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1 Wege Zum Gluck. Griechisch - Lateinisch - Deutsch

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SAMMLUNG TUSCULUM

Wissenschaftliche Beratung:

Niklas Holzberg, Rainer Nickel,


Karl-Wilhelm Weeber, Bernhard Zimmermann
EPIKUR

WEGE ZUM GLÜCK

Griechisch-lateinisch-deutsch

Herausgegeben und übersetzt


von Rainer Nickel

ARTEMIS & W I N K L E R
Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibhothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der


Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten
sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

3. überarbeitete Auflage 2011


© Artemis & Winkler Verlag, Mannheim 2011
Bibliographisches Institut G m b H , Dudenstraße 6, 68167 Mannheim
Umschlaggestaltung und graphisches Konzept:
Gabriele Bürde, Berlin
Alle Rechte vorbehalten.
Pustet, Graf. Großbetrieb, Gutenbergstr. 8, 93051 Regensburg
ISBN 978-3-538-03545-4
www.artemisundwinkler.de
INHALT

TEXT U N D ÜBERSETZUNG

Fragmente 8
Über Lebensformen 20
Über das Ziel des Lebens 22
Zweifelsfragen 24
Über Götter 26
Fragmente zur Ethik 68

Briefe 150
A n Herodotos 150
A n Pythokles 192
A n Menoikeus 222

Kyriai doxai · Maßgebende Sätze 238


Gnomologium Vaticanum ·
Vatikanische Spruchsammlung 256

ANHANG

Einführung 281

Anmerkungen 3"

Literaturhinweise З32

Z u m Text 335
о praeclaram beate vivendi
et apertam et simplicem
et directam viam!
(Epikur, nach Cicero, De fin.)

Wie schön, wie offen, wie einfach


und wie gerade ist der Weg zum
glücklichen Leben!

Für Chnstiane
FRAGMENTE
I Έ γ ώ δ' έφ' ήδονάς συνεχείς παρακαλώ καΐ ουκ
έπ' άρετάς κενάς και ματαίας καΐ ταραχώδεις
έχουσας τών καρπών τάς έλπίδας.

Μακαρίζω σε, ώ 'Απελλή, δτι καθαρός πάσης


παιδείας έπΙ φιλοσοφίαν ώρμησας.

Τοις άναιροΰσι λύπας και δάκρυα και στεναγ-


μούς επί ταΐς τών φίλων τελευταϊς μάχονται καΐ
λέγουσι τ η ν εις τ ό ά π α θ έ ς κ α θ ε σ τ ώ σ α ν
ά λ υ π ί α ν αφ' ετέρου κάκου μείζονος ύπ-
άρχειν, ώμότητος ή δοξοκοπίας ακρά-
τ ο υ κ α ΐ λ ύ σ σ η ς , δ ι ό π ά σ χ ε ι ν τι β έ λ τ ι ο ν
ε ί ν α ι και λ υ π ε ι σ θ α ι και νή Δία λ ι π α ί -
νειν τούς ο φ θ α λ μ ο ύ ς και τήκεσθαι.

Την μακαρίαν άγοντες καΐ άμα τελευτώντες ήμέ-


ραν του βίου έγράφομεν ύμίν ταυτί' στραγγουρι-
κά τε παρηκολοΰθει και δυσεντερικά πάθη ύπερ-
βολήν ουκ άπολείποντα του εν έαυτοίς μεγέθους·
άντιπαρετάττετο δέ πάσι τούτοις τό κατά ψυχήν
χαιρον επί τη τών γεγονότων ήμΐν διαλογισμών μνή-
μη. σύ δέ άξίως έκ μειρακίου παραστάσεως προς
1 Ich fordere dich auf zu ununterbrochenem Streben
nach Lust und nicht zu leerenund sinnlosen Tugen-
den, deren Früchte man nur mit Unruhe im Herzen
erhofft.
(Plut. mor. 1117 A = п6 Us.)

2 Ich preise dich glücklich, mein Apelles, dass du dich


ohne jede Vorbildung der Philosophie zugewandt hast.
Athen. 588 A = 117 Us.)

3 ( D i e Epikureer b e k ä m p f e n ) diejenigen, die das Trau-


ern, Weinen und Seufzen über den Tod geUebter Men-
schen ablehnen, und sagen, dass der bis zur Empfin-
dungslosigkeit getriebene Verzicht auf Trauer auf ein
anderes und viel schlimmeres Übel zurückzuführen
sei: auf Unmenschlichkeit, maßlose Eitelkeit und Geis-
teskrankheit. D a r u m sei es besser, ein wenig zu leiden
und sich dem Schmerz hinzugeben und, bei Gott, die
Tränen fließen zu lassen und zu trauern.
(Plut. mor. noi A = 120 Us.)

4 A n diesem glücklichen und zugleich letzten Tag mei-


nes Lebens konnte ich euch nur noch folgendes mit-
teilen: Meine Harnbeschwerden und mein Ruhrleiden
haben ihren Höhepunkt erreicht. Trotz allem aber
empfinde ich Freude in meinem Herzen, wenn ich
an unsere gemeinsamen Gespräche zurückdenke. D u
aber kümmere dich ganz im Sinne deiner Einstellung,
die du mir und der Philosophie gegenüber von Jugend
FRAGMENTA

έμέ καΐ φιλοσοφίαν έπιμελοΰ των παίδων Μητρο-


δώρου.

5 Πέμπε οΰν ά π α ρ χ ά ς ήμΐν είς την του Ιεροΰ σώμα-


τος θεραπεί,αν υπέρ τε αΰτοΰ και τ έ κ ν ω ν οΰτω
γάρ μοι λέγειν επέρχεται.

Studia te tua darum et nobilem efficient, ut exem-


pium Epicuri referam: cum Idomeneo scriberet et il-
ium a uita speciosa ad fidelem stabilemque gloriam
reuocaret rigidae tunc potentiae ministrum et magna
tractantem : s i g l o r i a , inquit, t a η g e г i s, notiorem te
epistulae meae facient quam omnia ista, quae colis et
propter quae c o l e r i s . numquid ergo mentitus est?
quis Idomenea nosset, nisi Epicurus ilium litteris suis
incidisset? omnes illos m e g i s t a n a s et satrapas et re-
gem ipsum, ex quo Idomenei titulus petebatur, obliuio
alta subpressit.

lam intellegis educendum esse te ex istis occupationi-


bus speciosis et malis: sed quomodo id consequi possis
quaeris Epicuri epistulam ad hanc rem pertinen-
tem lege, Idomeneo quae inscribitur, quem rogat ut
q u a n t u m p o t e s t f u g i a t et p r o p e r e t , a n t e -
q u a m a l i q u a uis m a i o r i n t e r u e n i a t et a u -
f e r a t l i b e r t a t e m r e c e d e n d i . idem tamen subicit
n i h i l esse t e m p t a n d u m , nisi c u m a p t e p o t -
FRAGMENTE Π

an gezeigt hast, um die Kinder des Metrodoros.


(Diog. Laen. lo, 22 = 138 Us.)

5 Schick uns also Erstlinge für die Pflege des heiligen


Körpers - um deiner selbst und deiner Kinder willen;
es überkommt mich nämlich, so zu reden.
(Plut. mor. 1117 D = 130 Us.)

6 Deine Studien werden dich bekannt und berühmt ma-


chen, wie ich am Beispiel Epikurs zeigen werde: Als
er einen Brief an Idomeneus schrieb, der damals ei-
nem strengen Machthaber diente und für bedeutende
Dinge verantwortlich war, und ihn aus einem glanz-
vollen Leben in der Öffentlichkeit zu einem zuverläs-
sigen und dauerhaften Ruhm zurückrief, benutzte er
folgendes Argument: »Wenn du dich vom Ruhm be-
eindrucken lässt, dann werden dich meine Briefe noch
bekannter machen als all diese Dinge, die du für be-
deutend hältst und um derentwillen man dich für be-
deutend hält.« Hat er also etwa gelogen? Wer kennte
schon Idomeneus, wenn ihn nicht Epikur mit seinen
Briefen bedacht hätte? Alle jene Würdenträger und
Statthalter und sogar der König, von dem Idomeneus
seinen Titel erhielt, sind völlig vergessen.
(Sen. ер. 21, 3-4 = 132 Us.)

7 D u siehst nun ein, dass du dich aus diesen ebenso


glänzenden wie üblen Beschäftigungen herausziehen
musst: Du fragst aber, wie du dies schaffen kannst ...
Lies Epikurs Brief über dieses Problem an Idomeneus.
Er bittet ihn darum, so weit er könne, zu fliehen und
sich zu beeilen, bevor irgendeine größere Macht da-
zwischen trete und die Freiheit zum Rückzug weg-
nehme. Doch er fügt hinzu, dass man nichts unter-
FRAGMENTA

e r i t t e m p e s t i u e q u e t e m p l a r i , sed c u m i l l u d
t e m p u s c a p t a t u m diu u e n e r i t , e x i l i e n d u m
a i t . d o r m i t a r e de f u g a c o g i t a n t e m v e t a t et
s p e r a t s a l u t a r e m e t i a m ex d i f f i c i l l i m i s e x i -
t u m , si n e c p r o p e r e m u s a n t e t e m p u s n e c
c e s s e m u s in t e m p o r e .

Π ά λ ι ν δέ οΐμαι γράφων προς 'Ιδομενέα διακε-


λεύεται μή νόμοις και δόξαις δουλεύοντα ζην,
εφ' οσον άν μή την δια του πέλας εκ πληγής
οχλησιν π α ρ α σ κ ε υ ά ζ ω σ ι ν .

E l βούλει πλούσιον Π υ θ ο κ λ έ α ποιήσαι, μή χρη-


μάτων προστιθει, της δέ έπιθυμίας άφαίρει.

10 ΚαΙ τό πρός Μι^[ρ]ή[ν]


έπί Τηλοκλ[έ]ους· [ ο ΰ ] τ ο ι
[ά]ν[ετέο]ν τόν τρόπ[ο]ν.ού
[γά]ρ ά ξ ι ο ν φόβου τό κατά
μετάπ[τ]ωσιν ενόχλη-
μα, κα[1 δια]ί.της ού π ά ν [ τ α ]
[ά]ν δ[έοι] τό κ α τ ' ε ν δ ε ι ά ν
[γ']έξολ[οΰ]ν [έ]ξα[ιρ]ούμενον
ή [τό] τ ά ς [ κ α ΐ ] έτι ύ μ [ ΐ ] ν έπι-
γινομένας δυσχερείας
[άπολυόμενον]
FRAGMENTE I3

nehmen dürfe, wenn man es nicht bei passender


Gelegenheit und z u m rechten Zeitpunkt unterneh-
men kann. A b e r wenn jener lange erwartete Zeit-
punkt gekommen sei, müsse man hinausspringen,
sagt er. Demjenigen, der an Flucht denkt, verbietet er
zu schlafen, und hofft auf einen heilsamen A u s w e g
auch aus den schwierigsten Lagen, wenn wir weder
dem rechten Zeitpunkt vorauseilen noch z u m rechten
Zeitpunkt zögern. (Sen. ер. i i , 5 = 133 Us.)

8 In einem anderen Brief, glaube ich, fordert Epikur Ido-


meneus auf, sich Gesetzen und Überzeugungen nicht
wie ein Sklave zu unterwerfen, so lange sie ihn nicht be-
lästigten, dadurch dass sie ihm die Schläge seiner Mit-
menschen einbrächten. (Plut. mor. 1127 D = 134 Us.)

9 Wenn du Pythokles reich machen willst, dann gib ihm


nicht mehr Geld, sondern nimm ihm einen Teil seiner
Begierden weg. (Stob. 3,17, 23 = 135 Us.)

10 A n Mithres am H o f e des Telokles: Man darf sich nicht


aufgeben. Denn die Belastung, die sich aus einer plötz-
lichen Veränderung ergibt, ist es nicht wert, dass man
sie fürchtet, und das Leben dürfte nicht darauf ange-
wiesen sein, dass der lebensbedrohende Mangel völlig
beseitigt wird oder die für euch noch hinzukommen-
den Schwierigkeiten aufhören. (Philod. de div. = 79 Ar.)
14 FRAGMENTA

11 Ά γ ο ρ α ί α [ ς φαμέ]ν
[ κ α ι φ ο ρ τ ι κ ] ά ς τ ά ς μ[ή π ρ ο ς ε ] ύ δ [ α ί μ ο ν ] α
βίον [συ]ντεινούσας Ιδέας του
β ί ο υ . καΐ π ά λ ι ν ά ξ ι ο ς γ ά ρ ν ή τ ο ύ ς
•&εού[ς] έ ν ε φ ά ν η [ ς ή ] μ Ι ν τ ώ [ ι ] ο λ ω ι
ή·&ει [ ε ] ΐ ν α ι ο υ κ α τ ά ν ό μ ο υ ς έ λ ε υ θ έ -
ρας βιοτης.

12 Certos habebat dies ille magister uoluptatis Epicurus,


quibus maligne famem exstingueret, uisurus an aliquid
deesset ex plena et consummata uoluptate uel quan-
tum deesset et an dignum quod quis magno labore
pensaret. hoc certe in his epistulis ait, quas scripsit
Charino magistratu ad Polyaenum. et quidem gloria-
tur non t o t o asse p a s c i , M e t r o d o r u m , qui
nondum tantum profecerit, toto.

13 Παιδείαν δέ πάσαν, μακάριε, φεϋγε τάκάτιον


άράμενος.

ц Φυλάττειν ένεργεία τάς έπινοιας των θεών


διά τίνων χρόνων, ού μόνον δέ ταΰτ' έδογ-
μάτισεν άλλά καΐ διά των έργων αυτών ευρίσ-
κεται πάσαις ταΐς πατρίοις έορταις και θυσίαις
κεχρημένος· έπ' Ά ρ ι σ τ ω ν ύ μ ο υ μέγ γάρ Φύρ-
σωνι περί τίνος αύτοά) Θεοδότου γράφων και τών
έορτών αύτω πασώ μετεσχηκέναι...
FRAGMENTE

Wir halten die Lebensentwürfe für vulgär und plump,


die nicht auf ein glücldiches Leben zielen. U n d weiter-
hin: A u f g r u n d deines ganzen Charakters scheinst du
mir nämlich, bei den Göttern, ein freies Leben zu ver-
dienen, das nicht von Gesetzen geregelt ist.
(Philod. pragm. = 74 Ar.)

12 Epikur, jener Lehrer der Lust, hatte bestimmte Tage,


an denen er seinen Hunger auf sparsamste Weise
stillte, u m zu sehen, ob ihm irgendetwas an vollstän-
diger und vollkommener Lust fehle oder wie viel ihm
fehle oder ob es sich lohne, dass man es mit großer
M ü h e erwerbe: D a s jedenfalls sagt er in den Briefen,
die er unter dem Archontat des Charinos an Polyainos
schrieb. J a , er rühmt sich sogar, dass er sich mit weni-
ger als einer D r a c h m e ernähre, Metrodoros aber mit
einer ganzen D r a c h m e , weil er noch nicht so weit ge-
k o m m e n sei. (Sen. ер. i8, 9 = 158 Us.)

13 Flieh v o r jeder Bildung, du Glücklicher, mit einem


schnellen Schiff.
(Diog. Laen. 10, 6 = 163 Us.)

14 M a n solle seine Vorstellungen über die Götter zu be-


stimmten Zeiten aktiv pflegen. E r vertrat nicht nur
diese Auffassung, sondern nahm auch persönlich und
tatkräftig an allen Festen und O p f e r n seiner Hei-
matstadt teil. Unter dem Archontat des Aristonymos
schrieb er über einen Mitbürger namens Theodotos, er
habe mit ihm gemeinsam an allen Festen teilgenom-
men ... (Philod. de piet. = 169 Us.)
l6 FRAGMENTA

15 Βρυάζω τω κατά τό σωμάτιον ήδεΐ, ΰδατι καΐ


αρτω χρώμενος, και προσπτύω ταΐς έκ πολυτε-
λείας ήδοναΐς ού δι' αύτάς, άλλά δια τά έξακο-
λουθοϋντα αύταΐς δυσχερή.

ι6 Ουδέποτε ώρέχθην τοις πολλοίς άρέσκειν. α μέν


γάρ έκείνοις ήρεσκεν, ουκ ε μ α θ ο ν α δ' ηδειν εγώ,
μακράν ήν της εκείνων αίσθήσεως.

17 Multis itaque iam annis Metrodoro suo superstes in


quadam epistula, cum amicitiam suam et Metrodori
grata commemoratione cecinisset, hoc nouissime adie-
cit, nihil sibi et Metrodoro inter bona tanta nocuisse,
quod ipsos ilia nobilis Graecia non ignotos solum ha-
buisset, sed paene inauditos.

18 Philosophiae seruias oportet, ut tibi contingat uera


libertas.

19 Άφυσιολόγητον μηδέν ήγοΰ βοώσης της σαρκός


βοαν την ψυχήν. σαρκός δέ φωνή· μή πεινην, μη
διψην, μή ριγοΰν. και ταΐ3τα τή "ψυχή χαλεπόν μέν
κωλΰσαι, έπισφαλές δέ παρακοϋσαι της παραγ-
γειλάσης φύσεως αύτη διά τής προσφυοΰς αύτη
αύταρκείας καθ' ήμέραν.
FRAGMENTE \J

15 Ich genieße meine körperlichen Lustgefühle in vollen


Zügen, während ich Wasser und Brot zu mir nehme,
und ich spucke auf die Freuden, die durch übermäßi-
gen A u f w a n d erzeugt werden, nicht wegen der Freu-
den an sich, sondern wegen der Beschwerden, die ih-
nen unweigerlich folgen.
(Stob. 3,17, 33 = 181 Us.)

16 Niemals hatte ich den "Wunsch, den Leuten zu gefal-


len. Denn was ihnen gefiel, habe ich nicht gelernt. Was
ich aber wusste, lag weit außerhalb ihres Horizonts.
(Gnomol. Cod. Par. ii68f. = 187 Us.)

17 Viele Jahre nach dem Tod des Metrodoros setzte er in


einem Brief, nachdem er seine Freundschaft mit Me-
trodoros in dankbarer Erinnerung besungen hatte,
schließlich noch hinzu, es habe ihm und Metrodoros
angesichts so vieler schöner Dinge nicht geschadet,
dass jenes vornehme Griechenland sie nicht nur als
Unbekannte, sondern beinahe schon als Namenlose
behandelt habe. (Sen. ер. 79, ц = i88 Us.)

18 D u musst der Philosophie dienen, damit dir die wahre


Freiheit gelingt. (Sen. ер. 8, 7 = 199 Us.)

19 Halte es nicht für unerklärbar, dass auch die Seele ruft,


wenn das Fleisch ruft. Das ist aber die Stimme des
Fleisches: Nicht hungern, keinen Durst haben, nicht
frieren. U n d es ist schwierig für die Seele, diesen Be-
dürfnissen zu widerstehen; es ist sogar gefährlich für
sie, mit der ihr eigentümlichen Selbstgenügsamkeit im
Alltag nicht hinzuhören, wenn die Natur mahnt.
(Porph. ad Marc. 30 = 200 Us.)
l8 FRAGMENTA

20 Si ad naturam uiues, numquam eris pauper: si ad opi-


niones, numquam eris diues.

21 Ό ο ΰ ν тЦ φύσει π α ρ α κ ο λ ο υ θ ώ ν καΐ μή ταΐς κε-


ναΐς δόξαις έν πάσιν αυτάρκης· πρός γάρ τό ττ)
φύσει α ρ κ ο ύ ν πάσα κτησίς έστι πλούτος, πρός δέ
τάς άορίστους ορέξεις και ó μέγιστος πλούτος
έστι πενία.

22 Έ φ ' δσον δ' αν άμηχανης, λήθη της φύσεως άμη-


χανεϊς- σαυτφ γάρ άορίστους φόβους και επι-
θυμίας προσβάλλεις.

23 Meditare mortem ... ; egregia res est mortem condis-


cere.

24 Magnificentior, mihi crede, sermo tuus in grabato ui-


debitur et in panno, non enim dicentur tantum illa sed
probabuntur.

25 Κρεΐττον δέ σοι θαρρείν έπΙ στιβάδος κατακειμέ-


νφ ή ταράττεσθαι χρυσην εχοντι κλίνην καί πο-
λυτελή τ ρ ά π ε ζ α ν .

26 Tunc praecipue in te ipse secede, cum esse cogeris in


turba.
FRAGMENTE 19

20 Wenn du in Übereinstimmung mit der Natur lebst,


wirst du niemals arm sein: wenn du nach den üblichen
Meinungen lebst, wirst du niemals reich sein.
(Sen. ер. i6, 7 = 201 Us.)

21 Wer also der Natur folgt und nicht den leeren Meinun-
gen, ist in jeder Hinsicht selbstgenügsam. Denn im
Blick auf das der Natur Genügende ist jeder Besitz
Reichtum; im Blick auf die grenzenlosen Wünsche ist
selbst der größte Reichtum Armut.
(Porph. ad Marc. 27 = 202 Us.)

22 Wenn du in Schwierigkeiten bist, dann bist du es, weil


du die Natur vergisst; denn du erzeugst dir selbst
grenzenlose Ängste und Begierden.
(Porph. ad Marc. 29 = 203 Us.)

23 Denke an den Tod ... ; es ist eine großartige Sache, den


Tod zu lernen. (Sen. ер. 26, 8 = 205 Us.)

24 Deine Rede wird großartiger erscheinen, glaube mir,


auf einem einfachen Bett und in einem ärmlichen
Kleid. Denn dann werden deine Gedanken nicht nur
ausgesprochen, sondern auch bewiesen werden.
(Sen. ер. 20, 9 = 206 Us.)

25 Es ist besser für dich, auf Stroh zu liegen und zuver-


sichtlich zu sein als ein goldenes Bett und einen reich
gedeckten Tisch zu haben und in Angst zu leben.
(Porph. ad Marc. 29 = 207 Us.)

26 Zieh dich dann vor allem in dich selbst zurück, wenn


du gezwungen wirst, unter vielen Menschen zu sein.
(Sen. ер. 25, 6 = 209 Us.)
20 FRAGMENTA

27 Aliquis uir bonus nobis diligendus est ас semper ante


oculos habendus, ut sic tamquam ilio spectante uiua-
mus et omnia tamquam ilio uidente faciamus.

28 Sic fac omnia, tamquam spectet Epicurus.

Περί βίων

29 Ο υ δ έ πολιτεύσεται (ó σοφός) ... ουδέ τ υ ρ α ν ν ε ύ -


σειν.

}ο Epicurus ait: n o n a c c e d e t ad r e m p u b l i c a m s a -
p i e n s n i s i si q u i d i n t e r u e n e r i t . Zenon ait: ac-
cedet ad rem publicam nisi si quid impedierit.

31 Π ρ ο σ κ υ ν ή [ σ ε σ θ α ι θεούς φησι τον σοφόν].

32 Π ρ ο σ ε ύ χ ε α θ α ι γ ά ρ έν τώι Περί [βίων] οίκεϊον εί-


ναι [σοφί]αι φησίν, ούχ ώς [άχθο]μένων των
[θεών] ει μή ποιή[σομεν], άλλά κατά τήν έ π ί ν ο ι α ν
των [ύπερβ]αλλουσών [δυνά]μει και σπου[δαι-
ότ]ητι φύσεων.

33 Ο υ δ έ κυνιεΐν (τόν σοφόν) ... ουδέ πτωχεύσειν.


FRAGMENTE 21

27 Einen tüchtigen Mann müssen wir lieben und ihn uns


immer vor Augen halten, damit wir so leben, als ob er
uns zuschaute, und alles so tun, als ob er es sähe.
(Sen. ер. π, 8 = по Us.)

28 Tue alles so, als ob Epikur es sähe.


(San. ep. 25, 5 = 211 Us.)

Über Lebensformen

29 D e r Weise wird sich nicht politisch betätigen und auch


keine Macht haben wollen.
(Diog. Laert. 10,119 = 8 Us.)

30 Epikur sagt: »Der Weise wird kein politisches A m t


übernehmen, wenn es nicht aus irgendeinem Grund
sein muss.« Zenon sagt: »Der Weise wird ein politi-
sches A m t übernehmen, wenn nichts dagegen steht.«
(San. da otio 3, 2 = 9 Us.)

31 D e r Weise wird sich den Göttern unterwerfen.


(Philod. de piet. = 12 Us.)

32 In seinem Werk über die Lebensformen sagt Epikur, es


sei ein Zeichen von Weisheit, zu den Göttern zu beten,
nicht weil die Götter sich ärgern, wenn wir es nicht
tun, sondern im Bewusstsein der Tatsache, dass sie
Wesen sind, die uns an Stärke und Klugheit weit über-
treffen. (Philod. de piet. = 13 Us.)

33 Der Weise wird nicht leben wie ein Hund ... und auch
nicht betteln. (Diog. Laart. 10,119 = 14 Us.)
FRAGMENTA

34 Ά λ λ ά καΐ πηρωθείς τάς όψεις (ό σοφός) κατα-


ξιοΐ α ύ τ ό ν тогЗ βίου.

Περί τέλους

35 ' Α π ο δ ε ί ξ ε ι δέ χρηται του τέλος είναι τήν ή δ ο ν ή ν


τω τά ζ φ α άμα τω γ ε ν ν η θ η ν α ι ττ) μέν εύαρεστεΐ-
σ^αι, τω δέ π ό ν φ π ρ ο σ κ ρ ο ύ ε ι ν φυσικώς καΐ χω-
ρίς λόγου, α ύ τ ο π α θ ώ ς ο υ ν φεύγομεν τήν άλγη-
δόνα· ϊ ν α καΐ ó Η ρ α κ λ ή ς καταβιβρωσκόμενος
υ π ό του χιτώνος βοά-
δ ά κ ν ω ν ί ύ ζ ω ν άμφί δ' έστενον πέτραι
Λ ο κ ρ ώ ν τ' ορειοι πρώνες Ε υ β ο ί α ς τ' ακραι.

Зб Ου γ ά ρ έγωγε εχω τί νοήσω τ ά γ α θ ό ν , ά φ α ι ρ ώ ν


μέν τάς διά χ υ λ ώ ν ήδονάς, ά φ α ι ρ ώ ν δέ τάς δι'
αφροδισίων, ά φ α ι ρ ώ ν δέ τάς δι' ά κ ρ ο α μ ά τ ω ν ,
ά φ α ι ρ ώ ν δέ και τάς διά μορφής κ α τ ' ό ψ ι ν ηδείας
κινήσεις ...
... siue quae aliae uoluptates in teto homine gignun-
tur quolibet sensu, пес uero ita dici potest, mentis lae-
titiam solam esse in bonis, laetantem enim mentem ita
noui: spe eorum omnium quae supra dixi, fore ut na-
tura iis potiens dolore careat.
FRAGMENTE 2}

34 Selbst wenn er seine Sehkraft verloren hat, hält der


Weise sein Leben für wertvoll.
(Diog. Laert. lo, 119 = 15 Us.)

Über das Ziel des Lebens


35 U m zu beweisen, dass die Lust das Ziel des Lebens ist,
verweist er darauf, dass alle Lebewesen von Geburt an
ihre Freude daran haben, den Schmerz aber von Natur
aus und ohne lange Überlegung ablehnen. G a n z von
selbst also meiden wir den Schmerz, wie denn auch
Heraides, als er von dem vergifteten G e w a n d zerfres-
sen wurde, »wild aufschrie vor Schmerz; und rings-
um dröhnten die Felsen, die Berge der Lokrer und die
hohen Klippen von Euboia« (Sophokles, Trachinierin-
nen / S / f ) . (Diog. Laert. 10,137 = 66 Us.)

36 Ich weiß allerdings nicht, was ich mir unter dem G u -


ten vorstellen soll, wenn ich verzichte auf die Freuden
des Gaumens, verzichte auf die Freuden der Liebe,
verzichte auf die Freuden des Hörens, verzichte auf
die Freuden, die als angenehme Bewegungen eines
schönen Körpers mit den Augen wahrgenommen wer-
den ... oder auf die Freuden, die sonst noch durch
irgendeine Sinneswahrnehmung im ganzen Menschen
entstehen. So kann man auch nicht sagen, dass allein
die Freude des Geistes ein G u t sei. Denn unter Freu-
de des Geistes verstehe ich folgendes: Sie besteht in
der H o f f n u n g , dass unsere Natur frei von Schmerz
sein wird, wenn sie alle Dinge, die ich eben aufgezählt
habe, besitzt.
(Athen. 546 E und Cie. Tusc. Disp. 3, 41 = 67 Us.)
24 FRAGMENTA

37 Saepe quaesiui ex iis qui appellabantur sapientes, quid


haberent quod in bonis relinquerent, si illa detraxis-
sent, nisi si uellent uoces inanis fundere: nihil ab iis po-
mi cognoscere. qui si uirtutes ebullire uolent et sapien-
tias, nihil aliud dicent nisi earn uiam qua efficiantur eae
uoluptates quas supra dixi.

38 To γάρ ευσταθές σαρκός κατάστημα και τό περί


ταύτης πιστόν ελπισμα τήν άκροτάτην χαράν καΐ
βεβαιοτάτην εχει τοις έπιλογίζεσθαι δυναμένοις.

39 Τιμητέον τό καλόν και τάς άρετάς καΐ τά τοιου-


τότροπα, έάν ήδονήν παρασκευάζη· έάν δέ μή
παρασκευάζη, χαίρειν έατέον.

Διαπορίαι
40 Πράξει τινά ó σοφός ων οΐ νόμοι άπαγορεύουσιν,
εΙδώς οτι λήσει; Ουκ εΰοδον τό άπλοΰν έστι κατ-
ηγόρημα.

41 Και μηδέ και γαμήσειν και τεκνοποιήσειν τόν


σοφόν ... κατά περίστασιν δέ ποτε βίου γαμήσειν.

42 Φιλοθέωρον ... τόν σοφόν ... και χαίροντα παρ'


όντινοί5ν ετερον άκροάμασι και θεάμασι Διονυ-
σιακοΐς, προβλήμασι δέ μουσικοϊς και κριτικών
FRAGMENTE 25

37 O f t habe ich jene Leute gefragt, die man als Weise


bezeichnete, was ihnen denn an Gütern übrig bleibe,
wenn sie jene außer Acht ließen, falls sie nicht nur
leere Worte machen wollten: Nichts konnte ich von
ihnen erfahren. Wenn sie sich auch über Tugenden
und Weisheiten auslassen wollen, werden sie doch
keine andere Möglichkeit nennen können als jene, mit
der die Freuden erzeugt werden, die ich oben erwähnt
habe. (Cie. Tusc. Disp. 3, 42 = 69 Us.)

38 Der dauerhaft gute Zustand des Körpers und die Zu-


versicht, dass es so bleibt, schafft allen nachdenklichen
Menschen die höchste und beständigste Freude.
(Plut. mor. 1089 D = 68 Us.)

39 In Ehren halten muss man das sittlich Gute, die Tu-


genden und dergleichen, wenn sie Lust verschaffen;
sollten sie aber keine Lust bereiten, dann muss man
auf sie verzichten. (Athen. 546 F = 70 Us.)

Zweifelsfragen
40 Wird der Weise etwas tun, was die Gesetze verbieten,
wenn er weiß, dass es verborgen bleibt? Es ist nicht
leicht, darauf eine einfache Antwort zu geben.
(Plut. mor. 1127 D = 18 Us.)

41 (Epikur erklärt,) der Weise werde nicht heiraten und


Kinder zeugen ... nur unter bestimmten Umständen
werde er heiraten. (Diog. Laert. 10,119 = 19 Us.)

42 Der Weise sei schaulustig und genieße wie jeder an-


dere mit Augen und Ohren die dionysischen Spiele;
für musiktheoretische Fragen und wissenschaftliche
2б FRAGMENTA

φιλολόγοις ζητήμασιν ουδέ παρά πότον διδούς


χώραν.

Περί άεών
43 'Υποκρίνεται γάρ εύχάς καΐ προσκυνήσεις ούθέν
δεόμενος διά φόβον των πολλών και φθέγγεται
φωνάς έναντίας οΐς φιλοσοφεί· καί θΰων μεν ώς
μαγείρω παρέστηκε τω ίερεΐ σφάττοντι, θύσας δε
απεισι λέγων τό Μενάνδρειον ,,εθυον ού προσέ-
χουσιν ουδέν μοι θεοΐς"· οΰτω γάρ Επίκουρος
οϊεται δεΐν σχηματίζεσθαι και μή φθονεϊν μηδ'
άπεχθάνεσθαι τοις πολλοίς, οΐς χαίρουσιν ετεροι
πράττοντας, αυτούς δυσχεραίνοντας. ... fj και
τούς δεισιδαίμονας ού χαίροντας άλλά φο-
βουμένους οϊονται θυσίαις καί τελεταΐς όμιλεΐν,
μηθέν έκείνων αύτοί διαφέροντες, εϊ γε διά φό-
βον τά αυτά δρώσιν, ούδ' έλπίδος χρηστής οσον
έκεϊνοι μεταλαγχάνοντες, άλλα μόνον δεδιότες
καί ταραττόμενοι μή φανεροί γένωνται τοις πολ-
λοίς παραλογιζόμενοι καί φενακίζοντες· εφ' ους
καίτά περί θ ε ώ ν κ α ί ό σ ι ό τ η τ ο ς αύτοϊς βιβ-
λία συντέτακται ,,έλικτά και ούδέν ύγιές άλλά
παν πέριξ" έπαμπεχομένοις καί άποκρυπτομέν-
οις διά φόβον ας εχουσι δόξας.

44 Κάν τών δω-


δεκάτ[ω]ι Περί φ[ύ-]
FRAGMENTE 2/

Gespräche der Fachleute habe er nicht einmal beim


Trinkgelage etwas übrig. (Plut. mor. 1095 С = 20 Us.)

Über Götter
43 (Der Epikureer) heuchelt nämlich, wenn er Gebete
spricht und sich zu Boden wirft, ohne ein inneres Be-
dürfnis danach zu haben, aus Furcht vor den Leuten,
und er sagt Dinge, die im Gegensatz zu seiner Phi-
losophie stehen. U n d während der Opferzeremonie
steht er neben dem opfernden Priester wie neben
einem Schlachter; nach der Opferzeremonie entfernt
er sich mit den Worten Menanders: »Ich opferte Göt-
tern, die sich gar nicht um mich kümmern.« So näm-
lich, meint Epikur, müsse man sich verstellen, um die
Leute nicht vor den Kopf zu stoßen und ihren Hass
zu wecken, indem man das tut, worüber andere
sich freuen, auch wenn man es selbst missbilligt... In-
sofern meinen sie auch, dass die Gläubigen nicht aus
Freude, sondern aus Furcht an Opfern und religiösen
Feiern teilnehmen; sie unterscheiden sich hierin in
nichts von jenen Gläubigen, wenn sie aus Furcht das-
selbe tun, wobei sie jedoch keine tröstliche Hoffnung
erlangen, sondern nur Angst haben und besorgt sind,
dass die Leute merken, dass sie sie täuschen und be-
trügen. Für diese haben sie auch ihre Bücher über die
Götter und die Frömmigkeit geschrieben, »verworre-
nes Zeug und nichts Vernünftiges, sondern völlig A b -
gedrehtes«, um sich zu tarnen und ängstlich zu verhül-
len, welche Meinungen sie venreten.
(Plut. mor. 1102 В = 31 Us.)

44 Im zwölften Buch über die Natur sagt Epikur, die ers-


28 FRAGMENTA

σ[ε]ω[ς το]ύς πρώτους


φη[σιν ά]νθρώπους
έπιν[οή]ματα λαμ-
βάνειν ά φ θ α ρ τ ω ν
φ ύ σ ε ω ν είναι γάρ,
[οΐς] προστρέ[π]ετα[ι,]
[παν]ανάξια της ν[ο-]
[ο]υμένης ά φ θ α ( ρ ) σ ί α [ ς ]
αυτών και παντελώς
μακαρι[ό]τητος· ουδέ
γάρ ετι τ[η]ρεΐται τ[ό]
πάντα [τ]εθέ[ν] εΰδ[αι-]
μον καΐ τό πρός τ[ήν δι-]
άλυσι[ν ά]δήκ[τω]ς
εχο[ν.

45 Και]
τιν' αΙτίαν [βλάβης]
και σωτηρία[ς άν&ρώ-]
ποις διά του θε[οϋ κα-]
ταλειπτέον, ύπ[ογρά-]
φει διά πλειό[νων·]

46 (43) ··· Solus enim vidit primum esse deos, quod in


omnium animis eorum notionem inpressisset ipsa na-
tura. quae est enim gens aut quod genus hominum
quod non habeat sine doctrina anticipationem quan-
dam deorum, quam appellat πρόληψιν Epicurus id
est anteceptam animo rei quandam informationem,
sine qua nec intellegi quicquam nec quaeri nec dispu-
tari potest, quoius rationis vim atque utilitatem ex ilio
FRAGMENTE 29

ten Menschen hätten bestimmte Vorstellungen von


unvergänglichen Naturen gewonnen. Diese seien tat-
sächlich, sobald man sich ihnen zuwende, der ihnen
zugeschriebenen Unvergänglichkeit und vollkomme-
nen Glückseligkeit in jeder Hinsicht würdig. Aller-
dings wird an dem, was man sich als umfassend glück-
lich vorgestellt hatte und das gegen Jede Auflösung
geschützt ist, nicht mehr konsequent festgehalten.
(Philod. de piet. = 27, i Ar.)

45 Und welche Begründung man dafür, dass den Men-


schen durch die Gottheit Schaden und Heil zuteil
wird, zulassen muss, beschreibt er ausführlich.
(Philod. de piet. = 135 Ar.)

46 (43) ... Als einziger nämlich hat Epikur gesehen, dass


es erstens Götter gibt, weil die Natur selbst eine Vor-
stellung von ihnen in die Seelen aller Menschen einge-
prägt hat. Denn welches Volk oder welche Menschen-
gattung gibt es, die nicht auch ohne entsprechende Be-
lehrung gewissermaßen einen »Vorbegriff« von den
Göttern besitzt, den Epikur »Prolepsis« nennt, d.h.
eine im Geist vorweggenommene Information über
eine Sache, ohne die man nichts erkennen, untersu-
chen und erörtern kann? Von der Bedeutung und dem
Nutzen dieses Begriffs haben wir etwas aus jenem
30 FRAGMENTA

cadesti Epicuri de regula et iudicio volumine accepi-


mus. (44) quod igitur fundamentum huius quaestionis
est, id praeclare iactum videtis. cum enim non institu-
to aliquo aut more aut lege sit opinio constituta mane-
atque ad unum omnium firma consensio, intellegi ne-
cesse est esse déos, quoniam Ínsitas eorum vel potius
innatas cognitiones habemus; de quo autem omnium
natura consentit, id verum esse necesse est; esse igitur
déos confitendum est. Quod quoniam fere constat in-
ter omnis non philosophos solum sed etiam indoctos,
fatemur constare illud etiam, banc nos habere sive
anticipationem, ut ante dixi, sive praenotionem deo-
rum ..., ut deos beatos et inmortales putemus. (45)
quae enim nobis natura informationem ipsorum deo-
rum dedit, eadem insculpsit in mentibus ut eos aeter-
nos et beatos haberemus. Quod si ita est, vere expósita
illa sententia est ab Epicuro, quod beatum aeternum-
que sit id nec habere ipsum negotii quicquam nec ex-
hibere alteri, itaque neque ira ñeque gratia teneri, quod
quae talia essent inbecilla essent omnia.

Si nihil aliud quaereremus nisi ut deos pie coleremus


et ut superstitione liberaremur, satis erat dictum; nam
et praestans deorum natura hominum pietate colere-
tur, cum et aeterna esset et beatissima (habet enim ve-
nerationem iustam quicquid excellit), et metus omnis a
FRAGMENTE 3I

himmlischen Buch Epikurs mit dem Titel »Über Maß-


stab und Urteil« erfahren. (44) Ihr seht also, dass die
Voraussetzungen für die Lösung unseres Problems auf
vorzügliche Weise gegeben sind. Weil es sich näm-
lich um eine Auffassung handelt, die weder auf einem
Brauch noch auf einer Sitte oder einem Gesetz beruht
und als eine feste gemeinsame Überzeugung ausnahms-
los aller Menschen Bestand hat, muss man wohl einse-
hen, dass es Götter gibt, da wir ja eingepflanzte oder
vielmehr angeborene Vorstellungen von ihnen haben;
worin aber die Natur aller Menschen übereinstimmt,
das ist zwangsläufig wahr. Man muss also zugestehen,
dass es Götter gibt. Da dies nun für alle Menschen,
nicht nur für die Philosophen, sondern auch die Unge-
bildeten so gut wie sicher ist, müssen wir erldären, dass
auch dies feststeht, dass wir einen »Vorbegriff«, wie ich
zuvor gesagt habe, oder ein »Vorwissen« von den Göt-
ter haben ..., so dass wir die Götter für glücldich und
unsterblich halten. (45) Denn die Natur, die uns die In-
formation über die Göner selbst gab, hat auch unserem
Denken eingeprägt, dass wir sie als ewig und glücklich
begreifen. Wenn das so ist, dann hat Epikur jenen Satz
mit Recht formuliert: Was glücklich und ewig sei, habe
weder selbst irgendeine Aufgabe noch gebe es einem
anderen eine Aufgabe; deshalb habe es weder mit Zorn
noch mit Zuneigung zu tun: denn alle Regungen dieser
Art bedeuteten Schwäche.
Wenn wir nun nichts anderes im Sinn hätten, als die
Götter fromm zu verehren und vom Aberglauben be-
freit zu werden, dann wäre genug gesagt. Denn auch
so würden die Menschen in Frömmigkeit die hervor-
ragende Natur der Götter verehren, weil sie ewig und
vollkommen glücklich ist (alles, was herausragt, wird
nämlich mit Recht verehrt), und jede Furcht vor der
32 FRAGMENTA

vi atque ira deonim pulsus esset; intellegitur enim a


beata inmortalique natura et iram et gratiam segregari;
quibus remotis nullos a superis inpendere metus. sed
ad hanc confirmandam opinionem anquirit animus et
formam et vitam et actionem mentis atque agitationem
in deo.

(46) A c de forma quidem partim natura nos admo-


net partim ratio docet. N a m a natura habemus omnes
omnium gentium speciem nullam aliam nisi humanam
deorum; quae enim forma alia occurrit umquam aut
vigilanti cuiquam aut dormienti? Sed ne omnia revo-
centur ad primas notiones, ratio hoc idem ipsa decla-
rat. (47) nam cum praestantissumam naturam, vel quia
beata est vel quia sempiterna, convenire videatur ean-
dem esse pulcherrimam, quae conpositio membro-
rum, quae conformatio liniamentorum, quae figura,
quae species humana potest esse pulchrior? Vos qui-
dem soletis cum artificium effingitis fabricamque divi-
nam, quam sint omnia in hominis figura non modo ad
usum verum etiam ad venustatem apta describere.
(48) quod si omnium animantium formam vincit ho-
minis figura, deus autem animans est, ea figura profec-
to est quae pulcherrimast omnium, quoniamque deos
beatissimos esse constat, beatus autem esse sine virtute
FRAGMENTE }3

Gewalt und dem Zorn der Götter wäre beseitigt; denn


es versteht sich von selbst, dass Zorn und Zuneigung
mit einer glücldichen und unsterblichen Natur nicht
vereinbar sind, und wenn es diese Affekte nicht gibt,
es keinen Anlass zur Furcht vor den höheren Mächten
gibt. Doch um diese Überzeugung zu stärken, will
unsere Vernunft etwas wissen über die Gestalt, das Le-
ben und die Tätigkeit und Wirksamkeit des Geistes in
Gott.
(46) Was nun die Gestalt betrifft, so bekommen wir
einerseits Hinweise aus der Natur, andererseits gibt
uns unsere Vernunft entsprechende Anhaltspunkte.
Denn von Natur aus haben wir, wie die Menschen
aller Völker, die Vorstellung, dass Götter nicht an-
ders aussehen als Menschen. Welche andere Gestalt ist
nämlich einem Menschen jemals erschienen, wenn er
wach war oder wenn er schlief? Aber um nicht alles
auf die ursprünglichen Vorstellungen zurückzufüh-
ren - die Vernunft selbst gibt denselben Hinweis.
(47) Denn da es angemessen zu sein scheint, dass die
vollkommenste Natur - ist sie doch sowohl glücklich
wie auch unvergänglich - ebenso auch am schönsten
ist - welches Zusammenspiel der Glieder, welche Bil-
dung der Formen, welche Gestalt, welche Erschei-
nung kann schöner sein als die menschliche? Aber
auch ihr pflegt ja, wenn ihr euch die göttliche Kunst-
fertigkeit und Geschicklichkeit vor Augen führt, zu
beschreiben, wie alles an der Gestalt des Menschen
nicht nur auf Zweckmäßigkeit, sondern auch auf
Schönheit hin ausgerichtet ist. (48) Wenn nun die Ge-
stalt des Menschen die körperliche Form aller Lebe-
wesen übertrifft, Gott aber ein Lebewesen ist, dann ist
diese Gestalt offensichtlich die schönste von allen. Da
es ja nun feststeht, dass die Götter die glücklichsten
34 FRAGMENTA

nemo potest пес virtus sine ratione constare пес ratio


usquam inesse nisi in hominis figura, hominis esse spe-
cie deos confitendum est. (49) Nec tamen ea species
corpus est sed quasi corpus, nec habet sanguinem sed
quasi sanguinem. Haec quamquam et inventa sunt
acutius et dicta subtilius ab Epicuro quam ut quivis ea
possit agnoscere, tamen fretus intellegentia vestra dis-
sero brevius quam causa desiderat. Epicurus autem,
qui res occultas et penitus abditas non modo videat
animo sed etiam sic tractet ut manu, docet eam esse
vim et naturam deorum, ut primum non sensu sed
mente cernatur, nec soliditate quadam nec ad nume-
rum, ut ea quae ille propter firmitatem στερέμνια ap-
pellat, sed imaginibus similitudine et transitione per-
ceptis, cum infinita simillumarum imaginum species
ex innumerabilibus individuis existât et ad deos adflu-
at, cum maximis voluptatibus in eas imagines mentem
intentam infixamque nostram intellegentiam capere
quae sit et beata natura et aeterna. (50) Summa vero vis
infinitatis et magna ac diligenti contemplatione dignis-
sima est. in qua intellegi necesse est eam esse naturam
ut omnia omnibus paribus paria respondeant; hanc
ί σ ο ν ο μ ί α ν appellat Epicurus id est aequabilem tribu-
tionem. ex hac igitur illud efficitur, si mortalium tanta
FRAGMENTE 35

Wesen sind, glücMich aber niemand ohne Tugend sein


liann, und Tugend nicht ohne Vernunft bestehen kann
und Vernunft nirgends außer im Körper des Menschen
sein kann, muss man zugestehen, dass die Götter wie
Menschen aussehen. (49) Alierdings ist diese Erschei-
nungsform kein Körper, sondern nur > gewissermaßen
ein Körper<, und sie hat kein Blut, sondern nur >gewis-
sermaßen Blut<. Obwohl dies von Epikur mit soviel
Scharfsinn herausgefunden und so gründlich beschrie-
ben wurde, dass es nicht jeder Beliebige verstehen
kann, steüte ich es im Vertrauen auf euren Verstand
kürzer dar, als es die Sache erfordert. Epikur aber, der
tief verborgene und weit abgelegene Dinge nicht nur
mit seinem Geist sieht, sondern auch so mit ihnen um-
geht, als ob er sie in die Hand nähme, lehrt, dass dies
die wesenhafte Natur der Götter sei, dass sie erstens
nicht sinnlich, sondern nur geistig wahrgenommen
wird, und zweitens, dass sie über keine Festigkeit ver-
fügt und sich nicht zahlenmäßig berechnen lässt, wie
die Dinge, die Epikur wegen ihrer Festigkeit »Sterem-
nia« nennt, sondern nur durch einander ähnliche und
in dauerndem Ubergang befindliche Abbilder wahrge-
nommen wird, da eine unendliche Reihe einander sehr
ähnUcher Bilder aus zahllosen Atomen besteht und zu
uns hin fließt, und dass sich der Geist mit höchster
Lustempfindung fest auf diese Bilder konzentriert und
dadurch begreift, was eine glückliche und ewige Natur
ist. (50) Von äußerster Wichtigkeit aber ist die Bedeu-
tung der Unbegrenztheit, und sie bedarf dringend ei-
ner umfänglichen und sorgfältigen Betrachtung. Man
muss verstehen, dass mit dieser eine natürliche Tatsa-
che gegeben ist: Überall entspricht Gleiches Gleichem.
Das nennt Epikur »die Gleichheit der Zuteilung« (bo-
nomia). Daraus ergibt sich: Einer bestimmten Menge
Зб FRAGMENTA

multitudo sit, esse inmortalium non minorem, et si


quae interimant innumerabilia sint, etiam ea quae
conservent infinita esse debere.
Et quaerere a nobis Balbe soletis quae vita deorum
sit quaeque ab is degatur aetas. (51) ea videlicet qua
nihil beatius nihil omnibus bonis affluentius cogitari
potest, nihil enim agit, nullis occupationibus est inplica-
tus, nulla opera molitur, sua sapientia et virtute gaudet,
habet exploratum fore se semper cum in maximis tum
in aeternis voluptatibus. (52) Hunc deum rite beatum
dixerimus, vestrum vero laboriosissimum. sive enim
ipse mundus deus est, quid potest esse minus quietum
quam nullo puncto temporis intermisso versari circum
axem caeli admirabili celeritate: nisi quietum autem
nihil beatum est; sive in ipso mundo deus inest aliquis,
qui regat qui gubernet qui cursus astrorum mutationes
temporum rerum vicissitudines ordinesque conservet,
terras et maria contemplans hominum commoda
vitasque tueatur, ne ille est inplicatus molestis negotiis
et operosis. (53) nos autem beatam vitam in animi
securitate et in omnium vacatione munerum ponimus.
docuit enim nos idem qui cetera, natura effectum esse
mundum, nihil opus fuisse fabrica, tamque eam rem
esse facilem, quam vos effici negetis sine divina posse
FRAGMENTE 37

an Sterblichen entspricht die gleiche Menge an Un-


sterblichen, und wenn das, was vernichtet, unzählig
ist, dann muss auch das, was erhält, unzählig sein.
Ihr pflegt uns auch zu fragen, Baibus, wie das Leben
der Götter aussieht und wie sie ihre Zeit verbringen.
(51) Kein Leben kann man sich natürlich glücldicher
und reicher an allen denkbaren Gütern vorstellen als
ihr Leben. Denn das Göttliche handelt nicht, ist in
keine Geschäfte verwickelt, setzt keine Werke in Be-
wegung, freut sich an seiner Weisheit und Tugend und
hat die Gewissheit, dass es immer größte und ewige
Lust genießen wird. (52) Diesen Gott bezeichnen wir
wohl mit Recht als glücklich, euren aber als einen von
äußerster Anstrengung Betroffenen. Denn angenom-
men, die Welt selbst sei Gott, was kann mit größerer
Unruhe verbunden sein, als ohne Unterbrechung mit
unerhörter Geschwindigkeit um die Achse des Him-
mels gedreht zu werden? Was aber keine Ruhe hat,
kann auch nicht glücklich sein. Oder angenommen,
mitten in der Welt lebe irgendein Gott, der regierte
und steuerte, der den Lauf der Gestirne, den Wechsel
der Jahreszeiten, den Wechsel und die Ordnung der
Dinge bewahrte, Länder und Meere überblickte und
das Wohl und das Leben der Menschen schützte - ein
solcher Gott wäre doch wohl in mühsame und be-
schwerliche Geschäfte verwickelt. (53) Wir aber neh-
men an, dass das glückliche Leben in der Freiheit der
Seele von Sorgen und in der Freiheit von allen Ver-
pflichtungen besteht. Derselbe nämUch, der uns die
übrigen Einsichten vermittelte, lehrte uns auch, dass
die Welt auf natürliche Weise entstanden ist und dass
dazu kein Schöpfungsakt erforderlich war und dass
dieser Vorgang, von dem ihr behauptet, er könne ohne
göttlichen Eingriff nicht gelingen, so leicht sei, dass die
38 FRAGMENTA

sollertia, ut innumerabiles natura mundos effectura sit


efficiat effecerit. quod quia quem ad modum natura ef-
ficere sine aliqua mente possit non videtis, ut tragici
poetae cum explicare argumenti exitum non potestis
confugitis ad deum. (54) cuius operam profecto non
desideraretis, si inmensam et interminatam in omnis
partis magnitudinem regionum videretis, in quam se
iniciens animus et intendens ita late longeque peregri-
natur, ut nullam tamen oram ultimi videat in qua possit
insistere, in hac igitur inmensitate latitudinum longitu-
dinum altitudinum infinita vis innumerabilium volitat
atomorum, quae interiecto inani cohaerescunt tamen
inter se et aliae alias adprehendentes continuantur; ex
quo efficiuntur eae rerum formae et figurae, quas vos
effici posse sine follibus et incudibus non putatis. itaque
inposuistis in cervicibus nostris sempiternum domi-
num, quem dies et noctes timeremus. quis enim non ti-
meat omnia providentem et cogitantem et animadver-
tentem et omnia ad se pertinere putantem curiosum et
plenum negotii deum? (55) Hinc vobis extitit primum
ilia fatalis necessitas, quam ε ί μ α ρ μ έ ν η ν dicitis, ut quic-
quid accidat id ex aeterna veritate causarumque conti-
nuatione fluxisse dicatis. quanti autem haec philoso-
phia aestimandast, cui tamquam aniculis, et his quidem
indoctis, fato fieri videantur omnia? sequitur μαντική
vestra, quae Latine divinado dicitur. qua tanta in-
FRAGMENTE 39

Natur noch unzäMige Welten hervorbringen werde,


hervorbringe und schon hervorgebracht habe. Da
ihr nun nicht seht, wie die Natur dies ohne eine ver-
nünftige Einwirkung hervorbringen kann, flüchtet ihr
euch, wenn ihr wie die tragischen Dichter den Aus-
gang der Handlung nicht weiter entwickelt könnt, zu
einer Gottheit. (54) Ihre Hilfe würdet ihr bestimmt
nicht in Anspruch nehmen, wenn ihr die unermess-
liche und in alle Richtungen unbegrenzte Größe und
Weite des Raumes sähet, in die sich unser Geist hinein-
stürzt und ihn aufmerksam so weit und breit durch-
wandert, ohne jemals eine entfernteste Küste zu
sehen, an der er Halt machen könnte. In dieser uner-
messlichen Weite, Länge und Höhe also wirbelt eine
unendliche Menge zahlloser Atome, die trotz des lee-
ren Raumes zwischen ihnen dennoch aufeinander tref-
fen und einen Zusammenhang bilden, indem sie sich
gegenseitig miteinander verbinden. Dadurch entste-
hen diese Formen und Gestalten der Dinge, von denen
ihr glaubt, dass sie nicht ohne Blasebalg und Amboss
herzustellen seien. Deshalb habt ihr auf unsere Na-
cken für immer einen Herrn gesetzt, den wir Tag und
Nacht fürchten müssen. Denn wer sollte einen Gott
nicht fürchten, der alles beaufsichtigt, an alles denkt,
alles bemerkt und in seiner Neugier und Geschäftig-
keit glaubt, dass ihn alles etwas angehe? (55) Daraus
entstand bei euch zuerst jene Schicksalsnotwendig-
keit, die ihr »Heimarmene« nennt, so dass ihr behaup-
tet, dass alles, was passiere, aus einer ewigen Wahrheit
und einer Verknüpfung von Ursachen hervorgehe.
Welchen Wert aber sollte man einer derartigen Phi-
losophie zubilligen, die nach Art unwissender alter
Frauen glaubt, alles geschehe durch Schicksalsfügung?
Daran schließt sich eure Seherkunst (Mantik) an, die
40 FRAGMENTA

bueremur superstitione si vos audire vellemus, ut


haruspices augures harioli vates coniectores nobis
essent colendi. (56) H i s terroribus ab Epicuro soluti et
in libertatem vindicati nec metuimus eos quos intel-
legimus nec sibi fingere ullam molestiam nec alteri
quaerere, et pie sancteque colimus naturam excellen-
tem atque praestantem.

47 (21) A b utroque autem sciscitor cur mundi aedificato-


res repente exstiterint, innumerabilia saecla dormie-
rint; non enim si mundus nullus erat saecla non erant
(saecla nunc dico non ea quae dierum noctiumque nu-
mero annuis cursibus conficiuntur; nam fateor ea sine
mundi conversione effici non potuisse; sed fuit quae-
dam ab infinito tempore aeternitas, quam nulla cir-
cumscriptio temporum metiebatur, spatio tamen qua-
lis ea fuerit intellegi potest, quod ne in cogitationem
quidem cadit ut fuerit tempus aliquod nullum cum
tempus esset). {22) Isto igitur tam inmenso spatio
quaero Balbe cur Pronoea vestra cessaverit. laboremne
fugiebat? at iste nec attingit deum nec erat ullus, cum
omnes naturae numini divino, caelum ignes terrae ma-
ria, parerent. Q u i d autem erat quod concupisceret
FRAGMENTE 4I

auf lateinisch divinatio heißt und durch die wir uns ei-
nem so großen Aberglauben ausliefern würden, wenn
wir auf sie hören wollten, dass wir Opferschauer, Er-
klärer des Vogeifluges, Wahrsager, Seher und Zeichen-
deuter anbeten müssten. (56) Von diesen Aufregungen
wurden wir von Epikur erlöst und befreit; und jetzt
fürchten wir diejenigen nicht mehr, von denen wir
wissen, dass sie sich weder für sich selbst irgendwelche
Sorgen ausdenken noch für jemand anders suchen,
und verehren fromm und angemessen ihre unver-
gleichlich großartige und alles andere überragende
Natur. (Cie. Nat. Deor. i, 43-56 = 352 Us.)

47 (21) Von beiden aber (von Piaton und den Stoikern)


möchte ich wissen, warum die Erbauer der Welt plötz-
lich aufgestanden sein sollen, nachdem sie eine Ewig-
keit lang geschlafen haben. A u c h wenn es nämlich
keine Welt gab, so gab es doch die Zeiträume (unter
Zeiträumen verstehe ich jetzt nicht das, was durch die
Zahl der Tage und den Jahreslauf vollendet wird; denn
diese, wie ich zugestehe, hätte es ohne den Umlauf der
Welt nicht geben können. A b e r es gab seit unendlicher
Zeit eine Art von Ewigkeit, die keine Zeitrechnung er-
fassen konnte. D o c h welchen Zeitraum diese umfasste,
lässt sich daraus ersehen, dass man es sich nicht ein-
mal vorstellen kann, dass es irgendeine Zeit gab, als es
keine Zeit gab). (22) Ich frage dich also, Baibus, warum
in diesem so unermesslichen Zeitraum eure Pronoia
(Vorsehung) untätig gewesen sein sollte. Scheute sie
die Anstrengung? A b e r Anstrengung berührt keinen
G o t t , und es gab auch keine Anstrengung, da alle N a -
turen, Himmel, Feuer, Erde, Meere, dem göttlichen
Willen gehorchten. Was aber wäre der Grund dafür
gewesen, dass der G o t t den Wunsch bekam, wie ein
42 FRAGMENTA

deus mundum signis et luminibus tamquam aedilis or-


nare? si ut deus ipse melius habitaret, antea videlicet
tempore infinito in tenebris tamquam in gurgustio ha-
bitaverat. post autem: varietatene eum delectari puta-
mus, qua caelum et terras exornatas videmus? quae
ista potest esse oblectatio deo? quae si esset, non ea
tam diu carere potuisset. (23) an haec, ut fere dicitis,
hominum causa a deo constituía sunt? sapientiumne?
propter paucos igitur tanta est rerum facta molitio. an
stultorum? at primum causa non fuit cur de inprobis
bene mereretur; deinde quid est adsecutus, cum om-
nes stulti sint sine dubio miserrimi, maxime quod stul-
ti sunt (miserius enim stultitia quid possumus dicere),
deinde quod ita multa sunt incommoda in vita, ut ea
sapientes commodorum conpensatione leniant, stulti
nec vitare venientia possint nec ferre praesentia. Qui
vero mundum ipsum animantem sapientemque esse
dixerunt, nullo modo viderunt animi natura intelle-
gentis in quam figuram cadere posset. (24) de quo di-
cam equidem paulo post, nunc autem hactenus: admi-
rabor eorum tarditatem qui animantem inmortalem et
eundem beatum rutundum esse velint, quod ea forma
neget ullam esse pulchriorem Plato: at mihi vel cy-
lindri vel quadrati vel coni vel pyramidis videtur esse
FRAGMENTE 43

römischer Ädil die Welt mit Bildern und Lichtern zu


schmücken? Wenn dies geschah, damit der Gott selbst
besser wohnen konnte, dann hatte er offensichtlich
eine Ewigkeit in Dunkelheit wie in einer finsteren
Höhle gehaust. Ferner: Sollen wir annehmen, er freue
sich an der Vielfalt, mit der wir den Himmel und die
Erde geschmückt sehen? Wie kann dies eine Freude
für einen Gott sein? Wäre es wirklich ein Freude, dann
hätte er nicht so lange darauf verzichten können.
(23) Oder ist dies alles, wie ihr ungefähr behauptet, um
der Menschen willen von dem Gott geschaffen wor-
den? Für die Weisen? Wenigen zuliebe soll also ein so
großer Aufwand getrieben worden sein. Oder den
Dummen zuliebe? Aber erstens gab es für den Gott
keinen Grund, warum er den elenden Menschen einen
Gefallen hätte tun sollen; und zweitens, was hat er
erreicht, da doch zweifellos alle Dummen in einer
äußerst unglücksehgen Lage sind, vor allem weil sie
dumm sind (denn wir können uns nichts Unglückseli-
geres vorstellen als Dummheit), und drittens, weil es
im Leben so viele Unannehmlichkeiten gibt, dass die
Weisen diese durch einen Ausgleich mit den Annehm-
Uchkeiten mildern, die Dummen sie aber weder ver-
meiden, wenn sie kommen, noch ertragen können,
wenn sie da sind. Diejenigen aber, die behauptet ha-
ben, die Welt selbst sei beseelt und weise, haben gar
nicht gesehen, in welche Gestalt die Natur einer ver-
nünftigen Seele eintreten konnte. (24) Darüber werde
ich ein wenig später sprechen. Jetzt nur so viel: Ich
staune über die Einfak der Leute, die behaupten, dass
ein unsterbliches und ebenso glückliches Lebewesen
kugelförmig sei, einfach weil Piaton bestreitet, dass es
eine schönere Form als diese gebe. Mir aber scheint die
Form eines Zylinders, eines Quadrats, eines Kegels
44 FRAGMENTA

formosior. Quae vero vita tribuitur isti rutundo deo?


nempe ut ea celeritate contorqueatur cui par nulla ne
cogitari quidem possit; in qua non video ubinam mens
constans et vita beata possit insistere. Quodque in no-
stro corpore si minima ex parte significetur molestum
sit, cur hoc idem non habeatur molestum in deo? terra
enim profecto, quoniam mundi pars est, pars est etiam
dei; atqui terrae maxumas regiones inhabitabilis atque
incultas videmus, quod pars earum adpulsu solis exar-
serit, pars obriguerit nive pruinaque longinquo solis
abscessu; quae, si mundus est deus, quoniam mundi
partes sunt, dei membra partim ardentia partim refri-
gerata ducenda sunt.

48 Qua prius adgrediar quam de re fundere fata


sanctius et multo certa ratione magis quam
Pythia quae tripode a Phoebi lauroque profatur,
multa tibi expediam doctis solacia dictis;
religione refrenatus ne forte rearis
terras et solem et caelum, mare sidera lunam, 115
corpore divino debere aeterna manere,
proptereaque pûtes ritu par esse Gigantum
pendere eos poenas inmani pro scelere omnis,
qui ratione sua disturbent moenia mundi
praeclarumque velint caeli restinguere solem
FRAGMENTE 45

oder einer Pyramide schöner zu sein. Was für ein Leben


aber wird diesem kugelförmigen Gott zugestanden?
Anscheinend, dass er sich mit einer Geschwindigkeit
dreht, wie man sie sich gar nicht vorstellen kann. Ich
sehe nicht, wo sich da ein beständiger Geist und ein
glückliches Leben entfalten können. Und warum sollte
sich, was für unseren Körper lästig ist, wenn es sich
auch nur an einem winzigen Teil zeigt, nicht auch für
einen Gott als lästig erweisen? Denn da die Erde ein
Teil der Welt ist, ist sie auch ein Teil des Gottes; doch
wir sehen, dass sehr große Gebiete der Erde unbe-
wohnbar und unbebaut sind, weil ein Teil davon durch
die Nähe der Sonne verbrennt, ein Teil durch die lange
Abwesenheit der Sonne in Schnee und Eis erstarrt ist.
Man muss also annehmen, wenn die Welt ein gött-
liches Wesen ist, dass die Gliedmaßen des Gottes teils
verbrennen, teils erfrieren, da diese Gebiete ja Teile der
Wek sind. (Cie. Nat. Deor. i, 21-24 = }68 und 358 Us.)

48 (Die Welt wird mit Sicherheit untergehen.) Bevor ich


es aber in Angriff nehme, darüber das Schicksal zu
verkünden, zuverlässiger und mit viel größerer Ge-
wissheit als alles, was Pythia vom Dreifuß und vom
Lorbeerbaum des Apollon aus prophezeit, werde ich
dir viele Gründe des Trostes mit wissenschaftlich
begründeten Worten darlegen, damit du nicht, durch
die Scheu vor den Göttern gezügelt, glaubst, Länder,
Sonne, Himmel, Meer, Gestirne, Mond müssten ewig
bestehen, als ob sie einen göttlichen Körper hätten,
und damit du deshalb nicht annimmst, es müssten wie
die Giganten all diejenigen für ein ungeheures Verbre-
chen mit Recht Strafe zahlen, die angeblich mit Hilfe
ihrer Vernunft die Mauern der Welt ins Wanken brin-
gen und die herrliche Sonne am Himmel auslöschen
4б FRAGMENTA

inmortalia mortali sermone notantes;


quae procul usque adeo divino a numine distent
inque deum numero quae sint indigna videri,
notitiam potius praebere ut posse putentur

Q u i d sit vitali motu sensuque remotum. us


quippe etenim non est, cum quovis corpore ut esse
posse animi natura putetur consiliumque.
sicut in aethere non arbor, non aequore salso
nubes esse queunt neque pisces vivere in arvis
nec cruor in lignis neque saxis sucus inesse, 130
certum ac dispositumst ubi quicquid crescat et insit,
sic animi natura nequit sine corpore oriri
sola neque a nervis et sanguine longius esse.

