam von
woanders her an diesen Ort, ist dort nicht geboren“.
Gläubige in der Gnadenzeit haben nach ihrem Tod die
Verheißung, beim Herrn in der himmlischen Heimat zu sein.
Aber auf der Erde sind sie nur kurz Gäste und Fremde. Die
im Genitiv angeschlossenen Ortsbezeichnungen der
Provinzen und Landschaften (Pontus etc.) kennzeichnen die
Herkunft der Adressaten (Genitivus locativus), d.h. wo sie
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wohnen bzw. woher sie sind, sonst oft mit ἀπὸ („von“) oder
ἐκ („aus“) expliziert. Da Petrus auf die Frage „wo“ die
Präposition ἐν („in“) benutzt (1Petrus 2.6; 5.13) erscheint
hier „von“ geeigneter. Die zweite Kennzeichnung erscheint
als Einschub, da im nächsten Vers auf ἐκλεκτοῖς („den
Auserwählten“) auch syntaktisch Bezug genommen wird.
1.2 κατὰ πρόγνωσιν nach Vorwissen Gottes, Mit Vers 2 setzt Petrus den Dativ fort, also die nähere
θεοῦ πατρός, ἐν des Vaters, durch (die) Beschreibung der Adressaten, worauf sich der übliche Gruß
ἁγιασμῷ πνεύματος, Heiligung des Geistes, anschließt, der mit einem Prädikat im Optativ πληθυνθείη
εἰς ὑπακοὴν καὶ zum Gehorsam und („er möge mehr werden“) realisiert ist. Der Gedanke der
ῥαντισμὸν αἵματος (der) Besprengung (mit Erwählung setzt sich hier fort und er basiert auf der
Ἰησοῦ χριστοῦ· χάρις dem) Blut Jesu Christi. Vorkenntnis Gottes darüber, wer das Heil annimmt. Daran
ὑμῖν καὶ εἰρήνη Gnade (sei) euch und setzen sich die weiteren Kennzeichen an: Der Ausdruck
πληθυνθείη. Friede möge mehr ἁγιασμῷ πνεύματος („Heiligung des Geistes“) gibt einen
werden! Genitivus subjectivus an, d.h. der Geist heiligt die Christen.
In der griechischen Bibel kommt „Besprengung“ sonst nicht
wie hier mit einem Genitivobjekt vor. Der Genitiv objectivus
αἵματος („mit dem Blut“) stellt den Gegenstand der
Besprengung dar, also das Blut Jesu Christi. Vgl. zur Syntax,
nämlich, wie das Personalpronomen platziert ist, Cassius
Dio, Historiae Romanae 70.1,3, als er über Antonius
berichtet, der von seinem Vorgänger, dem Kaiser Hadrian,
redet: „οὐδὲ ἐγὼ ἄρα ὑμῶν ἄρξω, εἴγε ἐκεῖνος καὶ κακὸς
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καὶ ἐχθρὸς ὑμῖν καὶ πολέμιος ἐγένετο“. „Auch kann ich also
nicht über euch regieren, wenn jener wirklich sowohl böse
als auch für euch feindlich und kriegerisch gewesen ist“.
Aufgrund der Nachstellung von ὑμῖν („euch“) scheint bei
Petrus zunächst ein Nominalsatz gedacht zu sein („Gnade
(sei) euch“), dem ein mit καὶ („und“) angeschlossener
weiterer Satz mit πληθυνθείη („er möge mehr werden bzw.
zunehmen“) folgt. Weniger wahrscheinlich wäre ein einziger
Satz „Gnade und Friede möge euch mehr werden“, da das
Pronomen nicht nur den ersten Teil modifizieren würde und
entsprechend weiter hinten im Satz stünde, zudem stammt
der Ausdruck wohl von Daniel 3.31: „εἰρήνη ὑμῖν
πληθυνθείη“. „Friede möge euch mehr werden!“, d.h. das
Pronomen steht hinter dem Ausdruck, den es modifiziert.
Theodoret, Interpretatio in Danielem 81.408, 48
interpretiert die Aussage so: “Εἰρήνη ὑμῖν πληθυνθείη·»
τουτέστι, Γένοιτο ὑμᾶς διαπαντὸς εἰρήνης ἀπολαύειν“.
„Friede möge euch mehr werden heißt: Es möge geschehen,
dass ihr in jeder Hinsicht Frieden genießt“. Bis auf den Bezug
von „ihr“ kann diese Erklärung für diesen Vers
aufschlussreich sein, da das Pronomen im Fall hier hinter
„Gnade“ und nicht hinter „Friede“ angeordnet ist, sodass
davon nur der Erste Ausdruck modifiziert zu sein scheint.
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1.3 Εὐλογητὸς ὁ θεὸς Gelobt (sei) der Gott Nach der Anrede setzt der Apostel mit einem Lobpreis
καὶ πατὴρ τοῦ und Vater unseres Gottes fort. Der Artikel ὁ („der“) bezieht sich auf Gott, den
κυρίου ἡμῶν Ἰησοῦ Herrn Jesus Christus, Vater, da im Relativsatz Christus als von ihm unterschieden
χριστοῦ, ὁ κατὰ τὸ der nach seiner großen erwähnt wird. Zum Prädikat ἀναγεννάω („erneut zeugen“)
πολὺ αὐτοῦ ἔλεος Barmherzigkeit uns vgl. Flavius Josephus, De bello Judaico 4.484, der über die
ἀναγεννήσας ἡμᾶς erneut gezeugt hat zu Zustände nach der Zerstörung von Sodom und den
εἰς ἐλπίδα ζῶσαν δι᾽ einer lebendigen umliegenden Städten berichtet und wie in seinen Tagen die
ἀναστάσεως Ἰησοῦ Hoffnung durch die Tatsachen das Gericht beweisen: „φασὶ δὲ ὡς δι᾽ ἀσέβειαν
χριστοῦ ἐκ νεκρῶν, Auferstehung Jesu οἰκητόρων κεραυνοῖς καταφλεγῆναι ἔστι γοῦν ἔτι λείψανα
Christi von (den) Toten, τοῦ θείου πυρός καὶ πέντε μὲν πόλεων ἰδεῖν σκιάς ἔτι δὲ
κἀν τοῖς καρποῖς σποδιὰν ἀναγεννωμένην οἳ χροιὰν μὲν
ἔχουσι τῶν ἐδωδίμων ὁμοίαν δρεψαμένων δὲ χερσὶν εἰς
καπνὸν διαλύονται καὶ τέφραν“. „Man sagt, es soll wegen
der Gottlosigkeit der Bewohner durch Blitzeinschläge
niedergebrannt worden sein. Es gibt noch heute Überreste
des göttlichen Feuers und Schatten von fünf Städten sind
einerseits zu sehen, auch erzeugt sich andererseits stets
erneut Asche in Früchten, die äußerlich essbaren ähneln,
aber wenn man sie mit der Hand pflückt, so lösen sie sich in
Staub und Asche auf“. Die Stelle bei Josephus ist eine der
wenigen Parallelen dazu und zeigt erneutes Entstehen von
Asche in Blumenform in der Gegend von Sodom. Die
erneute Zeugung bezieht sich wohl in Anspielung auf die
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segelte Nicanor nun mit seiner Flotte, die mit den Schnäbeln
der bei seinem Sieg erbeuteten Schiffe geschmückt war, in
den Piräus. Zuerst betrachtete ihn Cassander wegen seines
Erfolgs mit großer Zustimmung, aber später, als er sah, dass
er mit Arroganz gefüllt und aufgebläht war und dass er
außerdem Munychien (Anm.: der Hafen von Piräus) mit
seinen eigenen Männern bewachte, entschied er, dass er
Verrat plante und ließ ihn ermorden“. Wie Nicanor durch
Soldaten einen Hafen bewachen und vor dem Zugriff von
Feinden schützen ließ, so werden Christen durch den
Glauben bewahrt, damit sie das Heil erlangen, diese
Bewahrung geschieht in der Kraft Gottes. Da es keine
stärkere Macht gibt, ist diese Zusage vollkommen sicher.
1.6 Ἐν ᾧ ἀγαλλιᾶσθε, in der ihr jubelt, obwohl Ἐν ᾧ (“in der“) bezieht sich wohl auf die unmittelbar davor
ὀλίγον ἄρτι, εἰ δέον ihr jetzt kurz, wenn es erwähnte καιρῷ ἐσχάτῳ („letzte Zeit“) und zwar in zeitlicher
ἐστίν, λυπηθέντες ἐν nötig ist, betrübt Hinsicht. Das Präsens ἀγαλλιᾶσθε („ihr jubelt“) nimmt die
ποικίλοις worden seid in spätere Freude bereits vorweg bzw. ist das Präsens futurisch
πειρασμοῖς, verschiedenen zu verstehen: „ihr werdet jubeln“, wozu auch der Aorist
Versuchungen, λυπηθέντες („ihr seid betrübt worden“) passend erscheint,
der aus der Perspektive der Zukunft in die jetzige Zeit der
Trübsal zurückblickt. Die konditionale Angabe εἰ δέον ἐστίν
(„wenn es nötig ist“) zeigt, dass die Frage nach der
Versuchung von der Entscheidung Gottes abhängt.
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1.7 ἵνα τὸ δοκίμιον damit die Bewährung Die Betrübnis in Versuchungen wird nun dem Zweck nach
ὑμῶν τῆς πίστεως eures Glaubens - viel als Prüfung des Glaubens befunden und der des Goldes
πολὺ τιμιώτερον wertvoller als die des gegenübergestellt. Der Ausdruck τὸ δοκίμιον („die
χρυσίου τοῦ Goldes, das vergeht, Bewährung“) nimmt, da es wörtlich um die Prüfung geht,
ἀπολλυμένου, διὰ aber durch Feuer deren Ausgang ja offen ist, ein positives Ergebnis in Form
πυρὸς δὲ geprüft wird – für Lob einer „Bewährung“ voraus. Eine mit „Bewährung“
δοκιμαζομένου, und Ehre und für kongruierende Apposition beschreibt diese im Vergleich mit
εὑρεθῇ εἰς ἔπαινον Herrlichkeit befunden Gold als wertvoller. Der bewährte Glaube wird am Tag Jesu
καὶ τιμὴν καὶ εἰς werde bei der Christi als Lob, Ehre Herrlichkeit befunden.
