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Der Erste Petrusbrief Text Und Ubersetzung Mit Kommentar. Peter Sreitenberger.

Wie bisher versucht, liefert die Arbeit nach einer kurzen Einführung eine dreiteilige Übersicht über den griechischen Text, eine Übersetzung davon und einem Kommentar zur Grammatik bzw. Semantik, Syntax und auch zur Analyse diskursiver Elemente. Dabei wurden Parallelen aus der griechischen Literatur vom Autor als Hilfe für den Leser jeweils ins Deutsche übersetzt.

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Mauri Furlan
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Der Erste Petrusbrief Text Und Ubersetzung Mit Kommentar. Peter Sreitenberger.

Wie bisher versucht, liefert die Arbeit nach einer kurzen Einführung eine dreiteilige Übersicht über den griechischen Text, eine Übersetzung davon und einem Kommentar zur Grammatik bzw. Semantik, Syntax und auch zur Analyse diskursiver Elemente. Dabei wurden Parallelen aus der griechischen Literatur vom Autor als Hilfe für den Leser jeweils ins Deutsche übersetzt.

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Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 1

Der erste
Petrusbrief

Text und
Übersetzung
mit Kommentar

Peter Streitenberger
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 2
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 3

Impressum
Die Arbeit ist frei verfügbar und kann kostenlos genutzt und kopiert
werden. Sie darf nicht verkauft werden. Wenn diese weitergereicht wird
oder Passagen zitiert werden, ist ein Hinweis auf die Quelle notwendig,
Änderungen des Wortlauts etc. sind nicht zulässig.

Anmerkungen, Lob, Tadel, Verbesserungen aller Art bitte an:


[email protected]

Unterstützung:
Kontoinhaber: Peter Streitenberger, DE46721608180008221057,
Volksbank Eichtstätt.
Paypal: [email protected].

Coverbild: Handschrift Nr. 367, The Biblioteca Medicea Laurenziana, ms.


Conv. Soppr. 53, f. 1r, Reproduced with permission of MiBACT. Further
reproduction by any means is prohibited. Foto online unter:
http://www.csntm.org/

Ingolstadt, 21.06. 2019

M.A. phil. (Univ.) Peter M. Streitenberger


Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 4

Inhalt

Impressum.......................................................... 3

Einleitung ........................................................... 5

Autor, Empfänger und Inhalt des Briefes........... 6

Griechischer Text, Übersetzung und Kommentar


............................................................................ 7
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 5

Einleitung
Wie bisher versucht, liefert die Arbeit nach einer kurzen Einführung eine
dreiteilige Übersicht über den griechischen Text, eine Übersetzung
davon und einem Kommentar zur Grammatik bzw. Semantik, Syntax und
auch zur Analyse diskursiver Elemente. Dabei wurden Parallelen aus der
griechischen Literatur vom Autor als Hilfe für den Leser jeweils ins
Deutsche übersetzt.

Wenn außerbiblische Texte zitiert werden, dann nur aufgrund deren


grammatischer oder semantischer Bedeutung, nicht immer nur aufgrund
inhaltlicher Übereinstimmung mit den Autoren. Die Arbeit wurde im
Anbetracht der Verantwortung vor Gott, der sich auch der Autor
bewusst ist, erstellt. Dies bedeutet leider jedoch gar nicht, dass nicht
auch Fehler enthalten sein könnte. Diese gehen zu meinen Lasten und
ein Hinweis wäre wünschenswert. Ich bedanke mich für die Hilfe und
kritischen Kommentare von Simone und Andreas. Eine Begründung,
warum als Textgrundlage kein anderer Text als Robinson-Pierpont 2018
verwendet wurde, geschieht an dieser Stelle nicht. Mehr dazu ist über
die o.g. Internetplattform aufzurufen.
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 6

Autor, Empfänger und Inhalt des


Briefes
Der Autor, der Apostel Petrus, nennt sich eingangs mit Namen und somit
ist die Verfasserschaft für diejenigen, die an die Inspiration der Schrift
glauben erledigt. Jedoch gibt es zahlreiche andere Belege, dass die
Petrusbriefe von niemand anderem als Petrus geschrieben wurden, etwa
wenn er biographische Elemente beschreibt, z.B. seine Begegnung mit
dem Herrn Jesus am Berg der Verklärung. Im zweiten Petrusbrief nennt
er sogar den Namen, den er vor seiner Berufung hatte, nämlich Simon,
das dem hebräischen ‫„( ִׁש ְמעֹון‬Erhöhrung“) entspricht. Mit Petrus nennt
er im ersten Brief den Namen, der ihm vom Herrn Jesus selbst gegeben
wurde. In Johannes 1.42 sagt der Herr, dass der Apostel Κηφᾶς (‫)כֵיפָ א‬,
d.h. auf Griechisch Πέτρος heißen soll, womit ein Teil eines Felsens
bezeichnet wird, also ein Felsbrocken oder Stein. Darauf geht der Autor
auch in seinem Brief ein, wenn er die Versammlung mit einem Bau
vergleicht, der mit lebendigen Steinen errichtet wird, denn selbst ist
einer dieser Steine. Dies entspricht der Begebenheit in Cäsarea, die
Matthäus in Kapitel 16 berichtet, als der Apostel Christus als den Sohn
der lebendigen Gottes erkennt und darauf die Antwort erhält, dass auf
der Grundlage dieses Bekenntnisses die Versammlung auf den Felsen,
der niemand anders als Christus selbst ist, gebaut wird. Dabei werden
die Begriffe „Fels“ und „Stein“ auseinandergehalten, wobei Petrus dem
Stein, Christus hingegen dem Felsen entspricht.

Die Petrusbriefe sind selbstverständlich noch vor dem Tod des Apostels
geschrieben worden, von dem Clemens Romanus sagt (Epistula I ad
Corinthios 5,4: „Διὰ ζῆλον καὶ φθόνον οἱ μέγιστοι καὶ δικαιότατοι
στῦλοι ἐδιώχθησαν καὶ ἕως θανάτου ἤθλησαν. Λάβωμεν πρὸ ὀφθαλμῶν
ἡμῶν τοὺς ἀγαθοὺς ἀποστόλους· Πέτρον, ὃς διὰ ζῆλον ἄδικον
οὐχ ἕνα οὐδὲ δύο, ἀλλὰ πλείονας ὑπήνεγκεν πόνους καὶ οὕτω
μαρτυρήσας ἐπορεύθη εἰς τὸν ὀφειλόμενον τόπον τῆς δόξης“. „Aus
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 7

Eifer und Arglist wurden die größten und gerechtesten Pfeiler verfolgt
und kämpften bis zum Tod. Stellen wir die guten Apostel vor unsere
Augen: Petrus, der wegen ungerechten Eifers nicht eine oder zwei,
sondern mehrfache Mühsale ertrug und, nachdem er so den Zeugentod
erlitt, an den gebührenden Ort der Herrlichkeit ging“. Da Clemens um
das Jahr 100 nach Christus starb, seine Briefe noch einige Zeit davor
entstanden und diese den Tod des Petrus ansprechen, der nach dem
ersten Brief ja stattfand, bringt uns allein dieser Sachverhalt auf eine
Datierung um viele Jahre vor der Jahrhundertwende.

Wie im Brief selbst zu lesen ist, sind die Empfänger verfolgte Christen, in
den genannten Regionen, die aufgrund der Verfolgung Trost bedürfen.

Griechischer Text, Übersetzung und


Kommentar
In der linken Spalte ist im Folgenden Teil der griechische Text nach
Robinson-Pierpont abgedruckt, gefolgt von einer deutschen Übersetzung
in der Mitte und einem Kommentar zu verschiedenen Aspekten des
griechischen Textes rechts. Im Griechischen nicht vorhandene Elemente,
die aber zur Grammatikalität im Deutschen notwendig sind, erscheinen
dabei in runden Klammern. Alle griechischen Texte, die zu den Versen als
Kommentar herangezogen wurden, sind vom Autor auch auf Deutsch
übersetzt.
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 8

1.1 Πέτρος, Petrus, Apostel Jesu Wie gewöhnlich nennt sich der Absender und spricht die
ἀπόστολος Ἰησοῦ Christi, (an die) Adressaten im Dativ an, der aufgrund der Ausdehnung bis
χριστοῦ, ἐκλεκτοῖς auserwählten Fremden Vers 2 geht. Zum Wort παρεπίδημος („Reisender“,
παρεπιδήμοις in der Zerstreuung von „Besucher“, „Durchreisende“, „Fremdling“, „Auswärtiger“)
διασπορᾶς Πόντου, Pontus, Galatien, vgl. Polybius, Historiae 32.6: „ἐν ᾧ καιρῷ κάλλιστον μὲν
Γαλατίας, Kappadozien, Asien und ἐγένετο δεῖγμα τῆς Ῥωμαίων αἱρέσεως, κάλλιστον δὲ θέαμα
Καππαδοκίας, Ἀσίας, Bithynien - πᾶσι τοῖς Ἕλλησι τοῖς παρεπιδήμοις, μάλιστα δὲ τοῖς
καὶ Βιθυνίας, ἀνακεκλημένοις“. „Zu der Zeit geschah nun ein schönes
Beispiel des römischen Brauches, ein schönes Schauspiel für
alle Griechen, die Fremde waren, besonders aber für die
Zurückgerufenen“. Vgl. auch Didymus Caecus, Commentarii
Psalmos 35-39, 280.23, der eine interessante Erklärung dazu
liefert: „οὐδεὶς ἐκείνων κάτοικος, οὐδεὶς ἔνδημός ἐστιν,
ἀλλὰ παρεπίδημος. ἄλλοθεν ἐλήλυθεν εἰς τὸν τόπον
τοῦτον, οὐχ ὧδε γεγέννηται“. „Keiner von ihnen ist Bürger,
keiner ist einheimisch, sondern (sie sind) fremd. Er kam von
woanders her an diesen Ort, ist dort nicht geboren“.
Gläubige in der Gnadenzeit haben nach ihrem Tod die
Verheißung, beim Herrn in der himmlischen Heimat zu sein.
Aber auf der Erde sind sie nur kurz Gäste und Fremde. Die
im Genitiv angeschlossenen Ortsbezeichnungen der
Provinzen und Landschaften (Pontus etc.) kennzeichnen die
Herkunft der Adressaten (Genitivus locativus), d.h. wo sie
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 9

wohnen bzw. woher sie sind, sonst oft mit ἀπὸ („von“) oder
ἐκ („aus“) expliziert. Da Petrus auf die Frage „wo“ die
Präposition ἐν („in“) benutzt (1Petrus 2.6; 5.13) erscheint
hier „von“ geeigneter. Die zweite Kennzeichnung erscheint
als Einschub, da im nächsten Vers auf ἐκλεκτοῖς („den
Auserwählten“) auch syntaktisch Bezug genommen wird.
1.2 κατὰ πρόγνωσιν nach Vorwissen Gottes, Mit Vers 2 setzt Petrus den Dativ fort, also die nähere
θεοῦ πατρός, ἐν des Vaters, durch (die) Beschreibung der Adressaten, worauf sich der übliche Gruß
ἁγιασμῷ πνεύματος, Heiligung des Geistes, anschließt, der mit einem Prädikat im Optativ πληθυνθείη
εἰς ὑπακοὴν καὶ zum Gehorsam und („er möge mehr werden“) realisiert ist. Der Gedanke der
ῥαντισμὸν αἵματος (der) Besprengung (mit Erwählung setzt sich hier fort und er basiert auf der
Ἰησοῦ χριστοῦ· χάρις dem) Blut Jesu Christi. Vorkenntnis Gottes darüber, wer das Heil annimmt. Daran
ὑμῖν καὶ εἰρήνη Gnade (sei) euch und setzen sich die weiteren Kennzeichen an: Der Ausdruck
πληθυνθείη. Friede möge mehr ἁγιασμῷ πνεύματος („Heiligung des Geistes“) gibt einen
werden! Genitivus subjectivus an, d.h. der Geist heiligt die Christen.
In der griechischen Bibel kommt „Besprengung“ sonst nicht
wie hier mit einem Genitivobjekt vor. Der Genitiv objectivus
αἵματος („mit dem Blut“) stellt den Gegenstand der
Besprengung dar, also das Blut Jesu Christi. Vgl. zur Syntax,
nämlich, wie das Personalpronomen platziert ist, Cassius
Dio, Historiae Romanae 70.1,3, als er über Antonius
berichtet, der von seinem Vorgänger, dem Kaiser Hadrian,
redet: „οὐδὲ ἐγὼ ἄρα ὑμῶν ἄρξω, εἴγε ἐκεῖνος καὶ κακὸς
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 10

καὶ ἐχθρὸς ὑμῖν καὶ πολέμιος ἐγένετο“. „Auch kann ich also
nicht über euch regieren, wenn jener wirklich sowohl böse
als auch für euch feindlich und kriegerisch gewesen ist“.
Aufgrund der Nachstellung von ὑμῖν („euch“) scheint bei
Petrus zunächst ein Nominalsatz gedacht zu sein („Gnade
(sei) euch“), dem ein mit καὶ („und“) angeschlossener
weiterer Satz mit πληθυνθείη („er möge mehr werden bzw.
zunehmen“) folgt. Weniger wahrscheinlich wäre ein einziger
Satz „Gnade und Friede möge euch mehr werden“, da das
Pronomen nicht nur den ersten Teil modifizieren würde und
entsprechend weiter hinten im Satz stünde, zudem stammt
der Ausdruck wohl von Daniel 3.31: „εἰρήνη ὑμῖν
πληθυνθείη“. „Friede möge euch mehr werden!“, d.h. das
Pronomen steht hinter dem Ausdruck, den es modifiziert.
Theodoret, Interpretatio in Danielem 81.408, 48
interpretiert die Aussage so: “Εἰρήνη ὑμῖν πληθυνθείη·»
τουτέστι, Γένοιτο ὑμᾶς διαπαντὸς εἰρήνης ἀπολαύειν“.
„Friede möge euch mehr werden heißt: Es möge geschehen,
dass ihr in jeder Hinsicht Frieden genießt“. Bis auf den Bezug
von „ihr“ kann diese Erklärung für diesen Vers
aufschlussreich sein, da das Pronomen im Fall hier hinter
„Gnade“ und nicht hinter „Friede“ angeordnet ist, sodass
davon nur der Erste Ausdruck modifiziert zu sein scheint.
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 11

1.3 Εὐλογητὸς ὁ θεὸς Gelobt (sei) der Gott Nach der Anrede setzt der Apostel mit einem Lobpreis
καὶ πατὴρ τοῦ und Vater unseres Gottes fort. Der Artikel ὁ („der“) bezieht sich auf Gott, den
κυρίου ἡμῶν Ἰησοῦ Herrn Jesus Christus, Vater, da im Relativsatz Christus als von ihm unterschieden
χριστοῦ, ὁ κατὰ τὸ der nach seiner großen erwähnt wird. Zum Prädikat ἀναγεννάω („erneut zeugen“)
πολὺ αὐτοῦ ἔλεος Barmherzigkeit uns vgl. Flavius Josephus, De bello Judaico 4.484, der über die
ἀναγεννήσας ἡμᾶς erneut gezeugt hat zu Zustände nach der Zerstörung von Sodom und den
εἰς ἐλπίδα ζῶσαν δι᾽ einer lebendigen umliegenden Städten berichtet und wie in seinen Tagen die
ἀναστάσεως Ἰησοῦ Hoffnung durch die Tatsachen das Gericht beweisen: „φασὶ δὲ ὡς δι᾽ ἀσέβειαν
χριστοῦ ἐκ νεκρῶν, Auferstehung Jesu οἰκητόρων κεραυνοῖς καταφλεγῆναι ἔστι γοῦν ἔτι λείψανα
Christi von (den) Toten, τοῦ θείου πυρός καὶ πέντε μὲν πόλεων ἰδεῖν σκιάς ἔτι δὲ
κἀν τοῖς καρποῖς σποδιὰν ἀναγεννωμένην οἳ χροιὰν μὲν
ἔχουσι τῶν ἐδωδίμων ὁμοίαν δρεψαμένων δὲ χερσὶν εἰς
καπνὸν διαλύονται καὶ τέφραν“. „Man sagt, es soll wegen
der Gottlosigkeit der Bewohner durch Blitzeinschläge
niedergebrannt worden sein. Es gibt noch heute Überreste
des göttlichen Feuers und Schatten von fünf Städten sind
einerseits zu sehen, auch erzeugt sich andererseits stets
erneut Asche in Früchten, die äußerlich essbaren ähneln,
aber wenn man sie mit der Hand pflückt, so lösen sie sich in
Staub und Asche auf“. Die Stelle bei Josephus ist eine der
wenigen Parallelen dazu und zeigt erneutes Entstehen von
Asche in Blumenform in der Gegend von Sodom. Die
erneute Zeugung bezieht sich wohl in Anspielung auf die
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 12

erste und natürliche Zeugung, auf die die durch Gott zu


erfolgen hat, wenn eine Person an Christus glaubt, sodass
dann neues und ewiges Leben hervorkommt, wie auch bei
der natürlichen Zeugung Leben entsteht.
1.4 εἰς κληρονομίαν zu einem Das Partizip Perfekt τετηρημένην („aufbewahrt“) zeigt, dass
ἄφθαρτον καὶ unverweslichen und das Erbteil bereits vorhanden ist und den Gläubigen
ἀμίαντον καὶ unbefleckten und zugeteilt wurde und dies so bleibt, bis sie das Erbe antreten
ἀμάραντον, unverwelklichen Erbteil, werden.
τετηρημένην ἐν das in (den) Himmeln
οὐρανοῖς εἰς ὑμᾶς, für euch aufbewahrt ist,
1.5 τοὺς ἐν δυνάμει die ihr in der Kraft Die Adressaten werden nun mittels einer Apposition näher
θεοῦ Gottes bewahrt werdet beschrieben. Das Partizip φρουρουμένους („ihr werdet
φρουρουμένους διὰ durch Glauben zum bewacht/bewahrt“) zeigt den Schutz durch Gottes Kraft vor
πίστεως εἰς Heil, (das) bereit (ist), Schaden und Angriffe von innen und außen, d.h. vor Abfall
σωτηρίαν ἑτοίμην um in der letzten Zeit und Feinden bzw. Versuchungen. Vgl. zu dem Verb und der
ἀποκαλυφθῆναι ἐν offenbart zu werden, Präposition διὰ („durch“) Polybius, Bibliotheka historica
καιρῷ ἐσχάτῳ. 18.75,1: „Μετὰ δὲ ταῦτα Νικάνορος καταπλεύσαντος εἰς
τὸν Πειραιᾶ κεκοσμημένῳ τῷ στόλῳ τοῖς ἀπὸ τῆς νίκης
ἀκροστολίοις τὸ μὲν πρῶτον ἀποδοχῆς αὐτὸν ἠξίωσε
μεγάλης ὁ Κάσανδρος διὰ τὰς εὐημερίας, μετὰ δὲ ταῦτα
ὁρῶν αὐτὸν ὄγκου πλήρη καὶ πεφρονηματισμένον, ἔτι δὲ
τὴν Μουνυχίαν διὰ τῶν ἑαυτοῦ στρατιωτῶν φρουροῦντα,
κρίνας αὐτὸν ἀλλότρια φρονεῖν ἐδολοφόνησεν“. „Danach
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 13

segelte Nicanor nun mit seiner Flotte, die mit den Schnäbeln
der bei seinem Sieg erbeuteten Schiffe geschmückt war, in
den Piräus. Zuerst betrachtete ihn Cassander wegen seines
Erfolgs mit großer Zustimmung, aber später, als er sah, dass
er mit Arroganz gefüllt und aufgebläht war und dass er
außerdem Munychien (Anm.: der Hafen von Piräus) mit
seinen eigenen Männern bewachte, entschied er, dass er
Verrat plante und ließ ihn ermorden“. Wie Nicanor durch
Soldaten einen Hafen bewachen und vor dem Zugriff von
Feinden schützen ließ, so werden Christen durch den
Glauben bewahrt, damit sie das Heil erlangen, diese
Bewahrung geschieht in der Kraft Gottes. Da es keine
stärkere Macht gibt, ist diese Zusage vollkommen sicher.
1.6 Ἐν ᾧ ἀγαλλιᾶσθε, in der ihr jubelt, obwohl Ἐν ᾧ (“in der“) bezieht sich wohl auf die unmittelbar davor
ὀλίγον ἄρτι, εἰ δέον ihr jetzt kurz, wenn es erwähnte καιρῷ ἐσχάτῳ („letzte Zeit“) und zwar in zeitlicher
ἐστίν, λυπηθέντες ἐν nötig ist, betrübt Hinsicht. Das Präsens ἀγαλλιᾶσθε („ihr jubelt“) nimmt die
ποικίλοις worden seid in spätere Freude bereits vorweg bzw. ist das Präsens futurisch
πειρασμοῖς, verschiedenen zu verstehen: „ihr werdet jubeln“, wozu auch der Aorist
Versuchungen, λυπηθέντες („ihr seid betrübt worden“) passend erscheint,
der aus der Perspektive der Zukunft in die jetzige Zeit der
Trübsal zurückblickt. Die konditionale Angabe εἰ δέον ἐστίν
(„wenn es nötig ist“) zeigt, dass die Frage nach der
Versuchung von der Entscheidung Gottes abhängt.
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 14