Q u o d si posset enim, multo prius ipsa animi vis


in capite aut umeris aut imis calcibus esse щ
posset et innasci quavis in parte soleret,
tandem in eodem homine atque in eodem vase manere.
quod quoniam nostro quoque constat corpore certum
dispositumque videtur ubi esse et crescere possit
seorsum anima atque animus, tanto magis infitiandum цо
totum posse extra corpus formamque animalem
putribus in glebis terrarum aut solis in igni
aut in aqua durare aut altis aetheris oris,
baud igitur constant divino praedita sensu,
quandoquidem nequeunt vitaliter esse animata. щ

Illud item non est ut possis credere, sedes


esse deum sanctas in mundi partibus ullis.
FRAGMENTE 47

wollen, indem sie Unsterbliches mit sterblicher Rede


angreifen. Diese Dinge sind aber so weit von göttlicher
Größe entfernt und unwürdig, für göttlich gehalten zu
werden, dass man annehmen kann, sie könnten eher
einen Begriff davon vermitteln, was mit lebendiger Be-
wegung und Wahrnehmung nichts zu tun hat.
Denn es ist abwegig anzunehmen, die Natur des
Geistes und das vernünftige Denken könnten mit
einem beliebigen Körper verbunden sein. Wie es aus-
geschlossen ist, dass der Baum im Äther schwebt, die
Wolken im salzigen Meer ziehen und die Fische auf
den Feldern leben, Blut im Holz und in den Felsen Saft
ist - es ist genau festgelegt und geordnet, wo etwas
wächst und worin es enthalten ist - , so kann auch die
Natur der Seele nicht ohne einen Körper entstehen
und nicht allein und weiter entfernt sein von Muskeln
und Blut.
Wenn sie dies nämlich könnte, dann wäre die Kraft
der Seele viel eher in der Lage, im Kopf oder den
Schultern oder den Knöcheln ganz unten zu sein, und
in einem beliebigen Körperteil entstehen, bliebe aber
schließlich in demselben Menschen und in demselben
Gefäß. Da nun auch in unserem Körper sicher fest-
steht und geordnet erscheint, wo Geist und Seele ge-
trennt voneinander sein und wachsen können, muss
um so mehr abgestritten werden, dass die Seele außer-
halb eines vollständigen Körpers und der Gestalt eines
Lebewesens in modernden Erdschollen oder im Feuer
der Sonne oder im Wasser oder in den Höhen des
Äthers überdauern könnte. Also verfügen diese Berei-
che auch nicht über göttliche Wahrnehmungsfähigkeit,
da sie ja auch keine lebendige Seele haben können.
Ebenso ist es auch ausgeschlossen zu glauben, dass
sich heilige Sitze der Götter in irgendwelchen Teilen
FRAGMENTA

tenuis enim natura deum longeque remota


sensibus ab nostris animi vix mente videtur;
quae quoniam manuum tactum suffugit et ictum, 150
tactile nil nobis quod sit contingere debet;
tangere enim non quit quod tangi non licet ipsum.
quare etiam sedes quoque nostris sedibus esse
dissimiles debent, tenues de corpore eorum;
quae tibi posterius largo sermone probabo. 155

Dicere porro hominum causa voluisse parare


praeclaram mundi naturam proptereaque
adlaudabile opus divom laudare decere
aeternumque putare atque inmortale futurum,
пес fas esse, deum quod sit ratione vetusta 160
gentibus humanis fundatum perpetuo aevo,
sollicitare suis ulla vi ex sedibus umquam
nec verbis vexare et ab imo evertere summa,
cetera de genere hoc adfingere et addere, Memmi,
desiperest. lés

Quid enim inmortalibus atque beatis


gratia nostra queat largirier emolumenti,
ut nostra quicquam causa gerere adgrediantur?
quidve novi potuit tanto post ante quietos
inlicere ut cuperent vitam mutare priorem?
nam gaudere novis rebus debere videtur
cui veteres obsunt; sed cui nihil accidit aegri
tempore in ante acto, cum pulchre degeret aevom,
quid potuit novitatis amorem accendere tali?
quidve mali fuerat nobis non esse creatis?
FRAGMENTE 49

der Welt befinden. Denn die Natur der Götter ist nicht
spürbar und weit entfernt von unserer Sinneswahr-
nehmung und wird kaum mit den Sinnen der Seele ge-
sehen. Da sie sich der Berührung und dem Schlag un-
serer Hände entzieht, kann sie auch nichts berühren,
was uns zu berühren vergönnt ist; es kann nämlich
nicht berühren, was selbst nicht berührt werden darf.
Daher müssen auch ihre Wohnsitze unseren Wohnsit-
zen unähnlich sein, nicht spürbar wie ihr Körper; das
werde ich dir später ausführlich beweisen.
Weiterhin zu behaupten, dass die Götter die herr-
liche Natur der Welt für die Menschen hätten erschaf-
fen wollen und es sich deshalb gehöre, das lobenswerte
Werk der Götter zu loben und zu glauben, es sei ewig
und werde unsterblich sein, und dass es ein Frevel sei,
das, was durch uralten Beschluss für die Menschenge-
schlechter gegründet sei für alle Ewigkeit, jemals her-
auszureißen aus seinen Fundamenten mit irgendeiner
Gewalttat und mit Worten anzugreifen und das Höchs-
te von unten herauf umzustürzen und Ahnliches die-
ser Art zu erfinden und hinzuzufügen, lieber Mem-
mius, das ist Wahnsinn.
Denn was für einen Vorteil könnte unsere Dank-
barkeit den unsterblichen und glücklichen Göttern
schon bringen, dass sie sich darum veranlasst sähen,
für uns etwas zu tun? Welches neue Ereignis hätte die
Götter nach so langer Zeit der Ruhe dazu veranlassen
können, ihr bisheriges Leben zu ändern? Denn offen-
sichtlich muss sich nur derjenige über Veränderungen
freuen, dem der alte Zustand nicht mehr gefällt. Aber
wem in der Vergangenheit nichts Schlimmes passiert
ist, weil er ein schönes Leben führte, was hätte bei
diesem das Verlangen nach Neuem wecken können?
Was hätte es uns geschadet, nicht geschaffen worden
50 FRAGMENTA

an, credo, in tenebris vita ас maerore iacebat, i/s


donec diluxit rerum genitalis origo?
natus enim debet qui cumque est velie manere
in vita, donec retinebit blanda voluptas;
qui numquam vero vitae gustavit amorem
nec fuit in numero, quid obest non esse creatum? i8o
exemplum porro gignundis rebus et ipsa
notities hominum divis unde insita primum est,
quid vellent facere ut scirent animoque vidèrent,
quove modost umquam vis cognita principiorum
quidque inter sese permutato ordine possent. iSs
si non ipsa dédit speciem natura creandi?
namque ita multa modis multis primordia rerum
ex infinito iam tempore percita plagis
ponderibusque suis consuerunt concita ferri
omnimodisque coire atque omnia pertemptare, 190
quae cumque inter se possint congressa creare,
ut non sit mirum, si in talis disposituras
deciderunt quoque et in talis venere meatus,
qualibus haec rerum geritur nunc summa novando.

Quod ( s i ) iam rerum ignorem primordia 195


quae sint,
hoc tamen ex ipsis caeli rationibus ausim
confirmare aliisque ex rebus reddere multis.
FRAGMENTE

ZU sein? Soll ich etwa glauben, dass das Leben in Fins-


ternis und Trauer am Boden lag, bis der zeugende
Ursprung der Dinge aufleuchtete? Denn wer einmal
geboren ist, muss auch im Leben bleiben wollen, so-
lange ihn die verlockende Lust zurückhält; wer aber
noch nicht von der Liebe zum Leben gekostet und
noch nicht zu den Lebenden gezählt hat, was schadet
es ihm, nicht geschaffen worden zu sein? Ferner: Von
wo aus wurde den Göttern das Vorbild für die Entste-
hung der Dinge und die Kenntnis der Menschen selbst
ursprünglich eingegeben, so dass sie wussten und vor
Augen hatten, was sie erzeugen wollten? Oder auf
welche Weise ist ihnen jemals das Wesen der Prinzi-
pien (Atome) und deren Möglichkeiten, über die sie
mit der Veränderung ihrer Ordnung unter einander
verfügten, bekannt gemacht worden, wenn nicht die
Natur selbst ein Vorbild des Schöpfungsvorgangs
bot? Denn auf diese Weise pflegten viele ursprüng-
liche Teilchen (Atome) der Dinge auf vielfältige Weise
schon seit Ewigkeiten in Bewegung zu sein, weiterge-
trieben durch Stöße von außen und durch ihr eigenes
Gewicht in Gang gehalten, und sich auf jede erdenk-
liche Weise zu vereinigen und alles auszuprobieren,
was sie, wenn sie miteinander zusammenkamen, er-
zeugen konnten, so dass es nicht verwunderlich ist,
dass sie auch solche Zusammenfügungen herbeige-
führt haben und auf derartige Bahnen gerieten, in de-
nen jetzt die Gesamtheit der Dinge in ständiger Er-
neuerung sich bewegt.
Wenn ich aber nicht wüsste, was die ursprünglichen
Teilchen der Dinge sind, so würde ich es gleichwohl
wagen, unmittelbar aufgrund der rational wahrnehm-
baren Merkmale des Himmels zu behaupten und aus
vielen anderen Gründen zu erklären, dass uns die
52 FRAGMENTA

nequaquam nobis divinitus esse paratam


naturam rerum: tanta stat praedita culpa.
principio quantum caeli tegit impetus ingens, юо
inde avidam partem montes silvaeque ferarum
possedere, tenent rupes vastaeque paludes
et mare, quod late terrarum distinet oras.
inde duas porro prope partis fervidus ardor
adsiduusque geli casus mortalibus aufert. 205
quod super est arvi, tamen id natura sua vi
sentibus obducat, ni vis humana résistât
vitai causa valido consueta bidenti
ingemere et terram pressis proscindere aratris.
si non fecundas vertentes vomere glebas 210
terraique solum subigentes cimus ad ortus,
sponte sua nequeant liquidas existere in auras.
et tamen inter dum magno quaesita labore
cum iam per terras frondent atque omnia florent,
aut nimiis torret fervoribus aetherius sol 215
aut subiti peremunt imbris gelidaeque pruinae
flabraque ventorum violento turbine vexant.
praeterea genus horriferum natura ferarum
humanae genti infestum terraque marique
cur alit atque auget? cur anni tempora morbos 220
adportant? quare mors inmatura vagatur?
tum porro puer, ut saevis proiectus ab undis
navita, nudus humi iacet infans indigus omni
vitali auxilio, cum primum in luminis oras
nixibus ex alvo matris natura profudit, 225
FRAGMENTE 53

Natur der Dinge auf keinen Fall durch göttliche Ein-


wirkung geschaffen wurde: sie ist doch mit so großen
Mängeln behaftet. Einen mächtigen Teil dessen, was
das gewaltige Himmelszek überspannt, haben erstens
Berge und Wälder mit wilden Tieren in Besitz genom-
men, bedecken Felsen und riesige Sümpfe und das
Meer, das die Küsten der Länder weit auseinander
hält; weiterhin nehmen glühende Hitze und unaufhör-
licher Schneefall den Menschen zwei Drittel davon
weg. Was an Boden übrig ist, würde die Natur mit
ihrer eigenen Kraft mit Gebüsch überziehen, wenn
nicht die menschliche Kraft Widerstand leistete, die es
gewohnt ist, um ihres Lebens willen mit der mächtigen
Hacke sich stöhnend abzumühen und die Erde mit
dem in den Boden gedrückten Pflug aufzureißen.
Wenn wir nicht, indem wir die fruchtbaren Schollen
mit der Pflugschar umdrehten und den Boden der
Erde uns unterwerfen würden, und sie zum Erzeugen
antrieben, könnten sie sich aus eigener Kraft nicht den
klaren Lüften zuwenden. Und dennoch - wenn alles
mit harter Arbeit errungen ist und schon auf der Erde
grünt und blüht, lässt es mitunter die Sonne am Him-
mel mit allzu großer Hitze vertrocknen oder plötz-
liche Regengüsse und eiskalter Reif vernichten es, und
das Wehen der Winde zerstört es mit gewaltigem Wir-
bel. Außerdem: Warum nährt und vermehrt die Natur
auf dem Land und im Meer die schauerliche Gattung
der wilden Tiere, die dem Menschengeschlecht feind-
lich ist? Warum bringen die Jahreszeiten die Krankhei-
ten? Warum geht überall der zu frühe Tod um? Und
ferner das Kind: Wie ein Seemann, der von wilden
Wellen ans Land gespült wurde, liegt es nackt auf der
Erde, ohne Sprache, ohne jede Hilfe zum Leben, so-
bald es die Natur mit den Wehen aus dem Mutterleib
54 FRAGMENTA

vagituque locum lugubri complet, ut aequumst


cui tantum in vita restet transiré malorum.
at variae crescunt pecudes armenta feraeque
nec crepitacillis opus est nec cuiquam adhibendast
almae nutricis blanda atque infracta loquella 230
nec varias quaerunt vestes pro tempore caeli,
denique non armis opus est, non moenibus altis,
qui sua tutentur, quando omnibus omnia large
tellus ipsa parit naturaque daedala rerum.

49 'Επίκουρος òè εκ των κατά τους ΰπνους φαντα-


σιών οϊεται τους άνθρώπους εννοιαν έσπακέναι
θεοϋ· μεγάλων γάρ ειδώλων, φησί, και άνθρωπο-
μόρφων κατά τούς ΰπνους προσπιπτόντων ύπέ-
λαβον και ταίς άληθείαις ύπάρχειν τινάς τοιού-
τους θεούς άνθρωπομόρφους.

JO Ε π ί κ ο υ ρ ο ς ανθρωποειδείς μέν τούς θεούς, λόγψ


δέ πάντας θεωρητούς διά την λεπτομέρειαν της
των ειδώλων φύσεως.

51 Ου γάρ μάλλον εύδαίμονας και άδιαλύτους νοή-


σομεν μή φωνοΰντας [μη]δ' [άλ]λήλοις διαλε-
γομένους, άλλα τοις ένεοίς άνθρώποις ομοίους.

52 Κ α ι νή Δία γε την Ε λ λ η ν ί δ α νομιστέον εχειν αυ-


τούς διάλεκτον η μή πόρρω - καί μόνο[ν] οϊδαμεν
FRAGMENTE 55

an die Küsten des Lichts geworfen hat. Mit traurigem


Wimmern erfüüt es den O r t , wie es nur recht und
billig ist, da es noch so viel Leid im Leben zu durch-
stehen hat. A b e r die verschiedenen Arten der Tiere
wachsen heran, die Nutztiere und die wilden Tiere,
und sie brauchen keine Klappern und auch nicht das
beruhigende und kindliche Schwatzen einer nähren-
den A m m e und sie suchen auch keine Kleidung, die
der Jahreszeit angepasst ist, sie brauchen schließlich
auch keine Waffen und keine hohen Mauern, u m ihre
H a b e zu schützen, da die Erde selbst und die kunst-
fertige N a t u r der Dinge allen alles reichlich zur Ver-
fügung steUt. (Lucr. De rer. nat. 5, no-234)

49 Epikur vertritt die Auffassung, dass die Menschen ihre


Vorstellung von G o t t aus ihren Träumen gewonnen
haben. D e n n immer wenn im Schlaf große menschen-
ähnliche Gestalten begegneten, nahmen sie an, dass es
auch in Wirklichkeit solche menschengestaltigen G ö t -
ter gebe. (Sextus Emp. adv math. 9, 25 = 353 Us.)

JO Epikur meint, dass die Götter Menschengestalt haben,


aber alle nur mit dem Geist zu betrachten sind wegen
der feinteiligen N a t u r ihrer Bilder.
(Aet. I, 7, 34 = 355 Us.)

51 Wir können uns nämlich nicht vorstellen, dass die


Götter eher glücklich und unauflösbar seien, wenn sie
keine Stimme hätten und nicht miteinander sprechen
würden, sondern stummen Menschen ähnlich seien.
(Philod. de victu deor. = 356 Us.)

52 J a , beim Z e u s , es ist anzunehmen, dass die Götter die


hellenische Sprache besitzen oder etwas Ähnliches;
$6 FRAGMENTA

γεγονότας θ[ε]ούς Έ(λλη)νίδι γλώττη χρωμέ-


νους.

53 Placet enim illi esse déos, quia necesse sit praestantem


esse aliquam naturam, qua nihil sit melius.

54 TÒV δέ θεόν όμολογών (Επίκουρος) είναι άίδιον


καΐ άφθαρτον φησι μηδενός προνοείν, καΐ ολως
πρόνοιαν μή είναι μηδέ είμαρμένην, άλλά πάντα
αύτοματισμω γίνεσθαι. καθησθαι γάρ τόν θεόν
έν τοίς μετακοσμιοις οΰτω καλουμένοις ύπ' αυ-
τόν- ε | ω γάρ τι του κόσμου οίκητήριον του θεοΰ
εθετο είναι λεγόμενον τά μετακόσμια. ήδεσθαι δέ
καΐ ήσυχάζειν έν τη άκροτάτη ευφροσύνη, και
οΰτε αυτόν πράγματα έχειν οΰτε άλλω παρέχειν.

55 Κοινώς οΰν άμαρτάνουσιν αμφότεροι ('Αναξα-


γόρας και Πλάτων), οτι τόν θεόν έπούησαν έπι-
στρεφόμενον των άνθρωπίνων και τούτου χάριν
τόν κόσμον κατασκευάζοντα. τό γάρ μακάριον
και άφθαρτον ζφον, πεπληρωμένον τε πασι τοίς
άγαθοις και κακού παντός άδεκτον, ο λ ο ν öv
περί την σ υ ν ο χ ή ν της Ιδίας ε υ δ α ι μ ο ν ί α ς
τε κ α ΐ α φ θ α ρ σ ί α ς άνεπιστρεφές έστι των
άνθρωπίνων πραγμάτων κακοδαίμων δ' αν εϊη
έργάτου δίκην και τέκτονος άχθοφορών και με-
ρίμνων εις την του κόσμου κατασκευήν.
FRAGMENTE 57

wir wissen nur, dass alle existierenden Götter die grie-


chische Sprache benutzen.
(Philod. de victu deor. = 356 Us.)

53 Es entspricht nämlich seiner Lehre, dass Götter exis-


tierten, weil es notwendig sei, dass es eine außeror-
dentliche Natur gebe, im Vergleich mit der es nichts
Besseres geben könne. (Cie. Nat. Deor. 2, 46 = 358 Us.)

j4 Epikur stimmt zu und sagt, die Gottheit sei ewig und


unvergänglich, wirke aber nicht als Vorsehung; und
überhaupt gebe es keine Vorsehung und kein Schick-
sal, sondern alles entstehe von selbst. Die Gottheit
sitze in den von Epikur so genannten Zwischenwelten.
Denn er nahm an, dass sich außerhalb des Kosmos ein
Wohnort der Gottheit, d.h. die Zwischenwelten, be-
finde. Die Gottheit empfinde Lust und lebe in Ruhe
und in höchster Heiterkeit, und habe weder selbst
Schwierigkeiten noch bereite sie solche einem ande-
ren. (Hippol. philos. 22, 3 p. 572, 5 Diels = 359 Us.)

55 Gemeinsam nun machten beide (Anaxagoras und


Piaton) den Fehler, dass sie erklärten, die Gottheit
kümmere sich um die menschlichen Dinge und ordne
deswegen den Kosmos. Denn das glückliche und un-
vergängliche Lebewesen, erfüllt mit allen Gütern und
unempfänglich für alles Böse, das in jeder Hinsicht nur
für den Bestand seiner eigenen Glückseligkeit und
Unvergänglichkeit da ist, kümmert sich nicht um die
menschlichen Dinge. Es wäre unglücklich, wenn es
wie ein Handwerker und Baumeister Anstrengungen
auf sich nähme und sich Sorgen machte um die Ord-
nung des Kosmos.
([Plut.] de plac. philos, i, 7, 7 p. 300 D = 361 Us.)
58 FRAGMENTA

56 Quod sequitur de schola Epicuri est: sicut iram in deo


non esse, ita ne gratia quidem. nam cum putaret Epi-
curus alienum esse a deo maie facere atque nocere,
quod ex adfectu iracundiae plerumque nascitur, ad-
emit ei etiam beneficentiam, quoniam uidebat conse-
quens esse ut si habeat iram deus, habeat et gratiam.
itaque ne illi uitium concederei, etiam uirtutis fecit ex-
pertem. ex hoc, inquit, beatus et incorruptus est, quia
nihil curat ñeque habet ipse negotium ñeque alteri ex-
hibet.

57 (IO) Prima autem sententia fuit iram in deum non


convenire, quod cum illi verum et inexpugnabile vi-
deretur, non poterat consequentia resecare, quia uno
adfectu amputato etiam ceteros adfectus adimere deo
necessitas ipsa cogebat. (11) ita qui non irascitur, uti-
que nec gratia movetur, quod est irae contrarium;
iam si nec ira in eo nec gratia est, utique nec metus
nec laetitia nec maeror nec misericordia. (12) una est
enim ratio cunctis adfectibus, una commotio, quae
in deum cadere non potest, quod si nullus adfectus
in deo est, quia quidquid adficitur inbecillum est,
ergo nec cura ullius rei nec providentia est in eo.
(i}) Hucusque pervenit sapientis hominis disputatio,
cetera quae sequuntur obticuit, scilicet quia nec cura
sit in eo nec providentia, ergo nec cogitationem ali-
quam nec sensum in eo esse ullum: quo efficitur ut
FRAGMENTE 59

56 Folgende Aussage stammt aus der Schule Epikurs:


Wie es in Gott keinen Zorn gebe, so auch nicht einmal
Gnade. Denn weil Epikur glaubte, dass Böses zu tun
und zu schaden, was meistens aus dem Affekt des Jäh-
zorn entsteht, nicht mit Gott vereinbar sei, nahm er
ihm auch die Güte, weil es sah, dass es konsequent sei,
dass Gott Gnade besitze, wenn er Zorn besitze. Um
ihm deshalb kein Laster zuschreiben zu müssen, nahm
er ihm auch die Tugend. Er sagt: »Daher ist er glück-
lich und unvergänghch, weil er sich um nichts küm-
mert und selbst keine Aufgabe hat und auch keinem
anderen eine Aufgabe gibt.«
(Lact, de ira dei 4,1-2 = 365 Us.)

57 (IO) Sein erster Satz aber war, dass Zorn nicht mit Gott
vereinbar sei. Weil ihm das wahr und unwiderlegbar
erschien, konnte er der Folgerung nicht ausweichen,
dass ihn die Notwendigkeit dazu zwang, Gott nach
der Wegnahme des einen Affekts auch die übrigen
Affekte zu nehmen. (11) Wer nämlich nicht zürnt,
wird natürlich auch nicht von Gnade gerührt, die das
Gegenstück zum Zorn ist. Wenn nun in ihm kein
Zorn und keine Gnade ist, dann natürUch auch keine
Furcht, Freude, Trauer, Barmherzigkeit, (u) Alle Af-
fekte haben nämlich einen einzigen Grund, eine ein-
zige Bewegung, die Gott nicht betreffen kann. Wenn
nun kein Affekt in Gott ist, weil alles, was von einem
Affekt betroffen ist, schwach ist, so ist folglich auch
weder Sorge um etwas noch Vorsehung (Fürsorge) in
ihm. (13) So weit hat der weise Mann seinen Gedan-
kengang entwickelt. Das Übrige, was daraus folgt,
verschwieg er. Es ist klar, dass, weil in ihm weder
Sorge noch Vorsehung ist, folgerichtig auch kein
Denken und Fühlen in ihm sein kann. Daraus ergibt
6o FRAGMENTA

non sit omnino. ita cum gradatim descendisset, in ex-


tremo gradu restitit, quia iam praecipitium videbat.
(14) sed quid prodest reticuisse ac periculum dissimu-
lasse? nécessitas ilium vel invitum cadere coegit.

58 Sed occurrit nobis Epicurus ас dicit: si est in deo lae-


titiae adfectus ad gratiam et odii ad iram, necesse est
habeat et timorem et libidinem et cupiditatem ceteros-
que adfectus, qui sunt inbecillitatis humanae.

59 Videbat Epicurus bonis aduersa semper accidere,


paupertatem labores exsilia, carorum amissiones: ma-
los contra beatos esse, augeri potentia, honoribus ad-
fici. uidebat innocentiam minus tutam, scelera inpune
committi, uidebat sine dilectu morum, sine ordine ас
discrimine annorum saeuire mortem: sed alios ad se-
nectutem peruenire, alios infantes rapi, alios iam robu-
stos interire, alios in primo adulescentiae flore inmatu-
ris funeribus exstingui, in bellis potius meliores et uinci
et perire, maxime autem commouebat, homines in pri-
mis religiosos grauioribus malis adfici, iis autem, qui
aut deos omnino neglegerent aut non pie colerent, uel
minora incommoda euenire uel nulla; ipsa etiam saepe
templa fulminibus conflagrare ... (16) cum haec igi-
tur cogitaret Epicurus, earum rerum valut iniquitate
FRAGMENTE 6l

sich, dass Gott überhaupt nicht existiert. Nachdem


Epikur so schrittweise hinabgestiegen war, machte er
auf der auf der letzten Stufe Halt, weil er nunmehr den
Abgrund sah. (14) Doch was nützt es, geschwiegen
und die Gefahr verheimlicht zu haben? Die Notwen-
digkeit zwang ihn auch gegen seinen Willen zu fallen.
(Lact, de ira dei 4,10-14 = 3^6 Us.)

58 Aber Epikur tritt vor uns hin und sagt: Wenn in Gott
der Affekt der Freude ist, der ihn zur Gnade veran-
lasst, und des Hasses, der ihn zum Zorn veranlasst,
dann besitzt er notwendigerweise auch Angst, Lust,
Begierde und die übrigen Affekte, die die menschliche
Schwäche ausmachen. (Lact, de ira dei 15, 6 = 366 Us.)

59 Epikur sah, dass den Guten immer Unglück zustößt,


Armut, Anstrengung, Verbannung, Verlust ihrer Lie-
ben, dass die Schlechten dagegen glücklich sind, an
Macht zunehmen, Ehrungen erfahren. Er sah, dass
Unschuld weniger sicher ist und Verbrechen unbe-
straft begangen werden. Er sah, dass der Tod ohne
Rücksicht auf die Sitten, ohne Ordnung und Unter-
schied der Jahre wütet, dass vielmehr die einen alt wer-
den, die anderen als Kinder dahingerafft werden, die
einen schon erwachsen sterben, die anderen in der ers-
ten Blüte der Jugend durch frühzeitiges Ende aus-
gelöscht werden, in den Kriegen eher die Besseren
besiegt und vernichtet werden. A m meisten aber be-
wegte es ihn, dass vor allem fromme Menschen von
besonders schweren Übeln betroffen werden, die aber,
die entweder die Götter völlig vernachlässigen oder
nicht gottesfürchtig verehren, sowohl geringeres oder
gar kein Leid erfahren; ja sogar Tempel würden oft
von Blitzen verbrannt ... (16) Als Epikur also dies be-
Gl FRAGMENTA

inductus - sic enim caussam rationemque ignoranti ui-


debatur - existimauit nullam esse prouidentiam. quod
cum sibi persuasisset, suscepit etiam defendendum. sic
in errores inextricabiles se ipse coniecit. si enim proui-
dentia nulla est, quo modo tam ordinate, tam dispo-
site mundus effectus est? Nulla, inquit, dispositio est.
multa enim facta sunt aliter quam fieri debuerunt. et
inuenit homo diuinus quae reprehenderet. quae singu-
la si uacaret refellere, facile ostenderem nec sapientem
hune fuisse nec sanum. Item si nulla prouidentia est,
quo modo animalium corpora tam prouidenter ordi-
nata sunt, ut singula quaeque membra mirabili ratione
disposila sua officia conseruent? nihil, inquit, in pro-
creandis animalibus prouidentiae ratio molita est. nam
neque oculi facti sunt ad uidendum neque aures ad
audiendum neque lingua ad loquendum neque pedes
ad ambulandum, quoniam prius haec nata sunt quam
esset loqui audire uidere ambulare, itaque non haec ad
usum nata sunt sed usus ex Ulis natus est. Si nulla
prouidentia est, cur imbres cadunt, fruges oriuntur, ar-
busta frondescunt? non, inquit semper, animantium
caussa ista fiunt, quoniam prouidentiae nihil prosunt:
sed omnia sua sponte fieri necesse est. Vnde ergo nas-
cuntur aut quo modo fiunt omnia quae geruntur? non
est, inquit, prouidentiae opus, sunt enim semina per
FRAGMENTE 63

dachte, da glaubte er, verführt sozusagen durch die


Ungerechtigkeit dieser Verhältnisse - so nämlich er-
schien es ihm, weil er den Grund und die Ursache
nicht kannte - , dass es keine Vorsehung gebe. Als er
sich davon überzeugt hatte, nahm er es auf sich, dies
zu verteidigen. So verwickelte er sich selbst in unent-
wirrbare Irrtümer. Wenn es nämlich keine Vorsehung
gibt, wie kommt es dann, dass die Welt so wohlgeord-
net geschaffen und aufgebaut ist? Er sagt: Es gibt keine
Ordnung. Viele Dinge sind nämlich anders geschaffen
als sie hätten geschaffen werden müssen. Und so fand
der göttliche Mann, was er tadeln konnte. Wenn ich
Zeit hätte, seine Aussagen im einzelnen zu widerlegen,
könnte ich leicht zeigen, dass dieser weder weise noch
vernünftig war. Und wenn es keine Vorsehung gibt,
wieso ist sind dann die Körper der Lebewesen so vor-
sorglich gebaut, dass jedes einzelne Glied auf wunder-
bare Weise eingerichtet ist und seine Aufgaben verrich-
tet? Epikur antwortet: Vernünftige Vorsehung hat bei
der Erschaffung der Lebewesen nichts in Gang ge-
setzt. Denn es sind weder die Augen zum Sehen ge-
macht noch die Ohren zum Hören noch die Zunge
zum Sprechen noch die Füße zum Gehen, da ja alle
diese Organe entstanden sind, bevor es das Sprechen,
Hören, Sehen, Gehen gab. Deshalb sind die Organe
nicht zu einer bestimmten Verwendung entstanden,
sondern die Verwendung hat sich aus ihnen ergeben.
Wenn es aber keine Vorsehung gibt, warum fällt dann
Regen, wachsen Früchte, grünen Bäume? Immer sagt
er: Dies geschieht nicht wegen der Lebewesen, da sie
ja der Vorsehung nichts nützen. Vielmehr muss alles
ohne Grund und von selbst geschehen. Von w o also
entsteht oder wie wird alles, was geschieht? Epikur
antwortet: Es ist nicht das Werk einer Vorsehung. Es
б4 FRAGMENTA

inane uolitantia, quibus inter se temere conglobatis


uniuersa gignuntur atque concrescunt.

60 Vides ergo magis propter mala opus nobis esse sa-


pientia: quae nisi fuissent proposita, rationale animal
non essemus. quod si haec ratio uera est quam Stoici
nullo modo uidere potuerunt, dissoluitur etiam argu-
mentum iHud Epicuri. deus, inquit, aut uult tollere mala
et non potest, aut potest et non uult, aut neque uult
neque potest, aut et uult et potest, si uult et non potest,
inbeciUis est, quod in deum non cadit. si potest et non
uult, inuidus, quod aeque alienum a deo. si neque uult
neque potest, et inuidus et inbecillis est, ideo nec deus,
si et uult et potest, quod solum deo conuenit, unde ergo
sunt mala? aut cur illa non tollit? scio plerosque philo-
sophorum qui prouidentiam defendunt, hoc argumento
perturban solere et inuitos paene adigi, ut deum nihil
curare fateantur, quod maxime quaerit Epicurus.

61 'Επίκουρος ( π ά ν τ α ) κατ' άνάγκην, κατά προ-


αίρεσιν, κατά τύχην (γίνεσθαι).

6ζ Έ π ε Ι δέ τέλος ήν του περί θεών λόγου ( Ε π ι κ ο υ -


ρώ) τ ό μή φ ο β ε ϊ σ θ α ι θ ε ό ν ά λ λ α π α ύ σ α -
σ θ α ι τ α ρ α τ τ ο μ έ ν ο υ ς , βεβαιότερον οΐμαιτοΰ-
FRAGMENTE 65

gibt nämlich Samen (Atome), die durch den leeren


Raum fliegen; wenn sie sich zufällig miteinander ver-
binden, entsteht und wächst alles.
(Lact, divin. instit. 3, 17, 8; 16-22 = 370 Us.)

60 Du siehst also, dass wir die Weisheit vor allem wegen


des Bösen benötigen. Wenn dieses nicht vorhanden
wäre, wären wir keine vernünftigen Lebewesen. Wenn
diese Begründung, die die Stoiker auf keine Weise an-
erkennen konnten, richtig ist, löst sich auch jener Be-
weis des Epikur auf: Gott, so sagt er, will entweder das
Böse beseitigen und kann es nicht, oder er kann es und
will es nicht, oder er will es nicht und kann es nicht,
oder er will es und kann es. Wenn er es will und nicht
kann, ist er schwach, was auf Gott nicht zutrifft. Wenn
er es kann und nicht will, ist er neidisch, was glei-
chermaßen mit Gott nicht vereinbar ist. Wenn er es
weder will noch kann, ist er sowohl neidisch als auch
schwach und deshalb auch kein Gott. Wenn er es will
und es kann, was allein zu Gott passt, woher stammt
dann das Böse? Oder warum beseitigt er es nicht? Ich
weiß, dass die meisten Philosophen, die die Vorsehung
verteidigen, durch dieses Argument gewöhnlich ver-
wirrt und gegen ihren Willen beinahe dazu veranlasst
werden zuzugeben, dass sich Gott um nichts küm-
mere, worauf es Epikur besonders ankommt.
(Lact, de ira dei 1 3 , 1 9 - 2 2 = 374 Us.)

61 Epikur sagt, alles geschehe durch Zwang, durch freie


Entscheidung, durch Zufall. (Aet. i, 29,5 = 375 Us.)

62 Da Epikur darin den Zweck seiner Lehre von den


Göttern sieht, dass man Gott nicht fürchtet, sondern
aufhört, sich beunruhigen zu lassen, glaube ich, dass
66 FRAGMENTA

το ύπάρχειν τοις ολως μή νοοΰσι θεόν ή τοίς


νοείν μή βλάπτοντα μεμαθηκόσιν.

6з "Ηδη δέ ταύττ] γε και κατ' Έ π ί κ ο υ ρ ο ν ονησις


τοις άνθρώποις άπό θεων γίνεται· τάς γοϋν
βελτίονας άπορροίας αυτών φασι τοις μετασχοΰ-
σι μεγάλων ά γ α θ ώ ν παραιτίας γίνεσθαι.

64 Τ ό δαιμόνιον μέν ού προσδεΐ[τ]αι τίνος τιμής,


ήμιν δέ φυσικόν έστιν αυτό τιμαν μάλιστα μέ[ν]
όσίαις [ύ]πολή['ψ]εσιν. επειτα δέ και τοίς κατά
τό πάτριον παραδεδομένοις [έ]κάστωι των κατά
μέρος.

65 Κ α ι θ α υ μ ά ζ ε ι τή[ν] φύσιν [αυτών κ(αί)] την


διάθεσιν και πειράται συνεγγί[ζειν] αύτήι και
καθαπερεί γλίχεται θιγε[ΐν και συ]νειναι, καλεί
τ[ε] και τους σοφούς [θεώ]ν φίλους και τους θε-
ούς των σοφών.

66 E l ταΐς τών ά ν θ ρ ώ π ω ν εύχαΐς 6 θεός κατηκο-


λοΰθει, θαττον άν ά π ώ λ λ υ ν τ ο πάντες άνθρωποι,
συνεχώς π ο λ λ ά και χαλεπά κατ' ά λ λ ή λ ω ν ευχό-
μενοι.

6/ Κ α ι ού μόνον τό εΰχεσθαι τοις άγάλμασιν ήλίθιόν


έστιν, ά λ λ ά γάρ και τό συμπεριφερόμενον τοίς
πολλοίς προσποιεΐσθαι τοις άγάλμασιν εΰχεσθαι,
όποιον ποιουσιν οι τά άπό του περιπάτου φιλο-
FRAGMENTE 67

dies mit größerer Sicherheit erreichbar ist, wenn man


überhaupt nicht an Gott glaubt, als wenn man zu glau-
ben lernt, dass er keinen Schaden anrichtet.
(Plut. mor. 1092 В = 384 Us.)

63 Und so wird denn auch nach Epikur den Menschen


Nutzen von den Göttern zuteil. Denn man sagt, dass
das besonders Gute, das von ihnen ausgeht, für dieje-
nigen, die dies zu spüren bekommen, Ursache großer
Güter ist. (Anikos bei Eus. Pr. Ev. 15,5, 8-9 = 385 Us.)

64 Das Göttliche ist nicht auf Ehrung angewiesen. Für


uns aber ist es natürlich, es zu ehren: vor allem mit
frommen Vorstellungen, dann aber auch mit den über-
lieferten Bräuchen, für jeden einzelnen entsprechend
seinem Anteil. (Philod. de mus. = 386 Us.)

6f Und (der Weise) bewundert die Natur und das Wesen


der Götter und versucht, sich ihr anzunähern, und
strebt gewissermaßen danach, sie zu berühren und mit
ihr zusammen zu sein; er nennt auch die Weisen
Freunde der Götter und die Götter Freunde der Wei-
sen. (Philod. de deor. victu = 386 Us.)

66 Wenn der Gott den Gebeten der Menschen entspre-


chen würde, dann wären schon längst alle Menschen
zugrunde gegangen, weil sie unablässig viel Schlimmes
gegeneinander erbitten.
(Gnomol. Cod. Par. ii68f. ιι$τ = 388 Us.)

67 Es ist nicht nur einfältig, die Götterbilder anzubeten,


sondern auch sich der Menge anzuschließen und so zu
tun, als ob man die Götterbilder anbete, wie es die
Philosophen des Peripatos tun und diejenigen, die der
68 FRAGMENTA

σοφοϋντες καΐ οι τά Επικούρου ή Δημοκρίτου


άσπαζόμενοι. ουδέν γάρ νόθον χρή ένυπάρχειν
ττ) ψυχή του άληθώς είς τό θείον εύσεβοΰς.

Ήϋικά

68 Κενός έκείνου φιλοσόφου λόγος, ΰφ' ου μηδέν


πάθος ανθρώπου θεραπεύεται· ώσπερ γάρ Ιατρι-
κής ουδέν όφελος μή τάς νόσους των σωμάτων
έκβαλλούσης, οΰτως ουδέ φιλοσοφίας, ει μή τό
τής ψυχής έκβάλλει πάθος.

69 "Εν γάρ έστι των Επικούρου δογμάτων τό


μηδέν άμεταπείστως πεπεΐσθαι μηδένα
πλην τόν σοφόν.

70 'Αλλά καΐ τόν άπαξ γενόμενον σοφόν μηκέτι τήν


έναντίαν λαμβάνειν διάθεσιν μηδέ πλάττειν έκόν-
τα (δοκεΐ Έπικούρω).

71 Επίκουρος σοφφ μόνω τόν σοφόν (καταληπτόν


είναι).

72 Ουδέ μήν έκ πάσης σώματος εξεως σοφόν


γενέσθαι άν ούδ' έν παντί εθνει (δοκεΐ Έπικού-
Q(p).

73 Ό δέ Επίκουρος εμπαλιν ύπολαμβάνει μόνους


φιλοσοφήσαι "Ελληνας δύνασθαι.
FRAGMENTE 69

Lehre des Epikur und des Demokrit anhängen. Denn


nichts Unechtes darf der Seele des wahrhaft Frommen
innewohnen. (Orígenes с. Gels. 7, 66 = 390 Us.)

Fragmente zur Ethik


68 Leer ist die Rede jenes Philosophen, von der nicht
irgendeine Leidenschaft des Menschen geheilt wird.
Wie nämlich eine Medizin nichts nützt, wenn sie nicht
die Krankheiten aus dem Körper vertreibt, so ist auch
eine Philosophie nutzlos, wenn sie nicht die Leiden-
schaften aus der Seele vertreibt.
(Porph. ad Marc. 31 = 221 Us.)

69 Eine der Lehren des Epikur lautet: Niemand hat un-


umstößliche Überzeugungen außer dem Weisen.
(Plut. mor. 1117 F = 222 Us.)

70 Aber wer einmal weise geworden ist, wird nicht mehr


in den entgegengesetzten Zustand geraten; und er
stellt sich auch nicht freiwillig anders dar, meint
Epikur. (Diog. Laert. 10,117 = 222a Us.)

71 Epikur sagt: N u r der Weise kann den Weisen er-


kennen. (Aet. 4 , 9 , 1 9 = 225 Us.)

72 Nicht aus jedem körperlichen Zustand und auch


nicht in jedem Volk könne ein Weiser entstehen, meint
Epikur. (Diog. Laert. 10,117 = 226 Us.)

73 Epikur wiederum nimmt an, dass nur die Hellenen


philosophieren können.
(Clem. Alex. Strom, i, 67, i = 226 Us.)
-JO FRAGMENTA

74 (29) Primum igitur, inquit, sic agam, ut ipsi auctori hui-


us disciplinae placet: constituam, quid et quale sit id,
de quo quaerimus, non quo ignorare vos arbitrer, sed
ut ratione et via procedat oratio, quaerimus igitur,
quid sit extremum et ultimum bonorum, quod omnium
philosophorum sententia tale debet esse, ut ad id om-
nia referri oporteat, ipsum autem nusquam. hoc Epi-
curus in voluptate ponit, quod summum bonum esse
vult, summumque malum dolorem, idque instituit do-
cere sic: (30) omne animal, simul atque natum sit, vo-
luptatem appetere eaque gaudere ut summo bono, do-
lorem aspernari ut summum malum et, quantum pos-
sit, a se repellere, idque facere nondum depravatum
ipsa natura incorrupte atque integre iudicante.

Itaque negat opus esse ratione neque disputatione,


quam ob rem voluptas expetenda, fugiendus dolor sit.
sentiri haec putat, ut calere ignem, nivem esse albam,
dulce mei. quorum nihil oportere exquisitis rationibus
confirmare, tantum satis esse admonere. interesse
enim inter argumentum conclusionemque rationis et
inter mediocrem animadversionem atque admonitio-
nem. altera occulta quaedam et quasi involuta aperiri,
altera prompta et aperta iudicari.
FRAGMENTE 7I

74 (29) ... Zuerst also werde ich so vorgehen, wie es der


Begründer unserer Schule selbst tut: Ich werde be-
stimmen, was und wie beschaffen das ist, worüber wir
eine Untersuchung anstellen, nicht als ob ich meinte,
ihr wüsstet nicht darüber Bescheid, sondern damit
mein Vortrag zielgerecht und methodisch angemes-
sen vorankommt. Wir fragen also, was das Letzte und
Höchste ist, das nach Auffassung aller Philosophen so
beschaffen sein muss, dass sich alles konsequent da-
rauf bezieht, es selbst aber auf nichts anderes. Was er
für das größte Gut hält, setzt Epikur mit der Lust
gleich, für das höchste Übel hält er den Schmerz, und
er hat sich entschlossen, dies so zu erklären: {30) Jedes
Lebewesen habe, sobald es geboren sei, das Verlangen
nach Lust und freue sich an ihr wie an dem höchsten
Gut. Den Schmerz lehne es ab wie das höchste Übel,
und wehre ihn, soweit es könne, von sich ab. Und es
tue dies, ohne schon verdorben zu sein und aufgrund
eines noch unverdorbenen und unverfälschten Urteils
seiner Natur.
Deshalb leugnet er, dass eine wissenschaftliche
Erörterung darüber nötig sei, weshalb die Lust erstre-
benswert und der Schmerz zu meiden sei. Er meint,
man spüre dies, wie man fühle, dass das Feuer wärmt,
der Schnee kalt und der Honig süß ist. Nichts davon
müsse man mit ausgesuchten Gründen bestätigen;
es sei genug, nur daran zu erinnern. Es bestehe näm-
lich ein Unterschied zwischen Beweisführung und
Schlussfolgerung und einem einfachen Hinweis und
einer Erinnerung. Durch das erste Verfahren wird et-
was Verborgenes und gleichsam Verhülltes zugänglich
gemacht, durch das zweite etwas Sichtbares und Of-
fenkundiges einem Urteil unterworfen.
72 FRAGMENTA

Etenim quoniam detractis de homine sensibus


reliqui nihil est, necesse est quid aut ad naturam aut
contra sit a natura ipsa iudicari.

Ea quid percipit aut quid iudicat, quo aut petat aut


fugiat aliquid, praeter voluptatem et dolorem?

(31) Sunt autem quidam e nostris, qui haec subtilius


velint tradere et negent satis esse quid bonum sit aut
quid malum sensu iudicari, sed animo etiam ac ratione
intellegi posse et voluptatem ipsam per se esse expe-
tendam et dolorem ipsum per se esse fugiendum. ita-
que aiunt hanc quasi naturalem atque insitam in animis
nostris inesse notionem, ut alterum esse appetendum,
alterum aspernandum sentiamus.

Alii autem, quibus ego assentior, cum a philosophis


compluribus permulta dicantur, cur пес voluptas in
bonis sit numeranda пес in malis dolor, non existimant
oportere nimium nos causae confidere, sed et argu-
mentandum et accurate disserendum et rationibus
conquisitis de voluptate et dolore disputandum pu-
tant.

(32) Sed ut perspiciatis, unde omnis iste natus error


sit voluptatem accusantium doloremque laudantium,
totam rem aperiam eaque ipsa, quae ab ilio inventore
veritatis et quasi architecto beatae vitae dieta sunt, ex-
plicabo.
FRAGMENTE 7}

Da es nämlich keine andere Möglichkeit gibt, wenn


man dem Menschen die Sinneswahrnehmung genom-
men hat, muss die Natur selbst beurteilen, was natur-
gemäß oder was gegen die Natur ist.
Was sonst nimmt sie wahr oder was beurteilt sie als
Ursache ihres Verlangens oder ihrer Ablehnung außer
Lust und Schmerz?
(31) Aber einige von uns Epikureern möchten das
noch genauer weitergeben und sagen, es reiche nicht
aus, mit sinnlicher Wahrnehmung zu entscheiden, was
ein Gut oder was ein Übel ist, sondern man könne
auch mit Hilfe des Intellekts und vernünftiger Überle-
gung begreifen, dass die Lust als solche für sich allein
erstrebenswert und der Schmerz als solcher für sich zu
meiden sei. Deshalb sagen sie, dass diese Vorstellung
als gleichsam natürlich und in unseren Geist einge-
pflanzt vorhanden sei, dass wir merken, dass das eine
zu erstreben, das andere abzuweisen sei.
Andere wiederum, denen ich zustimme, meinen,
wir dürften nicht allzu sehr der Sache vertrauen, wenn
von mehreren Philosophen viele Gründe dafür ange-
führt werden, warum die Lust nicht zu den Gütern
und der Schmerz nicht zu den Übeln zu zählen ist.
Statt dessen halten sie es für richtig, dass man über das
Thema »Lust und Schmerz« nur mir sorgfältigen Be-
weisen, guten Begründungen und präzisen Argumen-
ten diskutieren dürfe.
(32) Aber damit ihr durchschaut, woher dieses ganze
Missverständnis der Leute kommt, die die Lust ankla-
gen und den Schmerz preisen, werde ich die ganze
Angelegenheit offen darlegen und genau das erklären,
was von ihm, dem Entdecker der Wahrheit und dem
Baumeister sozusagen des glücklichen Lebens, gesagt
wurde.
74 FRAGMENTA

Nemo enim ipsam voluptatem, quia voluptas sit, as-


pernatur aut odit aut fugit, sed quia consequuntur ma-
gni dolores eos, qui ratione voluptatem sequi nesciunt,
ñeque porro quisquam est, qui dolorem ipsum, quia
dolor sit, amet, consectetur, adipisci velit, sed quia non
numquam eius modi tempora incidunt, ut labore et
dolore magnam aliquam quaerat voluptatem.

Ut enim ad minima veniam, quis nostrum exercita-


tionem ullam corporis suscipit laboriosam, nisi ut ali-
quid ex ea commodi consequatur? quis autem vel eum
iure reprehenderit, qui in ea voluptate velit esse, quam
nihil molestiae consequatur, vel illum, qui dolorem
eum fugiat, quo voluptas nulla pariatur?

(33) At vero eos et accusamus et iusto odio dignissi-


mos ducimus, qui blanditiis praesentium voluptatum
deleniti atque corrupti, quos dolores et quas molestias
excepturi sint, obcaecati cupiditate non provident, si-
milique sunt in culpa, qui officia deserunt mollitia ani-
mi, id est laborum et dolorum fuga, et harum quidem
rerum facilis est et expedita distinctio. nam libero tem-
pore, cum soluta nobis est eligendi optio, cumque nihil
impedit, quo minus id, quod maxime placeat, facere
possimus, omnis voluptas assumenda est, omnis dolor
repellendus. temporibus autem quibusdam et aut offi-
ciis debitis aut rerum necessitatibus saepe eveniet, ut et
voluptates repudiandae sint et molestiae non recusan-
FRAGMENTE 75

Niemand nämlich lehnt die Lust als solche ab, weil


sie Lust ist, hasst oder meidet sie, sondern weil große
Schmerzen diejenigen befallen, die es nicht verstehen,
die Lust mit Vernunft zu genießen. Und außerdem
gibt es niemanden, der den Schmerz als solchen, weil
er Schmerz ist, liebt, erstrebt, bekommen will, son-
dern weil manchmal Umstände der Art auftreten, dass
man mit Mühe und Schmerz irgendeine große Lust zu
gewinnen sucht.
U m auf etwas ganz Selbstverständliches zu kom-
men - wer von uns nimmt sonst eine mühselige
Übung des Körpers auf sich, außer um irgendeinen
Vorteil daraus zu ziehen? Wer aber könnte jemanden
mit Recht tadeln, der eine Lust genießen will, die keine
Last zur Folge hat, oder jemanden, der den Schmerz
vermeidet, aus dem keine Lust erwächst?
(33) Diejenigen aber klagen wir an und glauben, dass
sie gerechten Zorn verdienen, die durch die verführe-
rischen Freuden lustvoller Augenblicke verweichlicht
und verdorben sind und nicht voraussehen, welche
Schmerzen und Beschwerden sie auf sich nehmen
müssen, weil sie geblendet sind von der Begierde.
Gleichermaßen schuldig sind auch alle, die aus Cha-
rakterschwäche, d.h. aus Angst vor Anstrengungen
und Schmerzen, ihre Pflichten vernachlässigen. In die-
sen Dingen lässt sich leicht und schnell eine Unter-
scheidung treffen. Denn wenn die Umstände es zulas-
sen und wir die Wahl der freien Entscheidung haben
und nichts dagegen steht, das zu tun, was uns am meis-
ten gefällt, dann müssen wir jede Lust mitnehmen und
jeden Schmerz vermeiden. Unter gewissen Bedin-
gungen wird es aber aufgrund notwendiger Pflichten
oder zwingender Umstände oft geschehen müssen,
dass Lust zurückgewiesen werden muss und Unan-
j6 FRAGMENTA

dae. itaque earum rerum hic tenetur a sapiente delec-


tus, ut aut reiciendis voluptatibus maiores alias conse-
quatur aut perferendis doloribus asperiores repellat.

(34) Hanc ego cum teneam sententiam, quid est cur


verear, ne ad eam non possim accommodare Torqua-
tos nostros? quos tu paulo ante cum memoriter, tum
etiam erga nos amice et benivole collegisti, пес me ta-
rnen laudandis maioribus meis corrupisti nec segnio-
rem ad respondendum reddidisti. quorum facta quem
ad m o d u m , quaeso, interpretaris ? sicine eos censes aut
in armatum hostem impetum fecisse aut in libaros at-
que in sanguinem suum tam crudelis fuisse, nihil ut de
utilitatibus, nihil ut de commodis suis cogitarent? at id
ne ferae quidem faciunt, ut ita ruant itaque turbent, ut
earum motus et impetus quo pertineant non intellega-
mus, tu tam egregios viros censes tantas res gessisse
sine causa?

(35) Q u a e fuerit causa, mox videro; interea hoc tene-


bo, si ob aliquam causam ista, quae sine dubio praecla-
ra sunt, fecerint, virtutem iis per se ipsam causam non
fuisse. - Torquem detraxit hosti. - Et quidem se texit,
ne interiret. - A t magnum periculum adiit. - In oculis
quidem exercitus. - Q u i d ex eo est consecutus? - Lau-
dem et caritatem, quae sunt vitae sine metu degendae
praesidia firmissima. - Filium morte multavit. - Si sine
FRAGMENTE 77

nehmlichkeiten nicht vermieden werden dürfen. Des-


halb steht der "Weise in dieser Situation vor der Wahl,
entweder durch Verzicht auf Lustgewinn eine andere
größere Lust zu gewinnen oder durch das Ertragen
von Schmerzen schlimmere Schmerzen zu vermeiden.
(34) Weil ich an dieser Auffassung festhake, warum
sollte ich fürchten, nicht in der Lage zu sein, unsere
Helden mit dem Beinamen »Torquatus« auf diese
zu beziehen? D u hast sie kurz zuvor mit Hilfe dei-
nes guten Gedächtnisses und dann auch besonders
aus Freundschaft und Wohlwollen uns gegenüber er-
wähnt. Aber du hast mich nicht bestechen können, in-
dem du meine Vorfahren lobtest, und hast mich auch
nicht dazu gebracht, dir nicht mit noch größerer Zu-
rückhaltung zu antworten. Wie deutest du, bitte, ihre
Taten? Meinst du, dass sie sich auf den bewaffneten
Feind stürzten oder gegen ihre Kinder und ihr eigenes
Blut so grausam waren, ohne an ihren Vorteil, ohne an
ihren Nutzen zu denken? Das tun nicht einmal die
wilden Tiere, dass sie so losstürmen und alles durch-
einander bringen, dass wir den Zweck ihrer Bewegun-
gen und Angriffe nicht begreifen. Meinst du, dass
so ausgezeichnete Männer so bedeutende Taten ohne
Grund vollbracht haben?
(35) Was der Grund war, werde ich gleich sehen. Bis
dahin werde ich daran festhalten, wenn sie diese herr-
lichen Taten aus einem bestimmten Grund getan ha-
ben, dass nicht die Tugend als solche für sie der Grund
war. - Er hat dem Feind die Halskette abgerissen. - Ja,
aber er hat sich gewehrt, um nicht getötet zu werden. -
Aber er setzte sich einer großen Gefahr aus. - Vor den
Augen des Heeres allerdings. - Was hat er damit er-
reicht? - Ruhm und Zuneigung, die sichersten Mittel
für ein Leben ohne Angst. - Er bestrafte seinen Sohn
/8 FRAGMENTA

causa, nollem me ab eo ortum, tam inportuno tamque


crudeli; sin, ut dolore suo sancirei militaris imperii dis-
ciplinam exercimmque in gravissimo bello animadver-
sionis metu contineret, saluti prospexit civium, qua in-
tellegebat contineri suam.

(36) Atque haec ratio late patet. in quo enim maxime


consuevit iactare vestra se oratio, tua praesertim, qui
studiose antiqua persequeris, claris et fortibus viris
commemorandis eorumque factis non emolumento
aliquo, sed ipsius honestatis decore laudandis, id to-
tum evertitur eo delectu rerum, quem modo dixi, con-
stitute, ut aut voluptates omittantur maiorum volup-
tatum adipiscendarum causa aut dolores suscipiantur
maiorum dolorum effugiendorum gratia.

(37) Sed de clarorum hominum factis illustribus et


gloriosis satis hoc loco dictum sit. erit enim iam de
omnium virtutum cursu ad voluptatem proprius disse-
rendi locus, nunc autem explicabo, voluptas ipsa quae
qualisque sit, ut tollatur error omnis imperitorum in-
tellegaturque ea, quae voluptaria, delicata, mollis ha-
beatur disciplina, quam gravis, quam continens, quam
severa sit. Non enim banc solam sequimur, quae sua-
vitate aliqua naturam ipsam movet et cum iucunditate
FRAGMENTE 79

mit dem Tode. - Wenn er dies ohne Grund getan


hätte, dann möchte ich nicht von diesem so rück-
sichtslosen und grausamen Mann abstammen; wenn
er es aber getan hat, um mit seinem eigenen Schmerz
die militärische Disziplin zu festigen und das Heer in
einem äußerst gefährlichen Krieg durch die Angst vor
Strafe im Griff zu behalten, dann sorgte er auf diese
Weise für das Wohl seiner Mitbürger, von dem auch
sein eigenes Wohl abhing, wie er wusste.
(36) Dieses Denken ist weit verbreitet. Denn worauf
ihr gewöhnlich so viel Wert legt, und du ganz beson-
ders, der du so eifrig die Geschichte erforschst, indem
du an berühmte und tapfere Männer erinnerst und
deren Taten rühmst, weil sie nicht um irgendeines
Vorteils, sondern um der Würde der Tugend willen
vollbracht worden seien - das alles bricht zusammen,
wenn man die Entscheidung ins Spiel bringt, von der
ich eben sprach, dass man entweder auf Lustgewinn
verzichtet, um noch größere Lust zu gewinnen, oder
Schmerzen auf sich nimmt, um noch größere Schmer-
zen zu vermeiden.
(37) Aber von den glänzenden und ruhmvollen Taten
bedeutender Männer sei an dieser Stelle genug geredet.
Es wird sich nämlich schon bald die passende Gelegen-
heit ergeben, über das Drängen aller Tugenden zur Lust
hin zu sprechen. Jetzt aber werde ich erklären, was Lust
ist und welche Merkmale sie hat, damit die Missver-
ständnisse derer, die nichts davon verstehen, ausge-
räumt werden und man versteht, wie ernst, wie aske-
tisch, wie streng die Lehre ist, der man unterstellt, sie
ziele nur auf Lust, raffinierten Genuss und Verweich-
lichung. Wir suchen nämlich nicht nur diese Lust, die
durch irgendeinen süßen Reiz unmittelbar auf das na-
türliche Empfinden wirkt und, verbunden mit einem
8o FRAGMENTA

quadam percipitur sensibus, sed maximam voluptatem


illam habemus, quae percipitur omni dolore detracto,
nam quoniam, cum privamur dolore, ipsa liberatione
et vacuitate omnis molestiae gaudemus, omne autem
id, quo gaudemus, voluptas est, ut omne, quo offendi-
mur, dolor, doloris omnis privatio recte nominata est
voluptas. ut enim, cum cibo et potione fames sitisque
depulsa est, ipsa detractio molestiae consecutionem af-
fert voluptatis, sic in omni re doloris amotio successio-
nem efficit voluptatis.

(38) Itaque non placuit Epicuro medium esse quiddam


inter dolorem et voluptatem; illud enim ipsum, quod
quibusdam medium videretur, cum omni dolore care-
ret, non modo voluptatem esse, verum etiam sum-
mam voluptatem. quisquis enim sentit, quem ad mo-
dum sit affectus, eum necesse est aut in voluptate esse
aut in dolore, omnis autem privatione doloris putat
Epicurus terminan summam voluptatem, ut postea
variari voluptas distinguique possit, augeri amplificari-
que non possit.

(39) At etiam Athenis, ut e pâtre audiebam facete et


urbane Stoicos irridente, statua est in Ceramico Chry-
sippi sedentis porrecta manu, quae manus significet
illum in hac esse rogatiuncula delectatum: „Numquid-
nam manus tua sic affecta, quem ad modum affecta
nunc est, desiderat?" - Nihil sane. - „At, si voluptas
FRAGMENTE 8l

gewissen Genuss von den Sinnen, aufgenommen wird,


sondern wir halten jene für die größte Lust, die man
empfindet, wenn jeglicher Schmerz beseitigt ist. Denn
da wir uns, wenn wir vom Schmerz befreit werden,
schon über die Befreiung als solche und über die Erlö-
sung von jeglicher Last freuen, alles aber, worüber wir
uns freuen, Lust ist, wie alles, wodurch wir belästigt
werden, Schmerz ist, nannte man die Freiheit von jeg-
lichem Schmerz mit Recht Lust. Wie nämlich, wenn
durch Essen und Trinken Hunger und Durst gestillt
werden und die Beseitigung dieser Last ein Lustgefühl
zur Folge hat, so hat in jeder Hinsicht die Beseitigung
von Schmerz Lust zur Folge.
(38) Daher konnte Epikur es nicht hinnehmen, dass
es eine Mitte zwischen Schmerz und Lust gebe;
denn genau jener Zustand, der manchen als eine Mitte
erscheine, da er frei sei von jeglichem Schmerz, sei nicht
einfach nur Lust, sondern sogar höchste Lust. Jeder
nämlich, der wahrnimmt, wie er etwas empfindet, muss
entweder Lust oder Schmerz empfinden. In der voll-
ständigen Aufhebung des Schmerzes wird nach Epikurs
Auffassung die Grenze zur höchsten Lust überschrit-
ten; folglich könne sie allenfalls verändert und differen-
ziert, nicht aber vergrößert und erweitert werden.
(39) Aber wie ich von meinem Vater hörte, der ge-
rade wieder einmal auf geistreiche und vornehme
Weise über die Stoiker spottete, befindet sich auch in
Athen auf dem Ceramicus eine Statue des Chrysipp;
er sitzt dort mit ausgestreckter Hand; diese soll
ausdrücken, dass Chrysipp an folgendem Fragenspiel
seine Freude gehabt hätte: >Bringt deine Hand in der
Haltung, in der sie sich gerade befindet, irgendeinen
Wunsch zum Ausdruck?< - >Nein, wirklich nicht.< -
>Aber wenn die Lust etwas Gutes wäre, würde sie sie
82 FRAGMENTA

esset bonum, desideraret." - Ita credo. - „ N o n est igi-


tur voluptas bonum."
Hoc ne statuam quidam dicturam pater aiebat, si lo-
qui posset, conclusum est enim contra Cyrenaicos sa-
tis acute, nihil ad Epicurum. nam si ea sola voluptas
esset, quae quasi titillaret sensus, ut ita dicam, et ad eos
cum suavitate afflueret et illaberetur, nec manus esse
contenta posset nec ulla pars vacuitate doloris sine iu-
cundo motu voluptatis.

Sin autem summa voluptas est, ut Epicuro placet,


nihil dolere, primum tibi recte, Chrysippe, concessum
est nihil desiderare manum, cum ita esset affecta, se-
cundum non recte, si voluptas esset bonum, fuisse de-
sideraturam. idcirco enim non desideraret, quia, quod
dolore caret, id in voluptate est.

(40) Extremum autem esse bonorum voluptatem ex


hoc facillime perspici potest: Constituamus aliquem
magnis, multis, perpetuis fruentem et animo et corpo-
re voluptatibus nullo dolore nec impediente nec inpen-
dente, quem tandem hoc statu praestabiliorem aut ma-
gis expetendum possimus dicere? inesse enim necesse
est in eo, qui ita sit affectus, et firmitatem animi nec
mortem nec dolorem timentis, quod mors sensu care-
at, dolor in longinquitate levis, in gravitate brevis sole-
FRAGMENTE 83

dann empfinden ?< - >Das nehme ich an.< - >Also ist die
Lust nichts Gutes.<
Mein Vater meinte, so etwas würde nicht einmal
eine Statue sagen, wenn sie sprechen könnte. Die
Schlussfolgerung ist scharfsinnig formuliert, solange
sie gegen die Cyrenaiker gerichtet ist. Keinesfalls aber
treffe sie auf Epikur zu. Denn wenn dies allein Lust
wäre, was sozusagen die Sinne kitzele, um es einmal
so zu formulieren, und auf diese mit Wohlgefühl zu-
strömen und in sie hineinfließen würde, dann könnte
weder eine Hand noch ein anderer Körperteil mit dem
Freisein von Schmerz zufrieden sein, ohne die ange-
nehme Erregung der Lust zu empfinden.
Wenn es aber höchste Lust ist, wie Epikur meint,
keine Schmerzen zu haben, dann wurde dir, Chry-
sipp, einerseits mit Recht zugestanden, dass deine
Hand in der beschriebenen Haltung nichts verlangt,
andererseits aber kann man dir nicht mit Recht zuge-
stehen, dass sie Verlangen nach der Lust gehabt hätte,
wenn diese ein Gut wäre. Sie hätte nämlich deshalb
kein Verlangen nach ihr, weil sich das, was ohne
Schmerz ist, bereits im Zustand der Lust befindet.
(40) Dass aber das höchste Gut die Lust ist, lässt sich
sehr leicht aus folgender Überlegung ableiten: Neh-
men wir an, jemand empfindet eine große, vielfältige
und dauerhafte geistige und körperliche Lust, ohne
dass sie durch einen gegenwärtigen oder einen drohen-
den Schmerz beeinträchtigt würde, welchen Zustand
könnten wir dann als vorzüglicher oder erstrebens-
werter im Vergleich zu diesem bezeichnen? Denn
zwangsläufig besitzt Jemand, der so fühlt, auch die
Seelenstärke, die weder den Tod noch den Schmerz
fürchtet, weil der Tod ohne Empfindung ist, der
Schmerz bei langer Dauer gewöhnlich leicht und bei
FRAGMENTA

at esse, ut eius magnitudinem celeritas, diuturnitatem


allevatio consoletur.

(41) A d ea cum accedit, ut naque divinum numen


horreat пес praeteritas voluptates effluere patiatur ea-
rumque assidua recordatione laetetur, quid est, quod
hue possit, quod melius sit, accedere?

Statue contra aliquem confectum tantis animi cor-


porisque doloribus, quanti in hominem maximi cadere
possunt, nulla spe proposita fore levius aliquando,
nulla praeterea neque praesenti nec expectata volupta-
te, quid eo miserius dici aut fingi potest?

Quodsi vita doloribus referta maxime fugienda est,


summum profecto malum est vivere cum dolore, cui
sententiae consentaneum est ultimum esse bonorum
cum voluptate vivere, nec enim habet nostra mens
quicquam, ubi consistât tamquam in extremo, omnes-
que et metus et aegritudines ad dolorem referuntur,
nec praeterea est res ulla, quae sua natura aut soüicita-
re possit aut angere.

(42) Praeterea et appetendi et refugiendi et omnino


rerum gerendarum initia proficiscuntur aut a voluptate
aut a dolore, quod cum ita sit, perspicuum est omnis
rectas res atque laudabilis eo referri, ut cum voluptate
vivatur. quoniam autem id est vel summum bonorum
vel ultimum vel extremum - quod Graeci τέλος nomi-
nant - , quod ipsum nullam ad aliam rem, ad id autem
res referuntur omnes, fatendum est summum esse bo-
num iucunde vivere.
FRAGMENTE 85

besonderer Heftigkeit kurz ist, so dass das schnelle


Nachlassen über seine Heftigkeit, die Geringfügigkeit
über seine lange Dauer hinwegtröstet.
(41) Wenn noch hinzukommt, dass der Betreffende
weder die Macht der Götter fürchtet noch zulässt, dass
frühere Lustempfindungen dem Bewusstsein entglei-
ten, und er sich dauernd mit Freude daran erinnert,
was könnte ihm dann noch Besseres geschehen?
Stell dir dagegen einen Menschen vor, der von
so großen seelischen und körperlichen Schmerzen ge-
quält wird, wie sie einen Menschen überhaupt nur be-
fallen können, ohne eine Hoffnung darauf, dass es ihm
einmal besser gehen könnte, außerdem ohne jedes
Vergnügen im Augenblick und in der Zukunft, kann
man etwas Unglücklicheres nennen oder sich vorstel-
len als diesen Zustand?
Wenn man also ein von Schmerzen erfülltes Leben
mit allen Mitteln vermeiden muss, dann ist ein Leben
in Schmerzen wirklich das größte Übel. Dieser Auf-
fassung entspricht, dass ein lusterfülhes Leben das
höchste Gut ist; unser Denken hat sozusagen kein an-
deres Ziel, worauf es sich beziehen könnte, und alle
Ängste und Kümmernisse haben mit Schmerz zu tun,
und darüber hinaus gibt es nichts, was von sich aus
Unruhe oder Angst erzeugen könnte.
(42) Außerdem hat jedes Begehren und Ablehnen und
überhaupt jedes Handeln seinen Ursprung entweder in
der Lust oder im Schmerz. Daraus ergibt sich, dass alles
richtige und lobenswerte Handeln auf ein lusterfülltes
Leben zielt. Da dieses aber das höchste, letzte und äu-
ßerste Gut ist (was die Griechen Telos nennen), das sich
selbst auf nichts anderes mehr bezieht, während alles
andere sich auf dieses bezieht, muss man zugeben, dass
ein angenehmes, lusterfülltes Leben das höchste Gut ist.
FRAGMENTA

Id qui in una virtute ponunt et splendore nominis


capti quid natura postulet non intellegunt, errore má-
ximo, si Epicurum audire voluerint, liberabuntur. istae
enim vestrae eximiae pulchraeque virtutes nisi volup-
tatem efficerent, quis eas aut laudabilis aut expetendas
arbitraretur? ut enim medicorum scientiam non ipsius
artis, sed bonae valetudinis causa probamus, et guber-
natoris ars, quia bene navigandi rationem habet, utili-
tate, non arte laudatur, sic sapientia, quae ars vivendi
putanda est, non expeteretur, si nihil efficeret; nunc
expetitur, quod est tamquam artifex conquirendae et
comparandae voluptatis. (43) quam autem ego dicam
voluptatem, iam videtis, ne invidia verbi labefactetur
oratio mea. nam cum ignoratione rerum bonarum et
malarum maxime hominum vita vexetur, ob eumque
errorem et voluptatibus maximis saepe priventur et
durissimis animi doloribus torqueantur, sapientia est
adhibenda, quae et terroribus cupiditatibusque detrac-
tis et omnium falsarum opinionum temeritate derepta
certissimam se nobis ducem praebeat ad voluptatem.
sapientia enim est una, quae maestitiam pellat ex ani-
mis, quae nos exhorrescere metu non sinat. qua prae-
ceptrice in tranquillitate vivi potest omnium cupidita-
tum ardore restincto. cupiditates enim sunt insatiabi-
les, quae non modo singulos homines, sed universas
familias evertunt, totam etiam labefactant saepe rem
publicam.
FRAGMENTE 87

"Wer dieses nur auf die Tugend bezieht und, vom


Glanz dieses Begriffes geblendet, nicht merkt, was die
Natur verlangt, wird von einem sehr großen Irrtum
befreit, wenn er bereit ist, auf Epikur zu hören. Wenn
nämlich diese eure vorzüglichen und schönen Tugenden
keine Lust erzeugten, wer hielte sie dann für lobenswert
oder erstrebenswert? Denn wie wir die Medizin nicht
um ihrer selbst willen schätzen, sondern weil sie der Ge-
sundheit dient, und die Kunst des Steuermannes nicht
als solche, sondern ihres Nutzens wegen gelobt wird,
weil sie in der Fähigkeit des richtigen Navigierens be-
steht, so würde man die Weisheit, die man als Lebens-
kunst zu begreifen hat, nicht erstreben, wenn sie keinen
entsprechenden Nutzen hätte; nun wird sie erstrebt,
weil sie sich gewissermaßen auf das professionelle Auf-
spüren und Gewinnen von Lust versteht. (43) Was ich als
Lust bezeichne, seht ihr jetzt, damit meine Ausführun-
gen nicht durch den negativen Beigeschmack des Begrif-
fes gefährdet werden. Denn da das Leben der Menschen
durch Unkenntnis des Guten und des Schlechten belas-
tet wird und sie aufgrund dieses Fehlers oft der größten
Freuden beraubt und von härtesten seelischen Qualen
heimgesucht werden, muss man die Weisheit ins Spiel
bringen, die sich uns, wenn sie die Bedrohungen und
Begierden vertrieben und die Irreführung durch falsche
Auffassungen beseitigt hat, als zuverlässigste Führerin
zur Lust erweist. Denn es ist allein die Weisheit, die die
Traurigkeit aus unseren Herzen vertreibt und es nicht
zulässt, dass wir in Angst und Schrecken geraten; unter
ihrer Anleitung kann man in innerer Ruhe leben, wenn
das Feuer aller Begierden eingedämmt ist. Denn die Be-
gierden sind unstillbar; sie vernichten nicht nur einzebe
Menschen, sondern ganze Familien und bringen oft so-
gar ein Staatswesen ins Wanken.
FRAGMENTA

(44) Ex cupiditatibus odia, discidia, discordiae, sedi-


tiones, bella nascuntur, nec eae se foris solum iactant
nec tantum in alios caeco ímpetu incurrunt, sed intus
etiam in animis inclusae inter se dissident atque discor-
dant, ex quo vitam amarissimam necesse est effici, ut
sapiens solum amputata circumcisaque inanitate omni
et errore naturae finibus contentus sine aegritudine
possit et sine metu vivere.

(45) Quae est enim aut utilior aut ad bene vivendum


aptior partitio quam illa, qua est usus Epicurus? qui
unum genus posuit earum cupiditatum, quae essent et
naturales et necessariae, alterum, quae naturales essent
nec tamen necessariae, tertium, quae nec naturales nec
necessariae. quarum ea ratio est, ut necessariae nec
opera multa nec impensa expleantur; ne naturales qui-
dem multa desiderant, propterea quod ipsa natura di-
vitias, quibus contenta sit, et parabilis et terminatas ha-
bet; inanium autem cupiditatum nec modus ullus nec
finis inveniri potest.