δόξαν ἐν Offenbarung Jesu
ἀποκαλύψει Ἰησοῦ Christi,
χριστοῦ·
1.8 ὃν οὐκ εἰδότες den ihr, die ihr (ihn) Das Objekt, also wer geliebt wird, ist mit einem Relativsatz
ἀγαπᾶτε, εἰς ὃν ἄρτι nicht gekannt habt, an den Satzanfang gestellt. Zum Wort εἰδότες („gekannt
μὴ ὁρῶντες, liebt. Ihr, die ihr (ihn) habend“) vgl. Thucydides, Historiae 1.110,4: „ἐκ δὲ τῶν
πιστεύοντες δέ, jetzt nicht sehet, aber Ἀθηνῶν καὶ τῆς ἄλλης ξυμμαχίδος πεντήκοντα τριήρεις
ἀγαλλιᾶσθε χαρᾷ an ihn glaubt, jubelt mit διάδοχοι πλέουσαι ἐς Αἴγυπτον ἔσχον κατὰ τὸ Μενδήσιον
ἀνεκλαλήτῳ καὶ unaussprechlicher und κέρας, οὐκ εἰδότες τῶν γεγονότων οὐδέν“. “Von den
δεδοξασμένῃ, verherrlichter Freude, Athenern und den anderen Verbündeten sind fünfzig
Galeeren mehr nach Ägypten geschickt worden als
Unterstützung für die schon da waren, die, als sie in
Mendesium ankamen, nichts wussten, von dem was
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ἐπιθυμοῦσιν ἄγγελοι Heiligen Geist, in Handlung) statt eines Durativs (anhaltende Handlung)
παρακύψαι. welche (Dinge) Engel annehmen, d.h. die verschiedenen Propheten haben immer
hineinzublicken wieder den Lesern mit ihren Schriften gedient. Der Infinitiv
begehren. παρακύψαι (“einzublicken“) bedeutet, dass von außen oder
seitlich durch eine Beugung ein Blick geschieht. Das
Relativpronomen ἃ (“die“) bezieht sich auf die im
Evangelium verkündigten Dinge bzw. Inhalte.
1.13 Διὸ Daher, die Hüften eurer Die beiden Partizipien stellen die Grundlage der
ἀναζωσάμενοι τὰς Gesinnung umgürtet, Aufforderung zur Hoffnung dar. Obwohl φερομένην
ὀσφύας τῆς διανοίας nüchtern seiend, hofft (“gebrachte“) Präsens ist, bezieht es sich (vgl. 1Petrus 1.7)
ὑμῶν, νήφοντες, völlig auf die euch auf die Zukunft, da die Gnade im Zusammenhang mit der
τελείως ἐλπίσατε ἐπὶ gebrachte Gnade bei künftigen Erscheinung des Herrn Jesus gebracht werden
τὴν φερομένην ὑμῖν der Offenbarung Jesu wird.
χάριν ἐν ἀποκαλύψει Christi,
Ἰησοῦ χριστοῦ·
1.14 ὡς τέκνα als Kinder des Anhand des Akkusativs ist zu erkennen, dass πρότερον
ὑπακοῆς, μὴ Gehorsams nicht („früher“) als Adverb und nicht als Adjektiv gebraucht ist,
συσχηματιζόμενοι gleichförmig den zumal es mit keinem Element kongruieren würde.
ταῖς πρότερον ἐν τῇ Begierden früher in Plutarchus, Quomodo adulator ab amico internoscatur
ἀγνοίᾳ ὑμῶν eurer Unwissenheit, 52.b,6 illustriert das Wort συσχηματίζω („anpassen“,
ἐπιθυμίαις, „gleichförmig sein“), indem er einen Menschen
charakterisiert, der überall beliebt sein will, und sich daher
überall anpasst, wie Wasser, wenn es umgeschüttet wird,
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ἀπροσωπολήπτως Ansehen der Person Indikativ Präsens ein Hinweis, dass die Aussage real und
κρίνοντα κατὰ τὸ richtet nach dem Werk wahr ist, sodass die Bedeutung fast schon kausal („da ja“,
ἑκάστου ἔργον, ἐν eines jeden, wandelt „weil“) ist. Für einen gerechten Richter ist bei seiner
φόβῳ τὸν τῆς die Zeit eurer Tätigkeit wichtig, dass sie ἀπροσωπολήμπτως (“ohne
παροικίας ὑμῶν Fremdlingsschaft in Ansehen der Person“) durchführt wird, d.h. unparteiisch ist
χρόνον Ehrfurcht, und das Ansehen einer Person nicht in Betracht zieht, d.h.
ἀναστράφητε· alle Zu-Richtenden gleich behandelt. Leider ist diese
Eigenschaft Gottes bei den Menschen kaum vorhanden. Der
Maßstab des Richtens ist dabei das, was ein Mensch getan
hat, womit sicher beinhaltet ist, wie, warum und aus
welchen Motiven die Handlung kam. Vor einem solchen
Richter kann man nur Ehrfurcht haben. Dies gilt für die Zeit,
in der Christen als Fremdlinge auf der Erde leben.
1.18 εἰδότες ὅτι οὐ wissend, dass ihr nicht Während dieser Zeit gilt es, sich vor Augen zu halten, dass
φθαρτοῖς, ἀργυρίῳ ἢ mit vergänglichen Christen mit dem teuersten Lösegeld erkauft wurden, dem
χρυσίῳ, ἐλυτρώθητε (Dingen), mit Silber Blut Christi, das den irdischen und teuersten Möglichkeiten
ἐκ τῆς ματαίας ὑμῶν oder Gold, erlöst zum Kauf wie Gold und Silber gegenübergestellt wird. Vgl.
ἀναστροφῆς wurdet von eurem hierzu Polybios, Historiae 1.16,9: „ποιησάμενοι δὲ συνθήκας
πατροπαραδότου, nutzlosen, von den ἐφ’ ᾧ τὰ μὲν αἰχμάλωτα χωρὶς λύτρων ἀποδοῦναι τὸν
Vätern überlieferten βασιλέα Ῥωμαίοις, ἀργυρίου δὲ προσθεῖναι τάλαντα
Wandel, τούτοις ἑκατόν, λοιπὸν ἤδη Ῥωμαῖοι μὲν ὡς φίλοις καὶ
συμμάχοις ἐχρῶντο τοῖς Συρακοσίοις“. „Nachdem eine
Vereinbarung getroffen wurde, in der der König den Römern
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αἵματι ὡς ἀμνοῦ Blut wie dem eines das Ende des Satzes. Zuvor ordnet Petrus einen mit ὡς
ἀμώμου καὶ ἀσπίλου makellosen und („wie“) eingeleiteten Vergleich an, dem Blut eines perfekten
χριστοῦ, fehlerfreien Lammes, Lammes, ohne Makel und Fehler, das von der Sündlosigkeit
(dem Blut) Christi. Christi spricht, sodass nur sein Blut zur Erlösung geeignet
war.
1.20 προεγνωσμένου zwar vorhererkannt vor Ein Spannungsbogen liegt in dem Vers (mit μὲν - δὲ
μὲν πρὸ καταβολῆς Grundlegung der Welt, verdeutlicht), dass Christus zwar schon immer, d.h. bevor
κόσμου, aber erschienen am die Welt erschaffen war, als Lamm, das mit seinem Blut
φανερωθέντος δὲ Ende der Zeiten wegen Erlösung ermöglichen würde, erkannt war (das Wort
ἐπ᾽ ἐσχάτων τῶν euch, προεγνωσμένου („zuvor erkannt“) spricht von Vorkenntnis,
χρόνων δι᾽ ὑμᾶς, nicht von Vorbestimmung, d.h. Gott wusste, dass sein Sohn
nach seinen Gedanken in die Welt kommen würde), doch
erst, als die Zeit erfüllt war, tatsächlich gekommen ist. Das
Verb φανερόω (“erscheinen“) hebt sich von ἀποκαλύπτω
(„enthüllen“) ab, obwohl beide auch eine vergleichbare
Bedeutung aufweisen: „ἀπεκάλυψε διὰ τοῦ ἀγαπητοῦ
παιδὸς καὶ ἐφανέρωσε τὰ ἐξ ἀρχῆς ἡτοιμασμένα“. „[…] Er
hat durch seinen geliebten Sohn die Dinge offenbart und
offengelegt, die von Anfang an vorbereitet worden waren
[…]“. Wenn etwas erscheinen und zum Vorschein treten
soll, muss es erst enthüllt worden sein. Diese letzte
Bedeutung wäre hier nicht geeignet, wobei das Wort nicht
eine bloße visuelle Erscheinung ohne Körper bedeutet.
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 23
1.21 τοὺς δι᾽ αὐτοῦ die ihr durch ihn an In diesem Vers werden diejenigen näher beschrieben,
πιστεύοντας εἰς Gott glaubt, der ihn aus wegen denen Christus erschienen ist. Das heißt natürlich
θεόν, τὸν ἐγείραντα den Toten auferweckte nicht, dass nicht alle Menschen gerettet werden sollen (vgl.
αὐτὸν ἐκ νεκρῶν, καὶ und ihm Ehre gab, 1Timotheus 2.3f), auch wenn diejenigen, die das Heil nicht
δόξαν αὐτῷ δόντα, damit euer Glaube und angenommen haben, hier nicht thematisiert sind. Die
ὥστε τὴν πίστιν Hoffnung auf Gott ist. Adressaten glauben durch ihn an Gott, da es keinen anderen
ὑμῶν καὶ ἐλπίδα Zugang gibt. Gott wird beschrieben als der, der Christus aus
εἶναι εἰς θεόν. den Toten auferweckte und ihm Ehre gab. Zum letzten Satz
vgl. Barnabae Epistula 11.8c, 2: „Τοῦτο λέγει· ὅτι πᾶν ῥῆμα,
ὃ ἐὰν ἐξελεύσεται ἐξ ὑμῶν διὰ τοῦ στόματος ὑμῶν ἐν πίστει
καὶ ἀγάπῃ, ἔσται εἰς ἐπιστροφὴν καὶ ἐλπίδα πολλοῖς“.