1.7 ἵνα τὸ δοκίμιον damit die Bewährung Die Betrübnis in Versuchungen wird nun dem Zweck nach
ὑμῶν τῆς πίστεως eures Glaubens - viel als Prüfung des Glaubens befunden und der des Goldes
πολὺ τιμιώτερον wertvoller als die des gegenübergestellt. Der Ausdruck τὸ δοκίμιον („die
χρυσίου τοῦ Goldes, das vergeht, Bewährung“) nimmt, da es wörtlich um die Prüfung geht,
ἀπολλυμένου, διὰ aber durch Feuer deren Ausgang ja offen ist, ein positives Ergebnis in Form
πυρὸς δὲ geprüft wird – für Lob einer „Bewährung“ voraus. Eine mit „Bewährung“
δοκιμαζομένου, und Ehre und für kongruierende Apposition beschreibt diese im Vergleich mit
εὑρεθῇ εἰς ἔπαινον Herrlichkeit befunden Gold als wertvoller. Der bewährte Glaube wird am Tag Jesu
καὶ τιμὴν καὶ εἰς werde bei der Christi als Lob, Ehre Herrlichkeit befunden.
δόξαν ἐν Offenbarung Jesu
ἀποκαλύψει Ἰησοῦ Christi,
χριστοῦ·

1.8 ὃν οὐκ εἰδότες den ihr, die ihr (ihn) Das Objekt, also wer geliebt wird, ist mit einem Relativsatz
ἀγαπᾶτε, εἰς ὃν ἄρτι nicht gekannt habt, an den Satzanfang gestellt. Zum Wort εἰδότες („gekannt
μὴ ὁρῶντες, liebt. Ihr, die ihr (ihn) habend“) vgl. Thucydides, Historiae 1.110,4: „ἐκ δὲ τῶν
πιστεύοντες δέ, jetzt nicht sehet, aber Ἀθηνῶν καὶ τῆς ἄλλης ξυμμαχίδος πεντήκοντα τριήρεις
ἀγαλλιᾶσθε χαρᾷ an ihn glaubt, jubelt mit διάδοχοι πλέουσαι ἐς Αἴγυπτον ἔσχον κατὰ τὸ Μενδήσιον
ἀνεκλαλήτῳ καὶ unaussprechlicher und κέρας, οὐκ εἰδότες τῶν γεγονότων οὐδέν“. “Von den
δεδοξασμένῃ, verherrlichter Freude, Athenern und den anderen Verbündeten sind fünfzig
Galeeren mehr nach Ägypten geschickt worden als
Unterstützung für die schon da waren, die, als sie in
Mendesium ankamen, nichts wussten, von dem was
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 15

geschehen war“. Die Partikel δέ („aber“) bezieht sich noch


auf den Nebensatz, da sie nachgestellt ist und zeigt den
Kontrast von “nicht sehen” und „doch glauben”. Die
Präposition εἰς („an“) bezieht sich auf πιστεύοντες
(„glaubend“), da damit ἀγαλλιάω („jubeln“)
Präpositionalobjekte nicht anschließt, zudem wäre es
topologisch auch zu weit davon entfernt.
1.9 κομιζόμενοι τὸ wenn ihr das Ziel eures Dieser Vers setzt dem Jubeln in Vers 6 eine temporale
τέλος τῆς πίστεως Glaubens davontragt: Angabe hinzu, d.h. das Jubeln wird stattfinden, wenn die
ὑμῶν σωτηρίαν Die Rettung der Seelen. Errettung durch den Glauben bei der Offenbarung Jesu zum
ψυχῶν. Ziel gekommen ist. Die σωτηρία („Rettung“) ist die
Vollendung, wenn die Gläubigen in die Seligkeit eingehen
werden. Am Satzende befindet sich eine weite Apposition,
die erklärt, was der Apostel unter dem Ziel des Glaubens
versteht, nämlich die letztendliche Errettung der Seelen.
1.10 Περὶ ἧς Hinsichtlich dieser Der Autor führt nun den Gedanken der Errettung weiter und
σωτηρίας Rettung suchten und gibt einige Kennzeichen davon. Περὶ ἧς („hinsichtlich
ἐξεζήτησαν καὶ forschten Propheten dieser“) ist aufgrund des Relativpronomens ein relativer
ἐξηρεύνησαν nach, die über die Satzanschluss, der den Bezug zum Satz davor im Sinne eines
προφῆται οἱ περὶ τῆς Gnade euch gegenüber Relativsatzes verknüpft, aber das Relativpronomen der
εἰς ὑμᾶς χάριτος geweissagt haben, Übersetzung nach im Deutschen einem
προφητεύσαντες· Demonstrativpronomen („dieser“) entspricht. Petrus nimmt
also die Rettung der Seele als Ziel des Glaubens auf und
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 16

ergänzt, dass davon schon die Propheten geweissagt haben.


1.11 ἐρευνῶντες εἰς erforschend, auf welche Der Ausdruck τίνα ἢ ποῖον καιρὸν („welche und welcherlei
τίνα ἢ ποῖον καιρὸν und welcherlei Zeit der Zeit“) bedeutet, wann und welchen Charakter die Zeit, in
ἐδήλου τὸ ἐν αὐτοῖς Geist Christi in ihnen der die Gnade in Christus offenbart würde, weniger eine
πνεῦμα χριστοῦ, hinwies, der die Leiden Person („auf wen“), da eine Oder-Verknüpfung dies
προμαρτυρόμενον für Christus und die unwahrscheinlich macht, da beide Elemente Attribute zu
τὰ εἰς χριστὸν Herrlichkeiten nach „Zeit“ zu sein scheinen. Evtl. hofften die Propheten aufgrund
παθήματα, καὶ τὰς diesen (Dingen) vorher der erhaltenen Prophetien oder der anderen Propheten, die
μετὰ ταῦτα δόξας. bezeugte, messianische Zeit zu erkennen. Vgl. Athenaeus,
Deipnosophistae 10.86,10: „τίς ἢ ποῖος ἰχθὺς ἥδιστος ἢ τίς
ἀκμαιότατος, ἔτι δὲ τίς μετ’ Ἀρκτοῦρον ἢ μετὰ Πλειάδα ἢ τίς
μετὰ Κύνα μάλιστα βρωτός”. “Welcher oder welcherlei Fisch
ist am köstlichsten oder welcher ist am kräftigsten, oder
welcher Fisch ist hauptsächlich nach dem Aufgehen von
Arkturus oder der Plejaden oder des Orion zu verzehren“.
Der Autor unterscheidet mit „welcher und welcherlei“ die
verschiedenen Arten und dann die Eigenschaften der Fische.
Genauso könnte Petrus die Zeit in Abgrenzung zu anderen
Zeiten, z.B. der des Gesetzes, der Richter, der Könige etc.
und die Eigenschaften dieser Zeit, z.B. dass Gott dann in
Gnade handelt, unterscheiden. In einer Legende verwendet
Hieronymus, Fragmenta 31.3, ἐραυνάω (“erforschen“) und
δηλόω („hinweisen“): „περὶ τῆς χρυσῆς στεφάνης. ταύτης
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 17

γὰρ ἐξ ἀκροπόλεως κλαπείσης κατ’ ὄναρ Ἡρακλῆς ἐδήλωσε


Σοφοκλεῖ λέγων τὴν μὴ οἰκοῦσαν οἰκίαν ἐν δεξιᾷ εἰσιόντι
ἐρευνῆσαι, ἔνθα ἐκέκρυπτο“. „Über die goldene Krone: Als
diese nämlich von der Akropolis gestohlen worden war, wies
Herakles den Sophokles im Traum darauf hin, indem er das
nicht bewohnte Haus nannte, in das er auf der rechten Seite
hineingehen sollte, um es zu durchsuchen, dort wurde sie
verborgen“. In - jedoch nur im Hinblick auf die gleiche
Wortwahl - vergleichbarer Weise haben die Propheten das,
was ihnen der Geist Gottes über die Leiden und die
Herrlichkeiten Christi offenbart hatte, in den prophetischen
Schriften untersucht, um herauszufinden, wann und wie sich
dies erfüllen würden.
1.12 Οἷς denen offenbart wurde, Mit ὅτι („dass“) wird der Inhalt der Offenbarung eingeleitet,
ἀπεκαλύφθη ὅτι οὐχ dass sie nicht sich nämlich dass die Propheten nicht sich, sondern den
ἑαυτοῖς, ὑμῖν δὲ selbst, sondern euch Empfängern des Evangeliums bereits die ganze Zeit dienten,
διηκόνουν αὐτά, ἃ bezüglich der (Dinge) wofür διηκόνουν („sie waren am Dienen“, „sie waren
νῦν ἀνηγγέλη ὑμῖν dienend waren, die dienend“) als Imperfekt gebraucht wird. Damit zeigt der
διὰ τῶν euch jetzt verkündet Heilige Geist die Dauerhaftigkeit des prophetischen Dienstes
εὐαγγελισαμένων wurden durch die, die an, wohl über die gesamte Phase der Zeit der Propheten, die
ὑμᾶς ἐν πνεύματι euch die gute Botschaft durch νῦν (“jetzt“) vom christlichen Zeitalter abgehoben
ἁγίῳ ἀποσταλέντι verkündigten durch den wird. Wenn man die Propheten insgesamt betrachtet, dann
ἀπ᾽ οὐρανοῦ, εἰς ἃ vom Himmel gesandten könnte man einen Iterativ (immer wiederkehrende
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 18

ἐπιθυμοῦσιν ἄγγελοι Heiligen Geist, in Handlung) statt eines Durativs (anhaltende Handlung)
παρακύψαι. welche (Dinge) Engel annehmen, d.h. die verschiedenen Propheten haben immer
hineinzublicken wieder den Lesern mit ihren Schriften gedient. Der Infinitiv
begehren. παρακύψαι (“einzublicken“) bedeutet, dass von außen oder
seitlich durch eine Beugung ein Blick geschieht. Das
Relativpronomen ἃ (“die“) bezieht sich auf die im
Evangelium verkündigten Dinge bzw. Inhalte.
1.13 Διὸ Daher, die Hüften eurer Die beiden Partizipien stellen die Grundlage der
ἀναζωσάμενοι τὰς Gesinnung umgürtet, Aufforderung zur Hoffnung dar. Obwohl φερομένην
ὀσφύας τῆς διανοίας nüchtern seiend, hofft (“gebrachte“) Präsens ist, bezieht es sich (vgl. 1Petrus 1.7)
ὑμῶν, νήφοντες, völlig auf die euch auf die Zukunft, da die Gnade im Zusammenhang mit der
τελείως ἐλπίσατε ἐπὶ gebrachte Gnade bei künftigen Erscheinung des Herrn Jesus gebracht werden
τὴν φερομένην ὑμῖν der Offenbarung Jesu wird.
χάριν ἐν ἀποκαλύψει Christi,
Ἰησοῦ χριστοῦ·
1.14 ὡς τέκνα als Kinder des Anhand des Akkusativs ist zu erkennen, dass πρότερον
ὑπακοῆς, μὴ Gehorsams nicht („früher“) als Adverb und nicht als Adjektiv gebraucht ist,
συσχηματιζόμενοι gleichförmig den zumal es mit keinem Element kongruieren würde.
ταῖς πρότερον ἐν τῇ Begierden früher in Plutarchus, Quomodo adulator ab amico internoscatur
ἀγνοίᾳ ὑμῶν eurer Unwissenheit, 52.b,6 illustriert das Wort συσχηματίζω („anpassen“,
ἐπιθυμίαις, „gleichförmig sein“), indem er einen Menschen
charakterisiert, der überall beliebt sein will, und sich daher
überall anpasst, wie Wasser, wenn es umgeschüttet wird,
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 19

immer genau die Form des Gefäßes annimmt: „εἰς ἄλλον ἐξ


ἄλλου τόπον ὥσπερ τὸ μετερώμενον ὕδωρ περιρρέων ἀεὶ
καὶ συσχηματιζόμενος τοῖς ὑποδεχομένοις“. „Wie Wasser,
das umgeschüttet wird, bewegt er sich immer umher von
Ort zu Ort und passt sich den Gastgebern an“. Gerade so soll
es unter Christen nicht sein, sie sollen sich von ihrem
früheren Leben distanzieren und nicht mehr ein Leben
entsprechend der früheren Begierden führen. Die Begierden
des früheren Lebens sind nicht als Maßstab für das
christliche Leben geeignet. Nun gebührt es sich, heilig zu
leben, wie der nächste Vers deutlich macht.
1.15 ἀλλὰ κατὰ τὸν sondern, wie der euch Zur Bedeutung von γενήθητε („werdet“): Im nächsten Vers
καλέσαντα ὑμᾶς rief, heilig (ist), werdet werden "sein" und "werden" (vgl. Leviticus 19.2) deutlich
ἅγιον καὶ αὐτοὶ ἅγιοι auch ihr im ganzen unterschieden und gegenübergestellt, wobei "sein" einen
ἐν πάσῃ ἀναστροφῇ Wandel heilig! Zustand, "werden" einen Prozess beschreibt.
γενήθητε·
1.16 διότι γέγραπται, Denn es steht Petrus hat analog zum Präsens εἰμι („ich bin“) das Präsens
Ἅγιοι γίνεσθε, ὅτι geschrieben: Werdet γίνεσθε („werdet“) gebraucht (obwohl ein Aorist möglich
ἐγὼ ἅγιός εἰμι. heilig, denn ich bin wäre). Daran ist erkennbar, dass es sich um „werden“ statt
heilig! „sein“ handelt, da sonst beides Mal dasselbe Lemma
gebraucht worden wäre.
1.17 Καὶ εἰ πατέρα Und wenn ihr den als Petrus gebraucht einen doppelten Akkusativ („x ruft y (als) z
ἐπικαλεῖσθε τὸν Vater anruft, der ohne an“), dabei ist die Kombination von εἰ („wenn“) und dem
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 20

ἀπροσωπολήπτως Ansehen der Person Indikativ Präsens ein Hinweis, dass die Aussage real und
κρίνοντα κατὰ τὸ richtet nach dem Werk wahr ist, sodass die Bedeutung fast schon kausal („da ja“,
ἑκάστου ἔργον, ἐν eines jeden, wandelt „weil“) ist. Für einen gerechten Richter ist bei seiner
φόβῳ τὸν τῆς die Zeit eurer Tätigkeit wichtig, dass sie ἀπροσωπολήμπτως (“ohne
παροικίας ὑμῶν Fremdlingsschaft in Ansehen der Person“) durchführt wird, d.h. unparteiisch ist
χρόνον Ehrfurcht, und das Ansehen einer Person nicht in Betracht zieht, d.h.
ἀναστράφητε· alle Zu-Richtenden gleich behandelt. Leider ist diese
Eigenschaft Gottes bei den Menschen kaum vorhanden. Der
Maßstab des Richtens ist dabei das, was ein Mensch getan
hat, womit sicher beinhaltet ist, wie, warum und aus
welchen Motiven die Handlung kam. Vor einem solchen
Richter kann man nur Ehrfurcht haben. Dies gilt für die Zeit,
in der Christen als Fremdlinge auf der Erde leben.
1.18 εἰδότες ὅτι οὐ wissend, dass ihr nicht Während dieser Zeit gilt es, sich vor Augen zu halten, dass
φθαρτοῖς, ἀργυρίῳ ἢ mit vergänglichen Christen mit dem teuersten Lösegeld erkauft wurden, dem
χρυσίῳ, ἐλυτρώθητε (Dingen), mit Silber Blut Christi, das den irdischen und teuersten Möglichkeiten
ἐκ τῆς ματαίας ὑμῶν oder Gold, erlöst zum Kauf wie Gold und Silber gegenübergestellt wird. Vgl.
ἀναστροφῆς wurdet von eurem hierzu Polybios, Historiae 1.16,9: „ποιησάμενοι δὲ συνθήκας
πατροπαραδότου, nutzlosen, von den ἐφ’ ᾧ τὰ μὲν αἰχμάλωτα χωρὶς λύτρων ἀποδοῦναι τὸν
Vätern überlieferten βασιλέα Ῥωμαίοις, ἀργυρίου δὲ προσθεῖναι τάλαντα
Wandel, τούτοις ἑκατόν, λοιπὸν ἤδη Ῥωμαῖοι μὲν ὡς φίλοις καὶ
συμμάχοις ἐχρῶντο τοῖς Συρακοσίοις“. „Nachdem eine
Vereinbarung getroffen wurde, in der der König den Römern
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 21

die Gefangenen ohne Lösegelder freilassen und diesen noch


100 Silbertalente dazuzahlen sollte, behandelten die Römer
die Syrakusaner von da an als Freunde und
Bundesgenossen“. An dem Beispiel sieht man, dass
Gefangene mit Lösegeld wie Silber freigekauft werden
konnten. Das entspricht dem, was Petrus meint, aber dies ist
nur eine irdische Möglichkeit. Für die Ewigkeit ist dies
unzureichend, da nur das Blut Christi eine ewige Erlösung
ermöglicht. Petrus gibt auch an, wovon die Leser erlöst
wurden, nämlich von dem traditionellen und nutzlosen
Wandel, der nicht zum Heil führen würde. Eine interessante
Geschichte ist bei Demosthenes, Contra Nicostratum 12.5,
bei der eine arme Person um Lösegeld bittet und dabei zu
dem spricht, der es hat: „οἶσθα δ’,’ ἔφη, ‘ὅτι καὶ οἱ νόμοι
κελεύουσιν τοῦ λυσαμένου ἐκ τῶν πολεμίων εἶναι τὸν
λυθέντα, ἐὰν μὴ ἀποδιδῷ τὰ λύτρα“. „Du wirst wohl wissen,
sagte er, dass auch die Gesetze befehlen, dass eine von den
Feinden erlöste Person, Eigentum des Lösegeldgebers ist,
wenn er die Lösegelder nicht zurückerstatten kann“. Ebenso
sind Christen, da sie sich nicht selbst von der Sünde
freikaufen konnten, Eigentum des Lösegeldgebers, des
Herrn Jesus.
1.19 ἀλλὰ τιμίῳ sondern mit wertvollem Wem das kostbare Blut zuzuordnen ist, platziert Petrus an
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 22

αἵματι ὡς ἀμνοῦ Blut wie dem eines das Ende des Satzes. Zuvor ordnet Petrus einen mit ὡς
ἀμώμου καὶ ἀσπίλου makellosen und („wie“) eingeleiteten Vergleich an, dem Blut eines perfekten
χριστοῦ, fehlerfreien Lammes, Lammes, ohne Makel und Fehler, das von der Sündlosigkeit
(dem Blut) Christi. Christi spricht, sodass nur sein Blut zur Erlösung geeignet
war.
1.20 προεγνωσμένου zwar vorhererkannt vor Ein Spannungsbogen liegt in dem Vers (mit μὲν - δὲ
μὲν πρὸ καταβολῆς Grundlegung der Welt, verdeutlicht), dass Christus zwar schon immer, d.h. bevor
κόσμου, aber erschienen am die Welt erschaffen war, als Lamm, das mit seinem Blut
φανερωθέντος δὲ Ende der Zeiten wegen Erlösung ermöglichen würde, erkannt war (das Wort
ἐπ᾽ ἐσχάτων τῶν euch, προεγνωσμένου („zuvor erkannt“) spricht von Vorkenntnis,
χρόνων δι᾽ ὑμᾶς, nicht von Vorbestimmung, d.h. Gott wusste, dass sein Sohn
nach seinen Gedanken in die Welt kommen würde), doch
erst, als die Zeit erfüllt war, tatsächlich gekommen ist. Das
Verb φανερόω (“erscheinen“) hebt sich von ἀποκαλύπτω
(„enthüllen“) ab, obwohl beide auch eine vergleichbare
Bedeutung aufweisen: „ἀπεκάλυψε διὰ τοῦ ἀγαπητοῦ
παιδὸς καὶ ἐφανέρωσε τὰ ἐξ ἀρχῆς ἡτοιμασμένα“. „[…] Er
hat durch seinen geliebten Sohn die Dinge offenbart und
offengelegt, die von Anfang an vorbereitet worden waren
[…]“. Wenn etwas erscheinen und zum Vorschein treten
soll, muss es erst enthüllt worden sein. Diese letzte
Bedeutung wäre hier nicht geeignet, wobei das Wort nicht
eine bloße visuelle Erscheinung ohne Körper bedeutet.
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 23