(46) Quodsi vitam omnem perturbari videmus erro-


re et inscientia, sapientiamque esse solam, quae nos a
libidinum Ímpetu et a formidinum terrore vindicet et
ipsius fortunae modice ferre doceat iniurias et omnis
monstret vias, quae ad quietem et ad tranquillitatem
ferant, quid est cur dubitemus dicere et sapientiam
FRAGMENTE

(44) A u s den Begierden entstehen Hass, Streit,


Zwietracht, Aufruhr und Krieg; und sie wirken nicht
allein nach außen und überfallen in blinder Leiden-
schaft nicht nur andere Menschen, sondern sie gehen
auch, wenn sie im Inneren der Seele eingeschlossen
sind, aufeinander los. Daraus ergibt sich zwangsläufig
ein Leben in größter Bitterkeit. Demnach kann nur
der Weise, wenn alle Verblendung und Fehleinschät-
zung weitestgehend und umfassend aufgehoben sind,
wenn er seine naturgegebenen Beschränkungen be-
jaht, ohne Kummer und Furcht leben.
(45) "Welche Einteilung ist nämlich nützlicher oder
wird dem guten Leben besser gerecht als jene, die sich
bei Epikur findet? Eine Sorte von Begierden waren für
ihn die natürlichen und notwendigen Begierden, eine
zweite die natürlichen und trotzdem nicht notwendi-
gen, eine dritte die weder natürlichen noch notwendi-
gen Begierden. Diese Einteilung zielt darauf, dass die
notwendigen Begierden ohne besondere Mühe und
A u f w a n d befriedigt werden können; nicht einmal die
Befriedigung der natürlichen Begierden setzt viel vor-
aus, weil die Natur selbst die Reichtümer, mit denen
sie auskommt, in angemessenem Umfang zur Verfü-
gung hat; für die abartigen Begierden gibt es jedoch
weder M a ß noch Ziel.
(46) Wenn wir also sehen, dass das Leben insgesamt
durch Irrtum und Unwissenheit gestört wird und
dass es allein die Weisheit ist, die uns v o m Ansturm
der Leidenschaften und von den Wahnvorstellungen
der Angst befreit, uns lehrt, die Schläge eines ungewis-
sen Schicksals gelassen zu ertragen, und uns alle Wege
zeigt, die zu innerer Ruhe und Frieden führen, warum
sollen wir dann zögern zu behaupten, dass man Weis-
heit erstreben muss, u m Lust zu gewinnen, und Tor-
90 FRAGMENTA

propter voluptates expetendam et insipientiam propter


molestias esse fugiendam?
(47) Eademque ratione ne temperantiam quidem
propter se expetendam esse dicemus, sed quia pacem
animis afferat et eos quasi concordia quadam placet ас
leniat. temperantia est enim, quae in rebus aut expe-
tendis aut fugiendis ut rationem sequamur monet. nec
enim satis est iudicare quid faciendum non faciendum-
ve sit, sed stare etiam oportet in eo, quod sit iudica-
tum. plerique autem, quod tenere atque servare id,
quod ipsi statuerunt, non possunt, vieti et debilitati
obiecta specie voluptatis tradunt se libidinibus con-
stringendos nec quid eventurum sit provident ob eam-
que causam propter voluptatem et parvam et non ne-
cessariam et quae vel aliter pararetur et qua etiam ca-
rere possent sine dolore tum in morbos gravis, tum in
damna, tum in dedecora incurrunt, saepe etiam legum
iudiciorumque poenis obligantur.

(48) Q u i autem ita frui volunt voluptatibus, ut nulli


propter eas consequantur dolores, et qui suum iudici-
um retinent, ne voluptate vieti faciant id, quod sentiant
non esse faciendum, ii voluptatem maximam adipis-
cuntur praetermittenda voluptate. idem etiam dolo-
rem saepe perpetiuntur, ne, si id non faciant, incidant
in maiorem. ex quo intellegitur nec intemperantiam
propter se esse fugiendam temperantiamque expeten-
FRAGMENTE 91

heit überwinden muss, um Unannehmlichkeiten zu


vermeiden?
(47) Aus demselben Grund werden wir sagen, dass
nicht einmal das Maßhalten um seiner selbst willen er-
strebenswert ist, sondern weil es der Seele Frieden
bringt und ihr durch eine Art von innerer Uberein-
stimmung mit sich selbst Ausgeglichenheit verschafft.
Es ist nämlich das Maßhalten, das uns dazu veranlasst,
dass wir bei allem, was zu erstreben oder abzulehnen
ist, der Vernunft gehorchen. Es genügt nämlich nicht
zu entscheiden, was getan werden muss oder nicht
getan werden darf, sondern man muss auch zu dem
stehen, wofür man sich entschieden hat. Die meisten
Menschen können aber das nicht festhalten und be-
wahren, was sie selbst beschlossen haben. Besiegt und
verführt durch ein Trugbild der Lust lassen sie sich von
den Begierden in Fesseln legen und sehen nicht voraus,
was geschehen wird, und werden aus diesem Grund
wegen eines kleinen und nicht notwendigen Lustge-
winns, den sie sich auch anders hätten verschaffen und
auf den sie auch ohne Schmerz hätten verzichten kön-
nen, schwer krank, verlieren ihr Vermögen und gera-
ten in Schande und werden oft sogar von den Strafen
der Gesetze und Gerichte eingeholt.
(48) Wer aber die Lust so genießen will, dass sie
keine Schmerzen zur Folge hat, und wer seinem Vor-
satz treu bleibt, sich nicht von der Lust überwältigen
zu lassen und das zu tun, was man seiner Meinung
nach nicht tun darf, gewinnt dadurch die höchste Lust,
dass er auf die Lust verzichtet. Wer so handelt, nimmt
auch oft einen Schmerz in Kauf, um sich nicht einen
heftigeren Schmerz zuzuziehen, wenn er dies nicht
täte. Daraus ist ersichdich, dass nicht einmal die Maß-
losigkeit um ihrer selbst willen zu meiden und das
92 FRAGMENTA

dam, non quia voluptates fugiat, sed quia maiores con-


sequatur.

(49) Eadem fortitudinis ratio reperietur. nam ñeque


laborum perfunctio neque perpessio dolorum per se
ipsa allicit nec patientia nec assiduitas nec vigiliae nec
ea ipsa, quae laudatur, industria, ne fortitudo quidem,
sed ista sequimur, ut sine cura metuque vivamus ani-
mumque et corpus, quantum efficere possimus, mole-
stia liberemus.

Ut enim mortis metu omnis quietae vitae status per-


turbatur, et ut succumbere doloribus eosque humili
animo inbecilloque ferre miserum est, ob eamque de-
bilitatem animi multi parentes, multi amicos, non nulli
patriam, plerique autem se ipsos penitus perdiderunt,
sic robustus animus et excelsus omni est liber cura et
angore, cum et mortem contemnit, qua qui affecti sunt
in eadem causa sunt, qua ante quam nati, et ad dolores
ita paratus est, ut meminerit máximos morte finiri,
parvos multa habere intervalla requietis, mediocrium
nos esse dominos, ut, si tolerabiles sint, feramus, si
minus, animo aequo e vita, cum ea non placeat, tam-
quam e theatro exeamus. quibus rebus intellegitur nec
timiditatem ignaviamque vituperan nec fortitudinem
FRAGMENTE 93

Maßhalten nicht deswegen erstrebenswert ist, weil


man auf den Lustgewinn verzichten, sondern weil
man einen höheren Lustgewinn erzielen will.
(49) Dieselbe Begründung lässt sich auch für die
Tapferkeit geben. Denn weder die Bewältigung von
Anstrengungen noch das Ertragen von Schmerzen ist
für sich allein verlockend; dasselbe gilt für die Lei-
densfähigkeit und die Beharrlichkeit, für den uner-
müdlichen Einsatz und auch für den Fleiß, den man so
lobt, und sogar für die Tapferkeit; wir praktizieren
diese Tugenden, um ohne Sorge und Angst zu leben
und um Seele und Leib, so gut es geht, von Unan-
nehmlichkeiten zu befreien.
Wie nämlich die Furcht vor dem Tod ein Leben in
ungestörter Ruhe in jeder Hinsicht unmöglich macht
und wie es erbärmlich ist, Schmerzen ausgesetzt zu sein
und sie in ohnmächtiger Verzweiflung zu ertragen, und
wegen dieser Schwäche viele Menschen ihre Freunde,
manche ihr Vaterland, die meisten aber sich selbst völlig
zugrunde gerichtet haben, so ist eine starke und selbst-
bewusste Seele frei von jeder Sorge und Angst, indem
sie auch den Tod stolz verachtet, durch den sich ja die-
jenigen, die ihm verfallen sind, in demselben Zustand
befinden wie vor ihrer Geburt, und auf Schmerzen so
vorbereitet, dass sie sich dessen bewusst bleibt, dass die
stärksten Schmerzen durch den Tod zu Ende sind und
die geringen viele Möglichkeiten der Erholung zulassen,
und wir die mittelmäßigen so beherrschen, dass wir sie
ertragen, wenn sie enräglich sind, und wenn nicht, mit
Gelassenheit aus dem Leben gehen, als ob wir ein Thea-
ter verlassen, wenn es uns nicht mehr gefällt. Daraus ist
ersichtlich, dass weder Furchtsamkeit noch Feigheit als
solche getadelt noch Tapferkeit und Leidensfähigkeit als
solche gelobt werden, sondern dass man jene zurück-
94 FRAGMENTA

patientiamque laudari suo nomine, sed illas reici, quia


dolorem pariant, has optari, quia voluptatem.
(50) lustitia restât, ut de omni virtute sit dictum, sed
similia fere dici possunt. ut enim sapientiam, tempe-
rantiam, fortitudinem copulatas esse docui cum vo-
luptate, ut ab ea nullo modo nec divelli nec distrahi
possint, sic de iustitia iudicandum est, quae non modo
numquam nocet cuiquam, sed contra semper afficit
cum vi sua atque natura, quod tranquillat ánimos, tum
spe nihil earum rerum defuturum, quas natura non de-
pravata desiderat. <Et> quem ad modum temeritas et
libido et ignavia semper animum excruciant et semper
sollicitant turbulentaeque sunt, sic {inprobitas si ) cui-
us in mente consedit, hoc ipso, quod adest, turbulenta
est; si vero molita quippiam est, quamvis occulte fece-
rit, numquam tamen id confidet fore semper occul-
tum. plerumque improborum facta primo suspicio in-
sequitur, dein sermo atque fama, tum accusator, tum
iudex; multi etiam, ut te consule, ipsi se indicaverunt.

(51) Quodsi qui satis sibi contra hominum conscien-


tiam saepti esse et muniti videntur, deorum tamen
horrent easque ipsas sollicitudines, quibus eorum ani-
mi noctesque diesque exeduntur, a diis inmortalibus
FRAGMENTE 95

weist, weil sie Schmerz bereiten, und diese anstrebt,


weil sie Lust bereiten.
(50) Bis auf die Gerechtigkeit haben wir die Tugend
insgesamt besprochen; aber darüber lässt sich etwa
dasselbe sagen. Wie ich nämlich dargestellt habe, dass
die "Weisheit, die Mäßigung und die Tapferkeit mit der
Lust so verknüpft sind, dass man sie auf keinen Fall
von dieser trennen und entfernen darf, so muss man
auch über die Gerechtigkeit urteilen: Sie fügt nicht nur
auf keinen Fall Jemandem einen Schaden zu; im Ge-
genteil - sie vermittelt mit ihrer Stärke und dem ihr ei-
gentümlichen Wesen und durch die Hoffnung darauf,
dass es an den Dingen keinesfalls fehlen wird, die die
unverdorbene Natur verlangt, etwas, was die Seele be-
ruhigt. Und wie die Unbesonnenheit, die Gier und die
Feigheit die Seele unablässig beunruhigen und an-
dauernd aufregen und selbst voller Unruhe sind, so
ist auch die Bösartigkeit, wenn sie sich erst einmal im
Herzen eines Menschen festgesetzt hat, eben dadurch,
dass sie da ist, voller Unruhe; wenn sie aber irgend et-
was in Bewegung gesetzt hat, wird sie, auch wenn sie es
heimlich getan hat, dennoch niemals darauf vertrauen,
dass es für immer unentdeckt bleibt. Meist haben die
Taten der Bösen zunächst einen Verdacht, dann ein
Gerede und ein Gerücht, dann eine Anklage und eine
Gerichtsverhandlung zur Folge; viele haben sich auch
schon selbst angezeigt, wie unter deinem Konsulat ge-
schehen.
(51) Wenn auch manche glauben, sie seien dagegen
geschützt und gesichert, dass die Menschen etwas von
ihren Schandtaten mitbekommen, haben sie dennoch
Angst davor, dass die Götter Bescheid wissen, und
glauben, dass eben diese Aufregungen, in denen sich
ihre Seelen Tag und Nacht verzehren, ihnen von
9б FRAGMENTA

supplicii causa importan putant. quae autem tanta ex


improbis factis ad minuendas vitae molestias accessio
potest fieri, quanta ad augendas, cum conscientia fac-
torum, tum poena legum odioque civium? et tamen in
quibusdam neque pecuniae modus est neque honoris
ncque imperii nec libidinum nec epularum nec reliqua-
rum cupiditatum, quas nulla praeda umquam improbe
parta minuit, ( s e d ) potius inflammat, ut coërcendi
magis quam dedocendi esse videantur.

(52) Invitât igitur vera ratio bene sanos ad iustitiam,


aequitatem, fidem, neque homini infanti aut inpotenti
iniuste facta conducunt, qui nec facile efficere possit,
quod conetur, nec optinere, si effecerit, et opes vel for-
tunae vel ingenii liberalitati magis conveniunt, qua qui
utuntur, benivolentiam sibi conciliant et, quod aptissi-
mum est ad quiete vivendum, caritatem, praesertim
cum omnino nulla sit causa peccandi.

(53) Quae enim cupiditates a natura proficiscuntur,


facile explentur sine ulla iniuria, quae autem inanes
sunt, iis parendum non est. nihil enim desiderabile
concupiscunt, plusque in ipsa iniuria detrimenti est
quam in iis rebus emolumenti, quae pariuntur iniuria.
FRAGMENTE 97

den unsterblichen Göttern auferlegt werden. "Wie aber


kommt es, dass man, um die Mühsal des Lebens zu
verringern, mit bösen Taten genauso viel erreicht, wie
man einerseits durch das schlechte Gewissen und an-
dererseits auch durch die Strafe der Gesetze und die
Verachtung der Mitbürger zu ihrer Vergrößerung bei-
trägt? Und trotzdem haben manche Menschen kein
Maß in ihrer Gier nach Geld, nach Ehre, nach Macht,
nach ausschweifendem Lebenswandel, nach Völlerei
und den übrigen Objekten der Begierde; diese wird
durch keine irgendwann auf schändliche Weise gewon-
nene Beute verringert, sondern noch mehr angeheizt,
so dass man diese Menschen eher bestrafen als beleh-
ren muss.
(52) Die vernünftige Überlegung ermuntert also die
Menschen mit gesundem Denken zu Gerechtigkeit,
Bescheidenheit und Zuverlässigkeit. Einem Menschen,
der nicht reden kann oder machtlos ist, nützen unge-
rechte Taten sowieso nichts, weil er nicht so ohne wei-
teres durchführen kann, was er vorhat, und es nicht
festhalten kann, wenn er etwas erreicht hat, und über-
haupt passen die Gaben des Schicksals und des Geistes
eher zu Offenherzigkeit und Freigebigkeit, bei deren
Betätigung man sich Wohlwollen erwirbt und - was
am besten ein ruhiges Leben zu ermöglichen hilft -
Zuneigung und Liebe, zumal dann überhaupt kein
Grund mehr besteht, etwas Böses zu tun.
(53) Denn die Begierden, die in der Natur ihren Ur-
sprung haben, lassen sich ohne weiteres befriedigen;
man braucht dafür kein Unrecht zu tun; den unnatür-
lichen Begierden aber darf man auf keinen Fall nach-
geben. Sie verlangen nämlich nichts Erstrebenswertes,
und die Nachteile, die mit dem Unrecht gegeben sind,
überwiegen den Nutzen, der in den Dingen steckt.
FRAGMENTA

Itaque ne iustitiam quidem recte quis dixerit per se ip-


sam optabilem, sed quia iucunditatis vel plurimum af-
ferai. nam diligi et carum esse iucundum est propterea,
quia tutiorem vitam et voluptatem pleniorem efficit.
itaque non ob ea solum incommoda, quae eveniunt in-
probis, fugiendam inprobitatem putamus, sed multo
etiam magis, quod, cuius in animo versatur, numquam
sinit eum respirare, numquam adquiescere.

(54) Q u o d s i ne ipsarum quidem virtutum laus, in


qua maxime ceterorum philosophorum exultât oratio,
reperire exitum potest, nisi derigatur ad voluptatem,
voluptas autem est sola, quae nos vocet ad se et alliciat
suapte natura, non potest esse dubium, quin id sit
summum tque extremum bonorum omnium, bea-
teque vivere nihil aliud sit nisi cum voluptate vivere.

(55) Huic certae stabilique sententiae quae sint con-


iuncta explicabo brevi, nullus in ipsis error est finibus
bonorum et malorum, id est in voluptate aut in dolore,
sed in his rebus peccant, cum e quibus haec efficiantur
ignorant, animi autem voluptates et dolores nasci fate-
mur e corporis voluptatibus et doloribus; itaque con-
cedo, quod m o d o dicebas, cadere causa, si qui e no-
stris aliter existimant, quos quidem video esse multos,
sed imperitos, quamquam autem et laetitiam nobis vo-
FRAGMENTE 99

die durch Unrecht erworben werden. Deshalb könnte


man nicht einmal von der Gerechtigkeit mit gutem
Grund behaupten, dass sie um ihrer selbst willen er-
strebenswen sei, sondern nur weil sie ein Höchstmaß
an Annehmlichkeiten verschafft. Denn geschätzt zu
werden und beliebt zu sein, ist deswegen angenehm,
weil es das Leben sicherer macht und die Empfindung
der Lust vertieft. Deshalb glauben wir, dass man die
Boshaftigkeit nicht nur wegen der Unannehmlichkei-
ten, die den Bösen entstehen, meiden muss, sondern
viel mehr noch, weil sie denjenigen, in dessen Seele sie
steckt, niemals aufatmen und niemals zur Ruhe kom-
men lässt.
(54) Wenn nun nicht einmal das Loblied auf die Tu-
genden, das die übrigen Philosophen so gern und so
laut singen, ein Ziel außer der Lust beschreiben kann,
wenn es aber einzig und allein die Lust ist, die uns um
ihrer selbst willen zu sich ruft und anlockt, dann kann
es nicht mehr zweifelhaft sein, dass sie das höchste
und äußerste aller Güter ist und dass das glückliche
Leben nichts anderes ist als ein Leben mit Lust.
(55) Was mit dieser gut begründeten Überzeugung
verbunden ist, werde ich in wenigen Worten erklären.
Bei der Bestimmung des höchsten Gutes und des
größten Übels, d.h. der Lust oder des Schmerzes, ist
kein Irrtum möglich; aber die Menschen machen auf
diesem Gebiet Fehler, weil sie nicht wissen, wodurch
Lust und Schmerz entstehen. Wir geben zu, dass die
seelischen Lust- und Schmerzempfindungen aus den
Lust- und Schmerzempfindungen des Körpers entste-
hen; deshalb bestätige ich dir, was du eben sagtest,
dass die Sache verloren ist, wenn einige von uns eine
andere Meinung vertreten; es sind zwar viele, wie ich
sehe, aber Leute, die nicht richtig Bescheid wissen.
FRAGMENTA

lupias animi et molestiam dolor afferat, eorum tarnen


utrumque et ortum esse e corpore et ad corpus referri,
пес ob earn causam non multo maiores esse et volup-
tates et dolores animi quam corporis, nam corpore ni-
hil nisi praesens et quod adest sentire possumus, ani-
mo autem et praeterita et futura, ut enim aeque dolea-
mus animo, cum corpore dolemus, fieri tamen perma-
gna accessio potest, si aliquod aeternum et infinitum
impendere malum nobis opinemur. quod idem licet
transferre in voluptatem, ut ea maior sit, si nihil tale
metuamus.

(56) lam illud quidem perspicuum est, maximam


animi aut voluptatem aut molestiam plus aut ad bea-
tam aut ad miseram vitam afferre momenti quam eo-
rum utrumvis, si aeque diu sit in corpore. Non placet
autem detracta voluptate aegritudinem statim conse-
qui, nisi in voluptatis locum dolor forte successerit, at
contra gaudere nosmet omittendis doloribus, etiamsi
voluptas ea, quae sensum moveat, nulla successerit,
eoque intellegi potest quanta voluptas sit non dolere.
(57) Sed ut iis bonis erigimur, quae expectamus, sic lae-
tamur iis, quae recordamur. stulti autem malorum
memoria torquentur, sapientes bona praeterita grata
recordatione renovata delectant. est autem situm in no-
FRAGMENTE

Obwohl aber die Lust der Seele uns Freude und der
Schmerz der Seele uns Beschwerden bereitet, bin ich
doch davon überzeugt, dass beide Empfindungen eine
körperliche Ursache haben und auf den Körper zu-
rückwirken. Aber das heißt nicht, dass die seelischen
Lust- und Schmerzempfindungen nicht viel stärker
sind als die körperlichen. Denn mit dem Körper kön-
nen wir nur Gegenwärtiges und Anwesendes wahr-
nehmen, mit der Seele aber auch Vergangenes und
Zukünftiges. Denn gesetzt den Fall, dass wir einen
ebenso großen Schmerz empfinden, wenn wir körper-
lich leiden, so kann doch der seelische Schmerz noch
sehr viel größer werden, wenn wir damit rechnen, dass
uns ein dauerhaftes und grenzenloses Übel droht.
Dasselbe kann man auf die Lust übertragen: Sie wird
größer, wenn wir so etwas nicht fürchten.
(56) Das ist nun wohl klar, dass die größte Lust und
der größte Schmerz in der Seele eine höhere Bedeu-
tung für ein glückliches oder unglückliches Leben ha-
ben als körperliche Lust- und Schmerzempfindungen
bei gleich langer Dauer. Es trifft jedoch nicht zu, dass
nach dem Ende eines Lustgefühls sofort Kummer ent-
steht, wenn nicht zufällig ein Schmerz an die Stelle der
Lust träte; aber auf der anderen Seite freuen wir uns,
wenn Schmerzen nachlassen, auch wenn keine Lust,
die als solche empfunden wird, an deren Stelle tritt;
daraus lässt sich ersehen, was für eine große Lust es
bedeutet, keine Schmerzen zu haben. (57) Aber wie
wir uns an den guten Dingen aufrichten, die wir er-
warten, so freuen wir uns über die, an die wir uns er-
innern. Die Toren aber quälen sich mit der Erinnerung
an schlimme Dinge, die Weisen empfinden Freude
über gute Dinge der Vergangenheit, sobald sie sich
diese in dankbarer Erinnerung wieder vergegenwärtig-
FRAGMENTA

bis Ut et adversa quasi perpetua oblivione obruamus et


secunda iucunde ac suaviter meminerimus. sed cum
ea, quae praeterierunt, acri animo et attento intuemur,
tum fit ut aegritudo sequatur, si illa mala sint, laetitia,
si bona.

О praeclaram beate vivendi et apertam et simplicem


et directam viam! cum enim certe nihil homini possit
melius esse quam vacare omni dolore et molestia per-
fruique maximis et animi et corporis voluptatibus, vi-
detisne quam nihil praetermittatur quod vitam adiu-
vet, quo facilius id, quod propositum est, summum
bonum consequamur? clamat Epicurus, is quem vos
nimis voluptatibus esse deditum dicitis, non posse iu-
cunde vivi, nisi sapienter, honeste iusteque vivatur, nec
sapienter, honeste, iuste, nisi iucunde.

(58) Neque enim civitas in seditione beata esse potest


nec in discordia dominorum domus; quo minus ani-
mus a se ipse dissidens secumque discordans gustare
partem ullam liquidae voluptatis et liberae potest, at-
qui pugnantibus et contrariis studiis consiliisque sem-
per utens nihil quieti videre, nihil tranquilli potest.

(59) Q u o d s i corporis gravioribus morbis vitae iu-


cunditas impeditur, quanto magis animi morbis impe-
diri necesse est! animi autem morbi sunt cupiditates
inmensae et inanes divitiarum, gloriae, dominationis,
libidinosarum etiam voluptatum. accedunt aegritudi-
FRAGMENTE IO3

ten. Es liegt aber ganz bei uns, dass wir Schlimmes


gleichsam in ewigem Vergessen begraben und uns an
Angenehmes mit Freude und einem guten Gefühl er-
innern. Aber wenn wir alles, was vergangen ist, scharf-
sinnig und aufmerksam betrachten, dann geschieht es,
dass wir Kummer empfinden, wenn dieses schlimm
war, und Freude, wenn es gut war.
Wie schön, wie offen, wie einfach und wie gerade ist
der Weg zum glücklichen Leben! Wenn es nämlich für
einen Menschen wirklich nichts Besseres geben kann,
als frei zu sein von jedem Schmerz und jeder Last und
die größte Lust der Seele und des Körpers zu genie-
ßen, dann seht ihr doch zu, nichts zu unterlassen, was
dem Leben dazu verhilft, das höchste Gut, das wir
als Ziel vor Augen haben, um so leichter zu verwirk-
lichen? Eben dieser Epikur, dem ihr unterstellt, er
habe sich allzu sehr den Lüsten hingegeben, ruft uns
zu, man könne nicht lustvoll leben, wenn man nicht
weise, ehrenhaft und gerecht lebe, und nicht weise,
ehrenhaft und gerecht, wenn man nicht lustvoll lebe.
(58) Denn weder ein Staat kann glücklich sein, wenn
Aufruhr herrscht, noch ein Haus, wenn die Hausher-
ren uneins sind; um so weniger kann eine Seele, die
mit sich selbst in Streit und Zwietracht liegt, auch nur
ein kleines Stück weit reine und unbeschwerte Lust
genießen. Denn wenn sie ständig mit einander wider-
streitenden Bemühungen und Absichten zu tun hat,
kann sie keine Ruhe und keinen Frieden finden.
(59) Wenn schon durch ernstlichere körperliche Er-
krankungen die Lebensqualität eingeschränkt wird,
um wie viel mehr muss sie durch seeHsche Krank-
heiten eingeschränkt werden! Seelische Krankhei-
ten aber sind grenzenlose und sinnlose Begierden
nach Reichtum, Ruhm, Macht, Ausschweifungen.
104 FRAGMENTA

nés, molestiae, maerores, qui exedunt ánimos confici-


untque curis hominum non intellegentium nihil dolen-
dum esse animo, quod sit a dolore corporis praesenti
futurove seiunctum. nec vero quisquam stultus non
horum morborum aliquo laboral, nemo igitur est non
miser.

(60) Accedit etiam mors, quae quasi saxum Tantalo


semper impendet, tum superstitio, qua qui est imbutus
quietus esse numquam potest, praeterea bona praeter-
ita non meminerunt, praesentibus non fruuntur, futu-
ra modo expectant; quae quia certa esse non possunt,
conficiuntur et angore et metu maximeque cruciantur,
cum sero sentiunt frustra se aut pecuniae studuisse aut
imperiis aut opibus aut gloriae. nullas enim conse-
quuntur voluptates, quarum potiendi spe infiammati
mukös labores magnosque susceperant.

(61) Ecce autem allii minuti et angusti aut omnia


semper desperantes aut malivoli, invidi, difficiles, luci-
fugi, maledici, monstruosi, alii autem etiam amatoriis
levitatibus dediti, alii petulantes, alii audaces, protervi,
idem intemperantes et ignavi, numquam in sententia
permanentes, quas ob causas in eorum vita nulla est
intercapedo molestiae.

Igitur neque stultorum quisquam beatus neque sa-


FRAGMENTE IO5

Hinzu kommen Krankheiten, Belastungen und De-


pressionen, die die Seelen der Menschen, die nicht
begreifen, dass sich die Seele um nichts kümmern
darf, was mit gegenwärtigem oder zukünftigem
Schmerz des Körpers nichts zu tun hat, aufzehren
und durch anhaltende Beunruhigung zugrunde rich-
ten. Es gibt keinen Toren, der nicht an einer dieser
Krankheiten leidet und demnach nicht unglücklich
ist.
(60) Hinzu kommt noch der Tod, der stets wie der
Fels des Tantalus drohend über einem hängt, dann der
Aberglaube: Wer von ihm befallen ist, kann niemals in
Ruhe leben. Außerdem erinnern sich die Toren nicht
an das Gute in der Vergangenheit, sie genießen nicht
das gegenwärtige Gute, warten nur auf das kom-
mende; weil es nicht sicher sein kann, richten sie sich
durch Angst und Unruhe zugrunde und leiden ganz
besonders dann, wenn sie zu spät bemerken, dass sie
sich vergeblich um Geld, Amter, Macht oder Ruhm
bemüht haben. Denn sie bekommen nicht den Lustge-
winn, auf den sie mit Leidenschaft gehofft und für den
sie viele große Anstrengungen auf sich genommen hat-
ten.
(61) Daneben gibt es aber auch noch Kleingeis-
ter und beschränkte Leute, die ständig an allem ver-
zweifeln oder das Üble wollen, neidisch, unzugäng-
lich und lichtscheu sind, mit böser Zunge reden und
sich scheußlich benehmen; andere sind aber auch in
leichtfertige Liebesaffären verwickelt, wieder andere
sind aufdringlich, frech, unverschämt und gleichzeitig
maßlos und feige und ändern ständig ihre Meinung;
daher ist ihr Leben einer dauernden Belastung ausge-
setzt.
Demnach ist kein Tor jemals glücklich und kein
I06 FRAGMENTA

pientium non beatus. Multoque hoc melius nos verius-


que quam Stoici. iUi enim negant esse bonum quicquam
nisi nescio quam illam umbram, quod appellant hones-
turn non tam solido quam splendido nomine, virtutem
autem nixam hoc honesto nullam requirere volupta-
tem atque ad beate vivendum se ipsa esse contentam.

(62) Sed possum haec quadam ratione dici non


modo non repugnantibus, verum etiam approbantibus
nobis, sic enim ab Epicuro sapiens semper beatus in-
ducitur: finitas habet cupiditates, neglegit mortem, de
diis inmortalibus sine ullo metu vera sentit, non dubi-
tat, si ita melius sit, migrare de vita, his rebus instruc-
tus semper est in voluptate. neque enim tempus est ul-
lum, quo non plus voluptatum habeat quam dolorum.
nam et praeterita grate meminit et praesentibus ita po-
titur, ut animadvertat quanta sint ea quamque iucunda;
neque pendet ex futuris, sed expectat illa, fruitur prae-
sentibus ab iisque vitiis, quae paulo ante collegi, abest
plurimum et, cum stultorum vitam cum sua comparat,
magna afficitur voluptate. dolores autem si qui incur-
runt, numquam vim tantam habent, ut non plus ha-
beat sapiens, quod gaudeat, quam quod angatur.

(63) Optime vero Epicurus, quod exiguam dixit for-


tunam intervenire sapienti maximasque ab eo et gra-
FRAGMENTE IO7

Weiser jemals unglücHich. Das erklären wir viel besser


und zutreffender als die Stoiker. Denn sie lehnen es ab,
dass es für sie ein anderes Gut gibt als jenen unbe-
stimmbaren Schatten, den sie mit einem zwar herr-
lichen, aber kaum überzeugenden Begriff als das Sitt-
liche bezeichnen, und sagen, dass die Tugend, weil sie
auf diesem Sittlichen beruhe, keine Lust benötige und
im Blick auf das glückliche Leben sich selbst genüge.
(62) Dies lässt sich aber mit einem gewissen Recht
behaupten, ohne dass wir widersprechen, sondern so-
gar zustimmen. So nämlich wird der immer glückliche
Weise von Epikur dargestellt: Er hält seine Begierden
in Grenzen und verachtet den Tod; über die unsterb-
lichen Götter hat er eine wahre Meinung und fürchtet
sie nicht; er zögert nicht, aus dem Leben zu gehen,
wenn es so besser sein sollte. Mit dieser Grundeinstel-
lung empfindet er ununterbrochen Lust. Es gibt näm-
lich keine Gelegenheit, bei der er nicht mehr Lust als
Schmerz empfände. Denn er erinnert sich voll Dank-
barkeit an Vergangenes und bewältigt Gegenwärtiges
in der Weise, dass er sich bewusst ist, wie bedeu-
tend und angenehm dies ist; er macht sich nicht von
Zukünftigem abhängig, sondern rechnet mit dem, was
kommt, und genießt das Gegenwärtige; von den Feh-
lern, die ich kurz zuvor zusammengestellt habe, ist er
weit entfernt, und wenn er sein eigenes mit dem Leben
der Toren vergleicht, empfindet er großes Vergnügen.
Wenn ihn aber irgendwelche Schmerzen überfallen,
haben sie niemals eine so große Macht, dass der Weise
nicht mehr Grund hätte, sich zu freuen als Schmerz zu
empfinden.
(63) Völlig Recht hat Epikur, wenn er sagt, dass dem
Weisen das Schicksal nur in begrenztem Umfang
dazwischen komme, dass die größten und wichtigs-
I08 FRAGMENTA

vissimas res Consilio ipsius et ratione administrari ñe-


que maiorem voluptatem ex infinito tempore aetatis
percipi posse, quam ex hoc percipiatur, quod videa-
mus esse finitum. In dialéctica autem vestra nullam exi-
stimavit esse nec ad melius vivendum nec ad commo-
dius disserendum viam. In physicis plurimum posuit.
ea scientia et verborum vis et natura orationis et con-
sequentium repugnantiumve ratio potest perspici. om-
nium autem rerum natura cognita levamur superstitio-
ne, liberamur mortis metu, non conturbamur ignora-
tione rerum, e qua ipsa horribiles existunt saepe formi-
dines. denique etiam morati melius erimus, cum didi-
cerimus quid natura desideret. tum vero, si stabilem
scientiam rerum tenebimus, servata illa, quae quasi de-
lapsa de cáelo est ad cognitionem omnium, regula, ad
quam omnia iudicia rerum dirigentur, numquam ullius
oratione vieti sententia desistemus.

(64) Nisi autem rerum natura perspecta erit, nullo


modo poterimus sensuum iudicia defendere, quicquid
porro animo cernimus, id omne oritur a sensibus; qui
si omnes veri erunt, ut Epicuri ratio docet, tum deni-
que poterit aliquid cognosci et percipi. quos qui tollunt
et nihil posse percipi dicunt, ii remotis sensibus ne id
FRAGMENTE IO9

ten Dinge im Leben seiner vernünftigen Planung und


Überlegung zugänglich sind und dass aus einer unbe-
grenzten Lebenszeit keine größere Lust gewonnen
werden könne, als sie aus der Zeit erwächst, von
der wir wissen, dass sie begrenzt ist. In eurer Dialek-
tik aber - so glaubte er - finde sich kein Weg zu einem
besseren Leben oder zu einer besseren wissenschaft-
lichen Auseinandersetzung. Die NatuφhilosopЫe hatte
für ihn größtes Gewicht. Mit Hilfe dieser Wissenschaft
lassen sich die Bedeutung der Worte, das Wesen der
Sprache und das Verhältnis zwischen Folgerichtigkeit
und Unvereinbarkeit erklären. Wenn wir aber die Na-
tur aller Dinge kennen gelernt haben, werden wir von
Aberglauben entlastet, von Todesfurcht befreit und
durch die Unkenntnis der Dinge nicht mehr verwirrt,
aus der oft schauerliche Schreckbilder hervorgehen.
Schließlich werden wir auch unsere Moral verbessern,
wenn wir gelernt haben, was die Natur verlangt. Wenn
wir dann aber an einem sicheren Wissen über die
Dinge festhalten, werden wir unter Bewahrung jener
Regel, die für die Erkenntnis aller Dinge sozusagen
vom Himmel gefallen ist und nach der alle Urteile
über die Dinge ausgerichtet werden, niemals durch die
Rede irgendeines Menschen dazu gebracht, unsere ei-
gene Meinung aufzugeben.
(64) Wenn wir aber nicht die Natur der Dinge durch-
schauen, werden wir auf keinen Fall in der Lage sein, die
Urteile der Sinne zu verteidigen. Alles, was wir weiter-
hin mit der Seele wahrnehmen, wird durch Sinneswahr-
nehmungen vermittelt; nur wenn sie alle wahr sind, wie
es Epikurs Lehre entspricht, wird es möglich sein, et-
was zu erkennen und wahrzunehmen. Diejenigen, die
sie aufheben und behaupten, es könne durch sie nichts
wahrgenommen werden, können ohne T^erkennung
FRAGMENTA

ipsum quidem expedire possunt, quod disserunt. prae-


terea sublata cognitione et scientia tollitur omnis ratio
et vitae degendae et rerum gerendarum. sic e physicis
et fortitudo sumitur contra mortis timorem et con-
stantia contra metum religionis et sedatio animi omni-
um rerum occultarum ignoratione sublata et modera-
tio natura cupiditatum generibusque earum explicatis,
et, ut modo docui, cognitionis regula et iudicio ab ea-
dem illa constituto veri a falso distinctio traditur.

(65) Restât locus huic disputationi vel maxime neces-


sarius de amicitia, quam, si voluptas summum sit bo-
num, affirmatis nullam omnino fore, de qua Epicurus
quidem ita dicit, omnium rerum, quas ad beate viven-
dum sapientia comparaverit, nihil esse maius amicitia,
nihil uberius, nihil iucundius. nec vero hoc oratione
solum, sed multo magis vita et factis et moribus com-
probavit. quod quam magnum sit fictae veterum fabu-
lae declarant, in quibus tam multis tamque variis ab ul-
tima antiquitate repetitis tria vix amicorum paria repe-
riuntur, ut ad Orestem pervenias profectus a Theseo.
at vero Epicurus una in domo, et ea quidem angusta,
quam magnos quantaque amoris conspiratione con-
sentientis tenuit amicorum greges! quod fit etiam nunc
ab Epicureis. sed ad rem redeamus; de hominibus dici
non necesse est.
FRAGMENTE

der Sinneswahrnehmungen nicht einmal das erklären,


womit sie sich auseinandersetzen. Wenn man darüber
hinaus Erkenntnis und Wissen aufhebt, hebt man auch
jede vernünftige Regelung der Lebensgestaltung und des
Handelns auf. So werden aus der Naturphilosophie die
Tapferkeit gegenüber der Todesfurcht, die Standhaftig-
keit gegenüber der Angst vor den Göttern, die Seelen-
ruhe durch die Beseitigung der Unkenntnis aller verbor-
genen Dinge und die Selbstbeherrschung, nachdem die
Natur der Begierden und ihre Erscheinungsformen ge-
klärt sind; schließlich wird, wie ich eben ausgeführt
habe, mit der epikureischen Erkenntnisregel und mit
dem in Epikurs Lehre getroffenen Urteil die Unterschei-
dung des Wahren vom Falschen geliefert.
(65) Es ist ein für diese Erörterung ganz besonders
wichtiges Thema noch nicht behandelt: die Freund-
schaft, von der ihr behauptet, sie könne gar nicht exis-
tieren, wenn die Lust das höchste G u t sei. Epikur sagt
allerdings über die Freundschaft, dass von allen Wer-
ten, die die Weisheit für ein glückliches Leben bereit-
stelle, keiner größer, reicher und angenehmer sei als
dieser. Er hat dies aber nicht nur mit Worten, sondern
viel mehr noch mit seinem Leben, seinen Taten und
seiner Persönlichkeit bewiesen. Was für eine bedeu-
tende Sache sie ist, veranschaulichen die Mythen der
Alten; in diesen finden sich, obwohl sie so zahlreich
und verschiedenartig sind und seit ältester Zeit immer
wieder erzählt wurden, von Orest bis Theseus kaum
drei Freundespaare. Wie zahlreich und wie innig ver-
bunden waren dagegen die Scharen von Freunden, die
Epikur in einem einzigen und noch dazu sehr beeng-
ten Haus hatte! Das ist auch jetzt noch so bei den Epi-
kureern. A b e r k o m m e n wir zur Sache zurück; über
Menschen brauchen wir nicht z u reden.
FRAGMENTA

(66) Tribus igitur modis video esse a nostris de ami-


citia disputatum. alii cum cas voluptates, quae ad ami-
cos pertinerent, negarent esse per se ipsas tam expe-
tendas, quam nostras expeteremus, quo loco videtur
quibusdam stabilitas amicitiae vacillare, tuentur tamen
eum locum seque facile, ut mihi videtur, expediunt. ut
enim virtutes, de quibus ante dictum est, sic amicitiam
negant posse a voluptate discedere, nam cum solitudo
et vita sine amicis insidiarum et metus piena sit, ratio
ipsa monet amicitias comparare, quibus partis confir-
matur animus et a spe pariendarum voluptatum seiun-
gi non potest.

(67) Atque ut odia, invidiae, despicationes adversan-


tur voluptatibus, sic amicitiae non modo fautrices fide-
lissimae, sed etiam effectrices sunt voluptatum tam
amicis quam sibi, quibus non solum praesentibus fru-
untur, sed etiam spe erigyntur consequentis ac posteri
temporis. quod quia nullo modo sine amicitia firmam
et perpetuam iucunditatem vitae tenere possumus ñe-
que vero ipsam amicitiam tueri, nisi aeque amicos et
nosmet ipsos diligamus, idcirco et hoc ipsum efficitur
in amicitia, et amicitia cum voluptate conectitur. nam
et laetamur amicorum laetitia aeque atque nostra et pa-
riter dolemus angoribus.
FRAGMENTE II3

(66) Ich sehe, dass unsere Anhänger drei verschie-


dene Meinungen über die Freundschaft vertreten. O b -
wohl die einen behaupten, die Lustempfindungen, die
sich auf unsere Freunde bezögen, seien als solche nicht
so erstrebenswert, wie unsere eigenen Lustempfin-
dungen, wodurch manchen Leuten die Festigkeit der
Freundschaft gefährdet zu sein scheint, halten sie den-
noch an diesem Standpunkt fest, und dies gelingt
ihnen ohne weiteres, wie mir scheint. D e n n ebenso
wenig wie die Tugenden, über die wir zuvor gesprochen
haben, lässt sich ihrer Meinung nach auch die Freund-
schaft von der Lust trennen. D e n n weil Einsamkeit
und ein Leben ohne Freunde voller Gefahren und
Angst sind, ermahnt uns schon die Vernunft, Freund-
schaften zu schließen; sobald wir sie geschlossen ha-
ben, wird die Seele gestärkt und kann nicht mehr von
der H o f f n u n g auf Lustgewinn abgebracht werden.
(67) U n d wie Hass, Neid und Verachtung Lustemp-
findungen entgegenstehen, so sind Freundschaften nicht
nur die zuverlässigsten Förderer, sondern auch die Er-
zeuger von Lustempfindungen sowohl für die Freunde
als auch für einen selbst; diese Empfindungen genießt
man nicht nur in der Gegenwart, sondern man lässt
sich auch durch die H o f f n u n g auf die weitere und spä-
tere Zukunft aufrichten. Weil wir nun auf keinen Fall
ohne die Freundschaft einen sicheren und dauerhaften
Genuss des Lebens bewahren und auch die Freund-
schaft selbst nicht erhalten können, wenn wir nicht in
gleicher Weise unsere Freunde wie uns selbst lieben,
darum wird eben dieses Gefühl in der Freundschaft er-
zeugt und die Freundschaft mit der Lust verknüpft.
Denn wir freuen uns über die Freude unserer Freunde
wie über unsere eigene Freude und leiden ebenso auch
unter ihren Schmerzen.
114 FRAGMENTA

(68) Quocirca eodem modo sapiens erit affectus erga


amicum, quo in se ipsum, quosque labores propter
suam voluptatem susciperet, eosdem suscipiet propter
amici voluptatem. quaeque de virtutibus dicta sunt,
quem ad modum eae semper voluptatibus inhaererent,
eadem de amicitia dicenda sunt, praeclare enim Epicu-
rus his paene verbis: „Eadem", inquit, „scientia confir-
mavit animum, ne quod aut sempiternum aut diutur-
num timeret malum, quae perspexit in hoc ipso vitae
spatio amicitiae praesidium esse firmissimum."

(69) Sunt autem quidam Epicurei timidiores paulo


contra vestra convicia, sed tarnen satis acuti, qui ve-
rentur ne, si amicitiam propter nostram voluptatem ex-
petendam putemus, tota amicitia quasi claudicare vi-
deatur. itaque primos congressus copulationesque et
consuetudinum instituendarum voluntates fieri prop-
ter voluptatem; cum autem usus progrediens familia-
ritatem effecerit, tum amorem efflorescere tantum, ut,
etiamsi nulla sit utilitas ex amicitia, tamen ipsi amici
propter se ipsos amentur. etenim si loca, si fana, si ur-
bes, si gymnasia, si campum, si canes, si equos, si lu-
diera exercendi aut venandi consuetudine adamare so-
lemus, quanto id in hominum consuetudine facilius
fieri poterit et iustius?

(70) Sunt autem, qui dicant foedus esse quoddam sa-


pientium, ut ne minus amicos quam se ipsos diligant.
FRAGMENTE Щ

(68) Deshalb wird der Weise genauso für einen


Freund empfinden wie für sich selbst und dieselben
Anstrengungen, die er für seinen eigenen Lustgewinn
auf sich nimmt, auch für den Lustgewinn seines Freun-
des auf sich nehmen. Und was über die Tugenden ge-
sagt wurde, wie sie stets mit Lustgewinn verbunden
sind, dasselbe ist auch über die Freundschaft zu sagen.
Epikur hat dies ungefähr mit diesen Worten glänzend
formuliert: »Dasselbe Wissen, das die Seele darin be-
stärkte, kein Übel als ewig oder lang andauernd zu
fürchten, machte auch sichtbar, dass auf dieser Strecke
unseres Lebens der sicherste Schutz die Freundschaft
ist.«
(69) Es gibt aber auch einige Epikureer, die sich ein
wenig mehr vor euren Vorwürfen fürchten, aber trotz-
dem scharfsinnig genug sind; sie haben Bedenken,
dass die Freundschaft als ganze gewissermaßen hinke,
wenn wir glaubten, dass sie nur wegen unserer eigenen
Lust erstrebenswert sei. So entstünden das erste Zu-
sammentreffen, die Verbindung und die Bereitschaft
zur Begründung einer Lebensgemeinschaft zwar we-
gen des Lustgewinns; wenn aber der fortschreitende
Umgang miteinander ein engeres Verhältnis geschaffen
habe, dann blühe die Liebe so auf, dass die Freunde
um ihrer selbst willen geliebt würden, auch wenn
sonst kein Nutzen aus der Freundschaft erwachse.
Wenn wir nämlich Landschaften, Heiligtümer, Städte,
Sportplätze, Hunde, Pferde, die Vergnügungen des
Sports und der Jagd mehr und mehr zu lieben pflegen,
sobald wir uns daran gewöhnt haben, um wie viel
leichter und angemessener wird dies geschehen kön-
nen, wenn wir uns an Menschen gewöhnt haben?
(70) Es gibt aber auch welche, die sagen, es gebe eine
Art Vertrag der Weisen, dass sie ihre Freunde nicht
Il6 FRAGMENTA

quod et posse fieri intellegimus et saepe etiam vide-


mus, et perspicuum est nihil ad iucunde vivendum re-
periri posse, quod coniunctione tali sit aptius.

Quibus ex omnibus iudicari potest non modo non


impedir! rationem amicitiae, si summum bonum in
voluptate ponatur, sed sine hoc institutionem omnino
amicitiae non posse reperiri.

(71) Quapropter si ea, quae dixi, sole ipso illustriora


et clariora sunt, si omnia dixi hausta e fonte naturae, si
tota oratio nostra omnem sibi fidem sensibus confir-
mât, id est incorruptis atque integris testibus, si infan-
tes pueri, mutae etiam bestiae paene loquuntur magi-
stra ac duce natura nihil esse prosperum nisi volupta-
tem, nihil asperum nisi dolorem, de quibus neque de-
pravate iudicant neque corrupte, nonne ei maximam
gratiam habere debemus, qui hac exaudita quasi voce
naturae sic eam firme graviterque comprehenderit, ut
omnes bene sanos in viam placatae, tranquillae, quie-
tae, beatae vitae deduceret?

Qui quod tibi parum videtur eruditus, ea causa est,


quod nullam eruditionem esse duxit, nisi quae beatae
vitae disciplinam iuvaret.

(72) A n ille tempus aut in poëtis evolvendis, ut ego et


Triarius te hortatore facimus, consumerei, in quibus
FRAGMENTE II7

weniger lieben sollen als sich selbst. Dass dies gesche-


hen kann, verstehen wir und sehen es oft auch, und es
ist offensichtlich, dass man nichts finden kann, was zu
einem lusrvollen Leben besser passt als eine solche Ver-
bindung.
Aus allen diesen Überlegungen lässt sich ablei-
ten, dass nicht nur eine vernünftige Auffassung von
Freundschaft möglich ist, wenn das höchste Gut mit
der Lust gleichgesetzt wird, sondern dass ohne dies
Freundschaft überhaupt nicht zustande kommen und
begründet werden kann.
(71) "Wenn also das, was ich gesagt habe, heller und
klarer als die Sonne ist, wenn ich gesagt habe, dass
alles aus der Quelle der Natur geschöpft ist, wenn
sich unsere ganze Rede auf die sichere Grundlage der
Sinneswahrnehmungen stützt, d. h. auf unverdorbene
und unanfechtbare Zeugen, wenn die Kleinkinder, ja
sogar die stummen Tiere, von der Natur belehrt und
geleitet, beinahe schon zum Ausdruck bringen, nichts
sei beglückend außer der Lust und nichts sei unan-
genehm außer dem Schmerz, worüber sie weder ver-
zerrt noch falsch urteilen, müssen wir dann demjeni-
gen nicht außerordentlich dankbar sein, der sozusagen
diese Stimme der Natur vernommen und sie so sicher
und ernsthaft begriffen hat, dass er alle vernünftigen
Menschen auf den Weg eines friedlichen, stillen, ruhi-
gen und glücklichen Lebens führen konnte?
Wenn dir dieser zu wenig gebildet erscheint, dann
liegt es daran, dass er meinte, es gebe keine Bildung
außer derjenigen, die die Lehre vom glücklichen Le-
ben fördere.
(72) Oder hätte jener seine Zeit entweder mit der
Lektüre der Dichter, wie ich und Triarius es auf deine
Empfehlung hin tun, verschwenden sollen, bei denen
Il8 FRAGMENTA

nulla solida utilitas omnisque puerilis est delectado,


aut se, ut Plato, in musicis, geometria, numeris, astris
contereret, quae et a falsis initiis profecta vera esse non
possunt et, si essent vera, nihil afferrent, quo iucundi-
us, id est quo melius viveremus? eas ergo artes perse-
queretur, vivendi artem tantam tamque et operosam et
perinde fructuosam relinqueret? non ergo Epicurus
ineruditus, sed ii indocti, qui, quae pueros non didicis-
se turpe est, ea putant usque ad senectutem esse dis-
cenda.

75 Τ ή ν εύδαιμονίαν διχη νοείσθαι, τήν τε άκρο-


τάτην, οϊα έστί περί τόν θεόν, έπίτασιν ούκ εχου-
σ α ν και τήν ( κ α τ ά τ ή ν ) προσθήκην και άφαίρε-
σιν ήδονών.

76 Ά ρ χ ή και ρίζα παντός άγαθοϋ ή της γαστρός


ήδονή· και τά σοφά και τά περιττά έπί ταύτην
εχει τήν άναφοράν.

77 " Α ν ε υ δ ι δ α σ κ ά λ ο υ γ ά ρ α υ τ ά π ρ ο κ α λ ε ί -
τ α ι τ ά κ α λ ά ταϋτα και λ ε ί α κ α ι π ρ ο σ η ν ή
κ ι ν ή μ α τ α τ η ς σ α ρ κ ό ς , ώς αυτοί φασιν οΰτοι,
και τόν πάνυ μή φάσκοντα μηδέ όμολογοϋντα
κάμπτεσθαι και μαλάσσεσθαι τούτοις.

78 Κ α ι ó ' Ε π ί κ ο υ ρ ο ς λέγει τήν κατά φύσιν ήδονήν,


κ α τ α σ τ η μ α τ ι κ ή ν αυτήν λέγων.
FRAGMENTE II9

kein zuverlässiger Nutzen und überhaupt nur ein


kindliches Vergnügen zu gewinnen ist, oder sich wie
Piato in Musik, Geometrie, Arithmetik, Astronomie
verzehren sollen, in Wissenschaften also, die von fal-
schen Voraussetzungen ausgehen und deshalb nicht
wahr sein können, und wenn sie wahr wären, nichts
dazu beitrügen, dass wir lustvoller, d.h. besser, lebten?
Hätte er also diese Wissenschaften betreiben und die
so bedeutende, so arbeitsreiche und daher so frucht-
bare Wissenschaft vom Leben sein lassen sollen? Also
ist nicht Epikur ungebildet; vielmehr sind diejenigen
keine Gelehrten, die glauben, dass man ein Leben lang
lernen müsse, was sie als junge Leute zu ihrer eigenen
Schande nicht gelernt haben. (Cie. Fin. i, 29-72)

75 Zwei Arten von Glück kann man sich vorstellen: das


eine ist das größtmögliche, woran sich die Götter er-
freuen und das nicht größer werden kann, das andere
ist das Glück, das eine Zunahme und Abnahme der
Freuden zulässt. (Diog. Laert. 10,121 = 407 Us.)

76 Anfang und Wurzel alles Guten ist die Lust des Lei-
bes; denn auch das Weise und das Ausgezeichnete be-
ziehen sich darauf. (Athen. 546 F = 409 Us.)

77 Ohne Lehrer nämlich reizen diese schönen, gleichmä-


ßigen und angenehmen Bewegungen des Fleisches,
wie diese Leute sagen, auch denjenigen, der es ganz
und gar ablehnt und nicht zugibt, dass er dadurch be-
rührt und gepackt wird. (Plut. mor. 1122 E = 411 Us.)

78 Epikur bezeichnet die naturgemäße Lust als eine be-


ständige Lust.
(Olympiodorus in Phileb. p. 274 = 416 Us.)
FRAGMENTA

79 Τότε χρείαν εχομεν της ήδονης, οταν έκ τοΰ μή


παρείναι αυτήν ά λ γ ώ μ ε ν οταν δέ τοϋτο μή πάσ-
χωμεν έν αισθήσει καθεστώτες, τότε ουδεμία
χρεία της ηδονής- ού γάρ ή της φύσεως ενδεια
τήν άδικίαν ποιεί εξωθεν, άλλ' ή περί τάς κενάς
δόξας ορεξις.

8ο Τό γάρ ποιούν άνυπέρβλητον γήθος τό πάραυτα


πεφυγμένον μέγα κ α κ ό ν καΐ αΰτη φύσις άγαθοΰ,
αν τις ορθούς έπιβάλη, επειτα σταθή, και μή
κενώς περιπατή π ε ρ ι α γ α θ ο ύ θρύλων ... Ε π ι κ ο ύ -
ρου λέγοντος τ ή ν τ ο ΰ α γ α θ ο ύ φ ύ σ ι ν έ ξ
α ύ τ ή ς της φ υ γ ή ς τού κ α κ ο ύ και τής
μνήμης και έπιλογίσεως και χάριτος,
δτι τούτο συμβέβηκεν αύτω, γ ε ν ν ά σ θ α ι .

8ι Έ π ' ούδενΙ ψυχή των όντων πέφυκε χαίρειν και


γαληνίζειν πλήν έπΙ σώματος ήδοναίς παρούσαις
ή προσδοκωμέναις,

82 apud Epicurum duo bona sunt, ex quibus summum il-


lud beatomque componitur, ut corpus sine dolore sit,
animus sine perturbatione. Haec bona non crescunt, si
piena sunt: quo enim crescet quod plenum est? Dolore
corpus caret: quid ad hanc accedere indolentiam po-
test? Animus constat sibi et placidus est: quid accedere
ad hanc tranquillitatem potest?

Quemadmodum serenitas caeli non recipit maiorem


FRAGMENTE 121

79 Wir brauchen die Lust nur dann, wenn wir darunter


leiden, dass sie nicht da ist; wenn uns dies aber nicht
widerfährt, während wir in der Wahrnehmung verhar-
ren, dann brauchen wir die Lust nicht. Denn nicht die
unzureichende Natur erzeugt das von außen kom-
mende Gefühl des Mangels, sondern das Verlangen,
das aus Fehleinschätzung entsteht.
(Stob. 3,17,34 = 422 Us.)

80 Unerwartet einem großen Übel entkommen zu sein,


ist die Ursache einer unübertrefflichen Freude; und
das ist die Natur des Guten, wenn man richtig darauf
zugeht und dann ruhig stehen bleibt und nicht sinnlos
hin und her geht und viel über das Gute redet ... Epi-
kur sagt, dass die Natur des Guten aus dem Ver-
meiden des Schlechten, aus der Erinnerung, aus dem
vernünftigen Denken und aus der Dankbarkeit dafür
hervorgeht, dass es einem zuteil geworden ist.
(Plut. mor. 1091 В = 423 Us.)

81 Nichts bereitet der Seele mehr Freude und Ruhe als


die körperlichen Lustempfindungen, wenn sie da sind
oder wenn sie sie erwartet. (Plut. mor. 1088 E = 429 Us.)

82 Bei Epikur besteht jenes höchste Glück aus zwei Gü-


tern: dass der Körper ohne Schmerzen und die Seele
ohne verwirrende Aufregung ist. Diese Güter lassen
sich nicht weiter vermehren, wenn sie vollständig sind:
Wie nämlich kann vermehrt werden, was vollständig
ist? Der Körper ist ohne Schmerzen: Was kann zu
dieser Schmerzfreiheit noch hinzukommen? Die Seele
ist ausgeglichen und ruhig: Was kann zu dieser Ruhe
noch hinzukommen?
Wie die Heiterkeit des Himmels nicht noch heller
FRAGMENTA

adhuc claritatem in sincerissimum nitorem repurgata,


sic hominis corpus animumque curantis et bonum
suum ex utroque nectentis perfectus est status et sum-
mam uoti sui inuenit, si пес aestus animo est пес dolor
corpori. Si qua extra blandimenta contingunt, non au-
gent summum bonum, sed, ut ita dicam, condiunt et
oblectant. absoiutum enim illud humanae naturae bo-
num corporis et animi pace contentum est.

83 Hoc loco reddendum est Epicuro testimonium, qui as-


sidue queritur, quod aduersus praeterita simus ingrati,
quod, quaecumque percipimus bona, non reducamus
nec inter uoluptatis numeremus, cum certior nulla sit
uoluptas, quam quae iam eripi non potest.

84 Μηδέ αίτιώμεθα την σάρκα ώς των μεγάλων κα-


κών αΙτίαν μηδ' είς τα πράγματα τρέπωμεν τάς
δυσφορίας, έν δέ τη ψυχή τάς τούτων αιτίας
μάλλον ζητώμεν και άπορρήξαντες πασαν μα-
ταίαν των εφήμερων ορεξιν και έλπίδα ολοι γε-
νώμεθα έαυτών.

85 Ό γάρ πόνος ó υπερβάλλων συνάψει θανάτω.

86 Dabo apud Epicurum tibi etiam nunc simillimam huic


nostrae diuisionem bonorum, alia enim sunt apud il-
FRAGMENTE Щ

werden kann, wenn sie in vollstem Glanz erstrahlt, so


ist der Zustand eines Menschen, der für seinen Kör-
per und seine Seele sorgt und sein höchstes Gut aus
beidem zusammenknüpft, vollkommen und hat das
Ziel seines Wünschens gefunden, wenn weder Lei-
denschaft in der Seele noch Schmerz im Körper
ist. Wenn außerdem noch weitere Annehmlichkeiten
dazukommen, vergrößern sie nicht das höchste Gut,
sondern - um es so auszudrücken - würzen es und
machen es angenehm. Denn jenem vollkommenen
Gut der menschlichen Natur genügt der Friede des
Körpers und der Seele. (Sen. ер. 66, 45-46 = 434 Us.)

83 A n dieser Stelle muss Epikur Zeugnis ablegen, der un-


unterbrochen darüber klagt, dass wir gegenüber Ver-
gangenem undankbar seien, weil wir an das Gute, das
wir erfahren haben, nicht mehr denken würden und es
nicht zu den Lustempfindungen zählten, obwohl doch
keine Lust sicherer ist als diejenige, die uns nicht mehr
weggenommen werden kann.
(Sen. benef. 3, 4, i = 435 Us.)

84 Wir wollen nicht das Fleisch als Ursache der großen


Übel anklagen und unser Unglück auf die äußeren
Umstände schieben; wir wollen die Ursachen dafür lie-
ber in der Seele suchen und all unser vergebliches Ver-
langen und Hoffen auf Nichtigkeiten aufgeben und ganz
uns selbst gehören. (РофЬ. ad Marc. 29 = 445 Us.)

85 Das übermäßige Leiden verbindet uns mit dem Tod.


(Plut. mor. 1103 D = 448 Us.)

86 Ich werde dir bei Epikur jetzt noch eine Einteilung der
Güter zeigen, die unserer hier sehr ähnlich ist: Bei ihm
124 FRAGMENTA

lum quae malit contingere sibi, ut corporis quietem ab


omni incommodo iiberam et animi remissionem bo-
norum suorum contemplatione gaudentis. alia sunt
quae quamuis nolit accidere, nihilo minus laudat et
conprobat, malae ualetudinis et dolorum grauissimo-
rum perpessionem, in qua Epicurus fuit ilio summo ac
fortunatissimo die suo ....

87 "Ερωτι φιλοσοφίας άληθινης πάσα ταραχώδης


και επίπονος επιθυμία εκλύεται.

88 Τό άλγεινόν τό δι' ένδείας πολλής ήπιότητος ή το


διά πληρώσεως μετέχει, εάν μή τις ταΐς κεναις
δόξαις εαυτόν άπατςί.

"Η τε ποικιλία των τροφών ούχ δπως τάς ταραχάς


της ψυχής εκλύει, άλλ' ουδέ την έν τή σαρκΙ ήδο-
νήν συνεπαύξει· πέρας γάρ εχει και αΰτη άμα τή
τής άλγηδόνος υπεξαιρέσει.

90 Χάρις τή μακαρία Φύσει, οτι τά άναγκαΐα έποί-


ησεν εύπόριστα, τά δέ δυσπόριστα ουκ αναγ-
καία.

91 Σπάνιόν γε εύρεϊν ανθρωπον ( π έ ν η τ α ) πρός τό


τής φύσεως τέλος και πλούσιον προς τάς κενάς
δόξας, ουδείς γάρ των άφρόνων οΐς εχει άρκεΐ-
ται, μάλλον δέ οΐς ουκ εχει όδυναται. ώσπερ οΰν
FRAGMENTE 125

sind die einen Güter diejenigen, über die er gern ver-


fügen würde: wie die Ruhe des Körpers vor allen Be-
schwerden und die Gelassenheit der Seele, die sich an
der Betrachtung ihrer Güter erfreut. Die anderen G ü -
ter sind diejenigen, die er zwar lobt und billigt, obwohl
er nicht will, dass sie ihm zuteil werden, wie das Ertra-
gen von Krankheit und schlimmsten Schmerzen,
worin sich Epikur an seinem letzten und glücklichsten
Lebenstag auszeichnete. (Sen. ер. 66, 47 = 449 Us.)

87 Durch die Liebe zur wahren Philosophie wird jede


störende und belastende Begierde aufgelöst.
(Porph. ad Marc. 31 = 457 Us.)

88 D e r Schmerz, der durch Mangel hervorgerufen wird,


ist anders als der Schmerz, der durch Ubersättigung
entsteht, mit viel Sanftheit verbunden, wenn man sich
selbst nicht durch unbegründete Vorurteile betrügt.
(Porph. Abst. 1,51 = 462 Us.)

89 Die Vielfalt der Speisen trägt nicht dazu bei, die Ver-
wirrungen der Seele aufzulösen; sie vermehrt aber
auch nicht die fleischliche Lust. Denn auch diese hat
ihre Grenze in der Beseitigung des Schmerzes.
(Porph. Abst. 1,51 = 463 Us.)

90 Dank an die glückliche Natur, weil sie das Notwendige


leicht zugänglich und das schwer Zugängliche nicht
notwendig gemacht hat. (Stob. 3,17, 22 = 469 Us.)

91 Selten findet man einen Menschen, der arm ist in Be-


zug auf das Ziel der Natur und reich in Bezug auf die
unbegründeten Urteile. Denn kein Unvernünftiger ist
zufrieden mit dem, was er hat, sondern Heber leidet
u6 FRAGMENTA

ol πυρέττοντες διά κακοήθειαν της νόσου άεΐ


διψώσι και τών έναντιωτάτων έπιθυμοί3σιν, οΰτω
καΐ οί την ψυχήν κακώς εχοντες διακειμένην
πένονται πάντων άεΐ και εις πολυτρόπους έπι-
θυμίας υπό λαιμαργίας έμπίπτουσιν.

92 Si cui sua non uidentur amplissima, licet totius mundi


dominus sit, tamen miser est.

93 Honesta res est laeta paupertas.

94 Πλουσιώτατον αυτάρκεια πάντων.

95 Magnae diuitiae sunt lege naturae conposita paupertas.

96 Φοβούμενος ó πολύς τό λιτόν της διαίτης διά τόν


φόβον έπΙ π ρ ά | ε ι ς πορεύεται τάς μάλιστ' αν τού-
τον παρασκευαζούσας.

97 Πολλοί τού πλούτου τυχόντες ου τιν' άπαλλαγήν


τών κακών εύρον άλλα μεταβολήν μειζόνων.

9« Έ ξ έργασίας θηριώδους ουσίας μέν πλήθος


σωρεύεται, βίος δέ ταλαίπωρος συνίσταται.
FRAGMENTE 12/

er im Verlangen nach dem, was er nicht hat. Wie nun


die Fiebernden wegen der Bösartigkeit ihrer Krankheit
ständig Durst haben und nach dem verlangen, was
ihrer Heilung am meisten entgegensteht, so entbeh-
ren auch diejenigen, die sich in einem schlechten see-
lischen Zustand befinden, ständig alle Dinge und stür-
zen sich in vielfältige Begierden aufgrund ihrer Gier.
(Porph. ad Marc. 27 = 471 Us.)

92 Sollte jemandem das, was er hat, nicht als der größt-


mögliche Besitz erscheinen, ist er arm, auch wenn er
der Herr der ganzen Welt wäre.
(Sen. ер. 9, 20 = 474 Us.)

9} Fröhliche Armut ist ehrenhaft. (Sen. ер. 2,5 = 475 Us.)

94 Der größte Reichtum von allem ist die Selbstgenüg-


samkeit. (Porph. ad Marc. 28 F = 476 Us.)

95 Großer Reichtum ist eine nach dem Gesetz der Natur


geordnete Armut. (Sen. ер. 4, io = 477 Us.)

96 Weil die meisten Menschen die Kargheit der Nahrung


fürchten, lassen sie sich aus Furcht zu Handlungen
hinreißen, die vor allem diese Furcht erzeugen.
(Porph. ad Marc. 28 = 478 Us.)

97 Viele fanden, nachdem sie zu Reichtum gekommen wa-


ren, keine Befreiung von den Übeln, sondern nur einen
Wechsel in noch größere. (РофЬ. ad Marc. 28 = 479 Us.)

98 Mit menschenunwürdiger Arbeit wird zwar eine Men-


ge Vermögen aufgehäuft, aber damit verbunden ist ein
erbärmliches Leben. (Porph. ad Marc. 29 = 480 Us.)
128 FRAGMENTA

99 Διό και μελεταν (οΐ φιλόσοφοι) παρακελεύονται


ούχ όπως τι ποριστέον άναγκαϊον, άλλ' οπως
μάλλον θαρρήσομεν μή πορισθέντος.

Ή γάρ δια φόβον τις κακαδαιμονεϊ ή δι' αόριστον


και κενήν έπιθυμίαν α τις χαλινών δύναται τόν
μακάριον έαυτω περιποιησαι λογισμόν.

ΙΟΙ Ουκ άπορείν τούτων πόνος έστίν, άλλά φέρειν


μάλλον τόν άνόνητον έκ των κενών δοξών
πόνον.

102 Ή ταπεινή -ψυχή τοις μεν εύημερήμασιν έχαυ-


νώθη, ταΐς δέ συμφοραΙς καθηρέθη.

10} Και τά παρά της τύχης μικρότερα (ή φύσις)


διδάσκει νομίζειν, και εύτυχοί3ντας μέν γινώσ-
κειν άτυχεΐν, δυστυχοΰντας δέ μή παρά μέγα
τίθεσθαι ον τό εύτυχείν, και δέχεσθαι μέν αθο-
ρύβως τά παρά της τύχης άγαθά, παρατετάχθαι
δέ πρός τά παρ' αυτής δοκοϋντα είναι κακά· και
ώς έφήμερον μέν παν τό τών πολλών άγαθόν έστι
καΐ κακόν, σοφία δέ ουδαμώς τύχη κοινωνεί.
FRAGMENTE I29

99 Deswegen fordern die Philosophen dazu auf, darüber


nachzudenken, nicht wie man sich etwas Notwendi-
ges beschaffen kann, sondern wie wir unseren Lebens-
mut steigern, wenn es nicht beschafft werden konnte.
(Porph. ad Marc. 28 = 481 Us.)

100 Unglücklich ist jemand entweder aus Furcht oder auf-


grund einer unbegrenzten und nichtigen Begierde;
wenn jemand diese Störungen in den Griff bekommt,
kann er sich den vernünftigen Weg zum Glück er-
schließen. (Porph. ad Marc. 29 = 485 Us.)

ΙΟΙ Diese Dinge nicht zu besitzen, ist keine Last, sondern


vielmehr die nutzlose Last zu tragen, die sich aus nich-
tigen Urteilen ergibt. (Porph. ad Marc. 31 = 486 Us.)

102 Die ärmliche Seele wurde immer schon durch Glücks-


güter aufgebläht und durch Unglück vernichtet.
(Gnomol. Cod. Par. n68f. 115 = 488 Us.)

