Apokalyptische Motive Und Corona1 - 21 - 1
Apokalyptische Motive Und Corona1 - 21 - 1
Anregungen, Überlegungen
und Zusammenstellung einiger Aufsätze und Vorträge
Friedrich Affeldt
Januar 2020
Inhaltsverzeichnis
Der Glaube an das Teilchen und seine Überwindung durch trinitarisches Denken.................. 5
Ahrimans Inkarnation................................................................................................................13
Tabula Rasa durch Corona-Krise: Das Weltwirtschaftsforum will den "Großen Neustart" .151
Peter Selg - Eine medikalisierte Gesellschaft? Zum geistigen Klima der Corona-Krise......... 171
1
Jorge B. - Der Maskenbetrug ist entzaubert...........................................................................201
Wiederkunftserlebnisse.................................................................................................................. 228
Die Wiederkehr des natürlichen Hellsehens und die Wiederkunft Christi - Wilhelm Kelber230
Der Engel - Eine Erinnerung aus dem finnischen Kriege - Edzard Schaper............................ 237
Gedichte.......................................................................................................................................... 251
2
Apokalyptische Motive und Corona
Über Lüge und Urteilskraft
Die Krise, in der wir stehen, ist zuallererst eine geistige Krise. In der Apokalypse des Johannes
wird deutlich, dass es in der ganzen Menschheitsentwicklung um die Frage der
Christusbeziehung geht. Heute haben wir es nicht nur mit einer Erneuerung des
Christentums zu tun, sondern mit einer Neugeburt. Diese Neugeburt geschieht wie jede
Geburt unter Schmerzen.
Emil Bock hat schon nach dem zweiten Weltkrieg erkannt, worum es geht. So sprach er bei
der Wiedereröffnung der Räume der Christengemeinschaft in Stuttgart 1945 folgendes:
„Als wir die Christengemeinschaft damals begründeten, war das Christentum in eine Krisis
geraten. Gegen die veralteten Einrichtungen musste der Geist einer christlichen Erneuerung
wachgerufen werden! Erneuerung des Christentums stand auf unseren Fahnen. Heute
dreht es sich nicht nur um eine religiöse Erneuerung, sondern darum, dass der
Entscheidungskampf, der um das Christentum ausgebrochen ist, zum guten Ende geführt
wird. Heute dreht es sich nicht um die Erneuerung, sondern um die Rettung des Christentums,
und es muss nicht nur gegen Veraltetes, sondern es muss gegen das Böse, das
Kultur-schaffend geworden ist, der Kampf aufgenommen werden.“
„Wie ist es denn nun mit den Ursachen der Katastrophen? In der Christengemeinschaft, da
treffen sich diejenigen Menschen, die durchschauen, dass das alles Ausflüchte, Ausreden sind,
die mindestens ein Gefühl dafür haben, dass es um etwas ganz anderes geht, als man in der
äußeren Welt meint, und dass deshalb die Ursachen größer und umfassender sind. Die
eigentliche Katastrophe besteht heute darin, dass in der Menschheit weithin die Urteilskraft
versagt. Das zeigt sich ja auch darin, dass die Menschen ihren Standpunkt ganz überraschend
schnell wechseln können. Es zeigt sich aber vor allem darin, dass man die Ursachen immer an
der falschen Stelle sucht. Woher kommt das katastrophale Versagen der Urteilskraft? Es
3
hängt damit zusammen, dass man überhaupt heute ein Erlöschen der Denkkraft in der
Menschheit feststellen muss. In einem erschreckenden Maße verlieren die Menschen das
Denken.“
„Da, wo der Mensch im Denken, in der Urteilskraft, versagt, da ist die Stelle, wo mit dem
Bösen selbst um den Menschen gekämpft werden muss in der Zukunft. Nur mit denkerischen
Waffen ist hier ein Sieg zu erringen, nicht mit abgelebten Glaubensbeteuerungen allein. Nicht
mit noch so viel gutem Willen. Der gute Wille tut es eben leider nicht mehr heute. Die
Dämonen sind da hereingekommen, wo das Denken der Menschen falsch war. Mit den bösen
Mächten um den Menschen kämpfen, heißt aber heute zugleich, gegen den Antichrist, um
den Christus kämpfen.“
Es geht darum, gegen das Böse, welches Kultur - schaffend geworden ist zu kämpfen.
Das Einlasstor für diese Mächte, die ahrimanischen, ist der Intellekt. Was wir jetzt erleben ist
nur die Konsequenz eines materialistischen Denkens. Dieses Denken ist so weit gesunken,
dass es auch das Böse ausdenken kann:
„Wir werden als Menschheit einlaufen in eine Entwicklung der Intelligenz so, dass die
Intelligenz wird die Neigung haben, nur das Falsche, den Irrtum, die Täuschung zu begreifen,
und auszudenken nur das Böse.
Das wussten ja die Geheimschüler und wussten namentlich die Eingeweihten seit einer
gewissen Zeit, dass die menschliche Intelligenz entgegengeht ihrer Entwicklung nach dem
Bösen hin, dass es immer mehr und mehr unmöglich wird, durch die bloße Intelligenz das
Gute zu erkennen. Die Menschheit ist heute in diesem Übergange. Wir können sagen: Gerade
noch gelingt es den Menschen, wenn sie ihre Intelligenz anstrengen und nicht ganz besonders
wilde Instinkte tragen, nach dem Lichte des Guten etwas hinzuschauen. Aber diese
menschliche Intelligenz wird immer mehr und mehr die Neigung bekommen, das Böse
auszudenken und das Böse dem Menschen einzufügen im Moralischen, das Böse in der
Erkenntnis, den Irrtum.
Das war einer der Gründe, warum die Eingeweihten sich die Männer der Sorge nannten, weil
in der Tat, wenn man in dieser Einseitigkeit, wie ich es jetzt auseinandergesetzt habe, die
Entwicklung der Menschheit betrachtet, so macht sie Sorge; Sorge gerade wegen der
Entwicklung der Intelligenz. Es ist schließlich gar nicht umsonst, dass die Intelligenz dem
gegenwärtigen Menschen so viel Stolz und Hochmut einflößen kann.“1
Sie wissen ja, wie vieles da ist, in der Entwickelung der Menschheit ersichtlich ist, besonders
in der Gegenwart, von dem, was für den Einsichtsvollen schon zeigt, dass die Dinge sich so
ankündigen, wie ich sie eben charakterisiert habe. Man denke nur, was das dritte von den
Entwickelungsgliedern, die durch den Materialismus der Menschheit drohen, über die
Menschen heute schon bringt. Sehen Sie, wenn Sie bedenken, mit wie viel Grausamkeiten die
heutige Kulturentwickelung durchsetzt ist, die sich kaum vergleichen lassen mit den
Grausamkeiten barbarischer Zeitalter, dann werden Sie kaum zweifeln können, dass sich die
Morgenröte für den Abstieg der Intelligenz deutlich ankündigt. Man sollte nicht in
oberflächlicher Weise die sogenannten Kulturerscheinungen unseres Zeitalters betrachten,
man sollte wahrhaftig nicht daran zweifeln, dass die Menschen der Gegenwart sich aufraffen
müssen zu einem wirklichen Erfassen des Christus-Impulses, wenn sie einer heilsamen
1
GA 296, S. 89
4
Entwickelung entgegengehen wollen. Es ist zweierlei heute schon stark zu bemerken:
Menschen, die sehr intelligent sind und die einen deutlichen Hang zum Bösen haben; und es
ist auf der anderen Seite zu bemerken, wie viele Menschen unbewusst diesen Hang zum
Bösen dadurch unterdrücken, nicht bekämpfen, dass sie ihre Intelligenz schlafen lassen.
Schläfrigkeit der Seele oder aber bei wachen Seelen ein starker Hang zum Bösen und zum
Irrtum, das ist in der Gegenwart durchaus zu bemerken."2
Rudolf Steiner hat schon vor 100 Jahren dazu Stellung bezogen (zu seiner Zeit waren Viren
noch nicht bekannt)3:
„Es ist in der neueren Zeit immer mehr und mehr die Tendenz wirksam geworden, von den
eigentlichen Ursprüngen abzusehen und die Dinge ins Auge zu fassen, die sich an der
Oberfläche abspielen. Und mit diesen Dingen, mit diesem Hängenbleiben an der Oberfläche
hängt es zusammen, dass man eigentlich heute meistenteils in der landläufigen Medizin, in
der landläufigen Pathologie, wenn man anfängt, die Beschreibung irgendeines
Krankheitstypus zu lesen oder zu hören, dann unterrichtet wird, was für ein Bazillus eigentlich
diese Krankheit hervorruft, was da in den menschlichen Organismus eingezogen ist. Nun ist
es natürlich furchtbar leicht, Einwände gegen dieses Einziehen der niederen Organismen
zurückzuweisen aus dem einfachen Grunde, weil man ja nicht mehr nötig hat, erst darauf
hinzuweisen, dass diese niederen Organismen da sind. Da sie sich auch wirklich in einer
spezifischen Gestalt für verschiedene Erkrankungen zeigen, so ist es auch wiederum sehr
begreiflich, dass auf diese spezifische Gestalt hingewiesen wird und geradezu ein
Zusammenhang zwischen einer Krankheitsform und dieser spezifischen Bakteriengestalt
aufgezeigt wird. Nun tritt schon, rein oberflächlich betrachtet, durch diese ganze
Anschauung ein Irrtum ein, der darinnen besteht, dass man eigentlich von dem Primären
dabei ganz abgelenkt wird. Denn bedenken Sie nur, wenn im Verlaufe irgendeiner Krankheit
in irgendeinem Körper Bazillen in größerer Menge auftreten, ist es ja natürlich, dass diese
Bazillen Erscheinungen hervorrufen, wie jeder Fremdkörper im Organismus Erscheinungen
hervorruft, dass infolge des Vorhandenseins dieser Bazillen allerlei Entzündungen auftreten.
Schreibt man nun alles der Wirksamkeit dieser Bazillen zu, so lenkt man die Aufmerksamkeit
tatsächlich nur auf dasjenige, was eigentlich die Bazillen machen. Man lenkt dabei aber
diese Aufmerksamkeit ab von dem eigentlichen Ursprung der Erkrankung. Denn jedes Mal,
wenn im Organismus niedere Organismen einen geeigneten Boden für ihre Entwicklung
finden, so ist eben dieser geeignete Boden durch die eigentlichen primären Ursachen schon
2
GA 296, S. 93f
3
Rudolf Steiner: „Geisteswissenschaft und Medizin“ (1999), Vortrag Dornach, 7. April 1920, GA 312, S. 32.
5
geschaffen. Auf dieses Gebiet der primären Ursachen muss einmal die Aufmerksamkeit
gelenkt werden.“
Zwar weist auch Rudolf Steiner damals darauf hin, dass es durchaus Sinn macht, sich mit den
Bazillen zu beschäftigen, er betont aber auch, dass diese richtig eingeordnet werden
müssen:
„Derjenige, welcher genötigt ist durch seine Erkenntnisse, darauf aufmerksam zu machen,
dass für Krankheiten, in deren Begleitung Bazillen oder Bakterien auftreten, als primäre
Ursachen tiefere Ursachen vorhanden sind als eben das Auftreten der Bazillen, der behauptet
ja noch nicht, dass die Bazillen nicht da seien. Es ist durchaus etwas anderes zu behaupten,
die Bazillen sind da und sie treten im Gefolge der Krankheit auf, als die primäre Ursache bei
den Bazillen zu suchen.“4
„Also man darf nicht das Kind mit dem Bad ausschütten und sagen, die Bazillen zu
untersuchen sei unnötig. Aber man muss auf der anderen Seite wissen, dass die Bazillen nicht
die Krankheit machen. Sonst wird man niemals richtig erklären, wenn man immer nur sagt:
Für die Cholera gibt es die Bazillen, für die Grippe gibt es die Bazillen und so weiter. Das ist
natürlich nur eine Faulenzerei dafür, dass die Leute die wirklichen Krankheitsursachen nicht
untersuchen wollen.“5
Was aber könnten dann tieferliegende Krankheitsursachen sein? Auch in dieser Beziehung
gibt Rudolf Steiner vielfältige Hinweise:6
„Nun handelt es sich darum, und das ist das Wesentliche, was heute hervorgehoben werden
soll, dass Bazillen nur dann gefährlich werden können, wenn sie gepflegt werden. ... Bazillen
werden am intensivsten gepflegt, wenn der Mensch in den Schlafzustand hinein nimmt nichts
anderes als materialistische Gesinnung. ... Es gibt kein besseres Mittel, Bazillen zu hegen, als
mit nur materialistischer Gesinnung zu schlafen. ... Das heißt es gibt noch wenigstens ein
Mittel, das ebenso gut ist wie dieses. Das ist, in einem Herd von epidemischen oder
endemischen Krankheiten zu leben und nicht anderes aufzunehmen als die Krankheitsbilder
um sich herum, indem man einzig und allein angefüllt ist mit der Empfindung der Furcht vor
dieser Krankheit.“
Hieraus kann man folgern, dass nicht nur äußere Hygienemaßnahmen wichtig sind (in
vernünftigen Maßen!), sondern dass vor allem unsere Gedanken, Gefühle und
Empfindungen bezüglich unserer seelischen und geistigen Natur einen maßgeblichen Einfluss
auf unsere Gesundheit haben und von Zeit zu Zeit „gereinigt“ werden müssen. Das nennt
sich dann „Seelenhygiene“. Rudolf Steiner an weiterer Stelle:7
4
Rudolf Steiner: „Fachwissenschaften und Anthroposophie“ (2005), Vortrag Dornach, 7. April 1920,
GA 73A, S. 207.
5
Rudolf Steiner: „Über Gesundheit und Krankheit. Grundlagen einer geisteswissenschaftlichen
Sinneslehre“ (1997), Vortrag vom 23. Dezember 1922, GA 348, S. 141 f.
6
Rudolf Steiner: „Wie erwirbt man sich Verständnis für die geistige Welt?“ (1985), Vortrag Basel, 5.
Mai 1914, GA 154, S. 46 f.
7
Rudolf Steiner: „Geisteswissenschaftliche Menschenkunde“ (1988), Vortrag Berlin, 16. November
6
„Wenn Sie durch die Straßen einer Stadt gehen und da die Scheußlichkeiten an den
Anschlagsäulen und in den Schaufenstern vor die Seele geführt bekommen, übt das einen
schaurigen Einfluss aus. Die materialistische Wissenschaft hat keine Ahnung davon, wie viel
an Krankheitskeimen in diesen Scheußlichkeiten liegt. Man sucht bloß die Krankheitserreger
in den Bazillen und weiß nicht, wie auf dem Umwege durch die Seele Gesundheit und
Krankheit in den Körper geführt werden. Hier wird erst eine mit der Geisteswissenschaft
bekannte Menschheit wissen, welche Bedeutung es hat, wenn der Mensch diese oder jene
bildlichen Vorstellungen in sich aufnimmt.“
Jeder kann selber darüber nachdenken, mit welchen Bildern wir heute tagsüber konfrontiert
sind. Die Scheußlichkeiten von Schaufenstern und Anschlagsäulen sind da noch harmlos...
Auf die Dauer tiefgreifende, schädigende Wirkungen haben nach den Angaben Rudolf
Steiners auch Lüge, Verleumdung und Heuchelei sowie schlechte Gesetze, verkehrte
Maßregeln, falsche Ratschläge oder auch Vorurteile, die anderen Menschen aufgezwungen
werden8.
Rudolf Steiner sagte über seinen eigenen Umgang mit ansteckenden Krankheiten:
„Ich habe mich überhaupt niemals davor gescheut, irgendwie mich selber einer
Ansteckungsmöglichkeit auszusetzen, und bin eigentlich nie angesteckt worden, habe nie
unter Ansteckung einer Krankheit gelitten. Ich konnte dadurch gerade feststellen, dass schon
einfach das Bewusstsein, das starke Bewusstsein von dem Dasein einer Krankheit vom
Astralleib aus Krankheitsursache sein kann. Das starke Bewusstsein einer Krankheit kann vom
Astralleib aus Krankheitsursache sein.“9
Schließlich weist Steiner darauf hin, dass als Krankheitsursachen auch kosmische Einflüsse
und karmische Ursachen in Betracht gezogen werden sollten. Die riesige Herausforderung
heute ist, dass geistige Fähigkeiten nötig sind, um diese Dinge erkennen zu können, die von
den meisten Menschen erst noch ausgebildet werden müssen10:
„Dass die Leute heute alles begreifen wollen mit dem Verstand, ist das Entsetzlichste. Man
kann in der Medizin überhaupt nichts begreifen mit dem Verstand. Mit dem Verstand könnte
man höchstens begreifen die Krankheiten der Mineralien, und die kuriert man ja nicht. Alles
was Medizinisches ist, muss man mit der unmittelbaren Anschauung ergreifen, dazu muss sie
erst ausgebildet sein.“
„Der Mensch ist, was er ist, durch Leib, Ätherleib, Seele (astralischer Leib) und Ich (Geist). Er
muss als Gesunder aus diesen Gliedern heraus angeschaut; er muss als Kranker in dem
7
gestörten Gleichgewicht dieser Glieder wahrgenommen; es müssen zu seiner Gesundheit
Heilmittel gefunden werden, die das gestörte Gleichgewicht wieder herstellen.“
Wie wir unsere Gesundheit stärken können hat Rudolf Steiner auch beschrieben12:
„Und wahrhaftig mehr als durch alle Mittel, die jetzt von der materialistischen Wissenschaft
vorgebracht werden gegen all das, was Bazillen heißt, wahrhaftig mehr, unsäglich reicher für
die Menschheitszukunft könnte man wirken, wenn man den Menschen Vorstellungen
überlieferte, durch die sie vom Materialismus weggebracht werden und zu werktätiger
Liebe vom Geiste aus angespornt werden könnten. Immer mehr und mehr muss sich im Laufe
dieses Jahrhunderts die Erkenntnis verbreiten, wie die geistige Welt auch für unser physisches
Leben absolut nicht gleichgültig ist, wie sie für die physische Welt ihre durchdringende
Bedeutung hat ...“
Und weiter:
„Man wird sich daran gewöhnen müssen, dass dasjenige, was man direkt als Heilkraft der
Geisteswissenschaft zu betrachten hat, wirken muss durch die menschliche Gemeinschaft.
Denn man möchte sagen, was hätte es für eine Bedeutung, wenn irgendein einzelner Mensch
da oder dort in die geistigen Welten beim Einschlafen hineingeht jedes Mal mit denjenigen
Gedanken, die der geistigen Welt zugeneigt sind, und ringsum sind die anderen, die mit
materialistischen Gedanken, materialistischen Empfindungen und Furchtempfindungen – die
ja immer mit dem Materialismus zusammenhängen - Heger und Pfleger der Bazillenwelt
sind.“
„Deshalb muss immer wiederum betont werden, was ich auch hier schon besprochen habe:
Geisteswissenschaft als solche kann das eigentlich Fruchtbare, das sie zu leisten hat für die
Menschheit, sozusagen nicht bloß individuell leisten; es genügt nicht, dass der Einzelne die
geisteswissenschaftlichen Dinge aufnimmt, sondern Geisteswissenschaft muss in Geduld
warten, bis sie ein Kulturfaktor wird, bis sie die Herzen und Seelen vieler durchzieht; dann erst
wird sich zeigen, was sie den Menschen sein kann.“
Auch Seele und Geist brauchen Ernährung, Kräftigung, Pflege und Stärke, sonst werden wir
anfällig für Krankheiten14:
Wenn die Welt einmal die volle Bedeutung dessen, was hier Geisteswissenschaft leisten kann,
einsehen wird, dann werden allmählich nicht verschwinden, aber von geringerer Bedeutung
werden alle die schönen – ich sage das nicht ironisch, sondern durchaus im ernsten Sinne -
all die schönen Theorien von Infektionskrankheiten und dergleichen, die heute nur in
einseitiger Weise betrachtet werden. Es wird viel mehr als auf die Art, wie die Bazillen und
Bakterien einziehen in unseren Organismus, darauf gesehen werden, wie stark wir von der
12
Siehe 4, ebenda, S. 47 f.
13
Rudolf Steiner: „Unsere Toten. Ansprachen, Gedenkworte und Meditationssprüche 1906 –1924“
(1984), Vortrag Kassel, 9. Mai 1914, GA 261, S. 15 f.
14
Rudolf Steiner: „Vom Einheitsstaat zum dreigliedrigen sozialen Organismus“ (1983), Vortrag Basel,
6. Januar 1920, GA 334, S. 43.
8
Seele und vom Geiste geworden sind, um diesen Invasionen zu widerstehen. Diese Stärke
wird in der menschlichen Natur kein äußeres Heilmittel bedingen, aber das Heilmittel, das
innerlich den Menschen stärkt vom Geiste und von der Seele aus durch einen gesunden
geisteswissenschaftlichen Inhalt.“
Die Erkenntnis, dass ein starkes Immunsystem vor Krankheiten schützt, bringt allerdings
weniger wirtschaftlichen Gewinn. Lieber führt die moderne Medizin Krieg gegen Erreger.
Schon die Sprache verrät, dass nicht ganzheitlich gedacht wird. Wir erleben, wie mit aller
Macht eine materialistische Medizin durchgedrückt werden soll. Der Test für Covid 19, auf
dem alle Maßnahmen fußen, hat eine erstaunliche Macht, unsere ganze Welt zu verändern.
Dabei ist dieser Test nicht einmal amtlich validiert, dass heißt, von unabhängigen
Wissenschaftlern aufwendig geprüft. Und er ist sehr fehlerhaft. Dadurch kann er immer
Infizierte finden, selbst, wenn es kaum noch Infizierte gibt. Es gibt nicht einmal einen
isolierten, gereinigten Virus, der die Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Test
wäre.(siehe Anhang: Die Nonsens-Tests) Und wie kann man verstehen, dass spanische
Wissenschaftler Abwasserproben von Barcelona aus dem Frühjahr 2019 positiv auf Covid 19
testen konnten? Entweder gab es die Krankheit schon 2019 und sie interessierte Keinen und
war keine Katastrophe, oder der Test reagiert auf alles Mögliche! Ebenfalls wurde in
Abwasserproben vom Dezember 2019 in Venedig Covid 19 nachgewiesen.
«Je mehr die Heilkunde Elementarwissenschaft jedes Menschen werden wird . . . , desto freier
wird die Brust des Menschengeschlecht werden. Jetzt suche jeder einzelne das Übel an der
Wurzel anzugreifen, er studiere Medizin und beobachte und forsche und erwarte mehr
gründlichen Nutzen von der Aufklärung seines Kopfes als von allen Tropfen und Extrakten.»
«Die Medizin muss noch ganz anders werden: Lebenskunstlehre und Lebensnaturlehre.»
Jetzt wird von der deutschen Regierung versucht, eventuell den Heilpraktikerberuf ganz
abzuschaffen oder wenigsten weitgehend. Sie hat ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben,
um zu klären, ob dies möglich ist.15
Wir erleben das Versagen der Urteilskraft im großen Stil. Wie komme ich zu einer gesunden
Urteilskraft? Die jetzige Situation wurde vorbereitet durch immer neue angsterregende
Theorien. Dazu muss der Mensch in das dualistische Denken gepresst werden. Es wird ein
Feind aufgebaut, den es gilt zu bekriegen. Erst der Kommunismus, dann die Islamisten und
15
https://freieheilpraktiker.com
9
Terroristen, dazwischen die Epidemien, wie Rinderwahnsinn, Vogelgrippe, Ebola,
Schweinegrippe. Das Ozonloch, und die Erderwärmung. Schließlich die Russen, die rechte
Gefahr und die Verschwörungstheoretiker. Ständig gibt es neue Gegner. Es ist das alte
hegelsche Prinzip, welches die westlichen Logen praktizieren (nach Rudolf Steiners
Erkenntnis und nach der Forschung zu Skull and Bones in Amerika, (siehe Anhang: Kaspar
Hauser, Hegel und der Westen) : Man baut sich selbst die politische Antithese, um dann in
eine Synthese überzuführen, die man beabsichtigt hat. So kann man seine Herrschaft sichern.
Rudolf Steiner hat in den zeitgeschichtlichen Betrachtungen, vor allem in den Jahren
während und kurz nach dem ersten Weltkrieg darüber gesprochen. Er sprach von elitären
Gruppen in Amerika, in denen Hegel meditativ studiert wird, um im gruppenegoistischen
Sinne die Welt zu gestalten. Deswegen und auch aus anderen Gründen, wäre es auch für uns
sinnvoll, Hegels Logik zu studieren. Dann kommt man in das Leben der Begriffe hinein und
sieht, wie jeder, richtig gedacht, sein Gegenteil hervorbringt und erst in der Synthese, sich
die Wahrheit ergibt. Diese Synthese muss allerdings nicht statisch erlebt werden. Deshalb
konnte Rudolf Steiner sagen, Hegel habe Ahriman die Logik entrissen! Solange wir nur in
Gegensätze denken und einen gegen den anderen ausspielen, können wir uns der Wahrheit
nicht nähern und verpassen das Leben.
10
Der Auferstandene hat die Fähigkeit errungen sich in der Welt der Sinne zu zeigen und
wieder zu verschwinden - durch verschlossene Türen. Er kann berührt werden und Nahrung
zu sich nehmen. Die Grenze zwischen sinnlicher und nichtsinnlicher Welt ist aufgehoben. Er
hat die Vollmacht über die Materie errungen. Er materialisiert den Leib und entmaterialisiert
ihn. Der Tod hat keine Bedeutung mehr. Das Fertige, Gewordene, Erstorbene ist in ihm zur
Bewegung geworden, die die Trennung und Spaltung in der Welt überwindet. Und dann
opfert er diesen Auferstehungleib, oder besser gesagt, er wird weit und umfasst die ganze
Welt in seinem Bewusstsein und in seinem Sein in der Himmelfahrt. Er vervielfältigt diese
Kraft der Weltüberwindung, sodass sie jedem Menschen im Prinzip zur Verfügung steht. Nun
sind wir in Ihm und Er in uns.
Welt ist im Sinne von Johannes alles, was gegeben ist, das Fertige, das ich nicht bin. Das
Nicht-Ich Fichtes. Sogar mein Körper ist in diesem Sinne Welt, denn er steht mir gegenüber
als etwas Fertiges.
Schon im Wort haben wir Sinnliches und Übersinnliches vereint. Im Wort ist der Gedanke,
die Idee hineingestorben. Dann schwebt das Wort zwischen uns und aufersteht im
verstehenden Bewusstsein eines anderen Menschen. Nicht immer aufersteht der ganze Sinn,
der in das Wort vom Sprecher gelegt wurde. Auch die Gefühls- und Willensnuancen sind in
die sinnlich erklingenden Worte erstorben. Und manchmal auferstehen sie im Zuhörer,
manchmal auch nicht. Dann verstehen wir uns nicht. Im wahren Verstehen überwinden wir
die Welt des Erstorbenen. Und gleichzeitig schwindet die Trennung zwischen den Menschen.
Das wahre Leben ist überall zwischen den Dingen. Selbst wenn wir Musik hören, hören wir
nicht einzelne Töne, sondern eine Melodie oder ein Thema, ein Motiv eine Bewegung. Auch
der Musiker hört erst übersinnlich die Melodie und dann kann er sie zum erklingen bringen.
Wir hören auch ganz gut, wenn einer das Ganze des Musikstückes nicht erfasst hat und nur
Töne aneinanderreiht. Wir überwinden im intensiven Zuhören ein Stück Welt.
So haben wir die Kraft der Weltüberwindung, der Überwindung der Spaltung in uns.
Der Gedanke erstirbt in das Wort, welches vor allem die Dichter spüren, oder der Philosoph.
Dieses Ersterben des Gedankens in den fertigen Begriff, der sich im Inneren in ein Wort
kleidet, bedeutet aber auch für die Wahrnehmung etwas. Denn als wir als Kinder die Sprache
lernten, da haben wir nicht die Begriffe erklärt bekommen, sondern, indem der Erwachsene
z.B. auf den Tisch zeigte und „Tisch“ gesagt hat, hat er uns nicht den Begriff „Tisch“ erklärt,
sondern wir haben den Begriff, wie er im Erwachsenen lebt nachgeahmt. Als kleines Kind
hatten wir ein intuitives Verstehen. Indem aber der lebendige, eigentlich nicht in Worte zu
fassende Begriff im Wort erstarb, verwandelte sich allmählich die Welt in eine fertige,
eigentlich erstorbene Welt. Jetzt sehen wir automatisch im Wahrnehmen der Dinge den
Begriff mit. Wir sehen nicht braunen Flecken im Raum, sondern z.B. einen dreidimensionalen
Tisch. Die Welt wurde so verzaubert. Sie wurde, wie Fichte es nannte, zu einem „stehenden
Sein“. Und der Begriff Ich, der erste Gedanke, den wir als kleines Kind erfassten, spaltete
sofort die Welt in Ich und Nicht-Ich. Der erste Gedanke war: Ich bin und da sind die anderen.
Und schon begann die Trotzphase, die dieses erste Aufleuchten des Ichgefühls verstärkte. Je
mehr im Kind im Laufe der Entwicklung das Ichbewusstsein sich herausarbeitet, desto
stärker entstehen dann die Ängste, z.B. mit ca. 9 Jahren, wenn der Rubikon erreicht wird. In
der Welt habt ihr Angst, heißt es deshalb im Evangelium.
Hans Peter Dürr, der Quantenphysiker hat sogar, wie viele andere Physiker, durch
naturwissenschaftliche Forschung, die Welt in Bewegung aufgelöst:
"Die moderne Physik kommt nun zu der überraschenden Erkenntnis: Materie ist nicht aus
11
Materie aufgebaut! Wenn wir die Materie immer weiter auseinandernehmen, in der
Hoffnung die kleinste, gestaltlose, reine Materie zu finden, bleibt am Ende nichts mehr übrig,
was uns an Materie erinnert. Am Schluss ist kein Stoff mehr, nur noch Form, Gestalt,
Symmetrie, Beziehung. Was bedeutet das? Wir haben eine Umkehrung: Das Primäre ist
Beziehung, der Stoff das Sekundäre. Materie ist ein Phänomen, das erst bei einer gewissen
vergröberten Betrachtung erscheint. Stoff ist geronnene Form. Vielleicht könnten wir auch
sagen: Am Grunde bleibt nur etwas, was mehr dem Geistigen ähnelt – ganzheitlich, offen,
lebendig: Potenzialität, die Kann-Möglichkeit einer Realisierung. Materie ist die Schlacke
dieses Geistigen – zerlegbar, abgrenzbar, determiniert: Realität. In der Potenzialität gibt es
keine eindeutigen Ursache-Wirkungs-Beziehungen. Die Zukunft ist wesentlich offen. Es lassen
sich für das, was „verschlackt“, was real passiert, nur noch Wahrscheinlichkeiten angeben. Es
gibt keine Teilchen, die unzerstörbar sind, die mit sich selbst identisch bleiben, sondern wir
haben ein “feuriges Brodeln“, ein ständiges Entstehen und Vergehen. In jedem Augenblick
wird die Welt neu geschaffen, aber im Angesicht, im „Erwartungsfeld“, der ständig
abtretenden Welt." (Lit.: Dürr 2003)
„Im Grunde gibt es Materie gar nicht. Jedenfalls nicht im geläufigen Sinne. Es gibt nur ein
Beziehungsgefüge, ständigen Wandel, Lebendigkeit. Wir tun uns schwer, uns dies
vorzustellen. Primär existiert nur Zusammenhang, das Verbindende ohne materielle
Grundlage. Wir könnten es auch Geist nennen. Etwas, was wir nur spontan erleben und nicht
greifen können. Materie und Energie treten erst sekundär in Erscheinung – gewissermaßen
als geronnener, erstarrter Geist. Nach Albert Einstein ist Materie nur eine verdünnte Form der
Energie. Ihr Untergrund jedoch ist nicht eine noch verfeinerte Energie, sondern etwas ganz
Andersartiges, eben Lebendigkeit. Wir können sie etwa mit der Software in einem Computer
vergleichen.“
Das hat Rudolf Steiner schon ähnlich gesagt und mit Christus in Verbindung gebracht:
»Überall, wo wir bloß Stoffe sehen, da sehen wir die Unwahrheit«, nämlich den Tod. Und
wenn Sie sagen: „Die Erde besteht aus Stoff-Atomen“ — gleichgültig, ob es räumlich
ausgedehnte Atome oder Kraftmittelpunkte sind, es kommt darauf nicht an. Wenn wir Atome
sehen, aus denen unsere Erde bestehen soll, dann sehen wir den Erdenleichnam ... Dann erst
erkennen wir die Wahrheit, wenn wir in jedem Atom sehen einen Teil des Christus-Geistes,
der seit jener Zeit darinnen ist. Aus was besteht denn die Erde, seitdem der Christus-Geist sie
durchdrungen hat? Bis ins Atom hinein besteht die Erde aus Leben, seit sie der Christus
durchdrungen hat! «
Wenn wir das erleben könnten, dann würden wir die Welt im Erkennen überwunden haben.
Weltüberwindung wäre dann auch, das erlebte, gefühlte, durchdachte Einheitserlebnis mit
den Ereignisse der Welt.
Ich komme mir aus der Welt entgegen! Die Krankheit, die mich trifft, habe ich ausgelöst.
Vergangenheit und Zukunft sind eins. Die Ursache der Krankheit liegt dann in Vergangenheit
und Zukunft. Denn was aus der Krankheitsbewältigung werden soll, ist auch die Ursache,
genauso wie seelische oder geistige Ursachen aus der Vergangenheit. Und was mich
scheinbar von außen trifft, selbst bei einem Unfall, ist gleichzeitig ein innerer Vorgang. Und
allmählich kann die durchaus berechtigte Angst vor dem Fremden überwunden werden -
durch Umfassen.
So kommt die Welt in Bewegung, so kommt das Denken in heilsame Bewegung. Dann wird
12
Abstieg zum Aufstieg, Entleerung wird Erfüllung und Selbsterlösung wird im höchsten Punkt
Gnade.
Der Auferstandene kommt in der gleichen Art wieder, wie er in der Himmelfahrt
entschwunden ist in den Bereich der Wolken, da wo fortwährende Bewegung, ständiges
Erscheinen und Entschwinden ist. Im Bereich des Lebens erscheint er wieder.
„Die Christuskraft, das Evolutionsprinzip kann nun aus dem Menschen quellen, es kann
hervorbrechen, denn die alte Evolution ist bis heute abgeschlossen. Das ist der Grund der
Krise. Alles, was an Neuem sich auf der Erde vollzieht, muss sich durch den Menschen
vollziehen.
Dieses Bild von Christus kann ja heute nicht mehr mit äußeren Augen wahrgenommen
werden, sondern es muss mit einem inneren Auge wahrgenommen werden. Und in diesem
inneren Auge zeigt sich, was aus der Auferstehung Christi geworden ist. Der ist ja nicht
irgendwie verdampft oder hat sich irgendwie verflüchtigt. Die Frage ist doch: Wo ist er jetzt?
Wer mit dem inneren Auge zu sehen sucht, der sieht, daß der Christus längst wieder da ist.
Nicht mehr in einer physischen Form, aber in der bewegten Form einer für das äußere Auge
unsichtbaren Substanz. Das heißt, er durchweht jeden einzelnen Raum und jedes einzelne
Zeitelement substantiell. Also er ist ganz nah da. Die Form, wie diese Verkörperung Christi
sich in unserer Zeit vollzieht, ist das Bewegungselement schlechthin. Der sich Bewegende. Es
ist also das Auferstehungsprinzip: die alte Gestalt, die stirbt oder erstarrt ist, in eine lebendig,
durchpulste, lebensfördernde, seelenfördernde, geistfördernde Gestalt umzugestalten. Das
ist der erweiterte Kunstbegriff.“
Rudolf Steiner hat vielfach über die Wiederkunft Christi im Ätherischen geschrieben. Sie ist
der eigentliche Hintergrund des Weltgeschehens. Das Erleben des Bösen, spielt dabei eine
wichtige Rolle: Dadurch, dass die Menschheit mit ihm konfrontiert wird, entwickelt sie die
manichäischen Kräfte, um es zu überwinden:
Ahrimans Inkarnation
Diese Wiederkunft Christi ruft den Gegengeist auf den Plan, der das Böse will und doch dem
Guten zum Durchbruch verhelfen wird. Es ist der eine der Gegengeister, Ahriman, der für die
Weltentwicklung so notwendig ist, wie Judas für das Christusereignis. Vielleicht ist so auch
die Mitteilung Rudolf Steiners zu verstehen, Ahriman sei auch ein Teil des Christus, die er in
einem persönlichen Gespräch mit Gräfin Kayserlingk ausgesprochen hat:
13
"In seinem letzten Lebensjahr, 1924, holt Rudolf Steiner die Himmel und ihre Weisheit auf die
Erde, aber er wird nicht begriffen. In einem Gespräch mit ihm sagte Johanna Gräfin
Keyserlingk:
'Die Menschheit ist doch sehr missraten', worauf er antwortete: 'Ja, das kann man wohl
sagen." 'Aber was soll denn dann am Ende des Jahrhunderts werden?' Darauf antwortete er
in verzweifeltem Ton: 'Das weiß ich auch nicht - aber Ahriman ist ja auch ein Teil des
Christus.'
Ich erfuhr den Wortlaut dieses Gespräches gleich danach, und diese Antwort begleitete mich
das ganze Leben."
(Adalbert Graf von Keyserlingk in: Koberwitz 1924, Verlag Hilfswerk Elisabeth, Stuttgart 1974,
S.180)
Luzifer hatte nach Rudolf Steiner seine Inkarnation schon im 3. vorchristlichen Jahrtausend.
Die Frucht dieser Einwirkung für die Menschheit sind Philosophie und Kunst. Der
Wiederkommende bildet die lebendige Mitte der beiden Widersacher.
Man sieht, wie Vieles heute von dem Geist der Angst inspiriert ist, von Ahriman. Die
Kernkraftwerksunfälle in Tschernobyl (26. April 1986) und Fukushima (11. März 2011)
erscheinen als Katastrophen, die geistige Zerfallskräfte freigesetzt haben. Nach dem ersten
Unglück zerfiel die Sowjetunion. Nach Fukushima zerfällt schon lange der Westen mit dem
Kapitalismus.
Die Synthese könnte das chinesische System sein. Eine Art Bolschewismus. Auf jeden Fall ein
System mit Überwachung, wie jetzt schon in China zu sehen, mit ihrem digitalen
Punktesystem für soziales Wohlverhalten. Das Ganze aber gekoppelt mit einem
Wirtschaftssystem, welches das gesamte Kapital in wenigen Händen konzentriert.
Notwendig wäre allerdings, die Dreigliederung des sozialen Organismus als Alternative zu
verwirklichen:
«Für die nächste Zeit blüht der sogenannten zivilisierten Welt nur eine Alternative: das ist auf
der einen Seite Bolschewismus, auf der andern Dreigliederung. Und wer nicht einsieht, dass
es nur diese zwei Dinge gibt für die nächste Zeit, der versteht heute von dem Gang der
Ereignisse im Großen eben nichts.»16
Uns droht ein diktatorischer Weltstaat. Ein Weltstaat, vor dem Rudolf Steiner eindringlich
gewarnt hat:
»Niemals kann es sich darum handeln, eine Weltbürokratie einzurichten, durch die ganz
gewiss die freie Initiative der geistigen Fähigkeiten ausgeschaltet wird!
Was Wunder daher, dass gegenwärtig die Menschen auch wieder daran denken, wie in Bern
der Ausdruck geprägt worden ist, einen »Überstaat« zu gründen, den Völkerbund mit einem
Überparlamente. Nicht wahr, die alten Staaten haben ja so Günstiges gewirkt, haben gezeigt,
was sie zustande bringen können in den letzten viereinhalb Jahren! Nun, »Überstaaten«,
»Überparlamente« begründen, das ist so recht ein Zeichen dafür, dass die Menschen nicht
herausschlüpfen mögen aus den alten Denknetzen, dass sie drinnenbleiben möchten in
diesen alten Denknetzen. Während man den einzelnen Staat zerklüften muss in seine drei
Glieder, wollen die Menschen das Gegenteil. Sie wollen die ganze Erde ... zu einem einzigen
großen Staat zusammenschweißen. Sie wollen das Gegenteil von dem, was in den
16
Vortrag vom 7.8.1920 in GA 199
14
Entwickelungskräften der Zeit begründet ist.
Die Menschen hören heute von den bedeutsamsten Dingen, die in die Zerstörung, in den
Niedergang hineinführen müssen, und sie können nicht einmal entrüstet sein darüber. Jetzt
wiederum gehen Dinge durch die Welt, Absichten gehen durch deutsche Gegenden, über die
die Menschen entsetzt sein sollten - und sie sind es nicht! Wer aber über diese Dinge nicht
entsetzt sein kann, der hat auch nicht die Kraft, den Sinn für die Wahrheit zu entwickeln. Das
ist dasjenige, worauf heute hingewiesen werden muss, dass eine gesunde Entrüstung über
das Ungesunde der Quellpunkt sein muss für die Begeisterung, für die neuen notwendigen
Wahrheiten. Es ist heute sogar weniger notwendig, dass man den Menschen Wahrheiten
überliefert, als es notwendig ist, dass man in diese lethargischen Nervensysteme Feuerkraft
hineinbringt. Denn Feuerkraft ist heute dem Menschen notwendig, nicht mystische
Schläferei. Nicht Sehnsucht nach mystischer Ruhe, sondern Dienen dem Geistigen, das ist es,
um was es sich heute handelt. Die Verbindung mit dem Göttlichen muss heute in der Aktivität,
nicht in der mystischen Faulheit und Bequemlichkeit gesucht werden.“17 (siehe auch im
Anhang: Wer kontrolliert das Gesundheitsregime? Und Verquickungen von
Pharmaindustrie...)
Hintergrund ist die kommende Inkarnation Ahrimans, der vor der Offenbarung des
Wiederkommenden einhergeht. Man kann auch sagen, dass das Christentum in seinem 21.
Lebensjahr ist, weil 100 Jahre der christlichen Geschichte wie ein menschliches Jahr
erscheinen. Dann bricht jetzt die Zeit an, in der das Christentum zu sich selbst kommt. Eine
Wiedergeburt aus dem Nichts. Was könnte das heißen?
Die Verkörperung Ahrimans am Anfang des 3. Jahrtausends können und sollen wir nach
Rudolf Steiner nicht verhindern. Was wird er Positives bringen können? Das Wesentliche ist
vielleicht, dass wir unser Erkennen schärfen können. Rudolf Steiner hat einiges zu der
bevorstehenden Verkörperung/Inkorporation in einem Menschen gesagt, vor allem 1919.
"Die ganze Michael-Tradition muss revidiert werden. Michael, seine Füße auf den Drachen
gestellt: Man erblickt mit Recht dieses Bild, das den Michael-Kämpfer darstellt, wie er den
kosmischen Geist vertritt gegenüber den ahrimanischen Mächten, die er unter seinen Füßen
hat. Mehr als irgendein anderer Kampf ist dieser Kampf in das menschliche Herz gelegt. Da
drinnen ist er verankert, verankert seit dem letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts.
Entscheidend muss dasjenige werden, was Menschenherzen mit dieser
Michael-Angelegenheit der Welt im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts tun. Und im Laufe
dieses zwanzigsten Jahrhunderts, wenn das erste Jahrhundert nach dem Ende des Kaliyuga
verflossen sein wird, wird die Menschheit entweder am Grabe aller Zivilisation stehen oder
am Anfange desjenigen Zeitalters, wo in den Seelen der Menschen, die in ihren Herzen
Intelligenz mit Spiritualität verbinden, der Michael-Kampf zugunsten des Michael-Impulses
ausgefochten wird."18
Das erste Ahrimanische ist schon die Buchdruckerkunst. Sie ist zwar nach Rudolf Steiner
nicht abzulehnen, aber doch gilt auch folgendes:
„Man muss das, was real ist im Leben, in seiner wirklichen Bedeutung durchschauen, wenn
man Anthroposoph ist. Man muss in der Druckkunst zwar eine geistige Macht sehen, aber
17
GA 197, Seite 56
18
GA 240/58f
15
eben die geistige Macht, die von Ahriman dem Michael entgegengestellt worden ist. Daher
diese fortdauernde Mahnung Michaels an diejenigen, die er nun in seiner Schule dazumal
unterrichtete, die fortdauernde Mahnung: Wenn ihr wieder auf die Erde herunterkommt, um
das auszuführen, was hier veranlagt ist, dann sammelt die Menschen um euch, verkündigt
das Wichtigste von Mund zu Ohr und seht nicht das Wichtigste darin, dass nur durch das
gedruckte Buch in der Welt 'literarisch' gewirkt werde. Daher ist die intimere Art, von Mensch
zu Mensch zu wirken, diejenige, die vorzugsweise in der Richtung des Wirkens Michaels ist.
Und wenn wir uns, statt bloß durch Bücher zu wirken, vereinigen und die wichtigsten Impulse
menschlich-persönlich aufnehmen und - weil es so sein muss, weil sonst wieder Ahriman eine
ungeheure Herrschaft bekommen würde, wenn wir uns seiner Kunst nicht auch bemächtigten
- das andere dann nur benützen, um gewissermaßen 'Gedächtnishilfen' zu haben, um das zu
haben, was mit dem ahrimanischen Zeitgeist rechnet: pflegen wir dies in solcher Weise, dass
wir nicht etwa das gedruckte Buch ausmerzen, aber ihm das richtige Verhältnis geben zu dem,
was unmittelbar menschlich wirkt, dann inaugurieren wir das, was zunächst imponderabel
als Michael-Strömung durch die Anthroposophische Gesellschaft fließen soll.“19
Ahriman wird als Schriftsteller auftreten. Wir sollen das erkennen. In allen Bereichen: Poesie,
Wissenschaft,usw.
Objektiv wird Ahriman auf der Erde wandeln. So wahr als Luzifer gewandelt hat und Christus
gewandelt hat objektiv in einem Menschen, wird Ahriman mit ungeheurer Macht zu irdischer
Verstandeskraft auf der Erde wandeln. Wir Menschen haben nicht die Aufgabe, die
Inkarnation des Ahriman etwa zu verhindern, aber wir haben die Aufgabe, die Menschheit so
vorzubereiten, dass Ahriman in der richtigen Weise eingeschätzt wird. Denn Ahriman wird
Aufgaben haben, er wird das eine und das andere tun müssen, aber die Menschen werden in
der richtigen Weise dasjenige einschätzen und verwenden müssen, was durch Ahriman in die
Welt kommt. Das werden sie nur können, wenn sie in der richtigen Weise sich einstellen
können heute schon zu demjenigen, was jetzt schon Ahriman so von jenseitigen Welten aus
auf die Erde sendet, dass er einmal wirtschaften kann auf der Erde, ohne dass er bemerkt
wird. Das darf nicht sein. Ahriman darf nicht auf der Erde so wirtschaften, dass er nicht
bemerkt wird; man muss ihn in seiner Eigentümlichkeit voll erkennen, man muss ihm mit
vollem Bewusstsein sich entgegenstellen können."20
„Aber diese ahrimanische Macht bereitet von der geistigen Welt her ihre Inkarnation auf der
Erde vor. Und sie sucht sie möglichst so vorzubereiten, dass sie - also diese Inkarnation des
Ahriman in menschlicher Gestalt - die Menschen auf der Erde in stärkstem Maße wird
verführen und versuchen können. Eine Aufgabe der Menschen für die nächste
Zivilisationsentwickelung wird es sein, so voll bewusst der Ahrimaninkarnation
entgegenzuleben, dass diese Ahrimaninkarnation der Menschheit gerade dient in Bezug auf
die Förderung einer höheren geistigen, einer spirituellen Entwickelung dadurch, dass man
gewahr wird gerade an Ahriman, was der Mensch durch das bloße physische Leben erlangen
oder, sagen wir, nicht erlangen kann. Aber bewusst müssen die Menschen entgegengehen
dieser Ahrimaninkarnation und die Dinge so einrichten, dass sie immer bewusster und
bewusster werden auf allen Gebieten, dass sie immer mehr und mehr sehen, welche
19
GA 240/68ff
20
GA 195/38f
16
Strömungen im Leben sich entgegen bewegen dieser Ahrimaninkarnation. Deuten müssen die
Menschen lernen aus geistiger Wissenschaft heraus das Leben, so dass sie erkennen die
Strömungen, die der Ahrimaninkarnation entgegengehen, dass sie sie beherrschen lernen. Sie
müssen wissen, dass Ahriman unter den Menschen auf der Erde leben wird, aber dass die
Menschen ihm entgegentreten werden und selber bestimmen werden, was sie von ihm
lernen mögen, was sie von ihm aufnehmen mögen. Das werden sie jedoch nicht können,
wenn sie nicht von jetzt ab in die Hand nehmen gewisse geistige Strömungen oder auch
ungeistige Strömungen, die sonst Ahriman benützt, um die Menschen möglichst im
Unbewussten zu lassen über sein Kommen, so dass er einstmals auf der Erde würde
erscheinen können und gewissermaßen die Menschen überfallen, versuchen, verführen, so
dass sie die Erdenentwickelung verleugnen, dass die Erdenentwickelung nicht an ihr Ziel
kommt. Gewisse geistige und ungeistige Strömungen muss man ihrem Wesen nach
kennenlernen, wenn man den ganzen Vorgang, von dem ich sprach, eben verstehen will.“21
1. Ahriman wird das Freie Geistesleben abschaffen wollen, es ist wie eine Art Finsternis
für ihn.
„Die ahrimanische Inkarnation wird dann ganz besonders gefördert werden, wenn man es
ablehnt, ein selbständiges freies Geistesleben zu begründen, und das Geistesleben weiter
drinnen stecken lässt in dem Wirtschaftskreislauf oder in dem Staatsleben. Denn diejenige
Macht, welche das weitaus größte Interesse hat an einer solchen weiteren Verquickung des
Geisteslebens mit dem Wirtschaftsleben und mit dem Rechtsleben, das ist eben die
ahrimanische Macht. Die ahrimanische Macht wird das freie Geistesleben wie eine Art von
Finsternis empfinden. Und das Interesse der Menschen an diesem freien Geistesleben wird
diese ahrimanische Macht empfinden wie ein sie brennendes Feuer, ein seelisches Feuer,
aber ein sie stark brennendes Feuer. Daher obliegt es geradezu dem Menschen, um die
richtige Stellung, das richtige Verhältnis zur ahrimanischen Inkarnation in der nächsten
Zukunft zu finden, dieses freie Geistesleben zu begründen.“22
"Diese ahrimanische Inkarnation soll nicht etwa vermieden werden. Kommen muss sie, denn
die Menschen müssen Ahriman, wenn ich so sagen will, Auge in Auge gegenübertreten. Er
wird diejenige Individualität sein, die den Menschen zeigen wird, zu welchem ungeheuren
Scharfsinn der Mensch eben kommen kann, wenn er alles, was von den Erdenkräften aus den
Scharfsinn fördern kann, zu Hilfe ruft. In den Nöten, von denen ich gesprochen habe, die in
der nächsten Zeit über die Menschen kommen werden, werden die Menschen sehr
erfinderisch werden. Mancherlei wird entdeckt werden aus den Kräften und Substanzen der
21
GA 193, 4.11.1919
22
GA 191, 2.11.1919, Dornach
17
Welt heraus, das für den Menschen Nahrung abgeben wird. Aber was da gefunden wird, wird
so gefunden, dass man zugleich erkennen wird, wie das Materielle zusammenhängt mit den
Organen des Verstandes, nicht des Geistes, aber des Verstandes. Man wird lernen, was man
essen und trinken muss, um recht gescheit zu werden. Man kann nicht geistig werden durch
Essen und Trinken, aber man kann sehr gescheit, raffiniert gescheit werden dadurch."23
3. Kein Interesse, sich nicht mit der Seele erwärmen können an Inhalten. Die Menschen
können kein wirkliches Interesse für die Dinge aufbringen. Man langweilt sich. Selbst
doppelte Buchführung könnte ein interessierter Mensch spannend finden.
„Aber auch direkt kann Ahriman seiner Inkarnation vorarbeiten und tut es. Die heutigen
Menschen führen auch gewiß ein Geistesleben, aber ein rein intellektuelles, das nicht auf die
geistige Welt sich bezieht. Immer mehr und mehr verbreitet sich unter den Menschen dieses
bloß intellektuelle Leben, welches zuerst namentlich in den Wissenschaften Platz ergriffen
hat, jetzt aber auch im sozialen Leben zu allen möglichen sozialen Exzessen führt. Welcher
Art ist denn dieses intellektuelle Leben? Dieses intellektuelle Leben ist so wenig mit den
wirklichen Interessen der Menschen verknüpft. Ich frage Sie: Wie viele lehrende Menschen
sehen Sie heute in hohe und niedrige Lehranstalten hinein- und herausgehen, die eigentlich
nicht aus innerem Enthusiasmus ihrer Wissenschaft dienen, sondern aus einem äußeren
Berufe? Da ist nicht das unmittelbare Interesse der Seele verbunden mit dem, was getrieben
wird. Es geht selbst bis in die Lernzeit herunter. Denken Sie, wieviel gelernt wird auf den
verschiedensten Stufen des Lebens, ohne dass ein wirklicher Enthusiasmus, ein wirkliches
Interesse bei diesem Lernen ist, wie äußerlich das intellektuelle Leben für viele Menschen
wird, die sich ihm hingeben. Und wie viele Menschen müssen heute allerlei Geistiges
produzieren, das dann in Bibliotheken konserviert wird, das nicht lebendig ist als geistiges
Leben. All dies, was als intellektualistisches Geistesleben sich entwickelt, ohne dass
menschliche Seelenwärme es durchglüht, ohne daß menschlicher Enthusiasmus dabei ist,
fördert unmittelbar die Inkarnation Ahrimans in seinem eigenen Sinne. Das lullt die
Menschen in der Weise ein, wie ich es charakterisiert habe, so dass es für Ahriman sehr
günstig werden kann.“24
„Und wie können wir uns zu einer solchen Sache erziehen? Indem wir das, was in uns
ahrimanisch auftritt, sehr stark mit einem luziferischen Elemente durchdringen. Was tritt
ahrimanisch auf im heutigen Menschen? Die Erkenntnis der Außenwelt. Das
Allerahrimanischeste ist das materielle Erkennen der Außenwelt, denn diese ist nur ein bloßes
Blendwerk. Können wir uns aber dafür begeistern, entwickeln wir Interesse dafür, interessiert
es uns furchtbar, was da für ein Blendwerk entsteht aus Chemie, aus Physik, aus Astronomie
und so weiter, dann bringen wir etwas, was eigentlich dem Ahriman gehören soll, durch
unser eigenes luziferisches Interesse von Ahriman los.
Gerade das möchten die Menschen nicht. Den Menschen ist das sehr langweilig. Und viele,
die eigentlich das äußere materielle Wissen fliehen, die verkennen ihre Aufgabe und bereiten
dem Ahriman die allerbeste Inkarnation im Erdendasein. Und was in dem Inneren der
heutigen Menschen aufquillt, das hat wiederum einen sehr stark luziferischen Charakter. Wie
können wir nach dieser Seite uns richtig erziehen? Indem wir gerade mit unserem eigenen
Ahrimanischen in uns hineingehen, das heißt versuchen, alle Illusionen über unser eigenes
Innere zu vermeiden, und indem wir uns so nehmen, wie wir sonst die Außenwelt nehmen,
23
GA 193/196
24
GA 193, 4.11.1919, Bern
18
also uns selber so betrachten, wie wir sonst die Außenwelt betrachten. Der heutige Mensch
muss eigentlich erleben, wie er gar sehr nötig hat, sich zu so etwas erst zu erziehen.“
„Es handelt sich darum, dass tatsächlich mit ahrimanischer Kaltblütigkeit, mit ahrimanischer
Nüchternheit der Mensch sich heute seinem eigenen Inneren nahen sollte. Hitzig ist es immer
noch genug, auch wenn es noch etwas abgekühlt wird, dieses eigene Innere der Menschen!
Man braucht sich gar nicht zu fürchten, dass es zu stark abgekühlt wird. Und es ist schon so,
dass die heutige Menschheit notwendig hat, um eine richtige Stellung zur künftigen
Ahrimaninkarnation zu gewinnen, über das Innere objektiver zu werden, in das Äußere viel,
viel Subjektives, aber nicht Phantasiegebilde, sondern Interesse, Aufmerksamkeit, Hingabe
hineinzubringen, insbesondere aber auch Interesse, Hingabe an die Dinge des Lebens, des
unmittelbaren Lebens.
Sehen Sie, sehr gut fördert man den Weg, den Ahriman nehmen will, um seine Inkarnation so
günstig wie möglich zu gestalten, wenn man das oder jenes nach seiner Erziehung oder nach
seinen sonstigen Lebensverhältnissen in Bezug auf das äußere Leben langweilig findet.
Denken Sie nur, wie viele Menschen heute dies oder jenes langweilig finden. Ich habe zum
Beispiel unzählige Menschen kennengelernt, die finden es langweilig, sagen wir, sich mit den
Usancen von Banken oder der Börse bekanntzumachen oder einfache und doppelte
Buchführung zu betrachten. Dies ist aber nie richtig, irgendetwas absolut langweilig zu finden.
Irgendetwas langweilig finden, heißt nur, den Punkt noch nicht gefunden zu haben, wo es
brennend interessant ist; jedes trockene Kassenbuch kann, wenn man den Punkt findet, von
dem aus es brennend interessant ist, genau ebenso interessant sein, wie die «Jungfrau von
Orleans» von Schiller oder der «Hamlet» von Shakespeare oder irgendetwas, zum Beispiel die
«Sixtinische Madonna» von Raffael. Es handelt sich nur darum, den Punkt zu finden, von dem
aus alles im Leben interessant ist.
Von dem, was ich eben gesagt habe, könnten Sie vielleicht denken, die Sache sei doch recht
paradox. Sie ist es aber nicht. Der heutige Mensch nur ist paradox in seinem Verhältnis zur
Wahrheit. Der heutige Mensch hat es vielmehr nötig, recht, recht stark vorauszusetzen, dass
er etwas nicht kann, nicht dass die Welt das Betreffende nicht kann. Und nichts bereitet
Ahriman den Weg für seine künftige Inkarnation besser vor, als dies oder jenes langweilig zu
finden, sich zu gut zu finden für das eine oder andere, nicht mit- machen zu wollen das eine
oder das andere. Es handelt sich eben überall darum, den Punkt zu finden, von dem aus das
eine oder das andere eben interessant ist. Das, worum es sich heute handelt, ist nicht, dass
wir subjektiv ablehnen oder akzeptieren die Dinge, sondern dass wir objektiv erkennen,
inwiefern in dem einen oder in dem anderen Ahrimanisches oder Luziferisches ist, so dass der
Waagebalken nach der einen oder anderen Seite zu stark ausschlagen kann. Etwas
interessant finden, bedeutet ja noch nicht, es berechtigt zu finden, sondern es bedeutet nur,
dass man eine innere Kraft entwickelt, um sich zusammenzuschließen mit dem Betreffenden
und es gerade in das richtige Fahrwasser zu bringen.“25
4. Alles Wissen in Bibliotheken konservieren wollen. Heute wird alles Wissen in digitalen
Bibliotheken aufbewahrt. Man muss nicht mehr denken.
"Mit den Konservenbüchsen meine ich die Bibliotheken und ähnliches, wo diejenigen
Wissenschaften aufbewahrt sind, die man zwar treibt, die man aber nicht eigentlich mit
seinem wirklichen Interesse verfolgt, die nicht bei den Menschen leben, sondern in den
Büchern, die in den Bibliotheken stehen. Sehen Sie sich diese Wissenschaft an, die abseits
25
GA191, 2.11.1919, Dornach
19
vom Menschen getrieben wird! Viele Bücher stehen überall in den Bibliotheken. Jeder Student
muss schon anfangen, wenn er das Doktorat macht, eine gelehrte Abhandlung zu machen;
dann werden diese in möglichst viele Bibliotheken hineingestellt. Dann kommt wiederum eine
gelehrte Abhandlung, wenn der Betreffende in irgendeine Stellung hineinrücken will. Aber
auch sonst schreiben und schreiben und schreiben die Menschen heute. Aber gelesen wird
das wenigste von dem, was heute geschrieben wird. Nur dann, wenn die Menschen sich
vorbereiten müssen für dieses oder jenes, dann zitieren sie das, was in den Bibliotheken
drinnen modert, konserviert ist. Diese 'Konservenbüchsen der Weisheit', das ist dasjenige,
was besonders ein gutes Förderungsmittel für Ahriman ist.
Die Art, wie das getrieben wird, aber auch vieles andere, was ähnlich ist, was eigentlich nur in
die Welt gesetzt wird, aber einen Sinn nur hätte, wenn sich die Menschen dafür interessieren
würden, für das sie sich aber eigentlich nicht interessieren, sondern das eigentlich nur in einer
von den Menschen getrennten Weise vorhanden ist, findet sich auf allen Gebieten. Bedenken
Sie doch nur einmal, man könnte ja, wenn man dazu veranlagt wäre, verzweifeln! Da hat
man zum Beispiel einen Prozess, da muss man sich einen Advokaten nehmen. Dieser Advokat
führt den Prozess. Dann kommen die Zeiten, wo man mit dem Advokaten verhandeln muss;
es häufen sich immer mehr und mehr die Papiere. Die hat er in einer Mappe. Aber wenn man
dann mit ihm redet, so hat er keine Ahnung von dem Zusammenhang, er weiß nichts, er
schlägt auf und auf und es kommt nichts dabei heraus. Er hat keinen Zusammenhang mit
seinen Akten. Da ist eine Aktenmappe, da ist die nächste Aktenmappe. Die Akten wachsen.
Aber das Interesse ist ganz und gar nicht vorhanden. Es ist zum Verzweifeln, wenn man mit
den Fachleuten, die so irgendwie die Dinge machen, wirklich zu tun hat. Sie sind ganz und gar
außer Verbindung mit dem, worum es sich handelt, wissen nichts davon in Wirklichkeit, denn
alles steht in den Akten. Das sind die kleinen Konservenbüchsen, die Bibliotheken sind die
großen Konservenbüchsen von Geist und Seele. Da wird alles konserviert. Aber die Menschen
wollen es nicht mit sich vereinigen, wollen es nicht mit ihrem Interesse durchdringen."26
5. Das nicht Durchschauen, dass die Dreigliederung kommen muss. Ahriman fördert den
Gedanken, dass alles vom Ökonomischen her bestimmt bestimmt wird.
Das Rechts- und Geistesleben muss aber dem wirtschaftlichen entgegen gestellt werden.
Heute ist es das Geldsystem, welches die Menschen versklavt, der Herrschertyp des
Bankiers:
„...Gerade wenn man es in allen Einzelheiten verfolgen wird, dann wird man sehen, wie
gründlich wahr diese Dinge sind. Aber gerade indem die Herrschaft des bloßen 'Zeichens für
die gediegenen Güter heraufgekommen ist, ist wiederum ein wesentliches Mittel für die
ahrimanische Täuschung der Menschheit heraufgekommen. Und wenn der Mensch nicht
durchschaut, dass er der durch den ökonomischen Menschen und der durch den Bankier
hervorgerufenen ökonomischen Ordnung den Rechtsstaat und den Geistesorganismus
entgegensetzen muss, dann wird wiederum in diesem Nichtdurchschauen Ahriman ein
wesentliches Mittel finden, um seine Inkarnation, das heißt den Triumph seiner Inkarnation,
die gewiss kommt, in der entsprechenden Weise vorzubereiten."27
6. Die mechanistische Anschauung. Die Welt und der Mensch als Maschine. Die
Naturwissenschaft als Illusionswissenschaft.
26
GA 191, 1.11.1919, Dornach
27
GA 193/174f
20
„Nun hat Ahriman, damit sich für ihn am fruchtbarsten seine Inkarnation gestalten werde,
das größte Interesse daran, dass die Menschen sich in dieser Illusionswissenschaft, die ja im
Grunde genommen unsere ganze heutige Wissenschaft ist, vervollkommnen, dass sie aber
nicht darauf kommen, dass es eine Illusionswissenschaft ist. Ahriman hat das allergrößte
Interesse, den Menschen Mathematik beizubringen, aber ihnen nicht beizubringen, dass die
mathematisch-mechanischen Anschauungen nur Illusionen über das Weltenall sind. Ahriman
hat das größte Interesse daran, Chemie, Physik, Biologie und so weiter, so wie sie heute unter
den Menschen vertreten und zur bewunderten Anschauung gemacht werden, dem Menschen
beizubringen, aber ihn glauben zu machen, dass das absolute Wahrheiten sind, dass das
nicht gleichsam nur Gesichtspunkte sind, Photographien von einer Seite. Wenn man einen
Baum fotografiert von einer Seite, so kann er richtig fotografiert sein, aber man hat doch
keine ganze Anschauung davon. Wenn Sie ihn von vier Seiten fotografieren, so können Sie
allenfalls eine Anschauung von ihm bekommen. Dieses zu verbergen vor der Menschheit,
dass man es in der heutigen intellektuell-rationalistischen Wissenschaft mit ihrem Anhängsel,
einer abergläubischen Empirie, mit einer großen Illusion, mit einer Täuschung zu tun hat,
dieses nicht anzuerkennen, daran hat Ahriman das allergrößte Interesse. Er würde den
größten Erfolg haben können, den stärksten Triumph erleben können, wenn es zuwege
gebracht werden könnte, dass jener wissenschaftliche Aberglaube, der heute alle Kreise
ergreift, und nach dem die Menschen sogar ihre Sozialwissenschaft einrichten wollen, bis ins
3. Jahrtausend hinein herrschen würde, und wenn Ahriman dann als Mensch zur Welt
kommen könnte innerhalb der westlichen Zivilisation und den wissenschaftlichen
Aberglauben finden würde."28
7. Die wörtliche Auslegung der Evangelien, nur sich auf die Evangelien stützen, führt zu
Halluzinationen des Christus. Wenn man nur von dem guten Menschen Jesus sprechen wird,
führt das gerade in die Fänge Ahrimans. Im Anfang des Christentums gab es die heidnische
Philosophie und Gnosis zur Ergänzung der Evangelien. Heute braucht es die
Geisteswissenschaft. Es ist Weisheit, dass es vier Evangelien gibt, das schützt vor
Einseitigkeiten.
„Denn so sonderbar es für viele Menschen ist: So wie es eine einseitige Art ist, die Welt
kennenzulernen durch die galileisch-kopernikanische Wissenschaft, überhaupt durch die
heutige Universitätswissenschaft materialistischer Art, so ist es auf der anderen Seite eine
Einseitigkeit, die Welt kennenzulernen bloß durch das Evangelium und abzulehnen jedes
andere Eindringen in die wahre Wirklichkeit als durch das Evangelium. Das Evangelium war
jenen Menschen gegeben, die in den ersten Jahrhunderten des Christentums lebten. Heute zu
glauben, dass das Evangelium das ganze Christentum geben könne, das ist eben eine halbe
Wahrheit, daher auch ein halber Irrtum, der die Menschen wiederum benebelt und der daher
Ahriman die besten Mittel in die Hand liefert, um sein Ziel, den Triumph seiner Inkarnation, zu
erreichen.
Wie zahlreich sind heute die Menschen, die glauben, aus christlicher Bescheidenheit heraus
zu sprechen, aber in Wahrheit aus einem furchtbaren Hochmut heraus sagen: Oh, wir
brauchen keine geistige Wissenschaft. Die Einfachheit, die Schlichtheit des Evangeliums, die
führt uns zu dem, was der Mensch von der Ewigkeit braucht. - Es ist zumeist ein furchtbarer
Hochmut, der in dieser scheinbaren Bescheidenheit sich ausspricht. Diesen Hochmut, ihn
kann Ahriman im angedeuteten Sinne sehr gut benützen. Denn vergessen Sie nicht, was ich
28
GA 193/167ff
21
im Beginne dieser heutigen Betrachtungen auseinandergesetzt habe, dass in der Zeit, in die
das Evangelium hineingefallen ist, die Menschen in ihrem Denken, Empfinden und Anschauen,
in ihrem ganzen Anschauen noch luziferisch durchdrungen waren und dass sie mit einer
gewissen luziferischen Gnosis das Evangelium verstehen konnten. Aber die
Evangeliumauffassung in diesem alten Sinne ist heute nicht möglich. Heute auf das bloße
Evangelium zu pochen, namentlich so, wie es den Menschen überliefert ist, das gibt keine
wirkliche Christus-Auffassung. Daher ist heute nirgends weniger eine wahre
Christus-Auffassung verbreitet als in den Glaubensbekenntnissen, in den Konfessionen. Man
muss heute schon das Evangelium geisteswissenschaftlich vertiefen, wenn man zu einer
wirklichen Auffassung des Christus kommen will. Da ist es interessant, die einzelnen
Evangelien zu verfolgen und auf ihren wahren Inhalt zu kommen. Das Evangelium so zu
nehmen, wie es ist, wie es heute zahlreiche Menschen nehmen und wie es namentlich
zahlreichen Menschen gelehrt wird, es zu nehmen, das ist nicht ein Weg zu Christus, das ist
ein Weg von Christus weg. Daher kommen die Konfessionen immer mehr und mehr weg von
Christus. Wozu gelangt, wer heute das Evangelium und nur das Evangelium nehmen will,
ohne geisteswissenschaftliche Vertiefung des Evangeliums, zu welcher Art von
Christus-Auffassung gelangt er? Er kommt zuletzt zu einem Christus, wenn er wirklich das
Evangelium nimmt. Aber was ist das Äußerste, wozu er kommt? Das ist nicht eine Realität
des Christus, zu der heute eben nur die Geisteswissenschaft hinführen kann. Das, wozu das
Evangelium führt, ist eine zwar richtige, aber doch nur eine Halluzination vom Christus, ein
wirkliches inneres Bild - meinetwillen nennen Sie es auch Vision -, ein wirkliches, inneres Bild,
aber nur ein Bild. Es gibt durch das Evangelium heute den Weg, zu einer wahren
Halluzination, zu einer wahren Vision von dem Christus zu kommen, aber nicht zu der Realität
des Christus. Das ist gerade der Grund, warum die moderne Theologie so materialistisch
geworden ist. Die Leute, die sich mit dem Evangelium bloß theologisch befasst haben, die
haben geprüft: Was können wir aus diesem Evangelium herausbringen? Und sie sagten sich
zuletzt doch: Nach unserer Anschauung so etwas ähnliches, wie das, was wir herausbringen,
wenn wir den Paulus vor Damaskus prüfen. Und dann kommen diese Theologen, die
eigentlich das Christentum begründen sollten, es aber untergraben, indem sie sagen: Nun,
Paulus war eben krank, eine nervenkranke Person, die vor Damaskus eine Vision hatte.
Es handelt sich eben darum, dass gerade so, wie man durch das Evangelium selbst nur zu der
Halluzination, nur zu der Vision kommen kann, die aber ein innerlich richtiges Bild ist, damit
aber nicht eine Realität ergreift, man einzusehen hat, dass man durch das alleinige
Evangelium nicht zu dem wirklichen Christus kommt, sondern zu einer Halluzination des
Christus. Denn den wirklichen Christus muss man heute suchen durch alles das, was man aus
der Geist-Erkenntnis der Welt gewinnen kann. Daher bilden für Ahriman, wenn er in der
modernen Zivilisation in Menschengestalt erscheinen wird, gerade diejenigen den Anfang
einer Herde, die heute nur auf das Evangelium schwören und jede Art von wirklicher
Geist-Erkenntnis ablehnen möchten aus den Konfessionen und aus den Sekten heraus, die
nicht lernen wollen, die abweisen wollen alles dasjenige, was geistige Anstrengung zu
konkretem Erkennen verursacht. Aus diesen Kreisen heraus werden sich ganze Scharen für die
Anhängerschaft des Ahriman entwickeln.“29
29
GA 193, 27.10.1919
22
„Das andere Mittel, das zweite Mittel, das er hat, ist: alles das zu schüren, was die Sie
brauchen bloß in der Gegenwart auf das Parteiwesen, auf das sich befehdende Parteiwesen
hinzusehen, und Sie werden finden - wenn Sie nur unbefangen sind, können Sie das
anerkennen -, dass diese sich befehdenden Parteien eigentlich aus der bloßen
Menschennatur heraus wahrhaftig nicht zu erklären sind. Wenn die Menschen einmal ehrlich
gerade diesen sogenannten Weltkrieg aus den menschlichen Disharmonien werden erklären
wollen, dann werden sie eben einsehen, dass sie mit dem, was sie in der physischen
Menschheit finden, ihn nicht erklären können. Gerade da zeigt es sich so deutlich, wie
außersinnliche Mächte hereingewirkt haben, gerade ahrimanische Mächte!
Aber diese ahrimanischen Mächte sind ja überall wirksam, wo sich Disharmonien zwischen
Menschengruppen bilden. Worauf beruht denn das meiste, was hier in Betracht kommt?
Gehen wir von einem ganz charakteristischen Beispiel aus. Das moderne Proletariat hat
seinen Karl Marx gehabt. Lernen Sie genau erkennen, wie die Lehre von Karl Marx sich im
modernen Proletariat ausgebreitet hat, und sehen Sie sich die schier ins Endlose gehende, ins
Unermessliche gehende Literatur des Marxismus an. Die heute sonst übliche Art von
wissenschaftlicher Betrachtung finden Sie darin in ausgesprochenstem Maße angewendet,
alles streng bewiesen, so streng bewiesen, dass auch schon manche Leute, von denen man es
gar nicht angenommen hätte, auf den Marxismus hereingefallen sind. Wie war denn
eigentlich das Schicksal des Marxismus? Zunächst, nicht wahr, breitete sich der Marxismus im
Proletariat aus. Von der Universitätswissenschaft wurde er streng abgewiesen. Heute sind
schon eine Anzahl von Universitätswissenschaftern da, die sich der Logik des Marxismus nicht
mehr entziehen, die ihn anerkennen, die gar nicht mehr aus ihm herauskommen können, weil
es sich in der Literatur allmählich herausgestellt hat, dass die Schlussfolgerungen sehr fein
stimmen, dass man mit der gegenwärtigen wissenschaftlichen Gesinnung und
Vorstellungsart diesen Marxismus ganz fein säuberlich beweisen kann. Die bürgerlichen
Kreise haben nur keinen Karl Marx gehabt, der ihnen das Gegenteil bewiesen hätte; denn
genau ebenso wie man beweisen kann den ideologischen Charakter von Recht, Sitte und so
weiter, die Theorie vom Mehrwert und die materialistische Geschichtsforschung vom
marxistischen Standpunkt aus, so kann man von allen diesen Dingen ganz genau ebenso
exakt das Gegenteil beweisen. Es wäre durchaus möglich, dass ein bürgerlicher, ein
Bourgeois-Marx genau das Gegenteil in derselben strengen Weise bewiesen hätte. Und da ist
nicht einmal irgendein Humbug oder Schwindel dabei. Die Beweise würden restlos klappen.
Woher kommt denn das? Das kommt davon her, dass das gegenwärtige menschliche Denken,
der gegenwärtige Intellekt in einer solchen Schicht des Seins liegt, dass er bis zu den
Realitäten nicht herunterreicht. Und daher kann man das eine beweisen und sein Gegenteil
beweisen, ganz streng das eine und sein Gegenteil beweisen. Es ist heute möglich, auf der
einen Seite streng den Spiritualismus zu beweisen und ebenso streng den Materialismus zu
beweisen. Und man kann gegeneinander kämpfen mit denselben guten Standpunkten, weil
der heutige Intellektualismus in einer oberen Schicht der Wirklichkeit ist und nicht in die
Tiefen des Seins hinuntergeht. Und so ist es auch mit den Parteimeinungen. Wer das nicht
durchschaut, sondern sich einfach aufnehmen lässt durch seine Erziehung, Vererbung, durch
seine Staats- und anderen Lebensverhältnisse in einen gewissen Parteikreis, der glaubt, wie
er meint, ehrlich an die Beweiskraft desjenigen, was in dieser Partei ist, in die er
hineingerutscht ist, hineingeschlittert ist, wie man in der deutschen Sprache zuweilen auch
sagt. Und dann, dann kämpft er gegen einen anderen, der in eine andere Partei
hineingeschlittert ist. Und der eine hat ebenso gut recht wie der andere. Das ruft über die
Menschheit hin ein Chaos und eine Verwirrung hervor, die nach und nach immer größer und
größer werden können, wenn die Menschheit das nicht durchschaut. Und diese Verwirrung
23
ist wiederum eine solche, die die ahrimanische Macht benützt, um den Triumph ihrer
Inkarnation vorzubereiten, immer stärker und stärker die Menschen hineinzutreiben in das,
was sie so schwer einsehen können, dass man heute etwas beweisen kann und ebenso das
Gegenteil mit gleich guten intellektuellen oder heute wissenschaftlichen Gründen. Darauf
kommt es heute an, dass wir anerkennen: beweisbar ist alles, und dass wir deshalb auf solche
Beweise, wie sie heute in der Wissenschaft geschmiedet werden, hinsehen. Nur innerhalb der
Naturwissenschaft, des strengen Naturwissens selbst, da zeigt sich an den Tatsachen die
Wirklichkeit. Aber auf keinem anderen Felde darf man gelten lassen dasjenige, was sich
intellektuell beweisen lässt. Nur dann, wenn wir dahinterkommen, dass das menschliche
Wissen, die menschliche Erkenntnis tiefer gesucht werden müssen - wie es durch
anthroposophisch orientierte Geisteswissenschaft geschieht - als in jener Schicht, in welcher
die Kraft unserer Beweise entspringt, entrinnt man der Gefahr, in die man hineinkommt,
wenn man die ahrimanische Verführung gelten lässt, die nun den Menschen gerade immer
tiefer und tiefer in diese Dinge hineintreiben will. Daher benützt Ahriman in unserer Zeit, um
die Menschen durcheinanderzubringen, auch alles dasjenige, was aus den alten
Vererbungsverhältnissen stammt, denen der Mensch im Grunde genommen schon
entwachsen ist im fünften nachatlantischen Zeitraum. Alles, was von alten
Vererbungsverhältnissen stammt, das benützt die ahrimanische Macht, um die Menschen in
Gruppen disharmonisch einander entgegenzustellen. Alles, was von alten Familien-, Rassen-,
Stammes-, Volksunterschieden kommt, das benützt die ahrimanische Macht, um unter den
Menschen Verwirrung zu stiften. Freiheit jedem einzelnen Volksstamm, auch dem kleinsten -
es war ein schönes Wort. Aber die Worte sind immer schön, welche die den Menschen
gegnerischen Mächte gebrauchen, um unter den Menschen Verwirrung zu stiften, um solche
Dinge zu erreichen, wie sie Ahriman für seine Inkarnation erreichen will.“30
„dass sich die Menschen in immer kleinere und kleinere Gruppen spalten, so dass schließlich
die Gruppe zuletzt nur einen einzelnen Menschen umfassen könnte. Dann könnte es dahin
kommen, dass die einzelnen Menschen auch in einen linken und rechten sich spalten würden,
und in einen Krieg mit sich selbst kommen könnten, wo sich der rechte Mensch mit dem
linken in den Haaren liegt. Viele Anlagen dazu zeigen sich ja auch heute schon in der
Entwickelung der Menschheit."31
„Die Menschen lieben heute in der Wissenschaft die Zahl, sie lieben aber auch im sozialen
Leben die Zahl. Sehen Sie einmal die sozialistische Wissenschaft an: sie besteht fast aus lauter
Statistiken. Und aus Statistiken, das heißt aus Zahlen, werden die wichtigsten Dinge
geschlossen, erschlossen. Nun, auch mit Zahlen lässt sich alles beweisen und alles glauben.
Denn die Zahl ist nicht ein Mittel, etwas zu beweisen, sondern die Zahl ist gerade ein Mittel,
die Menschen zu täuschen. Sobald man nicht von den Zahlen auf das Qualitative sieht, über
die Zahl hinwegsieht und auf das Qualitative sieht, kann man durch die Zahl am meisten
getäuscht werden. ... Die Zahlen sind dasjenige, wodurch Ahriman am meisten erreichen
kann, wenn die Zahlen als Beweismittel angeführt, als Beweismittel angesehen werden."32
30
GA193, 27.10.1919, Zürich
31
GA 191/272
32
GA 193/190f. Hinsichtlich der Grenzen der Statistik vgl. auch den Schluss des Vortrages vom 28.10.1908 (GA
108).
24
10. Der Mensch wird in eine dualistische Weltsicht geführt. Das Böse muss in seiner
Doppelheit erkannt werden. Trinitarisch denken heisst michaelisch denken.
„Wenn die Menschen im richtigen Sinne, ich möchte sagen, dasjenige in die Hand nehmen,
was ich Ihnen jetzt als zu Ahriman hinführende Strömungen charakterisiert habe, dann
werden sie, einfach durch die Inkarnation des Ahriman im irdischen Leben, klar erkennen,
was ahrimanisch auf der einen Seite ist und dadurch auch den polarischen Gegensatz, das
Luziferische erkennen. Und dann werden die Menschen in die Lage kommen, gerade aus dem
Gegensatz von Ahrimanischem und Luziferischem das zusammenfassende Dritte ins
Seelenauge zu fassen. Bewusst müssen sich die Menschen durchringen zu dieser Trinität des
Christlichen, des Ahrimanischen, des Luziferischen. Denn ohne dieses Bewußtsein werden die
Menschen der Zukunft nicht so entgegenleben können, dass sie das Erdenziel wirklich
erreichen.“33
11. Ahriman wird auch eine Schule für Hellsehen aufbauen. Ohne Mühe werden dann
hellsichtige Erkenntnisse erlangt. Aber jeder wird wiedersprechende Erkenntnisse haben.
"Was würde nun aber eintreten, wenn zum Beispiel die Menschen so blieben, wie sie heute
gute Neigung haben zu sein, wenn sie also die zu Ahriman hinführenden Strömungen nicht in
der Weise auffassen, durchschauen und dadurch in das richtige Geleise führen würden, wie
wir das neulich besprochen haben: Dann würde eben, sobald Ahriman in dem bestimmten
Zeitpunkte sich in der westlichen Welt inkarniert, die Menschheitskultur ganz ahrimanisiert
werden. Was würde Ahriman bringen? Ahriman würde den Menschen durch die
grandiosesten Künste alles dasjenige bringen, was bis dahin nur mit großer Mühe und
Anstrengung erworben werden kann an hellseherischem Wissen, wie es hier gemeint ist.
Denken Sie sich, wie unendlich bequem das sein würde! Die Menschen würden gar nichts zu
tun brauchen. Sie würden materialistisch hinleben können, sie würden essen und trinken
können, so viel eben nach der Kriegskatastrophe da ist, und würden sich nicht zu kümmern
brauchen um irgendein Geistesstreben. Die Ahrimanströmungen würden ihren 'schönen,
guten' Verlauf nehmen. Wenn im richtigen Zeitpunkt Ahriman in der westlichen Welt
inkarniert wird, würde er eine große Geheimschule gründen, in dieser Geheimschule würden
die grandiosesten Zauberkünste getrieben werden, und über die Menschheit würde
ausgegossen werden alles dasjenige, was sonst nur mit Mühe zu erwerben ist.
Man darf sich wiederum nicht philiströs vorstellen, dass Ahriman, wenn er herunterkommt,
eine Art von 'Krampus' ist, der den Menschen allen möglichen Schabernack antut. 0 nein, alle
die Bequemlinge, die heute sagen: Wir wollen nichts von Geisteswissenschaft wissen - , die
würden seinem Zauber verfallen, denn er würde in grandiosester Weise die Menschen in
großen Mengen durch Zauberkünste zu Hellsehern machen können. Nur würde er allerdings
die Menschen so zu Hellsehern machen, dass der einzelne Mensch furchtbar hellsichtig würde,
aber ganz differenziert: Dasjenige, was der eine sehen würde, würde der andere nicht sehen,
nicht ein dritter! Die Menschen würden alle durcheinanderkommen, und trotzdem sie ein
Fundament von hellseherischer Weisheit empfangen würden, würden sie nur in Streit und
Hader kommen können, denn die Gesichte der verschiedenen Menschen wären die
verschiedensten. Schließlich aber würden die Menschen mit ihren Gesichtern sehr zufrieden
sein, denn sie würden ja ein jeder in die geistige Welt hineinsehen können. Die Folge davon
würde aber wiederum sein, dass alles, was Erdenkultur ist, dem Ahriman verfiele! Die
33
GA 193, 4.11.1919, Bern
25
Menschheit würde dem Ahriman verfallen, einfach dadurch, dass sie sich nicht selbst
angeeignet hat, was ihr dann Ahriman geben würde. Das wäre der allerschlechteste Rat, den
man den Menschen geben könnte, wenn man ihnen sagte: Bleibt nur, wie ihr seid! Ahriman
wird euch ja alle hellsehend machen, wenn ihr es wollt. Und ihr werdet es wollen, denn
Ahriman wird eine große Macht haben! - Aber die Folge davon würde sein, dass auf der Erde
das Ahrimanreich errichtet würde, dass die ganze Erde verahrimanisiert würde, dass da
gewissermaßen zugrunde gehen würde, was bisher von der Menschenkultur erarbeitet
worden ist. Erfüllen würde sich alles dasjenige, was im Grunde in unbewusster Tendenz die
gegenwärtige Menschheit ja eigentlich heillos will. Dasjenige, um was es sich handelt, ist nun
dieses:
Gerade diejenige Zukunftsweisheit, die hellsichtiger Art ist, diese Zukunftsweisheit, die muss
wiederum dem Ahriman abgenommen werden. Man kann sagen: Es ist nur ein Buch, nicht
zwei Weisheiten - ein Buch. Es handelt sich nur darum, ob Ahriman das Buch hat oder
Christus. Christus kann es nicht haben, ohne dass die Menschheit dafür kämpft. Und die
Menschheit kann nur dadurch dafür kämpfen, dass sie sich sagt, sie müsse bis zu demjenigen
Zeitpunkte, in dem Ahriman auf der Erde erscheint, durch eigene Anstrengung diesen Inhalt
der geistigen Wissenschaft erworben haben.
Sehen Sie, das ist die kosmische Arbeit der Geisteswissenschaft. Die kosmische Arbeit der
Geisteswissenschaft besteht ja darinnen, dass das Wissen der Zukunft nicht ahrimanisch
werde beziehungsweise bleibe."34
Der Glaube an eine göttliche Welt ist in unserer Zivilisation sehr schwach geworden. Der
Glaube ist aber nicht auszurotten. Denn er ist eine seelische Kraft im Menschen. Wenn er
sich nicht auf das Unsichtbare richtet, dann woanders hin. Heute richtet er sich auf die
materialistische Naturwissenschaft. Denn wer kann diese hoch spezialisierten Versuche
selber nachvollziehen? Wer hat Computer, um die Millionen und Milliarden Daten zu
verarbeiten die zum Beispiel für die Klimamodell - Prophezeiungen nötig sind. (In
Deutschland sind es jedes Jahr von den 200 Messstellen 6,6 Millionen Daten.) Wer sich
34
GA 191/274
26
selbst ehrlich befragt, wird sich eingestehen müssen, dass er die Ergebnisse glaubt. Natürlich
darf man das auch, und vieles Ergebnisse dieser Wissenschaft bewahrheiten sich durch die
Erfahrung.
Wenn aber eine Wissenschaft von einem Konsens der Mehrzahl der Wissenschaftler in
irgendeiner Sache spricht, dann sagt es nichts. Wissenschaft lebt von der fortwährenden
Neuentdeckung, sie entwickelt sich durch den Irrtum hindurch. Und ein Einzelner stand in
der Geschichte oft lange gegen die Mehrzahl der Wissenschaftler. Früher wurde er verbrannt,
heute aus dem Lehrbetrieb entfernt. Und so sollen wir an die Mehrheitsmeinung glauben,
z.B., dass der Mensch vom Affen abstamme, die Welt durch Zufall entstanden und ein großer
Mechanismus sei, dass das Herz eine Pumpe sei, und das die Viren an allem schuld sind.
Sören Kierkegaard, dänischer Theologe u. Philosoph, (1813-1855) sagte so schön:
"Je mehr Leute es sind, die eine Sache glauben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass
die Ansicht falsch ist. Menschen, die Recht haben, stehen meistens allein."
Und so beschreibt er den Wissenschaftsbetrieb als eine verfasste Kirche, eine Gilde von
Menschen, von Eingeweihten, die mehr wissen als die gewöhnlichen Menschen und sie
erwarten deshalb, dass man ihnen glaubt. Und es gibt einen Moralkodex, eine
Verhaltensvorschrift. Er sagt, früher waren es wichtige Zauberformeln, die funktionierten
und Dämonen vertrieben. Heute ist es der wissenschaftliche Inhalt, der auf die Materie so
einwirkt dass sie funktioniert.
Rudolf Steiner hat das auch beschrieben:
„Es gibt kaum eine stärkere Ausprägung des Autoritätsglaubens, als es bei all
denen der Fall ist, welche die heutige offizielle Wissenschaft als das Maßgebende für die
Welt annehmen. Sehen wir doch, wie die Leute sich befriedigt erklären, wenn sie irgendwo
gesagt bekommen, irgend etwas sei «wissenschaftlich festgestellt». Sie wissen gar nichts
anderes über diese wissenschaftliche Feststellung, als dass es von einem Menschen gesagt
worden ist, der sein Gymnasium, seine Universitätsstudien durchgemacht hat, der
Privatdozent, Universitätsprofessor geworden ist, der also durch Autoritäten wiederum
eingesetzt worden ist; da wird das verbreitet. Dann ist das, was auf diese Weise unter die
Menschen kommt, sichere Wissenschaft. Versuchen Sie sich einmal zusammenzuhalten
dasjenige, wovon die Menschen heute annehmen, es sei festgestellte sichere Wissenschaft.
Es beruht letzten Endes - man täuscht sich nur darüber, man gibt sich nur Illusionen darüber
hin - auf nichts anderem als auf einem ganz reinen Autoritätsprinzip, auf reinstem
Autoritätsglauben. Das ist der Autoritätsglaube, der eben heraufgekommen ist, indem er
ersetzt hat die andere Art, auf die soziale Struktur zu wirken, die noch vom Orientalischen
27
herstammte.“
Wer aber unterzieht sich noch der Mühe die Wissenschaft der Wissenschaft zu betreiben,
nämlich die Philosophie? Der größte Teil der materialistische Wissenschaft krankt daran,
dass sie ihr eigenes Erkennen nicht genügend hinterfragt. Das haben seit Descartes die
deutschen Philosophen vor allem gemacht. Bevor der Mensch irgendetwas anderes
erkennen kann, muss er wissen, was Erkennen ist. Wie Erkennen vor sich geht. Und ob er die
Wahrheit erkennen kann. Dass nennt man Erkenntnistheorie. Diese kann jeder denkende
Mensch betreiben. Solche Aussagen wie: das Gehirn denkt, es ist eine zufällige Ansammlung
von Materie, widerspricht sich selbst. Denn die Aussage selbst kann dann keinen
Wahrheitsgehalt beanspruchen. Der Mensch dreht sich im Kreis. Dann sucht man hinter den
Wahrnehmungen das messbare, universelle Teilchen, die letzte Ursache. Man findet das
Licht als Welle oder Korpuskel. Das kann man nun messen, dann sieht man Gehirnvorgänge;
plötzlich kommt der unerklärliche Sprung: die subjektive Farbempfindung. Weil sich die
meisten Wissenschaftler in den Kopf gesetzt haben, dass nur das was messbar ist, also
Quantität hat, real wäre, finden Sie das Tote, Messbare, Berechenbare, mit dem tote
Maschinen gebaut werden können. Es ist die Größe und Tragik dieser Wissenschaft. Die
Qualität aber, die das ist, was allein auch der Forscher vorfindet und für wahr nimmt, dass
wird verleugnet. Goethe stemmte sich mit aller Macht dagegen und legte den Keim der
Wissenschaft des Lebendigen und Beseelten. Weil man nur für objektiv hält, was sich außer
uns im Gegenüberstehen abspielt, deshalb wird er beiseite geschoben. Qualität ist nicht
messbar und so wird ein Teil unserer Welterfahrung verleugnet und weg erklärt, und das
Denken als geistige Betätigung abgeschafft. Was würden wir sagen, wenn uns die
Wissenschaft erklärt, du hast gar kein Konzert gehört, ich kann dir die verschiedenen
Schallschwingungen zeigen, und eine Statistik aufstellen darüber, wie oft eine bestimmte
Schwingung vorkommt. Alles andere ist Einbildung deines Gehirnes. Dann würden wir sagen:
Ich habe Töne gehört und Melodien, die mehr sind als der einzelne Ton. Das Ganze war eine
Einheit, und der Musiker hat erst die Einheit erkannt und dann gespielt. Nur so konnte er
Forte - und Pianostellen gestalten. So dichtete Josef Eichendorf:
Es kommt darauf an die seelischen und geistigen Gesten und Gebärden wieder zu erleben,
einer Rose, eines Baumes, einer Landschaft, einer Substanz. Dazu, muss man nicht
gegenüberstehen, sonder eins werden mit den Dingen. Dann kann sich der schöpferische
Gedanke im Menschen aussprechen. Dann wird das Schöpfungslied vernehmbar, ahnbar.
Sogar Kepler hatte schon die Planetenbewegungen als kosmische Musik beschrieben, nach
den musikalischen-mathematischen Verhältnissen. Dann wird Mathematik zur Ergänzung
des Wunders der Schöpfung.
Diese Wissenschaft kann mit dem Glauben an eine übersinnliche Welt versöhnen.
Der neue Glaube hängt mit dem Blut Christi zusammen. Er ist eine Kraft, die sich auf das
Unsichtbare richtet.
Was bedeutet gerade das Verbot der Kelchkommunion in Baden-Württemberg? Gerade das
Blut Christi stärkt die Kraft, sich aus den Tiefen zu erheben. Der Weinstock holt aus den
28
Tiefen der Erde die Mineralien und das Wasser und verwandelt allmählich die zunächst harte
Traube in die süße Frucht. Das Irdische wird emporgehoben und geläutert, verklärt. Daher ist
gerade die Kelchkommunion darauf angelegt, der ahrimanische Gefahr einer zu tiefen
Verbindung der Seele mit dem Materiellen zu begegnen. Rudolf Steiner hat den sanitären
Gesichtspunkt schon 1922 für etwas Furchtbares in Bezug auf die Kelchkommunion
bezeichnet. Es ist gewissermaßen die Fortsetzung des Entzuges der Kelchkommunion durch
die katholische Kirche.35
Die großen Kirchen haben sich nicht gegen die Verbote von öffentlichen Gottesdiensten
gewehrt. So gilt, was Martin Luther King einmal sagte:
„Es gab einmal eine Zeit, wo die Kirche sehr mächtig war. Das war damals als die Christen
sich noch freuten, wenn sie für wert erachtet wurden, für ihren Glauben zu leiden. In jenen
Tagen war die Kirche nicht nur ein Thermometer, das die Ideen und Grundsätze der
öffentlichen Meinung anzeigte, sondern war der Thermostat, der die Sitten der Gesellschaft
regelte....Heute ist es anders. Die Kirche unserer Zeit ist oft nur eine schwache, wirkungslose
und unsicher wirkende Stimme. Nur zu oft ist sie der stützende Pfeiler des Status quo. ...Aber
das Gericht ist über der Kirche wie nie zuvor. Wenn sie den heiligen Geist, der die frühe Kirche
beseelte, nicht wiedergewinnen kann, wird sie ihre Glaubwürdigkeit verlieren, die Treue von
Millionen von Gläubigen verwirken und als ein für das 20.Jahrhundert bedeutungsloser
geselliger Verein abgetan werden....Ist die organisierte Religion zu unlösbar an den Status
quo gebunden, um unsere Nation und die Welt retten zu können? Vielleicht muss ich mein
Vertrauen der unsichtbaren Kirche zuwenden, der Kirche innerhalb der Kirche, als der wahren
Ecclesia und Hoffnung der Welt.“
Kultur erweist sich als Luxus, auf den man auch verzichten kann. Sie ist nicht
„systemrelevant“. Allein die allopathische Medizin soll helfen. Die Maske als Symbol der
Gesichtslosigkeit und des verpassten Maulkorbes, verhindert die Gefühle und Emotionen im
Gesicht zu lesen. Das Hantieren mit Zahlen und Statistiken geschieht jetzt jeden Tag.
Die Zahl der Infizierten wird in den Medien bekannt gegeben, aber wie viele Menschen sind
wirklich krank? Und wie oft wurde getestet? Dasselbe Spiel bei den Todeszahlen: Es wird
ganz offiziell in Deutschland, auch in Italien bei den Coronatoten nicht unterschieden, wer
mit dem Virus oder an dem Virus gestorben ist. Wer nur mit dem Virus gestorben ist, starb
eigentlich an einer anderen Krankheit, nur wurden nach dem Tod, oder vorher, durch den
Test Coronaviren nachgewiesen. Wer heute als Corona-Intensivpatient auf der Intesivstation
landet, kann alle möglichen Krankheiten haben, wie zum Beispiel einen Schlaganfall, der
positive Test macht ihn zum Coronapatienten. So verfälscht man die Staistik.
Und es wächst die reale Befürchtung, dass viele Menschen nicht durch Corona gestorben
sind, sondern durch massive Unterdrückung des Immunsystems durch Antibiotika und durch
35
„Nun, die Kommunion sollte schon so ausgeführt werden, dass sie unter beiden Gestalten ausgeführt
wird, denn es soll sich ja eigentlich handeln um den Leib und um das Blut, und aus dem Ritual haben Sie
auch ersehen, dass die beiden Teile der Handlung, das Brotbrechen und das Brotnehmen und dasjenige,
was in Bezug auf den Kelch gemacht wird, nicht ganz gleich ist und dass daher [diese Handlungen] zwei
Teile eines Ganzen sind. Es war in der Zeit, in der man darüber stritt, ob der Kelch überhaupt gegeben
werden soll oder nicht, eigentlich schon die Erkenntnis dieser Sache im wesentlichen korrumpiert. Und
heute würde man sogar geneigt sein, die Sache unter Umständen von sanitären Gesichtspunkten aus zu
betrachten, was natürlich etwas Furchtbares ist.“(GA 343, 10.10.1922, S.622)
29
unnötige Beatmungen und fiebersenkende Schmerzmittel. Die Todesfallstatistik vom 9.April
in Italien besagt, das 84% der Verstorbenen mit Antibiotika behandelt wurden, an 55%
wurde mit antiviralen Medikamenten experimentiert, 33% erhielten Cortison., 18,6% eine
Mischung aus allen dreien. Es wurde gerade in den Ländern mit den höchsten Todesfallraten,
mit dem gleichen Virus wie in Deutschland, Experimente mit hochgiftigen antiviralen
Medikamenten vorgenommen.
Es droht uns eine Gesundheitsdiktatur.
Heißt es doch im Evangelium in der Bergpredigt: „Macht euch nicht unnötige Sorgen um den
äußeren Lebensunterhalt.“ Und er geht zu den Aussätzigen, berührt sie und heilt sie. Jetzt
sind wir alle potentielle Aussätzige, jeder eine Gefahr für den anderen. Der schon früher
eingeführte neue Rechtsbegriff, der es erlaubt eventuelle Täter, die noch nichts getan haben,
zu überwachen ist der „Gefährder“. Gemeint sind potentielle Terroristen. Jetzt sind wir alle
Gefährder! Also müssen wir komplett überwacht werden. Es gibt gedankliche Gefährder der
Volksgesundheit, also brauchen wir das orwellsche Wahrheitsministerium. Das nennt sich
Correktiv. Wer eine abweichende Meinung hat muss zum Schweigen gebracht werden.
Rudolf Steiner sprach schon von den Denkverboten, die ab dem Jahr 2000 kommen werden
und ein Anfang sei in der Medizin gemacht, wo nur das materialistische Denken herrschen
soll. (Siehe Anhang: Das drohende Denkverbot)
Neuerdings gibt es in Essen eine Möglichkeit Online Verstöße anderer Bürger gegen
Coronaregeln zu melden, mit Photo. Denunziation wird wieder hoffähig.
Dabei wird die kapitalistische Wirtschaft allmählich in einen Bolschewismus übergeführt, in
eine gelenkte Wirtschaft. Aber von wem gelenkt? Im Hintergrund werden Menschen, die
schon reich sind, selbst durch sinkende Börsenkurse noch reicher. Es geht da um
Milliardengewinne, die sogar mit sinkenden Börsenkursen gemacht werden. Man könnte
auch von einem Krieg der Superreichen gegen den Rest der Welt sprechen. Denn während
mutwillig die Weltwirtschaft in einen Abgrund geführt wird, während in den ärmeren Teilen
der Erde Menschen wegen dieser Maßnahmen verhungern, weil sie keine finanziellen
Reserven haben (z.B. in Indien) und keine Arbeit mehr, steigern zur gleichen Zeit die
Superreichen ihr Vermögen. Insbesondere Jeff Bezos, Bill Gates, Mark Zuckerberg, Warren
Buffett und Larry Ellison haben Milliardengewinne gemacht. Insgesamt haben die Reichsten
ca. eine halbe Billionen Dollar Vermögenszuwachs zu verzeichnen.36 Gleichzeitig bietet die
Krise vielen Unternehmen die Möglichkeit Arbeitnehmer zu entlassen und sich zu
verschlanken.
Und dann ist da das große Treffen des Weltwirtschaftsforums - jetzt verschoben auf den
Sommer 2021: Great Reset, der große Neustart, die große Transformation. Da werden die
mächtigsten Menschen des Planeten zusammenkommen und über eine Transformation der
Welt beraten. Ein riesiges Netzwerk von Menschen, die mit dem Wirtschaftsforum
verbunden sind wird aktiviert auf der ganzen Erde und zugeschaltet. Die Ziele die auf der
Seite des Weltwirtschaftsforums genannt werden erscheinen großartig: Es soll einen neuen
Gesellschaftsvertrag geben für mehr Menschenwürde und soziale Gerechtigkeit. Es wollen
die Vertreter der umweltzerstörenden Konzerne über eine umweltgerechtere Welt reden.
Alle Menschen sollen an der schönen neuen digitalen smarten Welt teilhaben können. Der
Aktionärskapitalismus soll von den Kapitalisten überwunden werden. Und es soll ein
Globales System geben der Zusammenarbeit.
Wollen wir diese Transformation oder ist diese äußere Transformation nur das Gegenbild
36
https://www.forbes.com/sites/tommybeer/2020/05/21/the-net-worth-of-americas-600-plus-billionaires-has-
increased-by-more-than-400-billion-during-the-pandemic/#41d8b7194a61
30
einer notwendigen inneren?
Wo treffen sich diejenigen, die an der geistigen Transformation arbeiten? Und wo stehen wir
eigentlich? Es erscheint wie ein bedeutsamer, lang erwarteter Scheideweg der Menschheit.
Entweder in einen Abgrund der Verbindung des Menschen mit der Maschine oder der
Befreiung zu einer Wahrnehmung des Lebens und des Lebendigen und einer radikalen
Verlebendigung aller Einrichtungen auf der Erde.