1.21 τοὺς δι᾽ αὐτοῦ die ihr durch ihn an In diesem Vers werden diejenigen näher beschrieben,
πιστεύοντας εἰς Gott glaubt, der ihn aus wegen denen Christus erschienen ist. Das heißt natürlich
θεόν, τὸν ἐγείραντα den Toten auferweckte nicht, dass nicht alle Menschen gerettet werden sollen (vgl.
αὐτὸν ἐκ νεκρῶν, καὶ und ihm Ehre gab, 1Timotheus 2.3f), auch wenn diejenigen, die das Heil nicht
δόξαν αὐτῷ δόντα, damit euer Glaube und angenommen haben, hier nicht thematisiert sind. Die
ὥστε τὴν πίστιν Hoffnung auf Gott ist. Adressaten glauben durch ihn an Gott, da es keinen anderen
ὑμῶν καὶ ἐλπίδα Zugang gibt. Gott wird beschrieben als der, der Christus aus
εἶναι εἰς θεόν. den Toten auferweckte und ihm Ehre gab. Zum letzten Satz
vgl. Barnabae Epistula 11.8c, 2: „Τοῦτο λέγει· ὅτι πᾶν ῥῆμα,
ὃ ἐὰν ἐξελεύσεται ἐξ ὑμῶν διὰ τοῦ στόματος ὑμῶν ἐν πίστει
καὶ ἀγάπῃ, ἔσται εἰς ἐπιστροφὴν καὶ ἐλπίδα πολλοῖς“.
„Damit will er sagen: Jedes Wort, wenn es von euch ausgeht
durch euren Mund im Glauben und Liebe, soll zur
Bekehrung und Hoffnung für viele sein“. Wie hier Barnabas
das Ziel der Worte mit der Hoffnung angibt und eine
ähnliche Konstruktion gebraucht, ist der Glaube und die
Hoffnung bei Petrus auf Gott hin als Ziel und Ausgangspunkt
angegeben, wofür die Präposition εἰς („auf hin“, „zu hin“)
geeignet ist. Vgl. Pamphilius, Diversorum capitum seu
difficultatum solutio 4.54, der sagt, dass Gott in Christus
Mensch wurde uns sich für uns gab: “ἵνα μὴ ἡ πίστις ἡμῶν
καὶ ἡ ἐλπὶς εἰς ἄνθρωπον ᾖ“. „damit nicht unser Glaube und
die Hoffnung auf Menschen (gerichtet) sei“. Dadurch, dass
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 24

wir Gott vertrauen, dass er Christus auferweckt (Matthäus


17.9) und verherrlicht hat (Johannes 12.23), setzen wir
unseren Glauben und unsere Hoffnung auf ihn.
1.22 Τὰς ψυχὰς Eure Seelen im Die Vorbedingung, um einander aus reinem Herzen lieben
ὑμῶν ἡγνικότες ἐν τῇ Gehorsam zur Wahrheit zu können, wie Petrus hier seine Leser auffordert, ist nach
ὑπακοῇ τῆς gereinigt durch den der Reinigung der Seelen, indem sie der Wahrheit
ἀληθείας διὰ Geist zur gehorchten und glaubten, und durch die Innewohnung des
πνεύματος εἰς ungeheuchelten Geistes erst möglich, sodass dieser Sachverhalt an den
φιλαδελφίαν Bruderliebe, liebt Anfang gestellt wird.
ἀνυπόκριτον, ἐκ einander beharrlich aus
καθαρᾶς καρδίας reinem Herzen,
ἀλλήλους
ἀγαπήσατε ἐκτενῶς·
1.23 die ihr nicht erneut Aufgrund der Zeugung durch das Wort Gottes, gehören die
ἀναγεγεννημένοι gezeugt wurdet von eben angesprochenen und zur Liebe aufgeforderten Leser
οὐκ ἐκ σπορᾶς vergänglicher Saat, zu einer Familie, in der der Grundsatz der Liebe herrschen
φθαρτῆς, ἀλλὰ sondern (von) muss. Daher charakterisiert sie der Autor als alle von Gottes
ἀφθάρτου, διὰ unvergänglicher, durch Wort gezeugte Menschen, die an Christus glauben. Petrus
λόγου ζῶντος θεοῦ das lebendige und in schließt am Ende des Verses eine Erklärung an, was er mit
καὶ μένοντος εἰς τὸν Ewigkeit bleibende der Metapher des unvergänglichen Samens meint, nämlich
αἰῶνα. Wort Gottes! das Wort Gottes, das in das Herz der Hörer fiel und dort
angenommen zur erneuten Zeugung führte, womit
zweifelsfrei auf die erste natürliche Zeugung durch den
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 25

biologischen Vater Bezug genommen wird.


1.24 Διότι, Πᾶσα Denn alles Fleisch (ist) Die Nichtigkeit und Kürze der menschlichen Existenz und
σὰρξ ὡς χόρτος, καὶ wie Gras und alle Ruhmes, das mit Gras und dessen Blüte verglichen wird,
πᾶσα δόξα Herrlichkeit des wird mit dem ewig bleibenden Wort Gottes kontrastiert, an
ἀνθρώπου ὡς ἄνθος Menschen (ist) wie die das die Leser glaubten und wodurch sie durch den Glauben
χόρτου. Ἐξηράνθη ὁ Blüte des Grases. Das Leben bekamen. Ἐξηράνθη („es verdorrt“) und ἐξέπεσεν
χόρτος, καὶ τὸ ἄνθος Gras verdorrt und seine („es fällt ab“) sind als gnomischen Aorist allgemeingültige
αὐτοῦ ἐξέπεσεν· Blüte fällt ab, Aussagen, die im Deutschen im Präsens ausgedrückt
werden. Diese Verwendung ist eher selten, da der Aorist
sonst als Ausdruck von bereits abgeschlossenen Handlungen
gebraucht wird.
1.25 τὸ δὲ ῥῆμα aber das vom Herrn Das positive Gegenstück zur menschlich-nichtigen Existenz
κυρίου μένει εἰς τὸν Gesagte bleibt in ist das bleibende und unvergängliche Wort Gottes.
αἰῶνα. Τοῦτο δέ Ewigkeit. Dies nun ist
ἐστιν τὸ ῥῆμα τὸ das Gesagte, das euch
εὐαγγελισθὲν εἰς als gute Botschaft
ὑμᾶς. verkündigt wurde.
2.1 Ἀποθέμενοι οὖν Nachdem ihr also alle Die Nomen im Plural geben Ausdruck von den
πᾶσαν κακίαν καὶ Bosheit und jeden Trug verschiedenen Ausprägungen der negativen Eigenschaften,
πάντα δόλον καὶ und Heucheleien und womit alle Arten der Äußerung dieser Dinge als abgelegt
ὑποκρίσεις καὶ Neidereien und alles bezeichnet werden, wodurch Petrus wohl auf die Bekehrung
φθόνους καὶ πάσας schlechte Reden und das Leben davor Bezug nimmt. Der Aorist ist hier für
καταλαλιάς, abgelegt habt, vergangenes und punktuelles Geschehen gebraucht.
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 26

2.2 ὡς ἀρτιγέννητα seid wie neugeborene Petrus führt nun einen Vergleich an, wie die Adressaten mit
βρέφη, τὸ λογικὸν Säuglinge begierig Gottes Wort umzugehen hätten, indem er sie mit Säuglingen
ἄδολον γάλα (nach) der vernünftigen, vergleicht, die im eigenen Interesse begierig Milch zum
ἐπιποθήσατε, ἵνα ἐν unverfälschten Milch, Wachstum trinken, genauso sollten sie Gottes Wort lesen
αὐτῷ αὐξηθῆτε, damit ihr durch sie und aufnehmen, damit sie im Glauben wachsen. Zu λογικός
wachst, („vernünftig“) vgl. Aristonexus, Fragmenta 69d, 4:
„ἄνθρωπος ζῷόν ἐστι λογικὸν“. „Der Mensch ist ein
vernunftbegabtes Lebewesen“. D.h. der Mensch ist in der
Lage, geistig zu erkennen, dass manches gut für ihn ist,
darunter Milch für den Säugling, so auch Gottes Wort für
das Wachstum als Christ.
2.3 εἴπερ ἐγεύσασθε da ihr ja geschmeckt Die Konjunktion εἴπερ („da ja“) ist durch das zweite Element
ὅτι χρηστὸς ὁ κύριος· habt, dass der Herr verstärkt und weniger eine offene Bedingung („wenn“), als
gütig ist. vielmehr eine Begründung, da Petrus den Indikativ
verwendet und dies als Feststellung sieht.
2.4 πρὸς ὃν Zu welchem Der Anschluss des Relativsatzes πρὸς ὃν („zu welchem“)
προσερχόμενοι, hinkommend, einem bezieht sich auf das Wort κύριος („Herr“) im Satz davor. Da
λίθον ζῶντα, ὑπὸ lebendigen Stein, von im Unterschied zum nächsten Vers keine Vergleichspartikel
ἀνθρώπων μὲν Menschen zwar ὡς („als“, „wie“) gebraucht wird, ist sie hier nicht sinnvoll,
ἀποδεδοκιμασμένον, verworfen, bei Gott da sonst kein Unterschied bestünde. Das Verb ἀποδοκιμάζω
παρὰ δὲ θεῷ aber auserwählt, („verwerfen“) wird aus ἀπο („weg“) und δοκιμάζω („prüfen,
ἐκλεκτόν, ἔντιμον, wertvoll, erproben“) gebildet und bedeutet demnach, insbesondere
im Hinblick auf die Verwendungen an anderen Stellen, nach
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 27

einer Erbprobung oder Prüfung jemanden als unbrauchbar,


ungeeignet abweisen, verwerfen oder ablehnen. An λίθον
ζῶντα („lebendigen Stein“) schließt sich ein Attribut an, das
sich bis zum Versende erstreckt. Da Steine für sich
genommen kein Leben haben, ist der Ausdruck „lebendiger
Stein“ ein Paradoxon und natürlich eine Metapher, da der
Herr Jesus ja eine Person und kein Stein ist. Der Stein spricht
von Stabilität und der geeigneten Grundlage für die
Gläubigen, die ebenfalls als solche bezeichnet werden, wie
der nächste Vers zeigt.
2.5 καὶ αὐτοὶ ὡς werdet auch ihr wie Sowohl das Pronomen αὐτοὶ („ihr“) als auch das additiv, d.h.
λίθοι ζῶντες lebendige Steine als Erweiterung, gebrauchte καὶ („auch“) zeigen eine
οἰκοδομεῖσθε οἶκος aufgebaut, ein Verbindung zum Herrn Jesus, der ebenfalls als lebendiger
πνευματικός, geistliches Haus, eine Stein bezeichnet wurde. So, wie er gesehen wird, auch die
ἱεράτευμα ἅγιον, heilige Priesterschaft, an ihn Glaubenden, wobei in dem Bau durch den Herrn
ἀνενέγκαι um geistliche Opfer Jesus Gott zur Ehre geistliche Schlachtopfer dargebracht
πνευματικὰς θυσίας darzubringen, Gott werden können.
εὐπροσδέκτους τῷ wohlannehmlich durch
θεῷ διὰ Ἰησοῦ Jesus Christus,
χριστοῦ.
2.6 Διότι περιέχει ἐν weswegen in der Schrift Der Konnektor διότι („weswegen“) würde aufgelöst διὰ
τῇ γραφῇ, Ἰδού, enthalten ist: Siehe, ich τοῦτο ὅτι („deswegen, dass“) lauten, ist aber kontrahiert. Er
τίθημι ἐν Σιὼν λίθον setze in Zion einen gibt den Grund für die Aussage davor an (kausal). Der
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 28

ἀκρογωνιαῖον, Eckstein, auserwählt, Ausdruck ὁ πιστεύων ἐπ᾽ αὐτῷ („wer auf ihn vertraut“) kann
ἐκλεκτόν, ἔντιμον· kostbar. Und wer auf im Deutschen als freier Relativsatz behandelt werden, da
καὶ ὁ πιστεύων ἐπ᾽ ihn vertraut, wird nicht kein Bezug zu einem übergeordneten Satz vorhanden ist,
αὐτῷ οὐ μὴ beschämt. zudem erscheint aufgrund der Präposition ἐπί (“auf“) die
καταισχυνθῇ. Bedeutung „vertrauen auf“ geeigneter als „glauben an“.
The Testament of Solomon 22.7 scheint für die Frage,
welcher Stein (Eckstein, Grundstein, Schlussstein etc.)
gemeint ist, eine Antwort zu geben: „καὶ ἦν Ἰερουσαλήμ
ᾠκοδομωμένη καὶ ὁ ναὸς συνεπληροῦντο. καὶ ἦν λίθος
ἀκρογωνιαῖος μέγας ὃν ἐβουλόμην θεῖναι εἰς κεφαλὴν
γωνίας τῆς πληρώσεως τοῦ ναοῦ τοῦ θεοῦ“. „Und
Jerusalem war gebaut und der Tempel stand kurz vor der
Vollendung. Und es gab einen großen Eckstein, den ich an
die Spitze der Ecke setzen wollte, um das Heiligtum Gottes
zu vollenden“.

2.7 Ὑμῖν οὖν ἡ τιμὴ Für euch also, die Der Ausdruck εἰς κεφαλὴν γωνίας („zum Eckpfeiler“) kommt
τοῖς πιστεύουσιν· Gläubigen, (ist er) die in der griechischen Literatur nicht vor und ist eine wörtliche
ἀπειθοῦσιν δέ, Kostbarkeit. Den Übersetzung von Psalm 118.22 ‫ָה‬ ‎ ‫ר ֹאש ִׁפנ‬, wörtlich „Spitze
Λίθον ὃν Ungehorsamen aber (ist der Ecke“. Gemeint ist der Stein im Bau, wo alle Mauerecken
ἀπεδοκίμασαν οἱ er) ein Stein, den die zusammenkommen und sich daran orientieren und
οἰκοδομοῦντες, Bauenden verworfen ausrichten.
οὗτος ἐγενήθη εἰς haben. Dieser ist zum
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 29

κεφαλὴν γωνίας, Eckpfeiler geworden,


2.8 καί, Λίθος und ein Stolperstein Die Sinnzusammenhänge sind wohl, dass die Ungläubigen,
προσκόμματος καὶ und Fels des Anstoßes – weil sie nicht gehorchen, dann dazu gesetzt wurden (der
πέτρα σκανδάλου· οἳ die sie sich (an) dem Agens wird nicht genannt ggf. von ihrem Unglauben, von
προσκόπτουσιν τῷ Wort stoßen, nicht Gott etc.), sich am im Wort Gottes verkündeten Christus,
λόγῳ ἀπειθοῦντες· gehorchend, wozu sie den sie verworfen haben, zu Fall zu kommen. Das heißt
εἰς ὃ καὶ ἐτέθησαν. auch gesetzt wurden. nicht, dass sie nicht zunächst hätten glauben sollen und
müssen. Nach der Ablehnung im Ungehorsam ist ihre
Bestimmung, dass sie zu Fall kommen, da es keine andere
Rettung als in Christus gibt. D.h. wenn man dem Wort
Gottes nicht gehorcht, stößt man sich an Christus. Mit οἳ
(„die“) werden die Ungehorsamen wieder als Apposition
aufgenommen.
2.9 Ὑμεῖς δὲ γένος Ihr aber (seid) ein An das Subjekt (“ihr“) ist ein dreiteiliges Prädikativ ohne
ἐκλεκτόν, βασίλειον auserwähltes Kopula („seid“) angeschlossen. Jedes der drei Glieder hat ein
ἱεράτευμα, ἔθνος Geschlecht, eine Attribut: Königliche Priesterschaft(vgl. Offenbarung 1.6),
ἅγιον, λαὸς εἰς königliche heiliges Volk, Geschlecht zum Eigentum. Welche Aufgaben
περιποίησιν, ὅπως Priesterschaft, ein bzw. Zweck die so bezeichneten Christen haben, wird durch
τὰς ἀρετὰς heiliges Volk, ein ὅπως („damit“) eingeleitet: Die Verkündigung der Vorzüge
ἐξαγγείλητε τοῦ ἐκ Geschlecht zum der Person des Heilands, der mit einem Relativsatz als
σκότους ὑμᾶς Eigentum, damit ihr die derjenige identifiziert wird, der die Gläubigen aus der
καλέσαντος εἰς τὸ Tugenden dessen Finsternis zum Licht gebracht hat (1Johannes 1.5).
θαυμαστὸν αὐτοῦ verkündigt, der euch
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 30

φῶς· aus der Finsternis zu


seinem wunderbaren
Licht gerufen hat.
2.10 οἱ ποτὲ οὐ λαός, Die ihr einst kein Volk Petrus erinnert, nachdem er die christliche Stellung erwähnt
νῦν δὲ λαὸς θεοῦ· οἱ (wart), nun aber Volk hatte, an die Zeit vor der Bekehrung der Leser zu Christus.
οὐκ ἠλεημένοι, νῦν Gottes (seid), die ihr
δὲ ἐλεηθέντες. keine Barmherzigkeit
empfangen hattet, nun
aber Barmherzigkeit
empfingt.
2.11 Ἀγαπητοί, Geliebte, ich ermuntere Petrus nimmt nun auf den Status als Fremde hier auf Erden
παρακαλῶ ὡς euch als Ausländer und Bezug, wie er die Adressaten schon am Anfang
παροίκους καὶ Fremde, sich der angesprochen hat. Somit ist dieser Aspekt zentral im
παρεπιδήμους, fleischlichen Begierden Denken des Petrus vorhanden. Im Anbetracht dieser
ἀπέχεσθαι τῶν zu enthalten, welche Tatsache gilt es diesen Charakter umzusetzen und auch wie
σαρκικῶν ἐπιθυμιῶν, gegen die Seele Fremde zu leben.
αἵτινες στρατεύονται kämpfen,
κατὰ τῆς ψυχῆς·
2.12 τὴν euren Wandel unter Der Ausdruck ἐν ἡμέρᾳ ἐπισκοπῆς (“am Tag der
ἀναστροφὴν ὑμῶν den Völkern gut Heimsuchung“) entstammt Jesaja 10.3 und ist sonst in der
ἔχοντες καλὴν ἐν führend, damit, worin Literatur unbekannt, sodass andere Bezüge nicht vorhanden
τοῖς ἔθνεσιν, ἵνα, ἐν sie euch verleumden sind. Dort ist der Kontext die Heimsuchung gottloser
ᾧ καταλαλοῦσιν wie Übeltäter, an den Menschen durch Gerichte, sodass evtl. auch hier die Ehre
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 31

ὑμῶν ὡς κακοποιῶν, guten Werken, Gottes im Gericht anerkannt werden muss, das, nachdem
ἐκ τῶν καλῶν ἔργων, nachdem sie (diese) sie Zeugnis von Gott durch den Wandel der Gläubigen
ἐποπτεύσαντες, beobachtet haben, Gott erhalten hatten.
δοξάσωσιν τὸν θεὸν am Tag der
ἐν ἡμέρᾳ ἐπισκοπῆς. Heimsuchung
verherrlichen.
2.13 Ὑποτάγητε οὖν Ordnet euch also jeder Petrus beginnt diesen Abschnitt mit einer allgemeinen
πάσῃ ἀνθρωπίνῃ menschlichen Ordnung Aufforderung, die menschlichen Einrichtungen zu beachten
κτίσει διὰ τὸν wegen dem Herrn und nennt im weiteren Text viele einzelne Beispiele. Zum
κύριον· εἴτε βασιλεῖ, unter, sei es einem guten Wandel gehört die Einhaltung der Ordnungen, wie sie
ὡς ὑπερέχοντι· König als von den Regierenden und deren Vertretern verordnet
Übergeordnetem, werden.
2.14 εἴτε ἡγεμόσιν, sei es den Statthaltern Mit denen von der Obrigkeit eingesetzten Verwaltern greift
ὡς δι᾽ αὐτοῦ als denen, die von ihm Petrus ein konkretes Beispiel auf, wie Unterordnung konkret
πεμπομένοις εἰς geschickt wurden zur aussieht und wozu diese tätig werden. Die Begriffe
ἐκδίκησιν Vergeltung (an) denen, ἐκδίκησις („Vergeltung“) und ἔπαινος („Lob“) für Böses bzw.
κακοποιῶν, ἔπαινον die Böses tun, aber zum Gutes sind semantisch gesehen Antonyme (vgl. 3Joh 11),
δὲ ἀγαθοποιῶν. Lob derer, die Gutes d.h. Gegensatzpaare, die einen Kontrast bilden. Zur Phrase
tun, ἐκδίκησιν κακοποιῶν („Vergeltung an“) vgl. 2Samuel 4.8:
„ἔδωκεν κύριος τῷ κυρίῳ βασιλεῖ ἐκδίκησιν τῶν ἐχθρῶν
αὐτο“. „Der Herr hat dem Herrn, dem König, Vergeltung an
seinen Feinden Rache verschafft“. Der Gegenstand, an dem
Rache oder Vergeltung für Böses geübt wird, ist also an
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 32

beiden Stellen im Genitiv (sog. Genitivus objectivus), dies


wird im Deutschen hier mittels einer Präposition wie „an“
erzielt.
2.15 Ὅτι οὕτως ἐστὶν weil es so der Wille Auf die Aufforderung der Unterordnung folgt eine
τὸ θέλημα τοῦ θεοῦ, Gottes ist, Gutes tuend, Begründung, wieso diese zu geschehen hat, nämlich, um die
ἀγαθοποιοῦντας die Unwissenheit der unverständigen Menschen zum Schweigen zu bringen,
φιμοῦν τὴν τῶν unverständigen indem man Gutes tut. Die unverständigen Menschen sind
ἀφρόνων ἀνθρώπων Menschen zum offenbar die im Vers davor genannten Personen, die Böses
ἀγνωσίαν· Schweigen zu bringen, tun, weil sie es mit Unverstand tun. Die Unwissenheit wird
dabei personifiziert, denn diese kann ja eigentlich nicht
reden bzw. zum Schweigen gebracht werden.
2.16 ὡς ἐλεύθεροι, als Freie und nicht wie Hiermit bringt Petrus zum Ausdruck in welchem Charakter
καὶ μὴ ὡς (solche), die die Freiheit das Bisherige zu geschehen hat, nämlich als solche, die vom
ἐπικάλυμμα ἔχοντες als Bedeckung des Bösen selbst freigemacht sind und nun das Böse in der Welt
τῆς κακίας τὴν Bösen haben, sondern bloßstellen und zum Schweigen bringen, indem das Gute
ἐλευθερίαν, ἀλλ᾽ ὡς als Diener Gottes. getan wird. Dabei wird der Gegensatz verneint, indem
δοῦλοι θεοῦ. Petrus es nicht vorsieht, dass man die Freiheit missbraucht
und unter dem Deckmantel der Freiheit doch Böses und
nicht Gutes tut, etwa indem man das Böse rechtfertigt und
meint, man hätte dazu die Freiheit. Im Kontext meint Petrus
wohl eine falsch verstandene Freiheit, sich über die von Gott
gegebene Ordnung hinwegzusetzen und sich nicht
unterzuordnen, etwa indem man Gebote, Gesetze etc.
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 33