103 Die Natur lehrt folgendes: Die Gaben des Schicksals


für ziemlich unbedeutend zu halten, und wenn man
ein gutes Schicksal hat, zu erkennen, was es bedeutet,
kein gutes Schicksal zu haben, wenn man aber kein
gutes Schicksal hat, dem guten Schicksal nicht zu viel
Bedeutung zu geben, und einerseits ohne Verwirrung
die Geschenke des Schicksals anzunehmen, anderer-
seits aber auch mit dem zu vergleichen, was man als
angebliches Übel vom Schicksal zugeteilt bekommt;
und dass jedes Gut und jedes Übel der meisten Men-
schen vergänglich und schlecht ist, Weisheit aber auf
keinen Fall etwas mit Schicksal zu tun hat.
(Porph. ad Marc. 30 = 489 Us.)
130 FRAGMENTA

104 Ό της α ΰ ρ ι ο ν ή κ ι σ τ α δ ε ό μ ε ν ο ς ή δ ι σ τ α π ρ ό σ ε ι σ ι
προς την αΰριον.

105 Stuka Ulta ingrata est et trepida: tota in futurum fertur.

106 Molestum est semper uitam incohare.

107 Inter cetera mala hoc quoque habet stuhitia: semper


incipit uiuere.

108 Ridiculum est currere ad mortem taedio uitae, cum ge-


nere uitae, ut currendum ad mortem esset, effeceris.

109 Rantam hominum inprudentiam esse, immo dementi-


am, ut quidam timore mortis cogantur ad mortem.

no Quid tam ridiculum quam adpetere mortem, cum ui-


tam inquietam tibi feceris metu mortis?

III Qihi quidem in uita seruanda uidetur illa lex, quae in


Graecorum conuiuiis optinetur. „aut bibat" inquit „aut
abeat", et recte. aut enim fruatur aliquis pariter cum ali-
isis uoluptate potandi aut, ne sobrius in uiolentiam ui-
FRAGMENTE 131

104 Wer den morgigen Tag am wenigsten braucht, sieht


dem morgigen Tag mit größter Freude entgegen.
(Plut. mor. 474 С = 490 Us.)

105 Ein törichtes Leben ist undankbar und angsterfüllt: Es


ist ganz auf die Zukunft gerichtet.
(Sen. ер. 15, 9 = 491 Us.)

106 Lästig ist es, das Leben ständig neu zu beginnen.


(San. ep. 23, 9 = 493 Us.)

107 Unter den übrigen Übeln besitzt die Torheit auch die-
ses: Immer wieder fängt sie an zu leben.
(Sen. ep. 13, 16 = 494 Us.)

108 Es ist lächerlich, in den Tod zu laufen aus Lebensüber-


druss, wenn du durch die Art und Weise deines Le-
bens bewirkt hast, dass du in den Tod laufen musst.
(Sen. ep. 24, 22 = 496 Us.)

109 So groß sei die Dummheit der Menschen, nein vielmehr


der Wahnsinn, dass manche aus Furcht vor dem Tod in
den Tod gezwungen werden. (Sen. ep. 24, 23 = 497 Us.)

по Was ist so lächerlich wie den Tod zu wünschen, wenn


du dir aus Todesfurcht dein Leben ruhelos gemacht
hast? (Sen. ep. 24, 23 = 498 Us.)

III Mir scheint allerdings, man müsse im Leben Jene Regel


beachten, an die man sich bei den Gastmählern der
Griechen hält. »Er soll entweder trinken oder wegge-
hen.« Das wird mit Recht gesagt. Denn entweder soll
man wie alle anderen die Freude des Trinkens ge-
nießen oder sich vorher entfernen, damit man nicht
132 FRAGMENTA

nulentorum incidat, ante discedat. sic iniurias fortu-


nae, quas ferre nequeas, defugiendo relinquas.

112 Τ ο υ κ α κ ώ ς πράττειν πέρας έστίν αύτη (τή ψυχη)


τό άπολέσθαι και φθαρήναι καΐ μηδέν είναι.

113 Λ έ γ ο υ σ ι ν αύτοίς κ α κ ώ ν ά π α ύ σ τ ω ν καΐ αορίστων


λυθεΐσαν ύ π ο ψ ί α ν α γ α θ ό ν βεβαιότατον και ήδισ-
τον άπολιπεϊν τήν έπίνοιαν του λελύσθαι, και
τ ο ϋ τ ο ποιεΐν τόν Ε π ι κ ο ύ ρ ο υ λόγον Ιστάντα του
θανάτου τό δέος έν τη διαλύσει της ψυχής.

114 Εί δε δη και μετ' άλγηδόνος, ώσπερ ' Ε π ί κ ο υ ρ ο ς


οϊεται, τοις πλειστοις άπόλλυσθαι συμβαίνει, παν-
τάπασιν απαρηγόρητος έστιν ó του θανάτου
φόβος εις α γ α θ ώ ν στέρησιν διά κ α κ ώ ν άγοντος.

115 Dicebat quidem ille (homo mihi carus) Epicuri prae-


ceptis obsequens: primum sperare se nullum dolorem
esse in ilio extremo anhelitu: si tamen esset, habere ali-
quantum in ipsa breuitate solacii: nullum enim dolo-
rem longum esse qui magnus est. ceterum succursu-
rum sibi etiam in ipsa distractione animae corporisque,
si cum cruciatu id fieret, post illum dolorem se dolere
non posse, non dubitare autem se, quin senilis anima
in primis labris esset пес magna ui distraheretur a cor-
FRAGMENTE Щ

nüchtern dem Übermut der Betrunkenen ausgesetzt


ist. So soll man auch den Schlägen des Schicksals,
wenn man sie nicht ertragen kann, durch die Flucht
ausweichen. (Cie. Tusc. Disp. 5,118 = 499 Us.)

112 Grenze des Leidens ist für die Seele der Untergang, die
Vernichtung und das Nichtsein.
(Plut. mor. 1103 E = 500 Us.)

113 Sie sagen, dass ihnen der Argwohn gegenüber unend-


lichen und unbegrenzten Übeln, sobald er aufgelöst
sei, das zuverlässigste und angenehmste Gut hinter-
lasse: die Vorstellung nämlich, dass der Argwohn auf-
gelöst ist, und dies bewirke Epikurs Lehre, weil sie
durch die Auflösung der Seele die Furcht vor dem Tode
zum Stillstand bringe. (Plut. mor. 1106 D = 501 Us.)

114 Wenn es aber, wie Epikur glaubt, für die meisten un-
umgänglich ist, unter Schmerzen zu sterben, kann
man sich über die Furcht vor dem Tod nicht hinweg-
trösten, weil dieser durch das Böse zum Verlust des
Guten führt. (Plut. mor. 1107 A = 502 Us.)

115 Jener (ein enger Freund von mir) sagte allerdings in


Übereinstimmung mit Epikurs Lehre folgendes: Erstens
hoffe er, dass bei jenem letzten Atemzug kein Schmerz
zu spüren sei. "Wenn er aber dennoch da sei, liege ein
kleiner Trost gerade in seiner kurzen Dauer. Denn kein
heftiger Schmerz dauere lange. Im übrigen werde es ihm
unmittelbar bei der Trennung von Körper und Seele
helfen, dass er, wenn diese unter großer Qual geschehe,
nach jenem Schmerz keinen Schmerz mehr spüren
könne. Zudem zweifle er nicht, dass sich die Seele eines
alten Mannes ganz vorn auf den Lippen befinde und
134 FRAGMENTA

роге, ignis qui ualentem materiam occupauit, aqua et


interdum ruina exstinguendus est: ille qui alimentis de-
ficitur, sua sponte subsidit. ... (i6) illud quidem aiebat
t o r m e n t u m nostra nos sentire opera, q u o d tunc trepi-
damus, c u m prope a nobis esse credimus m o r t e m , a
q u o enim n o n prope est, parata omnibus locis omni-
busque momentis? sed consideremus, inquit, tunc
c u m aliqua causa moriendi uidetur accedere, quanto
aliae propiores sint quae non timentur. hostis alicui
m o r t e m minabatur: banc eruditas occupauit.

ii6 Διά δέ τήν ήδονήν και τάς άρετάς αίρεισθαι, ού


δι' αύτάς, ώσπερ τήν Ιατρικήν διά τήν ύγί,ειαν.

117 Ό δ' Ε π ί κ ο υ ρ ο ς και άχώριστόν φησι της ηδονής


τήν άρετήν μόνην, τά δ' ά λ λ α χωρίζεσθαι, οίον
βρωτά.

ιι8 Epicurus quoque iudicat, c u m uirtutem habeat, bea-


t u m esse, sed ipsam uirtutem non satis esse ad beatam
uitam, quia beatam efficiat uoluptas, quae ex uirtute
est, non ipsa uirtus ... idem negat u m q u a m uirtutem
esse sine uoluptate.

119 Π ρ ο σ π τ ύ ω τ ώ κ α λ ώ και τοις κενώς α υ τ ό θαυ-


μάζουσιν, δταν μηδεμιαν ήδονήν ποιή.
FRAGMENTE 135

sich ohne weiteres vom Körper trenne. Das Feuer, das


einen Stoff erfasst hat, der es nährt, muss man mit Was-
ser und mitunter auch mit Einreißen löschen; wenn ihm
aber die Nahrung ausgeht, verlöscht es von selbst ...
(i6) Jene Qual allerdings, so sagte er, empfänden wir
durch unsere eigene Schuld, weil wir dann Angst haben,
wenn wir glauben, dass der Tod uns nahe sei. Wem ist
der Tod denn nicht nahe, bereit an jedem Ort und zu je-
der Zeit? Aber lasst uns dann überlegen, sagte er, wenn
irgendeine Todesgefahr zu nahen scheint, wie viel näher
andere Gefahren sind, die wir nicht fürchten. Ein Feind
bedrohte jemanden mit dem Tod: schlechte Verdauung
kam ihm zuvor. (Sen. ер. 30,14-16 = 503 Us.)

116 Wegen der Lust entscheide man sich auch für die Tu-
genden, nicht um ihrer selbst willen, wie die Heilkunst
wegen der Gesundheit. (Diog. Laert. 10,138 = 504 Us.)

117 Epikur sagt, allein die Tugend sei nicht von der Lust
zu trennen, die übrigen Dinge ließen sich von ihr ab-
trennen, wie z . B . das Essbare.
(Diog. Laert. 10,138 = 506 Us.)

118 Auch Epikur vertritt die Auffassung, wenn man die


Tugend habe, sei man glücklich, aber die Tugend als
solche reiche nicht aus zu einem glücklichen Leben,
weil dieses nur die Lust glücklich werden lasse, die aus
der Tugend erwächst, nicht die Tugend als solche ...
Er bestreitet ebenso, dass es überhaupt Tugend gebe
ohne Lust. (Sen. ер. 85, i8 = 508 Us.)

119 Ich spucke auf das Schöne und auf diejenigen, die es
sinnlos bewundern, wenn es keine Lust bereitet.
(Athen. 12, 547 Л = 512 Us.)
136 FRAGMENTA

120 Si enim ad honestatem omnia référant ñeque in ea vo-


luptatem dicant inesse, ait eos voce inani sonare - his
enim ipsis verbis utitur - neque intellegere пес videre
sub banc vocem honestatis quae sit subicienda senten-
tia. ut enim consuetudo loquitur, id solum dicitur ho-
nestum, quod est populari fama gloriosum. „Quod",
inquit, „quamquam voluptatibus quibusdam est saepe
iucundius, tamen expetitur propter voluptatem."

121 Οΰτω δέ καΐ άλλη μέν ή Ε π ι κ ο ύ ρ ο υ ανδρεία


•υπομένοντος πόνους δια φυγήν πόνων πλειόνων,
άλλη δ' ή του άπό της στοάς δι' αυτήν αίρου-
μένου πασαν άρετήν.

122 Την δέ άνδρείαν φύσει μή γινεσθαι, λογισμψ δέ


του συμφέροντος.

123 Δικαιοσύνης καρπός μέγιστος αταραξία.

124 Αμαρτήματα άνισα είναι.

125 Initium est salutis notitia peccati.

126 Dicit Epicurus ... nullam esse humanam societatem:


sibi quemque consulere.
FRAGMENTE I37

120 (Epikur sagt), wenn man nämlich alles auf die Sitt-
lichkeit beziehe und nicht zugebe, dass in ihr auch die
Lust wohne, dann töne man nur mit leeren Worten
(genauso drückt er es nämlich aus); und er verstehe
und sehe nicht, was für einen Sinn man diesem Begriff
der Sittlichkeit unterstellen dürfe. Gewöhnlich wird
nur dies als sittlich bezeichnet, was von der öffent-
lichen Meinung anerkannt wird. Dies wird dennoch,
so sagt er, obwohl es oft angenehmer ist als gewisse
Lustempfindungen, nur wegen der Lust erstrebt.
(Cie. Fin. 2, 48 = 513 Us.)

121 So ist einerseits die Tapferkeit des Epikur die Tapfer-


keit eines Menschen, der Anstrengungen aushält, um
größere Anstrengungen zu vermeiden; die Tapferkeit
des Stoikers andererseits aber ist die Tapferkeit eines
Menschen, der sich für die Tugend als ganze um ihrer
selbst willen entscheidet.
(Orígenes, Contra Celsum 5, 47 = 516 Us.)

122 Die Tapferkeit entstehe nicht auf natürliche Weise,


sondern aufgrund vernünftiger Berechnung des Nütz-
lichen. (Diog. Laert. 10, 120 = 517 Us.)

123 Der größte Gewinn der Gerechtigkeit ist die innere


Ruhe. (Clem. Alex. Strom. 6, 24,10 = 519 Us.)

124 Fehler sind ungleich. (Diog. Laert. 10,120 = 521 Us.)

125 Der Anfang des Heils ist die Kenntnis des Fehlers.
(Sen. ер. 28, 9 = 522 Us.)

126 Epikur sagt, es gebe keine menschliche Gemeinschaft;


jeder sorge nur für sich allein.
138 FRAGMENTA

Ουκ εστι φυσική κοινωνία τοις λογικοίς προς


άλλήλους, πιστεΰσατέ μοι· οί δέ τα ετερα λέγον-
τες έξαπατωσιν υμάς καΐ παραλογίζονται.

127 Δημόκριτος δέ γάμον καΐ παιδοποιίαν παραιτεί-


ται δια τάς πολλάς έξ αυτών αηδίας τε κα'ι άφολ-
κάς άπό των άναγκαιοτέρων. συγκατατάττεται
δέ αύτω και Ε π ί κ ο υ ρ ο ς καΐ δσοι έν ήδονη και
άοχλησία, ετι δέ και άλυπία τάγαθόν τίθενται.

128 Τ ό δέ φΰσει περιέχεσθαι τά τεκόντα των γει-


ναμένων ουχί πάσι φαινόμενον άναιρείτε;

И9 Οί νόμοι χάριν τών σοφών κείνται, ούχ δπως μή


άδικώσιν άλλ' οπως μή άδικώνται.

цо Τ ο υ ς γ ά ρ ά δ ι κ ο ϋ ν τ α ς κ α ι π α ρ α ν ο μ ο ϋ ν -
τας άθλίως φασί και π ε ρ ι φ ό β ω ς ζην τόν
π ά ν τ α χ ρ ό ν ο ν , δ τ ι καν λαθεΐν δύνωνται, πίσ-
τιν περί του λαθεΐν λαβείν άδύνατόν έστιν δθεν
ó ( π ε ρ ί ) του μέλλοντος άεί φόβος έγκείμενος ουκ
έα χαίρειν ουδέ θαρρεϊν επί τοις παροΰσι.

ΐ}ΐ Ουκ εστίν αφοβον είναι φοβερόν φαινόμενον.


FRAGMENTE 139

E s gibt keine natürliche Gemeinschaft untereinander


bei vernünftigen Wesen, glaubt mir. Diejenigen, die
etwas anderes sagen, betrügen euch und reden U n -
sinn.
(Lact. Div. inst. 3,17, 42; Epikt. 2, 20, 6 = 523 Us.)

127 Demokrit lehnt Ehe und Kinderzeugung ab wegen der


vielen Unannehmlichkeiten, die aus ihnen hervorge-
hen, und weil sie von Notwendigerem ablenken. Ihm
folgen Epikur und alle, die das Gute mit der Lust und
der Unbeschwertheit und darüber hinaus auch noch
mit der Schmerzlosigkeit gleichsetzen.
(dem. Alex. Strom. 2,138, 3/4 = 526 Us.)

128 Die Tatsache, dass sich die Ehern von Natur aus um
ihre Kinder kümmern, lehnt ihr ab, weil es nicht allen
Menschen so erscheint? (Plut. mor. 1123 A = 528 Us.)

129 Die Gesetze sind wegen der "Weisen erlassen, nicht da-
mit sie kein Unrecht tun, sondern damit ihnen kein
Unrecht getan wird. (Stob. 4, i, 143 = 530 Us.)

ijo Es heißt nämlich, dass diejenigen, die Unrecht tun und


die Gesetze übertreten, unglücklich und in großer
Angst leben die ganze Zeit lang; denn auch wenn sie
unentdeckt bleiben, können sie unmöglich sicher sein,
dass sie unentdeckt bleiben. Daher lastet die Angst vor
der Zukunft dauernd auf ihnen und lässt keine Freude
und keine Zuversicht in der Gegenwart entstehen.
(Plut. mor. 1090 С = 532 Us.)

131 Man kann nicht ohne Furcht sein, wenn man sich
selbst furchterregend zeigt.
(Gnomol. Cod. Par. ii68f. 115 v. = 537 Us.)
140 FRAGMENTA

132 Κ α ι τ ή ν φ ι λ ί α ν ô i à τ ά ς χ ρ ε ί α ς γ ί ν ε σ θ α ι ( Έ π ι -
κ ο ύ ρ ω δοκεΐ)· δεΐν μέντοι π ρ ο κ α τ ά ρ χ ε σ θ α ι , καΐ
γ ά ρ τ ή ν γ ή ν σ π ε ί ρ ο μ ε ν σ υ ν ί σ τ α σ θ α ι δε α υ τ ή ν
κ α τ ά κ ο ι ν ω ν ί α ν μεγίσταις ή δ ο ν α ι ς έ κ π ε π λ η -
ρωμ<ένην).

133 Amicitiam a uoluptate non posse diuelli ob eamque


rem colendam esse, quod si sine ea tuto et sine metu
uiui non posset, ne iucunde quidem posset.

134 Ante circumspiciendum est cum quibus edas et bibas,


quam quid edas et bibas. nam sine amico uisceratio
leonis ac lupi uita est.

135 Ε π ί κ ο υ ρ ο ς τ ά γ α θ ό ν εν τ ω β α θ υ τ ά τ φ τ η ς ή ο υ -
χ ί α ς ώ σ π ε ρ έν ά κ λ ύ σ τ ω λ ι μ έ ν ι κ α ΐ κ ω φ ω τιθέμε-
νος, τ ο υ ευ π ά σ χ ε ι ν τ ό ε υ π ο ι ε ί ν ου μόνον
κ ά λ λ ι ο ν ά λ λ ά κ α ι ή δ ι ο ν ε Ϊ ν α ί φησι. χ α ρ ά ς γ ά ρ
ο υ δ έ ν ο ΰ τ ω γ ό ν ι μ ό ν έστιν ώ ς χ ά ρ ι ς .

136 Τ ό ε ΰ δ α ι μ ο ν κ α ι μ α κ ά ρ ι ο ν ο ύ χ ρ η μ ά τ ω ν π λ ή θ ο ς
ο υ δ έ π ρ α γ μ ά τ ω ν ο γ κ ο ς ο ύ δ ' ά ρ χ α ί τίνες ε χ ο υ σ ι ν
ουδέ δυνάμεις, άλλ' άλυπία καΐ πραότης παθών
καΐ διάθεσις ψυχής τό κατά φύσιν ορίζουσα.

137 Λ ά θ ε β ι ώ σ α ς .
FRAGMENTE I4I

132 Wie es Epikur erscheint, entsteht die Freundschaft aus


bestimmten Bedürfnissen. Es sei jedoch nötig, dass ihr
der Boden bereitet werde; denn wir legen ja auch erst
einmal die Samenkörner in die Erde. Sie bleibe aber
nur bestehen, wenn sie eine Gemeinschaft sei, die von
höchster Lustempfindung erfüllt sei.
(Diog. Laert. lo, 120 = 540 Us.)

i}3 Freundschaft könne von Lust nicht getrennt werden


und man müsse sie deswegen pflegen, weil man nicht
lustvoll leben könne, wenn man ohne sie nicht sicher
und ohne Angst leben könne.
(Cie. Fin. 2, 82 = 541 Us.)

134 Man muss eher darauf achten, mit wem man isst und
trinkt, als was man isst und trinkt. Denn ohne einen
Freund gleicht das Leben der Nahrungsaufnahme eines
Löwen und eines Wolfes. (Sen. ер. 19, ю = 542 Us.)

135 Epikur, der das Gute mit tiefster Ruhe gleichsetzt und
mit einem stillen Hafen ohne Wellen vergleicht, sagt,
dass Gutes zu tun nicht nur schöner sei als Gutes zu
erfahren, sondern auch lustvoller. Denn nichts rufe so
viel Freude hervor wie Dankbarkeit.
(Plut. mor. 778 С = 544 Us.)

136 Glück und Seligkeit bestehen weder in einer großen


Menge Geld, noch in bedeutenden Leistungen oder
irgendwelchen Ämtern und Machtpositionen, son-
dern nur in Schmerzlosigkeit, Beruhigung der Leiden-
schaften und in einem Zustand der Seele, der das Na-
türliche umfasst. (Plut. mor. 37 A = 548 Us.)

137 Lebe im Verborgenen! (Plut. mor. luSff. = 551 Us.)


142 FRAGMENTA

138 Πολιτείαν δέ φεύγοντες ώς βλάβην και σύγχυσιν


του μακαρίου.

139 Λέγειν δει πώς άριστα τό της φύσεως τέλος συν-


τηρήσει, και πώς τις έκών είναι μή πρόσεισιν έξ
άρχής έπί τάς τών πληθών άρχάς.

цо Ο ύ χ ο ί τ ό ν τ η ς α τ α ρ α ξ ί α ς σ τ έ φ α ν ο ν ά σ ύ μ -
βλητον είναι ταΐς μεγάλαις ήγεμονίαις
λέγοντες;

ц ! Δογματιείν τε (τόν σοφόν) και ουκ άπορήσειν


(Έπικούρφ δοκει).

142 Και συγγράμματα καταλείψειν (τόν σοφόν Έπι-


κούρφ δοκεΐ).

143 Και σχολήν κατασκευάσειν (τόν σοφόν), άλλ' ούχ


ώστε όχλαγωγήσαι. και άναγνώσεσθαι έν πλήθει,
άλλ' ούχ έκόντα.

144 Και κτήσεως προνοήσεσθαι και του μέλλοντος


(τόν σοφόν Έπικούρφ δοκεϊ).

145 Ευδοξίας έπΙ τοσούτον προνοήσεσθαι (τόν σο-


φόν), έφ' δσον μή καταφρονήσεσθαι.
FRAGMENTE ЦЗ

138 Die Politik soll man meiden wie das Verderben und
die Vernichtung des Glückes.
(Plut. vit. Pyrrhi 20 = 552 Us.)

139 Man muss sagen, wie man am besten das Ziel der Na-
tur im Auge behält und man von Anfang an öffentliche
Amter nicht freiwillig übernimmt.
(Plut. mor. 1125 С = 554 Us.)

140 Sind es nicht die Epikureer, die sagen, dass der Ruhm,
den die Seelenruhe verleiht, mit höchsten Amtern nicht
zu vergleichen ist? (Plut. mor. 1125 С = 556 Us.)

141 Epikur vertritt die Meinung, dass der Weise eine be-
stimmte Lehre vortragen und sich nicht mit Nichtwis-
sen zufrieden geben wird.
(Diog. Laen. 10, 121 = 562 Us.)

142 Epikur meint, der Weise werde auch Schriften hinter-


lassen. (Diog. Laert. 10,119 = 563 Us.)

143 Der Weise werde auch eine Schule gründen, aber nicht
um die große Menge anzulocken. Er werde auch öf-
fentliche Vorlesungen abhalten, aber nicht aufgrund
eigener Entscheidung. (Diog. Laert. 10,121 = 564 Us.)

144 Laut Epikur wird der Weise für seinen Besitz und für
die Zukunft Vorsorge treffen.
(Diog. Laert. 10,120 = 572 Us.)

145 Der Weise werde nur soweit auf seinen guten Ruf ach-
ten, dass er nicht verachtet wird.
(Diog. Laert. 10, 120 = 573 Us.)
144 FRAGMENTA

146 Έ ρ α σ θ ή σ ε σ θ α ι τ ό ν σ ο φ ό ν οΰ δοκεΐ α ύ τ ο ί ς
ο υ δ έ θ ε ό π ε μ π τ ο ν είναι τον έ ρ ω τ α .

147 Ο υ δ έ ταφής φ ρ ο ν τ ι ε ΐ ν (τόν σ ο φ ό ν Έπικούρω


δοκεΐ).

148 (Philosophos Ρ. Clodius) eos laudabat maxime, qui


dicuntur praeter ceteros esse auctores et laudatores
uoluptatis ... eosdemque praeclare dicere aiebat, sa-
pientis omnia sua causa facere, rem publicam capesse-
re hominem bene sanum non oportere; nihil esse prae-
stabilius otiosa uita plena et confería uoluptatibus : eos
autem, qui dicerent dignitati esse seruiendum, rei pu-
blicae consulendum, offici rationem in omni uita, non
commodi esse ducendam, adeunda pro patria pericula,
uolnera excipienda, mortem oppetendam, uaticinari
atque insanire dicebat.
... cum disputât (Epicurus) o m n i a s a p i e n t e m
s u a c a u s a f a c e r e , ad utilitatem suam refert omnia
quae agit.

149 Ule ait i n i u r i a s t o l e r a b i l e s esse s a p i e n t i , nos


iniurias non esse.

150 Κ α ι υ π έ ρ φίλου ποτέ τ ε θ ν ή ξ ε σ θ α ι (τόν σ ο φ ό ν


Έ π ι κ ο ύ ρ φ δοκει).
FRAGMENTE I45

146 Sie meinen nicht, dass der Weise Liebe empfinde ...
und dass auch die Liebe nicht gottgesandt sei.
(Diog. Laert. lo, ii8 = 574 Us.)

147 Der Weise wird sich nicht um sein Begräbnis kümmern,


wie Epikur meint. (Diog. Laert. 10,118 = 578 Us.)

148 P. Clodius lobte diese Philosophen in höchsten Tönen,


von denen es heißt, dass sie mehr als die anderen die
Lust propagieren ... Er behauptete, dass dieselben
Leute sehr deutlich sagten, es sei die Eigentümlichkeit
eines Weisen, alles nur um seines eigenen Vorteils wil-
len zu tun und dass ein wirklich vernünftiger Mensch
nicht in die Politik gehen dürfe; nichts sei zuverlässiger
als ein ruhiges Leben, das voll erfüllt sei von Lust: Die-
jenigen aber, die sagten, man müsse der Würde die-
nen, die staatliche Gemeinschaft unterstützen, auf die
Pflichterfüllung und nicht auf die Bequemlichkeit Rück-
sicht nehmen. Gefahren für das Vaterland auf sich
nehmen, Verletzungen ertragen und dem Tod ins Au-
ge sehen, seien völlig verrückt, wie er behauptete ...
Wenn Epikur darlegt, dass der Weise alles um seines
eigenen Vorteils willen tue, hat er bei allem, was er tut,
nur seinen Nutzen im Blick.
(Cie. Sest. 23; Lact. Div. inst. 3,17, 39 = 580. 581 Us.)

149 Er sagt, Ungerechtigkeiten seien für einen Weisen er-


träglich, wir sagen, Ungerechtigkeiten gibt es nicht.
(Sen. const, sap. lé, i = 585 Us.)

150 Der Weise sei bereit, unter Umständen für einen Freund
zu sterben. (Diog. Laert. 10, 121 = 590 Us.)
цб FRAGMENTA

151 Μάλλον τε εύφρανήσεσθαι (τόν σοφόν) των


άλλων έν ταΐς θεωρίαις.

152 Ούδέ κολάσειν τους οΙκέτας, έλεήσειν μέντοι καΐ


συγγνώμην τινί εξειν των σπουδαίων.

IJ3 Κ α ν στρεβλω·θη δ' ó σοφός, είναι αυτόν εύδαίμο-


να ... οτε μέντοι στρεβλοϋται, ένθα και μύζει και
οΙμώζει.

Ц4 Ε π ί κ ο υ ρ ο ς δέ καΐ γ ε λ ά ν φησι τ α ϊ ς ύ π ε ρ β ο -
λαΐς τοΰ περί το σώμα ν ο σ ή μ α τ ο ς πολ-
λάκις κ ά μ ν ο ν τ α τόν σοφόν.

Epicurus quoque ait sapientem, si in Phalaridis tauro


peruratur, exclamaturum: d u l c e est et ad me ni-
hil p e r t i n e t .

156 Ό αυτός ελεγεν έτοίμως ε χ ε ι ν κ α ι τ ω Δ ι Ι


υπέρ ευδαιμονίας διαγωνίζεσθαι μαζαν
εχων καΐ ΰδωρ.

157 Isti ipsi qui uoluptate et dolore omnia metiuntur, non-


ne clamant s a p i e n t i plus s e m p e r a d e s s e q u o d
uelit quam q u o d n o l i t ?
FRAGMENTE I47

iji Der Weise werde an wissenschaftlichen Untersuchun-


gen mehr Freude haben als die anderen.
(Diog. Laert. lo, 120 = 593 Us.)

IJ2 Der Weise werde auch Sklaven nicht schlagen, sondern


vielmehr Mitleid mit ihnen haben und einem Tüch-
tigen unter ihnen verzeihen.
(Diog. Laert. 10, 118 = 594 Us.)

IJ3 Auch wenn der Weise gefoltert werde, sei er glücklich


... Wird er aber gefoltert, dann wird er auch jammern
und stöhnen. (Diog. Laert. 10,118 = 598 Us.)

IJ4 Epikur sagt, dass der Weise, wenn er krank sei, sogar
über extreme Erscheinungsformen des körperlichen
Leidens lache. (Plut. mor. 1088 В = боо Us.)

155 Auch Epikur sagt, der Weise werde, wenn er im Stier


des Phalaris brate, ausrufen: Es ist lustvoll und hat
nichts mit mir zu tun. (Sen. ер. 66, i8 = 601 Us.)

156 Epikur sagte, er sei zufrieden und stehe mit Zeus im


Wettstreit um die Glückseligkeit, wenn er nur Brot
und Wasser habe. (Aelian var. hist. 4,13 = 602 Us.)

157 Behaupten denn nicht diejenigen, die alles an Lust


und Schmerz messen, dem Weisen stehe immer etwas
mehr von dem zur Verfügung, was er wolle, als von
dem, was er nicht wolle? (Cie. Fin. 5, 93 = 603 Us.)
BRIEFE
Επίκουρος Ήροδότω χαίρειν.

(35) Τοις μή δυναμένους, ώ Ηρόδοτε, έκαστα των περι


φύσεως άναγεγραμμένων ήμϊν έξακριβοΰν μηδέ τάς
μείζους των συντεταγμένων βίβλους διαθρεΐν, έπιτο-
μήν της δλης πραγματείας εις το κατασχεΐν των όλο-
σχερωτάτων δοξών την μνήμην ίκανώς αύτοΐς παρεσ-
κεύασα, ϊνα παρ' έκαστους των καιρών έν τοις κυ-
ριωτάτοις βοηθείν αύτοϊς δύνωνται, κα·θ' οσον άν
έφάπτωνται της περί φύσεως θεωρίας, καΐ τούς προ-
βεβηκότας δέ Ικανώς έν τη των ολων έπιβλέψει τόν
τύπον της ολης πραγματείας τόν κατεστοιχειωμένον
δει μνημονεύειν της γάρ άθρόας έπιβολής πυκνόν
δεόμεθα, της δέ κατά μέρος ούχ ομοίως. (36) βαδιστέον
μέν ούν και έπ' έκεΐνα συνεχώς, έν <δέ) τη μνήμη τό
τοσούτο ποιητέον, άφ' ου ή τε κυριωτάτη έπιβολή επί
τά πράγματα έσται και δή και τό κατά μέρος άκρίβωμα
παν έξευρήσεται, τών όλοσχερωτάτων τύπων εύ περι-
ειλημμένων και μνημονευομένων έπεί και τω τετελε-
σιουργημένω τούτο κυριώτατον τού παντός άκριβώ-
ματος γίνεται, τό ταϊς έπιβολαΐς όξέως δύνασθαι χρή-
σθαι καΐ (τούτο αδύνατον μή πάντων) πρός άπλα
στοιχειώματα και φωνάς συναγομένων, ου γάρ οΐόν τε
τό πύκνωμα της συνεχούς τών ολων περιοδείας είναι
μή δυναμένου διά βραχεών φωνών άπαν έμπεριλαβείν
έν αύτω τό καΐ κατά μέρος αν έξακριβωθέν.
Epikur grüßt Herodotos.

(35) Für diejenigen, die nicht in der Lage sind, alle meine
Schriften über die Natur gründlich zu studieren oder die
längeren Abhandlungen über dieses Thema durchzuarbei-
ten, habe ich selbst einen Auszug aus dem gesamten System
angefertigt, lieber Herodotos, um ihnen zu helfen, die wich-
tigsten Lehrsätze, so gut es geht, im Kopf zu behalten, damit
sie sich selbst bei jeder Gelegenheit in den Hauptpunkten
der Lehre helfen können, so weit sie sich auf Naturphiloso-
phie einlassen. Auch diejenigen, die in der Übersicht über
das Ganze schon ziemlich weit fortgeschritten sind, müssen
sich des elementaren Grundrisses des gesamten Systems be-
wusst sein. Denn wir benötigen häufig den umfassenden
Zugriff, den Zugriff auf die Einzelheiten aber nicht so sehr.
(36) Wir müssen also ständig auf jene Hauptpunkte der
Lehre zurückgreifen und sie so weit im Gedächtnis behal-
ten, dass von dort aus nicht nur der entscheidende Zugriff
auf die Dinge erfolgt, sondern man auch in jeder Hinsicht
die genaue Erklärung in den Einzelheiten gewinnt, nachdem
die wichtigsten Grundlinien richtig verstanden und im Ge-
dächtnis verankert sind. Denn auch für den Fachmann ist
dies die wichtigste Voraussetzung für die in jeder Hinsicht
genaue Erklärung in den Einzelheiten, dass er in der Lage
ist, die Möglichkeiten des Zugriffs konsequent zu nutzen,
indem er alle Einzelheiten auf elementare Grundlagen und
Begriffe bezieht. Denn es ist unmöglich, die Ergebnisse
komplexer Forschung über das Ganze zu erfassen, wenn
man nicht in der Lage ist, alles, was auch in seinen Einzel-
heiten genau erklärt werden könnte, mit Hilfe knapper Be-
griffe vollständig in sein Bewusstsein aufzunehmen.
152 EPISTULAE

(37) "Οθεν δή πάσι χρησίμης οΰσης τοις φκειωμένοις


φυσιολογία της τοιαύτης όδοϋ, παρεγγυών τό συν-
εχές ενέργημα έν φυσιολογία και τοιούτφ μάλιστα έγ-
γαληνίζον τω βίφ ποιήσασ·θαι, και τοιαύτην τινά έπι-
τομήν (συνέθηκα) και στοιχείωσιν των όλων δοξών.

Πρώτον μέν οΰν τά ύποτεταγμένα τοις φθόγγοις,


ώ 'Ηρόδοτε, δει είληφέναι, οπως άν τά δοξαζόμενα ή
ζητούμενα ή άπορούμενα εχωμεν είς ταύτα άνα-
γαγόντες έπικρίνειν, καΐ μή άκριτα πάντα ήμϊν <η>
εις άπειρον άποδεικνύουσιν ή κενούς φθόγγους εχω-
μεν.
(38) 'Ανάγκη γάρ τό πρώτον έννόημα καθ' εκαστον
φθόγγον βλέπεσθαι κα'ι μηθέν άποδεί|εως προσδεί-
σθαι, εϊπερ εξομεν τό ζητούμενον ή άπορούμενον
καΐ δοξαζόμενον έφ' δ άνάξομεν.

Είτα κατά τάς αισθήσεις δει πάντα τηρείν και


απλώς τάς παρούσας έπιβολάς εϊτε διανοίας εϊθ'
δτου δήποτε των κριτηρίων, ομοίως δέ καΐ τά υπάρ-
χοντα πάθη, όπως άν και τό προσμένον και τό
άδηλον εχωμεν οίς σημειωσόμεθα, ταύτα δέ δια-
λαβόντας συνοράν ήδη περι των άδήλων. Πρώτον
μέν οτι ουδέν γίνεται έκ του μή οντος· πάν γάρ έκ
παντός έγίνετ' άν σπερμάτων γε ούθέν προσδεόμε-
νον.

(зэ) Και εί έφθείρετο δέ τό άφανιζόμενον εις τό μή


ÖV, πάντα άν άπωλώλει τά πράγματα, ουκ όντων τών
BRIEFE · AN H E R O D O T O S 153

(37) D a nun für alle, die sich mit Naturphilosophie ver-


traut gemacht haben, ein solches Vorgehen nützlich ist,
habe ich, der ich zu ununterbrochener Beschäftigung mit
Naturphilosophie auffordere und vor allem in einem sol-
chen Leben meine innere Ruhe finde, für dich einen sol-
chen A u s z u g und elementaren Abriss aller Lehren verfasst.
Zuerst, lieber Herodotos, müssen wir begreifen, was
den "Worten zugrunde liegt, um die Vermutungen, Fragen
und ungeklärten Zusammenhänge darauf beziehen und
richtig beurteilen können und uns nicht alles, wenn wir
Beweise führen, ungeprüft im Unendlichen verläuft, oder
wir nur leere Worthülsen haben.
(38) D e n n bei jedem Wort muss die ursprüngliche
Bedeutung klar gesehen werden, und dies bedarf keines
weiteren Beweises, w e n n wir einen festen Punkt haben
wollen, auf den wir die Frage oder den ungeklärten Z u -
sammenhang und die Vermutung beziehen können.
Ferner müssen wir anhand unserer Sinneswahrneh-
mungen alles genau beobachten, d . h . ganz einfach an-
hand der jeweils vorhandenen Zugriffe des Denkens
oder irgendeines anderen Mittels der Urteilsfindung,
ebenso auch anhand der gerade vorhandenen G e f ü h -
le, damit w i r die Mittel haben, mit denen wir das be-
stimmen können, was Bestätigung erwartet und was
sinnhch nicht wahrnehmbar ist. A b e r w e n n wir dies be-
griffen haben, ist es angebracht, dass wir uns zugleich
über die D i n g e , die sinnHch nicht wahrnehmbar sind,
G e d a n k e n machen. Erstens gilt, dass nichts aus dem
Nichtseienden entstehen kann. D e n n sonst würde Alles
aus A l l e m entstehen, ohne dass es einen zeugenden A u s -
löser brauchte.
(39) U n d wenn das, was verschwindet, zerstört würde
und in das Nichtseiende überginge, dann wären w o h l
schon alle Dinge zugrunde gegangen, weil nichts existieren
154 EPISTULAE

εις à διελύετο. K a i μην καΐ τό παν άεί τοιούτον ήν


οίον νϋν έστι, καΐ άεΐ τοιούτον εσται. ού^έν γάρ έστιν
εις ο μεταβαλεΐ. παρά γάρ τό παν ούθέν έστιν, δ αν
είσελθόν είς αυτό τήν μεταβολήν ποιήσαιτο.

Ά λ λ ά μην και τό πάν έστι (σώματα και κενόν), σώ-


ματα μεν γάρ ώς εστίν, αύτη ή αϊσθησις έπί πάντων
μαρτυρεί, καθ' ήν άναγκαΐον τό αδηλον τφ λογισμφ
τεκμαίρεσθαι, ώσπερ προεϊπον τό πρόσθεν. (40) εΐ
<δέ> μή ήν δ κενόν και χώραν και άναφή φύσιν όνο-
μάζομεν, ουκ αν είχε τά σώματα δπου ήν ουδέ δι' ού
έκινειτο, καθάπερ φαίνεται κινούμενα· παρά δε ταύ-
τα ούθέν ούδ' έπινοηθήναι δύναται ούτε περιληπτώς
ούτ' άναλόγως τοις περιληπτοίς, ώς καθ' ολας φύ-
σεις λαμβανόμενα και μή ώς τά τούτων συμπτώματα
ή συμβεβηκότα λεγόμενα. Και μήν και των σωμάτων
τά μέν έστι συγκρίσεις τά δ' έξ ων αΐ συγκρίσεις πε-
ποίηνταΐ' (41) ταύτα δέ έστιν άτομα και άμετάβλητα,
εϊπερ μή μέλλει πάντα είς τό μή δν φθαρήσεσθαι,
άλλ' ισχύοντα ύπομενείν έν ταΙς διαλύσεσι των συγ-
κρίσεων πλήρη τήν φύσιν οντα και ούκ έχοντα δπη ή
δπως διαλυθήσεται. ώστε τάς άρχάς άτόμους άναγ-
καΐον είναι σωμάτων φύσεις.

Ά λ λ ά μήν και τό πάν άπειρόν έστί' τό γάρ πεπε-


ρασμένον άκρον εχει· τό δέ άκρον παρ' έτερον τι
BRIEFE · AN H E R O D O T O S 155

würde, in das es sich auflöste. Außerdem war das Ganze


immer schon so, wie es jetzt ist, und es wird immer so
sein. Es gibt nämlich nichts, in das es übergehen kann. Au-
ßer dem Ganzen gibt es nichts, was in es hineinkommen
könnte und dann die Veränderung bewirkte.
Außerdem besteht das Ganze aus Körpern und dem
Leeren. Dass es Körper gibt, bezeugt bei allen einzelnen
Dingen die Sinneswahrnehmung. Mit deren Hilfe muss
man das Nichtwahrnehmbare durch vernünftiges Denken
erschließen, wie ich bereits sagte. (40) Wenn es aber jenes
nicht gäbe, was wir das Leere, den Raum und die unbe-
rührbare Natur nennen, dann hätten die Körper nichts, wo
sie sein und worin sie sich bewegen könnten, wie sie sich
offensichtlich bewegen. Außer den Körpern und dem Lee-
ren gibt es gar nichts, was man sich mit Hilfe des begriff-
lichen Denkens oder durch Schlussfolgerung aus dem
durch begriffliches Denken Erfassten vorstellen könnte,
wie denn auch beide, Körper und Raum, als allumfassende
Elemente angenommen und nicht als deren zufällige Ei-
genschaften oder dauernde Zustände bezeichnet werden.
Außerdem sind die Körper teils zusammengesetzte Kör-
per, teils solche, aus denen die zusammengesetzten Körper
entstanden sind. (41) Diese sind unteilbar und unveränder-
bar, wenn nicht alles im Nichtseienden untergehen soll; sie
sind vielmehr stark genug, um erhalten zu bleiben, wenn
sich die zusammengesetzten Körper wieder auflösen, weil
sie ihrer Natur nach fest und stabil sind und nichts haben,
wohin oder wie sie sich auflösen können. Daraus folgt,
dass die Grundelemente unteilbare körperliche Naturen
sein müssen.
Weiterhin ist das Ganze unbegrenzt. Denn das Be-
grenzte hat einen Anfang und ein Ende. Anfang und En-
de eines bestimmten Begrenzten sind aber nur neben dem
Anfang und dem Ende eines anderen Begrenzten vorstell-
Ijé EPISTULAE

θεωρείται· (άλλά μην τό παν ού παρ' ετερόν τι θεω-


ρείται·) ώστε ουκ έχον άκρον πέρας ουκ εχεί' πέρας
δέ ουκ εχον άπειρον άν εϊη καΐ ου πεπερασμένον.

Και μήν και τω πλήθει των σωμάτων άπειρον έστι


τό πάν και τω μεγέθει του κενοΰ· (42) εϊ τε γάρ ήν τό
κενόν άπειρον, τά δέ σώματα ώρισμένα, ούθαμοί] αν
εμενε τά σώματα, άλλ' έφέρετο κατά τό άπειρον κε-
νόν διεσπαρμένα, ουκ έχοντα τά ύπερείδοντα και
στέλλοντα κατά τάς άνακοπάς· εϊ τε τό κενόν ήν
ώρισμένον, ούκ αν ειχε τά άπειρα σώματα οπου ενέ-
στη.

Πρός τε τούτοις τά άτομα των σωμάτων και μεστά,


έξ ων και αί συγκρίσεις γίνονται και εις ά διαλύονται,
άπερίληπτά έστι ταΐς διαφοραΐς των σχημάτων ού
γάρ δυνατόν γενέσθαι τάς τοσαύτας διαφοράς εκ
των αύτών σχημάτων περιειλημμένων. και καθ' έκά-
στην δέ σχημάτισιν άπλώς άπειροι είσιν αί ομοιαι,
ταις δέ διαφοραΐς ούχ άπλώς άπειροι, αλλά μόνον
άπερίληπτοι.

(43) Κινούνται τε συνεχώς αί άτομοι τόν αιώνα, καΐ


αΐ μέν είς μακράν άπ' αλλήλων διιστάμεναι, αΐ δέ
αυτού τόν παλμόν ϊσχυσαι, οταν τύχωσι τη περί-
πλοκη κεκλειμέναι ή στεγαζόμεναι παρά τών πλεκτι-
κών. (44) ή τε γάρ τού κενού φύσις ή διορίζουσα
έκάστην αύτήν τούτο παρασκευάζει, την ύπέρεισιν
ούχ οϊα τε ούσα ποιεΐσθαι· ή τε στερεότης ή υπάρ-
χουσα αύταΐς κατά την σύγκρουσιν τόν άποπαλμόν
ποιεί, έφ' όπόσον άν ή περιπλοκή τήν άποκατάστα-
σιν εκ της συγκρούσεως διδω. άρχή δέ τούτων ούκ
έστιν, άιδίων τών άτόμων ούσών και τού κενού.
B R I E F E · AN H E R O D O T O S I57

bar. Das Ganze ist aber nicht neben einem anderen Gan-
zen vorstellbar, so dass das, was keinen Anfang und kein
Ende hat, auch keine Grenze hat; was aber keine Grenze
hat, dürfte wohl unbegrenzt und ohne Grenze sein.
Ferner ist das Ganze hinsichtlich der Menge der Körper
und hinsichtlich der Größe des leeren Raumes unbegrenzt.
(42) Denn wenn das Leere unbegrenzt wäre und die Zahl
der Körper begrenzt, dann würden die Körper nirgenuwo
bleiben, sondern bewegten sich, über den leeren Raum
zerstreut, da sie nichts fänden, was sie stabilisieren, hem-
men und zurückstoßen könnte. "Wenn das Leere begrenzt
wäre, hätten die grenzenlosen Körper keinen Raum, w o
sie sich aufhalten könnten.
Außerdem sind die unteilbaren und vollen Körper, aus
denen die Zusammensetzungen bestehen und in die sie
sich auflösen, unfassbar in den Verschiedenartigkeiten ih-
rer Gestalten. Denn es ist nicht möglich, dass so viele
Verschiedenartigkeiten aus denselben, für das begriffliche
Denken fassbaren Gestalten entstehen. Und bei jeder Ge-
staltung sind die ähnlichen Grundelemente zahlenmäßig
einfach unbegrenzt, aber hinsichtlich ihrer Unterschiede
sind sie nicht einfach unbegrenzt, sondern nur unfassbar.
(43) Die Atome bewegen sich ununterbrochen die ganze
Zeit lang; und teils bewegen sie sich weit entfernt vonein-
ander, teils behalten sie an Ort und Stelle ihre schwingende
Bewegung, wenn sie zufällig eng miteinander verflochten
sind oder umschlossen sind von solchen, die die Verflech-
tung verursachen können. (44) Denn die Natur des Leeren,
die Jedes einzelne Atom abgrenzt, bewirkt dies, weil sie
keinen Widerstand bieten kann. Die den Atomen eigen-
tümliche Härte ruft beim Zusammenprall den Rückstoß
hervor, bis die Verflechtung das Zurückschwingen aus dem
Zusammenprall ermöglicht. Dafür gibt es aber keinen An-
fang, da die Atome und das Leere ewig sind.
158 EPISTULAE

(45) Ή τοσαύτη δή φωνή τούτων πάντων μνημονευ-


ομένων τον ίκανόν τύπον υποβάλλει της των όντων
φύσεως έπινοίας.
'Αλλά μήν και κόσμοι άπειροι είσιν, οϊ θ ' όμοιοι
τούτω και άνόμοιοι. αϊ τε γάρ ατομοι άπειροι ούσαι,
ώς άρτι απεδείχθη, φέρονται καΐ πορρώτατω· ου γάρ
κατανήλωνται αί τοιαϋται ατομοι, εξ ων άν γένοιτο
κόσμος ή ύφ' ων άν ποιηθείη, οΰτ' εις ενα οΰτ' εις πε-
περασμένους, ούθ' δσοι τοιούτοι οΰθ' δσοι διάφοροι
τούτοις, ώστε ουδέν το έμποδοστατήσόν έστι πρός
τήν άπειριαν των κόσμων.

(46) Και μήν και τύποι όμοιοσχήμονες τοις στε-


ρεμνίοις είσί, λεπτότησιν απέχοντες μακράν των φαι-
νομένων. ούτε γάρ άποστάσεις άδυνατοϋσι έν τω πε-
ριέχοντι γίνεσθαι τοιαϋται οΰτ' έπιτηδειότητες πρός
κατεργασίας των κοιλωμάτων καΐ λειοτήτων [γί-
νεσθαι], ούτε άπόρροιαι τήν έξης θέσιν καΐ βάσιν
διατηροΰσαι, ήνπερ καΐ έν τοις στερεμνίοις ειχον
τούτους δέ τούς τύπους είδωλα προσαγορεύομεν.
και μήν και ή διά του κενού φορά κατά μηδεμίαν
άπάντησιν των άντικοψάντων γινομένη πάν μήκος
περιληπτόν έν άπερινοήτφ χρόνφ συντελεί, βράδους
γάρ καΐ τάχους άντικοπή καΐ ουκ άντικοπή ομοίωμα
λαμβάνει.

(47) ου μήν ούδ' άμα κατά τούς διά λόγου θεωρη-


τούς χρόνους αυτό τό φερόμενον σώμα έπι τούς
πλείους τόπους άφικνεΐται - άδιανόητον γάρ - καΐ
τοϋτο συναφικνούμενον έν αίσθητω χρόνφ όθεν
δήποθεν του απείρου ουκ έξ ου άν περιλάβωμεν τήν
B R I E F E · AN H E R O D O T O S 159

(45) Wenn man sich alle diese Tatsachen einprägt, hat


man mit einer Aussage von dieser Tragweite die geeignete
Grundlage für die Einsicht in die Natur des Seienden.
Aber auch die Welten sind zahlenmäßig unbegrenzt;
teils sind sie dieser Welt ähnlich, teil unähnlich. Denn die
Atome, die zahlenmäßig ebenfalls unbegrenzt sind, wie
eben dargestellt wurde, bewegen sich auch in die uner-
messliche Weite des Raumes hinein. Denn solche Atome,
aus denen eine Welt entstehen und von denen sie geschaf-
fen werden könnte, werden weder für nur eine noch für
eine begrenzte Zahl von Welten verbraucht, und weder für
solche, die so sind wie diese, noch für solche, die sich von
diesen unterscheiden. Daher steht der Annahme nichts
entgegen, dass die Zahl der Welten unbegrenzt ist.
(46) Ferner gibt es auch Formen, die dieselbe Gestalt ha-
ben wie die festen Körper, sich aber durch die Feinheit
ihrer Struktur sehr von den sichtbaren Dingen unterschei-
den. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass solche Ablö-
sungen in dem umgebenden Raum stattfinden und güns-
tige Bedingungen für die Erzeugung der Höhlungen und
des Glatten entstehen und dass es Abflüsse gibt, die die-
selbe Lage und Stellung behalten, die sie auch an den festen
Körpern hatten: Diese Formen nennen wir Bilder. Weil
ihre Bewegung durch das Leere ohne einen Zusammen-
stoß mit entgegenkommenden Körpern erfolgt, vollenden
sie jede denkbare Entfernung in unvorstellbar kurzer Zeit.
Denn Widerstand und fehlender Widerstand entsprechen
Langsamkeit und Schnelligkeit.
(47) Allerdings kommt der sich bewegende Körper
im Sinne der gedanklich vorstellbaren Zeit nicht gleich-
zeitig an mehrere Orte - das ist nämlich nicht denkbar -
und er wird sich nicht, wenn er in einer sinnlich wahr-
nehmbaren Zeit von irgendeinem Punkt des Unbegrenzten
herkommt, von der Stelle entfernt haben können, an der
l6o EPISTULAE

φοράν τόπου εσται άφιστάμενον άντικοπη γάρ ομοι-


ον εσται, κάν μέχρι τοσούτου τό τάχος της φοράς μή
άντικοπέν καταλίπωμεν χρήσιμον δή καΐ τοΰτο κα-
τασχείν τό στοιχεΐον. είθ' οτι τά είδωλα ταΐς λεπτότη-
σιν άνυπερβλήτοις κέχρηται ούθέν άντιμαρτυρεΐ των
φαινομένων δθεν κα'ιτάχη ανυπέρβλητα εχει, πάντα
πόρον σύμμετρον έχοντα πρός τό άπείροις αυτών
μη·θέν άντικόπτειν ή όλίγα άντικόπτειν, πολλαΐς δέ
καί άπειροις ευθύς άντικόπτειν τι.

(48) Πρός τε τούτοις οτι ή γένεσις των ειδώλων αμα


νοήματι συμβαίνει· και γάρ ρεΰσις άπό τών σωμάτων
του έπιπολης συνεχής, ουκ έπίδηλος τη μειώσει
διά την άνταναπλήρωσιν, σώζουσα τήν επί του
στερεμνίου θέσιν και τάξιν τών άτόμων έπί πολύν
χρόνον, εΐ καΐ ένίοτε συγχεομένη υπάρχει, καΐ συστ-
άσεις έν τω περιέχοντι όξείαι διά τό μή δεΐν κατά
βάθος τό συμπλήρωμα γίνεσθαι, καί άλλοι δέ τρόποι
τινές γεννητικοί τών τοιούτων φύσεών εισιν. ούθέν
γάρ τούτων άντιμαρτυρεΐται ταις αίσθήσεσιν, αν
βλέπη τις τίνα τρόπον τάς έναργείας, (τ)ίνα καί τάς
συνπαθείας άπό τών έξωθεν πρός ημάς άνοίσει.

(49) Δεί δέ καί νομίζειν έπεισιόντος τινός άπό τών


έξωθεν τάς μορφάς όράν ήμάς καί διανοεΐσθαι· ου
γάρ αν έναποσφραγίσαιτο τά έ'ξω τήν έαυτών φύσιν
του τε χρώματος καί της μορφής διά του άέρος του
μεταξύ ημών τε κάκείνων, ούδέ διά τών άκτίνων ή
ών δήποτε ρευμάτων άφ' ημών πρός έκεΐνα παραγι-
BRIEFE · AN HERODOTOS l6l

wir seine Bewegung wahrgenommen haben. Es wird näm-


lich etwas geschehen, was einem Zusammenstoß ähnlich
ist, auch wenn wir bis jetzt die Schnelligkeit der Bewegung
als widerstandsfrei haben gelten lassen. Es ist nützlich,
auch diesen Grundsatz festzuhalten. Der Annahme, dass
Bilder über unübertreffliche Feinheit verfügen, wider-
spricht nichts aus dem Bereich der sinnlich wahrnehm-
baren Welt. Daher haben sie auch eine unübertreffliche
Geschwindigkeit, weil sie überall eine ihnen entsprechende
Bahn haben, so dass ihrer unaufhörlichen Bewegung nichts
oder nur wenig entgegenschlägt, während einer großen
und unbegrenzten Zahl von Atomen sofort etwas entge-
genschlägt.
(48) Außerdem gilt, dass die Bilder gleichzeitig mit dem
Gedanken entstehen. Denn die Strömung von der Ober-
fläche der Körper fließt ununterbrochen; der Verlust fällt
nicht auf wegen der ständigen Ergänzung; die Strömung
bewahrt die Lage und die Ordnung der Atome am festen
Körper für lange Zeit, auch wenn sie manchmal durchein-
ander gerät, und es entstehen schnelle Bildkompositionen
im umgebenden Raum, weil ihre Füllung keine Räumlich-
keit zu haben braucht, und es gibt noch bestimmte andere
Formen der Entstehung solcher natürlichen Vorgänge.
Denn nichts davon widerspricht der sinnlichen Wahrneh-
mung, wenn man beachtet, wie sie die unmittelbare An-
schaulichkeit und auch die Wahrnehmungsfähigkeit von
den äußeren Dingen her zu uns übermittelt.
(49) Man muss aber auch annehmen, dass wir dadurch,
dass etwas von den äußeren Dingen in uns eindringt, ihre
Formen sehen und denken. Denn die äußeren Dinge
könnten nicht die spezifische Natur ihrer Farbe und Ge-
stalt etwa mit Hilfe der Luft zwischen uns und ihnen und
auch nicht mit Hilfe von Strahlen oder durch irgendwelche
Ströme, die von uns zu ihnen übergehen, so stark in unser
l62 EPISTULAE

νομένων, οΰτως ώς τύπων τινών έπεισιόντων ήμΐν


άπό των πραγμάτων όμοχρόων τε καΐ ομοιομόρφων
κατά τό έναρμόττον μέγεθος εις τήν όψιν η την διά-
νοιαν, ώκέως ταΐς φοραϊς χρωμένων, (50) είτα διά
ταύτην τήν αΐτιαν τοΐ3 ένός και συνεχοϋς τήν φαν-
τασίαν αποδιδόντων και τήν συμπά·&ειαν άπό του
υποκειμένου σφζόντων κατά τόν εκείθεν σύμμετρον
έπερεισμόν εκ της κατά βάθος έν τω στερεμνίω των
ατόμων πάλσεως. και ην αν λάβωμεν φαντασίαν
έπιβλητικώς τή διανοία ή τοις αίοθητηρίοις εϊτε
μορφής εϊτε συμβεβηκότων, μορφή έστιν αΰτη του
στερεμνίου, γινομένη κατά τό εξής πύκνωμα ή έγ-
κατάλειμμα του ειδώλου.

Τό δέ ψευδός και τό διημαρτημένον έν τφ προσδο-


ξαζομένω άεί έστιν (έπί του προσμένοντος) έπιμαρ-
τυρηθήσεσθαι ή μή άντιμαρτυρηθήσεσθαι, ειτ' ουκ
έπιμαρτυρουμένου (ή άντιμαρτυρουμένου). (51) ή τε
γάρ όμοιότης των φαντασμών οιονεί έν είκόνι λαμ-
βανομένων ή καθ' ΰπνους γινομένων ή κατ' αλλας
τινάς έπιβολάς της διανοίας ή τών λοιπών κριτηρίων
ουκ αν ποτε υπήρχε τοις οΰσί τε και άληθέσι προσ-
αγορευομένοις, εΐ μή ην τινα και ταϋτα προς α
<έπι>βάλλομεν· τό δέ διημαρτημένον ουκ αν ύπήρ-
χεν, ει μή έλαμβάνομεν καΐ αλλην τινά κίνηοιν έν
ήμΐν αύτοις συνημμένην μέν (τή φανταστική έπι-
βολή), διάληψιν δέ έχουσαν κατά δέ ταύτην, εάν μέν
μή έπιμαρτυρηθή ή άντιμαρτυρηθή, τό ψεύδος γίνε-
ται- έάν δέ έπιμαρτυρηθή ή μή άντιμαρτυρηθή, τό
αληθές. (52) καΐ ταύτην ούν σφόδρα γε δει τήν δόξαν
BRIEFE · AN H E R O D O T O S 163

Bewusstsein einprägen, wie es der Fall ist, wenn von den


Dingen bestimmte Formen in uns eindringen, die dieselbe
Farbe und Gestalt haben und in ihrer G r ö ß e dem Sehver-
mögen und dem Verstand entsprechen und sich dabei sehr
schnell einprägen, (so) und dann aus diesem G r u n d die
Vorstellung des einheitlichen und zusammenhängenden
Gegenstandes wiedergeben und die Wahrnehmungsfähig-
keit von dem zugrunde liegenden Gegenstand her bewah-
ren, entsprechend der von diesem ausgehenden angemes-
senen Unterstützung, die aus der Schwingung der A t o m e
in der Tiefe des festen Körpers k o m m t . U n d welche Vor-
stellung wir auch immer durch direkten Zugriff mit Hilfe
des Verstandes oder unserer Sinnesorgane entweder von
einer materiellen Gestalt oder von Eigenschaften bekom-
men - es ist die Gestalt des festen Körpers, die durch die
stetige Wiederholung und Verdichtung oder den hinterlas-
senen Eindruck des Bildes entsteht.
Die Täuschung und der Irrtum beruhen immer auf dem,
was man hinzudenkt bei allem, was noch darauf wartet, be-
stätigt oder nicht bestätigt zu werden, und was nicht bestä-
tigt oder widerlegt wird. (51) D e n n die Ähnlichkeit der Vor-
stellungen, die wir sozusagen mit einem Bild aufnehmen
oder die im Schlaf entstehen oder durch irgendwelche an-
deren Zugriffe des Verstandes oder der sonstigen Mittel der
Urteilsfindung mit dem, was wir als seiend und wahr be-
zeichnen, wäre niemals gegeben, wenn es nicht diese mate-
riellen Einwirkungen gäbe, auf die wir zugreifen. Es gäbe
aber keinen Irrtum, wenn wir nicht noch irgendeine andere
Bewegung in uns selbst wahrnehmen müssten, die zwar
mit dem Zugriff der Vorstellungen verbunden ist, aber
doch von diesem abweicht; wenn diese Bewegung nicht be-
stätigt oder widerlegt wird, entsteht die Täuschung, wenn
sie bestätigt oder nicht widerlegt wird, die Wahrheit. (52)
Gerade diesen Lehrsatz muss man mit besonderem N a c h -
164 EPISTULAE

κατέχειν, ϊνα μήτε τά κριτήρια άναιρήται τά κατά


τάς έναργείας μήτε τό διημαρτημένον ομοίως βε-
βαιούμενον πάντα συνταράττΐ].

'Αλλά μήν καΐ τό άκούειν γίνεται ρεύματος τίνος


φερομένου άπό τοΐ3 φωνοΰντος ή ήχοΰντος ή ψοφοΰ-
ντος ή οπως δήποτε άκουστικόν πάθος παρασκευά-
ζοντας. τό δε ρεΰμα τοϋτο είς όμοιομερεις όγκους
διασπείρεται, άμα τινά διασώζοντας συμπάθειαν
προς άλλήλους και ένότητα Ιδιότροπον, διατείνουσαν
πρός τό άποστεΐλαν και τήν έπαίσθησιν την έπ' έκεί-
νου ώς τά πολλά ποιούσαν, ει δε μή γε, τό εξωθεν
μόνον ενδηλον παρασκευάζουσαν. (53) άνευ γάρ ανα-
φερομένης τινός έκεΐθεν συμπαθείας ουκ αν γένοιτο
ή τοιαύτη έπαίσθησις. ουκ αυτόν οΰν δει νομίζειν
τόν άέρα υπό της προιεμένης φωνής ή και των ομο-
γενών σχηματίζεσθαι - πολλήν γάρ ενδειαν εξει
τοϋτο πάσχων ύπ' έκείνης - άλλ' ευθύς τήν γι-
νομένην πληγήν έν ήμΐν, οταν φωνήν άφίωμεν,
τοιαύτην εκθλιψιν όγκων τινών ρεύματος πνευμα-
τώδους άποτελεστικών ποιείσθαι, ή τό πάθος τό
άκουστικόν ήμιν παρασκευάζει.

ΚαΙ μήν καΐ τήν όσμήν νομιστέον, ώσπερ και τήν


άκοήν ουκ άν ποτε ούθέν πάθος έργάσασθαι, εί μή
όγκοι τινές ήσαν άπό του πράγματος άποφερόμενοι
σύμμετροι πρός τούτο τό αίσθητήριον κινείν, οί μέν
τοΐοι τεταραγμένως καΐ άλλοτρίως, οί δέ τοΐοι άτα-
ράχως και οίκείως εχοντες.
(54) ΚαΙ μήν καΐ τάς άτόμους νομιστέον μηδεμίαν
ποιότητα των φαινομένων προσφέρεσθαι πλην σχή-
ματος καΐ βάρους και μεγέθους και οσα έξ άνάγκης
σχήματος συμφυή έστι. ποιότης γάρ πάσα με-
BRIEFE · AN H E R O D O T O S 165

druck betonen, damit weder die Mittel der Urteilsfindung


verloren gehen, die sich auf unmittelbare Anschaulichkeit
stützen, noch der Irrtum, der sich ebenso wie die Wahrheit
verfestigen kann, alles in Verwirrung bringt.
A u c h das Hören entsteht durch eine A r t von Strömung,
die von dem tönenden, schallenden, lärmenden oder einem
irgendwie sonst eine Hörempfindung auslösenden Gegen-
stand ausgeht. Diese Strömung zerstreut sich in gleichar-
tige Teilchen, die zugleich eine bestimmte Wahrnehmungs-
fähigkeit für einander und eine besondere Einheitlichkeit
haben, die bis zu dem entsendenden Gegenstand zurück-
reicht und in der Regel die diesem entsprechende Wahr-
nehmung hervorruft oder doch wenigstens deutlich macht,
dass etwas von außen ankommt. (53) D e n n ohne irgend-
eine von dort übertragene Wahrnehmungsfähigkeit könnte
eine derartige Wahrnehmung nicht erfolgen. Man darf also
nicht glauben, die Luft selbst werde durch den ausgesand-
ten Ton oder durch Ahnliches geformt - denn es werden
viele Voraussetzungen dafür fehlen, dass dies der Luft
durch den Ton zuteil wird - ; statt dessen ist davon aus-
zugehen, dass der in uns entstehende Schlag, wenn wir
einen Ton aussenden, einen solchen Ausstoß bestimmter,
eine hauchartige Strömung erzeugender Teilchen verursa-
chen, der uns das Gefühl des Hörens vermittelt.
Entsprechendes muss man vom Geruchssinn annehmen,
der wie auch das Gehör niemals eine Empfindung auslösen
könnte, wenn es nicht bestimmte Teilchen gäbe, die, von
dem Gegenstand ausgehend, maßgerecht auf diesen bezo-
gen, das Sinnesorgan reizen, teils auf verwirrende und ab-
stoßende, teils auf nicht störende und angenehme Weise.
(54) Ferner ist anzunehmen, dass die A t o m e keine Ei-
genschaft der sichtbaren Dinge aufweisen - außer Gestalt,
Schwere und Größe und was zwangsläufig mit einer G e -
stalt verbunden ist. D e n n jede Eigenschaft verändert sich;
l66 EPISTULAE

ταβάλλει· αί δε άτομοι ουδέν μεταβάλλουσιν, έπειδή


περ δει τι ύπομένειν έν ταΐς διαλύσεσι των συγ-
κρίσεων στερεόν καΐ άδιάλυτον, δ τάς μεταβολάς
ουκ είς το μή δν ποιήσεται ούδ' έκ τοί3 μή οντος, άλλά
κατά μεταθέσεις έν πολλοίς, τινών δέ καΐ προσόδους
και άφόδους. όθεν άναγκαΐον τά [μή] μετατιθέμενα
άφθαρτα είναι και την του μεταβάλλοντος φΰσιν ουκ
έχοντα, όγκους δέ και σχηματισμούς ιδίους· ταί3τα
γάρ και άναγκαΐον ύπομένειν. (55) και γάρ έν τοις
παρ' ήμΐν μετασχηματιζομένοις κατά την περιαίρε-
σιν τό σχήμα ένυπάρχον λαμβάνεται, αΐ δέ ποιότητες
ούκ ένυπάρχουσαι έν τω μεταβάλλοντι, ώσπερ έκεΐ-
νο καταλείπεται, άλλ' έξ ολου τοΰ σώματος άπολ-
λύμεναι. ικανά ούν τά ύπολειπόμενα ταύτα τάς των
συγκρίσεων διαφοράς ποιείν, έπειδή περ ύπολείπε-
σθαί γέ τινα άναγκαΐον και (μή) εις τό μή öv φθείρε-
σθαι.