Und es entsteht die entscheidende große Frage: Wie weit bin ich bereit jede technische
Erfindung mitzumachen? Wie weit lasse ich mich mit Elektronik verbinden? Werde ich für
ein einfacheres Leben die totale Überwachung mit Barcode, Chip oder Identitätspass
akzeptieren?
Wir müssen uns jetzt entscheiden, ob wir diesen Weg mitgehen wollen. Juli Zeh hat wie
hellsichtig 2009 ein Buch über die Gesundheitsdiktatur geschrieben: Corpus Delicti. Für viele
Schüler Oberstufenliteratur. Diese Frau ist immerhin auch Verfassungsrichterin in
Brandenburg und positioniert sich auch jetzt ganz klar gegen die aufziehende
Gesundheitsdiktatur. Und da heisst es dann von der Heldin, die nicht mitmachen will in
einem grundlegenden nun ganz neu aktuellen Statement:
„Ich entziehe einer Gesellschaft das Vertrauen, die aus Menschen besteht und trotzdem auf
der Angst vor dem Menschlichen gründet. Ich entziehe einer Zivilisation das Vertrauen, die
den Geist an den Körper verraten hat. Ich entziehe einem Körper das Vertrauen, der nicht
mein eigenes Fleisch und Blut, sondern eine kollektive Vision vom Normalkörper darstellen
soll. Ich entziehe einer Normalität das Vertrauen, die sich selbst als Gesundheit definiert. Ich
entziehe einer Gesundheit das Vertrauen, die sich selbst als Normalität definiert. Ich entziehe
einem Herrschaftssystem das Vertrauen, das sich auf Zirkelschlüsse stützt. Ich entziehe einer
Sicherheit das Vertrauen, die eine letztmögliche Antwort sein will, ohne zu verraten, wie die
Frage lautet. Ich entziehe einer Philosophie das Vertrauen, die vorgibt, dass die
Auseinandersetzung mit existentiellen Problemen beendet sei. Ich entziehe einer Moral das
Vertrauen, die zu faul ist, sich dem Paradoxon von Gut und Böse zu stellen und sich lieber an
»funktioniert« oder »funktioniert nicht« hält. Ich entziehe einem Recht das Vertrauen, das
seine Erfolge einer vollständigen Kontrolle des Bürgers verdankt. Ich entziehe einem Volk das
Vertrauen, das glaubt, totale Durchleuchtung schade nur dem, der etwas zu verbergen hat.
Ich entziehe einer METHODE das Vertrauen, die lieber der DNA eines Menschen als seinen
Worten glaubt. Ich entziehe dem allgemeinen Wohl das Vertrauen, weil es
Selbstbestimmtheit als untragbaren Kostenfaktor sieht. Ich entziehe dem persönlichen Wohl
das Vertrauen, solange es nichts weiter als eine Variation auf den kleinsten gemeinsamen
Nenner ist. Ich entziehe einer Politik das Vertrauen, die ihre Popularität allein auf das
Versprechen eines risikofreien Lebens stützt. Ich entziehe einer Wissenschaft das Vertrauen,
die behauptet, dass es keinen freien Willen gebe. Ich entziehe einer Liebe das Vertrauen, die
sich für das Produkt eines immunologischen Optimierungsvorgangs hält. Ich entziehe Eltern
das Vertrauen, die ein Baumhaus »Verletzungsgefahr« und ein Haustier »Ansteckungsrisiko«
nennen. Ich entziehe einem Staat das Vertrauen, der besser weiß, was gut für mich ist, als ich
selbst. Ich entziehe jenem Idioten das Vertrauen, der das Schild am Eingang unserer Welt
abmontiert hat, auf dem stand:»Vorsicht! Leben kann zum Tode führen.« Ich entziehe mir
das Vertrauen, weil mein Bruder sterben musste, bevor ich verstand, was es bedeutet zu
leben.“
Rudolf Steiner hat zu den Priestern davon gesprochen, dass mit dem 21.Jahrhundert die 7.
Posaune der Apokalypse zu blasen beginnt. Das ist das zentrale Kapitel der Offenbarung!
31
(siehe: Aus der Offenbarung) Der Michaelkampf, das Aufsteigen der Tiere, das Tier mit der
Zahl 666 und die Schar der 144000 die dem Tier nicht folgen. Und nur, wer nicht das Zeichen
des Tieres an sich nimmt, wird zu der Schar derjenigen gehören, welche sich gemäß der
Erdenmission entwickeln. Was ist das Zeichen des Tieres? Ist es der Chip unter der Haut?
Oder ist dieses Zeichen mehr im Seelischen zu suchen, dass man gewissermaßen
„gezeichnet“ ist? Jedenfalls zielt die Entwicklung klar darauf ab, über das Smartphone den
Menschen immer stärker zu kontrollieren und schließlich die Technik unter die Haut zu
implantieren. Man nennt das auch den Transhumanismus.
Rudolf Steiner beschreibt auch die Gefahr und die Krise der Menschheit:
Sehen Sie, es wird heute auf dem Gebiete der Naturwissenschaften überall außerordentlich
die statistische Methode gerühmt. Wer den Gang der heutigen Naturwissenschaft verfolgt,
findet überall eine ungeheure Lobrede auf die statistische Methode gesungen. Die Menschen
können gar nicht mehr an das Innere heran und suchen überall, aus den Statistiken Gesetze
zu gewinnen. Am schwersten ist das zu bekämpfen auf medizinischem Gebiet, wo es in der
furchtbarsten Weise eingerissen ist, wo alle klinischen Methoden darauf ausgehen, bei
Heilmitteln einfach in Statistiken zu registrieren, ob sie positiv oder negativ gewirkt haben
und so weiter. Da nistet sich dieses statistische Element ein, und gerade da ist es ganz
wertlos, denn es besagt im Grunde genommen gar nichts, ob man weiß, wie viele Fälle so
ausgehen und wie viele Fälle so ausgehen. Sondern es muss sich immer darum handeln, den
einzelnen Fall durch und durch zu verstehen, gleichviel wie er ausgeht. Erst dann, wenn die
ganzen Erkenntnismethoden wieder dahin gelangt sind, den einzelnen Fall in seiner
individuellen Gestaltung zu studieren, kann man die ganze Statistik - die ja, wie Sie wissen,
gerade in sozialen Betrachtungen in der Sozialdemokratie eine riesige Rolle gespielt hat - nur
insoweit gelten lassen, als sie, ich mochte sagen, zuletzt eingeführt werden kann, wenn man
alles übrige individuell betrachtet hat; dann kann man sagen, in soundsoviel Fällen ist die
Sache günstig oder sie ist ungünstig verlaufen.
So ist jene satanische Macht heute schon überall durchaus am Werk und wendet sich
überallhin, zu appellieren an den emanzipierten Intellekt, der die Dinge irgendwie ohne
32
inneren Zusammenhang mit der Sache betrachtet, so bei Seelischem, bei Geistigem, bei
inneren Bekehrungen und so weiter. Wenn es Satan gelingen würde, bis zu einem
bestimmten Zeitpunkt die Sache soweit gebracht zu haben, wie er es haben will, dann würde
eben in einer die Evolution der Menschheit schädigenden Weise dasjenige verlaufen, was ja
dann herankommen muss. Denn sehen Sie, die Ereignisse, von denen der Apokalyptiker
spricht, die kommen ja. Es handelt sich bloß darum, wie sie verlaufen. Und in den Ereignissen
der Zukunft gibt es ja eigentlich überall noch zwei Eventualitäten: die eine ist der mögliche
Verlauf im Sinne der von den Göttern bedachten Menschheitsevolution, die andere
Eventualität - dagegen.
Nun, die Intellektualität bricht herein, die Menschen werden immer intelligenter und
intelligenter, nicht durch Inspiration, sondern durch eigene Kraft. Das bricht herein. Aber auf
der anderen Seite ist durch Einflüsse, die wiederum von luziferischer Seite herkommen, doch
die Menschheit schwach erhalten worden. Und so wird es Gruppenbildungen geben,
trotzdem im Zeitalter der Individualität, dem eigentlichen christlichen Zeitalter, das
Individuelle das für die Menschheit Heilsame ist. Es wird Gruppenbildungen geben, aber diese
Gruppenbildungen müssen aus der Gefahr herausgehoben werden, in der sie sind. Und so
wird der Zeitpunkt eintreten, wo in der Tat die satanische Macht durch dasjenige, was sie an
Anstrengungen entwickelt hat, um die Intelligenzkräfte der Menschheit zu gewinnen, wo
diese satanische Macht so groß sein wird, dass sie an alle Gruppen, die sich gebildet haben,
herantreten wird; so dass es wirklich so kommen wird, dass Satans Macht nach den vier
Ecken der Welt wirken wird. Und diese Gruppen, kleinere Gruppen: Gog, oder größere
Gruppen: Magog, sie werden der Versuchung, der Verführung der satanischen Macht
ausgesetzt sein. Und ob dann diejenigen, die die Spiritualität mittlerweile in die Hand
genommen haben, eine solche Intensität entwickeln, dass die menschliche Intellektualität mit
Hilfe der Michael-Kraft dahin geführt werden kann, wo sie hingehört - an die
Ursprungsmächte, die im Ausgang der menschlichen Entwickelung da waren, und die
dasjenige, was Menschen bisher geworden sind, weiterführen wollen mit der menschlichen
Freiheit —, das ist dasjenige, was sich dann entscheiden wird. Davon wird ungeheuer viel
abhängen, ob die Menschen dazu kommen werden, wirkliche Spiritualität, wirkliche
Geistigkeit mit einer inneren Ordnung auch gründlich zu verstehen.Denn wo ist eigentlich
noch Wahrheit? Man sieht überall, wie ja die Dinge so eingeleitet werden, dass Wahrheit des
Wirkens für die Menschen immer weniger und weniger in Betracht kommt. Denken Sie nur
daran, dass immer mehr und mehr gestrebt wird, das geistige Leben in die Bahnen des
Staates hineinzubringen. Wie viel ist vom Geistesleben in den Bahnen des Staates! Alle diese
Dinge setzen die Menschheit einer großen Gefahr aus, aber die Menschen sind nicht geneigt,
nach dieser Richtung hin wirkliches Verständnis zu entwickeln. Das konnten Sie sehen, als mit
der Dreigliederungsbewegung sozusagen der erste Vorstoß gemacht werden sollte gegen die
Verführung von Gog und Magog, um dasjenige, was in der Zukunft einmal eintreten soll, in
solche Bahnen zu leiten, dass dann die weitere Entwickelung in einem für die Menschheit
günstigen Sinne verlaufen könnte. Aber die Art und Weise, wie die Dreigliederungsidee
aufgenommen wurde, die eigentlich die Menschheit über diese Schwelle der Entwickelung
hätte hinüberführen sollen, die zeigt eben, in welch ungeheuren Gefahren die Menschheit in
Bezug auf diese Dinge schwebt.“37
Und dann heißt es bei Rudolf Steiner am 30.10. 1920 also vor fast 100 Jahren:
37
GA 346, 18.Vortrag
33
„In die Nullität hinein entwickelt sich etwas, was vor einem Jahrhundert noch leuchtendes
Geistesleben war. Und darüber ballen sich zusammen die Wolken aus dem Osten und dem
Westen.
…Und was bedeutet das, was in den nächsten Jahrzehnten in der
furchtbarsten Weise zum Ausdrucke kommen muss, was bedeutet es? Es ist
von der einen Seite die Aufforderung, festzustehen auf dem Boden, der das neue
Geistesleben gebären will, und auf der anderen Seite ist es das Wetterleuchten dessen,
was seit längerer Zeit unter uns besprochen wird, das Herannahen des Christus in der Form,
in der er wird geschaut werden müssen vom 20. Jahrhunderte an. Denn ehe dieses
Jahrhunderts Mitte verflossen sein wird, wird der Christus geschaut werden müssen. Aber
vorher muss alles das, was Rest des Alten ist, in die Nullität hineingetrieben sein, müssen
sich die Wolken zusammenballen. Der Mensch muss finden seine volle Freiheit aus der
Nullität heraus. Und das neue Anschauen muss sich gebären aus dieser Nullität heraus. Der
Mensch muss seine ganze Kraft aus dem Nichts heraus finden. Nur ihn dazu vorbereiten
möchte die Geisteswissenschaft. Das ist etwas, wovon man nicht sagen darf, dass sie es will,
sondern dass sie es wollen muss.“
So führt uns Ahriman und die von ihm inspirierte Kultur in das Nichts, in dem wir das All zu
finden hoffen. Unsere Zeit ist für den tapferen Geist, der sein ganzes Vertrauen in den setzt,
der das Leben der Welt wirklich trägt und ordnet.
Max Frisch hat das wunderbare Theaterstück geschrieben: „Nun singen sie wieder!“ Da
schildert er Szenen aus dem Krieg. Herbert, der Anführer lässt Geisseln erschießen von Karl.
Der Pope muss das Grab schaufeln, dann zwingt Herbert, die Verkörperung des Bösen, ihn
dazu, zu schwören, dass er nichts gesehen habe. Der Pope schwört, unter der Androhung
erschossen zu werden. Dann kommt ein wesentliches Gespräch:
34
Am Schluss des Stückes stehen die Überlebenden an den Gräbern und geloben den
Verstorbenen alles wieder genauso aufzubauen, wie es war. Aber die Verstorbenen sind
unsichtbar anwesend und verzweifeln. War denn alles umsonst? Aber das Stück endet so:
„DER POPE Traure nicht, Hauptmann. Viel Brot werden wir backen. Alles ist umsonst, der Tod,
das Leben, die Sterne am Himmel, auch sie sind umsonst. Was sollen sie anderes sein.
BENJAMIN Und die Liebe?
DER POPE Die Liebe ist schön.
BENJAMIN Sage uns, Väterchen, ob auch die Liebe umsonst ist? DER POPE Die Liebe ist schön.
Benjamin, die Liebe vor allem. Sie allein weiß, daß sie umsonst ist, und sie allein verzweifelt
nicht.
In diesem Licht erscheint unsere gegenwärtige Krise doch ganz anders. Schon lange geht das
geistige Leben, die intensive Suche nach geistiger Erneuerung zugrunde. Haben wir es uns
nicht gemütlich eingerichtet in dieser Wohlstandsgesellschaft? Sollte das Böse, das uns
begegnet, der absolute Machtanspruch, die Lüge nicht den Geist herausfordern, der stärker
ist als der Tod? Dann wartet der Mächtige auf den Mutigen, der Wahrheit verpflichteten
Menschen, und steigert seine Bösartigkeit so weit, bis ihm der Geist selbst entgegentritt, bis
das unsterbliche Wesen sich erkennt und bekennt.
"Auf welche Weise kann man sich vor Ahriman schützen? Indem man zufrieden ist mit dem,
was einem beschieden ist:
Erfreue dich dessen, was dir gewährt ist; entbehre gern, was dir nicht beschert ist!
Dann kann Ahriman nicht an uns heran. Man soll nicht wunschlos sein, kein Asket, der die
Welt flieht, aber auch nicht voller Freude [nur], sondern die Waage halten zwischen beiden;
das gibt die rechte Stimmung für den Esoteriker." (GA 266c, S. 177)
35
Ahriman kann erlöst werden, wenn er sein Wesen im Spiegel des menschlichen Denkens
wiederfindet:
"Die Erlösung des Ahriman geschieht durch das Denken. - Als Mittel gegen zu starke
ahrimanische Angriffe ist das Durchdenken des ersten Kapitels des Johannes-Evangeliums
sehr zu empfehlen: «Im Anfang war das Wort...» und das achte Kapitel." (GA 266c, S. 168)
In Rudolf Steiners viertem Mysteriendrama «Der Seelen Erwachen» weist Benedictus den
Weg zur Erlösung Ahrimans:
Wir leben in einer ernsten Entscheidungszeit. Sie kann aber auch unsere inneren Kräfte
stärken. Wahre Gesundheit und inneres Gleichgewicht werden immer mehr nur aus dem
Geist kommen, weil uns die irdischen Verhältnisse immer weniger davon geben werden.
Darauf hat Rudolf Steiner eindringlich hingewiesen, indem er von einer gesetzmäßigen
Entwicklung sprach. Nämlich, dass unser Geistig-Seelisches allmählich immer mehr den
Zusammenhang mit dem physischen Körper verliert. Das bewirkt eine Lockerung der Seele
aus dem Leib und dadurch Unsicherheit und Angst und ein Vertrocknen des physischen
Leibes. Gleichzeitig wird die Seele offener für geistige Erfahrung. Nur aus der Verbindung mit
dem Christus und durch Geisteswissenschaft, kann der Mensch seine Seele so stärken, dass
sie den Körper gesund erhält, so erklärte es Rudolf Steiner. Dadurch wird auch die Medizin,
wie Novalis schon sagte, eine ganz andere werden müssen.
Auf jeden Einzelnen kommt es jetzt an. So sah es auch Rudolf Steiner:
(...) Ja, wenn über die ganze Erde heraufziehen würde ein trauriges Zeitalter, in dem
Millionen und aber Millionen von Menschen nur in Ungeistigkeit vergehen würden - das
Geistige zu gleicher Zeit hier einschließlich des Moralischen gedacht, denn so ist es ja auch -,
dann würde, wenn nur ein Dutzend Menschen mit heller moralisch-geistiger Begeisterung da
wären, doch die Erde erstrahlen geistig- sonnenhaft.
Es bedeutet schon sehr viel, wenn man die Lüge entlarvt und ins Rechte denkt:
(von Marie Steiner im Jahre 1945 einem Kreis von Mitgliedern zugestellt) Aus: Mitteilungen
aus der anthroposophischen Bewegung in der Schweiz:
Dr. Steiner sagte einmal nach einem Vortrag, in welchem er über die Kriegsursachen
gesprochen hatte, zu einer kleinen Gruppe von Menschen, welche ihn umstanden und noch
Fragen stellten, folgendes:
„Ich werde so oft gefragt, was kann man tun? Gegen eine Übermacht kann man nicht
ankommen, man kann nur eines tun – die Wahrheit mitdenken und zu diesem Zwecke habe
ich Ihnen diese Vorträge gehalten.“ – Er wendete sich hierauf zu einem Herrn, welcher rechts
neben ihm stand und von dem er wusste, dass er sehr deutschfeindlich war, mit folgenden
Worten: “ Wenn Sie z.B. auf Grund des heutigen Vortrags ihre Meinung ändern und
36
meinetwillen nach 14 Tagen in Ihre frühere Meinung zurückfallen, so haben diese 14 Tage,
wo Sie die Wahrheit mitgedacht haben, für die geistige Welt schon eine große Bedeutung.“
Eine ältere Dame, welche weiter hinten stand, rief ein wenig impertinent: “Wieso das?“ – Dr.
Steiner wiederholte sehr ernst: „Wieso das? Weil Gedanken dynamische Kräfte sind und – in
der geistigen Welt wird nicht gezählt“.
Wir stehen in einer ungeheuer ernsten Prüfungszeit, dessen müssen wir uns mehr und mehr
bewusst werden. Alles Böse und Gute kommt jetzt in einer oft ganz erschütternden Weise ans
Tageslicht.
Wer jetzt meditieren kann, wirkt stark auf alles Geschehen ein.
Nur die Allerwenigsten haben die Möglichkeit zu verstehen, um was es sich handelt,
geschweige denn die Kraft, die Aufgabe, die uns gestellt ist, zu erfüllen.
Umso wichtiger ist es, dass die Wenigen, die wirkliches Verständnis haben, nun alle Kraft
aufwenden, um mit höchstem Ernst und mit höchster Konzentration, ja mit aller Magie, die
sie aus den Untergründen ihrer Seelen heraus aufbringen können, dahin zu arbeiten und sich
dafür zu opfern, dass die Menschheit den heiligen Geist, der die Zukunftsentwicklung der
Menschheit leiten soll, nicht völlig verliert.
Noch nie sind wir so unmittelbar vor den Abgrund gestellt, wie in der Gegenwart.
„Wir müssen mit der Wurzel aus der Seele ausrotten Furcht und Grauen vor dem, was aus der
Zukunft herandrängt an den Menschen. Gelassenheit in Bezug auf alle Gefühle und
Empfindungen gegenüber der Zukunft, muss sich der Mensch aneignen. Mit absolutem
Gleichmut entgegensehen allem, was da kommen mag, und nur denken, dass, was auch
kommen mag, durch die weisheitsvolle Weltenführung uns zukommt. Wir haben jeden
Augenblick das Rechte zu tun und alles andere der Zukunft zu überlassen. Es gehört zu dem,
was wir in dieser Zeit lernen müssen, aus reinem Vertrauen zu leben, ohne jede
Daseins-Sicherheit, aus dem Vertrauen in die immer gegenwärtige Hilfe aus der geistigen
Welt. Wahrhaftig, anders geht es heute nicht, wenn der Mut nicht sinken soll. Nehmen wir
unseren Willen in Zucht und suchen die Erweckung von innen, jeden Morgen und jeden
Abend." 38
Zunächst kommt es darauf an, zu akzeptieren was ist. Und das ist schwer. Man wandelt nur
das, was man annimmt. Dazu ein Gedicht von Gisela Dreher-Richels:
Einwilligend in Wechsel
bleibst du
beständig.
Einwilligend in Leid
kann
38
(Rudolf Steiner am 27.11.1910 in Bremen)
37
Deine Freude
Wurzeln schlagen.
Einwilligend in Gebundensein
wird
deine Freiheit
geboren.
Diese Annahme gehört zum Prozess jeder Krise auch jeder Gesundheitskrise. Erst dann
kommt das Neue. Und in der Apk. 13 heißt es: Was sich hier allein bewährt, ist die Geduld
und der Glaube derer, die dem Geist ergeben sind.
Denn der Kommende kommt mir entgegen, reicht mir immer die Hand über den Abgrund.
Hinter den Weltereignissen und Krisen regiert doch der Zeitgeist Michael, zu dem der
Mensch sich wenden kann, um in der Krise zu bestehen. Er ist schon immer die stärkere
Macht gegenüber dem Drachen, der heute in Gestalt einer kalten, materialistischen
Wissenschaft daherkommt. Und wir dürfen mit der Wiederkunft Christi leben und rechnen.
Er ist der Helfer in der Not.(siehe die Wiederkunftserlebnisse weiter hinten)
Wer in dieser Zeit, die so sehr auf die Bewältigung des äußeren Lebens gerichtet ist, versucht
ein inneres, Geist gerichtetes Leben zu führen, der erfährt vielleicht auch, wie schwer es ist.
Alles was religiöse Übung, alles was meditative Übung ist, hat mit großen Widerständen zu
kämpfen. Religiöses und meditatives Tun sind eine Frage des Willens. Ihr Wesen ist
rhythmische Wiederholung. Gerade in diesem Bereich brauchen wir immer wieder eine
Stärkung und Kräftigung. Der Drachenkampf findet jedenfalls in uns selbst statt. Die Kräfte
gegen die Lähmung unseres Willens liegen auch in uns. Ein von vielen Menschen mit großem
Einsatz gefeiertes Michaelfest könnte jedem Einzelnen einen starken Impuls geben, das
38
innere, geistige Leben neu zu entfachen.
Rudolf Steiner hat die Michaelkraft am 28.9.1923 in wunderbarer Weise beschrieben:
„Dieses Sich-Aufschwingen dazu, dass man von den Gedanken über das Geistige so erfasst
werden kann wie durch irgendetwas Physisches in der Welt: das ist Michael-Kraft! Vertrauen
haben zu den Gedanken des Geistigen, wenn man die Anlage dazu hat, sie überhaupt
aufzunehmen, so dass man weiß: Du hast diesen oder jenen Impuls aus dem Geistigen. Du
gibst dich ihm hin, du machst dich zum Werkzeug seiner Ausführung. Ein erster Misserfolg
kommt - macht nichts! Ein zweiter Misserfolg kommt - macht nichts! Und wenn hundert
Misserfolge kommen - macht nichts! Denn kein Misserfolg ist jemals ausschlaggebend für die
Wahrheit eines geistigen Impulses, dessen Wirkung innerlich durchschaut und ergriffen ist.
Wenn Sie sich dies im Gemüte des Menschen als das große Vertrauen für irgendetwas
Geistiges ausgebildet denken, wenn Sie sich denken, dass der Mensch felsenfest halten kann
an etwas, was er als ein geistig Siegendes durchschaut hat, so festhalten kann, dass er es
auch dann nicht weglässt, wenn die äußere Welt noch so sehr dagegen spricht, wenn Sie sich
dies vorstellen, dann haben Sie eine Vorstellung von dem, was eigentlich die Michael-Kraft,
die Michael-Wesenheit von dem Menschen will, denn dann erst haben Sie eine Anschauung
von dem, was das große Vertrauen in den Geist ist.“
Es gibt also keine Kraft im Äußeren, die unsere Impulse verhindern kann! Wir können
vielmehr die Überzeugung in uns wachsen lassen, dass der Geist immer stärker ist als die
Materie, und dass wir uns gegenseitig helfen wollen, diese Zuversicht, diese Hoffnung,
diesen Glauben aufrechtzuerhalten. Man mag in jetziger Zeit oft eine Ohnmacht fühlen
gegenüber dem Weltgeschehen und den Verordnungen und Ereignissen. Aber muss es so
nicht sein, wenn das neue Christusereigniss kommen soll? Es gibt auch innere Taten, die wir
immer tun können, und die in der Krise und im Angesicht des Abgrundes möglich ist.
Hermann Kügelhaus der jung verstorbene Dichter hat es in bemerkenswerter Weise gesagt:
1938 hält Hermann Kükelhaus als Schüler der Nationalpolitischen Erziehungs- anstalt
Stuhm in Ostpreußen ein Referat: Der Machthaber und die Masse. Unter dem eisigen
Schweigen der Lehrer-und Schülerschaft erklärt Hermann Kükelhaus das Phänomen der
blinden Macht mit den geschichtlichen Vertretern der Tyrannen und Demagogen als ein
kosmisches Karzinom, eine wuchernde Energie, die gleich einem Tumor die menschliche
Substanz befalle. Mithin sei das Universum selbst herausgefordert. Mit der Beseitigung des
Schuldigen sei nichts gewonnen, nur wenn der Einzelne sein Verhältnis zum Universum
erneuere, entstünde ein wirksames Gegengift. Weder Angriff noch Duldung vermögen etwas
gegen die Gewalthaber, nur die geistige Intensität des Heiligen, das Gottesopfer bewirke die
Wendung; sie zerstrahle das Karzinom. Der Schluss des Referates, der im Tumult unterging
forderte eine Erweiterung der Staats-und Menschenkunde um den Begriff des Dämonischen
als eine empirische Größe. (Zur Strafe muss der 18 jährige für ein Jahr ins Bergwerk und man
verweigert ihm trotz glänzender Noten das Reifezeugnis)
Er beschreibt er sehr gut das Dilemma zwischen Duldung und Angriff oder Aktion.
So entseht die Frage: Was kann ich opfern, was könnte ich geistig noch einsetzen?
Worauf es in unserer Zeit besonders ankommt, hat auch schon der Apostel Paulus im Brief
an die Epheser im 6. Kapitel, Vers 10 geschrieben:
39
„Worauf es schließlich ankommt, ist dies: Lasset euch, die ihr dem Herrn dienen wollt,
durchströmen von der gewaltigen Stärke seiner Macht. Ziehet die volle Waffenrüstung
Gottes an, damit ihr bestehen könnt gegen die zielbewussten Angriffe des Widersachers.
Was uns obliegt, ist nicht ein Kampf gegen irdische Mächte von Fleisch und Blut, sondern
gegen Wesen im Range der Urbeginne39, gegen Wesen im Range der Geistgewalten40, gegen
die weltbeherrschenden Mächte der Finsternis dieser Weltenzeit, gegen Geister, die das Böse
tragen in den Reichen der Geisteswelt.
Darum ergreifet mutig die Waffenrüstung Gottes, damit ihr Widerstand zu leisten vermögt
am Tage des Bösen und in allem siegreich bestehen könnt.
Stehet aufrecht, an den Hüften umgürtet mit Wahrhaftigkeit.
Leget an den Brustpanzer der Gerechtigkeit.
Beschuht eure Füße mit der Bereitschaft, den Frieden zu verbreiten, als die Botschaft, die von
den Engeln kommt.
In all euren Taten hebet den Schild des Glaubens empor, durch den ihr auslöschen könnt alle
feuerlodernden Geschosse des Bösen.
Nehmet auf in eure Gedanken die Gewissheit der Heilestat Christi, sie wird euer Haupt
bewahren gleich einem Helm,
und ergreifet das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes.
Alle Zeit erfüllt eure Seelen mit Gebet und Fürbitte, indem ihr euch betend in jedem
Augenblick zum Geiste erhebt, und zugleich Wachsamkeit übet in innerer Treue.“
Wir können auf das Gebet vertrauen, wie es der große russische Starez Johannes von
Kronstadt tat:
„Alle meine Nöte erstehen in meinem unsichtbaren Verstand und Herzen. So bedarf ich auch
eines unsichtbaren Retters, der mein Herz kennt. — Quält dich irgendein aufdringliches
Hirngespinst oder eine leidenschaftliche Regung, wie Bosheit, Zorn, Neid, Hass, Kleinmut,
Eigensucht, Eigenwilligkeit oder sinnliche Begierde, so wende dich sogleich in schmerzlichster
Selbsterkenntnis an Christus. Bedeckt dich die Finsternis, der Zweifel oder die Verzweiflung,
so rufe von Herzen Seinen Namen an. In ihm findest du Erkenntnis, Zuversicht und Frieden.
— Bete ohne Unterlass, dass deine Seele nicht plötzlich irgendwelchen Anfechtungen verfalle.
Übe das Immerwährende Herzensgebet, bis es in deinem Herzen selbsttätig, auch im Schlafe
fortwährt. —
Gott ist ganz Wahrheit und Güte. So sei auch deine Seele ohne Zwiespalt. Gedenke, Gott ist
ganz Geist, ganz Vernunft. So muss auch dein Gebet ganz Geist, ganz Vernunft sein. Gott ist
die All-Freiheit, so muss auch dein Gebet frei deinem Herzen entströmen. —Das Gebet wird
lebendig, sobald mein Verstand seinen Sinn erfasst, das Herz ihn nachfühlt und mein ganzer
Wille nach dem Willen Gottes durstet. Man muss unbedingt sein Herz in die Gewalt
bekommen, kein einziges Wort zulassen, das nicht aus Herzenstiefen kommt. Wenn wir
lernen, vor Gott nur die Wahrheit vorzubringen; nur, was wir im Bewusstsein haben und
empfinden, so reinigt dieses aufrichtige Gebet unser Herz und wir gestatten uns auch im
Leben die Lüge nicht. Um das Gebet muss man sich mühen. Wer ein Werk übernahm, der
halte es durch, ohne sich vor sich selbst zu entschuldigen. Hast du eine bestimmte Regel des
Gebetes auf dich genommen, so erfülle sie gewissenhaft, ohne Selbstmitleid, auch wenn du
nach deinem Tagewerk völlig erschöpft bist. Erlaube dir nicht die kleinste Nachlässigkeit,
sondern verrichte täglich von Herzen deine Gebete — als Gotteswerk. Nur aufrichtige
39
Griechisch: Archai
40
Griechisch: Exusiai
40
Anstrengung und schmerzlichste Selbsterkenntnis führen das Herz zu Gott. Nötigst du dich
zum Gebet, so sendet dir Gott — nach Maß deines Bemühens — eine Fülle von Licht, geistiger
Wärme, Friede und Freudigkeit. — Niemals beten wir umsonst. Mit jedem Gebet strömen uns
die Gaben göttlicher Gnade, Stärke, Hilfe und Heilung zu. Unser Gott ist ein Urquell der
Gnade. Beim Gebet muss man einen so festen, unerschütterlichen Glauben haben, dass alles
Zweifeln schwierig, ja unmöglich wird: Alle Dinge sind bei Gott möglich. Zudem bedarf es der
lebendigen Zuversicht, dass Gott alles erfüllt — weil Sein Wesen Güte, Sein Wirken Erfüllen,
Lieben und Begaben ist. — Lege all deine Zuversicht auf Gott. Glaube nur, dass Er stets bei dir
ist, und du vermagst alles. Gottes Allmacht durchdringt das All und konzentriert sich, wie in
einem Brennpunkt im Menschenherzen, das Zuversicht und Liebe erfüllen. Darin spiegelt sich
die dreieinige SONNE der Wahrheit. Nach Maß unseres Glaubens erhellt und erwärmt Sie die
Seele im Gebet. Richten wir diese Geistes-Sonne durch unseren Verstand, wie durch ein
Brennglas, auf unser Herz, so dass Sie mit aller Stärke und Heiligkeit darauf einwirkt, so wird
das Herz davon erleuchtet und entzündet sich an ihrer liebeerfüllten, feurigen Wirksamkeit.
Ihre Kraft teilt sich deinem Herzen mit; es wird immer entschiedener und beständiger Gott
zustreben, in dem Maße, als es sich läutert und belebt. Das Gebet ist Atem des Geistes,
geistige Speise und Trank, Geisteslicht und Feuer. Glaube fest, so einfach du die Luft und die
Nahrung aufnimmst, empfängt dein gläubiges Gebet alle Geistesgaben.
Das Wichtigste beim Gebet ist ein lebendiger, hellsichtiger Glaube an Gott: Richte auf Ihn
dein Herzensauge, stelle Ihn lebhaft vor dir, in dir vor — und dann bitte Ihn, was immer du
willst in Christus Jesus und dem Heiligen Geiste. Und es wird dir werden. In den Augenblicken
deines festen Glaubens, deiner Liebe zu Gott, vereint Er sich dir, wird dein Alles und vollbringt
für dich alles, was du für dein Seelenheil und das Heil deiner Nächsten bedarfst. Du wirst
Seiner Gottheit teilhaft. Du sprichst — und es geschieht.“
Diejenigen, die nicht das Zeichen des Tieres an sich tragen, sondern sich stattdessen mit dem
Wiederkommenden verbinden, werden, wie es in der Offenbarung des Johannes heißt, an
der Stirn versiegelt. Ihr höheres Ich-Wesen ist mit Ihm verbunden, und dadurch geschützt,
was auch geschehen mag. Dieses Ich des Wiederkommenden leuchtet im betenden
Menschen auf. Siebenfach erscheint dieses Ich bin:
Ich bin das Brot des Lebens - dass Ich verwandelt die toten Steine der Erkenntnis in
lebendige Gedanken, die ernähren. Es ernährt sich selbst durch die Hingabe an die
Lebensprozesse der Welt und ernährt andere.
Dann wird es das Licht der Welt. Dieses Ich strahlt nicht Eigenlicht aus, es wird wie die Sonne
Durchgangsort des geistigen Lichtes. Es öffnet sich dem Erkenntnislicht, sammelt die
Strahlen der Wahrheit und strahlt sie wieder aus in Wärme, sodass andere Wesen wachsen
können.
Und so wird es Tür: es wird selbstloser Durchgang zwischen sinnlicher und übersinnlicher
Welt. Es öffnet sich dem Anderen in Freiheit und geht auch nur unter Achtung der Freiheit
zum anderen Wesen.
Es wird guter Hirte, der sich innerlich tiefer neigt vor dem Anderen, vor dem Strebenden und
Ringenden im Anderen und wird seines Bruders Hüter. Es sieht ab von der Außenseite und
blickt in das Innere.
Dann wird das Ich die Auferstehung und das Leben, denn es erstirbt fortwährend im anderen
in Zuhören, im Anschauen, im Mitfühlen, und es ersteht wieder neu bereichert, die
Vereinzelung des Todes durchbrechend, Gemeinschaftsleben erzeugend.
So wird es dann der Weg, die Wahrheit und das Leben. Nicht mehr sucht es äußere Beweise
41
für den Geist, für die Lebenskräfte. Was es erkennen will muss es selber werden. Es wird
selber der Weg vom Ego zum Ich, es wird selber verantwortlich für die Wahrheit, weil es sie
aktiv hervorbringt und daraus entspringt ewiges Leben, niemals Stillstand des Suchens. So
vereinigt es sich mit den anderen Wahrheitssuchern.
Und schließlich wird es der wahre Weinstock. Der Verwandler alles Niederen in ein Höheres,
dass Tote, das Schlechte nimmt es aus den Tiefen auf und verwandelt es und spendet es
wieder hin. So wird das Ich die Liebe selbst.
Je mehr wir in ihm leben, desto mehr Kraft bekommen wir, ohne äußere Stütze in der Welt
zu leben. Furcht brauchen wir nicht mehr zu haben. Denn in dem Mut zur Demut, in der
Hingabe an Christus werden wir an der Stirne versiegelt. Wir erhalten die höhere Immunität
und können aufrecht stehen, auch wenn alles schwankt.
Man braucht aber in einer späteren Verkörperung, um nicht verkümmerte Seelen zu haben,
das, was man sich an Fähigkeiten und Kräften in der vorhergehenden Inkarnation aus den
damaligen Erdenverhältnissen heraus hat aneignen können. Es gibt Dinge, die man, wenn
man sie versäumt hat, nicht mehr nachholen kann. Vielleicht werden Sie sagen: [...] Wir
können ja nicht wissen, ob wir nicht unglaublich Wichtiges in früheren Verkörperungen
versäumt haben. Das wäre ja wirklich eine trostlose Perspektive, denn vielleicht haben wir in
früheren Inkarnationen Furchtbares versäumt, und was hilft uns auch jetzt alles andere! [...]
[...] Aber es ist keine richtige Konsequenz, denn die Sache liegt anders. Es ist durchaus richtig
zwar: was unsere Seele sich nicht angeeignet hätte in der alten ägyptischen, indischen,
persischen, griechischen Zeit, das könnte sie heute nicht mehr nachholen, das wäre
unmöglich. Die Sache ist nur diese, dass gegenwärtig, in unserer Zeit, die ersten
Inkarnationen des Menschen überhaupt da sind, in denen man bewusst, durch eigene Schuld
etwas nach dieser Richtung versäumen kann. Und das wird noch eine Zeitlang dauern. Und
da kann es nun auch eine Erklärung dafür geben, warum jetzt die Geisteswissenschaft
anfängt, in die Welt zu kommen: weil jetzt erst die Möglichkeit für die Menschen anfängt,
etwas zu versäumen. Jetzt müssen diese Wahrheiten zu den Menschen zu dringen beginnen,
denn jetzt beginnen für den Menschen Inkarnationen, bei denen, wenn man diese nicht
ordentlich anwenden würde, es schwerer werden würde, aus späteren Erdenverhältnissen
heraus das nachzuholen, was da versäumt worden wäre. Und jetzt ist es ja auch so, dass die
Menschen, wenn sie nur wollen, herankommen können an die geisteswissenschaftliche
Erklärung von Reinkarnation und Karma und von andern Wahrheiten in der
Geisteswissenschaft, dass sie also diese Selbstschuld nicht auf sich zu laden brauchen. [...]
Im Jahre 3101 vor unserer Zeitrechnung beginnt dasjenige Zeitalter, in dem nach und nach
alle Möglichkeit für die Menschen, durch äußere natürliche, durch normale Kräfte
hineinzuschauen in die geistige Welt, zunächst aufhört. In diesem Zeitalter – von 3101 vor
unserer Zeitrechnung bis in unsere Zeit herein – gab es nur noch alte vererbte Reste von
dumpfem, dämmerhaftem Hellsehen bei einigen Menschen. In diesem Zeitalter konnte man
nur durch wirkliche esoterische Schulung regulär hinauf kommen in die geistigen Welten.
Aber die normalen Fähigkeiten des Menschen entwickelten sich so, dass sie sich nur auf die
42
äußere physische Welt erstreckten. Dieses Zeitalter nennt man mit einem orientalischen
Ausdruck das Kali Yuga, das finstere Zeitalter, weil der Mensch jetzt nicht mehr hineinsieht in
die geistige Welt durch seine natürlichen Fähigkeiten. [...]
Die wichtigsten Ereignisse, die sich auf dem geistigen Plan vollziehen, die sehen ja die
Menschen gewöhnlich nicht, weil sie nicht genügend darauf aufmerksam sind. In unserem
Zeitalter gehen wichtige Dinge vor. Das Wichtigste ist, dass das Kali Yuga abgelaufen ist im
Jahre 1899. Das heißt, dasjenige Zeitalter der Menschheitsentwickelung ist abgelaufen, das
dazu bestimmt war, die menschlichen Fähigkeiten herauszuführen auf die Beobachtung und
Wahrnehmung des physischen Planes. Und jetzt, seit dem Jahre 1899 beginnt ein Zeitalter,
in dem durch etwa 2500 Jahre hindurch in den Menschenseelen andere Fähigkeiten
wiederum als normale Fähigkeiten langsam entwickelt werden. [...]
[...] Es kommt hinzu zu dem, was der Mensch sich während des Kali Yuga erworben hat, als
besondere Fähigkeit ein natürlich-ätherisches Hellsehen, das heißt es beginnt jetzt das
Zeitalter, wo in den Menschenseelen, zuerst in wenigen, dann in immer mehr und mehr
Menschenseelen, gewisse hellseherische Fähigkeiten als normale Fähigkeiten erwachen
werden. [...] Das heißt, es werden Seelen kommen mit solchen Fähigkeiten, und zwar in
einer Zeit, die schon da ist, die schon angefangen hat, nur werden sie immer häufiger
kommen. Jetzt sind sie einstweilen noch recht dünn gesät auf der Erde. Aber diese
Fähigkeiten werden beginnen, sich immer weiter unter den Menschen auszubreiten. In
einem deutlichen Maße werden sie vorhanden sein in den Jahren 1930 bis 1940. Das wird
eine wichtige Zeitepoche sein, denn da wird man hervortreten sehen die neuen Fähigkeiten
der Menschen. Während heute der Mensch nur den physischen Leib sieht, wird er dann auch
die Fähigkeit erlangen, einiges Wesentliche zunächst, dann aber immer mehr und mehr vom
Ätherleib zu sehen. [...]
[...] Mit jenen Fähigkeiten wird noch etwas anderes kommen. Es wird kommen [...] eine
Erinnerung nicht nur an das Leben zwischen Tod und Geburt, sondern an das vorhergehende
Leben, wie eine natürliche Eigenschaft. Aber jetzt wird es sich darum handeln, dass wir in
der gegenwärtigen oder folgenden Inkarnation etwas ausbilden, woran man sich erinnern
kann. [...] Woran man sich erinnern kann, das wird nur das sein, was in der Zentralgewalt
unseres Innern, in unserem Ich vor sich gegangen ist. [...] Wenn man aber dieses Ich nicht
pflegt, es nicht erkennen lernt durch die Geisteswissenschaft, es nicht fühlen lernt, dann ist
es ja gar nicht da als inneres Seelengut. Erst müssen wir einmal schaffen dasjenige, an das
wir uns dann sollen erinnern können in der nächsten Inkarnation. [...]
Das ist [...] das wichtigste Ereignis, das heute dem hellseherisch Geschulten zuteil wird: dass
er den Christus in der geistigen Atmosphäre der Erde sieht. Weil nun diese Fähigkeit in
jenem Zeitraum bei einer größeren Anzahl von Menschen auftreten wird, wird dann diese
Anzahl von Menschen die unmittelbar durch naturgemäßes Schauen vermittelte Anschauung
des Christus haben, des Christus in seinem ätherischen Leibe, mit dem dann die Menschen
umgehen werden wie mit einer physischen Persönlichkeit. Nicht bis zu einem physischen
Leibe wird der Christus heruntersteigen ein zweites Mal, aber die Menschen werden durch
ihre Fähigkeiten hinaufsteigen ins Ätherische, in dem er sich jetzt offenbart. Der Christus
wird ihnen wiedergekommen sein in dem Bereich ihres erweiterten Erlebens.
Das ist die Wiederkunft des Christus, angefangen ungefähr von den Jahren 1930 bis 1940
unseres Zeitalters. Es könnte dieses Ereignis unvermerkt an den Menschen vorbeigehen,
wenn sie sich nicht vorbereiten würden, dieses große Ereignis zu verstehen. Vorzubereiten
hat die Geisteswissenschaft die Menschheit auf dieses künftige Geschehen. Nicht unbemerkt
soll es vorbeigehen an der Menschheit. Wenn es unbemerkt vorbeigehen würde, so würde
die Menschheit veröden und verdorren.
43
8.2.1910, GA 116, S. 98ff
Die aber, welche Verständnis für wirkliches geistiges Leben gewonnen haben, die werden
verstehen, dass das „Wiederkommen des Christus“ in unserem Jahrhundert, als das größte
Ereignis, bedeutet: Der Christus kommt zu den Menschen im Geiste, weil die Menschen
durch ihre Entwickelung zum Geistigen hin sich bis zum Christus entwickelt haben! Und
dadurch erfährt in unserem Jahrhundert die Bergpredigt eine völlige Modifikation. Alles wird
sozusagen neugestaltet werden. Gotterfüllt oder selig werden die sein, die durch ihr Betteln
um Geist in den verflossenen Inkarnationen so weit gekommen sein werden, dass sie
hinaufgestiegen sein werden in jene Region der Reiche der Himmel, wo ihnen der Christus
vor das geistige Auge tritt! [...]
Anthroposophie wird es sein, die aus der Geistesforschung heraus die Menschen den
Christus in jener Gestalt, in der er lebendig ist, lehren wird, wenn diese Menschen diesen
Lehren nur Verständnis entgegenbringen wollen, Verständnis selbst so weit, dass man klar
erkennt: Der Christus wird wiederkommen, aber in einer höheren Realität, als die physische
ist, in einer solchen Realität, zu der man nur wird aufschauen können, wenn man sich erst
den Sinn und das Verständnis für das geistige Leben wird erworben haben.
Schreiben Sie das in Ihr Herz, was Anthroposophie sein soll: eine Vorbereitung für die große
Epoche der Menschheit, die uns bevorsteht. [...] Und ebenso wie die Menschen, die
verkörpert sein werden zwischen den Jahren 1930 und 1950, erleben werden das
Hinaufschauen zu dem ätherischen Christus, ebenso wird ein gewaltiger Umschwung
eintreten in der Welt, in der der Mensch lebt zwischen Tod und Geburt. Gerade so wie der
Christus nach dem Mysterium von Golgatha heruntergestiegen ist in die Reiche der
Unterwelt, so gehen die Wirkungen der Ereignisse, die in unserer Zeit geschehen für die
Bewohner des physischen Planes, hinauf in die geistigen Welten. Und den Menschen, die
sich nicht durch Geisteswissenschaft vorbereiten werden auf das große Ereignis, denen
entgeht in jener Zeit das Gewaltige, das sich auch vollziehen wird in den geistigen Welten, in
denen der Mensch dann lebt. Diese Menschen müssen dann warten bis zu einer neuen
Verkörperung, um dann auf der Erde zu erfahren, was sie fähig macht, den neuen
Christus-Impuls zu empfangen. Denn zu allen Christus-Impulsen, wenn sie uns auch noch so
hoch hinauftragen, müssen wir uns die Fähigkeit erringen auf dem physischen Plan. Nicht
umsonst ist der Mensch so in die physische Welt hinunterversetzt worden: Hier müssen wir
uns das aneignen, was zum Verständnis des Christus-Impulses führt! Für alle Seelen, die
leben, ist Geistesforschung die Vorbereitung auf das Christus-Ereignis, das uns in der
nächsten Zukunft bevorsteht. Diese Vorbereitung ist notwendig.
Ebenso wie sich der Erlöser der Welt während der drei Jahre nach der Jordantaufe in einem
menschlichen Leibe offenbarte, obgleich dieses Christus-Wesen von so außerordentlicher
Hoheit war, so offenbart es sich seit jener Zeit in direkter Weise als ein Engelwesen, ein
geistiges Wesen, welches eine Stufe höher steht als die Menschenwesen. Als ein solches
konnte er stets gefunden werden von denen, die hellsichtig waren; als ein solches war er
stets mit der Evolution verbunden. So wahr als der Christus, als er im Leibe des Jesus von
Nazareth inkarniert war, mehr als Mensch war, so ist das Christus-Wesen mehr als Engel. Das
ist nur seine äußere Gestalt. [...]
Obwohl Christus in die alte hebräische Rasse kam und dort zu seinem Tode geführt wurde,
44
erlitt dennoch das Engelwesen, welches seitdem die äußere Form des Christus ist, im Laufe
des 19. Jahrhunderts ein Auslöschen des Bewusstseins als das Resultat der
entgegengesetzten materialistischen Kräfte, die in die geistigen Welten heraufgekommen
waren, als das Ergebnis der materialistischen Menschenseelen, die durch die Pforte des
Todes gingen. Und das Eintreten von Bewusstlosigkeit in den geistigen Welten in der eben
beschriebenen Weise wird die Auferstehung des Christus-Bewusstseins in den Seelen der
Menschen auf Erden zwischen Geburt und Tod im 20. Jahrhundert werden. In gewissem
Sinne kann man daher voraussagen, dass vom 20. Jahrhundert an das, was der Menschheit
verlorengegangen ist an Bewusstsein, sicherlich wieder heraufsteigen wird für das
hellseherische Schauen. Anfangs nur wenige, dann eine immer wachsende Anzahl von
Wesen wird im 20. Jahrhundert fähig sein, die Erscheinung des ätherischen Christus, das
heißt Christus in der Gestalt eines Engels, wahrzunehmen. Um der Menschheit willen
geschah das, was man eine Zerstörung von Bewusstsein nennen kann, in den Welten, die
unmittelbar über unserer irdischen Welt liegen, und in welchen der Christus sichtbar
gewesen ist in der Zeit zwischen dem Mysterium von Golgatha und dem heutigen Tage. [...]
So kann das Christus-Bewusstsein mit dem irdischen Bewusstsein der Menschheit vom 20.
Jahrhundert an vereinigt werden, denn das Ersterben des Christus-Bewusstseins in der
Engelsphäre im 19. Jahrhundert bedeutet das Auferstehen des unmittelbaren
Christus-Bewusstseins in der Erdensphäre, das heißt, das Leben des Christus wird vom 20.
Jahrhundert an immer mehr und mehr in den Seelen der Menschen gefühlt werden als ein
direktes persönliches Erlebnis. [...]
[...] Zweimal schon ist der Christus gekreuzigt worden: das eine Mal physisch in der
physischen Welt im Anfang unseres Zeitalters und ein zweites Mal im 19. Jahrhundert
spirituell in der beschriebenen Weise. Man könnte sagen, die Menschheit erlebte die
Auferstehung seines Leibes in der damaligen Zeit; sie wird die Auferstehung seines
Bewusstseins vom 20. Jahrhundert an erleben.
Das, was ich nur in einigen Worten habe andeuten können, wird allmählich in die
Menschenseelen eindringen, und der Vermittler, der Sendbote wird Michael sein, der jetzt
der Abgesandte des Christus ist. So wie er früher die Seelen der Menschen leitete, damit sie
das Hinlenken seines Lebens vom Himmel zur Erde verstehen konnten, so bereitet er jetzt
die Menschheit vor, damit sie fähig werde, das Hinlenken des Christus-Bewusstseins aus
dem Zustand des Unbewussten in den Zustand des Bewussten zu erleben. Und genauso wie
zur Zeit des Erdenlebens des Christus die größere Anzahl seiner Zeitgenossen unfähig war zu
glauben, welch mächtiges Ereignis sich in der Erdenevolution zugetragen hatte, so strebt in
unserer Zeit die Außenwelt danach, die Macht des Materialismus zu vergrößern, und wird
auf lange Zeit hinaus fortfahren, das, was wir heute besprochen haben, als Phantasie,
Träumerei, vielleicht auch als Torheit anzusehen. Und so wird sie auch diese Wahrheit über
Michael ansehen, der in der jetzigen Zeit anfängt, den Christus von neuem zu offenbaren.
Trotzdem werden viele Menschen das erkennen, was jetzt beginnt wie eine Morgenröte
aufzugehen und was sich während der kommenden Jahrhunderte in die menschlichen
Seelen wie eine Sonne ergießen wird, denn Michael kann stets mit einer Sonne verglichen
werden. Und wenn auch viele Menschen diese neue Michael-Offenbarung nicht anerkennen
werden, so wird sie sich trotzdem über die Menschheit ausbreiten.
45
folgenden Grund. [...]
Ebenso wie auf dem physischen Plan im Beginne unserer Zeitrechnung in Palästina ein
Ereignis sich abgespielt hat, in welchem der Christus die wesentlichste Rolle spielte, ein
Ereignis, das Bedeutung hat für die ganze Menschheit, so wird sich im Laufe des zwanzigsten
Jahrhunderts, gegen das Ende des zwanzigsten Jahrhunderts zu, wiederum ein bedeutsames
Ereignis abspielen, allerdings nicht in der physischen Welt, sondern in den höheren Welten,
und zwar in derjenigen Welt die wir zunächst als die Welt des Ätherischen bezeichnen. [...]
Dieses Ereignis ist kein anderes, als dass ein gewisses Amt im Weltenall für die
menschheitliche Entwickelung in dem zwanzigsten Jahrhundert übergeht – in einer
erhöhteren Weise übergeht, als das bis jetzt der Fall war – an den Christus. Und zwar lehrt
uns die okkulte, die hellseherische Forschung, dass in unserm Zeitalter das Wichtige eintritt,
dass der Christus der Herr des Karma für die Menschheitsentwickelung wird. [...]
[...] Genau ebenso, wie sich auf dem physischen Plan zu Beginn unserer Zeitrechnung das
Ereignis von Palästina abgespielt hat, so spielt sich die Übertragung des karmischen
Richteramtes an den Christus Jesus in unserm Zeitalter in der nächsthöheren Welt ab. Und
diese Tatsache ist es, die so hereinwirkt in die physische Welt, auf den physischen Plan, dass
der Mensch ein Gefühl dafür entwickeln wird in der Art: mit alledem, was er tut, schafft er
etwas, gegenüber dem er dem Christus Rechenschaft schuldig sein wird. Und dieses Gefühl,
das in einer ganz natürlichen Art im Verlaufe der Menschheitsentwickelung nunmehr auftritt,
wird sich umgestalten, so dass es die Seele mit einem Lichte durchtränkt, das von dem
Menschen selber ausgeht nach und nach, und das beleuchten wird die Christus-Gestalt
innerhalb der ätherischen Welt. Und je mehr dieses Gefühl, das eine erhöhtere Bedeutung
noch haben wird als das abstrakte Gewissen, sich ausbilden wird, desto mehr wird die
Äthergestalt des Christus in den nächsten Jahrhunderten sichtbar werden. Wir werden diese
Tatsache in den nächsten Tagen noch genauer zu charakterisieren haben und werden dann
sehen: wir haben damit ein ganz neues Ereignis hingestellt, ein Ereignis, welches in die
Christus-Entwickelung der Menschheit hereinwirkt.
46
vorauserscheint dir der Ausgleich deiner Taten! – Die Epoche fängt an, in welcher die
Menschen in dem Augenblick, wo sie eine Tat getan haben, eine Ahnung, vielleicht sogar ein
deutliches Bild, eine Empfindung haben werden, wie der karmische Ausgleich dieser Tat sein
wird.
Wir müssen die innere Ehrlichkeit suchen, müssen uns aufraffen zu der inneren Ehrlichkeit,
uns zu sagen: Wir werden mit Bezug auf unsere Gedankenwelt nach dem Mysterium von
Golgatha nicht vorurteilslos geboren, wir werden alle mit gewissen Vorurteilen geboren.
In dem Augenblicke, wenn man in Rousseauscher oder in anderer Weise den Menschen von
vornherein für vollkommen hält, kann man überhaupt nicht den Christus finden, sondern nur
wenn man weiß, dass der Mensch in gewisser Weise als ein nach dem Mysterium von
Golgatha Lebender einen Defekt hat, den er durch seine eigene Tätigkeit im Leben hier
ausgleichen muss. Ich bin als ein vorurteilsvoller Mensch geboren und muss mir die
Gedankenvorurteilslosigkeit im Leben erst erwerben. Und wodurch kann ich sie hier
erwerben? Einzig und allein dadurch, dass ich nicht nur Interesse entwickele für dasjenige,
was ich selber denke, was ich selber für richtig halte, sondern dass ich selbstloses Interesse
entwickele für alles, was Menschen meinen und was an mich herantritt, und wenn ich es
noch so sehr für Irrtum halte. Je mehr der Mensch auf seine eigenen eigensinnigen
Meinungen pocht und sich nur für diese interessiert, desto mehr entfernt er sich in diesem
Augenblicke der Weltentwickelung von dem Christus. Je mehr der Mensch soziales Interesse
entwickelt für des anderen Menschen Meinungen, auch wenn er sie für Irrtümer hält, je
mehr der Mensch seine eigenen Gedanken beleuchtet durch die Meinungen der anderen, je
mehr er hinstellt neben seine eigenen Gedanken, die er vielleicht für Wahrheit hält, jene,
welche andere entwickeln, die er für Irrtümer hält, aber sich dennoch dafür interessiert,
desto mehr erfühlt er im Innersten seiner Seele ein Christus-Wort, das heute im Sinne der
neuen Christus-Sprache gedeutet werden muss. Der Christus hat gesagt: „Was ihr einem der
geringsten meiner Brüder tut, das habt ihr mir getan.“ Der Christus hört nicht auf, immer
wieder und wieder sich den Menschen zu offenbaren, bis ans Ende der Erdentage. Und so
spricht er heute zu denjenigen, die ihn hören wollen: Was einer der geringsten eurer Brüder
denkt, das habt ihr so anzusehen, dass ich in ihm denke, und dass ich mit euch fühle, indem
ihr des anderen Gedanken an euren Gedanken abmesset, soziales Interesse habt für
dasjenige, was in der anderen Seele vorgeht. Was ihr findet als Meinung, als
Lebensanschauung in einem der geringsten eurer Brüder, darin suchet ihr mich selber. (S.
59f). [...]
Wenn der Esoteriker seine Übungen regelmäßig verrichtet und sich vertieft in die
Tempellegende oder die großen kosmischen Bilder, die uns in der Theosophie gegeben
werden, oder in Jakob Böhmes «Morgenröte» und die anderen Symbole, wie sie in diesem
Tempel gegeben werden, so wird er bemerken, dass es so sein kann, als ob sein Gehirn in
einem bestimmten Augenblick nicht imstande wäre, weiter zu denken, als ob seinem Denken
eine Grenze gesetzt würde. So etwa soll der Esoteriker empfinden und innerlich erleben. Der
gewöhnliche Mensch hat bisweilen dieselben Empfindungen, dass ihm sein Gehirn den
41
Vgl. hierzu die Vorträge «Vorstufen zum Mysterium von Golgatha», GA 152.
47
Dienst versagt, aber er kommt nicht zum Erleben und Gewahrwerden dieser Tatsache. Die
Menschen verschlafen eigentlich ihr ganzes Leben; nicht nur dadurch, dass sie in der Nacht
schlafen, aber auch am Tage verschlafen sie die wichtigsten Ereignisse, weil sie ganz den
Eindrücken hingegeben sind, die sie von den Sinnen erhalten. Alle diejenigen, die in einer
wichtigen Zeit, wie unsere heutige eine ist, sich gegen dasjenige, was sie als eine spirituelle
Strömung hätten erreichen können, gewendet haben, die - wie gescheit sie auch an und für
sich waren - doch sich weigerten, das Spirituelle aufzunehmen, die sich also ganz dem
Materialismus hingegeben haben, die haben sich nach ihrem Tode ebenso gegen alles
Spirituelle gewandt und dort einen bestimmten Hass ausgebildet, den sie dann als Kraft
(oder Kräfte) wieder in die physische Welt zurückgeworfen haben. Vom 16. Jahrhundert an
ist das im Grunde eigentlich immer so gewesen und jene Hassgefühle machen sich in der
physischen Welt bemerklich und haben dort ihre Wirkung. Die Welten sind ja nicht
voneinander getrennt, sie durchdringen einander.
Wir haben auch davon gesprochen, wie beim Tode des Christus Jesus auf Golgatha der
physische Leib in die physischen Substanzen der Erde eingedrungen ist und wie daraus für
einzelne Menschen die Kraft entsprungen ist, um in den ersten nachchristlichen Zeiten die
Märtyrerschaft durchzumachen. Zu seiner Zeit hat auch der Ätherleib des Christus als
Äthersubstanz sich in die Erde aufgelöst und dadurch hat sich für einzelne Individualitäten
die Möglichkeit eröffnet, diese Äthersubstanz in sich aufzunehmen, und dadurch konnten
gewisse Verrichtungen durch diese Individualitäten hier auf Erden geschehen.
Auch der Astralleib des Christus gelangte in einer bestimmten Zeit in die Astralsubstanz
(-aura) der Erde und damit konnten auch wiederum menschliche Astralhüllen umkleidet
werden, die gewisse Geschehnisse auf Erden zeitigten. Und jetzt wird die Ich-Substanz
Menschen mitgeteilt werden können. Denn wenn auch Jesus von Nazareth bei der Taufe
seine drei Hüllen verlassen hat, so blieb doch auch ein Teil der Ich-Substanz bei den Hüllen,
und so wurde auch diese Kraft der Erde eingefügt.42
Das Neue, was jetzt allmählich den Menschen (mitgeteilt) geoffenbart werden wird, ist eine
Erinnerung oder Wiederholung desjenigen, was Paulus bei Damaskus erlebt hat. Er schaute
die Äthergestalt des Christus. Dass diese aber jetzt für uns Sichtbarwerden soll, rührt von der
Tatsache her, dass in der Ätherwelt gleichsam ein neues Mysterium von Golgatha sich
abgespielt hat. Das, was hier in der physischen Welt bei der Kreuzigung stattgefunden hat
infolge des Hasses der nicht verstehenden Menschen, das hat sich jetzt auf dem Ätherplan
wiederholt durch den Hass der Menschen, die als Materialisten nach dem Tode in die
Ätherwelt eingetreten sind.
Man halte sich noch einmal vor die Seele, wie bei dem Mysterium von Golgatha ein Kreuz
aufgerichtet wurde aus totem Holz, an dem der Leib des Christus hing. Und dann schauen
wir jenes Kreuzesholz in der Ätherwelt als sprießendes, sprossendes Holz, grünes, lebendiges
Holz, das durch die Flammen des Hasses verkohlt ist und an dem nur noch die sieben
blühenden Rosen erscheinen, die siebenfache Natur des Christus darstellend, dann haben
wir da das Bild von dem zweiten Mysterium von Golgatha, das sich jetzt in der Ätherwelt
abgespielt hat. Und durch dieses Absterben, dieses zweite Sterben des Christus, ist es
möglich geworden, daß wir jenen Ätherleib schauen werden. Die Verdichtung, den toten Teil
des Ätherleibes des Christus Jesus werden die Menschen schauen.
42
Vgl. hierzu die Vorträge «Das Prinzip der spirituellen Ökonomie im Zusammenhang mit
Wiederverkörperungsfragen», GA 109/111.
48
Rudolf Steiner - Was tut der Engel in unserem Astralleib?
Zürich, 9. Oktober 1918, GA 182
Anthroposophische Geist-Erfassung soll nicht bloß sein eine theoretische Weltansicht,
sondern sie soll sein ein Lebensinhalt und eine Lebenskraft. Und nur, wenn wir uns in die
Lage versetzen, unsere anthroposophische Weltauffassung in uns so zu erkraften, dass sie
wirklich voll lebendig in uns wird, dann erfüllt sie eigentlich ihre Aufgabe. Denn wir sind
dadurch, dass wir unsere Seelen vereinigen mit der anthroposophischen Geisteserfassung, in
einer gewissen Beziehung zu Wächtern über ganz bestimmte, bedeutungsvolle
Entwickelungsvorgänge der Menschheit geworden.
Menschen, die sonst nach der einen oder anderen Weltanschauung hinstreben, sind ja in der
Regel überzeugt, dass Gedanken, Vorstellungen, außer dem, was sie in ihren menschlichen
Seelen sind, nicht noch etwas anderes im Weitenzusammenhange sind, sondern Menschen
mit solchen Weltanschauungen glauben: Gedanken, Vorstellungen als Ideale werden sich
eben in die Welt so einleben, wie es dem Menschen, insofern er sinnenfällige Taten nur
vollbringt, gelingt, sie in der Welt zur Geltung zu bringen. Anthroposophische Gesinnung
setzt voraus, dass wir uns klar darüber sind, dass unsere Gedanken und Vorstellungen, um
sich zu verwirklichen, noch andere Wege finden müssen, als dasjenige ist, was durch unsere
sinnenfälligen Taten, durch unsere Taten in der Sinneswelt geschieht. In der Erkenntnis
dieser Lebensnotwendigkeit liegt schon die Aufforderung, dass der Anthroposoph in einer
gewissen Weise sich beteiligen müsse an dem Wachen über die Zeichen der Zeit. Es
geschieht in der Weltentwickelung gar manches; dem Menschen, insbesondere dem
Menschen unseres Zeitalters obliegt es, sich wirkliches Verständnis zu verschaffen von dem,
was in der Weltentwickelung, in die er selbst hineingestellt worden ist, geschieht.
Mit Bezug auf den einzelnen Menschen weiß jeder, dass man seine Entwickelung
berücksichtigen muss, nicht bloß die äußeren Tatsachen, die um ihn herum sind. Bedenken
Sie nur einmal, ich möchte sagen, ganz grob gedacht: Die äußeren sinnenfälligen Tatsachen,
die jetzt geschehen, die sind rundherum um die Menschen, die fünf Jahre, zehn Jahre,
zwanzig Jahre, dreißig Jahre, fünfzig Jahre, die siebzig Jahre alt sind. Dennoch wird kein
einziger Mensch, der vernünftig ist, verlangen, dass man dasselbe Verhältnis des Menschen
zu den Tatsachen bei den Fünfjährigen, bei den Zehnjährigen, bei den Zwanzigjährigen, bei
den Fünfzigjährigen, bei den Siebzigjährigen herstellen soll. Wie die Menschen sich verhalten
sollen zu der äußeren Umgebung, das kann nur bestimmt werden, wenn man auf die
Entwickelung des Menschen selbst Rücksicht nimmt. Beim einzelnen Menschen wird das
jeder zugeben. Aber so wie der einzelne Mensch einer ganz bestimmten Entwickelung
unterliegt, wie er gewissermaßen eine andere Art von Kräften hat als Kind, in der Mitte des
Lebens, als Greis, so hat die Menschheit im Lauf ihrer Entwickelung auch immer andere und
andere Kräfte, und man steht gewissermaßen nur schlafend in der Weltentwickelung
drinnen, wenn man nicht beachtet, dass die Menschheit in ihrem Wesen etwas anderes ist
im 20. Jahrhundert, als sie im 15. Jahrhundert war oder gar in der Zeit des Mysteriums von
Golgatha oder vorher. Es gehört zu den größten Mängeln und Verirrungen und Verwirrungen
gerade unserer Zeit, dass man das, was ich eben gesagt habe, nicht beachten will, dass man
der Meinung ist, man könne von dem Menschen oder von der Menschheit im allgemeinen
ganz abstrakt sprechen und müsse nicht wissen, dass diese Menschheit einer Entwickelung
unterworfen ist.
Nun frägt es sich: Wie kommt man genauer zu einer Einsicht in diese Dinge? - Sie wissen, ein
Wichtiges über diese Entwickelung haben wir ja oftmals besprochen. In der
griechisch-lateinischen Zeit, vom 8. vorchristlichen Jahrhundert bis ungefähr ins 15.
Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung herein, da rechnen wir mit dem sogenannten
49
Kulturzeitalter der Verstandes- oder Gemütsseele, und seit dem 15. Jahrhundert rechnen wir
mit dem Kulturzeitalter der Bewusstseinsseele. Damit haben wir ein Wesentliches
charakterisiert in der Entwickelung der Menschheit, gerade insofern es unsere Zeit betrifft.
Wir wissen dadurch, dass die hauptsächlichste Kraft, auf welche gerechnet wird in der
Menschheitsentwickelung vom 15. Jahrhundert bis in das 4. Jahrtausend hinein, bis zu dem
Anfang des 4. Jahrtausends, die Bewusstseinsseele ist. Aber man darf in der
Geisteswissenschaft, in der wirklichen Geisteswissenschaft nirgends bei Allgemeinheiten und
Abstraktionen stehenbleiben; man muss überall sehen, konkrete Tatsachen zu erfassen. Die
Abstraktionen nützen einem höchstens, wenn man neugierig ist in einem sehr gewöhnlichen
Sinne. Will man Geisteswissenschaft zum Lebensinhalt, zur Lebenskraft machen, so muss
man ernster sein als neugierig, so muss man nicht bei solchen Abstraktionen stehenbleiben,
wie ich sie eben ausgesprochen habe. Dass wir im Zeitalter der Bewusstseinsseele leben,
dass vorzugsweise auf die Ausbildung der Bewusstseinsseele gerechnet wird, das ist ganz
richtig, das ist außerordentlich wichtig auch, aber man darf nicht dabei stehenbleiben.
Wollen wir nun zu einer bestimmten Anschauung über die Dinge kommen, so müssen wir
vor allen Dingen einmal etwas genauer auf das Wesen des Menschen selber hinsehen. So
wie wir Menschen sind, gliedern wir uns im geisteswissenschaftlichen Sinne, wenn wir
gewissermaßen von oben heruntersteigen, in das Ich, in den astralischen Leib, in den
Ätherleib, den ich in neuerer Zeit auch den Bildekräfteleib genannt habe, und den
physischen Leib. Von diesen Gliedern der menschlichen Natur ist eigentlich nur das Ich
dasjenige, in dem wir seelisch-geistig zunächst leben und weben. Das Ich ist uns ja auch
durch unsere Erdenentwickelung und die sie dirigierenden Geister der Form gegeben. Alles
im Grunde, was in unser Bewusstsein eintritt, tritt durch unser Ich in unser Bewusstsein ein.
Und wenn das Ich nicht sich so entfaltet, dass es in Verbindung stehen kann - wenn auch
durch die Leiber - mit der äußeren Welt, so haben wir ebensowenig Bewusstsein wie vom
Einschlafen bis zum Aufwachen. Das Ich ist dasjenige, was uns mit unserer Umgebung
verbindet. Der astralische Leib ist uns durch die unserer Erdenentwickelung vorangehende
Mondenentwickelung zugeteilt worden, unser Ätherleib durch die weiter vorangehende
Sonnenentwickelung, der physische Leib seiner ersten Anlage nach durch die
Saturnentwickelung.
Aber wenn Sie die Schilderung dieser Leiber in der «Geheimwissenschaft im Umriss»
durchgehen, da werden Sie sehen, in welch komplizierter Weise dies zustande gekommen ist,
was heute der Mensch ist in seiner Zusammenfügung aus den vier charakterisierten Gliedern.
Sehen wir nicht aus den Tatsachen, die uns die «Geheimwissenschaft» überliefert, dass an
dieser Gliederung in die drei Hüllen des Menschenwesens Geister aller möglichen
Hierarchien mitgewirkt haben? Sehen wir nicht, dass dasjenige, was uns als physischer Leib,
als Ätherleib, als astralischer Leib umhüllt, sehr, sehr komplizierter Natur ist? Aber nicht nur,
dass diese Hierarchien mitgearbeitet haben an dem Zustandekommen unserer Hüllen, sie
arbeiten noch immer darinnen. Und der versteht den Menschen nicht, der glaubt, dass
dieser Mensch bloß die Zusammenfügung ist von Knochen, Blut, Fleisch und so weiter, von
denen uns die gewöhnliche Naturwissenschaft, die Physiologie oder Biologie oder Anatomie
erzählen.
Nähert man sich der Wirklichkeit dieses menschlichen Hüllenwesens, sieht man dieses
menschliche Hüllenwesen in seiner Wahrheit, dann sieht man, wie ineinanderarbeiten,
planvoll, weisheitsvoll ineinanderarbeiten in alledem, was in unseren Leibeshüllen ohne
unser Bewusstsein vorgeht, geistige Wesenheiten der höheren Hierarchien. Sie können aus
den, ich möchte sagen, skizzenhaft gehaltenen Umrissen, die ich in meiner
«Geheimwissenschaft» gegeben habe über das Zusammenwirken der einzelnen Geister der
50
höheren Hierarchien, damit der Mensch zustande komme, entnehmen, wie kompliziert sich
diese Sache im Einzelnen ausnehmen muss. Aber dennoch: will man den Menschen
verstehen, so muss man auch diesen Dingen immer mehr im Einzelnen, immer mehr im
Konkreten beikommen.
Nun ist es ungeheuer schwierig, auf diesem Felde eine konkrete Frage auch nur ins Auge zu
fassen. Sie sind ungeheuer kompliziert, diese konkreten Fragen. Denken Sie einmal, dass
jemand fragen wollte: Was tut im gegenwärtigen Entwickelungszyklus der Menschheit, im
Jahre 1918, in dem menschlichen Ätherleib, nun, sagen wir die Hierarchie der Seraphim oder
der Dynamis? – Denn diese Frage kann man ebenso aufwerfen, wie man aufwerfen kann die
Frage, ob es, sagen wir, in Lugano jetzt regnet oder nicht. Allerdings wird man das eine wie
das andere ebensowenig durch ein bloßes Nachdenken oder eine bloße Theorie
herausbekommen, sondern dadurch, dass man an die Tatsachen herantritt. Wie man sich
erkundigen muss, meinetwillen durch ein Telegramm oder einen Brief oder dergleichen, ob
es jetzt in Lugano regnet oder nicht, so muss man auch durch wirkliches Eindringen in die
Tatsachen sich über so etwas erkundigen, wie: Was haben gerade die Geister der Weisheit
oder die Throne im gegenwärtigen Menschheitszeitalter für eine Aufgabe, sagen wir im
menschlichen Ätherleib? - Aber nun ist eine solche Frage wie die gerade aufgeworfene von
einer außerordentlichen Kompliziertheit, und wir können uns gewissermaßen nur immer
nähern solchen Gebieten, auf denen solche Fragen wachsen. Es ist wirklich eigentlich auf
diesem Gebiete dafür gesorgt, dass dem Menschen seine Schwingen nicht in den Himmel
hineinwachsen und er übermütig und stolz wird, wenn er nach wirklicher Erkenntnis strebt.
Gewissermaßen die nächsten Wesenheiten, die uns unmittelbar etwas angehen, sind
diejenigen, über die wir klar sehen können. Aber über die sollen wir auch klar sehen, wenn
wir nicht schlafen wollen in Bezug auf das Hineingestelltsein in die menschliche Entwickelung.
Und so will ich Ihnen von einer Frage sprechen, die nicht so vage, nicht so unbestimmt ist -
obwohl sie sehr konkret ist - wie diese Frage: Was machen die Dynamis oder die Throne in
unserem Ätherleib? - Ich will Ihnen eine andere Frage sagen, die nicht so vage, nicht so
unbestimmt ist, sondern sogar den Menschen der Gegenwart angehen soll. Diese Frage ist:
Was machen die allernächst an dem Menschen tätigen Wesen der Angeloi im gegenwärtigen
Menschheitszeitalter innerhalb des Astralleibes?
Der Astralleib liegt unserem Menschen-Ich, wenn wir in unser inneres Wesen schauen, am
nächsten. Es ist also zu hoffen, dass die Beantwortung der eben gestellten Frage uns recht
viel angehen könnte. Die Angeloi sind die nächste Hierarchie über der Menschenhierarchie
selber. Also wir stellen eine bescheidene Frage, und wir werden nachher sehen, dass die
Beantwortung dieser Frage: Was machen gerade jetzt in unserem Lebensalter der
Menschheit, die das 20. Jahrhundert durchläuft, in diesem Lebensalter der Menschheit, das
begonnen hat im 15. Jahrhundert und bis in den Beginn des 4. Jahrtausends dauern wird,
was machen die Angeloi in dem menschlichen astralischen Leibe? - für uns sehr wichtig sein
wird.
Nun, was kann man denn überhaupt darüber sagen, wie sich eine solche Frage beantworten
lässt? Man kann nur sagen: Geistesforschung, wenn sie ernsthaft getrieben wird, ist nicht
eine Spielerei mit Vorstellungen oder eine Spielerei mit Worten, sondern sie arbeitet wirklich
hinein in die Gebiete, wo die geistige Welt anschaulich wird. Und so etwas Nächstliegendes
kann eben angeschaut werden. - Aber es kann eigentlich diese Frage fruchtbar nur
beantwortet werden im Zeitalter der Bewusstseinsseele selbst.
Sie könnten sich denken: Würde in anderen Zeitaltern diese Frage haben aufgeworfen
werden können und beantwortet werden sollen, so würde wahrscheinlich Antwort da
[gewesen] sein. - Aber weder im Zeitalter des atavistischen Hellsehens noch im Zeitalter der
51
griechisch-lateinischen Kultur konnte diese Frage beantwortet werden, aus dem Grunde
nicht, weil die Bilder, die man im atavistischen Hellsehen in der Seele bekommen hat, die
Beobachtungen über die Taten der Engel in unserem astralischen Leibe verdunkelten. Da
war nichts zu sehen, gerade dadurch, dass man die Bilder hatte, die das atavistische
Hellsehen gab. Und im griechisch-lateinischen Zeitalter war das Denken noch nicht so stark,
wie es jetzt ist. Das Denken hat schon eine Verstärkung erfahren, gerade durch das
naturwissenschaftliche Zeitalter eine Verstärkung erfahren, so dass das Zeitalter der
Bewusstseinsseele dasjenige ist, in dem bewusst auch eingedrungen werden kann in eine
solche Frage wie die eben aufgestellte. Darinnen muss sich gerade die Fruchtbarkeit unserer
Geisteswissenschaft für das Leben zeigen, dass wir nicht bloß mit Theorien abspeisen,
sondern dass wir Dinge zu sagen wissen, die für das Leben eine eingreifende Bedeutung
haben.
Was tun die Engel in unserem astralischen Leibe? Wir können nur dann uns überzeugen, was
sie da tun, wenn wir bis zu einem gewissen Grade hellsichtiger Beobachtung aufsteigen, so
dass wir sehen, was in unserem astralischen Leibe drinnen sich abspielt. Also bis zu einem
gewissen Grade wenigstens der imaginativen Erkenntnis muss aufgestiegen werden, wenn
die angedeutete Frage beantwortet werden soll. Dann zeigt sich, dass diese Wesenheiten
aus der Hierarchie der Angeloi - und in gewisser Weise jeder einzelne der Angeloi, der für
jeden Menschen gewissermaßen seine Aufgabe hat, aber auch namentlich durch ihr
Zusammenwirken - Bilder im menschlichen astralischen Leibe formen. Unter der Anleitung
der Geister der Form formen sie Bilder. Wenn man nicht aufsteigt zur imaginativen
Erkenntnis, so weiß man nicht, dass fortwährend in unserem Astralleib Bilder geformt
werden. Sie entstehen und vergehen, diese Bilder. Würden diese Bilder nicht geformt, so
gäbe es keine Entwickelung der Menschheit in die Zukunft hinein, die den Absichten der
Geister der Form entspricht. Was die Geister der Form mit uns bis zum Ende der
Erdenentwickelung weiter erreichen wollen, das müssen sie zuerst in Bildern entwickeln,
und aus diesen Bildern wird dann später die umgestaltete Menschheit, die Wirklichkeit. Und
diese Bilder in unserem astralischen Leibe formen heute schon die Geister der Form durch
die Engel. Die Engel formen im menschlichen astralischen Leib Bilder, Bilder, die man mit
dem zur Hellsichtigkeit entwickelten Denken erreichen kann. Und man kann diese Bilder,
welche die Engel in unserem astralischen Leibe formen, verfolgen. Dann zeigt sich, dass
diese Bilder nach ganz bestimmten Impulsen, nach ganz bestimmten Prinzipien geformt
werden. Und zwar so werden sie geformt, dass in der Art, wie diese Bilder entstehen,
gewissermaßen Kräfte für die zukünftige Entwickelung der Menschheit liegen. Wenn man -
so sonderbar es klingt, man muss das so ausdrücken - die Engel bei dieser ihrer Arbeit
betrachtet, so haben diese Engel bei dieser ihrer Arbeit eine ganz bestimmte Absicht für die
künftige soziale Gestaltung des Menschenlebens auf Erden; und sie wollen solche Bilder in
den menschlichen astralischen Leibern erzeugen, welche ganz bestimmte soziale Zustände
im menschlichen Zusammenleben der Zukunft herbeiführen.
Die Menschen können sich sträuben, anzuerkennen, dass Engel in ihnen Zukunftsideale
auslösen wollen, aber es ist doch so. Und zwar wirkt ein ganz bestimmter Grundsatz bei
dieser Bilderformung der Angeloi. Es wirkt der Grundsatz, dass in der Zukunft kein Mensch
Ruhe haben soll im Genusse von Glück, wenn andere neben ihm unglücklich sind. Es herrscht
ein gewisser Impuls absolutester Brüderlichkeit, absolutester Vereinheitlichung des
Menschengeschlechtes, richtig verstandener Brüderlichkeit mit Bezug auf die sozialen
Zustände im physischen Leben. Das ist das eine, der eine Gesichtspunkt, nach dem wir sehen,
dass die Angeloi die Bilder im menschlichen astralischen Leibe formen.
Aber es gibt noch einen zweiten Impuls, unter dessen Gesichtspunkt diese Angeloi formen;
52
das ist: sie verfolgen nicht nur gewisse Absichten mit Bezug auf das äußere soziale Leben,
sondern sie verfolgen auch gewisse Absichten mit Bezug auf die menschliche Seele, auf das
seelische Leben der Menschen. Mit Bezug auf das seelische Leben der Menschen, da
verfolgen sie durch ihre Bilder, die sie dem astralischen Leibe einprägen, das Ziel, dass in der
Zukunft jeder Mensch in jedem Menschen ein verborgenes Göttliches sehen soll.
Also wohlgemerkt: Anders soll es werden nach der Absicht, die in der Arbeit der Angeloi liegt.
Es soll werden so, dass wir nicht den Menschen gewissermaßen wie ein höherentwickeltes
Tier nur seinen physischen Qualitäten nach betrachten, weder in der Theorie noch in der
Praxis, sondern dass wir jedem Menschen entgegentreten mit dem voll ausgebildeten Gefühl:
In dem Menschen erscheint etwas, was aus den göttlichen Weltengründen heraus sich
offenbart, durch Fleisch und Blut sich offenbart. - Den Menschen zu erfassen als Bild, das
sich aus der geistigen Welt heraus offenbart, so ernst als möglich, so stark als möglich, so
verständnisvoll als möglich, das wird in die Bilder durch die Angeloi gelegt.
Das wird einmal, wenn es verwirklicht wird, eine ganz bestimmte Folge haben. Alle freie
Religiosität, die sich in der Zukunft innerhalb der Menschheit entwickeln wird, wird darauf
beruhen, dass in jedem Menschen das Ebenbild der Gottheit wirklich in unmittelbarer
Lebenspraxis, nicht bloß in der Theorie, anerkannt werde. Dann wird es keinen
Religionszwang geben können, dann wird es keinen Religionszwang zu geben brauchen,
denn dann wird die Begegnung jedes Menschen mit jedem Menschen von vornherein eine
religiöse Handlung, ein Sakrament sein, und niemand wird durch eine besondere Kirche, die
äußere Einrichtungen auf dem physischen Plan hat, nötig haben, das religiöse Leben
aufrechtzuerhalten. Die Kirche kann, wenn sie sich selber richtig versteht, nur die eine
Absicht haben, sich unnötig zu machen auf dem physischen Plane, indem das ganze Leben
zum Ausdruck des Übersinnlichen gemacht wird.
Das liegt wenigstens den Impulsen der Arbeit der Engel zugrunde: vollständige Freiheit des
religiösen Lebens über die Menschen hin auszugießen. Und ein drittes liegt zugrunde: den
Menschen die Möglichkeit zu geben, durch das Denken zum Geist zu gelangen, durch das
Denken über den Abgrund hinweg zum Erleben im Geistigen zu kommen.
Geisteswissenschaft für den Geist, Religionsfreiheit für die Seele, Brüderlichkeit für die
Leiber, das tönt wie eine Weltenmusik durch die Arbeit der Engel in den menschlichen
astralischen Leibern. Man braucht, möchte ich sagen, nur sein Bewusstsein bis zu einer
gewissen anderen Schichte hinaufzuheben, dann fühlt man sich hineinversetzt in diese
wunderbare Arbeitsstätte der Angeloi in dem menschlichen astralischen Leibe.
Nun ist es so, dass wir im Zeitalter der Bewusstseinsseele leben, und in diesem Zeitalter der
Bewusstseinsseele tun die Angeloi im menschlichen astralischen Leibe das, was ich eben
erzählt habe. Die Menschen sollen nach und nach bewusst zum Erfassen dessen kommen,
was ich eben erzählt habe. Das gehört in die menschliche Entwickelung hinein. Wie kommt
man denn überhaupt dazu, so etwas zu sagen, wie das, was ich jetzt eben ausgesprochen
habe? Wo findet man gewissermaßen diese Arbeit? Nun, heute findet man sie noch in dem
schlafenden Menschen. Man findet sie in den Schlafzuständen der Menschen vom
Einschlafen bis zum Aufwachen. Man findet sie auch in den wachenden Schlafzuständen. Ich
habe oft davon gesprochen, wie die Menschen, trotzdem sie wach sind, in den wichtigsten
Angelegenheiten eigentlich ihr Leben verschlafen. Und ich kann Ihnen die allerdings nicht
sehr erfreuliche Versicherung geben, dass man wirklich, wenn man bewusst durchs Leben
geht, heute viele, viele schlafende Menschen findet. Sie lassen geschehen, was in der Welt
geschieht, ohne sich dafür zu interessieren, ohne sich darum zu bekümmern, ohne sich
damit zu verbinden. Dasjenige, was vorbeigeht an großen Weltereignissen, das geht an den
Menschen oftmals so vorbei, wie dasjenige, was sich in der Stadt abspielt, vor einem
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Schlafenden vorbeigeht, trotzdem die Leute scheinbar wach sind. Dann aber, wenn die
Menschen gerade wachend so etwas Besonderes verschlafen, dann zeigt sich, wie in ihren
astralischen Leibern - ganz unabhängig von dem, was sie wissen wollen oder nicht wissen
wollen - diese wichtige Arbeit der Angeloi sich abspielt, von der ich gesprochen habe.
Solche Dinge spielen sich vielfach ab in einer Weise, die den Menschen recht rätselvoll, recht
paradox erscheinen muss. Da hält man manchen für ganz unwürdig, das oder jenes an
Verbindungen mit der geistigen Welt einzugehen. Aber in Wahrheit ist der Betreffende
nichts anderes als zunächst in dieser Inkarnation eine furchtbare Schlafmütze, die alles
verschläft, was um ihn herum vorgeht; in seinem astralischen Leib aber arbeitet der Engel
aus der Gemeinschaft der Engel heraus an der Zukunft der Menschheit. Der astralische Leib
wird trotzdem benutzt, und man kann an seinem astralischen Leib so etwas beobachten.
Aber darauf kommt es an, dass so etwas sich gerade hereindrängt in das menschliche
Bewusstsein. Die Bewusstseinsseele muss erhoben werden zu der Anerkennung desjenigen,
was nur auf diese Weise gefunden werden kann.
Indem wir diese Voraussetzungen gemacht haben, werden Sie begreifen, wenn ich Sie nun
aufmerksam mache darauf, dass eben dieses Zeitalter der Bewusstseinsseele zudrängt
einem ganz bestimmten Ereignisse, und dass es, weil wir es mit der Bewusstseinsseele zu tun
haben, von den Menschen abhängen wird, wie dieses Ereignis sich in der
Menschheitsentwickelung vollzieht. Das Ereignis kann um ein Jahrhundert früher oder später
kommen, aber eigentlich müsste es in das Gebiet der Menschheitsentwickelung
hereinkommen. Und dieses Ereignis kann man ebenso charakterisieren, dass man sagt: Die
Menschen müssen rein durch ihre Bewusstseinsseele, durch ihr bewusstes Denken dazu
kommen, dass sie schauen, wie es die Engel machen, um die Zukunft der Menschheit
vorzubereiten. - Dasjenige, was Geisteswissenschaft auf diesem Gebiete lehrt, muss
praktische Lebensweisheit der Menschheit werden, solche praktische Lebensweisheit, dass
die Menschen die feste Überzeugung haben können: es ist ihr eigenes Weisheitsgut, indem
sie anerkennen, dass die Engel dies wollen, was ich charakterisiert habe.
Nun ist aber das Menschengeschlecht in Bezug auf die Annäherung zu seiner Freiheit so weit
fortgeschritten, dass es von dem Menschengeschlecht schon selber abhängt, ob es das
betreffende Ereignis verschlafen oder mit voller Bewusstheit ihm entgegengehen will. Was
würde es heißen: ihm mit voller Bewusstheit entgegengehen? Mit voller Bewusstheit ihm
entgegengehen, heißt das Folgende: Man kann heute Geisteswissenschaft studieren, sie ist
da, man braucht wahrhaftig nicht einmal etwas anderes zu tun als Geisteswissenschaft zu
studieren. Wenn man außerdem noch allerlei Meditationen macht, wenn man berücksichtigt
dasjenige, was an praktischen Anleitungen durch so etwas gegeben ist wie in «Wie erlangt
man Erkenntnisse der höheren Welten?», so unterstützt man die Sache weiter. Aber das
Nötige geschieht schon, wenn man nur Geisteswissenschaft studiert und richtig bewusst
versteht. Man kann, ohne hellseherische Fähigkeiten sich anzueignen, Geisteswissenschaft
heute studieren; jeder Mensch kann es, der sich nicht selber Vorurteile in den Weg legt. Und
wenn die Menschen immer mehr und mehr Geisteswissenschaft studieren, wenn sie sich die
Begriffe und Ideen aneignen, die in der Geisteswissenschaft gegeben sind, dann werden sie
in ihrem Bewusstsein soweit erwachen, dass gewisse Ereignisse eben nicht verschlafen
werden, sondern bewusst vorübergehen.
Und diese Ereignisse, wir können sie noch genauer charakterisieren. Denn im Grunde ist,
dass wir wissen, was der Engel tut, nur die Vorbereitung. Die Hauptsache ist, dass eben in
einem bestimmten Zeitpunkte ein Dreifaches eintreten wird. Wie gesagt, je nachdem sich
die Menschen verhalten, wird der Zeitpunkt früher oder später oder im allerschlimmsten
Falle gar nicht eintreten. Aber dasjenige, was eintreten soll, ist eben das, dass der
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Menschheit durch ihre Engelwelt ein Dreifaches gezeigt wird. Erstens wird gezeigt, wie man
wirklich die tiefere Seite der Menschennatur mit seinem unmittelbarsten menschlichen
Interesse erfassen kann. Ja, es wird ein Zeitpunkt kommen, den die Menschen nicht
verschlafen sollen, wo die Menschen einen anregenden Impuls aus der geistigen Welt heraus
durch ihren Engel empfangen werden, der dahin gehen wird, dass wir ein viel tieferes
Interesse an jedem Menschen haben werden, als wir geneigt sind, heute zu haben. Diese
Erhöhung des Interesses an unserem Mitmenschen soll sich nicht bloß etwa so subjektiv
entwickeln, wie dies die Menschen so bequem in sich entwickeln, sondern mit einem Ruck,
indem tatsächlich dem Menschen eingeflößt wird von spiritueller Seite ein gewisses
Geheimnis, was der andere Mensch ist. Ich meine damit etwas ganz, ganz Konkretes, nicht
irgendwelche theoretische Erwägung, sondern: Die Menschen erfahren etwas, was sie an
jedem Menschen interessieren kann.
Das ist das eine, und das wird das soziale Leben ganz besonders erringen. Und das zweite
wird sein, dass von der geistigen Welt aus der Engel unwiderleglich dem Menschen zeigen
wird, dass der Christus-Impuls außer allem übrigen auch völlige Religionsfreiheit für die
Menschen bedingt, dass nur das das rechte Christentum ist, welches absolute
Religionsfreiheit möglich macht. Und das dritte ist eben die unwiderlegliche Einsicht in die
geistige Natur der Welt.
Dieses Ereignis, wie gesagt, es soll so eintreten, dass die Bewusstseinsseele des Menschen
ein gewisses Verhältnis dazu erhält. Das steht einmal der Menschheit in ihrer Entwickelung
bevor. Denn darauf arbeitet der Engel durch seine Bilder im menschlichen astralischen Leibe
hin. Nun mache ich Sie aber darauf aufmerksam, dass dieses Ereignis, das da bevorsteht,
schon in den menschlichen Willen gestellt ist. Die Menschen können ja manches unterlassen.
Und viele unterlassen heute noch vieles, was hinführen soll zum wachenden Erleben des
angedeuteten Zeitpunktes.
Nun gibt es aber, wie Sie wissen, andere Wesen in der Weltentwickelung, die ein Interesse
daran haben, den Menschen aus seiner Bahn hinauszubringen: das sind die ahrimanischen
und die luziferischen Wesenheiten. Das, was ich eben gesagt habe, liegt in der göttlichen
Entwickelung des Menschen. Es müsste eigentlich der Mensch, wenn er sich so recht seiner
eigenen Natur überließe, zu der Anschauung desjenigen kommen, was der Engel in seinem
astralischen Leibe entfaltet. Aber die luziferische Entwickelung, sie geht dahin, den
Menschen abzudrängen von der Einsicht in die Arbeit der Angelos-Hierarchie. Und diese
luziferischen Wesen, sie machen es in folgender Weise, um den Menschen abzudrängen: sie
machen es so, dass sie den freien Willen des Menschen hemmen. Sie versuchen, dem
Menschen Dunkelheit zu geben über die Praxis seines freien Willens, indem sie ihn zwar zu
einem guten Wesen machen - Luzifer will von diesem Gesichtspunkte aus, den ich jetzt
berühre, beim Menschen eigentlich das Gute, das Geistige -, aber er will ihn automatisch
machen, ohne freien Willen; es soll der Mensch ins Hellsehen nach guten Prinzipien
hineinversetzt werden, aber gewissermaßen automatisch; die luziferischen Wesenheiten
wollen dem Menschen seinen freien Willen, die Möglichkeit zum Bösen, nehmen. Sie wollen
ihn so machen, dass er zwar aus dem Geiste heraus, aber wie ein geistiges Abbild handelt,
nämlich ohne freien Willen. Automatisch wollen sie ihn machen, die luziferischen Wesen.
Das hängt mit ganz gewissen Geheimnissen der Entwickelung zusammen. Die luziferischen
Wesen, Sie wissen es, sind auf anderen Entwickelungsstufen stehengebliebene Wesenheiten,
die Fremdartiges in die normale Entwickelung hereinbringen. Diese luziferischen Wesen
haben ein hohes Interesse daran, den Menschen so zu ergreifen, dass er nicht zum freien
Willen kommt, weil sie selbst den freien Willen sich nicht errungen haben. Der freie Wille
kann nur auf der Erde errungen werden. Aber sie wollen mit der Erde nichts zu tun haben,
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sie wollen nur Saturn-, Sonnen-, Mondenentwickelung, und da stehenbleiben, nichts mit der
Erdenentwickelung zu tun haben. Sie hassen gewissermaßen den freien Willen des
Menschen. Sie handeln hoch-geistig, aber sie handeln automatisch - das ist außerordentlich
bedeutsam -, und sie wollen zu ihrer Höhe, zu ihrer geistigen Höhe den Menschen erheben.
Sie wollen ihn automatisch machen; geistig, aber automatisch. Dadurch würde auf der einen
Seite die Gefahr erzeugt, dass der Mensch, wenn er zu früh, bevor seine volle
Bewusstseinsseele funktioniert, zum geistig automatisch handelnden Wesen wird, jene
Offenbarung verschläft, die kommen soll und die ich eben charakterisiert habe.
Aber auch die ahrimanischen Wesen arbeiten dieser Offenbarung entgegen. Sie streben
nicht danach, den Menschen besonders geistig zu machen, aber sie streben danach, in dem
Menschen das Bewusstsein seiner Geistigkeit zu ertöten. Sie streben danach, dem Menschen
die Anschauung beizubringen, dass er eigentlich nur ein vollkommen ausgebildetes Tier ist.
Ahriman ist in Wahrheit der große Lehrer des materialistischen Darwinismus. Ahriman ist
auch der große Lehrer all derjenigen technischen und praktischen Betätigung innerhalb der
Erdenentwickelung, die nichts gelten lassen will als das äußere sinnenfällige menschliche
Leben, die nur eine ausgebreitete Technik haben will, damit in raffinierterer Weise der
Mensch dieselben Ess- und Trinkbedürfnisse und sonstigen Bedürfnisse befriedigt, die auch
das Tier befriedigt. In dem Menschen ertöten, verdunkeln das Bewusstsein, dass er ein
Abbild der Gottheit ist, das streben für die Bewusstseinsseele durch allerlei raffinierte
wissenschaftliche Mittel die ahrimanischen Geister in unserer Zeit an.
In früheren Zeitaltern würde es den ahrimanischen Geistern nichts genützt haben, durch
Theorien den Menschen die Wahrheit in dieser Weise zu verdunkeln. Warum? Noch
während des griechisch-lateinischen Zeitalters, aber noch mehr in dem älteren Zeitalter, in
dem der Mensch noch das atavistische Hellsehen, die Bilder hatte, da war es ganz
gleichgültig, wie der Mensch dachte. Da hatte er seine Bilder. Durch seine Bilder sah er in die
geistige Welt hinein. Was ihm Ahriman beigebracht hätte über seine Beziehung zu den
Tieren, das würde gar keine Bedeutung gehabt haben für seine Lebenshaltung. Das Denken
ist erst mächtig geworden - in seiner Ohnmacht mächtig geworden, könnte man sagen - in
unserem fünften nachatlantischen Zeitalter, seit dem 15. Jahrhundert. Erst seit jener Zeit ist
das Denken geeignet, die Bewusstseinsseele hineinzubringen in das geistige Gebiet, damit
aber auch, sie zu verhindern, hineinzukommen in die geistige Welt. Erst jetzt erleben wir die
Zeit, wo eine Theorie durch Wissenschaft auf bewusste Weise dem Menschen seine
Göttlichkeit und die Erfahrungen über das Göttliche raubt. Das ist eben nur im Zeitalter der
Bewusstseinsseele möglich. Daher streben die ahrimanischen Geister an, solche Lehren über
den Menschen zu verbreiten, die den göttlichen Ursprung des Menschen verdunkeln.
Aus der Anführung dieser der normal-göttlichen Entwickelung des Menschen
entgegenstrebenden Strömungen kann man entnehmen, wie man sich einrichten muss im
Leben, damit man eben das, wovon gesprochen worden ist, was da kommen soll als eine
Offenbarung in die Menschenentwickelung, nicht verschlafe. Sonst entsteht eine große
Gefahr. Und der Mensch muss aufmerksam sein auf diese Gefahr, sonst wird statt des
bedeutungsvollen Ereignisses, das mächtig eingreifen soll in die zukünftige Gestaltung der
Erdenentwickelung, dasjenige eintreten, was recht gefährlich werden kann dieser
Erdenentwickelung.
Sehen Sie, gewisse geistige Wesenheiten erlangen ja ihre Entwickelung durch den Menschen,
indem sich der Mensch mitentwickelt. Die Engel, die in dem menschlichen astralischen Leibe
ihre Bilder entwickeln, entwickeln diese Bilder natürlich nicht als Spiel, sondern damit etwas
erreicht wird. Da aber das, was erreicht werden soll, gerade innerhalb der Erdenmenschheit
erreicht werden soll, so würde ja die ganze Geschichte zum Spiel, wenn die Menschen,
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nachdem sie die Bewusstseinsseele erlangt haben, bewusst die ganze Sache außer Acht
ließen. Es würde das Ganze zum Spiel! Die Engel würden nur ein Spiel treiben in der
Entwickelung des astralischen Leibes des Menschen. Nur dadurch, dass das sich in der
Menschheit verwirklicht, dadurch ist es kein Spiel, sondern Ernst. Daraus aber werden Sie
entnehmen können, dass die Arbeit der Engel unter allen Umständen ernst bleiben muss.
Bedenken Sie, was das wäre hinter den Kulissen des Daseins, wenn die Menschen einfach
durch ihre Schlafmützigkeit die Arbeit der Engel zum Spiel machen könnten!
Und wenn das nun doch geschähe, wenn doch die Erdenmenschheit dabei beharren würde,
das wichtige geistige Offenbarungsereignis der Zukunft zu verschlafen? Wenn die Menschen
zum Beispiel den mittleren Teil - die auf die Religionsfreiheit bezügliche Sache - verschlafen
würden, wenn sie die Wiederholung des Mysteriums von Golgatha auf dem Ätherplane, von
der ich oft gesprochen habe, die Wiedererscheinung des ätherischen Christus, wenn sie das
verschlafen würden, oder die anderen Dinge verschlafen würden, dann müsste dasjenige,
was mit den Bildern im astralischen Leibe des Menschen erreicht werden soll, auf einem
anderen Wege von den Engeln angestrebt werden. Und das, was die Menschen in ihrem
Astralleibe nicht erreichen lassen, indem sie wach werden, das würde in diesem Falle
angestrebt dadurch, dass die Engel ihre Absichten verwirklichen durch die schlafenden
Menschenleiber. Also dasjenige, was die Menschen verschlafen würden im Wachzustande
und die Engel dadurch nicht erreichen können, das würde erreicht werden mit Hilfe der in
dem Bette liegenbleibenden menschlichen physischen Leiber und Ätherleiber während des
Schlafens. Dort würden die Kräfte gesucht werden, um das zu erreichen. Was mit den
wachen Menschen, wenn die wachen Seelen in dem Ätherleib und in dem physischen Leib
drinnen sind, sich nicht erreichen lässt, das wird mit den schlafenden Ätherleibern und
physischen Leibern erreicht, wenn die Menschen, die wachen sollten, dann schlafend
heraußen sind mit ihrem Ich und ihrem astralischen Leibe.
Das ist die große Gefahr für das Bewusstseinszeitalter. Das ist dasjenige Ereignis, welches
sich noch vollziehen könnte, wenn die Menschen sich nicht zu dem geistigen Leben
hinwenden wollten, vor dem Beginne des 3. Jahrtausends. Wir stehen nur noch eine kurze
Zeit entfernt vor dem Beginne des 3. Jahrtausends. Es beginnt ja das 3. Jahrtausend
bekanntlich mit dem Jahre 2000. Es könnte sich noch vollziehen, dass, statt mit dem
wachenden Menschen, mit den schlafenden Leibern der Menschen das erreicht werden
müsste, was erreicht werden soll für die Engel durch ihre Arbeit; dass die Engel ihre ganze
Arbeit aus dem astralischen Leib des Menschen herausholen müssten, um sie
unterzutauchen in den Ätherleib, damit sie sich verwirklichen könne. Aber der Mensch
würde nicht drinnen sein! So müsste es sich im Ätherleib verwirklichen, wenn der Mensch
nicht dabei ist, denn wenn der Mensch dabei wäre im wachen Zustande, so würde er das
hindern.