übertritt und das mit dem Vorwand, man ist davon


freigemacht.
2.17 Πάντας Ehrt alle! Liebt die Durch die jeweilige Erststellung sind alle Objekte (“alle”,
τιμήσατε. Τὴν Brüderschaft! Fürchtet “Brüderschaft”, “Gott”, “König”) betont. Dies könnte im
ἀδελφότητα Gott! Ehrt den König! Deutschen mit einem Spaltsatz ausgedrückt werden: “Es
ἀγαπήσατε. Τὸν sind alle, die zu ehren sind. Es ist die Brüderschaft, die zu
θεὸν φοβεῖσθε. Τὸν lieben ist” etc. Die ersten beiden Verben τιμήσατε (“ehrt“)
βασιλέα τιμᾶτε. ἀγαπήσατε (“liebt”) werden als Aorist, φοβεῖσθε
(“fürchtet”) und (“τιμᾶτε“) als Präsens gebraucht.
2.18 Οἱ οἰκέται, Ihr Hausknechte (sollt) Οἱ οἰκέται („ihr Hausknechte“) ist als Vokativ gebraucht, da
ὑποτασσόμενοι ἐν den Gebietern die Angesprochenen weiter direkt adressiert sind („ihr“).
παντὶ φόβῳ τοῖς untergeordnet sein in
δεσπόταις, οὐ μόνον aller Ehrfurcht, nicht
τοῖς ἀγαθοῖς καὶ nur den guten und
ἐπιεικέσιν, ἀλλὰ καὶ nachsichtigen, sondern
τοῖς σκολιοῖς. auch den verkehrten.
2.19 Τοῦτο γὰρ Denn dies (ist) Gnade, Dieser Satz bezieht sich auf die Nachteile, die ein Christ
χάρις, εἰ διὰ wenn jemand wegen haben kann, wenn er ungerechten Vorgesetzten ausgesetzt
συνείδησιν θεοῦ des Gewissens Gott ist und dennoch gerecht handeln will, weil es Gott so
ὑποφέρει τις λύπας, (gegenüber) Betrübnis vorsieht. Diese Nachteile sind dennoch ein Hinweis auf die
πάσχων ἀδίκως. erträgt, Gnade, die die Betreffenden erfahren haben.
ungerechterweise
leidend.
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 34

2.20 Ποῖον γὰρ Denn was für ein Ruhm Nun wird das Gegenteil des Bisherigen ad absurdum geführt
κλέος, εἰ (wäre es), wenn ihr und angenommen, was wäre, wenn man zurecht bestraft
ἁμαρτάνοντες καὶ sündigend und (dabei) wird und leidet. Das wäre ja nur gerecht, aber keine Gnade,
κολαφιζόμενοι geschlagen, ausharren die damit zum Ausdruck kommt. Petrus stellt dazu eine
ὑπομενεῖτε; Ἀλλ᾽ εἰ würdet? Aber wenn ihr rhetorische Frage, die negativ zu beantworten ist, d.h. wenn
ἀγαθοποιοῦντες καὶ Gutes tuend und man aufgrund von Schuld Strafe erleidet, ist es kein Grund
πάσχοντες (dabei) leidend, zum Rum, wenn man diese geduldig erträgt. Die beiden
ὑπομενεῖτε, τοῦτο ausharren würdet, das Futurformen ὑπομενεῖτε („ihr würdet ausharren“) beziehen
χάρις παρὰ θεῷ. ist Gnade bei Gott. sich auf die der Ursache folgende Konsequenz. Diese wird
als nicht bereits realisiert, sondern als zukünftige Erwartung
gesehen.
2.21 Εἰς τοῦτο γὰρ Denn dazu wurdet ihr Petrus verweist auf den Herrn Jesus, dem es auch so erging,
ἐκλήθητε, ὅτι καὶ berufen, weil auch er hat ein gerechtes Leben geführt und wurde dennoch
χριστὸς ἔπαθεν ὑπὲρ Christus für uns litt, abgelehnt und musste darunter leiden. Hier sind nicht die
ἡμῶν, ὑμῖν euch ein Muster sühnenden Leiden gemeint, sondern Leiden, die auch uns
ὑπολιμπάνων hinterlassend, damit ihr betreffen können.
ὑπογραμμόν, ἵνα seinen Spuren
ἐπακολουθήσητε nachfolgt,
τοῖς ἴχνεσιν αὐτοῦ·
2.22 ὃς ἁμαρτίαν der Sünde nicht tat, Mit zwei Relativsätzen eingeleitet, beschreibt der Apostel
οὐκ ἐποίησεν, οὐδὲ noch wurde Trug in den Herrn Jesus, der das, was er von den Adressaten
εὑρέθη δόλος ἐν τῷ seinem Mund erwartet, vorgelebt hat und obwohl er Gutes tat, geschmäht
στόματι αὐτοῦ· gefunden, wurde und litt, wozu es keinen Grund gab.
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 35

2.23 ὃς der geschmäht nicht Das Imperfekt παρεδίδου („er übertrug“) ist wohl eine
λοιδορούμενος οὐκ wieder schmähte, wiederholte Handlung in der Vergangenheit (Iterativ), die
ἀντελοιδόρει, leidend nicht drohte, man auch mit „er pflegte zu übertragen“ übersetzen könnte,
πάσχων οὐκ ἠπείλει, sondern es dem d.h. bei jedem Ereignis der Schmähung übergab er dies Gott,
παρεδίδου δὲ τῷ übertrug, der gerecht dem gerechten Richter. Da die Schmähungen gegen den
κρίνοντι δικαίως· richtet, Herrn ungerecht waren, steht δικαίως („gerecht“) am Ende
des Satzes an betonter Stelle. Die Menschen behandelten
den Herrn Jesus ungerecht, aber Gott, dem er dies anbefahl,
ist hingegen gerecht und er hat das letzte Urteil, nicht die
Menschen.
2.24 ὃς τὰς ἁμαρτίας der selbst unsere Durch das Opfer des Herrn Jesus sind Menschen erst in der
ἡμῶν αὐτὸς Sünden an seinem Leib Lage, den Aufforderungen und dem Vorbild des Herrn Jesus
ἀνήνεγκεν ἐν τῷ am Kreuz trug, damit nachzukommen, das nun in das Blickfeld kommt. Mit αὐτὸς
σώματι αὐτοῦ ἐπὶ τὸ wir, den Sünden („selbst“) wird das Subjekt betont, d.h. der Herr tat dies und
ξύλον, ἵνα, ταῖς entkommen, der kein anderer. Diverse Übersetzungen unterscheiden sich bei
ἁμαρτίαις Gerechtigkeit lebten. ἀνήνεγκεν („hinauftragen“, „tragen“), also dahingehend, ob
ἀπογενόμενοι, τῇ (Er,) durch dessen das Holz des Kreuzes eine Orts- oder Richtungsangabe ist
δικαιοσύνῃ ζήσωμεν· Wunde ihr geheilt („am“ bzw. „an das“). Bei der Verwendung von statischen
οὗ τῷ μώλωπι αὐτοῦ wurdet. Verben wie „tragen“ in Verbindung mit dynamischen
ἰάθητε. Präpositionen als Präfixe überwiegt das Moment des
statischen Verbs (vgl. „das Wort war bei Gott“ und nicht
„und das Wort war zu Gott hin“), obwohl die verwendete
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 36

Präposition (hier das Präfix am Wortanfang) ohne statisches


Verb eine Richtungsangabe bewirkt („zu hin“). Zudem leistet
die Idee von Übersetzungen wie die der Brockhaus-
Elberfelder , die leider „hinauftragen“ annehmen, Vorschub
für die Lehre, dass der Herr Jesus schon vor den Stunden des
Kreuzes Sündenträger war und er diese dann bis zum Kreuz
getragen hätte. Die Lehre der Schrift ist jedoch, dass der
Herr allein am Kreuz unsere Sünden getragen hat, nicht
bereits vorher. Herodot gebraucht das eher seltene Wort
ἀπογενόμενοι („losgekommen“) für verschiedene, d.h.
verstorbene Personen, die mit Freude beerdigt werden, da
sie das Leid des Lebens hinter sich haben (Historiae, 5.4.5):
„τὸν δ’ ἀπογενόμενον παίζοντές τε καὶ ἡδόμενοι γῇ
κρύπτουσι, ἐπιλέγοντες ὅσων κακῶν ἐξαπαλλαχθείς ἐστι ἐν
πάσῃ εὐδαιμονίῃ“. „Einen Verschiedenen dagegen
bestatten sie mit Freude und Heiterkeit mit Erde,
gedenkend all des Bösen, von dem er befreit, nun in
Glückseligkeit ist“. Vgl. ebenso Thucydides, Historiae 1.39,3:
„οὓς χρῆν, ὅτε ἀσφαλέστατοι ἦσαν, τότε προσιέναι, καὶ μὴ
ἐν ᾧ ἡμεῖς μὲν ἠδικήμεθα, οὗτοι δὲ κινδυνεύουσι, μηδ’ ἐν
ᾧ ὑμεῖς τῆς τε δυνάμεως αὐτῶν τότε οὐ μεταλαβόντες τῆς
ὠφελίας νῦν μεταδώσετε καὶ τῶν ἁμαρτημάτων
ἀπογενόμενοι τῆς ἀφ’ ἡμῶν αἰτίας τὸ ἴσον ἕξετε, πάλαι δὲ
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 37

κοινώσαντας τὴν δύναμιν κοινὰ καὶ τὰ ἀποβαίνοντα ἔχειν“.


„Sie hätten aber damals zu euch kommen sollen, als sie am
sichersten waren, und nicht zu einer Zeit, wo wir das
Unrecht haben, diese aber die Gefahr, und wo ihr, ohne an
ihrer Macht Anteil gehabt zu haben, sie jetzt unterstützten
sollt, obwohl ihr von ihren Sünden frei seid, von unserer
Anschuldigung das selbe tragen werdet. Vielmehr hätten sie,
nachdem sie ihre Macht verbunden hatten, auch die
Konsequenzen gemeinsam tragen sollen“. Vgl. ebenso
Herodot, Historiae 9.69,3: „ἐν δὲ τούτῳ τῷ γινομένῳ φόβῳ
ἀγγέλλεται τοῖσι ἄλλοισι Ἕλλησι τοῖσι τεταγμένοισι περὶ τὸ
Ἥραιον καὶ ἀπογενομένοισι τῆς μάχης ὅτι μάχη τε γέγονε
καὶ νικῷεν οἱ μετὰ Παυσανίεω·“. „Bei diesem Schrecken,
der entstanden war, kommt den übrigen Griechen, die um
das Häraion aufgestellt waren und an der Schlacht
unbeteiligt waren, die Nachricht zu, dass es auch eine
Schlacht gab die Leute bei Pausanias siegten“. Vgl. zudem
Ocellus, De universi natura 2.2,7: „τὸ μὲν γάρ ἐστιν ἐν αὐτῷ
διαλλαγὴ γεγονότων, τὸ δὲ γένεσις ἀπογεγονότων“. „Denn
an dieser Stelle ist zwar ein Wechsel der entstandenen
Dinge, aber eine Entstehung der vergangenen Dinge”. An
dieser Stelle wird deutlich, dass damit der Gegensatz zum
Entstehen gemeint ist, also das Untergehen, Verschwinden,
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 38

Vergehen etc. Dies zeigt sich auch bei Platon, Sophista


247.a,9: „Ἀλλὰ μὴν τό γε δυνατόν τῳ παραγίγνεσθαι καὶ
ἀπογίγνεσθαι πάντως εἶναί τι φήσουσιν“. „Aber sie werden
sicher sagen, dass das existiert, was fähig ist, gegenwärtig zu
werden oder abwesend zu sein“. Ebenso Platon, Alcibiades
1. 126.b, 1: ”ὑγιείας μὲν παραγιγνομένης, νόσου δὲ
ἀπογιγνομένης“ „Gesundheit ist zwar vorhanden, Krankheit
aber verschwunden“. Demosthenes gebraucht das Verb für
die Abwesenheit einer Person für eine gewisse Zeit (De
Chersoneso 35.7): „δέκα μῆνας ἀπογενομένου τἀνθρώπου”.
“als dieser Mensch zehn Monate verschwunden war”. Vgl.
Flavius Josephus, Antiquitates Judaicae 5.1, 1: „τοιούτων δὴ
κακῶν ἀπογεγονότες […]“. „Seitdem sind wir so große
Unglückfälle losgeworden […]“. Die Angabe μώλωπι („durch
die Wunde“) ist dem Numerus nach Singular. Auch im Alten
Testament wird bei diesem Wort und dem entsprechenden
hebräischen der Numerus unterschieden, sodass hier das
Leiden in seiner Ausprägung nicht in den einzelnen
Aspekten, sondern insgesamt, ungeteilt und zusammen
gesehen werden, entsprechend dem Unterschied „durch
sein Leid“ vs. „durch seine Leiden“.
2.25 Ἦτε γὰρ ὡς Denn ihr wart wie Da Petrus vom Irrtum der Ungläubigen geschrieben hat,
πρόβατα irrende Schafe. Doch verweist er nun darauf, dass die Adressaten diesen
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 39

πλανώμενα· ἀλλ᾽ nun kehrtet ihr um zum Hintergrund vor ihrer Bekehrung auch hatten, nun aber zu
ἐπεστράφητε νῦν ἐπὶ Hirten und Aufseher Christus umgekehrt sind und ihm wie Schafe einem Hirten
τὸν ποιμένα καὶ eurer Seelen. nachfolgen (vgl. Johannes 10.27), und er auf ihre Seelen
ἐπίσκοπον τῶν achtet. Damit endet die Ausführung zur Unterordnung der
ψυχῶν ὑμῶν. Untergebenen und Petrus kommt auf das nächste Beispiel,
bei dem sich die genannte Unterordnung auch zeigt.
3.1 Ὁμοίως, αἱ Genauso ihr Frauen, Der Schöpfungsordnung nach ist die Frau dem Mann
γυναῖκες, (seid) den eigenen untergeordnet und im christlichen Bereich hat dies zur
ὑποτασσόμεναι τοῖς Männern Geltung zu kommen. Ὁμοίως („genauso“) bezieht sich daher
ἰδίοις ἀνδράσιν, ἵνα, untergeordnet, damit, ebenfalls auf das Thema der Unterordnung, das Petrus ab
καὶ εἴ τινες selbst wenn einige dem Kapitel 2.13 eingeführt hat. Wie Unterordnung allgemein
ἀπειθοῦσιν τῷ λόγῳ, Wort ungehorsam sind, einzuhalten ist, gilt sie genauso für Frauen in Bezug auf ihre
διὰ τῆς τῶν sie durch den Wandel Männer, da hier dieselbe Ordnung der von Gott
γυναικῶν der Frauen ohne Wort eingesetzten Autorität Gültigkeit hat. Der Nominativ αἱ
ἀναστροφῆς ἄνευ gewonnen werden, γυναῖκες (“ihr Frauen“) ist als Vokativ gebraucht, da im
λόγου nächsten Vers die direkte Anrede mit („euren“) weiterläuft.
κερδηθήσονται, Das Objekt der Unterordnung wird mit τοῖς ἰδίοις ἀνδράσιν
(„den eigenen Männern“) angegeben, d.h. die
Unterordnung gilt nicht allgemein im Mann-Frau-Verhältnis,
sondern speziell in Bezug auf die Ehe. Den Zweck davon gibt
Petrus mit ἵνα („damit“) an, d.h. die Unterordnung hat auch
eine positive Auswirkung für andere und ist nicht reiner
Selbstzweck, denn die Ehe ist ein Bild auf Christus und die
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 40

Versammlung und diese soll darin abgebildet werden,


sodass Außenstehende gewonnen werden. In dem Ausdruck
ἄνευ λόγου (“ohne Wort“) zeigt sich, dass das Verhalten
lauter spricht als Worte.
3.2 ἐποπτεύσαντες euren in Ehrfurcht Die Angabe ἐν φόβῳ („in Ehrfurcht“) bezieht sich auf die
τὴν ἐν φόβῳ ἁγνὴν reinen Wandel Hochachtung Gott gegenüber, die auch zum Respekt der
ἀναστροφὴν ὑμῶν. beobachtet habend, Autorität des Mannes führt.
3.3 Ων ἔστω οὐχ ὁ deren Schmuck nicht Petrus verlässt nun an dieser Stelle die direkte Ansprache an
ἔξωθεν ἐμπλοκῆς das Äußere sein soll, die Frauen und redet über sie als über Dritte („deren“),
τριχῶν, καὶ des Flechtens der Haare womit die Aussage allgemeiner Natur ist, da er sonst ὑμῶν
περιθέσεως und Umhängens von („euer“) verwendet hätte. Dabei kontrastiert er den stillen
χρυσίων, ἢ ἐνδύσεως goldenen Dingen oder Wandel und den stillen Geist der Frauen im nächsten Vers
ἱματίων κόσμος· Anlegens von Kleidern, mit den übertriebenen Äußerlichkeiten: Haare, Schmuck
und Kleidung. Alles Dinge, die in der Welt einen
ungebührend wichtigen Stellenwert haben, bei Gott aber
unwichtig im Gegensatz zum inneren Schmuck ist.
3.4 ἀλλ᾽ ὁ κρυπτὸς sondern der verborgene Nach der Erwähnung von vergänglichem Schmuck legt
τῆς καρδίας Mensch des Herzens im Petrus nun den Schwerpunkt auf den wichtigen Schmuck,
ἄνθρωπος, ἐν τῷ unvergänglichen der nicht äußerlich, sondern innerlich ist und sich auf die
ἀφθάρτῳ τοῦ (Schmuck) des sanften Geisteshaltung der Frauen bezieht. Diese hat sanft und still
πρᾳέος καὶ ἡσυχίου und stillen Geistes, der zu sein, womit auch die positive Wirkung nach außen, die
πνεύματος, ὅ ἐστιν vor Gott wertvoll ist. Petrus genannt hat, bewirkt werden kann, sodass die
ἐνώπιον τοῦ θεοῦ Unterordnung zum Ausdruck kommt.
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 41