„Damit will er sagen: Jedes Wort, wenn es von euch ausgeht
durch euren Mund im Glauben und Liebe, soll zur
Bekehrung und Hoffnung für viele sein“. Wie hier Barnabas
das Ziel der Worte mit der Hoffnung angibt und eine
ähnliche Konstruktion gebraucht, ist der Glaube und die
Hoffnung bei Petrus auf Gott hin als Ziel und Ausgangspunkt
angegeben, wofür die Präposition εἰς („auf hin“, „zu hin“)
geeignet ist. Vgl. Pamphilius, Diversorum capitum seu
difficultatum solutio 4.54, der sagt, dass Gott in Christus
Mensch wurde uns sich für uns gab: “ἵνα μὴ ἡ πίστις ἡμῶν
καὶ ἡ ἐλπὶς εἰς ἄνθρωπον ᾖ“. „damit nicht unser Glaube und
die Hoffnung auf Menschen (gerichtet) sei“. Dadurch, dass
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2.2 ὡς ἀρτιγέννητα seid wie neugeborene Petrus führt nun einen Vergleich an, wie die Adressaten mit
βρέφη, τὸ λογικὸν Säuglinge begierig Gottes Wort umzugehen hätten, indem er sie mit Säuglingen
ἄδολον γάλα (nach) der vernünftigen, vergleicht, die im eigenen Interesse begierig Milch zum
ἐπιποθήσατε, ἵνα ἐν unverfälschten Milch, Wachstum trinken, genauso sollten sie Gottes Wort lesen
αὐτῷ αὐξηθῆτε, damit ihr durch sie und aufnehmen, damit sie im Glauben wachsen. Zu λογικός
wachst, („vernünftig“) vgl. Aristonexus, Fragmenta 69d, 4:
„ἄνθρωπος ζῷόν ἐστι λογικὸν“. „Der Mensch ist ein
vernunftbegabtes Lebewesen“. D.h. der Mensch ist in der
Lage, geistig zu erkennen, dass manches gut für ihn ist,
darunter Milch für den Säugling, so auch Gottes Wort für
das Wachstum als Christ.
2.3 εἴπερ ἐγεύσασθε da ihr ja geschmeckt Die Konjunktion εἴπερ („da ja“) ist durch das zweite Element
ὅτι χρηστὸς ὁ κύριος· habt, dass der Herr verstärkt und weniger eine offene Bedingung („wenn“), als
gütig ist. vielmehr eine Begründung, da Petrus den Indikativ
verwendet und dies als Feststellung sieht.
2.4 πρὸς ὃν Zu welchem Der Anschluss des Relativsatzes πρὸς ὃν („zu welchem“)
προσερχόμενοι, hinkommend, einem bezieht sich auf das Wort κύριος („Herr“) im Satz davor. Da
λίθον ζῶντα, ὑπὸ lebendigen Stein, von im Unterschied zum nächsten Vers keine Vergleichspartikel
ἀνθρώπων μὲν Menschen zwar ὡς („als“, „wie“) gebraucht wird, ist sie hier nicht sinnvoll,
ἀποδεδοκιμασμένον, verworfen, bei Gott da sonst kein Unterschied bestünde. Das Verb ἀποδοκιμάζω
παρὰ δὲ θεῷ aber auserwählt, („verwerfen“) wird aus ἀπο („weg“) und δοκιμάζω („prüfen,
ἐκλεκτόν, ἔντιμον, wertvoll, erproben“) gebildet und bedeutet demnach, insbesondere
im Hinblick auf die Verwendungen an anderen Stellen, nach
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ἀκρογωνιαῖον, Eckstein, auserwählt, Ausdruck ὁ πιστεύων ἐπ᾽ αὐτῷ („wer auf ihn vertraut“) kann
ἐκλεκτόν, ἔντιμον· kostbar. Und wer auf im Deutschen als freier Relativsatz behandelt werden, da
καὶ ὁ πιστεύων ἐπ᾽ ihn vertraut, wird nicht kein Bezug zu einem übergeordneten Satz vorhanden ist,
αὐτῷ οὐ μὴ beschämt. zudem erscheint aufgrund der Präposition ἐπί (“auf“) die
καταισχυνθῇ. Bedeutung „vertrauen auf“ geeigneter als „glauben an“.
The Testament of Solomon 22.7 scheint für die Frage,
welcher Stein (Eckstein, Grundstein, Schlussstein etc.)
gemeint ist, eine Antwort zu geben: „καὶ ἦν Ἰερουσαλήμ
ᾠκοδομωμένη καὶ ὁ ναὸς συνεπληροῦντο. καὶ ἦν λίθος
ἀκρογωνιαῖος μέγας ὃν ἐβουλόμην θεῖναι εἰς κεφαλὴν
γωνίας τῆς πληρώσεως τοῦ ναοῦ τοῦ θεοῦ“. „Und
Jerusalem war gebaut und der Tempel stand kurz vor der
Vollendung. Und es gab einen großen Eckstein, den ich an
die Spitze der Ecke setzen wollte, um das Heiligtum Gottes
zu vollenden“.
2.7 Ὑμῖν οὖν ἡ τιμὴ Für euch also, die Der Ausdruck εἰς κεφαλὴν γωνίας („zum Eckpfeiler“) kommt
τοῖς πιστεύουσιν· Gläubigen, (ist er) die in der griechischen Literatur nicht vor und ist eine wörtliche
ἀπειθοῦσιν δέ, Kostbarkeit. Den Übersetzung von Psalm 118.22 ָה ר ֹאש ִׁפנ, wörtlich „Spitze
Λίθον ὃν Ungehorsamen aber (ist der Ecke“. Gemeint ist der Stein im Bau, wo alle Mauerecken
ἀπεδοκίμασαν οἱ er) ein Stein, den die zusammenkommen und sich daran orientieren und
οἰκοδομοῦντες, Bauenden verworfen ausrichten.
οὗτος ἐγενήθη εἰς haben. Dieser ist zum
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ὑμῶν ὡς κακοποιῶν, guten Werken, Gottes im Gericht anerkannt werden muss, das, nachdem
ἐκ τῶν καλῶν ἔργων, nachdem sie (diese) sie Zeugnis von Gott durch den Wandel der Gläubigen
ἐποπτεύσαντες, beobachtet haben, Gott erhalten hatten.
δοξάσωσιν τὸν θεὸν am Tag der
ἐν ἡμέρᾳ ἐπισκοπῆς. Heimsuchung
verherrlichen.
2.13 Ὑποτάγητε οὖν Ordnet euch also jeder Petrus beginnt diesen Abschnitt mit einer allgemeinen
πάσῃ ἀνθρωπίνῃ menschlichen Ordnung Aufforderung, die menschlichen Einrichtungen zu beachten
κτίσει διὰ τὸν wegen dem Herrn und nennt im weiteren Text viele einzelne Beispiele. Zum
κύριον· εἴτε βασιλεῖ, unter, sei es einem guten Wandel gehört die Einhaltung der Ordnungen, wie sie
ὡς ὑπερέχοντι· König als von den Regierenden und deren Vertretern verordnet
Übergeordnetem, werden.
2.14 εἴτε ἡγεμόσιν, sei es den Statthaltern Mit denen von der Obrigkeit eingesetzten Verwaltern greift
ὡς δι᾽ αὐτοῦ als denen, die von ihm Petrus ein konkretes Beispiel auf, wie Unterordnung konkret
πεμπομένοις εἰς geschickt wurden zur aussieht und wozu diese tätig werden. Die Begriffe
ἐκδίκησιν Vergeltung (an) denen, ἐκδίκησις („Vergeltung“) und ἔπαινος („Lob“) für Böses bzw.
κακοποιῶν, ἔπαινον die Böses tun, aber zum Gutes sind semantisch gesehen Antonyme (vgl. 3Joh 11),
δὲ ἀγαθοποιῶν. Lob derer, die Gutes d.h. Gegensatzpaare, die einen Kontrast bilden. Zur Phrase
tun, ἐκδίκησιν κακοποιῶν („Vergeltung an“) vgl. 2Samuel 4.8:
„ἔδωκεν κύριος τῷ κυρίῳ βασιλεῖ ἐκδίκησιν τῶν ἐχθρῶν
αὐτο“. „Der Herr hat dem Herrn, dem König, Vergeltung an
seinen Feinden Rache verschafft“. Der Gegenstand, an dem
Rache oder Vergeltung für Böses geübt wird, ist also an
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 32
2.20 Ποῖον γὰρ Denn was für ein Ruhm Nun wird das Gegenteil des Bisherigen ad absurdum geführt
κλέος, εἰ (wäre es), wenn ihr und angenommen, was wäre, wenn man zurecht bestraft
ἁμαρτάνοντες καὶ sündigend und (dabei) wird und leidet. Das wäre ja nur gerecht, aber keine Gnade,
κολαφιζόμενοι geschlagen, ausharren die damit zum Ausdruck kommt. Petrus stellt dazu eine
ὑπομενεῖτε; Ἀλλ᾽ εἰ würdet? Aber wenn ihr rhetorische Frage, die negativ zu beantworten ist, d.h. wenn
ἀγαθοποιοῦντες καὶ Gutes tuend und man aufgrund von Schuld Strafe erleidet, ist es kein Grund
πάσχοντες (dabei) leidend, zum Rum, wenn man diese geduldig erträgt. Die beiden
ὑπομενεῖτε, τοῦτο ausharren würdet, das Futurformen ὑπομενεῖτε („ihr würdet ausharren“) beziehen
χάρις παρὰ θεῷ. ist Gnade bei Gott. sich auf die der Ursache folgende Konsequenz. Diese wird
als nicht bereits realisiert, sondern als zukünftige Erwartung
gesehen.
2.21 Εἰς τοῦτο γὰρ Denn dazu wurdet ihr Petrus verweist auf den Herrn Jesus, dem es auch so erging,
ἐκλήθητε, ὅτι καὶ berufen, weil auch er hat ein gerechtes Leben geführt und wurde dennoch
χριστὸς ἔπαθεν ὑπὲρ Christus für uns litt, abgelehnt und musste darunter leiden. Hier sind nicht die
ἡμῶν, ὑμῖν euch ein Muster sühnenden Leiden gemeint, sondern Leiden, die auch uns
ὑπολιμπάνων hinterlassend, damit ihr betreffen können.
ὑπογραμμόν, ἵνα seinen Spuren
ἐπακολουθήσητε nachfolgt,
τοῖς ἴχνεσιν αὐτοῦ·
2.22 ὃς ἁμαρτίαν der Sünde nicht tat, Mit zwei Relativsätzen eingeleitet, beschreibt der Apostel
οὐκ ἐποίησεν, οὐδὲ noch wurde Trug in den Herrn Jesus, der das, was er von den Adressaten
εὑρέθη δόλος ἐν τῷ seinem Mund erwartet, vorgelebt hat und obwohl er Gutes tat, geschmäht
στόματι αὐτοῦ· gefunden, wurde und litt, wozu es keinen Grund gab.