Άλλά μήν ουδέ δει νομίζειν πάν μέγεθος έν ταΐς


άτόμοις ύπάρχειν, ϊνα μή τά φαινόμενα άντιμαρ-
τυρή· παραλλαγάς δέ τινας μεγεθών νομιστέον είναι,
βέλτιον γάρ και τούτου προσόντος τά κατά τά πάθη
και τάς αισθήσεις γινόμενα άποδοθήσεται. (56) παν
δέ μέγεθος υπάρχον ούτε χρήσιμόν έστι προς τάς των
ποιοτήτων διαφοράς, άφΐχθαί τε αμ' έδει καΐ πρός
ήμάς όρατάς άτόμους· δ ού θεωρείται γινόμενον
ούθ' όπως αν γένοιτο ορατή ατομος έστιν έπινοήσαι.
Πρός δέ τούτοις ού δει νομίζειν έν τω ώρισμένω σώ-
ματι άπειρους ογκους είναι ούδ' όπηλίκους ούν.
B R I E F E · AN H E R O D O T O S 167

die Atome aber verändern sich nicht, da doch etwas Fes-


tes und Unauflösbares erhalten bleiben muss, wenn sich
die Verbindungen auflösen, das die Veränderungen nicht in
das Nichtseiende und auch nicht aus dem Nichtseienden
vollzieht, sondern im allgemeinen durch Umstellungen,
manchmal auch dadurch, dass etwas hinzukommt oder
sich entfernt. Daher ist es notwendig, dass alles was umge-
stellt wird, unvergänglich ist und nicht die Natur dessen
hat, was sich verändert, durchaus aber eigene Teilchen und
Gestalten besitzt. Denn auch diese haben zwangsläufig Be-
stand. (55) Denn auch bei den Dingen, die in unserem Er-
fahrungsbereich umgestaltet werden, indem etwas von ih-
nen weggenommen wird, wird die Gestalt als dauerhaft
vorhanden aufgefasst; das gilt aber nicht für die Eigen-
schaften. Sie bleiben nicht in dem sich Verändernden erhal-
ten, wie die Gestalt erhalten bleibt, sondern verschwinden
aus dem ganzen Körper. Was zurückbleibt, reicht aus, um
die Verschiedenheiten der Verbindungen zu erzeugen.
Denn es ist notwendig, dass irgendetwas zurückbleibt und
nicht in das Nichtseiende vergeht.
Man darf weiterhin nicht annehmen, dass jede Größe
bei den Atomen vorkommt; das sinnlich Wahrnehmbare
würde dagegen sprechen. Von gewissen Abweichungen in
den Größen muss man jedoch ausgehen. Denn wenn dies
hinzukommt, kann man das, was bei den Empfindungen
und Wahrnehmungen geschieht, besser erklären. (56) Dass
aber jede Größe vorhanden wäre, wäre nicht nützlich für
die Unterschiede zwischen den Eigenschaften, und dann
müssten uns auch schon sichtbare Atome vor Augen ge-
kommen sein; man nimmt aber nicht wahr, dass dies ge-
schieht, und man kann sich nicht vorstellen, wie ein sicht-
bares Atom entstehen könnte. Außerdem darf man nicht
annehmen, dass es in einem begrenzten Körper unbe-
grenzt viele Teilchen in beliebiger Größe gäbe. Demnach
l68 EPISTULAE

ώστε οΰ μόνον τήν είς άπειρον τομήν έπΙ τοΰλαττον


άναιρετέον, ίνα μή πάντα άσ^ενη ποιώμεν κάν ταΐς
περιλήψεσι των άθρόων είς τό μή öv άναγκαζώμεθα
τά όντα ·ό·λίβοντες καταναλισκειν, άλλά και τήν με-
τάβασιν μή νομιστέον γίνεσθαι εν τοις ώρισμένοις είς
άπειρον μηδ' έ<πΙ) τοΰλαττον. (57) οΰτε γάρ οπως,
έπειδάν άπαξ τις εϊπη δτι άπειροι όγκοι εν τινι
ύπάρχουσιν ή όπηλίκοι οΰν, εστι νοήσαι· πώς τ' άν
ετι τοΰτο πεπερασμένον εϊη τό μέγεθος; πηλίκοι γάρ
τίνες δήλον ώς οί άπειροι είσιν ογκοι· και ούτοι
όπηλίκοι άν ποτε ώσιν, άπειρον άν ήν και τό μέγε-
θος. άκρον τε έχοντος τοϋ πεπερασμένου διαληπτόν,
εί μή καΐ καθ' εαυτό θεωρητόν, ούκ εστι μή ού και τό
έξης τούτου τοιούτον νοεΐν, καΐ οΰτω κατά τό έξης
είς τοΰμπροσθεν βαδίζοντα είς τό άπειρον ύπάρχειν
κατά (το) τοιούτον άφικνεΐσθαι τή έννοια. (58) τό τε
έλάχιστον τό εν τή αίσθήσει δει κατανοεϊν οτι οΰτε
τοιούτον έστιν οίον τό τάς μεταβάσεις εχον οΰτε
πάντη πάντως άνόμοιον, άλλ' έχον μέν τινα κοι-
νότητα τών μεταβατών, διάληψιν δέ μερών ούκ έχον
άλλ' οταν διά τήν της κοινότητος προσεμφέρειαν οί-
ηθώμεν διαλήψεσθαί τι αΰτοϋ, τό μέν έπιτάδε, τό δέ
έπέκεινα, τό ϊσον ήμιν δει προσπίπτειν. εξής τε θεω-
ροΰμεν ταϋτα άπό τοϋ πρώτου καταρχόμενοι και
ούκ έν τω αύτω, ούδέ μέρεσι μερών άπτόμενα, άλλ' ή
B R I E F E • AN H E R O D O T O S 169

müssen wir nicht nur die ins Grenzenlose reichende Zer-


schneidung zum jeweils Kleineren hin ablehnen, damit wir
nicht alle bisherigen Überlegungen gefährden und beim
Erfassen der Zusammenballungen nicht gezwungen wer-
den, das Seiende in das Nichtsein zu drängen und zu ver-
brauchen, sondern wir dürfen auch nicht annehmen, dass
bei den begrenzten Dingen der Übergang ins Unbegrenzte
oder auch zum jeweils Kleineren erfolgt. Denn wenn je-
mand einmal behauptet, es seien in irgendetwas unbe-
grenzt viele Teilchen oder Teilchen in beliebiger Größe ent-
halten, dann ist das nicht vorstellbar. Wie könnte dieser
Körper hinsichtlich seiner Größe noch begrenzt sein? Es
ist doch klar, dass die zahlenmäßig unbegrenzten Teilchen
eine bestimmte Größe haben. Und wie groß sie auch seien,
der Körper wäre hinsichtlich seiner Größe unbegrenzt. Da
nun davon auszugehen ist, dass das Begrenzte einen An-
fang und ein Ende hat, auch wenn dies für sich nicht sicht-
bar ist, kann man sich das Nächstfolgende genauso vorstel-
len (d.h. mit einem Anfang und einem Ende). Und wenn
man so allmählich immer weiter fortschreitet, ergibt es
sich, dass man folgerichtig im Denken schließlich bis zum
Unbegrenzten kommt. (58) Man muss bedenken, dass das
kleinste Objekt der Sinneswahrnehmung weder dem Ver-
änderlichen gleich noch ihm auch ganz unähnlich ist, son-
dern nur eine gewisse Übereinstimmung mit dem Ver-
änderlichen aufweist, aber keine unterschiedlichen Teile
erkennen lässt. Aber wenn wir wegen der Ähnlichkeit und
Übereinstimmung glauben, einen Teil von diesem Kleins-
ten greifen zu können, sei es hier, sei es dort, so tritt uns
zwangsläufig etwas anderes entgegen, das diesem gleicht.
Indem wir mit der ersten beginnen, betrachten wir der
Reihe nach die ihm gleichenden Gegebenheiten, die sich
aber nicht an derselben Stelle befinden und mit Teilen auch
keine anderen Teile berühren, sondern mit der ihnen eige-
I/o EPISTULAE

έν Tfi Ιδιότητι хт] έαυτών τά μεγέθη καταμετροϋντα,


τά πλείω πλεΐον καΐ τά έλάττω ελαττον. ταύτη τη
αναλογία νομιστέον και τό έν τη άτόμφ έλάχιστον
κεχρήσθαι· (59) μι,κρότητι γάρ έκεινο δήλον ώς δια-
φέρει του κατά την αισθησιν θεωρουμένου, αναλογία
δέ τη αύτη κέχρηται. έπεί περ καΐ δτι μέγεθος εχει ή
άτομος, κατά τήν ένταΰθα άναλογίαν κατηγορήσα-
μεν, μικρόν τι μόνον μακράν έκβαλόντες. ετι τε τά έλ-
άχιστα και άμερη πέρατα δει νομίζειν των μηκών τό
καταμέτρημα έξ αυτών πρώτον τοις μείζοσι και
έλάττοσι παρασκευάζοντα τη διά λόγου θεωρία έπΙ
τών αοράτων, ή γάρ κοινότης ή υπάρχουσα αύτοίς
πρός τά άμετάβατα ικανή τό μέχρι τούτου συντελέ-
σαι, συμφόρησιν δέ εκ τούτων κίνησιν έχόντων ούχ
οϊόν τε γίνεσθαι.

(6ο) ΚαΙ μην καΐ του απείρου ώς μέν άνωτάτω ή


κατωτάτω ου δει κατηγορείν τό άνω ή κάτω. ϊσμεν
μέντοι τό υπέρ κεφαλής, οθεν άν στώμεν, είς άπειρον
άγειν ον, μηδέποτε φανεΐσθαι τοΰτο ήμίν, ή τό ύπο-
κάτω του νοηθέντος είς άπειρον, άμα άνω τε είναι
και κάτω πρός τό αύτό· τοΰτο γάρ άδύνατον διανοη-
θήναι. ώστε εστι μίαν λαβείν φοράν τήν άνω νοου-
μένην εις άπειρον και μίαν τήν κάτω, άν καΐ μυριάκις
πρός τους πόδας τών έπάνω τό παρ' ημών φερόμε-
νον (είς) τούς υπέρ κεφαλής ήμών τόπους άφικνήται
ή έπι τήν κεφαλήν τών ύποκάτω τό παρ' ήμών κάτω
BRIEFE · AN HERODOTOS I/I

nen Besonderheit die Größen durchmessen, und zwar die


Größeren eine größere und die Kleineren eine kleinere.
Man hat davon auszugehen, dass auch das im Bereich des
Unteilbaren Kleinste diese Proportionen aufweist. (59).
Denn offensichtlich unterscheidet sich jenes an Kleinheit
von dem der Sinneswahrnehmung Zugänglichen, weist
aber dieselben Proportionen auf. Denn dass das Atom
Größe hat, haben wir gemäß der dort gültigen Proportion
festgestellt, nachdem wir nur etwas Kleines auf ein großen
Maßstab gebracht hatten. Ferner ist es nötig, dass man
die kleinsten und unvermischten Teile für Endwerte hält,
die aus sich heraus den ersten Maßstab für das Größere
und Kleinere abgeben mit Hilfe der theoretischen Unter-
suchung im Bereich des Nichtsichtbaren. Denn die Ge-
meinsamkeit, die sie mit dem Unveränderlichen haben,
reicht aus, um mit der Schlussfolgerung so weit zu gehen.
Aber eine Vereinigung aufgrund der Tatsache, dass sie Be-
wegung haben, ist nicht möglich.
(60) Weiterhin darf man im Zusammenhang mit dem
Unbegrenzten nicht von »oben« und »unten« sprechen,
als ob es ein Oberstes oder ein Unterstes gäbe. Wir wissen
jedoch, wenn es möglich wäre, den Raum über unserem
Kopf von dem Punkt aus, wo wir stehen, ins Unbegrenzte
zu verlängern oder auch den Raum, der nach unten ins
Unbegrenzte führend gedacht ist, dass es uns niemals so
erscheinen wird, als ob gleichzeitig oben und unten sei in
Bezug auf denselben Punkt. Denn das ist undenkbar. Da-
her ist es möglich, eine Bewegung anzunehmen, die nach
oben ins Unbegrenzte führend gedacht wird, und eine
zweite Bewegung, die nach unten führt, auch wenn unzäh-
lige Male das, was von uns aus in die Räume über unserem
Kopf getragen wird und zu den Füßen derer, die sich oben
befinden, gelangt oder das, was von uns aus nach unten ge-
tragen wird oder zum Kopf derer gelangt, die sich unten
IJ2 EPISTULAE

φερόμενον ή γαρ δλη φορά ούθέν ήττον έκατέρα


έκατέρα άντικειμένη έπ' άπειρον νοείται.

(6ι) Και μην και Ισοταχείς άναγκαΐον τάς άτόμους


είναι, οταν δια του κενοί3 είσφέρωνται μηθενός άντι-
κόπτοντος· οΰτε γάρ τά βαρέα θαττον οίσθήσεται
των μικρών και κούφων, οταν γε δή μηδέν άπαντα
αύτοϊς- οΰτε τά μικρά των μεγάλων, πάντα πόρον
σύμμετρον έχοντα, οταν μηθέν μηδέ έκείνοις άντι-
κόπτη· οΰθ' ή άνω οΰθ' ή είς τό πλάγιον διά των κρού-
σεων φορά, οΰ·θ' ή κάτω διά των ιδίων βαρών, εφ'
όπόσον γάρ άν κατίσχη έκάτερον, έπΙ τοσοί5τον άμα
νοήματι την φοράν σχήσει, εως άντικόψη ή εξω·θεν ή
έκ τού Ιδίου βάρους προς την του πλήξαντος δύνα-
μιν.

(62) Άλλα μην καΐ κατά τάς συγκρίσεις θάττων


έτερα ετέρας ρηθήσεται, των άτόμων Ισοταχών ού-
σών, τω έφ' ένα τόπον φέρεσθαι τάς έν τοις άθροίσμα-
σιν άτόμους και κατά τόν έλάχιστον συνεχή χρόνον,
ε'ι μή έφ' ενα κατά τους λόγω θεωρητούς χρόνους·
άλλά πυκνόν άντικόπτουσιν, εως αν υπό την αϊσ·θη-
σιν τό συνεχές της φοράς γίνηται. τό γάρ προσδο-
ξαζόμενον περί του αοράτου, ως άρα καΐ οί διά
λόγου θεωρητοί χρόνοι τό συνεχές της φοράς εξου-
σιν, ουκ άληθές έστιν έπΙ των τοιούτων έπεί τό γε
^εωρούμενον πάν ή κατ' έπιβολήν λαμβανόμενον τη
διανοία αληθές έστι.

(6з) Μετά δέ ταύτα δει συνοράν άναφέροντα επί


BRIEFE · AN H E R O D O T O S I73

befinden. Denn die ganze Bewegung wird trotzdem so ge-


dacht, dass die eine der anderen entgegengesetzt ins Unbe-
grenzte gelangt.
(61) Weiterhin ist es notwendig, dass die A t o m e gleich
schnell sind, wenn sie sich durch das Leere ohne einen Wi-
derstand heranbewegen. Denn weder werden die großen
und schweren schneller bewegt als die Ideinen und leichten,
jedenfalls wenn ihnen nichts entgegentritt, noch die kleinen
schneller als die großen, obwohl sie doch eine zu ihnen pas-
sende Bahn haben, wenn auch jenen nichts entgegentritt.
Weder die Bewegung nach oben, noch die durch Stöße ver-
ursachte Bewegung zur Seite, noch die durch das eigene
Gewicht veranlasste Bewegung nach unten wird schneller
erfolgen. Solange nämlich die Bewegung anhält, wird jeder
Gegenstand seine Bewegung so schnell wie ein Gedanke
haben, bis er, entweder durch etwas von außen oder durch
das eigene Gewicht veranlasst, auf den Widerstand eines
mit ihm zusammenstoßenden Gegenstandes trifft.
(62) Weiterhin wird man bei den zusammengesetzten
Körpern sagen können, dass der eine schneller ist als der
andere, obwohl die A t o m e gleich schnell sind, aufgrund
der Tatsache, dass sich die A t o m e in den zusammenge-
setzten Körpern auf einen Punkt hin bewegen, und zwar
in dem kürzesten Zeitkontinuum, wenn auch nicht im
Sinne der gedanklich erfassten Zeit auf ein und densel-
ben Punkt hin. Sie prallen vielmehr häufig aufeinander, bis
der Zusammenhang der Bewegung sinnlich wahrnehmbar
wird. D e n n was über das Unsichtbare hinzugedacht wird,
dass also auch die gedanklich erfassten Zeitabschnitte eine
zusammenhängende Bewegung haben können, ist in die-
sem Falle falsch. D e n n nur das, was wirklich beobachtet
wird oder durch den unmittelbaren Zugriff mit dem Ver-
stand erfasst wird, ist wahr.
(63) Danach muss man sehen, indem man sich auf die
174 EPISTULAE

τάς αισθήσεις και τά πάθη - οΰτω γάρ ή βεβαιότατη


πίστις εσται - δτι ή ψυχή σώμα έστι λεπτομερές, παρ'
ολον τό άθροισμα παρεσπαρμένον, προσεμφερέστα-
τον δέ πνεύματι, θερμού τινα κράσιν εχοντι καΐ πη
μέν τοΰτφ προσεμφερές, πή δέ τοϋτψ. εστι δέ τι μέρος
πολλήν παραλλαγήν ε'ιληφός τή λεπτομερεία και αυ-
τών τούτων, συμπαθές διά τοϋτο μάλλον και τω λοι-
πω άθροισματι- τοϋτο δέ παν αι δυνάμεις της ψυχής
δηλοϋσι και τά πάθη καΐ αι εύκινησίαι και αι δια-
νοήσεις και ων στερόμενοι θνήσκομεν. Και μήν και,
οτι εχει ή ψυχή τής αίσθήσεως τήν πλείστην αίτίαν,
δει κατέχειν (64) ου μήν είλήφει αν ταύτην, εί μή υπό
του λοιποί) άθροίσματος έστεγάζετό πως· τό δέ λοι-
πόν άθροισμα παρασκευάσαν έκειντ) τήν αΙτίαν ταύ-
την μετείληφε και αύτό τοιούτου συμπτώματος παρ'
έκεινης, ου μέντοι πάντων ων εκείνη κέκτηται· διό
άπαλλαγείσης τής ψυχής ουκ εχει τήν αϊσθησιν. ου
γάρ αυτό έν έαυτώ ταύτην έκέκτητο τήν δύναμιν,
άλλ' έτέρω άμα συγγεγενημένφ αύτώ παρεσκεύαζεν,
ο διά τής συντελεσθείσης περί αύτό δυνάμεως κατά
τήν κίνησιν σύμπτωμα αίσθητικόν ευθύς άποτελοϋν
έαυτω άπεδίδου κατά τήν όμούρησιν και συμπά-
θειαν και έκείνφ, καθάπερ εΐπον.

(65) Διό δή και ένυπάρχουσα ή ψυχή ουδέποτε


άλλου τινός μέρους άπηλλαγμένου άναισθητει· άλλ'
α αν καΐ ταύτης ξυναπόληται του στεγάζοντας λυ-
θέντος ε'ίθ' ολου εϊτε και μέρους τινός, έάν περ
BRIEFE · AN H E R O D O T O S 1/5

sinnlichen Wahrnehmungen und Empfindungen bezieht -


so nämlich wird die sicherste Gewissheit entstehen - , dass
die Seele ein Körper ist, der aus feinsten Teilchen besteht
und in die Gesamtheit der Körpergestalt eingestreut ist,
einem Hauch am ähnlichsten, der über eine Beimischung
von Wärme verfügt und bald dem Hauch, bald der Wärme
ähnlich ist. Es gibt aber noch einen bestimmten Seelenteil,
der sich aufgrund seiner Feinheit sehr unterscheidet von
diesen beiden und deswegen in noch engerer Verbindung
mit der übrigen Körpergestalt steht; das alles veranschau-
lichen die Kräfte der Seele, die Empfindungen, die leichte
Ansprechbarkeit, die Gedankenarbeit und die Kraft, bei
deren Verlust wir sterben. Schließlich ist noch festzuhal-
ten, dass die Seele die Hauptursache für die Wahrnehmung
ist. (64) D o c h sie verfügte darüber nicht, wenn sie nicht
irgendwie von der übrigen Körpergestalt dabei bedeckt
würde. Die übrige Körpergestalt aber, die der Seele diese
Ursachenfunktion verschafft hat, hat ihrerseits durch sie
Anteil an einer solchen Eigenschaft, allerdings nicht an al-
len Eigenschaften, die jene besitzt. Deshalb hat der Körper
kein Wahrnehmungsvermögen mehr, wenn die Seele sich
von ihm getrennt hat. D e n n nicht an sich und von sich aus
besaß der Körper dieses Vermögen, sondern er verschaffte
es einem anderen Teil, der zugleich mit ihm entstand; die-
ser Teil gab aufgrund des bei ihm selbst entfalteten Vermö-
gens, indem er entsprechend der Bewegung die Wahrneh-
mungsfähigkeit sofort für sich selbst entwickelte, auch der
Körpergestalt, wie ich gesagt habe, gemäß der Nachbar-
schaft und der Fähigkeit z u m Mitempfinden Anteil daran.

(65) Deshalb wird auch die Seele, solange sie sich in der
Körpergestalt befindet, niemals ohne Wahrnehmung sein,
auch wenn irgendein anderer Teil abgetrennt ist, sondern
was auch immer von ihr mit zugrunde geht, nachdem der
sie bedeckende Körper beseitigt ist, entweder vollständig
1/6 EPISTULAE

διαμένη, σώζει τήν αϊσ'&ησιν. τό δέ λοιπόν άθροισμα


διαμένον καί δλον και κατά μέρος ουκ εχει τήν αϊσ-
θησιν εκείνου άπηλλαγμένου, οσον ποτέ έστι τό συν-
τεΐνον των άτόμων πλήθος εις τήν της ψυχής φΰσιν.
Καί μήν καί λυομένου του ολου αθροίσματος ή ψυχή
διασπείρεται και ούκέτι εχει τάς αύτάς δυνάμεις
ουδέ κινείται, ώστε ούδ' αίσθησιν κέκτηται. (66) ού
γάρ οΐόν τε νοεΐν αυτό αίσθανόμενον μή έν τούτω τω
συστήματι καί ταΐς κινήσεσι ταύταις χρώμενον, οταν
τά στεγάζοντα καί περιέχοντα μή τοιαύτα ή, έν οίς
νυν οΰσα εχει ταύτας τάς κινήσεις. Άλλά μήν και
τόδε (6/) γε δει προσκατανοεΐν, οτι τό άσώματον
λέγομεν κατά τήν πλείστην όμιλίαν του ονόματος έπί
του καθ' εαυτό νοηθέντος α ν καθ' έαυτό δέ ουκ έστι
νοήσαι τό άσώματον πλήν του κενοϋ· τό δέ κενόν
οΰτε ποιήσαι οΰτε παθείν δύναται, άλλά κίνησιν
μόνον δι' έαυτοΰ τοις σώμασι παρέχεται, ώσθ' οι λέ-
γοντες άσώματον είναι τήν ψυχή ν ματαιΐζουσιν.
ούθέν γάρ άν έδύνατο ποιείν ουτε πάσχειν, εί ην
τοιαύτη· νυν δ' έναργώς άμφότερα ταϋτα δια-
λαμβάνομεν περί τήν ψυχήν τά συμπτώματα. (68)
ταύτα οΰν πάντα τά διαλογίσματα (τά) περί ψυχής
άνάγων τις έπί τά πάθη καί τάς αισθήσεις, μνημο-
νεύων των έν άρχή ρηθέντων, ίκανώς κατόψεται τοις
τύποις έμπεριειλημμένα είς τό κατά μέρος άπό
τούτων έξακριβοΰσθαι βεβαίως.

Άλλά μήν καί τά σχήματα καί τά χρώματα καί τά


μεγέθη καί τά βάρη καί οσα άλλα κατηγορείται σώ-
BRIEFE · AN HERODOTOS I77

oder zu einem Teil, sie behält ihre Wahrnehmungsfähig-


keit, wenn sie überhaupt erhalten bleibt. Wenn die übrige
Körpergestalt ganz oder teilweise erhalten bleibt, hat sie
keine Wahrnehmungsfähigkeit, sobald jenes beseitigt ist,
was die für die Natur der Seele erforderliche Menge an
Atomen zusammenhält. Sobald sich allerdings die Ge-
samtheit der Körpergestalt auflöst, zerstreut sich die Seele,
hat nicht mehr dieselben Fähigkeiten und bewegt sich auch
nicht mehr; folglich besitzt sie auch nicht mehr die Wahr-
nehmungsfähigkeit. (66) Denn man kann sich nicht vor-
stellen, dass noch Wahrnehmung möglich ist, wenn dieser
Zusammenhang nicht mehr existiert und diese Bewegun-
gen nicht mehr ausgeführt werden können, sobald das Be-
deckende und Umfassende nicht mehr so ist wie die Um-
gebung, in der sie sich jetzt befindet und entsprechende
Bewegungen ausführt. (67) Weiterhin muss man auch dies
mit einbeziehen, dass der Begriff des Unkörperlichen im
üblichen Wortsinne für das gebraucht wird, was nur als für
sich seiend gedacht wird. Als für sich seiend ist das Unkör-
perliche nur als das Leere zu denken. Das Leere aber kann
weder eine Wirkung auslösen noch erfahren, sondern er-
möglicht den Körpern Bewegung nur durch sich selbst
hindurch. Demnach reden diejenigen Unsinn, die behaup-
ten, die Seele sei unkörperlich. Sie könnte nämlich nichts
bewirken oder erfahren, wenn sie so wäre. Jetzt aber un-
terscheiden wir ganz klar diese beiden Möglichkeiten für
die Seele. (68) Wenn man nun also alle Überlegungen über
die Seele auf die Empfindungen und Wahrnehmungen be-
zieht und sich an das am Anfang Gesagte erinnert, wird
man erkennen, dass sie in ihren Umrissen hinreichend er-
fasst sind, um von da aus die Einzelheiten zuverlässig zu
bestimmen.
Auch Gestalt, Farbe, Größe, Gewicht und was sonst
noch über einen Körper ausgesagt wird, als ob es Eigen-
1/8 EPISTULAE

ματος ώς αν άεί συμβεβηκότα ή πάσιν ή τοις όρατοΐς


και κατά τήν αϊσθησιν αυτών γνωστοίς, οΰθ' ώς καθ'
έαυτάς είσι φύσεις δοξαστέον - ού γάρ δυνατόν έπι-
νοήσαι τοϋτο - (69) οΰτε ολως ώς ουκ εΙσίν, οΰθ' ώς
ετερ' άττα προσυπάρχοντα τούτω άσώματα, οΰθ' ώς
μόρια τούτου, αλλ' ώς τό δλον σωμα καθόλου έκ
τούτων πάντων τήν έαυτοΰ φύσιν εχον άιδιον, ούχ
οίον δέ είναι συμπεφορημένον - ώσπερ οταν έξ
αυτών τών όγκων μείζον άθροισμα συστη ήτοι των
πρώτων ή τών του ολου μεγεθών τούδε τινός έλατ-
τόνων - άλλά μόνον, ώς λέγω, έκ τούτων άπάντων
τήν έαυτοΰ φύσιν εχον άίδιον. και έπιβολάς μέν
έχοντα ιδίας πάντα ταΰτά έστι καΐ διαλήψεις, συμπα-
ρακολουθοΰντος δέ του αθρόου και ούθαμή άποσχι-
ζομένου, άλλά κατά τήν άθρόαν έννοιαν του σώ-
ματος κατηγορίαν ε'ιληφότος.

(/ο) ΚαΙ μην καΐ τοις σώμασι συμπίπτει πολλάκις


καΐ ουκ άίδιον παρακολουθεί οΰτ' έν τοις άοράτοις
καΐ οΰτε άσώματα. ώστε δή κατά τήν πλείστην φοράν
τούτφ τψ όνόματι χρώμενοι φανερά ποιοΰμεν τά
συμπτώματα οΰτε τήν τοΰ δλου φύσιν έχειν, ο συλ-
λαβόντες κατά τό άθρόον σώμα προσαγορεύομεν,
οΰτε τήν τών άίδιον παρακολουθούντων, ών άνευ
σώμα ού δυνατόν νοεϊσθαι. κατ' έπιβολάς δ' άν τινας
παρακολουθοϋντος του άθρόου έκαστα προσαγο-
ρευθείη, (/ι) άλλ' οτε δήποτε έκαστα συμβαίνοντα
BRIEFE · AN HERODOTOS I79

Schäften von allen oder nur von sichtbaren und mit Hilfe
der Wahrnehmungsfähigkeit erkennbaren Körpern wären,
dürfen weder als für sich existierende Naturen aufgefasst
werden - denn das kann man sich unmöglich vorstellen -
(69) noch darf man annehmen, dass sie gar nicht vorhan-
den seien oder dass sie irgendwelche anderen unkörper-
lichen Gegebenheiten seien, die dem Körper anhafteten,
oder dass es Teile von ihm seien, sondern man muss davon
ausgehen, dass der ganze Körper insgesamt mit all diesem
seine eigene beständige Natur erhält, aber nicht als ob er
aus Zusammengetragenem bestünde - so wie wenn aus
den Teilchen selbst ein größeres Gebilde entstünde, und
zwar entweder aus den ursprünglichen Teilchen oder aus
irgendwelchen Größen des Ganzen, die kleiner sind als ir-
gendein Ganzes dieser Art - , sondern nur, wie ich sage, in
dem Sinne, dass der Körper aus all diesem seine beständi-
ge Natur erhält. Alle diese Eigenschaften sind so, dass sie
eigene Möglichkeiten des Zugriffs und der Unterscheidung
haben, aber nur wenn der Zusammenhang mit dem Gan-
zen gegeben ist und sich nichts irgendwohin ablöst; viel-
mehr wird der Körper nur aufgrund der Vorstellung von
seiner Ganzheit so bezeichnet.
(70) "Weiterhin fallen den Körpern oft durch Zufall Qua-
litäten zu, die ihnen nicht ständig anhaften. Diese gehö-
ren weder zum Unsichtbaren noch sind sie unkörperlich.
Wenn wir daher nach dem üblichen Sprachgebrauch die-
sen Begriff verwenden, machen wir deutlich, dass die zu-
fälligen Eigenschaften weder die Natur des Ganzen, das
wir zusammenfassend »Körper« nennen, noch die Natur
der ihn ständig begleitenden Eigenschaften haben, ohne
die ein Körper nicht vorstellbar ist. Mit Hilfe bestimmter
Formen des Zugriffs, wenn dabei das Gesamte nicht aus-
geklammert wird, könnten die einzelnen Eigenschaften be-
nannt werden, (71) doch nur wenn man beobachtet, dass
l80 EPISTULAE

θεωρείται, ουκ άίδιον των συμπτώματων παρακο-


λουθούντων. καΐ ουκ έξελατέον έκ τοί3 οντος ταύτην
τήν ένάργειαν, οτι ουκ εχει τήν του ολου φύσιν ω
συμβαίνει ο δή καΐ σώμα προσαγορεύομεν, ουδέ τήν
των άίδιον παρακολουθοΰντων, ούδ' αΰ κα·&' αυτά
νομιστέον - ουδέ γάρ τοϋτο διανοητόν οΰτ' έπί τού-
των οί5τ' έπι των άίδιον συμβεβηκότων - άλλ' οπερ
και φαίνεται, συμπτώματα πάντα τά τοιαί3τα νομισ-
τέον, καΐ ουκ άίδιον παρακολουθοί3ντα ούδ' αύ φύ-
σεως κ α θ ' έαυτά τάγμα έχοντα, αλλ' ον τρόπον αυτή
ή αϊσθησις τήν ιδιότητα ποιεί, θεωρείται.

(72) Και μήν καΐ τόδε γε δει προσκατανοήσαι σφο-


δρώς· τον γάρ δή χρόνον ού ζητητέον ώσπερ καΐ τά
λοιπά, οσα έν ύποκειμένω ζητοϋμεν άνάγοντες έπΙ
τάς βλεπομένας π α ρ ' ήμΐν αύτοΐς προλήψεις, άλλ'
αυτό τό ένάργημα, κ α θ ' δ τόν πολύν ή όλίγον χρόνον
άναφωνοΰμεν, συγγενικώς τοϋτο περιφέροντες, άνα-
λογιστέον. και ούτε διαλέκτους ώς βελτίους μετα-
ληπτέον, άλλ' αύταΐς ταΐς ύπαρχούσαις κατ' αυτού
χρηστέον, ούτε άλλο τι κατ' αύτού κατηγορητέον, ώς
τήν αυτήν ούσίαν έχοντος τω ίδιώματι τ ο ύ τ φ - και
γάρ τοϋτο ποιοΰσί τίνες - άλλά μόνον ω συμπλέκο-
μεν τό ϊδιον τοϋτο και παραμετροΰμεν, μάλιστα έπι-
λογιστέον. (73) καΐ γάρ τούτο ούκ άποδείξεως προσ-
δείται άλλ' έπιλογισμού, οτι ταΙς ήμέραις καΐ ταΐς
νυξι συμπλέκομεν, και τοις τούτων μέρεσιν, ώσαύ-
B R I E F E · AN HERODOTOS l8l

sie als einzelne wirklich vorhanden sind, da die zufälligen


Eigenschaften nicht ständig anwesend sind. Und diese
unmittelbare Anschaulichkeit darf man nicht aus dem
Bereich des Seienden verbannen, dass jene Eigenschaften
nicht die Natur des Ganzen haben, zu dem sie gehören
und was wir auch Körper nennen, und auch nicht über die
Natur der Eigenschaften verfügen, die das Ganze ständig
begleiten. Man darf aber auch nicht annehmen, dass sie für
sich existieren - denn auch dies ist nicht denkbar, weder
bei diesen noch bei den dauernden Eigenschaften - , son-
dern so, wie man es auch sieht, muss man sie alle für
zufällige Eigenschaften der Körper halten, die sie nicht
ständig begleiten und nicht den Rang einer für sich beste-
henden Gegebenheit der Natur haben, sondern so be-
trachtet werden, wie die Wahrnehmung selbst ihre Beson-
derheit erkennen lässt.
(72) Ferner muss man auch das Folgende noch besonders
sorgfältig beachten: die Zeit darf man nämlich nicht wie al-
les andere untersuchen, was wir an einem vorliegenden
Gegenstand untersuchen, indem wir es auf die in uns selbst
beobachteten Vorbegriffe beziehen, sondern wir müssen
die offensichtliche Tatsache als solche, die uns dazu veran-
lasst, dass wir von langer oder kurzer Zeit reden, untersu-
chen, indem wir Kürze und Länge in eine enge Beziehung
dazu bringen. Und wir dürfen weder neue Bezeichnungen,
als ob sie besser geeignet wären, übernehmen, sondern
müssen die vorhandenen dafür verwenden, noch dürfen
wir etwas über sie aussagen, als ob dies dieselbe Qualität
hätte wie dieses besondere Phänomen der Zeit - manche
nämlich tun dies - , sondern wir müssen allein und vor al-
lem bedenken, womit wir diese Besonderheit verbinden
und woran wir sie messen. (73) Auch dies bedarf nämlich
keines Beweises, sondern nur der Überlegung, dass wir die
Zeit mit den Tagen und Nächten und ihren Abschnitten in
i82 epistulae

τως δε και τοις πάθεσι και ταΐς άπα·θείαις, και κι-


νήσεσι καΐ στάσεσιν ϊδιόν τι σΰμπτωμαμα περί ταΰτα
πάλιν αυτό τ ο ΰ τ ο έννοοΰντες, κ α θ ό χ ρ ό ν ο ν όνομά-
ζομεν.

Έ π ί τε τοις προειρημένοις τούς κόσμους δεί και


πασαν σύγκρισιν πεπερασμένην τό ομοειδές τοις
θεωρουμένοις π υ κ ν ώ ς εχουσαν νομίζειν γεγονέναι
άπό του απείρου, π ά ν τ ω ν τ ο ύ τ ω ν εκ συστροφών
ιδίων άποκεκριμένων και μειζόνων καΐ έ λ α τ τ ό ν ω ν
και π ά λ ι ν διαλύεσ^αι πάντα, τά μέν θαττον, τά δέ
βραδύτερον, και τά μέν ύπό των τοιώνδε, τά δέ υπό
των τοιώνδε τ ο ύ τ ο πάσχοντα. (74) "Ετι δέ τούς
κόσμους ούτε εξ άνάγκης δει νομίζειν ενα σχηματισ-
μόν έχοντας, ά λ λ α ους μέν γάρ σφαιροειδεΐς, καί
φοειδεΐς ά λ λ ο υ ς , καί άλλοιοσχήμονας έτέρους· ου
μέντοι π ά ν σχήμα έ χ ε ι ν ούδέ ζ ω α είναι άποκριθέντα
άπό τοΰ άπείρου. ούδέ γάρ αν άποδείξειεν ούδείς,
ως (εν) μέν τφ τ ο ι ο ύ τ ω καί ούκ άν έμπεριελήφθη τά
τοιαύτα σπέρματα έξ ων ζ ω ά τε καί φυτά καί τά
λοιπά πάντα <τά) θ ε ω ρ ο ύ μ ε ν α συνίσταται, έν δέ τω
τοιούτω ούκ αν έδυνή-θη.

(75) ' Α λ λ ά μην ύποληπτέον και τήν φύσιν π ο λ λ ά


καί παντοία ύ π ό αύτών των π ρ α γ μ ά τ ω ν διδαχθήναί
τε καί ά ν α γ κ α σ θ η ν α ι , τόν δέ λογισμόν τά ύ π ό ταύτης
παρεγγυηθέντα ύστερον έπακριβούν καί προσ-
εξευρίσκειν έν μέν τισι θαττον, έν δέ τισι βραδύτερον
καί έν μέν τισι περιόδοις καί χρόνοις, έν δέ τισι κατ'
έλάττους. " Ο θ ε ν καί τά όνόματα έξ άρχης μή θέσει
γενέσθαι, ά λ λ ' αύτάς τάς φύσεις των α ν θ ρ ώ π ω ν κ α θ '
BRIEFE · AN H E R O D O T O S 183

Verbindung bringen und ebenso aber auch mit den Emp-


findungen und den Nicht-Empfindungen, den Bewegun-
gen und den Phasen der Ruhe, indem wir als besondere
zufällige Eigenschaft dieser Vorgänge eben jenes hinzu-
denken, dem gemäß wir den Begriff der Zeit verwenden.
N a c h dem bisher Gesagten haben wir zu bedenken, dass
die Wehen und Jede begrenzte Verbindung, die dem Be-
trachteten in jeder Hinsicht entspricht, aus dem Unbe-
grenzten hervorgegangen sind, indem sich alle diese Kör-
per aus spezifischen Verbindungen abgesondert haben,
sowohl die größeren als auch die kleineren, und dass sich
alles wieder auflöst, das eine schneller, das andere langsa-
mer, das eine durch Einwirkung von diesem und das an-
dere durch Einwirkung von jenem. (74) Außerdem muss
man nicht annehmen, dass die Welten mit Notwendigkeit
eine einzige Gestak haben, sondern dass einige kugelför-
mig, andere oval und andere wieder andere Formen haben.
Allerdings haben sie nicht jede Gestalt. U n d sie sind auch
keine Lebewesen, die sich v o m Unbegrenzten abgesondert
hätten. A u c h das könnte nämlich niemand beweisen, dass
in der einen Welt dieser Art entsprechende Samen nicht
hätten enthalten sein können, aus denen Tiere und Pflan-
zen und alles, was man sonst sehen kann, entstehen, und
dass es in der anderen nicht hätte möglich sein sollen.
(75) Dann muss man annehmen, dass auch die Natur
(des Menschen) in vielerlei Hinsicht durch die Umstände
selbst belehrt und gezwungen wurde und dass der Ver-
stand das von der Natur Gebotene später weiterentwi-
ckelt und manches dazu erfindet, auf einigen Gebieten
schneller, auf anderen langsamer und in manchen Epochen
und Zeiten ( m i t größerem E r f o l g ) , in manchen Zeiten
auch mit geringerem. Darum sind auch die N a m e n der
Dinge ursprünglich nicht durch Setzung entstanden, son-
dern die verschiedenen Naturen der Menschen selbst, die
184 EPISTULAE

έκαστα έθνη ϊδια πασχούσας πάθη καΐ ϊδια λαμβα-


νούσας φαντάσματα Ιδίως τόν άέρα έκπέμπειν στελ-
λόμενον ύφ' έκαστων των παθών καΐ των φαντασ-
μάτων, ώς άν ποτε και ή παρά τους τόπους των
έθνών διαφορά εϊη. (76) ύστερον δε κοινώς καθ' έκα-
στα εθνη τά ϊδια τεθήναι πρός τό τάς δηλώσεις ήττον
αμφιβόλους γενέσθαι άλλήλοις καΐ συντομωτέρως
δηλουμένας· τινά δέ και ού συνορώμενα πράγματα
εισφέροντας τους συνειδότας παρεγγυήσαί τινας
φθόγγους τους (μέν) άναγκασθέντας άναφωνησαι,
τους δέ τώ λογισμω έλομένους κατά τήν πλείστην
αίτίαν οΰτως έρμηνεϋσαι.

Κα'ι μήν έν τοις μετεώροις φοράν καΐ τροπήν και


έ'κλειψιν και άνατολήν και δύσιν κα'ι τά σύστοιχα
τούτοις μήτε λειτουργούντος τίνος νομίζειν δει γίνε-
σθαι καΐ διατάττοντος ή διατάξαντος και άμα τήν
πάσαν μακαριότητα έχοντος μετά αφθαρσίας (γγ) -
ού γάρ συμφωνούσι πραγματεΐαι καΐ φροντίδες και
όργαΐ και χάριτες μακαριότητι, άλλ' έν άσθενεία και
φόβφ και προσδεήσει τών πλησίον ταύτα γίνεται -
μήτε αύ πύρ άμα οντα συνεστραμμένον τήν μακα-
ριότητα κεκτημένα κατά βούλησιν τάς κινήσεις ταύ-
τας λαμβάνειν άλλά πάν τό σέμνωμα τηρεϊν κατά
πάντα ονόματα φερόμενα έπί τάς τοιαύτας εννοίας,
ϊνα μηδέν ύπεναντίον έξ αύτών τω σεμνώματι δόξη·
ει δέ μή, τόν μέγιστον τάραχον έν ταϊς ψυχαις αύτή ή
BRIEFE · AN HERODOTOS 185

bei den einzelnen Völkern besondere Empfindungen zei-


gen und besondere Anschauungen entwickeln, stoßen auf
spezifische Weise die Luft aus (um sich zu artikulieren), die
von den jeweiligen Empfindungen und Anschauungen ge-
formt wird, den unterschiedlichen Einflüssen der jewei-
ligen Lebensräume der Völker entsprechend. (76) Später
aber wurden bei den einzelnen Völkern die besonderen
Wörter und Bezeichnungen vereinbart, damit die gegen-
seitigen Äußerungen ihre Mehrdeutigkeit verloren und
knapper wurden. Aber auch manche nicht von allen ge-
sehene Sachverhalte haben jene, die darüber Bescheid
wussten, sprachlich zum Ausdruck gebracht und dafür be-
stimmte Wörter eingeführt, so dass die einen sich einfach
gezwungen sahen, diese Wörter zu benutzen, und die an-
deren sie auf Grund vernünftiger Überlegung aufgriffen
und in dem Sinne deuteten, der am besten begründet war.
Außerdem darf man auch bei den Himmelserscheinun-
gen nicht annehmen, dass Bewegung, Richtungsänderung,
Verfinsterung, Aufgang, Untergang und die damit verbun-
denen Vorgänge durch die Lenkung eines höheren Wesens
abliefen, das sie einrichtete oder eingerichtet hätte und
zugleich die volle Glückseligkeit besäße, verbunden mit
Unvergänglichkeit (77) - denn Beschäftigungen, Sorgen,
Zornausbrüche und Gunsterweise passen nicht zur Glück-
seligkeit, sondern beweisen Schwäche, Angst und Abhän-
gigkeit von der Umgebung - man darf außerdem auch
nicht annehmen, dass die Himmelserscheinungen, die aus
zusammengeballtem Feuer bestehen, die Glückseligkeit
besitzen und nach eigenem Willen ihre Bewegungen aus-
führen. Wir müssen vielmehr ihre volle Erhabenheit re-
spektieren bei allen Formulierungen, die wir für solche
Gedanken benutzen, damit daraus nicht Vorstellungen er-
wachsen, die im Gegensatz zu dieser Erhabenheit stehen.
Andernfalls wird eben dieser Gegensatz die größte Er-
l86 EPISTULAE

ύπεναντιότης παρασκευάσει, οθεν δέ κατά τάς έξ


άρχής έναπολήψεις των συστροφών τούτων έν τί]
του κόσμου γενέσει δει δοξάζειν καΐ την ανάγκην
ταύτην και περίοδον συντελεΐσθαι.

(/8) ΚαΙ μήν και τήν υπέρ των κυριωτάτων αΙτίαν


έξακριβώσαι φυσιολογίας έργον είναι δει νομίζειν,
και τό μακάριον έν τη περί μετεώρων γνώσει έν-
τ α ϋ θ α πεπτωκέναι και έν τω τίνες φύσεις αί •θεω-
ρούμενοι κατά τα μετέωρα ταυτί, καΐ οσα συγγενή
πρός τήν εις τοΰτο ά κ ρ ί β ε ι α ν ετι τε ου τό πλεοναχώς
έν τοις τοιούτοις είναι και τό ένδεχόμενον και άλλως
πως έχειν, άλλ' άπλώς μή είναι έν ά φ θ ά ρ τ ω και μα-
καρία φύσει των διάκρισιν υποβαλλόντων ή τάραχον
μη·θέν. και τοΰτο καταλαβείν τη διανοία έστιν άπλώς
είναι. (79) τό δ' έν τη Ιστορία πεπτωκός της δύσεως
καΐ άνατολής καΐ τροπής καΐ έκλείψεως καΐ οσα συγ-
γενή τούτοις μη^έν έτι προς τό μακάριον τής γνώ-
σεως συντείνειν άλλ' όμοίως τους φόβους έχειν τους
ταύτα κατειδότας, τίνες δ' αΐ φύσεις άγνοοϋντας καΐ
τίνες αί κυριώταται αίτίαι, και εί μή προσήδεσαν
ταύτα· τάχα δέ και πλείους, οταν τό θάμβος έκ τής
τούτων προσκατανοήσεως μή δύνηται τήν λύσιν
λαμβάνειν κατά τήν περί των κυριωτάτων οίκονο-
μίαν. διό δή και πλείους αιτίας εύρίσκομεν τροπών και
δύσεων και άνατολών και έκλείψεων και τών τοιου-
τοτρόπων ώσπερ και έν τοις κατά μέρος γινομένοις,
(8ο) και ού δει νομίζειν τήν ύπέρ τούτων χρείαν
B R I E F E · AN H E R O D O T O S 187

schütterung in den Seelen hervorrufen. Daher muss man


vermuten, dass im Zuge der ursprünglichen Absonderun-
gen dieser Atomverbindungen bei der Entstehung des
Kosmos sowohl die bekannte Gesetzmäßigkeit als auch die
Regelmäßigkeit der Bahnen mit vollendet wurden.
{78) "Weiterhin ist anzunehmen, dass es eine Aufgabe der
Naturphilosophie ist, die Gründe für die wichtigsten Tat-
sachen genau zu erklären, und dass die Glückseligkeit von
der genauen Erforschung der Himmelserscheinungen und
von dem "Wissen darüber abhängt, was diese Himmelser-
scheinungen eigentlich sind, und dem "Wissen darüber, was
sonst noch zu den wissenschaftUchen Voraussetzungen
zur "Verwirklichung der Glückseligkeit gehört. Außerdem
müssen wir einsehen, dass in Fragen wie diesen die Plu-
ralität der Meinungen und die Annahme der Möglichkeit,
dass es sich auch anders verhalten könne, nicht zulässig
sind. "Vielmehr gibt es in der unvergänglichen, glückseligen
Natur einfach nichts, was Zwiespalt oder Beunruhigung
verursacht. Und dass dies so ist, lässt sich einfach mit
dem Denken begreifen. (79) "Was aber in den Bereich der
Erforschung von Untergang, Aufgang, "Wende, "Verfins-
terung und Verwandlung gehört, hat für die Glückselig-
keit der Erkenntnis keine Bedeutung mehr; vielmehr ha-
ben diejenigen, die dies zwar erkannt haben, aber nicht
wissen, was die Himmelserscheinungen wirklich sind und
was ihre maßgebenden Ursachen sind, genauso Angst, als
ob sie diese Kenntnisse nicht hätten. Vielleicht haben sie
noch mehr Angst, wenn die Neugier, die durch dieses zu-
sätzliche Wissen erregt wurde, keine Befriedigung findet,
weil sie nicht zu der Erkenntnis führt, dass diese Vorgänge
den maßgebenden Ursachen unterworfen sind. Deshalb
darf man, wenn man mehrere Ursachen für Wenden, Un-
tergänge, Aufgänge, Verfinsterungen und Entsprechendes
annimmt, wie auch bei den Einzelerscheinungen, (80) nicht
l88 EPISTULAE

άκρίβειαν μή άπειληφέναι, οση πρός το άτάραχον


και μακάριον ημών συντείνει, ώστε παραθεωροϋ-
ντας ποσαχώς παρ' ήμίν τό ομοιον γίνεται, αΐτιο-
λογητέον υπέρ τε των μετεώρων και παντός τοΐ3 άδή-
λου, καταφρονοϋντας των οΰτε (τό) μοναχώς εχον ή
γινόμενον γνωριζόντων οΰτε τό πλεοναχώς συμβαί-
νον, (έπΙ των) τήν έκ των αποστημάτων φαντασίαν
παραδιδόντων, ετι τε άγνοοϋντων και έν ποίοις ουκ
εστίν άταρακτησαι <καΙ έν ποίοις ομοίως άταρακτή-
σαι). αν ούν οίώμεθα και ώδί πως ένδεχόμενον αυτό
γίνεσθαι, αύτό τό δτι πλεοναχώς γίνεται γνωρί-
ζοντες, ώσπερ καν δτι ώδί πως γίνεται είδώμεν, άτα-
ρακτήσομεν. (8ι) Έ π Ι δέ τούτοις ολως απασιν έκεινο
δει κατανοείν, οτι τάραχος ó κυριώτατος ταΐς άν-
θρωπίναις ψυχαΐς γίνεται έν τω ταύτά μακάριά τε
δοξάζειν (είναι) καΐ άφθαρτα και ύπεναντίας έχειν
τούτοις άμα βουλήσεις καΐ πράξεις και αιτίας, και έν
τω αίώνιόν τι δεινόν ή προσδοκάν ή ύποπτεύειν κατά
τούς μύθους, είτε και αυτήν τήν άναισθησίαν τήν έν
τω τεθνάναι φοβουμένους ώσπερ ουσαν κατ' αυτ-
ούς, και έν τω μή δόξαις ταϋτα πάσχειν άλλ' άλόγω
γέ τινι παραστάσει, οθεν μή ορίζοντας τό δεινόν τήν
'ίσην ή και έπιτεταμένην ταραχήν λαμβάνειν τώ ει και
έδόξαζον ταϋτα· (82) ή δέ άταραξία τω τούτων πάν-
των άπολελύσθαι και συνεχή μνήμην έχειν τών δλων
καΐ κυριωτάτων. "Οθεν τοις πάθεσι προσεκτέον τοις
BRIEFE · AN H E R O D O T O S 189

annehmen, dass die Auseinandersetzung mit diesen Fragen


nicht die Genauigkeit aufweist, die zur Stärkung unserer
Unerschütterlichkeit und Glückseligkeit erforderlich ist.
Deshalb müssen wir die Ursachen der Himmelserschei-
nungen und des unsichtbaren G a n z e n erforschen, indem
wir die verschiedenartigen Möglichkeiten analoger Vor-
gänge in unserem Erfahrungsbereich zur Erklärung mit
heranziehen, während wir diejenigen verachten, die bei
den Erscheinungen, die sich uns aus weiter Entfernung zei-
gen, den Unterschied zwischen dem, was aus einem einzi-
gen G r u n d ist oder entsteht, und dem, was aus vielfältigen
Gründen geschieht, nicht erkennen und darüber hinaus
nicht wissen, unter welchen Bedingungen die Seelenruhe
nicht möglich ist und unter welchen sie es ist. Wenn wir
nun denken, dass ein Vorgang so oder auch anders abläuft,
weil wir erkennen, dass er auf vielfältige Weise ablaufen
kann, werden wir genauso beruhigt sein wie dann, wenn
wir wissen, dass er genau so abläuft. (8i) Bei all dem muss
man noch bedenken, dass die heftigste Erschütterung für
die menschliche Seele auf den Glauben zurückzuführen
ist, dass dieselben Wesen glücklich und unvergänglich
seien und zugleich Wünsche, Taten und Motive hätten, die
im Gegensatz dazu ständen, und dass man einen ewigen
Schrecken erwartet oder vermutet aufgrund der Mythen
oder sich auch schon vor der Empfindungslosigkeit im Tod
fürchtet, als ob sie die Menschen etwas anginge, und dass
ihnen dies nicht aufgrund bestimmter Vermutungen wi-
derfährt, sondern durch irgendeine Wahnvorstellung, w o -
durch sie, weil sie das Schreckliche nicht abgrenzen, der
gleichen oder einer noch angespannteren Unruhe ausge-
setzt sind, als ob sie dies nur vermutet hätten. (82) Die See-
lenruhe aber entsteht dadurch, dass man sich von all dem
befreit hat und sich dauernd an das Wesen des Ganzen und
die wichtigsten Wahrheiten erinnert. D a r u m muss man auf
190 EPISTULAE

παροΰσι και ταΐς αίσθήσεσι, κατά μέν τό κοινόν ταϊς


κοιναΐς, κατά δέ τό ϊδιον ταΐς Ιδίαις, και πάση τη παρ-
ούση καθ' εκαστον των κριτηρίων εναργεία· αν γάρ
τούτοις προσέχωμεν, τό δθεν ó τάραχος και ó φόβος
έγίνετο έξαιτιολογήσομεν ορθώς καΐ άπολύσομεν,
υπέρ τε μετεώρων αίτιολογοϋντες και τών λοιπών
των άεί παρεμπιπτόντων, δσα φοβει τους λοιπούς
εσχάτως.

Ταϋτά σοι, ώ Ηρόδοτε, εστι κεφαλαιωδέστατα


υπέρ της τών ολων φύσεως επιτετμημένα. (83) ώστ' αν
γένοιτο ούτος ό λόγος δυνατός, κατασχεθείς μετ'
άκριβείας, οΐμαι, έάν μή και πρός άπαντα βαδίση τις
τών κατά μέρος άκριβωμάτων, άσύμβλητον αύτόν
προς τούς λοιπούς ανθρώπους άδρότητα λήψεσθαι.
και γάρ και καθαρά άφ' εαυτού ποιήσει πολλά τών
κατά μέρος έξακριβουμένων κατά την ολην πραγμα-
τείαν ήμίν, και αυτά ταύτα εν μνήμη τιθέμενα συν-
εχώς βοηθήσει, τοιαύτα γάρ έστιν, ώστε καΐ τούς
κατά μέρος ήδη έξακριβούντας Ικανώς ή και τελείως,
εις τάς τοιαύτας άναλύοντας έπιβολάς τάς πλείστας
τών περιοδειών υπέρ της ολης φύσεως ποιεΐσθαι·
οσοι δέ μή παντελώς αυτών τών άποτελουμένων
εΙσίν, έκ τούτων καΐ κατά τον άνευ φθόγγων τρόπον
τήν άμα νοήματι περίοδον τών κυριωτάτων πρός
γαληνισμόν ποιούνται.
BRIEFE · AN H E R O D O T O S I9I

die jeweils gegenwärtigen Empfindungen und die Wahrneh-


mungen achten, im Sinne der allgemeinen Erfahrung auf die
allgemeinen, im Sinne der individuellen Erfahrung auf die
individuellen, und auf die volle, mit den Möglichkeiten der
Urteilsflndung im einzelnen gesicherte unmittelbare A n -
schaulichkeit. Wenn wir nämlich darauf achten, werden wir
genau herausfinden, woher die Unruhe und die Angst ge-
kommen sind, und uns davon befreien, indem wir die Ursa-
chen der Himmelserscheinungen und die Jeweils damit zu-
sammenfallenden sonstigen Vorgänge bestimmen, die den
übrigen Menschen größte Angst einjagen.
Dies, Herodotos, sind die wichtigsten Einsichten über
die Natur des Ganzen, die ich dir in Kurzfassung darge-
stellt habe. (83) Wenn also diese Darstellung geeignet ist,
genau festgehalten zu werden, wird man, wie ich glaube,
auch wenn man sich nicht in alle Details einer gründlichen
wissenschaftlichen Untersuchung einarbeitet, eine im Ver-
hältnis zu den übrigen Menschen unvergleichliche Überle-
genheit gewinnen. D e n n man wird schon aus eigener Kraft
vieles von dem klären, was von uns im Rahmen der voll-
ständigen Untersuchung im einzelnen genau dargestellt
wird, und schon diese Zusammenfassung wird ihm helfen,
wenn er sie ständig im Gedächtnis behält. Denn sie ist
so angelegt, dass gerade jene, die schon hinreichend in
die genaue Erforschung der Einzelheiten eindringen oder
sie auch schon vollständig in gedankliche Zugriffe der be-
schriebenen Art zerlegen, die meisten Untersuchungen
über die Natur des G a n z e n durchführen können. Dieje-
nigen aber, die nicht z u den vollendeten Forschern ge-
hören, sind aufgrund des Gesagten im Stande, sich auch
ohne mündliche Unterweisung den gedanklichen Über-
blick über das Wichtigste zu verschaffen, um zu innerer
Ruhe zu kommen. (Diog. Laert. lo, 35-83)
Ε π ί κ ο υ ρ ο ς Πυθοκλεΐ χαίρειν.

(84) "Ηνεγκέ μοι Κλέων έπιστολήν παρά σοΰ έν η φι-


λοφρονούμενός τε περί ημάς διετέλεις άξίως της
ημετέρας περί σεαυτόν σπουδής, και ουκ άπΐ"0·άνως
έπειρώ μνημονεύειν των εις μακάριον βίον συν-
τεινόντων διαλογισμών, έδέου τε σεαυτω περί των
μετεώρων σΰντομον και εύπερίγραφον διαλογισμόν
άποστείλαι, ίνα ραδίως μνημονεΰης· τά γάρ έν άλ-
λοις ήμιν γεγραμμένα δυσμνημόνευτα είναι, καίτοι,
ώς εφης, συνεχώς αυτά βαστάζεις, ημείς δέ ήδέως τέ
σου την δέησιν άπεδεξάμεθα και έλπίσιν ήδείαις
συνεσχέ^ημεν.

(85) γράψαντες οΰν τά λοιπά πάντα συντελοΐ3μεν


απερ ήξίωσας πολλοίς και άλλοις έσόμενα χρήσιμα
τά διαλογίσματα ταΰτα, καΐ μάλιστα τοις νεωστί φυ-
σιολογίας γνησίου γευομένοις και τοις εις ασχολίας
βα·&υτέρας, των εγκυκλίων τινός έμπεπλεγμένοις.
καλώς δή αυτά διάλαβε, καΐ δια μνήμης εχων όξέως
αυτά περιόδευε μετά τών λοιπών ών έν τή μικρά έπι-
τομή πρός Ή ρ ό δ ο τ ο ν άπεστείλαμεν.

Πρώτον μέν ουν μή άλλο τι τέλος εκ της περί μετε-


ώρων γνώσεως εϊτε κατά συναφήν λεγομένων είτε
αυτοτελώς νομίζειν είναι ήπερ άταραξίαν και πίστιν
βέβαιον, κ α θ ά π ε ρ και έπί τών λ ο ι π ώ ν

(86) μήτε τό άδύνατον [και] παραβιάζεσθαι, μήτε


Epikur grüßt Pythokles.

(84) Kleon brachte mir einen Brief von dir, in welchem du


deine fortwährende Zuneigung zu mir zeigtest, die meinen
Bemühungen um dich entspricht. Du versuchtest nicht
ohne Erfolg, an die Gedanken zu erinnern, die zu einem
glücklichen Leben führen. Darüber hinaus hast du mich
gebeten, dir eine knappe und wohlgeformte Darstellung
über die Himmelserscheinungen zu schicken, damit du dir
diese Dinge leicht merken könntest. Denn alles, was ich in
meinen anderen Werken geschrieben habe, ist nicht leicht
zu behalten, obwohl du sie, wie du sagtest, ständig in der
Hand hältst. Gern habe ich deine Bitte aufgegriffen und
freue mich darauf, sie zu erfüllen.
(85) Nach all den anderen Werken, die ich geschrieben
habe, werde ich auch das vollenden, worum du mich gebe-
ten hast, weil diese Darlegungen auch für viele andere
nützlich sein werden, vor allem für jene, die erst seit kurzer
Zeit von der wahren Naturphilosophie gekostet und sich
auf Studien eingelassen haben, die tiefer reichen als irgend-
eine Disziplin der üblichen Bildungsfächer. Setz dich also
gründlich mit ihnen auseinander, behalte sie im Gedächt-
nis und arbeite sie immer wieder aufmerksam in Verbin-
dung mit den übrigen Lehren durch, die ich in der knap-
pen Zusammenfassung an Herodotos geschickt habe.
Sei dir vor allem dessen bewusst, dass das Wissen über
die Himmelserscheinungen, ob sie nun in Verbindung mit
anderem oder für sich behandelt werden, keinen anderen
Zweck hat als die Seelenruhe und eine gesicherte Uberzeu-
gung, worauf ja auch alles andere zielt.
(86) Man darf weder das Unmögliche erzwingen noch
194 EPISTULAE

όμοίαν κατά πάντα τήν θεωρίαν εχειν ή τοις περί


βίων λόγοις ή τοις κατά τήν των άλλων φυσικών
προβλημάτων κάθαρσιν, οίον δτι τό παν σωμα και
άναφής φύσις έστίν, ή οτι άτομα στοιχεία και πάντα
τά τοιαύτα δή οσα μοναχήν εχει τοις φαινομένοις
συμφωνίαν οπερ έπί των μετεώρων ούχ υπάρχει,
άλλά ταΰτά γε πλεοναχήν εχει και της γενέσεως
αίτίαν καΐ της ουσίας ταΐς αίσθ^ήσεσι σύμφωνον
κατηγορίαν. ον γάρ κατά αξιώματα κενά και νομο-
θεσίας φυσιολογητέον, άλλ' ως τά φαινόμενα έκκαλει-
ται· (87) ου γάρ ήδη άλογίας και κενής δόξης ó βίος
ημών εχει χρείαν, άλλά τοί3 αθορύβως ημάς ζην.

παντα μεν ουν γίνεται ασειστως κατα πάντων


κατά πλεοναχόν τρόπον έκκαθαιρομένων συμφώ-
νως τοις φαινομένοις, δταν τις τό πιθανολογούμενον
υπέρ αυτών δεόντως καταλίπη· οταν δέ τις τό μέν
άπολίπη τό δέ έκβάλη ομοίως σύμφωνον ον τω φαι-
νομένω, δήλον δτι και εκ παντός εκπίπτει φυσιο-
λογήματος, έπί δέ τόν μΰθον καταρρεί.

Σημεία δ' έπί τών έν τοις μετεώροις συντελου-


μένων φέρει τών παρ' ήμϊν τινα φαινομένων, α θεω-
ρείται η υπάρχει, και ου τά έν τοις μετεώροις φαι-
νόμενα· ταύτα γάρ ένδέχεται πλεοναχώς γίνεσθαι.
(88) τό μέντοι φάντασμα εκάστου τηρητέον και έπί τά
συναπτόμενα τούτω διαιρετέον, α ουκ άντιμαρτυρει-
BRIEFE • AN PYTHOKLES I95

für alles die gleiche Betrachtungsweise haben wie bei den


Auseinandersetzungen über die Lebensformen oder über
die Klärung der übrigen physikalischen Probleme, wie
z.B. dass das Ganze aus Körpern und der unberührbaren
Natur besteht oder dass die Grundbestandteile unteilbar
sind, und was es sonst noch für Fragen dieser Art gibt, die
in Übereinstimmung mit den sichtbaren Erscheinungen
nur eine einzige Erklärung zulassen. Dies gilt aber nicht
für die Himmelserscheinungen, sondern ihre Entstehung
hat mehrere Ursachen, und sie lassen mehrere Beschrei-
bungen ihrer Natur zu, die mit den Sinneswahrnehmun-
gen übereinstimmen. Denn man darf die Natur nicht auf
der Grundlage unbegründeter Meinungen und Annahmen
studieren, sondern wie die sichtbaren Erscheinungen es
verlangen. (87) Unser Leben braucht jetzt keine Unver-
nunft und keine leere Meinung, sondern dass wir ohne
Aufregung sind.
Alles läuft ohne Störung ab, obwohl es auf unterschied-
liche Weise und in Übereinstimmung mit der Natur erklärt
werden kann, solange man, wie es sich gehört, bestehen
lässt, was auf diesem Gebiet Plausibilität beanspruchen
kann. Wenn aber jemand das eine bestehen lässt und das
andere verwirft, obwohl es ebenso mit den sichtbaren Er-
scheinungen übereinstimmt, dann ist klar, dass man jede
Art von naturphilosophischer Forschung aufgibt und dem
Mythos verfällt.
Einige sichtbare Erscheinungen in unserem Erfahrungs-
bereich liefern Hinweise auf das, was bei den Himmels-
erscheinungen geschieht. Wir können beobachten, wie
diese, nicht aber wie die Erscheinungen am Himmel ablau-
fen; denn diese können auf mehrfache Weise entstehen.
(88) Doch muss man das Erscheinungsbild, das jeder Vor-
gang bietet, gründlich beobachten und bei allem, was mit
ihm zusammenhängt, genau bestimmen, was nicht im Wi-
196 EPISTULAE

ται τοις παρ' ήμίν γινομένοις πλεοναχώς συντελεΐ-


σθαι.
Κόσμος έστ'ι περιοχή τις ούρανοϋ, άστρα τε καΐ
γήν και πάντα τά φαινόμενα περιέχουσα, άποτομήν
έχουσα άπό του άπειρου, και καταλήγουσα έν πέρα-
τι ή άραιω ή πυκνω - καΐ οΰ λυομένου πάντα τά έν
αύτφ σύγχυσιν λήψεται - [και λήγουσαν] ή [έν] πε-
ριαγομένψ ή [έν] στάσιν έχοντι, και στρογγύλην ή
τρίγωνον ή οϊαν δήποτε περιγραφήν πανταχώς γάρ
ένδέχεταΐ" των γάρ φαινομένων ουδέν άντιμαρτυρεί
τφδε τω κόσμω έν ω λήγον ουκ εστι καταλαβεΐν.
(89) "Οτι δέ καΐ τοιούτοι κόσμοι είσΙν άπειροι τό
πλήθος έστι καταλαβειν, και οτι και ó τοιούτος δύνα-
ται κόσμος γίνεσθαι και έν κόσμψ και μετακοσμίω, ο
λέγομεν μεταξύ κόσμων διάστημα, έν πολυκένω
τόπω και ουκ έν μεγάλφ ειλικρινει και κενω, καθ-
άπερ τινές φασιν, έπιτηδείων τινών σπερμάτων ρυ-
έντων άφ' ένός κόσμου ή μετακοσμίου ή άπό πλειό-
νων κατά μικρόν προσ·&έσεις τε και διαρθρώσεις και
μεταστάσεις ποιούντων έπ' άλλον τόπον, έάν ουτω
τύχτ], καΐ έπαρδεύσεις έκ τών έχόντων έπιτηδειως
εως τελειώσεως καΐ διαμονής έφ' οσον τά υπο-
βληθέντα θεμέλια τήν προσδοχήν δύναται ποιεϊσθαι·
(9ο) ού γάρ άθροισμόν δει μόνον γενέσθαι ουδέ δϊνον
έν ω ένδέχεται κόσμον γίνεσθαι κενω κατά τό δο-
ξαζόμενον έξ άνάγκης, αΰξεσθαί τε εως άν έτέρφ
προσκρούση, καθάπερ τών φυσικών καλουμένων
φησί τις. τούτο γάρ μαχόμενόν έστι τοις φαινομένοις.

"Ηλιός τε και σελήνη και τά λοιπά άστρα (ού) καθ'


έαυτά γενόμενα ύστερον έμπεριελαμβάνετο ύπό τού
B R I E F E • AN P Y T H O K L E S 197

derspruch zu den Vorgängen in unserem Erfahrungsbe-


reich mehrere Ursachen hat.
Eine Welt ist ein umgrenzter Teil des Himmels, der
Sterne, die Erde und alle anderen sichtbaren Erscheinun-
gen umfasst, einen Abschnitt aus dem Unbegrenzten dar-
stellt und an einer Grenze endet, die entweder dünn oder
dicht ist, die alles in ihrem Bereich, wenn sie beseitigt wird,
zum Einsturz bringen wird, die sich entweder dreht oder
in Ruhe befindet und einen Umriss hat, der entweder rund
oder dreieckig oder anders ist. Alles nämlich ist denkbar.
Keine der Erscheinungen bei uns steht im Gegensatz zu
dieser Welt, deren Grenze nicht zu erfassen ist.
(89) Dass es aber unzählige Welten dieser Art gibt, ist zu
begreifen, und dass eine Welt dieser Art sowohl in einer
Welt als auch in einer Zwischenwelt entstehen kann, wie
wir den Zwischenraum zwischen den Welten nennen, und
zwar in einem weitestgehend leeren und nicht in einem
großen und völlig reinen und leeren Raum, wie manche
behaupten; dabei fließen irgendwelche passenden Samen
von einer einzigen Welt, einer Zwischenwelt oder von
mehreren Welten ab und verursachen allmählich Zusam-
mensetzungen, Gliederungen und Umstellungen an einen
anderen Ort, wenn es sich so ergibt, und sie erhalten Was-
ser aus den Bereichen, in denen genug davon ist, bis sie
vollendet und dauerhaft sind, so lange die zugrunde liegen-
den Fundamente die weitere Zunahme erlauben. (90) Denn
es reicht nicht aus, dass dort nur eine Ansammlung und ein
Wirbel im Leeren erfolgen, worin eine Welt entstehen und
sich vergrößern kann, wie man zwangsläufig annimmt, bis
sie mit einer anderen zusammenstößt, wie mancher der so-
genannten Naturphilosophen behauptet. Denn dies steht
im Gegensatz zu den sichtbaren Erscheinungen.
Sonne, Mond und die übrigen Sterne sind nicht für sich
entstanden, um später in der Welt und in allem, was sie er-
198 EPISTULAE

κόσμου καΐ οσα γε δή σώζει, άλλ' εύθύς διεπλάττετο


καΐ αΰξησιν έλάμβανεν, ομοίως δέ καΐ γή και -^ά-
λαττα, κατά προσκρίσεις και δινήσεις λεπτομερών
τίνων φύσεων, ήτοι πνευματικών ή πυροειδών ή το
συναμφότερον και γάρ ταϋτα οϋτως ή αϊσθησις
υποβάλλει.
(9ΐ) TÒ δέ μέγεθος ηλίου τε καΐ τών λοιπών άστρων
κατά μέν τό πρός ημάς τηλικοϊ3τόν έστιν ήλίκον
φαίνεται, κατά δέ τό καθ' αυτό ήτοι μείζον του
όρωμένου ή μικρω ελαττον ή τηλικοί3τον [ούχ άμα],
οΰτω γάρ καΐ τά παρ' ήμΐν πυρά έξ άποστήματος
θεωρούμενα κατά τήν αϊσθησιν θεωρείται, καΐ πάν
δέ τό εις τούτο τό μέρος ένστημα ραδίως διαλυθήσε-
ται έάν τις τοις έναργήμασι προσέχη, οπερ έν τοις
περί φύσεως βιβλίοις δείκνυμεν.