πολυτελές.
3.5 Οὕτως γάρ ποτε Denn so pflegten sich Dies wird mit dem Beispiel der gottesfürchtigen Frauen in
καὶ αἱ ἅγιαι γυναῖκες damals auch die früheren Tagen illustriert, die Petrus additiv (d.h.
αἱ ἐλπίζουσαι ἐπὶ heiligen Frauen zu erweiternd) mit καὶ („auch“) mit den angesprochenen
θεὸν ἐκόσμουν schmücken, die auf Gott Frauen seiner Tage verknüpft, denn nicht nur damals war
ἑαυτάς, hofften, sich den dies der geeignete Schmuck, er ist es auch heute. Das
ὑποτασσόμεναι τοῖς eigenen Männern Imperfekt ἐκόσμουν („pflegten zu schmücken“) drückt eine
ἰδίοις ἀνδράσιν· unterordnend. anhaltende Haltung der Frauen in der Vergangenheit aus,
die im Deutschen mit „pflegen zu“ umschrieben werden
kann, um den Durativ zum Ausdruck zu bringen, der dafür
charakteristisch ist.
3.6 ὡς Σάρρα So wie Sarah Abraham Wenn Frauen sich nach Gottes Vorstellungen ihren Männern
ὑπήκουσεν τῷ gehorchte, ihn Herr unterordnen und Gutes tun, ist es zu erwarten, dass dies auf
Ἀβραάμ, κύριον nennend, deren Kinder Unverständnis von außen stößt, daher ruft Petrus auf, den
αὐτὸν καλοῦσα, ἧς ihr wurdet, Gutes tuend Schrecken, d.h. die Einschüchterungen dadurch, nicht zu
ἐγενήθητε τέκνα, und gar keinen fürchten. Die doppelte Verneinung μὴ μηδεμίαν („nicht
ἀγαθοποιοῦσαι καὶ Schrecken fürchtend. keine“) verstärkt die Negation. Vgl. Sprüche 3.25: „ καὶ οὐ
μὴ φοβούμεναι φοβηθήσῃ πτόησιν ἐπελθοῦσαν οὐδὲ ὁρμὰς ἀσεβῶν
μηδεμίαν πτόησιν. ἐπερχομένας“. „und du brauchst weder kommenden
Schrecken zu fürchten, noch die kommenden Angriffe der
Gottlosen“.
3.7 Οἱ ἄνδρες Genauso ihr Männer Petrus gibt nun den Ehemännern Anweisungen, wie sie dem
ὁμοίως, (sollt) mit Einsicht mit Charakter der Ehefrauen entsprechend mit ihnen umgehen
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 42

συνοικοῦντες κατὰ dem weiblichen als dem sollen und verbindet dies mit der Folge, dass dann die
γνῶσιν ὡς schwächeren Gefäß Gebete nicht verhindert werden. Die Frauen sind schwächer
ἀσθενεστέρῳ σκεύει zusammenleben, Ehre als Männer und ebenfalls Miterben der Gnade des ewigen
τῷ γυναικείῳ, erweisend als den auch Lebens. D.h. in irdischer Hinsicht sind sie verschieden, in
ἀπονέμοντες τιμὴν Miterbenden der Gnade geistlicher Hinsicht gibt es keinen Unterschied, da sie
ὡς καὶ des Lebens, damit eure genauso das Heil haben können wie Männer. Mit dem Wort
συγκληρονόμοις Gebete nicht συνοικέω („zusammenwohnen“, „zusammenleben“), das
χάριτος ζωῆς εἰς τὸ unterbrochen werden. ein Dativobjekt (hier: das weibliche Gefäß) anschließt,
μὴ ἐγκόπτεσθαι τὰς beschreibt Petrus nicht nur das bloße Wohnen, sondern den
προσευχὰς ὑμῶν. Umgang miteinander, sodass die Anweisungen nicht nur auf
das Haus beschränkt sind und „zusammenleben“ geeigneter
erscheint, auch wenn in der Wurzel des Verbs „Haus“
beinhaltet ist. Vgl. zur Phrase κατὰ γνῶσιν („mit Einsicht“)
Epiphanius 21.1,3: „ἔγνω γὰρ ὁ πατὴρ τὴν ὥραν καὶ τὴν
ἡμέραν, ἔγνω αὐτὴν καὶ κατὰ γνῶσιν καὶ κατὰ πρᾶξιν“.
„Denn der Vater kennt die Stunde und den Tag, er kennt sie
sowohl dem Wissen nach, als auch der Wirkung nach“. Dito
22.3, 4: „καὶ οὐκ οἴδασι κατὰ γνῶσιν πράξεως“. „Und der
Erkenntnis über die Tat nach wissen sie nichts“, bzw.
Epiphanius Panarion (= Adversus haereses) 3.470,16: „ Ἀλλ’
ὅμως ἔγνω τὴν Μαρίαν ὁ Ἰωσήφ, οὐ κατὰ γνῶσίν
τινα χρήσεως, οὐ κατὰ γνῶσιν κοινωνίας, ἀλλ’ ἔγνω αὐτήν,
τιμῶν τὴν ἐκ θεοῦ τετιμημένην“. „Aber auf jeden Fall
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 43

erkannte Joseph Maria nicht nach Kenntnis über Intimität


nach, nicht nach Kenntnis über Verkehr nach, sondern er
erkannte sie, wie eine von Gott Geschätzte, sie ehrend“,
bzw. Joannes Philoponus, In Aristotelis libros de generatione
et corruptione commentaria 14,2; 268.28: „μεταβάλλει δὲ ἡ
ψυχὴ κατὰ γνῶσιν“. „Die Seele richtet sich nun nach dem
Wissen“. Das Zusammenleben von Mann und Frau hat von
Seiten des Mannes mit dem Wissen zu erfolgen, dass die
Frau schwächer ist, worauf Rücksicht zu nehmen ist. Catena
in epistulam Petri i (catena Andreae) (e cod. Oxon. coll. nov.
58) umschreibt den Ausdruck: „εἰδότας ὡς ἀσθενέστερον
σκεῦος τὸ τῶν γυναικῶν“. „Wissend um das schwächere
Gefäß der Frauen“. Vgl. auch Clemens Alexandrinus,
Stromata 4.6,30: „διαφέρει δ’, οἶμαι, τὸ κατὰ μίμησιν
ἑλέσθαι τοῦ κατὰ γνῶσιν ἑλομένου, ὡς τὸ πεπυρωμένον καὶ
τὸ πεφωτισμένον τοῦ πυρὸς καὶ τοῦ φωτός“. „Es
unterscheidet sich aber, meine ich, die Wahl nach der
Nachahmung von der (Wahl) nach Erkenntnis wie das vom
Feuer Entzündete und das vom Licht Erleuchtete vom Feuer
und vom Licht“. Die Behandlung der Frauen durch die
Männer hat also der Einsicht Rechnung zu tragen, dass die
Männer stärker und die Frauen schwächer erschaffen
wurden. Nicht unwichtig ist, dass ὡς (“wie“, „dass“) in
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 44

Verbindung mit Verben des Wissens, den Inhalt davon


anzeigt, wozu die Subjunktion „dass“ geeignet ist. Vgl.
Apostelgeschichte 10.28, 2Chronika 2,7 bzw. den Eintrag
dazu Lexikon nach Liddell-Scott. Ephraem Syrus gibt den
Gegensatz der Phrase an (Reprehensio sui ipsius et
Confessio 341.3): „οὐ γὰρ κατὰ πλάνην, ἀλλὰ κατὰ γνῶσιν“.
„Nicht aus Irrtum, sondern mit Einsicht“. Zur Verhinderung
der Gebete vgl. Flavius Josephus, Bellum Judaicum 1.629:
„Τοιαῦτα λέγων αὐτὸς μὲν ὑπὸ συγχύσεως ἐνεκόπη
Νικολάῳ δ᾽ ἑνὶ τῶν φίλων λέγειν τὰς ἀποδείξεις“. „Indem er
dies sagte, wurde er von innerer Bewegung unterbrochen,
befahl aber Nikolaus, einem seiner Freunde, die Beweise zu
nennen“. Vgl. auch Dito, 6.111: „Ταῦτα λέγων ὁ Ἰώσηπος
μετ᾽ ὀδυρμοῦ καὶ δακρύων λυγμῷ τὴν φωνὴν ἐνεκόπη”.
„Als Josephus mit Seufzen und Tränen gesprochen hatte,
wurde die Stimme von Schluchzen unterbrochen“. Durch
die Anweisungen will Petrus verhindern, dass die Gebete
nicht stattfinden und verhindert werden, sondern
ungehindert erfolgen können.
3.8 ὸ δὲ τέλος, Zuletzt nun, (seid) alle Mit ὸ δὲ τέλος („zuletzt nun“) verlässt Petrus das Motiv der
πάντες ὁμόφρονες, gleichgesinnt, Unterordnung und beginnt seinen letzten Punkt. Dabei
συμπαθεῖς, mitleidend, versucht der Apostel anhand von Gegensätzen deutlich zu
φιλάδελφοι, bruderliebend, machen, wie eine Abkehr vom Bösen und eine
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 45

εὔσπλαγχνοι, barmherzig, freundlich Verwirklichung vom Guten aussehen kann. Dabei beginnt er
φιλόφρονες· gesinnt, mit positiven Ausprägungen.
3.9 μὴ ἀποδιδόντες nicht Böses mit Bösem Der Realität des Bösen in der Welt Rechnung tragend
κακὸν ἀντὶ κακοῦ, ἢ vergeltend, oder untersagt er, dies nachzuahmen und mit gleicher Münze
λοιδορίαν ἀντὶ Schmähung mit zurückzuzahlen, sondern darauf mit Gutem zu antworten.
λοιδορίας· Schmähung, sondern im Dies hat im Bewusstsein zu geschehen, dass man selbst
τοὐναντίον δὲ Gegenteil segnend, Segen von Gott erfährt und dieser selbst nicht mit Bösem
εὐλογοῦντες, εἰδότες wissend, dass ihr dazu antwortet, sondern im Guten.
ὅτι εἰς τοῦτο berufen wurdet, dass
ἐκλήθητε, ἵνα ihr Segen erbt.
εὐλογίαν
κληρονομήσητε.
3.10 Ὁ γὰρ θέλων Denn wer das Leben Indem das Böse getan wird zeigt sich die Lebensfeindlichkeit
ζωὴν ἀγαπᾷν, καὶ liebt und gute Tage der Menschen in der Welt, denn dies bedingt, dass das
ἰδεῖν ἡμέρας sehen will, halte seine
Leben nicht gelingen kann und Schwierigkeiten auftreten,
ἀγαθάς, παυσάτω Zunge vom Bösen ab die sonst zu vermeiden wären. Das veranschaulicht Petrus
τὴν γλῶσσαν αὐτοῦ und seine Lippen, um anhand einer Referenz zum Alten Testament mit dem Reden
ἀπὸ κακοῦ, καὶ χείλη nicht Trug zu reden. von bösen Dingen und Betrug. Dies geschieht anhand eines
αὐτοῦ τοῦ μὴ synonymen Parallelismus, denn „Zunge“ und „Lippe“ sind
λαλῆσαι δόλον· vergleichbar, sowie „Böses“ und „Trug“, sodass die
Aussagen ähnlich sind und sich gegenseitig verstärken.
3.11 ἐκκλινάτω ἀπὸ Er wende sich ab vom Mit einer grundsätzlichen Aussage beginnend, zeigt Petrus
κακοῦ, καὶ ποιησάτω Bösen und tue Gutes. Er eine Möglichkeit, Gutes zu tun, nämlich den Frieden zu
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 46

ἀγαθόν· ζητησάτω suche Frieden und jage suchen und ihm zu folgen. Da in der Welt der Unfriede
εἰρήνην, καὶ διωξάτω ihm nach. herrscht, ist der Friede erst zu suchen und wenn er
αὐτήν. gefunden ist, dann nicht mehr wieder loszulassen, sondern
an ihm dran bleiben.
3.12 Ὅτι ὀφθαλμοὶ Weil die Augen des Die Abkehr vom Bösen und Verwirklichung des Guten ist mit
κυρίου ἐπὶ δικαίους, Herrn auf die Gerechten der Erhöhrung der Gebete verbunden. Die Präposition ἐπὶ
καὶ ὦτα αὐτοῦ εἰς und seine Ohren auf ihr ist hier adversativ („gegen“) wie z.B. in Johannes 13.8 („hat
δέησιν αὐτῶν· Flehen, aber das seine Verse gegen mich erhoben“).
πρόσωπον δὲ κυρίου Angesicht des Herrn
ἐπὶ ποιοῦντας κακά. gegen die (gerichtet ist),
die Böses tun.

3.13 Καὶ τίς ὁ Und wer ist es, der euch Petrus stellt hier den Normalfall dar, nämlich, dass es
κακώσων ὑμᾶς, ἐὰν Böses tut, wenn ihr eigentlich keinen Grund gibt, wenn man Gutes tut, von
τοῦ ἀγαθοῦ μιμηταὶ Nachahmer des Guten anderen dafür schlecht behandelt zu werden, sodass die
γένησθε; geworden seid? Frage mit „niemand“ zu beantworten ist. Im nächsten Vers
kommt Petrus auf die traurige Ausnahme davon zu
sprechen.
3.14 Ἀλλ᾽ εἰ καὶ Doch wenn ihr auch Petrus stellt diese Aussage im Optativ als reine Möglichkeit
πάσχοιτε διὰ wegen der dar, die geschehen könnte, aber nicht notwendigerweise
δικαιοσύνην, Gerechtigkeit leiden muss. Sollte es wider Erwarten anders kommen als im Vers
μακάριοι· τὸν δὲ solltet, (seid ihr) davor, ist die Person dennoch glücklich zu schätzen. Zur
φόβον αὐτῶν μὴ glücklich. Fürchtet aber Figura etymologica „Furcht fürchten“ vgl. die direkteste
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 47

φοβηθῆτε, μηδὲ nicht ihre Furcht, noch Parallelstelle in Jesaja 8.12: „μήποτε εἴπητε σκληρόν πᾶν
ταραχθῆτε· seid erschreckt, γάρ ὃ ἐὰν εἴπῃ ὁ λαὸς οὗτος σκληρόν ἐστιν τὸν δὲ φόβον
αὐτοῦ οὐ μὴ φοβηθῆτε οὐδὲ μὴ ταραχθῆτε“. „Niemals sollt
ihr hart reden! Denn alles, was dieses Volk redet, ist hart;
seine Furcht sollt ihr keinesfalls fürchten, und ihr sollt nicht
beunruhigt sein!“ Es sind zwei Deutungen möglich: Es geht
um die Furcht, die die Außenstehenden haben, d.h. wie sie
sich fürchten. Das soll bei Christen anders sein. Dann kann
aber auch die Furcht vor ihnen gemeint sein. Natürlich sind
alle zwei Deutungen irgendwie sinnvoll, nur was genau hat
Petrus gemeint? Vgl. Homerus, Ilias 15.311: „ Τρῶες δὲ
προὔτυψαν ἀολλέες, ἦρχε δ’ ἄρ’ Ἕκτωρ μακρὰ βιβάς·
πρόσθεν δὲ κί’ αὐτοῦ Φοῖβος Ἀπόλλων εἱμένος ὤμοιιν
νεφέλην, ἔχε δ’ αἰγίδα θοῦριν δεινὴν ἀμφιδάσειαν
ἀριπρεπέ’, ἣν ἄρα χαλκεὺς Ἥφαιστος Διὶ δῶκε φορήμεναι
ἐς φόβον ἀνδρῶν“. „Dann drängten sich die Trojaner in
enger Menge vorwärts, und Hektor führte sie mit großen
Schritten voran, während Phoibos Apollo, dessen Schultern
mit einer Wolke umwickelt waren und das Ziegenfell des
Sturzes trugen, mit zotteligen Fransen bekleidet, schrecklich
glänzend hell, das der Schmied Hephaistos dem Zeus zum
Schrecken der Männer gab“. Dies erscheint als Beispiel für
den Schrecken, den Männer im Anblick des Auftretens
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 48

Apollos bekamen und würde damit der ersten Deutung


entsprechen, nämlich über einen Schrecken handeln, den
jemand haben kann. Vgl. zur zweiten Deutung „Furcht vor
etwas“ Xenophon, Cynegeticus, 5.28, 1: „καὶ οἱ φόβοι τῶν
κυνῶν ὅταν διώκωνται“. „Und die Ängste (der Hasen) vor
den Hunden, wenn sie gejagt werden“. Bei Petrus
entspräche das der Angst vor den Menschen, die Christen
nicht haben sollten.
3.15 κύριον δὲ τὸν sondern heiligt Gott, Indem Petrus das Objekt κύριον τὸν θεὸν (“Gott, den
θεὸν ἁγιάσατε ἐν den Herrn, in euren Herrn“) an den Anfang setzt, bewirkt er eine deutliche
ταῖς καρδίαις ὑμῶν· Herzen, immer auch Betonung dieses Satzgliedes. Demosthenes verwendet beide
ἕτοιμοι δὲ ἀεὶ πρὸς bereit zur Verteidigung auch von Petrus gebrauchten Worte, ἀπολογία
ἀπολογίαν παντὶ τῷ jedem (gegenüber), der („Verteidigung“) und λόγος („Aussage“), im Kontext einer
αἰτοῦντι ὑμᾶς λόγον eine Aussage über die Gerichtsrede (Contra Leocharem 51.7): „εἰ δὲ τὴν ἀπολογίαν
περὶ τῆς ἐν ὑμῖν Hoffnung in euch ἐναντίαν τῇ διαμαρτυρίᾳ ποιήσονται, πῶς οὐκ ἢ τὸν λόγον
ἐλπίδος, μετὰ wünscht, mit Sanftmut ἀνάγκη ἢ τὴν διαμαρτυρίαν ψευδῆ εἶναι;“ „Wenn nun die
πρᾳΰτητος καὶ und Ehrfurcht, gegnerische Verteidigung mit einem Eid vorgenommen wird,
φόβου· wie kann dann nicht entweder die Aussage oder der Eid
falsch sein?“. Damit bezieht sich die „Verteidigung“ auf die
Einordnung und Klassifikation, d.h. bei Petrus, dass der
Glaube gegenüber Außenstehenden verteidigt werden soll,
und λόγος auf die erwünschte Aussage und Erklärung,
Beweisführung und Begründung, den Glauben zu
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 49

rechtfertigen. Eine Verteidigung muss mit einer Begründung


und Ausführung und Beweisen einhergehen, damit sie
plausibel und überzeugend für andere ist, so auch die des
Glaubens. Vgl. dazu auch Flavius Josephus, Antiquitates
Judaicae 17.127,2: „Νικολάου τε παυσαμένου τῶν τε λόγων
καὶ τῶν ἐλέγχων Οὔαρος ἐκέλευσεν Ἀντίπατρον ἐπ’
ἀπολογίᾳ τῶν ἐγκλημάτων χωρεῖν“. „Nachdem Nikolaus
dann mit den Aussagen und den Beweisführungen endete,
befahl Varus dem Antipater, zur Verteidigung der
Anschuldigungen zu kommen“.
3.16 συνείδησιν ein gutes Gewissen Petrus nimmt Bezug darauf, in welchem Charakter das
ἔχοντες ἀγαθήν, ἵνα, habend, damit sie in Zeugnis nach außen zu geschehen hat, nämlich mit gutem
ἐν ᾧ καταλαλοῦσιν dem, wo sie gegen euch Gewissen, das mit dem ebenfalls genannten guten
ὑμῶν ὡς κακοποιῶν, reden wie (gegen) Lebenswandel einhergeht. Wenn diese Voraussetzung
καταισχυνθῶσιν οἱ Übeltäter, euren guten gegeben ist, ist es möglich (auch wenn Außenstehende
ἐπηρεάζοντες ὑμῶν Wandel in Christus darüber schlecht reden, da sie Christus verachten und alles,
τὴν ἀγαθὴν ἐν verachtend, beschämt was ihm ähnlich ist), sie genau damit zu beschämen, wohl
χριστῷ ἀναστροφήν. werden. daher, da deren eigener Lebenswandel sie im Vergleich zu
dem der Christen irritiert.
3.17 Κρεῖττον γὰρ Denn besser (ist es), Ein vorbildlicher Lebenswandel, der zu Leiden durch
ἀγαθοποιοῦντας, εἰ dass ihr Gutes tuend, Außenstehende führen kann, ist besser als ein negativer, der
θέλοι τὸ θέλημα τοῦ wenn der Wille Gottes ebenfalls zu Leiden führen kann. Leiden sind in der Welt
θεοῦ, πάσχειν, ἢ es wollen sollte, leidet, nicht zu vermeiden, aber dann für das Gute. Κρεῖττον
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 50

κακοποιοῦντας. als Böses tuend. („besser“) steht betont am Satzanfang und wird ohne
Kopula („ist“) gebraucht, woran sich ein AcI (ein Akkusativ
mit einem Infinitiv) anschließt. Das Subjekt ist „ihr“ statt
„man“ (zu erschließen aufgrund des Plurals der Partizipien).
Der Optativ θέλοι („sollte er wollen“) ist ein Potentialis, d.h.
Petrus erwähnt die reine Möglichkeit, dass Gott dies wollen
könnte, d.h. die Verwendung ist epistemisch, also eine
Einschätzung des Petrus, dass das Zustandekommen
möglich, aber nicht notwendig ist.
3.18 Ὅτι καὶ χριστὸς Denn auch Christus litt Der Ausdruck δίκαιος ὑπὲρ ἀδίκων („als Gerechter für
ἅπαξ περὶ ἁμαρτιῶν einmal für Sünden, (als) Ungerechte“) ist ohne Artikel („der Gerechte“) und eine
ἔπαθεν, δίκαιος Gerechter für subjektbezogene Angabe, zeigt in welcher Eigenschaft und
ὑπὲρ ἀδίκων, ἵνα Ungerechte, damit er Charakter Christus, der das Subjekt ausmacht, gelitten hat.
ὑμᾶς προσαγάγῃ τῷ euch zu Gott hinführte, Der Dativ σαρκί („dem Fleisch nach“) bezieht sich auf die
θεῷ, θανατωθεὶς μὲν zwar dem Fleisch nach menschliche Existenz, d.h. auf das Menschsein. Nicht als
σαρκί, ζῳοποιηθεὶς getötet, aber dem Geist Mensch wirkte der Herr bereits in den Tagen Noahs, nämlich
δὲ πνεύματι, nach lebendig gemacht, im Geist.