Jetzt habe ich Ihnen die allgemeine Idee von der Sache entwickelt. Aber was würde denn
damit eintreten, dass die Engel eine solche Arbeit, ohne dass der Mensch dabei ist, in den
Ätherleibern und in den physischen Leibern der Menschen, während sie schlafen, verrichten
müssten? Dadurch würde unweigerlich ein Dreifaches in der Menschenentwickelung
eintreten. Ersten würde in den schlafenden Menschenleibern, während der Mensch eben
schläft, ohne dass er mit seinem Ich und seinem astralischen Leib dabei ist, etwas erzeugt,
was er dann findet nicht durch Freiheit, sondern was er vorfindet, wenn er morgens
aufwacht. Immer findet er es dann vor. Es wird Instinkt statt Freiheitsbewusstsein, aber es
wird dadurch schädlich. Und zwar drohen schädlich zu werden gewisse instinktive
Erkenntnisse, die in die Menschennatur kommen sollen und die zusammenhängen mit dem
Mysterium der Geburt und der Empfängnis, der Konzeption, mit dem ganzen sexuellen
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Leben, wenn die Gefahr eintreten sollte, von der ich gesprochen habe, durch gewisse Engel,
die dann selber eine gewisse Veränderung durchmachen würden, von der ich nicht sprechen
kann, weil diese Veränderung zu jenen höheren Geheimnissen der Initiationswissenschaft
gehört, von denen heute noch nicht gesprochen werden darf. Wohl aber kann man sagen:
Was innerhalb der Menschheitsentwickelung geschieht, das würde darin bestehen, dass,
statt in hellem, wachem Bewusstsein in nützlicher Weise, dann in schädlicher Weise, in
zerstörerischer Weise gewisse Instinkte aus dem Sexualleben und Sexualwesen auftreten
würden, Instinkte, die nicht bloß Verirrungen bedeuten würden, sondern die übergehen
würden ins soziale Leben, die Gestaltungen hervorbringen würden im sozialen Leben; vor
allen Dingen die Menschen veranlassen würden durch das, was dann in ihr Blut kommen
würde infolge des Sexuallebens, jedenfalls nicht irgendwelche Brüderlichkeit auf der Erde zu
entfalten, sondern sich immer aufzulehnen gegen die Brüderlichkeit. Das aber würde Instinkt
sein.
Also es kommt der entscheidende Punkt, wo gewissermaßen nach rechts gegangen werden
kann: dann aber muss gewacht werden; oder nach links gegangen wird: dann kann
geschlafen werden; aber Instinkte treten dann auf, Instinkte, die grauenvoll sein werden.
Was werden die Naturgelehrten dann sagen, wenn solche Instinkte auftauchen? Die
Naturgelehrten werden sagen: Das ist eine Naturnotwendigkeit. Das musste so kommen, das
liegt eben in der Menschheitsentwickelung.
Man kann durch Naturwissenschaft auf solche Dinge nicht aufmerksam machen, denn
naturwissenschaftlich würde erklärbar sein, wenn die Menschen Engel werden, und würde
es auch sein, wenn die Menschen Teufel werden. Über beides hat die Naturwissenschaft
dasselbe zu sagen: Es ist das Folgende aus dem Früheren hervorgegangen - die große
Weisheit der Kausal-Naturerklärungen! Die Naturwissenschaft wird nichts bemerken von
dem Ereignis, von dem ich Ihnen gesagt habe, denn sie wird selbstverständlich, wenn die
Menschen zu halben Teufeln werden durch ihre sexuellen Instinkte, das als eine
Naturnotwendigkeit ansehen. Also naturwissenschaftlich kann die Sache gar nicht erklärt
werden, denn, wie es auch kommt: alles ist nach der Naturwissenschaft erklärlich. Solche
Dinge sind eben nur im geistigen Erkennen, im übersinnlichen Erkennen durchschaubar.
Das ist das eine. Das zweite ist, dass aus dieser Arbeit, aus dieser für die Engel
Veränderungen hervorrufenden Arbeit noch ein zweites für die Menschheit erfolgen wird:
die instinktive Erkenntnis gewisser Heilmittel, aber eine schädliche Erkenntnis gewisser
Heilmittel. Alles dasjenige, was mit Medizin zusammenhängt, wird eine ungeheure, im
materialistischen Sinne ungeheure Förderung erfahren. Man wird instinktiv Einsichten
bekommen in die Heilkraft gewisser Substanzen und gewisser Verrichtungen, und man wird
ungeheuren Schaden anrichten dadurch, aber man wird den Schaden nützlich nennen. Man
wird das Kranke gesund nennen, denn man wird sehen, dass man da in eine gewisse
Verrichtung hineinkommt, die einem dann gefallen wird. Es wird einem einfach gefallen, was
die Menschen nach einer gewissen Richtung hin ins Ungesunde hineinführt. Also gerade die
Erkenntnis der Heilkraft gewisser Vorgänge, gewisser Verrichtungen, die wird erhöht werden,
aber sie wird in ganz schädliches Fahrwasser gelangen. Denn vor allen Dingen wird man
erfahren durch gewisse Instinkte, was gewisse Substanzen und was gewisse Verrichtungen
für Krankheiten hervorrufen, und man wird ganz nach egoistischen Motiven einrichten
können, Krankheiten hervorzubringen, oder sie nicht hervorzubringen.
Das dritte, was sich ergeben wird, das wird sein, dass man ganz bestimmte Kräfte
kennenlernen wird, durch die man, ich möchte sagen, nur durch ganz leichte Veranlassungen,
durch Harmonisierung von gewissen Schwingungen, in der Welt große Maschinenkräfte wird
entfesseln können. Eine gewisse geistige Lenkung des maschinellen, des mechanischen
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Wesens wird man gerade auf diese Weise instinktiv erkennen lernen, und die ganze Technik
wird in ein wüstes Fahrwasser kommen. Aber dem Egoismus der Menschen wird dieses
wüste Fahrwasser außerordentlich gut dienen und gefallen.
Das ist ein Stück konkreter Erfassung der Entwickelung des Daseins, ein Stück
Lebensauffassung, das im Grunde genommen nur derjenige recht würdigen kann, der
durchschaut, wie eine ungeistige Lebensauffassung gar nicht zur Klarheit über die Sache
kommen kann. Eine ungeistige Lebensauffassung würde, wenn einmal kommen würde eine
menschheitsschädigende Medizin, eine furchtbare Verirrung der sexuellen Instinkte, ein
furchtbares Getriebe im reinen Weltmechanismus in der Verwertung der Naturkräfte durch
Geisteskräfte, eine ungeistige Weltanschauung würde ja das alles nicht durchschauen,
würde nicht sehen, wie sie abirrt vom wahren Pfade, geradesowenig wie der Schlafende,
solange er schläft, sehen kann, wenn ihm der Räuber nahekommt, der ihn bestehlen will,
sondern das geht an ihm vorüber. Er sieht höchstens später, wenn er aufwacht, was
angerichtet worden ist. Aber das würde ein sehr schlimmes Aufwachen sein für den
Menschen: Er würde sich ergötzen an einer instinktiven Erweiterung in der Kenntnis der
Heilkräfte gewisser Vorgänge und gewisser Substanzen, würde ein solches Wohlgefühl
empfinden in dem Verfolgen gewisser Verirrungen sexueller Instinkte, er würde preisen
diese Verirrung als eine besonders hohe Ausgestaltung der Übermenschlichkeit, der
Vorurteilslosigkeit, der Unbefangenheit. Hässlich würde schön und schön hässlich in
gewisser Beziehung, und man würde nichts davon merken, weil man alles als eine
Naturnotwendigkeit ansehen würde. Aber es würde eine Abirrung sein von demjenigen
Wege, der in der Menschheit selbst der Eigenwesenheit des Menschen vorgeschrieben ist.
Ich glaube, man kann, wenn man sich ein Gefühl dafür erworben hat, wie
Geisteswissenschaft in die Gesinnung hereindringt, auch den Ernst aufbringen für solche
Wahrheiten wie die heute angeführten, und man kann daraus das schöpfen, was eigentlich
aus aller Geisteswissenschaft geschöpft werden soll: in dieser Geisteswissenschaft
anzuerkennen eine gewisse Verpflichtung, eine gewisse Lebensverpflichtung. Wo wir auch
stehen, was wir auch zu tun haben in der Welt, darauf kommt es an, dass wir den Gedanken
hegen können: unser Tun muss durchtränkt und durchleuchtet sein von unserem
anthroposophischen Bewusstsein. Dann tragen wir etwas dazu bei, dass die Menschheit in
richtigem Sinne in ihrer Entwickelung vorwärtskommt.
Der Mensch geht ganz irre, wenn er glaubt, wahre Geisteswissenschaft, ernst und würdig
erfasst, könne ihn jemals von der praktischen, intensiven Arbeit im Leben abbringen. Wahre
Geisteswissenschaft macht eben erwachen, erwachen über solche Dinge, die ich heute
angeführt habe. Meine lieben Freunde, man kann fragen: Ist denn eigentlich das wache
Leben dem Schlafe schädlich? - Wenn wir den Vergleich wählen wollen, dass das
Hineinschauen in die geistige Welt gegenüber dem gewöhnlichen Wachen ein weiteres
Aufwachen ist, wie das gewöhnliche Aufwachen ein Aufwachen aus dem Schlafe ist, dann
können wir auch, um den Vergleich zu verstehen, die Frage aufwerfen: Kann denn jemals das
Wachleben dem Schlafe schädlich sein ? - Ja, wenn es nicht ordentlich ist! Wenn einer das
Wachleben ordentlich zubringt, dann wird er auch einen gesunden Schlaf haben, und wenn
einer das wache Leben dösend oder faul oder bequem, ohne Arbeit zubringt, dann wird auch
sein Schlaf ungesund sein. Und so ist es auch mit Bezug auf das Leben, das wir durch die
Geisteswissenschaft als waches Leben uns aneignen. Begründen wir durch
Geisteswissenschaft in uns ein ordentliches Verhältnis zur geistigen Welt, so wird ebenso,
wie durch ein gesundes Wachleben der Schlaf geregelt wird, durch dieses rechte Verhältnis
zur geistigen Welt auch unser Interesse an dem gewöhnlichen sinnenfälligen Leben in
richtige Bahnen gelenkt.
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Wer das Leben gerade in unserer Zeit betrachtet, der muss selber schlafen, wenn er nicht
auf verschiedenes aufmerksam wird. Wie haben sich die Menschen gebrüstet, besonders in
den letzten Jahrzehnten, mit ihrer «Lebenspraxis»! Man hat es endlich dahin gebracht in den
letzten Jahrzehnten, dass diejenigen, die das Ideelle, das Geistige, das Spirituelle am meisten
verachten, überall gerade in die führenden Stellen hineingekommen sind. Und man konnte
so lange deklamieren von der Praxis dieses Lebens, solange man nicht die Menschheit in den
Abgrund hineingezerrt hatte. Jetzt eben fangen einige - aber die meisten, die es tun, ganz
instinktiv - an zu krächzen: Es muss eine neue Zeit kommen, es müssen allerlei neue Ideale
auftreten! - Aber es ist ein Krächzen. Und würden die Dinge instinktiv auftreten, ohne
bewusstes Sich-Hineinleben in die Geisteswissenschaft, dann würden sie eher zum Verfall
dessen, was im Wachzustande erlebt werden soll, hinführen, denn zu irgendeinem
gedeihlichen Entwickelungsübergang. Wer den Menschen heute vordeklamiert mit
denselben Worten, die sie seit langer Zeit gewöhnt sind, der findet manchmal noch einigen
Beifall. Aber die Menschen werden sich dazu bequemen müssen, andere Worte, andere
Wendungen zu hören, damit aus dem Chaos wiederum ein sozialer Kosmos komme.
Wenn nämlich in irgendeinem Zeitalter die Menschen, die wachen sollten, versäumen zu
wachen und nicht herausfinden, was wirklich geschehen sollte, dann geschieht überhaupt
nichts Wirkliches, sondern das Gespenst der vorhergehenden Epoche geht dann herum, so
wie in vielen religiösen Gemeinschaften heute einfach die Gespenster der Vergangenheit
herumgehen, und so wie zum Beispiel in unserem juristischen Leben vielfach das Gespenst
vom alten Rom noch herumgeht. Geisteswissenschaft soll gerade in dieser Beziehung im
Zeitalter der Bewusstseinsseele den Menschen frei machen, wirklich hineinführen in die
Beobachtung einer geistigen Tatsache: Was tut der Engel in unserem astralischen Leib? -
Abstrakt zu reden über Angeloi und so weiter, das kann höchstens der Anfang sein; der
Fortschritt muss dadurch erzielt werden, dass wir konkret reden, das heißt, mit Bezug auf
unser bestimmtes Zeitalter uns die nächste Frage beantworten, die uns angeht. Sie geht uns
an, weil einfach in unserem astralischen Leib der Engel Bilder webt, diese Bilder unsere
Gestaltung in der Zukunft bringen sollen und diese Gestaltung durch die Bewusstseinsseele
herbeigeführt werden soll. Hätten wir nicht die Bewusstseinsseele, dann brauchten wir uns
nicht zu kümmern, dann würden schon andere Geister, andere Hierarchien eintreten, um
das zu bewirken, was der Engel webt. Aber da wir die Bewusstseinsseele entwickeln sollen,
so treten keine anderen Geister ein, um das zu verwirklichen, was der Engel webt.
Natürlich haben auch Engel gewoben im ägyptischen Zeitalter. Aber bald traten andere
Geister ein, und dem Menschen verdunkelte sich gerade dadurch sein
atavistisch-hellseherisches Bewusstsein. Also die Menschen woben, weil sie das sahen in
ihrem atavistischen Hellsehen, einen Schleier, einen dunklen Schleier über die Taten der
Engel. Aber jetzt soll der Mensch sie enthüllen. Deshalb soll er nicht verschlafen, was in sein
bewusstes Leben hereingetragen wird in dem Zeitalter, das noch schließen wird vor dem 3.
Jahrtausend. Nehmen wir aus der anthroposophisch orientierten Geisteswissenschaft nicht
nur allerlei Lehren, nehmen wir auch Vorsätze! Und die werden uns Stärke geben, wachende
Menschen zu sein. (Siehe Hinweis)
Wir können uns angewöhnen, wachende Menschen zu sein. Wir können mancherlei
beachten. Wir können gleich einmal anfangen mit der Wachsamkeit, können finden, dass
eigentlich im Grunde genommen kein Tag vergeht, in dem nicht in unserem Leben ein
Wunder geschieht. Wir können diesen Satz, den ich jetzt sprach, umkehren, wir können
sagen: Wenn wir an irgendeinem Tag kein Wunder finden in unserem Leben, so haben wir es
nur aus dem Auge verloren. - Versuchen Sie einmal, Ihr Leben am Abend zu überblicken; Sie
werden ein kleines oder ein großes oder ein mittleres Ereignis darinnen finden, von dem Sie
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sich werden sagen können: Es ist ja ganz merkwürdig in mein Leben hereingetreten, es hat
sich ganz merkwürdig vollzogen. - Sie können dies erreichen, wenn Sie nur umfassend genug
denken, wenn Sie nur Zusammenhänge des Lebens umfassend genug ins seelische Auge
fassen. Aber das tut man im gewöhnlichen Leben gar nicht, weil man sich gewöhnlich nicht
frägt: Was ist zum Beispiel durch irgendetwas verhindert worden?
Wir kümmern uns meistens nicht um die Dinge, die verhindert worden sind, die, wenn sie
eingetreten wären, unser Leben gründlich verändert hätten. Hinter diesen Dingen, die aus
unserem Leben fortgeschafft werden auf irgendeine Weise, sitzt ungeheuer viel von dem,
was uns zu wachsamen Menschen erzieht. Was hätte mir heute alles passieren können? -
Wenn ich diese Frage mir an jedem Abend stelle und dann einzelne Ereignisse betrachte, die
dies oder jenes hätten herbeiführen können, so knüpfen sich an solche Fragen
Lebensbetrachtungen, die Wachsamkeit in die Selbstzucht hereinbringen. Das ist etwas, was
einen Anfang machen kann und was schon von selbst immer weiter und weiter führt, endlich
dazu führt, dass wir nicht nur auskundschaften, was es in unserem Leben bedeutet, dass wir
zum Beispiel um halb elf Uhr vormittags einmal ausgehen wollten und dass gerade im letzten
Augenblicke noch irgendein Mensch kam, der uns aufhielt; wir sind ärgerlich, dass er uns
aufhielt, aber wir fragen nicht nach, was hätte geschehen können, wenn wir wirklich zur
rechten Zeit ausgegangen wären, wie wir es geplant haben. Wir fragen nicht: Was hat sich da
verändert?
Ich habe über solche Dinge auch hier einmal schon ausführlicher gesprochen. Von der
Beobachtung des Negativen in unserem Leben, das aber von der weisheitsvollen Führung
unseres Lebens Zeugnis ablegen kann, bis zu der Beobachtung des webenden und wirkenden
Engels in unserem astralischen Leibe ist ein gerader Weg, ein recht gerader Weg und ein
sicherer Weg, den wir einschlagen können. Davon wollen wir dann heute in acht Tagen,
wenn wir den zweiten Zweigvortrag haben, weitersprechen.
Denken Sie, wir stehen jetzt seit dem Jahre 1413 etwa im fünften nachatlantischen Zeitraum.
Der wird lang sein, ungefähr 2160 Jahre. Er ist also abgelaufen im Jahre 3573. Also wir
stehen ja erst im Anfange. Im Laufe dieses fünften nachatlantischen Zeitraums wird viel, viel
geschehen. Und im Sinne dessen, was da geschieht, muss das auch vor sich gehen, was
durch die Entwickelung der Geisteswissenschaft geschieht. Das kann aber nur nach und nach
alles sich offenbaren. Gewiss, die großen Linien können wir heute ziehen. Über viele
Einzelheiten wissen wir auch zu berichten. Aber vieles, vieles wird erst kommen, wenn an
dem Widerstande es sich stärken, kräftigen muss. Und dieser Widerstand wird immer größer
und größer werden.
Wir leben ja heute - Sie können das aus Dingen, die ich in diesen Vorträgen erzählt habe,
ersehen, und werden es aus manchen anderen Dingen noch ersehen, die ich Ihnen ja auch
anführen kann -, wir leben heute noch in verhältnismäßig idealistischen, in spirituellen
Zeiten gegenüber dem, was da kommen wird. Wir leben am Ende des zweiten
nachchristlichen Jahrtausends. Es wird nicht lange dauern nach dem Jahre 2000, da wird die
Menschheit Sonderbares zu erleben haben, Dinge, die sich heute nur langsam vorbereiten.
Die Dinge gehen ja so, dass gewissermaßen die zwei Pole, die der künftigen Entwickelung
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entgegeneilen, von Osten und von Westen her sich vorbereiten. Immer mehr und mehr wird
sich in den mehr östlichen Gegenden ausbilden - aber aus dem Volkstume heraus,
selbstverständlich nicht aus jenen Kreisen heraus, die heute das mißleitete osteuropäische
Volk führen -, wovon man sagen muss: Es wird eine ganz andere Art von Denken geben über
die Menschen. Man wird dazu kommen in verhältnismäßig gar nicht zu ferner Zeit. Man wird
dazu kommen, den aufwachsenden Menschen ganz anders anzusehen, als man ihn heute
geneigt ist anzusehen. Man wird versuchen, wenn ein Kind geboren wird, zu sagen: Was
könnte in diesem Kinde zutage treten? Man hat es mit einem verborgenen Geistwesen zu
tun, das in diesem Kinde sich nach und nach entwickelt. Man wird das Kind enträtseln wollen.
Man wird zunächst eine Art von Kultus verbinden mit dem Aufwachsen eines Kindes. Das
bereitet sich im Osten vor. Es wird selbstverständlich übergreifen nach Europa herein. Die
Folge davon wird sein, daß eine ungeheure Hochachtung sich entwickeln wird vor dem, was
man Genialität nennt, ein Suchen nach der Genialität. Dass dann alle die pädagogischen
Zöpfe ausgestorben sein müssen, wenn ein Zeitalter nach dieser Richtung anrückt, jene
pädagogischen Zöpfe, die heute die tonangebenden sind, das ist ja selbstverständlich, nicht
wahr? Dieses Zeitalter kommt von jener Seite her. Aber es wird der geringere Teil der
Menschheit sein.
Der größere Teil der Menschheit wird seinen Einfluss von Amerika, von dem Westen herüber
haben, und der geht einer anderen Entwickelung entgegen. Der geht jener Entwickelung
entgegen, die heute sich erst in den idealistischen Spuren, gegenüber dem, was da kommt,
in sympathischen Anfängen zeigt. Man kann sagen: Die Gegenwart hat es noch recht gut
gegenüber dem, was da kommen wird, wenn die westliche Entwickelung immer mehr und
mehr ihre Blüten treibt. Es wird gar nicht lange dauern, wenn man das Jahr 2000
geschrieben haben wird, da wird nicht ein direktes, aber eine Art von Verbot für alles
Denken von Amerika ausgehen, ein Gesetz, welches den Zweck haben wird, alles individuelle
Denken zu unterdrücken. Auf der einen Seite ist ein Anfang dazu gegeben in dem, was heute
die rein materialistische Medizin macht, wo ja auch nicht mehr die Seele wirken darf, wo nur
auf Grundlage des äußeren Experiments der Mensch wie eine Maschine behandelt wird.
Aber, meine lieben Freunde, man darf mich ja nicht missverstehen, denn auf diesem Gebiet
wird ungeheuer viel gesündigt gerade heute noch von sogenannter spiritueller Seite her.
Man kann es zum Beispiel erleben, dass Leute zu einem kommen, die sagen: Ja, ich habe nun
alles mögliche durchgemacht in der Medizin, ich bin nicht geheilt worden. Da bin ich zu
einem gegangen, der hat mich ganz spirituell behandelt. - Nun, was hat denn der mit Ihnen
gemacht? - Er hat mir gesagt, in meinem Leib sind böse Geister, und ich müsse diese bösen
Geister zunächst herausbeten. - Ich musste sagen, weil es ja eigentlich der Grund war,
warum der Betreffende zu mir gekommen ist: Und hat Ihnen das geholfen? - Nein, es ist viel
schlechter geworden, viel, viel schlechter. - Nun, sagte ich, ich bitte Sie, nun denken Sie sich
einmal, in welche Lage Sie da gebracht worden sind. Glauben Sie nicht, dass Ihnen der Mann
etwas Unrichtiges gesagt hat. Es ist ganz richtig, dass in Ihnen irgend welche geistige Wesen
waren, die das verursacht haben, was in Ihnen ist. Aber gerade weil Ihnen der Mann etwas
Richtiges gesagt hat, etwas, was Sie gerade als etwas Richtiges anerkennen mussten, gerade
deshalb musste Ihnen der Mann so schaden. Denn denken Sie sich einmal: Ein nichtsnutziger
Schusterbub richtet eine Maschine zu Grunde. Dieser Schusterbub ist die wirkliche Ursache,
dass die Maschine nicht geht. Das ist die reale Ursache. Na, wie werde ich die Maschine
wiederum zum Gehen bringen? Nach der Methode Ihres spirituellen Arztes müsste ich nun
den Schusterbuben nehmen, ordentlich durchhauen und dann meinen, wenn der jetzt
62
davonläuft, so wird die Sache in Ordnung sein. Selbstverständlich: denn er hat Ihnen ja
gesagt, sobald die bösen Geister weg sind, ist Ihre Maschine in Ordnung. Aber gerade so
wenig, wie die Maschine dadurch in Ordnung ist, dass der Bub davonläuft, sondern wie die
jetzt kuriert werden muss mit ganz anderen Mitteln, die mit dem Maschinellen
zusammenhängen, so ist es auch bei Ihnen. Ob Sie die Geister wegbringen oder nicht, das ist
schließlich für Ihr Gesundwerden von so geringer Bedeutung, als wenn ich nun den
Schusterbuben durchhaue, so dass er nun davonläuft, oder als ob ich ihn sogar zuschauen
lasse. Ich könnte ihn sogar zuschauen lassen - ich würde doch die Maschine wieder in
Ordnung bringen.
Also es wird schon von der andern Seite sehr viel gesündigt, denn sehr gut denken kann man
heute nicht. Man sagt immer nur aut - aut: entweder - oder, aber darum handelt es sich
nicht, sondern darum, dass man die Dinge wirklich einsieht. Man muss eben wissen, dass in
allem Materiellen Geistiges ist und dass durch die Erkenntnis des Geistes auch nur allein das
Materielle geheilt werden kann. Aber das soll ausgeschaltet werden, das Geistige, von der
ganzen Welt. Das ist einer der Anfänge.
Einer der anderen Anfänge: Wir haben ja heute schon Maschinen zum Addieren,
Subtrahieren: nicht wahr, das ist sehr bequem, da braucht man nicht mehr zu rechnen. Und
so wird man es auch machen mit allem. Das wird nicht lange dauern, ein paar Jahrhunderte -
dann ist alles fertig; dann braucht man nicht mehr zu denken, nicht mehr zu überlegen,
sondern man schiebt. Zum Beispiel da steht: «330 Ballen Baumwolle Liverpool », so überlegt
man heute sich da noch etwas, nicht wahr? Aber dann schiebt man bloß, und die Geschichte
ist ausgemacht. Und damit nicht gestört wird das feste Gefüge des sozialen Zusammenhangs
der Zukunft, werden Gesetze erlassen werden, auf denen nicht direkt stehen wird: Das
Denken ist verboten, aber die die Wirkung haben werden, dass alles individuelle Denken
ausgeschaltet wird. Das ist der andere Pol, dem wir entgegen arbeiten. Dagegen ist das
Leben heute immerhin nicht gar so unangenehm. Denn wenn man nicht über eine gewisse
Grenze hinausgeht, so darf man ja heute noch denken, nicht wahr? Allerdings eine gewisse
Grenze überschreiten darf man ja nicht, aber immerhin, innerhalb gewisser Grenzen darf
man noch denken. Aber das, was ich geschildert habe, das steckt in der Entwickelung des
Westens, und das wird kommen durch die Entwickelung des Westens.
Also in diese ganze Entwickelung muss sich auch die geisteswissenschaftliche Entwickelung
hineinstellen. Das muss sie klar und objektiv durchschauen. Sie muss sich klar sein, dass das,
was heute wie ein Paradoxon erscheint, geschehen wird: ungefähr im Jahre 2200 und
einigen Jahren wird eine Unterdrückung des Denkens in größtem Maßstabe auf der Welt
losgehen, in weitestem Umfange. Und in diese Perspektive hinein muss gearbeitet werden
durch Geisteswissenschaft. Es muss soviel gefunden werden - und es wird gefunden werden
-, dass ein entsprechendes Gegengewicht gegen diese Tendenzen da sein kann in der
Weltenentwickelung.
63
Aufsätze verschiedener Autoren
Mit dem Beginn unseres Jahrhunderts — genauer gesagt: seit dem Jahre 1909, wie Rudolf
Steiner angibt — ist das Wiedererscheinen des Christus im Ätherischen wahrnehmbar.
Dieses neue Christus-Ereignis ist zugleich die Geistwirklichkeit, aus der heraus alles das
impulsiert worden ist, was seitdem durch Rudolf Steiner begründet wurde. Nicht nur die
Michaeltat von 1879, sondern auch die sich dreißig Jahre später offenbarende neue Nähe
Christi bilden in der Menschheit den geistigen Hintergrund, den eigentlichen Kraftquell für
die mit der Anthroposophie verbundenen Kulturimpulse. Auch die religiöse Erneuerung und
vor allem der erneuerte Sakramentalismus, der mit Hilfe Rudolf Steiners in die
Christengemeinschaft «eingezogen ist»43, haben den gleichen Hintergrund.44 Rudolf Steiner
hat diesen Zusammenhang selbst ausgesprochen; er kennzeichnete die «erneuerte Messe»,
wie sie am 16. September 1922 durch Friedrich Rittelmeyer zum ersten Mal als
Menschen-Weihehandlung vollzogen worden war als den Quellort einer neuen Erfahrung
der Christus-Gegenwart, des «wiederkommenden» Christus. Wie in der Vergangenheit im
Vollzug der Transsubstantiation die Anwesenheit Christi auf dem Altare erlebt werden
konnte und auch tatsächlich von vielen Menschen erlebt worden ist, so soll durch die
erneuerte Transsubstantiation in Gegenwart und Zukunft die Möglichkeit dazu auf neue Art,
aus der Kraft der Bewusstseinseele und des Geistselbstes heraus, entstehen.45
Der Christus hat — so kann man sagen — in den erneuerten Sakramenten für die in die
Zukunft hineinlebende Menschheit Stätten geschaffen, welche Stätten der Begegnung mit
ihm in seinem Wiedererscheinen werden können. In ähnlicher und zugleich jeweils speziell
anderer Weise aber gilt das für das gesamte Feld des anthroposophischen und des aus der
Anthroposophie heraus befruchteten Wirkens, und zwar auf zweierlei Art:
— indem die Kraft und Substanz für dieses Wirken durch die Ereignisse der Wiederkunft in
der geistigen Welt erzeugt sind;
— und indem dieses Wirken dem Erscheinen des Christus dient, weil es die
geistig-physischen Voraussetzungen für dieses Erscheinen im Menschen schafft.
Dieser Aspekt könnte für die aus der Anthroposophie impulsierte Pädagogik, Medizin,
Landwirtschaft und so weiter ausgeführt werden. Die Aufgabe dieser Darstellung ist es, ihn
43
Rudolf Steiner, Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge, zweiter Band, GA 236, 1988,
Vortrag vom 27. Juni 1924 in Dornach.
44
Die Christengemeinschaft knüpft zwar an die christliche Tradition an und führt sie weiter; sie bringt aber
gleichzeitig ganz neue Elemente in die Entwicklung des Christentums herein, die der Entfaltung der
Bewusstseinseele und des Geistselbst in vollem Sinne Rechnung tragen. Rudolf Steiner sprach von einer
grundlegenden religiösen Erneuerung.
45
«Man darf zum Beispiel durchaus nicht übersehen, dass zahlreiche Priesternaturen, katholische
Priesternaturen, bis ins 9., 10. Jahrhundert im Verlauf der Verrichtungen des Messopfers sich ganz klar darüber
waren, dass sie bei dieser oder jener Handlung des Messopfers die Begegnung von geistigen Wesenheiten, von
Intelligenzen des Kosmos gehabt haben.» (Rudolf Steiner, Mysterienstätten des Mittelalters, GA 233 a, 1980,
Vortrag vom 4. Januar 1924 in Dornach.) Bei der Begründung der Christengemeinschaft spricht Rudolf Steiner
direkt von Christus-Erfahrungen, die auch für die Gläubigen eintraten. Siehe dazu die Tagebucheintragung
Albert Steffens vom 16. September 1922, in der er seine Christus-Begegnung bei der
Menschen-Weihehandlung beschreibt (abgedruckt S. 259 f. in dem Beitrag von Angela Matile).
64
für das erneuerte religiöse Leben und seinen Kultus zu erörtern.46 Dazu werde ich zunächst
einige scheinbar abliegende Äußerungen Rudolf Steiners heranziehen, die uns aber dann zu
unserem eigentlichen Anliegen hinführen werden.
46
Ich beschränke mich dabei auf das, was mit dem erneuerten Kultus zusammenhängt. Dass auch die anderen
Bereiche des religiösen Lebens — Verkündigung und Seelsorge — aus der Kraft der Wiederkunft Christi im
Ätherischen erneuert worden sind, habe ich in dem Buch Die Wiederkunft Christi heute — Verheißung und
Erfüllung, Stuttgart 1991, ausgeführt.
47
Rudolf Steiner, Das Hereinwirken geistiger Wesenheiten in den Menschen, GA 102, 1984, Vortrag vom 13.
Mai 1908 in Berlin; Hervorhebungen H.-W. Sch.
48
Ebenda. Vortrag vom 4. Juni 1908 in Berlin.
65
aus dem physischen herausbildet...»49
«Nach und nach nähern wir uns schon jenem Zustande wieder, wo der Ätherleib wieder
herausrückt.»50
Nun könnte zweifelhaft bleiben, ob hier an einen direkten Zusammenhang mit den
Wiederkunftsereignissen zu denken ist, die ja erst ab 1910 verkündet werden. Dieser
Zusammenhang ergibt sich aber zum Beispiel aus folgenden Sätzen:
«Gerade der umgekehrte Weg musste gemacht werden. Es ist wirklich so, dass die
menschliche Natur gerade jetzt in diesem Zeitpunkte in einer Umorganisation begriffen ist.
Sie ist durchgegangen, ich möchte sagen, durch den Punkt der äußersten Verfinsterung, und
einer der Ausdrücke dafür ist das, was ich die Hochflut des Materialismus im 19. Jahrhundert
genannt habe. Aber es bereitet sich für die Menschheit schon wieder ein Hinausleben vor.
Wenn wir das okkultistisch charakterisieren wollen, so können wir sagen: die Menschen
haben früher nicht nur wahrgenommen und gedacht mit ihrem physischen Leibe, sondern sie
haben wahrgenommen und gedacht mit ihrem Ätherleibe. Das im Ätherleibe
Wahrgenommene wurde im astralischen Leibe als Astrologie bewusst; heute, in der
Astronomie, wird alles errechnet. Jetzt muss der Ätherleib wieder belebt werden, und das
hängt zusammen mit dem ätherischen Wiedererscheinen des Christus. Indem die Ätherleiber
wieder belebt werden, schauen sie den Christus. Aber Sie sehen: eine Belebung, eine
Vitalisierung des Ätherleibes muss stattfinden.»51
49
Ders., Der Orient im Lichte des Okzidents. Die Kinder des Luzifer und die Brüder Christi, GA 113, 1982,
Vortrag vom 29. August 1909 in München.
50
Ders., Das Lukas-Evangelium, GA 114, 1985, Vortrag vom 24. September 1909 in Basel.
51
Die okkulte Bewegung im neunzehnten Jahrhundert und ihre Beziehung zur Weltkultur, GA 254, Vortrag
vom 19. Oktober 1915 in Dornach; Hervorhebungen H.-W Sch. Der innere Zusammenhang zwischen Lockerung
des Ätherleibes und der Wiederkunft Christi wird auch in anderen Vorträgen Rudolf Steiners deutlich, zum
Beispiel in: Von Jesus zu Christus, GA 131, 1988, Vorträge vom 6.und 7. Oktober 1911 in Karlsruhe.
52
Siehe Anmerkung 5.
53
Siehe Anmerkung 6.
54
Siehe Anmerkung 8.
66
«Der Ätherleib des Menschen würde, wenn nichts geschehen würde, als dass er herausrückt
aus dem physischen Leibe, eben herausrücken. Er würde nichts von den Kräften in sich
enthalten, die er einmal gehabt hat. Er wird ja in Zukunft herausgeboren aus dem
menschlichen physischen Leibe. Gibt ihm der menschliche physische Leib nichts mit, dann ist
er leer, dann ist er öde. Das wird die Zukunft der Menschheitsentwickelung sein, dass die
Menschen sozusagen aus ihrer physischen Leiblichkeit ihren Ätherleib entlassen und ihn
eventuell leer hinaussenden können. Was würde das bedeuten? Der Ätherleib ist der
Kraftträger, der Erreger alles dessen, was im physischen Leibe vorgeht. Er muss nicht nur
dann, wenn er ganz in dem physischen Leibe steckt, den physischen Leib mit Kräften versehen,
er muss ihn jederzeit versehen; er wird ihn auch versehen müssen, wenn er wieder einmal
teilweise außerhalb des physischen Leibes ist. Lassen Sie ihn leer, den Ätherleib, geben Sie
ihm nichts mit, dann kann er nicht auf den physischen Leib zurückwirken, denn dann hat er
nicht die Kraft, wodurch er zurückwirken kann.»55
Wenn also mit der Lockerung der ätherischen Kräfte im Menschen auf der einen Seite ganz
neue Möglichkeiten geistiger Erfahrung und eine neue Sensibilität für die geistige Welt
auftreten, so dürfen wir aber auf der anderen Seite die ernsten Probleme nicht verkennen,
die damit ebenfalls aktuell werden. Diese Probleme machen sich bis in leibliche
Krankheitserscheinungen hinein geltend, aber auch in seelischer Labilität, in krankhaften
«übersinnlichen» Erfahrungen, in innerer und äußerer Haltlosigkeit. Solange der Ätherleib
mit dem physischen Leib fest verbunden war, erlebte sich der Mensch in seiner irdischen
Existenz einigermaßen sicher und fest gegründet — dies war gerade Ausdruck für das fest
Gegründet sein des Ätherischen im Physischen; die bürgerliche Existenz, das bürgerliche
Lebensgefühl konnte sich da herausentwickeln. In einer im Materiellen gegründeten
Seinsweise erlebte der Mensch Jahrhunderte hindurch Sicherheit und Geborgenheit eines
bürgerlichen Daseins.
Das alles ist heute zumindest bis in die Wurzeln hinein in Frage gestellt. Die Worte des
Evangeliums, dass alles ins Wanken gerät «vor dem Heranbrausen des [Äther-]Meeres und
seines Wogenschwalles» und dass die Menschen «sich selbst verlieren werden vor Furcht und
in Erwartung alles dessen, was hereinbricht über den Erdkreis» (Lukas 21,25)56, beginnen sich
heute zu erfüllen. Dabei geht es jedoch keineswegs nur um äußere katastrophale Ereignisse
oder ähnliches — sie mögen auch gemeint sein: mit dem Branden und Brausen des
«Meeres» ist jedoch vor allem auf das In-Bewegung-Geraten der ätherischen Kräfte
hingedeutet, auch auf die sich bewegenden ätherischen Kräfte im Menschen, die die
geschilderten Gefährdungen mit sich bringen und eine neue innere Haltekraft erfordern.
Bald nach den gerade zitierten Worten aus dem einundzwanzigsten Kapitel des
Lukasevangeliums mündet die Schilderung in das Gleichnis von der aufbrechenden Knospe
ein; sie soll den Jüngern ein Bild für das Geschehen werden, in dem sich die Wiederkunft
Christi erfüllt (Lukas 21,29 bis 31). Wir erkennen unschwer in diesem Bilde die
aufbrechenden ätherischen Kräfte, die sich aus dem «Knospenzustand» befreien und aus
dem physischen Leib für die Umgebung öffnen. Die Sonne, die dieses Aufbrechen bewirkt, ist
der Wiederkommende selbst.
Heilende Kräfte
Nicht nur die Gefährdungen, auch Schutz- und Heilungsmöglichkeiten werden bereits in den
55
Siehe Anmerkung 7; Hervorhebungen H.-W. Sch.
56
Lukas 21,25 bis 36 ist das von Rudolf Steiner für Advent angegebene Evangelium («adventus» ist unter
anderem das lateinische Wort für «Wiederkunft», die Adventszeit im modernen Sinn ist die Vorbereitung auf
das Wiedererscheinen Christi).
67
Vorträgen von 1908 und 1909 erwähnt. In «Der Orient im Lichte des Okzidents» findet sich
die ausführlichste diesbezügliche Angabe; der oben zitierte Wortlaut wird von Rudolf Steiner
folgendermaßen fortgesetzt:
«Der Ätherleib muss, nachdem er durch den physischen Leib durchgegangen ist, innerhalb
des physischen Leibes seine Kräfte gewinnen. Von da aus müssen sie ihm mitgegeben werden,
damit er, wenn er draußen ist, auf den physischen Leib zurückwirken kann. Es ist die Aufgabe
der gegenwärtigen Menschheit, das aufzunehmen in sich, was nur aufgenommen werden
kann innerhalb des Wirkens im physischen Leib. Was da erarbeitet wird innerhalb des
physischen Leibes, das geht mit der Entwickelung mit, und wenn der Mensch in künftigen
Inkarnationen in solchen Organisationen leben wird, wo der Ätherleib entlassen ist bis zu
einem gewissen Grad aus dem physischen Leib, dann wird es im Bewusstsein gewissermaßen
als Erinnerung durch den teilweise frei gewordenen Ätherleib leben.
Nun kann man fragen: Was ist denn das, was den physischen Leib befähigt, etwas als
Erbstück mitzugeben dem Ätherleib? Was befähigt den Menschen, Kräfte hineinzusenden in
seinen Ätherleib, so dass er einstmals imstande sein wird, einen solchen Ätherleib zu tragen,
der nun von außen herein wiederum gewisse Kräfte sendet? Wenn der Mensch nur so gelebt
hätte, sagen wir, vom Jahre dreitausend vor Christus bis zu dessen Zeit und wiederum drei
Jahrtausende nach Christus, dass nichts eingetreten wäre für ihn, als was ohne das
Christus-Ereignis dagewesen ist, dann würde der Mensch im physischen Körper nichts erlebt
haben, was mitgehen kann als Kraft für den Ätherleib, wenn dieser sich vom physischen
loslöst. Das, was der Mensch mitgeben kann, das ist, was er durch das Christus-Erlebnis
innerhalb der physischen Welt gewinnen kann. Aller Zusammenhang mit dem Christus-Prinzip,
mit den Erlebnissen, die man haben kann an der Christus-Erscheinung, das senkt sich so in die
Erlebnisse der Seele innerhalb der physischen Welt, dass diese Seele und damit auch alles
Leibliche so vorbereitet wird, dass es in den Ätherleib das hineingießen kann, was dieser in
der Zukunft braucht. So musste das Christus-Erlebnis kommen, so musste es die
Menschenseele durchdringen, damit die Menschen für die Zukunft verstehen können ihre
Entwickelung. Was heute im physischen Leibe ist, das sendet die Kräfte hinaus in den
Ätherleib; und dieser wird, wenn er gleichsam gespeist wird von dem, was der physische Leib
an der Erscheinung des Christus erlebt, die Kräfte empfangen, um wiederum hellstrahlend zu
werden und Lebenskraft zu haben, um den physischen Leib zu erhalten in der Zukunft.»57
Nicht ganz so deutlich ist die entsprechende Angabe vom 13. Mai 1908: «Nun muss aber der
Mensch in seinem heraustretenden Ätherleib das mitnehmen, was er im physischen Leibe
erlebt hat, besonders das physische Ereignis von Golgatha, das er physisch, das heißt in
einem Erdendasein erleben muss. Sonst geht ihm etwas unwiederbringlich verloren: der
Ätherleib zöge sich heraus, ohne dass er etwas Wesentliches mitnimmt, und leer im Ätherleib
würden solche Menschen bleiben. Aber diejenigen, welche das spirituelle Christentum
durcherlebt haben, werden im Ätherleib in Fülle das haben, was sie im physischen Leibe
durchgemacht haben.»58 Es ist also besonders auf das Erleben in der physischen Welt
hingewiesen: «Der Ätherleib muss ... innerhalb des physischen Leibes seine Kräfte gewinnen.
Von da aus müssen sie ihm mitgegeben werden... was nur aufgenommen werden kann
innerhalb des Wirkens im physischen Leib ... Das, was der Mensch mitgeben kann, das ist,
was er durch das Christus-Erlebnis innerhalb der physischen Welt gewinnen kann ... wenn er
[der Ätherleib] ... gespeist wird von dem, was der physische Leib an der Erscheinung des
Christus erlebt, [kann er] die Kräfte empfangen, um wiederum hellstrahlend zu werden und
57
Siehe Anmerkung 13.
58
Siehe Anmerkung 5.
68
Lebenskraft zu haben, um den physischen Leib zu erhalten in der Zukunft ...»59
59
Siehe Anmerkung 15.
60
Schon vorher (ab 1919) war der Kultus für die Schule eingesetzt worden, zunächst die «Sonntagshandlung
für die Kinder» (siebtes bis vierzehntes Jahr), später die «Jugendfeier» (vierzehntes bis sechzehntes Jahr) und
die «Opferfeier». Auch in ihnen leben die geistigen Kräfte, die heute von dem Wiedererscheinenden ausgehen
und die in dem hier besprochenen Sinne für die ätherischen Kräfte im physischen Leibe bedeutsam sind. Mit
der Darstellung sollte kein Gegensatz zu diesen Kultusformen angedeutet werden, die heute in der
Schulbewegung und in heilpädagogischen Instituten eine heilsame Wirksamkeit entfalten.
Der vor 1914 in esoterischen Kreisen von Rudolf Steiner vermittelte und ausgeübte «Erkenntniskultus» scheint
eine andere Grundlage gehabt zu haben; siehe dazu: Zur Geschichte und aus den Inhalten der ersten Abteilung
der Esoterischen Schule 1904 bis 1914, GA 264, 1984, und: Zur Geschichte und aus den Inhalten der
erkenntniskultischen Abteilung der Esoterischen Schule von 1904 bis 1914, GA 265, 1987. Zur eigentlichen
Begründung der Christengemeinschaft kam es erst 1922; die Menschen-Weihehandlung und andere
Sakramente wurden aber schon im Herbst 1921 von Rudolf Steiner dem sich bildenden Begründerkreis
übergeben; siehe dazu: Hans-Werner Schroeder, Die Christengemeinschaft. Entstehung, Entwicklung,
Zielsetzung, Stuttgart 1990.
61
R.Steiner; Das Zusammenwirken von Ärzten und Seelsorgern, GA318, 1984, Vortrag vom 8.9.1924 in
Dornach
69
Zusammenschau mit den Vorträgen von 1908/1909 ergibt sich zunächst ein bestimmter
Aspekt dieses Zusammenhanges, aus dem deutlich werden kann, dass der Kultus nicht nur
die Vergegenwärtigung der Wiederkunftsereignisse ermöglicht, sondern auch zur
Harmonisierung und zur Erfüllung der sonst «öde und leer» bleibenden ätherischen Kräfte
wesentlich beitragen kann.62
Selbstverständlich hat Rudolf Steiner bei den erwähnten Äußerungen zunächst nicht einen
Kultus im Auge gehabt; das kann als wichtiger Einwand gegen den Versuch zu der oben
angeregten Zusammenschau gelten. Rudolf Steiner hatte wohl ganz andere Möglichkeiten
der Verwirklichung vor sich, als er die zitierten Andeutungen machte, jedenfalls spricht er
nicht vom Kultus. Blickte er auf die sich in ersten Anfängen entwickelnden Kunstimpulse?
Oder auf das, was auch als religiöse Erlebniskraft aus der anthroposophischen Arbeit
hervorgehen soll?63 Gleich am Anfang der Darstellung habe ich auf die allen
anthroposophischen Impulsen gemeinsame Quelle hingewiesen, die in dem
Wiedererscheinen Christi zu suchen ist. So können die oben zitierten Worte
selbstverständlich nicht allein für Kultus und Sakramentalismus in Anspruch genommen
werden. Aber ich denke, sie können gerade auch auf das Kultusgeschehen bezogen werden;
wie eine Beschreibung der Vorgänge bei den Sakramenten klingen die Worte: «... was der
physische Leib an der Erscheinung des Christus erlebt ...»
62
Die Worte «öde und leer» kommen charakteristischerweise auch so in der «Sonntagshandlung für Kinder»
vor, verbunden mit dem positiven Hinweis auf den Christus.
63
Sicher kann man hier auch an alles denken, was zur Ausgestaltung des ersten Goetheanum bis hin zur Plastik
des «Menschheitsrepräsentanten» im Goetheanum führte, ferner an die Eurythmie, die Mysteriendramen
Rudolf Steiners und anderes. Siehe Anmerkung 30.
64
So Rudolf Steiner im Hinblick auf das Geschehen bei der Menschen-Weihehandlung.
70
ist65, wird angeregt — und zwar nicht durch beliebige Sinneseindrücke, wie sie auch sonst
von physischen Wahrnehmungen ausgehen; vielmehr berührt der Christus selbst durch die
Zwölfheit der Sinne hindurch übersinnlich den Menschen, er trägt zugleich — wie wir
angedeutet haben — an jeden Anwesenden, der den Kultus in rechtem Sinne
mitzuvollbringen versucht, das höhere, ewige Ich heran.66
In diesem Sinne wird der Kultus, vor allem aber die Menschen- Weihehandlung, eine
Wiederholung des Mysteriums von Golgatha: Christus «inkarniert» sich gleichsam in den
sakramentalen Vorgängen und gibt ihnen, wie Rudolf Steiner sagt, «die Orientierungen, die
Richtungen» — so wie er sich damals in einen physischen Leib inkarniert hat, dem er die
«Richtung» auf das Geistige gab, indem er ihn «transsubstantiierte»67. Der Kultus wird für
einen Augenblick die Hülle für den gegenwärtigen Christus, Brot und Wein werden sein Leib
und Blut, Christus «erscheint auf dem Altar»68, und zwar nicht als der von vor zweitausend
Jahren, sondern als der Gegenwärtige, das heißt: als der Wiederkommende.
65
Über Sinneswahrnehmung und Ich siehe zum Beispiel: Rudolf Steiner, Menschen-werden, Weltenseele und
Weltengeist — Zweiter Teil: Der Mensch als geistiges Wesen im historischen Werdegang, GA 206, 1967,
Vorträge vom 12. und 13. August 1921 in Dornach; Das Rätsel des Menschen. Die geistigen Hintergründe der
menschlichen Geschichte, GA 170, 1978, Vortrag vom 13. August 1916 in Dornach. Andere Zuordnungen gibt es
auch, siehe unter anderem: Eine okkulte Physiologie, GA 128, 1988, Vortrag vom 27. März 1911 in Prag.
66
Siehe Anmerkung 22. In gewisser Weise sind das Christuserlebnis und das Erleben des eigenen höheren Ich
nicht zu trennen: Christus «trägt» das höhere Ich des Menschen in sich, lässt es aus sich hervorgehen. Eine
Erfahrung davon ergibt sich im Kultus, wenn der Mensch die Sinneswahrnehmung mit Verehrung und Andacht
(Devotion) durchdringt, wie es gleich zu Beginn der Menschen-Weihehandlung ausgesprochen wird, das heißt
wenn das Hören zum Hin-hören und Lauschen, das Sehen zum Hinschauen und Erschauen wird und so weiter.
Es gibt eine «Frömmigkeit der Sinne», die wir beim Anblick eines kleinen Kindes wie von selbst üben, die sich
aber sonst meist nur durch eine gesteigerte, aktive und zugleich aufnahmebereite Ich-Tätigkeit ereignet.
67
In der katholischen Theologie spricht man davon, dass die Messe jedes Mal eine unblutige Wiederholung
des blutigen Opfers am Kreuz sei. Wir können diese Anschauung in der hier angedeuteten Richtung aufnehmen,
dann aber besser von einer Fortführung und Entfaltung dessen sprechen, was im Mysterium von Golgatha
grundsätzlich «ein für alle Mal» (Hebräer 7,27 und andere) geschehen ist.
68
Auch dies eine Wendung, die Rudolf Steiner benutzt hat.
69
Siehe Anmerkung 4 und das in Anmerkung 18 erwähnte Buch Die Christengemeinschaft.
71
Tode; es vollzog sich ein Auferstehen eines umso größeren Guten aus den gesteigerten
Kräften des Bösen und der Verfinsterung, die die Menschheit zu ergreifen im Begriffe
waren.70 Diese Tatsachen bilden den geistigen Hintergrund der Wiederkunft Christi.
Wenn wir also von einem Wiedererscheinen des Christus im Ätherischen sprechen, so sind
damit nicht nur die ätherischen Kräfte gemeint, die schon vor den geschilderten Ereignissen
in der Welt vorhanden waren, sondern jene, die durch diese Ereignisse überhaupt erst
entstanden sind und die sich damit den Todeskräften und dem Bösen unserer Zeit nicht nur
gewachsen erweisen, sondern sie voll ergreifen und verwandeln können.71 Ein höheres
Leben und ein höheres Gutes sind mit dem Wiederkommenden verbunden, ein höheres als
selbst aus dem Tode und der Auferstehung damals hervorgehen konnten. Dem wachsenden
Bösen kommt das wachsende Gute zuvor. Mit diesen gesteigerten Kräften tritt der Christus
heute an die Menschheit heran. Das macht das Besondere seiner Wiederkunft aus.
Das ist es auch, was nun im erneuerten Kultus lebt: eine gegenüber der alten Messe höhere
Kraft. Das lässt sich vielfach verifizieren, allein schon wenn wir den Wortlaut der römischen
Messe mit dem der Weihehandlung vergleichen.
An einem Beispiel sei dies wenigstens angedeutet: am Anfang des vierten Teiles, der
Kommunion, steht sowohl in der alten Messe wie auch in der Weihehandlung das
«Friedensgebet»:
«Herr Jesus Christus,
Du hast zu Deinen Aposteln gesagt:
Den Frieden hinterlasse ich euch,
Meinen Frieden gebe ich euch:
Schau nicht auf meine Sünden,
sondern auf den Glauben Deiner Kirche,
und gib ihr huldvoll Frieden und Eintracht,
wie es Deinem Willen entspricht:
Der Du lebst und herrschst,
Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen»
70
Rudolf Steiner, Die Welt des Geistes und ihr Hereinragen in das physische Dasein, GA 150, 1980, Vortrag
vom 2. Mai 1913 in London.
71
Dies wird wie urbildlich anschaubar im Schicksal des blinden Franzosen Jacques Lusseyran (Das
wiedergefundene Licht, Stuttgart 1981), der im Konzentrationslager Buchenwald das Eingreifen des den Tod
überwindenden Lebens erfährt. Solche und ähnliche Erfahrungen werden wohl in Zukunft zunehmen.
72
mit einer von Unfrieden, Tod und Finsternis bedrohten Welt «aufnimmt» (in des Wortes
eigentlicher Bedeutung). Dieses «friedvolle Stehen zur Welt» meint nicht eine Insel der
Seligen und des Friedens, sondern gerade ein Mitten-darinnen-Stehen in der Welt; nicht ein
Friede, der über der Welt schwebt, wie wir es noch bei der Weihnachtsbotschaft der Engel
vermuten können, die über der Welt ihr «Friede auf Erden» singen — nein, ein Friede, der
sich mitten in der Welt, der Welt zugewandt, als Kraft erweist, so, wie schon damals das
Wort des Auferstandenen an die Jünger: «Friede mit euch!» (Johannes 20,19) dem Schmerz
und Tode abgerungen war, erdennahe Realität hatte und vom Aufzeigen der Todeswunden
am Leib des Auferstandenen begleitet war.
Auch hier ist ein Wachstum zu bemerken; damals wandte der Christus seinen Frieden nur
den Jüngern zu, und so gibt es ja der Messetext wieder; heute soll dieser Friede nicht nur
den Aposteln gelten und der Kirche, sondern der Welt. Damit ist eines der Elemente
aufgewiesen, die einen ungeheuren Fortschritt aus der Wiederkunft heraus darstellen und
durch sie überhaupt erst möglich geworden sind: Kräfte, die selbst den Abgrund, das Böse,
den Untergang zu durchdringen und zu verwandeln vermögen.
An den beiden schon erwähnten Stellen aus den Vorträgen «Das Hereinwirken geistiger
Wesenheiten in den Menschen» von 1908 sind ähnliche Hinweise zu finden.
72
An dieser Stelle wird das Verstehen dem Erleben gegenübergestellt. Von hier aus fällt noch einmal Licht auf
die Frage, die uns oben (siehe S. 279 und Anmerkung 21) beschäftigt hat: Was ist von Rudolf Steiner gemeint
mit dem, «was der physische Leib an der Erscheinung des Christus erlebt» hat? Gehört nicht auch schon die
spirituelle Erkenntnis dazu? Offenbar nicht — sonst wäre die hier zitierte Darstellung nicht möglich. Siehe Anm.
13.
73
Es würde keineswegs genügen, nur eine tiefe Erlebnis-Beziehung zu dem Christus hin für den
heutigen Menschen zu ermöglichen. Der Vorgang ist erst vollständig, wenn zu dem
Christus-Erlebnis die Christus-Erkenntnis hinzutritt. Auch der erneuerte Kultus allein kann
nicht alles sein: Das religiöse Leben muss heute ein tieferes Verständnis des Gottes- und
Christus-Geheimnisses pflegen — angefangen von den Fragen der göttlichen Trinität, der
Schöpfung, des Bösen bis hin zum Geheimnis der Auferstehung und Erlösung. Das aber geht
nicht ohne die spirituellen Erkenntnisse der Anthroposophie.
Ein zeitgemäßes religiöses Leben kommt nicht mehr mit dem Hinweis auf den Glauben aus.
Es ist in dem geistigen Quellgrund begründet, aus dem heraus die Christengemeinschaft
entstanden ist, dass sie eine innere Nähe zu der Geisterkenntnis sucht, die aus der
Anthroposophie heraus auch für das religiöse Leben fruchtbar gemacht werden kann: Die
Notwendigkeit dafür liegt in den beschriebenen Vorgängen der Lockerung des Ätherischen
und den damit verbundenen Entwicklungen.
Die Wiederkunftsschilderung, wie sie im einundzwanzigsten Kapitel des Lukasevangeliums
gegeben ist, stimmt mit dem hier Beschriebenen zusammen. Für das zuletzt Ausgeführte
findet sich in Vers 28 eine Entsprechung in den Christus-Worten: «Wenn dies anfängt zu
geschehen, so richtet euch auf und erhebt den Sinn zum Geiste ...»73 und dann heißt es: «...
denn, die Stunde eurer Befreiung ist nahe.» Das griechische Wort für Befreiung:
«apolytrosis», eigentlich: «Loslösung», kann hier geradezu als Terminus technicus, als
Fachausdruck für die Loslösung des Ätherischen aus dem Physischen gelten!
Ich-Entwicklung
Mit dem rechten Verständnis für die Christus-Geheimnisse ist zugleich etwas gegeben, was
heute und in Zukunft ein wesentliches Element des religiösen Erlebens sein muss: Das
Verständnis ermöglicht dem Menschen auch ein freies Verhältnis zu dem, womit er sich im
religiösen Erleben wollend und empfindend verbindet und was er innerlich erstrebt. Früher
genügte es, in Glaube und Andacht das Verhältnis zu Gott zu suchen. Je weiter sich die Kräfte
der Bewusstseinseele entwickeln, desto stärker wird die Sehnsucht, wirklich zu verstehen,
was das alles bedeutet, wovon im Christentum die Rede ist und dem man sich hingeben soll.
Bewusster als früher soll und kann die innere Verantwortung ergriffen werden, die die
geistige Welt uns zugedacht hat. Und das ist nur mit wachsendem Verständnis möglich. Das
heißt aber, dass wir heute mit unserem freien, verantwortungsfähigen Ich an den religiösen
Tatsachen beteiligt sein können und sollen. Wir kommen damit auf etwas zurück, was wir
schon früher berührt haben: die Beziehung des Kultus zum höheren Ich des Menschen. Wir
sagten, dass durch die Anwesenheit des Christus das höhere, ewige Ich jedes einzelnen
Anwesenden an ihn herangetragen wird, weil Christus mit jedem Menschen-Ich zutiefst
verbunden ist und beide Erlebnisse — das Christus- und das Ich-Erlebnis — eigentlich gar
nicht voneinander zu trennen sind. Daher kann auf die Dauer dem Kultus gegenüber keine
nur hinnehmende Beteiligung angemessen sein; Kultus zielt auf Mitvollzug74; auch ihm
73
Wörtlich: «...erhebt eure Häupter...»; was aber sollte das heißen? Einen Sinn bekommt diese Stelle erst,
wenn sie in dem hier angedeuteten Zusammenhang
gesehen wird. Die Lockerung gerade der ätherischen Kräfte des Hauptes bringt Gefahren für das menschliche
Bewusstsein mit sich, wenn diese Kräfte nicht durch spirituelle Anschauung «erhoben», über die an das
Materielle gebundenen Vorstellungen hinausgeführt werden.
74
Die Aufforderung zum Mitvollzug des Kultus ist an vielen Stellen direkt angesprochen, zum Beispiel wenn zu
Beginn der Menschen-Weihehandlung das «Lasset uns ... vollbringen» erklingt oder wenn es in der Taufe
ausdrücklich heißt, dass sie «vor und mit» allen Anwesenden vollzogen wird.
74
gegenüber ist «Geisterkenntnis», nicht nur «Geistbewusstsein»75 möglich und letztlich
notwendig. Damit kommen zwei Bewegungen aufeinander zu: die freie menschliche
Erkenntnis, die zunächst im irdischen Ich errungen werden will, und das höhere Ich, das der
Christus dem Menschen durch das Erlebnis seiner Gegenwart im Kultus entgegenträgt.
Beide Bewegungen ergänzen und durchdringen sich und bedingen sich bis zu einem
gewissen Grade gegenseitig. Siebenmal wird an zentraler Stelle in der
Menschen-Weihehandlung das «Christus in euch» gesprochen — auch dies ein
weitreichender Bewusstseinsfortschritt gegenüber dem «dominus vobiscum» («der Herr mit
euch») der alten Messe. Dieses «in euch» muss ja heute heißen: «in eurem wachen, freien
Ich», wenn nicht nur ein mediales Verhältnis gemeint ist — wie auch im Johannesevangelium
nur das freie, bewusste Wesensverhältnis gemeint sein kann mit den zentralen Worten «Ich
im Vater, ihr in mir, ich in euch!» (Johannes 14,20). Damit ist im erneuerten Kultus zugleich
ein johanneischer Klang angeschlagen.
Johanneisches Christentum
Am Ende des Johannesevangeliums finden wir das Wiederkunftsmotiv in geheimnisvoller
Weise mit dem Schicksal des Johannes verknüpft. Da sagt der Christus im Blick auf Johannes:
«Wenn ich will, dass er bleibe, bis ich komme ...» «Bis ich komme ...» — diese Worte weisen
auf die Wiederkunft; «... dass er bleibe ...» kann doch wohl nur heißen: die eigentliche
Mission des Johannes beginnt erst in der Zeit der Wiederkunft.
Die Hoffnung auf ein zukünftiges johanneisches Christentum ist mit diesem Christus-Wort
verknüpft. Bei Joachim von Fiori (in der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts) taucht sie
in der Lehre von den drei Zeitaltern — des Vaters, des Sohnes und des Geistes — und von
der nah bevorstehenden Geistkirche auf. Schelling hat diesen Gedanken in seiner
Geschichtsanschauung aufgegriffen und von den Zeitaltern des petrinischen, paulinischen
und johanneischen Christentums gesprochen. Die ersten beiden haben bereits eine
75
Die Unterscheidung von «Geistbewusstsein», das im religiösen Leben, und «Geisterkenntnis», die durch
geisteswissenschaftliche Arbeit entsteht, macht Rudolf Steiner in: Bausteine zu einer Erkenntnis des
Mysteriums von Golgatha. Kosmische und menschliche Metamorphose, GA 175, 1982, Vortrag vom 20. Februar
1917 in Berlin:
«Und ich glaube an dieser Stelle eine Einschaltung machen zu sollen, die wichtig ist und die gerade von den
Freunden unserer Geisteswissenschaft recht gut verstanden werden sollte. Man sollte nicht die Sache so
darstellen, als ob geisteswissenschaftliche Bestrebungen ein Ersatz sein sollten für die religiöse Übung und das
religiöse Leben. Geisteswissenschaft kann im höchsten Maße und insbesondere auch mit Bezug auf das
Christus-Mysterium eine Stütze, eine Unterbauung des religiösen Lebens und der religiösen Übung sein; aber
man sollte Geisteswissenschaft nicht geradezu zur Religion machen, sondern man sollte sich klar sein darüber,
dass Religion in ihrem lebendigen Leben, in ihrem lebendigen Geübtwerden innerhalb der menschlichen
Gemeinschaft das Geistbewusstsein der Seele entfacht. Soll dieses Geistbewusstsein im Menschen lebendig
werden, so kann der Mensch nicht bei abstrakten Vorstellungen von Gott oder Christus stehen bleiben, sondern
er muss immer erneut in der religiösen Übung, in der religiösen Betätigung, die ja für die verschiedenen
Menschen die verschiedensten Formen annehmen kann, darinnenstehen in etwas, was ihn als ein religiöses
Milieu umgibt, was als ein religiöses Milieu zu ihm spricht. Und ist dieses religiös Milieu tief genug, findet dieses
religiöse Milieu die Mittel, die Seele genügend anzuregen, so wird diese Seele schon Sehnsucht empfinden,
gerade dann Sehnsucht empfinden auch zu jenen Vorstellungen hin, welche in der Geisteswissenschaft
entwickelt werden. Ist in objektiver Beziehung Geisteswissenschaft ganz sicherlich eine Stütze der religiösen
Erbauung, so ist in subjektiver Beziehung heute die Zeit gekommen, von der wir sagen müssen, daß ein recht
religiös empfindender Mensch gerade durch das religiöse Empfinden hingetrieben wird, auch zu erkennen. Denn
im religiösen Empfinden wird das Geistbewusstsein, in der Geisteswissenschaft die Geist-Erkenntnis, so wie in
der Naturwissenschaft die Naturerkenntnis, errungen; und das Geistbewusstsein führt zu dem Drange,
Geist-Erkenntnis sich zu erwerben. Subjektiv kann man sagen, daß gerade ein inniges religiöses Leben den
heutigen Menschen zur Geisteswissenschaft treiben kann.»
75
Verwirklichung auf Erden erfahren: Petrus kann als Zentralgestalt der katholischen Kirche
gelten, Luther knüpft demgegenüber wesentlich an Paulus an. Noch zu erwarten ist nach
Schelling die johanneische Kirche, die «Religion des Geistes und der Freiheit», die «nur in
einem vollkommenen Verständnis des Christentums» bestehen kann.76
Diese Zukunftshoffnung hat bei der Begründung der Christengemeinschaft eine Rolle
gespielt, und Rudolf Steiner hat dies als innerlich berechtigt anerkannt.77 Johannes wirkt mit
dem Wiedererscheinen Christi erstmals voll in das Christentum ein.78 Sein Evangelium ist es,
das in der religiösen Erneuerung die zentrale Bedeutung erlangt; gerade auch für Friedrich
Rittelmeyer war es das Johannesevangelium, das ihm — noch unabhängig von dem späteren
intensiven Studium der Anthroposophie — die ersten Schritte zum realen Geistesleben
eröffnete. Und Johannes steht gleichsam in der Mitte des erneuerten Kultus mit den Worten
«Christus in euch», die «johanneisch» sind und zugleich die reale Gegenwart des
Wiederkommenden meinen. Diese Gegenwart allein kann die Existenz einer christlichen
Kirche heute und in Zukunft innerlich rechtfertigen und sie mit lebendiger Kraft erfüllen.
Von dem Wiedererscheinen Christi ist in allen Teilen des Neuen Testaments die Rede:
—in den vier Evangelien und in der Apostelgeschichte;
—in den Briefen;
—in der Apokalypse.
Zunächst sei ein erster Überblick über die wichtigsten Stellen gegeben.
76
Zitiert nach Robert Goebel: Schelling. Kinder einer neuen Epoche des Christentums. Mit der 36. und 37.
Verlesung aus der Philosophie der Offenbarung. Schriften zur Religionserkenntnis, Stuttgart ohne Jahr.
77
«Schellings Idee von der <Philosophischen Religion> war in jenen frühen Jahren für Emil Bock und mich eine
geistesgeschichtliche Bekräftigung unseres Strebens nach einer Erneuerung des Christentums. Rudolf Steiner
sagte mir, dass wir an Schellings genialen Vorstoß anknüpfen könnten.» (Aus einem Brief von Eberhard Kurras
— neben Emil Bock einer der maßgeblichen Theologen im Begründerkreis der Christengemeinschaft — vom 24.
Mai 1974)
78
Damit ist selbstverständlich nicht gemeint, dass Johannes allein der Christengemeinschaft zuzuordnen wäre.
76
In allen drei Evangelien gehören diese Kapitel zur Karwoche, und zwar zum Dienstag mit
seinen besonderen Auseinandersetzungen und Streitgesprächen zwischen Christus und den
Führern des Volkes. Am Abend dieses Tages verlässt Christus mit seinen Jüngern Jerusalem;
auf der Kuppe des Ölbergs sieht er auf die Stadt und den Tempelbau und auf die
Tagesereignisse zurück. Nun eröffnet er den Jüngern die Zukunft: die Zeichen seiner
Wiederkunft und ihre Erfüllung. Im Johannes-Evangelium findet sich keine
Ölberg-Apokalypse; die Wiederkunft selbst erwähnt es am Ende da, wo es sich um das
Schicksal des Jüngers, den Christus lieb hatte, handelt, mit den Worten: »... wenn ich ihn
dazu bestimme, zu bleiben bis zu meiner Wiederkunft ...« (Johannes 21, 22-23). Aber die
Apokalypse des Johannes steht dann am Schluss des Neuen Testaments als eigenes Buch ---
sie ist im Grunde nichts anderes als die ausgebreitete Schilderung der Ereignisse der
Wiederkunft.
Die Apostelgeschichte weist — wie wir schon eingangs erwähnten —, bei der Himmelfahrt
Christi in bedeutsamer Art auf die Wiederkunft hin: indem der Christus in den Wolken
entschwindet, erscheinen den Jüngern zwei »Männer in weißen Gewändern«, die ihnen
zurufen: »Er wird einst wiederkommen in der gleichen Art der Offenbarung, wie ihr ihn jetzt
in die Himmelsphäre habt übergehen sehen.«
Hier ausführlich die vielen Fragen zu erörtern, die sich für unser heutiges Bewusstsein an die
Schilderungen der Evangelisten anschließen müssen, ist nicht Anliegen dieser Untersuchung;
dafür sei auf die eingehenden Darstellungen bei Emil Bock und Rudolf Frieling verwiesen, die
zeigen können, dass das, was uns an dieser Prophezeiung heute zunächst unverständlich
erscheinen muss, einsehbaren Sinn erhalten kann. Wir heben hier einige für die
Betrachtungen wesentliche und charakteristische Bilder und Motive hervor und befragen sie
nach dem, was sie uns sagen wollen, um Art, Zeit und Ort der Wiederkunft zu bestimmen.
Doch zuvor wenden wir uns noch kurz den Briefen und der Apokalypse zu.
77
der Wolke die Gestalt des Menschensohnes...« (Vers 14). Die ganze Apokalypse ist aber
durchdrungen von immer wiederkehrenden Motiven des »Kommens«, so Kapitel 3, 3 und 11;
6,17; 16,15; im Kapitel als das Erscheinen des »weißen Reiters«; am Schluss kulminiert es
dann: Kapitel 22, in den Versen 6, 7, 10, 12, 20: »Siehe, ich komme schnell?«
In dieser Schrift wird viel deutlicher als in den Evangelien, dass die apokalyptischen
Ereignisse ihrer katastrophalen Seite nach nur der Schattenwurf eines Lichtes sind — eines
Lichtes, das ausgeht von dem Wiedererscheinen Christi. Auch die Briefe und die Apokalypse
werfen viele Fragen für unser heutiges Verständnis auf. Einigen werden wir nachgehen; für
vieles andere sei wieder auf das entsprechende Schrifttum verwiesen.
Wie — wo — wann?
Alle Teile des Neuen Testaments — das geht aus diesem kurzen Überblick hervor —,
sprechen im Blick auf die Zukunft von dem Wiedererscheinen Christi. Dabei trat in bisherigen
Erklärungsversuchen meist die Frage in den Vordergrund, wann dieses Ereignis sich
vollziehen werde; und da die Wiederkunft mit dem Letzten Gericht und dem Weltende
verknüpft gedacht wurde, waren damit die schon angedeuteten Angsterlebnisse und
Schrecken verbunden. Wir werden uns aber fragen müssen, ob eine solche Verknüpfung der
Ereignisse notwendig aus den Prophezeiungen abzuleiten ist, oder ob hier schon eine
Missdeutung vorliegt, die den richtigen Blick auf die Wiederkunftsereignisse verstellt.
Jedenfalls bekommen die diesbezüglichen Vorstellungen schon ein ganz anderes »Gesicht«,
wenn wir zunächst einmal nicht fragen, wann, sondern wie und wo wird sich denn die
Wiederkunft vollziehen? Bisher hat man ganz naiv geantwortet: so wie damals Christus als
Mensch in einem irdischen Leib gelebt hat, so — oder ähnlich (vielleicht in einem erhöhten
Zustand) — wird er sich auch bei seiner Wiederkunft zeigen; sehr materialistisch waren oft
die Vorstellungen, die sich mit diesen Zukunftserwartungen verbanden. Und andere
Vorstellungen standen ja auch nicht zur Verfügung. Damit aber war der Blick in einer Weise
fixiert, die das gesamte Thema Wiederkunft in einem falschen Licht erscheinen ließ.
Von dieser leiblich-materiellen Fixierung gilt es loszukommen. Denn die Worte und Bilder
des Neuen Testaments legen keineswegs eine irdisch-leibliche Erscheinung des
Wiederkommenden nahe. Im Gegenteil: Hier müssen offensichtlich ganz andere
Vorstellungen ausgebildet werden, um die Seinsebene und Seinsweise des Christus in
seinem Wiedererscheinen zu erfassen. Diesem Fragenbereich wollen wir uns nun zuerst
zuwenden, um von da aus später auch die Frage nach dem Zeitpunkt der Wiederkunft zu
stellen.
78
Lymphe usw. Aber dieser Körper ist nicht tot, sondern belebt: er ist von Lebenskräften
durchdrungen, die die lebendigen Prozesse unserer Leiblichkeit bewirken: im Tode, wo sich
diese Lebenskräfte zurückziehen, werden sie gleichsam im Gegensatz noch einmal besonders
anschaubar: Der tote, starre Leichnam zeigt, was es heißt, nur materiell zu sein, und zugleich,
wie die Lebenskräfte vorher im Leib gewirkt haben.
Auf diesen Bereich lebendig-gestaltender Kräfte richten wir hier besonders unseren Blick. Sie
werden in der Anthroposophie Rudolf Steiners »ätherische Kräfte« genannt. Sie sind nicht
unmittelbar wahrzunehmen, aber überall, wo Leben ist, wirksam; mittelbar werden sie
anschaulich in ihren Wirkungen, indem sie belebend, bildend, gestaltend und bewegend
überall tätig sind. Wahrnehmbar werden sie der hellseherischen Erfahrung als ein
lebentragender, dynamischer und außerordentlich differenzierter Kräfte-Bereich, der von
der geistigen Welt her an unsere irdische Welt angrenzt und sie teilweise durchdringt. An
der menschlichen Leiblichkeit kann dieser Kräftebereich eventuell als »aurische«
Erscheinung oder als Teile der menschlichen »Aura« wahrgenommen werden.
Nicht nur der menschliche Leib aber, auch der Erdenleib ist von diesem lebendigen
Kräftebereich durchdrungen; ist doch die Erde nicht nur eine Ansammlung toten Gesteins,
sondern voller Leben, voller sich bildender, gestaltender, sich bewegender Prozesse. Das
Wasser ist dabei in besonderer Weise »Träger« solcher Kräfte: ohne Wasser kein Leben; und
das Wasser selbst ist in dauernder Bewegung und in dieser Bewegung bildend, formend,
gestaltend; es bewegt sich, bringt in Bewegung und formt das Bewegte: ein Abbild
ätherischer Kraftwirkung.
Teil des Phänomens Wasser ist die Wolke. In ihr und mit ihr erhebt sich die Lebenssphäre der
Erde aus der diesseitigen Bindung an die materielle Erde, wird ganz frei und vermag sich mit
den Kräften des Lichtes, der Wärme usw., die von der Sonne und aus dem Kosmos kommen,
zu durchdringen. Dadurch bekommt dieser Bereich der Lebenskräfte eine andere, »höhere«
Qualität; er wird - bis zur Unsichtbarkeit für unsere Augen - gleichsam dem Himmel mit
seinen Kräften entgegengehoben und kann dann als belebender Regen die Erde neu
befruchten.
Auf diese Tatsachen müssen wir hinschauen, wenn im Evangelium das Bild der Wolke
auftaucht. In diesem Bilde - als Wahrbild für geistige Vorgänge - repräsentierte sich einer
älteren Weltauffassung der an die irdische Welt angrenzende himmlische Bereich, gleichsam
der »erste Himmel«; dieser »erste« oder »unterste« 1. Himmel ist der Bereich der
Lebenskräfte der Erde und des Menschen, die mit den himmlischen Kräften verbunden sind.
Besonders bei der Himmelfahrt wird das Bild der Wolke deutlich hervorgehoben
(Apostelgeschichte 1): Der Auferstandene, der 40 Tage mit den Jüngern gewandelt ist, »wird
von der Wolke aufgenommen« und vor den Augen der Jünger »entrückt«. Im gleichen
Moment aber, wo die Jünger die Entrückung des Christus erleben, werden sie von »zwei
Männern in weißen Gewändern« auf das künftige Wiedererscheinen des Christus aus dem
Wolkensein hingewiesen.
Aber auch an anderen Stellen finden wir das Wort von der Wolke. Insbesondere ist da vor
allen Dingen an die schon erwähnten Worte in Lukas 21, 27 zu denken: »Dann werden sie
schauen den Sohn des Menschen, wie er kommt in den Wolken«. Auch bei Matthäus und
Markus (Kap. 24 bzw. Kap. 13) finden sich die entsprechenden Worte, Im
Matthäus-Evangelium und Markus-Evangelium ist zudem noch eine weitere Stelle enthalten:
Als Christus sich vor dem Hohenpriester rechtfertigen muss, spricht er ebenfalls von seiner
»Wiederkunft in den Wolken« (Kap.26 bzw. Kap. 14).
79
Auch im 1. Kapitel der Offenbarung des Johannes heißt es, wie wir sahen: »Er kommt mit den
Wolken«. Und im 14. Kapitel erscheint der Menschensohn »sitzend auf einer weißen Wolke«
— ebenfalls ein Bild der Wiederkunft.
Im ersten Thessalonicherbrief, Kapitel 4, erwähnt Paulus die »Entrückung« der Lebenden in
den »Wolkenbereich« im Zusammenhang mit der Wiederkunft.
Die vorangehenden Überlegungen können ein Schlüssel zur Deutung dieser Bildmotive sein.
Gehen wir zunächst von der Himmelfahrt aus: der Christus war den Jüngern nach der
Auferstehung noch 40 Tage hindurch erlebbar; dass diese »Erscheinung des
Auferstandenen« schon nicht einfach in einem gewöhnlichen irdisch-materiellen Körper
stattfand, geht aus den Evangelienberichten deutlich hervor. Der Leib Christi war mit Tod
und Auferstehung durch eine vollständige Verwandlung, Vergeistigung hindurchgegangen,
war vollständig von geistigem Leben durchdrungen. Wenn ich hier diese Worte gebrauche,
dann meine ich etwas Konkretes und Verstehbares damit. Das Geheimnis der Auferstehung
und des Auferstehungsleibes kann verstanden werden; allerdings würde die dafür
notwendige Erörterung den hier gegebenen Rahmen sprengen. Es gibt aber genügend
Literatur zu diesem Thema. Dieser Leib war jedoch bis zur Himmelfahrt doch noch wie
»begrenzt« und gerade dadurch dem Blick der Jünger überschaubar.
Mit der Himmelfahrt geht der Christus nun aus diesem Zustand der Erdennähe und
Begrenzung in die an die irdische Welt heranreichende ätherische Welt über; er gibt damit
alle irdische Begrenzung auf; schon die äußere Wolkensphäre ist ja nicht begrenzt, sondern
zieht über Kontinente und Ozeane hin ohne Rücksicht auf irgendwelche irdische Grenzen.
Diese Tatsache kann uns Bild werden für den Bereich, in den der Christus sich erhebt, den
Bereich der Entgrenzung, d.h. der Allgegenwart. Himmelfahrt heißt deshalb nichts anderes
als: der Auferstandene geht in eine »erhöhte« Seinsweise, in den Zustand der Allgegenwart
über. Er ist geistig-lebensvoll nun nicht nur in Palästina, sondern über die ganze Erde hin
gegenwärtig: » Siehe, ich bin bei euch alle Tage...« und »Wo zwei oder drei versammelt sind
in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen«.
Die Wolke ist also zunächst ein Bild für den Lebensbereich, der das Allumfassende, die Erde
Umspannende bezeichnet. Sie ist aber auch ein Bild für das sich ständig Wandelnde, das
In-Erscheinung-Treten und Sich-Wieder-Auflösen, das Sich-Erheben und Niedersenken, der
Bereich, der einerseits mit den Kräften des Himmels verbunden ist und doch die Erde
umfasst und befruchtet im Regen.
Wir kommen also mit diesem Bild der Wolke aus der irdischen Begrenzung, die Christus in
den 40 Tagen noch hatte, heraus. Im Bild der Wolke zeigt sich das Allumfassende seines
Wesens, das mit Himmelskräften allgegenwärtig die Erde umspannt und ihr Segen zu
spenden vermag. So lebt Christus seit den Jahrhunderten nach dem Mysterium von
Golgatha mit der Menschheit. In diesem Sinne darf er mit den Worten unseres Credo »der
Herr der Himmelskräfte auf Erden« genannt werden — »lebend im Erdensein «, wie die
Himmelfahrtsepistel sagt, aber dieses Erdensein mit »Himmelssein « »verklärend «.
Von diesem Ausgangspunkt aus kann uns nun auch die »Wolke« als Bild für den Bereich
verständlich werden, aus dem heraus sich die Wiederkunft vollziehen soll. Wenn es heißt:
»Siehe, er kommt mit den Wolken« (Offenbarung), dann bedeutet dies, dass der Blick der
Menschen langsam aufgeht für die neue Nähe Christi, die aus jenem höheren Bereich heraus
wirksam wird, in dem er seit der Himmelfahrt mit der Menschheit lebt und aus dem heraus
er sich gleichsam neu verdichtet, anwesend wird. Denn die Wolke kann nicht nur ins
Unsichtbare entschwinden — das Bild für die Himmelfahrt —, sondern sich aus dem
Unsichtbaren wiederum bilden, sichtbar werden und niederregnen: »Dann werden sie
80
schauen den Sohn des Menschen, wie er kommt in den Wolken (oder im Wolkensein)« (Lukas
21).
Es ist grotesk, diese »Wiederkunft in den Wolken« z. B. so zu deuten, dass Christus, der
schon in Tibet erschienen sei, mit dem Flugzeug, aus den Wolken kommend, in Holland
landen und von dort aus mit Hilfe der modernen Medien seine Ankunft der ganzen
Menschheit mitteilen werde — so vor einigen Jahren mit großem Propagandaaufwand durch
riesige Anzeigen in großen Tageszeitungen Europas und Amerikas von einer esoterischen
Gruppe verkündet.(Benjamin Creme) Hier haben wir das materialistische Gegenbild der
wahren Wiederkunftsereignisse: nicht eine irdische Erscheinung — mit Hilfe der Technik in
äußeren Wolken sichtbar werdend ist gemeint, so wenig sich die Himmelfahrt mittels eines
Flugzeugs vollzogen hat, sondern die Ausbreitung der Kraft des Auferstandenen über die
Erde hin zur Allgegenwart beschreibt; und nicht mit Hilfe der technischen Medien wird
Christus in seiner Wiederkunft der Menschheit zum Bewusstsein kommen, — davon ist
gleich noch zu sprechen. Es muss eben das Bild der Wolke als Ausdruck des
Übersinnlich-»Ätherischen« richtig verstanden werden, dann wird es zum Schlüssel für die
richtige Anschauung der Wiederkunftsereignisse.
81
erhebenden Eindruck eines die Atmosphäre reinigenden und das Gleichgewicht der Elemente
wieder herstellenden Gewittergeschehens mit Staunen und Ehrfurcht hinzugeben«.79
Auch der Blitz wird uns zum Bild: Aus einem ungeheuren Spannungszustand des
Weltgeschehens gehen die Wiederkunftsereignisse hervor — davon wird später noch zu
sprechen sein —, reinigend, Finsternis durchdringend, weite Horizonte wie mit einem Schlag
erhellend.
Zweierlei wird hier damit anschaubar: erstens, dass es sich bei dem Wiederkommenden —
wie gesagt — um keine physisch-materielle Erscheinungsform handeln kann, die einfach
festgehalten werden könnte, sondern die sich gleichsam verdichtet, in einer Lichtgestalt
aufflammen und sichtbar werden, dann aber auch wieder entschwinden kann; zweitens aber
auch: Dieses Aufflammen mit Blitzgewalt steht dem nicht entgegen, dass die darin zutage
tretende Erscheinung — des Engels, des Wiederkommenden — nicht doch auch menschlich
erfassbar, ja sogar in Worten hörbar zu werden vermag. Diese Erscheinung hat zwar
Blitz-Charakter, sie flammt aus einer höheren Welt hernieder — aber sie vernichtet nicht,
sondern erleuchtet und tröstet sogar; der Engel spricht zu den Frauen: »Fürchtet euch
nicht ...«
Wir dürfen dies auch auf die Erscheinung des Wiederkommenden anwenden. Sie stammt
»aus der Wolke«, aus dem Ätherbereich der Erde, der sich im Blitz gleichsam aufleuchtend
verdichtet und seine bis dahin verborgene Gewalt kundtut. Aber diese Gewalt ist gleichzeitig
auch gehalten, sie überwältigt nicht, sondern wird gerade menschlich fassbar.
So sind die Erscheinungen des Wiederkommenden bei allen damit verbundenen
Erschütterungen vor allem auch tröstend, ermutigend, aufrichtend — das geht aus vielen
Erfahrungen unserer Zeit hervor, von denen noch zu sprechen sein wird. Sie sind
»Verdichtungen« aus der Allgegenwart und göttlichen Vollmacht Christi, aber sie wollen dem
Menschen göttliche Nähe, nicht Übermacht bringen. So stellt auch Rudolf Steiner
gelegentlich dar, dass die Nähe des Christus auch wie die eines Menschen erlebt werden
wird; die Erschütterung mag dabei mehr in den vorangehenden Stürmen und Gewittern des
Schicksals erlebbar werden.
Wir sehen: Wenn wir uns auf die Bilder des Evangeliums als Hinweise auf die geistigen
Wirklichkeiten, die sich in solchen Bildern offenbaren, wirklich einlassen, dann werden wir
an richtige Anschauungen der Wiederkunft heran geführt.
79
Walter Bühler; Nordlicht, Blitz und Regenbogen, Dornach 1972, S18
82
den Wolkenbereich« werden wir jetzt recht verstehen — es ist ebenfalls nicht äußerlich
gemeint, sondern deutet die Erhöhung der Bewusstseinskräfte aus der irdischen Begrenzung
in ein umfassendes, irdisch nicht begrenztes Bewusstsein an.
Die Wiederkunft hat also zwei sich ergänzende Voraussetzungen:
-- die Erhöhung der menschlichen Seelenkraft zu einem »ätherischen Schauen«;
dieser Erhöhung kommt wie von oben die andere Bewegung gleichsam entgegen:
—die »Verdichtung« der Christus-Nähe zu einer wirksamen Gegenwartserfahrung, aus der
Allgegenwart zu einer momentan aufleuchtenden Erfahrung unmittelbaren
Gegenwärtigseins.
Das eine ist mit der »Erhebung in die Wolke«, das andere mit dem »Aufflammen des Blitzes«
im Bilde ausgedrückt.
Aus all dem wird deutlich, dass die Bilder von Wolke und Blitz, die im Neuen Testament die
Prophetie der Wiederkunft begleiten, nicht auf eine neue Verkörperung Christi in einer
irdischen Leiblichkeit hindeuten. Damit haben wir einen wesentlichen Ausgangspunkt für die
Betrachtung der Wiederkunftsereignisse gewonnen.
83
Wir können uns deshalb hier auf die Worte aus der Ölberg-Apokalypse beschränken, die ein
deutliches Licht auf den Zeitpunkt der Ereignisse zu werfen vermögen.
»Ich bin«
Können wir versuchen, die Zeit der Wiederkunft näher zu bestimmen? Die Worte vom
»Anfang der Wehen« und »Das ist noch nicht das Ende« können uns darauf hinweisen, dass
84
mit den eintretenden Menschheitskatastrophen, welche mit der Wiederkunft zunächst
einhergehen, nicht etwa das Weltende kommen muss, wie es gerade heute wieder von
vielen Menschen erwartet wird. Finden wir in der Ölberg-Apokalypse noch weitere
Anhaltspunkte? Gibt es charakteristische Hinweise auf den Zeitpunkt der Wiederkunft, nicht
nur allgemeine auf Erschütterungen und Katastrophen, die es auch zu anderen Zeiten
gegeben hat? Gewiss, die heutige Zeit hat Katastrophen neuer Dimension, die man nicht zu
Unrecht apokalyptisch nennen kann: Weltkriege, atomare Bedrohung, Umweltschäden, die
apokalyptische Ausmaße annehmen, ein unerwarteter Einbruch von Krankheiten (Aids). Wir
können in all' dem auch Zeichen der Zeit sehen und mit den apokalyptischen Ereignissen der
Wiederkunft in Beziehung setzen, sind wir doch wirklich in eine »neue Zeit« hineingestellt.
Einiges aber ist in den Texten enthalten, was die Zeit der Wiederkunft mehr von innen und
nicht von apokalyptischen Erschütterungen her charakterisiert, allerdings nicht im Sinne
irgendwelcher Beweise, die es auf diesem Feld sowieso schwerlich geben kann. Hinweise
jedoch können bestimmte Motive des Textes — so meine ich — sehr wohl sein. In diesem
Sinne mögen die Überlegungen der folgenden Abschnitte verstanden werden. Da ist
zunächst das Christuswort: »Seht zu, lasset euch nicht verführen. Denn viele werden kommen
in meinem Namen und sagen ich sei es, und: Die Zeit ist herbeigekommen. Folget ihnen nicht
nach« (Lukas 21,8 in der Luther-Übersetzung). Die Worte, die Luther übersetzt mit »ich sei
es«, heißen griechisch » ego eimi«, das heißt: »Ich bin«. Gewiss kann diese Wendung auch so
wiedergegeben werden, wie Luther es getan hat; sie weist aber doch noch auf einen
anderen Tatbestand. Denn es ist mit diesem Wort nicht nur gemeint, dass Menschen
auftreten werden, die sich selbst für den Wiederkommenden ausgeben werden — wie wir es
in unserer Zeit in der Tat erleben; man denke an den erstaunlichen Anspruch, den heute
manche östliche Gurus erheben—: sondern mit diesem »ich bin« ist {wie auch Emil Bock in
dem erwähnten Kapitel darstellt) die gegenwärtige Stufe der menschlichen Ichentwicklung
gemeint, die an ihrem Höhepunkt angelangt ist. Dies von überall her schallende »Ich bin« ist
die eigentliche Signatur und Problematik unserer Zeit und ihrer ins Unabsehbare
wachsenden Schwierigkeiten, was wohl kaum eingehender Darstellung bedarf. Natürlich hat
es auch in der Vergangenheit Egoismus gegeben und — etwa in der Renaissance —
Persönlichkeiten, die als »Ich-Menschen« besonderer Prägung aufgetreten sind, aber das
waren damals Einzelne. Heute wird das allgemein-menschlich, jeder Mensch entwickelt
heute eine deutlich erlebbare Ichhaftigkeit, was zunächst besonders an den negativen
Folgen sichtbar wird: gewaltige Gemeinschaftsprobleme überall, bis in die Familien und die
Ehen hinein; Problematik im Zusammenarbeiten aller Art; das einseitige Streben nach
Selbstverwirklichung, Emanzipation; die schwindende Bereitschaft, für andere da zu sein in
Berufen, die sehr viel persönlichen Einsatz und Opferkraft verlangen (wobei schlechte
Bezahlung ein stark wirkendes, aber doch nicht das einzige wirksame Motiv ist). Manches
andere, dem Leser Bekannte, wäre noch hinzuzufügen.
Ich möchte nicht missverstanden werden: Diese ganze Entwicklung ist notwendig für das
Selbständigwerden, die wirkliche Selbstfindung, die zu gewinnende innere Freiheit des
einzelnen Menschen; sie gelangt in unserer Zeit an den gekennzeichneten Höhepunkt und
soll in Zukunft in positive Entwicklungen übergehen.
Denn nicht umsonst ist die Zeit des menschlichen Ich nicht nur die Zeit menschheitlicher
Probleme und Auseinandersetzungen, sondern auch die Zeit der Wiederkunft; die tiefen
Schatten unserer Zeit weisen auf das umso hellere Licht, das in ihr aufleuchten soll. Nur
wenn das menschliche Ich sich in sich verschließt, wird es zum Problem und zum Keimpunkt
der zerstörerischen Kräfte. In der Weltentwicklung kann und soll aber ganz etwas anderes
mit dem freiwerdenden Ich, dem sich bewusst ergreifenden Menschen als Möglichkeit
85
entstehen, Wir haben es heute in der Hand, dem Egoismus zu verfallen und damit uns selbst
und die Welt zutiefst zu schädigen; wir können uns aber auch bewusst und frei dem Geist
und damit einer Menschheitszukunft zuwenden, in der der zu seinem innersten Wesen
erwachte Mensch der Partner der Gottheit zu werden beginnt.
Rudolf Frieling hat darauf hingewiesen, wie das berühmte Pauluswort: »Nicht ich, sondern
Christus in mir« ja ein funktionierendes, kräftiges Ich voraussetzt. Denn es kann sich bei dem
»Christus in mir« nicht um ein »Christus anstelle meines Ich. handeln, etwa im Sinne eines
mediumistischen Verhältnisses zur geistigen Welt oder gar einer Besessenheit, bei der an die
Stelle des menschlichen Ich ein anderes geistiges Wesen — und sei es auch ein sehr hohes —
tritt und der menschliche Anteil vollständig verdrängt wird.
Das kann im Christentum nicht gemeint sein. Wenn in der Menschenweihehandlung, dem
erneuerten Gottesdienst der Christengemeinschaft, immer wieder das »Christus in euch«
ertönt, so ist bereits die bewusste, ichhafte Persönlichkeit vorausgesetzt. Ja, wir müssen
geradezu sagen: Dass Christus sich damals bei seiner Himmelfahrt« von dem Erdenleben der
Menschen zurückzog, hatte vor allem auch den Sinn, die Menschheit erst einmal voll zu sich
selbst kommen zu lassen. Wäre er ihr in dem damaligen Seelenzustand gegenwärtig
geblieben, wo die Menschen im allgemeinen noch viel offener für Geistiges, ja in gewisser
Weise kindlicher waren als heute, hätten wir Menschen nie aus der eigenen Kraft unsere
Identität finden können. Seine Gegenwart wäre allbestimmend und überwältigend gewesen
und hätte keine Entwicklung zur Freiheit und Selbstbestimmung zugelassen. Erst in unserer
Zeit ist die Menschheit dazu herangereift, über die negativen Auswirkungen des »Ich bin«
hinauszugehen und nicht nur aus frommer Kindlichkeit, sondern aus dem Vollbesitz des
Ichbewusstseins heraus zu sagen: »Nicht ich, sondern Christus in mir«, ohne sich dabei zu
verlieren.
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offenbarenden Gott zu ertragen und ihm frei gegenüberzustehen, ohne sich zu verlieren,
aber auch ohne sich in sich selbst verschließen zu müssen. Gott will in Zukunft nicht Diener
und Knechte, die sich ihm unterwerfen; schon im Johannes-Evangelium spricht es Christus
aus: »Ich nenne euch nicht mehr Knechte: ich habe euch Freunde genannt...« (15,15). Den
hier besprochenen Schlussworten vom »Stehen vor dem Menschensohn« gehen schon
andere voraus, die in die gleiche Richtung weisen; Christus sagt: »Wenn dieses anfängt zu
geschehen, so richtet euch auf und erhebet den Sinn zum Geiste...« (Lukas 21,28). Auch hier
wird vom Sich-Aufrichten gesprochen, das zum Aufrecht-Stehen führt; die freie Betätigung
der Ich-Kraft wird so im Zusammenhang mit der Wiederkunft geradezu gefordert. Der zweite
Teil des Satzes heißt wörtlich: »... und erhebet eure Häupter«; gemeint ist wohl kaum ein
überhebliches »den Kopf oben tragen«; worauf es aber gerade bei der Wiederkunft
ankommt, ist, dass der Mensch in seinem Bewusstsein, mit seinem Verstand — also mit
seinem Haupte — wieder eine Beziehung zur geistigen Welt gewinnt; denn das Ich kann sich
letztlich nur an etwas anschließen, was es versteht und deshalb auch von sich aus wollen
kann. Gerade in der Zeit, in der die Menschen durch die Ich-Entwicklung
auseinandergetrieben werden, brauchen sie ein umso stärkeres Bewusstsein und
Verständnis von einer gemeinsamen Verantwortung vor der göttlichen Welt, die dem
einseitigen Egoismus entgegenzuwirken vermag. So steht auch dieses Wort von der
»Erhebung der Häupter« in direkter Beziehung zu der unserer Zeit zufallenden Aufgabe.
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Wollte man die hier angedeuteten Tatsachen im Bild darstellen, könnte an die ausbrechende
Knospe gedacht werden — in der Tat das Bild, das Christus zur Beschreibung seiner
Wiederkunft heranzieht. Denn in der Knospe sind ja zunächst, solange sie im winterlichen
Zustand verharrt, die Lebenskräfte der Pflanze ganz zurückgezogen und ohne Kontakt mit
dem Umkreis; das Leben ist ganz innerhalb der Knospenhülle. Erst wenn die Frühlingssonne
mit Licht und Wärme die Pflanze berührt, fangen die Lebenskräfte an, über diesen
eingeschlossenen Zustand hinauszustreben: Die Knospe öffnet sich, nimmt Verbindung mit
den Kräften des Umkreises auf; sie beginnt zu wachsen, zu blühen, zu fruchten; der
abgeschlossene Winterzustand geht in ein neues Werden über.
Wir sehen, wie das Bild der aufbrechenden Knospe noch einen weiteren, mit der
Wiederkunft und zugleich mit innermenschlichen Entwicklungen unserer Zeit
zusammenhängenden Sachverhalt deutlich macht: das neue Aufbrechen der Lebenskräfte,
der ätherischen Kräfte im Menschen. Das neue Herannahen des Christus in der ätherischen
Welt ist wie ein geistiges Sonnenereignis, ein Frühlingsbeginn. Von dieser Sonne geht die
Wirkung aus, welche die winterlich gewordenen, in sich abgeschlossenen Lebenskräfte des
Menschen herausruft und in neue Lebendigkeit, in neues Wachstum herüberführen will.
Zwei wichtige Phänomene sind es also, die uns in vollem Maße berechtigen, die in der
Ölberg-Apokalypse angedeuteten Zeichen der Wiederkunft auf unsere Zeit zu beziehen:
—das Heranreifen der Ich-Kräfte, das uns Menschen die Möglichkeit geben soll, »zu stehen
vor dem Menschensohne«, ohne uns zu verlieren —, und gleichzeitig unsere Gedanken zu
einem neuen Verstehen der geistigen Welt zu erheben;
—die »Lockerung« der Lebenskräfte, die von Christus im Bild der aufbrechenden Knospe für
sein Wiedererscheinen vorausgesagt wird.
Beide Zeichen finden in unserer Zeit eine erste Erfüllung.
Daneben stehen Gefährdungen; das kann nicht anders sein, denn die »Lockerung« bringt es
mit sich, dass alte, verlässliche Stützen nicht mehr tragen und neue noch nicht da sind, vor
allem noch nicht gleich auf neue Art da sind. An gefährdenden Erscheinungen seien
hervorgehoben:
1. auf geistigem Feld :
—die geistige Aufgeschlossenheit hat oft zu große Naivität, ja Urteilslosigkeit im Gefolge;
—das Suchen nach geistiger Erfahrung macht anfällig für Irrwege in die geistige Welt;
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—es treten, oft im Gefolge von Meditationsversuchen, heute sehr leicht abnorme seelische
Zustände auf: ebenfalls Angstzustände, Halluzinationen, visionäre Erlebnisse usw. bis hin zu
Geisteskrankheit;
—Neigung zum »Aussteigen«, Abwenden vom tätigen Leben;
—Unfähigkeit, das Schicksal zu ordnen;
—Abneigung gegen Verantwortung;
3. im Bereich der Lebenskräfte:
—Übersensibilität und Labilität als Schwäche;
—labile leibliche Konstitution;
—geringe Leistungsfähigkeit;
—Anfälligkeit für »undefinierbare« Krankheiten;
—Nervosität.
Es ist wohl deutlich, dass hier Chance und Gefahr sehr dicht beieinanderliegen; die Chance
besteht in einer beginnenden Umwandlung aller Lebensverhältnisse für die Menschheit, die
eine neue Beziehung zur geistigen Welt gewinnen soll. Die Gefahr liegt darin, dass die
freiwerdenden geistigen Kräfte nicht richtig gestärkt und gefestigt oder eben in falscher
Weise ergriffen werden; u. a, durch östliche Meditationen.
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mit sich bringt und in manchen Bereichen schon anfänglich realisiert hat. So könnten die
beiden Bildworte von den Wehen und der Knospe für uns im Blick auf die Untergänge und
die Zukunftsmöglichkeiten unserer Zeit einen konkreten Inhalt bekommen.
Ich habe hier zwei Bereiche, die mir nahe liegen, besonders hervorgehoben: die
Christengemeinschaft und die anthroposophische Bewegung. Das soll nicht heißen, dass
nicht auch auf vielen anderen Feldern Neuansätze, Zukunftsimpulse da sind: z. B. auf
sozialem Feld, im kirchlichen Bereich, in der ökologischen Bewegung, in der Kunst. Überall
wird ja heute empfunden, dass etwas Neues kommen muss, das den Auswirkungen der
einseitigen Ich-Entwicklung entgegenwirkt, weil es mit den heute in der Menschenseele
vorhandenen Möglichkeiten rechnet.
90
zusammenhing, die sozusagen viel sensibler für die geistige Umwelt waren und in die
geistigen Hintergründe von Natur, Mensch und Kosmos hineinschauen ließen. Damit war
auch ein anderer Blick auf den Sternenhimmel und die Sonne möglich. Sie erschienen nicht
(nur) ihrer äußeren Seite nach, sondern wurden wesenhaft erlebt, mit Leben und Geistigkeit
erfüllt; ein Nachklang davon lebt in den Bezeichnungen von Sterngruppen als Sternbilder.
Vor allem aber war noch vielfach ein Bewusstsein davon vorhanden, dass sich im
Sternenhimmel auch ein Bild der eigentlichen ewigen Heimat des Menschen, aus der jede
Menschenseele stammt, darbietet. Das alte Hellsehen erlosch, und an seine Stelle trat der
nüchterne Blick in die Welt, auch in die Welt der Sterne. Mit der beschriebenen Lockerung
geht nun in unserer Zeit auch ein erstes Aufflammen einer neuen Hellsichtigkeit einher, wie
wir bereits angedeutet haben. Sie hat nicht nur das neue Erscheinen Christi zum Inhalt,
sondern wird auch ein neues Verhältnis zur Welt begründen; das veränderte
»Umweltbewusstsein bei vielen Menschen heute ist auch ein Zeichen dafür, ein erster
Anfang; auch zu den Sternen wird eine neue Beziehung entstehen. Die Sterne werden
wieder zu Zeichen und »Rufern« der höheren Welt werden und den Menschen an seine
geistige Heimat gemahnen. Das ist mit den Worten »... Es werden Zeichen erscheinen an
Sonne, Mond und Sternen... « zunächst angedeutet.
So sehen wir auch diese drei Motive aus Lukas 21 im Zusammenhang mit der Bewegung der
ätherischen Kräfte verständlich werden.