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 35
2.23 ὃς der geschmäht nicht Das Imperfekt παρεδίδου („er übertrug“) ist wohl eine
λοιδορούμενος οὐκ wieder schmähte, wiederholte Handlung in der Vergangenheit (Iterativ), die
ἀντελοιδόρει, leidend nicht drohte, man auch mit „er pflegte zu übertragen“ übersetzen könnte,
πάσχων οὐκ ἠπείλει, sondern es dem d.h. bei jedem Ereignis der Schmähung übergab er dies Gott,
παρεδίδου δὲ τῷ übertrug, der gerecht dem gerechten Richter. Da die Schmähungen gegen den
κρίνοντι δικαίως· richtet, Herrn ungerecht waren, steht δικαίως („gerecht“) am Ende
des Satzes an betonter Stelle. Die Menschen behandelten
den Herrn Jesus ungerecht, aber Gott, dem er dies anbefahl,
ist hingegen gerecht und er hat das letzte Urteil, nicht die
Menschen.
2.24 ὃς τὰς ἁμαρτίας der selbst unsere Durch das Opfer des Herrn Jesus sind Menschen erst in der
ἡμῶν αὐτὸς Sünden an seinem Leib Lage, den Aufforderungen und dem Vorbild des Herrn Jesus
ἀνήνεγκεν ἐν τῷ am Kreuz trug, damit nachzukommen, das nun in das Blickfeld kommt. Mit αὐτὸς
σώματι αὐτοῦ ἐπὶ τὸ wir, den Sünden („selbst“) wird das Subjekt betont, d.h. der Herr tat dies und
ξύλον, ἵνα, ταῖς entkommen, der kein anderer. Diverse Übersetzungen unterscheiden sich bei
ἁμαρτίαις Gerechtigkeit lebten. ἀνήνεγκεν („hinauftragen“, „tragen“), also dahingehend, ob
ἀπογενόμενοι, τῇ (Er,) durch dessen das Holz des Kreuzes eine Orts- oder Richtungsangabe ist
δικαιοσύνῃ ζήσωμεν· Wunde ihr geheilt („am“ bzw. „an das“). Bei der Verwendung von statischen
οὗ τῷ μώλωπι αὐτοῦ wurdet. Verben wie „tragen“ in Verbindung mit dynamischen
ἰάθητε. Präpositionen als Präfixe überwiegt das Moment des
statischen Verbs (vgl. „das Wort war bei Gott“ und nicht
„und das Wort war zu Gott hin“), obwohl die verwendete
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 36
πλανώμενα· ἀλλ᾽ nun kehrtet ihr um zum Hintergrund vor ihrer Bekehrung auch hatten, nun aber zu
ἐπεστράφητε νῦν ἐπὶ Hirten und Aufseher Christus umgekehrt sind und ihm wie Schafe einem Hirten
τὸν ποιμένα καὶ eurer Seelen. nachfolgen (vgl. Johannes 10.27), und er auf ihre Seelen
ἐπίσκοπον τῶν achtet. Damit endet die Ausführung zur Unterordnung der
ψυχῶν ὑμῶν. Untergebenen und Petrus kommt auf das nächste Beispiel,
bei dem sich die genannte Unterordnung auch zeigt.
3.1 Ὁμοίως, αἱ Genauso ihr Frauen, Der Schöpfungsordnung nach ist die Frau dem Mann
γυναῖκες, (seid) den eigenen untergeordnet und im christlichen Bereich hat dies zur
ὑποτασσόμεναι τοῖς Männern Geltung zu kommen. Ὁμοίως („genauso“) bezieht sich daher
ἰδίοις ἀνδράσιν, ἵνα, untergeordnet, damit, ebenfalls auf das Thema der Unterordnung, das Petrus ab
καὶ εἴ τινες selbst wenn einige dem Kapitel 2.13 eingeführt hat. Wie Unterordnung allgemein
ἀπειθοῦσιν τῷ λόγῳ, Wort ungehorsam sind, einzuhalten ist, gilt sie genauso für Frauen in Bezug auf ihre
διὰ τῆς τῶν sie durch den Wandel Männer, da hier dieselbe Ordnung der von Gott
γυναικῶν der Frauen ohne Wort eingesetzten Autorität Gültigkeit hat. Der Nominativ αἱ
ἀναστροφῆς ἄνευ gewonnen werden, γυναῖκες (“ihr Frauen“) ist als Vokativ gebraucht, da im
λόγου nächsten Vers die direkte Anrede mit („euren“) weiterläuft.
κερδηθήσονται, Das Objekt der Unterordnung wird mit τοῖς ἰδίοις ἀνδράσιν
(„den eigenen Männern“) angegeben, d.h. die
Unterordnung gilt nicht allgemein im Mann-Frau-Verhältnis,
sondern speziell in Bezug auf die Ehe. Den Zweck davon gibt
Petrus mit ἵνα („damit“) an, d.h. die Unterordnung hat auch
eine positive Auswirkung für andere und ist nicht reiner
Selbstzweck, denn die Ehe ist ein Bild auf Christus und die
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 40
πολυτελές.
3.5 Οὕτως γάρ ποτε Denn so pflegten sich Dies wird mit dem Beispiel der gottesfürchtigen Frauen in
καὶ αἱ ἅγιαι γυναῖκες damals auch die früheren Tagen illustriert, die Petrus additiv (d.h.
αἱ ἐλπίζουσαι ἐπὶ heiligen Frauen zu erweiternd) mit καὶ („auch“) mit den angesprochenen
θεὸν ἐκόσμουν schmücken, die auf Gott Frauen seiner Tage verknüpft, denn nicht nur damals war
ἑαυτάς, hofften, sich den dies der geeignete Schmuck, er ist es auch heute. Das
ὑποτασσόμεναι τοῖς eigenen Männern Imperfekt ἐκόσμουν („pflegten zu schmücken“) drückt eine
ἰδίοις ἀνδράσιν· unterordnend. anhaltende Haltung der Frauen in der Vergangenheit aus,
die im Deutschen mit „pflegen zu“ umschrieben werden
kann, um den Durativ zum Ausdruck zu bringen, der dafür
charakteristisch ist.
3.6 ὡς Σάρρα So wie Sarah Abraham Wenn Frauen sich nach Gottes Vorstellungen ihren Männern
ὑπήκουσεν τῷ gehorchte, ihn Herr unterordnen und Gutes tun, ist es zu erwarten, dass dies auf
Ἀβραάμ, κύριον nennend, deren Kinder Unverständnis von außen stößt, daher ruft Petrus auf, den
αὐτὸν καλοῦσα, ἧς ihr wurdet, Gutes tuend Schrecken, d.h. die Einschüchterungen dadurch, nicht zu
ἐγενήθητε τέκνα, und gar keinen fürchten. Die doppelte Verneinung μὴ μηδεμίαν („nicht
ἀγαθοποιοῦσαι καὶ Schrecken fürchtend. keine“) verstärkt die Negation. Vgl. Sprüche 3.25: „ καὶ οὐ
μὴ φοβούμεναι φοβηθήσῃ πτόησιν ἐπελθοῦσαν οὐδὲ ὁρμὰς ἀσεβῶν
μηδεμίαν πτόησιν. ἐπερχομένας“. „und du brauchst weder kommenden
Schrecken zu fürchten, noch die kommenden Angriffe der
Gottlosen“.
3.7 Οἱ ἄνδρες Genauso ihr Männer Petrus gibt nun den Ehemännern Anweisungen, wie sie dem
ὁμοίως, (sollt) mit Einsicht mit Charakter der Ehefrauen entsprechend mit ihnen umgehen
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 42
συνοικοῦντες κατὰ dem weiblichen als dem sollen und verbindet dies mit der Folge, dass dann die
γνῶσιν ὡς schwächeren Gefäß Gebete nicht verhindert werden. Die Frauen sind schwächer
ἀσθενεστέρῳ σκεύει zusammenleben, Ehre als Männer und ebenfalls Miterben der Gnade des ewigen
τῷ γυναικείῳ, erweisend als den auch Lebens. D.h. in irdischer Hinsicht sind sie verschieden, in
ἀπονέμοντες τιμὴν Miterbenden der Gnade geistlicher Hinsicht gibt es keinen Unterschied, da sie
ὡς καὶ des Lebens, damit eure genauso das Heil haben können wie Männer. Mit dem Wort
συγκληρονόμοις Gebete nicht συνοικέω („zusammenwohnen“, „zusammenleben“), das
χάριτος ζωῆς εἰς τὸ unterbrochen werden. ein Dativobjekt (hier: das weibliche Gefäß) anschließt,
μὴ ἐγκόπτεσθαι τὰς beschreibt Petrus nicht nur das bloße Wohnen, sondern den
προσευχὰς ὑμῶν. Umgang miteinander, sodass die Anweisungen nicht nur auf
das Haus beschränkt sind und „zusammenleben“ geeigneter
erscheint, auch wenn in der Wurzel des Verbs „Haus“
beinhaltet ist. Vgl. zur Phrase κατὰ γνῶσιν („mit Einsicht“)
Epiphanius 21.1,3: „ἔγνω γὰρ ὁ πατὴρ τὴν ὥραν καὶ τὴν
ἡμέραν, ἔγνω αὐτὴν καὶ κατὰ γνῶσιν καὶ κατὰ πρᾶξιν“.
„Denn der Vater kennt die Stunde und den Tag, er kennt sie
sowohl dem Wissen nach, als auch der Wirkung nach“. Dito
22.3, 4: „καὶ οὐκ οἴδασι κατὰ γνῶσιν πράξεως“. „Und der
Erkenntnis über die Tat nach wissen sie nichts“, bzw.
Epiphanius Panarion (= Adversus haereses) 3.470,16: „ Ἀλλ’
ὅμως ἔγνω τὴν Μαρίαν ὁ Ἰωσήφ, οὐ κατὰ γνῶσίν
τινα χρήσεως, οὐ κατὰ γνῶσιν κοινωνίας, ἀλλ’ ἔγνω αὐτήν,
τιμῶν τὴν ἐκ θεοῦ τετιμημένην“. „Aber auf jeden Fall
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 43
εὔσπλαγχνοι, barmherzig, freundlich Verwirklichung vom Guten aussehen kann. Dabei beginnt er
φιλόφρονες· gesinnt, mit positiven Ausprägungen.
3.9 μὴ ἀποδιδόντες nicht Böses mit Bösem Der Realität des Bösen in der Welt Rechnung tragend
κακὸν ἀντὶ κακοῦ, ἢ vergeltend, oder untersagt er, dies nachzuahmen und mit gleicher Münze
λοιδορίαν ἀντὶ Schmähung mit zurückzuzahlen, sondern darauf mit Gutem zu antworten.