3.19 ἐν ᾧ καὶ τοῖς ἐν durch den er auch den Durch den Geist Christi wurde auch den damaligen
φυλακῇ πνεύμασιν Geistern im Gefängnis, Menschen gepredigt, evtl. dadurch, dass Noah diesen Geist
πορευθεὶς ἐκήρυξεν, nachdem er in sich hatte und in dessen Kraft predigte. Nachdem die
hingegangen war, Menschen aber die Botschaft abgelehnt hatten, kamen sie
predigte, um und befinden sich seither im Gefängnis, aufbewahrt auf
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 51

den Tag des Gerichts. Einige Schreiber (z.B. Cyrillus, der in


Catena in epistulam Petri I, 66.23 so auch zitiert wird: „Τῇ
ψυχῇ πορευθεὶς ἐκήρυξε τοῖς ἐν ᾅδου”. “Mit der Seele
predigte er denen im Hades, nachdem er hingegangen war”.
Der Autor führt dann aus, ohne Bezug zur Schrift, dass
Christus dann die Ketten der Gefangenen gesprengt hätte
und die Ungläubigen aus dem Gefängnis nach draußen
brachte und sie dort befreite. Menschlich ist der Gedanke
attraktiv, doch nur reine Irrlehre, da in Lukas 16 steht, dass
es keine Möglichkeit gibt aus dem Hades zu entkommen.)
nehmen an, dass Christus in den Hades hinabgestiegen ist,
um dort zu predigen. Es steht nichts davon da, dass sie aus
dem Gefängnis befreit wurden, etwa anders als
Constantinus Harmenopulus, Manuale legum sive
Hexabiblos 1.4,9, der von einer Amnestie Gefangener zu
einem Fest spricht (vgl. die Freilassung von Barabas):
„πάντες οἱ ἐν φυλακῇ ἀπολυέσθωσαν“ . „Alle im Gefängnis
sollten freigelassen werden“. Zum einen ist es eine Sache
der Interpretation, wohin der Herr gegangen ist, denn von
Hades steht nichts im Text. Genauso könnte man
annehmen, dass der Herr Jesus im Heiligen Geist damals zu
den Menschen hingegangen ist, die das Evangelium
ablehnten und sicher, das ist ja hier der Kontext, Noah, der
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 52

den Geist Christi hatte und durch den offenbar der Geist
wirkte und zur Umkehr rief, angefeindet wurde, aber
zumindest keinen Glauben fand. Noah, der Gerechte, wollte
ebenfalls Ungerechte zu Gott führen, leider (bis auf seine
Familie) erfolglos. Eine Stelle bei Ruth gebraucht auch diese
Verwendung: Es wird auch da gesagt, Ruth hätte denen, die
jetzt tot sind, damals zu Lebzeiten gedient (analog: die jetzt
im Hades sind, denen wurde einst gepredigt): Ruth 1.8 „Da
sprach Noomi zu ihren beiden Schwiegertöchtern: Gehet,
kehret um, eine jede zum Hause ihrer Mutter. Jehova
erweise Güte an euch, so wie ihr sie an den Verstorbenen
und an mir erwiesen habt“. Somit kann man annehmen,
dass das Wohin, die damaligen Menschen meinte, zu denen
der Geist Christi in der Person des Noah ging. Nachdem
diese nicht glaubten, sind sie nun im Hades bzw. werden auf
den Tag der Auferstehung hin im Gefängnis festgehalten.
Somit könnte man sagen, dass Christus durch seinen Geist in
den Tagen Noahs durch diesen Prediger zu den Menschen
ging und ihnen die Rettung verkündigte. Diese lehnten die
Botschaft ab, und befinden sich derzeit in Gefangenschaft,
eben aufgrund ihres Ungehorsams. Die Deutung des
Abstiegs in den Hades um seinen Sieg zu proklamieren, ist
dem Text nach zwar nicht vollkommen ausgeschlossen, aber
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 53

doch mit vielen Problemen verbunden, da der Herr Jesus ja


nach seinem Tod überhaupt nicht im Hades war, sondern im
Paradies (vgl. die Aussage des Herrn an den Verbrecher
neben ihm am Kreuz, dass beide nach dem Tod im Paradies
und nicht im Hades sein würden) und somit konnte er nicht
im Gefängnis gepredigt haben. Das Partizip πορευθεὶς
(„hingegangen“) ist vorzeitig zum Hauptverb ἐκήρυξεν („er
predigte“), d.h. erst ging der Herr im Geist zu den
Verlorenen und dann predigte er. Das ist die natürliche
Abfolge, die auch durch das Tempus zum Ausdruck kommt.
3.20 ἀπειθήσασίν die einst ungehorsam Das Imperfekt des seltenen Präfixverbs ἀπεξεδέχετο (“sie
ποτε, ὅτε waren, als Gottes war am Abwarten“) ist eine dauerhafte Handlung in der
ἀπεξεδέχετο ἡ τοῦ Langmut in den Tagen Vergangenheit und kann mit der deutschen Verlaufsform
θεοῦ μακροθυμία ἐν Noahs am Abwarten ausgedrückt werden, um dies deutlich zu machen. Die
ἡμέραις Νῶε, war, während eine Kombination der Richtungsangabe εἰς („in hinein“) und
κατασκευαζομένης Arche vorbereitet διασῴζω („(hindurch) retten“) ist auch bei Thucydides,
κιβωτοῦ, εἰς ἣν wurde, in die hinein Historiae 3.108,3: „ἐπαναχωροῦντες δὲ ὡς ἑώρων τὸ πλέον
ὀλίγαι, τοῦτ᾽ ἔστιν wenige, das heißt, acht νενικημένον καὶ οἱ ἄλλοι Ἀκαρνᾶνες σφίσι προσέκειντο,
ὀκτὼ ψυχαί, Seelen, gerettet wurden χαλεπῶς διεσῴζοντο ἐς τὰς Ὄλπας, καὶ πολλοὶ ἀπέθανον
διεσώθησαν δι᾽ durch Wasser, αὐτῶν“. „Als sie nun zurückkehrend den größten Teil
ὕδατος· geschlagen vorfanden und die übrigen Akarnaner sie
drängten, retteten sie sich mühsam nach Olpä und viele von
ihnen wurden getötet“. Damit wird klar, dass die Präposition
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 54

die Richtung angibt, wohinein die Menschen gehen


mussten, um lebendig durch die Wasser der Sintflut
hindurchgerettet zu werden. Vgl. ebenso die Kombination
bei Polybius, Historiae 2.11, 16: „ἡ δὲ Τεύτα πάνυ μετ’
ὀλίγων εἰς τὸν Ῥίζονα διεσώθη“. „Teuta selbst wurde mit
wenigen (Begleitern) nach Rhizon gerettet“.
Bedeutungsmäßig könnte dabei auch an „fliehen zu“ oder
„entkommen nach“ gedacht werden. Noch interessanter ist
eine Passage bei Diodorus Siculus, der alle drei bei Petrus
vorkommenden Präpositionen ebenfalls erwähnt
(Bibliotheca Historica 11.75,6): „μετὰ δὲ ταῦτα Διονύσιος
μὲν ἐξήγαγε τὴν δύναμιν, οἱ δὲ συμμαχοῦντες τοῖς
Καρχηδονίοις Σικελοὶ φθάσαντες τοὺς Συρακοσίους ἔφυγον
διὰ τῆς μεσογείου, καὶ σχεδὸν πάντες διεσώθησαν εἰς τὰς
πατρίδας“. „Danach führte Dionysius die Armee hinaus,
aber die Sizilianer, die in der Armee der Karthager dienten
und den Syrakusern zuvorkamen, flohen durch das
Landesinnere und wurden beinahe alle in die Heimatorte
gerettet“. Vgl. Strabo, Geographica 15.1,5: „ὡς σεμνὸν τὸ
ἐκείνων τοσαῦτα παθόντων αὐτὸν καὶ στρατόπεδον
διασῶσαι μετὰ νίκης διὰ τῶν αὐτῶν ἐθνῶν τε καὶ τόπων“.
„Denn er war der Ansicht, dass es eine großartige Leistung
für ihn sein würde, eine Legion sicher durch dieselben
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 55

Nationen und Länder hindurch gerettet zu haben, in denen


Semiramis und Cyrus solche Katastrophen erlitten hatten“.
Somit ist es deutlich, dass Petrus ggf. von der Rettung durch
die tödlichen Wasser der Sintflut spricht, durch die hindurch
die acht Seelen gerettet wurden, indem sie zuvor in die
Arche eingegangen waren. Jedoch ist δι᾽ ὕδατος („durch
Wasser“) auch instrumental zu verstehen, nämlich, dass
mittels des Wassers Noahs Familien von der gottlosen
Umgebung und dem Leben darin gerettet wurde. Das würde
auch dem nächsten Vers entsprechen (das Wasser der
Taufe, das vor einem Leben in der Welt rettet), da die Taufe
durch Untertauchen vor der gottlosen Welt rettet. Vgl. dazu
Diodorus Siculus, Bibliotheca historica 12.43,3: „γενομένης
δὲ πολιορκίας, καὶ τοῦ Βρασίδου λαμπρότατα
κινδυνεύσαντος, Ἀθηναῖοι μὲν οὐ δυνάμενοι τὸ χωρίον
ἑλεῖν ἀπεχώρησαν πρὸς τὰς ναῦς, Βρασίδας δὲ διασεσωκὼς
τὴν Μεθώνην διὰ τῆς ἰδίας ἀρετῆς καὶ ἀνδρείας ἀποδοχῆς
ἔτυχε παρὰ τοῖς Σπαρτιάταις“. „Als nun die Belagerung
stattfand, kämpfte Brasidas so glänzend, dass die Athener
die Festung nicht einnehmen konnten und sich auf ihre
Schiffe zurückzogen. Brasidas, der (die Stadt) Methone
durch seinen individuellen Mut und Tapferkeit gerettet
hatte, erhielt die Zustimmung der Spartaner“. D.h. die
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 56

Rettung fand mittels oder durch den Mut statt, sodass man
bei Petrus annehmen könnte, dass die Rettung von Noah
vor der Welt der Gottlosen durch oder mittels des Wassers
der Sintflut geschah. Diese Deutung ist zu bevorzugen,
zumal Petrus für die lokale Angabe, zumindest um
Doppeldeutigkeiten zu vermeiden, den Akkusativ gewählt
hätte. Vgl. Ctesias Fragmenta 1b.565: „ἡ δὲ Σεμίραμις
ἐπειδὴ τὸ πλεῖστον μέρος τῶν ἀπὸ τῆς μάχης
διασωζομένων διὰ τὸν ποταμὸν ἔτυχε τῆς ἀσφαλείας“. „Da
Semiramis nun den größten Teil der vom Kampf Geretteten
durch den Fluss hindurch die Sicherheit erwarb“. Hätte
Petrus also den Akkusativ verwendet, wäre die Deutung
eine lokale Angabe, so aber ist sie instrumental. Dafür
spricht auch der fehlende Artikel vor „Wasser“. Ein Beispiel
für instrumentalen Gebrauch in analoger Phrase ist
Diodorus Siculus, Bibliotheca historica 5.27: „τοῦτο δʼ οἱ
περὶ τὰς ἐργασίας ἀσχολούμενοι συνάγοντες ἀλήθουσιν ἢ
συγκόπτουσι τὰς ἐχούσας τὸ ψῆγμα βώλους, διὰ δὲ τῶν
ὑδάτων τῆς φύσεως τὸ γεῶδες πλύναντες παραδιδόασιν ἐν
ταῖς καμίνοις εἰς τὴν χωνείαν“. „Diese, die an den Arbeiten
beteiligt sind, sammeln und mahlen oder zerquetschen die
Klumpen mit dem Goldstaub, und dann spülen sie den
Schmutz mit Wasser weg und legen ihn zum Schmelzen in
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 57

Öfen“. So geschah die Rettung für Noah durch Wasser.


3.21 ὃ ἀντίτυπον νῦν das als Gegenbild jetzt Herodotus, Historiae 1.68,18 illustriert die damalige
καὶ ἡμᾶς σῴζει auch uns rettet, die Verwendung des Wortes ἀντίτυπος (“Gegenbild“) in einer
βάπτισμα, οὐ σαρκὸς Taufe, (sie ist) nicht ein Episode, in der nach einer Befragung des delphischen
ἀπόθεσις ῥύπου, Ablegen des Schmutzes Orakels ein Besuch bei einem Schmied als Erfüllung
ἀλλὰ συνειδήσεως des Fleisches, sondern gedeutet wurde: „τοῦ χαλκέος δύο ὁρέων φύσας τοὺς
ἀγαθῆς ἐπερώτημα eine Bitte um ein gutes ἀνέμους εὕρισκε ἐόντας, τὸν δὲ ἄκμονα καὶ τὴν σφῦραν τόν
εἰς θεόν, δι᾽ Gewissen Gott τε τύπον καὶ τὸν ἀντίτυπον, τὸν δὲ ἐξελαυνόμενον σίδηρον
ἀναστάσεως Ἰησοῦ gegenüber durch die τὸ πῆμα ἐπὶ πήματι κείμενον, κατὰ τοιόνδε τι εἰκάζων, ὡς
χριστοῦ, Auferstehung Jesu ἐπὶ κακῷ ἀνθρώπου σίδηρος ἀνεύρηται“. „In den zwei
Christi, Blasebalken des Schmiedes erkannte er die zwei Winde, die
er gesehen hatte, in dem Hammer und Amboss den Schlag
und den Gegenschlag, in dem Eisen das Unheil“. Das Wort
leitet sich von τύπτω (“schlagen“) ab und bedeutet
ursprünglich, wie oben, der Gegenschlag, also darauf, wo
sich ein Schlag richtet und wodurch dieser gestoppt wird
(hier: Amboss). Bei Platon wird in Theaetetus 156.a,1
„ἀντιτύπους ἀνθρώπους“, also das Adjektiv, für der
Erkenntnis widerstrebende Menschen gebraucht, die
Widerstand leisten, indem sie nicht an eine unsichtbare
Welt glauben. Dann gebraucht Oracula Sibylina, 1.33 das
Wort, als davon berichtet wird, wie Adam seine Frau
erblickte: „ὃ δέ μιν κατιδὼν μέγα θυμῷ θαῦμ’ ἔχεν
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 58

ἐξαίφνης, κεχαρημένος, οἷον ὁρᾶτο ἀντίτυπον μίμημα“·


„Als er nun sie mit großer Ergriffenheit erblickte, geriet er
sofort in Staunen, sich freuend, welche Art von Gegenbild er
als Abbild sah“. Damit wird deutlich, dass Eva als Gegenüber
oder Gegenbild Adams bezeichnet wird, das ihm entspricht
und zu ihm passt. Genauso spiegelt sich bei Petrus das Bild
des Wassers der Sintflut im Wasser der Taufe.
3.22 ὅς ἐστιν ἐν der zur Rechten Gottes Der Ausdruck ὑποταγέντων αὐτῷ ἀγγέλων καὶ ἐξουσιῶν καὶ
δεξιᾷ τοῦ θεοῦ, ist, nachdem er in den δυνάμεων („wobei Engel und Mächte und Kräfte ihm
πορευθεὶς εἰς Himmel gegangen ist, untergeben wurden“) ist ein Genitivus absolutus, bei dem
οὐρανόν, wobei Engel und das Subjekt ein Genitiv und das Prädikat ein Partizip
ὑποταγέντων αὐτῷ Mächte und Kräfte ihm ausmacht. Zum Hauptsatz („er ist zur Rechten Gottes“)
ἀγγέλων καὶ untergeben wurden. aufgrund des Aorists ist zusammen mit dem ersten
ἐξουσιῶν καὶ Nebensatz, πορευθεὶς εἰς οὐρανόν (“nachdem er in den
δυνάμεων. Himmel gegangen ist“) eine Vorzeitigkeit ausgedrückt, d.h.
der Herr ging in den Himmel, worauf ihm die genannten
Engel und Mächte und Kräfte unterworfen wurden (ggf. von
Gott), und ist nun zu seiner Rechten.
4.1 Χριστοῦ οὖν Nachdem also Christus Petrus setzt mit einem Nebensatz in Form eines erneuten
παθόντος ὑπὲρ ἡμῶν für uns dem Fleisch Genitivus absolutus fort. Mit dem Dativ relationis σαρκί
σαρκί, καὶ ὑμεῖς τὴν nach gelitten hat, rüstet („dem Fleisch nach“) gibt Petrus an, in welcher Hinsicht
αὐτὴν ἔννοιαν auch ihr euch mit Christus gelitten hat, nämlich dem Fleisch nach, womit die
ὁπλίσασθε· ὅτι ὁ derselben Haltung, Leiden als Mensch im Vordergrund sind, die auf den Herrn
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 59

παθὼν ἐν σαρκί, denn wer im Fleisch kamen, da er ein gerechtes Leben führte, um uns ein Vorbild
πέπαυται ἁμαρτίας· leidet, hat Ruhe vor der zu hinterlassen. Obwohl das zentrale Lehre der Schrift ist,
Sünde, scheint ὑπὲρ („für“) nicht die Stellvertretung im Gericht
Gottes während der Stunden der Finsternis zu meinen,
sondern die Leiden eines Gerechten, die ihm Ungerechte
angetan haben, sonst wäre eine Vorbildfunktion („dieselbe
Haltung“) nicht möglich, da wir dem Herrn dahin nicht
folgen können, sehr wohl aber Leiden von Seiten der
Menschen zu ertragen, indem wir mit einem Leben der
Sünde abgeschlossen haben. Mit dem Imperativ ὁπλίσασθε
(„rüstet euch“) nimmt Petrus Bezug auf das Kriegswesen,
wo es darum geht, gegen einen Feind gerüstet zu sein.
Dieser ist hier die Sünde. Gegen sie kann man nur durch die
Haltung, die auch der Herr Jesus hatte, ankommen. Das
Wort ἁμαρτίας („vor der Sünde“) ist ein Genitivus
separationis und zeigt an, wovon der Leidende Ruhe hat
bzw. wovon er getrennt ist, nämlich von der Sünde. Indem
Christen bereit sind angefeindet zu werden, wenn sie nicht
an der Sünde teilnehmen, können sie davor Ruhe haben.
Wenn hingegen die Liebe zur Welt im Vordergrund steht, ist
der Sünde Tür und Tor geöffnet und man wird keine Ruhe
davor finden.
4.2 εἰς τὸ μηκέτι um die verbleibende Mit dem finiten Nebensatz gibt Petrus hier an, welches Ziel
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 60

ἀνθρώπων Zeit im Fleisch nicht mit der im Vers davor erwünschten Ausrüstung mit einer
ἐπιθυμίαις, ἀλλὰ mehr für (die) Lüste positiven Haltung zum Leiden, verbunden ist. Die Dative
θελήματι θεοῦ τὸν (der) Menschen, ἐπιθυμίαις („für die Lüste“) und θελήματι („für den Willen“)
ἐπίλοιπον ἐν σαρκὶ sondern für den Willen zeigen das Interesse an, bzw. wofür das Leben geführt bzw.
βιῶσαι χρόνον. Gottes zu leben. nicht mehr geführt wird (Dativus Commodi).