Bevor wir nun einen entscheidenden nächsten Schritt in unserer Betrachtung machen,
wollen wir noch einmal auf die bisherigen Ausführungen zurückblicken. Wir haben
feststellen können, dass sich nach den Bildern, die im Neuen Testament auftreten, die
Wiederkunftsereignisse nicht im irdisch-materiellen Leib abspielen werden, sondern als
geistige Ereignisse stattfinden: Wir haben von der ätherischen Welt gesprochen, die mit
ihren Kräften alles Irdische geistig durchdringt und in der die entsprechenden Ereignisse
stattfinden, die sich dann bis zu äußeren Wahrnehmungen verdichten und wieder auflösen
können — wie eine Wolke, die sich aus dem Unsichtbaren verdichtet und eventuell wieder
dahin entschwindet. Wie ein Blitz, der aufflammt. Wir haben davon gesprochen, dass viele
Hinweise im Neuen Testament gerade auf unsere Zeit als den Beginn der Wiederkunft Bezug
haben: Insbesondere die Entwicklung des Ich-Bewusstseins, aber auch die Lockerung der
Lebenskräfte im Menschen mit den damit verbundenen vielfältigen Phänomenen:
— Aufbrechen eines neuen Schauens, das auch zu einer neuen Verbindung mit der irdischen
und kosmischen Umwelt führt;
—andererseits tiefe Angsterlebnisse vor allem bei den Menschen, die ihre Stütze allein im
Materiellen suchen;
—die Notwendigkeit, den »Sinn« in einer neuen Art »zum Geiste zu erheben.;
— die Hilfen, die dafür durch die Anthroposophie und das erneuerte religiöse Leben gerade
unserer Zeit erwachsen.
Es zeigte sich auch, dass die Wiederkunftsgeschehnisse erst der Anfang einer großen
weltgeschichtlichen Phase innerhalb der Menschheitsgeschichte sind — der »Anfang der
Wehen«, wie es im Evangelium heißt — und das Erdenende mit dem »letzten Gericht« in
einer weiten Zukunft anzusetzen ist.
Ich möchte hier noch einmal betonen, dass ich meine Darstellung nicht im Sinne einer
schlüssigen Beweisführung verstanden wissen möchte. Meine Absicht ist es, auf
Zusammenhänge hinzuweisen, die bei genauerer Betrachtung zwischen den
Evangelienschilderungen und den inneren Entwicklungen der Menschheit sichtbar werden.
Dabei ergibt sich die Aktualität der Wiederkunftsprophetie für unsere Zeit und die nächste
Zukunft und damit ein tieferes Verständnis der gegenwärtigen Menschheitssituation.
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Die sogenannte Naherwartung Christi
Da die Frage der Naherwartung in der Theologie im Hinblick auf die Wiederkunft eine große
Rolle spielt, wollen wir hier noch etwas ausführlicher darauf eingehen.
Kein geringerer als Albert Schweitzer hat in seinem grundlegenden Buch »Geschichte der
Leben-Jesu-Forschung« (Erstauflage 1906) diese Frage in das allgemeine Bewusstsein
gerückt. Schon zu seinen Lebzeiten habe — so Schweitzer — Jesus das Kommen des
Gottesreiches erwartet — etwa bei der ersten Aussendung der Jünger (Matthäus 10). Für
Schweitzer ist klar, »dass diese Weissagung nicht in Erfüllung ging. Die Jünger kehrten zu ihm
zurück, und die Erscheinung des Menschensohnes fand nicht statt...«. Danach habe Jesus den
Leidenstod herbeigeführt, um das Kommen des Reiches gleichsam zu erzwingen; aber auch
in dieser Erwartung habe er sich geirrt. Schweitzers Argumentation ist auch heute weithin —
obschon mit deutlichen Differenzierungen — anerkannt.
Es sei eines der eindrucksvollsten Beispiele genannt, aus dem ohne weiteres hervorzugehen
scheint, Christus habe selbst die Meinung gehabt, dass die Wiederkunft bald eintreten
werde. Wir finden die entsprechende Aussage bei Matthäus 16, 27-28. Da heißt es: »Denn es
wird geschehen, dass des Menschen Sohn kommt in der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen
Engeln. Und alsdann wird er einem jeden vergehen nach seinen Werken. Wahrlich, ich sage
euch, es stehen einige hier, die den Tod nicht schmecken werden, bevor sie des Menschen
Sohn kommen sehen in sein Reich.« Entsprechendes findet sich bei Markus 9,1 und Lukas
9,27. Für die Theologie ist dies ein klassisches Beispiel unerfüllt gebliebener Naherwartung.
Walter Grundmann z.B. schreibt in seinem »Kommentar zum Matthäus-Evangelium« (1968):
»Die Aufnahme dieses Wortes durch Matthäus zeigt, dass er die Naherwartung teilt.« Wir
müssen uns klarmachen, dass die Verlässlichkeit der Aussagen Christi jede Grundlage verliert,
wenn sich Christus in einem so wesentlichen Punkt über seine eigene Zukunft geirrt hat.
Deshalb ist die Antwort auf die Frage, ob hier ein Irrtum vorliegt, von entscheidender
Bedeutung für vieles andere, was wir mit dem Christuswort verbinden.
Nun folgt aber auf dieses Christuswort im Matthäus-Evangelium ein weiteres wichtiges
Ereignis. In Kapitel 17 schließt sich direkt an dieses Zitat die Verklärung Christi auf dem Berge
an, bei der drei von seinen Jüngern, Petrus, Jakobus und Johannes, seiner Lichtgestalt
ansichtig werden. Das Entsprechende sehen wir bei Markus 9, 2 und Lukas 9,28 ff. Wir haben
hier ein sehr deutliches Beispiel dafür, dass das Evangelium oft Fragen durch die Art der
Komposition, das heißt durch die Zusammenstellung der Ereignisse, beantwortet. Das ist
auch hier der Fall, denn diese Schauung, die den drei Jüngern auf dem Berg der Verklärung
zuteil wird, ist ja nichts anderes als die Erfüllung des Wortes vom Ende des 16. Kapitels.
Emil Bock hat in seinen Evangelienbeiträgen in einleuchtender Art darauf hingewiesen: »Hier,
so meint man, spreche Christus von dem kommenden Weltgericht am Jüngsten Tage, zu
welchem er selbst als Richter wiederkommt. Der Hinweis, dass einige nicht sterben, bis dass
dies geschieht, sei eine Zeitangabe: unter denen, die vorn Jüngsten Tage lebend angetroffen
werden, sind noch solche, die jetzt schon leben. Auf Grundlage dieser Auffassung muss man
dann sagen: Die Jünger sind alle gestorben, und der Jüngste Tag ist noch nicht
hereingebrochen; also hat Jesus sich getäuscht. Und doch gibt gerade hier das Evangelium
selbst — durch die verschwiegene, aber eindringliche Sprache der Komposition — in
wunderbarer Anschaulichkeit ein Bild davon, wie sich das Christus-Wort tatsächlich erfüllt hat.
Unmittelbar nach dem Wort >Es stehen etliche hier..., fährt das Evangelium fort: >Und nach
sechs Tagen nahm Jesus zu sich Petrus und Jakobus und Johannes und führte sie abseits auf
einen hohen Berg und ward verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne,
und seine Kleider wurden weiß wie ein Licht..., Da sehen etliche, die als Zuhörer dabeistanden,
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als Christus sprach, >des Menschen Sohn kommen in seinem Reich ... in der Herrlichkeit
seines Vaters mit seinen Engeln.< Wir haben in den letzten Betrachtungen davon gesprochen,
dass Moses und Elias wie zwei Engelsgestalten zur Seite Christi sind. — Und vergolten wird
auch auf dem Berge der Verklärung einem jeden nach seinen Werken. Das Erleben der
Verklärung selbst ist die Vergeltung; in der verschiedenen Art dieses Erlebens spiegelt sich
das innere Leben eines jeden Jüngers wie in einem Fazit wieder. Den verklärten Christus
schauen dürfen, ist göttlicher Lohn, ihn nur dumpf oder nicht zu erleben, ist göttliches Gericht.
Für die drei Jünger ist auf dem Berge der Verklärung der Beginn der Wiederkunft Christi
bereits eingetreten, obwohl Christus noch gar nicht gestorben ist. Für sie ist auch
der >Jüngste Tag< schon angebrochen. Der Keim ist gelegt, und nun wächst das Wunder des
kommenden Menschensohnes im Schoße der Menschheit.«
Wenn wir uns auf die Darstellung einlassen, dass der Beginn des Gottesreiches schon in der
Verklärung auf dem Berge liegt, gewinnen wir erneut einen Blickpunkt dafür, dass sich die
Wiederkunft nicht in irdisch-materiellen Tatsachen erfüllen muss, sondern gerade in solchen
Ereignissen, wie sie auf dem Berg der Verklärung stattgefunden haben: als Ahnungen oder
hellsichtige Wahrnehmungen der Gegenwart des Christus. Mit anderen Worten: Die
Wiederkunft beginnt in dem Moment, wo die Menschen fähig werden, die immerwährende
übersinnliche Gegenwart Christi wieder als eine volle Wirklichkeit zu erleben und
wahrzunehmen. Dies ist für drei Menschen auf dem Berg der Verklärung der Fall und setzt
sich zum Beispiel in dem Erleben des Paulus vor Damaskus fort; es soll, wie wir sahen, in
unserem Jahrhundert und in weiterer Zukunft nicht nur für einzelne, sondern für zahlreiche
Menschen wirksam zu werden beginnen.
Hiermit ist ein wichtiger Gesichtspunkt der Anschauung, Christus habe sich über seine eigene
Zukunft geirrt, in sich zusammengefallen. Weitere wesentliche Beispiele sollen später
herangezogen werden. Es wird sich dabei zeigen lassen, dass man schon mit der
vorgefassten Meinung, die Wiederkunft Christi müsse sich in einer bestimmten Art
vollziehen, an die neutestamentlichen Aussagen herantreten muss, um die deutlichen
Zeichen, die z. B. in der Komposition der Evangelien enthalten sind, zu übersehen: dass diese
Aussagen ja bereits eine erste Erfüllung gefunden haben. Der vermeintliche Irrtum Jesu
erweist sich als ein — allerdings recht naheliegender — Irrtum der Theologen.
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dann wird das Ende kommen.« Auch hier sehen wir den weltumspannenden Auftrag, das
Evangelium zu verkünden, einer einseitigen Naherwartung entgegenstehen. Jede
Menschenseele soll auf der Erde Christus begegnen können, bevor die Erde ihre Bedeutung
für die Menschheit verliert und untergeht.
Andere Belege dafür, dass Christus selbst keineswegs an eine nahe Erfüllung seiner
Wiederkunft für die Menschheit — nicht für Einzelne, wie Matthäus 16 oder wie bei Paulus
vor Damaskus — dachte, haben wir schon in der bisherigen Darstellung herangezogen.
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verbindet und sie damit erstmals in sein Lehren und Wirken einbezieht, das heißt eben:
aussendet mit selbständiger Verantwortung und Vollmacht.
Dabei ist die Tatsache, dass die Jünger — wie bei Markus und Lukas zu sehen ist — dann
auch einige selbständige Verkündigungsversuche machen, für Matthäus nur ein
momentaner Sonderfall, der von ihm nicht einmal berichtet wird! Er richtet den Blick auf die
umfassende Kraft, die sich erstmals den Jüngern als Aussendung mitteilt, sie aber dann bis
an ihr Lebensende zu Trägern des Heils werden lässt.
In diesem Zusammenhang werden auch die Wendungen der Aussendungsrede in Matthäus
10 verständlich, die sich auf Verfolgungen und Bedrohungen beziehen, welche die Jünger
erfahren sollen, die doch erst nach dem Tode Christi so eingetreten sind. Auch daran ist
abzulesen, dass diese Rede eine viel umfassendere Zeitperspektive hat, als Schweitzer
bemerkte. Solche Wendungen fehlen übrigens dann auch bei den Aussendungen nach
Markus und Lukas.
Auch in Matthäus 10 ist also nicht von einer Naherwartung im üblichen Sinne die Rede, noch
müssen wir etwa einen fundamentalen Irrtum Christi daraus ableiten. Eine unbefangene
Betrachtungsweise lehrt erneut, dass der Irrtum nicht beim Evangelium oder bei Christus,
sondern in der verengten theologischen Auffassung zu suchen ist. (Damit sollen die
Verdienste Albert Schweitzers keineswegs geschmälert werden — sein Buch über die
»Geschichte der Leben-Jesu-Forschung« ist in vieler Hinsicht grandios —, nur ist eine gewisse
Begrenzung in der hier besprochenen Richtung nicht zu verkennen.)
»Wir bemerkten an einer früheren Stelle (S. 38f.), dass das Wort >Parousia< weniger auf ein
Kommen als auf ein Gegenwärtigsein hindeutet. Der Auferstandene, der gesprochen hat: >Ich
bin bei euch alle Tage< [Matthäus 28, 20], ist gegenwärtig. Sein >Kommen< vollzieht sich auf
dem Felde des menschlichen Bewusstseins, das zu diesem Tatbestand aufwacht, wodurch
dieser erst wahrhaft beim Menschen >ankommt<. Diese prinzipielle Einsicht muss aber doch
noch durch einen anderen Aspekt ergänzt werden: dass bei diesem Erwachen des Menschen
auch der Christus, obwohl bereits gegenwärtig, eine Aktivität von seiner Seite aus entfaltet.
Im 28. Matthäus-Kapitel beispielsweise wird berichtet, wie der Auferstandene bei den
Jüngern auf dem Berge weilt, wie sie aber nicht alle bewusstseinsmäßig dem Erlebnis
gewachsen sind. >Etliche aber zweifelten< (28,17). Darauf tut der sich manifestierende
Christus von sich aus etwas Zusätzliches, um dem mangelhaften Wahrnehmungsvermögen
entgegenzukommen. >Er trat an sie heran< (28,18), und nun kann er auch zu ihnen sprechen.
— In ähnlicher Weise macht der sich offenbarende Auferstandene bei der Szene am See
Tiberias eine solche >Bewegung auf die Jünger zu<. Diese johanneische Erzählung lässt
durchblicken, dass es Helligkeitsgrade des übersinnlichen Bewusstseins gibt. Die Jünger
schauen die Gestalt am Ufer, aber >sie wussten nicht, dass es Jesus sei< (21,4). Dem
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Lieblingsjünger leuchtet als erstem die Erkenntnis auf: >Es ist der Herr< (21, 7). Ans Land
gestiegen, halten sie mit dem Auferstandenen das Frühmahl. >Niemand wagte ihn zu fragen,
wer bist du?; denn sie wussten, dass es der Herr ist< (21,12). Es ist ein seltsamer
Schwebezustand zwischen dem Nichtwissen und Doch-Wissen. Fr. Rittelmeyer sprach einmal
von dem >Traum-Geruch< dieser wundersamen Szene. Da >kommt< Jesus und nimmt das
Brot ... (21,13). Wieso >kommt< er, da er doch mit den Jüngern am brennenden Kohlenfeuer
zum Mahle beisammen ist? Wiederum haben wir in diesem >Kommen< wohl eine solche
Bewegung von der Seite des Übersinnlichen her auf das unzureichende Erdenbewusstsein zu
anzunehmen, — In dieser Weise ist auch bei der Wiederkunft eine Dynamik von Seiten des
Christus im Spiele, eine Bewegung auf die Menschen zu. Dadurch ist der mehr passive Aspekt
zu ergänzen, der darin liegt, dass laut Luk. 17,30 die Wiederkunft der Tag ist, an welchem
der Menschensohn >apokalyptetai<, >enthüllt<, >entdeckt<, wird. Dass er etwas von sich aus
zu diesem Enthüllt-werden hinzutut, ist bei Paulus mit dem >Herabsteigen vom Himmel< (1.
Thess. 4,16) ausgesprochen.
Gleichwohl führt ihn dieser >Abstieg< noch nicht einmal in den unteren Bereich der >sarx<. Er
betritt den materiellen Boden nicht ein zweites Mal, sein Herabsteigen ist ein herablassendes
Entgegenkommen innerhalb der übersinnlichen Welt, die in sich selbst abgestuft ist. Paulus
weiß zwischen einem ersten, zweiten und dritten Himmel aus eigener leibfreier Erfahrung zu
unterscheiden (2. Kor. 12,2). In der buddhistischen Erzählung vom Hingange Buddhas wird
ein Sich-auf und-nieder-Bewegen zwischen den verschiedenen Stufenbereichen der höheren
Welt wie mit Selbstverständlichkeit konkret geschildert. Aber auch im Neuen Testament sind
solche Wahrheiten nicht unbekannt. Der Hebräerbrief spricht von Christus als dem großen
Hohen Priester, der >die Himmel durchschritten< hat (4,14). So kommt bei seiner
Wiederkunft der Christus den Menschen sozusagen bis an den untersten Rand der
übersinnlichen Welt entgegen, und die Folge ist, dass nunmehr die Menschen ihrerseits
emporsteigen können zur >Begegnung< im Übersinnlichen. Bei seinem Absteigen durch die
Geistessphären durchwandert der Christus auch die Region, wo die im Herrn Verstorbenen
weilen — >und die Toten in Christo werden auferstehen zuerst<. >Danach werden wir, die auf
der Erde lebend zurückgeblieben sind, zugleich mit ihnen empor gerissen werden in den
Wolken zur Begegnung mit dem Herrn in die Luft, und so werden wir allezeit mit dem Herrn
sein, (1. Thess. 4, 16.17). Die große Bewegung nimmt ihren Ausgang im Bereich der
Verstorbenen, so wie zu Ostern das Karsamstag-Geschehen vorausgeht. Auch die Welt der
Verstorbenen geht durch Metamorphosen. Was bei Paulus knapp zusammengedrängt ist,
deutet auf eine künftige Phase in den Beziehungen zwischen Lebenden und Toten hin, wo die
Trennung durch den Erdentod einem Zusammenleben höherer Art nicht mehr im Wege
steht. >Wir zusammen mit ihnen.< Der Hinweis auf die >Wolken< stellt die Verbindung zur
Himmelfahrt her. Damals verloren die auf Erden >Hinterbliebenen< den Emporsteigenden aus
ihren Geistesaugen, er entschwand ihnen in die Wolken hinein. Jetzt schauen sie ihn nicht nur
aus den Wolken heraus sich wieder offenbarend, sie werden selbst in ein höheres Dasein
emporgehoben und finden sich, jetzt nicht mehr >Hinterbliebene<, mit den Verstorbenen
zusammen. Die >Luft<, in welche die Erdenmenschen entrückt werden, ist Wahr-Bild für die
Entschränktheit der neuen Daseinsweise, welche die Erdenschwere überwunden hat — die
Gegenbewegung zum >Falle< Adams. Das Wort >harpazein<, das für die Entrückung ins
Lüftereich gebraucht ist, deutet auf einen nicht undramatischen, nicht eben sanften Vorgang
hin. Die Menschenseelen, die sich mit >klammemden Organen< in das materielle Dasein
hineingelebt haben, werden den Todesmächten der Materie >entrissen< durch die erlösende
Christuskraft.«
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Wir sehen, dass bei einer entsprechenden Betrachtung auch für sehr schwierige Texte eine
sachgemäße, verständige Erklärung gegeben werden kann. Hier interessiert nun noch
besonders die Tatsache, dass Paulus eventuell die Wiederkunft doch zu seinen Lebzeiten
erwartet hat, was aus den Worten »... danach wir, die aufgesparten Lebenden .. .«
hervorzugehen scheint. Paulus schließt sich in die Schar derer ein, die bei der neuen
Christuserscheinung zu den »aufgesparten Lebenden« gehören werden. Er tröstet ja auch
die, welche Verstorbene zu beklagen haben und nun darüber Sorge tragen, dass diese
Verstorbenen keinen Anteil an der Wiederkunft gewinnen können, mit der Einsicht, dass
auch im Reich der Verstorbenen die Wiederkunft Christi erlebbar werden wird — sogar noch
bevor sie im Bewusstsein der Lebenden ankommt. In Bezug auf die Wiederkunft gibt es
keine Trennung von Lebenden und Toten.
Dass Paulus hier — und auch an anderen Stellen seiner Briefe — die Naherwartung vertritt,
ist nicht ganz auszuschließen — vielleicht aber hat er hier gar nicht eine spezielle. Aussage
darüber im Auge, sondern will nur ganz allgemein über das Verhältnis von Lebenden und
Verstorbenen zum Wiederkommenden sprechen. Andererseits lebte er als jemand, der vor
Damaskus bereits die »Nähe« des Wiederkommenden wahrgenommen hatte, ganz gewiss
unter dem besonderen Eindruck dieser Nähe und hat sie vielleicht schon deshalb auch als
Naherwartung in sich getragen. So können wir hier Albert Schweitzer auch eher zustimmen,
wenn er in seinem Paulus-Buch sagt: »Vom ersten bis zum letzten Briefe sind die Gedanken
Pauli immer in derselben Weise von der Erwartung der nahen Wiederkunft Jesu, des Gerichts
und der messianischen Herrlichkeit beherrscht...«
Das Zusammenrücken von Wiederkunft, Endgericht und messianischer Herrschaft ist dabei
noch einmal besonders zu bedenken. Es kommt nämlich dabei noch etwas anderes in
Betracht: Emil Bock schildert, wie im Judentum in der pharisäischen Schulung — Paulus war
ursprünglich Pharisäer — gewissermaßen ein zu »hitziges«- Erwarten der Zukunft ein
wesentlicher Antrieb war. In der mit dieser Schulung verbundenen prophetischen Schau
schoben sich dadurch weiter entfernt liegende Ereignisse und nah gelegene gleichsam
ineinander; eine Verkürzung der Zeitperspektive trat dadurch ein. Was erst in fernerer
Zukunft zu geschehen hatte, erschien in dieser Schau drängend nah, unmittelbar an die
Gegenwart herangerückt. Von daher ist der Charakter der »jüdischen Apokalyptik«
verständlich, welche Weltuntergangs- und Endzeitstimmungen in die damalige Zeit
hineintrug und sich dann wohl auch in manchem urchristlichen Kreise als Naherwartung
niedergeschlagen haben mag. Auch bei Paulus mag dies zeitweise der Fall gewesen sein.
In ähnlicher Weise äußert sich auch Rudolf Frieling in dem erwähnten Buch:
»Die Urchristenheit stand zunächst einmal unter dem gewaltigen Eindruck und unter der
dynamischen Einwirkung des Auferstehungs-Ereignisses. Was da aus ferner Zukunft des
Jüngsten Tages in nächster Nähe eingeschlagen hatte, rückte durch die Unmittelbarkeit des
Erlebens diesen Jüngsten Tag selbst wie in greifbare Nähe. Bei einer Wanderung kann es
beispielsweise geschehen, dass schon im Beginn das ferne Ziel sich dem Auge zeigt, das dann
im weiteren Fortsetzen des Weges wieder hinter Wäldern und Bergzügen verschwinden mag,
obwohl man ihm allmählich näherkommt. Ein solches prophetisches Vor-Aufleuchten des
fernen Zieles wurde offenbar der Urchristenheit zuteil in ihren enthusiastischen Erfahrungen,
wie sie in der Apostelgeschichte geschildert werden. Es wehte Zukunftsluft herein. In diesem
Zusammenhang muss wohl auch die sogenannte Nah-Erwartung, gesehen werden, die man
der Urchristenheit anlastet. Kein Zweifel, dass man den Jüngsten Tag nahe herbeigekommen
wähnte. Man sah das Künftige in jener >perspektivischen< Verkürzung, die oftmals bei
prophetischen Vorblicken zu beobachten ist. Sie braucht gegen die Wahrheit des
Prophezeiens nichts zu beweisen, nur stellt sich dann heraus, dass der Verlauf der Ereignisse
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sich sehr viel komplizierter, mehrschichtiger und langwieriger gestaltet, als es nach dem
Schau-Bilde anzunehmen gewesen war, das langdauernde Entwickelungen in eines
zusammendrängen kann... — Man sollte der >Nah-Erwartung<, ehe man sie in billiger Kritik
als Illusion abtut, ein im Gefolge des blitzartig einschlagenden Oster-Ereignisses geschehenes
Aufleuchten hereinragender Zukünftigkeit zugutehalten. Der Blick war von der endgültigen
Auferstehung gebannt, die nachtodlichen Schicksale der entkörperten Seele traten in den
Hintergrund.«(S.63f.)
»Dass Paulus zumindest zu der Zeit, als er diesen 1. Thessalonicherbrief schrieb, es für
möglich hielt, dass sich diese eschatologischen Ereignisse noch zu seinen Lebzeiten abspielen
könnten, ist nach dem uns vorliegenden Text wohl nicht zu bezweifeln. Auch er war durch
sein Damaskus-Erlebnis aus der Zukunftswelt des Jüngsten Tages angestrahlt und
angehaucht und dadurch in den Bann der >Nah-Erwartung< gezogen worden. Das bedeutet
aber nicht, dass seine Thessalonicher-Apokalypse damit hinfällig würde. Die geschauten
Bilder sind als solche richtig, wir müssen sie nur aus der Sphäre der >Imagination< in eine uns
heute verständliche Gedankensprache übersetzen ... Bei der Übersetzung in das
Alltagsbewusstsein können Irrtümer entstehen, so wenn Paulus die Verwirklichung jener
Schau-Bilder in Bälde erwartete. Der Verlauf der Weltgeschichte hat inzwischen
die >Kurzschlüsse< korrigiert, die damals in der Urchristenheit in verständlicher Weise
eintreten konnten. Der grandiose Ausblick der Thessalonicher-Apokalypse bleibt dennoch zu
Recht bestehen. Auch das, was über die künftige engere Gemeinschaft zwischen den
Verstorbenen und den >Hinterbliebenen< gesagt ist, über die künftige Außerkraftsetzung
jenes Trennungszustandes, den die Erdenmenschen als >Hinterbliebensein< kennen.«(S. 103)
Verehrte, liebe Mitglieder und Freunde der Christengemeinschaft! Wir begrüßen uns im
neuen Raum! Wir grüßen den neuen Raum, obwohl er noch nicht sein Antlitz zeigen kann.
Auf dem Trümmerfeld eines Weltunterganges dürfen wir nach der schweren Zeit der
Verbannung und der Verfolgung nun hier wieder beisammen sein. Und wir sind von ganzem
Herzen dankbar dafür. Unser Dank gebührt den Schicksal-führenden Mächten, die uns
diesen Augenblick wieder schenken. Er gebührt auch den Menschen, die ihre Hilfe
beigetragen haben und weiterhin beitragen werden. Bevor wir nun am nächsten Sonntag in
diesem Raum auch die heilige Handlung miteinander feiern, ist es in diesem Augenblick
meine Aufgabe, den Raum seiner Bestimmung zu übergeben. Er soll der Schauplatz eines
wichtigen Neuanfangs sein. Einstmals, als wir die Christengemeinschaft begründen durften
mit der Hilfe der geistigen Welt, da war der erste Weltkrieg vorübergegangen. Die ersten
großen Erschütterungen hatten sich des scheinbar so festgefügten Gebäudes der
abendländischen Kultur bemächtigt, und wir fühlten uns, wie wir als ein kleiner Trupp von
Leuten dieses Werk begannen, unter dem Schutz der Gefallenen des Ersten Weltkrieges,
unter denen so viele junge deutsche Idealisten gewesen waren, Menschen, die entbrannt
waren für eine neue geistige Strömung in der Menschheit.
Jetzt in diesem Neubeginn stehen wir nicht nur am scheinbaren Ende eines weiteren
Weltkriegs, sondern wir stehen mitten darin in einer großen Weltkatastrophe. Und unsere
Gedanken wenden sich empor nicht nur zu den Gefallenen dieses Krieges, dessen neue
Phase eben einmal zu Ende gegangen ist. Unsere Seelen wenden sich auch zu den Toten, die
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auf noch gewaltsamere Weise aus dem Leben gerissen worden sind, zu denen, die von den
Bomben zerrissen worden, zu denen, die durch die tierischen, satanischen Gewaltsamkeiten
der Menschen gemordet worden sind. Sie sind nicht die Opfer des Krieges wie damals die
Gefallenen des Ersten Weltkrieges, sie sind bereits die Opfer der Dämonie, die es sich heute
handelt und mit der wir es heute zu tun haben. Als wir die Christengemeinschaft damals
begründeten, war das Christentum in eine Krisis geraten. Gegen die veralteten Einrichtungen
musste der Geist einer christlichen Erneuerung wachgerufen werden! Erneuerung des
Christentums stand auf unseren Fahnen. Heute dreht es sich nicht nur um eine religiöse
Erneuerung, sondern darum, dass der Entscheidungskampf, der um das Christentum
ausgebrochen ist, zum guten Ende geführt wird. Heute dreht es sich nicht um die
Erneuerung, sondern um die Rettung des Christentums, und es muss nicht nur gegen
Veraltetes, sondern es muss gegen das Böse, das Kultur-schaffend geworden ist, der Kampf
aufgenommen werden.
Das Verbot unserer Christengemeinschaft, das uns vier Jahre lang zum Schweigen verurteilt
hat, war nicht nur irgendeine zufällige politische Maßnahme, es war die heutige
Christenverfolgung. Und es war noch mehr als das. Derjenige entscheidende Mann, der
damals diese Dinge zu lenken hatte, hat in den Tagen vor dem Verbot selber ausgesprochen,
dass es diesen Machthabern zu tun sei um die Ausrottung des Christentums, dass man sich
aber davon dispensiere, die Kirchen zu verfolgen, weil man meinte, die würden schon selbst
für ihren Untergang sorgen, dass man aber die Christengemeinschaft als eine zukunftsfähige
Strömung unbedingt unterbinden müsse, wenn nicht doch die Pläne zur Ausrottung des
Christentums fehlschlagen sollten. Ich weiß nicht, ob jemals in unserem Zeitalter eine
Möglichkeit besteht, dass die Christengemeinschaft eine größere Anerkennung erfährt durch
die Mächte dieser Welt. Warum richtete sich der Hass gegen die junge Christengemeinschaft?
Weil darin zu spüren war ein Hass gegen das Christentum, der zugleich ein Hass gegen den
Geist überhaupt war, weil nämlich die junge Christengemeinschaft im Bunde stand mit
derjenigen Strömung, die heute Bresche legt in die Mauern des Materialismus und einer
neuen spirituellen Erkenntnis auf den Weg hilft. Deshalb traf der Bannfluch unsere junge
Christengemeinschaft. Der Hass gegen den Geist, der Hass gegen den Christus selbst, war
der Grund.
Und nun, liebe Freunde, ist die Christengemeinschaft wieder da. Sie war überhaupt niemals
einen Augenblick nicht da. Und sie soll nun erst recht da sein. Aber sie bleibt nicht stehen. Es
ist der inbrünstigste Wunsch von uns allen, mitgehen zu dürfen mit den Wegen, die das
Christuswesen selber geht in unserer Zeit. Denn auch der Christus steht nicht still. Das aber
heißt, dass wir mit dem Christus in die Feuerzone des Entscheidungskampfes hinein wollen.
Dem soll dieser Raum dienen. Und damit eröffne ich unsere erste Veranstaltung in diesem
Raum, die wir eine "Kundgebung zum Wiederbeginn unserer Arbeit" nennen. Den Beginn
dieser ersten Kundgebung, der weitere folgen sollen, bildet die Musik, die uns die Freunde
jetzt darbieten wollen.
(Nach der Musik folgten mehrere kurze Beiträge verschiedener Redner und die
Schluss-Ansprache von Emil Bock.)
Liebe Freunde!
In diesem neuen Hause gehen wir an die Arbeit. Erkenntnisarbeit muss in aller Nüchternheit
getan werden. Wir wollen den Anblick, den Mitteleuropa heute bietet, deutlich zu uns
sprechen lassen, Breitet sich da nicht der "Untergang des Abendlandes" wirklich vor uns aus,
wie er vor zweieinhalb Jahrzehnten durch jenen gelehrten, geistreichen Unglücksraben
prophezeit worden ist? Hat denn nun Oswald Spengler, so müssen wir angesichts des
99
heutigen Zustandes von Mitteleuropa fragen, Recht behalten? Er hatte nicht damals Recht,
und er hat auch heute nicht Recht. Gleichzeitig mit seiner Untergangsschwarzmalerei war
ein anderer Mann am Werk, der unter den größten Opfern der Seele und des Geistes die
Durchbrüche schuf für ein neues geistiges Leben und die Keime spendete für eine neue
spirituell durchpulste Kultur. Und auch die Begründung der Christengemeinschaft war nur
möglich durch das übermenschliche, opfergroße Lebenswerk Rudolf Steiners. Die
Spengler'sche Denkungsweise, so geistreich sie war, sie war diejenige, die von einer
geistig-göttlichen Welt nichts wusste, die nur die Außenseite des Daseins kannte. Und diese
Denkungsweise hat nicht wenig dazu beigetragen, dass die Welt heute so aussieht. Und
wenn sich jetzt nicht Menschen zusammenscharen, um endlich die Denkungsart gemeinsam
zu pflegen im Namen des Christentums, die etwas weiß von einer geistig-göttlichen Welt,
dann kann es sein, dass der gelehrte, geistreiche Unglücksrabe dennoch recht behält. Wenn
nur die Spengler'sche Denkungsweise gilt - und sie hat heute überall Besitz von den
Menschen ergriffen-, dann reißt unter Umständen der Untergang des Äußeren die Keime
eines neuen spirituellen Lebens mit in den Abgrund. Das zu verhindern, sind wir da.
Und, liebe Freunde, was geschieht eigentlich um uns her? Welches sind die Ursachen der
Katastrophe dieses zunächst einmal perfekt erscheinenden "Untergangs des Abendlandes"?
Da müssen wir ehrlicherweise eingestehen, dass die Zeitgenossen ringsumher, ob sie es
wissen oder nicht, in einer völligen Ratlosigkeit begriffen sind. Was sagen denn die Leute,
was die Ursache dieser Katastrophe sei? Die einen sagen: wenn die Rüstungsindustrie sich
etwas mehr angestrengt hätte, hätten wir den Krieg nicht verloren. Die andern sagen: wenn
der Russlandfeldzug unterblieben wäre, so hätten wir den Krieg nicht verloren, und meinen,
damit schon etwas beizutragen zur Klärung der Weltkatastrophe, in der wir stehen. Alle
diese Menschen haben ja keine Ahnung von der Größe der Katastrophe. Sie betrifft die
Sieger und die Besiegten. Es ist ein Irrtum zu meinen, die Katastrophe wäre nicht eingetreten,
wenn der Krieg anders ausgegangen wäre. Und diese Weltkatastrophe ist noch nicht zu Ende;
sie hat überhaupt vielleicht erst ihr Vorspiel gefunden. Und dann sagen andere: Ja, schuld an
dieser Weltkatastrophe ist eben Deutschland, ist der deutsche Nationalsozialismus.
Man kann sich, wie es auch vorhin ausgesprochen worden ist, selbstverständlich dem tief die
Seele durchbohrenden Ernst nicht entziehen, der heute auf dem deutschen Volk liegt,
insofern es sich bemüht, seine Schuld einzusehen. Aber glaubt man denn auch nur das
Allergeringste in der Welt zu ändern, wenn man jetzt die Flaggen von gestern streicht und
andere aufzieht? Das System mag dann abgeschafft sein; ist aber auch nur das Allergeringste
von der Denkungsweise, die da gepflegt worden ist, verändert? Auf diesem Felde ist das pro
ebenso dumm wie das contra. Und wenn die Leute kommen, die sich brüsten, dass sie
contra gewesen sind: es ist genau das Gleiche. Nur wenn Menschen kommen, die sagen
dürfen mit innerer Berechtigung, dass sie auf einem anderen Niveau zu leben versucht
haben, dann kann man anfangen zuzuhören. Alles andere hat gar keinen Sinn. Alle diese
Versuche, den Schuldigen zu bezeichnen, die Ursachen aufzudecken, die man heute macht,
sind nichts als Ausreden.
Die Ursachen dessen, was heute über die Welt hereinbricht, sind größer, sind umfassender.
Und es muss auch dies einmal ausgesprochen werden: Hier in Deutschland, in Mitteleuropa,
wurde ja eigentlich nur die Konsequenz gezogen aus einer Denkungsart, die die ganze
Menschheit beherrscht. Da wurde schon im ersten Stadium dieses zweiten Weltkriegs der
"totale Krieg" proklamiert. Und mit Recht ging ein Schrecken durch die Welt, als voller
Hemmungslosigkeit die Errungenschaften der Technik losgelassen wurden auf Städte, Dörfer
und Menschenleben. Und doch war der totale Krieg, die hemmungslose Anwendung der
Technik, nur die letzte Konsequenz aus dem Kriegsgedanken überhaupt. Wenn man schon
100
Kriege führt, dann muss man auch demjenigen die Bahn freigeben, der es einmal ganz
konsequent tut. Was haben denn die Länder dem entgegenzustellen gehabt? Aus
traditionellen religiös-moralischen Überzeugungen hatten sie Hemmungen dagegen, dass
die Technik in dieser Restlosigkeit angewendet wurde. Und man kann froh sein, dass es noch
Menschen gab, die Hemmungen hatten gegen die restlose Satanie der Technik. Aber ist das
auf die Dauer ein haltbarer Damm, wenn man nur eine traditionelle Moralität dagegen ins
Feld führen kann? Eines Tages wird und muss weiter Krieg geführt werden. Und dann wird
auch auf den anderen Seiten der totale Krieg betrieben. Nachdem man schon einmal das Rad
der Technik hat rollen lassen, ist kein Bremsen mehr möglich. Die Lawine geht in den
Abgrund. Wenn die anderen auch gegen diese dämonische Kriegsführung Einspruch erhoben
haben, sie werden sich der gleichen Mittel bedienen müssen. Wissen denn die andern, vor
welchem Problem man durch die moderne Technik überhaupt steht?
Oder ein anderes Beispiel: Da ist hier in Mitteleuropa eine schreckliche Schicksalstragödie
vor sich gegangen unter der Phrase "Tötung des lebensunwerten Lebens". Geschah hier
etwas anderes, als dass man die Konsequenz zog aus der animalischen
Menschenanschauung, aus der Gleichsetzung von Mensch und Tier, die das Ergebnis der
bloß naturwissenschaftlichen Einstellung ist? Zum Glück gab es Menschen, die sich darüber
entrüsteten hierzulande. Hatten sie aber eine andere Menschenkunde? Hatten sie eine
andere Erkenntnis vom Menschenwesen? Sie hatten im Grunde keine; sie hatten nur
Hemmungen aus der noch überlieferten Moral und Frömmigkeit. Aber im Grunde konnten
sie nichts Triftiges dagegen stellen. Da hilft nur dieses, dass der Blick wieder gelenkt werde
auf das Ewige des Menschen. Dann wird man erkennen, was für eine Torheit es war, zu
sagen: diese Menschen sind wertlos. Wofür wertlos? Wertlos für die Wertlosigkeit, die man
für den Inhalt der Kultur erklärt? Unter Umständen steckt im Leibe eines Menschen, den
man zu einem Irren macht, eine wertvollere Seele als in einem Leibe, der durch seine
Urgesundheit schon gar nicht mehr weiß, was Geist ist. Man wird in der Zukunft nur Herr
solcher Entartungen und Abirrungen, wenn man weiß, dass der Sinn eines solchen Lebens,
wie es vielleicht im ganz engem Kreise zugebracht werden muss, nicht in diesem Leben liegt,
wohl aber im ganzen Schicksal einer solchen Menschenseele gefunden werden kann, wenn
man den Blick über ihren Gang durch viele Erdenleben schweifen lassen kann.
Verehrte, liebe Freunde, man muss in diesen Zusammenhängen denken an das Bibelwort: Es
müssen die Ärgernisse kommen, aber wehe dem Menschen, durch den sie kommen. Es sind
da gewisse Konsequenzen unerlässlich. Es müssen einmal die Konsequenzen gezogen
werden aus der Geistlosigkeit unseres Zeitalters. Das hat man in Deutschland getan. Ja,
wehe dem Menschen, durch den diese Ärgernisse kommen. Aber die Konsequenz hätte
sonst ein anderer ziehen müssen. Man könnte von einer stellvertretenden notwendigen
Schuld sprechen, die irgendwann übernommen werden musste.
Wie ist es denn nun mit den Ursachen der Katastrophen? In der Christengemeinschaft, da
treffen sich diejenigen Menschen, die durchschauen, dass das alles Ausflüchte, Ausreden
sind, die mindestens ein Gefühl dafür haben, dass es um etwas ganz anderes geht, als man in
der äußeren Welt meint, und dass deshalb die Ursachen größer und umfassender sind. Die
eigentliche Katastrophe besteht heute darin, dass in der Menschheit weithin die Urteilskraft
versagt. Das zeigt sich ja auch darin, dass die Menschen ihren Standpunkt ganz überraschend
schnell wechseln können. Es zeigt sich aber vor allem darin, dass man die Ursachen immer
an der falschen Stelle sucht. Woher kommt das katastrophale Versagen der Urteilskraft? Es
hängt damit zusammen, dass man überhaupt heute ein Erlöschen der Denkkraft in der
Menschheit feststellen muss. In einem erschreckenden Maße verlieren die Menschen das
Denken. Von den jungen Menschen gar nicht zu reden, an denen nicht nur
101
Unterlassungssünden, sondern wirkliche Verbrechen begangen worden sind. Woher kommt
das? Man denkt falsch. Man denkt über den Menschen und die Welt so, als ob es keinen
Geist gäbe. Man denkt falsch, und wenn man auch noch so wissenschaftlich und geistreich
denkt. Diese Weltanschauung ist ein Irrtum, eine Irrlehre, die den Menschen bloß als ein
Produkt der Vererbung, der Rassenmischung usw. nimmt. Es ist kein Wunder, dass das
falsche Denken die Urteilskraft der Menschen unterhöhlt. Was entsteht dann? Es entsteht
das gefährliche Vakuum, dessen sich die Dämonen bedienen. Noch vor Jahrzehnten haben
die Menschen auf naive Weise denken können, und durch ihr Denken haben sie den Posten
gehalten.
Wenn die Menschen das Denken aufgeben -die Kirchen haben nicht wenig dazu
beigetragen-dann entsteht eine morsche Stelle in den Zäunen um die Menschheit her, durch
welche die Eindringlinge hereinkommen, die man nicht durchschaut. Anstelle des
menschlichen Denkens, das heute so weithin verschwindet, haben wir in den letzten Jahren
luziferische Intuitionen gehabt, und diese haben den Leuten sogar Eindruck gemacht. Und
daneben, hart daneben haben wir eine ahrimanische Intelligenz, die das Wissen benützen
konnte, ebenso die Wahrheit wie auch die Unwahrheit zu beweisen. Und mehr und mehr hat
man mit diesem Denken propagandistisch die Lüge in der Welt groß werden lassen.
Luziferische Intuitionen und ahrimanische Intelligenz; sie haben die Menschen in Versuchung
geführt. Verführerisch waren beide. Viele Menschen sind dieser Versuchung erlegen. Und
was entstand? Es entstand das Heranbranden übersinnlicher Faktoren an die Menschheit,
und die Menschheit merkte es nicht. Zunächst waren es mehr die untersinnlichen Faktoren,
waren es die Dämonen, die durch das morsche Stück im Zaun in die Menschheit
hereinkamen. Und immer mehr brachten es diese Mächte fertig, die Wachheit der
Menschen einzuschläfern.
Da, wo der Mensch im Denken, in der Urteilskraft, versag da ist die Stelle, wo mit dem Bösen
selbst um den Menschen gekämpft werden muss in der Zukunft. Nur mit denkerischen
Waffen ist hier ein Sieg zu erringen, nicht mit abgelebten Glaubensbeteuerungen allein.
Nicht mit noch so viel gutem Willen. Der gute Wille tut es eben leider nicht mehr heute. Die
Dämonen sind da hereingekommen, wo das Denken der Menschen falsch war. Mit den
bösen Mächten um den Menschen kämpfen, heißt aber heute zugleich, gegen den Antichrist,
um den Christus kämpfen. Man soll nicht denken, dass die Zukunft des Christentums wieder
sichergestellt wäre, nachdem die Christenverfolgung, die in Deutschland stattgefunden hat,
zunächst einmal ein Ende genommen hat. Die Gewalten, die den Christus hassen, die das
Christentum hassen, sind heute nicht schwächer in der Welt als, sagen wir, am Anfang des
Jahres 1945. Darin hat sich so gut wie nichts geändert.
Als im Jahr 1922 die Christengemeinschaft gegründet wurde, haben wir genau gewusst, dass
sie eine Stärkung, eine Ausrüstung bedeutete für den Kampf, der bevorstand, für die
Katastrophe, die bevorstand. Wir sagen das nicht, um uns nun auch noch zu den
Allesbesserwissern zu gesellen. Wir haben es wirklich gewusst aus der apokalyptischen
Orientierung heraus, ohne die eine christliche Erneuerungsarbeit von vornherein sinnlos
gewesen wäre. Hätten wir nicht eine apokalyptische Orientierung gehabt, hätten wir nicht
gewusst, was im Sinne der Offenbarung Johannis bevorstand, so hätten wir die
Christengemeinschaft gar nicht begründet. Und wenn wir jetzt wieder an die Arbeit gehen,
so wissen wir: das, was wir tun, dient dazu, die Menschen in den neuen Kämpfen zu stärken.
Wir haben in den Kämpfen, die hinter uns liegen, in den Prüfungen, die wir haben bestehen
müssen, ganz wahrhaftig die Stärkung verspürt, die wir durch unser erstes Wirken für uns
selbst und für die anderen hatten. Wir haben auch erfahren dürfen, dass wir reifen durften,
dass uns eine Erleuchtung durch die Leiden zuteilwurde. Wir werden auch in zukünftigen
102
Prüfungen, nur, wie zu hoffen steht, in einem viel größeren Maße, Stärkung und Erleuchtung
durch das verspüren, was uns gegeben ist, um in den Katastrophen der Gegenwart etwas für
die Zukunft der Menschheit zu tun.
Und so sind wir überzeugt davon und wollen es in aller Schlichtheit aussprechen: Was die
Menschheit braucht, ist ein freies Geistesleben, ist der Keim einer neuen Kultur, der da
beginnt, wo wirklich aus der innersten Überzeugung und Begeisterung das Wort wieder
ertönen darf. Wo sind die Völker heute auf dem Erdball, die die Ideen liefern könnten für ein
aus freiem Geiste neugeborenes zukünftiges Kulturleben? Wenn diese Völker nicht in
Mitteleuropa sind, so sind sie überhaupt nicht da. Die Menschheit ist auf Mitteleuropa
angewiesen. Wir brauchen das nicht durchzudiskutieren, das wird sich zeigen. Und es wird
auch nirgendwo anders als hier in Mitteleuropa die Zukunft des Christentums entschieden.
Das Christentum kann mit äußeren Mitteln, mit Waffengewalt z.B., weder ausgerottet noch
gerettet werden. Und so ist auch das, was heute geschieht, keineswegs eine Rettung. Die
Zukunft des Christentums muss aus inneren Quellen erfließen. Sind schon die Ursachen der
Katastrophen größer, umfassender, so müssen auch die Mittel zur Heilung der menschlichen
Niedergänge größer, umfassender sein. Letzten Endes kommt es darauf an, dass wir den
Geist selbst auf den Plan rufen, dass wir den Christus selbst auf den Plan rufen.
Zweierlei können wir in der Christengemeinschaft dazu beitragen:
Wir wollen in unserem Kreise pflegen, wie wir es immer schon getan haben -wir wollen es
aber in verstärkter Weise tun-, ein neues Denken und ein neues Beten. Das neue Denken
wird darin bestehen, dass wir immer eifriger und hingebungsvoller unseren Blick auf die
ganze Welt des Übersinnlichen richten. Was die Menschen heute kennen aus Erfahrung vom
Übersinnlichen, ist nur der Teufel. Aber schließlich ist auch der Teufel ein Gottesbeweis. Die
Aufgabe einer Gemeinschaft wie der unsrigen ist es, dass die Erfahrung vom Übersinnlichen
ausgedehnt werde auf Gotteserkenntnis, Christuserkenntnis und wahre
Menschenerkenntnis. Denn auch der Mensch ist ein Wesen, das der übersinnlichen Welt
angehört. Das Zweite ist ein neues Beten. Heute kommt alles auf Pflege, auf Übung, auf
Schulung an. Kultus heißt nichts anderes als Pflege. Und wir in unserem Kreise wissen, dass
Gott-Dienen, Gottesdienst halten zugleich Pflege, Heilung, Heiligung des Menschen bedeutet.
Auf dem Mutterboden des Kultus erwächst das neue Beten. Und wenn es sich verbindet mit
dem neuen Denken, wenn das Beten die Seele so ergreift, dass das Denken dadurch ein
anderes wird, dann wird in der Seele das Schauen geboren. Das neue Denken, das neue
Beten, sie vermählen sich zum Schauen. Und dann bekommen wir Menschen - und wir
wollen hoffen, dass wir da immer mehr hineinwachsen- nicht nur Anteil am Erlebnis des
Antichrist, sondern auch des wiederkommenden Christus, dessen Schatten der Antichrist ist.
Dieses Doppelte, liebe Freunde, lassen Sie mich in dieser Stunde in den Ruf zusammenfassen,
den der Christus an die Jünger in Gethsemane gerichtet hat: "Wachet und betet, dass ihr
nicht in Anfechtung fallet." Was heißt "wachet"? Das heißt: Pflegt ein solches Denken, das
zugleich Unterscheidung der Geister mit sich bringt, das den Posten hält an der morschen
Stelle im Zaun der Menschheit. "Wachet und betet", das heißt: tragt eure Gedanken in das
Christuslicht und lasset durch das recht gepflegte Gebet auf dem Boden der
Menschenweihehandlung den göttlichen Willen in euer Wesen ein. Dann werdet ihr zu
Stiftern des Friedens im Streit und zu Pflegern des Heiligtums in einer Menschheit, die dem
Abgrund entgegengeht.
Ich schließe unser heutiges Beisammensein durch Worte aus dem 10. Kapitel des
Hebräerbriefs:
"Gedenket auch künftig der jüngst vergangenen Tage, in denen ihr erleuchtet worden seid
über die göttlichen Dinge, indem ihr einen schweren leidensvollen Kampf zu bestehen hattet.
103
Unter Bedrückung und Schmach wurdet ihr zu einem Schauspiel für die Welt und seid
verbunden gewesen mit allen, denen es ähnlich erging. Ihr habt mitgelitten mit denen, die
gefangen waren, und habt dem Raub eurer Güter mit heiterem Herzen zugesehen in dem
Bewusstsein, in eurem Inneren ein wertvolleres Gut zu besitzen und bleibendes -den Anteil
an der geistigen Welt.
Dass ihr niemals fahren lässt die mutvolle Bereitschaft, ein geisterfülltes Wort im rechten
Augenblick zu sprechen, woraus unendlicher Segen hervorgehen kann! Was euch vor allem
nottut, ist Geduld, damit ihr den im Schicksal wirkenden Willen Gottes ganz erfüllen und das
verheißene Gut erlangen könnt. Denn:
Wer meinem Wesen gerecht werden will, muss lernen, aus dem Vertrauen zu leben. Wer
sich aber feige zurückzieht, in dem kann meine Seele und mein Wesen nicht zur Offenbarung
und Wirksamkeit kommen."
„Wir wollen nicht zu denen gehören, die zurückweichen und in den Abgrund versinken,
sondern zu denen, die vertrauensvoll sind und sich so die gottgegebene Seelenkraft ganz zu
eigen machen."
Ein Vortrag von Terry Boardman : Kaspar Hauser Festspiele, Ansbach, 7 Aug. 2016 zu
finden auf (www.threeman.org)
Liebe Anwesende, ich bin sehr froh, hier bei den Festspielen wieder zu sein, und ich danke
Herrn Eckart Boehmer herzlich für die Einladung. Ich muss jedoch, wie schon bei früheren
Gelegenheiten, mit einer Bitte um Verzeihung beginnen, indem ich meinen Vortrag leider
vorlesen muss, weil meine Fähigkeit, in der deutschen Grammatik nicht wirklich gut genug
ist für mich, so einen Vortrag ohne Not zu geben. 2004 kam ich zum ersten mal zu diesen
Festspielen. Ich kam mit dem Zug aus Prag an. Als ich ankam, war es bereits dunkel. Alles
schien geschlossen, und ich hatte keine Unterkunft organisiert. Ich lief vom Bahnhof zum
Festspielort, dem Karlsplatz, spät an einem Sonntagabend. Ich befand mich ganz allein auf
diesem Platz. Dann kam ein Mann auf mich zu und fragte, ob ich Hilfe benötigte, da ich
etwas verloren dastand. Als ich ihm erklärte warum ich nach Ansbach gekommen war,
geleitete er mich sofort zu meinem Zielort und stellte mich dem Intendanten der Festspiele,
dem Herrn Eckart Boehmer, vor, mit dem er bekannt war. Herr Boehmer bat daraufhin einen
Freund, mich für die Nacht bei sich unterzubringen, wo ich schließlich einige Tage blieb.
Seither bin ich mehrmals bei den Festspielen gewesen. Es stellte sich heraus, dass der Herr,
der mich so freundlicherweise zu Herrn Boehmer geleitet hatte, selbst ein großes Interesse
an Kaspar Hauser hatte und dessen Geschichte viele Jahre lang studiert hatte. Er hieß
Wilhelm Floride. Er ist dieses Jahr in der Osterwoche in Wien verstorben, und ich möchte
ihm diesen Vortrag widmen.
Wenig bekannt ist vielleicht die Tatsache, dass etwa 20 Jahre bevor Kaspar Hauser in die
Stadt Nürnberg kam, wo er vom Bürgermeister als „Kind Europas“ ausgerufen wurde, ein
104
noch berühmterer Mann – berühmt im ganzen Deutschland im Jahre 1828 zumindest – in
Nürnberg angekommen war, auch er, wie Kaspar Hauser, ein Kind das im deutschen
Südwestens geboren worden war. Dies war der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel.
1770 in Stuttgart geboren, hatte er in Tübingen studiert und hatte in Bern, Frankfurt, Jena
und Bamberg gelebt und gelehrt, bevor er 1808 nach Nürnberg zog. Hegel wurde dort Rektor
des königlichen Gymnasiums. In Vorträgen im Juni 1908 in Nürnberg hat Rudolf Steiner
Bezug genommen auf Hegels Ankunft in Nürnberg genau hundert Jahre früher. Hegel, sagte
Steiner, wird nicht verstanden, wird aber „… für die Zukunft des menschlichen Geisteslebens,
wenn er einst verstanden werden wird, sehr viel bedeuten … [aber es] mag (…) einige Zeit
dauern, bis die Menschen ihn wieder begreifen werden.“ (17.6.1908, GA 104). Unter Hegels
Schülern im königlichen Gymnasium war der Mann, der später als Kaspar Hausers Lehrer
berühmt werden sollte, Georg Friedrich Daumer (1800-1875), und in Nürnberg traf und
heiratete Hegel die Schwester des Christoph Carl Gottlieb, Freiherr von Tucher, der später
Kaspar Hausers Vormund werden würde. Tucher war der einzige Mann im Kreis um Kaspar
Hauser in Nürnberg der den Lord Stanhope durchschaute. Leider aber konnte er letztendlich
Kaspar Hauser gegen Stanhope nicht schützen. Stanhopes Verführung war zu stark. In
Wikipedia können wir lesen: „Als eine der Familien, die bereits seit 1332 berechtigt war
Mitglieder in den ‚Rat der Stadt Nürnberg‘ zu schicken, hatten die Tucher einen nicht
unerheblichen Einfluss auf die Geschicke der Stadt.“ Wegen der Eheverbindungen zwischen
den Familien Tucher und Hegel waren Hegel und seine Familie mit der Kaspar Hauser-Affäre
gut vertraut – Hegels Schwiegermutter, Susanne von Tucher, schrieb 1829 an ihre Tochter
Marie, Hegels Frau: „Kaspar dankt Dir für Deine Anteilnahme, von der ich ihm berichtet
habe.“ (Tucher nach Beyer, 1966, S.101).
In Tübingen im deutschen Südwesten studierte Hegel als junger Mann im Alter von 18-23 auf
dem Tübinger Stift, einem theologischen Seminar, wo seine besten Freunde der später
berühmte Philosoph Schelling und der hoffnungsvolle Dichter Hölderlin auch Studenten
waren. Die drei Freunde waren unzertrennlich. Ebenfalls in Tübingen war 200 Jahre vorher
der Mittelpunkt des rosenkreuzerischen Kreises um Johann Valentin Andreae und Tobias
Hess – ein anderer engen Freundeskreis. Während Hegel in Nürnberg lebte schrieb er neben
anderem den Hauptteil seiner Wissenschaft der Logik. Steiner sah in der Wissenschaft der
Logik etwas epochemachendes, etwas, das er für essentiell für jede ernsthafte
Geisteswissenschaft erachtete:
Aber es liegt (…) eine geistige Kraft in diesem Hegeltum, und es liegt in ihm etwas, das
aufgenommen werden muss von jeder geistigen Weltanschauung. Denn rachitisch müsste
werden jede Geisteswissenschaft, die nicht durchdrungen werden konnte von dem
knöchernen Ideensystem, das dem Ahriman, dem verknöchernden Ahriman abgerungen
worden ist durch Hegel. [Ahriman war für Steiner der Geist des Materialismus] Man braucht
dieses System. Man muss in einer gewissen Weise daran innerlich stark werden. Man braucht
diese kühle Besonnenheit, wenn man nicht in nebuloser, warmer Mystik verkommen will
beim geistigen Streben. … So bleibt die Hegel’sche Logik tatsächlich etwas Ewiges, so muss
sie fortwirken. Sie muss immer wieder gesucht werden. Man kann ohne sie nicht auskommen.
(1)
Steiner fühlt, dass Hegel, zu einer Zeit, als der materialistische Geist beständig seinen Griff
auf die europäische Kultur fester schloss, für die Menschheit einen Sieg über diesen
materialistischen Geist errungen hatte:
105
Wer Hegel versteht, wie er seine «Logik» ausarbeitet, der sieht, wie die Menschheit in dieser
Zeit, da Hegel seine «Logik» ausarbeitet -im zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts -,
beginnt zu verkalken, beginnt materialistisch zu werden, dicht zu werden, in die Materie
verstrickt zu werden. (…) Und es erscheint einem wie im Bilde diese Menschheit, im
Materiellen versinkend, Hegel wie in der Mitte stehend, mit aller Gewalt sich herausarbeitend
und entreißend Ahriman dasjenige, was Ahriman Gutes hat: die abstrakte Logik, die wir
brauchen zu unserer innerlichen Befreiung, ohne die wir nicht zum reinen Denken kommen,
diese entreißend den Mächten der Schwere, diese entreißend den irdischen Mächten und sie
hinstellend in ihrer ganzen kalten Abstraktheit, damit sie nicht in demjenigen Elemente lebe,
das das Ahrimanische im Menschen ist, sondern damit sie heraufkomme in das menschliche
Denken. (2)
In seinem Buch Vom Menschenrätsel (GA 20), das während des Ersten Weltkriegs (1916)
geschrieben und veröffentlicht wurde, hat Steiner – könnte man sagen – eine der
prägnantesten Beschreibungen des Wesens des deutschen geistigen Strebens gegeben; ich
zitiere:
Dieses innerlich Kraftvolle des Gedankenlebens, das sich in sich selbst überwinden will, um in
ein Reich sich zu erheben, in dem es nicht mehr selbst, sondern der unendliche Gedanke, die
ewige Idee in ihm lebt, ist das Wesentliche in Hegels Suchen. (3)
Der Missbrauch Hegels im Westen: Neben diesem zentralen philosophischen Aspekt gab es
noch einen weiteren bedeutenden Aspekt zu Hegels Werk, von dem Steiner meinte, dass die
Menschen im 20. Jahrhundert ihn verstehen müssten: das war, dass elitäre okkulte Kräfte im
Westen, namentlich in der englischsprachigen Welt, die hegelianische Philosophie für ihre
eigenen Zwecke benutzten und das vor der Öffentlichkeit verborgen zu halten versuchten.
Während die Marxisten immerhin offen darüber waren, dass viele ihrer Ideen auf Hegel
beruhten, während sie ihn allerdings umgedreht und seinen Bezug auf den Geist durch ihrem
Bezug auf die Materie und die Wirtschaft ersetzt hatten, versuchten die okkulten Kreisen im
Westen vor der Öffentlichkeit zu verstecken, dass sie eine verzerrte Hegel’sche Dialektik
benutzten, und gegnerische Seiten in Konflikten unterstützten und kontrollierten, um die
eigenen Ziele dabei zu verfolgen. Wie Steiner ausführte, (…) wenn man irgendeinen solchen
Inhalt, der aus dem Geiste heraus geboren ist, als Geheimbesitz betrachtet, dann gibt er
Macht, während wenn er popularisiert wird, er nicht mehr diese Macht gibt. (…) Das ist
geradezu ein Weltgesetz, dass dasjenige, was popularisiert einfach Erkenntnis gibt, Macht
gibt, wenn es sekretiert [d.h. geheim gehalten] wird.
Hegel stellte seine Dialektik in seinem Buch Wissenschaft der Logik dar, das in zwei Ausgaben
veröffentlicht wurde, die erste zweiteilig zwischen 1812 (dem Geburtsjahr Kaspar Hausers)
und 1816 (dem Jahr, in dem Kasper im Schloss Pilsach in der Nähe von Nürnberg
eingekerkert wurde). Wie bereits erwähnt, schrieb Hegel das Buch in Nürnberg. Die zweite
Auflage, deren erster Teil stark überarbeitet und erweitert worden war, wurde in Berlin nach
Hegels Tod zwischen 1831 und 1835 herausgegeben. Nur diese zweite Auflage ist ins
Englische übersetzt worden. Die erste englische Übersetzung (von Johnston und Struthers)
von Wissenschaft der Logik ist erst 1929 erschienen. Obwohl der Hegelianismus nach der
Veröffentlichung des Buches The Secret of Hegel [Das Geheimnis Hegels] von James
Hutchison Stirling im Jahre 1865 in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen
beträchtlichen Einfluss auf die englische idealistische Philosophie ausübte, nahm ab dem
Anfang des 20. Jahrhunderts die Kritik an der Hegelianischen idealistischen Philosophie in
englischsprachigen akademischen Kreisen zu, während die deutsch-englischen Spannungen
zunahmen und schließlich zum Ersten Weltkrieg führten. Die bekannteste Kritik übte der
Philosoph Bertrand Russell in seinen Werken Logic as The Essence of Philosophy [Logik als
106
das Wesen der Philosophie] (1914) und in A History of Western Philosophy [Eine Geschichte
der abendländischen Philosophie] (1945) aus. Bitte beachten Sie diese Daten. – Nach
Russells Ansicht ist Hegel verwirrt und unsinnig; Russell zufolge sollte die Philosophie auf
streng mathematischer Logik beruhen. In der Nachfolge Russells definierte sich die englische
Philosophie als „analytische Philosophie“ im Gegensatz zu dem deutschen und besonders
dem Hegelianischen Idealismus und wanderte in das dürre Wüstengebiet der analytischen
Philosophie und des logischen Empirismus ab. Der britische liberale Sozialtheoretiker L.T.
Hobhouse machte in seinem Buch The Metaphysical Theory of the State (Die metaphysische
Theorie des Staates), das 1918 erschien, die von ihm so genannte Hegelsche „gefährliche
Lehre“ für den Ersten Weltkrieg verantwortlich.
Karl Popper, ein jüdisch-britischer Philosoph, griff nach dem zweiten Weltkrieg den Faden
von Hobhouse auf und machte in seinem Buch The Open Society and Its Enemies [Die offene
Gesellschaft und ihre Feinde] (1945) Hegel für die Schrecken des Zweiten Weltkriegs
verantwortlich. Bertrand Russell hat Poppers Buch als einen „tödlichen” Angriff auf
Hegel“ gelobt. Der jüdisch-amerikanische Philosoph Sidney Hook jedoch beschreibt Poppers
Behandlung von Hegel als „reinen Missbrauch“ und „offensichtlich unrichtig“ und bemerkt
dass in Hitlers Mein Kampf kein einziger Bezug auf Hegel zu finden sei. Aufs
heftigste kritisiert wurde Popper, der übrigens an der London School of Economics der
Lehrer von George Soros war, von einem anderen jüdisch-amerikanischen Philosophen,
Walter Kaufmann, in seinem Buch From Shakespeare to Existentialism: Studies in Poetry,
Religion, and Philosophy, (Von Shakespeare bis zum Idealismus: Studien über Dichtung,
Religion und Philosophie) (in 1959 veröffentlicht). Kaufmann schreibt, daß Poppers
Diskussion über Hegel „mehr Missverständnisse von Hegel als irgendeine andere Arbeit
enthält“, und dass auch wenn man sich mit Popper darüber einig ist, dass „intellektuelle
Wahrhaftigkeit die Grundlage aller unserer Werte ist“ (S.253), sollte man gegen seine
Methoden protestieren; denn „obwohl Poppers Hass gegenüber dem Totalitarismus das
Buch inspiriert hat und sein Zentralmotiv ist, ähneln seine Methoden bedauerlicherweise
denen totalitärer ‚Akademiker‘ – und sie breiten sich auch in der freien Welt aus.“
Jetzt möchte ich mich jedoch auf zwei neuerliche westliche Kritiker Hegels konzentrieren,
weil ihre Ideen heute durch das Internet in der englischsprachigen Welt weit verbreitet sind,
vor allem in Kreisen jüngerer Gegner und Kritiker der angloamerikanischen Weltordnung,
und es ist sehr bedauerlich, daß diese Leute die von diesen beiden Autoren verbreiteten
Ansichten über Hegel kritiklos übernommen haben.
Der verstorbene englisch-amerikanische Professor Anthony C. Sutton (1925-2002, zeitweise
an der California State University und an der Stanford University, USA) hat der Menschheit
mit seinen dreibändigen Büchern Western Technology and Soviet Economic Development, (3
Vols. 1968-73), Wall Street and the Bolshevik Revolution (1974), Wall Street and the Rise of
Hitler (1976, Wall Street und der Aufstieg Hitlers) einen großen Dienst erweisen; er
beschreibt darin detailliert das sehr weitgehende Ausmaß westlicher Mitwirkung an der
Entwicklung der vermeintlichen Feinde, der Sowjetunion und Nazideutschlands. Weil diese
Bücher von Sutton beruhen sich auf einer großen, unabweisbaren Masse an Material haben
die akademischen Mainstreamhistorikern Suttons Werk kaum zu widerlegen versucht,
sondern haben ihm anstatt dessen die kalte Schulter gezeigt: ‚aus dem Auge, aus dem Sinn‘,
wie wir auf englisch sagen. In einem anderen Buch, das Sutton 1973 schrieb (National
Suicide: Military Aid to the Soviet Union“) (Nationaler Selbtmord: Militärhilfe an die
Sowjetunion) schreibt Sutton: „Kurz gesagt: es gibt keine sowjetische Technologie. Fast alles
– etwa 90-95% – kam direkt oder indirekt aus den Vereinigten Staaten und seinen
Verbündeten. Tatsächlich haben die V.S. und die NATO-Länder die Sowjetunion geschaffen.
107
Seine industrielle und militärische Kapazität. Diese massive Aufbauarbeit hat 50 Jahre
gedauert. Seit der Revolution von 1917. Sie ist durch Handel und den Verkauf von Anlagen,
Ausrüstungen und technische Unterstützung ausgeführt worden.“ Sutton beschreibt hier,
wie die amerikanischen finanziellen und industriellen Eliten buchstäblich die industrielle
Macht des Feindes Amerikas, der USSR, aufgebaut haben. Sie können sich gut vorstellen,
meine Damen und Herren, dass Suttons Behauptungen, während der Zeit des Kalten Krieges
in den USA, in gewissen Kreisen nicht gern gesehen wurden. Wegen dieser Bücher, wurde
Sutton aus seiner Stelle in Stanford verdrängt.
Unglücklicherweise hatte Sutton, der Historiker war, aber kein Philosoph, nur wenig
wirkliche Interesse für Hegel und fügte ihm in einem anderen seiner Bücher großen Schaden
zu. Sutton betrachtete als seinen Hauptwerk America’s Secret Establishment: An Introduction
to the Order of Skull and Bones (Liberty House Press, 1986; dt. etwa: Amerikas geheime
Führungselite: Eine Einführung in den Orden Schädel und Knochen). Nach seiner Entlassung
aus der Stanford Universität wegen seiner früheren historischen Werke argumentierte
Sutton in diesem Buch über Skull & Bones, dass der Hegelianismus die philosophische
Verantwortung für sowohl die faschistische als auch die kommunistische Form des
statischen Totalitarismus trägt. Sutton glaubte dass für Hegel, „das Individuum kann Freiheit
nur im Gehorsam gegenüber dem Staat finden kann“ und daß „für Hegel und Systeme, die
auf Hegel basieren, der Staat absolut ist.“ Sutton behauptet daß in dem hegelschen
dialektischen Prozess, den er missversteht als einen von hinter den Kulissen von
schattenhaftigen Elitenkreise (wie z.B. Skull & Bones) ‚kontrollierten Konflikt‘ und bezeichnet
als eine Dreifaltigkeit von „These-Antithese-Synthese“ (eine Dreifaltigkeit die Hegel selbst, in
der Wissenschaft der Logik nicht verwendete), führt der Kampf zwischen Links und Rechts in
der Politik zu einem anderen politischen System oder Ergebnis, einer Synthese der beiden,
das ist weder links noch rechts: man zielt auf ein bestimmtes Ziel – lassen wir uns es C
nennen – und so man einrichtet, in einem unmoralischen Weise, zwei entgegengesetzte
Kräfte, A und B, und steuert den Konflikt zwischen A und B so, dass das Ergebnis C
herauskommt. Ich habe hier keine Zeit für eine detaillierte Darstellung der Feinheiten von
Hegels Dialektik. Kurz gesagt, ging es bei der hegelsche Dialektik um das Verständnis, wie
eine bestimmte Sache - wir können das A nennen - immer eine Unvollkommenheit in sich
selbst trägt, und diese Unvollkommenheit oder Mangel wird zu einer Negation von A. Es
nimmt, sozusagen, eigenes Leben an. Diese zweite Element, oder Negation können wir B
nennen, und dann wird die Auseinandersetzung, die Interaktion zwischen der ursprünglichen
Sache und die Negation, zwischen A und B, aufgehoben, so dass sich ein drittes Element
ergibt – C. Dieses dritte Element, C, bewahrt etwas von der ursprünglichen Element A und
auch etwas von der Negation B doch im dritten Element C sind die beide A und
B aufgehoben. Dieses dritte Element C wird dann das neue Element; es wird zum neuen A,
und daraus wieder entfaltet sich der Prozess ganz dynamisch weiter. Was Sutton beschreibt
mit seinem ‚kontrollierten Konflikt‘ aber ist eine grobe falsche Darstellung von Hegels
Dialektik und damit hat er zu einer Vereinfachung und Entstellung von Hegels Dialektik
beigetragen.
Außerdem verbindet er das mit einem grundsätzlichen Konflikt zwischen dem, was er als den
im Westen vorherrschenden Respekt für persönliche Freiheit und Individualismus ansieht
und dem, was er das Streben der Deutschen nach „universeller Brüderschaft, Zurückweisung
des Individualismus und generelle Opposition zum klassischen liberalen westlichen Denken
in fast jeder Hinsicht“ nennt. Sutton sieht nicht, dass weil für die anglo-amerikanische
Welt – im Sport, im Wirtschaftsfragen, in der Politik usw. – geht es vor allem um die
Durchsetzung des persönlichen Willens, findet es deshalb diese anglo-amerikanische Welt
108
sehr schwer, die organische Inklusivität der hegelschen Dialektik zu begreifen. Genau
deshalb können viele Anglo-Amerikaner einen Ansatz, der jenseits dieser Durchsetzung des
persönlichen Willens liegt, nicht leicht akzeptieren. Diese anglo-amerikanische kulturelle
Tendenz zur Durchsetzung des persönlichen Willens findet man zum Beispiel gespiegelt in
der britischen Prinzip der Widersacher oder vielleicht besser gesagt, die Prinzip der
Gegnerschaft. Diese Prinzip oder kulturelle Gewohnheit oder Neigung wird im
anglo-amerikanischen Rechtssystem und in dem politischen System gespiegelt und auch im
absoluten Mehrheitswahlrecht, das gegen Koalitionen und kleinere politische
Gruppierungen steht. Die anglo-amerikanische Kultur, die so viel im menschlichen Leben als
Wettbewerb ansieht, hat immer dazu tendiert, in den meisten Verhältnissen einen
eindeutigen Gewinner zu suchen: und davon stammt die Aufforderung im Westen, oft in der
neueren Geschichte gesehen, zu ‚bedingungslose Kapitulation.‘
Wir sehen hier in der englischsprachigen Welt auf der einen Seite eine kulturelle Tendenz,
die Vorrangigkeit des persönlichen Willens der irdischen Persönlichkeit zu behaupten, die
grundsätzlich von seiner Umgebung entfremdet ist und sich als Zentrum der eigenen Welt
betrachtet, und andererseits, dem hegelianischen Gedanken entsprechend, eine
überkulturliche Neigung, d.h. eine Sichtweise, die nicht auf eine Kultur beschränkt ist
sondern seine Wurzeln tief in verschiedenen Kulturen der Vergangenheit hat, und die den
Menschen als Wohnstätte des Weltengeistes sieht – den Mensch letztendlich als einen
Gedanken der Gottheit. Eine dieser Sichtweisen – die hegelianische – ist, könnte man sagen,
wie eine abstrakte, intellektualisierte Erinnerung an das geistige Leben zwischen dem Tod
und einer neuen Geburt; etwas Kosmisches, etwas Allumfassendes. Das andere ist ein mehr
leibbezogenes Verständnis nur von diesem irdischen Lebens, ohne irgendeine Besinnung auf
andere Daseinsformen. Es ist etwas isoliert, etwas Zum-Insel-Gewordenes. Sutton fügt
diesen verschiedenen Perspektiven ein moralistisches Urteil bei und bezeichnet einen dieser
beiden Sichtweisen als böse weil er glaubt dass diese Sichtweise die Individualität verneint
und zu den nationalsozialistischen Aufmärschen führt, zu den Gulags Stalins und den
Massenparaden Kim Jong Ils in Pyongyang, oder dessen Enkel Kim Jong Uns, während die
andere Sichtweise, glaubt er, das freie Individuum bestätigt und uns nach Washington und
Philadelpia führt. Und zwar, letztendlich ist der Engländer Sutton zu einem amerikanischen
Staatsbürger geworden.
In America’s Secret Establishment versucht Sutton zu zeigen, dass die geheim operierenden,
elitären Mitglieder von Skull and Bones in der Universität von Yale ‚kulturelle Verräter‘ sind,
die im Geheimen und unaufrichtig eine ausländische, ‘deutsche Philosophie’ der
Machtpolitik auf westliche Gesellschaften angewandt hätten. Er identifiziert die
Hintergrundmachenschaften, die dahin gehen, beide Seiten in einem politischen Konflikt
entweder zu unterstützen oder sogar zu kreieren, um dadurch eigene Ziele zu verfolgen mit,
unter anderem, dem bayrischen Illuminatenorden (gegründet durch Adam Weishaupt 1776),
mit der Trilateralen Kommission (gegründet in den USA von David Rockefeller und Zbigniew
Brzezinski 1973) und besonders mit Skull and Bones, gegründet in Yale, Dezember 1832.
Interessanterweise war das erste Jahr des Bestehens der Skull and Bones-Vereinigung auch
das letzte Lebensjahr Kaspar Hausers. Der Orden wurde im Dezember 1832 gegründet;
Kaspar wurde im Dezember 1833 getötet. In der US-Präsidentschaftswahl 2004 waren beide
Kandidaten, George W. Bush und John Kerry, Mitglieder dieser kleinen Gesellschaft von Skull
& Bones. Nur 15 Mitglieder werden jedes Jahr in diese Gesellschaft neu aufgenommen, also
gibt es nur ungefähr 900 lebende Mitglieder (15 x 60) zu einer Zeit. 2004 verweigerten beide
Kandidaten jede Auskunft über Skull & Bones. George W. Bushs Großvater war und seine
Vater ist ebenfalls Mitglieder. Sutton wiederholt die grundlose Behauptung, dass Skull and
109
Bones, früher auch bekannt als ‚Brüderschaft des Todes‘,„das Kapitel [oder Zweignummer]
322 einer deutschen Geheimgesellschaft“ aus Berlin wäre und dass der amerikanische
Gründer von Skull & Bones, William Huntington Russell, „1831-32 in Deutschland
war.“ Niemand, Sutton auch nicht, hat jemals irgendein wirkliches Indiz für diese
Behauptungen vorgelegt, die nichtsdestotrotz überall im Internet wiederholt werden.
Meiner Ansicht nach haben die Gründer von „Skull and Bones“ höchstwahrscheinlich eine
Legende über ihre Beziehungen zu einem deutschen Orden (d.h. über die angebliche
Mutterloge von Skull and Bones) erfunden, weil damals alles was deutsch war, z.B. die
deutsche Romantik, das preussische Erziehungssystem, deutsche Musik, Lieder usw. als
Themen unter den jungen Gebildeten des Westens als „modern“, modisch betrachtet
wurden.(5) Suttons Behauptungen Hegel gegenüber wurden erweitert und noch weiter
korrumpiert durch David Icke, den britischen Verschwörungsschriftsteller und
Vortragsredner, der im Internet und im alternativen Vortragsbetrieb sehr populär ist, und
der seit 20 Jahren ein dreifaltiges Schema das er „Problem-Reaktion-Lösung“ nennt
fälschlicherweise als ‚hegelianische Dialektik‘ präsentiert. Diese Entstellung von Hegels Ideen
ist durch das Internet zu einem Mantra bei den Kreisen von Gegnern der Neuen
Weltordnung geworden.
Die Vorstellung, dass globale Banker oder multinationale Konzerne gegnerische Seiten in
einem Konflikt unterstützen, um ein (drittes) erwünschtes Resultat hervorzubringen, ist jetzt
durchaus üblich geworden und zwar ist es zu begrüßen, dass das inzwischen weitherum
bekannt ist, weil das tatsächlich ein besonders ruchloser Zug der modernen Geschichte ist,
wovon Suttons zwei ,Wall Street‘-Bücher Zeugnis ablegen. Aber man muss es missbilligen,
dass Sutton, Icke und andere das Wort ‚hegelianisch‘ heute zu einem Schimpfwort gemacht
haben und dass Hegel jetzt von so vielen Menschen, die ihn nie gelesen haben als
philosophische Quelle allen Übels und von Systemen der Sklaverei und der Unfreiheit
angesehen wird, – ähnlich wie das Wort ‚manichäisch‘, in einer vergleichbaren Ignoranz, ein
abschätziger Ausdruck geworden ist. In seinem Buch and the truth shall set you free…(1995,
dt.: und die Wahrheit wird Euch frei machen …) zugibt David Icke dass Hegel „ein ernsthafter
Mann gewesen zu sein scheint“ und dass „sein Werk nur der Auslöser für andere gewesen ist,
die sein Denken“ in eine materialistische Richtung „fortgeführt und verändert haben, um
etwas Finsteres damit zu erschaffen“ (S. 65-66) aber es ist nicht zuletzt Ickes Schuld, dass der
Name Hegels in den Gedanken von Millionen von Menschen mit der
„Problem-Reaktion-Lösung“ Strategie der Elite der Neuen Weltordnung, also als etwas Böses,
assoziiert wird.
Sutton wurde 1925 geboren und starb 2002. Icke wurde 1952 geboren, lebt noch und ist
weiterhin aktiv. Die Jugend dieser beiden Engländer wurde durch den Zweiten Weltkrieg und
seine Folgen geprägt. Dies waren die Jahren als den Engländern immer wieder gesagt wurde,
durch die Medien und im Kino dass ihr Land oder die anglo-amerikanische Kultur im
allgemeinen den edlen Sankt Georg darstellt, der den schlimmsten Drachen, den es je in der
Weltgeschichte gegeben hatte, bekämpfte. Für Sutton verwandelte sich der Nazi-Drache des
Zweiten Weltkrieges in den sowjetischen Drachen des Kalten Krieges. Auf der Suche nach
den Ursprüngen der sowjetischen Macht begegnete er den Machenschaften der Wall
Street-Finanzier und Industriellen; hinter denen wiederum entdeckte er den Skull and Bones
Orden mit seiner pervertierten Form der Dialektik, für die er dann Hegel verantwortlich
machte, da es bereits allgemein bekannt war, dass Karl Marx von Hegel beeinflusst worden
war, d.h. vom pervertierten marxistischen Vorstellung der Lehre Hegels. David Icke, der
normalerweise nicht so sorgfältig und präzise in seiner Forschung zu sein braucht wie der
Historiker Sutton, hat mit den Worten „Nazi“ und „Faschist“ um sich geworfen um autoritäre
110
Personen, die er missbilligte, anzuprangern, und seit 1939 sind diese Worte in der
angloamerikanischen öffentlichen Meinung gleichbedeutend mit dem allerschlimmsten
Übel.
Ideen oder Individuen so zu entstellen, dass sie zu ihrem Gegenteil werden, kann als
negative ‚spirituelle Inversion‘ beschrieben werden und als eine Technik, die von
Gegenmächten angewandt wird, um positive Impulse zu blockieren oder zu zerstören; man
kann einen Impuls frontal angreifen oder man kann ihn ignorieren und die Aufmerksamkeit
der Öffentlichkeit von ihm weglenken (= Ablenkungsmanöver), aber wenn man mit diesen
Methoden keinen Erfolg hat, dann kann man sich selbst auch diesen Impuls aufnehmen und
das so manipulieren, dass es als das Gegenteil von dem erscheint, was es wirklich ist. Alle
diese drei Taktiken sind z.B. in den letzten hundert Jahren gegen das Wesen Kaspar Hausers
und gegen andere positive Impulse angewandt worden. Ich will nicht behaupten, dass
Anthony C. Sutton und David Icke Bösewichter sind; im Gegenteil, sie sind tapfere Männer,
die in ihrer eigenen einsamen Art für die Wahrheit gekämpft haben und dafür, sie anderen
mitzuteilen, andere dafür aufzuwecken, was wirklich passiert. Aber auf ihrem Weg sind sie in
Bezug auf Hegel und die Beziehungen zwischen den englisch- und den deutschssprechenden
Kulturen schwerwiegenden Irrtümern verfallen, was sie beide dazu geführt hat, aus Hegel
fälschlich einen Anwalt der Unfreiheit, der Tyrannei und des Totalitarismus zu machen.
Das Problem hier liegt darin, dass Sutton und Icke den grundlegenden Unterschied zwischen
der deutschen und der englischsprachigen Kultur grundsätzlich nicht begreifen. Das gleiche
traf auch auf Lord Stanhope zu, trotz seiner von Jugend auf vorhandenen deutschen
Sprachgewandheit. Während die Engländer in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine
empirische Evolutionslehre aufgrund zufälliger natürlicher Ursachen vorantrieben,
entwickelten die Deutschen, vor allem von Hegel inspiriert, eine
„idealistisch“ Evolutionslehre, die auf einem mächtigen überweltlichen Willen beruhte (dem
Weltengeist) . . . und betrachteten alle Geschichte, alle menschlichen Ereignisse als von
diesem mächtigen Geist gelenkt. Die Aufgabe von Lehre oder Wissenschaft war daher für
Hegel (und die ihm nachfolgenden Hegelianer) nicht nur die Sammlung von Tatsachen,
sondern inmitten solcher Tatsachen die besondere Bewegung dieser leitenden Hand zu
ergründen. In der heutigen Zeit, in der wir uns immer weiter entfernen von der Katastrophe
der deutsch-englischen Beziehungen, die die beiden Weltkriege darstellten, hat man in der
englischsprachigen Welt Hegel wiederentdeckt, oder in gewissem Sinne eher zum ersten mal
ist er in seiner wahren Bedeutung erkannt worden. So kommt es, zum Beispiel, dass ein so
bemerkenswertes Buch wie Hegel and the Hermetic Tradition (Hegel und die hermetische
Tradition) von Glenn Alexander Magee 2001 von der Cornell Universität in den USA
veröffentlicht werden konnte. Meines Erachtens behandelt dieses Buch mit wahrer Einsicht
die Beziehung zwischen Hegel und früheren deutschen Gedankenströmungen, wie dem
Pietismus und besonders den Werken von Jakob Böhme und letzten Endes der ganzen
westlichen hermetischen Tradition.
Hegel und Hauser – diese zwei Namen und was sie bedeuten – stellen meines
Erachtens eine welthistorische Polarität dar. Im 17 Jahrhundert haben die Mitglieder des
rosenkreuzerischen Kreises in Tübingen von zwei Bücher gesprochen und geschrieben: das
Buch der Natur und das Buch Gotte. Wir könnten auch sagen: das Buch des Lebens und das
Buch des Weltgeschichte, das Buch das die ganze menschliche Weltevolution aus der
Gottheit schildert. Wenn man liest in diesen beiden Büchern zusammen, so die
Rosenkreuzer, dann kommt man zum Jesu Christi. In der Bibel lesen wir wie zum Jesu
Christi führen zwei Linien: die Linie von Nathan dem Priester und die Linie von Salomon dem
König. Diese zwei Linien werden auch als die lukanischen und die salomonischen Linien
111
gekannt. Wir könnten auch denken dass in einem Sinn, menschliche Vertreter dieser beiden
Linien haben ihre Wege zum neugeborenen Jesuskind gefunden: die Hirten und die drei
Könige. Für 19 Jahre im 19. Jahrhundert, d.h. ab 1812 bis 1831, waren zwei große Vertreter
dieser zwei Linien hier in Deutschland vorhanden: Hegel und Hauser. Hegel – der Kenner und
Erzieher und Erklärer der ganzen Menschheitsgeschichte, der modernste Denker seiner Zeit
der in diesen 19 Jahren zum Gipfel eigener Kräften, zum Gipfel der deutschen Gedankenwelt
aufstieg. Und Hauser – der an niedrigster Stelle dieser deutschen Kultur stand –
mindestens im Mai 1828 als er in Nürnberg erschien – das ungebildete, unschuldige, reine
Wesen, das in sich nicht Gedanken, sondern Andacht und unmittelbare Wahrhaftigkeit
hatte. Hegel schaute zurück in die Weltgeschichte und erklärte seinen Mitmenschen die
ganze Menschheitsevolution. Hauser schaute direkt mit seinem offenen Herz in die
Phänomene um sich, die natürlichen und menschlichen Phänomene und erklärte seinen
Mitmenschen das, was er darin sah, und in diesen Erklärungen haben seine Mitmenschen
erfahren, was sie als Menschen verloren hatten.
Hegel: Zurückweisung und Wiederaufleben: In diesen 19 Jahren, Hegel und Hauser: Zeit und
Raum. Denn was ist die Zahl 19, esoterisch gesehen? 7 und 12: die Zahlen von Zeit und Raum,
Planeten und Tierkreis. Ab Hausers Geburt bis Hegels Tod: 19 Jahre. 1831 ist Hegel
gestorben, und 1833, Hauser. Dazwischen, 1832 ist Goethe gestorben. Der
Schwellenübergang dieser drei großen Geister Hegel, Goethe, und Hauser in den Jahren
1831, 32, und 33 scheint mir vielsagend. Nach diesen drei Jahren und diesen drei Todesfälle,
sank die deutsche Kultur allmählich in den Abgrund des Materialismus. Hegel, der Kämpfer
für ein wahres Gedankenleben, der 42 Jahre vor Kaspar Hauser geboren war, starb am 14.
November in Berlin während einer großen sogenannten „asiatischen“ Cholera-Epidemie, in
dem selben Jahr in dem Lord Stanhope in Kaspar Hausers Leben eintrat, und am 29. des
selben Monats – zwei Wochen nach Hegels Tod – entfernte Stanhope Kaspar aus der Obhut
von Hegels Schwager Baron von Tucher in Nürnberg und brachte ihn weg nach Ansbach, wo
er am 10. Dezember in das Haus und unter die tyrannische Herrschaft des Lehrers Meyer
gebracht wurde, der von Lord Stanhope zu diesem Zweck eingesetzt worden war. Der Prinz
der deutschen Philosophie war just von Deutschland entnommen worden und dann plötzlich
wurde der andere Prinz, Kaspar Hauser, von dem Ort Nürnberg weggenommen worin man
ihn geschützt hatte.
Die 1820er und 1830er Jahre waren die Jahre von Hegels höchstem Ansehen. Die
nachfolgende Zurückweisung und Austreibung von Hegels Idealismus begann 1841, als, in
einer schrecklichen Ironie, Ludwig Feuerbach (1804-1872), der Sohn von Kaspar Hausers
Beschützer und Verteidiger, dem großen Kriminologen und Richter Anselm von Feuerbach
(1775-1833) eine berühmt gewordene Serie von Vorträgen hielt, in denen er Hegel kritisierte.
Und dann veröffentlichte Feuerbach sein antichristliches Buch Das Wesen des Christentums.
Friedrich Engels kommentierte diesen Schlag Feuerbachs später:
Mit einem Schlag zerstäubte es den Widerspruch, indem es den Materialismus ohne
Umschweife wieder auf den Thron erhob. Die Natur existiert unabhängig von aller
Philosophie; (…) Der Bann war gebrochen; das »System« war gesprengt und beiseite
geworfen, (…) – Man muß die befreiende Wirkung dieses Buchs selbst erlebt haben, um sich
eine Vorstellung davon zu machen. Die Begeisterung war allgemein: Wir waren alle
momentan Feuerbachianer. (6)
Die Ereignisse von 1841 öffneten die Schleusentore für die Flutwelle des philosophischen
Materialismus. Die Deutschen schauten immer mehr nach England und sie wollten immer
mehr das haben und entwickeln was die Engländer hatten und entwickelten: eine
materialistisch-geprägte Gesellschaft und ein kommerzielles, industrielles imperialistiches
112
Weltreich mit Kolonien, eine Kriegsmarine und so weiter. Hegel, Goethe und Hauser wurden
vergessen. Und nicht nur diese drei sondern die größten Früchte der ganzen inspirierenden
Epoche des deutschen Idealismus: Hölderlin, Schelling, Fichte, Novalis, Humboldt und die
andere. Nach der unglücklichen Entscheidung Kaspar Hausers in Nürnberg November 1831,
eine bessere Zukunft im Westen, in England anzuschauen und davon zu träumen, – ab 1840,
genau das Jahr der Ehe Königin Viktorias von England mit dem Prinz Albert von
Saxe-Coburg-Gotha, haben die Deutschen der 19. Jahrhundert einer ähnliche Zukunft
angeschaut und ähnliche Träume geträumt. Und weiter ging es im 20. Jahrhundert: 100
Jahre nach dem Tode Kaspar Hausers träumten auch Hitler und seine
Nationalsozialisten noch von englischen Vorbilder – rassische Überlegenheit, elitäre
Herrschaft, Kolonialreich mit ‚Herrenmenschen‘ und ,Untermenschen‘, kommerzielle und
technische Dominanz, brutale gewissenslose Erziehungssystem usw. Aber die drei Geister –
Hegel, Goethe, Hauser – hatten in ihrer verschiedenen Weisen, in ihrer Leben und ihrer
Taten die notwendige Vorbilder in Denken, Fühlen und Wollen schon dargestellt mit den
die deutsche Kultur sich verbinden kann um vom Abgrund des Materialismusdunkels heraus
wieder aufzusteigen.
Es gibt ein mystisches, sogar ‚asiatisches‘ Element bei Hegel, nämlich, dass er zeigt, dass das,
was der Mensch im eigenen Inneren hat, in seinem Denken, der gesamte Kosmos ist. Er zeigt
dem europäischen Menschen, dem Menschen des Abendlandes, der sich durch die Vernunft
vom Leben entfremdet hat, einen Weg diese Entfremdung durch die Vernunft selbst zu
überwinden. (63 Jahre nach Hegels Tod hat Rudolf Steiner dasselbe gemacht als er seinen
Hauptwerk Die Philosophie der Freiheit veröffentlicht hat.) Etwas von einer tiefen
kosmischen Innenschau, von einem vergangenen mystischen Bewusstsein, das hinter Jakob
Boehme, den Hegel verehrte, zurückführt, hinter die mittelalterlichen Mystiker, hinter die
Neoplatoniker und die griechische Philosophen, bis zu einem weit zurückliegenden Asien
taucht in Hegel wieder auf in der Form der Bemühung eines europäischen Denkers des
frühen 19. Jahrhundert um abstrakte Gedanken. Eines der wenigen persönlichen
Besitztümer Rudolf Steiners, das er für viele Jahre bei sich behielt, war eine Büste Hegels und
in seiner Autobiographie Mein Lebensgang schrieb er in Kapitel XXVII:
Weil im Hegeltum alles Geistige zum Denken geworden war, stellte sich mir Hegel als die
Persönlichkeit dar, die ein allerletztes Aufdämmern alten Geisteslichtes in eine Zeit brachte,
in der sich für das Erkennen der Menschheit der Geist in Finsternis hüllt. (7)
In diesem Zusammenhang finde ich es bemerkenswert dass Rudolf Steiner in seinem Buch
Vom Menschenrätsel (genau vor 100 Jahre veröffentlicht), in dem er über einigen
vergessenen Vertreter des Geistesleben des deutsch-österreichischen Kulturraums schreibt,
das Gedicht “Germanenzug” von Robert Hamerling zitiert - ein Gedicht das die
Wanderungen der alten germanischen Völker aus Asien nach Europa beschreibt. Nachdem
Steiner den Teil zitiert hat, in dem der junge Held Teut, der mit seinen Völkern im Kaukasus
Rast macht, über die Bestimmung seines Volkes sinniert, kommentiert Steiner: „Und
Urmutter Asia offenbart Teut seines Volkes Zukunft; sie spricht nicht bloß Lobeshymnen; sie
spricht ernst von des Volkes Schatten- und Lichtseiten. Aber sie spricht auch von dem
Wesenszug des Volkes, der das Erkenntnisstreben in voller Einheit mit dem Aufblick zum
Göttlichen zeigt“:
113
Des alten asiat’schen Heimatlandes.
Geruhigen Bestandes
Wird dieser heil’ge Strahl, ein Tempelfeuer
Der Menschheit, frei von Rauch, mit reiner Flamme
Fortglühn in deiner Brust und Seelenamme
Dir bleiben und Pilote deinem Steuer!
Du strebst nur, weil Du liebst; dein kühnstes Denken
Wird Andacht sein, die sich in Gott will senken.“ (8)
Diese „Andacht, die sich in Gott will senken“, diese reine Flamme, lässt in einem den
Gedanken aufkommen an das, was, ohne das Wort „Gott“ überhaupt zu kennen, das
unschuldige Herz Kaspar Hausers den Menschen von Nürnberg am Unschlittplatz (dem Platz
der Kerzenmacher, sozusagen) an Pfingsten 1828 brachte, – in einem Zeitalter des immer
größer werdenden Materialismusdunkels, das Licht und ein lebendes Beispiel des Geistes im
Menschen.
Ich danke Ihnen für Ihre Geduld und Ihre Aufmerksamkeit.
Anmerkungen:
(1) Vortrag vom 27.8.1920, in GA 199 (Geisteswissenschaft als Erkenntnis der Grundimpulse
sozialer Gestaltung), S, 154f u. 151.
(2) Ebenda., S. 151.
(3) Rudolf Steiner, Vom Menschenrätsel (GA 20), S. 49.
(4) Vortrag vom 4.12.1920, in GA 202 (Die Brücke zwischen der Weltgeistigkeit und dem
Physischen des Menschen – Die Suche nach der neuen Isis, der göttlichen Sophia), S. 53
(5) Es ist ein interessantes Zusammentreffen, dass das erste Jahr von Skull and Bones
(Dezember 1832- Dezember 1833) auch genau das letzte Jahr von Kaspar Hausers Leben war.
(6)(http://www.egs.edu/library/friedrich-engels/articles/ludwig-feuerbach-und-der-ausgang
-der-klassischen-deutschen-philosophie/i/)
(7) Rudolf Steiner, Mein Lebensgang (GA 28). Dornach 2000, S. 368.
(8) Rudolf Steiner, Vom Menschenrätsel, a.a.O., S. 189
Die Mortalitätsdaten belegen, dass viele vermeintliche Corona-Tode de facto auf den
massiven experimentellen Einsatz hochtoxischer Medikamente zurückzuführen sind.
Kassandrarufe wie der von Deutschlands Obervirologen Christian Drosten am 6. März, in
Deutschland sei „mit 278.000 Corona-Todesopfern zu rechnen“, gaben den Politikern den
entscheidenden Vorwand für die Umsetzung ihrer Lockdown-Maßnahmen. Doch nicht nur
fehlte schon damals derlei Horrorszenarien jegliche wissenschaftliche Grundlage. Auch
zeigen jetzt die harten Daten, dass es in zahlreichen Ländern, darunter Deutschland,
überhaupt keine Übersterblichkeit gab — und dass auch für die erhöhten Mortalitäten in
Ländern wie Italien, Spanien, Frankreich, England oder Amerika ein Virus als Ursache
definitiv und endgültig nicht dingfest gemacht werden kann. Stattdessen zeigt die
Beweislage unmissverständlich: Es war in erster Linie die massenhafte Verabreichung von
Präparaten wie Hydroxychloroquin, Kaletra oder Azithromycin, die unzählige Menschen
frühzeitig hat zu Tode kommen lassen.
114
Als der australische Bundesstaat Victoria mit seiner Hauptstadt Melbourne vor kurzem der
Welt zeigte, wie ein Lockdown der härtesten Art aussieht — mit Regeln wie derjenigen, dass
die Polizei ohne Durchsuchungsbefehl in Wohnungen eindringen kann, mit einer
Ausgangssperre ab 20 Uhr oder sogar mit dem Verbot von Hochzeiten — schrieb Jeffrey A.
Tucker, Redaktionsleiter des American Institute of Economic Research dazu: „Melbourne ist
zu einer Hölle auf Erden geworden. Da fällt einem der Ausspruch von Tacitus über das
Römische Reich ein: ‚Sie schaffen eine Wüste und nennen es Frieden‘“ (1) (auf Lateinisch:
Solitudinem faciunt, pacem apellant).
In der Tat sind derlei drakonische Maßnahmen umso mehr eine Farce, wenn man bedenkt,
dass jegliche Arten von Lockdown ohne wissenschaftliche Grundlage sind und diese sogar
schon dem gesunden Menschenverstand zuwiderlaufen. Und so verhindert der starre Blick
auf ein angeblich potenziell tödliches Virus namens SARS-CoV-2, dass die wahren Ursachen,
insbesondere was die so genannten COVID-19-Todesfälle angeht, ans Tageslicht kommen:
Die experimentelle, großflächige Verabreichung hochtoxischer Medikamente.
Allein der Umstand, dass zum Beispiel „in Australien seit März 50 Prozent mehr
Selbstmord-Todesfälle zu verzeichnen sind, als es offiziell Covid-19-Tote gibt“, wie Tucker
hervorhebt (2), sollte jedem reichlich zu denken geben. Oder nehmen wir das Thema
Luftverschmutzung: Obwohl sie weltweit mehr als 3 Millionen vorzeitige Todesfälle pro Jahr
verursacht (3), kommen die Entscheidungsträger weltweit nicht auf die Idee, die Verursacher
von Feinstaub lahm zu legen.
Abgesehen davon sind die so genannten SARS-CoV-2-PCR-Tests, die massenhaft zum Einsatz
gekommen sind und kommen und deren „positive“ Ergebnisse als Begründung für die
Lockdowns herangezogen werden, wissenschaftlich bedeutungslos (4). Das zeigt sich schon
daran, dass es nicht einmal einen gültigen Goldstandard für diese Tests gibt, wie etwa der
australische Spezialist für Infektionskrankheiten, Sanjaya Senanayake, in einem
ABC-Fernsehinterview bestätigte (5). Auch wird auf der Website der australischen Regierung
eingeräumt, dass die PCR-Tests völlig unzuverlässig sind.
Zudem zeigen Studien, dass in Folge von Lockdowns und Maskenpflicht Übertragungs- und
Todesraten nicht zurückgegangen sind (6).
Ein Lockdown in Ländern wie Australien ist im Übrigen umso absurder, wenn man bedenkt,
dass dort den offiziellen Angaben zufolge die Corona-Todeszahl „bei 26 pro eine Million
Einwoher, gemessen über einen Zeitraum von sechs Monaten, liegt“, wie David James,
Journalist aus Down Under, kürzlich in einem OffGuardian-Artikel schrieb (7). Dies kann beim
besten Willen nicht als Viruspandemie bezeichnet werden. Zumal „der leitende
Gesundheitsbeamte in Victoria sogar zugegeben hat, dass man nicht auf das Virus testen
würde, sondern nur annehme, es würde COVID-19 vorliegen, sobald grippeähnliche
Symptome vorliegen würden“, so James. „Und die Todesfälle, die in Australien auf die
Grippe zurückgeführt werden, so sollte hinzugefügt werden, sind ungewöhnlich niedrig.“
Und nicht nur Australien, auch viele andere Länder haben während der ersten sechs Monate
dieses Jahres gar keine Übersterblichkeit verzeichnet. In Deutschland und Portugal liegt die
Sterblichkeit für diesen Zeitraum sogar unter der von dem einen oder anderen Vorjahr. Das
ist das Ergebnis einer Analyse mit dem Titel „Denn sie (die Entscheidungsträger) wissen nicht,
was sie tun“, verfasst von Stefan Aust, ehemaliger Chefredakteur des Spiegel und seit 2014
Herausgeber der Tageszeitung die Welt (8).
Dass in Ländern wie Deutschland „von einer Übersterblichkeit keine Rede sein kann“, wie
sogar ein höherer Beamter eines Bundesministeriums gegenüber Aust konstatierte, würde
„von manchen Menschen als Erfolg der Regierungsmaßnahmen ausgegeben. Diese Aussage
ist jedoch nicht belegbar“, so der der Ex-Spiegel-Chef. Dies zeige das Beispiel Schweden, wo
115
das Durchschnittsalter der Corona-Toten höher liege als hierzulande genau wie in den
meisten anderen Staaten — und wo zudem die überwiegende Zahl der Verstorbenen aus
dem Pflegebereich Schwerstkranker stammte. „Deren Leben hätte man auch mit dem
schärfsten allgemeingesellschaftlichen Lockdown nicht retten können.“
Übersterblichkeit war auf kurzen Zeitraum begrenzt: Dies allein führt die Virus-Hypothese
ad absurdum
Sicher, einige Länder verzeichneten in der ersten Hälfte 2020 deutlich mehr Todesfälle als in
den vergangenen Jahren. Dies gilt insbesondere für Italien, Spanien, Frankreich, England,
Belgien, die Niederlande und die USA. Die Hypothese, dass in diesen Ländern ein neues,
potenziell tödliches Coronavirus gewütet hätte, wird jedoch bereits dadurch widerlegt, dass
gerade diese Staaten eine rigide Lockdown-Politik betrieben. Denn wenn man der Logik der
Virus-Hypothese folgt, hätten gerade diese Länder weniger Todesfälle zu beklagen haben
müssen.