λοιδορίας· Schmähung, sondern im Dies hat im Bewusstsein zu geschehen, dass man selbst
τοὐναντίον δὲ Gegenteil segnend, Segen von Gott erfährt und dieser selbst nicht mit Bösem
εὐλογοῦντες, εἰδότες wissend, dass ihr dazu antwortet, sondern im Guten.
ὅτι εἰς τοῦτο berufen wurdet, dass
ἐκλήθητε, ἵνα ihr Segen erbt.
εὐλογίαν
κληρονομήσητε.
3.10 Ὁ γὰρ θέλων Denn wer das Leben Indem das Böse getan wird zeigt sich die Lebensfeindlichkeit
ζωὴν ἀγαπᾷν, καὶ liebt und gute Tage der Menschen in der Welt, denn dies bedingt, dass das
ἰδεῖν ἡμέρας sehen will, halte seine
Leben nicht gelingen kann und Schwierigkeiten auftreten,
ἀγαθάς, παυσάτω Zunge vom Bösen ab die sonst zu vermeiden wären. Das veranschaulicht Petrus
τὴν γλῶσσαν αὐτοῦ und seine Lippen, um anhand einer Referenz zum Alten Testament mit dem Reden
ἀπὸ κακοῦ, καὶ χείλη nicht Trug zu reden. von bösen Dingen und Betrug. Dies geschieht anhand eines
αὐτοῦ τοῦ μὴ synonymen Parallelismus, denn „Zunge“ und „Lippe“ sind
λαλῆσαι δόλον· vergleichbar, sowie „Böses“ und „Trug“, sodass die
Aussagen ähnlich sind und sich gegenseitig verstärken.
3.11 ἐκκλινάτω ἀπὸ Er wende sich ab vom Mit einer grundsätzlichen Aussage beginnend, zeigt Petrus
κακοῦ, καὶ ποιησάτω Bösen und tue Gutes. Er eine Möglichkeit, Gutes zu tun, nämlich den Frieden zu
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 46
ἀγαθόν· ζητησάτω suche Frieden und jage suchen und ihm zu folgen. Da in der Welt der Unfriede
εἰρήνην, καὶ διωξάτω ihm nach. herrscht, ist der Friede erst zu suchen und wenn er
αὐτήν. gefunden ist, dann nicht mehr wieder loszulassen, sondern
an ihm dran bleiben.
3.12 Ὅτι ὀφθαλμοὶ Weil die Augen des Die Abkehr vom Bösen und Verwirklichung des Guten ist mit
κυρίου ἐπὶ δικαίους, Herrn auf die Gerechten der Erhöhrung der Gebete verbunden. Die Präposition ἐπὶ
καὶ ὦτα αὐτοῦ εἰς und seine Ohren auf ihr ist hier adversativ („gegen“) wie z.B. in Johannes 13.8 („hat
δέησιν αὐτῶν· Flehen, aber das seine Verse gegen mich erhoben“).
πρόσωπον δὲ κυρίου Angesicht des Herrn
ἐπὶ ποιοῦντας κακά. gegen die (gerichtet ist),
die Böses tun.
3.13 Καὶ τίς ὁ Und wer ist es, der euch Petrus stellt hier den Normalfall dar, nämlich, dass es
κακώσων ὑμᾶς, ἐὰν Böses tut, wenn ihr eigentlich keinen Grund gibt, wenn man Gutes tut, von
τοῦ ἀγαθοῦ μιμηταὶ Nachahmer des Guten anderen dafür schlecht behandelt zu werden, sodass die
γένησθε; geworden seid? Frage mit „niemand“ zu beantworten ist. Im nächsten Vers
kommt Petrus auf die traurige Ausnahme davon zu
sprechen.
3.14 Ἀλλ᾽ εἰ καὶ Doch wenn ihr auch Petrus stellt diese Aussage im Optativ als reine Möglichkeit
πάσχοιτε διὰ wegen der dar, die geschehen könnte, aber nicht notwendigerweise
δικαιοσύνην, Gerechtigkeit leiden muss. Sollte es wider Erwarten anders kommen als im Vers
μακάριοι· τὸν δὲ solltet, (seid ihr) davor, ist die Person dennoch glücklich zu schätzen. Zur
φόβον αὐτῶν μὴ glücklich. Fürchtet aber Figura etymologica „Furcht fürchten“ vgl. die direkteste
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 47
φοβηθῆτε, μηδὲ nicht ihre Furcht, noch Parallelstelle in Jesaja 8.12: „μήποτε εἴπητε σκληρόν πᾶν
ταραχθῆτε· seid erschreckt, γάρ ὃ ἐὰν εἴπῃ ὁ λαὸς οὗτος σκληρόν ἐστιν τὸν δὲ φόβον
αὐτοῦ οὐ μὴ φοβηθῆτε οὐδὲ μὴ ταραχθῆτε“. „Niemals sollt
ihr hart reden! Denn alles, was dieses Volk redet, ist hart;
seine Furcht sollt ihr keinesfalls fürchten, und ihr sollt nicht
beunruhigt sein!“ Es sind zwei Deutungen möglich: Es geht
um die Furcht, die die Außenstehenden haben, d.h. wie sie
sich fürchten. Das soll bei Christen anders sein. Dann kann
aber auch die Furcht vor ihnen gemeint sein. Natürlich sind
alle zwei Deutungen irgendwie sinnvoll, nur was genau hat
Petrus gemeint? Vgl. Homerus, Ilias 15.311: „ Τρῶες δὲ
προὔτυψαν ἀολλέες, ἦρχε δ’ ἄρ’ Ἕκτωρ μακρὰ βιβάς·
πρόσθεν δὲ κί’ αὐτοῦ Φοῖβος Ἀπόλλων εἱμένος ὤμοιιν
νεφέλην, ἔχε δ’ αἰγίδα θοῦριν δεινὴν ἀμφιδάσειαν
ἀριπρεπέ’, ἣν ἄρα χαλκεὺς Ἥφαιστος Διὶ δῶκε φορήμεναι
ἐς φόβον ἀνδρῶν“. „Dann drängten sich die Trojaner in
enger Menge vorwärts, und Hektor führte sie mit großen
Schritten voran, während Phoibos Apollo, dessen Schultern
mit einer Wolke umwickelt waren und das Ziegenfell des
Sturzes trugen, mit zotteligen Fransen bekleidet, schrecklich
glänzend hell, das der Schmied Hephaistos dem Zeus zum
Schrecken der Männer gab“. Dies erscheint als Beispiel für
den Schrecken, den Männer im Anblick des Auftretens
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 48
κακοποιοῦντας. als Böses tuend. („besser“) steht betont am Satzanfang und wird ohne
Kopula („ist“) gebraucht, woran sich ein AcI (ein Akkusativ
mit einem Infinitiv) anschließt. Das Subjekt ist „ihr“ statt
„man“ (zu erschließen aufgrund des Plurals der Partizipien).
Der Optativ θέλοι („sollte er wollen“) ist ein Potentialis, d.h.
Petrus erwähnt die reine Möglichkeit, dass Gott dies wollen
könnte, d.h. die Verwendung ist epistemisch, also eine
Einschätzung des Petrus, dass das Zustandekommen
möglich, aber nicht notwendig ist.
3.18 Ὅτι καὶ χριστὸς Denn auch Christus litt Der Ausdruck δίκαιος ὑπὲρ ἀδίκων („als Gerechter für
ἅπαξ περὶ ἁμαρτιῶν einmal für Sünden, (als) Ungerechte“) ist ohne Artikel („der Gerechte“) und eine
ἔπαθεν, δίκαιος Gerechter für subjektbezogene Angabe, zeigt in welcher Eigenschaft und
ὑπὲρ ἀδίκων, ἵνα Ungerechte, damit er Charakter Christus, der das Subjekt ausmacht, gelitten hat.
ὑμᾶς προσαγάγῃ τῷ euch zu Gott hinführte, Der Dativ σαρκί („dem Fleisch nach“) bezieht sich auf die
θεῷ, θανατωθεὶς μὲν zwar dem Fleisch nach menschliche Existenz, d.h. auf das Menschsein. Nicht als
σαρκί, ζῳοποιηθεὶς getötet, aber dem Geist Mensch wirkte der Herr bereits in den Tagen Noahs, nämlich
δὲ πνεύματι, nach lebendig gemacht, im Geist.
3.19 ἐν ᾧ καὶ τοῖς ἐν durch den er auch den Durch den Geist Christi wurde auch den damaligen
φυλακῇ πνεύμασιν Geistern im Gefängnis, Menschen gepredigt, evtl. dadurch, dass Noah diesen Geist
πορευθεὶς ἐκήρυξεν, nachdem er in sich hatte und in dessen Kraft predigte. Nachdem die
hingegangen war, Menschen aber die Botschaft abgelehnt hatten, kamen sie
predigte, um und befinden sich seither im Gefängnis, aufbewahrt auf
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 51
den Geist Christi hatte und durch den offenbar der Geist
wirkte und zur Umkehr rief, angefeindet wurde, aber
zumindest keinen Glauben fand. Noah, der Gerechte, wollte
ebenfalls Ungerechte zu Gott führen, leider (bis auf seine
Familie) erfolglos. Eine Stelle bei Ruth gebraucht auch diese
Verwendung: Es wird auch da gesagt, Ruth hätte denen, die
jetzt tot sind, damals zu Lebzeiten gedient (analog: die jetzt
im Hades sind, denen wurde einst gepredigt): Ruth 1.8 „Da
sprach Noomi zu ihren beiden Schwiegertöchtern: Gehet,
kehret um, eine jede zum Hause ihrer Mutter. Jehova
erweise Güte an euch, so wie ihr sie an den Verstorbenen
und an mir erwiesen habt“. Somit kann man annehmen,
dass das Wohin, die damaligen Menschen meinte, zu denen
der Geist Christi in der Person des Noah ging. Nachdem
diese nicht glaubten, sind sie nun im Hades bzw. werden auf
den Tag der Auferstehung hin im Gefängnis festgehalten.