4.3 Ἀρκετὸς γὰρ ἡμῖν Denn die bisherige Zeit Ἀρκετὸς (“ausreichend“, „genug“) bedeutet, dass die
ὁ παρεληλυθὼς (ist) für uns genug, das Christen nicht mehr davon wollen und es ihnen nun reicht,
χρόνος τοῦ βίου τὸ Bestreben der Völker wie sie ihr Leben vor ihrer Bekehrung, d.h. die bisherige Zeit,
θέλημα τῶν ἐθνῶν ausgeführt zu haben, zugebracht hatten. Dieses bestand drin, das zu wollen, was
κατεργάσασθαι, gewandelt in alle anderen Ungläubigen auch wollen und tun. Der Wille
πεπορευμένους ἐν Ausschweifungen, der Nationen wird von Petrus in der stilistischen Form eines
ἀσελγείαις, Lüsten, übermäßigen Merismus, d.h. indem er einzelne Bestandteile davon nennt,
ἐπιθυμίαις, Weingenüssen, plastisch dargestellt. Petrus gebraucht βούλημα
οἰνοφλυγίαις, Vergnügungen, („Bestreben“) und damit nicht θέλημα („Wille“), womit der
κώμοις, πότοις, καὶ Trinkgelagen und Wille in der Ausführung, Absicht und was dieser konkret
ἀθεμίτοις unerlaubten plant, stärker im Vordergrund steht, als nur das reine
εἰδωλολατρείαις· Götzendiensten, willentliche Denken. Polybius, Historiae 29.18 gebraucht das
Wort ἀθέμιτος („unsittlich“, „unerlaubt“, „verboten“): „ Ὁ
δὲ τῶν Μακεδόνων βασιλεύς, ὥς φησι Πολύβιος, τῆς μάχης
ἀρχὴν λαμβανούσης ἀποδειλιάσας εἰς πόλιν ἀφιππάσατο,
σκηψάμενος Ἡρακλεῖ θύειν, δειλὰ παρὰ δειλῶν ἱερὰ μὴ
δεχομένῳ μηδ’ εὐχὰς ἀθεμίτους ἐπιτελοῦντι“. „Der König
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 61

der Mazedonen, wie Polybius sagt, ritt, als er am Anfang des


Kampfes den Mut verlor, in die Stadt, unter dem Anschein
Herakles opfern zu wollen, der feige Weihegaben von Feigen
nicht annimmt, noch unsittliche Gebete erhört“. Damit ist
die eine Bedeutung bestimmt, nämlich unsittliches
Verhalten, das sich im o.g. Beispiel in Feigheit zeigt, oder im
Fall dieses Verses den Götzendienst meint. Eher scheint
jedoch die Verwendung in 2Makkabäer 6.5 geeignet zu sein:
“τὸ δὲ θυσιαστήριον τοῖς ἀποδιεσταλμένοις ἀπὸ τῶν νόμων
ἀθεμίτοις ἐπεπλήρωτο“. „Der Opferaltar füllte sich mit
unreinen, von den Gesetzen verbotenen Gaben“. Vgl. auch
dito, 7.1: „συνέβη δὲ καὶ ἑπτὰ ἀδελφοὺς μετὰ τῆς μητρὸς
συλλημφθέντας ἀναγκάζεσθαι ὑπὸ τοῦ βασιλέως ἀπὸ τῶν
ἀθεμίτων ὑείων κρεῶν ἐφάπτεσθαι μάστιξιν καὶ νευραῖς
αἰκιζομένους“. „Es geschah dann, dass auch sieben Brüder,
die mit der Mutter festgenommen, vom König gezwungen
wurden, verbotenes Schweinefleisch anzurühren, indem sie
mit Geißeln und Stricken gefoltert wurden“. Somit ist der
Zusammenhang wie in Apostelgeschichte 10.28, wo das
Wort etwas aus göttlicher Sicht als unsittlich, unerlaubt und
verboten deklariert. Das trifft auf Götzendienst zweifellos
zu.
4.4 ἐν ᾧ ξενίζονται, worüber sie befremdet Mit ἐν ᾧ (“worüber“) knüpft Petrus an dem Vorigen an,
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 62

μὴ συντρεχόντων sind, da ihr nicht nämlich dass die Adressaten nicht mehr die genannten
ὑμῶν εἰς τὴν αὐτὴν mitlauft zu demselben Dinge treiben, sondern für den Willen Gottes leben. Der
τῆς ἀσωτίας Ausfluss an Unheil, Genitivus absolutus μὴ συντρεχόντων ὑμῶν („da ihr nicht
ἀνάχυσιν, wobei sie lästern, mitlaufet“) drückt den Grund aus, der die Ungläubigen die
βλασφημοῦντες· Christen als befremden erkennen lässt, da sie früher mit
dabei waren und nun nicht mehr. „Mitlaufen“ bzw. „-
rennen“ zeigt dabei an, welche Eile darin liegt, die
genannten Dinge zu tun, dabei kann an Hetze gedacht
werden, mit denen Ungläubige oft ihre Dinge ausführen, um
nichts zu verpassen. Die Richtung, wohin die Menschen
laufen, wird mit εἰς τὴν αὐτὴν τῆς ἀσωτίας ἀνάχυσιν („zu
demselben Ausfluss an Unheil“) bestimmt. Das Wort
ἀνάχυσις („Überfließen“) ist von ἀναχέω („überfließen“)
abgeleitet, das wiederum verwandt mit dem lat. excedere
ist, von dem das Wort „Exzess“ stammt, sodass man von
„heillosen Exzessen“ reden kann. Vgl. Apollonius Rhodius,
Argonautica 1.1062, der es nicht für Wasser, sondern in
Bezug auf Erde gebraucht: „ἔνθ’ ἔτι νῦν περ ἀγκέχυται τόδε
σῆμα καὶ ὀψιγόνοισιν ἰδέσθαι“. „Dort ist jetzt dieser
Grabhügel aufgehäuft und für die Jüngeren zu sehen“. Philo
gebraucht das Wort in Bezug auf das Überfließen von
Flüssen durch Überflutungen (Leg. 1.34): „ποταμοὺς
ἀναχέων ταῖς πλημμύραις“ bzw. von überfließender Freude
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 63

(„ἡ χαρὰ οὐ παροῦσα μόνον ἀλλὰ καὶ ἐλπιζομένη ἀναχεῖ“)


oder Quellen (De Sob. 53.4): „καὶ ἀέναοι πλημμυροῦσαι καὶ
ἀναχεόμεναι τῶν καλῶν πηγαί“.
Während sie vom heiligen Wandel der Christen befremdet
sind, lästern sie. Das Objekt dessen (z.B. „euch“) ist nicht
angegeben, aber oft wird Gott gelästert, die Gegenstände,
die ihm und den Seinen wichtig sind, das Heil, Christus, oder
Fehler der Heiligen etc. Die Befremdung drückt sich konkret
in Lästerung aus.
4.5 οἳ ἀποδώσουσιν die Rechenschaft Zum Ausdruck ἀποδίδωμι λόγον vgl. 2Chronika 34.28
λόγον τῷ ἑτοίμως abgeben werden dem, „ἀπέδωκαν τῷ βασιλεῖ λόγον”. „Und sie erstatteten dem
ἔχοντι κρῖναι ζῶντας der sich bereit hält, König einen Bericht“ bzw. Daniel 6.3 “καὶ ἐπάνω αὐτῶν
καὶ νεκρούς. Lebende und Tote zu τακτικοὺς τρεῖς ὧν ἦν Δανιηλ εἷς ἐξ αὐτῶν τοῦ ἀποδιδόναι
richten. αὐτοῖς τοὺς σατράπας λόγον ὅπως ὁ βασιλεὺς μὴ
ἐνοχλῆται”. „und über diese drei Vorsteher, von welchen
Daniel einer war, um ihnen, den Satrapen, Rechenschaft zu
geben, so dass der König keinen Schaden erlitte“. Vgl.
ebenfalls Matthäus 12.36; Lukas 16.2; Apostelgeschichte
19.40 und Hebräer 13.17. Zum Idiom ἑτοίμως ἔχω (“sich
bereit halten”, „bereit sein“) mit nachfolgendem Infinitiv
vgl. Daniel 3.15; Apostelgeschichte 21.13; 2Korinther 12.14
und zahlreiche Vorkommen bei z.B. Flavius Josephus. Petrus
teilt die Menschheit in bereits Verstorbene und noch
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 64

Lebende. Alle werden eines Tages Gott Rechenschaft über


ihr Leben geben. Im nächsten Vers kommt der Apostel auf
diejenigen zu sprechen, die bereits verstorben sind, aber das
Evangelium gepredigt bekamen.
4.6 Εἰς τοῦτο γὰρ καὶ Denn dazu ist auch Petrus nimmt nun Bezug darauf, welchen Zweck die
νεκροῖς Toten die gute Verkündigung des Evangeliums hatte, als es denen, die nun
εὐηγγελίσθη, ἵνα Botschaft verkündigt tot sind, zu ihren Lebzeiten gepredigt wurde. Zwar würde
κριθῶσιν μὲν κατὰ worden, dass sie zwar die Annahme des Evangeliums dazu geführt haben, dass sie
ἀνθρώπους σαρκί, gemäß den Menschen von anderen ungläubigen Menschen während ihres Lebens
ζῶσιν δὲ κατὰ θεὸν verurteilt würden dem im Fleisch verurteilt und gerichtet würden, wie es Petrus
πνεύματι. Fleisch nach, aber auch seinen Lesern angekündigt hatte, aber gottgemäß im
gemäß Gott leben Hinblick auf das geistliche Leben sein sollten. Der Dativ
mögen dem Geist nach. σαρκί („dem Fleisch nach“) zeigt die physische Existenz
während der Lebenszeit derer an, die nach menschlichen
Maßstäben verurteilt werden. Im Hinblick auf ihr Leben
werden sie von anderen verurteilt. Offenbar nimmt Petrus
auch Bezug auf die Generation der Sintflut und Noah, wobei
der Grundsatz jedoch allgemeingültig ist und so auch heute
seine Berechtigung nicht verloren hat. Die Korrelate μὲν
(„zwar“) und δὲ („aber“) zeigen erst eine Einschränkung
durch die Verurteilung durch Menschen, aber dem Geist
nach gottgemäß leben könnten. Wenn jemand gottgemäß
lebt, ist es unabdingbar, dass er von ungläubigen Menschen
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 65

verurteilt wird.
4.7 Πάντων δὲ τὸ Das Ende aller (Dinge) Die Zeit des Endes nähert sich unaufhaltsam, dies hat zur
τέλος ἤγγικεν· ist nun nahe Folge, dass Gebeten ein hoher Stellewert zukommt, wofür
σωφρονήσατε οὖν gekommen. Seid also Besonnen- und Nüchternheit notwendig ist.
καὶ νήψατε εἰς τὰς besonnen und nüchtern Unbesonnenheit und Unnüchternheit führt dazu, dass
προσευχάς· zu den Gebeten, Gebete keinen hohen Stellenwert haben, etwa indem man
meint, sie brächten ja nichts oder dergleichen unbesonnene
und unnüchterne Gedanken.
4.8 πρὸ πάντων δὲ vor allen (Dingen) aber Wie in 1Korinther 13 zeigt auch Petrus die Liebe als
τὴν εἰς ἑαυτοὺς die Liebe zu einander Schlüssel für Probleme auf, insbesondere, wenn es um
ἀγάπην ἐκτενῆ ausgiebig habend, weil Sünde geht, diese können damit bedeckt werden, d.h. Liebe
ἔχοντες, ὅτι ἀγάπη Liebe eine Menge von rechnet das Böse nicht zu, sondern vergibt und verzeiht.
καλύψει πλῆθος Sünden bedecken wird,
ἁμαρτιῶν·
4.9 φιλόξενοι εἰς zueinander Die genannte Liebe konkretisiert sich in Gemeinschaft,
ἀλλήλους ἄνευ gastfreundlich, ohne sodass Petrus zur Gastfreundschaft aufruft, die nicht mit
γογγυσμῶν· Murren, Murren zu erfolgen hat.
4.10 ἕκαστος καθὼς wie jeder eine Der Apostel setzt voraus, dass jeder Christ eine Gnadengabe
ἔλαβεν χάρισμα, εἰς Gnadengabe empfing, bekommen hat und diese zur Entfaltung kommen muss,
ἑαυτοὺς αὐτὸ (seid) einander damit etwa indem er im Dienst für andere eingesetzt wird. Damit
διακονοῦντες, ὡς dienend, als gute wird die zugeteilte Gnade Gottes gut verwaltet, denn
καλοὶ οἰκονόμοι Verwalter der Christen sind verantwortlich mit dem Anvertrauten gut
ποικίλης χάριτος vielfältigen Gnade umzugehen.
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 66

θεοῦ· Gottes.
4.11 εἴ τις λαλεῖ, ὡς Wenn jemand redet, (so Die Beispiele zeigen, wie die Gnadengabe konkret zur
λόγια θεοῦ· εἴ τις rede er) als Aussprüche Auswirkung kommen kann. Dabei listet Petrus auf, wie man
διακονεῖ, ὡς ἐξ Gottes. Wenn jemand im Reden und in praktischen Dingen Gott verherrlichen
ἰσχύος ὡς χορηγεῖ ὁ dient, (so diene er) aus kann, sodass ihm die Ehre zuteil wird, die er verdient.
θεός· ἵνα ἐν πᾶσιν der Kraft, wie Gott sie
δοξάζηται ὁ θεὸς διὰ bereitstellt, damit in
Ἰησοῦ χριστοῦ, ᾧ allem Gott durch Jesus
ἐστὶν ἡ δόξα καὶ τὸ Christus verherrlicht
κράτος εἰς τοὺς werde, dem die Ehre
αἰῶνας τῶν αἰώνων. und die Macht ist, bis in
Ἀμήν. die Ewigkeiten der
Ewigkeiten. Amen.
4.12 Ἀγαπητοί, μὴ Geliebte, seid nicht Verfolgung ist in der jetzigen Zeit traurige Normalität, die
ξενίζεσθε τῇ ἐν ὑμῖν befremdet durch den nicht zu befremden hat, da Gott das Böse in der Welt noch
πυρώσει πρὸς Brand unter euch, der zulässt, und dieses sich an die richtet, die das Gute wollen
πειρασμὸν ὑμῖν euch zur Erprobung und tun. Damit erprobt Gott auch gleichzeitig den Glauben
γινομένῃ, ὡς ξένου geschieht, als ob euch auf Echtheit. Die Phrase πρὸς πειρασμὸν (“zur Erprobung“)
ὑμῖν συμβαίνοντος· (etwas) Fremdes zeigt die Absicht Gottes hinter der Verfolgung, die als
begegnen würde, πύρωσις („Brand“) bildhaft ausgedrückt wird, dabei stellt
der Dativ πυρώσει den Grund oder die Ursache einer
möglichen Befremdung dar.
4.13 ἀλλὰ καθὸ sondern, insofern ihr Christen haben aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu Christus
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 67

κοινωνεῖτε τοῖς τοῦ Anteil an den Leiden auch Anteil an den Leiden, die in höherem Maße der Herr
χριστοῦ παθήμασιν, Christi habt, freut euch, aufgrund seiner Gerechtigkeit zu erdulden hatte. Dieser
χαίρετε, ἵνα καὶ ἐν τῇ dass bei der erduldete sie im Hinblick auf die künftigen Resultate und
ἀποκαλύψει τῆς Offenbarung seiner auch die Adressaten haben Grund zur Freude, wenn die
δόξης αὐτοῦ χαρῆτε Herrlichkeit ihr euch Leiden beendet sein werden, wenn der Herr in Herrlichkeit
ἀγαλλιώμενοι. jubelnd freut. erscheinen wird. Zum Adverb καθὸ vgl. Herodorus,
Fragmenta 48.4: „Ἡρόδωρος οὖν φησὶν ἑῷον τὸν Ἀπόλλωνα
προσαγορεύεσθαι, καὶ βωμὸν αὐτοῦ εἶναι ἐν τῇ νήσῳ, οὐ
καθὸ ὄρθρῳ ἐπεφάνη αὐτοῖς, ἀλλὰ καθὸ οἱ Ἀργοναῦται
ὄρθρου εἰς αὐτὴν κατέπλευσαν“. „Herodorus sagt nun, dass
Apollos am Morgen angerufen wird und sein Altar auf der
Insel ist, nicht da er ihnen früh erschienen ist, sondern da
die Argonauten früh zu ihr hinuntergesegelt sind“. Damit
könnten die Leiden der Christen den Grund angeben, wieso
sie sich später freuen können. Vgl. Philo, Leg. 3.73: “ὁρᾷς ὅτι
τὸν Εἲρ ἀποκτείνει οὐχ ὁ κύριος, ἀλλ᾽ ὁ θεός· οὐ γάρ, καθὸ
ἄρχει καὶ ἡγεμονεύει δυναστείᾳ κράτους αὐτεξουσίῳ
χρώμενος, ἀναιρεῖ τὸ σῶμα, ἀλλὰ καθὸ ἀγαθότητι καὶ
χρηστότητι χρῆται ὁ θεὸς γὰρ ἀγαθότητός ἐστι τοῦ αἰτίου
ὄνομα“. „Du siehst, dass nicht der Herr den Eir tötet,
sondern von Gott. Denn er tötet den Körper nicht
entsprechend der absoluten und eigenmächtigen Kraft, die
er besitzt und durch die er das Universum regiert, sondern
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 68

entsprechend der Autorität, die er aufgrund seiner Güte und


Vortrefflichkeit besitzt, denn Gott ist der Name der Güte, die
Ursache aller Dinge“. Vgl. Polybius, Historiae 15.23,10:
„Προυσίας δέ, καθὸ μὲν ἡ πρόθεσις αὐτοῦ συντελείας
ἔτυχε, περιχαρὴς ἦν, καθὸ δὲ τὰ μὲν ἆθλα τῆς ἐπιβολῆς
ἕτερος ἀπέφερεν, αὐτὸς δὲ πόλεως οἰκόπεδον ἔρημον
ἐκληρονόμει, δυσχερῶς διέκειτο“. „Prusias war nun, soweit
sein Ziel zwar erreicht worden war, erfreut, aber insofern,
als der Preis des Unternehmens von einem anderen
verschleppt wurde und er als seinen Anteil nichts als das
Wüstengebiet einer Stadt erhielt, war er sehr unzufrieden“.
Petrus beschränkt sich auf den Punkt der Leiden der
Christen für Christus. In dieser Hinsicht können sie sich
freuen, da sie dann bei dessen herrlicher Ankunft mit Jubel
freuen werden.
4.14 Εἰ ὀνειδίζεσθε Wenn ihr beschimpft Der Empfang des Heiligen Geistes führt zur Beschimpfung
ἐν ὀνόματι χριστοῦ, werdet im Namen durch Außenstehende, wenn Christen ihren Herrn
μακάριοι· ὅτι τὸ τῆς Christi, (seid ihr) bekennen. Aus dem Grund kann Petrus sie glücklich nennen
δόξης καὶ τὸ τοῦ glücklich, weil der Geist („seid ihr glücklich)“ oder auffordern, sich glücklich zu sein
θεοῦ πνεῦμα ἐφ᾽ der Herrlichkeit und („seid trotzdem glücklich“), je nachdem, was genau zu
ὑμᾶς ἀναπαύεται· Gottes auf euch ruht. substituieren ist, da der Hauptsatz ja kein Prädikat hat.
κατὰ μὲν αὐτοὺς
βλασφημεῖται, κατὰ
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 69

δὲ ὑμᾶς δοξάζεται.
4.15 Μὴ γάρ τις Denn es soll nicht Das letzte Wort ἀλλοτριοεπίσκοπος („Schnüffler“) wird aus
ὑμῶν πασχέτω ὡς jemand von euch leiden ἀλλότριος („fremd“, „nicht das eigene“) und ἐπίσκοπος
φονεύς, ἢ κλέπτης, ἢ als Mörder oder Dieb („Aufseher“) und kommt allein bei Petrus als Neuschöpfung
κακοποιός, ἢ ὡς oder Übeltäter oder als vor (ein sog. Hapax Legomenon), d.h. jemand, der sich um
ἀλλοτριοεπίσκοπος· Schnüffler. Dinge kümmert, die nicht die eigenen, sondern die anderer
sind, bzw. jemand, der in fremde Sache eindringen will.
Danach wird es von Pseudo-Dionysius Aeropagita in Epistula
8.1,104 aufgegriffen: „Ἀλλ’ ἐκκήρυκτος τῇ θεολογίᾳ πᾶς
ἀλλοτριεπίσκοπος“. „Aber jeder Eindringling wird aufgrund
der Theologie exkommuniziert“.