Darüber hinaus hatte beispielsweise Belgien achtmal mehr Todesfälle (pro 100.000
Einwohner) als sein direkter Nachbar Deutschland. Oder nehmen wir das Beispiel Spanien,
das stolze 22-mal mehr Todesfälle zu beklagen hatte als Polen, während Portugal, der
direkte Nachbar Spaniens, keine überhöhte Sterblichkeit aufwies. Aber eine Viruspandemie,
die so eng beieinander liegende Länder so unterschiedlich trifft, kann es gerade in der
heutigen Zeit eigentlich nicht geben.
Mein Co-Autor, der Internist Dr. med. Claus Köhnlein, schrieb daher einen Brief an das
Deutsche Ärzteblatt, der Ende Juni veröffentlicht wurde. Darin führt er aus:
Darüber hinaus fand der allergrößte Teil Übersterblichkeit in diesen Ländern nur während
eines sehr kurzen Zeitraums statt, nämlich innerhalb von etwa zwei bis drei Wochen im April.
Wie die Euromomo-Todesratenstatistik zeigt, waren die Kurvenverläufe auch in diesen
Ländern bis etwa Ende März relativ „langweilig“ gewesen, doch dann schoss die
Übersterblichkeit plötzlich in die Höhe, um dann gegen Mitte April wieder drastisch
abzufallen, was sich in einem deutlich erkennbaren Zacken in den Grafiken der Belgien,
Frankreich, Italien, Spanien und dem Vereinigten Königreich sichtbar macht (siehe unten
eingefügte Charts):
116
117
Diese Grafiken zeigen unmissverständlich, dass es sich bei dem, was als COVID-19 bezeichnet
wird, nicht um eine potenziell tödliche Virus-Seuche handeln kann. Denn wie aus ihnen
hervorgeht, trat die Übersterblichkeit in der ersten Hälfte 2020 nicht nur in wenigen
europäischen Ländern auf, und zwar vor allem in Italien, Spanien, der Schweiz, Frankreich,
Belgien und England (erkennbar an den „Zacken“ in den Kurven). Auch ereignete sich die
Übersterblichkeit nur innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums — mit einem steilen Anstieg
und einem ebenso steilen Abfall der Sterblichkeitskurve innerhalb von zwei bis drei Wochen
im April. Kein Virus kann solche „Zacken“ erzeugen, schon gar nicht außerhalb der üblichen
Grippesaison. Zumal es etwa in Deutschland, obwohl es direkt an Frankreich und Belgien
grenzt, zu keiner überhöhten Mortalität kam. Gleiches gilt für Österreich, das Nachbar ist
von Italien und der Schweiz, und für Portugal, das neben Spanien liegt. Und während Italien,
Spanien, Frankreich, Belgien und England eine kurze, merkliche Übersterblichkeitsrate
verzeichneten, obwohl sie harte Lockdowns umgesetzt hatten, hatte Schweden, das
überhaupt keinen Lockdown machte, nur eine sehr geringe Übersterblichkeitsrate. Auch dies
spricht klar gegen die Virus-Hypothese. Dass der „Zacken“ in der Schweiz relativ flach ist,
liegt übrigens daran, dass im deutschsprachigen Teil des Alpenlandes, in dem es zu keiner
Übersterblichkeit kam, zwei Drittel der Gesamtbevölkerung leben, während im italienisch-
und französischsprachigen Teil eine Übersterblichkeit verzeichnet wurde. Hat das Virus also
die Deutschschweizer einfach gemieden? Ein völlig abwegiger Gedanke!
In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass in diesen europäischen Ländern innerhalb weniger
Wochen 60 bis 70 Tausend mehr Tote zu beklagen waren als zu dieser Jahreszeit üblich.
Hinzu kommen rund 130.000 zusätzliche Todesfälle in den USA in den ersten sechs Monaten
des Jahres 2020 im Vergleich zum gleichen Zeitraum der beiden Vorjahre (die Sterberate in
den USA beträgt für die erste Hälfte des Jahres 2020 0,48 Prozent, 2018 und 2019 waren es
118
0,44 Prozent). Der Unterschied zwischen den europäischen Ländern und den Vereinigten
Staaten besteht lediglich darin, dass der „Zacken“ in Amerika etwas breiter ist, das heißt,
dass er sich nicht nur über etwa zwei Aprilwochen erstreckt, und dass der Höhepunkt der
Übersterblichkeit am 11. April erreicht wird und damit etwa zwei Wochen später als in
Italien, wo das weltweite Todesdrama begann (siehe Grafik unten).
Dass innerhalb sehr weniger Wochen außerhalb der Grippesaison sozusagen „auf einen
Schlag“ viele Zehntausend Menschen mehr ums Leben kommen als sonst, kann also nicht
mit einem Virus erklärt werden. Ein solches Virus kann es schlicht nicht geben. Und selbst
wenn es ein solches supertödliches Virus geben würde, dann müsste es im Chart von
Schweden, einem Land, das ja überhaupt keinen Lockdown gemacht hat, einen gigantischen
„Zacken“ erzeugt haben. Das ist aber nicht der Fall.
Stattdessen ist in der Grafik nur ein flacher „Huckel“ zu erkennen (siehe oben). Im Übrigen
liegt die Sterblichkeitsrate, das heißt der Anteil der Todesfälle an der Gesamtbevölkerung, in
Schweden für die ersten sechs Monate des Jahres 2020 mit 0,48 Prozent absolut im
Normbereich und nur geringfügig höher als zum Beispiel 2017 und 2018 (jeweils 0,46
Prozent) (10).
Folglich kann es nur eine nicht-virale Erklärung für diese vorübergehende massive
Übersterblichkeit geben. Und es gibt stichhaltige Beweise dafür, dass in diesem
Zusammenhang die massive und hochdosierte Verabreichung hochtoxischer Medikamente
die entscheidende Rolle spielte — Medikamente, die in weltweiten Studien und jenseits
derselben massenhaft und experimentell verabreicht und in der Folge davon Zehntausenden
von „Versuchskaninchen“ das Leben gekostet haben. Dass dann relativ schnell immer
weniger Patienten da waren, die hätten sterben können, erklärt unter anderem den raschen
Abfall der Kurven.
119
Dass die Virus-These nicht plausibel ist, zeigt auch der genauere Blick auf Deutschland. Die
obige Euromomo-Grafik für Deutschland beschränkt sich nämlich auf die Hauptstadt Berlin.
Doch vom Statistischen Bundesamt gibt es Daten zu Gesamtdeutschland (siehe Grafik unten
mit den Sterbefallzahlen in Deutschland). Demnach sind im März 2019 zum Beispiel 86.500
Menschen gestorben.
„Im März 2018, also in einem Jahr, als die Grippewelle besonders heftig ausfiel, waren es
107.100. Auch ohne Corona-Pandemie können die Sterbefallzahlen demnach insbesondere
in der typischen Grippezeit stark schwanken“, wie es auf der Website der Behörde heißt (11).
Dies allein verdeutlicht, dass hier beim besten Willen kein Corona-„Todeszug“ am Rollen
gewesen sein kann.
Die Grafik verrät zudem, dass es auch in Deutschland einen „Zacken“ gab, der aber ebenfalls
nur in der gleichen kurzen Zeitspanne (im April) zu sehen ist. Zudem ist der „Zacken“ sehr
flach, sodass es im April 2020 rund 6.600 mehr Todesfälle gab als im April 2019 und an die
4.200 mehr als im April 2018 (12). Eine Pandemie sähe ohne Frage komplett anders aus. Und
seit der 19. Kalenderwoche (4. bis 10. Mai) lagen die Sterbefallzahlen nach der vorläufigen
Auszählung auch „wieder im Bereich des Durchschnitts der Vorjahre oder schwankten
darum“, so das Statistische Bundesamt. „Mitte Juli hatten die Sterbefallzahlen ein Minimum
erreicht.“ Im August waren die Sterbefallzahlen zwar wieder erhöht, doch nicht etwa wegen
eines tödlichen Virus, sondern wegen „der Hitzewelle“.
Im Übrigen korrespondiert der „Zacken“ im April dieses Jahres — mit einer Übersterblichkeit
von wenigen Tausend Personen im Vergleich zu 2019 und 2018 — ziemlich gut mit dem
verstärkten experimentellen Einsatz des Malariamedikaments Hydroxychloroquin bei so
genannten COVID-19-Patienten (mehr zur entscheidenden Rolle dieses Medikaments
später).
Wie der Spiegel aktuell berichtet, hatte das Medikament nach einer Analyse der AOK ab
März auch in Deutschland viele Anhänger gefunden und wurde in diesem Monat „fast
10.000 Patienten mehr verschrieben als im Monat zuvor“ — Patienten, von denen die
überwiegende Mehrheit sehr alt war und mit schweren gesundheitlichen Problemen zu
kämpfen hatte und für die somit toxische Medikamente wie Hydroxychloroquin besonders
120
gefährlich waren. Im April und Mai ging der Einsatz des Präparats auch wieder merklich
zurück (13).
Tatsächlich scheint es auch nicht sehr wahrscheinlich, dass es in Deutschland im
Zusammenhang mit der allgemeinen COVID-19-Panik, die in der zweiten Märzhälfte
besonders eklatant war, zu gar keinem verstärkten experimentellen Einsatz von
hochtoxischen Medikamenten wie Hydroxychloroquin oder auch dem antiviralen Präparat
Kaletra (Lopinavir/Ritonavir) kam.
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist auch, dass am 20. März auf YouTube ein
Russia-Today-Interview mit meinem Co-Autor Claus Köhnlein ausgestrahlt wurde, in dem er
den experimentellen Einsatz hochtoxischer Medikamente kritisierte. Das Interview hatte
innerhalb kurzer Zeit 900.000 Views (14). Wenige Tage später bekam er einen Anruf einer
damaligen Doktorandin an der Charité am Institut für Sozialmedizin namens Felicia
Kleimaier.
Und Kleimaier fragte Claus Köhnlein, ob er sich darüber bewusst sei, dass seine kritischen
Äußerungen die Anwendung der antiviralen Therapie im Zusammenhang mit COVID-19
torpediert hätten. Seine Antwort: Sollten seine Interviewaussagen wirklich dazu beigetragen
haben, dass deutlich weniger Medikamente eingesetzt worden sind, dann hätte er genau das
erreicht, was er erreichen wollte. Denn die Medikamente seien nicht nur allesamt überhaupt
nicht behördlich genehmigt, was COVID-19 angeht, auch seien sie immunsuppressiv und
könnten daher gerade für bereits schwerkranke Menschen tödlich sein.
In seinem bereits erwähnten Leserbrief, abgedruckt im Ärzteblatt, sagt Köhnlein dazu:
„Es könnte sein, dass wir in Deutschland deshalb so gut davongekommen sind, weil wir von
Anfang an therapeutisch zurückhaltender waren und/oder wegen der schlechten
Erfahrungen Italiens, Spaniens, Frankreichs und Englands gelernt und kaum antivirale
Substanzen eingesetzt haben“ (15).
Fallstudie im Lancet vom 18. Februar 2020: Blaupause für exzessiven Medikemanten-
einsatz
Dass es zu einem massiven experimentellen Einsatz von Medikamenten gekommen ist,
wurde auch durch Papers wie die Einzelfallstudie möglich, die am 18. Februar im Lancet
veröffentlicht wurde (16). Darin wird die Kasuistik eines 50-jährigen Patienten geschildert,
der unter Fieber, Schüttelfrost, Husten, Müdigkeit und Kurzatmigkeit litt und als
COVID-19-Patient eingestuft wurde.
Daraufhin wurde er mit einer regelrechten Medikamenten-Armada traktiert, die aus den
antiviralen Medikamenten Interferon alfa-2b, Lopinavir und Ritonavir, dem sehr harten
Antibiotikum Moxifloxacin und hochdosiertem Cortison (Methylprednisolon) bestand —
Substanzen, die selbst bei alleiniger Einnahme tödliche Nebenwirkungen haben können.
Zudem wurden bei der Autopsie Gewebeproben entnommen — und hier räumen die
Autoren der Arbeit sogar ein, dass die beobachteten Leberschäden durch die Medikamente
verursacht worden sein könnten.
Die Schlussfolgerung, dass der Patient aufgrund der toxischen Wirkung der Medikamente
verstorben ist, zwingt sich also auf.
Und wenn ein solcher Mann, der 50 und damit „in seinen besten Jahren" war und
offensichtlich an keinen anderen Krankheiten als schweren Grippesymptomen gelitten hatte,
infolge der Verabreichung eines solchen „Medikamentencocktails“ stirbt, dann kann man
erahnen, wie sich eine solche hochtoxische Behandlung auf Menschen auswirkt, die 70 oder
80 Jahre alt sind und Vorerkrankungen bis hin zu Krebs hatten, bevor sie als
COVID-19-Patienten eingestuft worden sind.
121
Stellt sich die Frage: Warum behandelten die Ärzte den 50-Jährigen auf diese Weise? Und
die Antwort lautet: Aus einem Virus-Tunnelblick heraus, aus der tief verwurzelten
Überzeugung, dass nur Medikamente Rettung bringen können sowie aus der für das heutige
Medizinsystem gerade auch in Zeiten der Pandemie-Panik typischen Angst, man könnte
irgendetwas unversucht gelassen haben, was dann oft genug zu einem
Medikamentenaktionismus führt. Wie in diesem Fall.
Und so wurde dem bemitleidenswerten 50-Jährigen, weil er kurzatmig war, zum Beispiel
Kortison verabreicht, ein Lymphozytenkiller, der die Entzündungsreaktion verlangsamt. Alles
schwillt dann ab, das Fieber sinkt. Der Patient fühlt sich vorübergehend besser, er kann
wieder besser atmen. Gleichzeitig wird aber auch die Abwehrreaktion unterdrückt, was
schließlich, wie dieser Fall vor Augen führt, tödlich enden kann, vor allem wenn zusätzlich
andere potenziell tödliche Medikamente verabreicht werden.
Nichtsdestotrotz zieht das Lancet-Paper tatsächlich den Schluss, dass „der Patient an einer
schweren Infektion mit SARS-CoV-2 gestorben ist.“ Mit anderen Worten: Es wurde
behauptet, der Patient sei nur an einem Virus gestorben — und trotz der
Medikamentenarmada nicht an den Medikamenten. Und da diese Studie in einer Zeitschrift
veröffentlicht wurde, deren Inhalt de facto Gesetz ist, diente sie als eine Art Blaupause für
die Behandlung von COVID-19-Patienten.
In der Tat wurden nur wenige Wochen später hochgiftige und auch potenziell tödliche
Medikamente im Übermaß eingesetzt, vor allem in allen oben genannten Ländern mit
überhöhter Sterblichkeit, sowohl experimentell als auch off-label, was bedeutet, dass die
Medikamente außerhalb ihrer behördlichen Zulassung eingesetzt wurden.
Dabei vermitteln die verfügbaren Daten den Eindruck, dass die Todesfälle innerhalb kurzer
Zeit wie eine große Welle von Italien über Spanien und Frankreich nach Großbritannien und
Belgien wanderten und dann auf die USA und Brasilien überschwappten.
In Italien, vor allem in der Lombardei, begann der„Medikamentenrausch“ spätestens am 17.
März und fand in Heimen, Pflegeheimen und Kliniken statt. Für Italien gibt es eine
Todesfallstatistik, die vom 9. April 2020 datiert und die besagt, dass 84 Prozent der
verstorbenen Patienten Antibiotika, insbesondere Azithromycin, erhielten, 55 Prozent
antivirale Medikamente, 33 Prozent Kortikosteroide und 18,6 Prozent eine Kombination aus
allen drei Substanzen (17).
Was etwa Azithromycin angeht, so warnt die US-amerikanische
Medikamentenzulassungsbehörde FDA, dass es einen potenziell tödlichen unregelmäßigen
Herzrhythmus verursachen kann. Und auch die Tatsache, dass antivirale Medikamente
tödlich sein können, ist hinreichend belegt. Dies gilt auch für die Kombination
Lopinavir-Ritonavir, die dem oben erwähnten 50-jährigen Patienten ebenfalls verabreicht
wurde (18).
Was die Kortikosteroide angeht, so kam eine am 10. April 2020 im Journal of Infection
veröffentlichte Studie zu folgendem Schluss:
„Patienten mit schweren Erkrankungen erhalten mit höherer Wahrscheinlichkeit
Kortikosteroide. Die Einnahme von Kortikosteroiden ist mit einer erhöhten Sterblichkeit bei
Patienten mit Coronavirus-Pneumonie verbunden“ (19).
Der französische Kultursender France Culture beschrieb auf seiner Website in dem Artikel
„Covid-19: Wie Ärzte in Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland mit der Krankheit
umgehen“, wie in der Praxis agiert wurde. Zu Wort kommt etwa der Neurologe Francesco
Alberti, Präsident des Ärzteordens der italienischen Provinz Imperia in der an Frankreich
grenzenden Region Ligurien:
122
„Wir führen viele Experimente und Versuche durch, denn die Krankheit verläuft sehr
unterschiedlich und ist je nach Patient mehr oder weniger schwerwiegend. Wenn jemand nur
Fieber hat und dieses nicht länger als vier oder fünf Tage anhält, verschreiben wir
Paracetamol. Darüber hinaus setzen wir antivirale Medikamente ein, um das Fortschreiten
der Krankheit zu begrenzen. Die am häufigsten verwendeten Medikamente sind
Hydroxychloroquin, Markenname Plaquenil, in Kombination mit einem Antibiotikum,
Azithromycin, wobei zu bedenken ist, dass Hydroxychloroquin Herzrhythmusstörungen
verursachen kann. Wir geben auch andere antivirale Medikamente wie Remdesivir und
Favipiravir. Für den Fall, dass das Immunsystem überdreht, experimentieren wir auch mit
Tocilizumab, einem immunologischen Medikament, das normalerweise bei rheumatischen
Beschwerden verschrieben wird.“
Zu Hydroxchloroquin, sein tödliches Potenzial und seine entscheidende Rolle, sowie über
Remdesivir später mehr. Was Tocilizumab betrifft, so kann es genau wie Azithromycin fatal
wirken, indem es tödliche allergische Reaktionen auslöst (20). Seit Einführung dieses
Immunsuppressivums in den USA im Jahr 2010 wurden der FDA mehr als 1.000 Todesfälle
gemeldet. Die tatsächliche Zahl dürfte jedoch viel höher liegen, da das Meldesystem der FDA
nur einen Bruchteil der unerwünschten Ereignisse erfasst, die bei Patienten auftreten (21).
Doch weiter mit Alberti:
„Es gibt kein einziges therapeutisches Protokoll. Die Medikamente, die wir verwenden, sind
‚off label‘, das heißt wir verschreiben sie außerhalb ihrer Indikationen. Das
Gesundheitsministerium und die italienische Arzneimittelagentur haben uns erlaubt, diese
Medikamente zu verwenden, auch wenn sie ursprünglich für andere Krankheiten
verschrieben wurden.“
Zu Wort kommt auch Jean-François Timsit, Leiter der Abteilung für Intensivmedizin und
Reanimation von Infektionskrankheiten am Bichat-Krankenhaus in Paris:
„Gegenwärtig wird die Sterblichkeitsrate für Patienten, die sich auf der Intensivstation
befinden, auf etwa 30 Prozent geschätzt, wobei die Schwankungsbreite davon abhängt, ob
die Patienten (für die maschinelle Beatmung) intubiert sind oder nicht. Wenn Patienten
intubiert werden, steigt die Sterblichkeitsrate auf 50 Prozent“ (22).
30 Prozent, das ist bereits ein sehr hoher Wert, 50 Prozent also umso mehr. Tatsächlich
wurden Intubationen (Einführung von Holosonden zwecks Beatmung) zunehmend eingesetzt,
weil befürchtet wurde, dass die deutlich weniger invasive Maskenbeatmung ein höheres
Risiko einer Virusinfektion birgt. Dabei wurde schon 2002/2003 im Zusammenhang mit SARS
dokumentiert, dass Intubationen für Patienten ein erhöhtes Sterberisiko bergen im Vergleich
zur Maskenbeatmung. Und auch bei der Behandlung von COVID-19-Patienten gibt es klare
Belege dafür (23). Eine Lancet-Studie vom Februar zeichnete ein sehr düsteres Bild: Nur drei
von 22 intubierten Patienten überlebten (24).
Was Medikamente angeht, so hat vor allem Hydroxychloroquin wesentlich dazu beigetragen,
dass unzählige Menschen vorzeitig gestorben sind. Hydroxychloroquin ist alles andere als ein
Lutschbonbon, denn es kann viele schwerwiegende Nebenwirkungen haben und sogar
tödlich wirken, indem es zum Beispiel Herzrhythmusstörungen verursacht. Dies gilt vor allem,
wenn es in höheren Dosen verabreicht wird, wie es bei der Behandlung von so genannten
COVID-19-Patienten nicht nur in Italien, sondern auch in Spanien, Frankreich, England und
den USA vorgekommen ist.
„Ich sehe es auch so, dass Hydroxychloroquin, wenn es überdosiert wird, in seiner
Wirksamkeit reduziert ist und toxisch wirken kann“, schreibt mir per E-mail (25) der
Yale-Epidemiologe Harvey Risch, der einer der bekanntesten Forscher ist, die in dem
123
Medikament das Potenzial, Patienten zu helfen, sehen — vorausgesetzt, es wird in niedrigen
Dosen verabreicht (26).
In Spanien hat die Agencia Española de Medicamentos y Productos Sanitarios (AEMPS) — die
Agentur für Arzneimittel und Gesundheitsprodukte — am 16. März mit der umfangreichen
Verteilung von Hydroxychloroquin und seiner leicht toxischeren Variante Chloroquin an
COVID-19-Patienten in Krankenhäusern begonnen (27). Miquel Barceló vom Krankenhaus
Cerdanya, rund 150 km nördlich von Barcelona gelegen und nahe der Grenze zu Frankreich,
etwa erklärte Anfang April gegenüber France Culture:
„Es gibt ein mehr oder weniger rücksichtsloses Verhalten in Bezug auf dieses Medikament
(Hydroxychloroquin) ... Es gibt viele Patienten auf der Intensivstation und viele Todesfälle im
Vergleich zu Okzitanien (, der Region direkt auf der gegenüberliegenden französischen
Seite) ... So wie sich diese Krankheit entwickelt, sagen sich die Leute: Wir müssen etwas tun.
Da ist vielleicht kaum noch ein Halt, dieses Medikament zu verwenden“ (28).
124
Das heißt, eine Person, die 70 kg wiegt, würde, wenn sie diesem Vorschlag befolgen würde,
700 mg Chloroquin base — also umgerechnet 900 mg Chloroquin (33) — als Anfangsdosis
(„loading dose“) erhalten, was Lichtjahre entfernt ist von den in der Solidarity-Studie
offenkundig verwendeten 2,4 g in den ersten 24 Stunden.
Dabei ist auch zu beachten, dass der Körper beide, sowohl Chloroquin als auch
Hydroxychloroquin, nur sehr schwer abbaut, so dass die Dosen, die über mehrere Tage
eingenommen werden, eine kumulative Wirkung haben. Chloroquin wird auch bei der
Sterbehilfe eingesetzt. 1986 veröffentlichte etwa die deutsche Zeitschrift für Rechtsmedizin
den Artikel „Tod nach Gabe von 1.250 mg Chloroquin bei Porphyria cutanea tarda“ (34).
Andere Quellen beziffern die tödliche Dosis bei 2 bis 3 g (35).
1979 stellte die WHO einen Berater namens H. Weniger ein, um die Toxizität von Chloroquin
zu untersuchen. Er untersuchte 335 Vergiftungsfälle bei Erwachsenen durch Chloroquin. Und
auf Seite 5 seines Berichts stellt Weniger fest, dass eine Einzeldosis von 1,5 bis 2,0 g
Chloroquin base — also 1,9 bis 2,6 g Chloroquin — tödlich sein kann (36). Und, wie gesagt,
die in der Solidarity-Studie verwendete Dosis lag bei 2,4 g in den ersten 24 Stunden plus 6,8
g on top in den darauffolgenden neun Tagen.
Laut der Ärztin Nass „sind sich alle Experten darüber einig, dass ‚es bei Chloroquin einen
geringen Spielraum gibt zwischen toxischer und therapeutischer Wirkung‘, wie es in dem
Standardwerk Goldfranks Toxicologic Emergencies zu lesen steht. Es ist sehr sicher, wenn es
bei den richtigen Patienten richtig angewendet wird“, so Nass, „aber ein bisschen mehr kann
hier schon potenziell tödlich sein. Professor Nicholas White, der an beiden WHO-Beratungen
über die Chloroquin-Präparate teilgenommen hatte, hat diesen Aspekt erwähnt“ (37).
„Das Hochdosisschema, das in den Solidarity-Studien zur Anwendung kam, hat keine
medizinische Rechtfertigung“, klagt Nass an. „Das Studiendesign, das — im Gegensatz zu
herkömmlichen Medikamentenversuchen — nur ein begrenztes Zusammentragen von Daten
vorsah, was die Sicherheit der Wirkstoffe angeht, könnte es schwieriger machen, toxische
Arzneimittelwirkungen ausfindig zu machen. Dies ist völlig unethisch.“
Nichtsdestotrotz haben sich viele Länder rund um den Globus an der Solidarity-Studie
beteiligt, darunter Spanien, Frankreich, die Schweiz und Belgien — Länder mit einer
merklichen Übersterblichkeit (begrenzt auf April).
Ende März pries kein Geringerer als US-Präsident Trump Hydroxychloroquin gar als „ein
Geschenk von Gott“ (38), was sicherlich dem Verlangen nach diesem Präparat und dem
Glauben an seine mögliche Heilkraft einen besonderen Schub gegeben haben dürfte. Doch
so vielversprechend der wohlmeinende Name „Solidarity“ und Trumps Verherrlichung auch
klingen mögen, so sehr endete das Ganze in einer Katastrophe, vor allem auch wegen der
Übertherapie mit Hydroxychloroquin, das in vielen Fällen auch noch zusammen mit anderen
toxischen Medikamenten verabreicht wurde.
Wie tödlich Chloroquin war, wurde in Brasilien demonstriert. Am 13. April berichtete die
Chicago Tribune (39), dass eine Studie im Land des Zuckerhuts, in der nationale Richtlinien
die Verwendung von Chloroquin bei Coronavirus-Patienten empfehlen, aus
Sicherheitsgründen vorzeitig abgebrochen wurde. Grund: Coronavirus-Patienten, die eine
höhere Dosis Chloroquin eingenommen hatten, entwickelten unregelmäßige
Herzfrequenzen, die bei ihnen das Risiko einer potenziell tödlichen Herzrhythmusstörung
erhöhte. Den Patienten in der Studie war auch das Antibiotikum Azithromycin, das das
gleiche Herzrisiko birgt, verabreicht worden.
„Für mich vermittelt diese Studie eine nützliche Information, nämlich dass Chloroquin einen
dosisabhängigen Anstieg einer Anomalie im Elektrokardiogramm verursacht, was Menschen
anfällig machen könnte für einen plötzlichen Herztod“, zitiert die Zeitung David Juurlink,
125
Internist und Leiter der Abteilung für klinische Pharmakologie an der Universität Toronto.
Juurlink bezog sich dabei auf ein Elektrokardiogramm, das die elektrische Aktivität des
Herzens anzeigt.
Was die Dosis angeht, so erhielt etwa die Hälfte der Studienteilnehmer über einen Zeitraum
von fünf Tagen zweimal täglich 450 mg Chloroquin, insgesamt also 4,5 g, während die
restlichen Probanden 10 Tage lang alle 12 Stunden 600 mg, insgesamt also 12 g, bekamen.
Innerhalb von drei Tagen bemerkten die Forscher Herzrhythmusstörungen bei Patienten, die
die höhere Dosis eingenommen hatten (nach drei Tagen hatten diese 3,6 g Chloroquin
„intus“). Trotzdem wurde offenkundig fleißig weiter verabreicht. Und am sechsten Tag
waren dann 11 und damit ein beträchtlicher Teil der Probanden verstorben, was zu einem
sofortigen Ende des Hochdosis-Arms der Studie führte.
126
In einem Interview mit der französischen Tageszeitung Nice-Matin erklärte Emile Ferrari,
Leiter der Kardiologie des Krankenhauses Pasteur, das zum CHU gehört, dass einige
Patienten die Behandlung wegen des Risikos von Herzrhythmusstörungen hätten abbrechen
müssen. Ferrari zufolge sei das Herzrisiko erhöht, wenn zusätzlich das Antibiotikum
Azithromycin verabreicht würde. Für einige Patienten, die mit diesen Medikamenten
behandelt werden, sei das Medikament schädlicher als die Krankheit selbst, erklärte Ferrari.
„Die neuen Beobachtungen sind durchaus bedeutsam, denn die Kombination wird aktuell in
zahlreichen weiteren COVID-19-Studien erprobt“, wie die Deutsche Apotheker Zeitung Mitte
April berichtete (45).
Und auch in Frankreich fanden umfangreiche Medikamentenexperimente statt. Am 23. März
berichtete etwa die Zeitung L'Express, dass der Hohe Rat für öffentliche Gesundheit (Haut
Conseil de santé publique) „die Ärzte ermutigt, so viele Patienten wie möglich in die
verschiedenen therapeutischen Versuche einzubeziehen, die in unserem Land stattfinden,
weil dies der sicherste Weg ist, um schnell festzustellen, ob eine Behandlung wirksam ist
oder nicht“ (46). Dabei kamen auch hier Medikamente wie Remdesivir, Kaletra oder
Hydroxychloroquin zum Einsatz, wie aus einer Liste mit verschiedenen Arten von
COVID-19-Therapieprojekten hervorgeht, die erstmals am 1. April veröffentlicht wurde (47).
Und wie ein offizielles belgisches Leitlinien-Dokument vom 8. Juni 2020 zeigt, wurden in der
EU und von der WHO auch im Rahmen der Discovery-Studie hohe Hydroxychloroquin-Dosen
eingesetzt (48).
127
Co-Leiter der in Großbritannien durchgeführten Recovery-Studie, in einem Interview mit der
französischen Online-Zeitung France Soir am 6. Juni wie folgt: „Es sind 2400 mg in den ersten
24 Stunden und 800 mg von Tag 2 bis Tag 10. Es handelt sich insgesamt um eine 10-tägige
Behandlung.“ Das macht alles in allem fast 10 g Hydroxychloroquin in 10 Tagen, mit 2,4 g
allein am ersten Tag (52).
Bei der Dosierung sei im Übrigen auch nicht berücksichtigt worden, wie es um das Gewicht
sowie um die Nieren- und Leberfunktion der Probanden stünde, wie Meryl Nass kritisch
anmerkt.
„Und die 2,4 g in den ersten 24 Stunden wurden Menschen verabreicht, die in einem bereits
sehr kranken Zustand im Krankenhaus lagen. Damit wurde ihnen eine potenziell tödliche
Dosis verabreicht“ (53).
Im Gegensatz dazu antworte der Recovery-Co-Leiter Landray allen Ernstes auf die Frage, ob
es in Großbritannien für Hydroxychloroquin eine Höchstdosis geben würde: „Hier müsste ich
nachsehen, aber sie liegt viel höher als die 2400 mg, etwa sechs- oder zehnmal so
hoch.“ Und auf die Frage, ob „es im Vereinigten Königreich für Hydroxychloroquin Dosen
geben würde, die von der Arzneimittel- und Gesundheitsprodukt-Zulassungsbehörde MHRA
als tödlich eingestuft werden“, entgegnete Landray: „Die behandelnden Ärzte berichteten
nicht davon, dass sie glaubten, einer der Todesfälle sei auf Hydroxychloroquin
zurückzuführen.“
Zudem hätte man den Hydroxychloroquin-Arm der Recovery-Studie nicht gestoppt, weil
Hydroxychloroquin als nicht sicher eingestuft wurde, sondern aus Gründen der fehlenden
Wirksamkeit. „Für eine neue Krankheit wie Covid gibt es kein genehmigtes
Dosierungs-Schema“, so Landray. Aber die in der Studie verwendete
Hydroxychloroquin-Dosierung sei der Dosierung nicht unähnlich, die zum Beispiel bei der
Amöbenruhr, einer mit Bauchschmerzen und blutig-schleimigen Durchfällen
einhergehenden Darmerkrankung, verwendet werde, so Landray (54).
Derlei Aussagen lassen einen geradezu fassungslos zurück. Nicht nur liegt die in der
Recovery-Studie verwendete Dosis weit über dem, was in Großbritannien als tägliche
Höchstdosis für Hydroxychloroquin bei bekannten Pathologien empfohlen wird, nämlich 6,5
mg pro kg, also etwa 500 mg pro Person. Auch liegt die Doses der Recovery-Studie für die
ersten 24 Stunden (2,4 g) sogar höher als das, was in Frankreich als Überdosierung, die eine
sofortige Notfallversorgung im Krankenhaus erfordert, angegeben wird. Diese liegt nämlich
bei 25 mg/kg Hydroxychloroquin. Bezogen auf einen 75 kg schweren Patienten macht das
1,875 g an einem Tag.
Und auch liegt die Recovery-Dosierung oberhalb derjenigen, die von der World Medical
Association (WMA) in Frankreich empfohlen wird, wie das Online-Magazin France Soir in
seinem Artikel „Recovery trial: Brexit and overdose“ schreibt (55).
Die Recovery-Studie beendete ihre Hydroxychloroquin-Studien abrupt am 5. Juni (56), die
Solidarity-Studie die ihrigen am 17. Juni (57) — zu einem Zeitpunkt, als etwa auf Twitter
damit begonnen wurde, über die überhöhten Dosen zu diskutieren (Hashtag #Recoverygate)
(58).
Doch das ist nicht die einzige Merkwürdigkeit. Noch am 28. Mai hatte der
Recovery-Kontrollausschuss darauf hingewiesen, dass es kein Problem mit
Hydroxychloroquin gebe. Und so wurde empfohlen, die Rekrutierung von Patienten ohne
Unterbrechung bis zur nächsten Sitzung, die für den 11. Juni geplant war, fortzusetzen. Das
wiederum ist merkwürdig, wenn man bedenkt, dass erst kurz vorher, am 22. Mai, eine
riesige Lancet-Studie, basierend auf mehr als 96.000 Patientenakten, zu dem Ergebnis
gekommen war, dass Hydroxychloroquin die Sterblichkeit im Vergleich zur Kontrollgruppe
128
deutlich erhöht — und wenn es mit einem Makrolid wie Azithromycin kombiniert wird, eine
noch höhere Sterblichkeit erzeugt (59).
Doch dann nahmen die schlechten Nachrichten zu. Am 29. Mai machte der Indian Council of
Medical Research die WHO auf die unglaublich hohe Hydroxychloroquin-Dosierung in der
Recovery-Studie aufmerksam. Sie läge viermal so hoch wie diejenige, die man in den
indischen Studien verwendet (60).
Am 4. Juni trat die britische Arzneimittelzulassungsbehörde an die
Recovery-Verantwortlichen heran und meinte, man sollte die Daten für Hydroxychloroquin
prüfen — etwa, was der französische Gesundheitsminister bereits am 23. Mai getan hatte.
Nur vier Tage später, am 27. Mai, entschied sich die französische Regierung dazu, einen
Erlass auszusetzen, der es Krankenhäusern erlaubt, Patienten mit schweren Fällen von
COVID-19 Hydroxychloroquin zu verabreichen (61).
129
verteufeln, um andere toxische Medikamente wie Remdesivir aus der Schusslinie zu nehmen.
Und kurz darauf wurde Hydroxychloroquin wieder aus der Schusslinie genommen, und zwar
durch den Widerruf der Lancet-Studie (4. Juni) sowie durch den Abbruch der
Hydroxychloroquin-Arme der Recovery- and der Solidarity-Studie (5. und 17. Juni). Dabei
wurde dann wider der eigentlichen Datenlage einfach behauptet, Hydroxychloroquin sei
nicht wirksam (anstatt sein tödliches Potenzial klar zu benennen), was wiederum für so viele
Diskussionen und Verwirrung sorgte, dass das Thema „tödliche Arzneimittelwirkungen“ gar
nicht den öffentlichen Diskurs erreichen konnte.
Der abschließende Kommentar von France Soir: „Britische Freunde, ihr verlasst vielleicht
Europa (sehr zu unserem Bedauern), aber eure Regierung scheint euch eine Lüge
aufzutischen“ (67).
Bleibt noch die Frage, warum Landray gegenüber France Soir sagte, dass Hydroxychloroquin
nicht tödlich sei und man den Hydroxychloroquin-Arm der Recovery-Studie nicht wegen
Sicherheitsbedenken gestoppt hätte, sondern schlicht, weil es nicht wirksam sei.
Diese Aussage wird damit gerechtfertigt, dass in der Recovery-Studie die Mortalitätsrate bei
denjenigen, die kein Hydroxychloroquin erhalten hatten, 23,6 Prozent betrug — und damit
nicht viel niedriger war als bei den Probanden, die Hydroxychloroquin geschluckt hatten
(25,7 Prozent). Doch nicht nur ist eine Sterberate von 25,7 Prozent für sich genommen
extrem hoch und sollte für sich genommen jeden zum Nachdenken über das
dahinterstehende Medikament veranlassen. Auch ist die Mortalität von 23,6 Prozent in der
Vergleichsgruppe außergewöhnlich hoch.
„Dieser Wert beträgt 18,1 Prozent in Frankreich und 12,9 Prozent in Bouches-du-Rhône, wo
der Hydroxychloroquin-Befürworter Didier Raoult ansässig ist“, wie France Soir schreibt (68).
130
In einer am 11. Mai 2020 im Journal of the American Medical Association veröffentlichten
Studie mit schwerkranken Patienten, in der die Gabe von Hydroxychloroquin plus
Azithromycin mit der Verabreichung von Hydroxychloroquin, der Gabe von Azithromycin
sowie mit der Verabreichung keiner dieser Präparate verglichen wurde, lag dieser Wert
sogar noch niedriger, und zwar bei 12,7 Prozent (69).
Und eine im New England Journal of Medicine veröffentlichte Studie weist eine
Sterblichkeitsrate von 32,3 Prozent für die Hydroxychloroquin-Gruppe und 14,9 Prozent für
die Kontrollgruppe aus (70).
Die beiden letztgenannten Studien konzentrieren sich auf den US-Bundesstaat New York.
Das heißt, dass doppelt so viele Patienten im Raum New York gestorben sind, nachdem sie
Hydroxychloroquin erhalten hatten.
Wer jetzt denkt, dass es nicht noch heftiger geht, der irrt. So war eine weitere Studie mit
dem Namen REMAP initiiert worden. Dabei wurde die gleiche Hydroxychloroquin „loading
dose“ (2,4 g in den ersten 24 Stunden) wie in der Recovery- und der Solidarity-Studie
angesetzt — bei insgesamt 6,4 g Hydroxychloroquin innerhalb von sechs Tagen. Doch sie
richtet sich an Patienten, die an ein Beatmungsgerät angeschlossen sind oder sich im
Schockzustand befinden, sprich kurz vor dem Tod stehen (71).
Was das Unfassbare an diesem Studiendesign ist, fasst die Ärztin Meryl Nass wie folgt
zusammen:
1. Als Teilnehmer muss man dem Tod nahe sein, um in die Studie aufgenommen zu
werden.
2. Man erhält entweder Hydroxychloroquin alleine oder Hydroxychloroquin in
Kombination mit zwei weiteren Medikamenten, und zwar Lopinavir/Ritonavir
(Kaletra), die, wie erwähnt, schon für sich genommen tödlich sein können. Zugleich
machen Kaletra genau wie Hydroxychloroquin für eine QT-Verlängerung anfällig, also
dafür, dass der Herzmuskel zwischen den Schlägen länger als normal braucht, um sich
wieder aufzuladen. Und auf dem Beipackzettel zu Kaletra steht: „Vermeiden Sie die
Verwendung in Kombination mit QTc- oder PR-Intervallverlängernden
Medikamenten“ (72).
3. Patienten, die sich in einem Schockzustand befinden oder an ein Beatmungsgerät
angeschlossen sind, können möglicherweise nicht ihre Zustimmung zur Teilnahme an
einer klinischen Studie geben. Die Prüfer der Studie sind jedoch der Meinung, dass
eine Einwilligung möglicherweise nicht erforderlich sei und dass hier etwa ein
Einwilligungsverzicht oder eine aufgeschobene Einwilligung angewendet werden
könnte.
Die Remap-Studien fanden an 200 Standorten in 14 Ländern statt, darunter in Belgien, in den
Niederlanden, in Spanien, Großbritannien und den USA — alles Länder mit einer überhöhten
Mortalität (innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums).
Der Remdesivir-Betrug
Zum Schluss noch ein Wort zu Remdesivir, das ja auch Teil der Medikamenten-Exzesse war
und am 2. Mai 2020 für COVID-19 als Notfall-Präparat zugelassen wurde. Einige Tage zuvor
hatte Anthony Fauci, der Zar der weltweiten Virusforschung, behauptet, eine Studie hätte
ergeben, Remdesivir würde die Genesungszeit verkürzen und die Sterblichkeit verringern.
Dies kann jedoch nur als ein weiterer Skandal bezeichnet werden, in dem Fauci eine zentrale
Rolle spielt.
Die Alliance for Human Research and Protection (AHRP) etwa kritisierte, Fauci hätte „ein
begründetes Interesse an Remdesivir, da er die klinische Studie des NIAID sponserte“.
131
Zudem hätten, wie die AHRP weiter monierte, die Studienergebnisse nicht einmal ein
„peer-review“-Verfahren durchlaufen, sie wurden also nicht von Experten begutachtet. Fauci
machte „seine verkaufsfördernde Erklärung, als er auf einer Couch im Weißen Haus saß,
ohne dass er eine detaillierte Pressemitteilung vorlegte; und ohne eine Unterrichtung bei
einem medizinischen Treffen oder in einem wissenschaftlichen Journal — wie es die Norm
und Praxis ist, damit Wissenschaftler und Forscher die Daten überprüfen können.“
Umso unverständlicher ist da, dass Fauci die Ergebnisse einer kurz zuvor (am 29. April) im
The Lancet veröffentlichten chinesischen Studie zu Remdesivir als „nicht
angemessen“ ablehnte. Denn diese Studie hatte genau die wissenschaftliche Solidität, die
Faucis Studie auf eklatante Weise fehlte. Bleibt nur die Schlussfolgerung, dass Faucie deren
Ergebnisse schlichtweg gegen den Strich gingen, zeigten diese doch, dass die Mortalitätsrate
in der Remdesivir-Gruppe leicht höher war als in der Placebo-Gruppe. Zudem mussten 12
Prozent der Studienteilnehmer das Medikament vorzeitig absetzen, weil die
Nebenwirkungen zu heftig waren.
Der erste Megastar, der als COVID-19-Patient bezeichnet wurde und nach der Verabreichung
von Remdesivir verstarb, war Roy Horn, die Magier-Legende. Am 8. Mai, nur sechs Tage
nachdem er auf Remdesivir gesetzt worden war, segnete er in Las Vegas im Alter von 75
Jahren das Zeitliche. Doch der in Deutschland Geborene hatte sich in einem so schlechten
Gesundheitszustand befunden, dass es geradezu absurd anmutet, Faktoren, die nichts mit
einem Virus zu tun haben, als Ursache für sein Ableben außer Acht zu lassen.
So wurde bei Horn im Dezember 2016 Hautkrebs im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert.
Dabei „sollten Chemotherapie und Bestrahlungen helfen, doch sie schwächten ihn
zusätzlich“, wie etwa bunte.de schrieb.
„Täglich musste er starke Medikamente nehmen. Ein Freund: ‚Vor dem Abendessen warf Roy
die vielen Pillen ein wie Smarties.‘ Nicht nur gegen den Krebs kämpfte er, sondern auch gegen
die Schmerzen, die er seit dem Tiger-Anfall vor fast 17 Jahren hatte“ (73).
Schon Goethe wusste, dass Medikamente töten können, ließ er doch seinen Faust sagen:
(1) https://www.aier.org/article/madness-in-melbourne/
(2) https://www.aier.org/article/madness-in-melbourne/
(3) https://www.nature.com/articles/nature15371
(4) https://off-guardian.org/2020/06/27/covid19-pcr-tests-are-scientifically-meaningless/
(5) https://vimeo.com/417500646
(6)
https://www.aier.org/article/lockdowns-and-mask-mandates-do-not-lead-to-reduced-covid-transmis
sion-rates-or-deaths-new-study-suggests/?fbclid=IwAR3TZNJ5gYzU9Z4g1cdxwSz1s_C01aD2SQSM4pu
132
fpf4XeTsWMNS4EAxrEes
(7)
https://off-guardian.org/2020/09/05/australian-govts-own-website-admits-covid-tests-are-totally-un
reliable/
(8)
https://www.welt.de/debatte/plus215257850/Covid-19-Was-die-Sterbedaten-der-verschiedenen-La
ender-verraten.html?fbclid=IwAR3Hm851v4RjtVyXUjTk1ToernaBHs_4Zck-TIydQUwDaDm3T1D3hW4
aLk4
(9)
https://www.aerzteblatt.de/archiv/214539/COVID-19-Therapieansaetze-Therapeutische-Zurueckhalt
ung
(10)
https://www.welt.de/debatte/plus215257850/Covid-19-Was-die-Sterbedaten-der-verschiedenen-La
ender-verraten.html?fbclid=IwAR3Hm851v4RjtVyXUjTk1ToernaBHs_4Zck-TIydQUwDaDm3T1D3hW4
aLk4
(11)
https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Sterbefaelle-Lebenserwart
ung/sterbefallzahlen.html
(12)
https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Sterbefaelle-Lebenserwart
ung/Tabellen/sonderauswertung-sterbefaelle.html
(13)
https://www.spiegel.de/wirtschaft/covid-19-deutsche-aerzte-verschrieben-von-donald-trump-empfo
hlenes-medikament-a-d62e453e-a38a-4690-9e0b-9465f35a85d7
(14) https://www.youtube.com/watch?v=TzTr_RjtgUk
(15)
https://www.aerzteblatt.de/archiv/214539/COVID-19-Therapieansaetze-Therapeutische-Zurueckhalt
ung
(16) https://www.thelancet.com/action/showPdf?pii=S2213-2600%2820%2930076-X
(17) https://www.epicentro.iss.it/en/coronavirus/bollettino/Report-COVID-2019_9_april_2020.pdf
(18) https://www.torstenengelbrecht.com/buecher/virus-wahn/
(19) https://www.wodarg.com/2020/04/17/therapie-t%C3%B6dlicher-als-das-virus/
(20) https://www.accessdata.fda.gov/drugsatfda_docs/label/2016/125276s107_125472s018lbl.pdf
(21) https://www.rubikon.news/artikel/fatale-therapie
(22)
https://www.franceculture.fr/sciences/covid-19-en-france-italie-espagne-allemagne-comment-les-m
edecins-sattaquent-a-la-maladie
(23) https://www.rubikon.news/artikel/fatale-therapie
(24) https://www.thelancet.com/action/showPdf?pii=S2213-2600%2820%2930079-5
(25) E-mail from September 9, 2020
(26)
http://covexit.com/fox-news-laura-ingrahams-stunning-interview-with-yale-professor-harvey-risch/
(27)
https://www.aemps.gob.es/informa/notasinformativas/laaemps/2020-laaemps/la-aemps-informa-d
e-la-distribucion-controlada-de-todo-el-stock-de-hidroxicloroquina-cloroquina/
(28)
https://www.franceculture.fr/sciences/covid-19-en-france-italie-espagne-allemagne-comment-les-m
edecins-sattaquent-a-la-maladie
(29)
https://www.who.int/dg/speeches/detail/who-director-general-s-opening-remarks-at-the-media-bri
efing-on-covid-19---18-march-2020
(30)
https://www.immunopaedia.org.za/breaking-news/solidarity-trial-who-covid-19-treatment-trial/
133
(31)
https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&ved=2ahUKEwjRtaLijf_rAhU
8ShUIHR1XC4sQFjACegQIAxAB&url=https%3A%2F%2F2.zoppoz.workers.dev%3A443%2Fhttps%2Fwww.who.int%2Fdocs%2Fdefault-source%2Fd
ocuments%2Fr-d-blueprint-meetings%2Frd-blueprint-expert-group-on-cq-dose-call-apr8.pdf%3Fsfvrs
n%3D925d4ebd_1%26download%3Dtrue&usg=AOvVaw2g-5CVHtiwMb_M9uny-tCE
(32)
https://ahrp.org/covid-19-has-turned-public-health-into-a-lethal-patient-killing-experimental-endeav
or/?fbclid=IwAR1G8he4RTQUHp8t5sOfwEUmHJ1lJPx8ppk5nT0_hpc3O6iDFZzye-XK5VQ
(33) https://www.accessdata.fda.gov/drugsatfda_docs/label/2007/009768s041lbl.pdf
(34) https://epub.ub.uni-muenchen.de/6469/1/6469.pdf
(35)
http://www.leipzig-kardiologie.de/veran/notfall/download/nft_12_Dr_Steingr%FCber_Intoxikatione
n.pdf
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owed=y
(37)
https://ahrp.org/covid-19-has-turned-public-health-into-a-lethal-patient-killing-experimental-endeav
or/?fbclid=IwAR1G8he4RTQUHp8t5sOfwEUmHJ1lJPx8ppk5nT0_hpc3O6iDFZzye-XK5VQ
(38) https://www.youtube.com/watch?time_continue=42&v=WBSwZIF6HQU&feature=emb_logo
(39)
https://www.chicagotribune.com/coronavirus/sns-nyt-chloroquine-study-halted-over-fatal-risk-2020
0413-kchjndg655e6doekx5emoivor4-story.html
(40) http://www.snf.ch/SiteCollectionDocuments/CHUV_Solidarity_Pressmiteilung.pdf
(41)
https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/schweiz-aktuell-vom-12-06-2020-1900?urn=urn:sr
f:video:96269910-ab63-406e-9e22-fe1f35cb544c
(42)
https://ahrp.org/covid-19-has-turned-public-health-into-a-lethal-patient-killing-experimental-endeav
or/?fbclid=IwAR1G8he4RTQUHp8t5sOfwEUmHJ1lJPx8ppk5nT0_hpc3O6iDFZzye-XK5VQ
(43)
https://www.sciencemag.org/news/2020/03/who-launches-global-megatrial-four-most-promising-co
ronavirus-treatments
(44) https://www.newsweek.com/hydroxychloroquine-coronavirus-france-heart-cardiac-1496810
(45)
https://newsletter.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/04/16/brasilianische-studie-st
oppt-hochdosis-gabe-von-chloroquin/chapter:all
(46)
https://www.lexpress.fr/actualite/societe/sante/chloroquine-le-haut-conseil-de-sante-publique-reco
mmande-de-ne-pas-l-utiliser_2121750.html
(47)
https://solidarites-sante.gouv.fr/soins-et-maladies/maladies/maladies-infectieuses/coronavirus/prof
essionnels-de-sante/article/liste-des-projets-de-recherche-impliquant-la-personne-humaine-a-visee
(48)
https://ahrp.org/covid-19-has-turned-public-health-into-a-lethal-patient-killing-experimental-endeav
or/?fbclid=IwAR1G8he4RTQUHp8t5sOfwEUmHJ1lJPx8ppk5nT0_hpc3O6iDFZzye-XK5VQ
(49)
https://www.gov.uk/government/news/worlds-largest-trial-of-potential-coronavirus-treatments-roll
ed-out-across-the-uk
(50) https://www.recoverytrial.net/
(51) https://www.recoverytrial.net/files/hcq-recovery-statement-050620-final-002.pdf
(52)
http://www.francesoir.fr/politique-monde/interview-exclusive-martin-landray-recovery-hydroxychlo
134
roquine-game-over-uk
(53)
https://ahrp.org/covid-19-has-turned-public-health-into-a-lethal-patient-killing-experimental-endeav
or/?fbclid=IwAR1G8he4RTQUHp8t5sOfwEUmHJ1lJPx8ppk5nT0_hpc3O6iDFZzye-XK5VQ
(54)
http://www.francesoir.fr/politique-monde/interview-exclusive-martin-landray-recovery-hydroxychlo
roquine-game-over-uk
(55) http://www.francesoir.fr/politique-monde/recovery-trial-brexit-and-overdose
(56)
http://www.francesoir.fr/societe-sante/faits-divers-suicide-de-lessai-recovery-lhydroxychloroquine-s
oyons-serieux
(57)
https://www.businessinsider.com/who-is-stopping-the-hydroxychloroquine-arm-of-the-solidarity-tri
al-2020-6?r=DE&IR=T
(58)
https://ahrp.org/covid-19-has-turned-public-health-into-a-lethal-patient-killing-experimental-endeav
or/?fbclid=IwAR1G8he4RTQUHp8t5sOfwEUmHJ1lJPx8ppk5nT0_hpc3O6iDFZzye-XK5VQ
(59) https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(20)31180-6/fulltext
(60)
https://www.newindianexpress.com/nation/2020/may/29/icmr-writes-to-who-disagreeing-with-hcq
-assessment-officials-say-international-trial-dosage-four-ti-2149702.html
(61)
https://www.theweek.in/news/world/2020/05/27/france-bans-use-of-hydroxychloroquine-for-covid
-19-treatment.html
(62)
https://www.sciencemag.org/news/2020/06/two-elite-medical-journals-retract-coronavirus-papers-
over-data-integrity-questions
(63)
https://www.sciencemag.org/news/2020/06/two-elite-medical-journals-retract-coronavirus-papers-
over-data-integrity-questions
(64) https://www1.racgp.org.au/newsgp/professional/retracted-lancet-study-a-wake-up-call
(65)
http://covexit.com/oxford-professor-horby-claims-professor-landray-was-misquoted-france-soir-new
spaper-denies-it/
(66)
http://www.francesoir.fr/mr-gouthiere-de-checknews-fennecnews-nauriez-vous-pas-franchi-le-pas
(67) http://www.francesoir.fr/politique-monde/recovery-trial-brexit-and-overdose
(68) http://www.francesoir.fr/politique-monde/recovery-trial-brexit-and-overdose
(69) https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/2766117
(70) https://www.nejm.org/doi/pdf/10.1056/NEJMoa2012410?articleTools=true
(71)
https://static1.squarespace.com/static/5cde3c7d9a69340001d79ffe/t/5ea3fd83f222897b8d528195/
1587805583231/REMAP-CAP+-+COVID-19+Antiviral+Domain-Specific+Appendix+V2.0+-+01+April+20
20_WM.pdf
(72) https://www.drugs.com/ppa/lopinavir-and-ritonavir.html
(73) https://www.rubikon.news/artikel/fatale-therapie
135
Johannes Mosmann - Corona-Virus: Menschheit am Scheideweg
Covid-19 ist weit mehr als ein medizinisches Problem. Die Corona-Krise markiert das Ende der
alten Weltordnung und den Beginn einer neuen Menschheitsepoche. Die
Gesellschaftssysteme werden neu ausgerichtet, ihre Werte neu definiert. Doch während der
berühmte US-Diplomat Henry Kissinger die US-Regierung ermahnt, sich für die »neue
Epoche« in die bestmögliche Startposition zu bringen,[1] starrt Europa gebannt auf das Virus
und verschläft das tiefere Geschehen hinter den äußeren Ereignissen – zugunsten der stillen
Machtübernahme durch eine neue, transhumanistische Ideologie. – Durch das Corona-Virus
steht die Menschheit am Scheideweg.
Das Ende des Zweiten Weltkriegs war der Beginn einer neuen Weltordnung. Die neoliberale
Marktwirtschaft entstand, die USA nahmen ihren Platz als »Weltpolizei« ein und der »Kalte
Krieg« wurde der ideologische Rahmen der Weltpolitik. Unter der Devise »nie wieder Krieg«
verankerten viele Staaten weitreichende Freiheitsrechte in ihren Verfassungen. Das vereinte
Europa entstand. Ein Konzern prägte dann wie kein anderer die vergangenen 40 Jahre dieser
Ära: Microsoft. Heute gilt Bill Gates als wichtigster »Player« der Impfstoff-Industrie.
Vergangene Woche bezeichnete er das Corona-Virus als »Pandemie I« und rief den Beginn
einer neuen Menschheitsepoche aus. In den »Gates Notes« erklärt er:
Melinda und ich sind mit dem Wissen aufgewachsen, dass der Zweite
Weltkrieg der entscheidende Moment für die Generation unserer Eltern war.
In ähnlicher Weise wird die Covid-Pandemie – die erste moderne Pandemie –
diese Ära bestimmen.[2]
Hat Bill Gates recht damit, ist die Corona-Krise für die Zukunft so prägend wie es der Zweite
Weltkrieg für die Vergangenheit war? Und wenn ja – welche Weltordnung entsteht nun,
welche Ideologie wird die Weltpolitik bestimmen, welche Werte werden unsere Leitsterne
sein? Eine Spurensuche in den sich überstürzenden Ereignissen der vergangenen Monate.
1. Kollateralschäden
Zur Bekämpfung des Corona-Virus haben viele Regierungen drastische Maßnahmen ergriffen.
Grundrechte wurden ausgesetzt, Kontakte verboten, Geschäfte geschlossen. In der Folge
erwartet der Internationale Währungsfonds die »größte Wirtschaftskrise seit 90 Jahren«,
andere sprechen vom »Kollaps der Weltwirtschaft« und einem »Zusammenbruch der
Sozialsysteme.«[3] Dadurch steht der afrikanische Kontinent vor einer nie da gewesenen
Hungerkatastrophe.
136
Schätzungsweise mehr als 10 Millionen Menschen hängen an den Einkommen
der Frauen an den Nähmaschinen. Sie arbeiten für alle großen Modemarken,
von C&A über H&M, Gap oder Zara. Das Nähen macht fast 90% aller
Exporteinnahmen Bangladeschs aus. Wenn nun aber der Welthandel laut
Internationalem Währungsfonds im Vergleich zu den Erwartungen im
vergangenen Jahr um 14% schrumpft, spüren das […] Millionen von
Näherinnen in Asien direkt: Sie haben kein Geld mehr, um Essen für ihre Kinder
zu kaufen … Die Abhängigkeit Bangladeschs ist am schlimmsten, aber auch die
umliegenden Länder leiden.[5]
Bei einem Monatsgehalt von durchschnittlich 85 Euro ist die Abschottung der europäischen
Wirtschaft ein Todesurteil. »Fast 900 Millionen Stück Kleidung im Gesamtwert von fast 3
Milliarden Dollar wurden bis Ende März abbestellt. Mehr als eine Million Arbeiterinnen
haben ihren Job verloren oder sind beurlaubt«.[6]
Doch auch ob in den reichen Ländern tatsächlich mehr Menschen durch die
Corona-Verordnungen gerettet als an ihren Folgen sterben werden, ist noch ungewiss. Die
Unterordnung sämtlichen Wirtschafts-, Rechts- und Kulturlebens unter den Gesichtspunkt
einer optimalen Versorgung der Risikogruppen mit Beatmungsgeräten lässt außer Acht, dass
alle Gesellschaftssysteme als solche »lebenserhaltende Maßnahmen« sind und ihre
Schädigung deshalb in vielen anderen, durch die Fixierung auf das Corona-Virus derzeit
unbeobachteten Bereichen Krankheit und Tod verursacht. So berichtet der Hamburger
Klinikdirektor Stefan Blankenberg:
Wir haben Absagen von Patienten für Eingriffe, die in unseren Augen dringend
notwendig sind. Wir sehen hier viel weniger Menschen, die mit Herzinfarkten
zu uns kommen. Auch aus der Notaufnahme erhalten wir die Rückmeldung,
dass immer weniger Patienten mit Herzinfarkten oder auch Schlaganfällen zu
uns kommen … Bei Operationen haben uns schon Patienten angerufen, um
den Termin abzusagen, weil sie Angst vor einer Ansteckung mit dem
Corona-Virus haben … Die medizinischen Folgen sind dramatisch, auch wenn
ich das Wort nicht gerne in den Mund nehme. Aber 25% der Infarktpatienten,
die nicht in die Klinik kommen, versterben zu Hause. Die übrigen 75% riskieren
schlicht und ergreifend eine Einschränkung der Pumpfunktion ihres Herzens …
Wir wissen einfach, dass die Gefahr, an Herz-Kreislauf-Versagen zu versterben,
aufgrund verzögerter Eingriffe mindestens so groß ist, wie die Gefahr der
Covid-19-Erkrankung selbst.[7]
Ähnliches berichten derzeit fast alle Krankenhäuser in Europa und in den USA.[8] Doch das ist
nur ein kleiner Ausschnitt des Problems. Was das Verbot von Selbsthilfegruppen für
Drogenabhängige, die Isolation schwer Demenzkranker oder der wirtschaftliche Ruin vieler
Menschen letztendlich für Opfer fordern wird, kann derzeit noch niemand vorhersehen.
2. Öffentlich-rechtliche Propagandatechniken
Zugleich erscheinen sowohl die anfangs behauptete Gefährlichkeit des Virus als auch die
Wirksamkeit der Gegenmaßnahmen angesichts der sich allmählich aufklärenden Faktenlage
mehr als fragwürdig. Doch ein öffentlicher Diskurs ist nach wie vor kaum möglich. Der Presse
ist es besser denn je gelungen, abweichende Meinungen mit Fake-News,
137
Verschwörungstheorien oder gar Rechtsradikalismus zu assoziieren und die Gesellschaft auf
einen Tunnelblick einzuschwören, an dessen Ende die angsteinflößenden Bildaufnahmen von
an Beatmungsgeräten hängenden Patienten flimmern. Die Medien setzten »Positiv
Getestete« und »Infizierte« gleich und errechneten aus diesem in der Virologie unzulässigen
Kurzschluss eine imaginäre »Sterberate«. Die frühen Hinweise von Fachleuten, wie z.B. die
des renommierten Epidemiologen und Stanford-Professors John Ioannidis, auf Rechenfehler
und die fehlende wissenschaftliche Grundlage der Corona-Verordnungen wurden entweder
totgeschwiegen oder ins Lächerliche gezogen.[9]
Die Methoden sind jedem vertraut, der sich in Geschichts-, Politik- oder
Medienwissenschaften mit Propagandatechniken auseinandergesetzt hat. Besonders
eindrucksvolle Beispiele gekonnt angewandter Propagandatechniken liefert derzeit die
»Berichterstattung« der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. So lamentiert z.B. der
»ARD-Faktenfinder«: »Der Milliardär Bill Gates ist in der Pandemie zum globalen
Sündenbock aufgebaut worden« – und umschreibt die Lobby-Arbeit des Tech-Giganten wie
folgt:
Immer wieder saß Gates mit Kanzlerin Angela Merkel in den vergangenen
Jahren zusammen, warb im Kanzleramt für größere Anstrengungen in diesem
Bereich. Vor Vertrauten sagte Gates einmal, er kenne kaum jemanden anderes
in der Politik, der sich so sehr für dieses Thema interessiere wie die
Wissenschaftlerin Merkel. Im Kanzleramt heißt es, die Wertschätzung sei
gegenseitig.[10]
Die traute Zweisamkeit des Wirtschaftsbosses mit der Bundeskanzlerin werde nun aber von
»rechten Aktivisten« in ein schlechtes Licht gerückt:
Dieser Trick ist indes altbekannt und für den Kundigen leicht zu durchschauen. Niemand
behauptet nämlich, es gebe keine kruden Verschwörungstheorien oder Verunglimpfungen
durch Rechtsradikale. Das ist im Hinblick auf die bislang nie dagewesene Machtentfaltung
eines einzelnen Wirtschaftsbosses jedoch bestenfalls eine Randnotiz wert. Das Problem ist
nicht, dass die ARD rechte Verschwörungstheorien thematisiert, sondern dass sie
ausgerechnet diese auswählt, um die Kritik an Bill Gates’ Rolle in dieser Krise zu illustrieren.
Dies hat den Effekt, dass nachfolgend jedesmal, wenn die Worte »Bill Gates« und »Corona«
in einem kritischen Kontext auftauchen, die Assoziation »Verschwörungstheoretiker«
hervorgerufen wird.
138
Bei Bill Gates’ »Warnungen«, die laut ARD von rechtsradikalen Verschwörungs- theoretikern
»verunglimpft« werden, handelt es sich tatsächlich um ein Planspiel, welches die Bill &
Melinda Gates Foundation gemeinsam mit dem Weltwirtschaftsforum und dem Johns
Hopkins Center drei Monate vor Ausbruch der Corona-Pandemie durchführte.[12] In der
Simulation nimmt die Ausbreitung eines hypothetischen Virus den Verlauf der späteren
Corona-Pandemie und führt zu denselben wirtschaftlichen Folgen und politischen
Reaktionen, die wir gegenwärtig tatsächlich erleben. Statt diesbezügliche Fragen den
Rechtsradikalen zu überlassen, hätte die ARD zumindest die folgende Passage des Papiers
öffentlich bekanntmachen müssen:
Das Trainieren der öffentlichen Meinung auf eine bestimmte Sichtweise hat Methode. Wer
das nicht bemerkt, muss im Deutsch- und Geschichtsunterricht geschlafen und das Fach
Medienkunde gegen Medienkonsum eingetauscht haben. Wie bewusst die
Propagandatechniken angewandt werden, ob es sich gar um eine »Verschwörung« handelt,
ist indes eine andere Frage, auf die unten noch näher eingegangen werden soll.
Es ist jedenfalls wichtig zu bemerken, dass Covid-19 ein noch weitgehend unerforschtes,
lebensbedrohliches Virus ist. Hier ist die Wissenschaft gefragt. Wissenschaftliches Arbeiten
setzt jedoch voraus, dass sich Meinung und Meinung gleichberechtigt gegenüberstehen.
Welche Meinung dann den Sieg davon trägt, darf nur die Evidenz ihrer Beweise entscheiden.
Wissenschaft existiert deshalb nur so lange, als keine Meinung »offiziell« genannt werden
darf. Ist eine Meinung nämlich erst »offiziell«, verdankt sie ihre Durchsetzungskraft nicht
mehr allein der Kraft ihrer Beweise. In Anbetracht des sich ausbreitenden Virus ist es daher
dringend erforderlich, den öffentlichen Debattenraum vor Einschränkungen durch bereits
zur »offiziellen Meinung« erstarrte Perspektiven zu befreien und den selbständigen Boden
der Wissenschaft gegenüber politischer und wirtschaftlicher Einflussnahme zu verteidigen.
Dass Bill Gates von Rechtsradikalen bedroht wird, ist traurig. Gegenwärtig sind aber
hunderttausende Menschenleben durch das Corona-Virus bedroht. Dies erfordert sachliche,
auf wissenschaftlicher Erkenntnis basierte Reaktionen. Mögliche wirtschaftliche Interessen
des neuen »Partners« der Bundesregierung oder dessen Einfluß auf die WHO und die
Interpretation des Corona-Virus kritisch zu beleuchten, sollte daher die erste Pflicht der
Medien sein. Dass dies derzeit nahezu vollständig ausbleibt, könnte ein erster Hinweis auf
den Charakter der »neuen Ära« sein, welche die »Pandemie I« laut Bill Gates nun
eingeläutet hat.
Vor wenigen Jahren war das noch anders. Die Gewerkschaft der Lehrer (GEW) wies 2015
darauf hin, dass Bill Gates den von der Bundesregierung verabschiedeten »Digitalpakt«
lanciert habe und warnte vor dessen »Einflussnahme auf Inhalte und Rahmenbedingungen
139
von Bildung«.[14] Viele Medien berichteten zudem kritisch über das neue Hauptgeschäft des
zweitreichsten Menschen der Welt: der Entwicklung und flächendeckenden Vergabe von
Impfstoffen. Noch im Januar 2019 berichtete der SWR:
Große Spender wie MicrosoŽ-Gründer Gates zwingen der WHO ihre Agenda auf: mehr
Engagement gegen Infek㔸onskrankheiten, weniger Engagement für Gesundheitssysteme in
armen Länder und gegen soziale Ursachen von Krankheit …Laut ihrer Steuererklärung für
2015 hält die Gates-S㔸Žung Coca-Cola-Ak㔸en im Wert von 500 Millionen Dollar … Hinzu
kommen Beteiligungen an den Nahrungsmi䁞elkonzernen PepsiCo, Unilever, KraŽ-Heinz,
Mondelez und Tyson Foods; an den Alkoholkonzernen Anheuser-Busch und Pernod; an den
Pharma-Konzernen GlaxoSmithKline, Novar㔸s, Roche, Sano , Gilead und P zer … Für die
Gates-S㔸Žung heißt das: Je mehr Pro te die genannten Konzerne machen, desto mehr Geld
kann sie für die WHO ausgeben. Für die WHO bedeutet es: Mit jeder Maßnahme gegen
gesundheitsschädliche Ak㔸vitäten der Süßgetränke-, Alkohol- und Pharmaindustrie würde
die WHO die Gates-S㔸Žung daran hindern, Spenden für die WHO zu erwirtschaŽen. Kurz,
die Weltgesundheitsorganisa㔸on steckt in einem klassischen Interessenskon䁗ikt … Big
Pharma, die Pharmakonzerne, und Big Food, die Nahrungsmi䁞elkonzerne, nutzten genau
diesen Interessenkon䁗ikt skrupellos aus, sagt der indische Gesundheitsexperte Arun
Sengupta. Und dieser unterstreicht: Es handelt sich um einen Angri auf das UN-System
insgesamt. Dieses System, das von Mitgliedsstaaten betrieben wird, um staatliches Handeln
weltweit zu verbessern, will man ersetzen durch ein System, in dem private S㔸Žungen und
Konzerne eine wich㔸ge Rolle spielen. [15]
Die WHO ist keine unabhängige wissenschaftliche Einrichtung, sondern eine internationale
Behörde. Ihre finanziellen Mittel beruhen zur einen Hälfte auf Zuschüssen der
Mitgliedstaaten, zur anderen Hälfte auf Zuwendungen der Privatwirtschaft. Größter
Geldgeber ist die Bill & Melinda Gates Foundation. Wer auch immer für den WHO-Vorsitz
kandidiert – er muss sich zuvor mit Gates »verbünden«, wie Politico, eines der »wichtigsten
Medien im Washingtoner Politikbetrieb«,[16] berichtet.[17]
Anfang März erklärte die WHO das Corona-Virus zur Pandemie. Zur weiteren Genese der
»öffentlichen Meinung« über das Corona-Virus ist zu bemerken, dass die Politik den Medien
folgte, nicht umgekehrt. Auch das geleakte Papier des Innenministeriums, wonach u.a.
Kindern Angst gemacht und Schuldgefühle eingeredet werden sollten[18], war den wirklichen
Ereignissen bloß nachgeschoben. Die Angst war längst da. Aufgabe der Politik wäre es
gewesen, die Öffentlichkeit am wissenschaftlichen Diskurs teilhaben zu lassen und so der
Verunsicherung entgegenzuwirken. Stattdessen ritten die Regierungen auf der Welle der
Angst-Pandemie. Bis heute weiß niemand, woher z.B. die Bundesbehörde für
Infektionskrankheiten (Robert-Koch-Institut) ihre Expertise bezieht. Möglich, dass die
Behörde von fähigen Epidemiologen beraten wird. Doch wer sind sie? Die Öffentlichkeit
hätte sie kennenlernen und erfahren müssen, wie sie denken. Und man hätte sie ins
Gespräch mit renommierten Epidemiologen unabhängiger Forschungsinstitute bringen
müssen. Als jedoch Prof. Sucharit Bhakdi, der bis dahin als einer der renommiertesten
Epidemiologen galt und über 30 Jahre zum Thema forschte, einen solchen Diskurs forderte
und darauf hinwies, dass der in der Öffentlichkeit wahrgenommene Leiter des
Robert-Koch-Instituts kein Human-, sondern Veterinärmediziner ist, wurde er nach allen
Regeln der Kunst fertiggemacht.[19] An die Stelle eines transparenten Diskurses auf
Augenhöhe trat der autoritäre »Faktencheck«. Als dann der Rechtsmediziner Prof. Klaus
140
Püschel in Hamburg über hundert vermeintliche Corona-Tote obduzierte und feststellte,
dass die Fakten nicht dem ARD-Faktencheck entsprechen, lud die ARD Püschel immerhin
zum Interview. Der Moderator eröffnete das Gespräch mit der Frage: »Spielen Sie die Gefahr
durch Corona herunter?« und beendete es, indem er dem Rechtsmediziner ein Bekenntnis
zur uneingeschränkten wissenschaftlichen Autorität der Bundesbehörde abrang.[20]
4. Wirtschaftliche Interessen
Angesichts der Bedrohung durch ein neuartiges Virus wird nun das gesamte Leben in die
schöne neue Digital-Welt von Bill Gates & Co. hineingezogen. Die Digitalkonzerne erfahren
einen unvorstellbaren Wachstumsschub. Zugleich kümmern sich dieselben Konzerne auch
um die Heilung der Menschheit. Bill Gates, der gleich an 7 Firmen zur Herstellung von
Corona-Impfstoffen beteiligt ist, verkündet im ARD-Interview: »Wir werden den zu
entwickelnden Impfstoff letztendlich 7 Milliarden Menschen verabreichen«.[21] Das ist
nahezu die gesamte Weltbevölkerung. Und Gates sagt nicht etwa »wir planen«, oder »wir
wollen«, sondern eben »wir werden«. Der ARD-Korrespondent wird angesichts dieser
Gewissheit nicht stutzig. Er fragt auch nicht nach, wie man ohne Impfzwang 7 Milliarden
Menschen durchimpfen könne. Vielleicht ahnt er die Antwort. Denn einen zweiten
Lock-Down wird die Weltwirtschaft nicht überleben. Auch ist es eher unwahrscheinlich, dass
die Verantwortlichen ihre Corona-Verordnungen rückblickend verurteilen werden. Derartig
tiefgreifende Einschnitte in das Leben der Bürger im Nachhinein als unbegründet zu erklären
und hierfür die Verantwortung zu übernehmen, ist nahezu unmöglich. Somit bleibt nur die
Flucht nach vorne: Das Robert Koch Institut wird sich Stück für Stück die Fakten zu eigen
machen, auf welche die Kritiker im Vorfeld hinwiesen, diese aber teilweise als »neue
Erkenntnisse«, teilweise als Beweis für die Wirksamkeit der Maßnahmen darstellen. Das
heißt aber: wenn der demnach unvermeidliche Lock-Down in Zukunft doch vermieden
werden soll, muss jeder Bill Gates’ Impfstoff schlucken. Nicht die Apologeten der Angst
gefährden dann nach dieser Logik die Wirtschaft, sondern diejenigen, die das Virus
sachlicher sehen und übertriebene Reaktionen hinterfragen. Deshalb wird es vielleicht auch
gar nicht nötig sein, die Impfung gesetzlich vorzuschreiben – es reicht, wenn Unternehmen
diese aus Angst vor einem Lock-Down von ihren Mitarbeitern fordern.
In diesem Zusammenhang ist wiederum das Planspiel der Bill & Melinda Gates Foundation
vom Oktober 2019 interessant, welches »offizielle« Medien mit der Begründung, dass auch
Rechtsradikale dieses kennen, nicht weiter diskutieren wollen. Die Gates-Stiftung leitet
nämlich aus dem Planspiel 7 Empfehlungen an die Politik ab, darunter insbesondere
Entwicklung, Kauf und flächendeckende Vergabe von Impfstoffen. Die Begründung, die im
Vorwort der Empfehlungen vorweg geschickt wird, ist aber eine ökonomische:
Die nächste schwere Pandemie wird nicht nur große Krankheiten und Todesfälle
verursachen, sondern auch schwerwiegende wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen
haben, die erheblich zu den globalen Auswirkungen und Leiden beitragen können. Um
solche Konsequenzen zu verhindern oder auf sie zu reagieren, während sie sich entfalten, ist
eine beispiellose Zusammenarbeit zwischen Regierungen, internationalen Organisationen
und dem Privatsektor erforderlich.[22]
141
Schweinegrippe genügte es nämlich, die Regierungen zur Abnahme der Produkte zu
bewegen, die dann später nicht gebraucht und wieder vernichtet wurden. Ein Impfzwang
war nicht nötig, um dennoch wirtschaftliche Interessen zu bedienen. Vorerst ist es daher
wichtiger, zu bemerken, dass die Beitragsverpflichtung der Bundesregierungen zur Globalen
Allianz für Impfstoffe und Immunisierung (GAVI) dieses Jahr endete und nun unter dem
Eindruck der Corona-Krise neuverhandelt wird.[23] Diese Allianz, eine »Partnerschaft«
zwischen WHO, Regierungen und Pharmakonzernen, wurde im Jahr 2000 von Bill Gates
initiiert und bündelt die globale Nachfrage nach Impfstoffen. Über 40% des weltweiten
Impfstoffvolumens werden von GAVI aufgekauft – zu Festpreisen, die zuvor mit der
Pharmaindustrie verhandelt wurden. Im Jahr 2015 hatte die Bundesregierung zunächst
zugesagt, ihre Beiträge bis 2020 auf 600 Millionen Euro jährlich zu erhöhen.[24] Doch das wird
nun nicht mehr reichen. Am 15. April dieses Jahres beschlossen Bundesregierung und
Länderregierungen unter dem Eindruck der Corona-Krise, die »Partnerschaft« mit Bill Gates
& Co. auszuweiten und erklärten:
Die Pandemie II wird kommen. Und die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Verordnungen
beweisen, dass unmöglich ein zweites Mal in dieser Weise auf ein Virus reagiert werden
kann. Das sah Gates voraus und sprach deshalb von einem »System«, welches zur Abwehr
von Virus-Erkrankungen geschaffen werden müsse. Eckpunkte sind dabei »Partnerschaften«
von Pharmaindustrie und Regierungen, Datenerhebung und »Tracing« sowie eine
Unterstützung des medizinischen Personals durch das Militär.[26] Und wenn Bill Gates
hinzufügt, dass die Errichtung dieses Systems die Voraussetzung dafür sei, im Frühjahr 2021
(sic!) wieder einigermaßen normale zwischenmenschliche Begegnungen haben zu können,
ist es mehr als sonderbar, dass derzeit nur »Verschwörungstheoretiker« damit Probleme zu
haben scheinen. Weshalb wird der Corona-Plan des einflussreichsten Technokraten und
größten WHO-Beitragszahlers in den Medien nicht kritisch diskutiert? Liegen die
»Verschwörungstheoretiker« vielleicht richtig, haben sich Regierungen, Digitalindustrie,
Pharmakonzerne und Medien gegen die Menschheit verschworen, um die Grundrechte
aufzuheben, die zwischenmenschliche Begegnung als Keimzelle der Freiheit zu ersticken, das
gesamte Leben in den kontrollierbaren digitalen »Raum« hineinzuziehen und eine
Zwangsimpfung der Weltbevölkerung mit einem noch unbekannten Wirkstoff
vorzubereiten?
5. Moralische Reflexe
Digital- und Pharmakonzerne nehmen seit jeher Einfluß auf Gesetzgebung und öffentliche
Meinung. Mit der Errichtung sogenannter »öffentlich-privater Partnerschaften« wie der
GAVI erreichte diese Einflussnahme eine neue Dimension. Gleichwohl ist die Konformität
von Konzerninteressen, Politik und Berichterstattung nicht allein durch derartige Vorgänge
zu erklären. Dass in den Handlungen verschiedener Player ein gemeinsames System
erkennbar ist, liegt vielmehr daran, dass sie unter der Voraussetzung gewisser
weltanschaulicher Grundannahmen und im Hinblick auf die erlebte Bedrohung durch ein
142
neuartiges Virus logisch sind. Dass nämlich das Virus insbesondere für ältere Menschen mit
schweren Vorerkrankungen sehr gefährlich werden kann, ist unbestreitbar. Für diese
Menschen kann eine Verlangsamung der Neuinfektionen und die Sicherstellung
ausreichender Beatmungs-Kapazitäten zumindest lebensverlängernd wirken. Weil er das
Leben bestimmter Menschen im Blick hat und zugleich um die technische Machbarkeit ihrer
Rettung weiß, ist der Arzt zum Handeln gezwungen. Deshalb kann es aus seiner Sicht auch
keinen Diskurs geben. Das Leben des konkreten Menschen, mit dem er es jeweils zu tun hat,
stellt für ihn den höchstmöglichen Wert dar. Die Politik kann demnach nur den Erhalt dieses
Lebens zum Ziel haben, sodass ihm Grundrechte, wirtschaftliche Entwicklung und kulturelle
Freiheit unterzuordnen sind. Der Hinweis, dass durch den Lock-Down letztendlich mehr
Menschen sterben werden, oder dass die Befürchtung einer Überlastung des
Gesundheitswesens die vor einigen Jahren erfolgte Ökonomisierung desselben in Frage stellt,
erscheint aus ärztlicher Sicht abstrakt und gefühlskalt. Um das zu verstehen, müsste sich der
Arzt vom unmittelbar empfundenen moralischen Gebot freimachen und die
Zusammenhänge von Rechts-, Wirtschafts- und Kulturleben mit Abstand betrachten. Das ist
aber nicht seine Aufgabe.
Eine solche Abwägung wäre aber die Aufgabe der Politik und der Gesellschaft insgesamt.
Doch mit den täglich über die Bildschirme flimmernden Bildern Erkrankter und Verstorbener
wurde die Gesellschaft in die ärztliche Perspektive einbezogen. Sie war quasi live dabei.
Diese Verengung des Blickfelds mag wiederum von bestimmten Interessengruppen forciert
worden sein, entspringt im Wesentlichen aber der Natur der benutzten Medien. Auch wenn
etwa Särge gezeigt werden, in denen sich tatsächlich keine Corona-Toten befinden, so ist
eine derartige Illustration sensationeller Ereignisse durchaus normal. Menschen wollen die
Gefahr »sehen« können. Die gesellschaftlichen Zusammenhänge können aber nur denkend
ergründet werden. Das ist weit weg. Was wir »sehen«, betrifft uns dagegen unmittelbar.
Und an unseren vermeintlich konkreten Wahrnehmungen wollen wir unser Handeln
orientieren. Mit dem Hinweis, dass die Corona-Verordnungen auch noch Wirkungen haben,
die jenseits der Zwecke liegen, die Ärzte mit ihnen verbinden mögen, können die
Befürworter nichts anfangen. Die Hungersnot in Afrika z.B. mag zwar ein »Nebeneffekt« der
Verordnungen sein, liegt aber sicher nicht in ihrer Absicht. Das ist die Schuld der
Weltwirtschaft, über die sie gelernt haben, dass sie von einer »unsichtbaren Hand« gelenkt
werde.
Somit stehen die Befürworter der Corona-Verordnungen moralisch auf der sicheren Seite,
zumindest solange, als sie keine Perspektiven zulassen, die das Blickfeld hin zur
Wahrnehmung der mit ihnen wirtschaftlich verflochtenen Menschen erweitern könnte.
Müssten sie die Opfer des Virus und die Opfer der Gegenmaßnahmen gegeneinander
abwägen, verlören sie ihr inneres Gleichgewicht. Statt einem moralischen Gebot zu folgen
müssten sie moralische Phantasie entwickeln – ohne jeden gesellschaftlichen Rückhalt.
Psychologisch gesehen dient die Unterdrückung des Diskurses somit dem Erhalt der
Integrität des Ich und seiner moralischen Selbstgewissheit. Medien, Politiker und
Konzernbosse sind lediglich die Komplizen dieses urmenschlichen Selbsterhaltungstriebs.
Das ist die eigentliche Verschwörung.
143
6. Umwertung der Werte
Der Kritiker der Corona-Maßnahmen dagegen steht auf verlorenem Posten. Er mag seine
Argumente drehen und wenden wie er will – der Befürworter fühlt zu recht: der Kritiker
kennt einen höheren Wert als den Erhalt oder die Verlängerung des Lebens der Infizierten.
Auch wenn er alternative Wege zum Schutz von Risikogruppen ins Gespräch bringt, so bleibt
es doch eine Tatsache, dass er letztendlich nicht bereit ist, alles für sie zu opfern. Das scheint
menschenverachtend. Dabei wurden im Namen der Freiheit in den vergangenen
Jahrzehnten Millionen Menschen getötet, das Gesundheitswesen mit Rauchern und Trinkern
belastet und millionenfacher Hungertod in Kauf genommen. Worauf also gründet sich die
moralische Selbstgewissheit der Maßnahmen-Befürworter? Sie verweisen auf das
moralische Dilemma, welches ohne die Corona-Verordnungen drohe. Wenn nämlich mehr
Beatmungsgeräte benötigt würden als vorhanden seien, müsste man fragen: wer darf leben,
und wen sollen wir sterben lassen? Dass unser Rechtsverständnis verbietet, diese Frage zu
stellen, ist die entscheidende Begründung für die nachhaltige Zerstörung des
wirtschaftlichen und sozialen Lebens durch die Corona-Verordnungen. Und
selbstverständlich will niemand diese Frage beantworten müssen. Dabei wird ausgeblendet,
dass eine gigantische Umverteilung wirtschaftlicher Werte nötig war, um diejenigen
technischen Bedingungen für einen kleinen Teil der Menschheit zu schaffen, die eine
derartige Fragestellung überhaupt erst ermöglichte. In einigen wenigen Ländern dieser Erde
kann das menschliche Leben durch immer neue Werkzeuge immer weiter verlängert werden,
in anderen Ländern sind in diesem Augenblick Millionen Säuglinge vom Hungertod bedroht.
Und die Ursache hierfür sind aktuell die Corona-Verordnungen der reichen Länder. Weil
diese ihre Wirtschaft abschotten, bricht derzeit die ohnehin schwache Exportwirtschaft
vieler ärmerer Länder zusammen. Den Millionen betroffenen Arbeitern fehlt dadurch nicht
bloß Klopapier, sondern die tägliche Mahlzeit. Wenn sich nun auch noch das Corona-Virus in
diesen Ländern ausbreitet, zählen diese Millionen durch Hunger geschwächten Menschen
allesamt zur Risiko-Gruppe.
Den Arzt, der den zu beatmenden alten Europäer behandelt, darf dieser Zusammenhang
nicht bekümmern. Es ist seine Pflicht, das Leben seines Patienten zu retten.
Selbstverständlich muss er in ein moralisches Dilemma geraten, wenn er begrenzt
verfügbare Beatmungsgeräte verteilen soll. Deshalb ist es nachvollziehbar, dass er den Staat
bittet, alles wirtschaftliche und soziale Leben dem Interesse an ausreichend verfügbaren
Beatmungsgeräten unterzuordnen. Dass er damit eine Rechnung aufmacht, die noch viel
grausamer ist, ist nicht seine Schuld. Er weiß nichts davon. Wie sollte er auch? Die
Weltwirtschaft ist schon lange vor der Angst-Pandemie ein abstrakter Zahlenraum geworden,
aus dem die zwischenmenschliche Begegnung eliminiert wurde. Gleichwohl beruht seine
Moral auf derselben Formel, auf der alle Gegenwartsmoral beruht. Diese Formel lautet:
Anzustreben ist das größtmögliche Glück für den größtmöglichen Teil der Menschheit.
An dem mehr oder weniger bewussten Streben nach dem größtmöglichen Glück für den
größtmöglichen Teil der Menschheit bemisst sich heute, welche Impulse als gut und welche
Handlungen als sozial gelten. Die Formel definiert das Gute als körperliches Wohl, und wägt
dieses »Glück« gegen die Anzahl der Menschen ab, die seiner teilhaftig werden können. Je
mehr Menschen teilhaben, desto niedriger das Glück, je größer aber das Glück, desto
weniger Menschen sind glücklich. Wir können ja nicht alle retten! Das ist die Welt-Rechnung,
zu der sich das moralische Dilemma des Arztes nur wie eine Unter-Rechnung verhält.
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Bevölkerungswachstum, Geburtenrate und Zuwanderung werden in ein Verhältnis zum
erreichbaren Grad von »Gesundheit« gesetzt. Der neue Biologismus ist allerdings kein
philosophischer Rassismus, sondern Ausdruck einer internationalen Gesinnung. Weil er aber
eben Biologismus ist, das heißt, die Menschheit als Summe physischer Leiber betrachtet und
demnach das körperliche Wohl in den Vordergrund stellt, ist er in der Praxis dennoch
struktureller Rassismus. Die reichen Nationen, die sich zuvor insbesondere auf Kosten Afrikas
eine unverhältnismäßig hohe Lebenserwartung »erwirtschaften« konnten, klinken sich zum
Schutz ihrer vorerkrankten Alten aus der Weltwirtschaft aus – und lassen dabei außer Acht,
dass die Menschheit wirtschaftlich gesehen ein einziger Körper ist.
Bill Gates will nicht das Böse, sondern das Gute im Sinne unserer Gegenwartsmoral. Er will
das größtmögliche Glück für den größtmöglichen Teil der Menschheit. Und er ist nicht alleine.
Das Silicon Valley, darunter die fünf mächtigsten Konzerne der Welt, arbeiten mit
missionarischem Eifer an der Rettung des größtmöglichen Teils der Menschheit vor
Krankheit, Alter und Tod. Alle großen Digitalkonzerne betreiben entsprechende
Forschungseinrichtungen, manche Konzern-Gründer stiften sogar ihr gesamtes Vermögen
dem Zweck, das Altern hinauszuzögern oder ganz zu verhindern. Paypal-Chef Peter Thiel
erklärt:
Die große unvollendete Aufgabe der modernen Welt ist es, den Tod aus einer Tatsache des
Lebens in ein zu lösendes Problem zu verwandeln – ein Problem, zu dessen Lösung ich
hoffentlich auf jede erdenkliche Weise beitragen kann.
(https://anthroblog.anthroweb.info/2020/corona-virus-menschheit-am-scheideweg/)
Dass wir alle sterben müssen, war bisher allgemein akzeptiert. Religionen verheißen als
Ersatz für das irdische Leben eine Fortsetzung im Himmel oder die Chance auf Wiedergeburt.
Aber der tröstende Glauben reicht heute vielen nicht mehr. Vor allem rund um das Silicon
Valley hat sich eine neue Religion entwickelt, die auf Gott verzichtet und dafür die
Möglichkeiten der Biotechnologien anbetet. Transhumanismus oder Superbiologie, wie
diese Bewegungen heißen, wird von den Visionären der Internet-Branche befeuert. Sie
glauben, dass man sich alles kaufen kann, sogar das ewige Leben … Google-Gründer und
Alphabet-Präsident Sergey Brin, 45, ein russischstämmiger Informatiker, gab die Richtung
vor. ›Ich habe nicht vor zu sterben‹, sagte er und investierte in Calico. Sein Privatvermögen
wird auf 47,8 Milliarden US-Dollar geschätzt. Mit dabei ist auch Google-Gründer Larry Page,
45, unterdessen CEO von Alphabet, er besitzt 49 Milliarden Dollar. Und die anderen
Superstars der Branche wollen ebenfalls nur ungern das Zeitliche segnen. In die
Unsterblichkeitsforschung investierten auch Amazon-Boss Jeff Bezos, 54, Tesla-Chef Elon
Musk, 47, und Oracle-Chef Larry Ellison, 74 [..]
Der berühmteste Vertreter der Robo-Cop-Fraktion ist Ray Kurzweil, Chefingenieur von
Google. Kurzweil ist 70 Jahre alt, sieht aber viel jünger aus. Er führt das darauf zurück, dass
er täglich etwa 90 Pillen schluckt. Darunter Metformin gegen seine Diabetes-Probleme,
Omega-3-Fett für das Herz, Q10 für die Haut, Lecithin für das Gehirn. In Wahrheit glaubt er
aber, dass der Körper nur hinderlich für die Unsterblichkeit ist. Irgendwann werden
Nanoroboter von der Größe einer Blutzelle in unseren Adern patrouillieren, alle
145
Altersschäden reparieren und unser Gehirn drahtlos mit der Cloud verbinden. ›Dann‹, sagt
Kurzweil, ›brauchen wir den Körper nicht mehr, er ist ein Anachronismus.‹ Wir existieren
dematerialisiert weiter. Sollte doch noch ein Leib benötigt werden, mietet man sich einen
humanoiden Roboter, wie man sich heute bei Drive Now oder Car2Go ein Auto
nimmt …(https://anthroblog.anthroweb.info/2020/corona-virus-menschheit-am-scheidewe
g/)
Bill Gates mag ein genialer Manipulator und Stratege sein. Seine eigentliche Macht beruht
aber nicht auf einer »Verschwörung«, sondern darauf, dass er das Gute will in dem Sinn, wie
es die materialistische Gesinnung der Gegenwart anstreben muss. Er bringt etwas in den
Menschen zum klingen. Auch die oben am Beispiel des ARD-Faktenfinders gezeigte Methode,
durch selektive Berichterstattung und Entstellung der Kritik bestimmte Deutungsmuster
zukünftiger Kritik zu verfestigen, muss nicht durch bewusste Absprachen zustande
gekommen sein. Möglich, dass Bill Gates in Zusammenhang mit seinem Exklusiv-Interview
entsprechende Forderungen stellte, dass der Autor Mitglied einschlägiger Netzwerke ist oder
der Intendant in vorauseilendem Gehorsam Vorgaben machte. Wahrscheinlich ist aber eher,
dass der Schreiberling ein harmoniebedürftiger Mensch ist. Vielleicht findet er Gefallen an
der Vorstellung, wie Gates und Merkel zusammensitzen und die Weltrettung planen,
während ihn andere Deutungen des Geschehens nervös machen. Ferner ist es möglich, dass
andere Menschen in seinem Umfeld ähnlich empfinden. Diese haben dann ein natürliches
Interesse daran, die ihnen angenehme Gefühlslage zu erhalten. In der Folge erscheint ihr
Vorgehen koordiniert, obwohl niemand einen »Plan« formulierte. Das heißt: nur weil etwas
Methode hat, braucht nicht zwangsläufig das Gehirn daran beteiligt gewesen zu sein. Damit
ist aber auf den eigentlichen Fehler der Verschwörungstheoretiker hingewiesen. Diese
erkennen oftmals zurecht Methode in der Art und Weise, wie von bestimmten Personen
oder Einrichtungen die Fakten entstellt werden. Und weil das Methode hat, glauben sie, es
geschehe bewusst. Woher sollte die Intelligenz sonst auch kommen, wenn nicht von
menschlichen Gehirnen?
146
Durch die Corona-Verordnungen wurden Tatsachen geschaffen. Und als solche führen sie ein
Eigenleben unabhängig von den menschlichen Zwecken, welche mit ihnen verbunden sein
mögen. Tatsachen entfalten in alle Richtungen ihre Wirkungen. Das menschliche
Bewusstsein filtert aus diesem Wirkungsspektrum nur dasjenige heraus, womit es eben
seine Zwecke verbindet. Die Befürworter verbinden mit den Maßnahmen den Zweck, die
Ausbreitung des Virus zu verlangsamen und so einer Überlastung der Krankenhäuser
vorzubeugen. Kritiker bemängeln, die Maßnahmen seien im Hinblick auf die
Virus-Bekämpfung gar nicht zweckmäßig. Nicht wenige unterstellen zudem, die teilweise
Aufhebung der Menschenrechte und die Erzeugung einer weltweiten Panik seien die
eigentlichen Zwecke. Ein wenig Geschichtskenntnis genügt, um auch diesen Standpunkt
nicht von vornherein aus der Diskussion auszuschließen. Alle Sichtweisen haben ihre
Berechtigung. Gleichwohl kratzen sie alle, ob unkritisch oder kritisch, nur an der Oberfläche
des Geschehens. Tiefere Schichten werden erst sichtbar, wenn man sämtliche menschliche
Zweckbegriffe, und damit auch die Frage der Richtigkeit oder Falschheit der Maßnahmen,
einmal ganz unberücksichtigt lässt und stattdessen die entstandenen Tatsachen als solche
ins Auge fasst. Was hat sich durch diese im Leben der Menschen verändert, und welche
Folgen hat dies für die weitere Entwicklung der Menschheit?
Die Menschen leben in Sorge, dass in der Begegnung von Mensch zu Mensch kleinste,
materiell vorgestellte Teilchen vom einen Körper auf den anderen überspringen könnten.
Wie gesagt: es kommt hier zunächst nicht darauf an, ob diese Sorge berechtigt ist oder nicht,
sondern allein auf die Tatsache, dass sie vorhanden ist. In fast allen Ländern der Welt sind
die Menschen deshalb angehalten, sich nicht zu begegnen, und wo das unumgänglich ist,
Abstand zu halten oder Schutzmasken zu tragen. Dadurch wird das Bewusstsein auf den rein
materiellen Aspekt der Begegnung gelenkt. Der andere Mensch wird primär als Körper in
Raum und Zeit wahrgenommen. Aber auch die eigene Leiblichkeit wird bewusster erlebt.
Viele haben Angst vor Ansteckung und dem damit verbundenen Sterberisiko. Man kann
beobachten, wie die Bewegungsabläufe dieser Angst folgen, etwa wenn jemand in der
U-Bahn laut hustet. Die Handlungen werden in solchen Augenblicken durch den reflexartigen
Impuls gesteuert, das eigene Überleben zu sichern, d.h. durch Angst. Angst ist aber die
ursprünglichste Form des Egoismus. Im Augenblick des Angstgefühls wird das Bewusstsein
durch den eigenen Leib begrenzt, den es zu erhalten gilt. Die Seele zieht sich zusammen,
verbeisst sich gewissermaßen in den Körper. Hinzu kommt, dass die nun isolierten Menschen
technische Wege suchen, den Verlust des körperlichen Aspekts der Begegnung
auszugleichen, d.h. akustische und optische Signale per Video-Konferenzen zu empfangen
und Ähnliches. Diese Kompensations-Übungen verstärken noch die Konzentration auf den
rein materiellen Aspekt der zwischenmenschlichen Begegnung. Das heißt: Die Maßnahmen
mögen richtig oder falsch sein, psychologisch bewirken sie zunächst eine Verengung des
Bewusstseins auf den physisch-leiblichen Aspekt des Daseins.
Weltweit fällt das Moment der Begegnung in Raum und Zeit aus und wird durch eine
»digitale Vernetzung« ersetzt. Die voneinander isolierten Individuen bilden notgedrungen
einen abstrakten Gemeinschaftsbegriff aus. Der andere Mensch wird nicht mehr in der
Begegnung erfahren, sondern gedacht. »Wir alle«, so heißt es, müssen zusammenhalten, um
die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen und »Risikogruppen« zu schützen. Wer aber sind
diese Alle, wer ist »Wir«? Wir zählen: so und so viele Menschen sind gestorben, so und so
147
viele könnten gerettet werden. Aus dieser Perspektive ist »Gemeinschaft« gleichbedeutend
mit »Masse«, d.h. eine Summe physischer Leiber. Sozial ist, was das Leben als solches erhält.
Wer dagegen die Begegnung sucht, handelt unsozial, weil er damit menschliches Leben
gefährden könnte. Durch die weltweiten Corona-Maßnahmen wird somit ein als Summe
menschlicher Körper definierter Gemeinschaftsbegriff kollektive Selbsterfahrung,
»Gesellschaft« wird zunehmend biologistisch verstanden. Der neue Biologismus
unterscheidet sich allerdings von dem der Nationalsozialisten. Die Nazis reduzierten das
Selbstverständnis der Gemeinschaft auf biologische Merkmale, indem sie das
Selbstbewusstsein in der Angst vor der verhassten anderen »Rasse« spiegelten. Der neue
Biologismus bezieht sich auf die menschliche Rasse als solche. Er beruht nicht auf der Angst
vor einer Verunreinigung des Erbguts durch eine »jüdische Weltverschwörung«, sondern auf
einem Reflex gegenüber einer unmittelbaren Bedrohung des Lebens als solchem. Bill Gates
erklärt:
Die Coronavirus-Pandemie stellt die gesamte Menschheit gegen das Virus … Dies ist wie ein
Weltkrieg, nur dass wir in diesem Fall alle auf der gleichen Seite sind.
(https://anthroblog.anthroweb.info/2020/corona-virus-menschheit-am-scheideweg/)
Kritische Stimmen sehen in der Gewöhnung des Volkes an eine teilweise Aufhebung der
Menschenrechte eine Übung mit dem Zweck, zukünftige Machtstrukturen vorzubereiten.
Eine mehr phänomenologische Betrachtungsweise, wie sie oben versucht wurde, offenbart
jedoch, dass die volkspädagogischen Wirkungen der Corona-Verordnungen viel tiefer gehen.
Die geschaffenen Tatsachen bilden im Unterbewusstsein die weltanschauliche Grundlage für
eine vollständige Umwertung der Werte. So wie Digitalisierung und Impfstoff-Entwicklung in
Bill Gates’ Lebenswerk ineinander greifen, so hängt die Isolation der Menschen innerlich
zusammen mit der Entstehung eines auf das materiell-körperliche reduzierten
Gemeinschaftsempfindens und der sich darauf gründenden Moralbegriffe. Freiheit und
Demokratie sind im System dieser Weltanschauung keine selbständigen Werte, sondern
erhalten ihre Funktion durch dasselbe zugewiesen. So ist es möglich, dass niemand mehr
gezwungen werden muss, sondern der unmündige Bürger seine Freiheit selbst abschafft und
sich das Status-Symbol des Untertanen, den Mundverschluss, zu Hause selbst näht. Weil
dieses Verhalten aber nicht theoretisch, sondern mittels der geschaffenen Faktenlage
überzeugt, genügt es nicht, es theoretisch zu bekämpfen und die Ideale von Freiheit und
Demokratie hochzuhalten. Vielmehr kommt es darauf an, in Zukunft wiederum Fakten zu
schaffen, die der Ideologisierung der Gesellschaft entgegenwirken. Wo also findet sich im
menschlichen Zusammenleben etwas, das als Gegenpol zur »neuen Religion« des Silicon
Valley ergriffen und verstärkt werden könnte?
In der konkreten Begegnung von Mensch zu Mensch wird der Biologismus, auf den das
Silicon Valley bauen möchte, jedesmal überwunden. Stehen sich nämlich Menschen in Raum
und Zeit gegenüber, so erfährt das sich mit dem Körper gleichsetzende Ich jedesmal eine
existenzielle Verunsicherung. Was in der Isolation unbewusst zum Ich gezählt wird, die
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körperlichen Besonderheiten, die psychischen Veranlagungen, die Summe der Gedanken
und Gefühle – all das wird in der Begegnung in Bewegung gebracht und mehr als Hülle, als
Medium für ein Höheres erlebt, auf das es hinweist und das durch diese hindurch wirkt.
Doch von dem sich so offenbarenden Ich kann man nicht glauben, dass es in Raum und Zeit
anwesend sein könnte. Schließlich wird es subjektiv als Totalität erlebt, die eben nicht
zusammenfällt mit diesem oder jenem Attribut, durch welches es sich äußert. Dass das Ich
mehrmals anwesend und somit zählbar sein soll, widerspricht allen Regeln der Logik. Die
wirkliche Begegnung in Fleisch und Blut ist somit ein Paradox, welches die Anwesenden
innerlich in Bewegung bringt und auf das Rätsel des menschlichen Wesens hinweist. Die
Menschheit ist nicht eine Gattung, sondern jeder Mensch ist eine Gattung für sich. Und auf
dieser Erfahrung beruht das Gefühl für die Würde des Menschen im Sinne unserer
Menschenrechte.