(92) 'Ανατολάς καΐ δύσεις ηλίου καΐ σελήνης και


τών λοιτών άστρων καΐ κατά άναψιν γίνεσθαι δύνα-
σθαι καΐ κατά σβέσιν, τοιαύτης ούσης περιστάσεως
και καθ' έκατέρους τούς τόπους, ώστε τά προει-
ρημένα άποτελεϊσθαΐ' ουδέν γάρ τών φαινομένων
άντιμαρτυρεϊ· (και) κατ' έκφάνειάν τε ύπέρ γης και
πάλιν έπιπροσθέτησιν τό προειρημένον δύναιτ' αν
συντελεΐσθαι· ουδέ γάρ τι τών φαινομένων άντιμαρ-
τυρεϊ. Τάς τε κινήσεις αυτών ουκ αδύνατον μέν γίνε-
σθαι κατά τήν του ολου ουρανού δίνην, ή τούτου μέν
στάσιν, αυτών δέ δίνην κατά τήν έξ άρχής έν τή
γενέσει του κόσμου ανάγκην άπογεννηθεισαν έπ'
ανατολή, (93) είτα τή θερμασία, κατά τινα έπινέμησιν
του πυρός άεΐ έπΙ τούς έξής τόπους Ιόντος. Τροπάς
ήλίου καΐ σελήνης ένδέχεται μέν γίνεσθαι κατά λό-
B R I E F E · AN P Y T H O K L E S I99

hält, aufzugehen; sie bildeten sich vielmehr gleichzeitig mit


allem anderen und entwickelten sich ebenso wie Erde und
Meer wachsend weiter durch die Angliederung und Wir-
belbewegung gewisser feinteiliger Elemente, sei es hauch-
artiger, feuerartiger oder solcher, die beides zusammen
sind. Denn dies legt die Wahrnehmung nahe.
(91) Die Größe der Sonne und der übrigen Sterne ist in
Bezug auf uns genauso wie sie uns erscheint. A n sich ist sie
aber entweder größer, als sie von uns gesehen wird, oder
ein wenig kleiner oder ebenso groß. So nämlich werden
auch die Feuererscheinungen bei uns, wenn sie aus der
Entfernung gesehen werden, mit Hilfe der sinnlichen
Wahrnehmung gesehen. Und so löst sich jeder Einwand
gegen diesen Bereich der Theorie leicht auf, wenn man sich
an die reinen Fakten hält, was wir in den Büchern »Über
die Natur« zeigen.
(92) Aufgang und Untergang von Sonne, Mond und den
übrigen Sternen erfolgt möglicherweise durch Entzünden
und Erlöschen, wenn die Umstände so sind, dass das Ge-
sagte erfolgen kann. Denn die sichtbaren Erscheinungen
stehen dann nicht im Gegensatz dazu. Das Gesagte könnte
auch dadurch erfolgen, dass sie über der Erde erscheinen
und wieder von ihr verdeckt werden. Denn auch hier ste-
hen die sichtbaren Erscheinungen nicht entgegen. Es ist
nicht unmöglich, dass Bewegungen der Gestirne durch die
Wirbelbewegungen des ganzen Himmels verursacht wer-
den oder auch dadurch, dass der Himmel zwar still steht,
sie selbst aber eine Wirbelbewegung vollziehen, die mit
dem Wirbel vergleichbar ist, der sich zwangsläufig am An-
fang bei der Entstehung des Kosmos zum Zweck ih-
res Aufgehens gebildet hat, (93) sodann auch durch die
Wärme mit der Verbreitung des Feuers, das sich von Ort
zu Ort weiter zu verbreiten pflegt. Die Sonnen- und
Mondwenden können durch die Neigung des Himmels er-
EPISTULAE

ξωσιν ούρανοϋ ουτω τοις χρόνοις κατηναγκασμένου·


ομοίως δέ καΐ κατά άέρος άντέξωσιν ή καΐ ΰλης άεΐ
έπιτηδείας της μέν έχομένης έμπιπραμένης, της δέ
καταλιπούσης, ή και έξ άρχής τοιαύτην δίνην κατει-
ληθηναι τοις άστροις τούτοις, ώσθ' οΐόν τιν' έλικα
κινεΐσθαι- πάντα γάρ τά τοιαύτα καΐ τά τούτοις συγ-
γενή ούθενΙ των έναργημάτων διαφωνεί, έάν τις άεΐ
έπί των τοιούτων μερών έχόμενος τού δυνατοΰ εις τό
σύμφωνον τοις φαινομένοις εκαστον τούτων δύνηται
έπάγειν, μή φοβούμενος τάς άνδραποδώδεις αστρο-
λόγων τεχνιτειας.

(94) Κενώσεις τε σελήνης καΐ πάλιν πληρώσεις καΐ


κατά στροφήν του σώματος τούτου δύναιντ' αν γινε-
σ·θ·αι, και κατά σχηματισμούς άέρος ομοίως, ετι τε
και κατά προσθετήσεις και κατά πάντας τρόπους
καθ' ους και τά παρ' ήμίν φαινόμενα έκκαλείται εις
τάς τούτου τού είδους αποδόσεις, έάν μή τις τόν μο-
ναχή τρόπον κατηγαπηκώς τούς άλλους κενώς άπο-
δοκιμάζη, ου τεδεωρηκώς τί δυνατόν άνθρώπω
θεωρήσαι καΐ τί αδύνατον, κα'ι διά τούτο αδύνατα
θεωρειν έπιθυμών. "Ετι τε ένδέχεται <μέν) τήν σε-
λήνην έξ έαυτής εχειν τό φως, ένδέχεται δέ άπό τού
ηλίου. (95) καί γάρ παρ' ήμίν θεωρείται πολλά μέν έξ
έαυτών έχοντα, πολλά δέ άφ' έτέρων καί ούθέν έμ-
ποδοστατεί των έν τοις μετεώροις φαινομένων, έάν
τις τού πλεοναχού τρόπου άεί μνήμην έχη καί τάς
άκολούθους αύτοΐς υποθέσεις άμα καί αίτιας συν-
θεωρή καί μή άναβλέπων εις τά ανακόλουθα ταύτ'
όγκοι ματαίως καί καταρρέπη άλλοτε άλλως έπι τόν
BRIEFE · AN PYTHOKLES

folgen, der dadurch in diesen Phasen wieder in die richtige


Lage gebracht wird. Ebenso können sie durch den Gegen-
druck der Luft oder der dazu jeweils notwendigen Materie
erfolgen, die entweder verbrennt, wenn sie daran haften
bleibt, oder verloren geht. O d e r es ist möglich, dass auch
von Anfang an ein solcher Wirbel diese Gestirne ergriff,
dass sie sich in einer A r t Spiralbewegung befinden. Denn
alle diese und ähnliche Erklärungen widersprechen in kei-
nem Punkt der Realität, wenn man sich bei derartigen D e -
tailproblemen an das hält, was möglich ist, und jede dieser
Erklärungen in Ubereinstimmung mit den sichtbaren Er-
scheinungen bringen kann, ohne sich von den sklavenhaf-
ten Erfindungen der Astronomen einschüchtern zu lassen.
(94) Das Abnehmen und wiederum das Zunehmen des
Mondes könnten durch die Drehung des Mondkörpers
entstehen und ebenso auch durch Gestaltungen der Luft,
ferner durch das Dazwischentreten bestimmter Körper
und auf jede nur erdenkliche Weise, in der auch die sicht-
baren Erscheinungen bei uns eine Erklärung dieses Phäno-
mens nahe legen, wenn man sich nicht in eine einzige
Möglichkeit vernarrt hat und die übrigen grundlos ver-
wirft, weil man nicht berücksichtigt, was einem Menschen
zu erkennen möglich und nicht möglich ist, und deswegen
Unmögliches zu erkennen wünscht. Ferner ist es möglich,
dass der M o n d sein Licht aus sich selbst heraus hat; es ist
aber auch möglich, dass er es von der Sonne hat. (95) Denn
auch bei uns ist vieles z u erkennen, was sein Licht aus sich
selbst heraus hat, und vieles, was sein Licht aus einer
anderen Quelle bezieht. U n d keines der Phänomene am
Himmel steht dem entgegen, wenn man nur immer das
Prinzip der Erklärungsvielfalt beherzigt und die entspre-
chenden Hypothesen und Begründungen mitbedenkt und
nicht auf Dinge schaut, die dem Prinzip der Erklärungs-
vielfalt widersprechen, und diese auf unsinnige Weise auf-
202 EPISTULAE

μοναχόν τρόπον. Ή δέ εμφασις του προσώπου έν


αύττ) δύναται μέν γίνεσθαι και κατά παραλλαγήν
μερών και κατ' έπιπροσ^έτησιν, καΐ δσοι ποτ' αν
τρόποι ·θεωροΐντο τό σΰμφωνον τοις φαινομένοις
κεκτημένοι· (96) έπί πάντων γάρ τών μετεώρων τήν
τοιαύτην 'ιχνευσιν ου προετέον. ην γάρ τις η μαχό-
μενος τοις έναργήμασιν, ουδέποτε μή δυνήσεται άτα-
ραξίας γνησίου μεταλαβεΐν.

"Εκλειψις ηλίου και σελήνης δύναται μέν γίνεσθαι


και κατά σβέσιν, καθάπερ και παρά ήμΐν τούτο
θεωρείται γινόμενον και ήδη κατ' έπιπροσθέτησιν
άλλων τινών, ή γής ή ουρανού [ή] τίνος ετέρου τοιού-
του. κα'ι ωδε τους οικείους άλλήλοις τρόπους συν-
θεωρητέον, καΐ τάς άμα συγκυρήσεις τινών οτι ουκ
άδύνατον γίνεσι&αι.

(97) "Ετι τε τάξις περιόδου, καθάπερ ένια και παρ'


ήμΐν τών τυχόντων γίνεται, λαμβανέσθω· και ή θεία
φύσις προς ταύτα μηδαμη προσαγέσθω, άλλ' άλει-
τούργητος διατηρείσθω καΐ έν τη πάση μακαριότητι.
ως εί τούτο μή πραχθήσεται απασα ή τών μετεώρων
αιτιολογία ματαία εσται, καθάπερ τισίν ήδη έγένετο
ου δυνατού τρόπου έφαψαμένοις, είς δέ τό μάταιον
έκπεσούσι τω καθ' ένα τρόπον μόνον οιεσθαι γίνε-
σθαι, τους δ' άλλους πάντας τούς κατά τό ένδεχόμε-
νον έκβάλλειν, εις τε τό άδιανόητον φερομένους κα'ι
τά φαινόμενα α δει σημεία άποδέχεσθαι μή δυ-
ναμένους συνθεωρεΐν.

(98) Μήκη νυκτών και ήμερων παραλλάττοντα και


B R I E F E · AN P Y T H O K L E S 10}

bläht und immer wieder auf das Prinzip der einseitigen


Erklärung zurückfällt. Die Erscheinung des Gesichts im
Mond kann ebenso gut entstehen durch den Austausch
und das Dazwischentreten seiner Teile wie auch auf ande-
ren Wegen, so weit sie sich in Übereinstimmung mit den
sichtbaren Erscheinungen befinden. (96) Denn bei allen
Himmelserscheinungen darf man auf ein solches Erklä-
rungsprinzip nicht verzichten: Wenn jemand mit der Rea-
lität in Konflikt gerät, wird er niemals die wahre Seelen-
ruhe gewinnen können.
Sonnen- und Mondfinsternis können folgendermaßen
entstehen: durch das Verlöschen des Lichts, wie dies auch
in unserem Erfahrungsbereich beobachtet wird, und auch
durch das Dazwischentreten irgendwelcher anderer Kör-
per, entweder der Erde oder eines anderen vergleichbaren
Himmelskörpers. Und so muss man die miteinander ver-
wandten Erklärungsmöglichkeiten gemeinsam betrachten
und bedenken, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass meh-
rere Möglichkeiten gleichzeitig zutreffen können.
(97) Ferner muss die Regelmäßigkeit ihres Umlaufs auf
dieselbe Weise erklärt werden, wie manches auch bei uns
geschieht. Und die götdiche Natur darf auf keinen Fall zur
Erklärung herangezogen werden; denn sie soll von müh-
samer Arbeit frei bleiben und in vollkommener Glück-
seligkeit sein. Wenn dies nicht so geschehen wird, wird die
ganze Forschung über die Ursachen der Himmelserschei-
nungen wertlos sein, wie es schon einigen passiert ist, weil
sie sich nicht an eine mögliche Erklärung hielten, sondern
in sinnloses Gerede verfielen, da sie glaubten, dass nur eine
einzige Erklärung in Frage komme, und alle anderen und
durchaus möglichen verwarfen, sich in das Undenkbare
verirrten und die sichtbaren Erscheinungen, die als Weg-
weiser aufzugreifen sind, nicht mitbedenken konnten.
(98) Die wechselnden Längen von Nächten und Tagen
204 EPISTULAE

παρά τό ταχείας ηλίου κινήσεις γίνεσ#αι και πάλιν


βραδείας υπέρ γης (ή καΐ) παρά τό μήκη τόπων παρ-
αλλάττοντα κα'ι τόπους τινάς περαιοΰν τάχιον ή και
βραδύτερον, ώς και παρά ήμίν τινα θεωρείται, οΐς
συμφώνως δει λέγειν έπΙ των μετεώρων, οί δέ τό εν
λαμβάνοντες τοις τε φαινομένοις μάχονται καΐ τό ή
δυνατόν άνθρώπω θεωρήσαι διαπεπτώκασιν.

Έπισημασίαι δύνανται γίνεσθαι και κατά συγ-


κυρήσεις καιρών, καθάπερ έν τοις έμφανέσι παρ'
ήμΐν ζώοις, καΐ παρ' έτεροιώσεις άέρος καΐ μετα-
βολάς· αμφότερα γάρ ταΰτα ού μάχεται τοις φαι-
νομένοις· (99) έπΙ δέ ποίοις παρά τοϋτο ή τούτο τό αί-
τιον γίνεται ούκ εστι συνιδείν.

Νέφη δύναται γίνεσθαι και συνίστασθαι και παρά


πιλήσεις αέρος πνευμάτων συνώσει και παρά περι-
πλοκάς άλληλούχων ατόμων καΐ επιτηδείων εις τό
τοϋτο τελέσαι, και κατά ρευμάτων συλλογήν άπό τε
γης και υ δ ά τ ω ν κα'ι κατ' άλλους δέ τρόπους πλείους
αΐ τών τοιούτων συστάσεις ούκ άδυνατοΰσι συντε-
λεΐσθαι.

"Ηδη δ' άπ' αυτών η μέν θλιβομένων η δέ μετα-


βαλλόντων ύδατα δύναται συντελεΐσθαι· (ιοο) έτι τε
πνεύματα κατά άποφοράν άπό έπιτηδείων τόπων,
και δι' άέρος κινουμένου, βιαιοτέρας έπαρδεύσεως
γινομένης άπό τίνων άθροισμάτων έπιτηδείων είς
τάς τοιαύτας έπιπέμψεις.
Βροντάς ένδέχεται γίνεσθαι καΐ κατά πνεύματος
BRIEFE · AN P Y T H O K L E S 205

können bedingt sein durch die schnellen und dann wie-


derum langsamen Bewegungen der Sonne über der Erde,
oder auch weil sie Distanzen unterschiedlicher Länge und
bestimmte Räume mal schneller, mal langsamer durch-
quert, wie es auch in unserem Erfahrungsbereich bei be-
stimmten Vorgängen beobachtet wird, mit denen unsere
Erklärung der Himmelserscheinungen übereinstimmen
muss. Jene aber, die nur eine einzige Erklärung haben, ge-
raten in Widerspruch zu den sichtbaren Erscheinungen
und verfehlen den Weg, auf dem eine menschliche Erklä-
rung möglich ist.
Wetterzeichen können durch das Zusammentreffen be-
stimmter Umstände entstehen, wie es auch bei den Zei-
chen, die von Tieren in unserem Erfahrungsbereich ge-
geben werden, der Fall ist, und durch Wandlungen und
Veränderungen der Luft. Beides steht nämlich nicht im Wi-
derspruch zu den sichtbaren Erscheinungen. (99) In wel-
chen Fällen diese oder jene Ursache in Frage kommt, ist
nicht zu erkennen.
Wolken können entstehen und sich zusammenballen
durch Verdichtung der Luft infolge des Druckes von Win-
den oder durch Verflechtung von Atomen, die aneinander
haften und geeignet sind, dieses Ergebnis zu erzielen, und
durch die Ansammlung von Feuchtigkeit von der Erde und
aus den Gewässern. Dass die Zusammenballungen solcher
Körper auch noch aus mehreren anderen Gründen erfol-
gen können, ist nicht auszuschließen.
Unter diesen Umständen kann aus ihnen manchmal un-
ter Druck, manchmal durch Verwandlung Regen fallen;
(100) außerdem stürzen Winde von entsprechenden Punk-
ten aus durch die in Bewegung gesetzte Luft nach unten,
und ein heftigerer Regenguss entsteht aus Wolkenansamm-
lungen, die zu entsprechenden Reaktionen führen müssen.
Donner kann entstehen durch Aufblähung von Luft in
206 EPISTULAE

έν τοις κοιλώμασι των νεφών άνείλησιν, καθάπερ


έν τοις ήμετέροις άγγείοις καΐ παρά πυρός πεπνευ-
ματωμένου βόμβον έν αύτοίς, καΐ κατά ρήξεις δε νε-
φών και διαστάσεις, και κατά παρατρίψεις νεφών
καΐ κατάξεις πήξιν είληφότων κρυσταλλοειδή· και τό
δλον και τοΰτο τό μέρος πλεοναχώς γίνεσ'&αι λέγειν
έκκαλείται τά φαινόμενα.

(ιοι) ΚαΙ άστραπαι δ' ωσαύτως γίνονται κατά πλεί-


ους τρόπους· κα'ι γάρ κατά παράτριψιν και σύγκρου-
σιν νεφών ó πυρός άποτελεστικός σχηματισμός έ|ο-
λισ·&αίνων άστραπήν γεννά, και κατ' έκριπισμόν έκ
τών νεφών υπό πνευμάτων τών τοιούτων σωμάτων α
τήν λαμπηδόνα ταύτην παρασκευάζει· και κατ' έκπι-
ασμόν, θλίψεως τών νεφών γινομένης εϊθ' υπ' αλ-
λήλων ει'-θ·' υπό πνευμάτων κα'ι κατ' έμπερίληψιν δέ
του από τών άστρων κατεσπαρμένου φωτός, είτα
συνελαυνομένου υπό της κινήσεως νεφών τε καΐ
πνευμάτων και διεκπίπτοντος διά τών νεφών, ή κατά
διήθησιν (διά) τών νεφών του λεπτομερεστάτου φω-
τός· ή από του πυρός νέφη συνειλέχθαι και τάς
βροντάς άποτελεϊσθαι [κα'ι] κατά τήν τούτου κίνη-
σιν. κα'ι κατά τήν του πνεύματος έκπύρωσιν τήν γι-
νομένην διά τε συντονίαν φοράς κα'ι διά σφοδράν
κατείλησιν (ιοί) κα'ι κατά ρήξεις δέ νεφών ύπό
πνευμάτων εκπτωσίν τε πυρός άποτελεστικών ατό-
μων κα'ι τό της άστραπής φάντασμα άποτελουσών
κα'ι κατ' άλλους δέ πλείους τρόπους ραδίως έσται
BRIEFE · AN P Y T H O K L E S 2O7

den Höhlungen der "Wolken, wie es in den Vasen bei uns


vorkommt, und auch durch das Dröhnen des in ihnen be-
findlichen Feuers, das durch den Wind angefacht wird,
durch Zerreißen und Auseinandertreten von Wolken, und
durch Reibung und Zerplatzen von Wolken, wenn sie so
hart geworden sind wie Eis. Und im Allgemeinen fordern
die sichtbaren Erscheinungen auch in diesem besonderen
Fall dazu auf, eine Vielfalt von Ursachen zur Erklärung
heranzuziehen.
(loi) Auch für die Entstehung der Blitze gibt es mehrere
Möglichkeiten. Denn wenn sich die Wolken aneinander
reiben und zusammenstoßen, erzeugt die Atomkonstella-
tion, die das Feuer verursacht, wenn sie hervorbricht, ei-
nen Blitz; und dies kann auch dadurch geschehen, dass aus
den Wolken unter Einwirkung der Winde Körper dieser
Art herausgeschleudert werden, die diese Helligkeit erzeu-
gen; es kann auch durch Herauspressen geschehen, wenn
die Wolken zusammengedrückt werden, entweder durch
eigene Einwirkung oder durch die Winde, oder aber es ge-
schieht durch das Auffangen des Lichtes, das von den Ster-
nen ausgestreut, dann durch die Bewegung der Wolken
und der Winde mitgenommen wurde und schließlich aus
den Wolken herausdringt; oder dadurch dass feinstes Licht
durch die Wolken sickert, oder durch die vom Feuer ver-
ursachte Zusammenballung der Wolken, wobei auch der
Donner erzeugt wird, durch die Bewegung des Feuers
oder durch die Entzündung des Windes, die durch die
Schnelligkeit der Bewegung und durch den starken Druck
verursacht wird; (102) es kann auch geschehen durch das
Zerreißen der Wolken unter Einwirkung der Winde und
das Herausfallen der Atome, die das Feuer und die Er-
scheinung des Blitzes bewirken. Es ist auch leicht möglich,
noch mehrere andere Erklärungen zu finden, wenn man
sich stets an die sichtbaren Erscheinungen hält und in der
2O8 EPISTULAE

καθοράν έχόμενον άεΐ τών φαινομένων καΐ τό τού-


τοις ομοιον δυνάμενον συνθεωρεΐν.
Προτερει δέ αστραπή βροντής έν τοιάδέ τινι πε-
ριστάσει νεφών και διά τό άμα τω τό πνεύμα έμ-
πίπτειν έξωθεΐσθαι τόν άστραπής άποτελεστικόν σχη-
ματισμόν, ύστερον δέ τό πνεΰμα άνειλούμενον τόν
βόμβον άποτελεϊν τούτον και κατ' έμπτωσιν δέ αμ-
φοτέρων αμα τω τάχει συντονωτέρω κεχρήσθαι πρός
ήμάς τήν άστραπήν, (103) ύστερείν δέ τήν βροντήν,
καθάπερ έπ' ενίων έξ αποστήματος θεωρουμένων
καΐ πληγάς τινας ποιουμένων.

Κεραυνός ενδέχεται γίνεσθαι καΐ κατά πλείονας


πνευμάτων συλλογάς και κατειλησιν ίσχυράν τε έκ-
πύρωσιν και κατάρρηξιν μέρους και εκπτωσιν ίσ-
χυροτέραν αύτοι3 έπΙ τους κάτω τόπους, της ρήξεως
γινομένης διά τό τους έξης τόπους πυκνοτέρους εί-
ναι διά πίλησιν ν ε φ ώ ν καΐ κατ' αυτήν δέ τήν του
πυρός εκπτωσιν άνειλουμένου, καθά καΐ βροντήν
ένδέχεται γίνεσθαι, πλείονος γενομένου και πνευ-
ματωθέντος Ισχυρότερον καΐ ρήξαντος τό νέφος διά
τό μή δΰνασθαι ύποχωρείν εις τά έξής, τω πίλησιν
γίνεσθαι, τό μέν πολύ πρός ορος τι ύ-ψηλόν, έν ω
μάλιστα κεραυνοί πίπτουσιν, άεί <δέ) πρός άλληλα.
(ιο4) και κατ' άλλους δέ τρόπους πλείονας ένδέχεται
κεραυνός άποτελεΐσθαι- μόνον ó μύθος άπέστω·
άπέσται δέ, έάν τις καλώς τοις φαινομένοις άκο-
λουθών περί τών άφανών σημειώται.

Πρηστήρας ένδέχεται γίνεσθαι καΐ κατά κάθεσιν


νέφους εις τούς κάτω τόπους στυλοειδώς υπό πνεύ-
ματος αθρόου ώσθέντος, και διά του πνεύματος
πολλού φερομένου, άμα και τό νέφος εις τό πλάγιον
BRIEFE · AN P Y T H O K L E S 2O9

Lage ist, das, was diesen entspricht, mit zu berücksichti-


gen.
D e r Blitz aber geht dem Donner voraus, wenn sich die
Wolken in dem oben beschriebenen Zustand befinden und
die Konstellation, die den Blitz hervorruft, in dem M o -
ment herausgestoßen wird, w o der Wind auf die Wolken
fällt, und später der wirbelnde Wind dieses Donnerwetter
erzeugt; oder wenn beides gleichzeitig herausfällt und
der Blitz sich mit größerer Schnelligkeit zu uns hin bewegt
und (103) der Donner später kommt, wie dies der Fall ist,
wenn man jemanden in weiter Entfernung sieht, der laute
Schläge erzeugt.
Donnerschläge können aus folgenden Gründen entste-
hen: durch vermehrte Sammlung, Verwicklung und heftige
Entzündung von Winden, durch Abreißen eines Teiles und
sein heftigeres Herabstürzen auf darunter liegende Regio-
nen; das Abreißen erfolgt dadurch, dass das Zusammen-
drücken der Wolken die angrenzenden Regionen hat dichter
werden lassen; durch das Herausfallen des zusammenge-
drückten Feuers selbst, wie ja auch der Donner entstehen
kann, nachdem das Feuer sich vermehrte, heftiger durch
Wind angefacht wurde und die Wolken durchbrach, weil es
in die angrenzenden Regionen nicht ausweichen konnte und
der D r u c k immer größer wurde; das geschieht im allge-
meinen an einem hohen Berg, w o Blitzschläge meistens
aufprallen. (104) Es gibt noch verschiedene andere M ö g -
lichkeiten, durch die Donnerschläge verursacht werden.
Allein der Mythos sei ausgeschlossen, er wird aber ausge-
schlossen bleiben, wenn man die sichtbaren Erscheinungen
richtig beachtet und als Zeichen für das Unsichtbare nutzt.
Orkane können entstehen, wenn sich Wolken unter
dem D r u c k starken Windes säulenförmig in die unteren
Regionen hinabsenken und durch viel Wind nach unten
gewirbelt werden, während gleichzeitig der Wind von au-
EPISTULAE

ώθοΰντος του έκτος πνεύματος· καΐ κατά περίστασιν


δέ πνεύματος είς κύκλον, άέρος τινός έπισυνωθου-
μένου άνωθεν και ρύσεως πολλής πνευμάτων γι-
νομένης καΐ ου δυναμένης είς τά πλάγια διαρρυήναι
διά τήν πέριξ του άέρος πίλησιν. (ios) κα'ι εως μέν γης
του πρηστηρος καθιεμένου στρόβιλοι γίνονται, ώς
άν και ή άπογέννησις κατά τήν κίνησιν του πνεύ-
ματος γινηται, εως δέ θαλάττης δινοι άποτελοϋνται.

Σεισμούς ένδέχεται γίνεσθαι και κατά πνεύματος


έν τή γή άπόληψιν και παρά μικρούς όγκους αυτής
παράθεσιν και συνεχή κίνησιν, ο τήν κράδανσιν τή
γή παρασκευάζει, και τό πνεύμα τούτο ή έξω^&εν
έμπεριλαμβάνει <ή> εκ τού πίπτειν [είς] εδάφη είς
άντροειδείς τόπους τής γής έκπνευματουντα τόν πε-
πιλημένον άέρα· (και) κατ' αυτήν δέ τήν διάδοσιν
τής κινήσεως έκ των πτώσεων εδαφών πολλών και
πάλιν άνταπόδοσιν, οταν πυκνώμασι σφοδροτέροις
τής γής άπαντήση, ένδέχεται σεισμούς άποτελεΐσθαι.
(ιο6) και κατ' άλλους δέ πλείους τρόπους τάς κινήσεις
ταύτας τής γής γίνεσθαι.

Τά δέ πνεύματα συμβαίνει γίνεσθαι κατά χρόνον


άλλοφυλίας τινός άε'ι και κατά μικρόν παρεισδυ-
ομένης, καΐ κ α θ ' ύδατος άφθονου συλλογήν. τό δέ
λοιπόν πνεύματα γίνεται καΐ όλίγων πεσόντων είς τά
πολλά κοιλώματα, διαδόσεως τούτων γινομένης.
Χάλαζα συντελείται και κατά πήξιν ίσχυροτέραν,
πάντοθεν δέ πνευματωδών περίστασιν τίνων, και
καταμέρισιν και πήξιν μετριωτέραν ύδατοειδών τί-
νων, (πνευματωδών δέ τίνων) όμούρησιν άμα τήν τε
σύνωσιν αυτών ποιουμένην και τήν διάρρηξιν προς
τό κατά μέρη συνίστασθαι πηγνύμενα και κατά
άθρότητα· (ιο/) ή δέ περιφέρεια ουκ άδυνάτως μέν
B R I E F E · AN P Y T H O K L E S 211

ßen die Wolken zur Seite stößt, oder wenn der Wind seine
Richtung ändert und im Kreis weht, während Luft von
oben hinzustößt, und wenn eine mächtige Windströmung
entsteht und nicht zur Seite abfließen kann, weil ringsum
die Luft zusammengepresst wird. (105) Wenn der Orkan bis
zur Erde hinabstürzt, entstehen Wirbelwinde den Bedin-
gungen entsprechend unter denen sie durch die Bewegung
des Windes erzeugt werden. Wenn er aber auf das Meer
stürzt, bilden sich Strudel.
Erdbeben können entstehen durch den Einschluss von
Wind in der Erde und durch die Vermischung kleiner Erd-
teilchen mit dem Wind und die Erzeugung ständiger Be-
wegung, was dann das Beben der Erde hervorruft. Und
dieser Wind nimmt dann die Erdteilchen entweder von au-
ßen auf oder dadurch, dass Erdmassen in Hohlräume im
Innern der Erde stürzen, die die in ihnen zusammenge-
drückte Luft frei geben; und durch Weiterleitung der Be-
wegung, die durch das Hinabstürzen großer Erdmassen
entsteht, und durch den Rückstoß, wenn diese auf dichtere
und festere Erdschichten treffen, können Erdbeben entste-
hen. (106) Ebenso können diese Bewegungen der Erde aus
vielen anderen Gründen zu Stande kommen.
Die Winde entstehen von Zeit zu Zeit, indem andau-
ernd und allmählich fremde Materie in die Luft steigt, und
auch durch Ansammlung großer Wassermengen. Ansons-
ten entstehen Winde, wenn einige von ihnen in die vielen
Höhlungen fallen und sie dadurch verteilt werden.
Hagel entsteht durch stärkeres Gefrieren, vollständige
Verwandlung und anschließende Verteilung bestimmter
windähnlicher Elemente, aber auch durch leichteres Ge-
frieren bestimmter feuchter Elemente und durch die Nähe
bestimmter windähnlicher Elemente, die diese zugleich
zusammenbringen und zerspringen lassen, so dass sie in
Teilen und im Ganzen gefrieren. (107) Ihre runde Form ist
212 EPISTULAE

εχει γίνεσθαι πάντο^εν των άκρων άποτηκομένων


καΐ έν tfj συστάσει πάντοθεν, ώς λέγεται, κατά μέρη
όμαλώς περιισταμένων είτε ύδατοειδων τίνων, εϊτε
πνευματωδών.

Χιόνα δέ ένδέχεται συντελεΐσθαι καΐ ύδατος λεπ-


τού έκχεομένου έκ των νεφών, διά πόρων συμμε-
τρίας καί θ-λίψεως επιτηδείων νεφών άεί υπό πνεύ-
ματος σφοδρας, είτα τούτου πήξιν έν τη φορά
λαμβάνοντος διά τινα Ισχυράν έν τοις κατώτερον
τόποις τών νεφών ψυχρασίας περίστασιν και κατά
πηξιν δ' έν τοις νέφεσιν όμαλή άραιότητα εχουσαν
τοιαύτη πρόεσις έκ τών νεφών γίνοιτο άν, πρός
άλληλα θλιβομένων ύδατοειδών τίνων συμπαρα-
κειμένων, α οιονεί σύνωσιν ποιούμενα χάλαζαν απο-
τελεί, δ μάλιστα γίνεται έν τω έαρι· (ιο8) καί κατά
τρΐψιν δέ νεφών πηξιν είληφότων άπόπαλσιν αν
λαμβάνοι τό της χιόνος τοΰτο ά·θροισμα. καΐ κατ'
άλλους δέ τρόπους ένδέχεται χιόνα συντελεΐσθαι.

Δρόσος συντελείται καί κατά σύνοδον πρός άλληλα


έκ του άέρος τών τοιούτων, α της τοιαύτης υγρασίας
άποτελεατικά γίνεται· καί κατά φοράν δέ η από νοτε-
ρών τόπων ή ΰδατα κεκτημένων, έν οίς τόποις μάλι-
στα δρόσος συντελείται, είτα σύνοδον τούτων εις τό
αυτό λαβόντων καί άποτέλεσιν υγρασίας καί πάλιν
φοράν έπί τους κάτω τόπους, καθάπερ ομοίως καί
παρ' ήμΐν έπί πλειόνων τοιαΰτά τινα συντελείται.
(ιο9) ( π ά χ ν η δέ συντελείται) τών δρόσων τούτων
πήξίν τινα ποιάν λαβόντων διά περίστασιν τινα αέ-
ρος ψυχρού.
Κρύσταλλος συντελείται καί κατ' έκ·θλι·ψιν μέν του
περιφερούς σχηματισμού έκ του ύδατος, σύνωσιν δέ
BRIEFE · AN PYTHOKLES 21)

möglicherweise darauf zurückzuführen, dass auf allen Sei-


ten ihre Spitzen abschmelzen oder dass sie, während sie
sich von allen Seiten her miteinander verbinden, wie
schon erldärt, Stück für Stück gleichmäßig von bestimm-
ten feuchten oder windartigen Elementen umhüllt werden.
Schnee kann entstehen, wenn leichter Regen aus den
Wolken rieselt aufgrund der Symmetrie der Poren und auf-
grund des ständigen durch Wind hervorgerufenen heftigen
Druckes auf entsprechende Wolken, und wenn dann der
Regen auf seinem Weg gefriert, weil in den Regionen un-
terhalb der Wolken starke Kälte herrscht; und es könnte
durch Gefrieren in den Wolken, die eine einheitliche
Dichte haben, ein solcher Schneefall aus den Wolken kom-
men, sobald die wasserartigen und nebeneinander liegen-
den Elemente gegeneinander gedrückt werden; und diese
Wolken rufen eine Art Zusammenstoß hervor und erzeu-
gen dadurch Hagel, was meistens im Frühjahr geschieht.
(io8) Auch durch die Reibung gefrorener Wolken könnte
diese Ansammlung von Schnee zu Schneefall führen. Aber
es gibt noch andere Möglichkeiten für die Entstehung von
Schnee.
Tau entsteht, wenn sich solche Elemente aus der Luft
miteinander verbinden, die diese Art von Feuchtigkeit er-
zeugen, oder wenn sie aus feuchten und wasserhaltigen
Regionen aufsteigen, in denen sich meistens Tau bildet,
und sich dann an derselben Stelle vereinigen, Feuchtigkeit
erzeugen und wieder auf die darunter liegenden Regionen
fallen, wie man es ebenso auch bei uns vielfach beobachten
kann.
(109) Reif aber bildet sich, wenn diese Tautropfen ge-
wissermaßen Frost bekommen, sobald kalte Luft hinzu-
kommt.
Eis entsteht dadurch, dass alle kugelförmigen Teilchen
aus dem Wasser herausgepresst und alle eckigen und spitz-
214 EPISTULAE

των σκαληνών και όξυγωνίων των έν τη υδατι υπ-


αρχόντων, καΐ κατά εξωθεν δέ των τοιούτων πρόσκρι-
σιν, α συνελασθέντα πήξιν τω ϋδατι παρεσκεύασε,
ποσά των περιφερών έκ^λίψαντα.

^Ιρις γίνεται κατά πρόσλαμψιν [ύπό] του ήλιου


προς άέρα ύδατοειδή, ή κατά πρόσφυσιν ιδίαν του τε
φωτός και του άέρος, ή τά των χρωμάτων τούτων
Ιδιώματα ποιήσει είτε πάντα εϊτε μονοειδώς, άφ' οΰ
πάλιν άπολάμποντος τά όμοροϋντα του άέρος χρώ-
σιν ταύτην λήψεται, οϊαν θεωροϋμεν, κατά πρόσλαμ-
ψιν πρός τά μέρη. (no) Τό δέ της περιφερείας τούτου
φάντασμα γίνεται διά τό τό διάστημα πάντοθεν ϊσον
ύπό τής όψεως θεωρεΐοθαι, ή σύνωσιν τοιαύτην λαμ-
βανουσών των έν τω άέρι (ά)τόμων ή έν τοις νέφεσιν
άπό τού αύτού άέρος· άποφερομένων άτόμων πε-
ριφέρειάν τινα κα-θίεσ^αι τήν σύγκρισιν ταύτην.

"Αλως περί τήν σελήνην γίνεται [καΐ κατά] πάν-


τοθεν άέρος προσφερομένου πρός τήν σελήνην ή τά
άπ' αυτής ρεύματα άποφερόμενα όμαλώς άνα-
στέλλοντος έπί τοσούτον έφ' οσον κύκλφ περιστήσαι
τό νεφοειδές τούτο και μή τό παράπαν διακρίναι, ή
και τόν πέριξ αυτής άέρα άναστέλλοντος συμμέτρως
πάντοθεν είς τό περιφερές τό περί αυτήν καΐ παχυ-
μερές περιστήσαι. (ιιι) ο γίνεται κατά μέρη τινά ήτοι
έξωθεν βιασαμένου τινός ρεύματος ή τής θερμασίας
έπιτηδείων πόρων έπιλαμβανομένης είς τό τούτο
άπεργάσασ·&αι.

Κομήται άστέρες γίνονται ήτοι πυρός έν τόποις


τισΐ διά χρόνων τινών έν τοις μετεώροις συντρε-
φομένου περιστάσεως γινομένης, ή Ιδίαν τινά κίνη-
σιν διά χρόνων τού ουρανού ϊσχοντος υπέρ ήμάς.
B R I E F E · AN P Y T H O K L E S 215

winMigen Teilchen im Wasser zusammengedrückt werden;


weiterhin durch das Hinzutreten solcher Teilchen von au-
ßen, die das Wasser gefrieren lassen, sobald sie zusammen-
gekommen sind, nachdem sie eine bestimmte Menge ku-
gelförmiger Teilchen herausgepresst haben.
Ein Regenbogen bildet sich, wenn die Sonne auf die
feuchte Luft scheint; oder durch eine besondere Mischung
des Lichtes und der Luft, die die Besonderheiten dieser
Farben hervorruft, entweder alle zusammen oder jede für
sich, und durch die Reflektion dieses Lichtes wird die Luft
rings herum so gefärbt, wie wir es wahrnehmen, wenn die
Sonne auf die Teile der Luft scheint, (по) Sein halbkreisför-
miger Umriss entsteht, weil der Abstand für das beobach-
tende Auge von allen Seiten her gleich ist oder weil die
Atome, die sich in der Luft und in den Wolken befinden,
von derselben Luft zu dieser Form zusammengepresst
werden und diese Verbindung einen halbkreisförmigen
Umriss sichtbar werden lässt.
Ein Hof entsteht um den Mond, wenn von allen Seiten
her Luft zum Mond hin fließt oder die Luft die vom Mond
abfließenden Strömungen so weit gleichmäßig zurück-
schiebt, bis sie dieses wolkenartige Gebilde rund um den
Mond herum piaziert haben und nicht mehr ganz davon
trennen können; oder auch wenn die Luft die Luft um den
Mond herum von allen Seiten her gleichmäßig zurück-
schiebt, bis sie den Kreis um ihn herum gebildet und zu
einem dicken Ring geformt hat. (m) Und dies geschieht an
bestimmten Stellen: Entweder drängt von außen eine Strö-
mung nach oder die Wärme erhält geeignete Durchgänge,
um dies hervorzurufen.
Kometen entstehen, entweder weil sich in bestimmten
Regionen und in bestimmten Zeitabständen im Bereich des
Himmels unter gewissen Umständen Feuer sammelt oder
weil der Himmel über uns zu bestimmten Zeiten eine be-
2l6 EPISTULAE

ώστε τά τοιαύτα άστρα άναφανηναι, ή αυτά έν χρό-


νοις τισίν όρμήσαι διά τινα περίστασιν καΐ εις τους
κ α θ ' ημάς τόπους έλθείν και έκφανή γενέσθαι, την τε
άφάνισιν τούτων γίνεσθαι π α ρ ά τάς άντικειμένας
ταύταις αιτίας.

(ηζ) Τινά ( ά σ τ ρ α ) στρέφεται αύτοϋ, ο συμβαίνει


ου μόνον τω τό μέρος τοί3το του κόσμου έστάναι,
περί δ τό λοιπόν στρέφεται, κ α θ ά π ε ρ τινές φασιν,
άλλα και τω δίνην αέρος εγκυκλον αύτοίς περιεσ-
τάναι, ή κωλυτική γίνεται του περιπολειν ώς και τά
άλλα. ή και διά τό έξης μέν αύτοίς ΰλην επιτηδείαν
μή είναι, έν δε τοϋτω τω τόπω έν φ κείμενα θεωρεί-
ται· καΐ κατ' άλλους δέ πλείονας τρόπους τοϋτο δυ-
νατόν συντελεΐσθαι, εάν τις δύνηται τό σΰμφωνον
τοις φαινομένοις συλλογίζεσθαι.

Τινά των άστρων πλανασθαι, εΙ οΰτω ταΐς κινήσεσι


χρώμενα συμβαίνει, τινά δέ μή [κινεισθαι], (113) εν-
δέχεται μέν και π α ρ ά τό κύκλφ κινούμενα εξ αρχής
οΰτω κατηναγκάσθαι, ώστε τά μέν κατά τήν αύτήν
δίναν φέρεσθαι όμαλήν οΰσαν, τά δέ κατά τήν άμα
τισΙν άνομαλίαις χ ρ ω μ έ ν η ν ένδέχεται δέ και κ α θ '
ους τόπους φέρεται ού μέν παρεκτάσεις άέρος είναι
όμαλείς έπΙ τό αυτό συνωθούσας κατά τό έξης όμα-
λώς τε έκκαούσας, ου δέ άνωμαλεϊς ούτως, ώστε τάς
θεωρουμένας παραλλαγάς συντελεΐσθαι. τό δέ μίαν
αίτιαν τούτων άποδιδόναι, πλεοναχώς των φαινο-
μένων έκκαλουμένων, μανικόν και ού καθηκόντως
πραττόμενον ύπό των τήν ματαίαν άστρολογίαν έζη-
B R I E F E · AN P Y T H O K L E S IVJ

sondere Bewegung bekommt, so dass derartige Sterne


sichtbar werden oder weil die Sterne selbst in bestimmten
Zeitabständen und unter bestimmten Umständen sich in
Bewegung setzen, in unsere Regionen gelangen und sicht-
bar werden. Und ihr Verschwinden ist auf Gründe zurück-
zuführen, die jenen entgegengesetzt sind.
(112) Dass sich gewisse Sterne an Ort und Stelle drehen,
geschieht nicht nur dadurch, dass dieser Teil der Welt un-
beweglich ist, um den herum das Übrige sich dreht, wie
gewisse Leute behaupten, sondern auch dadurch, dass
ein kreisförmiger Luftwirbel diesen Teil umgibt, der diese
Sterne daran hindert, ihre Bahnen zu ziehen wie die übri-
gen Sterne, oder auch weil außerhalb ihres Raumes die
notwendige Materie fehlt, die sie in der Region haben, wo
man sie in ihrem ruhenden Zustand sieht. Auch noch aus
mehreren anderen Gründen kann dies geschehen, wenn
man sich das vorstellen kann, was mit den sichtbaren Er-
scheinungen übereinstimmt.
Dass einige Sterne umherirren, wenn es wirklich stimmt,
dass sie sich so bewegen, einige aber nicht, (113) kann daher
kommen, dass sie sich von Anfang an im Kreis bewegen
und so dazu gezwungen sind, dass sie sich teils in der-
selben gleichmäßigen Wirbelbewegung bewegen, teils in
einer irgendwie anderen Wirbelbewegung, die gewisse Un-
regelmäßigkeiten aufweist. Aber es kann auch sein, dass in
den Regionen, in denen sie sich bewegen, teils gleichmä-
ßige Luftschichten vorhanden sind, die die Sterne ununter-
brochen in dieselbe Richtung stoßen und sie gleichmäßig
entzünden, teils so ungleichmäßige Luftschichten, dass sie
die beobachteten Unterschiede hervorrufen. N u r eine ein-
zige Ursache dafür zu nennen, während die sichtbaren Er-
scheinungen zu mehreren Erklärungen auffordern, ist
töricht und wird in unzulässiger Weise von denen prakti-
ziert, die sich für eine unvernünftige Astronomie ereifern
2I8 EPISTULAE

λωκότων και εις τό κενόν αίτιας τινών αποδιδόντων,


οταν τήν θείαν φύσιν μηθαμτ) λειτουργιών άπο-
λύωσι.
(114) Τινά άστρα υπολειπόμενα τίνων θεωρείσ^θαι
συμβαίνει και παρά τό βραδύτερον συμπεριφέρε-
σθαι τον αυτόν κύκλον περιιόντα, καΐ παρά τό τήν
έναντίαν κινεϊσ·θαι άντισπώμενα υπό της αυτής
δίνης, και παρά τό περιφέρεσι&αι τα μέν δια πλείονος
τόπου, τά δέ δι' έλάττονος, τήν αυτήν διναν περικυ-
κλοΰντα. τό δέ άπλώς άποφαίνεσ·θαι περί τούτων
καθήκόν έστι τοις τερατεύεσθαί τι πρός τους πολ-
λούς βουλομένοις.

Οί λεγόμενοι αστέρες έκπίπτειν καΐ παρά μέρος


και παρά τριψιν νεφών δύνανται συντελεΐσ·θαι καΐ
παρά εκπτωσιν, ου άν ή έκπνευμάτωσις γένηται,
κα·θάπερ και έπΙ τών αστραπών έλέγομεν (115) και
κατά σύνοδον δέ άτόμων πυρός άποτελεστικών συμ-
φυλίας γενομένης είς τό τούτο τελέσαι, και κατά
κίνησιν ου άν ή όρμή έξ άρχής κατά τήν σύνοδον
γένηται· καΐ κατά πνευμάτων δέ συλλογήν έν πυκνώ-
μασίν τισιν [έν] όμιχλοειδέσι και έκπύρωσιν τούτων
διά τήν κατείλησιν είτ' έπέκρηξιν <έκ) τών περιε-
χόντων, και έφ' δν αν τόπον ή όρμή γένηται τής φο-
ράς, είς τούτον φερομένων, και άλλοι δέ τρόποι είς
τούτο τελέσαι άμύθ-ητοί είσιν.

Αί δ' έπισημασίαι αι γινόμεναι έπί τισι ζώοις κατά


συγκύρημα γίνονται τού καιροΰ. ου γάρ τά ζώα
ανάγκην τινά προσφέρεται τού άποτελεσθήναι χει-
B R I E F E · AN P Y T H O K L E S 219

und ins Leere hinein Ursachen für irgendwelche Dinge


beschreiben, wenn sie die göttliche Natur mit anstrengen-
der Arbeit befrachten.
(114) Dass bestimmte Sterne dabei beobachtet werden,
dass sie hinter anderen zurückbleiben, kommt daher, dass
sie ihren Weg langsamer zurücklegen, obwohl sie densel-
ben Kreis durchlaufen, oder weil sie sich in die entgegen-
gesetzte Richtung bewegen, wobei sie von demselben Wir-
bel zurückgezogen werden, oder es könnte sein, dass die
einen einen größeren, die anderen einen kleineren Raum
durchlaufen, während sie dieselbe kreisende Wirbelbe-
wegung vollziehen. Dafür eine einfache Erklärung zu ge-
ben, passt zu den Leuten, die dem Volk etwas vormachen
wollen.
Die sogenannten Sternschnuppen können in manchen
Fällen durch gegenseitige Reibung entstehen oder durch
das Herausfallen (von Feuer) an den Stellen, wo das Aus-
stoßen von Luft stattfindet, wie wir es auch bei den Blitzen
annahmen; (115) oder sie können durch einen Zusammen-
schluss von Atomen entstehen, die Feuer erzeugen, sobald
eine Verbindung entsteht, um dies zu erzielen, und durch
eine Bewegung dorthin, wohin sie der Impuls, der sie
zusammenbrachte, von Anfang an gerichtet war; ferner
durch die Ansammlung von Windluft in bestimmten ne-
belartigen Verdichtungen und durch deren Entzündung in-
folge des Druckes, dann durch das Zerreißen der Hülle,
und weil sie dorthin getragen wird, wohin sie ihre Bewe-
gung treibt. Und es gibt noch andere Möglichkeiten, um
dies zu bewirken, ohne dass ein Rückgriff auf Mythen
nötig wäre.
Die Tatsache, dass das Wetter manchmal angezeigt wird
durch das Verhalten bestimmter Tiere, ist nur auf zufälliges
Zusammentreffen von Ereignissen zurückzuführen. Denn
die Tiere üben keinen Zwang darauf aus, dass ein Sturm
220 EPISTULAE

μώνα, ουδέ κάθηταί τις θεία φύσις παρατηρούσα τάς


των ζφων τούτων εξόδους κάπειτα τάς έπισημασίας
ταύτας έπιτελεΐ. (π6) ουδέ γάρ <άν) εις τό τυχόν ζφον
καν μικρω χαριέστερον fj, ή τοιαύτη μωρία έκπέσοι,
μη οτι είς παντελή εύδαιμονίαν κεκτημένον.

Ταύτα δέ πάντα, Πυθόκλεις, μνημόνευσον κατά


πολύ τε γάρ του μύθου έκβήστ] καΐ τα ομογενή τού-
τοις συνοράν δυνήση, μάλιστα δέ σεαυτόν άπόδος
εις την των άρχων καΐ άπειρίας καΐ των συγγενών
τούτοις θεωρίαν, ετι τε κριτηρίων και παθών, και οΰ
ενεκεν ταύτα έκλογιζόμεθα. ταύτα γάρ μάλιστα συν-
θεωρούμενα ραδίως τάς περί τών κατά μέρος αιτίας
συνοράν ποιήσει, οΐ δέ ταύτα μή καταγαπήσαντες η
μάλιστα ούτε <άν) αύτά ταύτα καλώς συνθεωρή-
σαιεν ούτε ου ενεκεν δεί θεωρεΐν ταύτα περιεποιή-
σαντο.
B R I E F E · AN P Y T H O K L E S 221

entsteht; und keine göttliche Natur sitzt da und beobach-


tet, wie die Tiere aus dem Stall kommen, und dann die Zei-
chen, die sie geben, auch erfüllt. (ii6) Denn eine derartige
Torheit würde ein Lebewesen nicht befallen, wenn es nur
ein bisschen Vernunft besäße, und schon gar nicht eines,
das die vollkommene Glückseligkeit besitzt.
Das alles behalte im Gedächtnis, Pythokles. Denn nur
dann wirst du dich weit vom Mythos entfernen und in der
Lage sein, alle Vorgänge, die den geschilderten gleichartig
sind, in ihrem Zusammenhang zu sehen. Vor allem aber
widme dich der Erforschung der Ursachen, der Unbe-
grenztheit und der Erscheinungen, die diesen verwandt
sind, ferner der Beurteilungsmaßstäbe und der seelischen
Empfindungen und des Zweckes, zu dem wir dies alles un-
tersuchen. Denn wenn man es im Zusammenhang er-
forscht, wird man leicht auch die Ursachen der Einzelhei-
ten sehen. Jene aber, die diese Untersuchungen nicht mit
vollster Hingabe betreiben, dürften weder die Dinge selbst
richtig erforschen noch den Anspruch erheben können,
den Zweck erreicht zu haben, zu dem man sie erforschen
muss. (Diog. Laert. lo, 84-116)
Επίκουρος Μενοικεϊ χαίρειν.

(ΐ22) Μήτε νέος τις ών μελλέτω φιλοσοφείν, μήτε γέ-


ρων υπάρχων κοπιάτω φιλοσοφών. οΰτε γάρ άωρος
ουδείς έστιν οΰτε πάρωρος προς τό κατά ψυχήν
ύγιαίνον. ó δε λέγων ή μήπω του φιλοσοφείν ύπάρ-
χειν ώραν ή παρεληλυθέναι τήν ώραν, δμοιός έστιν
τω λέγοντι προς εύδαιμονίαν ή μή παρεϊναι τήν ώραν
ή μηκέτι είναι, ώστε φιλοσοφητέον και νέφ καΐ γέ-
ροντι, τω μεν οπως γηράσκων νεάζη τοις άγαθοΐς διά
τήν χάριν των γεγονότων, τω δε δπως νέος άμα και
παλαιός ή διά τήν άφοβίαν των μελλόντων μελεταν
ουν χρή τά ποιοί5ντα τήν εύδαιμονίαν, εϊπερ παρ-
ούσης μέν αύτής πάντα εχομεν, άπούσης δέ πάντα
πράττομεν είς τό ταύτην έχειν.

(123) "Α δέ σοι συνεχώς παρήγγελλον, ταϋτα και


πράττε καΐ μελέτα, στοιχεία του καλώς ζην ταϋτ' εί-
ναι διαλαμβάνων. Πρώτον μέν τόν ·θεόν ζώον άφθ-
αρτον και μακάριον νομίζων, ως ή κοινή του ·θεοΐ3
νόησις υπεγράφη, μηθέν μήτε της άφθαρσίας άλλό-
τριον μήτε της μακαριότητος άνοίκειον αύτω πρόσ-
απτε· πάν δέ τό φυλάττειν αύτοΰ δυνάμενον τήν
μετά άφ·θαρσίας μακαριότητα περί αύτόν δόξαζε,
θεοι μέν γάρ είσίν εναργής γάρ αύτών έστιν ή γνώ-
σις· οϊους δ' αύτούς (οί) πολλοί νομίζουσιν, ούκ
είσίν ού γάρ φυλάττουσιν αύτούς οϊους νοοΰσιν.
άσεβής δέ ούχ ó τούς των πολλών θεούς άναιρών,
Epikur grüßt Menoikeus.

(122) Wer jung ist, soll nicht zögern zu philosophieren, und


wer schon alt ist, soll nicht müde werden, wenn er philo-
sophiert. Denn für niemanden ist es zu früh oder zu spät,
etwas für die Gesundheit der Seele zu tun. Wer aber sagt,
es sei noch nicht Zeit zu philosophieren oder die Zeit sei
schon vorbei, gleicht einem, der sagt, es sei noch nicht
Zeit, um glücklich zu sein, oder die Zeit dafür sei schon
vorbei. Deshalb muss sowohl ein junger wie auch ein alter
Mensch philosophieren, der eine, damit er, während er alt
ist, jung bleibt durch das Gute, was ihm widerfahren ist,
der andere, damit er zugleich jung und alt ist in seiner
Furchtlosigkeit gegenüber der Zukunft. Man muss sich
um alles kümmern, was Glück bringt; wenn es da ist,
haben wir alles, wenn es nicht da ist, tun wir alles, um es
zu haben.
(123) Aber wozu ich dich ununterbrochen aufgefordert
habe, das tue auch und darum kümmere dich, indem du
darin die Elemente des vollkommenen Lebens siehst. Zu-
erst halte die Gottheit für ein glückseliges Lebewesen in
Übereinstimmung mit der allgemein menschlichen Auffas-
sung von der Gottheit, und hänge ihr nichts an, was nicht
zu ihrer Unvergänglichkeit passt und ihrer Glückseligkeit
nicht entspricht. Nimm dagegen alles über sie an, was
dazu dient, ihre mit der Unvergänglichkeit verbundene
Glückseligkeit zu bewahren. Es gibt nämlich Götter. Ihre
Erkenntnis ist unmittelbar einleuchtend. Sie sind jedoch
nicht so, wie die Leute glauben; denn sie halten nicht kon-
sequent fest, woran sie glauben. Gottlos aber ist nicht je-
ner, der die Götter der Leute verwirft, sondern der den
224 EPISTULAE

άλλ' ó τάς των πολλών δόξας ^εοίς προσάπτων.


(ΐ24) ού γάρ προλήψεις είσΙν άλλ' υπολήψεις ψευδείς
αΐ των πολλών υπέρ θεών άποφάσεις. ενθεν αί μέγι-
σται βλάβαι [αϊτιαι τοις κακοϊς] εκ θεών επάγονται
καΐ ώφέλειαι. ταΐς γάρ ιδίαις οίκειούμενοι δια παν-
τός άρεταΐς τους ομοίους αποδέχονται, παν τό μή
τοιούτον ώς άλλότριον νομίζοντες.

Συνέθιζε δέ έν τω νομίζειν μηδέν πρός ημάς είναι


τόν θ ά ν α τ ο ν έπεί πάν άγαθόν και κακόν έν αισ-
θήσει· στέρησις δέ έστιν αίσθήσεως 6 θάνατος, οθεν
γνώσις ορθή του μηθέν είναι πρός ημάς τόν θάνατον
άπολαυστόν ποιεί τό της ζωής θνητόν, ουκ άπειρον
προστιθεϊσα χρόνον, άλλά τόν τής άθανασίας άφε-
λομένη πόθον. (125) ούθέν γάρ έστιν έν τω ζήν δεινόν
τώ κατειληφότι γνησίως τό μηδέν ύπάρχειν έν τω μή
ζήν δεινόν. ώστε μάταιος ό λέγων δεδιέναι τόν θάνα-
τον ούχ οτι λυπήσει παρών, άλλ' δτι λυπεί μέλλων, δ
γάρ παρόν ουκ ένοχλεΐ, προσδοκώμενον κενώς λυ-
πεί. τό φρικωδέστατον οΰν τών κακών 6 θάνατος
ούθέν πρός ήμας, έπειδήπερ οταν μέν ήμεΐς ώμεν, ó
θάνατος ού πάρεστιν, οταν δέ ó θάνατος παρή, τόθ'
ήμείς ούκ έσμέν. ούτε οΰν πρός τους ζώντάς έστιν
ούτε πρός τους τετελευτηκότας, έπειδήπερ περί ους
μέν ούκ έστιν, οϊ δ' ούκέτι είσίν. Ά λ λ ' οΐ πολλοί τόν
θάνατον ότέ μέν ώς μέγιστον τών κακών φεύγουσιν,
ότέ δέ ώς άνάπαυσιν τών έν τω ζήν (κακών αιροϋν-
ται. ó δέ σοφός ούτε παραιτείται τό ζήν) (126) ούτε
φοβείται τό μή ζ ή ν ούτε γάρ αύτω προσίσταται τό
BRIEFE · AN MENOIKEUS 225

Göttern den Glauben der Leute anhängt. (124) Denn die


Meinungen der Leute über die Götter sind keine be-
gründeten Vorbegriffe, sondern falsche Annahmen. Daher
kommen von den Göttern die größten Nachteile und die
größten Vorteile. Denn weil den Göttern ihre eigenen Tu-
genden uneingeschränkt gefallen, haben sie nur Freude an
solchen Menschen, die ihnen ähnlich sind, während sie al-
les, was nicht so ist wie sie, für fremd halten und ablehnen.
Gewöhne dich daran zu glauben, dass der Tod keine Be-
deutung für uns hat. Denn alles, was gut, und alles, was
schlecht ist, ist Sache der "Wahrnehmung. Der Verlust der
Wahrnehmung aber ist der Tod. Daher macht die richtige
Erkenntnis, dass der Tod keine Bedeutung für uns hat, die
Vergänglichkeit des Lebens zu einer Quelle der Lust,
indem sie uns keine unbegrenzte Zeit in Aussicht stellt,
sondern das Verlangen nach Unsterblichkeit aufhebt.
(125) Denn nichts ist im Leben schrecklich für denjenigen,
der wirklich begriffen hat, dass nichts Schreckliches darin
liegt, nicht zu leben. Daher ist derjenige ein Tor, der sagt,
er fürchte den Tod nicht, weil er ihm Schmerzen bereiten
werde, wenn er da sei, sondern weil er Schmerzen bereite,
wenn er noch zu erwarten sei. Denn was uns nicht be-
drückt, wenn es da ist, schmerzt uns ohne Grund, wenn es
erwartet wird. Das schauerlichste aller Übel, der Tod, hat
also keine Bedeutung für uns; denn so lange wir da sind, ist
der Tod nicht da, wenn aber der Tod da ist, dann sind wir
nicht da. Er hat also weder für die Lebenden noch für die
Toten eine Bedeutung; denn für die einen ist er nicht da,
die anderen sind für ihn nicht mehr da. Aber die Leute flie-
hen manchmal vor dem Tod, weil sie ihn für das größte
Übel halten; manchmal verlangen sie auch nach ihm, weil
er alle Übel des Lebens beendet. Der Weise aber weist we-
der das Leben zurück (126) noch fürchtet er sich davor,
nicht zu leben. Denn ihm ist weder das Leben eine Last
2Z6 EPISTULAE

ζην οΰτε δοξάζεται κακόν είναι τι τό μή ζην. ώσπερ


δέ τό σιτίον ού τό πλείστον πάντως άλλά τό ήδιστον
αιρείται, οΰτω καΐ χρόνον ού τόν μήκιστον άλλά τόν
ήδιστον καρπίζεται. Ό δέ παραγγέλλων τόν μεν νέον
καλώς ζην, τόν δέ γέροντα καλώς καταστρέφειν,
εύήθης έστίν ού μόνον δια τό της ζωής άσπαστόν,
άλλά καΐ διά τό τήν αύτήν είναι μελέτην του καλώς
ζην και τοΰ καλώς άποθνήσκειν. πολύ δέ χείρων καΐ
ó λ έ γ ω ν καλόν μή φϋναι,

φύντα δ' οπως ώκιστα πύλας Ά ί δ α ο περήσαι.

(127) ει μεν γάρ πεποιθώς τοΰτό φησιν, πώς ούκ


απέρχεται έκ τοΰ ζήν; έν έτοιμω γάρ αύτω τοΰτ' έστίν,
εϊπερ ην βεβουλευμένον αύτω βεβαίως· εΐ δέ μωκώ-
μενος, μάταιος έν τοις ούκ έπιδεχομένοις.

Μνημονευτέον δέ ώς τό μέλλον ούτε πάντως ήμέ-


τερον ούτε πάντως ούχ ήμέτερον, ϊνα μήτε πάντως
προσμένωμεν ώς έσόμενον μήτε άπελπίζωμεν ώς
πάντως ούκ έσόμενον.

Άναλογιστέον δέ ώς τών έπιθυμιών αί μέν είσι φυ-


σικαί, αΐ δέ κεναί, και τών φυσικών αί μέν άναγκαϊαι,
αί δέ φυσικαί μ ό ν ο ν τών δέ άναγκαίων αί μέν πρός
εύδαιμονίαν είσίν άναγκαϊαι, αί δέ πρός τήν τοΰ σώ-
ματος άοχλησίαν, αί δέ πρός αύτό τό ζήν. (128) τού-
των γάρ άπλανής θεωρία πασαν αϊρεσιν και φυγήν
έπανάγειν οΐδεν έπί τήν τοΰ σώματος ύγίειαν και τήν
τής ψυχής άταραξίαν, έπεί τοΰτο τοΰ μακαρίως ζήν
έστι τέλος, τούτου γάρ χάριν πάντα πράττομεν, οπως
μήτε άλγώμεν μήτε ταρβώμεν. οταν δέ άπαξ τοΰτο
περί ήμας γένηται, λύεται πάς ó τής ψυχής χειμών.
B R I E F E · AN M E N O I K E U S 227

noch glaubt er, es sei ein Übel, nicht zu leben. Wie er auch
beim Essen nicht die größte, sondern die am besten schme-
ckende Portion wählt, so will er auch nicht die längste, son-
dern die angenehmste Lebenszeit genießen. Wer aber dazu
auffordert, dass der junge Mensch anständig leben, der alte
Mensch anständig sterben solle, ist einfältig, nicht nur weil
das Leben als solches liebenswert ist, sondern auch weil
man ebenso für das anständige Leben wie für das anstän-
dige Sterben sorgen muss. Viel schlechter aber geht es je-
nem, der sagt:
Schön sei es nicht, geboren zu werden, wenn man aber
geboren sei, dann möglichst schnell die Tore des Hades zu
durchschreiten (Theognis 425/427).
(127) Wenn er davon überzeugt ist und es auch sagt,
warum geht er dann nicht aus dem Leben? Denn das ist
ihm doch möglich, wenn er es wirklich vorhat. Wenn er
aber nur spottet, dann redet er leichtfertig daher, und zwar
in einem Zusammenhang, der dies nicht erlaubt.
Wir sollten auch daran denken, dass wir die Zukunft
weder ganz noch teilweise in unserer Gewalt haben, damit
wir weder damit rechnen, dass das Erwartete ganz eintre-
ten wird, noch daran zweifeln, dass es nicht ganz eintreten
wird.
Weiterhin müssen wir beachten, dass die Begierden teils
natürlich, teils sinnlos sind, und die natürlichen Begierden
teils notwendig, teils nur natürlich; die notwendigen sind
teils für das Glück, teils für die Ungestörtheit des Körpers
notwendig, teils für das Leben an sich. (128) Denn eine ge-
zielte Beobachtung dieser Tatsachen geht davon aus, dass
jedes Wählen und Ablehnen auf die Gesundheit des Kör-
pers und die Ungestörtheit der Seele gerichtet ist; denn
dies ist das Ziel des glücklichen Lebens. Deswegen tun wir
nämlich alles, damit wir weder Schmerzen noch Angst ha-
ben. Aber wenn einem dies einmal zuteil wird, dann legt
228 EPISTULAE

ουκ έχοντος του ζώου βαδίζειν ώς πρός ένδέον τι και


ζητείν ετερον φ τό της ψυχής και του σώματος αγα-
θόν συμπληρώσεται. τότε γάρ ηδονής χρείαν εχομεν,
δταν έκ του μή παρείναι την ήδονήν άλγώμεν (οταν
δέ μή άλγώμεν) ούκέτι τής ηδονής δεόμεθα.

Και διά τοϋτο τήν ήδονήν άρχήν καΐ τέλος λέγο-


μεν είναι του μακαρίως ζήν. (129) ταύτην γάρ αγαθόν
πρώτον και συγγενικόν εγνωμεν, και άπό ταύτης
καταρχόμεθα πάσης αίρέσεως και φυγής, και έπΙ
ταύτην καταντώμεν ώς κανόνι τώ πάθει πάν αγα-
θόν κρίνοντες. Και έπεί πρώτον αγαθόν τοϋτο και
σύμφυτον, διά τοϋτο και ου πάσαν ήδονήν αίρού-
μεθα, άλλ' εστίν δτε παλλάς ήδονάς ύπερβαινομεν,
οταν πλείον ήμϊν τό δυσχερές έκ τούτων επηται· και
πολλάς άλγηδόνας ηδονών κρείττους νομίζομεν, έπει-
δάν μείζων ήμϊν ήδονή παρακολουθή πολύν χρό-
νον ύπομείνασι τάς άλγηδόνας. πάσα ουν ήδονή διά
τό φύσιν έχειν οίκείαν άγαθόν, ού πάσα μέντοι αι-
ρετή· καθάπερ και άλγηδών πάσα κακόν, ού πάσα δέ
άεί φευκτή πεφυκυία. (130) τή μέντοι συμμετρήσει και
συμφερόντων και άσυμφόρων βλέψει ταύτα πάντα
κρίνειν καθήκει. χρώμεθα γάρ τω μέν άγαθώ κατά
τινας χρόνους ώς κακώ, τω δέ κακώ τοΰμπαλιν ώς
άγαθώ.

ΚαΙ τήν αύτάρκειαν δέ άγαθόν μέγα νομίζομεν,


ούχ ϊνα πάντως τοις ολίγοις χρώμεθα, άλλ' δπως, έάν
μή εχωμεν τά πολλά, τοίς ολίγοις άρκώμεθα, πε-
πεισμένοι γνησίως δτι ήδιστα πολυτελείας άπολαύ-
ουσιν οι ήκιστα ταύτης δεόμενοι, και οτι τό μέν φυ-
σικόν πάν εύπόριστόν έστι, τό δέ κενόν δυσπόριστον,
B R I E F E · AN M E N O I K E U S 229

sich der ganze Sturm der Seele, weil sich das Lebewesen
nicht auf die Suche nach etwas, was ihm noch fehlt, zu be-
geben und sich um etwas anderes zu bemühen braucht,
mit dem erfüllt wird, was für die Seele und für den Körper
gut ist. Denn nur dann haben wir ein Bedürfnis nach Lust,
wenn wir durch die Abwesenheit von Lust Schmerz emp-
finden. Wenn wir aber keinen Schmerz empfinden, brau-
chen wir die Lust nicht mehr.
Darum sagen wir auch, dass die Lust Anfang und Ende
des glücklichen Lebens ist. (129) Wir haben sie nämlich als
das erste und das angeborene Gut erkannt, und von ihm
gehen wir bei jedem Wählen und Ablehnen aus, und auf
dieses gehen wir zurück, wenn wir jedes Gut beurteilen, in-
dem wir unser Gefühl als Maßstab verwenden. Und weil sie
das erste und angeborene Gut ist, wählen wir nicht jede
Lust, sondern gehen manchmal über viele andere Lustemp-
findungen hinweg, wenn sie für uns größere Unannehm-
lichkeiten zur Folge haben; wir geben auch vielen Schmer-
zen den Vorzug vor Lustempfindungen, sobald wir nach
langem Aushalten von Schmerzen mit einer größeren Lust
rechnen können. Jede Lust ist also ein Gut, weil sie eine uns
verwandte Natur hat, aber nicht jede darf man in Anspruch
nehmen, wie auch jeder Schmerz ein Übel ist, aber nicht je-
den darf man stets vermeiden. (130) Doch durch Berechnen
und Abwägen des Nützlichen und des Schädlichen kann
man all dies richtig beurteilen. Denn in bestimmten Situ-
ationen gehen wir mit dem Guten wie mit einem Übel, mit
dem Übel wiederum wie mit einem Guten um.
Auch die Unabhängigkeit von äußeren Dingen halten
wir für ein großes Gut, nicht um uns in jeder Lage mit We-
nigem zufrieden zu geben, sondern um, wenn wir das Meis-
te nicht haben, mit dem Wenigen auszukommen, weil wir
voll davon überzeugt sind, dass jene, die den Überfluss am
meisten genießen, ihn am wenigsten brauchen, und dass
230 EPISTULAE

OL τε λιτοί χυλοί ισην πολυτελεΐ διαίττι την ήδονήν


επιφέρουσιν, οταν άπαν τό άλγοΰν κατ' ενδειαν έξαι-
ρεθτ), (131) καΐ μάζα καΐ ΰδωρ την άκροτάτην άπο-
δίδωσιν ήδονήν, έπειδάν ένδέων τις αυτά προσ-
ενέγκηται. τό συνε·θίζειν ουν έν ταίς άπλαΐς καΐ ού
πολυτελέσι διαιταις καΐ ύγιείας εστί συμπληρωτικόν
και πρός τάς αναγκαίας τοΰ βίου χρήσεις άοκνον
ποιεί τόν ανθρωπον και τοις πολυτελέαιν έκ δια-
λειμμάτων προσερχομένοις κρεΐττον ήμας διατίθησι
και πρός τήν τύχην άφόβους παρασκευάζει.