4.16 εἰ δὲ ὡς Wenn aber als Christ, Polybius, Historiae 3.19,9 gibt einen Hinweis darauf, wie ἐν
Χριστιανός, μὴ schäme er sich nicht, τῷ μέρει τούτῳ („in diesem Bereich“) verstanden werden
αἰσχυνέσθω, sondern verherrliche kann: „καὶ διεκομίσθη παραδόξως πρὸς τὸν βασιλέα
δοξαζέτω δὲ τὸν Gott in diesem Bereich, Φίλιππον, παρ’ ᾧ τὸ λοιπὸν διέτριβε τοῦ βίου μέρος“. „Und
θεὸν ἐν τῷ μέρει erstaunlicherweise setzte er über zu König Philippus, bei
τούτῳ. dem er den restlichen Abschnitt des Lebens verbrachte“.
Chronologisch und synchron hat das Leben also mehrere
Bereiche und Abschnitte. Wenn Christen in einem
Lebensbereich mit Verfolgung zu tun haben, ist dieser zur
Verherrlichung Gottes. Noch deutlicher erscheint eine
weitere Stelle bei Polybius (12.25h,5), wo er verschiedene
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 70

Bereiche wie Politik anspricht, über die Autoren berichten,


und schließt dann, worüber geschrieben werden kann: „περὶ
τῶν ἄλλων τοῦ βίου μερῶν“. „über die anderen Bereiche
des Lebens“.
4.17 Ὅτι ὁ καιρὸς weil (es) die Zeit (ist), Das Subjekt des AcI im Akkusativ ist τὸ κρίμα (“das
τοῦ ἄρξασθαι τὸ dass das Gericht beim Gericht“), das Prädikat ἄρξασθαι („anfangen“). Petrus
κρίμα ἀπὸ τοῦ οἴκου Haus Gottes anfängt. operiert mit dem Gegensatz Anfang vs. Ende. Der Anfang
τοῦ θεοῦ· εἰ δὲ Wenn nun zuerst bei der Gerichte ist beim Haus Gottes, das ist die Versammlung
πρῶτον ἀφ᾽ ἡμῶν, τί uns, was (ist) das Ende bzw. die Summe der Gläubigen, als die bei Gott in Gnaden
τὸ τέλος τῶν derer, die dem stehen. Somit wird das Ende der Gerichte bei den
ἀπειθούντων τῷ τοῦ Evangelium Gottes Ungläubigen unvorstellbar viel härter sein, da diese ja die
θεοῦ εὐαγγελίῳ; nicht gehorchen? Gnade abgelehnt hatten.
4.18 Καὶ εἰ ὁ δίκαιος Und wenn der Gerechte Hier geht es Petrus nicht um die Rettung vor der ewigen
μόλις σῴζεται, ὁ kaum bewahrt wird, wo Verdammnis in Bezug auf Christen, die demnach kaum der
ἀσεβὴς καὶ wird der Gottlose und Fall wäre, sondern um die Bewahrung vor den einsetzenden
ἁμαρτωλὸς ποῦ Sünder erscheinen? Gerichten, die am Haus Gottes anfangen und mit dem
φανεῖται; Gericht über die Gottlosen enden wird. Die von Petrus
angeführte Stelle aus Sprüche 11.31 spricht im hebräischen
Original von einer Vergeltung „auf der Erde“, nicht im
Jenseits. Der Targum spricht an dieser Stelle davon, dass die
Gottlosen und Sünder von der Erde verschwinden werden,
wenn die Gerichte kommen. Das Prädikat φανεῖται („er wird
erscheinen“) ist Singular, womit die beiden Teile des
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 71

Subjekts „der Gottlose und Sünder“ als Einheit gesehen


werden, da sonst der Plural erwartet werden würde.
4.19 Ὥστε καὶ οἱ Daher sollen auch die Zum Ausdruck ὡς πιστῷ κτίστῃ („dem Schöpfer als treu“
πάσχοντες κατὰ τὸ nach dem Willen Gottes bzw. „als dem, der treu ist“) vgl. Philo, Ios 1.6, 4: „καὶ οἱ μὲν
θέλημα τοῦ θεοῦ, ὡς Leidenden ihre Seelen εἰς Αἴγυπτον ἐλθόντες ἐντυγχάνουσιν ὡς ἀλλοτρίῳ
πιστῷ κτίστῃ dem Schöpfer als (dem, τἀδελφῷ“. „Und als sie in Ägypten ankamen, trafen sie ihren
παρατιθέσθωσαν der) treu (ist,) Bruder, als wäre er fremd“. Dabei wird deutlich, dass der
τὰς ψυχὰς αὐτῶν ἐν anvertrauen im Ausdruck auch ohne Artikel determiniert („dem“) ist und ὡς
ἀγαθοποιΐᾳ. Gutestun. („als“) sich auf das betonte Adjektiv πιστῷ („treu“) bezieht.
Da der Ausdruck im Griechischen selten erscheint, wurde er
von schlechten Handschriften wohl aus Unkenntnis bzgl. der
Bedeutung ausgelassen.
5.1 Πρεσβυτέρους Ältere unter euch Πρεσβυτέρους (“Ältere“) ist ein Komparativ und kein
τοὺς ἐν ὑμῖν ermuntere ich, der Superlativ, es geht um Brüder, die schon älter sind, nicht um
παρακαλῶ ὁ ebenfalls Ältere und ein Amt. Das Wort συμπρεσβύτερος („Mitältere“) ist im
συμπρεσβύτερος καὶ Zeuge der Leiden Deutschen nicht in der Art gebräuchlich und könnte mit „der
μάρτυς τῶν τοῦ Christi, der auch ebenfalls Ältere“ umschrieben werden.
χριστοῦ παθημάτων, Teilhaber der künftig
ὁ καὶ τῆς μελλούσης offenbar werdenden
ἀποκαλύπτεσθαι Herrlichkeit (ist),
δόξης κοινωνός·
5.2 ποιμάνατε τὸ ἐν hütet die Herde Gottes Petrus gebraucht in diesem und dem nächsten Vers drei
ὑμῖν ποίμνιον τοῦ bei euch, nicht aus Gegensatzpaare, um den Dienst der älteren Brüder zu
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 72

θεοῦ, ἐπισκοποῦντες Zwang auf sie beschreiben, wobei er zunächst die negative Seite verneint,
μὴ ἀναγκαστῶς, ἀλλ᾽ schauend, sondern um dann die positive vorzustellen. Die beiden Adverbien, die
ἑκουσίως· μηδὲ freiwillig, auch nicht angeben, wie das Hüten der Herde geschehen soll gebraucht
αἰσχροκερδῶς, ἀλλὰ geldgierig, sondern auch Cyrillus Hierosolymitanus, Catecheses ad illuminandos
προθύμως· bereitwillig, 1-18, Catechesis 13 6.26, wenn er vom Tod des Herrn Jesus
schreibt: „οὐκ ἀναγκαστῶς ἀφῆκε τὴν ζωήν, οὐδὲ
βιοσφαγῶς ἀνῃρέθη, ἀλλ’ ἑκουσίως“. „Er gab das Leben
nicht aus Zwang, auch wurde es nicht durch gewaltsames
Abschlachten genommen, sondern freiwillig“. Es geht also
nicht darum, dass ältere Brüder zu Diensten genötigt
werden können, sondern diese aus freien Stücken selbst
tun. Auch kann es keine bezahlten Dienste geben, außer
natürlich die Erstattung von Spesen und dem Aufwand etc.,
da es nicht um Geld geht, sondern um den eigenen Wunsch
dem Herrn Jesus zu dienen.
5.3 μηδ᾽ ὡς auch nicht als das An das Prädikat κατακυριεύω („beherrschen“), das von κατά
κατακυριεύοντες Zugeteilte („von herab“) und κυριεύω („Herr sein“) abgeleitet ist, also
τῶν κλήρων ἀλλὰ beherrschend, sondern „von oben über etwas herrschen“ bzw. „Herr über etwas
τύποι γινόμενοι τοῦ Vorbilder der Herde sein“ bedeutet, ist mit τῶν κλήρων („über das Zugeteilte“)
ποιμνίου· werdend. ein Genitivobjekt angeschlossen. D.h. welche Größe nicht
dominiert bzw. beherrscht oder unterdrückt werden soll.
Der Plural dieses Wortes scheint sich in der Literatur nie auf
Menschen zu beziehen, vielmehr auf Erbteile, hier wohl im
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 73

geistlichen Bereich.
5.4 Καὶ Und wenn der Wenn diese Bedingungen für den Dienst erfüllt sind, kann
φανερωθέντος τοῦ Oberhirte offenbar Petrus die Belohnung dafür in Aussicht stellen. Polybius,
ἀρχιποίμενος, wurde, werdet ihr den Historiae 23.1,7, der von einer Klage gegen Philipp berichtet,
κομιεῖσθε τὸν unverwelklichen wozu in Rom einige Ankläger und Verteidiger vor dem Senat
ἀμαράντινον τῆς Siegeskranz der erschienen: „πρῶτον μὲν οὖν ἡ σύγκλητος εἰσεκαλέσατο
δόξης στέφανον. Herrlichkeit τὸν Ἀθήναιον καὶ δεξαμένη τὸν στέφανον, ὃν ἐκόμιζεν ἀπὸ
davontragen. μυρίων καὶ πεντακισχιλίων χρυσῶν“. „Zuerst nun rief der
Senat Athenaios herein und nahm den Kranz entgegen, den
im Wert von 15 000 Goldstücken überbrachte“. Das
bedeutet also, dass mit dem Wort im Aktiv ausgedrückt
werden kann, dass jemand in den Besitz einer Sache kommt.
Die Verwendung bei Petrus gebraucht die Medium-Form.
Diese bedeutet, dass man selbst in den Besitz kommt und
diesen behalten kann. Das Adjektiv ἀμαράντινος
(“unverwelklich“) ist von der Pflanze Amaranth abgeleitet,
die als schwer verwelklich galt. Das Wort wird in der
Literatur eher für pflanzliche Dinge wie Blumen gebraucht.
Vgl. eine analoge Verwendung bei
Flavius Philostratus, Heroicus 53.9,6: „ὅθεν καὶ στεφάνους
ἀμαραντίνους ἐς τὰ κήδη πρῶτοι Θετταλοὶ ἐνόμισαν, ἵνα,
κἂν ἄνεμοι τὴν ναῦν ἀπολάβωσι, μὴ σαπροὺς ἐπιφέρωσι
μηδὲ ἐξώρους“. „Daher haben die Thessalier für die
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Trauerfeiern als erste unverwelkliche Kränze verwendet,


damit sie, auch wenn Winde das Schiff vom Kurs abbringen
würden, keine verfaulten oder verblühten herbeibringen
müssten“. Durch dieses Beispiel wird klar, dass das Wort
sich auf Kränz bezieht, die nicht verwesen oder verblühen.
Somit ist weniger an Kronen als vielmehr als Siegerkränze zu
denken.
5.5 Ὁμοίως, Genauso die Jüngeren: Wie Petrus oben die Älteren ermuntert hat, ihre Dienste
νεώτεροι, ὑποτάγητε Ordnet euch den entsprechend auszuführen, hat er nun auch Anweisungen
πρεσβυτέροις· Älteren unter! Alle nun für die jüngeren Geschwister, allen voran die Unterordnung
πάντες δὲ ἀλλήλοις sich gegenseitig unter die Älteren. Somit ist ein Prädikat wie in Vers 1
ὑποτασσόμενοι, τὴν unterordnend, bindet παρακαλῶ („ich ermuntere“) im ersten Satz anzunehmen.
ταπεινοφροσύνην euch die Demut um, Das seltene Wort ἐγκομβόομαι („umbinden“) stammt von
ἐγκομβώσασθε· ὅτι ὁ weil Gott Hochmütigen κόμβος („Strick“, „Band“, „Gürtel“) bzw. von ἐγκόμβωμα
θεὸς ὑπερηφάνοις widersteht, Demütigen einer Art von Kleid oder Schürze, von Sklaven umgebunden,
ἀντιτάσσεται, aber Gnade gibt. um die übrige Kleidung sauber zu halten.
ταπεινοῖς δὲ δίδωσιν
χάριν.

5.6 Ταπεινώθητε οὖν Erniedrigt euch also Die gegenseitige Unterordnung korrespondiert auch mit der
ὑπὸ τὴν κραταιὰν unter die starke Hand unter die Hand Gottes. Die Aussage von Petrus ist ein
χεῖρα τοῦ θεοῦ, ἵνα Gottes, damit er euch Anklang an Sprüche 18.12: „πρὸ συντριβῆς ὑψοῦται καρδία
ὑμᾶς ὑψώσῃ ἐν erhöhe zur (rechten) ἀνδρός καὶ πρὸ δόξης ταπεινοῦται”. „Vor dem Sturz erhöht
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καιρῷ, Zeit, sich das Herz des Mannes, und vor der Ehre wird es
erniedrigt“.
5.7 πᾶσαν τὴν eure ganze Sorge auf Die Aussage ist vorzeitig, d.h. erst sind alle Sorgen auf den
μέριμναν ὑμῶν ihn aufgeworfen Herrn zu übertragen, wie wenn man sie schnell wegwerfen
ἐπιρρίψαντες ἐπ᾽ habend, weil ihm an wollte, danach davon frei, kann man die Dinge im Vers
αὐτόν, ὅτι αὐτῷ euch gelegen ist. davor verwirklichen und sich Gott unterwerfen.
μέλει περὶ ὑμῶν.
5.8 Νήψατε, Seid nüchtern! Wacht! Petrus führt wohl hier den Widersacher an, da er besonders
γρηγορήσατε· ὁ Euer Widersacher, der aktiv ist, wenn sich Menschen Gott anvertrauen und sich
ἀντίδικος ὑμῶν Teufel, geht wie ein dem Schöpfer unterstellen. Im Wort καταπίνω
διάβολος, ὡς λέων brüllender Löwe umher, (“verschlingen”) ist nicht notwendigerweise impliziert,
ὠρυόμενος, suchend, wen er obwohl die Simplex-Form πίνω („trinken“) ausmacht, dass
περιπατεῖ ζητῶν τίνα verschlänge. es nur um Flüssigkeiten geht, im Fall von Petrus ja um
καταπίῃ· Personen und weniger um Flüssigkeiten. Vgl. Philo, Quis
rerum divinarum heres sit, 41.2: “ἐν τῷ ἀνακύπτειν οὐκ ἔστι
τὸ κύπτειν οὐδ᾽ ἐν τῷ καταπίνειν ἦν πάντως τὸ πίνειν“. „In
„aufrichten“ ist nicht „beugen“ enthalten, auch war
überhaupt nicht „trinken“ in „verschlingen““.
5.9 ᾧ ἀντίστητε Ihm widersteht Dem Widersacher ist zu widerstehen und das nicht
στερεοὶ τῇ πίστει, standhaft im Glauben, wankelmütig, sondern mit Entschlossenheit. Der Teufel
εἰδότες τὰ αὐτὰ τῶν wissend, dass sich das operiert mit Leiden, die er durch die Seinen gegen die
παθημάτων τῇ ἐν Gleiche an Leiden an Christen heranträgt. Das ist kein Grund, das Leben als Christ
κόσμῳ ὑμῶν eurer Brüderschaft in einzuschränken, sondern unbeeindruckt seinen Weg zu
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 76

ἀδελφότητι der Welt vollzieht. gehen, da, und dies ist zum Trost geschrieben, sich das selbe
ἐπιτελεῖσθαι. andern Christen gegenüber auch zeigt, da Satan überall der
Gleiche ist, sind auch überall Christen Zielscheibe der
Leiden. Zum Ausdruck „das gleiche an Leiden“ vgl. Joannes
Philoponus, In libros de generatione animalium
commentaria 14,3.173: „λέγει δὲ τὰ αὐτὰ τῶν ζῴων εἶναι
ἄρρενα καὶ θήλεα“. „Man sagt aber, dass dieselben Tiere
männlich und weiblich sind“. D.h. ein Kennzeichen (hier:
Tiere) zeigen verschiedene Träger. So ist es bei Petrus auch:
Ein und dieselben Leiden haben nicht nur die Adressaten,
sondern auch alle anderen Christen zu erleiden. Das Verb
ἐπιτελέω („vollziehen“, „stattfinden“, „ausführen“) hat ein
breites Bedeutungsspektrum, vgl. Polybius, Historiae
15.22,1: „Ὁ δὲ Φίλιππος κύριος γενόμενος τῆς πόλεως
περιχαρὴς ἦν, ὡς καλήν τινα καὶ σεμνὴν πρᾶξιν
ἐπιτετελεσμένος καὶ βεβοηθηκὼς μὲν προθύμως τῷ
κηδεστῇ, καταπεπληγμένος δὲ πάντας τοὺς ἀλλοτριάζοντας,
σωμάτων δὲ καὶ χρημάτων εὐπορίαν ἐκ τοῦ δικαίου
περιπεποιημένος“. „Nachdem Philipp Herr der Stadt
geworden war, war er hocherfreut in dem Gedanken, dass
er eine schöne und herrliche Tat ausgeführt, seinem
Schwager bereitwillig Beistand geleistet, allen feindlich
Gesinnten Schrecken eingejagt und sich eine Menge von
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Gefangenen und Geld rechtmäßig verschafft hat“. Den


Briefempfängern, die von Satan versucht werden, wird von
Petrus mitgeteilt, dass diese Leiden alle anderen Christen
weltweit ebenfalls betrifft und sich an ihnen vollziehen.

5.10 Ὁ δὲ θεὸς Der Gott jeder Gnade Petrus setzt das Motiv der Leiden fort und führt an, dass
πάσης χάριτος, ὁ nun, der euch gerufen dies nicht das Ende ist, sondern dies zur Vervollkommnung,
καλέσας ὑμᾶς εἰς τὴν hat in seine ewige Festigung, Stärkung und Gründung führt. Am Ende dessen
αἰώνιον αὐτοῦ δόξαν Herrlichkeit in Christus steht die ewige Herrlichkeit. Im Vergleich zur Ewigkeit ist die
ἐν χριστῷ Ἰησοῦ, Jesus, er wird euch, Zeit der Leiden auf der Erde kurz.
ὀλίγον παθόντας nachdem ihr kurz
αὐτὸς καταρτίσαι gelitten habt,
ὑμᾶς, στηρίξει, vervollkommnen,
σθενώσει, befestigen, stärken,
θεμελιώσει. gründen.

5.11 Αὐτῷ ἡ δόξα καὶ Ihm (sei) die Petrus schließt diesen Teil des Briefes mit einem Lobpreis
τὸ κράτος εἰς τοὺς Herrlichkeit und die Gottes, wobei er das Motiv der Ewigkeit im Vers davor
αἰῶνας τῶν αἰώνων. Macht von Ewigkeit zu aufgreift und es mit der Herrlichkeit und Macht Gottes in
Ἀμήν. Ewigkeit. Amen. Verbindung bringt, die nie aufhören wird.
5.12 Διὰ Σιλουανοῦ Durch Silvanus, den Petrus hatte einen Sekretär, einen Christen namens
ὑμῖν τοῦ πιστοῦ treuen Bruder, habe ich Silvanus, durch den er den Brief verfasste. Dabei stellt
ἀδελφοῦ, ὡς euch, wie ich meine, in Petrus die Absicht des Briefes klar, nämlich, um dass die
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 78

λογίζομαι, δι᾽ ὀλίγων Kürze geschrieben, euch Verfolgungen nicht bedeuten, dass die Gnade Gottes nicht
ἔγραψα, παρακαλῶν ermunternd und vorhanden wäre, sondern diese Zeichen der Gnade sind, die
καὶ ἐπιμαρτυρῶν bezeugend, dass dies die Adressaten erfahren haben.
ταύτην εἶναι ἀληθῆ die wahre Gnade Gottes
χάριν τοῦ θεοῦ εἰς ist, in der ihr steht.
ἣν ἑστήκατε.
5.13 Ἀσπάζεται ὑμᾶς Es grüßt euch die Eine mögliche Deutung der Erwähnung von Babylon ist, dass
ἡ ἐν Βαβυλῶνι Miterwählte in Babylon die konkrete Stadt gemeint ist. Babylon im heutigen Irak
συνεκλεκτή, καὶ und Markus, mein existierte damals und hatte eventuell auch einen jüdischen
Μάρκος ὁ υἱός μου. Sohn. Bevölkerungsanteil, in dem Petrus demnach tätig war.
Babylon ist dann kein verschlüsselter Codename oder eine
Metapher für Rom, da es keinen Grund dafür gäbe und auch
Paulus schreibt „Rom“, wenn er „Rom“ meint. Erst in der
Offenbarung Kapitel 17 und 18 wird Rom als die große Hure
Babylon bezeichnet, obwohl dies auch mit der Stelle hier
korrespondieren könnte. Dies aber im Hinblick auf seine
Endgestalt, bevor es ewig von Gott gerichtet wird.
Möglicherweise meint er die örtliche Versammlung dort,
oder auch seine Frau, die er ja aufgrund der Aussagen
anderer Bibelstellen hatte. Andererseits gibt es Zitate von
Clemens von Rom, der mit dem Apostel Kontakt hatte und
der schreibt (Fragmenta 9.16): „τὴν πόλιν τροπικώτερον
Βαβυλῶνα προσειπόντα διὰ τούτων“. „Die Stadt (Anm.:
Der erste Petrusbrief: Text und Übersetzung mit Kommentar 79

Rom) nannte er daher bildhaft Babylon“. Dabei erwähnt


Clemens auch den hier erwähnten Markus, der ein Begleiter
von Petrus in Rom war, und der zusammen mit Petrus das
Markusevangelium geschrieben hat. Da beide in Rom
wirksam waren und nicht im konkreten Babylon, ist der
Ausdruck hier ein Bild auf den Abfall von Gott, wie er durch
Babylon symbolisiert wird.
5.14 Ἀσπάσασθε Grüßt einander mit dem Die Begrüßungen haben nicht ohne den Kuss, der die Lieben
ἀλλήλους ἐν Kuss der Liebe. Friede untereinander zum Ausdruck bringt zu geschehen. Petrus
φιλήματι ἀγάπης. euch allen, denen in endet seinen Brief mit dem Wunsch nach Frieden und zwar
Εἰρήνη ὑμῖν πᾶσιν Christus Jesus. Amen! für alle, die in Christus sind, d.h. an ihn glauben. Mit dem
τοῖς ἐν χριστῷ Ἰησοῦ. bestätigenden „Amen“ schließt er den Brief ab.
Ἀμήν.

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