Somit könnte man sagen, dass Christus durch seinen Geist in
den Tagen Noahs durch diesen Prediger zu den Menschen
ging und ihnen die Rettung verkündigte. Diese lehnten die
Botschaft ab, und befinden sich derzeit in Gefangenschaft,
eben aufgrund ihres Ungehorsams. Die Deutung des
Abstiegs in den Hades um seinen Sieg zu proklamieren, ist
dem Text nach zwar nicht vollkommen ausgeschlossen, aber
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 53
Rettung fand mittels oder durch den Mut statt, sodass man
bei Petrus annehmen könnte, dass die Rettung von Noah
vor der Welt der Gottlosen durch oder mittels des Wassers
der Sintflut geschah. Diese Deutung ist zu bevorzugen,
zumal Petrus für die lokale Angabe, zumindest um
Doppeldeutigkeiten zu vermeiden, den Akkusativ gewählt
hätte. Vgl. Ctesias Fragmenta 1b.565: „ἡ δὲ Σεμίραμις
ἐπειδὴ τὸ πλεῖστον μέρος τῶν ἀπὸ τῆς μάχης
διασωζομένων διὰ τὸν ποταμὸν ἔτυχε τῆς ἀσφαλείας“. „Da
Semiramis nun den größten Teil der vom Kampf Geretteten
durch den Fluss hindurch die Sicherheit erwarb“. Hätte
Petrus also den Akkusativ verwendet, wäre die Deutung
eine lokale Angabe, so aber ist sie instrumental. Dafür
spricht auch der fehlende Artikel vor „Wasser“. Ein Beispiel
für instrumentalen Gebrauch in analoger Phrase ist
Diodorus Siculus, Bibliotheca historica 5.27: „τοῦτο δʼ οἱ
περὶ τὰς ἐργασίας ἀσχολούμενοι συνάγοντες ἀλήθουσιν ἢ
συγκόπτουσι τὰς ἐχούσας τὸ ψῆγμα βώλους, διὰ δὲ τῶν
ὑδάτων τῆς φύσεως τὸ γεῶδες πλύναντες παραδιδόασιν ἐν
ταῖς καμίνοις εἰς τὴν χωνείαν“. „Diese, die an den Arbeiten
beteiligt sind, sammeln und mahlen oder zerquetschen die
Klumpen mit dem Goldstaub, und dann spülen sie den
Schmutz mit Wasser weg und legen ihn zum Schmelzen in
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 57
παθὼν ἐν σαρκί, denn wer im Fleisch kamen, da er ein gerechtes Leben führte, um uns ein Vorbild
πέπαυται ἁμαρτίας· leidet, hat Ruhe vor der zu hinterlassen. Obwohl das zentrale Lehre der Schrift ist,
Sünde, scheint ὑπὲρ („für“) nicht die Stellvertretung im Gericht
Gottes während der Stunden der Finsternis zu meinen,
sondern die Leiden eines Gerechten, die ihm Ungerechte
angetan haben, sonst wäre eine Vorbildfunktion („dieselbe
Haltung“) nicht möglich, da wir dem Herrn dahin nicht
folgen können, sehr wohl aber Leiden von Seiten der
Menschen zu ertragen, indem wir mit einem Leben der
Sünde abgeschlossen haben. Mit dem Imperativ ὁπλίσασθε
(„rüstet euch“) nimmt Petrus Bezug auf das Kriegswesen,
wo es darum geht, gegen einen Feind gerüstet zu sein.
Dieser ist hier die Sünde. Gegen sie kann man nur durch die
Haltung, die auch der Herr Jesus hatte, ankommen. Das
Wort ἁμαρτίας („vor der Sünde“) ist ein Genitivus
separationis und zeigt an, wovon der Leidende Ruhe hat
bzw. wovon er getrennt ist, nämlich von der Sünde. Indem
Christen bereit sind angefeindet zu werden, wenn sie nicht
an der Sünde teilnehmen, können sie davor Ruhe haben.
Wenn hingegen die Liebe zur Welt im Vordergrund steht, ist
der Sünde Tür und Tor geöffnet und man wird keine Ruhe
davor finden.
4.2 εἰς τὸ μηκέτι um die verbleibende Mit dem finiten Nebensatz gibt Petrus hier an, welches Ziel
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 60
ἀνθρώπων Zeit im Fleisch nicht mit der im Vers davor erwünschten Ausrüstung mit einer
ἐπιθυμίαις, ἀλλὰ mehr für (die) Lüste positiven Haltung zum Leiden, verbunden ist. Die Dative
θελήματι θεοῦ τὸν (der) Menschen, ἐπιθυμίαις („für die Lüste“) und θελήματι („für den Willen“)
ἐπίλοιπον ἐν σαρκὶ sondern für den Willen zeigen das Interesse an, bzw. wofür das Leben geführt bzw.
βιῶσαι χρόνον. Gottes zu leben. nicht mehr geführt wird (Dativus Commodi).
4.3 Ἀρκετὸς γὰρ ἡμῖν Denn die bisherige Zeit Ἀρκετὸς (“ausreichend“, „genug“) bedeutet, dass die
ὁ παρεληλυθὼς (ist) für uns genug, das Christen nicht mehr davon wollen und es ihnen nun reicht,
χρόνος τοῦ βίου τὸ Bestreben der Völker wie sie ihr Leben vor ihrer Bekehrung, d.h. die bisherige Zeit,
θέλημα τῶν ἐθνῶν ausgeführt zu haben, zugebracht hatten. Dieses bestand drin, das zu wollen, was
κατεργάσασθαι, gewandelt in alle anderen Ungläubigen auch wollen und tun. Der Wille
πεπορευμένους ἐν Ausschweifungen, der Nationen wird von Petrus in der stilistischen Form eines
ἀσελγείαις, Lüsten, übermäßigen Merismus, d.h. indem er einzelne Bestandteile davon nennt,
ἐπιθυμίαις, Weingenüssen, plastisch dargestellt. Petrus gebraucht βούλημα
οἰνοφλυγίαις, Vergnügungen, („Bestreben“) und damit nicht θέλημα („Wille“), womit der
κώμοις, πότοις, καὶ Trinkgelagen und Wille in der Ausführung, Absicht und was dieser konkret
ἀθεμίτοις unerlaubten plant, stärker im Vordergrund steht, als nur das reine
εἰδωλολατρείαις· Götzendiensten, willentliche Denken. Polybius, Historiae 29.18 gebraucht das
Wort ἀθέμιτος („unsittlich“, „unerlaubt“, „verboten“): „ Ὁ
δὲ τῶν Μακεδόνων βασιλεύς, ὥς φησι Πολύβιος, τῆς μάχης
ἀρχὴν λαμβανούσης ἀποδειλιάσας εἰς πόλιν ἀφιππάσατο,
σκηψάμενος Ἡρακλεῖ θύειν, δειλὰ παρὰ δειλῶν ἱερὰ μὴ
δεχομένῳ μηδ’ εὐχὰς ἀθεμίτους ἐπιτελοῦντι“. „Der König
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 61
μὴ συντρεχόντων sind, da ihr nicht nämlich dass die Adressaten nicht mehr die genannten
ὑμῶν εἰς τὴν αὐτὴν mitlauft zu demselben Dinge treiben, sondern für den Willen Gottes leben. Der
τῆς ἀσωτίας Ausfluss an Unheil, Genitivus absolutus μὴ συντρεχόντων ὑμῶν („da ihr nicht
ἀνάχυσιν, wobei sie lästern, mitlaufet“) drückt den Grund aus, der die Ungläubigen die
βλασφημοῦντες· Christen als befremden erkennen lässt, da sie früher mit
dabei waren und nun nicht mehr. „Mitlaufen“ bzw. „-
rennen“ zeigt dabei an, welche Eile darin liegt, die
genannten Dinge zu tun, dabei kann an Hetze gedacht
werden, mit denen Ungläubige oft ihre Dinge ausführen, um
nichts zu verpassen. Die Richtung, wohin die Menschen
laufen, wird mit εἰς τὴν αὐτὴν τῆς ἀσωτίας ἀνάχυσιν („zu
demselben Ausfluss an Unheil“) bestimmt. Das Wort
ἀνάχυσις („Überfließen“) ist von ἀναχέω („überfließen“)
abgeleitet, das wiederum verwandt mit dem lat. excedere
ist, von dem das Wort „Exzess“ stammt, sodass man von
„heillosen Exzessen“ reden kann. Vgl. Apollonius Rhodius,
Argonautica 1.1062, der es nicht für Wasser, sondern in
Bezug auf Erde gebraucht: „ἔνθ’ ἔτι νῦν περ ἀγκέχυται τόδε
σῆμα καὶ ὀψιγόνοισιν ἰδέσθαι“. „Dort ist jetzt dieser
Grabhügel aufgehäuft und für die Jüngeren zu sehen“. Philo
gebraucht das Wort in Bezug auf das Überfließen von
Flüssen durch Überflutungen (Leg. 1.34): „ποταμοὺς
ἀναχέων ταῖς πλημμύραις“ bzw. von überfließender Freude
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 63
verurteilt wird.
4.7 Πάντων δὲ τὸ Das Ende aller (Dinge) Die Zeit des Endes nähert sich unaufhaltsam, dies hat zur
τέλος ἤγγικεν· ist nun nahe Folge, dass Gebeten ein hoher Stellewert zukommt, wofür
σωφρονήσατε οὖν gekommen. Seid also Besonnen- und Nüchternheit notwendig ist.
καὶ νήψατε εἰς τὰς besonnen und nüchtern Unbesonnenheit und Unnüchternheit führt dazu, dass
προσευχάς· zu den Gebeten, Gebete keinen hohen Stellenwert haben, etwa indem man
meint, sie brächten ja nichts oder dergleichen unbesonnene
und unnüchterne Gedanken.
4.8 πρὸ πάντων δὲ vor allen (Dingen) aber Wie in 1Korinther 13 zeigt auch Petrus die Liebe als
τὴν εἰς ἑαυτοὺς die Liebe zu einander Schlüssel für Probleme auf, insbesondere, wenn es um
ἀγάπην ἐκτενῆ ausgiebig habend, weil Sünde geht, diese können damit bedeckt werden, d.h. Liebe
ἔχοντες, ὅτι ἀγάπη Liebe eine Menge von rechnet das Böse nicht zu, sondern vergibt und verzeiht.
καλύψει πλῆθος Sünden bedecken wird,
ἁμαρτιῶν·
4.9 φιλόξενοι εἰς zueinander Die genannte Liebe konkretisiert sich in Gemeinschaft,
ἀλλήλους ἄνευ gastfreundlich, ohne sodass Petrus zur Gastfreundschaft aufruft, die nicht mit
γογγυσμῶν· Murren, Murren zu erfolgen hat.