"Οταν ουν λέγωμεν ήδονήν τέλος ύπάρχειν, ού τάς


των άσώτων ήδονάς και τάς έν άπολαύσει κειμένας
λέγομεν, ως τίνες άγνοοϋντες και ούχ όμολογοϋντες ή
κακώς έκδεχόμενοι νομίζουσιν, άλλα τό μήτε άλγεΐν
κατά σώμα μήτε ταράττεσθαι κατά ψυχήν. (132) ού
γάρ πότοι κα'ι κώμοι συνείροντες ούδ' άπολαύσεις
παίδων και γυναικών ούδ' ίχ·&ύων και τών άλλων
δσα φέρει πολυτελής τράπεζα, τόν ήδύν γεννά βίον,
άλλά νήφων λογισμός και τάς αιτίας έξερευνών πά-
σης αΙρέσεως και φυγής και τάς δόξας έξελαύνων, έξ
ων πλείστος τάς ψυχάς καταλαμβάνει ΰ-όρυβος.

Τούτων δέ πάντων άρχή και τό μέγιστον αγαθόν


φρόνησις. διό και φιλοσοφίας τιμιώτερον ύπάρχει
φρόνησις, έξ ης αί λοιπαί πάσαι πεφύκασιν άρεταί,
διδάσκουσα ως ουκ έστιν ήδέως ζην άνευ τοΰ
φρονίμως και καλώς και δικαίως, (ούδέ φρονίμως
και καλώς καΐ δικαίως) άνευ τοΰ ήδέως. συμπεφύ-
κασι γάρ αΐ άρεταΙ τω ζήν ήδέως και τό ζήν ήδέως
τούτων έστιν άχώριστον.
B R I E F E · AN M E N O I K E U S 2}I

alles Natürliche leicht, das Sinnlose aber schwer zu be-


schaffen ist und dass eine einfache Brühe die gleiche Lust
bereitet wie ein üppiges Mahl, wenn jede Schmerzempfin-
dung, die durch Mangel hervorgerufen wird, beseitigt ist,
(131) und dass Wasser und Brot die höchste Lust bereiten,
wenn man sie zu sich nimmt, weil man Hunger hat. Die
Gewöhnung an einfache und nicht üppige Nahrung dient
also einerseits in jeder Hinsicht der Gesundheit und nimmt
andererseits auch dem Menschen die Sorgen angesichts der
Grundbedürfnisse des Lebens, stärkt uns, wenn wir uns
in Abständen an üppige Tafeln begeben, und macht uns
furchtlos gegenüber dem Schicksal.
Wenn wir also sagen, dass die Lust das Ziel sei, meinen
wir nicht die Wollust der Unersättlichen und die Lüste, die
sich auf oberflächlichen Genuss beschränken, wie einige
aufgrund von Unkenntnis und Ablehnung oder aus Miss-
verständnis meinen, sondern die Freiheit von körper-
lichem Schmerz und von seelischer Unruhe. (132) Denn
nicht Trinkgelage und endlose Feste, nicht der Genuss
von Knaben und Frauen und auch nicht von Fischen und
allem anderen, was eine üppige Tafel bietet, erzeugen das
lustvolle Leben, sondern ein nüchterner Verstand, der die
Gründe für alles Wählen und Ablehnen herausfindet und
die Vorurteile vertreibt, aus denen die größte Verwirrung
der Seelen erwächst.
Der Ursprung all dieser Überlegungen und das höchste
Gut ist die Vernunft. Deshalb ist die Vernunft auch wertvol-
ler als die Philosophie. Aus ihr stammen alle übrigen Tu-
genden. Sie lehrt uns, dass man nicht lustvoll leben kann,
ohne vernünftig, anständig und gerecht zu leben, und dass
man auch nicht vernünftig, anständig und gerecht leben
kann, ohne lustvoll zu leben. Denn die Tugenden sind von
Natur aus mit dem lustvollen Leben verbunden, und das
lustvolle Leben ist von den Tugenden nicht zu trennen.
232 EPISTULAE

(133) Έ π ε Ι τίνα νομίζεις είναι κρείττονα του καΐ


περί θ^εών δσια δοξάζοντας καΐ περί θανάτου διά
παντός άφόβως έχοντος καΐ τό της φύσεως έπιλελο-
γισμένου τέλος καΐ τό μέν των άγαθών πέρας ως
εστίν εΰσυμπλήρωτόν τε και εύπόριστον διαλαμ-
βάνοντος, τό δέ των κακών ώς ή χρόνους ή πόνους
εχει βραχείς; τήν δέ υπό τίνων δεσπότιν είσαγομένην
πάντων διαγελώντος (ειμαρμένην καΐ μάλλον α μέν
κατ' άνάγκην γίγνεσθαι λέγοντος), à δέ από τύχης, α
δέ παρ' ημάς; διά τό τήν μέν άνάγκην άνυπεύ'&υνον
είναι, τήν δέ τύχην άστατον όραν, τό δέ παρ' ήμας
άδέσποτον, ω και τό μεμπτόν και τό έναντίον παρ-
ακολουθειν πέφυκεν. (134) έπεί κρεΐττον ην τω περί
•θεών μύθω κατακολουθεϊν ή τη τών φυσικών ει-
μαρμένη δουλεύειν ó μέν γάρ έλπίδα παραιτήσεως
υπογράφει θεών διά τιμής, ή δέ άπαραίτητον έχει
τήν άνάγκην. τήν δέ τύχην ούτε θεόν, ώς οί πολλοί
νομίζουσιν, ύπολαμβάνων, - ού·θέν γάρ άτάκτως
θεω πράττεται - οΰτε άβέβαιον αίτίαν, <ούκ) οϊεται
μέν γάρ άγαθόν ή κακόν έκ ταύτης πρός τό μα-
καρίως ζήν άνθ^ρώποις δίδοσθαι, άρχάς μέντοι
μεγάλων άγαθών ή κακών ύπό ταύτης χορηγεΐοΰ-αι·
(135) κρεΐττον είναι νομίζει εύλογίστως άτυχείν ή
άλογίστως εύτυχεΐν βέλτιον γάρ έν ταΐς πράξεσι τό
καλώς κριθέν <μή όρθωθήναι ή τό μή καλώς κριθέν)
όρ-θωθήναι διά ταύτην.
BRIEFE · AN M E N O I K E U S 2}3

(133) Denn wer ist deiner Meinung nach stärker als jener,
der fromme Gedanken über die Götter hat und gegenüber
dem Tod völlig frei von Angst ist und das Ziel der Natur
verstanden hat und begreift, dass das höchste Gut leicht zu
verwirklichen und leicht zu beschaffen ist, dass aber das
größte Übel entweder nur kurze Zeit andauert oder nur
kurze Zeit als Leid empfunden wird? Wer ist schließlich
stärker als jener, der die von einigen als mächtige Herrin
über alle Welt empfundene Schicksalsfügung auslacht und
statt dessen erklärt, dass manches mit Notwendigkeit,
manches durch Zufall, manches durch unser eigenes Zu-
tun geschieht? Denn er sieht, dass wir für das Notwendige
nicht verantwortlich sind, der Zufall unberechenbar ist,
und das, was unserem Einfluss unterliegt, nicht fremdbe-
stimmt ist und deshalb natürlich auch getadelt und gelobt
wird. (134) Denn es wäre besser, dem Mythos über die
Götter zu folgen als sich der Schicksalsfügung der Natur-
philosophen zu unterwerfen. Denn der Mythos nährt die
Hoffnung auf eine Beeinflussung der Götter durch ent-
sprechende Verehrung, die Schicksalsfügung dagegen be-
deutet die unausweichliche Notwendigkeit. Den Zufall
aber hält der Weise weder für eine Gottheit, für die ihn die
Leute halten - denn von einem Gott wird nichts ohne eine
feste Ordnung getan - noch für eine unsichere Ursache; er
glaubt nämlich nicht, dass den Menschen durch Zufall et-
was Gutes oder Böses gegeben wird, was für das glück-
liche Leben von Belang ist, sondern dass vom Zufall nur
die Voraussetzungen für große Güter oder Übel geschaffen
werden. (135) Er glaubt, es sei besser, beim Handeln trotz
überlegter Planung keinen Erfolg zu haben, als trotz un-
überlegter Planung mit Hilfe des Zufalls Erfolg zu haben.
Denn es sei schöner, dass, wenn man etwas tut, die richtige
Entscheidung nicht zum Erfolg führt als dass die falsche
Entscheidung durch den Zufall zum Erfolg führt.
234 EPISTULAE

Ταϋτα οΰν καΐ τά τούτοις συγγενή μελέτα προς


σεαυτόν ημέρας και νυκτός (και) πρός τόν ομοιον
σεαυτω, και ουδέποτε οϋθ' ΰπαρ οΰτ' οναρ διαταρα-
χθήστ), ζήστ) δε ώς θεός έν άνθρώποις. ούθέν γαρ
εοικε θνητω ζ φ φ ζών άνθρωπος έν άθανάτοις
άγαθοίς.
BRIEFE · AN M E N O I K E U S 2}5

Darum und um alles andere, was dazu gehört, kümmere


dich Tag und Nacht, und zwar für dich selbst allein und für
den, der dir ähnlich ist, und dann wirst du niemals, weder
wenn du wach bist noch wenn du schläfst, in Unruhe ge-
raten, sondern leben wie ein Gott unter Menschen. Denn
in nichts mehr gleicht einem vergänglichen Wesen ein
Mensch, der umgeben ist von unvergänglichen Gütern.
(Diog. Laert. lo, 122-135)
M A S S G E B E N D E SÄTZE
Tò μακάριον καΐ άφθαρτον οΰτε αυτό πράγματα
εχει οΰτε αλλφ παρέχει- ώστε οΰτε όργαΐς οΰτε
χάρισι συνέχεται· έν άσ^ενεΐ γάρ παν τό τοιού-
τον.

II Ό θάνατος ουδέν πρός ημάς· τό γαρ διαλυθέν


άναισθητεΐ, τό δ' άναισθητοΰν ουδέν πρός ήμας.

III "Ορος του μεγέθους των ηδονών ή παντός τοί3


άλγοϋντος ύπεξαίρεσις. οπου δ' αν τό ήδόμενον
ένη, καθ' ον αν χρόνον η, ουκ εστι τό άλγοϋν ή
λυπούμενον ή τό συναμφότερον.

IV Ού χρονίζει τό άλγοϋν συνεχώς έν τη σαρκί,


άλλά τό μέν άκρον τόν έλάχιστον χρόνον πάρ-
εστι, τό δέ μόνον ύπερτεΐνον τό ήδόμενον κατά
σάρκα ου πολλάς ημέρας συμβαίνει- αΐ δέ πο-
λυχρόνιοι τών άρρωστιών πλεονάζον έχουσι τό
ήδόμενον έν τη σαρκΙ ήπερ τό άλγοϋν.

V Ουκ εστίν ήδέως ζην άνευ τοΰ φρονίμως και


καλώς δικαίως <οΰδέ φρονίμως και καλώς καΐ δι-
καίως) άνευ τοΰ ήδέως- οτω δέ τοϋτο μή υπάρ-
χει, ουκ έστι τοϋτον ήδέως ζην.
I Ein glückliches und unvergängliches Wesen hat weder
selbst Schwierigkeiten noch bereitet es einem anderen
Schwierigkeiten. Daher hat es weder mit Zornesaus-
brüchen noch mit Zuneigung zu tun; denn alle Ge-
fühle dieser Art sind Zeichen von Schwäche.

II Der Tod hat keine Bedeutung für uns; denn was sich
aufgelöst hat, empfindet nichts; was aber nichts emp-
findet, hat keine Bedeutung für uns.

III Die Größe der Lust hat ihre Grenze in der Beseitigung
alles Schmerzenden. So lange aber Lust empfunden
wird, gibt es dort, wo sie empfunden wird, nichts, was
weh tut oder traurig macht oder beides zusammen.

IV Was schmerzt, spürt man nicht ununterbrochen im


Fleisch; vielmehr ist der größte Schmerz nur von kur-
zer Dauer; der Schmerz aber, der die Lust im Fleisch
kaum übersteigt, dauert nicht viele Tage lang. Lan-
ge andauernde Krankheiten gewähren mehr Lust im
Fleisch als Schmerz.

V Es ist nicht möglich, lustvoll zu leben, ohne vernünftig, an-


ständig und gerecht zu leben, und auch nicht vernünftig,
anständig und gerecht, ohne lustvoll zu leben. Wem dies
aber nicht möglich ist, der kann auch nicht lustvoll leben.
240 KYPIAI ΔΟΞΑΙ

VI "Ενεκα του ·&αρρεΐν έξ άνΰ-ρώπων ήν κατά φύαιν


άρχης καΐ βασιλείας άγαΌ'όν, έξ ών αν ποτε τοΰ-
το οιός τ' ή παρασκευάζεσθαι.

VII "Ενδοξοι καΐ περίβλεπτοι τίνες έβουλήθησαν


γενέσθαι, την έξ ά ν θ ρ ώ π ω ν άσφάλειαν οΰτω νο-
μίζοντες περιποιήσεσθαι ώστε, ει μέν ασφαλής ó
των τοιούτων βίος, άπέλαβον τό της φύσεως αγα-
θ ό ν εί δέ μή άσφαλής, ουκ εχουσιν ου ενεκα έξ
άρχής κατά τό της φύσεως οικεϊον ώρέχθησαν.

VIII Ουδεμία ηδονή κ α θ ' έαυτήν κ α κ ό ν αλλά τά τι-


νών ηδονών ποιητικά πολλαπλασίους έπιφέρει
τάς οχλήσεις τών ηδονών.

IX Εί κατεπυκνοΰτο πάσα ήδονή τ<όπ)ω καΐ χρόνω


και περί ολον τό άθροισμα ύπήρχεν ή τά κυριώ-
τατα μέρη της φύσεως, ουκ άν ποτε διέφερον
α λ λ ή λ ω ν αί ήδοναί.

Εί τά ποιητικά τών περί τους άσώτους ήδονών


ελυε τους φόβους της διανοίας τούς τε περί μετε-
ώρων και θανάτου και άλγηδόνων, ετι τε τό
πέρας τών έπιθυμιών (και τών ά λ γ η δ ό ν ω ν ) έδί-
δασκεν, ουκ άν ποτε εϊχομεν ο τι μεμψαίμεθα αύ-
τοίς πανταχόθεν έκπληρουμένοις τών ήδονών
και ούδαμόθεν οΰτε τό άλγοϋν οΰτε τό λυπούμε-
νον εχουσιν, οπερ έστί τό κακόν.
MASSGEBENDE SATZE 24I

VI Damit man sicher sein konnte vor den Menschen, gab


es das natürliche Gut der Herrschaft und des König-
tums, mit dessen Hilfe man sich gegebenenfalls diese
Sicherheit verschaffen konnte.

VII Berühmt und angesehen wollten manche Menschen


werden, weil sie meinten, dass sie sich so die Sicherheit
vor den Menschen verschaffen könnten. Wenn daher
das Leben solcher Menschen sicher war, haben sie das
natürliche Gut gewonnen. Wenn es aber nicht sicher
war, besaßen sie nicht, wonach sie von Anfang an in
Ubereinstimmung mit ihrer eigenen Natur strebten.

VIII Keine Lust ist an sich ein Übel. Aber alles, was be-
stimmte Lustempfindungen hervorruft, führt zu Stö-
rungen, die die Lustempfindungen um ein Vielfaches
übersteigen.

IX Wenn alle Lust in Hinsicht auf Umfang und Dauer zu-


sammengefasst werden könnte und dies im ganzen
Organismus oder wenigstens in den wichtigsten Teilen
des menschlichen Körpers möglich wäre, dann unter-
schieden sich die Lustempfmdungen niemals von ein-
ander.

X Wenn das, was die Lustempfindungen der Unersätt-


lichen hervorruft, die Ängste des Nachdenkens über
die Himmelserscheinungen, den Tod und die Schmer-
zen auflöste und außerdem die Grenze der Begierden
und der Schmerzen zeigte, dann hätten wir überhaupt
keinen Anlass, sie zu tadeln, wenn sie von überall her
von Lustempfmdungen erfüllt wären und von nir-
gendwo her Schmerzhaftes oder Leidbringendes er-
führen, was ja das Übel ist.
242 KYPIAI ΔΟΞΑΙ

XI Εί μη^έν ημάς αί των μετεώρων ύποψίαι ήνώχ-


λουν και αΐ περί θανάτου, μήποτε πρός ημάς fi τι,
ετι τε τό μή κατανοεΐν τούς ορούς των άλγη-
δόνων καΐ των έπιθυμιών, ουκ αν προσεδεόμεθα
φυσιολογίας.

XII Ουκ ήν τό φοβούμενον λΰειν υπέρ των κυριω-


τάτων μή κατειδότα τις ή του σύμπαντος φύσις,
άλλ' ύποπτεύοντά τι των κατά τούς μύθους· ώστε
ουκ ήν άνευ φυσιολογίας ακεραίους τάς ήδονάς
άπολαμβάνειν.

XIII Ούθέν όφελος ήν τήν κατά ανθρώπους άσφά-


λειαν παρασκευάζεσθαι των άνωθεν υπόπτων
καθεστώτων και των υπό γης και άπλώς των έν
τω άπείρω.

XIV Της άσφαλείας της έξ άνθρώπων γενομένης


μέχρι τινός δυνάμει τε έξερειστική και εύπορίςι,
ειλικρινέστατη γίνεται ή έκ της ήσυχίας και έκχω-
ρήσεως των πολλών άσφάλεια.

XV Ό της φύσεως πλούτος καΐ ώρισται καΐ εύπό-


ριστός έστιν, ó δέ τών κενών δοξών είς άπειρον
έκπίπτει.

XVI Βραχέα σοφώ τύχη παρεμπίπτει, τά δέ μέγιστα


και κυριώτατα ó λογισμός διφκηκε και κατά τόν
συνεχή χρόνον του βίου διοικεί και διοικήσει.
MASSGEBENDE SATZE 243

XI Wenn uns nicht die Vermutungen über die Himmels-


erscheinungen und die angstvollen Gedanken über
den Tod, als ob er uns irgendetwas anginge, ferner die
mangelnde Kenntnis der Grenzen von Schmerzen und
Begierden belastete, brauchten wir keine Naturphilo-
sophie.

XII Es wäre nicht möglich, die Angst in Zusammenhang


mit den wichtigsten Dingen aufzulösen, wenn man
nicht begriffen hätte, was die Natur des Ganzen ist,
sondern in Angst vor allem lebte, was die Mythen
erzählen; daher wäre es nicht möglich, ohne Natur-
philosophie ungetrübte Freude zu genießen.

XIII Es nützte nichts, die Sicherheit unter den Menschen


herzustellen, während man noch Angst empfände vor
den Vorgängen am Himmel und unter der Erde und
überhaupt im unbegrenzten Universum.

XIV Wenn auch die Sicherheit vor den Menschen bis zu


einem gewissen Grad auf der Grundlage einer fest-
gefügten Macht und auf der Grundlage guter wirt-
schaftlicher Verhältnisse gewährleistet ist, so erwächst
doch die deutlichste Sicherheit aus der Ruhe und dem
Rückzug vor den Leuten.

XV Der Reichtum unserer Natur ist begrenzt und leicht


zu erwerben; aber der Reichtum an wertlosen Mei-
nungen weitet sich aus ins Unendliche.

XVI Nur in geringfügigen Angelegenheiten überfällt den


Weisen ein Zufall; die wichtigsten und bedeutendsten
Dinge hat die Vernunft geordnet, ordnet sie im Lauf
des Lebens und wird sie ordnen.
244 ΚΥΡΙΑΙ ΔΟΞΑΙ

XVII Ό δίκαιος άταρακτότατος, ó δ' άδικος πλεί-


στης ταραχής γέμων.

XVIII Ουκ έπαύξεται έν τη σαρκΙ ή ήδονή, έπειδάν


άπαξ τό κατ' ενδειαν άλγοΰν έξαιρεθτ), αλλά
μόνον ποικίλλεται, της δέ διανοίας τό πέρας τό
κατά τήν ήδονήν άπεγέννησεν ή τε τούτων αυτών
εκλόγισις καΐ των ομογενών τούτοις, οσα τους
μέγιστους φόβους παρεσκεύαζε τη διανοία.

XIX Ό άπειρος χρόνος ϊσην εχει τήν ήδονήν και ó


πεπερασμένος, έάν τις αυτής τά πέρατα κατα-
μετρήση τω λογισμω.

XX Ή μέν σαρξ άπέλαβε τά πέρατα τής ήδονής


άπειρα και άπειρος αυτήν χρόνος παρεσ-
κεύασεν ή δέ διάνοια του τής σαρκός τέλους και
πέρατος λαβοΰσα τόν έπιλογισμόν και τούς υπέρ
του αιώνος φόβους έκλύσασα τόν παντελή βίον
παρεσκεύασε, και οΰθέν έτι του απείρου χρόνου
προσεδεήθη· άλλ' οΰτε έφυγε τήν ήδονήν ούδ'
ήνίκα τήν έξαγωγήν έκ του ζήν τά πράγματα παρ-
εσκεύαζεν, ώς έλλείπουσά τι του αρίστου βίου
κατέστρεψεν.

XXI Ό τά πέρατα του βίου κατειδώς οΐδεν ώς


εύπόριστόν έστι τό <τό) άλγοΰν κατ' ενδειαν εξαι-
ρούν καΐ τό τόν ολον βίον παντελή καί^ιστάν
ώστε ουδέν προσδεΐται πραγμάτων άγώνας κεκτη-
μένων.

XXII Τό ύφεστηκός δει τέλος έπιλογιζεσθαι και


πασαν τήν ένάργειαν, έφ' ήν τά δοξαζόμενα άνά-
M A S S G E B E N D E SATZE 245

XVII Der Gerechte ist am wenigsten zu beunruhigen;


der Ungerechte ist von größter Unruhe erfüllt.

XVIII Die Lust im Fleisch wird nicht mehr größer, wenn


einmal der schmerzende Mangel beseitigt ist, sondern
nur vielfältiger. Das Denken hat in Bezug auf die Lust
seine Grenze erreicht, wenn man alles das genau klärt,
was dem Denken die größten Ängste bereitete, und was
verwandt damit ist.

XIX Die unbegrenzte Zeit verschafft die gleiche Lust wie


die begrenzte, wenn man die Grenzen der Lust mit der
Vernunft abmisst.

XX Das Fleisch empfand die Grenzen der Lust als un-


begrenzt; und nur die unbegrenzte Zeit konnte diese
Lust erzeugen. Das Denken aber, das den Einblick in
das Ziel und die Grenze des Fleisches gewann und
die Ängste vor der Zukunft auflöste, begründete das
vollkommene Leben, und wir brauchten die unbe-
grenzte Zeit nicht mehr; doch weder mied das Den-
ken die Lust noch zog es sich zurück, sobald die
Umstände den Abschied vom Leben erforderlich
machten, als ob ihm etwas am besten Leben gefehlt
hätte.

XXI Wer die Grenzen des Lebens kennt, weiß, wie leicht
das zu beschaffen ist, was den schmerzenden Mangel
beseitigt und das ganze Leben vollkommen macht.
Daher braucht er nichts von dem, was er nicht ohne
Kampf bekommen kann.

XXII Das tatsächlich existierende Ziel muss man ins Au-


ge fassen und die ganze anschauliche Wirklichkeit, auf
246 KYPIAI ΔΟΞΑΙ

γ ο μ ε ν εΐ δέ μή πάντα ακρισίας καΐ ταραχής εσται


μεστά.

XXIII El μαχχί πάσαις ταΐς αίσθήσεσιν, ούχ εξεις


ούδ' ας αν φης αύτών διεψεί3σθαι πρός τί ποιού-
μενος τήν άγωγήν κρίνης.

XXIV Ει τιν' έκβαλεϊς απλώς αϊσθησιν και μή διαι-


ρήσεις τό δοξαζόμενον και τό προσμένον καΐ τό
παρόν ήδη κατά τήν αισθησιν κα'ι τά π ά θ η και
πασαν φανταστικήν έπιβολήν της διανοίας, συν-
ταράξεις και τάς λοιπάς αισθήσεις τη ματαίω
δόξη, ώστε τό κριτήριον ά π α ν έκβαλεις· ει δέ βε-
βαιώσεις και τό προσμένον ά π α ν έν ταϊς δοξα-
στικαΐς έννοίαις και τό μή τήν έπιμαρτύρησιν
(εχον), ουκ εκλείψεις τό διεψευσμένον, ώς τετη-
ρηκώς εση πασαν άμφισβήτησιν κατά πασαν
κρίσιν τοΐ3 όρθώς ή μή όρθώς.

XXV El μή π α ρ ά πάντα καιρόν έπανοίσεις εκαστον


τών πραττομένων έπί τό τέλος της φύσεως, αλλά
προκαταστρέψεις εϊτε φυγήν εϊτε δίωξιν ποιού-
μενος είς άλλο τι, ουκ εσονταί σοι τοις λόγοις αι
πράξεις άκόλουθοι.

XXVI Τών έπιθυμιών οσαι μή έπ' άλγοΰν έπαν-


άγουσιν έάν μή συμπληρωθώσιν, ουκ εΙσΙν άναγ-
καΐαι, άλλ' εύδιάχυτον τήν δρεξιν εχουσιν, οταν
δυσπορίστων ή βλάβης άπεργαστικαί δόξωσιν εί-
ναι.
MASSGEBENDE SATZE 247

die wir unsere Meinungen beziehen; andernfalls wird


alles voller Unsicherheit und Unruhe sein.

XXIII Wenn du gegen alle Wahrnehmungen kämpfst,


wirst du keinen Maßstab haben, auf den du dich bezie-
hen kannst, um jene Wahrnehmungen zu beurteilen,
von denen du behauptest, dass sie falsch seien.

XXIV Wenn du irgendeine Wahrnehmung einfach ver-


wirfst und nicht unterscheidest zwischen der Vermu-
tung, die noch auf Bestätigung wartet, und dem, was
bereits als Wahrnehmung und Empfindung und als ein
umfassender, von einer Vorstellung geprägter Zugriff
des Verstandes gegenwärtig ist, dann wirst du durch
deine unbegründete Meinung auch die übrigen Wahr-
nehmungen durcheinander bringen und so jeden Beur-
teilungsmaßstab verlieren. Wenn du aber aufgrund von
Mutmaßungen sogar das, was noch auf Bestätigung
wartet, und was nicht, insgesamt für gewiss erklärst,
wirst du dich unweigerlich einer Täuschung aussetzen;
denn du wirst jeden Zweifel bei jedem Urteil über rich-
tig und nicht richtig zwangsläufig gelten lassen.

XXV Wenn du nicht in jeder Situation all dein Handeln


auf das Ziel beziehst, das dir die Natur vorgibt, son-
dern vorher abweichst, indem du Ablehnung und Zu-
stimmung auf etwas anderes beziehst, werden bei dir
die Taten nicht den Worten entsprechen.

X X V I Alle Begierden, die nicht zu einer Schmerzempfin-


dung führen, wenn sie nicht befriedigt werden, sind
nicht notwendig, sondern erzeugen ein Verlangen, das
leicht zu vertreiben ist, wenn es sich erweist, dass sie
auf schwer Beschaffbares oder gar SchädUches zielen.
248 KYPIAI ΔΟΪΑΙ

XXVII '^Ων ή σοφία παρασκευάζεται είς την του


ολου βίου μακαριότητα πολύ μέγιστόν έστιν ή
της φιλίας κτησις.

XXVIII Ή αυτή γνώμη #αρρεΐν τε έποίησεν ύπέρ


του μη·θέν αίώνιον είναι δεινόν μηδέ πολυχρόνι-
ον καΐ τήν έν αύτοϊς τοις ώρισμένοις άσφάλειαν
φιλίας μάλιστα κατεΐόε συντελουμένην.

XXIX Των έπιθυμιών αΐ μεν εισι φυσικαΙ καΐ (άναγ-


καΐαι, αι δέ φυσικαΙ και) ουκ άναγκαΐαι, αί δέ
οΰτε φυσικαΙ ούτε άναγκαΐαι, αλλά π α ρ ά κενήν
δόξαν γινόμεναι.

XXX Εν αίς των φυσικών επιθυμιών μή έπ' άλγοΰν


δέ έπαναγουσών έάν μή συντελεσθώσιν, υπάρχει
ή σπουδή σύντονος, π α ρ ά κενήν δόξαν αύται
γίνονται, καΐ ού παρά τήν έαυτών φύσιν ού διαχέ-
ονται άλλά π α ρ ά τήν του ά ν θ ρ ώ π ο υ κενο-
δοξίαν.

XXXI TÒ της φύσεως δίκαιόν έστι σύμβολον τού


συμφέροντος είς τό μή βλάπτειν άλλήλους μηδέ
βλάπτεσθαι.

XXXII "Οσα τών ζ φ ω ν μή έδύνατο συνθήκας ποιει-


σθαι τάς ύπέρ του μή βλάπτειν άλληλα μηδέ
βλάπτεσθαι, προς ταύτα ούθέν ην δίκαιον ούδέ
ά δ ι κ ο ν ωσαύτως δέ κα'ι τών εθνών οσα μή έδύ-
MASSGEBENDE SÄTZE 249

XXVII Von allem, was die Weisheit für die Glückseligkeit


des ganzen Lebens bereitstellt, ist der Gewinn der
Freundschaft das bei weitem Wichtigste.

XXVIII Dieselbe Erkenntnis brachte uns die Gewissheit,


dass nichts Furchtbares ewig oder lange Zeit dauert,
und ließ uns erkennen, dass die Sicherheit gerade un-
ter schwierigen Bedingungen vor allem durch Freund-
schaft gewährleistet ist.

XXIX Die Begierden sind teils natürhch und notwendig,


teils natürlich und nicht notwendig, teils weder natür-
lich noch notwendig, sondern durch leere Meinung
begründet.

XXX Die natürlichen Begierden, die keine Schmerzen


verursachen, wenn sie nicht befriedigt werden, ob-
wohl das angespannte Bemühen um Befriedigung er-
halten bleibt, entstehen aus einer leeren Meinung; und
wenn sie nicht beseitigt werden können, dann liegt es
nicht an ihrer eigenen Natur, sondern an der Neigung
des Menschen zu leeren Meinungen.

XXXI Das der menschlichen Natur entsprechende Recht


ist eine Vereinbarung über das Mittel, mit dem verhin-
dert wird, dass sich Menschen gegenseitig schädigen
oder schädigen lassen.

XXXII Für alle Lebewesen, die nicht in der Lage wa-


ren, Verträge darüber abzuschließen, sich nicht ge-
genseitig zu schädigen oder schädigen zu lassen, gab
es kein Recht und kein Unrecht. Das Gleiche gilt für
die Völker, die nicht in der Lage waren oder nicht
den Willen hatten, Verträge darüber abzuschheßen.
250 KYPIAI ΔΟΞΑΙ

νατο ή μή έβούλετο τάς συνθήκας ποιείσθαι τάς


ύπέρ του μή βλάπτειν μηδέ βλάπτεσθαι.

XXXIII Ουκ ήν τι κ α θ ' εαυτό δικαιοσύνη, άλλ' εν


ταΐς μετ' άλλήλων συστροφαις κ α θ ' όπηλίκους
δήποτε άεΐ τόπους συνθήκη τις ύπέρ του μή
βλάπτειν ή βλάπτεσθαι.

XXXIV Ή άδικί,α ού καθ' έαυτήν κακόν, άλλ' έν τφ


κατά τήν ύποψίαν φόβφ, εΐ μή λήσει τους ύπέρ
των τοιούτων έφεστηκότας κολαστάς.

XXXV Ούκ εστι τόν λάθρα τι ποιοϋντα ών συνέθεν-


το προς αλλήλους είς τό μή βλάπτειν μηδέ
βλάπτεσθαι πιστεύειν ότι λήσει, καν μυριάκις επί
τοΰ παρόντος λανθάνη· μέχρι γάρ καταστροφής
άδηλον εΐ και λήσει.

XXXVI Κατά μέν ( τ ό ) κοινόν πασι τό δίκαιον τό


αύτό· συμφέρον γάρ τι ήν έν τή προς αλλήλους
κοινωνία· κατά δέ τό ϊδιον χώρας και οσων δήπο-
τε αιτίων ού πασι συνέπεται τό αύτό δίκαιον εί-
ναι.

XXXVII Τό μέν έπιμαρτυρούμενον, οτι συμφέρει έν


ταΐς χρείαις τής πρός αλλήλους κοινωνίας των νο-
μισθέντων είναι δικαίων έχειν τήν τοΰ δικαίου χω-
ράν (δ)εΐ, έάν τε τό αύτό πασι γένηται έάν τε μή
τό αύτό· έάν δέ (νόμον) μόνον θήταί τις, μή άπο-
βαίνη δέ κατά τό συμφέρον τής πρός αλλήλους
κοινωνίας, ούκέτι τούτο τήν τοΰ δικαίου φύσιν
MASSGEBENDE SÄTZE 2^1

niemanden zu schädigen oder sich schädigen zu las-


sen.

XXXIII Niemals gab es absolute Gerechtigkeit, sondern


nur einen Vertrag, der jeweils im gegenseitigen Aus-
tausch an beliebigen Orten darüber abgeschlossen wur-
de, niemanden zu schädigen oder sich schädigen zu
lassen.

XXXIV Die Ungerechtigkeit ist kein Übel an sich, sondern


nur aufgrund der misstrauischen Angst davor, dass sie
von der Strafverfolgung nicht unentdeckt bleibt.

XXXV Es ist ausgeschlossen, dass derjenige, der heimlich


gegen den Vertrag darüber, niemanden zu schädigen
und sich nicht schädigen zu lassen, verstößt, darauf
vertrauen kann, dass er immer unentdeckt bleiben
wird, auch wenn er im Augenblick tausendmal unent-
deckt bleibt. Denn bis zu seinem Tode ist es ungewiss,
ob er auch unentdeckt bleiben wird.

XXXVI Im allgemeinen ist die Gerechtigkeit für alle die-


selbe; denn sie ist ja etwas Nützliches im Umgang mit-
einander. Aber aus den Besonderheiten eines Landes
und aus vielen anderen Gründen ergibt es sich, dass
die Gerechtigkeit nicht für alle Menschen dieselbe ist.

XXXVII Alles, was als gerecht gilt, darf nur dann den
Rang des Gerechten beanspruchen, wenn es nach-
weislich den Anforderungen des geregelten Umgangs
miteinander entspricht, ob es nun für alle Menschen
gleich oder nicht gleich ist. Wenn aber jemand ein Ge-
setz erlässt und es nicht der Regelung des Umgangs
miteinander dienlich ist, dann hat es nicht mehr die
252 KYPIAI ΔΟΞΑΙ

εχει· καν μεταπίπτη τό κατά τό δίκαιον συμ-


φέρον, χρόνον δέ τινα εις τήν πρόληψιν έναρ-
μότττι, ουδέν ήττον έκεΐνον τόν χρόνον ήν δίκαι-
ον τοις μή φωναΐς κεναΐς εαυτούς συνταράττου-
σιν άλλ' εις τά πράγματα βλέπουσιν.

XXXVIII "Ενθα μή καινών γενομένων των περιε-


στώτων πραγμάτων άνεφάνη μή άρμόττοντα είς
τήν πρόλη'ψιν τά νομισ·θέντα δίκαια έπ' αυτών
τών έργων, ουκ ήν ταΰτα δίκαια· εν&α δέ καινών
γενομένων τών πραγμάτων οΰκέτι συνέφερε τά
αυτά δίκαια κείμενα, ένταΰι&α δή τότε μεν ήν
δίκαια οτε συνέφερεν είς τήν πρός άλλήλους κοι-
νωνίαν τών συμπολιτευομένων, ύστερον δ' ουκ
ήν ετι δίκαια δτε μή συνέφερεν.

XXXIX Ό (τά έαυτου πρός) τό μή θαρρούν άπό


τών έξωθεν άριστα συστησάμενος, οΰτος τά μεν
δυνατά ομόφυλα κατεσκευάσατο, τά δέ μή δυ-
νατά ουκ άλλόφυλά γε· οσα δέ μηδέ τοΰτο δυνα-
τός ήν, άνεπίμεικτος έγένετο καΐ έξηρείσατο, οσα
(πρός) τοΰτ' έλυσιτέλει, πράττειν.

XL "Οσοι τήν δύναμιν έσχον τοΐ3 τό θαρρείν μάλι-


στα έκ τών όμορρούντων παρασκευάσασθαι, ού-
τοι καΐ έβίωσαν μετ' άλλήλων ήδιστα τό βεβαιό-
τατον πίστωμα έχοντες, καΐ πληρεστάτην οικει-
ότητα άπολαβόντες ουκ ώδύραντο ώς πρός ελε-
ον τήν του τελευτήσαντος προκαταστροφήν.
MASSGEBENDE SÄTZE 253

natürliche Legitimation des Rechts. U n d wenn sich


der Nutzen, der vom Recht ausgeht, veränden, aber
noch eine Zeit lang der ursprünglichen Vorstellung
entspricht, dann war es nichtsdestoweniger zu jener
Zeit gerecht für alle, die sich nicht durch leere Worte
selbst verwirren, sondern einfach die Tatsachen im
Auge behalten.

XXXVIII Wo das, was als gerecht galt, ohne Veränderung


der äußeren Umstände in der Praxis offensichtlich nicht
mehr zu der ursprünglichen Vorstellung passte, war es
nicht wirldich gerecht. Wo aber nach Veränderung der
äußeren Umstände dieselben rechtlichen Vereinbarun-
gen nicht mehr nützlich waren, waren sie doch seiner-
zeit gerecht, als sie zur Regelung des Umgangs der Bür-
ger miteinander nützlich waren. Später aber waren sie
nicht mehr gerecht, als sie nicht mehr nützlich waren.

XXXIX Wer seine Angelegenheiten am besten gegen die


Bedrohungen von außen geordnet hatte, machte sich
mit allem, was er beeinflussen konnte, vertraut. Was er
aber nicht beeinflussen konnte, blieb ihm wenigstens
nicht fremd. Wo ihm aber auch dies unmöglich war,
vermied er jeden Kontakt und bemühte sich darum,
alles zu tun, was dazu nützlich war.

XL Diejenigen, die die Fähigkeit besaßen, vor allem ge-


genüber ihren Nachbarn Mut zu entwickeln, lebten
auch auf diese Weise sehr angenehm miteinander, weil
sie im Besitz des sichersten Pfandes waren, und nach-
dem sie ein Höchstmaß an Vertrautheit zueinander ge-
wonnen hatten, klagten sie nicht, wenn jemand gestor-
ben war, über seinen vorzeitigen Tod, als ob sie Mitleid
erregen wollten. (Diog. Laert. lo, 139-154)
VATIKANISCHE SPRUCHSAMMLUNG
1 (= Κ Δ I)

2 (= Κ Δ II)

3 (= Κ Δ IV)

4 Π ά σ α άλγηδών ευκαταφρόνητος· ή γαρ σύντο-


ν ο ν έ χ ο υ σ α τ ό π ο ν ο ύ ν σ ύ ν τ ο μ ο ν εχει τ ό ν χ ρ ό ν ο ν ,
ή δ έ χ ρ ο ν ί ζ ο υ σ α π ε ρ ί τ ή ν σ ά ρ κ α ά β λ η χ ρ ό ν εχει
τόν πόνον.

5 (= Κ Δ V)

6 (= Κ Δ X X X V )

7 Ά δ ι κ ο ΐ 3 ν τ α λ α θ ε ί ν μέν δ ΰ σ κ ο λ ο ν , π ί σ τ ι ν δέ λ α -
βείν υ π έ ρ του λ α θ ε ί ν ά δ ΰ ν α τ ο ν .

8 (= Κ Δ XV)
Weggelassen sind die Sprüche, die mit Abschnitten aus
der Sammlung der Kyriai Doxai (= K D ) wörtlich überein-
stimmen.
Nr. 10, 30, 31, 47 und 51 stammen von Epikurs Schüler
Metrodoros, Nr. 36 von Hermarchos.
Der griechische Text wurde erst 1888 in einem vatikani-
schen Kodex wiederentdeckt; daher der Name »Gnomo-
ogium Vaticanum«.

( = K D I)

(= K D II)

(= K D IV)

Jeder Schmerz ist leicht zu verachten. Denn wenn er


intensives Leiden bedeutet, dauert er nur kurze Zeit.
Wenn er aber lange Zeit im Fleisch wirkt, bedeutet er
nur schwaches Leiden.

5 (=KDV)

6 (= K D X X X V )

7 Es ist schwierig, unentdeckt zu bleiben, wenn man


Unrecht tut; sicher zu sein, dass man unentdeckt
bleibt, ist unmöglich.

8 (= K D X V )
258 GNOMOLOGIUM VATICANUM

9 Κακόν άνάγκη, άλλ' ουδεμία ανάγκη ζην μετά


ανάγκης.

10 (= Metrod. fr. 37) Μέμνησο οτι θνητός ών τη φύσει


και λαβών χρόνον ώρισμένον άνέβης τοις περί
φύσεως διαλογισμοίς έπΙ την άπειρίαν και τόν
αιώνα και κατείδες τά τ' έόντα τά τ' έσσόμενα
πρό τ' έόντα.

11 Τών πλείστων ανθρώπων τό μεν ήσυχάζον ναρ-


κα, τό δέ κινούμενον λυττά.

12 (= Κ Δ XVII)

ц (= Κ Δ XXVII)

ц Γεγόναμεν άπαξ, δίς δέ ούκ εστι γενέσθαι· δει δέ


τόν αιώνα μηκέτι είναι· σύ δέ ούκ ών της αύριον
κύριος άναβάλλη τό χαιρον ó δέ βίος μελλησμώ
παραπόλλυται και εις έκαστος ημών ασχολού-
μενος αποθνήσκει.

IJ "Ηθη ώσπερ τά ημών αυτών ϊδια τιμώμεν, αν τε


χρηστά εχωμεν, καΐ υπό τών άνθρώπων ζηλού-
μενα, άν τε μή, οϋτω χρή καΐ <τά> τών πέλας, αν
έπιεικεΐς ωσιν.

ι6 ΟύδεΙς βλέπων τό κακόν αίρειται αυτό, άλλά δε-


λεασθείς ώς άγαθφ πρός τό μείζον αύτοϋ κακόν
έθηρεύθη.
VATIKANISCHE SPRUCHSAMMLUNG 259

9 Zwang ist schlimm; doch es besteht kein Zwang, un-


ter Zwang zu leben.

10 Denk daran, dass es zu deiner Natur gehört, sterblich


zu sein und du nur eine begrenzte Zeit bekommen
hast. Aber du stiegst durch dein Nachdenken über die
Natur zur Unendlichkeit und zur Ewigkeit auf und er-
kanntest »Gegenwärtiges, Zukünftiges und Vergange-
nes« (Homer, Ilias i, 70).

11 Bei den meisten Menschen bedeutet die Ruhe Betäu-


bung, die Bewegung Raserei.

12 (= K D X V I I )

13 (= K D X X V I I )

14 Wir sind nur einmal geboren, und zweimal geboren zu


werden, ist unmöglich. Aber es ist notwendig, dass wir
die ganze Ewigkeit hindurch nicht mehr sind. Du aber
schiebst das, was Freude macht, auf, obwohl du nicht
Herr über den morgigen Tag bist. Aber das Leben ver-
geht unter lauter Zögern und Aufschieben, und jeder
von uns stirbt, ohne zur Ruhe gekommen zu sein.

ij Wie wir unsere individuellen Eigenschaften schätzen, ob


sie nun gut sind und von den Menschen neidisch angese-
hen werden oder nicht, so müssen wir die Eigenschaften
unserer Mitmenschen schätzen, wenn sie anständig sind.

16 Niemand sieht das Schlechte und entscheidet sich da-


für, sondern man wird von ihm geködert und gefan-
gen, als ob es im Vergleich mit einem größeren Übel
ein Gut wäre.
2бО GNOMOLOGIUM VATICANUM

17 Ού νέος μακαριστός, άλλα γέρων βεβιωκώς


καλώς· ó γάρ νέος άκμΐ) πολύς υπό της τύχης έτε-
ροφρονών πλάζεταΐ' ó δέ γέρων καθάπερ έν
λιμένι τω γήρα καθώρμικεν, τά πρότερον δυσελ-
πιστούμενα των άγαθών άσφαλεϊ κατακλείσας
χάριτι.

ι8 'Αφαιρούμενης προσόψεως καΐ ομιλίας και συν-


αναστροφής εκλύεται τό έρωτικόν πά^ος.

19 Τοΰ γεγονότος άμνήμων άγαθοϋ γέρων τήμερον


γεγένηται.

20 (=ΚΔΧΧΙΧ)

21 Ού βιαστέον την φύσιν, άλλά πειστέον πείσομεν


δέ τάς άναγκαίας επιθυμίας έκπληροΰντες, τάς
τε φυσικάς αν μή βλάπτωσι, τάς δέ βλαβεράς πι-
κρώς ελέγχοντες.

22 (=ΚΔΧΙΧ)

23 Πάσα φιλία δι' έαυτήν αίρετή· αρχήν δέ ειληφεν


άπό της ωφελείας.

24 Ε ν ύ π ν ι α ούκ ελαχε φύσιν θείαν ουδέ μαντικήν


δύναμιν, άλλά γίνεται κατά εμπτωσιν ειδώλων.
VATIKANISCHE SPRUCHSAMMLUNG 261

17 Nicht der junge Mensch ist glücklich zu preisen, son-


dern der alte Mensch, wenn er gut gelebt hat. Denn
der junge Mensch wird in der vollen Blüte seiner Jahre
v o m Zufall hin und her getrieben, wobei sich ständig
seine Vorstellungen ändern. D e r alte Mensch hinge-
gen ist in seinem Alter wie in einem Hafen vor Anker
gegangen, und bewahrt alles Gute, was er sich in der
Vergangenheit vergeblich erhofft hatte, sicher ver-
schlossen in seinem dankbaren Herzen.

18 Wenn Anblick, gemeinsames Gespräch und Zusam-


mensein nicht mehr gegeben sind, löst sich das ero-
tische Gefühl auf.

19 Wer an das G u t e , das ihm widerfuhr, nicht mehr


denkt, ist schon heute ein Greis.

20 (= K D X X I X )

21 Man darf die Natur nicht vergewaltigen, sondern muss


sie überreden. Wir werden aber die notwendigen W ü n -
sche überreden, indem wir sie befriedigen, ebenfalls
die natürlichen, wenn sie nicht schaden, die schäd-
lichen aber scharf zurückweisen.

22 (=KDXIX)

23 Jede Freundschaft ist u m ihrer selbst willen zu pflegen.


Sie entstand aber, weil sie nützlich war.

24 Träume haben keine göttliche Natur und keine zu-


kunftsweisende Macht; sie entstehen vielmehr durch
das Eindringen von Bildern.
202 GNOMOLOGIUM VATICANUM

25 Ή πενία μετρουμένη τω της φύσεως τέλει μέγας


έστί πλοί5τος· πλούτος δέ μή οριζόμενος μεγάλη
έστί πενία.

ι6 Δει διαλαβείν οτι καΐ ó πολύς λόγος καΐ ó βραχύς


είς τό αυτό συντείνει.

27 'Επί μέν των άλλων επιτηδευμάτων μόλις τελει-


ωθεϊσιν ó καρπός ερχεται, έπί δέ φιλοσοφίας
συντρέχει τη γνώσει τό τ ε ρ π ν ό ν ου γάρ μετά
μάθησιν άπόλαυσις, άλλά άμα μάθησις και άπό-
λαυσις.

28 Ούτε τούς προχείρους εις φιλίαν ούτε τούς


όκνηρούς δοκιμαστέον δει δέ και παρακινδυ-
νεϋσαι χάριν φιλίας.

29 Παρρησία γάρ εγωγε χρώμενος φυσιολογών χρη-


σμωδεΐν τά συμφέροντα πάσιν άνθρώποις μάλ-
λον αν βουλοίμην, καν μηδείς μέλλη συνήσειν, ή
συγκατατι^έμενος ταΐς δόξαις καρποΰσθαι τον
πυκνόν παραπίπτοντα παρά των πολλών επαι-
νον.

30 (= Metrod. fr. 5з) Ε τ ο ι μ ά ζ ο ν τ α ι τίνες διά βίου τά


πρός τόν βίον, ού συνορώντες ώς πάσιν ήμΐν θανά-
σιμον έγκέχυται τό της γενέσεως φάρμακον.

31 (= Metrod. fr. j i ) Προς μέν ταλλα δυνατόν άσφά-


λειαν πορίσασθαι, χάριν δέ θανάτου πάντες άν-
θρωποι πόλιν άτείχιστον οίκοΰμεν.
VATIKANISCHE SPRUCHSAMMLUNG 263

25 Die Armut, die am Ziel der Natur gemessen wird, ist


großer Reichtum. Nicht begrenzter Reichtum aber ist
große Armut.

26 Man muss begreifen, dass die lange und die kurze


Rede dasselbe Ziel haben.

27 Bei den übrigen Tätigkeiten kommt der Ertrag erst


dann, wenn sie abgeschlossen sind; bei der Philoso-
phie ist die Freude von vornherein mit dem Stre-
ben nach Erkenntnis verbunden. Denn nicht erst nach
dem Lernen kommt das Genießen, sondern Lernen
und Genießen finden gleichzeitig statt.

28 Weder mit den Leichtfertigen noch mit den Zögernden


darf man Freundschaft schließen. Man muss aber auch
um der Freundschaft willen ein Risiko auf sich neh-
men.

29 Ich möchte nämlich als Naturphilosoph lieber mit


aller Offenheit verkünden, was allen Menschen nütz-
lich ist, auch wenn niemand es verstehen wollte, als
den üblichen Vorurteilen zustimmen und das gewal-
tige Lob der Leute ernten.

30 Ihr ganzes Leben lang besorgen sich manche Leute al-


les, was für das Leben nötig ist, und sehen nicht, dass
in uns allen das tödliche Gift des Geborenseins steckt.

31 Gegen alles Mögliche kann man sich Sicherheit ver-


schaffen, angesichts des Todes aber bewohnen wir Men-
schen alle eine Stadt ohne schützende Mauern.
264 GNOMOLOGIUM VATICANUM

32 Ό τοτ3 σοφού σεβασμός άγα·&όν μέγα τω σε-


βομένω εστί.

33 Σαρκός φωνή τό μή πεινήν, τό μή δι\|)ήν, τό μή


ρ ι γ ο ύ ν ταΰτα γάρ εχων τις καΐ έλπίζων εξειν καν
<Διί> ύπέρ ευδαιμονίας μαχέσαιτο.

34 Ούχ οΰτως χρείαν εχομεν της χρείας (της) π α ρ ά


των φίλων ως της πίστεως της περί της χρείας.

35 Ού δεί λυμαίνεσθαι τά παρόντα των απόντων


επιθυμία, άλλ' έπιλογίζεσθαι οτι και ταΰτα των
ευκταίων ην.

36 (= Hermarch.) Ό Ε π ι κ ο ύ ρ ο υ βίος τους των άλ-


λων συγκρινόμενος ενεκεν ήμερότητος καί αύταρ-
κείας μϋθος αν νομισθείη.

37 'Ασθενής ή φύσις έστί πρός τό κακόν, ού πρός τό


ά γ α θ ό ν ήδοναΐς μεν γάρ σώζεται, άλγηδόσι δέ
διαλύεται.

3« Μικρός παντάπασιν φ πολλαί αίτίαι εύλογοι είς


εξαγωγή ν βίου.

39 Ο ύ θ ' ó τήν χρείαν έπιζητών διά παντός φίλος,


ο ϋ θ ' ó μηδέποτε σ υ ν α π τ ώ ν ó μέν γάρ καπηλεύει
τη χάριτι τήν άμοιβήν, ó δέ αποκόπτει τήν περί
του μέλλοντος εύελπιστίαν.
VATIKANISCHE SPRUCHSAMMLUNG 265

32 Die Verehrung des Weisen ist ein großes Gut für jeden,
der ihm Verehrung entgegen bringt.

}} Die Stimme des Fleisches: nicht hungern, keinen Durst


haben, nicht frieren. Wer das besitzt und erwarten
kann, dass er es auch in Zukunft besitzt, könnte sogar
Zeus die Glückseligkeit streitig machen.

34 Wir brauchen unsere Freunde nicht so sehr, weil sie


brauchbar sind, wie wir sie brauchen, weil wir auf ihre
Brauchbarkeit bauen.

35 Man darf das Vorhandene aus Gier nach Nichtvorhan-


denem nicht abwerten, sondern muss bedenken, dass
auch dieses einst erstrebenswert war.

36 Das Leben des Epikur dürfte man wohl, wenn man


es mit dem Leben der anderen Menschen vergleicht,
wegen seiner Bescheidenheit und Unabhängigkeit für
einen Mythos halten.

37 Die Natur ist schwach gegenüber dem Schlechten,


nicht gegenüber dem Guten; denn durch Lustempfin-
dungen bleibt sie erhalten, durch Schmerzen aber zer-
stört.

38 Ganz klein ist jener, der viele vernünftige Gründe da-


für hat, aus dem Leben zu scheiden.

39 Ein Freund ist weder derjenige, der in allem den Nut-


zen sucht, noch derjenige, der niemals an den Nutzen
denkt. Denn der eine erhandelt sich mit seiner Zu-
neigung eine Gegenleistung, der andere erhofft sich
nichts für die Zukunft.
г66 GNOMOLOGIUM VATICANUM

40 Ό λέγων πάντα κατ' ανάγκην γίνεσθαι ουδέν έγ-


καλείν εχει τω λέγοντι μή πάντα κατ' άνάγκην
γίνεσθαι· αυτό γάρ τοΰτό φησι κατ' άνάγκην
γίνεσθαι.

41 Γελάν άμα δει και φιλοσοφείν και οίκονομεΐν και


τοις λοιποΐς οίκειώμααι χρησ^αι καΐ μηδαμη
λήγειν τάς έκ της όρθής φιλοσοφίας φωνάς άφ-
ιέντας.

42 Ό αυτός χρόνος και γενέσεως του μεγίστου άγα-


θοΰ καί απολύσεως (τοΐί κακοΰ).

43 Φιλαργυρεΐν άδικα μέν άσεβες, δίκαια δέ αίσ-


χ ρ ό ν άπρεπές γάρ ρυπαρώς φείδεσθαι και μετά
του δικαίου.

44 Ό σοφός είς τά άναγκαΐα συγκριθείς μάλλον


έπίσταται μεταδιδόναι ή μεταλαμβάνειν τηλικοϋ-
τον αύταρκείας εΰρε θησαυρόν.

45 Ού κομπούς ουδέ φωνής έργαστικούς ουδέ τήν


περιμάχητον παρά τοις πολλοίς παιδείαν ενδεικ-
νυμένους φυσιολογία παρασκευάζει, άλλά σοβα-
ρούς και αυτάρκεις καί έπί τους Ιδίοις άγαθοίς,
ουκ έπί τοις των πραγμάτων μέγα φρονοϋντας.

46 Τάς φαύλας συνήθειας ώσπερ άνδρας πονηρούς


χρόνον μέγα βλάψαντας τελείως έκδιώκομεν.
VATIKANISCHE SPRUCHSAMMLUNG 267

40 Wer sagt, alles geschehe aus Notwendigkeit, kann je-


nem keinen Vorwurf machen, der sagt, dass nicht alles
aus Notwendigkeit geschehe. Denn er sagt, dass genau
dies aus Notwendigkeit geschehe.

41 Man muss gleichzeitig lachen, phüosophieren, sein Haus


verwalten, allen seinen sonstigen Gewohnheiten nach-
gehen und niemals aufhören, die aus der richtigen Phi-
losophie gewonnenen Worte zu sagen.

42 Gleichzeitig entsteht das größte Gut und verschwindet


das Üble.

43 Z u Unrecht Geld haben zu wollen, ist frevelhaft; zu


Recht Geld haben zu wollen, ist schändlich. Denn es
gehört sich nicht, auf hässliche Weise geizig zu sein,
auch wenn es mit Recht geschieht.

44 Angesichts einer Notlage versteht es der Weise im Ver-


gleich mit anderen besser, seinen Mitmenschen etwas
abzugeben als von ihnen etwas zu nehmen. Einen sol-
chen Schatz an Unabhängigkeit hat er gefunden.

4j Nicht Prahler, nicht Wortkünstler, nicht solche, die die


bei den Leuten hochgeschätzte Bildung demonstrie-
ren, erzeugt die Naturphilosophie, sondern selbstbe-
wusste und unabhängige Menschen, die auf ihre inne-
ren Werte, nicht auf materielle Güter stolz sind.

46 Die schlechten Gewohnheiten vertreiben wir vollstän-


dig wie boshafte Menschen, die uns lange Zeit großen
Schaden zugefügt haben.
268 GNOMOLOGIUM VATICANUM

47 (= Metrod. fr. 49) Π ρ ο κ α τ ε ί λ η μ μ α ί σε, ώ Τ ύ χ η , καΐ


π α σ α ν <τήν) σήν π α ρ ε ί σ δ υ σ ι ν έ ν έ φ ρ α ξ α . και
οΰτε σοι οΰτε άλλη ο ύ δ ε μ ι α π ε ρ ι σ π ά σ ε ι δ ώ σ ο μ ε ν
έ α υ τ ο ύ ς έ κ δ ο τ ο υ ς · άλλ' δ τ α ν η μ ά ς τό χ ρ ε ώ ν έξ-
άγη, μέγα π ρ ο σ π τ ύ σ α ν τ ε ς τ ω ζ η ν καΐ τοις α ύ τ ω
κ ε ν ώ ς π ε ρ ι π λ ε κ ο μ έ ν ο ι ς . ά π ι μ ε ν έκ του ζ η ν μετά
κ α λ ο ΰ π α ι ώ ν ο ς έπιφωνοί3ντες ώς εΰ ή μ ΐ ν βεβί-
ωται.

48 Π ε ι ρ α σ θ α ι την ύ σ τ έ ρ α ν της π ρ ο τ έ ρ α ς κρείττω


ποιείν, εως α ν έν ό δ ψ ώ μ ε ν έ π ε ι δ ά ν δ ' έπΐ π έ ρ α ς
έ'λθωμεν, ό μ α λ ώ ς ε ύ φ ρ α ί ν ε σ θ α ι .

49 (=ΚΔΧΙΙ)

so (= Κ Δ VIII)

51 (Metrod.) Π υ ν θ ά ν ο μ α ί σου την κ α τ ά σ ά ρ κ α κίνη-


σιν άφ·θονώτερον διακεΐσ·θαι π ρ ό ς τήν ά φ ρ ο -
δισίων εντευξιν. σύ δέ ο τ α ν μήτε τ ο υ ς ν ό μ ο υ ς κα-
τ α λ ΰ η ς μήτε τ ά κ α λ ώ ς εθει κείμενα κινης μήτε
τ ώ ν πλησίον τ ι ν ά λ υ π ή ς μήτε τήν σ ά ρ κ α κ α τ α -
ξ α ί ν η ς μήτε τά α ν α γ κ α ί α κ α τ α ν α λ ί σ κ η ς , χ ρ ώ ώς
βοΰλει τή σ ε α υ τ ο υ προαιρέσει. ά μ ή χ α ν ο ν μέντοι
γε τό μή ούχ ένί γέ τινι τ ο ύ τ ω ν συνέχεσ·θαι· α φ ρ ο -
δίσια γ α ρ ο υ δ έ π ο τ ε ώνησεν, ά γ α π η τ ό ν δέ ει μή
έβλαψεν.

Ή φιλία π ε ρ ι χ ο ρ ε ύ ε ι τήν οίκουμένην κ η ρ ύ τ τ ο υ -


σα δή π ά σ ι ν ή μ ΐ ν έ γ ε ί ρ ε σ θ α ι έπΙ τόν μακαρισμόν.
VATIKANISCHE SPRUCHSAMMLUNG 269

47 Ich bin dir, Zufall, zuvorgekommen und habe dein


heimliches Eindringen vereitelt. Und weder dir noch
irgendeiner anderen Ablenkung werden wir uns aus-
liefern. Aber wenn wir gezwungen werden zu gehen,
werden wir mächtig auf das Leben spucken und auf
alle, die unsinnig daran kleben. Wir werden mit einem
schönen Lied aus dem Leben gehen und singen, dass
das Leben gut war, das wir gelebt haben.

48 Man muss versuchen, den folgenden Tag besser zu


machen als den vergangenen, solange wir unterwegs
sind, und sobald wir an das Ziel gekommen sind,
gleichmäßige Freude zu empfinden.

49 (=KDXII)

50 (= K D VIII)

51 Ich erfahre von dir, dass die Erregung in deinem


Fleisch häufiger nach dem Genuss von Liebesfreuden
drängt. Wenn du aber die Gesetze nicht brichst, die
guten Sitten nicht verletzt, keinen Menschen in deiner
Umgebung kränkst, dein Fleisch nicht aufreibst und
das Lebensnotwendige nicht verschleuderst, dann gib
deiner Neigung nach, wie du willst. Es ist allerdings
ausgeschlossen, an irgendeiner dieser Bedingungen
nicht zu scheitern. Denn Liebesgenuss war noch nie
nützhch; man muss zufrieden sein, wenn er nicht
schädlich war.

52 Die Freundschaft tanzt in der ganzen Welt umher


und ruft uns alle dazu auf, wach zu werden und sie zu
preisen.
2/0 GNOMOLOGIUM VATICANUM

j3 ΟύδενΙ φθονητέον αγαθοί γάρ ουκ άξιοι φθό-


νου, πονηροί δέ οσψ αν μάλλον εύτυχώσι, το-
σούτφ μάλλον αύτοίς λυμαίνονται.

54 Ου προσποιεΐσθαι δει φιλοσοφείν, άλλ' όντως


φιλοσοφείν ού γάρ προσδεόμεθα του δοκείν
ύγιαίνειν, άλλά τοί3 κατ' άλήθειαν ΰγιαίνειν.

5J Θεραπευτέον τάς συμφοράς τη των άπολλυμέ-


νων χάριτι και τφ γινώσκειν οτι ουκ εστίν άπρα-
κτον ποιησαι τό γεγονός.

56-J7 Άλγει μέν 6 σοφός ού μάλλον στρεβλούμενος


<ή ατρεβλουμένου του φίλου, και υπέρ αύτοϋ
τεθνήξεται· εΐ γάρ προήσεται) τον φίλον ó βίος
αύτοΰ πας δι' άπιστίαν συγχυθήσεται καΐ άνακε-
χαιτισμένος εσται.

$8 Έκλυτέον εαυτούς έκ του περί τά έγκύκλια καΐ


πολιτικά δεσμωτηρίου.

J9 "Απληστον ού γαστήρ, ώσπερ οΐ πολλοί φασιν,


άλλ' ή δόξα ψευδής υπέρ του <τής) γαστρός
άορίστου πληρώματος.

6ο Πάς ώσπερ άρτι γεγονώς έκ του ζην άπέρχεται.

6ι Καλλίστη και ή των πλησίον δψις της πρώτης


συγγενήσεως όμονοούσης ή και πολλήν είς τούτο
ποιούμενης σπουδήν.
VATIKANISCHE SPRUCHSAMMLUNG 27I

j3 Man darf niemanden beneiden. Denn die Guten ver-


dienen den Neid nicht, die Schlechten aber richten
sich selbst um so mehr zugrunde, je mehr Glück sie
haben.

J4 Man darf nicht so tun, als ob man philosophiere, son-


dern muss auch wirklich philosophieren. Denn was
wir brauchen, ist nicht die scheinbare, sondern die
wirkliche Gesundheit.

Die Unglücksfälle muss man heilen, indem man sich


mit Dankbarkeit an das Verlorene erinnert und er-
kennt, dass man alles, was geschehen ist, nicht unge-
schehen machen kann.

56-J7 Wenn der Weise gefoltert wird, empfindet er den


gleichen Schmerz, als ob sein Freund gefoltert würde,
und er wird für ihn sterben. Wenn er nämlich seinen
Freund fallen lässt, wird sein ganzes Leben wegen sei-
ner Treulosigkeit zunichte gemacht und zerstört.

58 Man muss sich selbst aus dem Gefängnis der üblen


Geschäfte und der Politik befreien.

59 Unersätdich ist nicht der Magen, wie die Leute sagen,


sondern die falsche Meinung über die Möglichkeit,
den Magen unbeschränkt zu füllen.

60 Jeder geht aus dem Leben, als ob er gerade erst gebo-


ren wäre.

61 Der Anblick unserer Mitmenschen ist dann am schöns-


ten, wenn das erste Zusammentreffen friedlich ver-
läuft oder auch mit großem Eifer daran gearbeitet wird.
2/2 GNOMOLOGIUM VATICANUM

6г Ei γάρ κατά τό δέον όργαΐ γίνονται τοις γεν-


νήσασι πρός τά εκγονα, μάταιον δήπουθέν έστι
τό άντιτείνειν καΐ μή παραιτεΐσ^αι συγγνώμης
τυχειν, εΐ δέ μή κατά τό δέον, άλλά άλογώτερον,
γελοΐον πάν τό πρός εκκλησιν (έκκαλεΐν) την
άλογίαν θ υ μ φ κατέχοντα, καΐ μή ζητειν μεταθει-
ναι κατ' άλλους τρόπους εύγνωμονοί3ντα.

63 "Εστι και έν λεπτότητι καθαριότης, ής ο άνεπιλό-


γιστος παραπλήσιόν τι πάσχει τ φ δι' άοριστίαν
έκπίπτοντι.

64 Ά κ ο λ ο υ θ ε ΐ ν δει τόν π α ρ ά των άλλων επαινον


αύτόματον, ημάς δέ γενέσθαι περί τήν ημών ία-
τρειαν.

65 Μάταιόν έστι π α ρ ά θεών αίτεΐσθαι α τις έαυτώ


χορηγήσαι Ικανός έστι.

66 Συμπαθώμεν τοις φίλοις ού θρηνοΰντες άλλά


φροντίζοντες.

6γ 'Ελεύθερος βίος ου δύναται κτήσασθαι χρήματα


πολλά διά τό τό πράγμα (μή) ράδιον είναι χωρίς
θητείας όχλων ή δυναστών, άλλά συνεχεί δα-
ψιλεία πάντα κέκτηται" αν δέ που καΐ τύχη
χρημάτων πολλών, καΐ ταΰτα ραδίως αν είς τήν
του πλησίον εΰνοιαν διαμετρήσαι.
VATIKANISCHE SPRUCHSAMMLUNG 273

62 Wenn nämlich der Z o r n der Eltern auf ihre Kinder an-


gemessen ist, dann ist es doch wohl sinnlos zu wider-
sprechen und nicht u m Verzeihung zu bitten. Wenn
dies aber nicht angemessen ist, sondern ziemlich un-
vernünftig geschieht, ist es ganz und gar lächerlich, die
Unvernunft nur u m der Herausforderung willen her-
auszufordern und leidenschaftlich daran festzuhalten
und nicht zu versuchen, die Eltern durch Verhaltens-
änderung umzustimmen und Verständnis z u zeigen.

63 A u c h in der Einfachheit liegt Vornehmheit; wer dies


nicht beachtet, erleidet Ahnliches wie derjenige, der an
seiner Maßlosigkeit scheitert.

64 Das L o b der anderen muss von selbst folgen, wir aber


müssen uns um unsere Heilung kümmern.

65 Es ist sinnlos, von den Göttern zu erbitten, was man


sich selbst beschaffen kann.

66 Wir wollen mit unseren Freunden mitempfinden,


nicht indem wir jammern, sondern indem wir für sie
sorgen.

67 Wer ein freies Leben lebt, kann nicht viel Geld verdie-
nen, weil es nicht leicht ist, dies ohne Unterwerfung
unter die Interessen der Masse oder der Mächtigen zu
erreichen. A b e r er hat doch alles ununterbrochen in
reicher Fülle; wenn er aber irgendwann einmal zufällig
viel Geld bekommen sollte, dann kann er dies leicht
verteilen, um das Wohlwollen seiner Mitmenschen zu
gewinnen.
2/4 GNOMOLOGIUM VATICANUM

68 Ουδέν Ικανόν ω ολίγον τό Ικανόν.

69 Τό της ψυχής άχάριστον λιχνον έποίησε τό ζώον


είς άπειρον των έν διαίτη ποικιλμάτων.

/0 Μηδέν σοι έν βίω πραχθείη δ φόβον παρέξει σοι


ε'ι γνωσθήσεται τω πλησίον.

71 Προς πάσας τάς έπιθυμίας προσακτέον τό έπερώ-


τημα τοΰτο· τί μοι γενήσεται, αν τελεσθη τό
κατά έπιθ-υμιαν έπιζητοΰμενον; καΐ τι εάν μή τε-
λεσ-θ-η;

72 (=ΚΔΧΙΙΙ)

7} ΚαΙ τό γενέσθαι τινάς άλγηδόνας περί σώμα λυ-


σιτελεΐ πρός φυλακήν των ομοειδών.