In der Simulation menschlicher Begegnung durch digitale Medien stellt sich diese Erfahrung
nicht ein. Da ist jeder Teilnehmer bloßer Zuschauer, auch wenn er »interagiert«. Zwar kann
ich mir sagen: da am anderen Ende des in die Weltmeere versenkten Kabels sitzt auch ein
Mensch. Aber das ist nur ein Gedanke. Das innere Gefüge meiner gewohnten
Selbsterfahrung wird davon nicht erschüttert, seelisch-geistig komme ich nicht in Bewegung.
Aber ich habe Gedanken, vielleicht sogar schärfere, als wenn der andere mich durch seine
Anwesenheit innerlich berührte. Und das ist die andere Seite desselben Zusammenhangs: In
der Isolation erscheint der Geist als Intellekt. Intellektuell versuche ich die Beziehungen zu
meinen Mitmenschen zu regeln. Ich schreibe eine möglichst präzise, scharfsinnige E-Mail.
Der andere schreibt eine verärgerte Nachricht zurück. Ich versuche das Missverständnis
aufzuklären. Es wird aber immer schlimmer! Vielleicht schaue ich mir dann meine erste
E-Mail nochmal und bemerke, dass sie durchaus einen Stachel enthielt, der den anderen
verletzen konnte. Zugleich aber denke ich: und selbst wenn, das ist nur eine Kleinigkeit, auf
die der andere doch nicht so anspringen muss. Nun – in der wirklichen Begegnung in Raum
und Zeit hätte derselbe Stachel vermutlich nicht gestochen! Und wenn doch, so hätte er
nicht derartig langwierige Komplikationen nach sich gezogen. Vermutlich hätte ich den
Stachel aber auch von Anfang an anders gebildet. Ich würde unter dem Eindruck des
anwesenden Menschen den unmittelbaren Impuls erlebt haben, meinen Worten nochmal
eine andere Wendung zu geben. Vor dem Bildschirm aber ist das unmöglich, denn da ist
jeder Mensch in Wahrheit allein mit sich. Ärger, Selbstliebe, Geltungssucht, Hass – diese
Kräfte erfahren in der Isolation keine Korrektur durch die wirkliche Anwesenheit des
Anderen. Und diese Kräfte sind in Wahrheit der unbewusste Unterboden, auf dem die
Intellektualität nun spriesst. Aus dieser Intellektualität bildet sich in der digitalisierten
Gesellschaft, und in gesteigertem Maß nun durch den Lock-Down, der Gemeinschaftsbegriff.
Das ist aber eine Krankheit, die sich schon lange vor dem Corona-Virus ausbreitete, nämlich
diejenige, die wir als zunehmende Polarisierung der Gesellschaft erleben, weil sich jeder in
die auf ihn zugeschnittene Informations-Blase einschließen kann. Zwischen vermeintlichen
»Fakten-Checkern« und »Verschwörungstheoretikern« ist kein Gespräch möglich, weil die
digital erzeugte »Informationsgesellschaft« den Blick in Wahrheit gar nicht weitet, sondern
auf das den eigenen Neigungen Zugängliche verengt. Der Mensch wird geistig
gewissermaßen zurückgestaucht auf das körperlich-physische Reflexsystem, für welches
wiederum die materialistische Medizin das Leben immer weiter verlängern möchte.
149
11. Die Entscheidung
So wenig wie Gemeinschaft eine Summe von Körpern ist, so wenig ist das, was das isolierte
Ich denken kann, schon Geist. Vielmehr entwickelt sich der Geist durch die
konkret-materielle Begegnung von Mensch zu Mensch. Und dieses, was da geistig zwischen
den anwesenden Menschen lebt, ist der Beginn des sozialen Lebens. Das allgemeine
Menschenwesen, das jeder von uns ist, realisiert sich erst in der Begegnung. Es ist mehr als
die Summe seiner Teile. Das soziale Leben ist somit das exakte Gegenteil des
Gemeinschaftsbegriffs, den die Angst-Pandemie impliziert und von dem sich gegenwärtig
das vermeintlich »Soziale« ableitet. Eine Summe von Schweinen ist eine Herde, eine
Schweine-Gemeinschaft. Eine Summe von Menschen dagegen ist noch keine
Menschengemeinschaft, sondern wiederum eine Herde. Was Menschen zur Gemeinschaft
verbindet, sind nicht ihre physischen Merkmale. Das spezifisch Menschliche der
Gemeinschaft bildet sich vielmehr als ursprünglich menschliche Schöpfung erst in der
zwischenmenschlichen Begegnung. Aber es bildet sich eben auch nicht, wenn sich die
Menschen nicht als materielle Körper gegenüberstehen, sondern z.B. per Video konferieren.
Video-Konferenzen können sehr praktisch sein, doch niemals die Begegnung von Mensch zu
Mensch in Zeit und Raum ersetzen. Vor etwa 20 Jahren drang dieses Problem schon einmal
ins öffentliche Bewusstsein. Dann verschwand es wieder aus unseren Gedanken und
Gefühlen. Angesichts der Aussichten auf zunehmend virtuelle Möglichkeiten der
»Begegnung« wurde damals nämlich gefragt: was unterscheidet den virtuellen Menschen
vom wirklichen Menschen aus Fleisch und Blut? Was ist der Unterschied zwischen einer
echten Begegnung und ihrer perfekten Simulation? Kurz: was ist »Anwesenheit« wirklich,
was ist da noch im Raum außer der Materie, die meine Sinne affiziert? Mittlerweile haben
wir uns an die schöne neue Welt gewöhnt. Die Grenzen zwischen Mensch und Maschine
verschwimmen. Und das Grundproblem der neueren Menschheit wurde nahezu vergessen.
Jetzt aber schreitet die Digitalisierung in Riesenschritten voran. Und genau in diesem
Augenblick werden wir von dem Corona-Virus vor die schon fast vergessene Frage gestellt:
was ist der Wert der wirklichen Begegnung in Raum und Zeit? Wenn sich der anwesende
Mensch vom virtuellen nur durch den die Sinne affizierenden Aufbau der Materie
unterscheidet, wie der Biologismus meint, werden beide schon bald nicht mehr zu
unterscheiden sein.
Wer aus der Menschheit eine Herde von Säugetieren machen will, muss individuelle
Begegnungen zu unterbinden suchen. Er muss die Gemeinschaft als Summe physischer
Leiber und das Soziale als Befolgen von Regeln zum Schutz dieser Leiber definieren. Dann
verliert aber der Begriff der Demokratie seinen wirklichen Inhalt, denn nur am wirklichen,
physisch anwesenden Gegenüber kann sich ein gesundes Rechtsgefühl entwickeln. Wenn
man also der Krise etwas Positives abgewinnen will, dann ist es dieses: sie ist die einmalige
und vielleicht letzte Chance der Menschheit, für die geistige Wirklichkeit des anderen
Menschen und den Wert der Begegnung mit ihm in Zeit und Raum aufzuwachen.
Bill Gates ist ein wirklicher Menschheitsvertreter. Er hat der Menschheit unglaubliche
technische Möglichkeiten geschenkt. Doch er denkt über die Welt so, wie man aus seiner
Perspektive eben denken muss: als handle es sich um die Programmierung eines
Betriebssystems. Und wenn Bill Gates nun die Gattung Mensch vor dem Aussterben retten
will, müssen wir umgekehrt die Menschheit vor ihrer Reduktion auf den Gattungsbegriff
150
retten. Covid-19 wird nicht das letzte Virus sein, das Menschenleben bedroht. Es wird eine
Zukunft kommen, in der jede echte Begegnung ein Risiko birgt. Dann müssen wir uns
entscheiden: wollen wir die Lebenserwartung menschlicher Körper verlängern um den Preis,
dass keine Menschen mehr in diesen Körpern wohnen, oder wollen wir das menschliche
Wesen erhalten und dafür Krankheit und Tod als eine Tatsache des Lebens akzeptieren?
Anders gefragt: was ist eigentlich Sinn und Zweck einer menschlichen Gemeinschaft?
Wer weiß schon, was die Zukunft bringt? Diese Binsenweisheit hat durchaus auch etwas
Beruhigendes. Sie erinnert daran, dass die Zukunft nicht in Stein gemeißelt, nicht
vorhersehbar ist und dass vom Heute nicht zwangsläufig auf das Morgen geschlossen
werden kann. Nur wenige Dinge der menschlichen Existenz sind unabwendbar. Die Zukunft
verläuft nicht linear, sie ist auch geprägt von Brüchen und unvorhergesehen Ereignissen.
Ein Mann sieht das allerdings ganz anders: Klaus Schwab. Die globale Corona-Krise und die
dadurch angerichteten sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Verwüstungen stellen für
ihn, den Mastermind hinter dem sogenannten "Great Reset", ein einmaliges "Fenster der
Möglichkeiten" (window of opportunity) dar.
Die einzigartige Möglichkeit besteht darin, auf den Trümmern von Millionen Existenzen eine
neue Weltwirtschaftsordnung aufzubauen, die zugleich "grün", "inklusiv" und "digital" sein
solle: die "Vierte Industrielle Revolution". Sie soll die sich global jetzt erst recht zuspitzenden
Probleme lösen.
Im Juli dieses Jahres veröffentlichte Schwab (gemeinsam mit Thierry Malleret) ein Buch zum
Thema ("The Great Reset", "COVID-19. Der große Umbruch"). Doch bereits Jahre zuvor hatte
es ihm als dem Gründer des Weltwirtschaftsforums (WEF) diese Idee angetan.
Es ist dringend notwendig, dass die globalen Akteure bei der gleichzeitigen
Bewältigung der direkten Folgen der COVID-19-Krise zusammenarbeiten. Um
den Zustand der Welt zu verbessern, startet das Weltwirtschaftsforum die
Initiative 'The Great Reset' ", heißt es beim WEF zu dem Thema.
Der "Great Reset" ist dabei nach Lesart Schwabs verknüpft mit der Idee des
"Transhumanismus".
Für Schwab stellt diese Entwicklung eine gar nicht mehr zu hinterfragende Entwicklung dar,
sie sei vielmehr integraler Bestandteil der "Vierten Industriellen Revolution".
151
Die 'Vierte Industrielle Revolution' wird zu einer Verschmelzung unserer
physischen, digitalen und biologischen Identität führen", erklärte Schwab
jüngst vor dem Chicago Council on Global Affairs.
Auch zum Thema der Zukunft der nächsten industriellen Revolution veröffentlichte Schwab
sein Buch "Die Vierte Industrielle Revolution" im Jahr 2016 zunächst auf Englisch, das noch
im selben Jahr auch auf Deutsch erschien. In diesem Buch legte Schwab bereits Wert darauf,
dass es gelte, die neuen disruptiven Technologien zum Wohle der Menschheit und Umwelt
einzusetzen. Es gelte, unter anderem zu ergründen, "wie und wo in diesen neuen
Technologien menschliche Werte einfließen und wie sie so gestaltet werden können, dass
sie das Gemeinwohl, die ökologische Verantwortung und die Menschenwürde fördern",
schrieb Schwab auch damals schon.
Auch in seiner Rede vor dem Chicago Council on Global Affairs kam der zweifache Doktor
(der technischen Wissenschaften und der Wirtschaftswissenschaften) nun mit einigem Stolz
wieder auf sein schriftliches Werk zu sprechen. So sei sein Buch "Shaping the Future of the
Fourth Industrial Revolution" weltweit über eine Million Mal über den Ladentisch gegangen.
Schwab hob hervor, dass allein 800.000 Exemplare in drei bemerkenswerten Ländern
verkauft worden seien: in China, Südkorea und Japan.
Allein das koreanische Militär, unterstrich der WEF-Gründer, habe 16.000 Exemplare
erstanden. Der Grund dafür läge auf der Hand:
Weil die 'Vierte Industrielle Revolution' auch erhebliche Auswirkungen auf die
moderne Kriegsführung haben wird", so Schwab.
In seinem Buch führt er zudem aus, wie es die neuen digitalen Technologien Behörden
ermöglichen werden, etwa auch "in den bisher privaten Raum unseres Geistes einzudringen,
unsere Gedanken zu lesen und unser Verhalten zu beeinflussen".
Schwab sagt voraus, dass dies den Strafverfolgungsbehörden ermöglichen werde,
Programme zur Verbrechensvorhersage zu implementieren. In der Tat werden derlei
Technologien bereits getestet, basierend vor allem auf Auswertung von Big Data mittels
Ansätzen der Künstlichen Intelligenz (KI).
In dem Maße, wie sich die Fähigkeiten in diesem Bereich verbessern, wird die
Versuchung für Strafverfolgungsbehörden und Gerichte zunehmen, Techniken
einzusetzen, um die Wahrscheinlichkeit krimineller Aktivitäten zu bestimmen,
die Schuld zu bewerten oder möglicherweise sogar Erinnerungen direkt aus
den Gehirnen der Menschen abzurufen", schreibt Schwab.
Selbst "das Überschreiten einer Landesgrenze könnte" es eines Tages erforderlich machen,
"einen detaillierten Gehirnscan" bei Personen vorzunehmen, um deren Risikopotenzial
"einzuschätzen".
Tatsächlich haben einige von uns bereits das Gefühl, dass unsere Smartphones
zu einer Erweiterung unserer selbst geworden sind. Die heutigen externen
Geräte – von tragbaren Computern bis hin zu Virtual-Reality-Headsets –
werden sich mit ziemlicher Sicherheit in unseren Körper und unser Gehirn
152
implantieren lassen", stellt Schwab als Entwicklung im Rahmen der von ihm
postulierten "Vierten Industriellen Revolution" fest.
Seit dem Beginn der Pandemie konnten wir eine Explosion bei der digitalen
Innovation und dem Gebrauch von Technologie beobachten. Sie ermöglichten
es Fabriken, weiterhin geöffnet zu bleiben. Sie ermöglichten es Unternehmen,
ihre Produkte zu verkaufen (…) wir müssen mit dieser Veränderung Schritt
halten. Das bedeutet, wir werden ein neues Regelwerk für die digitale
Wirtschaft und die digitale Gesellschaft brauchen. Die Notwendigkeit für
globale Kooperation und die Beschleunigung des Wandels werden beide
Treiber des 'Great Reset' sein. Und ich sehe das als eine beispiellose
Möglichkeit", erklärt von der Leyen.
153
auszutauschen. Unter dem Motto "The Great Reset" soll Anfang des kommenden Jahres ein
Zwillingsgipfel zum 51. Weltwirtschaftsforum stattfinden.
Die Corona-Krise entmachtete den Souverän und gab der Exekutive die Kontrolle über das
politische Leben in die Hand. Von der Krise als der »Stunde der Exekutive« war vielfach die
Rede. Unter Berufung auf einen abzuwendenden Notstand wurden Gesundheits-Regime
etabliert, geleitet von dogmatisierter wissenschaftlicher Expertise, begleitet von einer
weitgehend uniformierten öffentlichen Meinung und einer anschwellenden Welle der
Intoleranz. Dass Regierungen demokratischer Staaten, die stolz darauf sind, »offene
Gesellschaften« zu sein, während der Coronakrise in einer nie dagewesenen Weise in die
Rechte und Freiheiten des Volkes eingegriffen haben, dürfte unbestritten sein, bestreitbar
hingegen die Verhältnismäßigkeit der verhängten Maßnahmen. Wer kontrolliert die
Gesundheits-Regime? Ob jemals eine Debatte über diese Frage und über die Verantwortung
für die Folgen der Stilllegung des ökonomischen und gesellschaftlichen Lebens geführt
werden wird, bleibt abzuwarten. Nun ist die von der WHO ausgerufene Pandemie in Europa
im Abklingen begriffen, der durch sie legitimierte Freiheitsentzug wird von der Exekutive
schrittweise rückgängig gemacht; was uns entzogen wurde, soll uns wieder gewährt werden.
Ist der Spuk damit vorüber? Oder haben wir möglicherweise die Generalprobe einer
Tragödie erlebt, deren Aufführung erst noch bevorsteht? Werden unsere bürgerlichen
Freiheiten künftig so saisonal kassiert, wie Grippeepidemien auftreten, denen nach
einer neuen Schätzung der WHO jährlich bis zu 650.000 Menschen weltweit zum Opfer fallen,
während bis heute etwa 370.000 Menschen an Covid-19 gestorben sind? Wird die Kontrolle
durch ein Gesundheitsregime, das den Wert des Lebens gegen den der Freiheit ausspielt,
ohne von uns oder irgendjemand anderem dazu ermächtigt zu sein, möglicherweise zum
Dauerzustand? Die Gesetze, die die Ausweitung der Kontrollzone erst ermöglichten,
bestehen fort; ihnen ist kein Verfallsdatum eingeschrieben.
Dass die einzig legitimen Subjekte der politischen Macht[1] während der Coronakrise zu
deren Objekten mutierten, und sich mitunter vorkamen, wie Gregor Samsa in Kafkas
Alptraum, trug zweifellos zu der Empörung bei, die viele Betroffene empfanden, auch wenn
angeblich repräsentative Umfragen das Gegenteil zu suggerieren versuchten. Niemand wird
gerne entmündigt und von anderen kontrolliert. Niemand, der genügend Selbstbewusstsein
besitzt, benötigt einen vormundschaftlichen oder pädagogischen Staat, der ihn am
Gängelbande zur besseren Einsicht hinschleift, die ihm zuvor aberkannt wurde. Autoritäten,
die sich zu solchem Missbrauch ihrer geliehenen Macht versteigen, verabschieden sich nicht
nur von der Aufklärung, zu der bekanntlich der Mut gehört, sich seines eigenen Verstandes
zu bedienen, sondern auch vom konstitutionellen Grundkonsens, auf dem unsere
Gesellschaft fußt. Dass uns die Lockdown-Regierungen unter dem Vorwand, unsere
Gesundheit zu schützen, die Kontrolle über unser Leben aus der Hand genommen haben, ist
schlimm genug. Die Frage aber ist, wer kontrollierte diese Regierungen?
Vanessa Beeley hat auf der britischen Plattform ukcolumn.org, die aus einer
Bürgerbewegung gegen staatliche und mediale Bevormundung hervorgegangen ist, einige
auf die Situation in Großbritannien bezügliche Hinweise gegeben, die aber auf parallele
154
Strukturen und Phänomene in Deutschland übertragen werden können und geeignet sind, in
früheren Beiträgen angedeutete Sachverhalte zu ergänzen.[2]
Sie lenkt den Blick auf Neil Ferguson, Professor am Imperial College in London. Seine
Prognosen wurden von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) übernommen und bildeten
die Grundlage für die Entscheidungen vieler Länder. Seine beängstigende Vorhersage von
500.000 Covid-19-Toten im Vereinigten Königreich gab den Ausschlag für Boris Johnsons
Entscheidung, sich von der anfänglich angestrebten Herdenimmunität abzuwenden und
stattdessen eine kollektive Quarantäne zu verhängen. Dass diese Entscheidung nicht
unbedingt die bessere war, zeigen die Zahlen von Worldometers[3]. Unter den Ländern ohne
weitreichenden Lockdown hatte Schweden (bis zum 30.05.2020) 431 Tote auf eine Million
Einwohner zu beklagen, Island 29, Japan 7, Südkorea 5 und Taiwan 0,3, während
Großbritannien trotz Lockdown auf 562 pro Million kam, andere Lockdownländer wie
Belgien auf 816, Spanien auf 580, Italien auf 550 und Frankreich auf 440 (Deutschland 103).
155
Ferguson sein Ausnahmetalent für übertriebene Sterblichkeits-Prognosen anhand von H5N1
bewiesen hatte.
Bis Ende 2018 hat die Gates Stiftung das Imperial College mit insgesamt 185 Millionen
US-Dollar unterstützt.[12]
Damit ist Gates der zweitgrößte Sponsor, der nur noch vom Wellcome Trust, einer britischen
Forschungsstiftung übertroffen wird, die vor Fergusons Maul- und Klauenseuche-Debakel
mit der Finanzierung des Imperial College begonnen[13] und ihm bis Ende 2018 über 400
Millionen Dollar zur Verfügung gestellt hat. Der Wellcome Trust, der sich ebenfalls für
globale Immunisierungsprogramme einsetzt, bedarf einer gesonderten Betrachtung.
Die Gates Stiftung schmiedete die Globale Dekade der Impfkollaboration in Zusammenarbeit
mit der WHO, der UNICEF und dem US-amerikanischen Institut für Allergien und
Infektionskrankheiten (NIAID). Laut der Webseite der Gates-Stiftung soll der Globale
Impfaktionsplan »eine bessere Koordinierung aller Interessengruppen ermöglichen –
darunter nationale Regierungen, multilaterale Organisationen, die Zivilgesellschaft, der
Privatsektor und philanthropische Organisationen – und kritische Politiken, Ressourcen und
andere Mängel identifizieren, die thematisiert werden müssen, um das lebensrettende
Potenzial von Impfstoffen zu nutzen.«[14]
Zu den Gründern der Impfkollaboration gehörten der Generaldirektor der WHO, der Direktor
des amerikanischen Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten (NIAID), der Direktor der
UNICEF, der Präsident der Gates Foundation Global Health und der Vorsitzende
der Afrikanischen Malaria-Allianz. Dem Lenkungsausschuss gehörten der Direktor für
Immunisierung, das britische Gesundheitsministerium und viele weitere Vertreter der WHO,
der UNICEF und assoziierter Organisationen an. Es handelt sich um eine Gruppe
immunisierungsfixierter Personen, die die Politik der Weltgesundheitsverbände kontrollieren,
die behaupten, neutral zu sein.
Die WHO wurde zur »lenkenden und koordinierenden Organisation für internationale
Gesundheit innerhalb der Vereinten Nationen« berufen und erhielt die Verantwortung für
die »Gestaltung der Gesundheitsforschung«, unter anderem auch für Aufgaben im
Zusammenhang mit der Politik der globalen Immunisierung.
Die UNICEF, der »weltweit größte Anbieter von Impfstoffen für Entwicklungsländer«, hat
Zugang zu Kindern in über 150 Gebieten und Ländern (2010).
Schon bei Ferguson stellt sich die Frage, inwiefern seine permanent übertriebenen
Prognosen durch die gesundheitspolitischen Netzwerke bedingt sind, in die er eingebunden
ist. Erst recht stellt sich diese Frage, wenn die Verbindungslinien von GAVI zu jenem
Pharmakomplex berücksichtigt werden, der seine eigene Interessen höherstellt, als alle
realen Sorgen um die Gesundheit und das Wohlergehen der Weltbevölkerung.
156
»Gavi ist die Impfallianz, die den öffentlichen und den privaten Sektor unter dem
gemeinsamen Ziel vereinigt, einen gleichberechtigten Zugang zu Impfstoffen für Kinder zu
schaffen, wo immer sie auch leben«, beschreibt die Impfallianz sich selbst.
Die Globale Impfallianz (GAVI) wird vom selben Netzwerk finanziert und partnerschaftlich
getragen wie die Globale Dekade der Impfkollaboration, wobei einige Mitspieler hinzutreten:
die Weltbank und die Regierungen der Geber- bzw. Durchführungsländer.
Die Gates Stiftung ist ein Hauptsponsor, wird aber von der britischen Regierung übertroffen,
die maßgeblich an der Gründung der Impfallianz beteiligt war und ihr größter Geldgeber ist,
wie die folgende Abbildung[15] zeigt.
157
Geldgeber der Globalen Impfallianz
Beeley weist darauf hin, dass die britische Regierung zwischen 2016 und 2020, als in vielen
Teilen der Gesellschaft der Lebensstandard sank, ältere Menschen vernachlässigt wurden,
das Nationale Gesundheitswesen (NHS) im Niedergang begriffen und die Obdachlosigkeit auf
dem Vormarsch war, der Globalen Impfallianz Zuschüsse von 1,44 Milliarden Pfund zugesagt
hat und nun Gastgeber der (virtuellen) Geberkonferenz 2020 ist, die am 4. Juni stattfindet[16],
»um mindestens 7,4 Milliarden US-Dollar an zusätzlichen Ressourcen einzusammeln, um die
nächste Generation durch Impfungen zu schützen, die durch Krankheit bedingte
Ungleichheit zu reduzieren und eine gesündere, sicherere und florierendere Welt zu
schaffen.«[17]
Die Konferenz verspricht, führende Politiker, die Zivilgesellschaft, öffentliche und private
Spender, Impfstoffhersteller und Regierungen zusammenzubringen, um die Globale
Impfallianz zu unterstützen, die sich rühmt, dazu beigetragen zu haben, dass »fast die Hälfte
der Kinder dieser Welt gegen tödliche und schwächende Infektionskrankheiten« geimpft
wurden.
Die globale Impfallianz impfte laut eigener Aussage »fast die Hälfte der Kinder dieser Welt
gegen tödliche und schwächende Infektionskrankheiten.«
Die von der Globalen Impfallianz präferierten Massenimpfprogramme finden aber nicht nur
Zustimmung, sondern werden auch kritisiert, insbesondere in Entwicklungsländern, wo
Zweifel an deren Wirksamkeit oder Sicherheit geäußert werden.[18] Der prognostizierte
Umsatz auf dem globalen Impfmarkt wird 2020 voraussichtlich 59,2 Milliarden US-Dollar
erreichen[19], dürfte sich aber durch Covid-19 noch beträchtlich steigern. Die Vereinigung
forschender Pharmaunternehmen bietet einen Überblick über die am weitesten
ausgereiften Projekte zur Entwicklung eines SARS-Cov-2-Impfstoffs und deren
Finanzierungen. Ganz vorne dabei, entweder über Beteiligungen oder direkt:
Moderna, Inovio, Pfizer, Novavax, CureVac, Janssen (Johnson & Johnson).
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Die Investitionen der britischen und anderer Regierungen in die Globale
Impfallianz (darunter in absteigender Reihenfolge Norwegen, Italien, Frankreich,
Deutschland und die Niederlande), die sich in öffentlich-privater Partnerschaft mit dem
Impffanatiker Bill Gates verbünden, werfen ebenfalls die Frage von Interessenkonflikten auf.
Inwieweit schützen diese Regierungen ihre eigenen Beteiligungen an Pharmaunternehmen,
indem sie der Bevölkerung den Lockdown und möglicherweise Impfungen aufzwingen?
Impfstoffe sind eine wichtige Einnahmequelle für die größten Pharmakonzerne der Welt,
und die europäischen Regierungen investieren in unterschiedlichem Ausmaß in die
pharmakologische Forschung und Entwicklung.
Als Bill Gates vor zwanzig Jahren eine Partnerschaft mit GAVI einging, bewegte ihn nach
eigener Aussage die Frage, worauf er seine philanthropischen Aktivitäten künftig fokussieren
könnte. Er kam zum Ergebnis, dass er sich »vermehrt auf die Kraft und das Potenzial von
Impfstoffen konzentrieren« müsse.[20]
Die Globale Impfallianz wurde dank der massiven Hilfe von Gates ins Leben gerufen und
zehn Jahre später startete er seinen eigenen »Impf-Dekaden-Plan« für das Jahrzehnt
zwischen 2010 und 2020. Der Globale Impfaktionsplan (GVAP) 2012–2020, der 2012 von den
194 an der Weltgesundheitskonferenz teilnehmenden Mitgliedstaaten gutgeheißen wurde,
wird von den Mitgliedern des Gates-Impfdekadenkonsortiums geführt und von der WHO
beworben[21]. Er bringt »Regierungen, Parlamentarier, Angehörige des Gesundheitswesens,
Hochschulen, Impfmittelhersteller, globale Behörden, Forschung und Entwicklung,
Zivilgesellschaft, Medien und den Privatsektor« zusammen – um die globale Immunisierung
zu fördern. Bei diesem Konsortium, so Beeley, handelt es sich um einen »gewinnorientierten
Unternehmenszusammenschluss der den humanitären Sektor nutzt, um seinen
philanthrokapitalistischen Bekenntnissen Glaubwürdigkeit zu verleihen«.
Die Globale Impfallianz investiert aber nicht nur in Impfkampagnen, sondern strebt auch
nach flächendeckender Erfassung des Immunitätsstatus der Menschheitsbevölkerung, was
nur durch digitale Überwachung erreichbar ist. Sie ist eng mit dem von Gates, Microsoft und
der Rockefeller-Stiftung finanzierten ID2020-Projekt (Digital Identity Alliance) verbunden,
das Accenture, Microsoft (Gates), Ideo•Org und die Rockefeller Stiftung in die Globale
Impfallianz einbezieht.[22]
159
Founding Partners der ID2020-Allianz.
ID2020 betont die Notwendigkeit der Einführung einer universellen biometrischen
Verifizierung der Identität, denn »beweisen zu können, wer Sie sind, ist ein grundlegendes
und universelles Menschenrecht«, heißt es auf der ID2020-Website.
Ein Artikel des Journalisten Kurt Nimmo bei Global Research nimmt dieses » humanitäre
Alibi für Tyrannei« auseinander.[23] Er beschreibt die Möglichkeiten, die Covid-19 als
Deckmantel für die Einführung einer verpflichtenden biometrischen ID eröffnet. Ein von
Reuters im April veröffentlichter Artikel[24] nährt den Verdacht, dass bald eine biometrische
ID eingeführt werden könnte, angeblich um dabei »zu helfen, diejenigen zu identifizieren,
die bereits die Infektion hatten, und sicherzustellen, dass die Gefährdeten den Impfstoff
erhalten, wenn er auf den Markt kommt«. Dies mag für jene, die das offizielle
Covid-19-Narrativ glauben, durchaus vernünftig klingen, aber laut Nimmo ist »COVID-19 das
perfekte Trojanische Pferd für einen Kontrollfreak-Staat, der nicht nur das Leben der
einfachen Bürger seinem Mikromanagement unterwerfen, sondern auch Kritiker und
potenzielle Gegner aufspüren und sie als Staatsfeinde bestrafen will.« Letzteres sei sogar das
Hauptziel von Zwangsimpfungen und digitaler Identitätsnachweise.
Prashant Yadav, Senior Fellow am in den USA ansässigen Center for Global Development,
wird von Reuters mit den Worten zitiert: »Biometrische IDs können die Spielregeln
grundlegend ändern. Sie können Regierungen dabei helfen, Teile der Bevölkerung ins Visier
zu nehmen, zum Beispiel Mitarbeiter des Gesundheitswesens oder ältere Menschen, und zu
überprüfen, wer geimpft wurde und eine weiße Weste hat.«[25]
Martin Armstrong von Armstrong Technologies fügt eine noch weit düsterere Perspektive
hinzu.[26] Er weist auf ein digitales Zertifikat hin, das vom Massachusetts Institute of
Technology (MIT) und Microsoft entwickelt wurde, das verifiziert, ob jemand geimpft wurde
und das mit ID2020 verknüpft wird. Covid-19 könnte genutzt werden, um uns davon zu
überzeugen, dass wir digitale Implantate und Tracking-Geräte akzeptieren müssen, die es
den Behörden erlauben, uns permanent im Auge zu behalten. Ebenso, wie der weltweite
Krieg gegen den Terrorismus uns Ganzkörperscans an Flughäfen akzeptabel erscheinen ließ,
160
könnte nun durch den »Krieg gegen das Virus« (Macron) gerechtfertigt werden, dass uns –
wie unseren Hunden und Katzen – Chips implantiert werden.
Rob Laurence, Direktor bei Innovate Identity mit Sitz in Großbritannien[27], präsentierte
bereits im Juni 2019 Vorschläge für die Zukunft der digitalen Identität[28].
Das Verify-Projekt der britischen Regierung wurde von ihm als unreife Vorstufe der
angestrebten digitalen ID bezeichnet.[29]
Das von Microsoft finanzierte britische Start-up-Unternehmen Onfido[30] hat kürzlich 100
Millionen Dollar eingesammelt, um »seine ID-Technologie zu verbessern« und die Schaffung
von »Immunitätspässen« zu ermöglichen, die es Regierungen erlauben, »das Coronavirus zu
bekämpfen«.
Beeley weist darauf hin, dass der »Zirkel von Wissenschaftlern«[32], der
Regierungsentscheidungen beeinflusst, in ein gewinnorientiertes Big Pharma-Netzwerk
161
eingebunden ist, das von den Maßnahmen profitieren wird, die von ebenjenen Regierungen
ergriffen werden – von Regierungen, die ebenfalls in diesen medizinisch-industriellen
Komplex eingebunden sind.
Warum, frägt sie, werden die Ansichten von Epidemiologen, Ärzten, Wissenschaftlern,
Analytikern und Gesundheitsberatern, die die kollektive Quarantäne kritisieren, von den
Medien und der Regierung ignoriert oder zensiert? Warum weiten die Lockdown-Regime
nicht den Kreis der Berater aus, um deren Perspektiven zu berücksichtigen, die dem Elend
ein Ende bereiten könnten, das eine Folge der erzwungenen Lahmlegung des
gesellschaftlichen Lebens ist?
Was bedeutet der monatelange Lockdown für die Ärmsten der Armen? Laut UNO könnte der
wirtschaftliche Abschwung »im Jahr 2020 Hunderttausende Kinder töten«.[33]
Während Gates, die WHO, zahlreiche Regierungen und die UNICEF sich auf die globale
Immunisierung gegen eine »Pandemie« konzentrieren, die weit hinter den alarmistischen
Vorhersagen zurückbleibt, die vom Big Pharma-Komplex verbreitet werden, sterben Kinder
an Mangelernährung, Vernachlässigung und den Folgen extremer Armut, die durch den
»größten Abschwung seit der Großen Depression der 1930er Jahre« (IWF) verursacht wurde.
Gefragt werden muss laut Beeley: Wer ist wirklich für die Antwort auf Covid-19
verantwortlich? Wer profitiert am meisten von ihr? Wer wird am meisten unter den
langfristigen Folgen leiden? Und wer wird uns vor diesen Folgen schützen, wenn die
»Pandemie« wieder aus dem Blickfeld verschwunden ist?[34]
Anmerkungen:
1. »Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus«, heißt es in Artikel 20.2 GG.
2. Siehe: Freiheit schadet der Gesundheit | Corona-Virus: Menschheit am Scheideweg | Auf
dem Weg in eine Hygiene-Diktatur? | Die Angstepidemie ist viel ansteckender als das Virus | Die
aktuelle Corona-Krise zeigt vor allem Angst | Über das geborgte Leben der Untoten | Innen und
Außen. Zur »Corona-Krise«. Eine Momentaufnahme | Von der Notwendigkeit, Schichtenurteile zu
bilden | Die Göttinger Sieben und die Corona-Krise
3. https://www.worldometers.info/coronavirus/#countries
4. https://www.imperial.ac.uk/people/neil.ferguson
5. Mehr dazu im Film Slaughtered on
Suspicion, https://www.youtube.com/watch?v=Yb9iaDoXJF8, der, was das Verhalten und die
Informationspolitik der damaligen Blair-Regierung anbetrifft, fatal an die Gegenwart erinnert.
6. https://med.uth.edu/blog/2017/01/05/new-research-could-lead-to-blood-test-to-detect-cre
utzfeldt-jakob-disease/
7. https://www.theguardian.com/world/2005/sep/30/birdflu.jamessturcke
8. https://www.prb.org/avian-flu-and-influenza-pandemics/
162
9. https://www.spectator.co.uk/article/six-questions-that-neil-ferguson-should-be-asked ↑
10. https://www.imperial.ac.uk/media/imperial-college/medicine/sph/ide/gida-fellowships/Imp
erial-College-COVID19-Global-Impact-26-03-2020v2.pdf
11. https://www.gatesfoundation.org/Media-Center/Press-Releases/2010/12/Global-Health-Lea
ders-Launch-Decade-of-Vaccines-Collaboration
12. https://donations.vipulnaik.com/donee.php?donee=Imperial+College+London
13. Ebd.
14. https://www.gatesfoundation.org/Media-Center/Press-Releases/2010/12/Global-Health-Lea
ders-Launch-Decade-of-Vaccines-Collaboration
15. https://www.gavi.org/investing-gavi/funding/overview-2000-2037
16. https://www.gov.uk/government/news/uk-to-host-gavi-pledging-conference-in-2020 ↑
17. Siehe auch die Mitteilung auf der
GAVI-Webseite: https://www.gavi.org/investing-gavi/resource-mobilisation-process/gavis-3rd-don
or-pledging-conference-june-2020
18. https://www.globalresearch.ca/uncovering-the-cover-up-scientific-analysis-of-the-vaccine-a
utism-connection-deeply-flawed-vaccine-policies/5491987
19. https://www.pharmaceuticalprocessingworld.com/global-vaccine-market-revenue-to-reach-
59-2-billion-by-2020/
20. https://www.gavi.org/gavi-at-20
21. https://www.who.int/immunization/global_vaccine_action_plan/GVAP_doc_2011_2020/en/
22. https://id2020.org/alliance
23. https://www.globalresearch.ca/covid-19-perfect-cover-for-mandatory-biometric-id/5709146
24. https://www.reuters.com/article/health-coronavirus-tech/biometric-ids-can-be-gamechange
r-in-coronavirus-antibody-tests-vaccine-idUSL8N2BV0BI
25. Ebd.
26. https://www.armstrongeconomics.com/world-news/conspiracy/are-the-planning-id2020-as-
mandatory-implants-for-all-as-the-solution-to-the-crisis/
27. https://www.linkedin.com/in/rob-laurence-a5b50013/?originalSubdomain=uk
28. http://www.innovateidentity.com/the-road-to-2020-the-future-for-digital-identity-in-the-uk/
29. https://www.gov.uk/government/publications/introducing-govuk-verify/introducing-govuk-v
erify
30. https://www.telegraph.co.uk/technology/2020/04/15/british-ai-startup-onfido-secures-100
m-boost-tech-immunity-passports/
31. https://www.genengnews.com/topics/drug-discovery/quantum-dots-deliver-vaccines-and-in
visibly-encode-vaccination-history-in-skin/
32. https://www.dailymail.co.uk/news/article-8188041/Ministers-accused-treating-Doomsday-sc
ientist-like-demigod.html
33. https://www.reuters.com/article/us-health-coronavirus-children-un-idUSKBN21Y2X7
34. Der Artikel Beeleys findet sich
hier: https://www.ukcolumn.org/article/who-controls-british-government-response-covid19-part-
one
163
Lorenzo Ravagli - Auf dem Weg in eine Hygiene-Diktatur?
27. April 2020 auf:https://anthroblog.anthroweb.info/
Leser könnten sich wundern, warum in der abschließenden »Vision« dieses Beitrags Bill Gates
eine so prominente Rolle spielt. Nun, Bill Gates spielt im Corona-Drama, dessen erster Akt ein
virologischer, dessen zweiter ein epidemiologischer, dessen dritter ein pharmazeutischer und
dessen vierter ein gesellschaftspolitischer ist, tatsächlich eine zentrale Rolle. – Einige
Anregungen für die eigene Recherche im Dschungel von Korruption und Propaganda.
Christian Drosten, der Leiter des virologischen Instituts an der Charité, Lothar Wieler, der
Präsident des Robert Koch Instituts, die Johns Hopkins Universität mit ihrer Corona-Webseite,
die die täglichen Todeszahlen aller Länder dieser Erde, in welchen Infektionen und Todesfälle
nachweisbar sind, aufaddiert, die Globale Allianz für Impfstoffe und Immunisierung (GAVI),
schließlich die Weltgesundheitsorganisation, werden entweder von der Bill und Melinda
Gates Stiftung finanziert oder bei einzelnen Projekten unterstützt.
Gemeinsam mit der Weltbank und der UNFPA betreibt die WHO seit 1987 unter anderem
die bevölkerungspolitische Safe-Motherhood-Initiative (ebd.). Sie qualifiziert im Rahmen
dieser Initiative für die UNFPA und USAID (den weltweit größten Abnehmer
pharmazeutischer Verhütungsmittel) noch nicht zugelassene Kontrazeptiva, die an Frauen in
Entwicklungsländern ausgegeben werden. Die Initiative wurde von einem schwedischen
(Pharmacia) und einem amerikanischen Pharmaunternehmen (Upjohn/[Pfizer]) gegründet.
Unter der Führung der Weltbank setzt sich die WHO weltweit für Bevölkerungskontrolle und
Familienplanung ein. Der Brite Paul Flynn, der 2010 die Untersuchung des Europarats gegen
die WHO geleitet hat, sagt über sie: »Meiner Meinung nach ist sie auch heute noch exzessiv
beeinflusst von der Pharmaindustrie, die sehr geschickt bei der Manipulation von
Gesundheitsausgaben vorgeht, zugunsten eigener finanzieller Interessen.« (frontal21, ZDF)
(ebd.) Der derzeitige Generaldirektor der WHO, Tedros Adhanom Ghebreyesus war vor
seiner Beschäftigung in der Weltgesundheitsorganisation Vorsitzender des mit Hilfe der
Gates-Stiftung gegründeten Global Fund to Fight Aids, Tuberculosis and Malaria, gehörte
dem Vorstand der von Gates gegründeten Globalen Impf-Allianz (GAVI) und der ebenfalls
von Gates finanzierten Stop TB Partnership an.
164
Die Globale Allianz für Impfstoffe und Immunisierung (GAVI) wird zu 75% von der
Gates-Stiftung finanziert, die in ihr einen Aufsichtsratsposten innehat. Gegründet wurde sie
im Jahr 2000, um den stagnierenden bzw. rückläufigen Impfraten in den ärmsten Ländern
der Welt entgegenzuwirken. Die Gates-Stiftung steuerte eine Anschubfinanzierug von 750
Mio. US-Dollar bei. Die GAVI gehört zu den Gründungsmitgliedern der 2017 ins Leben
gerufenen »NGO« ID2020 Digital Identity Alliance, die ein beispielloses Programm des
elektronischen Identitätsnachweises verfolgt, das laut Kritikern die Schleusen für eine
Totalüberwachung der Bevölkerung öffnen könnte. Der Globalen Impfallianz gehören
Regierungen, die WHO, die UNICEF, die Weltbank, die Gates-Stiftung, öffentliche und private
Gesundheits- und Forschungseinrichtungen sowie andere private Unterstützer an.
Die von der Rockefeller-Stiftung gegründete Johns Hopkins Universität, die von Michael
Bloomberg und der Gates-Stiftung finanziert wird, veranstaltete im Herbst vergangenen
Jahres zusammen mit dem WEF den Event 201, der eine weltweite Coronavirus-Pandemie
und die strategischen gesundheitspolitischen Reaktionen auf sie simulierte. Dort wurden
Lockdowns, Reisebeschränkungen, zu erwartende wirtschaftliche Schäden und der Kampf
gegen sogenannte Fake-News – von den offiziellen Erzählungen abweichende Meinungen –,
in Modellsimulationen durchgespielt. Im Rahmen dieses Planspiels äußerte sich Jane
Hamilton, die ehemalige Vorstandsvorsitzende der WHO und heutige Vorsitzende der
norwegischen CEPI, der Coalition for Epidemic Preparedness, die von der Gates-Stiftung
finanziert wird, über die Zensur sozialer Plattformen: »Es wird an Algorithmen gearbeitet,
die die Information auf diesen Plattformen durchkämmen, und ich weiß, die Gates-Stiftung
und andere sponsern Organisationen, die daran arbeiten, das Vertrauen der Leute in die
Informationsquellen zu stärken, die sie während einer Krise nutzen.« (Die CEPI erhält auch
von der Bundesregierung Zuschüsse in beträchtlicher Höhe. Ein Großteil der 420 Mio Euro,
die das Bundesforschungsministerium für COVID-19 Forschung vergibt, fließt an die 2016 auf
dem Weltwirtschaftsforum gegründete »gemeinnützige Koalition«. Unter den Empfängern
befindet sich auch das Tübinger Biotech-Unternehmen PureVac,, das auch von der EU massiv
unterstützt wird und ab dem Frühsommer erste klinische Studien an Impfstoffen
durchführen will. Siehe hier.)
Lothar H. Wieler, seit 2015 Präsident des RKI, ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der
Global Research Coalition for Infectious Disease Preparedness (GLoPID-R), deren Ziel es ist,
eine »effektive Forschungsreaktion auf eine neue oder wiederauftretende
Infektionskrankheit mit epidemischem und pandemischem Potential zu ermöglichen«. Auch
in dieser Koalition ist die Gates-Stiftung Mitglied und finanziert einige der 29
Mitgliedsorganisationen, zu welchen die WHO und die CEPI gehören. Die meisten dieser
Organisation setzen sich für die Verbreitung von Impfstoffen in ihren jeweiligen Ländern ein.
Wieler gehört einigen weiteren internationalen Organisationen an, in welchen die
Gates-Stiftung aktiv ist, oder die sogar von ihr gegründet wurden: er ist seit 2017 eines der
12 Mitglieder des Exekutivausschusses der Internationalen Assoziation der Nationalen
Institute für öffentliche Gesundheit (IANPHI), die durch Gelder der Rockefeller- und
Gates-Stiftung ermöglicht wurde und von ihnen weiterhin mitfinanziert wird. Er gehört
außerdem seit 2018 dem Europäischen Beirat für Gesundheitsforschung (EACHR), WHO
Regionalbüro für Europa und der Strategischen und Technischen Beratungsgruppe für
Infektionskrankheiten (STAG-IH) der WHO an, deren Aufgabe die Beurteilung des globalen
Kontextes von Infektionskrankheiten und die Beratung der WHO bei den zu treffenden
Maßnahmen ist. Er berät also die WHO bei der Einschätzung von Pandemierisiken und beruft
165
sich anschließend als Chef des RKI auf die Empfehlungen der WHO, die die Maßnahmen zur
Bekämpfung von Pandemien betreffen.
Das Robert Koch Institut und die STIKO (siehe die dortigen Selbstauskünfte; lobenswert die
seit 2009 erheblich gesteigerte Transparenz bezüglich Interessenkonflikten, die jedoch eine
paradigmenbedingte, systemimmanente Befangenheit der Beteiligten nicht zu verhindern
vermag) und weitere damit zusammenhängende Themen (Masernzwangsimpfung, Thomas
Spahn) wären ein Recherchegegenstand für sich.
Christian Drosten, der Leiter des virologischen Instituts der Charité, erhielt 2004 den
GlaxoSmithKline Förderpreis für Klinische Infektiologie und den Abbot Diagnostics Award der
Europäischen Gesellschaft für Klinische Virologie, zwei Preise, die von Pharmafirmen bezahlt
werden. 2014 schlug er im Zusammenhang mit der MERS-Epidemie vor, einen Impfstoff für
Kamele zu entwickeln. Seine Spezialität ist jedoch die Entwicklung von Tests für den
Nachweis von Virenfragmenten: für ZIKA-, MERS- und SARS-Viren. Zusammen mit der
Berliner Biotech-Firma TIB Molbiol kreierte Drosten einen Corona-PCR-Test, der inzwischen
weltweit eingesetzt wird. Geld verdient Drosten nach eigener Aussage keines an diesen Tests.
Das ist auch nicht nötig, denn allein seine Arbeitsgruppe Viruserkennung und Vorbereitung
erhält von der Bundesregierung seit 2016 2 Mio Euro im Jahr. Inzwischen wird er auch von
der Gates-Stiftung gefördert (hier und hier).
Die Bill & Melinda Gates Stiftung, die größte Stiftung weltweit, ist einer Studie der britischen
NGO Global Justice Now (GJN) zufolge nicht ein selbstloser Heilsbringer, sondern Deckmantel
für profitorientierte Investitionen internationaler Großkonzerne (Gated Development. Is the
Gates Foundation always a force for good? Global Justice Now, Juni 2016.). Warren Buffett,
der drittreichste Finanzverwalter der Welt, gehört zu den größten Investoren der
Gates-Stiftung. (Die Gates-Stiftung verteilt Geld an Stipendiaten, während der Gates-Trust
das Vermögen der Stiftung vermehrt, indem er in diverse börsennotierte Unternehmen
investiert. Bill und Melinda Gates sind neben Warren Buffet die einzigen Treuhänder des
Trusts. Ein Großteil des Vermögens der Gates-Stiftung fließt aus Investitionen des Trusts in
Unternehmen, denen vorgeworfen wird, sind würden die Armut, Ungleichheit und
Ungerechtigkeit in der Welt vermehren. Im folgenden unterscheide ich nicht zwischen
Stiftung und Trust, weil sie ohnehin eine einheitliche Politik verfolgen). Im Bereich der
Gesundheits- und Landwirtschaftspolitik dürfte die Gates-Stiftung inzwischen der
einflussreichste globale Akteur überhaupt sein. Sie finanziert Hunderte von Universitäten
oder ausgewählte universitäre Institute mit einschlägigen Forschungsgegenständen,
internationale Organisationen, NGO’s und Medien. Sie investiert mehr als jeder Staat in
globale Gesundheit und ist der fünftgrößte Spender im Bereich Agrarpolitik in
Entwicklungsländern. Ihre Ausgaben übertreffen jene von Belgien, Kanada, Dänemark, Irland
und Italien. Das Geld, das so freigiebig verteilt wird, stammt aus der Vermeidung von
Steuern. Microsoft schleust laut einem Bericht des US-Senats jährlich rund 4,5 Milliarden
Dollar am Finanzamt vorbei, das in Steueroasen verschwindet. Die Summe der vermiedenen
Steuern übersteigt die Einnahmen der Stiftung, die bei jährlich rund 3,6 Milliarden Dollar
liegen. Beträchtliche Summen sind in Aktien von Unternehmen wie BP, ExxonMobile,
Coca-Cola, Procter & Gamble, Wal Mart, McDonald’s und anderen Großkonzernen angelegt.
Allein die Anteile an Coca-Cola belaufen sich auf über eine halbe Milliarde Dollar. Die
Stiftung ermöglichte es Coca-Cola, 50.000 kenianische Kleinbauern zu verpflichten, damit sie
für den Getränkehersteller Passionsfrüchte anbauen.
166
Die Programme der Stiftung dienen laut GJN nicht allein oder vor allem der Verbesserung
der Gesundheit und der Bekämpfung von Hunger und Armut. Vielmehr förderten sie
»multinationale Unternehmensinteressen auf Kosten der sozialen und wirtschaftlichen
Gerechtigkeit«. Die Stiftung verstärke mit voller Absicht die Rolle multinationaler
Unternehmen, »insbesondere im Bereich der globalen Gesundheit und Landwirtschaft … ,
obwohl diese Konzerne für einen Großteil der Armut und Ungerechtigkeit verantwortlich«
seien, die den globalen Süden heimsuchten. Die Stiftung ist außerdem laut GJN führend bei
der Förderung der Erforschung von genmanipuliertem Saatgut, sie unterstütze
Organisationen, die dessen Verbreitung in Afrika vorantrieben, nehme Einfluss auf die
dortige Gesetzgebung, setze sich massiv für die Anwendung von Chemie in der
Landwirtschaft sowie Eigentumsrechte an Saatgut ein, was vor allem der amerikanischen
und europäischen Agroindustrie zugute komme. Diese Politik wirke den afrikanischen
Bestrebungen entgegen, Nahrungsmittelsouveränität zu erlangen und den ökologischen
Landbau zu fördern. Ebenso setze sie sich für die Privatisierung des Gesundheitswesens in
Entwicklungsländern ein. Insgesamt verfolge sie eine neoliberale Globalisierungsagenda,
verbreite die dieser Agenda entsprechende (Bio-)Technologie und vertrete eine veraltete
Auffassung der zentralen Bedeutung von »Hilfe für die Armen«.
Gates, der »heimliche Chef der WHO« (Die ZEIT), nutzt seinen erkauften Einfluss auf die
Weltgesundheitsorganisation dazu, Pharmakonzernen wie Merck, GlaxoSmithKline, Novartis
und Pfizer, die ebenfalls Millionenspenden von seiner Stiftung erhalten, Aufträge
zuzuschanzen. Robert F. Kennedy Jr. übt auf der Webseite global.resaerch.ca unter Verweis
auf Vorfälle bzw. Vorwürfe aus Indien und Afrika massive Kritik an Gates’ »globalistischer
Impfagenda«. Manche Kritiker vermuten, das eigentliche Ziel von Gates Impfprogrammen
sei die Reduktion des Bevölkerungswachstums. Anlass dazu gab ein TED Talk im Februar
2010, in dem er (ab 4:37) über Optionen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes sagte: »Zuerst
haben wir die Bevölkerung. Heute leben 6,8 Milliarden Menschen auf der Erde, die sich auf 9
Milliarden erhöhen werden. Wenn wir sehr erfolgreich mit neuen Impfstoffen, der
Gesundheitsversorgung und Reproduktionsmedizin sind, könnten wir das vielleicht um 10 bis
15 % senken, aber zur Zeit sehen wir eine Steigerung um 1,3 %.«
Das Ziel der Pharmakonzerne und der an ihnen beteiligten Stiftung ist es, einen exklusiven
Marktzugang in Afrika und Asien zu erhalten, »marktbasierte Lösungen« zu entwickeln und
gleichzeitig die dort vorhandenen öffentlichen Gesundheitssysteme auszuhebeln. Zwar steigt
durch ihre Aktivitäten die Impfrate wieder, aber es steigen auch ihre Gewinne: Die
vollständige Impfung eines Kindes kostete 2015 bis zu 68 mal mehr als im Jahr 2005 – mit
denselben Medikamenten wohlgemerkt. Im globalen Süden sind Lungenentzündungen noch
immer die häufigste Todesursache unter fünf Jahren. GlaxoSmithKline und Pfizer, die
einzigen Hersteller entsprechender Impfpräparate, haben zwischen 2009 und 2015 über 19
Milliarden Dollar mit diesen verdient. Die NGO »Ärzte ohne Grenzen« forderte, die Kosten
pro Impfung von 60 auf 5 Dollar zu senken, die Gates-Stiftung wischte den Vorschlag mit
dem Argument beiseite, er schrecke die Pharma-Konzerne davon ab, im globalen Süden tätig
zu werden.
Ähnlich sieht es bei den Agrarkonzernen aus: Die Gates-Stiftung spendet Millionensummen
an Chemie- und Agrarkonzerne wie Monsanto, Cargill, DuPont Pioneer, Dow Chemicals, BASF
und Bayer. Gleichzeitig investiert sie in deren Aktien. 2010 etwa kaufte sie für 23,1 Millionen
Dollar über 500.000 Monsanto-Aktien. Sie unterstützt den Agrarkonzern Cargill, den
167
weltweit größten Produzenten und Händler von Soja, mit einem 8 Millionen Dollar-Projekt,
um in Ländern wie Mosambik und Sambia die »Wertschöpfungskette von Soja zu
entwickeln«. Sie unterstützte Konzerne wie Nestlé, Mondelez und Mars, die zu den größten
Kakaoherstellern gehören, mit einer Spende von mehr 34 Millionen Dollar an die »World
Cocoa Foundation«, deren Ziel es ist, »die Markt- und Produktivitätseffizienz zu erhöhen und
das Einkommen der Bauern in Westafrika zu sichern«. In Wahrheit arbeiten allein an der
Elfenbeinküste, dem weltgrößten Kakaoproduzenten, über 1,15 Millionen Kinder als
Arbeitssklaven auf Kakaoplantagen. Unterstützt werden nicht die notleidenden Menschen in
Afrika, sondern Agrarkonzerne. Über 1,6 Milliarden Menschen leben weltweit in
kleinbäuerlichen Strukturen. Ihre Lebensgrundlage werde durch die Praktiken der
Gates-Stiftung massiv bedroht.
Einen bedeutenden Teil der Förderung stellt die Bevölkerungspolitik und Familienplanung
dar, was sich schon daran zeigt, dass die Stiftung an der Johns Hopkins Universität ein
Gates–Institut für Bevölkerung, Familie und reproduktive Gesundheit unterhält. Im Bereich
Familienplanung wird das ehrgeizige Ziel verfolgt, »bis 2020 weiteren 120 Millionen Frauen
und Mädchen in den ärmsten Ländern Zugang zu qualitativ hochwertigen Informationen,
Dienstleistungen und Produkten im Bereich der Verhütung zu verschaffen, mit dem
längerfristigen Ziel des universellen Zugangs zu freiwilliger Familienplanung«. Der Umfang
der Förderung lässt sich durch eine Suche nach dem Stichwort »Family Planning« aus der
Grants Database der Stiftung entnehmen. Dazu gehört beispielweise ein Zuschuss von 19
Mio Dollar an das französische Pharmaunternehmen MedinCell für die Entwicklung eines
preisgünstigen injizierbaren Kontrazeptivums, das 6 Monate vorhält oder von 9 Mio Dollar
an die Universität von Kalifornien San Francisco zur »Optimierung der Ansätze zur
Umsetzung der Selbstinjektion von DMPA-SC (eines subkutanen Depots von
Metroxyprogesteron-Acetat, eines Empfängnisverhütungsmittels).«
Kritisiert wird von GJN auch der Einfluss der Stiftung auf NGO’s und Medien. In der
genannten Studie wird Mark Crispin Miller von der Universität New York mit dem Satz zitiert:
»Selbst wenn wir uns davon überzeugen könnten, dass die Gates-Stiftung äußerst wohltätig
ist, wäre es doch beunruhigend, dass sie eine solche Propagandamacht besitzt.« Zwischen
2006 und 2016 gab die Stiftung über eine Milliarde Dollar für »Politik und ziviles
Engagement« aus, mehr als alle anderen Stiftungen. Unterstützt wurden Zeitungen wie der
Guardian, die Financial Times, Le Monde, AllAfrica, das Zentrum für europäischen
Journalismus in Maastricht (seit 2012 mit rund 15 Mio Dollar), Fernsehsender wie ABC, BBC
und das National Public Radio in den USA. Tausende von Journalisten durchlaufen
Trainingsprogramme der Stiftung. Zwei amerikanische Analysten werden mit den Sätzen
zitiert: »Es ist nicht undenkbar, dass Sie eines Tages eine Geschichte über ein von Gates
finanziertes Gesundheitsprojekt in einer Zeitung lesen, deren Berichterstattung von Gates
gesponsert wird, die von einem Journalisten geschrieben wurde, der an einem von Gates
finanzierten Trainingsprogramm teilgenommen hat, der Daten zitiert, die von
Wissenschaftlern gesammelt und analysiert wurden, die von Gates finanziert werden«. Die
Seattle Times in der Heimatstadt der Gates-Stiftung stellt fest, dass nur wenige der Medien,
die Gelder von ihr erhalten, je kritisch über deren Projekte berichtet haben. Sophie Harman
von der Queen Mary Universität London, erklärt, es gebe kaum Akteure, die bereit seien,
etwas Negatives über die Arbeit der Stiftung zu sagen, denn jeder habe Angst davor, seine
Finanzierung zu verlieren. Diese Abhängigkeit zeigt sich auch bei sogenannten
Nichtregierungsorganisationen: Mit wenigen Ausnahmen, wie den Médecins sans Frontières,
168
Global Wealth Watch, den Freunden der Erde und dem African Centre for Biodiversity, die
keine Zuwendungen von Gates erhalten, findet sich keine Kritik von NGO’s an ihm, erst recht
nicht unter den Empfängern seiner Zuwendungen, zu denen NGO’s wie change.org, Oxfam
und Robin Hood gehören.
Mit Millionen unterstützt wird auch das Imperial College London, das Mitte März mit seinen
Horrorzahlen möglicher Corona-Toter erheblich dazu beitrug, die Pandemiepamik zu schüren,
sowie das IHME, das Institute for Health Metrics and Evaluation in Seattle, das mit seinen
überzogenen Schätzungen ebenfalls zur Durchsetzung radikaler Maßnahmen beitrug. Allein
in diesem Jahre erhielt das Imperial College 79 Mio Dollar, während dem IHME 2017 279 Mio
Dollar für seine Arbeit zugesichert wurden.
Unterstützung von der Gates-Stiftung erhielten im Jahr 2018 übrigens auch der SPIEGEL und
2019 die ZEIT. Ersterer in Höhe von 2,5 Mio Dollar für seine Berichterstattung über soziale
Spaltungen und Wege zu ihrer Behebung und die letztere in Höhe von 297.000 Dollar für die
Vertiefung des Verständnisses der Auswirkungen des Klimawandels.
»(5) Der Serostatus einer Person in Bezug auf die Immunität gegen eine bestimmte
übertragbare Krankheit kann durch eine Ärztin oder einen Arzt dokumentiert werden
(Immunitätsdokumentation). Die Immunitätsdokumentation muss in Bezug zur jeweiligen
übertragbaren Krankheit folgende Angaben enthalten:
1. Name der Krankheit, gegen die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft Immunität
nachgewiesen ist,
2. Datum der Feststellung der Immunität und nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft zu
erwartende Dauer der Immunität,
3. Grundlage der Feststellung der Immunität, gegebenenfalls mit Angaben zur Testmethode,
4. Name und Anschrift der Person, die die Immunität festgestellt hat sowie
5. die Bestätigung in Schriftform oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen
Signatur oder einem qualifizierten elektronischen Siegel durch die Ärztin oder den Arzt, die oder
der die Immunität festgestellt hat.«
Quelle
BR, 05.05.2020: »Die Pläne für einen Immunitätsausweis sind offenbar vorerst gestoppt. Der
entsprechende Passus wurde aus dem Gesetzentwurf des Gesundheitsministeriums
gestrichen. Das Dokument liegt dem BR vor.
Dabei handelt es sich um die Ergänzungen in Paragraph § 22 und Paragraph §28. In der
vorherigen Version des Gesetzestext hieß es, dass eine Person wegen eines bestehenden
Impfschutzes oder einer bestehenden Immunität von etwaigen Maßnahmen wie
169
Kontaktbeschränkungen ganz oder teilweise ausgenommen werden kann . Dieser Abschnitt
wurde ersatzlos gestrichen.«
Anmerkungen:
170
Peter Selg - Eine medikalisierte Gesellschaft? Zum geistigen Klima der
Corona-Krise
5. Mai 2020 von: https://anthroblog.anthroweb.info/
Professor Sucharit Bhakdi hat Ken Jebsen ein Interview gegeben, das in kurzer Zeit eine
außerordentliche Verbreitung fand. Dieses Interview[1] hat mich sehr beeindruckt, fast so wie
Navid Kermanis Reden in der Frankfurter Paulskirche bei der Verleihung des Friedenspreises
des Deutschen Buchhandels (Oktober 2015) und im Deutschen Bundestag zum 75. Jahrestag
des Grundgesetzes (Mai 2014).
Ein Urteil über Bhakdis Aussagen zur aktuellen virologischen, epidemiologischen und
klinischen Situation der Pandemie in Deutschland steht mir nicht zu, obwohl mir vieles von
dem, was er ausführte, einleuchtend und plausibel erscheint; zur wirklichen Beurteilung aber
fehlen mir das Fachwissen und der Überblick, zumal die diesbezüglichen Einschätzungen
weit auseinander gehen. Die eindrucksvoll vorgebrachten Sorgen und Befürchtungen
Sucharit Bhakdis zur politisch-gesellschaftlichen und ökonomischen Lage, zur Frage der
Demokratie, der Freiheit und des sozialen Umgangs sowie seine Betroffenheit darüber teile
ich jedoch in vollem Umfang.
History does not repeat, but it does instruct. (Timothy Snyder)[2]
Diese Sorgen und Befürchtungen sind auch in einem geschichtlichen Horizont sehr
berechtigt, wie ich meine, vor dem geschichtlichen Hintergrund unseres Lebens in
Deutschland und Europa. Ich möchte an dieser Stelle auf das kleine Buch des Yale-Historikers
Prof. Timothy Snyder hinweisen, das 2017 erschien, auf seine »20 Lektionen aus dem 20.
Jahrhundert«. Es ist eine knappe, aber wichtige Schrift. Auf S. 114 der Taschenbuchausgabe
heißt es:
Die Demokratie ist in Europa in den 1920er, 1930er und 1940er Jahren gescheitert, und
heute scheitert sie nicht nur in einem Großteil Europas, sondern auch in vielen Teilen der
Welt. Es ist diese Geschichte und Erfahrung, die uns das finstere Spektrum unserer
möglichen Zukunft offenbart.
Timothy Snyder schrieb das drei Jahre vor der weltweiten »Corona-Krise«. Aber die Tendenz
zu autoritären Gesellschaften, zum Abbau der Demokratie, zur Zunahme des
Rechtspopulismus und Rechtsextremismus, zum Rückgang der Medienfreiheit, zu
dirigistischen Obrigkeitssystemen, zu Überwachungsstaaten mit technischer Perfektion
sehen wir seit Jahren in erschreckender Weise am Werk, die Richtung und den »Ruck« nach
rechts in der Gesellschaft, mit totalitären Entwicklungstendenzen in einzelnen Ländern,
darunter auch in Europa. »Und es ist viel mehr als nur ein Ruck. Die liberale Demokratie, das
gesellschaftliche und ökonomische Erfolgsmodell des 20. Jahrhunderts, ist fragiler als
gedacht«, schrieb Sascha Lobo in seinem lesenswerten Buch »Realitätsschock«, das 2019
erschien.[3] Wir sehen auch die demokratiefeindliche Macht der Großkonzerne und des
Großkapitals, das seine Interessen rücksichtlos durchsetzt – trotz bestehender
demokratischer Ordnungen in vielen Ländern. Die Menschen, die Umwelt und das Klima
werden nicht berücksichtigt und nicht gefragt, wenn massive ökonomisch-industrielle
Anliegen im Spiel sind, und die Verfassung wird zur Farce.
Ich bin darüber hinaus der Auffassung, dass ein Abbau oder Rückbau des Pluralismus, der
Meinungsfreiheit, der Lebensvielfalt auch im wissenschaftlichen Bereich seit Jahren zu
beobachten ist. Der methodische Wissenschaftspluralismus, der sich in den 1970er und
1980er Jahren entwickelte – nach den Arbeiten von Feyerabend und Kuhn, dem Einsatz von
Kienle und anderen – erscheint mir in Auflösung begriffen, und auch die »Skeptiker« sind nur
ein Symptom dieses Rückgangs, ein Symptom einer autoritären Normalisierung und
171
Regulierung des Wissenschaftsbetriebs, ein Ausdruck der fiktionalen und dogmatischen
Behauptung: es gäbe die Wissenschaft, eine einheitliche und einzige, normative. Diese
normative Wissenschaft – »die Wissenschaft« – ist in sich alles andere als »frei«, sondern
von Finanzierungen abhängig, in erster Linie von der Industrie. Was würde heute aus einem
genialen Querdenker und hochgebildeten Akademiker wie Ivan Illich werden, der in den
1970er und 1980er Jahren mit seinen Schriften und Vorträgen so populär und wirksam war,
seinen kritischen Einwürfen zum Schulsystem, zu »Fortschrittsmythen«, zur »Entmündigung
durch Experten« und anderen Problemen?
1977 erschien die deutsche Ausgabe von Illichs »Grenzen des Gesundheitswesens« mit dem
Obertitel »Die Nemesis der Medizin«; ich las das Buch 1981 in der von Freimut Duve
herausgegebenen »rororo aktuell«-Ausgabe, mit 18 Jahren, kurz vor dem Abitur – Illichs
außerordentlich fundierte und prägnante Kritik an der ärztlichen Monopolisierung und am
»Szientismus« des modernen Gesundheitswesens, der »Medikalisierung des Lebens«, wie er
das nannte, und ihren verhängnisvollen Folgen sprach mich damals sehr an. Den Einbruch
des industrialisierten Medizinbetriebes, auch in alte, traditionelle Kulturen, untersuchte Ivan
Illich, Sohn einer jüdischen deutschen Mutter und eines kroatischen Katholiken unter
anderem in Südamerika sehr genau. Was würde er, der in Mexiko lehrte, heute zum
verordneten »Shutdown«, zum Einfrieren des ganzen gesellschaftlichen Lebens nach den
Vorgaben von Virologen sagen?
172
Menschen gegenwärtig große und, wie ich meine, berechtigte Sorgen bereitet. Es geht um
die Bedeutung medizinischer Argumente in politisch-sozialen Auseinandersetzungen und um
die Bedeutung der Gesundheitspolitik für die Politik im Ganzen, für das Leben der
Gesellschaft, für unser aller Leben.
Dabei ist mir klar, dass mein Blickwinkel geprägt ist. Wenn man sich mit der NS-Zeit und der
Rolle der Medizin intensiv auseinandersetzt, sieht man anders auf manche Vorgänge der
Gegenwart, in besonderer Weise alarmiert und empfindlich, das möchte ich in Rechnung
stellen. Ob überempfindlich bleibt dahingestellt. Aber es fehlt meiner Stellungnahme zu den
aktuellen Ereignissen und Vorgängen – sehr wahrscheinlich deswegen – eine gewisse
Gelassenheit, eine ruhige Zuversicht, die ich an manchen meiner ärztlichen Kollegen
feststelle. Sie leisten ihre Arbeit für die Patienten inmitten veränderter Umstände und finden
die Vorsichtsmaßnahmen sinnvoll und weitgehend unproblematisch. Ich aber nicht.
Die Medizin steht seit vielen Wochen wieder im Mittelpunkt des gesellschaftlichen
Interesses, nicht die gravierende Erderwärmung und ihre katastrophalen Folgen, nicht die
Welternährung, nicht die Flüchtlinge, nicht die Armut in Afrika und anderswo, sondern die
Intensivbetten bestimmen die Schlagzeilen. Die Infektionszahlen, die Zahl der Erkrankten
und Gestorbenen dominieren in der Berichterstattung, die Stellungnahmen der Experten,
sodann die Schutz- und Prophylaxe-Maßnahmen. Klaus Dörner sprach früher einmal von
einer »Medicokratie«. Eine solche »Medicokratie« aber ist und bleibt ein gefährliches
Gesellschaftsmodell, wie ich glaube und am geschichtlichen Extremfall illustrieren möchte. In
keiner Weise ist dieser Extremfall mit dem gegenwärtigen Zustand zu vergleichen, was ich
beim Lesen des gesamten folgenden Textes zu bedenken bitte. Es geht überhaupt nicht um
den Vergleich, sondern um etwas ganz anderes.
Allerdings stand die Medizin auch von 1933 bis 1945 stark im gesellschaftlichen Zentrum –
nicht infolge einer Pandemie, sondern weil sie für die Errichtung einer biopolitischen
Diktatur zwingend gebraucht wurde, einer Diktatur, die das Leben des Einzelnen und des
ganzen »Volkskörpers« im Blick hatte und bestimmte, vom Anfang bis zum Ende zu
beherrschen suchte, aus »rassischen«, ökonomischen und industriellen Gründen. Das
diktatorische System wollte das Leben regulieren und tat es auch – von der Erbgenetik und
der Schwangerschaft bis zum Tod, dirigistisch, selektierend und optimierend. Die
Einzelheiten der unfasslichen Verbrechen sind mittlerweile allgemein bekannt – von den ca.
400.000 Zwangssterilisationen und ca. 200.000 Krankenmorden in Deutschland bis zu den 6
Millionen jüdischen Menschen, die als Angehörige einer genetisch »minderwertigen Rasse«
getötet wurden, genau wie die Sinti und Roma und andere unerwünschte Randgruppen der
Gesellschaft. Weniger allgemein bekannt sind die Denkgrundlagen des Vorgehens.
Was die Beteiligung der Medizin und der Ärzte am System der Beherrschung, der Selektion
und Tötung angeht, ist, wie ich meine, wichtig zu wissen, dass der Einbezug der Medizin in
die Staatsverwaltung und Staatswissenschaft bereits Ende des 18. Jahrhunderts, in der Zeit
des Absolutismus und Merkantilismus begann, in einer Zeit, in der nicht zufällig auch die
»Medizinalstatistik« entwickelt wurde, die in unseren Tagen wieder eine große Rolle spielt.
Die Vision des »Systems einer vollständigen medizinischen Policey« (Franck) stammt vom
Ende des 18. Jahrhunderts – und nicht aus der Ära des Nationalsozialismus, was zu beachten
ist. Gesundheit wurde innerhalb dieses Systems nicht länger als Privatsache, sondern als
öffentliche Angelegenheit definiert, und das Ideal der »wissenschaftlich begründeten
Lebensführung« – das heißt einer rationalen Lebensführung nach den Vorgaben der
Wissenschaft – sollte in Zukunft staats- und gesellschaftstragend, ja allgemeinverbindlich
und zwingend werden. In einfachen Worten: Die Menschen sollten in Zukunft ihr Leben nach
den Vorgaben der Wissenschaft einrichten, weil es die Staatsgesundheit und -ökonomie
173
erfordert, die über allem steht. Der Medizinhistoriker Alfons Labisch arbeitete in
bemerkenswerten Publikationen heraus, welche »totalitäre Utopie öffentlicher Gesundheit«
bereits damals entworfen wurde – in Verbindung mit politisch-ökonomischen Interessen.[5]
Ich gehe geschichtlich weiter, wenn auch nur in groben Strichen. Im 19. Jahrhundert wurde
die Naturwissenschaft maßgeblich für die ganze Medizin; diese verstand sich schließlich
selbst als angewandte Naturwissenschaft und Technik und verkündete optimistisch die
baldige Beherrschung und Elimination aller Krankheiten, ja, die Lenkung aller Leibesvorgänge
nach »Belieben der menschlichen Vernunft«, wie der Physiologe Carl Ludwig 1852 betonte.[6]
Sie tat dies im Bann einer epochalen Utopie des Fortschritts, die mittlerweile von kritischen
Medizinhistorikern in ihrer Problematik hinreichend aufgearbeitet wurde, damals jedoch, ab
der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, keinerlei Widerspruch duldete. Wer das »Evangelium der
naturwissenschaftlichen Methode« nicht anerkannte, als der einzigen Methode, »die
überhaupt existiert«[7], »verdiente« den »Namen eines Arztes« nicht mehr.[8] Der Preis des
Fortschritts war – für die Medizin als Ganzes genommen – nicht unerheblich; die
»Objektivierung« des ehemaligen Patienten zum wissenschaftlichen »Fall« setzte damals ein,
die Leugnung seelisch-geistiger und sozialer Faktoren für Gesundheit und Krankheit, der
Rückgang der Empathie und die Auflösung der therapeutischen Beziehung, die Umwandlung
von Hospitälern in wissenschaftliche Beobachtungs und Forschungsanstalten – und einiges
andere mehr, was hier nicht im Einzelnen thematisiert werden muss.
Nicht nur unangenehm, sondern gefährlich wurde die Situation, als sich der medizinische
Fortschrittsoptimismus an der Wende zum 20. Jahrhundert mit den Paradigmen des
Sozialdarwinismus und der Eugenik verband und die Medizin zum wesentlichen Instrument
einer »eugenischen« und »rassenhygienischen« Optimierung des »Volkskörpers« wurde. Die
Diskussion darüber intensivierte sich in Deutschland nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg;
was zunächst nur gesundheitspolitische Vision gewesen war, wurde dann unter der
Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus systematisch realisiert. Es ist bekannt, dass die
deutschen Ärzte 1933-1945 nicht nur in der NSDAP und ihren Organisationen, sondern auch
in universitären Führungsstellen (Rektoraten) überrepräsentiert waren und dass sie das
Sterilisationsgesetz nahezu einmütig unterstützten; dass ihr Berufsstand eine eindrückliche
Aufwertung durch das Regime erfuhr, von Anfang an hofiert und mit steigendem
Einkommen und anderen Vergünstigungen versehen wurde, um zu einer der tragenden
Säulen des NS-Systems zu werden, eines Systems, das als eine biopolitische
Ordnungsdiktatur im Sinne Foucaults beschreibbar ist (aber von den meisten der Ärzte erst
sehr spät durschaut wurde). Viele Maßnahmen des NS-Regimes wurden zum Teil medizinisch,
zum Teil mit medizinischer Metaphorik begründet – auch die Verfolgung und Vernichtung
des Judentums, das als »Ferment der Zersetzung«, »Virus« und »Schädling« am »gesunden
Volkskörper« Deutschlands bezeichnet wurde, als Träger furchtbarer Erbkrankheiten.
Darüber sprach »Reichsärzteführer« Wagner, der eine hohe Position im Machtgefüge des
NS-Staates innehatte, auf dem Nürnberger Reichsparteitag vor Verkündigung der
»Rassengesetze« (an denen er wesentlich mitgewirkt hatte).
Obwohl uns heute das Vorgehen des NS-Regimes und seine Ziele vollkommen aberwitzig,
irrational und höchst grausam erscheinen, galten viele seiner »bevölkerungspolitischen«
Ziele damals als »wissenschaftlich« sinnvoll und notwendig – und die in diesem System
erzogenen Ärzte, zu deren universitären Lehrfächern Rassenhygiene, Erbbiologie,
Wehrmedizin und anderes gehört hatten, glaubten sich auf dem richtigen Weg, auch
medizinisch auf dem richtigen Weg. Labisch schreibt:
Die führenden NS-Ärzte sahen die Gesundheitssicherung des Nationalsozialismus gänzlich
im Rahmen der naturwissenschaftlichen Entwicklung der modernen Medizin. Nach der
174
‹hygienischen Revolution im medizinischen Denken›, den naturwissenschaftlichen
Gesundheitswissenschaften und dem wie selbstverständlich vollzogenen Wechsel von der
Sozial- zur Rassenhygiene stellten sich die NS-Ärzte in ihrer Interpretation an die Spitze der
medizinischen Entwicklung. Die medizinischen Maßnahmen galten ihnen als
wissenschaftlich, therapeutisch und ethisch gerechtfertigt und damit als geboten. Die
NS-Medizin legitimierte und exekutierte das biologistische Gesellschaftsmodell des
Nationalsozialismus weitgehend selbständig. Der Nationalsozialismus und die Medizin im
Nationalsozialismus sind dem Projekt der Moderne immanent.[9]
Nach dem Zusammenbruch des »Dritten Reiches« war das Vertrauen der deutschen
Bevölkerung in ihre Ärzte erschüttert, die mit der politischen Führung mehrheitlich
kooperiert, Fragebögen ausgefüllt und Gesundheitsdaten behördlich weitergereicht hatten.
Als zwanzig deutsche Ärzte, darunter Universitätsprofessoren, sowie drei hohe Bürokraten
1946/47 im ersten Folgeprozess der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse vor Gericht
gestellt wurden, entsandten die sich neu formierenden westdeutschen Ärztekammern eilig
eine »ärztliche Kommission« zur Prozessbeobachtung, um den Schaden am öffentlichen
Ansehens der Ärzte nach Möglichkeit zu begrenzen – unter anderem durch die Behauptung,
die deutschen Mediziner hätten mit dem NS-Regime nichts zu tun gehabt, bis auf wenige
pathologische Verbrecher. Ungeschickterweise wurde die Leitung der Kommission jedoch
einem habilitierten Neurologen aus der Schule Viktor von Weizsäckers anvertraut, der ein
genuines Interesse an einer genauen Aufarbeitung des Geschehens hatte, um aus ihm
Lehren für die Zukunft ziehen zu können: dem Psychoanalytiker Alexander Mitscherlich.
Mitscherlichs Dokumentationen, die er mit einem seiner Studenten (Fred Mielke) 1947/49
unter dem Titel »Das Diktat der Menschenverachtung« bzw. »Wissenschaft ohne
Menschlichkeit« vorlegte, wurden innerhalb der ärztlichen Profession wenig rezipiert und
waren insgesamt unerwünscht. Mitscherlich, der als unkollegialer »Nestbeschmutzer« und
»Vaterlandsverräter« apostrophiert wurde, beschuldigte jedoch niemanden persönlich,
sondern zeigte vielmehr auf, wie sehr die Medizin in den NS-Staat integriert gewesen war,
wie unfrei die Ärzte gehandelt hatten, wie sehr sie im Dienst medizinfremder Mächte und
Interessen standen – und auch, zu welch gefährlichem Instrument die Medizin im Griff
politischer, ideologischer und ökonomischer Kräfte werden kann. Dies insbesondere dann,
wenn die Medizin keine eigene Anthropologie (oder, so Mitscherlich, »Menschenkunde«)
entwickelt hat und sich lediglich als »weltanschauungsneutrale« Naturwissenschaft definiert.
Alexander Mitscherlichs Diskussion der geistigen Grundlagen der Humanmedizin und der
medizinischen Ausbildung war Ende der 1940er Jahre unwillkommen – und es dauerte
Jahrzehnte, bis er mit seinen Anliegen in der Zeit der APO und der Studentenproteste
erstmals wirklich Gehör fand; die von ihm begonnenen Forschungen zur NS-Medizin wurden
erst Anfang der 1980er Jahre fortgesetzt. Ab dem Jahr 1986 gab es an der von Gerhard
Kienle gegründeten Universität Witten-Herdecke erstmals einen Medizinstudiengang, der
den Abgründen des 20. Jahrhunderts in Deutschland, der »Geschichte und Erfahrung«
(Snyder) umfänglich Rechnung tragen und die Konsequenzen aus dem Missbrauch der
Medizin ziehen wollte. Die Ausbildung der Studierenden könne, so Kienle, nur dann als
erfolgreich angesehen werden, »wenn sie zur Fähigkeit der persönlichen Verarbeitung und
damit zur inneren Freiheit gegenüber den Aussagen, Methoden und Erkenntnisgrundlagen
der einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen sowie zu einer Vertiefung des
Verantwortungsbewusstseins gegenüber der Mitwelt« führe.[10] »Denkstile« und
»Denkkollektive« (Ludwik Fleck[11]) sollten von den Studierenden früh durchschaut werden;
Ziel sei, den Zugang zu den »sozialgestaltenden Kräften« zu finden und jenen Tendenzen zu
widerstehen, »die jetzt über die Gesundheitspolitik und im Sozialen zerstörend auf uns
175
zukommen.« – »Es ist notwendig, dass etwas in uns an innerer Gestaltungskraft entsteht,
das die Zerstörung ins Gleichgewicht mit Zukunftskräften bringt.« (Kienle, 1982[12])
Alexander Mitscherlich und Gerhard Kienle arbeiteten nach 1945 dafür, dass die Medizin zu
einer eigenständigen, neuen Begründung ihrer selbst kommen und sich aus alten
Abhängigkeiten lösen konnte, womit nicht in erster Linie der Faschismus gemeint war,
sondern die generelle Instrumentalisierbarkeit der Medizin durch politische und
ökonomische Interessen. Beide, Mitscherlich und Kienle, unterstrichen, wenn auch auf
unterschiedliche Art, dass die Medizin zu eigenständigen medizinisch-therapeutischen
Begriffsbildungen, Qualitäten und Zielsetzungen finden und tatsächlich frei werden müsse,
frei auch von fragwürdigen und am Ende fatalen Menschenbildern, die in sie hineingetragen
und nicht aus ihr selbst entwickelt werden.[13]
Der kritische Rückblick auf die vergangenen Jahrzehnte zeigt jedoch, dass Mitscherlichs und
Kienles Initiativen zur Befreiung und zum Mündigwerden der Medizin als Heilkunde letztlich
kein durchgreifender Erfolg beschieden war, zumindest nicht im Großen. Das
Krankenhauswesen und das Gesundheitssystem wurden ab den 1990er Jahren vielmehr
einem folgenreichen Diktat der Ökonomisierung unterworfen, das die Standardisierung und
Entpersonalisierung klinischer Abläufe mit sich brachte. Der industriell-technologische
Innovationsund Optimierungsdruck mit großen finanziellen Interessen wirkt darüber hinaus
ungebrochen und massiv auf die Medizin ein – ebenso wie staatliche Zielsetzungen, Kontroll-
und Planungsanliegen sowie administrative Systeme mit eigener Logik. Selbst das
mechanistische Menschenbild des 19. Jahrhunderts mit Krankenhäusern als effektiven
Reparaturbetrieben ist noch immer voll in Kraft – trotz allen Bemühungen um eine
geisteswissenschaftliche Erweiterung, Vertiefung und Erneuerung der Medizin, trotz einem
20. Jahrhundert der Psychologie, Psychotherapie, Psychosomatik und Biographik. Der
medizinisch-anthropologischen Grundlagendiskussion stehen andere Interessen und Mächte
gegenüber, die viel mit Geld zu tun haben; der »technische Imperativ« (Hans Jonas) wirkt
weiter, und seine Versprechungen werden mit Hilfe der Medien weltweit verbreitet.
176
Metastudie aus dem Jahr 2010, die zeigte, dass das Mortalitätsrisiko unter mangelnden
Sozialkontakten stärker ansteigt als durch Rauchen oder Übergewicht.[15]
Ivan Illich hatte vor der »Medikalisierung der Gesellschaft« und der »Enteignung der
Gesundheit« gewarnt, vor einer Fortführung dessen, was Alfons Labisch für das späte 18.
Jahrhundert als »totalitäre Utopie öffentlicher Gesundheit« und einer »wissenschaftlich
begründeten Lebensführung« beschrieben hat. Illich würde sich heute, wie ich glaube,
angesichts vieler Corona-Maßnahmen in seinen Warnungen und Voraussagen sehr bestätigt
sehen und dies im Hinblick auf arme und reiche Länder. Rund 120 Millionen Tagelöhner und
Wanderarbeiter wurden in Indien aus Gründen des »Infektionsschutzes« ihrer
Existenzgrundlagen beraubt und mussten unter entsetzlichen Bedingungen zu Fuß viele
Hunderte von Kilometern in ihre weit entfernten Heimatdörfer zurückkehren, geschlagen
und gedemütigt von der Polizei, weil sie sich nicht an die »Ausgangssperre« hielten;
anderswo dürfen Slumbewohner ihre militärisch bewachten Elendsviertel nicht mehr
verlassen.[16] Auch in europäischen Altenheimen wird alten Menschen zum Teil der Gang an
die frische Luft verwehrt. Unzählige Beispiele wären aufzuführen, wo das System des
»Schutzes« in sein Gegenteil umschlägt und der angerichtete Schaden die Bedrohung durch
das Virus im Einzelfall weit übersteigt – nicht nur auf sozialpsychologischer, sondern auch
auf medizinischer Ebene. Von den durchaus vorhandenen prophylaktischen und
therapeutischen Möglichkeiten, die Abwehrkräfte der Individuen gezielt zu stärken, ist
offiziell wenig oder nicht die Rede, sondern nahezu ausschließlich von Hygienemaßnahmen
und »sozialer Distanz«, Abschirmung und Impfung – gegen Covid-19 und in der Folge wohl
auch gegen viele andere Virusepidemien. Ivan Illich aber schrieb schon 1977:
Das gesundheitliche Niveau wird […] dort am höchsten sein, wo die Umwelt die Menschen
zu persönlicher, autonomer, verantwortlicher Lebensbewältigung befähigt. Das
gesundheitliche Niveau sinkt nur dort, wo das Überleben übermäßig von der heteronomen
(fremdbestimmten) Regelung der organischen Gleichgewichte abhängig gemacht wird.
Jenseits einer kritischen Menge ist die institutionelle Gesundheitsfürsorge – gleichgültig ob
in Form von Therapie, Prävention oder Umweltplanung – gleichbedeutend mit
systematischer Verweigerung von Gesundheit.[17]
Diese »kritische Menge« ist durch die gegenwärtigen Corona-Maßnahmen weit
überschritten. Was für eine unübersehbare Summe von psychischem, körperlichem und
sozialem Leid, von Suiziden und schweren Gewalttätigkeiten bis hin zu den allein auf den
Intensivstationen liegenden und allein sterbenden Menschen, zu denen in manchen Ländern
jeder Zugang verboten wird, und den nicht in Würde stattfindenden Beerdigungen. Das
Besondere des Menschen, so führte Hans-Georg Gadamer vor Jahren aus, liegt in seinem
Vorrecht, seine Toten zu bestatten. »Damit steht der Mensch unter allen Lebewesen einzig
da, so einzig, wie durch den Besitz der Sprache, oder vielleicht noch ursprünglicher.«[18]
»Schutzmaßnahmen«, die die Gestaltung einer solche Bestattung verhindern, machen daher
auch sprachlos.
Auf sehr viele Menschen wirkt das mittlerweile fast weltweit etablierte und als völlig
»alternativlos« dargestellte, in dieser Form nie dagewesene Schutz-System in vielen Zügen
als irrationales und fatales Sozialexperiment, auch wenn sie sich der vorgebrachten
medizinischen Argumente nicht zu erwehren wissen. Zu denken gibt dabei, dass die
Akzeptanz des »Shutdown« in der Bevölkerung offensichtlich nur mit einer geballten Macht
von Nachrichten und Bildern zu erreichen war, mit einer wie gleichgeschaltet wirkenden
Medienlandschaft, die alle anderen Themen zunächst vollständig zur Seite schob und Zahlen
über Zahlen, Statistiken über Statistiken, Särge über Särge zeigte. Der durch die Maßnahmen
erzeugten Not wurde dagegen sehr wenig Raum in der Berichterstattung gegeben;
177
Widerspruch gegen das Vorgehen der Regierung und alternative Strategien, der Pandemie zu
begegnen, hatten medial keine Chance, wurden von vornherein negativ kommentiert und
mussten sich eigene Kanäle suchen. Tauchten entsprechende Nachrichten im Internet auf,
waren sie häufig bald wieder verschwunden – und die Buchhandlungen waren wie alle
anderen »nicht lebenswichtigen« Läden geschlossen. Wann hat man eine so tendenziöse
Berichterstattung außerhalb totalitärer Systeme je zuvor erlebt? Die Macht der Bilder und
Zahlen aber wirkt – tief in die Psychen der Menschen hinein, in ihr Selbst- und
Lebensverständnis und ihr Sozialverhalten. In seiner neunten »Lektion« schrieb Timothy
Snyder:
Vor mehr als einem halben Jahrhundert warnten die klassischen Romane des Totalitarismus
vor der Herrschaft der Bildschirme, der Unterdrückung von Büchern, der Beschränkung des
Wortschatzes und den damit verbundenen Schwierigkeiten des Denkens. In Ray Bradburys
Fahrenheit 451, veröffentlicht 1953, spüren Feuerwehrleute Bücher auf und verbrennen sie,
während die meisten Bürger interaktives Fernsehen schauen. In George Orwells 1984,
veröffentlicht 1949, werden Bücher verboten und das Fernsehen ist nicht nur ein Empfänger,
sondern erlaubt es der Regierung, die Bürger die ganze Zeit über zu beobachten. In 1984 ist
die Sprache der visuellen Medien in hohem Maße eingeschränkt, um der Öffentlichkeit die
Begriffe zu entziehen, die man braucht, um über die Gegenwart nachzudenken, sich an die
Vergangenheit zu erinnern und Überlegungen hinsichtlich der Zukunft anzustellen.[19]
178
gegen die Bilder der Intensivstationen, und weil die Menschen mit einem Protest den Bruch
enger Freundschaften und ihres persönlichen wie beruflichen Ansehens riskieren würden.
Vielleicht auch, weil sie letztlich unsicher sind, obwohl das offizielle Bild durch »Swiss
Propaganda Research« und kritische Stellungnahmen von Kapazitäten wie Sucharit Bhakdi,
Shiva Ayyadurai und anderen Wissenschaftlern und Ärzten längst Risse bekommen hat.
Unzweifelhaft ist, dass das Elend auch jenseits der direkten Pandemieopfer in Zukunft
ungeheuer groß sein wird, das psychische, ökonomische, soziale und medizinische Elend.
Sehr viele Menschen der Erde werden sterben oder tun es schon, keinesfalls aber nur »an«
oder »mit« Covid-19, sondern auch aus Gründen, die mit den Gegenmaßnahmen in
Zusammenhang stehen. Viele in den armen Ländern werden verhungern, weil ihr täglicher
Lohn im komplett »eingefrorenen« Leben nunmehr fehlt – wie auch vorher schon nahezu
30.000 Menschen pro Tag verhungert sind, Menschen, für die sich keine entsprechende
mediale Repräsentanz mit Statistiken, Kurven und Särgen fand, ebenso wenig wie für die
Toten der Umweltschäden, für die im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlinge und viele, viele
andere. Eineinhalb Millionen Menschen sterben weltweit jährlich an der
Tuberkulose-Erkrankung, was durch die Besserung ihrer Lebensbedingungen verhindert
werden könnte, ca. acht Millionen Menschen an den direkten Folgen der Luftverschmutzung
– fast genau so viele an den Folgen von Medikamenten-Nebenwirkungen, was keinen
Eingang in die Massenmedien findet. Nun wird plötzlich gesagt, nichts stehe höher als ein
Menschenleben und deshalb seien alle Corona-Maßnahmen gerechtfertigt; wie aber stand
es bisher mit der Hochschätzung von Menschenleben und den notwendigen Reaktionen?
Immer wieder war doch zu hören gewesen, es fehle das Geld zur Hilfe; nun ist plötzlich
unglaublich viel Geld vorhanden. »Wir legen alle Waffen auf den Tisch«, sagte der deutsche
Bundesfinanzminister. Wie merkwürdig. Aber das Ansehen der Regierung steigt von Woche
zu Woche.
Im Internet oder mitunter selbst im Radio können nachdenkliche und skeptische Menschen
erfahren, dass einige ihrer Positionen und Sorgen mittlerweile von politisch rechten bis
rechtsradikalen Kräften vertreten oder mit diesen medial assoziiert werden (»Reichsbürger«)
– darunter ihre Zweifel an der selbstlosen Lauterkeit der Absichten von Bill Gates und der
von ihm mitfinanzierten WHO, an den drohenden globalen Zwangsimpfungen oder der
beabsichtigten Kontrolle von Bewegungsdaten, möglicherweise bald auch von allen anderen
Gesundheits- und Personendaten (zur Erfassung der von Lobo beschriebenen zweiten
»digitalen Körperlichkeit«[21]). Angesichts dieser Tatsache – der Okkupation freiheitlicher
Positionen durch politisch rechte Kreise[22] – scheint nur noch der eigene Rückzug ins Private
übrig zu bleiben. Lieber im persönlichen Versteck leben, als mit solchen Leuten gemeinsam
zu demonstrieren oder auch nur in Verbindung gebracht zu werden, so sagt sich mancher. –
Aber ist es denn möglich, berechtigte Positionen deswegen aufzugeben, weil sie von den
falschen Kräften (aus welchen Gründen auch immer) politisch besetzt werden? Von
totalitären Kräften, wo es doch gerade um die Verhinderung des Totalitarismus geht?
Timothy Snyder erinnerte an Hannah Arendts Verständnis von Totalitarismus – dieser muss
nicht notwendig den »übermächtigen Staat« bedeuten, sondern meint die Aufhebung des
Unterschieds zwischen privater und öffentlicher Sphäre. Wenn das elektronische
Bewegungsprofil eines Menschen aus »medizinischen« oder »gesundheitspolitischen«
Gründen erfasst wird, löst sich der Unterschied zwischen privater und öffentlicher Sphäre
auf, das hätte schon George Orwell so gesehen. Aber schon ohne »App« hat die Kultur der
Überwachung und des Misstrauens längst bei uns begonnen; Nachbarn sind dabei,
untereinander zu überwachen, ob all die »medizinisch« notwendigen Corona-Maßnahmen
auch korrekt umgesetzt werden, und denunzieren sich gegenseitig. Auch jenseits der
179
eigenen Straße wird die Stimmung gespannter – »Es häufen sich Szenen, in denen
verunsicherte Blicke, Kritik, Argwohn oder Wut wegen eines nicht eingehaltenen
Sicherheitsabstands oder offene Empörung über Gruppen das soziale Miteinander
prägen.«[23] Damit entsteht eine Dynamik, die mit dem Virus und der Krankheit weniger zu
tun hat als mit den zerstörenden Kräften des Sozialsystems, von denen Gerhard Kienle
sprach.
180
Es wäre aber vordringlich, in Deutschland und Europa auch zu neuen Zielvorstellungen, zu
angemessen Antworten einer freiheitlichen Zivilgesellschaft in einer fundamentalen Krise zu
finden. Dafür sind meines Erachtens verschiedene Einsichten notwendig, darunter die
folgenden:
Die Zoonosen kommen nicht als Überfall aus dem Nichts, sondern haben mit
ökologischen Systemen und deren Labilisierung und Zerstörung zu tun.[24] Das aber
heißt: es müssen mit hoher Priorität Konzepte erarbeitet und umgesetzt werden, den
kapitalistischen Raubbau an der Erde, an ihren Naturreichen und am sozialen Leben
der Menschen zu beenden und eine ökologische, nachhaltige Land- und
Ernährungswirtschaft sowie eine sozialgerechte Ökonomie auf den Weg zu bringen.
Dazu gehört ein neues Verständnis des Lebendigen, seiner Voraussetzungen und
Bedingungen, eine Wissenschaft, die im Zeichen des Lebens und nicht des Todes
steht.[25] Dazu gehört des weiteren die kritische Hinterfragung des wissenschaftlichen
Konzeptes, das an der Wende des 16. zum 17. Jahrhundert wesentlich von Francis
Bacon (»Novum Organon«) und René Descartes (»Discours de la méthode«)
entwickelt wurde, eines Konzeptes, demzufolge der Mensch »Herr und Besitzer« der
Natur ist und alle technologischen Eingriffe erlaubt und wünschbar sind.
Es ist das Ziel der freiheitlichen Gesellschaft und ihrer Humanmedizin, den Menschen
zur »(selbst)verantwortlichen Lebensbewältigung« (Illich) zu befähigen und nicht ihn
vom Leben abzuschirmen. Nicht die »Enteignung der Gesundheit«, sondern deren
gezielte Förderung ist von hervorragender Bedeutung für die Zukunft – damit auch die
Unterstützung des Menschen, sich mit Hindernissen, darunter Mikroben, im Sinne
einer »aktiven Immunisierung« erfolgreich auseinandersetzen zu können. Dies
erfordert eine anders ausgerichtete, methodisch und inhaltlich erweiterte Medizin mit
einem nicht nur pathogenetischen (»Wie entsteht Krankheit?«), sondern auch
salutogenetischen Therapieansatz (»Was ermöglicht Gesundheit«?), eine Medizin, die
die Menschen stärkt und nicht schwächt.[26]
Es erfordert außerdem die Befreiung des Gesundheitswesens vom Diktat der
Ökonomie. Die Gewinnorientierung und faktische Industrialisierung des modernen
Klinikbetriebes, die das »Prozessmanagement«, die Modularisierung und
Standardisierung aller Abläufe mit sich brachte, die Pflegekräfte zu weiten Teilen
wegrationalisierte und sich destruktiv auswirkte, muss unverzüglich rückgängig
gemacht werden.[27] In diesem Zusammenhang müssen auch die existierenden
industriellen Interessen und Einflüsse, darunter auch der expandierenden
Impfstoffhersteller, auf die Medizin (und auf staatliche und überstaatliche
Gesundheitsbehörden) schonungslos offengelegt, analysiert und gesellschaftlich
diskutiert werden – aber nicht nur in Außenseiterkanälen, sondern in den führenden
Medien.
Medizinische Argumentationen und Argumentationslinien für gravierende
gesellschaftspolitische Maßnahmen, darunter Grundrechtseinschränkungen, sind
generell mit höchster Vorsicht zu betrachten.
Auch befristete Gesetzesveränderungen zum »Schutz« der Bevölkerung neigen zur
Chronifizierung, woran Heribert Prantl zuletzt am Beispiel der Sicherheitsgesetze aus
der RAF-Zeit und der »Anti-Terror-Pakete« erinnert hat; sie werden zumeist als
»Vorbeugungsmaßnahmen« fortgeführt: »Fast alle Sicherheitsgesetze wurden nicht
nur nicht aufgehoben, sie wurden auch noch ausgebaut und verschärft […]. Was bei
den bisherigen Sicherheitsgesetzen der Terrorismus war, ist bei den
Gesundheitssicherungsgesetzen das Virus. Das Virus wird zum Gesetzgeber.«[28]
181
Notwendig ist eine pluralistische Wissenschaftskultur und nicht die Dominanz
einzelner ausgewählter »Experten«, denen Stellungnahmen gläubig gefolgt werden
soll.[29]
Die angemessenen Antworten auf die »Corona-Krise« in den Bereichen des
Rechtstaates, der Ökonomie und des kulturell-geistigen Lebens (zu dem auch die
Medizin und Pädagogik gehören) müssen von den jeweiligen Fachleuten der drei
Bereiche gefunden und dann miteinander diskutiert werden, statt im überkommenen
»Einheitsstaat« von oben herab, nach Hinzuziehung weniger Berater, angeordnet zu
werden.[30] »Top-down«-Entscheidungen der Exekutive, deren Folgen in Bereichen
wirksam werden, von denen weder die politischen Funktionsträger noch die sie
beratenden Mikrobiologen inhaltlich viel verstehen und für die sie keine persönliche
Verantwortung übernehmen (darunter die Kindesentwicklung und Pädagogik), sind
mit aller Entschiedenheit abzulehnen.
Es darf keinesfalls als wissenschaftliche Fakten öffentlich vertreten und damit
handlungsleitend werden, was tatsächlich noch im Stand der Vermutung, der
»Spekulation oder Hochrechnung« ist.[31]
Abweichende, kritische, aber in sich begründete und substantielle Meinungen sind für
die komplexe Wahrheitserkenntnis immer von Interesse und Bedeutung, zumal die
politisch handelnden Akteure einen begrenzten Horizont haben, den sie unbedingt
erweitern müssen. Die Verwendung des Begriffs »Verschwörungstheoretiker« für
Menschen, die solche Ansichten vertreten, ist vollkommen inakzeptabel. Aufzuklären
gilt es in einer freiheitlichen Gesellschaft stattdessen, wie interessierte Gruppen mit
Hilfe der Massenmedien ihren einseitigen Sichtweisen und Narrativen gezielt zur
Dominanz in der Gesamtbevölkerung verhelfen (wie dies unter anderem auch den
Leugnern des Klimawandels über lange Zeit gelang).[32]
Das Grundgesetz muss in Deutschland auch in Zeiten der Not genauso »unantastbar«
sein wie die Würde des Menschen, von der sein erster Paragraph handelt. Zu der
grundgesetzlich geschützten Würde des Menschen gehört dabei auch die Würde des
kranken, »behinderten« und alten Menschen, von dessen »Schutz« gegenwärtig so
viel die Rede ist. Wie aber ist es mit dieser Würde bestellt, wenn alte und andere
»gefährdete« Menschen, darunter die Menschen mit Behinderungen in Pflegeheimen
und Betreuungseinrichtungen nicht einmal mehr von ihren Angehörigen und engen
Freunden besucht werden dürfen, die, ebenso wie die Betroffenen, keinerlei
Mitspracherecht an den diesbezüglichen Bestimmungen des Staates haben – und
diese faktische »Zwangsisolierung« auf unabsehbare Zeit hin besteht?[33] Die Tatsache,
dass die Lage in den Altenheimen so schwierig ist, hat keineswegs nur mit dem Virus
zu tun, sondern auch mit den Heimen selbst, ihrer Enge und Pflegeverarmung, ihrer
oft desolaten Atmosphäre, skandalös schlechten Ausstattung und Struktur, ihrer
absoluten Marginalisierung in der Leistungs- und Konsumgesellschaft.