4.10 ἕκαστος καθὼς wie jeder eine Der Apostel setzt voraus, dass jeder Christ eine Gnadengabe
ἔλαβεν χάρισμα, εἰς Gnadengabe empfing, bekommen hat und diese zur Entfaltung kommen muss,
ἑαυτοὺς αὐτὸ (seid) einander damit etwa indem er im Dienst für andere eingesetzt wird. Damit
διακονοῦντες, ὡς dienend, als gute wird die zugeteilte Gnade Gottes gut verwaltet, denn
καλοὶ οἰκονόμοι Verwalter der Christen sind verantwortlich mit dem Anvertrauten gut
ποικίλης χάριτος vielfältigen Gnade umzugehen.
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 66
θεοῦ· Gottes.
4.11 εἴ τις λαλεῖ, ὡς Wenn jemand redet, (so Die Beispiele zeigen, wie die Gnadengabe konkret zur
λόγια θεοῦ· εἴ τις rede er) als Aussprüche Auswirkung kommen kann. Dabei listet Petrus auf, wie man
διακονεῖ, ὡς ἐξ Gottes. Wenn jemand im Reden und in praktischen Dingen Gott verherrlichen
ἰσχύος ὡς χορηγεῖ ὁ dient, (so diene er) aus kann, sodass ihm die Ehre zuteil wird, die er verdient.
θεός· ἵνα ἐν πᾶσιν der Kraft, wie Gott sie
δοξάζηται ὁ θεὸς διὰ bereitstellt, damit in
Ἰησοῦ χριστοῦ, ᾧ allem Gott durch Jesus
ἐστὶν ἡ δόξα καὶ τὸ Christus verherrlicht
κράτος εἰς τοὺς werde, dem die Ehre
αἰῶνας τῶν αἰώνων. und die Macht ist, bis in
Ἀμήν. die Ewigkeiten der
Ewigkeiten. Amen.
4.12 Ἀγαπητοί, μὴ Geliebte, seid nicht Verfolgung ist in der jetzigen Zeit traurige Normalität, die
ξενίζεσθε τῇ ἐν ὑμῖν befremdet durch den nicht zu befremden hat, da Gott das Böse in der Welt noch
πυρώσει πρὸς Brand unter euch, der zulässt, und dieses sich an die richtet, die das Gute wollen
πειρασμὸν ὑμῖν euch zur Erprobung und tun. Damit erprobt Gott auch gleichzeitig den Glauben
γινομένῃ, ὡς ξένου geschieht, als ob euch auf Echtheit. Die Phrase πρὸς πειρασμὸν (“zur Erprobung“)
ὑμῖν συμβαίνοντος· (etwas) Fremdes zeigt die Absicht Gottes hinter der Verfolgung, die als
begegnen würde, πύρωσις („Brand“) bildhaft ausgedrückt wird, dabei stellt
der Dativ πυρώσει den Grund oder die Ursache einer
möglichen Befremdung dar.
4.13 ἀλλὰ καθὸ sondern, insofern ihr Christen haben aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu Christus
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 67
κοινωνεῖτε τοῖς τοῦ Anteil an den Leiden auch Anteil an den Leiden, die in höherem Maße der Herr
χριστοῦ παθήμασιν, Christi habt, freut euch, aufgrund seiner Gerechtigkeit zu erdulden hatte. Dieser
χαίρετε, ἵνα καὶ ἐν τῇ dass bei der erduldete sie im Hinblick auf die künftigen Resultate und
ἀποκαλύψει τῆς Offenbarung seiner auch die Adressaten haben Grund zur Freude, wenn die
δόξης αὐτοῦ χαρῆτε Herrlichkeit ihr euch Leiden beendet sein werden, wenn der Herr in Herrlichkeit
ἀγαλλιώμενοι. jubelnd freut. erscheinen wird. Zum Adverb καθὸ vgl. Herodorus,
Fragmenta 48.4: „Ἡρόδωρος οὖν φησὶν ἑῷον τὸν Ἀπόλλωνα
προσαγορεύεσθαι, καὶ βωμὸν αὐτοῦ εἶναι ἐν τῇ νήσῳ, οὐ
καθὸ ὄρθρῳ ἐπεφάνη αὐτοῖς, ἀλλὰ καθὸ οἱ Ἀργοναῦται
ὄρθρου εἰς αὐτὴν κατέπλευσαν“. „Herodorus sagt nun, dass
Apollos am Morgen angerufen wird und sein Altar auf der
Insel ist, nicht da er ihnen früh erschienen ist, sondern da
die Argonauten früh zu ihr hinuntergesegelt sind“. Damit
könnten die Leiden der Christen den Grund angeben, wieso
sie sich später freuen können. Vgl. Philo, Leg. 3.73: “ὁρᾷς ὅτι
τὸν Εἲρ ἀποκτείνει οὐχ ὁ κύριος, ἀλλ᾽ ὁ θεός· οὐ γάρ, καθὸ
ἄρχει καὶ ἡγεμονεύει δυναστείᾳ κράτους αὐτεξουσίῳ
χρώμενος, ἀναιρεῖ τὸ σῶμα, ἀλλὰ καθὸ ἀγαθότητι καὶ
χρηστότητι χρῆται ὁ θεὸς γὰρ ἀγαθότητός ἐστι τοῦ αἰτίου
ὄνομα“. „Du siehst, dass nicht der Herr den Eir tötet,
sondern von Gott. Denn er tötet den Körper nicht
entsprechend der absoluten und eigenmächtigen Kraft, die
er besitzt und durch die er das Universum regiert, sondern
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 68
δὲ ὑμᾶς δοξάζεται.
4.15 Μὴ γάρ τις Denn es soll nicht Das letzte Wort ἀλλοτριοεπίσκοπος („Schnüffler“) wird aus
ὑμῶν πασχέτω ὡς jemand von euch leiden ἀλλότριος („fremd“, „nicht das eigene“) und ἐπίσκοπος
φονεύς, ἢ κλέπτης, ἢ als Mörder oder Dieb („Aufseher“) und kommt allein bei Petrus als Neuschöpfung
κακοποιός, ἢ ὡς oder Übeltäter oder als vor (ein sog. Hapax Legomenon), d.h. jemand, der sich um
ἀλλοτριοεπίσκοπος· Schnüffler. Dinge kümmert, die nicht die eigenen, sondern die anderer
sind, bzw. jemand, der in fremde Sache eindringen will.
Danach wird es von Pseudo-Dionysius Aeropagita in Epistula
8.1,104 aufgegriffen: „Ἀλλ’ ἐκκήρυκτος τῇ θεολογίᾳ πᾶς
ἀλλοτριεπίσκοπος“. „Aber jeder Eindringling wird aufgrund
der Theologie exkommuniziert“.
4.16 εἰ δὲ ὡς Wenn aber als Christ, Polybius, Historiae 3.19,9 gibt einen Hinweis darauf, wie ἐν
Χριστιανός, μὴ schäme er sich nicht, τῷ μέρει τούτῳ („in diesem Bereich“) verstanden werden
αἰσχυνέσθω, sondern verherrliche kann: „καὶ διεκομίσθη παραδόξως πρὸς τὸν βασιλέα
δοξαζέτω δὲ τὸν Gott in diesem Bereich, Φίλιππον, παρ’ ᾧ τὸ λοιπὸν διέτριβε τοῦ βίου μέρος“. „Und
θεὸν ἐν τῷ μέρει erstaunlicherweise setzte er über zu König Philippus, bei
τούτῳ. dem er den restlichen Abschnitt des Lebens verbrachte“.
Chronologisch und synchron hat das Leben also mehrere
Bereiche und Abschnitte. Wenn Christen in einem
Lebensbereich mit Verfolgung zu tun haben, ist dieser zur
Verherrlichung Gottes. Noch deutlicher erscheint eine
weitere Stelle bei Polybius (12.25h,5), wo er verschiedene
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 70
θεοῦ, ἐπισκοποῦντες Zwang auf sie beschreiben, wobei er zunächst die negative Seite verneint,
μὴ ἀναγκαστῶς, ἀλλ᾽ schauend, sondern um dann die positive vorzustellen. Die beiden Adverbien, die
ἑκουσίως· μηδὲ freiwillig, auch nicht angeben, wie das Hüten der Herde geschehen soll gebraucht
αἰσχροκερδῶς, ἀλλὰ geldgierig, sondern auch Cyrillus Hierosolymitanus, Catecheses ad illuminandos
προθύμως· bereitwillig, 1-18, Catechesis 13 6.26, wenn er vom Tod des Herrn Jesus
schreibt: „οὐκ ἀναγκαστῶς ἀφῆκε τὴν ζωήν, οὐδὲ
βιοσφαγῶς ἀνῃρέθη, ἀλλ’ ἑκουσίως“. „Er gab das Leben
nicht aus Zwang, auch wurde es nicht durch gewaltsames
Abschlachten genommen, sondern freiwillig“. Es geht also
nicht darum, dass ältere Brüder zu Diensten genötigt
werden können, sondern diese aus freien Stücken selbst
tun. Auch kann es keine bezahlten Dienste geben, außer
natürlich die Erstattung von Spesen und dem Aufwand etc.,
da es nicht um Geld geht, sondern um den eigenen Wunsch
dem Herrn Jesus zu dienen.
5.3 μηδ᾽ ὡς auch nicht als das An das Prädikat κατακυριεύω („beherrschen“), das von κατά
κατακυριεύοντες Zugeteilte („von herab“) und κυριεύω („Herr sein“) abgeleitet ist, also
τῶν κλήρων ἀλλὰ beherrschend, sondern „von oben über etwas herrschen“ bzw. „Herr über etwas
τύποι γινόμενοι τοῦ Vorbilder der Herde sein“ bedeutet, ist mit τῶν κλήρων („über das Zugeteilte“)
ποιμνίου· werdend. ein Genitivobjekt angeschlossen. D.h. welche Größe nicht
dominiert bzw. beherrscht oder unterdrückt werden soll.
Der Plural dieses Wortes scheint sich in der Literatur nie auf
Menschen zu beziehen, vielmehr auf Erbteile, hier wohl im
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 73
geistlichen Bereich.
5.4 Καὶ Und wenn der Wenn diese Bedingungen für den Dienst erfüllt sind, kann
φανερωθέντος τοῦ Oberhirte offenbar Petrus die Belohnung dafür in Aussicht stellen. Polybius,
ἀρχιποίμενος, wurde, werdet ihr den Historiae 23.1,7, der von einer Klage gegen Philipp berichtet,
κομιεῖσθε τὸν unverwelklichen wozu in Rom einige Ankläger und Verteidiger vor dem Senat
ἀμαράντινον τῆς Siegeskranz der erschienen: „πρῶτον μὲν οὖν ἡ σύγκλητος εἰσεκαλέσατο
δόξης στέφανον. Herrlichkeit τὸν Ἀθήναιον καὶ δεξαμένη τὸν στέφανον, ὃν ἐκόμιζεν ἀπὸ
davontragen. μυρίων καὶ πεντακισχιλίων χρυσῶν“. „Zuerst nun rief der
Senat Athenaios herein und nahm den Kranz entgegen, den
im Wert von 15 000 Goldstücken überbrachte“. Das
bedeutet also, dass mit dem Wort im Aktiv ausgedrückt
werden kann, dass jemand in den Besitz einer Sache kommt.