Kinder erfahren im konkreten Sozialraum das Leben, sie lernen und reifen an ihm, in
der direkten Begegnung, und nicht am Bildschirm und seiner hygienisch-sterilen,
virtuellen Welt. Den lebendigen Bildungsprozess in der realen Schule trennen Welten
von den online-Programmen der Wissensvermittlung.[34] Die forcierte »digitale
Beschulung« ist aus pädagogischer wie kinder und jugendpsychologischer Sicht ein
tragisches, aber keineswegs überraschendes oder zufälliges Ergebnis der Krise. Die
»Global Education«-Industrie verfolgt ihre Strategien zur weltweiten Vermarktung
ihrer digitalen Lernprogramme seit längerer Zeit mit aller Macht – und die
»Corona-Krise« eröffnet ihr ein umfassendes Einfallstor.
182
Kinder haben ein absolutes Recht auf ihre Kameraden und auf das unverstellte,
maskenlose Antlitz ihres Gegenübers, auf eine Entwicklung in einer sozialen Sphäre
des Vertrauens und der Zuversicht. Eine durch Massenmedien systematisch
verbreitete Angst-und Panikepidemie ist für die Entwicklung der Kinder und
Jugendlichen, ihres Selbst- und Weltverhältnisses und ihrer Beziehungsfähigkeit
überaus schädlich. Dasselbe gilt für die Falschdarstellung der viralen Welt als
primärer Bedrohung, ohne deutlich zu machen, wie sehr die Viren und Bakterien zum
biologischen Bestand des Menschen gehören – und dass sein Immunsystem sich an
der Auseinandersetzung mit Keimen der Außenwelt weiterentwickelt.
Das kulturelle Leben unter Einschluss der Religion ist ein lebenswichtiges Gut, das
unbedingt gefördert und auch in Krisenzeiten »live« (und nicht nur virtuell)
aufrechterhalten werden muss, in echten Versammlungen und in echten
Aufführungen mit echtem Publikum. Dies ist selbst unter medizinischen
Gesichtspunkten (Psychoneuroimmunologie) von Bedeutung. Von künstlerischen
»Botschaften von Gemeinschaft und Humanität, deren immunstärkende, um nicht zu
sagen: antivirale Effekte man nicht unterschätzen sollte«, schrieb zurecht Sonja
Zekri.[35] Die Abwehrkraft des Menschen, nicht nur des alten Menschen, bricht
zusammen, wenn er seiner lebendigen sozialen und kulturellen Bezüge beraubt und
isoliert wird, wofür es viele Beispiele gibt. Wie der kulturell-geistige Bereich in Zeiten
mit einem erhöhten Hygienebedarf seine Aktivitäten weiterführen kann, muss von
den Verantwortlichen dieses Bereiches autonom und kreativ erarbeitet werden.
Äußerungen, denen zufolge dem kulturell-geistige Leben keine existentielle
Bedeutung zukommt (»Zerstreuung und Ablenkung«) sind entschieden
zurückzuweisen.
Die primären und nahezu reflexartigen Antworten auf Krisen, die ein System
produziert hat, neigen stets dazu, im Sinne des Systems auszufallen. Sie haben die
Tendenz, das System und seine Prioritäten, Wertsetzungen und Hierarchien zu
stabilisieren, anstatt sie in Frage zu stellen. So können sämtliche Krisen dazu benutzt
werden, in der Richtung des Bisherigen, aber in intensivierter Weise fortzufahren –
mit sehr vielen Verlierern und einigen eindeutigen Gewinnern. Diese gilt es rechtzeitig
zu identifizieren und darüber öffentlich zu diskutieren.
Die freiheitliche Gesellschaft ist keinesfalls nur von politisch rechtsradikalen Kräften
bedroht, sondern auch von vordergründig »unpolitischen« Visionen einer kompletten
technischen Überwachung, die sich in Zukunft noch oft medizinischer Argumente
bedienen werden. Denn nichts lieben die Menschen so sehr wie ihr Leben – und für
nichts anderes opfern sie ihre Freiheit und ihre Grundrechte schneller. Die
digitalisierte Gesellschaft als technisches Steuerungssystem, in der der öffentliche
Raum auch aus »medizinischen« Gründen intensiv kontrolliert wird, rückt mit der
»Corona-Krise« – als einem passenden Anlass – entschieden näher, von China, das
darin sehr weit fortgeschritten ist, nach Europa. Hierauf machte Sascha Lobo 2019 im
Detail aufmerksam, noch vor Covid-19 und den Schutzmaßnahmen dagegen.[36] In
diesem Sinne formulierte auch die indische Schriftstellerin Arundhati Roy jüngst in
einem Interview: »Für mich fühlt sich diese Pandemie an wie der Übergang von der
einen in eine andere Welt.«[37] Der Schritt vom »Nachverfolgen der Infektionswege«
zum Nachverfolgen aller Wege der Staatsbürger ist nicht groß und die Rufe nach der –
in Deutschland bereits vom Kabinett beschlossenen – »Digitalakte«[38], nach »Location
Tracking« und »Big Data« sind, versehen mit medizinischen Argumenten,
unüberhörbar. Vor einem »faschistoid-hysterischen Hygienestaat« warnte der
183
deutsche Staatsund Kirchenrechtler Hans Michael Heinig angesichts des neuen
»Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler
Tragweite« vom 27.3.2020[39], das selbst vom wissenschaftlichen Dienst des
Deutschen Bundestages in einzelnen Verordnungsermächtigungen als
»verfassungsrechtlich problematisch« eingeschätzt wird. [40]
Epilog
»Glaube an die Wahrheit«, so überschrieb Timothy Snyder seine zehnte »Lektion«.
»Engagiere dich für einen guten Zweck« die fünfzehnte. »Lerne von Gleichgesinnten in
anderen Ländern« die sechzehnte. Im Motto der neunten »Lektion« steht:
Vermeide die Phrasen und Schlagworte, die jeder andere verwendet. Erfinde deine eigene
Sprechweise, selbst wenn du nur das vermitteln willst, was in deinen Augen jeder sagt.[41]
In diesem Sinne sind auch meine Ausführungen gemeint. »Sprich auch du«, steht bei Paul
Celan, allerdings mit der Warnung verbunden: »Doch scheide das Nein nicht vom Ja«.[42] Es
ist wenig hilfreich und sogar sehr gefährlich, komplexe geschichtliche Situationen zu
vereinfachen – und beispielsweise zu leugnen, dass Covid19 eine schwere Erkrankung mit
vielen Todesfällen ist, auch wenn ihre Letalität sehr unterschiedlich beurteilt wird. Es ist
auch problematisch, den handelnden Politikern und anderen Protagonisten des öffentlichen
Geschehens totalitäre Absichten zu unterstellen, wobei unzweifelhaft aber ist, wie die
Situation in vielen Ländern von autoritären Führern ausgenutzt wird[43]; Sucharit Bhakdi hat
sich gegen solche globalen Unterstellungen verwahrt. Allerdings wollte auch 1914 kein
führender Politiker den Ausbruch des Ersten Weltkriegs und doch ermöglichten und
verstrickten sich alle in ihn und seine katastrophale Dynamik.[44] Die »medicokratischen«,
technokratischen und totalitär-destruktiven Kräfte, die sich der Lage, aber ebenso »der«
Wissenschaft bedienen, existieren; das zu leugnen oder darüber nicht zu reflektieren, als
handelnder Politiker oder mitbetroffener Bürger, ist nicht nur naiv, sondern grob fahrlässig
und führt in Katastrophen. Der autoritäre, digital organisierte Überwachungsstaat ist mit
einer kapitalistischen Wohlstandsund Leistungsgesellschaft vereinbar, sofern die individuelle
Freiheit zurückgenommen oder umdefiniert wird; dass der Totalitarismus der Zukunft ein
anderes Gesicht als der Faschismus des 20. Jahrhunderts hat, ist seit langem klar und wurde
von weitsichtigen Menschen wie Aldous Huxley (»Brave New World«) schon vor Jahrzehnten
beschrieben. Wir sollten daher im Sinne von Timothy Snyder nichts unversucht lassen, ȟber
die Gegenwart nachzudenken, sich an die Vergangenheit zu erinnern und Überlegungen
hinsichtlich der Zukunft anzustellen«.
Zum Autor: Peter Selg, geb. 1963 (Stuttgart), Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und
Psychotherapie, unterrichtet medizinische Anthropologie und Ethik an der Alanus
Hochschule für Kunst und Gesellschaft (Alfter bei Bonn) und an der Universität
Witten/Herdecke. Er leitet das Ita Wegman Institut (Arlesheim) und ist Mitglied der
Goetheanumleitung (Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft).
Erstveröffentlichung: Kernpunkte. Jg. 3, No. 6. 7. Mai 2020. Sonderausgabe.
www.kernpunkte.com
184
Die Schockstrategie des Bundesinnenministeriums
80
Ist jetzt öffentlich zugänglich:
(https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/2020/corona/szenarienpapier-co
vid-19.html)
185
Unter Punkt 1 (Lage und Strategie) wird ein "Worst-Case-Szenario von über einer Million
Toten im Jahre 2020" beschworen. Unter Punkt 4 (Schlussfolgerungen für Maßnahmen und
offene Kommunikation) wird erläutert, wie die Schockstrategie umgesetzt werden soll: "Um
die gewünschte Schockwirkung zu erzielen, müssen die konkreten Auswirkungen einer
Durchseuchung auf die menschliche Gesellschaft verdeutlicht werden... Viele Schwerkranke...
sterben qualvoll um Luft ringend... Das Ersticken oder nicht genug Luft kriegen ist für jeden
Menschen eine Urangst..."
Desweiteren wird beschrieben, wie die Zahl der Tests im Laufe des April 2020 in die Höhe
geschraubt wird: "Ab 6. April: Testkapazität massiv hochgefahren auf 50.000 pro Tag... ab 13.
April: Testkapazität auf 100.000 pro Tag... ab 27. April Testkapazität auf 200.000 pro Tag.."
Das soll offensichtlich zu einer drastischen Erhöhung der Fallzahlen führen.
Am 15. April 2020 haben die Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und
186
Regierungschefs der Länder in Sachen "Beschränkungen des öffentlichen Lebens zur
Eindämmung der COVID19-Epidemie" einen "Beschluss" gefasst, in dem es heißt: "Wir
müssen uns alle bewusst machen, dass wir die Epidemie durch die Verlangsamung der
Infektionsketten der letzten Wochen nicht bewältigt haben, sie dauert an. Deshalb können
wir nicht zum gewohnten Leben der Zeit vor der Epidemie zurückkehren, sondern wir
müssen lernen, wie wir für eine längere Zeit mit der Epidemie leben können." Es folgen dann
19 Punkte.
Punkt 17 bahnt den Weg zur Zwangsimpfung der gesamten Bevölkerung: "Eine zeitnahe
Immunität in der Bevölkerung gegen SARS-CoV-2 ohne Impfstoff zu erreichen, ist ohne eine
Überforderung des Gesundheitswesens und des Risikos vieler Todesfälle nicht möglich.
Deshalb kommt der Impfstoffentwicklung eine zentrale Bedeutung zu. Die Bundesregierung
unterstützt deutsche Unternehmen und internationale Organisationen dabei, die
Impfstoffentwicklung so rasch wie möglich voranzutreiben. Ein Impfstoff ist der Schlüssel zu
einer Rückkehr des normalen Alltags. Sobald ein Impfstoff vorhanden ist, müssen auch
schnellstmöglich genügend Impfdosen für die gesamte Bevölkerung zur Verfügung stehen."
Wie oben erwähnt sind in Deutschland Zwangsimpfungen im Infektionsschutzgesetz (IfSG)
bereits geregelt. In § 20, Absatz 6, heißt es: "Das Bundesministerium für Gesundheit wird
ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates anzuordnen, dass
bedrohte Teile der Bevölkerung an Schutzimpfungen oder anderen Maßnahmen der
spezifischen Prophylaxe teilzunehmen haben, wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch
schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist."
Und Punkt 4 weist den Weg in ein umfassendes Überwachungssystem, zu dem gehört, dass
unter dem Vorwand der Pandemie-Bekämpfung Mobiltelefone mit der Fähigkeit
ausgestattet werden, per Bluetooth-Technologie aufzuzeichnen, welche Personen sich in
enger räumlicher Nähe zueinander befunden haben: "Zur Unterstützung der schnellen und
möglichst vollständigen Nachverfolgung von Kontakten ist der Einsatz von digitalem „contact
tracing“ eine zentral wichtige Maßnahme. Bund und Länder unterstützen hierbei das
Architekturkonzept des „Pan-European Privacy-Preserving Proximity Tracing“, weil es einen
gesamteuropäischen Ansatz verfolgt, die Einhaltung der europäischen und deutschen
Datenschutzregeln vorsieht und lediglich epidemiologisch relevante Kontakte der letzten
drei Wochen [!] anonymisiert auf dem Handy des Benutzers ohne die Erfassung des
Bewegungsprofils [?] speichert. Darüber hinaus soll der Einsatz der App auf Freiwilligkeit
basieren. Sobald auf Grundlage der bereits vorgestellten Basissoftware eine breit
einsetzbare Anwendungssoftware (App) vorliegt, wird es darauf ankommen, dass breite
Teile der Bevölkerung diese Möglichkeit nutzen, um zügig zu erfahren, dass sie Kontakt zu
einer infizierten Person hatten, damit sie schnell darauf reagieren können..."
Das korrespondiert mit den Vorstellungen von Bill Gates, dem "heimlichen WHO-Chef", der
vorschlägt, den Menschen einen digitalen Ausweis zu geben, aus dem ihr Impfstatus
hervorgeht, und dass Menschen ohne diesen "digitalen Immunitätsnachweis" nicht reisen
dürften. Wörtlich sagt er am 24. März 2020: "Letztendlich müssen wir Nachweise darüber
haben, wer eine genesene und wer eine geimpfte Person ist... Also wird es schließlich diesen
digitalen Immunitätsnachweis geben, der dazu beitragen wird, die globale Wiederöffnung zu
erleichtern." (zitiert gemäß off-guardian.org)
(Siehe dazu auch den Artikel "ID2020, Known-Traveller und Kontaktverfolgung durch Google
und Apple: US-Konzerne werden zur Weltpassbehörde" von Norbert Häring vom 16.04.2020,
in dem es einleitend heißt: "Wir sind nicht mehr weit davon entfernt, dass die digitalen
Technologiekonzerne der USA virtuelle Passbehörde der Welt werden, die bestimmt, wer
sich in welchem Radius bewegen darf. Sogar die physischen Kontakte jedes Trägers eines
187
Android oder Apple-Smartphones sollen künftig erfasst und von den USA aus auswertbar
sein.")
Eine Welt der strengeren Regierungskontrolle von oben nach unten und einer
autoritäreren Führung, mit begrenzter Innovationskraft und wachsendem
Zurückdrängen der Bürger
Im Jahr 2012 traf die Pandemie, die die Welt seit Jahren erwartet hatte, endlich ein...
die fast 20 Prozent der Weltbevölkerung infizierte und 8 Millionen in nur sieben
Monaten tödlich traf, die meisten von ihnen gesunde junge Erwachsene. Die
Pandemie hatte auch tödliche Auswirkungen auf die Volkswirtschaften: Die
internationale Mobilität von Menschen und Gütern kam zum Stillstand... Die
Pandemie überzog den Planeten,... aber selbst in den entwickelten Ländern war die
Eindämmung eine Herausforderung... Einige wenige Länder haben sich jedoch besser
geschlagen - vor allem China... Das schnelle Eingreifen der chinesischen Regierung
stoppte die Ausbreitung des Virus viel früher als in anderen Ländern und die
ermöglichte eine schnellere Erholung nach der Pandemie...
Die Idee einer stärker kontrollierten Welt fand zunächst breite Akzeptanz und
Zustimmung. Die Bürger gaben bereitwillig einen Teil ihrer Souveränität - und ihrer
Privatsphäre - an paternalistischere Staaten ab. Die Bürger waren... begieriger nach
einer Führung und Aufsicht von oben nach unten, und die nationalen Führer hatten
mehr Spielraum, um Ordnung in der von ihnen für richtig gehaltenen Weise
durchzusetzen..."
Quelle: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26705
188
Haltloses „Testen, testen, testen…“-Mantra
Am 16. März 2020 veranstaltete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine
Pressekonferenz zu COVID-19, auf der ihr Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus die
Weltgemeinde beschwor:
„Wir haben eine einfache Botschaft für alle Länder: Testen, testen, testen“ (1).
Diese Botschaft wurde medial bis in die hinterste Ecke der Erde verbreitet, darunter von
Reuters und der BBC (2, 3). Und am 3. Mai 2020 gab auch hierzulande etwa der Moderator
des heute journal das Mantra des Corona-Dogmas mit mahnenden Worten an sein Publikum
weiter:
„Testen, testen, testen — das ist das Credo in dieser Pandemie. Nur so kann wirklich klar
werden, wie stark sich das Virus verbreitet und wo“ (4).
Derlei Beteuerungen offenbaren, dass der Glaube an die Aussagekraft der
Polymerase-Chain-Reaction-Tests, kurz PCR, in Sachen COVID-19 so stark ist, dass er
geradezu religiöse Züge angenommen hat und praktisch keinen Widerspruch toleriert.
Doch Religionen basieren bekanntermaßen auf Glauben — und nicht auf wissenschaftlichen
Fakten. Und Walter Lippmann, zweifacher Pulitzer-Preisträger und als einflussreichster
Journalist des 20. Jahrhunderts bezeichnet, schrieb der Welt schon vor mehr als 100 Jahren
ins Stammbuch: „Where all think alike, no one thinks very much“ — also:
„Wo alle gleich denken, denkt niemand sehr viel“ (5, 6).
In Sachen PCR ist es daher höchst bemerkenswert, dass kein Geringerer als Kary B. Mullis,
der für die Erfindung der PCR-Technologie 1993 den Chemie-Nobelpreis erhielt, nicht „gleich
dachte“. Leider verstarb Mullis letztes Jahr im Alter von 74 Jahren. Es besteht jedoch kein
Zweifel daran, dass der Biochemiker die PCR als völlig untauglich erachtete, um eine
Virusinfektion nachzuweisen (7). Im Übrigen war und ist sie auch gar nicht darauf ausgelegt,
ein diagnostisches Instrument zum Nachweis von Virusinfektionen zu sein, sondern darauf,
eine Herstellungstechnik zu sein, die dazu dient, Genbruchstücke millionen- oder gar
milliardenfach vervielfältigen zu können.
Wie es in einem Desaster enden kann, wenn man auf Basis von PCR-Tests eine
Virus-Pandemie ausruft, beschreibt zum Beispiel die Journalistin Gina Kolata 2007 in ihrem
Arikel für die New York Times mit dem Titel „Faith in Quick Test Leads to Epidemic That
Wasn‘t“ („Der Glaube an einen Schnelltest führt zu einer Epidemie, die es nie gab“) (8).
189
„Wenn wir zum Beispiel einen neuen Test haben zur Feststellung von (dem Bakterium)
Staphylococcus aureus in Blut, so liegen uns bereits entsprechende Blutkulturen vor — und
die sind unser Goldstandard, den wir auch schon seit Jahrzehnten verwenden. Und wir
könnten einen neuen Test (für Staphylococcus aureus) auf diesen Goldstandard ‚eichen‘.
Doch für COVID-19 haben wir keinen solchen Goldstandard-Test“ (10).
Jessica C. Watson von der Bristol University in Großbritannien bestätigt dies. In ihrem Artikel
„Interpreting a COVID-19 test result“, kürzlich veröffentlicht im Fachmagazin The British
Medical Journal, BMJ, schreibt sie, dass „ein eindeutiger ‚Goldstandard’ für die
COVID-19-Tests fehlt“. Doch Watson schlussfolgert daraus nicht etwa das einzig Logische,
nämlich dass die Tests ungeeignet sind für den Nachweis von SARS-CoV-2 und zur Diagnose
von COVID-19 — und dass nur ein Virus, das durch Isolierung und vollständige Reinigung
(„purification“) nachgewiesen wurde, ein solider Goldstandard sein kann. Stattdessen
behauptet Watson allen Ernstes, dass, „pragmatisch“ betrachtet, die COVID-19-Diagnose —
inklusive, man höre und staune, die PCR-Tests selbst — „vielleicht der beste zur Verfügung
stehende Goldstandard ist“ (11). Eine solche Aussage ist jedoch ohne jegliches
wissenschaftliche Fundament.
Zum einen muss man kein Superwissenschaftler sein, um zu erkennen, dass es geradezu
absurd ist zu sagen, die PCR-Tests selbst könnten Teil eines Goldstandards sein, mit dem die
PCR-Tests evaluiert werden. Zum anderen gibt es für COVID-19 keine unverwechselbaren
spezifischen Symptome. Dies bestätigte uns auch Thomas Löscher, orthodoxer Mediziner
und ehemaliger Leiter der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin der Universität
München (12). Und wenn es keine unverwechselbaren Symptome für COVID-19 gibt, kann
die COVID-19-Diagnose — entgegen Watsons Aussage — logischerweise auch nicht als
valider Goldstandard für die PCR-Tests dienen.
Zudem übersehen angebliche Experten wie Watson die Tatsache, dass nur
Virus-Isolierung und komplette Virus-Reinigung beziehungsweise nur ein
eindeutiger Virus-Nachweis ein valider Goldstandard sein kann.
Aus diesem Grund haben wir Watson gefragt, wie sie dazu kommt zu schreiben, dass die
COVID-19-Diagnose „vielleicht der beste zur Verfügung stehende Goldstandard ist“, wo es
doch für COVID-19 keine unverwechselbaren Symptome gibt, und auch, ob denn nicht allein
das Virus selbst der bestmögliche Goldstandard sein könne. Watson hat diese Fragen bis
dato leider nicht beantwortet, trotz mehrfacher Nachfrage. Und sie hat auch noch nicht auf
unseren Rapid-Response-Kommentar auf der BMJ-Website zu ihrer Studie geantwortet, in
dem wir exakt die gleichen Punkte ansprechen. Dabei schrieb sie uns sogar noch am 2. Juni
2020:
Tabelle 5: Verhalten des R-Wertes in Abhängigkeit vom zeitlichen Verlauf der Anzahl der
Tests
„Ich werde versuchen, Ende dieser Woche eine Antwort zu Ihrem [Rapid-Response-]
Kommentar zu posten, wenn ich Gelegenheit dazu finde“ (13).
190
Virusforscher wie Luc Montagnier oder Dominic Dwyer stellen in diesem Zusammengang
unmissverständlich fest, dass hierfür die vollständige Partikelreinigung (purification) eine
wesentliche Voraussetzung für den Existenznachweis eines Virus ist (14).
„Purification“ bedeutet wohlgemerkt die Trennung eines Objekts von allem, was nicht zu
diesem Objekt gehört — so wie etwa die Nobelpreisträgerin Marie Curies 1898 Radium
isoliert hat aus Tonnen von Pechblende. Nur auf Basis einer solchen kompletten Reinigung
eines Partikels kann man einwandfrei beweisen, dass die gefundene RNA des betreffenden
Partikels von einem neuen Virus stammt.
In diesem Zusammenhang muss man sich noch mal vergegenwärtigen, dass die PCR extrem
empfindlich ist. Das heißt, mit ihr kann man selbst kleinste Schnipsel — also DNA- oder
RNA-Bruchstücke — „auflesen“. Doch mit ihr kann man eben nicht feststellen, zu welcher Art
von Partikel diese Gensequenzen gehören. Das muss vorher oder in einem gesonderten
Prozess bestimmt werden. Und da die PCR-Tests auf Gensequenzen „geeicht“ werden, in
diesem Fall auf RNA-Sequenzen, da angenommen wird, dass SARS-CoV-2 ein RNA-Virus ist,
muss natürlich klar erwiesen sein, dass diese Gen-Schnipsel auch tatsächlich Teil des
behaupteten Virus sind. Und um das ohne Zweifel beweisen zu können, ist eben die korrekte
Isolierung und vollständige Reinigung des vermuteten Virus unabdingbare Voraussetzung.
Aus diesem Grund haben wir die Forscherteams der relevanten Arbeiten, die im
Zusammenhang mit dem behaupteten Nachweis von SARS-CoV-2 genannt werden, unter
anderem gefragt, ob die in ihren In-vitro-Studien abgebildeten elektronenmikroskopischen
Aufnahmen vollständig gereinigte (purified) Viren zeigen. Doch kein einziges Team konnte
diese Frage mit ja beantworten — und wohlgemerkt schrieb auch niemand zurück, die
vollständige Reinigung sei kein notwendiger Schritt für einen soliden Virusnachweis. Wir
erhielten nur Antworten wie „unsere elektronenmikroskopische Aufnahme zeigt kein
vollständig gereinigtes Virus“ (siehe Tabelle).
Antworten von Autoren einschlägiger Studien auf die Frage: „Zeigen Ihre elektronen-mikrosko- pischen
Aufnahmen vollständig gereinigte (purified) Viren?“ (Quelle: Torsten Engelbrecht)
191
ordnungsgemäßen Prozess der Isolierung inklusive vollständiger Reinigung darstellen.
Folglich verwenden sie den Begriff „Isolierung“ in ihren Veröffentlichungen missbräuchlich.
In diesem Zusammenhang haben wir übrigens auch den namhaften Virologen Charles
Calisher kontaktiert. So hatte das Fachmagazin Science im Jahr 2001 ein „leidenschaftliches
Plädoyer… von erfahrenen Virologen“, darunter Calisher, an die jüngere Generation
veröffentlicht. Die Stoßrichtung dieses Appells: Die modernen Methoden für das Aufspüren
von Viren wie die „schnittige PCR… sagen wenig oder gar nichts darüber aus, wie sich ein
Virus vermehrt, welche Tiere Träger desselben sind [oder] wie es Menschen krank macht…
Es ist so, als wolle man durch einen Blick auf die Fingerabdrücke einer Person feststellen, ob
sie Mundgeruch hat“ (15).
Dass die RNA-Gensequenzen, die die Wissenschaftler aus den in ihren In-vitro-Studien
präparierten Gewebeproben entnommen haben und auf die die sogenannten SARS-CoV-2
RT-PCR-Tests schlussendlich „geeicht“ worden sind, zu einem neuen pathogenen Virus
namens SARS-CoV-2 gehören, beruht also nur auf Glauben, nicht auf Fakten.
Erschwerend kommt hinzu, dass so oder so — also auch jenseits des Themas
„purification“ — bis dato kein wissenschaftlicher Beweis dafür erbracht worden ist, dass
diese als SARS-CoV-2 bezeichneten Partikel Erreger sind, die das verursachen, was als
COVID-19 bezeichnet wird. Denn um hier einen fundierten Kausalzusammenhang belegen zu
können, wäre es unabdingbar notwendig gewesen, ein Experiment durchzuführen, dass die
vier Kochschen Postulate erfüllt. Es gibt jedoch kein solches Experiment, wie beispielsweise
Amory Devereux und Rosemary Frei kürzlich für den OffGuardian dargelegt haben (17).
Die Notwendigkeit, dass auch in Bezug auf das, was SARS-CoV-2 genannt wird, diese vier
Kochschen Postulate erfüllt sein müssen, um es als pathogenes (krankmachendes) Virus zu
deklarieren, ergibt sich auch aus dem Umstand, dass entsprechende Versuche
unternommen wurden, diese zu erfüllen. Doch auch die Forscher, die behaupten, sie hätten
aufgezeigt, dass SARS-CoV-2 die vier Postulate erfüllt, sind mit ihren Versuchen in Wahrheit
kläglich gescheitert. Ein Beispiel hierfür ist eine Studie, die am 7. Mai 2020 in Nature
veröffentlicht wurde. Diese Arbeit weist nicht nur Unzulänglichkeiten auf, die sie unter
wissenschaftlichen Gesichtspunkten schon als null und nichtig dastehen lässt, auch erfüllt sie
kein einziges der vier Postulate.
So zeigten die Labormäuse in dieser Arbeit, die mutmaßlich „infiziert“ wurden, keine
relevanten klinischen Symptome, die eindeutig auf eine Lungenentzündung hätten schließen
lassen können. Doch genau diese Symptome hätten gemäß dem dritten Kochschen Postulat
bei den Mäusen auftreten müssen, wenn sie tatsächlich von einem gefährlichen und
potenziell tödlichen Virus befallen worden wären, das mit COVID-19 eine Krankheit
verursachen soll, die per definitionem primär die Atemwege befällt (18).
Das einzige, was bei den Tieren beobachtet wurde, war leichter Borsten- und
Gewichtsverlust. Doch der ist vernachlässigbar, und zwar nicht nur deswegen, weil er durch
die Behandlung der Mäuse selbst verursacht worden sein könnte, sondern auch, weil er nur
vorübergehend auftrat und sich das Gewicht der armen Tiere im Verlauf der Versuche
wieder normalisierte. Zudem starb auch keines der Tiere — bis auf diejenigen, die getötet
wurden, um an ihnen Autopsien durchzuführen. Und vergessen wir nicht: Derlei
192
Experimente hätten definitiv vor der Inverkehrbringung der PCR-Tests durchgeführt und vor
allem auch erfolgreich abgeschlossen werden müssen, was nicht geschehen ist.
Da kann es kaum noch verwundern, dass keiner der führenden Repräsentanten der
offiziellen Theorie zu COVID-19 in diesem Land — also weder das Robert Koch-Institut (RKI)
noch Alexander S. Kekulé von der Universität Halle noch Hartmut Hengel und Ralf
Bartenschlager von der Deutschen Gesellschaft für Virologie noch der erwähnte Thomas
Löscher noch Ulrich Dirnagl von der Charité Berlin noch Georg Bornkamm, Virologe und
Professor emeritus am Helmholtz-Zentrum München — unsere folgende Frage beantworten
konnte:
Wenn die Partikel, von denen behauptet wird, sie stellten Viren eines neuen Typs, genannt
SARS-CoV-2, dar, nicht komplett gereinigt wurden, wie können Sie da sicher sein, dass die
RNA-Gensequenzen dieser Partikel einem bestimmten neuen Virus zugeordnet werden
können? Insbesondere wenn auch noch Studien zeigen, dass Substanzen wie Antibiotika, die
in den zwecks Virusnachweis durchgeführten In-vitro-Experimenten den Zellkulturen
zugesetzt werden, diese Zellkulturen so „stressen“ können, dass dadurch neue
Gensequenzen entstehen, die zuvor nicht existent waren — ein Aspekt, auf den bereits die
Nobelpreisträgerin Barbara McClintock 1983 in ihrem Nobelpreis-Vortrag aufmerksam
gemacht hat (19, 20).
Nicht unerwähnt bleiben soll hier, dass wir diese Frage auch an die Charité gerichtet haben
— also an den Arbeitgeber von Christian Drosten, Deutschlands einflussreichstem Virologen
und Berater der Bundesregierung in Sachen COVID-19 sowie Mitverfasser des
PCR-Test-Protokolls, das weltweit als erstes von der WHO „akzeptiert“, nicht validiert!,
wurde (21). Über Monate haben wir immer wieder um eine Antwort gebeten, doch ohne
Erfolg. Erst am 18. Juni 2020 erhielten wir Antwort von der Charité — doch nur unter
Zuhilfenahme der Berliner Rechtsanwältin Viviane Fischer.
In Bezug auf unsere Frage, ob sich die Charité davon überzeugt hat, dass im Zusammenhang
mit den von ihrem Team um Victor Corman entwickelten PCR-Protokolle eine angemessene
und vollständige Partikelreinigung durchgeführt worden sei, sah sich die Charité aber nicht in
der Lage, dies mit ja zu beantworten (22). Und obwohl die Charité behauptete, man sei sich
„sicher, dass sie auf das Virus und nicht auf anderes testen, was in einem infizierten
Patienten vorkommen kann”, heißt es in besagter Charité-Studie von Corman:
„RNA was extracted from clinical samples with the MagNA Pure 96 system (Roche, Penzberg,
Germany) and from cell culture supernatants with the viral RNA mini kit (QIAGEN, Hilden,
Germany).“
Das heißt, die Autoren dieser Studie nehmen einfach nur an, dass die RNA viral ist.
Außerdem hat die am 23. Januar 2020 veröffentlichte Studie von Corman und Kollegen nicht
einmal einen ordnungsgemäßen Peer-Review-Prozess durchlaufen — und zu den darin
beschriebenen Verfahren wurden auch keine soliden Kontrollexperimente durchgeführt.
Beides ist aber unabdingbar, damit eine wissenschaftliche Arbeit als wirklich solide
bezeichnet werden kann.
Sinnlose Testergebnisse
Unabhängig davon steht fest, dass wir die Falsch-Positiv-Rate der PCR-Tests — also die
Anzahl an Personen, die „positiv“ getestet wurden, obwohl sie definitiv nicht an der zu
diagnostizierenden Virusinfektion leiden — gar nicht kennen können. Der Grund: Es wurden
keine umfassenden Studien durchgeführt mit Menschen, die zweifelsfrei nicht von diesem
193
Virus befallen sind. Dabei muss dies wohlgemerkt mit einer von den Tests unabhängigen
Methode erwiesen werden, sprich mit einem soliden Goldstandard.
Es ist somit kaum überraschend, dass Studien zu Ergebnissen kommen, die die Tests als völlig
sinnlos dastehen lassen. So berichtete die Gesundheitsbehörde der chinesischen Provinz
Guangdong bereits im Februar 2020, dass „positiv“ getestete Menschen, nachdem sie von
ihren Krankheitssymptomen vollständig genesen waren, zunächst „negativ“, aber dann
wieder „positiv“ getestet wurden (23).
Einen Monat später zeigte eine im Journal of Medical Virology veröffentlichte Studie, dass in
einem Krankenhaus im chinesischen Wuhan 29 von 610 Patienten drei bis sechs
Testergebnisse hatten, die zwischen „negativ“, „positiv“ und „zweifelhaft“ hin- und
herschwankten (24). Ein drittes Beispiel ist eine Studie aus Singapur, in der an 18 Patienten
fast täglich Tests durchgeführt wurden. Dabei zeigte sich, dass bei der Mehrheit der
Betroffenen die Testergebnisse mindestens einmal von „positiv“ zu „negativ“ und zurück zu
„positiv“ wechselten, bei einem Patienten sogar viermal (25).
Selbst Wang Chen, Präsident der Chinese Academy of Medical Sciences, räumte im Februar
ein, dass die PCR-Tests „nur 30 bis 50 Prozent akkurat sind“, während Sin Hang Lee vom
Milford Molecular Diagnostics Laboratory am 22. März 2020 einen Brief an das
Coronavirus-Response-Team der WHO und an Anthony S. Fauci, die „graue Eminenz“ der
US-Virusforschung (26), schickte, in dem es hieß, dass „in den sozialen Medien weithin
berichtet wurde, dass die RT-qPCR Testkits, die zum Nachweis von SARS-CoV-2-RNA in
menschlichen Proben verwendet werden, viele falsch positive Ergebnisse erzeugen und nicht
empfindlich genug sind, um einige wirklich positive Fälle nachzuweisen“ (27, 28).
Mit anderen Worten:
Selbst wenn wir theoretisch davon ausgehen würden, dass diese PCR-Tests
wirklich eine Virusinfektion nachweisen können, wären die Tests praktisch
wertlos und würden somit bei den „positiv“ getesteten Personen nur
unbegründete Panik auslösen.
Dies wird auch angesichts des positiven Vorhersagewertes — des „Positive Predictive Value“,
kurz PPV — deutlich. Der PPV gibt die Wahrscheinlichkeit an, dass eine Person mit einem
„positiven“ Testergebnis wirklich „positiv“ ist, also mit dem vermeintlichen Virus wirklich
infiziert ist.
Der PPV hängt von zwei Faktoren ab: Von der Verbreitung, im Fachjargon
„Prävalenz“ genannt, des Erregers in der Allgemeinbevölkerung sowie von der Spezifität des
Tests. Die Spezifität ist definiert als der Anteil beziehungsweise der Prozentsatz der
Menschen, die tatsächlich nicht krank sind und bei denen der Test auch korrekterweise
„negativ“ ausschlägt. Wenn ein Test also zum Beispiel eine Spezifität von 95 Prozent
aufweist, so bedeutet dies, dass 5 Prozent der gesunden Menschen fälschlicherweise
„positiv“ getestet werden.
Wenn man nun eine konkrete Spezifität zugrunde legt, so gilt: Je höher die Prävalenz
(Verbreitung), desto höher die PPV. In diesem Zusammenhang veröffentlichte die Zeitschrift
Deutsches Ärzteblatt am 12. Juni 2020 einen Artikel, in dem die PPV mit drei verschiedenen
Prävalenzszenarien berechnet wurde (29). Die Ergebnisse müssen sehr kritisch betrachtet
werden. Erstens, weil es nicht möglich ist, wie dargelegt, die Spezifität ohne einen soliden
Goldstandard zu berechnen. Und zweitens, weil die Berechnungen in dem Ärzteblatt-Artikel
auf der Spezifität basieren, die in besagter Studie von Jessica Watson ermittelt wurde. Doch
diese Studie ist, wie ebenfalls erwähnt, letztendlich wertlos.
194
Doch selbst wenn man von diesen beiden Punkten einmal abstrahiert und annimmt, dass die
zugrunde liegende Spezifität von 95 Prozent korrekt ist und dass wir die Prävalenz kennen,
dann kommt sogar das dem Mainstream zuzurechnende Ärzteblatt zu folgendem Ergebnis:
Die sogenannten SARS-CoV-2 RT-PCR-Tests können „ein erschreckend niedriges“ PPV haben.
In einem der drei im Ärzteblatt-Artikel durchgespielten Szenarien, in dem eine Prävalenz von
3 Prozent angenommen wird, ergibt sich ein PPV von gerade einmal 30 Prozent. Demnach
wären dann sage und schreibe 70 Prozent der „positiv“ getesteten Personen
fälschlicherweise „positiv“.
Dennoch würde auch in so einem Fall den Betroffenen „Quarantäne verordnet“ werden, wie
selbst das Ärzteblatt kritisch anmerkt. In einem zweiten Szenario wird eine Prävalenz der
Krankheit von 20 Prozent angenommen. In diesem Fall kommt es zu einem PPV von 78
Prozent, sprich hier wären dann 22 Prozent der „positiven“ Tests falsch „positiv“ (30). Auf
die Realität übertragen würde dies bedeuten: Von den aktuell rund 10,5 Millionen
Menschen, die derzeit weltweit als „positiv“ gelten, wären 2,3 Millionen falsch „positiv“.
All dies passt zur Tatsache, dass sogar die US-Seuchenbehörde CDC und die amerikanische
Medikamentenzulassungsbehörde FDA einräumen, dass die sogenannten „SARS-CoV-2
RT-PCR-Tests“ für die SARS-CoV-2-Diagnose nicht geeignet sind. Im Dokument „CDC
2019-Novel Coronavirus (2019-nCoV) Real-Time RT-PCR Diagnostic Panel“ vom 30. März
2020 zum Beispiel heißt es:
„Detection of viral RNA may not indicate the presence of infectious virus or that 2019-nCoV
is the causative agent for clinical symptoms“ und „This test cannot rule out diseases caused
by other bacterial or viral pathogens“ (31). Und die FDA gesteht ein, dass „positive results…
do not rule out bacterial infection or co-infection with other viruses. The agent detected may
not be the definite cause of disease“(32).
Selbst in den Gebrauchsanweisungen von PCR-Tests heißt es explizit, dass sie gar nicht dafür
vorgesehen sind, wofür sie permanent benutzt werden: für die Diagnose. Genau so lesen wir
es etwa in den Manuals von Altona Diagnostics und Creative Diagnostics (33, 34). Oder
nehmen wir die vom Pharmariesen Roche vertriebenen LightMix Modular Assays. Assays
sind elementarer Bestandteil eines PCR-Tests. Und in der Produktankündigung zu diesen
LightMix Modular Assays heißt es: „These assays are not intended for use as an aid in the
diagnosis of coronavirus infection“ und „For research use only. Not for use in diagnostic
procedures“ (35, 36). Übrigens werden die LightMix-Assays von der Berliner Firma TIB
Molbiol produziert, und zwar anhand des in der Corman Studie beschriebenen Protokolls.
Zugleich gehört der Geschäftsführer von TIB Molbiol, Olfert Landt, zu den Mitautoren des
Corman et al. Papers. Dieser Interessenkonflikt wird als solcher nicht in der Studie
ausgewiesen.
Doch damit nicht genug, denn in der Gebrauchsanweisung des erwähnten RT-qPCR-Tests
von Creative Diagnostics zum Beispiel steht auch noch ausdrücklich, dass sie auf viele Keime
„anschlagen“, darunter „Influenza A Virus (H1N1), Influenza B Virus (Yamagata), Respiratory
Syncytial Virus (type B), Respiratory Adenovirus (type 3, type 7), Parainfluenza Virus (type 2),
Mycoplasma Pneumoniae, Chlamydia Pneumoniae“.
Wo ist der Nachweis, dass die Tests die „Viruslast“ messen können?
In den Produktbeschreibungen der RT-qPCR-Tests für SARS-COV-2 heißt es zudem, dass es
sich um „qualitative“ Tests handelt, obwohl das „q“ in „qPCR“ für „quantitativ“ steht.
195
Tatsächlich handelt es sich bei ihnen also gar nicht um „quantitative“ Tests. Das bedeutet,
dass sie gar nicht anzeigen, wie viele Viruspartikel sich im Körper befinden (37, 38). Und das
ist entscheidend. Denn um überhaupt sicher feststellen zu können, dass jemand nicht nur
laut Laborbefund, sondern in der realen Welt wirklich an einem Virus erkrankt ist, müsste
dieser Kranke tatsächlich Millionen oder gar Abermillionen von Viruspartikeln in sich tragen,
die sich aktiv in seinem Körper vermehren. Doch die PCR-Tests ermöglichen eben keine
solche „quantitative“ Messung.
Damit können die CDC, die WHO, die FDA oder auch das RKI noch so sehr und oft behaupten,
dass die PCR-Tests die sogenannte „Viruslast“ messen können — also wie viele Viruspartikel
sich im Körper einer Person befinden —, „bewiesen wurde dies nie, was ein enormer
Skandal ist“, wie der Journalist Jon Rappoport kritisiert (39, 40). Und in der Tat ist schon der
Begriff „Viruslast“ eine Irreführung. Wenn man zum Beispiel bei einer Dinner-Party die
Anwesenden fragt, was „Viruslast“ bedeute, so bekommt man in der Regel die Antwort, dass
mit ihr die Menge an Viren, die im Blutkreislauf zirkulieren, angezeigt werde. Doch wenn
man dann erwidert, dass die „Viruslast“ gar keine Viren, sondern lediglich Genmoleküle
anzeigt, sind die Leute in der Regel baff.
Um eindeutig zu beweisen, dass die PCR messen kann, wie stark eine Person mit einem
krankmachenden Virus „belastet“ ist, hätte auch das folgende Experiment durchgeführt
werden müssen — was bemerkenswerterweise bisher noch nicht geschehen ist:
Man nimmt, sagen wir, ein paar hundert oder sogar tausend Menschen und entnimmt ihnen
Proben. Dabei vergewissere man sich, dass die Personen, die die Proben entnehmen, nicht
dieselben sind, die die PCR-Tests durchführen. So werden die Forscher nie wissen, wer die
Patienten sind und in welchem Gesundheitszustand sie sich befinden. Dann führen die
Wissenschaftler die PCR an den Proben durch und notieren, welches Virus sie in welcher
Menge gefunden haben.
Anschließend kommen sie zum Beispiel zu dem Ergebnis, dass sie bei den Patienten 29, 86,
199, 272 und 293 einen Haufen von dem gefunden haben, was sie als Virus bezeichnen. Im
nächsten Schritt wird geschaut, wie fit die Patienten sind. Dabei sollten die Patienten 29, 86,
199, 272 und 293 natürlich sehr krank sein, da sich ja gemäß PCR-Testergebnis in ihrem
Körper unglaublich viele Viren vermehren. Aber sind sie wirklich krank — oder sind sie
womöglich sogar fit wie ein Turnschuh?
Mithilfe von Rechtsanwältin Viviane Fischer konnten wir die Charité auch dazu bewegen, die
Frage zu beantworten, ob das von Corman und Kollegen, also praktisch von ihrem
„hauseigenen“ Team inklusive Christian Drosten, entwickelte PCR-Test-Protokoll ein
quantitativer Test ist. Die Charité war aber nicht bereit, diese Frage mit ja zu beantworten.
Im Übrigen schrieb die Charité:
„Wenn es sich um Real-Time-RT-PCR handelt, sind diese nach Kenntnis der Charité in den
meisten Fällen ... auf den qualitativen Nachweis beschränkt.“
Darüber hinaus sieht das Protokoll von Corman und Team („Drosten-PCR-Test“) den
E-Gen-Assay als Vortest vor, während das Institut Pasteur den gleichen Assay als
Bestätigungstest verwendet (41, 42). Schon das ist fragwürdig, weil laut Corman und
Kollegen mit dem E-Gen-Assay „wahrscheinlich alle asiatischen Viren nachgewiesen werden“.
Und so ist es auch sehr problematisch, dass Anfang April 2020 die WHO den Algorithmus
änderte und empfahl, dass fortan ein PCR-Test als „positiv“ angesehen werden kann selbst
für den Fall, dass nur der E-Gen-Assay ein „positives“ Ergebnis liefert (43), obgleich dieser ja
sogar laut Corman und Kollegen wahrscheinlich alle asiatischen Viren „aufspürt“.
196
Dadurch wird ein erwiesenermaßen unspezifisches Testergebnis offiziell als spezifisch
verkauft. Somit erhöhte diese Änderung des Algorithmus durch die WHO auf geradezu
wundersame Weise auch die Zahl der „positiv“ Getesteten. Tests mit dem E-Gen-Assay
werden zum Beispiel von Roche, TIB Molbiol und R-Biopharm hergestellt (44, 45, 46).
„If you have to go more than 40 cycles to amplify a single-copy gene, there is something
seriously wrong with your PCR“ (48).
Die MIQE-Richtlinien wurden unter der Ägide von Stephen A. Bustin entwickelt, Professor für
Molekulare Medizin, weltweit anerkannter Experte für qPCR und Autor des Buches „A-Z of
Quantitative PCR“, das als „die Bibel der qPCR“ bezeichnet wurde (49, 50). Kürzlich wies
Bustin in einem Interview darauf hin, dass es alles andere als ideal sei, willkürlich hohe
Cq-Werte zu verwenden, weil sie dann entweder zu niedrig ausfallen können, wodurch
eigentlich valide Ergebnisse eliminiert würden, oder zu hoch, was die Wahrscheinlichkeit
falsch „positiver“ Ergebnisse erhöht (siehe Audio-Interview unten). Seiner Meinung nach
sollte ein Cq in den 20ern bis 30ern angestrebt werden. Bei einem Cq über 35 würde er
jedoch Bedenken anmelden, was die Zuverlässigkeit der erzielten Ergebnisse angeht (51).
Überdies gibt es so einige Faktoren, die die Resultate der Tests entscheidend verändern
können. Dazu gehört auch die Umwandlung von RNA in komplementäre DNA (cDNA). So
muss vor dem Start mit der PCR, sofern nach mutmaßlichen RNA-Viren wie SARS-CoV-2
gesucht wird, die RNA mit dem Enzym Reverse Transkriptase in cDNA umgewandelt werden,
daher steht in den Testbezeichnungen auch ein „RT“, also die Abkürzung für „Reverse
Transcriptase“, vor „PCR“ oder „qPCR“. Doch dieser Umwandlungsprozess gilt „weithin als
ineffizient und variabel“, wie Jessica Schwaber vom Centre for Commercialization of
Regenerative Medicine in Toronto zusammen mit zwei Forscherkollegen in einer 2019
veröffentlichten Studie feststellten (52).
Stephen A. Bustin sieht hier vergleichbare Probleme. So wies er darauf hin, dass im Verlauf
des Umwandlungsprozesses der RNA zu cDNA die DNA-Menge, die man am Ende erhält,
stark variieren kann, und zwar sogar bis um den Faktor 10 — bei gleich hoher
RNA-Ausgangsbasis wohlgemerkt (53). Und wenn man nun bedenkt, dass die Gensequenzen
bei jedem Zyklus verdoppelt werden, wird klar, dass selbst eine geringfügige Abweichung
beim Erhalt der cDNA-Menge das Endresultat extrem verändern kann, was schon für sich
genommen die Aussagekraft des Tests de facto zunichte macht.
197
In Bezug auf Publikationen zur RT-qPCR — und die COVID-19-Tests sind ja RT-qPCR-Tests! —
stellte Bustin außerdem fest:
„We demonstrate that elementary protocol errors, inappropriate data analysis and
inadequate reporting continue to be rife and conclude that the majority of published RT-qPCR
data are likely to represent technical noise“ (54).
Und „technical noise“ bedeutet letztlich nichts anderes als — um es mal salopp zu
formulieren — „gequirlter Mist“.
Wie kann es also sein, dass diejenigen, die behaupten, die PCR-Tests seien für die
sogenannte COVID-19-Diagnose absolut aussagekräftig, die fundamentalen
Unzulänglichkeiten dieser Tests praktisch ausblenden — und dies selbst dann tun, wenn sie
mit kritischen Fragen zur Validität dieser Tests konfrontiert werden? Fest steht doch: Die
Apologeten der Coronavirus-Hypothese hätten sich mit diesen Fragen beschäftigen müssen,
bevor sie die Tests auf den Markt warfen und im Grunde der ganzen Welt einen Lockdown
verpassten. Zumal die Kritik und die aufgeworfenen Fragen schlicht jedem, der auch nur
einen Funken wissenschaftlichen Verstand für sich in Anspruch nimmt, sofort in den Sinn
kommen müssten.
Wohlgemerkt hat zum Beispiel die WHO enge finanzielle Verbindungen zur Pharmaindustrie,
wie etwa das British Medical Journal 2010 aufzeigte (55). Und Experten kritisieren, „dass die
offenkundige Korruption und die Interessenkonflikte bei der WHO seither nicht nur
fortdauern, sondern sogar zugenommen haben“ (56). Und um die CDC, um nur einen
weiteren wichtigen Player im Virus-Theater zu nennen, ist es offensichtlich nicht besser
bestellt (57).
Letztlich mag, was die Gründe und möglichen Motive für das Verhalten der Akteure angeht,
so manches spekulativ sein, und viele Beteiligte handeln sicherlich in gutem Glauben. Doch
die wissenschaftliche Faktenlage ist klar: Die Fallzahlen, die hinausposaunt werden, nachdem
man mit den PCR-Tests durch die Lande zieht, rechtfertigen nicht im Geringsten,
„positiv“ getestete Menschen zu verängstigen und Lockdown-Maßnahmen zu verhängen, die
unzählige Menschen in Armut und Verzweiflung stürzen oder sie sogar in den Selbstmord
treiben.
Und ein „positives“ Ergebnis kann für die Patienten auch dadurch schwerwiegende
Konsequenzen haben, weil bei der Ursachenforschung de facto alle nicht-viralen Faktoren
ausgeblendet werden und im Zuge dessen die Patienten mit hochtoxischen Medikamenten
experimentell behandelt sowie invasiv beatmet werden. Besonders für ältere Menschen und
Patienten mit Vorerkrankungen kann eine solche Behandlung tödlich sein, wie wir in dem
Rubikon-Artikel „Fatale Therapie“ dargelegt haben (58).
Wenn es also irgendwo tatsächlich zu einer signifikanten Übersterblichkeit gekommen ist,
dann dürfen Faktoren wie die Therapie und die Lockdown-Maßnahmen bei der Suche nach
den Ursachen auf keinen Fall unberücksichtigt bleiben. Dies gilt umso mehr, wenn man
bedenkt, dass die „COVID-19“-Todesfallstatistiken voll sind mit Patienten, die bereits
todkrank waren und in dieser Statistik nur gelandet sind aufgrund eines
198
„positiven“ Testergebnisses, das ja nicht zweifelhafter sein könnte. Der Test ist die
eigentliche Pandemie, nicht ein angeblich neues und außergewöhnlich gefährliches Virus.
199
(26) Torsten Engelbrecht, Konstantin Demeter. Fatale Therapie: Die Behandlung von positiv
auf SARS-CoV-2 getesteten Patienten mit hochtoxischen Medikamenten und riskanten
Intubationen kann tödlich sein., Rubikon, 2020
(27) Coco Feng; Minghe Hu. Race to diagnose coronavirus patients constrained by shortage
of reliable detection kits, scmp.com, 11. Februar 2020
(28) Sin Hang Lee. Letter to the WHO’s coronavirus response team, to the WHO regional
Office for the Americas and to Dr. Anthony S. Fauci „Extremely sensitive, no false-positive
tests needed for SARS-CoV-2“, 22. März 2020
(29) Ralf L. Schlenger. PCR-Tests auf SARS-CoV-2: Ergebnisse richtig interpretieren,
Deutsches Ärzteblatt, 12. Juni 2020
(30) Ralf L. Schlenger. PCR-Tests auf SARS-CoV-2: Ergebnisse richtig interpretieren,
Deutsches Ärzteblatt, 12. Juni 2020
(31) CDC 2019-Novel Coronavirus (2019-nCoV) Real-Time RT-PCR Diagnostic Panel, March 30.
März 2020
(32) Siehe https://www.fda.gov/media/136151/download
(33) Altona Diagnostics, Instructions for Use RealStar®SARS-CoV-2 RT-PCR Kit 1.0, S. 6
(34) SARS-CoV-2 Coronavirus Multiplex RT-qPCR Kit, creative-diagnostics.com
(35) Victor M. Corman et al. Detection of 2019 novel coronavirus (2019-nCoV) by real-time
RT-PCR, Eurosurveillance, 23. Januar 2020
(36) Roche, Product Announcement: LightMix® Modular Assays for the Detection of
Wuhan/2019 novel coronavirus (2019-nCoV), April 2020, updated
(37) Siehe https://www.fda.gov/media/136049/download
(38) SARS-CoV-2 Coronavirus Multiplex RT-qPCR Kit, creative-diagnostics.com
(39) Siehe zum Beispiel Christian Drosten et al. An analysis of SARS-CoV-2 viral load by
patient age, Charité Berlin
(40) Jon Rappoport. Corona: creating the illusion of a pandemic through diagnostic tests, 8.
April 2020
(41) Siehe https://www.who.int/docs/default-source/coronaviruse/protocol-v2-1.pdf
(42) Siehe
https://www.who.int/docs/default-source/coronaviruse/real-time-rt-pcr-assays-for-the-dete
ction-of-sars-cov-2-institut-pasteur-paris.pdf?sfvrsn=3662fcb6_2
(43) Siehe
https://web.archive.org/web/20200417112824/http:/www.labor-augsburg-mvz.de/de/aktu
elles/coronavirus
(44) COBAS SARS-CoV-2 Test
(45) Siehe
https://www.rapidmicrobiology.com/news/roche-distribute-tib-molbiol-wuhan-coronavirus-
assays-for-rnap-envelope-and-nucleocapid-genes
(46) Siehe
https://clinical.r-biopharm.com/wp-content/uploads/sites/3/2020/02/pg6815ruo_ridagene_
sars-cov-2-ruo_en_2020-02-12_final.pdf
(47) Stephen A. Bustin et al. The MIQE Guidelines: Minimum Information for Publication of
Quantitative Real-Time PCR Experiments, Clinical Chemistry, April 2009, S. 612
(48) Michael A. Innis et al. PCR Protocols. A Guide to Methods and Applications, Academic
Press, 1990, S. 8-9
(49) Siehe Professor Stephen Bustin, Website der Anglia Ruskin University ARU
(50) Siehe https://en.wikipedia.org/wiki/Stephen_Bustin
(51) Stephen A. Bustin, interview von David Crowe, 14. April 2020, ab Min. 27:00
200
(52) Jessica Schwaber et al. Shedding light: The importance of reverse transcription
efficiency standards in data interpretation, Biomolecular Detection and Quantification, 12.
Februar 2019
(53) Stephen A. Bustin, interview von David Crowe, 14. April 2020, ab Min. 16:00
(54) Stephen A. Bustin Talking the Talk, but Not Walking the Walk: RT-qPCR as a Paradigm
for the Lack of Reproducibility in Molecular Research, European Journal of Clinical
Investigation, 2017; 47 (10): 756-774
(55) Fiona Godlee [Conflicts of interest and pandemic flu],
(https://childrenshealthdefense.org/wp-content/uploads/Godlee-2010-Conflicts-of-interest-
and-pandemic-flu.pdf), British Medical Journal, 3. Juni 2010
(56) F. William Engdahl Can we trust the WHO?, Global Research, 3. April 2020
(57) CDC and WHO Corrupt Financial Entanglements with the Vaccine Industry,
childrenshealthdefense.org
(58) Torsten Engelbrecht, Konstantin Demeter. Fatale Therapie: Die Behandlung von positiv
auf SARS-CoV-2 getesteten Patienten mit hochtoxischen Medikamenten und riskanten
Intubationen kann tödlich sein., Rubikon, 2020
(59) Torsten Engelbrecht, Konstantin Demeter. COVID19 PCR Tests are Scientifically
Meaningless, OffGuardian, 27. Juni 2020
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Artikel ist ursprünglich am 27. Juni 2020 im OffGuardian
auf Englisch erschienen (59). Die Übersetzung erfolgte durch die Autoren.
Immer wieder versuchten die Panikmacher (Bundesregierung und Co.) Ihren Masken-Wahn
durchzusetzen, dafür zauberten Sie immer wieder Studien aus dem Ärmel, die keineswegs in
irgendeiner Art und Weise aufzeigen konnten, dass Masken auch nur im Ansatz einen
Nutzen hätten. Eine der letzten dieser kuriosen Studien die von Mainstream-Medien
promotet wurde (Tagesschau), war die Studie der Universität Mainz (Mitze 2020) zur
thüringischen Stadt Jena, die in weiser Voraussicht als erste deutsche Stadt eine
Maskenpflicht in der Öffentlichkeit zum 6. April dekretiert hatte.
Folgend werde ich Ihnen aufzeigen, dass die Masken nicht nur nicht schützen, sondern auch
schaden. Eine Regierung die solch eine Unverhältnismäßigkeit an den Tag legt, gehört sofort
entlassen. Vor allem wenn diese (Bundesregierung) sich selbst von der Maskenpflicht befreit.
Begründung: "Sie gelte aber nicht für Abgeordnete, da diesen nicht vorgeschrieben werden
könne, ihr Mandat nur mit Maske ausüben zu dürfen."
1. Maskierter Schwachsinn in Jena... - 11.06.2020: Studie der Universität Mainz (Mitze 2020)
zur thüringischen Stadt Jena. Ein Wunder - schon 3 - 4 Tage nach Inkrafttreten der
Verordnung sistierte jedweder garstige Anstieg der Fallzahlen in Jena. Das RKI selbst geht
davon aus, "Ein Effekt der jeweiligen Maßnahmen kann jedoch erst mit einem Zeitverzug von
2 – 3 Wochen erkennbar sein, u. a. wegen der bis zu 14-tägigen Inkubationszeit von
SARS-CoV-2 und zusätzlich, weil es zwischen Erkrankung und Erhalt der Meldungen am Robert
Koch-Institut (RKI) einen Zeitverzug gibt." (RKI 2020). Was auch immer also die Ursache des
auffallenden Kurvenverlaufs in Jena sein mag (veränderte Testzahlen? veränderte
Teststrategie? verändertes Meldeverhalten? ...) - eines ist sicher: das Maskentragen ab dem
06.04. kann es definitiv nicht sein.
201
2. Angesichts der aktuellen Diskussion um den Trend zu Teilverschleierung kommt eine
Metaanalyse eines Teams um den britischen Cochrane-Forscher Tom Jefferson gerade recht -
veröffentlicht am 30.03.2020 heißt es dort:
"There was no reduction of influenza-like illness (ILI) cases (Risk Ratio 0.93, 95%CI 0.83 to 1.05)
or laboratory-confirmed influenza (Risk Ratio 0.84, 95%CI 0.61-1.17) for masks compared to
no masks in the general population, nor in healthcare workers (Risk Ratio 0.37, 95%CI 0.05 to
2.50). There was no difference between surgical masks and N95 respirators: for ILI Risk Ratio
0.83 (95%CI 0.63 to 1.08), for laboratory-confirmed influenza Risk Ratio 1.02 (95%CI 0.73 to
1.43)."
Übersetzt:
[Es gab keine Verminderung grippaler Infekte […] oder laborbestätigter Influenza-Fälle im
Vergleich Masken/keine Masken - weder in der Allgemeinbevölkerung noch bei Beschäftigten
im Gesundheitswesen. Es gab keinen Unterschied zwischen chirurgischen OP-Masken und
N95 respirators [grob vergleichbar den deutschen FFP2- oder FFP3-Masken] - weder für
grippale Infekte, noch für laborbestätigte Influenza].
3. Team Xiao CDC (US-Seuchenbehörde) Masken haben keinen Nutzen
Bezog sich Jeffersons Metaanalyse auf das Tragen von Masken durch medizinisches
Personal, hat diese - noch nicht einmal offiziell erschienene - Metaanalyse der
amerikanischen CDC die Effektivität des Tragens von Masken in der Öffentlichkeit als
Schutz vor Influenza untersucht und widerlegt: "We did not find evidence that
surgical-type face masks are effective in reducing laboratory-confirmed influenza
transmission, either when worn by infected persons (source control) or by persons in
the general community to reduce their susceptibility."
Übersetzt:
[Wir fanden keinen Beweis, dass chirurgische Gesichtsmasken zum Verringern der
Übertragung einer laborbestätigten Influenza wirksam seien, weder wenn sie von
Infizierten, noch wenn sie von der allgemeinen Bevölkerung getragen wurden, um
deren Empfänglichkeit zu vermindern.]
4. Bae 2020 -Masken schützen nicht!
Eine weitere Studie hat den Schutzeffekt verschiedener Maskentypen speziell bei
SARS-CoV-2 untersucht: SARS-CoV-2-infizierte Patienten husteten die Viren sowohl
durch chirurgische, als auch durch Baumwollmasken schlicht hindurch...
Anmerkung: Ich würde das Wort Viren nicht verwenden, da für das SARS-CoV-2 bis
heute kein Wissenschaftlicher Nachweis existiert, bei der die Koch'schen Postulate
eingehalten wurden. Nennen wir es was es ist: RNA-Schnipsel.
Ergänzend im Aerzteblatt
Update 07.07.2020
Die von Bae veröffentlichte Studie zur Unwirksamkeit von Masken speziell bei SARS-CoV-2 (s.
upate vom 08.04., zitiert auch im Deutschen Ärzteblatt) wurde mittlerweile auf Druck des
Journals zurückgezogen, weil die verwendete Methodik sich im Nachhinein als fragwürdig
erwies. Mehr als fragwürdig sind jedoch die Rahmenbedingungen dieser retraction: die
Autoren hatten der Zeitschrift ausdrücklich neue, belastbare Daten im Sinne der
Originalveröffentlichung angeboten, die Zeitschrift hatte dies jedoch kategorisch abgelehnt
(Bae Juni 2020).
Dem Kommentar auf der Seite des Journals ist nichts hinzuzufügen [Hervorhebung von
mir]: "Concerned that the editors wouldn't allow you to update your study - In your retraction
statement, you said, 'We proposed correcting the reported data with new experimental data
from additional patients, but the editors requested retraction.' This is concerning. The
202
scientific and medical community should welcome corrected reporting and new data. That's
how we learn and grow and come closer to the truth. There is no down side to allowing you
to public an updated/corrected study. This makes no sense and raises concerns about the
motivations of the editors."
Übersetzt:
"Besorgt darüber, dass die Herausgeber Ihnen nicht erlauben würden, Ihre Studie zu
aktualisieren - In Ihrer Erklärung zur Rücknahme sagten Sie: 'Wir schlugen vor, die
berichteten Daten mit neuen experimentellen Daten von zusätzlichen Patienten zu
korrigieren, aber die Herausgeber forderten eine Rücknahme. Dies ist bedenklich. Die
wissenschaftliche und medizinische Gemeinschaft sollte korrigierte Berichte und neue Daten
begrüßen. Auf diese Weise lernen und wachsen wir und kommen der Wahrheit näher. Es gibt
keinen Nachteil, wenn man Ihnen erlaubt, eine aktualisierte/korrigierte Studie zu
veröffentlichen. Das macht keinen Sinn und wirft Bedenken hinsichtlich der Motivation der
Herausgeber auf".
203
10. Eine von der US-Gesundheitsbehörde CDC veröffentliche Metastudie vom Mai 2020
zu Influenza-Pandemien kam ebenfalls zum Ergebnis, dass Atemschutzmasken keine
Wirkung zeigten.
11. Eine umfangreiche Literaturauswertung durch einen kanadischen Forscher ergab,
dass Atemschutzmasken keinen nachweisbaren Schutz gegen Erkältungen und
Influenza bieten.
12. Auch die Behörden betonen das das die "Community-Masken" keinen Schutz bieten.
Zur medizinischen Notwendigkeit der Maskenpflicht stellen sich erhebliche Fragen.
Das zum Bundesgesundheitsministerium gehörende Bundesinstitut für Arzneimittel
und Medizinprodukte erklärt zum gesundheitlichen Nutzen von Stoffmasken, eine
Schutzwirkung sei „in der Regel nicht nachgewiesen“. Die Masken könnten aber „das
Bewusstsein für 'social distancing' sowie gesundheitsbezogenen achtsamen Umgang
mit sich und anderen unterstützen“. Die Behörde betont:
„Träger der beschriebenen 'Community-Masken' können sich nicht darauf verlassen,
dass diese sie oder andere vor einer Übertragung von SARS-CoV-2 schützen, da für
diese Masken keine entsprechende Schutzwirkung nachgewiesen wurde.“
Das heißt: Die Vermummung hilft zwar kaum, hält aber den Angstlevel weiter hoch.
Der Virologe Christian Drosten formulierte es diese Woche so:
„Masken sind eine Ergänzung der Maßnahmen und eine Erinnerung für alle an den
Ernst der Lage!“
13. die Klinik für Infektiologie/Spitalhygiene stellt die Maskenpflicht in Frage.
Helfen Masken Luftübertragung zu reduzieren?
Die Frage ist nun, ob Masken die Übertragung über die Luft verhindern können. Und
vor allem, ob dieser mögliche Effekt auch relevant sei. Hier stützten wir uns zunächst
auf die epidemiologische Analyse der WHO [WHO-report, 28.2.20, Seite 8]. Laut
dieser stellten die Epidemiologen fest, dass das Corona-Virus im Wesentlichen durch
Kontakt und Tröpfchen übertragen wird. Der Beitrag von Aerosolen bei der
Übertragung sei vernachlässigbar. Im Zusammenhang mit COVID-19 bestätigt sich
diese Hypothese in zwei Arbeiten [Ong et al 3.3.20 und Ng et al, 16.3.20].
14. Dr. Chalid Ashry" (besitzt 3 Apotheken und ist Gesundheitsfachmann für
Fitnessstudios) , er sagt aus, dass die Masken keinen nutzen haben, sondern
schädlich sind, des Weiteren fordert er die Öffnung von Sporteinrichtungen.
15. Die American Medical Association hat soeben ein Positionspapier zu Masken
veröffentlicht:
"Gesichtsmasken sollten nicht von gesunden Personen getragen werden, um sich vor
Atemwegsinfektionen zu schützen, da es keine Belege dafür gibt, dass
Gesichtsmasken, die von gesunden Personen getragen werden, wirksam vor
Krankheiten schützen können. Gesichtsmasken sollten denjenigen vorbehalten bleiben,
die sie benötigen, da Masken während Zeiten weit verbreiteter Atemwegsinfektionen
knapp werden können. Da N95-Atemschutzmasken spezielle Passformtests erfordern,
werden sie nicht für den Gebrauch durch die Allgemeinheit empfohlen"
16. "Eine vor kurzem durchgeführte sorgfältige Prüfung der Literatur, bei der 17 der
besten Studien analysiert wurden, kam zu dem Schluss, dass "keine der Studien eine
schlüssige Beziehung zwischen dem Gebrauch von Masken/Atemschutzmasken und
dem Schutz vor einer Grippeinfektion herstellte".
Quelle: bin-Reza F et al. The use of mask and respirators to prevent transmission of
204
influenza: A systematic review of the scientific evidence. Resp
Viruses2012;6(4):257-67.(https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5779801/
17. In einer Studie aus Singapur die in Ihren Tests aufzeigten, welche Größen (Partikel)
eine N-95-Maske aufhalten kann: "Es hat sich gezeigt, dass N-95-Masken 95% der
luftgetragenen Partikel mit einem mittleren Durchmesser >0,3 blockieren μm2,
wohingegen Standard-Gesichtsmasken je nach Maske 50-70% der Partikel blockieren
können" Der Zusatztext "Tragen Sie sie nur in medizinischer Umgebung" ist wichtig!
Anmerkung: die Studie gibt zu, dass diese Pilotstudie einige Einschränkungen
aufweist.
1. Die Studienteilnehmeranzahl war viel zu klein
2. Die Zeiten, die die Teilnehmer Ihre Masken/Schilder auf hatten war viel zu kurz
Interessanter Fakt dazu ist folgender: Die >0,3 μm sind 300 Nanomater, die
behaupteten Viren haben aber Größen im Bereich von 120 Nanometer, diese
könnten allein aus diesem Grund gar nicht durch die N-95 Masken (in Deutschland
wären das die FFP2 und FFP3 Masken) aufgehalten werden. Da bekommt der Satz:
"Mit meinem Gartenzaun halte ich die Mücken fern" einen Sinn.
18. Das Tragen eines Gesichtsschutzes kann Kopfschmerzen verursachen und den
Sauerstoffgehalt reduzieren - Eine kürzlich durchgeführte Studie mit 159
Mitarbeitern des Gesundheitswesens im Alter von 21 bis 35 Jahren hat ergeben, dass
81% Kopfschmerzen durch das Tragen einer Gesichtsmaske entwickelten... Das heißt,
eine Verringerung der Sauerstoffzufuhr im Blut (Hypoxie) oder eine Erhöhung des
CO2-Gehalts im Blut (Hyperkapnie). Es ist bekannt, dass die N95-Maske, wenn sie
stundenlang getragen wird, die Oxygenierung des Blutes um bis zu 20% verringern
kann. Und eine korrekte Oxygenierung des Blutes ist für Energie, geistige Klarheit,
Konzentration und emotionales Wohlbefinden von entscheidender Bedeutung.
Quelle: Ong JJY et al. Headaches associated with personal protective equipment- A
cross sectional study among frontline healthcare workers during COVID-19. Headache
2020;60(5):864-877.
19. "Das Tragen einer Gesichtsmaske führt dazu, dass das Kohlendioxid (CO2), das die
Lunge auszustoßen versucht, wieder eingeatmet wird. Dies wiederum reduziert die
Immunreaktion, wirkt sich negativ auf die Funktion der Epithelzellen (Zellen in den
Lungen und Blutgefäßen) aus und senkt die Menge des Sauerstoffaustauschs über die
Alveolarmembranen."
Dies kann bei einer Krankheit wie COVID-19 eindeutig einen negativen Einfluss haben.
Quelle: Nature Scientific Reports
20. "Das Tragen einer Gesichtsmaske kann Ihr Infektionsrisiko erhöhen. Der letzte Punkt
betraf den Abfall des Sauerstoffgehalts nach dem Tragen einer Maske. Ein Abfall der
Sauerstoffkonzentration (Hypoxie) ist mit einer Beeinträchtigung der Immunität
verbunden. Studien haben gezeigt, dass Hypoxie die Art der Hauptimmunzellen
hemmen kann, die zur Bekämpfung von Virusinfektionen eingesetzt werden, den so
genannten CD4+ T-Lymphozyten. Dies geschieht, weil die Hypoxie den Spiegel einer
Verbindung namens Hypoxie-induzierbarer Faktor-1 (HIF-1) erhöht, der
T-Lymphozyten hemmt und eine starke Immunhemmungszelle namens T-regs
stimuliert. Dadurch wird die Voraussetzung dafür geschaffen, sich mit einer Infektion,
einschließlich COVID-19, anzustecken und die Folgen dieser Infektion viel
schwerwiegender zu machen. Im Grunde genommen kann Ihre Maske Sie sehr wohl
205
einem erhöhten Infektionsrisiko aussetzen und, wenn dies der Fall ist, zu einem viel
schlechteren Ergebnis führen. Darüber hinaus kann eine verringerte Oxygenierung das
Krebswachstum beschleunigen."
Quellen:
1. Shehade H et al. Cutting edge: Hypoxia-Inducible Factor-1 negatively regulates Th1
function. J Immunol 2015;195:1372-1376.
2. Westendorf AM et al. Hypoxia enhances immunosuppression by inhibiting CD4+
effector T cell function and promoting Treg activity. Cell Physiol Biochem
2017;41:1271-84.
3. ceneay J et al. Hypoxia-driven immunosuppression contributes to the
premetastatic niche. Oncoimmunology 2013;2:1 e22355.
21. "Das Tragen von Gesichtsmasken ist eine ständige Erinnerung daran, dass wir uns vor
diesem unsichtbaren Feind oder "Monster", wie einige Politiker es genannt haben,
fürchten sollten. Es besteht kein Zweifel, dass das Tragen einer Maske die Sorge und
Furcht vor COVID-19 verstärkt. es hinterlässt ein Gefühl der Angst.
Dies ist ein weiterer Faktor im Zusammenhang mit der immunsuppressiven Wirkung
von Gesichtsmasken."
Quelle: Buch aus dem Jahr 2007 mit dem Titel Cytokines (Zytokine): Stress und
Immunität - Zweite Auflage 2007. (Kapitel 2)
22. Was sagen einige Regierungsbehörden?
"Das Tragen einer medizinischen Maske hat einen 'sehr geringen Schutzvorteil'
gegenüber dem Tragen von gar nichts in einer gemeinschaftlichen Umgebung. Das
Risiko, eine Virusinfektion zu bekommen, wird um 6% reduziert."
"Insgesamt gelten gewöhnliche Stofftuchmasken nicht als Schutz gegen
Atemwegsviren und ihre Verwendung sollte nicht gefördert werden."
Es wird noch auf viele weitere Punkte eingegangen.
Quelle: Ventura County
Zusammenfassung der Regierungen:
"Insgesamt wurden in dem Dokument 18 Argumente und Studien gegen die
Wirksamkeit und den Einsatz von Masken und 10, die einen begrenzten Nutzen
aufzeigen, vorgestellt. Nach sorgfältiger Prüfung der Vor- und Nachteile lande ich
ganz klar gegen die Verwendung von Masken, wenn sie nicht von medizinischem
Personal in einer klinischen Umgebung verwendet werden oder wenn eine Person, die
sich in unmittelbarer Nähe einer infizierten Person befindet, Gefahr läuft, direkt
angehustet oder angeniest zu werden, wie bei der Pflege oder dem Besuch einer
kranken Person."
Quelle:
https://vcportal.ventura.org/CEO/VCNC/2020-05-05_VCNC_Masks_Pros_and_Cons.p
df
23. Masken sind definitiv Keimschleudern!
Wir haben über ein mikrobiologisches Labor (welches anonym bleiben will!) Masken
untersuchen lassen, die sich als wahre Biotope herauskristallisierten.
Wir untersuchten insgesamt 32 Masken von unterschiedlichen Personen, die ihre
Masken unterschiedlich lange trugen. Erschreckend war allerdings, dass auch schon
Masken, die nie getragen wurden, ein erhebliches Keimspektrum aufwiesen, da diese
nicht steril verpackt waren.
Die Masken wurden auf verschiedene Kulturmedien aufgetupft und diese dann
bebrütet. Wir haben folgende Keime in den Kulturen der verschiedenen Masken
206
(A-E) gefunden:
• Milchsäure produzierende Laktobazillen (A, B, C, Da, Db, E)
• Streptococcus mutans (A, B, C, Da, Db, E)
• Streptococcus aureus (Da)
• MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) (Da)
• Staphylococcus epidermis (B, C, Da)
• Staphylococcus Pneumonia (Pneumokokken) (A, B, Da, Db, E)
• Enterococcen (E.coli und andere) (A, B, Da, Db, E)
• Hämophillus influenza (B, Da)
• Pseudomonas (B, Da, Db)
• Neisseria menigitidis (3x Da, 1x Db)
.....
24. Das längere Tragen kann sich negativ durch eine massive Keimbelastung auf die
Gesundheit auswirken. Selbst das RKI äußert hier Bedenken.
Dort heißt es: "die Bedeckung muss durchgehend eng anliegend über Mund und Nase
getragen und bei Durchfeuchtung gewechselt werden; sie darf während des Tragens
nicht (auch nicht unbewusst) zurechtgezupft werden und auch nicht um den Hals
getragen werden."
Anm: Dies würde vermehrt die Keimbesiedlung anregen.
25. Ausarbeitung „Mund-Nasen-Bedeckung“ und Freiheitsrechte der Bundesregierung
In der Ausarbeitung vom 30.04.2020 heißt es auf Seite 15:
"Wissenschaftlich belegt ist die Schutzwirkung von einfachen
Mund-Nasen-Bedeckungen bisher nicht"
26. Das RKI bestätigt keine wissenschaftliche Grundlage für das tragen einer
Mund-Nasen-Bedeckung
In dem Bericht des RKI's zum Thema Mund-Nasen-Bedeckung heißt es unter anderem:
"Eine solche Schutzwirkung ist bisher nicht wissenschaftlich belegt, sie erscheint aber
plausibel. Hingegen gibt es für einen Eigenschutz keine Hinweise." und... „Dabei muss
berücksichtigt werden, dass es Personen gibt, die aus medizinischen oder anderen
triftigen Gründen keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen können.“
Wir sehen also, auch das RKI geht von einer Plausibilität aus, aber eine aussagestarke
Evidenz können Sie nicht Vorweisen.
27. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bestätigt auf seiner
Internetseite, dass gar keine Schutzwirkung von einfachen Masken gewährleistet
ist und kein Virenschutz nachgewiesen werden konnte
Zitat: "Träger der beschriebenen Masken können sich nicht darauf verlassen, dass
diese sie oder andere vor einer Übertragung von SARS-CoV-2 schützen, da für diese
Masken keine entsprechende Schutzwirkung nachgewiesen wurde."
28. Schlussfolgerung der größten Vereinigung der US Ärzte und Chirurgen (AAPS):
• Das Tragen von Masken reduziert SARS-CoV-2 nicht.
•Denken Sie daran - Kinder unter 2 Jahren sollten keine Masken tragen -
versehentliches Ersticken und Atembeschwerden sind möglich
•Die Designermasken und -schals bieten nur minimalen Schutz - sie geben sowohl
dem Träger als auch seinen Mitmenschen ein falsches Sicherheitsgefühl.
** Ganz zu schweigen davon, dass sie der Situation eine perverse Unbeschwertheit
verleihen.
207
•Chirurgische Masken sind besser als Stoffe, aber nicht sehr wirksam bei der
Verhinderung von Emissionen infizierter Patienten.
208
massiv zurückgegangen waren und kaum mehr präsent waren und das alles ohne
Masken.
37. Maskerade - die Wissenschaft verhüllt beschämt ihr Antlitz... - update 30.07.2020
Vielleicht erinnern sich aufmerksame Leser/innen noch an den Tönnies-Ausbruch
Ende Juni in Gütersloh - dort hatten sich mutmaßlich mehr als 1500 meist
ausländische Mitarbeiter eines Schlachthofes infiziert (woraufhin als erste
Maßnahme wie immer erst einmal die Schulen geschlossen wurden...).
Ein wesentlicher Aspekt jedoch bleibt in der Berichterstattung jedoch unerwähnt: bei
Tönnies galt - so führt es auch die Studie zum Ausbruch auf - strenge Maskenpflicht:
"Simple one-layer face masks were made compulsory", dies wurde auch während
unangekündigter Kontrollbesuche der zuständigen Behörden überprüft (Günther
2020).
Da ist man doch froh, dass die Masken mit der ihnen eigenen Effektivität
Schlimmeres verhindert haben - wer weiß, wie viele Kilometer die Aerosole sonst...
38. Niederlande: "wissenschaftliche Beweise reichen für Maskenpflicht nicht aus" -
29.07.2020
In den Niederlanden wird es keine Verpflichtung zum Tragen von Gesichtsmasken
geben - die wissenschaftlichen Beweise reichten für eine Maskenpflicht nicht aus
(Tagesschau.de vom 29.07.2020). "From a medical point of view, there is no evidence
of a medical effect of wearing face masks, so we decided not to impose a national
obligation," so die niederländische Gesundheitsministerin Tamara van Ark
(politico.eu 30.07.2020)
Als wäre das alles noch nicht Beweis genug, (Liste spiegelt keine Vollständigkeit wieder) ist
der Affenzirkus rund um den Meinungswechsel zwischen Masken helfen nicht und Masken
helfen innerhalb der sogenannten Panikmacher "Experten" eigentlich ein Armutszeugnis und
ein Zugeständnis an diejenigen, die immer wieder mit faktisch belegbaren Argumenten
versuchten aufzuzeigen, dass Masken eben keinen sicheren Schutz bieten können.
Schauen wir uns doch einfach mal an, was damit gemeint ist und machen Sie sich selbst ein
Bild davon.
1. Virologe Christian Drosten Berliner Charité (Masken haben keinen Nutzen)
Auch wenn ich Christian Drosten wirklich nicht nennen möchte, da dieser Mann so
209
viele falsche Entscheidungen getroffen hat und Unwahrheiten verbreitete (2009
Schweinegrippe-Skandal), möchte ich damit aufzeigen, dass selbst der Berater
unserer Bundesregierung aussagt, es gäbe keinen Nutzen für die Masken.
(Prof. Dr. Christian Drosten - Mit einer Maske ist das Virus nicht aufzuhalten)
2. 30.01.2020: Spahn in Bild Online gegen Masken: “Spahn: „Ein Mundschutz ist nicht
notwendig, weil der Virus gar nicht über den Atem übertragbar ist.“ Bedeutet: Eine
Maske bietet keinen zusätzlichen Schutz. Da hat er noch die Wahrheit gesagt.
Anm: Womit er Recht hatte, es ist nicht über Aerosole übertragbar.
3. Montgomery (Ärztepräsident) hält Maskenpflicht für falsch
In Deutschland wurde eine Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr und in
Einzelhandelsgeschäften eingeführt. Der Präsident des Weltärzteverbands, Frank
Montgomery, hat dies als „falsch“ und die vorgesehene Verwendung von Schals und
Tüchern als „lächerlich“ kritisiert
Quelle: Aerzteblatt
4. Merkel: Masken können zu Virenschleuder werden
Das überrascht nicht. Kanzlerin Merkel warnte bereits zuvor, dass ein möglicher
Maskenzwang zu übermäßiger Sorglosigkeit beim Abstandhalten zwischen den
Menschen führen könnte.
"Dies sei nach wie vor am wichtigsten, sagte sie zuvor beim Kabinettsfrühstück mit
den Spitzen der Union (per Schalte). Jeder wisse, dass eine Maske schon nach einer
halben Stunde so durchfeuchtet sei, dass sie selbst zur Virenschleuder werde."
5. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht im Kampf gegen die Ausbreitung
des Coronavirus keinen starken Nutzen im allgemeinen Tragen eines Mundschutzes.
Es gebe keinerlei Anzeichen dafür, dass damit etwas gewonnen wäre, sagte der
WHO-Nothilfedirektor Michael Ryan im März. Vielmehr gebe es zusätzliche Risiken,
wenn Menschen die Masken falsch abnehmen und sich dabei womöglich infizieren.
"Unser Rat: wir raten davon ab, Mundschutz zu tragen, wenn man nicht selbst krank
ist." (21.04.2020)
6. Jetzt doch: WHO empfiehlt das Tragen von Gesichtsmasken (09.06.2020)
7. WHO ändert ihre Meinung: Schutzmasken können Risiko einer Corona-Ansteckung
erhöhen
8. Auch der von der Regierung zu Anfang behauptete Vorgang einer Sterilisation der
Maske durch das Erwärmen mit einer Mikrowelle oder Ofen, hätte jedem schon
seltsam vorkommen müssen, aber wenigstens hat die Regierung diese Absurdität
wieder zurückgezogen. Leider bekommt das mit Bürger wieder kaum mit.
Doch die Sterilisation durch Erhitzen ist doch nicht so sinnvoll wie angenommen, wie
das ZDF-Format Frontal21 berichtete. In einem Papier des Bundesinstituts für
Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das Frontal21 exklusiv vorliegt, wird das
bisher von der Bundesregierung befürwortete Aufbereitungsverfahren per
Trockenhitze bei 70 Grad als ungeeignet eingestuft. So zitiert Frontal21 aus der
Arbeit, dass das Prozedere nicht ausreiche, um eine vollständige Inaktivierung
infektiöser Viruspartikel auf den inkubierten Masken zu erzielen. Weiter heißt es:
"Damit kann dieses Verfahren nicht mehr für die Dekontamination von Masken
empfohlen werden." Das BfArM fordert deshalb, das aktuelle Aufbereitungsverfahren
unverzüglich zu beenden.
Wie sagt man so schön einer geht noch? Selbstverständlich doch. Es gibt immer jemanden,
der von solchen Sinnlosen Aktionen wie einem Maskenzwang profitiert.
210
Die Ehefrau des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, Karin
Baumüller-Söder, stellt die Produktion in ihrem Traditions-Familienunternehmen teilweise
um und produziert jetzt für Corona-Krise Gesichts-Schilde (Face Shields) als Ergänzung zu
Atemschutzmasken.
Karin Baumüller-Söder, geborene Baumüller (* 1973 in Nürnberg), ist die Ehefrau des
bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder und Miteigentümerin der
Baumüller-Gruppe.
Auf der Webseite des Unternehmens heißt es:
„Baumüller Services, eine Tochter der Nürnberger Firmengruppe Baumüller, reagiert auf die
aktuellen Herausforderungen und stellt einen Teil seiner Fertigung auf die Herstellung von
Face Shields um.
https://www.baumueller.com/de/hygiene-buddy
https://www.b-und-i.de/index.php/baumueller-stellt-face-shields/
Wie Sie abschließend sehen, ist die Maskerade eine Art Erniedrigung, jedenfalls bietet sie
keinen Nutzen, erinnert aber an finstere Zeiten, als Sklaven diese tragen mussten. Mein
Tipp, wenn alle endlich anfangen diese Maulkörbe, denn mehr sind diese nicht, abzulegen
und wieder anfangen zu Leben, wie es richtig wäre, dann wäre der Masken-spuk von
einem auf den anderen Tag vorbei.
Jemand hat es mal treffend mit etwas Ironie gesagt. Er sagte: "stellen Sie sich vor, sie pupsen,
sie haben mehrere Hosen an, dennoch kommt der Geruch in die Nase" ;)
Grafik 1
Monatelang wurde von der "Qualitäts-Presse" versucht, Schweden für seine Strategie
anzugreifen. Dies geschah mit allen Mitteln, man griff nach jedem Strohalm, damit die
künstliche Panikmache nicht auffliegt. Immer wieder ist aufgefallen, dass Medien wichtige
Informationen absichtlich? weggelassen haben, um ein Bild zu erzeugen, in Schweden würde
es drunter und drüber gehen. Fakt ist, zu keinem Zeitpunkt gab es auch nur den Hauch eines
Problems mit dieser herbeigerufen Test-Epidemie, die nie existierte. Nachdem man diesen
Fakt nicht mehr unterdrücken konnte, musste selbst die WHO zurückrudern und den Fehler
211
eingestehen. Die Strategie Schweden's gelte doch als Vorbild. In diesem Artikel werde ich
alle Fakten zu Schweden auf den Tisch werfen und Ihnen beweisen, Schweden ist das
Vorzeigemodell! Dieser Artikel bietet Ihnen eine Umfangreiche Argumentationsliste, um Ihr
Umfeld zum Nachdenken anzuregen.
Lassen Sie uns loslegen.
1. Das Durchschnittsalter der Menschen die in Schweden mit einem positiven PCR-Test
gestorben sind, lag bei sage und Schreibe 86 Jahren. Es ist ironisch, dass die Hälfte
der schwedischen Todesfälle bei Menschen über 86 Jahren liegt. Die
Lebenserwartung in Schweden beträgt 83, in den USA 79, so dass es nicht
verwunderlich ist, dass es in Schweden relativ gebrechlichere ältere Menschen gibt.
2. 75 % Prozent der mit Covid-19 verstorbenen kamen aus Alten/Pflegeheimen. Ein
Lockdown hätte also an der Sache nichts bewirkt. Auch in Deutschland hat der
Lockdown zu keinem Zeitpunkt einen Einfluss auf die Infektionen gehabt.
Zudem ist oft nicht klar, ob diese Menschen wirklich an Covid-19 starben oder am
wochenlangen Stress und der totalen Isolation. So gab es in englischen Pflegeheimen
ca. 30,000 zusätzliche Todesfälle, aber bei nur 10,000 ist Covid19 auf dem
Totenschein vermerkt. Auch im OFR wird auf den Schwerpunkt der Pflegeheime
verwiesen.
3. In Schweden wurde nie eine Maskenpflicht eingeführt.
"Gesichtsmasken im öffentlichen Raum bieten keinen größeren Schutz für die
Bevölkerung", sagte Johan Carlson vom schwedischen Gesundheitsamt
Folkhälsomyndigheten auf einer Pressekonferenz am 13. Mai. Scheinbar hat sich
Schweden die Mühe gemacht und die wissenschaftliche Faktenlage diesbezüglich
analysiert. Sie können in meinem Artikel Der Maskenbetrug ist entzaubert die
umfangreichste Zusammenfassung zum Maskenbetrug lesen.
4. Die Gesamtsterblichkeit lag in Schweden unter den Peaks der Saisonalen
Grippewellen der letzten 30 Jahre
5. Schweden führte keinen Lockdown ein und auch keine Schulschließung!
"Johan Giesecke ist einer der renommiertesten schwedischen Epidemiologen. Er berät
die schwedische Regierung und die Weltgesundheitsorganisation. Lockdowns hält er
für sinnlos, die Ausbreitung des Coronavirus einzuschränken für hoffnungslos.
Politiker wollen die Pandemie ihm zufolge nützen, um sich zu profilieren und setzen
Maßnahmen um, die wissenschaftlich kaum belegt sind."
6. Schweden hat keinen negativeren Verlauf als viele andere Länder erlebt.
7. Schweden hat eine deutlich niedrigere Sterblichkeitsrate als Frankreich, Spanien,
Großbritannien, Belgien, Italien und andere Länder der Europäischen Union!
Siehe zusätzlich Grafik Euromomo am Ende des Artikels (Grafik 1)
8. WHO muss zurück rudern und großen Irrtum eingestehen! Schweden ist kein
Risikoland und das ohne Lockdown!
9. Dr. Anders Tegnell ist seit 2013 Staatsepidemiologe der schwedischen
Gesundheitsbehörde. Er nennt den Lockdown der anderen Staaten einen Fehler
"Der verhängte Lockdown werde weit schlimmere Folgen für die Menschen und
Wirtschaft haben, als der vermeintliche Nutzen aufgrund dieser Maßnahmen."
....
Auf die Frage, weshalb die WHO die Daten falsch interpretiere, antwortete Tegnell:
"Niemand von der Weltgesundheitsorganisation hat sich bei den schwedischen
Behörden gemeldet habe, um über die Zahlen zu sprechen. So sei auch die Tatsache
untergegangen, dass in Schweden einfach deutlich mehr getestet wurde, als es in den
212
vergangenen Monaten der Fall war, erklärte er".
Es geht darum, dass in Schweden die Zahlen kurz gestiegen sind, der Grund dafür war
sofort klar, die nichts aussagenden PCR-Tests wurden massiv ausgeweitet. Sie können
in meinen Artikeln "Der PCR-Test ist nicht validiert" und
"PCR: Ein DNA-Test wird zum Manipulations- instrument" nachlesen, warum dieser
Test keine Aussagekraft hat.
10. Schweden hat im Vergleich (Jahr 2020) zu den Jahren 2015 - 2019 zum Stand
26.06.2020, 3048 Tote mehr, dies liegt zwar durchschnittlich höher, macht aber auf
den Tag gerechnet nur 17 Tote mehr. Zwei wesentliche wichtige Informationen sind
dabei enorm zu berücksichtigen.
1. Das hohe durchschnittliche Sterbealter von 86 Jahren und
2. Der massive Abfall der Todesraten seit dem 18. Juni siehe Grafik 2 am Ende des
Artikels
3. Schweden hat im Jahr 2020 eine geringere Sterberate als in den Jahren 2015, 2017,
2018.
2015 = 46.245
2016 = 44.311
2017 = 45.742
2018 = 45.893
2019 = 42.781
2020 = 45.189
Sie bekommen die Daten von SCB (Statistics Schweden) direkter Downlaod
Sie sehen also, Schweden hatte zu keinem Zeitpunkt außergewöhnliche Zustände und
das obwohl jeden Tag behauptet wird, wir haben ein Killervirus! Staatsführer wie
beispielsweise Macron sagten: "Frankreich "im Krieg" gegen Coronavirus".
Wir können Schweden nur danken, dass sie dieses perfide Spiel nicht mitgemacht
haben und so die Panikmacher vorgeführt haben.
Update 15.07.2020 (Die Zahlen scheinen sich zu verändern, auch Rückläufig, damit
eine sichere Aussage gemacht werden kann, muss immer die aktuellste Datei geladen
werden)
11. Ein Vergleich zwischen Großbritannien (Lockdown) und Schweden (kein Lockdown)
zeigt keinen gravierenden Unterschied bei der Anzahl der erfassten
Covid-19-Erkrankungen und -Todesfälle. Siehe Grafik 3 am Ende des Artikels
12. Keine Sperrung, keine geschlossenen Geschäfte oder Grundschulen, kein Aufenthalt
zu Hause, keine Maskenpflicht. Und auch keine Katastrophe. Schweden setzte
hauptsächlich auf die Eigenverantwortung und Kooperation der Bevölkerung. Dieses
Vorgehen bewährte sich und Schweden sah in der Allgemeinbevölkerung lediglich
eine geringe Sterblichkeit im Rahmen einer saisonalen Grippewelle.
13. Obwohl Schweden über eine der tiefsten intensivmedizinischen Kapazitäten Europas
verfügt, blieb der Effekt auf die Allgemeinbevölkerung minimal
14. Was passierte mit den älteren Menschen, die auch 75% der verstorbenen
eingenommen haben.
Mehrere Ärzte haben Alarm geschlagen, wie infizierte Menschen in Altersheimen zu
leicht eine Palliativbehandlung mit Morphium erhalten, die dazu führt, dass die
Atmung gestoppt wird.
Morphin statt Sauerstoff:"Gibt man einer bettlägrigen Person, die Atemnot und eine
Lungenerkrankung hat, Morphin und Schmerzmittel, dann nimmt man dieser Person
jede Chance zu überleben.".
213
Statt einer recht einfachen medizinischen Behandlung mit Sauerstoff hat man sich in
Schweden dazu entschieden, Alte mit Schmerzmitteln vollzupumpen und auf den
Erstickungstod warten zu lassen.
Weitere Informationen finden sie hier:
Aftonbladet (deutsch Abendblatt) ist eine schwedische Boulevardzeitung mit Sitz
in Stockholm.
15. Auch Weißrussland, Japan, Südkorea, und andere Länder haben keinen Lockdown
eingeführt und haben trotz dessen keinen negativeren Verlauf als viele andere
Länder erlebt.
16. Update 15.07.2020 : Die folgende Grafik zeigt die tatsächliche Entwicklung der
Corona-Todesfälle in Schweden (kein Lockdown, keine Maskenpflicht) im Vergleich
mit den Prognosen des Imperial College London (orange: keine Maßnahmen; grau:
moderate Maßnahmen). Die schwedische Jahresgesamtsterblichkeit liegt im Bereich
einer mittleren Grippewelle und 3.6% unter den Vorjahren.
Siehe Grafik 4
17. Vergleich der Todesfälle pro 100.000 November bis Mai alle Fälle seit 1990
Siehe Grafik 5 - Schweden: Gesamtsterblichkeit, November bis Mai, seit 1990
(SCB/Twitter)
Zusammenfassend gesagt: Schweden hat alles richtig gemacht und sich nicht
von der Panikmache beeinflussen lassen.
Obwohl Schweden Keine Sperrung, keine geschlossenen Geschäfte oder Grundschulen, kein
Aufenthalt zu Hause, keine Maskenpflicht eingeführt hat, gab es zu keiner Zeit eine
Auslastung des Gesundheitssystems. Schweden musste weder die Wirtschaft herunterfahren,
noch mussten Sie Einschränkungen im täglichen Leben vornehmen. Schweden hat Ihre
Mitbürger nicht gegängelt oder mit einer Maske erniedrigt. Die Fakten haben gezeigt und
das nicht nur Schweden, sondern auch in Deutschland und anderen Ländern, dass nie eine
Bedrohung existierte und das Social Distancing, sowie Lockdowns keinen Einfluss
( Cochrane-Untersuchung von 2011) | (“WHO: wenig bis keine wissenschaftlichen Belege”)
auf die "angebliche" Verbreitung eines "angeblichen" Virus haben!
214
Gra
fik 1: Schweden hat eine deutlich niedrigere Sterblichkeitsrate als andere Europäische Länder
215
Quelle: Euromomo
Grafik 3 Quelle
https://kopp-report.de/ein-vergleich-zwischen-grossbritannien-lockdown-und-schweden-kein-lockdo
wn/
216
Grafik 4: https://swprs.files.wordpress.com/2020/07/sweden-projection-reality-june-28.png
217
„Herdenimmunität“ nur noch via Impfung machbar
25. Dezember 2020 WiKa Gesellschaft, Gesundheit, Wissen 5
Propaganda-Land: Die WHO gilt als eine der zentralen Schalt- und Waltstellen in Sachen
SARS-COV-2 Pandemie, mit dem verbundenen Krankheitsbild COVID-19. Die
Weltgesundheitsorganisation ist eine wichtige Institution, der man allein schon deshalb
vertrauen muss, weil sie inzwischen überwiegend privat finanziert wird. Dadurch bedingt,
vertritt sie die Interessen der Pharmaindustrie vorbildlich und macht keinen Hehl mehr aus
ihren interessengeleiteten Förderern. Eine der großartigsten strategischen Leistungen bei
der Bewältigung von Krisen, im Sinne derer die daran verdienen, ist zuvorderst die
gründliche Gehirnwäsche der alsbaldigen Zwangskundschaft. Die Fachwelt darf ruhig
staunen oder laut stöhnen, solange sie zum Thema schweigt oder im Bedarfsfall zum
Schweigen gebracht wird.
Stand 9.6.2020:
What is herd immunity?
Herd immunity is the indirect protection from an infectious disease that happens when a
population is immune either through vaccination or immunity developed through previous
infection.
This means that even people who haven’t been infected, or in whom an infection hasn’t
triggered an immune response, they are protected because people around them who are
immune can act as buffers between them and an infected person.
The threshold for establishing herd immunity for COVID-19 is not yet clear.
218
Vaccines train our immune systems to create proteins that fight disease, known as
‘antibodies’, just as would happen when we are exposed to a disease but – crucially –
vaccines work without making us sick. Vaccinated people are protected from getting the
disease in question and passing it on, breaking any chains of transmission. Visit our webpage
on COVID-19 and vaccines for more detail.
With herd immunity, the vast majority of a population are vaccinated, lowering the overall
amount of virus able to spread in the whole population. As a result, not every single person
needs to be vaccinated to be protected, which helps ensure vulnerable groups who cannot
get vaccinated are kept safe.
Exakt das sind die kleinen Trippelschritte in Richtung Pharma-Paradies, die die bisherige Welt
auf den Kopf stellen. Man macht es in so kleinen Einheiten, damit es möglichst wenig auffällt.
Es ist schon schwer genug die alten Fundstellen zielgerichtet wieder auszugraben,
geschweige denn, in der Folge den gesunden Menschenverstand wieder in Betrieb zu
nehmen. Die Aussage steht übrigens in diametralem Gegensatz zu ersten Studien, wonach
sich durchaus auf natürlichem Wege eine gewisse Herdenimmunität in Sachen COVID-19
eingestellt haben könnte. Dies wiederum scheint nicht ins Konzept der
Dauerpandemie-Verfechter zu passen.
Bei derart harschen und abstrusen Sinneswandlungen muss sich die WHO fragen lassen, wie
korrupt sie eigentlich ist. Ins Bild passt, dass die großen Medien einen solchen Skandal nicht
einmal ansatzweise aufgreifen. Sie spielen, dem Geld folgend, getreulich mit. Kann man das
gewachsene Medizinwissen tatsächlich binnen Monaten so auf den Kopf stellen oder wird es
nur zu propagandistischen Zwecken zurechtgebogen. Vielleicht ist es es aber auch nur an der
Zeit die WHO für den Pinoccio-Award zu nominieren. Für so eine Leistung ist der leicht und
locker verdient.
219
Stanford Studie mit Top Medizin-Wissenschaftler Ioannidis zeigt keinen
Nutzen von Lockdowns
12. Januar 2021
https://tkp.at/2021/01/11/stanford-studie-mit-top-medizin-wissenschaftler-ioannidis-zeigt-keinen-nu
tzen-von-lockdowns/
Lockdown ist eine völlig neue Maßnahme, die erstmals von der chinesischen Führung in
Wuhan eingesetzt und anschließend massiv im Westen propagiert wurde. Bis dahin wurde
die Maßnahme als unwissenschaftlich und schädlich angesehen und auch von der WHO
abgelehnt. Es gab bisher schon viele Studien, die den nicht vorhanden Nutzen aber den
immensen Schaden aufzeigen. Nun wird dies auch von Top Stanford Wissenschaftlern John
A. Ioannidis und Jay Battacharya nachgewiesen. Der von November über Weihnachten
vorläufig bis Ende Januar fortgesetzte Lockdown in vielen Ländern richtet weiteren
enormen Schaden an, ohne Einfluss auf das Infektionsgeschehen zu haben.
In der eben veröffentlichten und bereits begutachteten Studie81 vergleichen die Autoren
Auswirkungen und Wirksamkeit von Maßnahmen mit unterschiedlichem Grad der Strenge.
Sie kommen zum Ergebnis, dass die restriktiven Maßnahmen epidemiologisch sinnlos sind,
aber enormen Schaden anrichten.
81
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/eci.13484
220
Folgen mit gesundheitlichen Auswirkungen, sollte der Nutzen genauer bestimmt werden,
statt ihn einfach zu behaupten, wie dies bisher geschah. Wir wissen, dass Gerichte
zunehmend die Maßnahmen der Behörden aufheben, da entweder keine Unterlagen über
den behaupteten Nutzen der Maßnahmen vorgelegt werden konnten oder diese einer
wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhielten.
Politiker und auch manche Berater aus dem wissenschaftlichen Umfeld behaupten den
Einfluss auf die Infektionen zu kennen. Die Autoren der Studie merken dagegen an, dass es
unmöglich ist die Auswirkungen nationaler Maßnahmen auf die Übertragung neuer
Infektionen zu bewerten, da die tatsächliche Zahl der Infektionen in keinem Land sichtbar ist.
Stattdessen folgen sie anderen Studien, die die Fallzahlen von Testungen verwenden und
gehen implizit davon aus, dass sie der zugrunde liegenden Infektionsdynamik wenigstens
annähernd entspricht.
In räumlich sehr beengten Bereichen hat sich auch gezeigt, dass Hausarrest die Ansteckung
beschleunigt hat. Mit anderen Worten: Es ist möglich, dass Hausarrestanordnungen die
Übertragung erleichtern, wenn sie den Kontakt von Person zu Person dort erhöhen, wo die
Übertragung effizient ist, wie z. B. in geschlossenen Räumen.
Die Studie hält auch fest, dass NPIs sehr starken Schaden anrichten. Zum Beispiel können
Schulschließungen sehr schwerwiegende Schäden verursachen, die allein im Frühjahr auf ein
Äquivalent von 5,5 Millionen Lebensjahren für Kinder in den USA geschätzt werden. Die
Berücksichtigung von Schäden sollte eine wichtige Rolle bei politischen Entscheidungen
spielen, insbesondere wenn eine NPI bei der Reduzierung der Ausbreitung von Infektionen
unwirksam ist.
Bemerkenswert ist, dass Schweden zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts keine
Grundschulen während des gesamten Jahres 2020 geschlossen hat. Es wurden keine
Beweise für ansteckungshemmende Effekte von verpflichtenden Schulschließungen
gefunden.
Zusammenfassend haben England, Frankreich, Deutschland, Iran, Italien, Niederlande,
Spanien und die USA mit ihren Lockdowns, Schul- und Betriebsschließungen, sowie den
Ausgangssperren und Hausarrest nicht mehr erreicht wie Schweden und Südkorea.
Es ist höchste Zeit, dass die Politik die Erkenntnisse der Wissenschaft akzeptiert und aufhört
weiterhin immensen Schaden anzurichten.
So wird der gegenwärtige zweite Lockdown in Deutschland mit den angestiegenen positiven
Testergebnissen begründet, die angeblich die dramatische Ausbreitungs-Dynamik des
Corona-Virus anzeigen. Da die „festgestellten Infektionen“ die (willkürlich gesetzte) Grenze
von 35 bzw. 50 pro 100.000 Menschen fast überall übersteigen, wurde eine weitere
221
verschärfte Einschränkung der Grundfreiheiten diktatorisch verfügt – mit all ihren
verheerenden psychischen, gesundheitlichen, kulturellen und wirtschaftlich-materiellen
Folgeschäden.
Dem entziehen die Wissenschaftler mit ihrer vernichtenden Kritik des Drosten-PCR-Tests 1
endgültig die Grundlage. Die totalitären Maßnahmen des Staates haben keine
wissenschaftliche Fakten-Grundlage. –
Das Wort der beteiligten 22 Gutachter wiegt schwer, da sie über geballtes Fachwissen auf
diesem Gebiet verfügen. Unter ihnen ist z.B. der Ex-Forschungsleiter von Pfizer Dr. Michael
Yeadon, der Genetiker Kevin McKernan, maßgeblicher Impulsgeber des Human Genom
Projekts, der mehrere Patente im Bereich der PCR-Diagnostik hält, der Molekulargenetiker
Dr. Pieter Borger, der Spezialist für Infektionskrankheiten und Präventionsmedizin Dr. Fabio
Franchi, der Mikrobiologe und Immunologe Prof. emerit. Dr. Makoto Ohashi und die
Virologin und Immunologin Prof. Dr. Ulrike Kämmerer.
Gleich zu Beginn ihres Überprüfungsberichtes stellen die Autoren fest, dass das Manuskript
und das veröffentlichte PCR-Protokoll zum Nachweis und zur Diagnostik von 2019-nCoV
zahlreiche technische und wissenschaftliche Fehler aufweisen. Das PCR-Protokoll sei
problematisch und unzureichend und eine genaue Testvalidierung fehle. Weder der
vorgestellte Test noch das Manuskript selbst erfüllten die Anforderungen für eine akzeptable
wissenschaftliche Publikation. Auch ernsthafte Interessenkonflikte der Autoren würden nicht
erwähnt. „Schließlich deutet die sehr kurze Zeitspanne zwischen Einreichung und Annahme
der Publikation (24 Stunden) darauf hin, dass ein systematisches Peer-Review-Verfahren
(unabhängige Begutachtung, wie sie vor einer Publikation nötig ist) hier entweder nicht
durchgeführt wurde oder von problematisch schlechter Qualität war.“
Das erste und zentralste Problem des Drosten-PCR-Tests besteht nach dem
Überprüfungsbericht darin, dass er nicht auf einem realen Virus oder echtem Virusmaterial,
sondern auf theoretischen, im Computer gespeicherten Sequenz-Daten aufbaue -, in der
Sprache der Wissenschaftler: „dass das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 auf (theoretischen)
222
in silico-Sequenzen basiert, die von einem Labor in China [1] geliefert wurden, da den Autoren
zu diesem Zeitpunkt weder Kontrollmaterial von infektiösem (´lebendigem´) oder
inaktiviertem SARS-CoV-2 noch isolierte genomische RNA des Virus zur Verfügung stand.“
Der Test basiert also nicht auf einem wirklichen Corona-Virus, sondern auf einem
Computer-Modell, einer Corona-Virus-Simulation.
Und: „Bis heute hat die Autorenschaft keine Validierung auf der Grundlage isolierter
SARS-CoV-2-Viren oder deren RNA in voller Länge durchgeführt.“
Drosten & Co. schreiben selbst:
„Unser Ziel war es, eine robuste diagnostische Methodik für den Einsatz in Labors des
öffentlichen Gesundheitswesens zu entwickeln und einzusetzen, ohne über Virusmaterial zu
verfügen.“
Darin stecken zwei Ziele: a) Entwicklung und b) Einsatz eines diagnostischen Tests zur
Verwendung in Labors des öffentlichen Gesundheitswesens.
Doch: „Diese Ziele lassen sich nicht erreichen, wenn kein tatsächliches Virusmaterial zur
Verfügung steht (z.B. zur Bestimmung der infektiösen Viruslast). In jedem Fall kann nur ein
Protokoll mit maximaler Genauigkeit das verbindliche und primäre Ziel in einem Szenario
dieser Größenordnung sein. Die Bestimmung der kritischen Viruslast ist eine obligatorische
Information (Hervorhebung hl), und es liegt in der Verantwortung der Gruppe von Christian
Drosten, diese Experimente durchzuführen und die entscheidenden Daten bereitzustellen.
Dies könne nicht zu einer sicheren Spezifität des Tests für das SARS-CoV-2-Virus führen.
Der darauf basierende PCR-Test wird in dem Überprüfungsbericht dann weiter sehr
detailliert Punkt für Punkt widerlegt. Wesentliche Ergebnisse daraus:
Ergebnisse
„Der Test kann nicht zwischen dem gesamten Virus und viralen Fragmenten
unterscheiden. Er kann nicht als Diagnostikum für SARS-Viren verwendet werden.
Die beschriebenen Konzeptionsfehler sind so schwerwiegend, dass es höchst
unwahrscheinlich ist, dass eine spezifische Amplifikation (Vermehrung) von
SARS-CoV-2-genetischem Material nach dem Protokoll des Corman-Drosten-Papiers
auftritt.
223
Wenn für die mit dem PCR-Test festgestellten genetischen Sequenzen ein
Schwellenwert von 35 Vermehrungs-Zyklen oder höher verwendet wird (wie es in den
meisten Laboratorien in Europa & den USA der Fall ist), beträgt die
Wahrscheinlichkeit, dass diese Person tatsächlich infiziert ist, weniger als 3%, die
Wahrscheinlichkeit, dass das Ergebnis ein falsches Positiv ist, beträgt 97%. …
PCR-Daten, die nach einem Ct-Wert von 35 Zyklen als positiv bewertet werden, sind
völlig unzuverlässig. … Zwischen 30 und 35 gibt es eine Grauzone, in der ein positiver
Test nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann. Dieser Bereich sollte
ausgeschlossen werden. … Das Drosten-Protokoll empfiehlt einen Schwellenwert von
45, was wissenschaftlich und diagnostisch absolut bedeutungslos ist (ein vernünftiger
Ct-Wert sollte 30 nicht überschreiten). Es ist ein wesentlicher Fehler, dass das
Corman-Drosten-Papier nicht den maximalen Ct-Wert erwähnt, bei dem eine Probe
eindeutig als positives oder negatives Testergebnis betrachtet werden kann. Diese
wichtige Zyklus-Schwellenwertgrenze wird auch in den bisherigen Folgebeiträgen
nicht angegeben.
Um festzustellen, ob es sich bei den vervielfältigten Produkten tatsächlich um
SARS-CoV-2-Gene handelt, ist eine biomolekulare Validierung der vervielfältigten
PCR-Produkte unerlässlich. Für einen diagnostischen Test ist diese Validierung ein
absolutes Muss. Die Tatsache, dass diese PCR-Produkte nicht auf molekularer Ebene
validiert wurden, ist ein weiterer auffallender Fehler des Protokolls, der jeden
darauf basierenden Test als spezifisches diagnostisches Werkzeug zur
Identifizierung des SARS-CoV-2-Virus nutzlos macht.
Bei allen Personen, die mit dem RT-PCR-Test, wie im Corman-Drosten-Papier
beschrieben, positiv getestet werden, wird angenommen, dass sie positiv für
SARS-CoV-2-Infektionen sind. Es gibt drei schwerwiegende Fehler in ihrer Annahme.
Erstens kann ein positiver Test auf die im Corman-Drosten-Papier beschriebenen
RNA-Moleküle nicht mit einer „Infektion mit einem Virus“ gleichgesetzt werden. Ein
positiver RT-PCR-Test zeigt lediglich das Vorhandensein von viralen RNA-Molekülen an.
Wie … dargelegt, wurde der Corman-Drosten-Test nicht zum Nachweis des Virus in
voller Länge, sondern nur eines Fragments des Virus entwickelt. Wir sind bereits zu
dem Schluss gekommen, dass dies den Test als diagnostischen Test für
SARS-Virus-Infektionen als ungeeignet einstuft.
Zweitens und von großer Bedeutung ist, dass die Funktionalität des veröffentlichten
RT-PCR-Tests nicht mit einer Positivkontrolle (isolierte SARS-CoV-2-RNA)
nachgewiesen wurde, die einen wesentlichen wissenschaftlichen Goldstandard
darstellt.
Drittens heißt es im Corman-Drosten-Papier:
´Um zu zeigen, dass mit den Assays auch andere fledermausassoziierte SARS-Viren
nachgewiesen werden können, haben wir mit dem E-Gen-Assay sechs von
Fledermäusen stammende Kotproben getestet, die bei Drexler et al. […] und Muth et
al. […] erhältlich sind. Diese viruspositiven Proben stammten von europäischen
Nashornfledermäusen. Der Nachweis dieser phylogenetischen Ausreißer innerhalb der
SARS-verwandten CoV-Kategorie lässt vermuten, dass wahrscheinlich alle asiatischen
Viren nachgewiesen werden. Dies würde theoretisch eine breite Sensitivität selbst im
Falle mehrerer unabhängiger Akquisitionen (Gewinnungen) von Virusvarianten aus
einem Tierreservoir gewährleisten´.
224
Diese Aussage zeigt, dass das im RT-PCR-Test verwendete E-Gen, wie im
Corman-Drosten-Papier beschrieben, nicht spezifisch für SARS-CoV-2 ist.
Der PCR-Test im Corman-Drosten-Papier enthält … weder eine einzige Positivkontrolle
noch eine Negativkontrolle, um das Vorhandensein anderer Coronaviren
auszuschließen. Dies ist ein weiterer wesentlicher Konstruktionsfehler, der den Test
als ungeeignet für die Diagnose einstuft.“
´In vier einzelnen Testreaktionen zeigte sich eine schwache anfängliche Reaktivität, die
jedoch bei erneuten Tests mit demselben Assay negativ war. Diese Signale waren nicht mit
einem bestimmten Virus assoziiert, und für jedes Virus, bei dem eine anfänglich positive
Reaktivität auftrat, gab es andere Proben, die dasselbe Virus in einer höheren Konzentration
enthielten, aber nicht positiv getestet wurden. Angesichts der Ergebnisse der oben
beschriebenen umfangreichen technischen Qualifikation wurde der Schluss gezogen, dass
diese anfängliche Reaktivität nicht auf die chemische Instabilität der Real-Time-PCR-Sonden
und höchstwahrscheinlich auf Probleme bei der Handhabung zurückzuführen war, die durch
die rasche Einführung neuer diagnostischer Tests und Kontrollen während dieser
Evaluierungsstudie verursacht wurden´.
Der erste Satz dieses Auszuges ist ein klarer Beweis dafür, dass der im
Corman-Drosten-Papier beschriebene PCR-Test falsch positive Ergebnisse erzeugt. Selbst
unter den gut kontrollierten Bedingungen des hochmodernen Charité-Labors sind 4 von 310
Primärtests per Definition falsch positiv. Vier negative Proben wurden zunächst positiv
getestet und waren dann bei einem erneuten Test negativ. Dies ist das klassische Beispiel
eines falsch positiven Ergebnisses. In diesem Fall identifizieren die Autoren sie nicht als falsch
positiv, was intellektuell unehrlich ist.
Eine weitere verräterische Beobachtung im obigen Auszug ist, dass die Autoren die falsch
positiven Ergebnisse als ´Umgang mit Problemen, die durch die rasche Einführung neuer
diagnostischer Tests verursacht werden´, wegerklären.“
225
Herausgeber davon überzeugt haben, dass die Autoren auf die Bedenken der Gutachter
eingegangen sind. Dieser Prozess wird auch für Eurosurveillance beschrieben.
„Das Corman-Drosten-Papier wurde am 21. Januar 2020 bei Eurosurveillance eingereicht und
am 22. Januar 2020 zur Veröffentlichung angenommen. Am 23. Januar 2020 war das Papier
online.“
Bereits am 13. Januar 2020 war „die Version 1-0 des Protokolls auf der offiziellen Website der
WHO veröffentlicht (worden) und am 17. Januar 2020 als Dokumentversion 2-1 aktualisiert,
noch bevor das Corman-Drosten-Papier am 23. Januar bei Eurosurveillance veröffentlicht
wurde.
Wir baten Eurosurveillance am 26. Oktober 2020, uns eine Kopie des Peer-Review-Berichts zu
schicken. Bis heute haben wir diesen Bericht nicht erhalten, und in einem Schreiben vom 18.
November 2020 lehnte das ECDC (Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle
von Krankheiten) als Gastgeber von Eurosurveillance es ab, Zugang zu gewähren, ohne
wesentliche wissenschaftliche Gründe für seine Entscheidung anzugeben. Im Gegenteil, sie
schreiben, dass ´eine Offenlegung den Zweck der wissenschaftlichen Untersuchungen
untergraben würde´.“
Interessenkonflikte
„Wir finden schwere Interessenkonflikte bei mindestens vier Autoren (des Dorsten-Teams).
(…) Olfert Landt ist CEO von TIB-Molbiol; Marco Kaiser ist Senior Researcher bei GenExpress
und fungiert als wissenschaftlicher Berater für TIB-Molbiol, der in der ursprünglichen Fassung
nicht angegeben wurde (und in der PubMed-Version noch immer fehlt); TIB-Molbiol ist die
Firma, die „die erste“ war, die PCR-Kits (Light Mix) auf der Grundlage des im
Corman-Drosten-Manuskript veröffentlichten Protokolls hergestellt hat, und nach eigenen
Angaben diese PCR-Testkits bereits vor der Einreichung der Publikation verteilt hat; ferner
haben Victor Corman & Christian Drosten ihre (…) Zugehörigkeit nicht erwähnt: das
kommerzielle Testlabor „Labor Berlin“. Beide sind dort für die Virusdiagnostik zuständig und
das Unternehmen arbeitet im Bereich der Real-Time PCR-Tests.“
„Ein letzter Punkt ist von großer Bedeutung. Es stellt sich heraus, dass zwei Autoren des
Corman-Drosten-Papiers, Christian Drosten und Chantal Reusken, auch Mitglieder des
Editorial Board (Redaktionsausschusses) dieser Zeitschrift sind. Es besteht also ein schwerer
Interessenkonflikt, der den Verdacht erhärtet, dass das Papier nicht von Fachkollegen
226
begutachtet wurde. Es hat den Anschein, dass die rasche Veröffentlichung einfach deshalb
möglich war, weil die Autoren auch Teil des Redaktionsausschusses von Eurosurveillance
waren. Diese Praxis wird als Beeinträchtigung der wissenschaftlichen Integrität eingestuft.“
Konsequenzen
Das gilt auch für Ärzte in den Praxen und Krankenhäusern, die schon von Berufs wegen
längst die Sache hätten durchschauen müssen – Warnungen von kompetenten
Fachwissenschaftlern gibt es schon länger – und die in ihrer Servilität gegenüber
Weisungen „von oben“ auf dem Wege sind, als Hilfstruppen des Totalitarismus zu gelten.
——————————-
1 Original-Prüfungsbericht in Englisch: https://cormandrostenreview.com/report/
227
Wiederkunftserlebnisse
Rudolf Steiner wies darauf hin, wie das neue Christusereignis, seine Wiederkunft im
Ätherischen, von den dreißiger Jahren an sich immer mehr Menschen offenbaren
wird. So, wie das physische Christuswandeln unbemerkt hätte vorübergehen können,
wenn es nicht Menschen gegeben hätte, die für dieses Ereignis wach gewesen wären,
so besteht dieselbe Gefahr für das heutige Geschehen. Wenn die wenigen, die es
bisher erleben oder erlebten, aus Angst, nicht verstanden zu werden oder es
vielleicht selbst auch gar nicht verstehen können, schweigen, so besteht wirklich die
Gefahr, dass das größte Ereignis unseres Jahrhunderts für weite Teile der
Menschheit verlorengeht.
Dem Pfarrer der Christengemeinschaft Alfred Seeger ist die folgende Schilderung zu
verdanken. In dem Juliheft 1955 der Zeitschrift «Die Christengemeinschaft» erschien
sein Artikel «Lebensangst und Lebenszuversicht»: Während einer Reise erlebte er
zwei Zuggespräche. Das erste Gespräch stand ganz unter dem Thema der
allgemeinen Lebensangst. Das zweite Gespräch wird nun wiedergegeben:
Mein Zug war dicht besetzt. Mit Mühe erhielt ich noch einen Platz.
Heimatvertriebene schienen es zu sein, zwischen die ich mich noch hineinpresste. Es
waren, wie so meist, die Alltäglichkeiten des wirtschaftlichen Lebens, was sie
besprachen. Ich nahm ein Buch und vertiefte mich in den Inhalt, als mich plötzlich
etwas aufhorchen ließ.
Die einfache Frau im blauen Mantel, die neben mir saß, sprach so überzeugend
hochgestimmt vom Leben. Das Leben sei so schön, so herrlich, so über alle Maßen
beglückend gieße es seinen Bronn über die Menschen, die eines guten Willens sind,
aus. All das Entsetzliche der Flucht aus dem Osten, ja, die Ermordung ihres Kindes
könne sie nimmermehr betrüben. Ruhig und anspruchslos, ohne jegliches Pathos,
wie selbstverständlich kündete sie in einfachen, aber herzentzündenden Worten das
hohe Lied des Lebens.
Welch ein Gegensatz! — Kam ich nicht soeben aus einer Sphäre tiefster
Lebensunsicherheit? Sprach nicht die überkluge Frau von der Lebensangst, die
beinahe alle Menschen würgt und peinigt?
Noch immer leise bedrückt von dem vorhergehenden Gespräch wandte ich mich der
Sprecherin zu. Vorsichtig und langsam auf ihre Eigenart eingehend, sie mit
verständnisvollem Ernste fragend, bei scheuem Zurückweichen sie liebevoll
ermunternd, gab sie mir allmählich das wundervolle Geheimnis ihres Inneren preis.
Und nochmals ein ganz eigentümlicher, bedeutsamer Gegensatz:
Während vorhin im anderen Abteil die Seelen bei der Erörterung der Lebensangst
beinahe in eine Überwachheit des Interesses und der Teilnahme gerissen worden
waren, geschah hier das Seltsame: Nacheinander, als ob sie von einer unsichtbaren
Hand berührt worden wären, schliefen alle Mitreisenden ein und gaben damit der
Frau die Möglichkeit, ganz aus ihrer Zurückhaltung herauszugehen.
Sie begann: Die ganze Welt sei voll von einem unerhört beglückenden Lebensstrom,
228
der sie täglich mit Seligkeit erfülle. Wenn man nun wusste, wie ich gerade in der
Nacht zuvor bei Rudolf Steiner gelesen, wie bitter nötig gerade für ältere Menschen
das unbedingte Vertrauen zum Leben sei, wie man von jedem Tag neue Gaben des
Lebens, auch wenn man noch so alt sei, erwarten dürfe und wie dieses Vertrauen
zum Leben eine Brücke sei hinüber zu unseren Toten, so konnte man schon tief
ergriffen sein von dem, was die Frau in ihrer bescheidenen Art vorbrachte.
Ein unvergesslich eindrucksvolles Erlebnis war mir aber, wie sie, gleichsam an meine
Gedanken anknüpfend, als ob sie dieselben abgelesen hätte, nun anfing, an dem ihr
im Geiste zugeworfenen Faden weiterzuspinnen:
«Sehen Sie, die Toten sind überall um uns herum. Es ist ein großer Irrtum, von einem
fernen Totenreiche zu sprechen. Es liegt nur an uns, wenn wir sie nicht erleben. Oh,
meine während der Fluchttage umgekommene Tochter ist beinahe immer bei mir,
wenn ich an sie denke. Ihr furchtbarer Tod kann mich nicht mehr erschüttern. Kein
ohnmächtig bitteres Vergeltungsbedürfnis peinigt mich mehr. Ein unendliches
Lebens- und Glücksgefühl vereinigt uns beide.»
Im Eifer der Schilderung zeigte sie mit der Hand aus dem Fenster.
Die Sonne schickte sich eben an, über der nur von wenigen Bäumen bestandenen
Ebene des Niederrheins unterzugehen.
«Schauen Sie doch, überall ist flutendes Licht. Überall sind Wesen in Farben,
Bewegung und Licht. Das müssen Sie doch auch sehen?»
Dann faltete sie still die Hände und sah mit leuchtendem Blick wie in weite Fernen.
Nach einer Weile sagte sie leise:
«Das ist aber nicht alles, was ich erlebe, das ist alles nichts gegen den Augenblick,
wenn mein Herrgott zu mir kommt.»
Nach einer Pause dringe ich liebevoll in sie:
«Können Sie mich nicht daran teilnehmen lassen?»
Wie träumend glitt ihr Blick über die tief in den Schlaf hinübergeführten
Mitreisenden unseres Abteils. Dann begann sie langsam und stockend, als suchte sie
die Worte:
«Wenn ich abends so einsam und allein in meinem Zimmer sitze und in meinen
Gedanken lebe, dann kann es sein, dass auf einmal die Wände des Zimmers und die
Decke sich auftun, gleichsam sich auflösen. Langsam und feierlich erscheinen mir
dann fünf helle Wolken, und aus der mittleren bildet sich in unsagbarem Glanze, der
alles erhellt und erstrahlt, ein Wesen, das mich mit unendlichem Liebes- und
Lebensgefühl erfüllt. Ich weiß dann, das ist mein Heiland, mein Herrgott.
Einmal war's, dass ich auf die Knie stürzend ihn anrief:
„Herrgott, mein Herrgott, was kann ich Dir tun? Ich will mit allem, was ich habe, Dir
dienen, ich will mein ganzes Leben Dir opfern!“
Da verschwand auf einmal das himmlische Wesen und die Wolken. Die ganze Luft
über mir war erfüllt von unzähligen Menschenköpfen. Einer dicht neben dem anderen.
Zusammengedrängt wie in einer Bienenwabe. Im selben Augenblick wusste ich, was
mein Herrgott von mir wollte. Allen, allen diesen Brüdern und Schwestern sollte ich
helfen!
Und glauben Sie mir», sagte sie einfach und treuherzig, «ich muss sie gar nicht
suchen. Sie kommen von selbst zu mir. Doch habe ich mich damit nicht begnügt. Ich
habe mich angeboten, jeweils für kirchliche Zwecke zu sammeln. Da führt mich mein
Weg gar oft zu verzweifelten Seelen und trostlosen Gemütern. Wie oft geschieht es,
229
dass ich erleben darf, dass die Liebe und das Leben, das mir der Herrgott spendet,
durch mich weiterfließt zu den Hoffnungslosen. So war ich gestern bei einem, der sich
das Leben nehmen wollte. Es war so schwer für mich, er war so verhärtet. Aber ich
glaube», sagte sie bescheiden, « er hat davon abgelassen.»
«Mein Mann ist nun ein Rentner, aber es ist wunderbar, wir haben seither all das,
was wir brauchen. Ich muss mich nicht mehr so darum besorgen, es ist einfach da. So
bin ich voriges Jahr ohne mein Zutun in ein Heilbad geschickt worden. Denken Sie, es
war so merkwürdig. Beinahe jedes Mal, wenn ich mit meinem Glas Wasser im
Wandelgang saß, kamen neben mich Menschen zu sitzen, die mir ganz von selbst ihre
bekümmerten Herzen öffneten, und ich durfte sie mit dem Lebensquell meines
Herrgotts erquicken.»
Auf meine Frage, ob sie zu den Menschen von ihrem Erleben spreche, verneinte sie.
Am Anfang, vor Jahren, als das gnadenvolle Geschehen sie fast zersprengte, ja, da
habe sie geglaubt, sprechen zu müssen. Aber dann kam das Schweigen, als sie
bemerkte, wie misstrauisch ihre Umgebung sie musterte, wie man leise hinter ihrem
Rücken vom Tollhaus sprach oder bedauerndes Kopfschütteln sie begleitete. Nur
einem Menschen berichtete sie ausführlich darüber, ihrem Pastor. Aber auch sein
Gesicht schloss sich zu und wurde fast abweisend, als er sagte: «Liebe Frau, es ist
zwar sehr schön, was Sie mir da erzählen, aber das gibt es nicht!»
Ihr Blick glitt in liebevoller Güte über die müden Schläfer des Abteils, dann sah sie
mich mit still fragenden Augen forschend an.
Ich versicherte ihr, dass ich die Erscheinungen voll und ganz glaube. Weiß ich doch
selbst von manchen Menschen, die in den Nöten und Drangsalen der letzten Jahre
solcher Offenbarungen gewürdigt wurden. Sie alle schweigen oder erzählen nur bei
besonderem Anlass scheu und zaghaft von solchem Erleben. Ich sagte ihr noch, dass
Christus sich in unserer Erdenzeit von neuem den Menschen naht und sein Licht und
seine Gnade denen schenkt, die sie aus vollem Herzen weiterzugeben vermögen.
Da verlangsamte sich die Fahrt, mein Zielort war erreicht. Noch ein inniges
Abschiedswort des Dankes und der Ermunterung. Dann war der Zug mit ihr in der
Dunkelheit verschwunden.
- Wilhelm Kelber
In England ist jetzt das Erlebnisbuch der Krankenschwester Joy Snell: «Vom Dienste
der Engel im Diesseits und Jenseits » in vielen Auflägen verbreitet (Verlag Bell and
Sons, London). Vom 12. Lebensjahre an hat sie erst sporadisch, dann — nach einer
längeren Unterbrechung voll Verzweiflung und Lebensüberdruss —
zusammenhängend die Gabe des natürlichen Hellsehens und Hellhörens. Durch
übersinnliche Erscheinungen wird sie mehrmals auf den Tod nahestehender
Menschen vorbereitet, später kann sie durch entsprechende Eindrücke den Tod oder
die Genesung ihrer Patienten mit Sicherheit voraussagen. Nach dem Tode sieht sie
regelmäßig die sich aus dem Leibe lösenden übersinnlichen Wesensglieder des
Verstorbenen sich über dem Leichnam formieren und in die geistige Welt aufsteigen
230
usw. Das Buch ist schlicht, sachlich, vernünftig und absolut glaubwürdig geschrieben.
Die mitgeteilten Wahrnehmungen können ohne Schwierigkeiten durch die
Anthroposophie bestätigt, verstanden und exakter bezeichnet werden, als es durch
die Verfasserin geschieht. Sie berichtet auch von einer Reihe von
Christuserscheinungen, von denen die eindrucksvollste hier in deutscher
Übersetzung wiedergegeben sei:
«Es war drei Monate her, seit ich die Krankenpflege übernommen hatte, als ich zum
ersten Male in Berührung kam mit der hässlichen Seite der Arbeit einer
Krankenschwester. Beim Anblick der scheußlichen Verheerungen, welche eine
Krankheit erzeugte, die Verderbtheit und Laster hervorgerufen hatten, überkam mich
Ekel und das Gefühl des Erbrechens. Mit Widerwillen wandte ich mich von dem
Patienten ab. „Ich will und kann mich nicht besudeln durch die Berührung dieses
Mannes“, sagte ich zu mir selbst. Darauf ergoss sich eine Flut von Licht über mich,
und indem ich aufschaute, erblickte ich die Gestalt des Heilandes, die sich über den
Kranken neigte. Er wandte sein Haupt zu mir, blickte zu mir nieder, und indem er
seine Hände über den von der Krankheit entstellten Sünder breitete, sagte er:
„Alles, was ihr getan habt einem unter diesen, das habt ihr mir getan. In jedem
Geschöpf, das eurer Obhut anvertraut ist, erblicket mich, und eure Arbeit wird leicht
sein.“ Die Vision — wenn man es überhaupt so nennen konnte — verschwand wieder.
Ich wandte mich wieder dem Kranken zu. Verschwunden waren aller Ekel und
Widerwille, den ich vor wenigen Augenblicken noch empfunden hatte.»
Joy Snell ist, nach einer Stelle ihres Buches zu schließen, wohl Irin und würde somit
einem Volke angehören, in dem wie bei den Finnen die Gabe des «zweiten
Gesichtes» noch nicht lange und nicht so weitgehend erloschen war wie bei den
meisten Völkern Europas. Das würde erklären, warum ihre Erlebnisse mindestens
zum Teil vor dem von Rudolf Steiner angegebenen Zeitpunkt liegen. Ihre Eindrücke
sind auch offensichtlich dem Boden einer starken gemüthaften Frömmigkeit
entwachsen, der niemals ganz aufgehört hat, auch Früchte des übersinnlichen
Wahrnehmens zu tragen. Anders liegt es mit den folgenden Zeugnissen, die den
letzten Jahren entstammen. Der dänische Schriftsteller Hans Heltoft schrieb in der
Chronik der Kopenhagener Zeitung «Morgenbladet» über sein Erlebnis in einem
deutschen Gestapogefängnis.
Wir folgen der Wiedergabe dieses Berichtes in der religiösen Flugblattreihe « Gib
Acht», Nr. 5 vom 15. August 1946.
In einem modrigen Keller sind 500 Gefangene aller Nationalitäten mit Matten
flechten beschäftigt. Ein Aufseher tritt ein und prügelt einen Russen aus einem
nichtigen Anlass zu Tode, schlägt immer weiter auf den leblosen, blutigen Klumpen
ein. «Jeden Schlag spürten wir Gefangenen an unserem eigenen Körper... „Es ist
genug“, rief ein polnischer Gefangener außer sich. „Es ist genug“, wiederholten wir
alle mit dumpfer Stimme ... In demselben Augenblick trat Jesus in den Keller. Ich
gehöre der Kirche nicht an und hatte Jesus nie zuvor gesehen. Und doch kannte ich
ihn und merkte auch, dass auch die anderen ihn erkannten... Sein ganzer Eindruck
ging einfach über unsere gewohnte Begriffswelt hinaus. Das einzige, was mir heute
klar ist, ist das, dass dieser Jesus ein Etwas war, das ich nicht beschreiben kann, und
231
doch zugleich ein gewöhnlicher Mensch. Und, trotzdem ich außerhalb der Kirche
stehe, muss ich sagen: „Es war das Allergrößte, was wir je erlebt hatten und je
erleben können.“ Und nun geschah gleichzeitig mit dem Eintreffen Jesu folgendes:
Der modrige Kellerraum wurde ganz verwandelt... über den Keller legte sich ein
Farbenton von Hellrot und Blau, und dazu breitete sich eine Sphäre aus, die einem
das Gefühl des Friedens gab ... Der Raum bis zur Decke schien mir so groß zu sein,
dass man eine ganze Scheune hätte hineinbauen können... Jesus sah uns nicht an... Er
betrachtete nur den zerschlagenen Menschen zu seinen Füßen. Sein Gesicht strahlte
eine Liebe aus, die nicht mit Worten ausgedrückt werden kann... Er beugte sich über
den Russen und küsste ihm sanft die blutige, angeschwollene Wange.
Der Mann, den wir für tot gehalten hatten, öffnete das eine Auge. Das andere war
vom Blute zugeklebt. Als er Jesus erblickte, leuchtete sein misshandeltes Gesicht in
kindlicher Freude auf. Mit großer Mühe streckte er die eine Hand Jesus entgegen.
Jesus nahm sie in seine beiden Hände, indem er sich ein wenig vorbeugte. Es war so
unbeschreiblich schön, dass wir anderen unwillkürlich mit einem stillen Lächeln
dastanden — auch der Aufseher.
Da sank der Russe zusammen, und der unsagbar schöne Ausdruck, der über der
ganzen schimpfierten Gestalt gelegen hatte, verschwand. Jesus legte sanft die Hand
des Russen an den Körper zurück und ging aus dem Keller. — Sofort war alles wieder
wie zuvor.»
Bei den Erlebnissen der englischen Krankenschwester wie dieses Dänen fällt auf,
dass offenbar starke Lockerungen und Erschütterungen der gewöhnlichen
Seelenverfassung die hellsichtige Wahrnehmung ermöglichten. Dort der Ekel beim
Anblick scheußlicher selbst verursachter Zerfressenheit eines Leibes, hier das Außer
sich geraten beim mitfühlenden Miterleben unmenschlicher Roheitsexzesse. Bei dem
folgenden Beispiel ist es das Fieber, das zu der sowieso durch Hungern und lange
Gefangenschaft gegebenen Durchlässigkeit hinzutritt.
C. Fr. Moerk berichtet in seinem Büchlein: «Brevier eines Heimkehrers aus
russischer Gefangenschaft, Oehlschlägersche Buchdruckerei, Calw):
«Während einer solchen Stunde der Nacht, da ich mit todnahen Blicken zusehen
musste, wie rohe Hände mit hartem Griff einige der Stubenkameraden in die Grube
schleppten, und mich fragte, wann wohl die Reihe an mich kommen würde, trat einer
an mein Bett. Eine grenzenlose Güte ging von ihm aus. Seine Größe und Reinheit
spendeten wunderbares Leuchten. Meine Sinne wurden klarer, und plötzlich sah ich
mitten durch alles Leben eine helle Spur gehen — das Leiden! Der Fremde sprach kein
Wort. Ich aber hatte das Gefühl, als ob er seine milden, gütigen Hände um meine
schwachen, zitternden legen würde und die Worte mir zuspreche: Es wird alles gut.
Doch er hatte sein Schweigen nicht gebrochen. Aber seine Gegenwart gab mir die
Gewissheit, dass Christus noch unendlich mehr sein konnte und wollte. An mir war es,
ihm zu vertrauen, ganz und gar und für immer! Noch schwere Tage folgten. Aber der
bekannte Unbekannte stand wieder da. Gewisser als die Ärzte in den weißen Mänteln
war mir seine Gegenwart. Auch sein Gewand war weiß — völlige Reinheit. Keine
Stunde, ja keinen Augenblick in diesen fiebervollen Nächten wich er von meiner Seite.
Die Ärzte spritzten ... Er aber schenkte mir Frieden und Kraft! ... Noch manche Nacht
schüttelte mich das Fieber. Aber immer stand der Gütige und Reine bei mir. Nur
232
einmal wich er während dieser Zeit von meiner Seite — als er den Kameraden rechts
von mir «heimwärts» trug... Als das Bett neben mir leer war, wollte ich von dem
Gütigen wissen, was er nun mit mir vorhabe. Er gab keine Antwort. Nur fester noch
spürte ich den Druck seiner Hände, und weiter und größer wurde das Leuchten um
ihn. Und ganz herznahe kam er mir. Da regte sich in mir unter seiner segnenden
Gegenwart das Leben wieder.»
Man kann ohne weiteres wissen, was die modernen Psychologen und Psychiater
sagen werden, wenn sie dies Büchlein lesen. Indessen sind Fieberzustände ebenso
wenig wie die schweren seelischen Erschütterungen der vorangehenden Beispiele
ein zureichender Anlass zur Bezweiflung der Realität solcher Erlebnisse. Für eine
intimere Kenntnis des heutigen Seelenwesens sind sie im Gegenteil
Wahrscheinlichkeitsmomente. Denn dass unser «normales» Tagesbewusstsein nicht
ohne weiteres in das Hellsehen übergeht, dürfte sowieso bekannt sein. Indessen sind
die genannten besonderen Begleitumstände doch der Grund, warum wir die bisher
angeführten Dokumente nur mit einer gewissen Einschränkung auf die Ereignisse
beziehen können, die Rudolf Steiner ankündigte. Sie sind wohl erst als Vorläufer zu
bezeichnen. Denn das eigentliche natürliche Hellsehen wird wohl auch ohne solche
besonderen auslösenden Momente eintreten können.
Das folgende Zeugnis aus der jüngsten Vergangenheit weist in diese Richtung.
Heinrich Vogel schreibt in der Berliner Tageszeitung «Neue Zeit » vom 19.11.1947.
Im Leitartikel einer modernen Zeitung erzählt er seine Christusbegegnung! Er tut es
im Bewusstsein der Ungeheuerlichkeit seines Unternehmens:
«Ich wollte ... nur eine kurze Geschichte erzählen, deren Wirklichkeit der Leser am
Schluss so leicht bezweifeln kann, dass ich sie vorsichtshalber nur eine Legende
nenne.»
In einem Berliner Stadtbahnzug sitzen drei Männer und eine Frau beisammen. Vogel
sitzt als fünfter etwas abseits in einer Ecke. Die Rede ist von der deutschen Schuld.
Der erste Herr versichert, er habe sich immer nur um sein Geschäft gekümmert; er
habe von nichts gewusst; er sei immer völlig unpolitisch gewesen. Die Frau ergeht
sich in einer Sturzflut unflätiger Schimpfworte: ob es denn jetzt viel anders sei? ...
Wenn es einen Gott im Himmel gäbe, könnte er so was nicht zulassen... Man solle
sich an die Anstifter halten... Der zweite Herr meint: Unsere einzige Schuld ist, dass
wir nicht Selbstmord gemacht haben, dass wir zu den Überlebenden gehören. Nun
überschreien sich auch die beiden ersten Sprecher zustimmend: «Ja, ja, das ist die
Wahrheit, so ist es!»
«Und da geschah mitten in die Stille hinein, die diesem einmütigen Ausbruch folgte,
etwas überaus Seltsames, so ungeheuerlich und unbegreiflich, dass ich es fast nicht
zu erzählen wage, weil es mir doch niemand glauben wird. Wenn ich berichte, was
ich nun hörte, ja, und sehen musste, dann wird man sofort sagen: „Du dichtest und
phantasierst, und obendrein so, dass man die Absicht merkt und verstimmt
wird!“ Das darf mich aber nicht hindern, getreulich zu berichten, dass der vierte, eine
unscheinbare ärmliche Erscheinung, um die meine stille Frage die ganze Zeit über wie
um ein Geheimnis kreiste, den Mund öffnete und auf eine unbeschreibliche,
unwidersprechbare Weise nur fragte: „Ist denn keiner schuld? — So muss ja Gott
schuld sein“ — und dann, nach einem Schweigen, fügte er hinzu: „Ich bin schuld!“
In demselben Augenblick sah ich seine Hände und erkannte mit unbeschreiblicher
233
Bestürzung, dass sie durchbohrt waren und die im Bahnhofslicht sichtbar werdenden
dunklen Nägelmale blutrot leuchteten. Er stieg aus. Jener hagere „Überlebende“ aus
der Ecke und ich folgten. Der Mensch, der die Schuld auf sich genommen hatte, war
unseren Blicken plötzlich entrückt. Ich musste den Weggenossen anreden und sagte
zu ihm nur: „Haben Sie ihn auch erkannt?“ Er antwortete: „Ja, er ist der einzige
Unschuldige.“
234
mehr als dass sie gingen; ihr schweigsamer Führer geleitet sie bedachtsam, aber flink
durch halbdunkle enge Gänge, deren Ausdehnung sie nicht abzuschätzen vermögen.
Mehrmals biegen sie um Ecken, mehrmals erklimmen sie Stufen oder steigen solche
hinab. Die Wanderung scheint kein Ende zu finden, und die Frauen, soweit sie in
dieser seltsamen Lage überhaupt einer Überlegung fähig sind, wundern sich halb
unbewusst, durch welches unterirdische Labyrinth sie der fremde Mann wohl führt.
Denn es scheint weniger eine Flucht von gewöhnlichen Kellergewölben zu sein, die sie
durchschreiten, als vielmehr eine kaum noch wirklich zu nennende Folge dämmernder,
fast körperloser, schattenhafter Räume, bald eng zusammenlaufend, bald endlos sich
weitend und ins Ungewisse sich verlierend. Zuweilen scheint es ihnen, als schritten sie
mitten durch Mauern, die sich vor ihnen plötzlich auftun. Jedoch sind sie beide so
benommen, dass sie nicht imstande sind, sich unbefangen umzuschauen und so
vielleicht das Unwahrscheinliche mit kühlem, genauem Blicke bannend zu meistern.
Ebenso wenig aber kommt ihnen auch der Gedanke, das Vertrauen, das sie in den
Fremden gesetzt haben, aufzugeben.
Endlich, nach Ersteigen einer steilen Treppe, finden sie sich unter freiem Himmel, und
als sie wie Erwachende sich umsehen, gewahren sie, dass sie auf ihrer merkwürdigen
Wanderung um einiges von dem Hause abgekommen sind, in dem sie eine Stunde
zuvor Schutz gesucht. „Sie gehen am besten sofort nach Hause“, sagte der Fremde
ernst und dringlich. Im gleichen Augenblick hören sie das Entwarnungszeichen, und
nun erst wird ihnen bewusst, dass der Lärm der Geschütze inzwischen verstummt ist.
Aufatmend wenden sie sich nach ihrem Beschützer um. Aber der Erdboden scheint
ihn verschluckt zu haben. Halb betäubt von dem soeben Erlebten, gehorchen sie der
Mahnung des Fremden und wenden sich heimwärts, nicht fähig, aus allerlei
Anzeichen eiliger Geschäftigkeit, denen sie auf dem kurzen Wege begegnen —
schnell fahrenden, Signale gebenden Wagen der Feuerschutzpolizei und einer im
Sturmschritt anrückenden Abteilung Soldaten —, sowie aus einer eigentümlich
glostenden Helligkeit ihre Schlüsse zu ziehen. Kaum dass sie daheim angelangt sind,
legen sie sich schlafen.
Da sie unweit der Villa wohnen, in deren Keller sie Zuflucht gesucht, erfahren sie am
nächsten Morgen durch Nachbarn, dass dort neben Brandbomben auch eine schwere
Sprengbombe niedergegangen ist. Die im Keller Befindlichen sind durch die Trümmer
der eingestürzten Villenwände verschüttet worden, und zwar muss die schreckliche
Last nicht sogleich niedergebrochen sein, sondern erst eine oder zwei Minuten nach
dem Fall der Bombe.
Einige Tage später, als die Verschütteten als Tote oder Schwerverletzte geborgen sind,
versuchen die Frauen, in der Nachbarschaft Aufschluss über den Fremden zu erhalten,
der sich in jener Nacht mehr wie ein Engel denn wie ein Sterblicher um sie bemüht hat.
Aber niemand weiß etwas über ihn zu sagen, und als sie versuchen, ihren seltsamen
Weg unter der Erde zu schildern, begegnen sie überall ungläubigem Kopfschütteln.»
Dass mir die Lektüre dieses eigenartigen Berichtes, obwohl ich mich den mancherlei
offen bleibenden Fragen nicht verschließen konnte, einen so großen Eindruck
machte, hing mit Folgendem zusammen: Rudolf Steiner hat seit Beginn des Jahres
1910 unermüdlich darauf hingewiesen, dass nach Ablauf des ersten Drittels unseres
Jahrhunderts mancherorten die ersten Anfänge eines neuen Hellsehens auftreten
und sich durch Wahrnehmungen des Christus im Ätherischen kundtun würden.
235
Gelegentlich gab er seinen Voraussagen solcher neuen Christuserfahrungen eine
überraschend konkrete Prägung. So zum Beispiel in einem Vortrag in Basel am 1.
Oktober 1911:
«Denn an jenem Zeitpunkt sind wir angelangt, wo der ätherische Christus in das
Erdenleben eingreift und zunächst einer kleinen Anzahl von Menschen sichtbar wird
wie in einem natürlichen Hellsehen. Denn in den nächsten dreitausend Jahren wird er
immer mehr Menschen sichtbar werden. Das muss kommen, das ist ein Naturereignis.
Dass es kommt, ist ebenso wahr als im neunzehnten Jahrhundert die
Errungenschaften der Elektrizität gekommen sind. Dass eine gewisse Anzahl von
Menschen den Äther-Christus sehen wird, das Ereignis von Damaskus haben wird, ist
wahr. Aber es wird sich darum handeln, dass die Menschen lernen, den Moment zu
betrachten, wo der Christus an sie herantritt. Es werden nur wenige Jahrzehnte
vergehen, und für die Menschen, besonders der jugendlichen Jahre, wird der Fall
eintreten — jetzt schon überall bereitet es sich vor —: Irgendein Mensch kommt da
oder dorthin, dieses oder jenes erlebt er. Wenn er nur wirklich das Auge durch
Beschäftigung mit der Anthroposophie geschärft hätte, könnte er schon bemerken,
dass plötzlich um ihn irgendjemand ist, kommt, um zu helfen, ihn auf dieses oder
jenes aufmerksam zu machen: dass ihm der Christus gegenübertritt — er aber glaubt,
irgendein physischer Mensch sei da... Gar mancher wird erleben, wenn er gedrückten
Herzens, leidbelastet, still in seinem Zimmer sitzt und nicht aus noch ein weiß, dass
die Tür geöffnet wird: Der ätherische Christus wird erscheinen und wird Trostesworte
zu ihm sprechen. Ein lebendiger Trostbringer wird der Christus für die Menschen
werden! ... Das ist das Positive, dasjenige, was als positives aufbauendes Element in
die Menschheitsentwickelung eingreifen wird.»82
Kaum eine Frage hat mich in den letzten Jahren, sei es in den Gewittern der
Kriegszeit, sei es in den seelischen Spannungen und Wirbeln der Besatzungszeit,
denen man in Berlin in so besonderer Art ausgesetzt ist, mehr beschäftigt als die, wo
und in welcher Art das von Rudolf Steiner Vorausgesagte in Erscheinung treten
würde. Vielerlei halb oder ganz deutliche Beispiele solcher Erlebnisse werden einem
in oder außerhalb der eigenen seelsorgerlichen Wirksamkeit bekannt. Als ich den «
Getreuen Bericht vom Januar 1943» las, musste ich mich fragen, ob nicht durch die
Worte Rudolf Steiners, obwohl es sich nur um einen mittelbaren Zusammenhang
handeln kann, doch auch auf solche seltsamen Begebenheiten ein Licht falle.
Als ich den mich so fesselnden «Getreuen Bericht» einer befreundeten Dame zu
lesen gab und ihr von Rudolf Steiners Basler Vortrag sprach, war das Ergebnis ein
überraschendes. Die Dame erzählte:
«Bei einem schweren nächtlichen Luftangriff auf Berlin war ein Soldat in unseren
Keller geflüchtet, der sich auf Urlaub befand. Ganz in unserer Nähe ging eine schwere
Bombe nieder und erschütterte das Haus in seinen Grundfesten. Das schlimmste
Unheil wurde nur dadurch vermieden, dass die Bombe in weichen Boden fiel. Das
Geschehnis wirkte auf den Soldaten so, dass er mir ein Erlebnis mitteilte, wie er
einmal im Felde aus größter Not errettet worden sei. „Wir befanden uns“ — so
erzählte er — „mit einer Kampfgruppe auf dem Rückzuge in Russland und waren
dabei in ein unwegsames Sumpfgelände geraten. Wir waren auf eine Art Insel
82
Das esoterische Christentum und die geistige Führung der Menschheit, GA 130, 3.Aufl. 1987, S.93f.
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gelangt, von der wir nicht weiterkommen konnten, da sich kein Weg finden ließ, der
durch den Sumpf geführt hätte. Die Russen hatten uns inzwischen entdeckt, und ihre
Flieger bewarfen uns unaufhörlich mit Bomben. Die Situation war völlig aussichtslos,
und wir sahen den Tod vor Augen. Nun befand sich bei unserer Truppe ein Soldat, der
den Spitznamen „der Fromme“ trug. Der Führer unserer Kampfgruppe sagte zu ihm in
halb spöttischem Tone: „Jetzt ist doch nichts mehr zu machen! Jetzt können Sie ruhig
beten!“ Die Kameraden lachten, aber „der Fromme“ ließ sich dadurch nicht stören,
ging einige Schritte abseits, kniete an einem Gebüsch nieder und begann zu beten. Da
trat plötzlich ein Feldgrauer zu ihm, den er nicht kannte, und sagte: „Ich werde euch
herausführen. Ich kenne die Wege hier.“ „Der Fromme“ ging zum Hauptmann und
sagte ihm, der Feldgraue wolle sie durch den Sumpf führen. Die anderen Soldaten
waren inzwischen verstummt, und alle folgten dem unbekannten Führer. Er brachte
uns auf sicheren Wegen bis dahin, wo wir wieder festen Boden unter den Füßen
hatten. Dort angekommen, wollte der Hauptmann den Unbekannten sprechen. Aber
dieser war spurlos verschwunden. Über diesen Vorfall wurde ein offizieller Bericht an
die vorgesetzten Dienststellen aufgesetzt. Der Erfolg war, dass uns allen aufs
strengste verboten wurde, über dieses Vorkommnis zu sprechen.»
Es müssen die beiden Menschengruppen sich finden — das ist nicht in einem
äußerlichen Sinne gemeint —, diejenigen, die solche rätselvollen Erlebnisse tief
verschlossen in sich tragen, weil sie nicht wissen, wo des Rätsels Lösung zu finden ist,
und diejenigen, die jene geistigen Ausblicke kennen, von denen aus vielleicht ein
Licht auf die Rätsel solcher Erlebnisse fällt. Dann werden sich Wege finden lassen,
auf denen die gequälte Menschheit mutvoll in die dunkle Zukunft schreiten kann,
weil sie die Kraft des Trostes verspürt, die in den Worten liegt: Der aus den
spirituellen Untergründen der Gegenwart verheißene Christus, der in der
ätherischen Welt sichtbar wird, greift durch die Menschen, die sich mit ihm berühren,
unmittelbar in die Erdenverhältnisse ein.
Der Engel - Eine Erinnerung aus dem finnischen Kriege - Edzard Schaper
Es ging gegen Mittag, und die Altweibersommer-Sonne brach eben mit goldener
Wärme durch den silbrigen Dunst, zu dem sich der in der Morgenfrühe noch schwere,
zinngraue Nebel schon gelichtet hatte, da langten wir auf dem Schlachtfeld von
Taipale an. In diesem Krieg war es nicht noch einmal zum Kampfplatz geworden, wie
einst während des Winterkrieges. Das Bild war unvergesslich: der bis in Mannshöhe
und darüber hinaus auf die nackten Stämme zerfetzte, gelichtete Wald, eine
unabsehbare Versammlung von toten Pfählen ohne grünendes Leben; zu seinen
Füßen das vom Granatfeuer um- und umgeackerte Erdreich mit Trichtern und
Gräben; die finsteren Schlünde einstiger Unterstände, halb oder ganz eingesunken,
von schon leicht gerötetem Preiselbeerkraut und Bärlapp umwuchert; der Boden, wo
man ihn vom Gestrüpp entblößt sah, mit winzigen rostbraunen Eisenteilchen
bedeckt, die ihn wie feuchte Torferde erscheinen ließen, doch jeder Handvoll Erde,
die man aufhob, ihr schicksalsschweres Gewicht verliehen; und dazu eine völlige
Stille, die nur noch sichtbar vor Augen geführt schien durch die lautlose Arbeit jener
237
Räumtrupps, die man in der Ferne alte Stellungen erkundigen und daraus manches
bergen sah, was der Feind, der dieses Schlachtfeld damals in Besitz genommen, nicht
hatte anrühren wollen und was wie eine vergessene Saat zwischen dem Ende eines
Krieges und dem Beginn eines neuen ein Jahr lang in der modrigen Tiefe geräumter
oder unter dem Beschuss zusammengestürzter Stellungen gelegen hatte: die
Vermissten. — Nun wurde so mancher von ihnen gefunden.
Und hatten wir uns auf der Herfahrt so manches Mal kopfschüttelnd darüber
gewundert oder uns gar mit so etwas wie kreatürlichem Bangen darüber entsetzt,
wie schnell die Erde des Menschen vergaß, so dass weite Strecken einer von der
heißen Sonne dieses dürren Sommers versengten Steppe geglichen hatten, die
mühelos schnell auch über die letzten Reste der alten karelischen Kulturlandschaft
gewuchert war, so bewahrte die Erde doch hier, auf dem Schlachtfeld von Taipale,
mit eisiger Schärfe und Unveränderlichkeit, was sich in den neunzig Tagen des
Winterkrieges zugetragen hatte. Vor diesen neunzig Tagen war dieser Flecken Erde
nur ein Teil jener weiten, geschichtslosen Wälder gewesen, deren es genug gab und
gibt. Erst die Vernichtung hatte ihn aus dem Schlummer dumpfen Wachstums in eine
höhere Zone der geistigen Geographie erhoben. Ja, dies war die — heute erkaltete
— Esse der Materialschlacht, auf der im Dezember 1940 das Schicksal der
ohnmächtigen, aller materiellen Mittel so erbarmungslos entblößten Front zwischen
Ostsee und Ladogasee geglüht worden war. Hier, auf dem östlichen Flügel, wo die
finnische Front längs dem steilen Ufer des Suvanto und des Vuoksen verlief, hatte
der Gegner, vom anderen, hoch abfallenden Südufer her versucht, den
siebenhundert bis achthundert Meter breiten Stromlauf zu überwinden,
hangaufwärts zu stürmen und mit einem Durchbruch nicht nur diese Sperrstellung zu
überwinden, sondern die Früchte des örtlichen Sieges mit der Umgehung der ganzen
karelischen Front nach Nordwesten und Nordosten hin zu ernten. Hier wurde im
Feuersturm über ein Regiment das Schicksal des ganzen Volkes entschieden.
Zwischen dem sechsten und dem einunddreißigsten Dezember rollten nach
pausenlosem Artilleriefeuer sechzehn Angriffe gegen die hastig ausgehobenen
Erdlöcher der Verteidiger und wurden immer wieder abgewiesen, obschon das
Unaufhörliche des Ansturms für die nie abgelösten finnischen Truppen über jedes
menschliche Vermögen ging. Indes wir von jenen, nicht bis ins Letzte vorstellbaren,
Tagen und Nächten sprachen, bekam alles in der Runde ein geisterhaftes Zwiegesicht.
Selbst der hohen Mittagsstille war nicht mehr zu trauen, und die verschleierte Sonne,
die keine Schatten warf und alles in ein seltsames Zwielicht tauchte, so dass die
ausgebrannte, zerstörte Landschaft uns wie ihr eigenes Spiegelbild aus einer
perlmutternen Muschelwand ansah, wies keine Zeit mehr. Während wir von dem
pausenlosen Rasen des Artilleriefeuers mit seinen Fontänen aus Eisensplittern, Erde
und Schnee der nicht abreißenden Flutwoge der russischen Angriffsspitzen und den
in eiskalten Frostnächten träge jede Bodensenke ableckenden Feuerzungen der
Flammenwerfer sprachen, konnte die gespenstische Stille auch heute nichts als
banges Entsetzen und stockender Herzschlag und die Zeitlosigkeit nichts als die aus
allen Gesetzen herausgerissene, in ein Nichts zwischen Traum und Wirklichkeit
geschleuderte Hilflosigkeit der Kreatur sein. Beim kaum Vorstellbaren verweilend, in
das sich zurückzuversetzen selbst denen, die es erlebt hatten, nicht richtig gelang,
wurden wir, als wir da auf den Preiselbeer-Blüten und Trichterwällen saßen,
einander selber kaum glaubhaft und blickten uns an wie Gespenster, die der Geist
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der Stätte wieder an ihr zu erscheinen gefordert hatte. »Und dabei«, sagte Jänttinen,
»säßen wir nicht hier, wenn nicht...«
Sanavuori unterbrach ihn lächelnd mit der Bemerkung, nun wolle er wahrscheinlich
vom Engel erzählen.
»Vom Engel, ja«, sagte Jänttinen sehr ernst und nickte. Denn das müsse er,
Sanavuori, ja wohl zugeben: wenn nicht zwischen den Angriffen vom
dreiundzwanzigsten und fünfundzwanzigsten Dezember eine ruhige Nacht gewesen
wäre, könnten sie nicht hier sitzen. Nun ja ..., das wolle er nicht rundheraus
abstreiten, gab Sanavuori zu. Das pausenlose Feuer, der Schlafmangel und alles
andere dazu hätten sie damals dermaßen ausgehöhlt, und das Feuer an den
vorangegangenen Tagen habe die Stellungen derart zerstört und neue
Schanzarbeiten soweit unmöglich gemacht, dass man sich kaum vorstellen können,
wie sie auch in der Nacht zwischen dem vierundzwanzigsten und
fünfundzwanzigsten, in der Weihnachtsnacht, einen neuen Angriff erfolgreich hätten
abwehren sollen. Man sei ganz einfach am Ende gewesen.
»Und dabei«, begann Jänttinen und heftete den Blick starr auf etwas, was einer der
zerstörten Bäume, der dunkle Schlund eines verschütteten Unterstandes oder das
flimmernde Gekräusel des Suvanto unterhalb des Schlachtfeldes sein konnte, »dabei
hatte ja auch in der Weihnachtsnacht das Feuer schon eingesetzt...« Sanavuori
lächelte, aber er schwieg still.
»Hast du ...?« fragte ihn einer, aber während Sanavuori lächelnd mit einer
Handbewegung die Frage abschnitt, begann Jänttinen, dem der starre, ernste Blick
aus seinen grauen Augen und die völlig reglose Haltung auf einen Baumstumpf in
diesem Augenblick etwas von der Würde jener ostkarelischen Sänger und Seher
verliehen, denen wir alle das geheimnisvolle geistige Reich verdanken, darin — wie
zwischen Nebel und Sonnenglanz — der Kampf zwischen Mythe und Offenbarung
ausgetragen wird, kurz zu schildern, was sich in jener Nacht zugetragen hatte:
Nach — sie wussten gar nicht mehr, wie vielen — Feuervorbereitungen und
Angriffen, die sie in den vergangenen Wochen und Tagen schon abgeschlagen,
hatten sie in der Weihnachtsnacht gegen elf Uhr das feindliche Störungsfeuer zu der
mächtigen, pausenlos niederhämmernden Vorbereitung eines Angriffs werden sehen,
der — ihrer Erfahrung nach — in den ersten Morgenstunden einsetzen würde. Sie
aber hatten vorher nicht einmal Zeit gehabt, die Schäden an den Stellungen
auszubessern, da eine sehr eifrige Fliegerbeobachtung das Feuer auf alles, was sich
nur regte, gelenkt hatte. Verstärkungen oder Ablösungen waren nicht möglich
gewesen, so dass auch in dieser Nacht die Truppe in den Erdlöchern lag, die schon
Wochen darin gelegen hatte: in fortwährendem Halbschlaf völliger Erschöpfung, die
sich mit der Zeit auch an Einschläge in nächster Nähe gewöhnt hatte, ohne aus der
Lethargie zu erwachen... Nur wenn der Angriff der Infanterie begann, wurde man
munter.
Die eiskalte Einsicht in die Unzulänglichkeit der eigenen Verfassung, deren man
jedoch selbst bei dieser Lethargie — oder vielleicht nur in ihr — fähig gewesen war,
weil keiner mehr die Kraft besessen hatte, sich Wunschträumen hinzugeben, und die
jämmerliche Beschaffenheit der Stellungen zusammen mit dem Mangel an Munition,
der die eigene spärliche Artillerie daran gehindert hatte, das Feuer richtig zu
erwidern und der Truppe in den Gräben und Löchern Entlastung zu schaffen — diese
Einsicht hatte die letzte Zuversicht, man werde auch diesen Sturm überleben können,
239
schon ausgelöscht, bevor jener selbst begann. Als gegen elf Uhr das Störungsfeuer
sich zu der Feuerwalze verdichtet hatte, die ununterbrochen über die Stellungen
rollte, hatte man seine letzte Rechnung gemacht und die Verluste, die eintraten und
die nach hinten zu schaffen neue Verluste gekostet, hatte man als den Beginn eines
Aderlasses, der nur mit dem Verbluten enden konnte, hingenommen.
Es herrschte eisige Kälte und eine Dunkelheit, in der die feurige Saat der Granaten
wie aus der Wurfhand des Säers beim Letzten Gericht niederging. Hören konnten sie
alle schon längst nicht mehr... Und deshalb erlebten sie, was gegen Mitternacht
geschah, in einer Welt völligen Schweigens — ohne unterscheiden zu können, ob
ihre Ohren sie betrogen oder ob das Brausen in ihren Köpfen tatsächlich jene Stille
bedeutete, mit der für sie alles wahrnehmbar wurde. Das Nachtdunkel ihnen zu
Häupten teilte sich mit einem Mal — anders habe man es zu Anfang nicht nennen
können. Eine zitternde, in sich selbst flimmernde Helligkeit, die man nichts, nicht
einmal einem Nordlicht habe vergleichen können, erschien, aber je länger sie
verweilte, umso deutlicher wurde es, dass sie allmählich eine feste Gestalt annahm
— bis, wenige Minuten, nachdem die Nacht sich zum ersten Male geteilt hatte, die
ganze Erscheinung vollendet war. Und da erhob sich zwischen Erde und Himmel,
soweit ein Menschenauge zu sehen vermochte, ein gewaltiger Engel...
Es war keiner von dem Geschlecht, wie er auf Postkarten und in Gips dargestellt wird.
Er war furchtbar, von unaussprechlicher Majestät — wie Gott selbst, sei ihnen
vorgekommen, ja, anders könne man es nicht sagen, und sie hätten, je länger er
verweilte, desto weniger vermocht, ihn anzuschauen. Bevor er ihre Augen blendete,
hätten sie aber noch deutlich gesehen, dass seine ausgestreckte Hand ein riesiges
Kreuz hielt — nach der Heimat hinter ihnen weisend. Es sei falsch zu sagen, dass sie
staunend zu ihm aufgeblickt hätten, wie sie da in ihren Gräbern und Löchern
gekauert wären. Kein Wort reiche an das heran, was in diesen Augenblicken ihr
Leben ausgemacht habe — so etwas wie ein Überwältigtsein, wie der Zustand, in
dem die Menschheit sich am Jüngsten Tage aus ihren Gräbern erheben müsse —
unausdenkbar und unaussprechlich, weil wir noch nicht die Sprache jener
übersinnlichen Gesichte redeten.
Wie lange die Erscheinung gewährt, habe keiner von ihnen, die zu Hunderten
dasselbe erlebt hätten, zu sagen vermocht. Mitternacht war längst vorüber, als sie
verschwand und der ganze Frontabschnitt der Stille inne wurde, die mittlerweile
eingetreten war. Das Feuer habe allerseits geschwiegen, und ohne über das
Geschehene nachzudenken, seien sie in Schlaf gesunken, bis die Essensträger von
hinten gekommen seien, die einstimmig bekundet hätte, heute sei ein Spaziergang
gewesen, was sonst einem Fegefeuer geglichen habe. An der ganzen Front sei,
nachdem der Engel zwischen den Feinden erschienen sei, kein einziger Schuss mehr
gefallen, und die Schanzarbeiten hätten eilends verstärkt werden können, um einen
neuen, späteren Angriff abzufangen, der dann schon am fünfundzwanzigsten und
sechsundzwanzigsten Dezember hier bei Taipale und am siebenundzwanzigsten, mit
unvorstellbarer Wucht, ein wenig weiter westlich gegen Keljä gekommen sei. Der
Engel jedoch habe ihnen den Aufschub geschenkt, ohne den keiner bei Taipale die
Weihnachtsnacht überlebt hätte...
Sanavuori hatte die Erzählung Jänttinens stumm mit angehört, und als er gegen den
Schluss zu mit einem versonnenen Lächeln dasaß, das nicht von seinem Gesicht wich,
als Jänttinen schon fertig war, fragte ihn jemand von uns, ob er nicht...
240
»Doch, doch, ja«, versicherte er eifrig, ohne den anderen seinen Zweifel aussprechen
zu lassen, er habe etwas ganz Ähnliches gesehen, vielleicht dasselbe. Seine
Kompagnie habe etwas weiter westlich von hier gegen Keljä zu gelegen, und dort sei
um die gleiche Zeit eben diese Erscheinung wahrgenommen worden. Freilich hätten
sie in ihrer Gruppe, als wenig später der Mond im Nordosten aufgegangen sei, sich
das Wunderbare so erklärt, dass das Licht des Mondes, noch bevor der selbst
sichtbar geworden sei, eine ungewöhnlich seltene Luftspiegelung mit den
Schneekristallen erzeugt habe, von denen die Luft — nicht zuletzt durch
die-Detonationen der Granaten — voll gewesen sei. An der Erscheinung selbst habe
niemand zweifeln können, ganze Kompagnien hätten sie gesehen...
Sanavuori, meinte Jänttinen mit einem bedächtigen, freundlichen Lächeln, glaube
eben lieber an den Mond als an Gott. Der Zweifler nickte vor sich hin. Und als
Jänttinen als erster von uns aufstand und sich in der Runde umblickte, halb alles
wiedererkennend und halb verwundert, ob dieses nun wirklich der Ort sei, der für
sein Leben schon längst in eine andere, unsichtbare Landschaft voller Kreuzwege
erhoben worden war, neigten wir andern eher seiner Erfahrung als der Deutung
Sanavuoris zu. Denn so wie in der Zone unbewusster Natur erst das menschliche Leid
Geschichte wirkt und hier in den stummen, namenlosen Wäldern unsäglich
gestritten und gelitten werden musste, bis der Sinn und der Ruhm dieser
Schlachtfelder den Erdball umspannen konnten, so musste wohl das Übernatürliche,
das Himmlische gerade in dieser Zone menschlichen Handelns und Leidens Gestalt
gewinnen, der Engel sichtbar werden in der Weihnachtsnacht und alles zum
Schweigen bringen mit dem Kreuz, da, uns so tief niederbeugt und zugleich so
unendlich erhöht.
241
Ich schreibe dies nach einigem Zögern nieder, mit einem Fragezeichen: Wurden die
Bedingungen in den deutschen Gefängnissen und Lagern vielleicht deshalb so
vollkommen erfüllt, um der göttlichen Offenbarung erneut eine große Chance zu
geben? War unsere Gefangenschaft dann vielleicht kein satanisches, sondern gerade
ein göttliches Werk? Ich fühle mich nicht kompetent genug, darauf eine Antwort zu
geben. Ich würde sagen: Es war beides gleichzeitig. Und der Leser sollte mich jetzt
nicht fragen, wie das vor sich gehen sollte. Und auch später nicht einen andern.
Denn für die Menschen wird hier ein Begreifen unmöglich...
Zu Mittag verzog sich der Nebel, und wir rückten wieder aus. Ich hatte am ganzen
Körper Wunden. Ich wurde zu einer Lore eingeteilt. „Ihr sollt die Lore laden! Aber
schnell!“ hatte Ernst gebrüllt. Wie alle anderen, so war auch ich so schnell wie
möglich zu dem Werkzeughaufen gestolpert, um eine kleine Schaufel auszusuchen,
nur keine von den großen, neuen! Mit ein paar anderen belud ich die Lore mit
kleineren Granitbrocken. Mein Rücken begann zu brennen, meine Arme wurden
lahm, meine Knie zitterten, nur kurz ausruhen — da spürte ich, wie mir die Schaufel
entrissen wurde, und ich roch Schweiß und Parfüm. Das Ungeheuer Jager stand
neben mir, die Rosinen auf mich gerichtet. „Du kommst mit.“ Aus dem
Werkzeughaufen holte er eine neue, schöne Schaufel, eine große. Wir gingen zurück.
Dann ganz leise, fast höflich: „Und jetzt lerne ich dir arbeiten.“ Die volle Schaufel war
mit den verfluchten Steinen fast nicht vom Boden zu heben. Fünf Mal ging es gut.
Dann fiel vom Rand der Lore die Hälfte der Steine herunter. Und sofort danach
wurde ich in meinen Lenden entzweigeschlagen. Und noch einmal. Und noch einmal.
Danach entfernte sich Jager, stark schwitzend, mit unheilvollem Versprechen für den
kommenden Tag.
Am nächsten Tag hatte ich Todesangst. Als wir zum Steinbruch hinaufstiegen, hörte
ich: „Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und die Seele nicht töten
können.“ Und ich hörte: „Warum hast du Angst? Glaubst du denn nicht?“ Ich aber
glaubte, „fertiggemacht“ werden zu sollen. Gott wollte mich wohl darauf
vorbereiten.
Ernst hielt mich für einen Staatsanwalt, seinen Erzfeind. Er konnte einen
Staatsanwalt nicht von einem Rechtsanwalt unterscheiden. Ich machte mich an die
Arbeit. Ich sah ihn aus der Ferne herüberspähen. Er hatte mich nicht vergessen. Er
kam auf mich zu. Mit ihm näherte sich Jesus Christus. Ein Gedanke stieg in mir auf:
„Was kann mir dieser Mann antun? Was kann er gegen Gott, seinen Schöpfer
ausrichten? Dies ist ein Menschenkind, wie ich, aber vom Teufel besessen. Dieser
Mann vermag nichts, wenn Gott ihm keine Macht verleiht. Ich brauche mich nicht
vor ihm zu fürchten. Ich muss für seine Befreiung beten.“
Ich legte die Arbeit nieder und wartete ab. Viele Steinbrucharbeiter legten ebenfalls
die Arbeit nieder und sahen herüber. Jager stellte sich vor mich hin und brüllte etwas,
wahrscheinlich: „Du sollst die Lore laden, Mensch!“ Ich weiß nicht mehr genau,
was ich zu ihm gesagt habe. Ungefähr dies: „Es ist nicht recht, dass du mich wie
einen Feind behandelst. Wir sitzen alle in einem Boot und müssen einander helfen.
Du siehst, dass ich diese Arbeit nicht mehr bewältigen kann. Du bist nicht auf der
Welt, um mich zu schlagen, sondern um mir zu helfen.“
Das war der Anfang einer Diskussion, die eine Stunde dauerte. Jager legte eine fast
tierische Stumpfsinnigkeit an den Tag. Unter anderem frage er mich, was das Wort
Freund bedeutete; was verstand man darunter?
242
Nach Verlauf dieser Stunde — reichten wir uns die Hand. Ernst wischte sich Stirn und
Nacken ab — es war glühend heiß — und ging weg. Von da an ließ er mich in Ruhe.
Wer dies als Beweis übermenschlicher Tapferkeit anführt, den muss ich aus diesem
Traum reißen. Es ist keine falsche Bescheidenheit, wenn ich sage, wie es ist: Dies ist
ein deutliches Beispiel der Macht, die Gott einem Menschen in Not, der an Ihn glaubt
und Ihn um Hilfe bittet, verleiht. Die Engel hatten mich umstanden...
Während des Gottesdienstes behielten wir den Posten an der Tür im Auge, und
dieser seinerseits beobachtete den Posten am Eingang. Es kamen auch besonders
grobschlächtige Häftlinge zu den Versammlungen, auch bösartige. Auch Ungläubige
schlossen sich nicht aus. Und Kommunisten waren ebenfalls unter uns. Während der
sonntäglichen Zusammenkünfte in Natzweiler wurde ein anhaltender Strom von
Kraft spürbar. Die Kraft strömte von außen in uns ein, und die uns erfüllende Stärke
verband uns, als ob wir einander an der Hand hielten; im Kreis übertrug sie sich von
Mann zu Mann, von einem zum anderen. Denn Christus war in unserer Mitte.
Nach dem Gottesdienst gingen wir nicht sofort auseinander; einer nach dem
anderen oder auch zwei verließen uns, um nicht aufzufallen. Die aufgestellten
Posten gingen ihres Weges. Draußen im Schnee sahen wir die Welt mit anderen
Augen. Wir waren sehr glücklich und fühlten uns ganz geborgen...
„Der krepiert“, sagt er. Es ist, sehe ich, der Lagerkapo. Er geht weiter. „Fass ihn auch
unter dem Arm“, höre ich Con sagen, „er ist zusammengebrochen. He, Mensch,
Floris, wach bleiben, bist du verrückt, hier einfach einzuschlafen, Zähne
zusammenbeißen, komm!“ Sie heben mich auf, die ersten gehen schon in den
Badesaal. Durch die Tür fällt Licht.
Ich hänge an zwei Freunden, meine Arme um ihren Hals, nackt, ausgestreckt.
Ein anderes nacktes Wesen, die Arme ausgestreckt, sehe ich mir gegenüber hängen.
Es blickt mich an.
Wir gehen. Die Scheinwerfer sind wieder eingeschaltet. Ja, ja, wir gehen, wir
kommen schon, nur ruhig, es gibt uns noch...
Erst Jahrzehnte später habe ich erfahren, wie meine Rettung sich zugetragen hat.
Nach der Desinfektion, als wir Nass nach draußen in die Eiseskälte gejagt wurden,
war Con bei mir und stützte mich. Infolge eines Hundebisses hatte sich sein Knöchel
so entzündet, dass er „eigentlich“ nicht gehen konnte. Ich sackte auf einmal
zusammen und glitt aus seinen Armen. Er nahm mich auf seine Schultern und trug
mich alle spiegelglatten Granitstufen bis zu unserem Block hinauf, vorbei an Leichen
von Mithäftlingen. Con meinte, dass er damit auch sein eigenes Leben gerettet habe:
Die große Wärme, die er bei dieser Kletterpartie entwickelte, habe ihn
wahrscheinlich vor dem Erfrieren bewahrt...
Die Waffe war das Gebet, das feurige Anflehen Gottes. Mit einer auch jetzt noch
großen Traurigkeit muss ich gestehen: Es half nicht immer sofort. Gott war scheinbar
verschwunden. Das Licht schien erloschen zu sein - eine Halluzination. Dann gab es
ein System grober Hilfsmittel; man begann bei dem einfachen, primitiven Gedanken:
Sie kriegen mich nicht klein. Bin ich deshalb sechsundzwanzig, siebenundzwanzig,
achtundzwanzig Jahre alt geworden, von meiner Familie umsorgt, von aller Fürsorge
umgeben worden, in allen Charaktereigenschaften geschult? Habe ich dafür die
liebste Frau der ganzen Welt geheiratet ? Habe ich mich dafür zu dem entwickelt,
243
was ich jetzt bin? Nur noch eines blieb übrig: Zähne zusammenbeißen, das Gefühl
der Selbstachtung wahren, die Reste der Zivilisation verteidigen, stehenbleiben und
abwarten. Und wenn der Glaube nichts ist ohne die Werke, dann mit den Werken
beginnen, jetzt, wo der Glaube verlorengegangen war. Versuche, etwas daraus zu
machen. Schau die Tausenden von Unglücklichen an! Kümmere dich um deine
Freunde! Lasse dich nicht unterkriegen! Hilf dir selbst. Gott kehrt zurück. Er kommt
deinem Unglauben zu Hilfe. Dann — es konnte kurz oder lang dauern — kam Gott
zurück. Gott kehrte in einem solch blendenden Licht zurück, so großartig, dass ich
nur noch wortlos, fassungslos anbeten konnte. Fast kein Mensch mehr, oder ein
Mensch, zu Boden gefallen, hingestreckt, eben wie eine Wasserfläche und ganz dem
Himmel zugekehrt, vom Licht beschienen. Dann fiel alles ab. Meine
Leidensgeschichte und alle Zeit und alle Menschen, alles, was mich umgab und auch
das mich umfangende Reich der Dämonen. Sogar die eigene Persönlichkeit schien -
fortgefallen. Ich — wenn es überhaupt noch ein Ich gab — war durch eine Öffnung in
eine andere Welt eingegangen, und dort war alles nur noch von einem Glücksgefühl
erfüllt bis in die tiefste Tiefe, bis in die höchste Höhe — alles, überall, immer. Das
war der absolute Frieden in Gott.«
Ein Steinchen, das plötzlich in meinen Stiefel hereingekommen war, nötigte mich,
meinen Weg auf den Berg zu unterbrechen. Ich setzte mich auf eine Bank zu einem
älteren Mann. Es zeigte sich, dass er aus der entfernteren Umgebung stammte und
an diesem Tage mit dem Auto zu diesem Aussichtspunkt gekommen war; vielleicht
ein Bauer oder ein Handwerker. Er schien sehr wetterkundig, und während unseres
Beisammenseins wurde deutlich, dass er mit den Verhältnissen im Hochgebirge ganz
außerordentlich vertraut war. Er zeigte nach vorn, wo eine Wolkenbank die Kette der
Schweizer Alpen verdeckte. »Kürzlich sind wieder sechs Menschen in den Bergen
abgestürzt.« Meinte er, dass diese Menschen zu Tode gekommen waren, weil sie
nicht genügend mit den Naturgewalten vertraut und zu leichtsinnig gewesen waren?
Doch er beugte sich vor und sagte lebhaft: »Die Menschen heute vertrauen nicht
mehr auf die Führung ihres Engels.«
Und dann fuhr er fort: »Ich selber bin auch zweimal abgestürzt in den Bergen; 8o
Meter tief hing ich am Seil; und plötzlich ging mein ganzes Leben wie ein Film an mir
vorbei. Aber alles war die volle Wirklichkeit.« An der Art wie er sprach, klang die
ganze Unmittelbarkeit dieses (seines) Erlebnisses auf. »Und auf einmal war Einer da,
der sagte mir alles: Er lasse keinen einzigen der Menschen verderben.« Freudig und
bedeutsam; als wolle er das Erfahrene weitergeben, sprach er diesen Satz. Der da bei
ihm war, Gott war es. Er sagte ihm, es werde gar nicht mehr lange dauern, dass sein
Reich zu den Menschen komme. Wir werden es erleben können. Dann werde das
Böse gefesselt für 1000 Jahre. In dieser Zeit herrsche Frieden.« — Wieder konnte ich
durch den Mann ein Stück von der Bedeutung seiner Worte erleben. — Es werde
ganz anders geschehen, als wir uns das vorstellen, fast unbemerkt, im Menschen
werde es geschehen. Die neue Welt entstehe durch die Entscheidung des Menschen:
Diejenigen, die sich zum Guten wenden, werden dadurch immer mehr
244
herausgehoben; diejenigen, die für das Böse offen sind und sich ihm immer mehr
zuwenden, werden diesem immer mehr verfallen. Das Böse scheidet sich immer
mehr ab und vernichtet sich schließlich dadurch selbst....
Das Leben dieses Mannes hatte sich seit dem Unfall verändert. Er hat seitdem neun
Menschen das Leben gerettet. Die Art, wie es dazu jeweils gekommen war, hatte ihn
aufmerksam werden und ihn erleben lassen, dass er geführt wurde, und dass er ein
Werkzeug des Göttlichen war. »Es ist schön, ein Werkzeug Gottes zu sein; aber man
braucht sich darauf nichts einzubilden.« Jedes Mal hatte er einen ganz starken Drang
in sich verspürt, loszugehen, sich beeilen zu müssen. Er selbst hatte nicht gewusst,
wohin. So kam er gerade noch rechtzeitig in eine Wohnung, um dort eine Frau zu
retten. So erreichte er in den Bergen eine Gruppe von Wanderern, die er, ohne sich
bewusst zu sein, warum er dieses tat, vorwärts drängte. Eine Lawine kam im
nächsten Augenblick dort herunter, wo sie sich ohne sein Einwirken noch befunden
hätten. Einen Verletzten in einem Lazarett, der bereits aufgegeben worden war und
deshalb nicht mehr betreut wurde, pflegte er gesund mit Milch und Honig. Wie neu
geboren habe sich dieser Mensch nach seiner Genesung gefühlt; er ist dann gar nicht
lange Zeit später in den Kriegsgeschehnissen gestorben. — Und auch wir empfanden
unser Zusammentreffen nicht als Zufall. Es war mir ja bereits als ich meine
Unternehmung auf diesen Zeitpunkt festlegte, aufgefallen, mit welcher
Entschiedenheit ich dies tat; und unterwegs war mir die Frage aufgetaucht, was
oben auf dem Berg wohl geschehe, was ich antreffen werde. — »Wir stehen mitten
in diesen Veränderungen, die sich vollziehen werden«, sagte er, »und wenn wir
aufmerksam sind, merken wir, wie wir geführt werden«. Der Christus komme wieder,
aber nicht im Physischen, sondern im Geistigen. Der Mensch fühle sich durch ihn bis
in seinen Leib hinein verändert: jung und leicht. Wenn das geistige Licht den
Menschen durchdringt, wenn es mit seiner Leuchtkraft durch sein Blut wallt, macht
es den Menschen im Physischen leicht, weil ihm die Sünden vergeben sind. Und
während andere Menschen sich Reichtümer sammeln, findet er ungeahnte Schätze
in der Welt (dadurch dass er so in ihr lebt). — Aber der Mensch habe selbst auch
etwas zu tun: Sich Gott befehlen am Morgen, und danken am Abend. Auf den
Menschen komme es an: »Wir müssen uns mit aller Kraft konzentrieren; wir müssen
uns umwenden.«
A. -K.R (persönliche Mitteilung an H.-W. Schroeder)
Siebenmal habe ich eine Reise ins Heilige Land machen können. Die intensivsten
Erlebnisse waren an Golgatha, der Kreuzigungsstätte, und am Heiligen Christus-Grab,
das zugleich der Erdenort der Auferstehung ist. Dort konnte eine solche Vertiefung
und Verinnerlichung erreicht werden, dass eine Wahrnehmung der Christus-Gestalt
von damals und auch die von heute entstand. Das war im Jahr 1958.
Jahrzehnte hindurch war die Gestalt des Christus während der Kultushandlung am
83
Persönliche Mitteilung an H.W.Schroeder
245
Altar im Hochzeitshaus in Marburg (Christengemeinschaft) immer wieder zu sehen,
besonders als Rudolf Frieling dort lange Zeit zelebrierte. Es hing von der eigenen
geistigen Kräftelage ab, ob sie sichtbar wurde. Es war spürbar, dass sie immer kam
während des Zelebrierens. Schwächen und Unwachheit und Inaktivität der
Menschen konnten es einschränken nach der Menschenseite, aber nicht im
eigentlichen Kern. Und dann gingen die Kräfte mit, mit den tätig-offenen Seelen.
Schwere Gesundheitskrise. Herzanfälle. Es kam viele Tage und Wochen in der Nacht,
oft auch am Tage, zu Schmerzen und Krämpfen. In Nächten, wenn es am
schlimmsten, aussichtslosesten war, da —, die Angst war schon voll da des
Vernichtetwerdens, da erschien die göttliche Menschengestalt und strömte Kraft zu
und half zurück ins Leben. Sie zeigte auch Hilfe, helfende Bilder. Manchmal sprach
sie etwas wie eine Losung.
Manchmal ringe ich um Probleme aus der Umwelt, um Zukunftsbilder dunkler Art
oder Ähnliches. Dann auf einmal ist die menschliche Helfergestalt der Erscheinung
da. Zuerst geht immer irgendwie ein Kraftstrom aus. Sie ist von einem so guten Licht
umhüllt. Ein Zeigen von einem helfenden inneren Bild oder wie ein Wort kommt
dann nahe.
Eine besondere Zeit ist der frühe Morgen während des Aufwachens, manchmal wie
vor dem Aufwachen. Da kommen helfende Bilder herein, ich sehe auf einmal, was
ich tun kann oder lassen soll. Und da ist jemand, der diese Bilder sendet oder
manchmal darreicht. Dabei ist dann ein so gutes, warmes Licht da und manchmal die
Gestalt deutlich in dem Lichtschein. So eine geistige Schönheit des Angesichts und so
Liebeströmendes aus den Augen und aus den Händen ist da.
Wenn ich Gutes aus der Geisteswissenschaft lese, mich auch ohne zu lesen meditativ
befasse, können starke Impressionen und Licht und Gestalt auftauchen. Auch nach
Zweigabenden, ob sie mit einigem positiver oder negativer sind. Da kommt
manchmal die helfende Gestalt herein und zeigt und stärkt und klärt.
Aus hohem guten Lebensgefühl kann ein Durchbruch kommen.
Geistige Freude kann sie auslösen.
Oft kamen und kommen Bilder zu Gedichten mit intensiv christlichem oder
christologischem Inhalt, dann bricht es auf einmal »weiter« auf und ich sehe den
leuchtenden Helfer, Rater, Tröster aus dem Geist. Da ist es dann meist die Große
Gestalt.
Auf Patmos, ein Aufenthalt von 14 Tagen, 1985. Intensive Erlebnisse in und um das
Apokalypse-Kloster. Johannes und die Große Gestalt.
In Ephesus. Am Grab des Johannes blieb ich öfter viele Stunden. Dort starke
Ausstrahlung. Es kommen Erlebnisse des inneren Sehens. Die Johannes-Gestalt
zelebrierend am Altar und der Göttlich-Große darüber im Licht. Gedichte weiden
ausgelöst. Die Brücke zur Gegenwart taucht bildartig auf. Dies geschieht 1986 und
1989. (Im Ganzen viermal Aufenthalt in Ephesus.)
246
Sonnenaufgang auf Rhodos
Einmal wollte ich den Morgenstern sehen und ging einsam aufs hohe Dach. Dort war
herrlicher Rundblick im langsam kommenden Licht und weites Meer. Ich sah auf
einmal gleich zwei Morgensterne, es war Merkur und Venus, hell leuchtend, so nahe.
Dazu erschien im Südsüdost der Sirius, der großblitzende Zentral-Stern der Antike. In
der Nähe von ihm der Orion, wie er erst gegen Winter zu uns kommt. Also drei große
Licht-Sterne auf einmal.
Dann erhob sich die weite Vor-Erleuchtung im Farben-Bogen. Wenn die erste
Farberleuchtung blasser wird, wird das Kommen des Lichtes heller. Und jetzt geschah
das Wunder von Rhodos : Es erhob sich die kleinere, nach oben rundere
rosenstrahlende, purpurne Morgenröte — wie eine Vor-Aura für die kommende
Sonne. Größtes Entzücken erfüllte die Seele.
Dann erschien die Sonne, warmgoldstrahlend aus dieser Aura hervorgehend. Die
Geburt der Sonne aus der griechischen Aurora, aus der »purpurfarbenen,
rosen-leuchtenden Eos«, der Schwester des Sonnengottes Helios.
Morgen-Sommer-Herrlichkeit auf Rhodos, dieser so schönen Insel. Dann überfiel
mich die Müdigkeit des Leibes, von der frühen Frühe und von der ungewohnten
Wärme in der Nacht herrührend. Ich tauchte erschöpft in den Schlaf —
und war auf einmal wach jenseits der Schwelle wie in schwebender Kraft und
schaute auf und sah aufleuchtend die Gestalt des lebendigen Christus, umgeben,
umschienen von der geistigen rosenfarbenen Aurora in Purpur.
Die Farben aber waren von einem jenseitigen Leuchten, aus dem geistigen
Innenraum der Welt kommend, noch viel, viel schöner als die vorher im Irdischen
gesehene Erscheinung.
Geistige Purpur-Morgenröte lebte um die Christus - die selber intensiv zur leidenden
Erde unseres Jahrhunderts niederstrahlte in einem unnennbaren, helfenwollenden
Liebe - Glanz —:
»Ich bin da — und ich werde euch helfen ..."
Dann sank ich in den Tiefschlaf. Und beim Wiedererwachen tauchte dann die
Erinnerung auf — an das wunderbare innere Bildgeschehen. Es war alles wie in
einem großen Weltentempel — und wie über dem Altar der Erde leuchtete das
lebendigste Altarbild - die Gestalt des Weltenheilands selber.
Mit großem Erstaunen sah ich, was die Weisheit der Anthroposophie im neuen
Altar-Sakrament ausdrückt: Dass der Christus in unserem Tageslicht der Sonne
anwesend ist.
Der Paraklet
247
Du
mit der Sonnenkrone
und dem Sonnengewand —
Du
mit dem farbenumspannenden Wesen —
Du
mit den Sternenheerscharen um dich her —
Du
o Menschensohn — wie leuchtet in dir
der Gottessohn —
Du
heilbringender Offenbarer
wie kommst du uns so nahe
in heildurchdringender Allgegenwart —
J. D.
Inmitten eines betriebsamen Lebens gelingt es G. B., die Erfahrung der Gegenwart
Gottes in sich lebendig zu halten. Als Kind unserer Zeit ist sie das Gegenteil von dem,
was -man sich gemeinhin unter einer »von Gott erwählten Seele« vorstellt... In ihrem
geistlichen Tagebuch gibt uns G.B. Rechenschaft über ihre Zwiegespräche mit
Christus.“
19. 12.1936
»Du zweifelst manchmal, dass ich es bin, der zu dir spricht. Denn was ich dir sage,
erscheint dir so einfach, als käme es aus dir. Aber du und ich, sind wir nicht eins? «
24. 3. 1942.
»Freude bereiten, das heißt, das Gute tun. Lasse es niemand entbehren, besonders
nicht jene, die dir wehgetan haben. Um dich mit mir zu vereinen, sage ich: Ich bete
mit deinem Gebet. Ich arbeite mir dir, der Arbeitenden. Ich rede mit deinem Wort. «
248
17. 8. 1942.
»Nichts ist vergessen, nichts ist verloren. «
3. I.1948.
»Viele Seelen gehen mit mir um, als wäre ich allzeit tot. Aber, meine Tochter, ich
lebe und ich bin nahe bei ihnen, in ihnen, und warte darauf, dass sie mit mir reden,
dass sie mich anlachen, und dass ihr Herz ein wenig für mich schlägt. «
28.12. 1936.
»Ich verwandle deine Gebete in meine Gebete. Aber wenn du nicht betest - kann ich
eine Pflanze zum Blühen bringen, wenn du sie nicht säest? «
3.3.1937
»Meine Sonnenuntergänge, auch sie sind ein Zeichen meiner Liebe.«
9.4.1937.
»Strebe nach Vollkommenheit. Aber nach einer Vollkommenheit, die deinem Wesen
gemäß ist.«
Er gab mir zu verstehen, dass die Vervollkommnung einer Seele nicht in gleicher
Weise geschieht wie bei anderen.
Mai 1937.
»Urteile mehr im Guten als im Bösen, wenn du urteilen musst.«
25.6.1937.
»Sieh nicht Fehler, wo es sich nur um Schwächen der menschlichen Natur handelt.
Was mich leiden lässt, das ist die Gleichgültigkeit.«
30. 6.1937.
Ich: »Herr, werde ich es einmal vorher wissen, wann ich sterben muss? « Er
antwortete, und es war, als ob er dabei lächelte: »Mache nur recht oft
Generalproben. «
2. 5. 1938.
»Ich widme mich jeder Seele, als wäre sie allein auf der Welt.«
9.3.1939
»Wenn ich dir Kräfte schenke, die du für dich behältst, so bleiben sie in dir. Wenn du
sie aber an andere verschenkst, verhundertfachen sie sich. Habe nur den Mut dazu.«
8.6.1939
»Heute ist Fronleichnam, dein Herrenfest. Was willst du, Herr, das ich dir geben
soll?« »Die Treue in den kleinen Dingen.«
29.9.1939
Als ich seine Nähe suchte.
»Wenn ich auch nicht mit dir spreche, so bedeutet das nicht, dass ich fern von dir bin.
Ich bin gleichzeitig überall gegenwärtig und widme mich jeder Sache, als wäre sie
249
allein auf der Welt.«
20. 2. 1940.
»Hast du niemals darüber nachgedacht, wie sehr ich den Menschen und seinen
freien Willen achte? Ich warte auf seine Liebe. Aber ich zwinge ihn nicht. Ich gebe
ihm alles, dessen er bedarf, und erwarte daher seine Dankbarkeit. Ich bleibe ihm
ganz nahe, unsichtbar, schweigend, wie ein Bettler, der ein Almosen begehrt. Ihr
müsst zwar den ersten Schritt auf mich zu tun. Doch mit welcher Freude werde ich
dann alle weiteren Schritte tun. «
12.3.1940 Karfreitag.
»Satan weiß nicht, was Mitleid heißt. «
30. 3. 1940.
»Du liebst deine Einsamkeit. Aber wisse: Wenn du mich um einer menschlichen
Pflicht willen verlässt, bist du mir ebenso lieb. Und wenn du mich aus Liebe zum
Nächsten allein lässt, findest du mich danach jederzeit wieder. Es wird ein Tag
kommen, wo die Seele niemals mehr ihren Erlöser und ihren Gott verlassen wird. «
14. 4. 1940.
»Willst du dich nicht einem grenzenlosen Vertrauen überlassen? Beginnst du zu
begreifen, dass die Worte eurer Gebete nicht dazu da sind, die Luft zu bewegen,
sondern um mit ihren Pfeilen das Herz des Vaters zu treffen, der sie in Liebe
empfängt. Jedes Gebet ist ein solcher Pfeil. Seid gewiss, erhört zu sein. Ein Vater!
Bedenkt dies. Selbst wenn er euch nicht in eurem Sinne erhört, dann tut er es auf
eine bessere Weise. Gehört aber werdet ihr von dem, der eures Herzens Mittelpunkt
ist. «
19.8. 1941.
Kreuzweg. Simon von Cyrene. »Herr, kann ich dir helfen? « »Wenn du deinem
Nächsten beistehst, hilfst du auch mir. «
26. 2. 1942.
»Denke daran: ich bin dir näher, als du selbst dir nahe bist.«
21. 5. 1942.
»Glaube mir. Niemals bin ich fern von dir. Ich wohne im tiefsten Grund deiner
Seele ...«
10. 7. 1942.
»Beginne jeden Tag ganz neu, als wäre es der erste Tag. Du stehst immer am Anfang.
Erschrick darüber nicht. Ich bin da und weiß alles ...«
250
15. 7. 1943.
»Sieh mich als einen lebendigen Menschen an, der dich weit mehr liebt, als du dir in
deinen kühnsten Wünschen vorzustellen vermagst. Und bedenke, dass dieser
lebendige Mensch sein Leben für dich hingegeben hat und nun mit unendlicher
Sehnsucht den Augenblick der Begegnung erwartet. Würdest du ihm dann nicht auch
deine Vorfreude und deine Ungeduld bezeugen?
Betrachte mich oft so, als eine wirkliche Person, die dir jedoch nicht nur äußerlich
nahe, sondern in dir ist. Welche Quelle von Freuden bedeutet solches Gegenwärtig
sein. Eine solche Gegenwart ist so kostbar wie das Leben. Ich aber bin. «
Gedichte
251
Ihr Wenigen, die ihr Wege weist,
bereitet die Bahn dem kommenden Geist.
Die Welt droht dunkel — im Osten ist’s hell —
es steht ein Stern über Israel.
Nun schwinge dein Schwert, Sankt Michael!
252
es ist ein heiliger Ort
und sein Name und Wort
ist ohne Anfang und Ende.
Es wird dunkel und einsam um dich sein
und du bist allein......
Dort wache und warte, ergeben und still,
wachen musst du und warten.
Einmal wird es sein,
dass dein Engel dir öffnen darf und will
die Tore zum ewigen Garten.
Einmal wird es sein, —
dass überleuchtet vom eigenen Licht
die Sonne über die Berge bricht.
Einmal, einmal wird es sein —
Er tritt zu dir — du bist nicht mehr allein.
Die Sonne ging auf — Jesus Christ —
überleuchtet vom Licht, das Er selber ist.
Und sieh,
Es fließt von deinem Strahlen
Ein silbern Läuten
In die Herzen
Und weckt Gesang
Im schon verklungnen Liede
253
Trägt eines Lichtes Weihe in den Raum
Und muss verwandeln.
254
Mein Gehör ist verschlossen,
Meine Augen sind gesenkt
Und die tastenden Hände ruhn.
Nichts dringt ein in mich,
Die zündenden Sinne schlafen.
Und Gottes ewige Stille
Ist der Altar,
An dem ich mich schweigend
Erhebe
Über Lärm und Gebärde
Der um mich brandenden Stunde. (1927)
255
der immer euch nahe ist
mit seiner Hilfe
und mit seiner Liebe. -
Ein Gedicht, welches er 1936 verfasste und das in der Zeit der Nazidiktatur
heimlich weitergegeben wurde.
256
Zwischen den Zeilen des Lebens - Manfred Kyber
Wir müssen mit der Wurzel aus der Seele ausrotten Furcht und Grauen vor dem, was
aus der Zukunft herandrängt an die Menschen. Gelassenheit in Bezug auf alle
Gefühle und Empfindungen gegen die Zukunft muß sich der Mensch aneignen. Mit
absolutem Gleichmut dem entgegensehen, was da kommen mag, da es durch die
weisheitsvolle Weltenführung uns zukommt.
Wir haben jeden Augenblick das Rechte zu tun und alles andere der Zukunft zu
überlassen. Es gehört zu dem, was wir in dieser Zeit lernen müssen:
Was auch kommt, was mir auch die nächste Stunde, der nächste Tag bringen mag,
ich kann es zunächst, wenn es mir unbekannt ist, durch keine Furcht ändern. Ich
erwarte es mit vollkommener Meeresstille meines Gemüts. Durch Angst und Furcht
wird unsere Entwicklung gehemmt, wir weisen durch Wellen der Furcht und Angst
zurück, was aus der Zukunft in unsere Seele hinein will. Die Hingabe an das, was man
göttliche Wahrheit nennt in den Ereignissen, die Gewissheit, daß das, was kommen
wird, sein muss und daß es auch nach irgendeiner Richtung seine guten Wirkungen
haben müsse, das Hervorrufen dieser Stimmung in Worten, in Empfindungen, in
Ideen, das ist die Stimmung des Ergebenheitengebetes.
Es gehört zu dem, was wir in dieser Zeit lernen müssen:
Aus reinem Vertrauen leben, ohne Daseinssicherung, aus dem Vertrauen auf die
immer gegenwärtige Hilfe der geistigen Welt - Wahrhaftig, anders geht es heute
nicht, wenn der Mut nicht sinken soll.
257
Zum Meditieren - R.Steiner zu Rektor Bartsch
Wir stehen in einer ungeheuer ernsten Prüfungszeit, dessen müssen wir uns mehr
und mehr bewusst werden. Alles Böse und Gute kommt jetzt in einer oft ganz
erschütternden Weise ans Tageslicht.
Wer jetzt meditieren kann, wirkt stark auf alles Geschehen ein.
Nur die Allerwenigsten haben die Möglichkeit zu verstehen, um was es sich handelt,
geschweige denn die Kraft, die Aufgabe, die uns gestellt ist, zu erfüllen.
Umso wichtiger ist es, dass die Wenigen, die wirkliches Verständnis haben, nun alle
Kraft aufwenden, um mit höchstem Ernst und mit höchster Konzentration, ja mit
aller Magie, die sie aus den Untergründen ihrer Seelen heraus aufbringen können,
dahin zu arbeiten und sich dafür zu opfern, dass die Menschheit den heiligen Geist,
der die Zukunftsentwicklung der Menschheit leiten soll, nicht völlig verliert.
Noch nie sind wir so unmittelbar vor den Abgrund gestellt, wie in der Gegenwart.
Sieghafter Geist
Durchflamme die Ohnmacht
Zaghafter Seelen.
Verbrenne die Ichsucht,
Entzünde das Mitleid,
Dass Selbstlosigkeit,
Der Lebensstrom der Menschheit,
Wallt als Quelle
Der geistigen Wiedergeburt.
258
The initial interpretations of PCR test reliability are characterized as deeply flawed. They are criticized for producing numerous false positives and being inherently unreliable, with a significant lack of consistency in results. These tests are claimed to be unable to definitively diagnose a viral infection, generating unwarranted panic among populations. This unreliability is compounded by the absence of a solid gold standard to compare them against, making their results questionable .
Hydroxychloroquine is described as a treatment whose use has largely been experimental, often leading to severe and even fatal side effects due to high dosages. Studies, like the RECOVERY trial, showed no mortality benefit, with approximately 25.7% of treated patients dying. The trials illustrate not only the potential toxicity but also the inadequacy of using such treatments without thorough evaluation .
COVID-19 treatment trials often involve high-risk methodologies due to insufficient evidence backing their safety and efficacy. For instance, the use of high doses of Hydroxychloroquine has been linked to increased mortality rates. The aggressive dosing within trials like RECOVERY has been criticized for neglecting patient-specific factors, exacerbating risk without significant evidence of therapeutic benefit .
The WHO's approach is critiqued for implementing large-scale drug trials like the SOLIDARITY trial without adequate evidence of safety and efficacy. Criticism also extends to heavy reliance on specific medications, such as Remdesivir and Hydroxychloroquine, that had not been proven effective, emphasizing the urgency over well-reasoned medical judgment .
Clairvoyant abilities are expected to evolve starting with a few individuals and then proliferate among more people. This evolution is predicted to happen significantly between the years 1930 and 1940, where people will not only see the physical body but also the etheric body. This period will mark an important era in human development, as individuals will gain new insights into both their current lives and past incarnations. However, preparation through spiritual science is essential to harness and understand these abilities correctly .
The critique concerns the dominance of economic forces in modern society, suggesting that legal and spiritual aspects should counterbalance economic determinants. Today's society, driven by money and control, embodies the dominating figure of the banker, enslaving people through economic systems. This scenario is depicted as a significant misalignment that must be rectified to achieve a balanced society where economic, legal, and spiritual facets can coexist and complement each other .
Educational and cultural institutions provide critical support for spiritual and intellectual development by fostering environments that encourage creativity, critical thinking, and emotional growth. They are essential for maintaining societal values and ensuring personal resilience, which is particularly important during crises like the COVID-19 pandemic, where preserving social interaction and collective cultural identity can mitigate the adverse effects of isolation and uncertainty .
COVID-19 is seen as a catalyst for significant societal changes, shifting the world towards a new epoch characterized by a redefined social structure and emerging transhumanist ideologies. These changes may involve new political orders and reconsideration of global economic systems, reflecting a transition away from previous norms .
Spiritual science is considered vital for preparing humanity to comprehend and manage the emerging clairvoyant abilities. It enables individuals to cultivate their inner 'I' consciousness so they can retain valuable experiences in future incarnations. Without this spiritual foundation, individuals might not realize their potential as these abilities develop more widely .
The main arguments against over-reliance on digital libraries include the storage of knowledge without genuine human interest or engagement. Knowledge is preserved in 'canned wisdom' rather than being a living, evolving entity. This separation of knowledge from active human interest is seen as counterproductive because it supports disinterested learning and is a vehicle for Ahriman's influence, promoting a disconnect between people and their engagement with the material they are supposed to understand .