Die Verwendung bei Petrus gebraucht die Medium-Form.
Diese bedeutet, dass man selbst in den Besitz kommt und
diesen behalten kann. Das Adjektiv ἀμαράντινος
(“unverwelklich“) ist von der Pflanze Amaranth abgeleitet,
die als schwer verwelklich galt. Das Wort wird in der
Literatur eher für pflanzliche Dinge wie Blumen gebraucht.
Vgl. eine analoge Verwendung bei
Flavius Philostratus, Heroicus 53.9,6: „ὅθεν καὶ στεφάνους
ἀμαραντίνους ἐς τὰ κήδη πρῶτοι Θετταλοὶ ἐνόμισαν, ἵνα,
κἂν ἄνεμοι τὴν ναῦν ἀπολάβωσι, μὴ σαπροὺς ἐπιφέρωσι
μηδὲ ἐξώρους“. „Daher haben die Thessalier für die
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5.6 Ταπεινώθητε οὖν Erniedrigt euch also Die gegenseitige Unterordnung korrespondiert auch mit der
ὑπὸ τὴν κραταιὰν unter die starke Hand unter die Hand Gottes. Die Aussage von Petrus ist ein
χεῖρα τοῦ θεοῦ, ἵνα Gottes, damit er euch Anklang an Sprüche 18.12: „πρὸ συντριβῆς ὑψοῦται καρδία
ὑμᾶς ὑψώσῃ ἐν erhöhe zur (rechten) ἀνδρός καὶ πρὸ δόξης ταπεινοῦται”. „Vor dem Sturz erhöht
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 75
καιρῷ, Zeit, sich das Herz des Mannes, und vor der Ehre wird es
erniedrigt“.
5.7 πᾶσαν τὴν eure ganze Sorge auf Die Aussage ist vorzeitig, d.h. erst sind alle Sorgen auf den
μέριμναν ὑμῶν ihn aufgeworfen Herrn zu übertragen, wie wenn man sie schnell wegwerfen
ἐπιρρίψαντες ἐπ᾽ habend, weil ihm an wollte, danach davon frei, kann man die Dinge im Vers
αὐτόν, ὅτι αὐτῷ euch gelegen ist. davor verwirklichen und sich Gott unterwerfen.
μέλει περὶ ὑμῶν.
5.8 Νήψατε, Seid nüchtern! Wacht! Petrus führt wohl hier den Widersacher an, da er besonders
γρηγορήσατε· ὁ Euer Widersacher, der aktiv ist, wenn sich Menschen Gott anvertrauen und sich
ἀντίδικος ὑμῶν Teufel, geht wie ein dem Schöpfer unterstellen. Im Wort καταπίνω
διάβολος, ὡς λέων brüllender Löwe umher, (“verschlingen”) ist nicht notwendigerweise impliziert,
ὠρυόμενος, suchend, wen er obwohl die Simplex-Form πίνω („trinken“) ausmacht, dass
περιπατεῖ ζητῶν τίνα verschlänge. es nur um Flüssigkeiten geht, im Fall von Petrus ja um
καταπίῃ· Personen und weniger um Flüssigkeiten. Vgl. Philo, Quis
rerum divinarum heres sit, 41.2: “ἐν τῷ ἀνακύπτειν οὐκ ἔστι
τὸ κύπτειν οὐδ᾽ ἐν τῷ καταπίνειν ἦν πάντως τὸ πίνειν“. „In
„aufrichten“ ist nicht „beugen“ enthalten, auch war
überhaupt nicht „trinken“ in „verschlingen““.
5.9 ᾧ ἀντίστητε Ihm widersteht Dem Widersacher ist zu widerstehen und das nicht
στερεοὶ τῇ πίστει, standhaft im Glauben, wankelmütig, sondern mit Entschlossenheit. Der Teufel
εἰδότες τὰ αὐτὰ τῶν wissend, dass sich das operiert mit Leiden, die er durch die Seinen gegen die
παθημάτων τῇ ἐν Gleiche an Leiden an Christen heranträgt. Das ist kein Grund, das Leben als Christ
κόσμῳ ὑμῶν eurer Brüderschaft in einzuschränken, sondern unbeeindruckt seinen Weg zu
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 76
ἀδελφότητι der Welt vollzieht. gehen, da, und dies ist zum Trost geschrieben, sich das selbe
ἐπιτελεῖσθαι. andern Christen gegenüber auch zeigt, da Satan überall der
Gleiche ist, sind auch überall Christen Zielscheibe der
Leiden. Zum Ausdruck „das gleiche an Leiden“ vgl. Joannes
Philoponus, In libros de generatione animalium
commentaria 14,3.173: „λέγει δὲ τὰ αὐτὰ τῶν ζῴων εἶναι
ἄρρενα καὶ θήλεα“. „Man sagt aber, dass dieselben Tiere
männlich und weiblich sind“. D.h. ein Kennzeichen (hier:
Tiere) zeigen verschiedene Träger. So ist es bei Petrus auch:
Ein und dieselben Leiden haben nicht nur die Adressaten,
sondern auch alle anderen Christen zu erleiden. Das Verb
ἐπιτελέω („vollziehen“, „stattfinden“, „ausführen“) hat ein
breites Bedeutungsspektrum, vgl. Polybius, Historiae
15.22,1: „Ὁ δὲ Φίλιππος κύριος γενόμενος τῆς πόλεως
περιχαρὴς ἦν, ὡς καλήν τινα καὶ σεμνὴν πρᾶξιν
ἐπιτετελεσμένος καὶ βεβοηθηκὼς μὲν προθύμως τῷ
κηδεστῇ, καταπεπληγμένος δὲ πάντας τοὺς ἀλλοτριάζοντας,
σωμάτων δὲ καὶ χρημάτων εὐπορίαν ἐκ τοῦ δικαίου
περιπεποιημένος“. „Nachdem Philipp Herr der Stadt
geworden war, war er hocherfreut in dem Gedanken, dass
er eine schöne und herrliche Tat ausgeführt, seinem
Schwager bereitwillig Beistand geleistet, allen feindlich
Gesinnten Schrecken eingejagt und sich eine Menge von
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5.10 Ὁ δὲ θεὸς Der Gott jeder Gnade Petrus setzt das Motiv der Leiden fort und führt an, dass
πάσης χάριτος, ὁ nun, der euch gerufen dies nicht das Ende ist, sondern dies zur Vervollkommnung,
καλέσας ὑμᾶς εἰς τὴν hat in seine ewige Festigung, Stärkung und Gründung führt. Am Ende dessen
αἰώνιον αὐτοῦ δόξαν Herrlichkeit in Christus steht die ewige Herrlichkeit. Im Vergleich zur Ewigkeit ist die
ἐν χριστῷ Ἰησοῦ, Jesus, er wird euch, Zeit der Leiden auf der Erde kurz.
ὀλίγον παθόντας nachdem ihr kurz
αὐτὸς καταρτίσαι gelitten habt,
ὑμᾶς, στηρίξει, vervollkommnen,
σθενώσει, befestigen, stärken,
θεμελιώσει. gründen.
5.11 Αὐτῷ ἡ δόξα καὶ Ihm (sei) die Petrus schließt diesen Teil des Briefes mit einem Lobpreis
τὸ κράτος εἰς τοὺς Herrlichkeit und die Gottes, wobei er das Motiv der Ewigkeit im Vers davor
αἰῶνας τῶν αἰώνων. Macht von Ewigkeit zu aufgreift und es mit der Herrlichkeit und Macht Gottes in
Ἀμήν. Ewigkeit. Amen. Verbindung bringt, die nie aufhören wird.
5.12 Διὰ Σιλουανοῦ Durch Silvanus, den Petrus hatte einen Sekretär, einen Christen namens
ὑμῖν τοῦ πιστοῦ treuen Bruder, habe ich Silvanus, durch den er den Brief verfasste. Dabei stellt
ἀδελφοῦ, ὡς euch, wie ich meine, in Petrus die Absicht des Briefes klar, nämlich, um dass die
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λογίζομαι, δι᾽ ὀλίγων Kürze geschrieben, euch Verfolgungen nicht bedeuten, dass die Gnade Gottes nicht
ἔγραψα, παρακαλῶν ermunternd und vorhanden wäre, sondern diese Zeichen der Gnade sind, die
καὶ ἐπιμαρτυρῶν bezeugend, dass dies die Adressaten erfahren haben.
ταύτην εἶναι ἀληθῆ die wahre Gnade Gottes
χάριν τοῦ θεοῦ εἰς ist, in der ihr steht.
ἣν ἑστήκατε.
5.13 Ἀσπάζεται ὑμᾶς Es grüßt euch die Eine mögliche Deutung der Erwähnung von Babylon ist, dass
ἡ ἐν Βαβυλῶνι Miterwählte in Babylon die konkrete Stadt gemeint ist. Babylon im heutigen Irak
συνεκλεκτή, καὶ und Markus, mein existierte damals und hatte eventuell auch einen jüdischen
Μάρκος ὁ υἱός μου. Sohn. Bevölkerungsanteil, in dem Petrus demnach tätig war.
Babylon ist dann kein verschlüsselter Codename oder eine
Metapher für Rom, da es keinen Grund dafür gäbe und auch
Paulus schreibt „Rom“, wenn er „Rom“ meint. Erst in der
Offenbarung Kapitel 17 und 18 wird Rom als die große Hure
Babylon bezeichnet, obwohl dies auch mit der Stelle hier
korrespondieren könnte. Dies aber im Hinblick auf seine
Endgestalt, bevor es ewig von Gott gerichtet wird.
Möglicherweise meint er die örtliche Versammlung dort,
oder auch seine Frau, die er ja aufgrund der Aussagen
anderer Bibelstellen hatte. Andererseits gibt es Zitate von
Clemens von Rom, der mit dem Apostel Kontakt hatte und
der schreibt (Fragmenta 9.16): „τὴν πόλιν τροπικώτερον
Βαβυλῶνα προσειπόντα διὰ τούτων“. „Die Stadt (Anm.:
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