74 Έ ν φιλολόγφ συζητήσει πλείον ήνυσεν ó


ήττηθείς καθ' ο προσέμαθεν.

75 Εις τά παρφχηκότα άγαθά αχάριστος φωνή ή


λέγουσα· τέλος ορα μακρού βίου.

76 Τοιοΐ3τος εΐ γηράσκων όποιον εγώ παραινώ, και


διέγνωκας όποϊόν έστι τό έαυτω φιλοσοφήσαι
και οίον τό τή 'Ελλάδι· συγχαίρω σοι.
VATIKANISCHE SPRUCHSAMMLUNG 2/5

68 Nichts genügt demjenigen, dem das, was genügt, zu


wenig ist.

69 Die Undankbarkeit der Seele erregte die grenzenlo-


se Lust des Lebewesens auf eine abwechslungsreiche
Lebensweise.

70 Tue im Leben nichts, wobei du Angst hast, dass deine


Mitmenschen es entdecken.

71 A n alle Wünsche muss man folgende Frage richten:


Was wird mir geschehen, wenn ich das Ziel meiner
Wünsche erreicht habe? Was, wenn ich es nicht er-
reicht habe?

72 (KD XIII)

73 Auch die Entstehung bestimmter körperlicher Schmer-


zen hilft dabei, sich vor ähnlichen Schmerzen in Acht
zu nehmen.

74 In einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung ge-


wann auch der Unterlegene etwas, insofern er etwas
dazu gelernt hat.

75 Im Blick auf das vergangene Gute ist das Wort »Sieh


auf das Ende eines langen Lebens« (Solon bei Hero-
dot) ein Zeichen von Undankbarkeit.

76 Du bist als alter Mann so, wie ich dir zu sein empfehle,
und du hast erkannt, was es bedeutet, für sich selbst,
und was es bedeutet, für Hellas zu philosophieren. Ich
freue mich mit dir.
2/6 GNOMOLOGIUM VATICANUM

77 Της αύταρκείας καρπός μέγιστος ελευθερία.

7» Ό γενναίος περί σοφίαν καΐ φιλίαν μάλιστα


γίγνεται, ών τό μέν έστι θνητόν άγαθόν, τό δέ
άθάνατον.

79 Ό ατάραχος έαυτω κα'ι έτέρω άόχλητος.

8ο Νέφ σωτηρίας μοίρα της ηλικίας τήρησις και φυ-


λακή των πάντα μολυνόντων κατά τάς επιθυμίας
τάς ο'ιστρώδεις.

8ι Ού λύει τήν της ψυχής ταραχήν ουδέ τήν άξιόλο-


γον άπογεννά χαράν οϋτε πλούτος υπάρχων ó
μέγιστος οΰθ' ή παρά τοις πολλοίς τιμή και περί-
βλεψις οΰτ' άλλο τι των παρά τάς άδιοριστους
αιτίας.
VATIKANISCHE SPRUCHSAMMLUNG 2/7

77 Die größte Frucht der inneren Unabhängigkeit ist die


Freiheit.

78 D e r wahre Mensch lebt für Weisheit und Freund-


schaft; diese ist ein vergängliches G u t , jene unsterb-
lich.

79 Wer die innere Ruhe besitzt, fällt weder sich selbst


noch einem anderen zur Last.

80 Für den jungen Menschen liegt die Chance zu einem


heilen Leben darin, seine Jugend z u bewahren und
sich vor denen zu schützen, die alles mit ihren wahn-
sinnigen Wünschen besudeln.

81 Weder der größte Reichtum noch die öffentliche A n -


erkennung und Bewunderung noch irgendetwas ande-
res von dem, was aus unkontrollierbaren Ursachen er-
wächst, befreit die Seele von ihrer Unruhe und bereitet
ihr auch keine nennenswerte Freude.
ANHANG
EINFÜHRUNG

Epikurs Appell an die Vernunft

Im N o v e m b e r 1994 fand zu Ehren von Marion Gräfin D ö n h o f f ,


der vor kurzem verstorbenen Mitherausgeberin der Wochenzei-
tung D I E Z E I T , ein Symposion zum Thema »Was heißt heute
liberal?« statt. In diesem Rahmen gab R o g e r de Weck, der Chef-
redakteur des in Zürich erscheinenden Tagesanzeigers eine be-
eindruckende Analyse gegenwärtiger Verhältnisse. A u s diesem
Symposion sei an dieser Stelle auf zwei Beiträge eingegangen, mit
denen sich leicht begründen lässt, w a r u m es notwendig ist, den
epikureischen Appell an die Vernunft aufzugreifen.
(i) R o g e r de Weck:· »Ich erlebe fast jede politische Debatte
derzeit unter dem Vorzeichen der Überforderung«, so R o g e r de
Weck. »Wenn man die zwei, drei zurückliegenden Jahrzehnte be-
denkt, dann erstaunt einen dies ja auch nicht. Wir haben in dieser
kurzen Spanne dermaßen viel Wandel erfahren - mindestens sie-
ben Revolutionen: die Revolution von 1968, die die Beziehungen
zwischen den Geschlechtern völlig verändert hat; die Revolution
in den Beziehungen zwischen den Generationen - der Respekt
vor den Alten ist dem Kult der Jugend gewichen; die Revolution
im Umweltdenken, die ein völUg anderes Verhältnis des Menschen
zu seiner Umwelt gebracht hat; die Revolution von der Industrie-
gesellschaft zur Dienstleistungsgesellschaft; die elektronische
Revolution, die Arbeit zur Mangelware gemacht und die Globali-
sierung überhaupt erst ermöglicht hat; die gentechnische Revo-
lution, die gerade erst beginnt - da sind wir fast am ratlosesten;
und eben die große politische Revolution im Osten. Für so viel
Wandel ist der Mensch nicht gewappnet, er ist überfordert. Das
ruft lauter Rückzugsstrategien hervor: die Aussteigermentalität,

I DIE ZEIT Nr. 49 vom 2. Dezember 1994.


282 ANHANG

den Wochenendeskapismus, die ganze Techno-Generation und


ihre Designerdrogen, den Regionalismus, Provinzialismus. Auch
die Politikverdrossenheit ist eine Art des Rückzugs, die Nostalgie
bis hin zum Nationalismus ist ein weiteres Element des Rückzugs.
All diese Rückzüge berühren zentrale Punkte des liberalen Er-
bes ...«
(2) Das Stichwort »Globalisierung« durch die elektronische
Revolution aufgreifend stellt dann Johannes Gross, der Journalist
und Herausgeber von Capital (Köln), fest, die Globalisierung
sei zwar ökonomisch und technologisch unbestreitbar, aber
umgekehrt finde eine »Parochialisierung« statt. Der öffentliche
Diskurs beschränke sich auf immer engere Gruppen. Und dann
formuliert Johannes Gross den entscheidenden Satz: »Auch auf
dem berühmten Information-Highway werden mit Millisekun-
dengeschwindigkeit Daten ausgetauscht, aber mit Sicherheit keine
Gedanken.«

An dieser Stelle hätte mit Sicherheit Epikur (341-270 vor Chr.),


der Philosoph von der griechischen Insel Samos, seit 306 Eigen-
tümer eines großen »Ganens« in Athen und dort selbst Gründer
der epikureischen Schule, in das Gespräch eingegriffen, wenn er
denn der Einladung nach Hamburg hätte folgen können. Er hätte
etwa Folgendes gesagt:

Wenn es zutrifft, dass wir von den Problemen, die durch die Revo-
lutionen der letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts entstanden
sind, überfordert sind und uns zurückzuziehen versuchen, d. h.
den Problemen ausweichen, statt sie zu lösen, dann verzichten wir
auf den Gebrauch unserer Vernunft. Was nützen uns Daten? Wir
haben Daten genug, wir brauchen jetzt Gedanken! Was mich
ebenso beunruhigt, das ist die wachsende Sehnsucht nach dem
Spirituellen, die unzählige Menschen in aller Welt befallen hat. Je
rationaler die heutige Welt sich gibt, desto mehr wächst offensicht-
lich das Bedürfnis nach einer Abkehr von der Vernunft: Esoterik,
Obskurantismus und Okkultismus finden immer neue Anhänger.
Keine Heilslehre ist so verschroben, dass sie keine Gläubigen
fände, die in freudiger oder angsterfüllter Erwartung zur Rettung
ihres Seelenheiles alles zu opfern bereit sind. Ich gebe es zu: Mein
EINFÜHRUNG 283

»Garten« in Athen ist in der Tat auch nicht viel mehr als ein säku-
larisiertes Kirchspiel, eine Parochie, keine Polis, geschweige denn
eine res publica, auch wenn der berühmte Marcus Tullius etwas
übertreibt, wenn er mir hedonistischen Eskapismus vorwirft.
Aber er wollte einfach nicht einsehen, dass meine Hedone mindes-
tens zwei Seiten hat, die ich sehr wohl zu unterscheiden wusste.
Der wackere Diogenes Laertius, der mir in seiner Philosophiege-
schichte in zehn Büchern das ganze zehnte Buch widmet und dort
u. a. meine Briefe an Herodot mit einem Abriss meiner »Physik«
(D. L. IG, 35-83), an Pythokles über meteorologische und astro-
nomische Fragen (D. L. lo, 84-116) und an Menoikeus über
meine »Ethik« (D. L. 10,122-135) überliefert hat, trifft ins Ziel: Es
gibt in der Tat zwei Arten von Hedone: die »katastematische«,
d. h. die »zuständliche« Lust (ή καταστηματική), und die Lust
»in Bewegung« (έν κινήσει, D. L. 10, 136). Ich finde mich richtig
zitiert, wenn Diogenes Laertius (10, 136) sagt: »Die Seelenruhe
und die Freiheit von Schmerz sind >zuständliche< Lustempfindun-
gen; Freude und Fröhlichkeit bestehen dagegen in Bewegung und
Tätigkeit« (ή μεν γάρ αταραξία κα'ι άπονία καταστηματικαί
είσιν ήδοναί. ή δέ χαρά και ή ευφροσύνη κατά κίνησιν
ένεργείςι βλέπονται). Cicero unterscheidet zwar auch die volup-
tas in motu von der voluptas stabilis, die aber - wie er meint - nie-
mand außer den Epikureern als voluptas bezeichne (Cicero, De fi-
nibus 2, 77).
Aber darauf wollte ich gar nicht eingehen, obwohl der mir un-
terstellte Eskapismus schon etwas mit einem rechten Verständnis
von Hedone zu tun hat; denn wenn man meinen Hedone-be^ñü
auf die voluptas in motu verengt und die voluptas stabilis verleug-
net, muss man mich als oberflächlichen Hedoniker diskriminie-
ren. Aber ich habe nie, wie mir von den fundamentalistischen Kir-
chenvätern unterstellt wurde, einen passiven Hedonismus auf der
Grundlage einer einseitigen voluptas in motu gepredigt. Das ist
ein grobes Missverständnis, dem vielleicht auch mancher »Epiku-
reer« gefolgt ist. In meinem Brief an Menoikeus (D. L. 10, 132)
schrieb ich vielmehr, dass nicht Ausschweifung und Luxus das
lustvolle Leben schaffen, sondern »ein nüchterner Verstand«
(νήφων λογισμός), der die Gründe für alles Wählen und Ableh-
nen herausfindet und die Vorurteile vertreibt, aus denen die
284 ANHANG

größte Verwirrung der Seelen erwächst (... άλλα νήφων λο-


γισμός καΐ τάς αιτίας έξερευνών πάσης αίρέσεως καΐ φυγής
καΐ τάς δόξας έξελαύνων, έξ ων πλείστος τάς ψυχάς κατα-
λαμβάνει ·9όρυβος). »Der Ursprung aller dieser Überlegungen
und das höchste Gut ist die Vernunft. Deshalb ist die Vernunft
noch wenvoller als die Philosophie. Aus ihr stammen alle übrigen
Tugenden. Sie lehrt uns, dass man nicht lustvoll leben kann, ohne
vernünftig, anständig und gerecht zu leben, und dass man auch
nicht vernünftig, anständig und gerecht leben kann, ohne lustvoll
zu leben. Denn die Tugenden sind von Natur aus mit dem lust-
vollen Leben verbunden, und das lustvolle Leben ist von den Tu-
genden nicht zu trennen« (D. L. 10,132).
Auch Lukrez, der im ersten vorchristlichen Jahrhundert seinen
römischen Mitbürgern meine Philosophie nahe bringen wollte, in-
dem er sie in Verse kleidete - sagt er doch selbst, er benutze die
Versform, um den bitteren Saft der Philosophie schmackhaft zu
machen (De rerum natura i, 921-950) - hat mich richtig verstan-
den, wenn er z. B. die Leidenschaft in der Liebe ablehnt, weil sie
den wahren Liebesgenuss, d. h. die katastematische Hedone, ver-
hindere (4, 1058-1191).^
Die Vernunft - davon bin ich nach wie vor überzeugt - ist das
Instrument, mit der der Mensch über die Lust verfügen kann,
ohne sich von ihr überwältigen zu lassen.3 Das brachte schon der
kluge Aristipp von Kyrene auf die unübertroffen prägnante, aber
ebenso anschauliche Formel: "Εχω Αάιδα, άλλ' ουκ εχομαι
(»Ich besitze die Hetäre Lais, werde aber nicht von ihr besessen«).
Seine Begründung gegenüber denen, die ihm den Umgang mit der
Hetäre vorwarfen, lautete: »ΈπεΙ τό κρατείν καΐ μή ήττάσθαι
ηδονών άριστον, ού τό μή χρησ^αι (D. L. 2, jy. »Denn die Be-
gierden zu beherrschen und ihnen nicht zu unterliegen, ist am
besten, nicht der völlig Verzicht auf sie«).
Die Vernunft macht aber nicht nur die Lust verfügbar; sie ist
auch das Werkzeug zur Orientierung in einer an sich irrationalen,

2 Vgl. Klaus Zacher: Uber die leidenschaftliche Liebe. Lukrez 4,1058 - 1 1 9 1


in Verbindung mit modernen Zweittexten, in: A U 29,3 (1986), 4 - 2 1 .
3 Vgl. dazu auch Malte Hossenfelder: Die Philosophie der Antike, Bd. 3,
München 1985, 1 1 0 - 1 1 7 .
EINFÜHRUNG 285

weil grund- und sinnlosen Welt. Was die Vernunft in dieser Hin-
sicht leistet, ergibt sich aus weiterem Nachdenken über den Be-
griff der Hedone·. Wenn die Lust das höchste Gut und die Unlust
das größte Übel ist, dann kann Lust mit dem Freisein von Unlust
oder mit Unlustfreiheit gleichgesetzt werden. Lust ist als Unlust-
freiheit der Zustand, in dem man weder Begierde noch Schmerz
empfindet. Im Brief an Menoikeus (128) steht: »Denn eine gezielte
Beobachtung (άπλανής θεωρία) dieser Tatsachen geht davon
aus, dass jedes Wählen und Ablehnen auf die Gesundheit des Kör-
pers und die Ungestörtheit der Seele gerichtet ist (έπ'ι την τοΰ σώ-
ματος ϋγίειαν καΐ τήν της ψνχής άταραξίαν); denn dies ist das
Ziel, das Telos, des glücklichen Lebens. Deswegen tun wir näm-
lich alles, damit wir weder Schmerz noch Angst haben (... οπως
μήτε άλγώμεν μήτε ταρβώμεν)« (vgl. auch 131).
Lukrez, mein unbestreitbar größter und treuester Schüler, hat
im Proömium zum zweiten Buch De rerum natura (Vers i - 61) ein
grandioses Bild des Weisen gezeichnet, dessen Glück einzig und
allein auf der Macht der Vernunft (rationispotestas, 53) beruht, weil
er mit der vernunftgesteuerten Betrachtung und Erklärung der
Natur {naturae species ratioque, 61) den Schrecken und das Dunkel
der Seele (terrorem animi tenebrasque, 59) aufhebt. Genau das ist
mein philosophisches Programm.
Daher empfinde ich tiefe Freude oder »katastematische Lust«,
wenn man mir nachsagt,4 mein Programm sei »der Anfang der
menschlichen Mündigkeit«, da ich für »das Fîôchste und Beste«
eingetreten sei, »was es überhaupt gibt: nämlich freies, unangreif-
bares, unstörbares Sein als vernunftbegabtes Wesen«. Ja, ich be-
haupte: Freiheit fängt erst da an, wo sie Freiheit von Illusionen ist;
denn Einsicht in die Sinnlosigkeit des Seins ist die Voraussetzung
für die Freude am Sein, für die reine Lebensfreude.

Soweit mein Diskussionsbeitrag zur Reaktionskette »Wandel -


Überforderung - Rückzug - Verzicht auf Vernunft« und d. h., wie
man fortfahren könnte, »selbstverschuldete Unmündigkeit«.

4 Vgl. Ernst Hoffmann: Epikurs Lebensfreude (1948), in: Piatonismus


und christliche Philosophie, Zürich/Stuttgart 1 9 6 0 , 1 0 8 - 1 2 2 .
286 ANHANG

Es bedrückt mich z w a r nicht - so möchte ich fortfahren - , aber


es gibt mir doch zu denken, dass der große Marcus Tullius Cicero
ein so gebrochenes Verhähnis zu mir und meiner Lehre hat. » G e -
brochen« deshalb, weil er einerseits in einigen seiner öffentlichen
Reden einen ganz und gar missverstandenen Epikureismus be-
s c h w ö n , u m diesen gegen {In Pisonem) oder auch für {Pro Caelio)
den Angeklagten vor Gericht z u verwenden. Andererseits gibt er
in einigen seiner Briefe Ad familiares (ζ. В. im Briefwechsel mit
Cassius oder in den Briefen an Paetus und an Trebatius) z u erken-
nen, dass er mich w o h l d o c h verstanden hat. Dann aber erklärt er
wieder, er habe sich einem vulgären Epikureismus zugewandt,
seitdem er seiner Sorge u m die res publica enthoben sei.
In den Tuskulanischen Gesprächen, w o er sich im dritten Buch
mit meiner und der kyrenäischen Depressionstherapie auseinan-
dersetzt und meine Empfehlungen kategorisch ablehnt und sogar
lächerlich macht, versucht er wenigstens andeutungsweise z u be-
gründen, w a r u m er mich ablehnt. O b w o h l er einräumt (3, 46),
dass ich viele ernste und ausgezeichnete Dinge gesagt habe {video
enim ab eo dici multa severe, multa praeclare), kann er sich mit
meiner Auffassung, dass die Lust das höchste G u t sei, nicht ab-
finden. A u c h meine Behauptung, die höchste Lust bedeute mir
Schmerzlosigkeit und sei weit entfernt von grober Sinnenlust
{summamque esse voluptatem nihil dolere bzw. dolore carere, 47),
hält er für inakzeptabel. Er meint u. a., es gebe in der Natur drei
Zustände: (a) Freude, (b) Schmerz und (c) weder Freude noch
Schmerz und wirft mir vor, dass ich (a) und (c) nicht gleichsetzen
dürfe. D a s ist aber ein nur scheinbarer Widerspruch, wenn man
berücksichtigt, dass das lateinische Wort gaudere unter (a) eine an-
dere Qualität hat als unter (c). Das Wort hat an beiden Stellen
nicht denselben Inhah.
C i c e r o wirft mir aber auch vor, ich habe das höchste G u t von
der virtus getrennt, indem ich es als voluptas definiere (47). D e r
R ö m e r kann offensichthch nicht nachvollziehen, dass es unter-
schiedliche Arten von Lust gibt. Darüber hatte wir schon im Z u -
sammenhang mit der Unterscheidung v o n voluptas stabilis und
voluptas in motu gesprochen. Für ihn hat Lust stets denselben In-
halt: Er kann sich voluptas nur als körperliche Lust vorstellen, die
mit virtus gewiss nicht in Einklang z u bringen ist. Weil Cicero
EINFÜHRUNG 287

nicht bereit oder nicht in der Lage ist, sein Verständnis von Lust
zu überprüfen und ein differenziertes Bild von diesem Begriff
zu entwickeln, muss er eine recht pathetische Antwort auf die
Frage geben, warum er so eifrig {studiose) gegen mich polemisiere
{me studiose dicere contra Epicurum, 50): »Offensichtlich geht es
in unserem Streit um Ehre oder Würde {de honore aut dignitate):
Für mich liegt das höchste Gut in der Seele, für ihn im Körper,
für mich in der Tugend, für ihn in der Lust« (... mihi summum in
animo bonum videtur, Uli autem in corpore, mihi in virtute, Uli in
voluptate, 50).
Ihr fragt zu Recht, meine lieben Freunde, warum der so kluge
Marcus Tullius die Vielschichtigkeit meines Hedone-^cgúñs nicht
sehen wollte. Ich hätte eine ganz einfache Erklärung: Cicero war
zeitlebens von dem heroischen Impuls zur politischen Verantwor-
tung für die res publica getrieben. Er hatte wie viele vor und nach
ihm einen stark ausgeprägten Heldenkomplex, der ihn nie zur
Ruhe kommen ließ. Er war ein Mensch der Öffentlichkeit, ein
homo publicus, für den auch ein otium cum dignitate nur zweitran-
gig war. Er war offenbar das Gegenteil von mir. Die Umstände
waren eben ganz verschieden: Ich lebte in der zwar griechisch ge-
prägten, aber doch so offenen Welt des Hellenismus; er war ein
überzeugter traditionsbewusster Republikaner mit einem stark
ausgeprägten römischen Selbstbewusstsein. Er trug politische
Verantwonung in einem mächtigen Staat; ich lebte in meinem
schönen, großen Garten, einfach nur um zu leben - allerdings
nicht allein, sondern im Kreise meiner Freundinnen und Freunde.
So war mein Imperativ Λά·&ε βιώσας (Fragment 551 Us.) für
Cicero (und andere) auch nach dem Verlust jeder politischen
Einflussnahme ganz indiskutabel. Während ich eine virtus cum vo-
luptate oder eine voluptas cum virtute für ein ehrenwertes Telos
hielt, war für Cicero der Gegensatz zwischen voluptas und virtus
von existentieller Bedeutung. Denn in diesem Gegensatz steckten
für ihn noch andere gewichtige Antithesen: otium und negotium,
a re publica recedere und accedere ad rem publicam, Tusculi se de-
lectare und in his undis et tempestatibus iactan, blandimenta volup-
tatis otiique und amor ad communem salutem defendendam {De re
publica I, i) ... Kurz: Diese in Ciceros Augen unvereinbaren Ge-
gensätze verstärkten die Polemik. Hinzu kam, dass für Cicero die
288 ANHANG

altrömischen mores und die exempla maiorum mit dem Hedonis-


mus meiner (vor allem auch römischen) Anhänger unvereinbar

Mit diesen Worten sei Epikurs Appell an die Vernunft zunächst


einmal abgeschlossen, obwohl wir gern wüssten, ob er es akzeptie-
ren würde, wenigstens den prominenten Dichter H o r a z zu seinen
Anhängern zu zählen und einen Epikureer zu nennen. So viel ist
sicher: H o r a z war kein leidenschaftlicher Verehrer Epikurs mit
missionarischen Absichten, wie etwa Lucretius Carus. A b e r es ist
nicht zu übersehen, dass sich in seinen Werken epikureische Weis-
heit spiegelt.'

Epikurs Begriff einer therapeutischen Philosophie

Bevor Epikur erneut das Wort ergreift, sind noch einige Bemer-
kungen zu seinem Philosophie-Begriff erforderlich. » E r versteht
philosophisches Bemühen als Geschäft befreiender Aufklärung,
Aufklärung bestimmt als Kunst und Lehre, mit Mitteln argumen-
tierender Rede aus Unwissenheit und Unmündigkeit als Quellen
seelischer N o t herauszuführen«.^ Es mag modernistisch klingen,
wenn man die Aufgabe, die Epikur der Philosophie zuweist, als
»Psychotherapie« bezeichnet.7 A b e r die Analogie zwischen Medi-
zin und Philosophie wurde schon vor Epikur gesehen. Demokrit
soll bereits gesagt haben: »Medizin heilt die Krankheiten des Kör-

5 Vgl. z. B. die Satire i, 6 Hoc erat in votis ... Dazu O. Seel: Horazens
sabinisches Glück. Bemerkungen zu Horaz, sat. 2, 6, in: Verschlüsselte
Gegenwart, Stuttgart 1976,13-93·
6 Maximilian Forschner: Über das Glück des Menschen. Aristoteles, Epi-
kur, Stoa, Thomas von Aquin, Kant, Darmstadt '1994, 25.
7 Uber den therapeutischen Aspekt von Epikurs Philosophie: M. Nuss-
baum: Therapeutic arguments: Epicurus and Aristotle, in: The Norms
of Nature, hg. von M. Schofield / G. Striker, Cambridge 1986, 31-74;
M. Forschner: Epikur. Aufklärung und Gelassenheit, in: M. Erler /
Α. Graeser (Hg.): Philosophien des Altertums. Vom Hellenismus bis
zur Spätantike. Einführung, Darmstadt 2000,16-38.
EINFÜHRUNG 289

pers, Weisheit befreit die Seele von den Leidenschaften« (Ιατρική


μέν γαρ κατά Δημόκριτον νόσους άκέεται, σοφίη δέ ψυχήν
παθών άφαιρείται, Β 31)· »Man möchte allerdings gerne wissen,
an was für Leidenschaften Demokrit da gedacht hat. Zum einen
Teil mögen gewiss die banalen Lüste des Leibes gemeint sein, die
durch die Einsicht in die Förderlichkeit vernünftiger und maßvol-
ler Lebensordnung überwunden werden können. Wenn aber der
Begriff der Weisheit darüber hinaus die besondere philosophische
Welterklärung Demokrits umfasst (was anzunehmen ist), dann
wird man als Leidenschaften vorzugsweise die Angst vor den
Himmelserscheinungen und dem Tode auf der einen, die Jagd
nach Ruhm und Reichtum auf der anderen Seite zu verstehen ha-
ben; denn Demokrit ist ja der Philosoph, der über die Nichtigkeit
des menschlichen Ehrgeizes angesichts der Dimensionen des Kos-
mos lacht ... Entscheidend ist, dass in einem Satze wie demjeni-
gen Demokrits die Philosophie eine neue Aufgabe erhält. Die Er-
kenntnis der Natur und des Seins ist nicht mehr ihr oberster
Zweck; sie wird nur noch Mittel zu dem Zweck, die Gesundheit
der Seele herzustellen und zu bewahren«.^
Für die Instrumentalisierung der philosophischen Vernunft zu
therapeutischen Zwecken gibt es zahlreiche Belege auch in der so-
kratischen Literatur. Ciceros Satz (Tusc. 5, 10) bestätigt diesen
Vorgang: Socrates autem pnmus philosophiam e cáelo et in urbihus
conlocavit et in domm etiam introduxit et coegit de vita et moribus
rebusque bonis et malis quaerere (»Sokrates aber holte als erster die
Philosophie vom Himmel, ließ sie in den Städten wohnen, führte
sie auch in die Häuser hinein und zwang sie, über das Leben und
die Sitten und über Gut und Böse Fragen zu stellen«). Und für
Epikur gilt: »Kein antiker Philosoph hat die Aufgabe der Philo-
sophie so konsequent und ausschließlich in der Heilung der
menschlichen Seele gesehen« (Gigon 1983,12): »Leer ist die Rede
jenes Philosophen, von der nicht irgendeine Leidenschaft des
Menschen geheilt wird. Wie nämUch eine Medizin nichts nützt,

8 Olof Gigon: Epikur. Von der Uberwindung der Furcht, Zürich/Mün-


chen З1983,11. - Gegen den therapeutischen Anspruch der Philosophie
polemisiert übrigens der Kirchenvater Orígenes in seiner Schrift Kata
Kelsuii, 75).
290 ANHANG

wenn sie nicht die Krankheiten aus dem Körper venreibt, so ist
auch eine Philosophie nutzlos, wenn sie nicht die Leidenschaften
aus der Seele vertreibt« (Fragment 221 Us.).
Auch am Anfang des Briefes an Menoikeus (122) sagt Epikur, es
sei in jedem Lebensalter nötig zu philosophieren; denn für keinen
sei es zu früh oder zu spät, sich um die Gesundheit der Seele (τό
κατά ·ψυχήν ύγιαΐνον) zu kümmern.
Gesund aber ist die Seele nur dann, wenn sie von vier Ängsten
befreit ist: (i) von der Angst vor himmlischen Erscheinungen, (2)
von der Angst vor einem Leben nach dem Tode, (3) von der Angst
vor der Grenzenlosigkeit von Schmerz und (4) von der Angst vor
der Unendlichkeit des Begehrens. Im 11. Artikel des »Katechis-
mus« {Kyriai doxai oder Ratae sententiaeY werden diese Ängste
aufgezählt: »(i) Wenn uns nicht die Vermutungen über Him-
melserscheinungen und (2) die angstvollen Gedanken über den
Tod, als ob er uns irgendetwas anginge, und ferner (3 und 4)
die mangelnde Kenntnis der Grenzen von Schmerzen und Be-
gierden belastete, dann brauchten wir keine Naturphilosophie
(φυσιολογία).

Mit dem Begriff φυσιολογία ist bereits einer der drei Arbeits-
bereiche der epikureischen Philosophie genannt: (i) Kanonik,
(2) Naturwissenschaft und (3) Ethik, (i) Die Kanonik - so Dioge-
nes Laertius 10, 30 - gibt die Mittel und Wege zur wissenschaft-
lichen Behandlung der Gegenstände an. (2) Die Naturwissenschaft
umfasst die gesamte Naturbetrachtung. (3) Die Ethik behandelt
das Wählen und Ablehnen in Bezug auf die Fragen der Lebens-
führung. Auf diese drei Bereiche der Philosophie sei im folgenden
kurz eingegangen:

Die Kanonik

Epikur stellt die Kanonik, die gemeinhin auch als Logik bezeich-
net wird, als eine Methodenlehre in den Dienst einer atomisti-

9 Diogenes Laertius 10,139-154.


10 Vgl. auch Forschner, 26.
EINFUHRUNG 29I

sehen Naturerklärung, der φυσιολογία. So trägt auch die Kano-


nik mittelbar zur Bewältigung der Lebensprobleme bei. Die Ka-
nonik soll (i) verlässliche Kriterien des Erkennens und Strebens
liefern, die menschliches Handeln leiten können, (2) eine ontolo-
gische Theorie begründen, die ohne Stützung durch mythische
Rede den Aufbau von Wirklichkeit im ganzen erklärt und (3) eine
physiologische Detailforschung ermöglichen, aber auch ihre Be-
deutung für das Selbstverständnis menschlicher Praxis relativieren
(vgl. Forschner 1994).

Die Physik
Dass Epikurs psychotherapeutische Philosophie die Naturwissen-
schaft (φυσιολογία) benötigt, wird auch im 12. Kapitel des Kate-
chismus hervorgehoben: »Es wäre nicht möglich, die Angst in
Zusammenhang mit den wichtigsten Dingen aufzulösen, wenn
man nicht begriffen hat, was die Natur des Ganzen ist, sondern in
Angst vor allem lebt, was die Mythen erzählen; daher wäre es
nicht möglich, ohne Naturphilosophie ungetrübte Freude zu ge-
nießen.« So ist denn auch Demokrits naturphilosophischer Ato-
mismus, »ein Mittel, die Angst zu bannen, eine Theorie, die die
Welt ihrer unheimlichen Aspekte entkleidet« (Forschner 1994,30).
Allerdings braucht Epikur offensichdich keine der exakten
Wissenschaften, die bekanntlich auch schon zu seiner Zeit hoch
entwickelt waren: Astronomie, Geometrie, Arithmetik und Har-
monik werden verworfen. Epikur ist ein Feind der Mathematik
und aller mathematischen Wissenschaften. Sie sind für den thera-
peutischen Zweck der Philosophie nicht zu gebrauchen. Offen-
sichtlich ist diese Ablehnung auch als Polemik gegen die platoni-
sche Akademie zu verstehen, für die die Disziplinen des später so-
genannten Quadriviums den Inbegriff der Wissenschaftlichkeit
verkörperten.
Epikurs Ablehnung der mathematisch-exakten Wissenschaften
ergibt sich aber vor allem aus seiner Überzeugung von einem un-
bedingten Relativismus: Für alle Phänomene gibt es eine Vielzahl
von Erklärungen. Jedes Phänomen kann ohne Widerspruch zum
Augenschein auf viele verschiedene Weisen erklärt werden. Die
Belege für diese Feststellung fand Epikur in dem großen Werk des
292 ANHANG

Theophrast über die Meinungen der Naturphilosophen {Physikon


doxai).
In schroffem Gegensatz zu dieser relativistischen Sicht der
Dinge steht Epikurs dogmatisches Festhalten an Demokrits
Atomismus: Die Lehre von den Atomen und dem Leeren findet
Epikurs volle Zustimmung. Die von Epikur behauptete Unwider-
legbarkeit dieser ontologischen Theorie ist damit zu erklären, dass
für ihn der Atomismus die (materialistische) Grundlage seiner
therapeutischen Philosophie bildet, die auf die Uberwindung der
Angst zielt. Allerdings modifiziert Epikur Demokrits Atomlehre
an zwei Punkten:
(i) Dieser hatte behauptet, die Atome hätten unbegrenzt viele
Gestalten. Die Unbegrenztheit von Zahl, Gestalt und Bewegung
der Atome war für ihn der Grund für die Unmöglichkeit, über
das Unbestimmte hinaus zu einem Bestimmten zu kommen.
»Das Hereinziehen des Unbegrenzten zeigt gerade, dass das Er-
kennen nicht zum Sein selbst, das immer ein Umgrenztes ist,
gelangt« (Gigon 1983, 38 f.). Unbegrenzt bedeutet für Demokrit
unerkennbar. Hierin distanziert sich Demokrit von der Ontolo-
gie des Parmenides »in einer Art von skeptischer Resignation«
(Gigon 1983, 37). Bildhch gesprochen zertrümmert Demokrit das
eine parmenideische Sein in unbegrenzt viele unteilbare Partikel
(Atome).
Epikur jedoch weist die Annahme unbegrenzt vieler Gestalten
der Atome zurück, indem er erklärt, dass es in diesem Falle
z. B. auch für uns sichtbare Atome geben müsse. Aber die Atome
sind für Epikur nicht mit den Augen, sondern nur mit dem Geist
zu erkennen. Die Zahl der Atome ist zwar sehr groß, aber sie blei-
ben alle unter der Grenze der Sichtbarkeit (vgl. den Brief an
Herodot 55-56). »So verwandelt sich eine einfache spekulative
These nachträglich in eine von Erfahrung und Spekulation gleich-
zeitig ausgehende Reflexion« (Gigon 1983, 44), die dazu dient, die
unbegrenzte Vielheit der Phänomene zu erklären."

II Auf den Unterschied zwischen Epikur und Demokrit hinsichtlich der


Größe der Atome wies auch schon Dionysios d. Gr. (gest. 265) bei
Euseb, Präp. ev. 14, 23 hin.
EINFUHRUNG 293

(2) Bei Demokrit befinden sich die Atome in beliebiger Bewe-


gung ohne Anfang und Ende. Epikur akzeptiert nur die Fallbewe-
gung: Alle Atome fallen aufgrund ihrer Schwere unablässig
aus unendlicher Höhe in unendliche Tiefe. Aber damit aus den
Atomen etwas entstehen kann, gibt es nach Epikur immer wieder
Abweichungen von der Fallbewegung. »Irgendein Atom fällt ein-
mal nicht senkrecht, sondern schief, verflicht sich mit anderen
Atomen, und so entstehen Zusammenbailungen von Atomen.
Die Abweichung selbst ist nicht begründbar. Epikur wendet sich
hier in unbekümmerter Radikalität gegen die Ursachenlehre, wie
sie von Aristoteles geschaffen, von der Stoa ausgebildet worden ist
... Epikur leugnet aber die Kette der Ursachen nicht nur, weil es
bei ihm keinen ersten Beweger geben kann. Er leugnet sie auch
um der Freiheit der menschlichen Willensbewegung willen. Die
Seele ist ja selbst ein Gebilde aus Atomen, die sich unendlich be-
wegen« (Gigon 1983, 44 f.).
In Ciceros De natura deorum (i, 66) beschreibt Cotta übrigens
den Vorgang der Atombewegung im Rahmen einer massiven
Kritik an Epikur und den Epikureern. Er leitet sein Referat mit
folgenden Worten ein: »Nun will ich einmal die Orakelsprüche
der Naturphilosophen {physicomm oráculo) vor euch ausbreiten.
Ob sie wahr oder falsch sind, weiß ich nicht, aber sie sind trotz-
dem wahrscheinlicher als eure. Denn diese schändlichen Behaup-
tungen {flagitia) des Demokrit oder auch schon vorher des Leu-
kipp, dass es kleine Körper {corpuscula) gibt, die teils glatt, teils
rau, teils rund, teils eckig und hakenförmig, teils krumm und ein-
gebogen sind, und dass aus diesen Himmel und Erde gemacht
sind ohne Anstoß durch eine natürliche Ursache {nulla cogente
natura), sondern durch ein zufälliges und nicht näher bestimmtes
Zusammentreffen {concursu quodam fortuito) - diese Auffassung
vertrittst du, C. Velleius, bis heute ...« Etwas später (i, 67) fragt
ihn Cotta, was für ihn dabei herauskomme, wenn er von seinen
epikureischen Überzeugungen ablasse. »Du antwortest: >Nichts
kann mich dazu bringen, die vernunftgemäße Begründung des
glücklichen Lebens und die Wahrheit aufzugeben.* ... Aber wo ist
denn die Wahrheit? In den unzählbaren Welten, die in jedem noch
so kleinen Zeitabschnitt teils neu entstehen, teils vergehen? Oder
etwa in den unteilbaren Körperchen {in individuis corpusculis), die
294 ANHANG

SO herrliche Werke entstehen lassen, ohne eine lenkende Natur,


ohne Vernunft (nulla moderante natura, nulla rationé) ? «
Cotta erklärt dann die Änderung der demokritischen Atom-
lehre durch Epikur mit der scheinbar für die Epikureer typischen
Argumentationsweise (i, 69): eine unwahrscheinliche Behauptung
durch eine noch unwahrscheinlichere zu überbieten, um Wider-
spruch zu vermeiden: »Als Epikur sah, dass, wenn die Atome
durch ihr Eigengewicht nach unten gezogen würden, keine Ein-
flussnahme gegeben sei, weil ihre Bewegung genau bestimmt und
notwendig sei, fand er einen Weg, auf den Demokrit noch nicht
gekommen war, dieser Notwendigkeit zu entgehen: Er behaup-
tete, dass ein Atom, obwohl es durch sein Gewicht und die
Schwerkraft senkrecht nach unten falle, ein wenig von seiner Bahn
abweiche {declinare paululurri).<i^'·
Die von Cicero auf diese Weise verspottete Theorie von der
declinatio atomorum wird von Lukrez allerdings akzeptiert und
am Beispiel der Freiheit des Menschen, sich nach eigenem Willen
zu bewegen, erläutert (De rerum natura 2, 251-29з):ч »Woher
kommt dieser allen Lebewesen auf Erden freie Wille, woher
stammt dieser dem Schicksal gleichsam entwundene Wille, durch
den wir vorwärts gehen, wohin ein jeder möchte, und durch den
wir auch nicht die Richtung ändern zu einem festgesetzten Zeit-
punkt oder an einer bestimmten Stelle des Raumes, sondern ge-
hen, wohin der Gedanke selbst uns trug? Denn ohne Zweifel gibt
dabei der eigene Wille bei jedem einzelnen den Anstoß und daraus
strömt die Bewegung durch die Glieder ... Dass der Sinn aber
selbst nicht inneren Zwang in allen Handlungen spürt und, als ob
er besiegt wäre, gedrängt ist zu tragen und zu leiden, das bewirkt
die winzige Abweichung der Atome, weder am festen Ort noch
auch zum sicheren Zeitpunkt.«
Die lange als unwissenschaftUch belächelte Vorstellung von
einer »unmotivierten« Abweichung der Atome gilt heute nicht
mehr als abwegig, da bestimmte Vorgänge im atomaren Bereich

12 Vgl. auch I, 73, wo die declinatio atomorum als Änderung der Lehre von
den Atomen gegenüber Demokrit genannt ist.
13 Lukrez verwendet auch den Begriff declinare (259) und spricht von
einem exiguum clinamen principiomm (292).
EINFUHRUNG 295

nicht kausal erklärt, sondern nur statistisch vorausgesagt werden


können.'4 Darüber hinaus lässt sich die epikureisch-lukrezische
declinatio-T\\eoúe mit ihrem Verzicht auf eine kausale Erklärung
der Bahnabweichung der Atome auch mit einem Roulett oder
einem Glücksrad vergleichen. Auch hier gibt es keine kausale
Erklärung dafür, dass eine bestimmte Zahl ein Treffer geworden
ist. Klaus Sallmann's weist darauf hin, dass Epikur durch die
Lehre von der Parenkltsis (»Abweichung«, clinamen bei Lukrez)
ein Moment der akausalen Spontaneität in den Naturbegriff ein-
geführt habe. »Tatsächlich betrifft diese minimale Abweichung
(der infinitesimal kleine Abweichungsfaktor wurde von Epikur
mit Bedacht eingeführt, um eine Quasikausalität zu erhalten) nur
den Bereich der Mikrophysik, d. h. für die Urentstehung der
Welt und die Lehre vom freien Willen; der Bereich der Makro-
physik bleibt praktisch der demokritischen Ananke (Kausalität)
völlig unterworfen. Ahnliches ist durch die Feststellung der Un-
stetigkeit der Lichtquanten durch Max Planck in den modernen
Naturbegriff geraten. Die Unberechenbarkeit des Verhaltens
der Elektronen etwa beim Passieren eines Kristalls entspricht im
Einzelfall der epikureischen Parenklisis ...« Bei Euseb'^ findet
sich auch eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem epiku-
reischen Atomismus und der epikureischen Parenklisis, die die
Leugnung einer Vorsehung einschließt, was der Kirchenvater im
Blick auf die für ihn gegebene Vorsehung Gottes keinesfalls ak-
zeptieren kann.
Man sollte den kurzen Blick auf die Atomtheorie Demokrits
und Epikurs nicht abwenden, bevor man nicht das entsprechende
Kapitel aus dem Bestseller Sofies Welt^^ gelesen hat. Denn hier
wird auf schlichteste und anschaulichste Weise erzählt, was es mit
der Atomtheorie auf sich hat: »Warum sind Legosteine das geni-

14 Vgl. M. von Albrecht: Geschichte der römischen Literatur, München


Ί 9 9 4 , 245.
15 Moderne Gedankengänge bei Lukrez, in: Alte Sprachen in Rheinland-
Pfalz und im Saarland i (1984), 1 4 - 1 6 .
16 Präp. ev. 14, 2 3 - 2 6 .
17 Sofies Welt. Roman über die Geschichte der Philosophie von Jostein
Gaarder, München/Wien 1 9 9 3 , 5 4 - 6 0 .
296 ANHANG

alste Spielzeug der Welt? Sofie wusste erst einmal gar nicht so
recht, ob sie Legosteine für das genialste Spielzeug auf der Welt
hielt; sie spielte jedenfalls schon seit vielen Jahren nicht mehr da-
mit. Außerdem konnte sie nicht begreifen, was Legosteine mit
Philosophie zu tun haben sollten. Aber sie war eine gehorsame
Schülerin. Sie wühlte im obersten Fach in ihrem Schrank herum
und fand schUeßlich auch eine Plastiktüte mit Legosteinen in allen
möglichen Größen und Formen ... Mit Legosteinen zu bauen
ist leicht, dachte sie. Obwohl sie von unterschiedlicher Größe und
Form sind, können alle Legosteine mit anderen zusammengesetzt
werden. Außerdem sind sie einfach nicht kaputt zu kriegen ...
Und vor allem: Mit Legosteinen konnte sie alles mögliche bauen.
Und dann konnte sie die Steine wieder auseinandernehmen und
etwas ganz anderes bauen ... Aber was das mit Philosophie zu tun
hatte, begriff sie noch immer nicht ...«
In dem kurz darauf eingetroffenen Brief erklärt der geheimnis-
volle Briefschreiber die Atomtheorie Demokrits: »Und jetzt
begreifst du sicher, was ich mit den Legosteinen sagen wollte? Sie
haben ungefähr alle Eigenschaften, die Demokrit den Atomen zu-
geschrieben hat, und gerade deshalb kann man so gut damit
bauen. Zuerst einmal sind sie unteilbar. Sie unterscheiden sich in
Form und Größe, sie sind massiv und undurchdringlich. Lego-
steine haben außerdem Haken und Ösen sozusagen, mit denen sie
sich zu allen möglichen Figuren zusammensetzen lassen können.
Diese Bindung kann später aufgelöst werden, und dann werden
wieder neue Gegenstände aus denselben Klötzchen gebaut ... De-
mokrit hatte keinen Zugang zu den elektronischen Apparaten un-
serer Zeit. Sein einziges wirkliches Werkzeug war die Vernunft.
Aber die Vernunft ließ ihm keine Wahl. Wenn wir erst akzeptie-
ren, dass nichts sich verändern kann, dass nichts aus null und
nichts entsteht, und dass nichts verschwindet, dann muss die
Natur einfach aus winzigen Bauklötzchen bestehen, die zusam-
mengesetzt und wieder voneinander getrennt werden ... Beim Le-
sen schaute Sofie mehrmals aus dem Fenster, um festzustellen,
ob der geheimnisvolle Briefschreiber am Briefkasten auftauchte ...
Sie fand Demokrits Gedankengang so schlicht - und doch so
unglaublich schlau. Er hatte die Lösung für die Probleme des
>Urstoffes< und der >Veränderungen< gefunden ... Am Ende hatte
EINFUHRUNG 297

Demokrit das ganze Problem dadurch gelöst, dass er einfach seine


Vernunft benutzt hatte.«

Dabei ist jedoch noch zu berücksichtigen, dass die antike Atomis-


tik keine Forschungshypothese einer mathematisch-physikali-
schen Wissenschaft ist, die daran gemessen wird, was sie zur exak-
ten Erklärung der Erfahrungswirklichkeit beiträgt, und die nur so-
weit Geltung beansprucht, als sie für diese Erklärung und Deutung
der experimentellen Daten unentbehrlich ist. »Sie (die Theorien
der antiken Atomisten) sind vielmehr ein Grundentwurf der wah-
ren Wirklichkeit, wie er aus der philosophischen Frage nach dem
Sein der Wirklichkeit erwächst.«'^ Die Atomtheorie ist eine Ant-
wort auf die Frage, was das Bleibende im unaufhörlichen Fluss des
Geschehens und Vergehens ist, das ihm Regel und Ordnung gibt.
Wenn auch der Atomismus keine wissenschaftliche Theorie ist,
so stellt er doch innerhalb der griechischen Naturspekulation den
radikalsten Ansatz dar, weil er die ganze Welt der Qualitäten auf
die bloße Form und Bewegung der Atome zurückführt. In diesem
Sinne kann man in der Atomistik »den Gipfel und die Vollendung
der griechischen Aufklärung sehen, weil sie an Einfachheit und
Rationalität alle anderen zeitgenössischen Korpuskulartheorien
weit übertrifft.« (Gadamer 1968,519).

Die Ethik
Bei der Darstellung des dritten Teils der epikureischen Philosophie
(neben Kanonik und Physik), der Ethik, sei noch kurz auf einige
für das Verständnis des epikureischen Philosophierens besonders
wichtige Themen eingegangen:

(1) Die Lehre von den Göttern


(2) Die Theorie von Lust und Schmerz
(3) Die Theorie des Todes
(4) Das Verhältnis von Tugend und Glück

18 H.-G. Gadamer: Antike Atomtheorie, in: H.-G. G. (Hg.): Um die Be-


griffswelt der Vorsokratiker, Darmstadt 1968,512-533, zit. 5i7f.
298 ANHANG

Die Lehre von den Göttern


In seinem Brief an Menoikeus sagt Epikur unmissverständlich: Es
gibt Götter (123). Aber das Problem der θεολογία ist die wahre
Vorstellung von den Göttern, die nicht von der Art sind, wie die
große Menge sie sich vorstellt. Die epikureischen Götter sind -
kurz gesagt - Vorbilder des glücklichen Weisen.Er sieht sie als
Pendant seiner Freiheit und Autarkie: »Die Betrachtung gött-
lichen Lebens vermittelt dem Menschen die Wahrheit über sich
selbst und das Ziel seines eigenen Lebens. Der Weise wird ver-
suchen, in den Grenzen der Sterblichkeit die Götter nachzuah-
men, wie ein Gott unter Menschen zu sein« (Forschner 1994, 32).
Am Schluss seines Briefes an Menoikeus (135) sagt Epikur:
»Darum und um alles andere, was dazu gehört, kümmere dich
Tag und Nacht, und zwar für dich selbst allein und für den, der dir
ähnlich ist, und dann wirst du niemals, weder wenn du wach bist
noch wenn du schläfst, in Unruhe geraten, sondern leben wie ein
Gott unter Menschen (... ώς θεός έν άνθρώποις). Denn in
nichts mehr gleicht einem vergänglichen Wesen ein Mensch, der
umgeben ist von unvergänglichen Gütern.«
Bei Lukrez ist Epikur Sieger über die religio. Es gibt keinen
Raum für willkürliche Eingriffe der Götter. Religio'° ist für
Lukrez das falsche, abergläubische Verhalten gegenüber den
Göttern, die abergläubische Furchtsamkeit, die δεισιδαιμονία.
Das große Thema seines Werkes ist diese religio, d. h. das falsche,
furchtsame Verhalten gegenüber den Göttern und der Kampf
dagegen und gegen Überlieferungen und Einrichtungen des Aber-
glaubens (vgl. Klingner 1961, 213).
Darin schließt sich Lukrez ganz an Epikur an, der mit seiner
Naturerklärung den Zweck verfolgt, die Götter aus der Welt zu
drängen und die Menschen dadurch von Furcht zu befreien. Aber
das sei nur die eine Seite der Sache, wie Klingner unter Hinweis
auf Cicero bemerkt, der den Epikureer Velleius sagen lasse: »Von

19 Vgl. Ernst Hoffmann: Epikurs Lebensfreude (1948), in: Piatonismus


und christliche Philosophie, Zürich/Stuttgart 1960, iii.
20 Vgl. zur Abwertung, die der Begriff religio bei Lukrez erfährt: F. Kling-
ner: Römische Geisteswelt, München 211 ff.
EINFUHRUNG 299

diesen Ängsten sind wir von Epikur erlöst und befreit. Wir fürch-
ten die Götter nicht. Andererseits verehren wir auf fromme, ehr-
würdige Weise in ihnen überragende, höhere Wesen« {his tenori-
bus ah Epicuro soluti et in libertatem vindicati пес metuimus eos
et pie sancteque colimus naturam exceHentern atque praestantem, De
natura deorum i, $6). Gerade dieser zweite Aspekt sei für Epikur
wichtig gewesen, und zwar nicht nur deshalb, weil er in Frieden
mit seiner Umwelt habe leben wollen und sich darum anpasste,
sondern weil er auf seine Weise fromm gewesen sei. »Epikurs
Theologie ist ein sinnvoller Schritt im Gang der griechischen Ge-
danken über Götter und Mythen. Schon Jahrhunderte lang hatten
Denker und Dichter immer wieder das Gleiche getan ... Auch
Epikur hat versucht, den Götterglauben so zu reinigen. Was seine
Lehre am Menschen als mangelhaft verwarf, musste sie auch von
den Göttern fernhalten. Sie mussten also über all das erhaben sein,
was das Leben beeinträchtigt und schließlich zerstön ... Was da-
gegen nach der Lehre das vollkommene Dasein ausmacht, muss-
ten die Götter in aller Fülle haben, vor allem die Unangefochten-
heit von Geist und Leib. Eine höhere Natur, wie sie sich von Epi-
kurs Lebenslehre aus gesehen darstellen musste: das ist Epikurs
Götterwelt. Diese positive Seite der epikureischen Theologie
fehlt übrigens bei Lukrez.

Die Theorie von Lust und Schmerz


Diese Theorie beruht auf drei Grundsätzen: (i) Lust und Schmerz
sind zwei entgegengesetzte Möglichkeiten der Selbstempfindung
eines Lebewesens. Entweder empfindet dieses Lust oder Schmerz
oder eine Mischung aus beidem. Einen neutralen Zustand gibt es
nicht.^^ (2) Die Empfindungen von Lust und Schmerz zeigen dem
Lebewesen an, was seiner Natur entspricht (οίκεΐον) und was
seiner Natur fremd ist (άλλότριον) (Diogenes Laertius 10, 34).
(3) Alle Lebewesen, auch der Mensch, lassen sich von Lust und
Schmerz bestimmen. Daraus folgt, dass man die Lust als Ur-

21 F. Klingner, 2i}f. Vgl. auch A . Festugière: Epicure et ses dieux, Paris


1946.
22 Vgl. Fragmente 450-453 Us.
300 ANHANG

sprung und Ziel des glücklichen Lebens bezeichnen kann (vgl.


Diogenes Laertius lo, 128: τήν ήδονήν αρχήν καΐ τέλος λέγομεν
είναι του μακαρίως ζην).
Epikur unterscheidet zwischen sinnlicher und geistiger Lust
(ηδονή έν τή σαρκί und ηδονή της διανοίας, vgl. ζ. Β. Katechis-
mus, Artikel 18), von denen diese als καταστηματική ηδονή oder
voluptas stabilis auf Dauer empfunden wird, während jene als
ήδονή έν κινήσει oder voluptas in motu vorübergehenden Lust-
gewinn bedeutet. Entsprechendes gilt für den Schmerz. Allerdings
werden diese beiden Möglichkeiten der Hedone nicht hinsichtlich
ihres Wertes unterschieden. Es handelt sich eher um komplemen-
täre Erscheinungsformen der Lust, die - wie oben bereits ange-
deutet - der Kontrolle durch den νήφων λογισμός, den nüchter-
nen Verstand, unterliegen (Diogenes Laertius 10, 131-132).
Selbstverständlich kann Epikur aufgrund seiner atomistischen
Anthropologie keine immaterielle Lust annehmen. Auch die Seele
besteht ja aus feinsten Atomen. Allerdings ist die Geist-Seele nicht
an die Präsenz der Gegenstände oder Vorgänge gebunden; sie
kann sich durch Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges,
durch Mögliches und Wirkliches zugleich affizieren lassen, wäh-
rend der Körper nur den tatsächlichen Schmerz oder die ge-
genwärtige Lust empfindet (vgl. D. L. 10, 137). Aufgrund dessen
ist es nach Epikur auch möglich, körperlichen Schmerz zu ver-
nachlässigen bzw. zu ignorieren und trotz des Schmerzes Lust
zu empfinden. Der denkende Mensch kann sich auch im Falle
langandauernder Schmerzen immer noch größere Schmerzen
vorstellen. »Also«, sagt Epikur bei Cicero (Tusc. 2,44), »bedeutet
ein lange dauernder Schmerz mehr Freude als Belastung« {ergo,
inquit, dolor diutumm habet laetitiae plus quam molestiae).
Warum eigentlich hat Epikur die Hedone, die Lust, zum Ur-
sprung und Ziel glücklichen Lebens erklärt? Denn auf den ersten
Blick ist doch das Streben nach Lust oder Lustgewinn nicht ver-
einbar mit individueller Freiheit und Selbständigkeit, die Epikur
als notwendige Bedingungen eines glücklichen Lebens erkannte.
So hielten auch die Gegner des Lustprinzips z. B. in der platoni-
schen Akademie das Streben nach Lust für unvereinbar mit der
menschlichen Freiheit; die Lust bringe den Menschen in Abhän-
gigkeit von den Zwängen der Natur. Außerdem sei Lust nichts
EINFUHRUNG 3OI

Beständiges und wirklich Erreichbares, weil sie immer mit


Schmerz verknüpft sei.
Es genügt sicher nicht, Epikurs Hedonismus als Ausdruck der
Opposition gegen die Lustfeindschaft anderer philosophischer
Schulen zu erklären. Diese Erklärung vertrüge sich nicht mit der
therapeutischen Zweckbestimmung epikureischen Philosophierens.
Eher könnte man annehmen, Epikur habe im Sinne seines kataste-
matisch-dianoetischen Lustbegriffs ein Vergnügen daran gehabt, die
Argumente der Anti-Hedonisten zu widerlegen und zu demonstrie-
ren, dass das Streben nach Lust durchaus mit dem Streben nach Un-
abhängigkeit und Freiheit vereinbar sei. Die Bedingung für den
Lustgewinn ohne spürbaren Zwang, d. h. ohne Beschränkung der
Freiheit, bleibt aber die Steuerung durch die »nüchterne Vernunft«.
Für Epikur ist die Lust aber zunächst einmal etwas Natür-
liches. Indem er von der Erfahrung ausgeht, dass alle Lebewesen
seit ihrer Geburt an der Lust Gefallen finden und den Schmerz
ablehnen, und zwar von Natur aus und nicht vernunftgesteuert
(φυσικώς καΐ χωρίς λόγου, D. L. io, 137), erklärt Epikur die Lust
zum Telos. Die Evidenz des natürlichen Strebens nach Lustgewinn
lässt sich durch die schlichte Tatsache bestätigen, dass Säuglinge
und Kleinkinder (aber auch Erwachsene) das Süße dem Bitteren
vorziehen. Offensichtlich ist »süß« der »Sicherheitsgeschmack«
der Evolution. Was »süß« ist, ist nicht giftig, bitter kann giftig
sein. Mit der Entscheidung für das »Süße« entscheidet sich der
Mensch also für sein Überleben. Indem er sich in diesem Sinne an
die Natur anpasst, begibt er sich allerdings in Abhängigkeit von
ihr. Doch ist diese Abhängigkeit nicht endgültig oder unaus-
weichlich. Denn der denkende Mensch hat grundsätzlich die
Freiheit zum Leben oder zum Nicht-Leben (vgl. den Brief an
Menoikeus = D. L. 10, 126-127). I i der sogenannten »Spruch-
sammlung«, dem Gnomologium Vaticanum,'•i sagt Epikur unmiss-

Das Gnomologium Vaticanum ist eine Sammlung von 81 epikureischen


Lehrsätzen, die z u m Teil den von Diogenes Laertius (10,139 -154) über-
lieferten »Katechismus« der Hauptlehren in 40 Artikeln ergänzen. Die
Bezeichnung »Gnomologium Vaticanum« ist darauf zurückzuführen,
dass der Text der epikureischen Gnomensammlung im Jahre 1888 in
einer Vatikanischen Handschrift aus dem 14. Jh. entdeckt wurde.
302 ANHANG

verständlich: »Zwang ist schlimm, aber es besteht kein Zwang,


unter Zwang zu leben« (Nr. 9: κακόν άνάγκη, άλλ' ουδεμία
ανάγκη ζην μετ' άνάγκης). Hinzu kommt, dass die natürlichen
Bedürfnisse sehr leicht zu befriedigen sind, so dass die tatsächliche
Abhängigkeit von naturbedingtem Zwang extrem gering ist. An
Menoikeus (130) schreibt Epikur: »Auch die Unabhängigkeit von
äußeren Dingen (αυτάρκεια) halten wir für ein großes Gut, nicht
um uns in jedem Falle mit Wenigem zu begnügen, sondern um,
wenn wir das Meiste nicht haben, mit dem Wenigen auszukom-
men, weil wir voll davon überzeugt sind, dass jene, die den Uber-
fluss am meisten genießen, ihn am wenigsten brauchen, und dass
alles Natürliche leicht, das Sinnlose aber schwer zu beschaffen
ist.«
Das Streben nach Lust ist also nicht endlos und unbegrenzt,
wenn es vernunftgesteuert ist. Wenn es aber endlos und unbe-
grenzt erscheint, dann beruht dies auf einer »leeren Meinung«
(κενή δόξα), nicht auf vernünftiger Überlegung (vgl. Artikel 30
im Katechismus).
Epikur hält den Anti-Hedonisten entgegen, dass sie eine undif-
ferenzierte Vorstellung von den menschlichen Wünschen und Be-
dürfnissen (επιθυμίαι) hätten. Statt dessen müsse man sorgfältig
unterscheiden (vgl. Katechismus, Artikel 29) zwischen (a) natür-
lichen und notwendigen (φυσικαΙ καΐ άναγκαΐαι), (b) natür-
lichen und nicht-notwendigen (φυσικαΙ καΐ ούκ άναγκαΐαι) und
(с) nicht-natürlichen und nicht-notwendigen (οΰτε φυσικαΙ οΰτε
άναγκαΐαι) Bedürfnissen. Nur die »natürlichen und notwendigen
Bedürfnisse« muss man befriedigen, um Schmerzen zu vermei-
den.
Wie die Grenzenlosigkeit der Lust, so ist auch die Grenzenlo-
sigkeit des Schmerzes ein Gebilde einer Wahnvorstellung. Worauf
es dem Therapeuten Epikur ankommt, ist nicht die völlige
Schmerzlosigkeit, sondern das rechte Verhältnis zwischen Lust
und Schmerz, die richtige Mischung von Lust und Schmerz.
Wenn die philosophische Therapie zu dem richtigen Mischungs-
verhältnis zwischen Lust und Schmerz führt, ist die Vorausset-
zung für die katastematische Hedone gegeben, d. h. für jenes Ver-
gnügen, mit dem ein gesunder Leib und ein harmonisch verfasstes
Gemüt sein Leben empfindet. Dieser Zustand wird charakterisiert
EINFUHRUNG }03

als aponía u n d ataraxia, als Freisein v o n der N o t leiblichen


S c h m e r z e s u n d leiblichen Begehrens (nicht h u n g e r n , nicht dürs-
ten, nicht frieren etc.) u n d Freisein v o n seelischer Bedrängnis u n d
seelischer V e r w i r r u n g (vgl. Forschner 1994, 37).
W e n n E p i k u r die Lust negativ b e s t i m m t als ein Freisein v o n
S c h m e r z u n d A n g s t , d a n n will er damit sagen, dass das »Sein-sel-
ber« o h n e alles andere u n d das »Sein-dürfen« Lust ist. »Es nicht
mit Pseudolüsten, die für d e n M o m e n t da sind, anfüllen, sondern
die alypia auskosten als das, w a s s c h o n an sich w e r t v o l l ist, das L e -
ben-an-sich als Wert e m p f i n d e n . . . , das ist epikureisches L e b e n s -
gefühl« ( H o f f m a n n i960, 113). D e r kategorische Imperativ des
Epikureismus »Meide die U n l u s t « hat diesen Sinn: »Zerstöre
nicht d u r c h falsche Lust den einzigen Besitz, den du hast, der aber
auch das H ö c h s t e u n d Beste ist, w a s es überhaupt gibt: nämlich
freies, unangreifbares, unstörbares Sein als vernunftbegabtes W e -
sen« ( H o f f m a n n , a. a. O . , 113).
Was E p i k u r mit seinem Verständnis v o n Hedone gegen d e n ra-
dikal-einseitigen u n d ebenso naturwidrigen Anti-Hedonismus
vertritt, das ist der Inhalt des schlichten Imperativs μ η δ έ ν ά γ α ν ,
den Platon i m Protagoras (343 a f.) den Sieben Weisen als gemein-
samen W a h l s p r u c h z u g e s c h r i e b e n hat^t u n d der z . B . a u c h in zahl-
reichen D e m o k r i t - F r a g m e n t e n belegt ist.^s I m m e r geht es hier u m
das richtige Verhältnis z w i s c h e n Ü b e r m a ß u n d M a n g e l ( υ π ε ρ -
β ο λ ή u n d ε λ λ ε ι ψ ι ς ) , auf d e m auch D e m o k r i t s Ideal der ε ύ θ υ μ ί η
beruht. D i e N ä h e E p i k u r s z u D e m o k r i t ist hier w i e d e r signifikant.
D e n n w a s ist die epikureische κ α τ α σ τ η μ α τ ι κ ή ή δ ο ν ή anderes als
die demokritische ε ύ θ υ μ ί η ?

Die Theorie des Todes

W i e aber steht es mit der ε ύ θ υ μ ί η b z w . der katastematischen


η δ ο ν ή angesichts der EndUchkeit des D a s e i n s ? D i e Furcht v o r
d e m Tod w a r traditionell die Furcht v o r d e m Strafgericht nach

24 Vgl. dazu auch H. J. Mette: μηδέν άγαν, in: Kleine Schriften, Frank-
fun a. M. 1988, 11-38; W. Nicolai: Zuviel des Guten ist ungesund, in:
Gymnasium loi (1994), 312-332.
25 Demokrit В 70,102,191, 209, 210, 211, 223, 233 usw.
304 ANHANG

dem Ende des Lebens. Epikur schreibt dagegen an Menoikeus


(D. L. 10, 124f.) »Gewöhne dich daran zu glauben, dass der Tod
keine Bedeutung für uns hat. Denn alles, was gut, und alles, was
schlecht ist, ist Sache der Wahrnehmung. Der Verlust der Wahr-
nehmung aber ist der Tod (στέρησις δέ έστιν αίσθήσεως ó
θάνατος). Daher macht die richtige Erkenntnis (γνώσις ορθή),
dass der Tod keine Bedeutung für uns hat, die Vergänglichkeit des
Lebens zu einer Quelle der Lust, zu einem άπολαυστικόν, indem
sie uns keine unbegrenzte Zeit in Aussicht stellt, sondern das Ver-
langen nach Unsterblichkeit aufhebt ... «
Im 2. Artikel des Katechismus stehen dann folgende Worte:
»Der Tod hat keine Bedeutung für uns. Denn was sich aufgelöst
hat (τό διαλυθέν), empfindet nichts. Was aber nichts empfindet,
hat keine Bedeutung für uns.«
Schon Demokrit hatte darauf hingewiesen (B 297), dass man-
che Menschen, die von der Auflösung (διάλυσις) der sterblichen
Natur nichts wissen, im Bewusstsein ihrer schlechten Taten, die
sie in ihrem Leben begangen haben, während ihrer Lebenszeit an
Unruhe und Furcht leiden, weil sie sich Lügengeschichten über
die Zeit nach dem Tod ausdenken.
Den Begriff der »Auflösung« greift Lukrez übrigens wieder
auf: »Doch weil ich oben gelehrt habe, dass nichts aus dem Nichts
geschaffen werden kann und das einmal Entstandene nicht wieder
zum Nichts zurückgerufen werden kann, müssen die Urkörper
aus ewigem Stoff sein, wohin sich alles am Ende seines Lebens
auflösen kann, so dass der Stoff für die Entstehung neuer Dinge
zur Verfügung steht« (i, 543-547). Was bei Demokrit διάλυσις
und bei Epikur διαλύειν ist, heißt bei Lukrez dissolvere.
Lukrez bestätigt, dass die διάλυσις ein Zentralbegriff der ato-
mistischen Theorie des Entstehens und Vergehens ist. Hieran wird
fassbar, dass die φυσιολογία - gemeint ist der Atomismus Demo-
krits - , die im ii. Artikel des Katechismus als Mittel zur Befreiung
von Angst und Todesfurcht dargestellt wird, tatsächlich die ihr
von Epikur zugewiesene Rolle spielen kann. Das Wissen von der
Auflösung der sterbUchen Natur in ihre Atome lässt nicht nur die
Todesfurcht gegenstandslos werden, sondern fordert auch zum
Genießen des endlichen Lebens auf: »Wir sind nur einmal gebo-
ren; zweimal geboren zu werden, ist unmöghch. Aber es ist not-
EINFUHRUNG 305

wendig, dass wir die ganze Ewigkeit hindurch nicht mehr sind.
Du aber schiebst das, was Freude macht, auf, obwohl du nicht
einmal Herr über den morgigen Tag bist« (Gnomologium Vatica-
num, Nr. 14).
Dass der Gedanke an die Endlichkeit eine Quelle des Glückes
ist oder sein sollte, spricht auch aus dem horazischen Carpe diem
(Carmina i, 11, 8), das keinesfalls als Trivialisierung des epikurei-
schen Versuchs, die Endlichkeit des Daseins produktiv zu bewäl-
tigen, gedeutet werden darf, sondern ein Grundgedanke des hora-
zischen Selbstverständnisses ist.^' Der Dichter verlangt nicht nur
von sich selbst und seinen Mitmenschen, nicht nach dem Zeit-
punkt des Lebensendes zu fragen und den Tag zu »pflücken«.
Er fordert auch in echt epikureischem Sinne zum sapere, zum Ge-
brauch der Vernunft, auf (i, ii, 5) - in einem etwas anderen Sinne
als in der Epistel i, 2, 40, wo das berühmte sapere aude steht, das
zwar nicht epikureisch gemeint, aber gedeutet wurde - als Leit-
spruch der Aufklärung.^7
Die Verknüpfung von Todesbewusstsein und Lebensfreude
lässt sich literarisch übrigens schon bei Herodot (2, 78) nachwei-
sen und ist ansonsten vielfach belegt. Senecas Schrift De hrevitate
vitae ist nur ein Text unter vielen zu diesem Thema.

Das Verhältnis von Tugend und Glück


Was Epikur unter »Glück« (ευδαιμονία) versteht, ergibt sich aus
der bewusst-freiwilligen Annahme der Endlichkeit des Daseins.
»Die Beseitigung des Verlangens nach Unsterblichkeit setzt den
Menschen erst frei für den Genuss des Vorhandenen und Mög-
lichen, sie gibt dem endlichen Leben das ihm eigene Recht und
Gewicht zurück ... Von hierher entwickelt Epikur den Begriff
eines Glücks, dessen Fülle auf den punktuellen Augenblick zu-

26 Vgl. H. P. Syndikus: Die Lyrik des Horaz. Eine Interpretation der


Oden, Bd. I, Darmstadt '1989, 129-134.
27 Vgl. R. Nickel: Sapere aude!, in: Anregung 21 (1975), 389-390.
28 Vgl. R. Nickel: Werbung für die Philosophie. Senecas Protreptikos ad
Paulinum de hrevitate vitae, in: Mitteilungsblatt für Lehrer der Alten
Sprachen in Schleswig-Holstein i (1986), 5-12 und i (1987), 5-10.
зоб ANHANG

sammengezogen ein Maximum und Optimum darstellt ... Diese


Fülle des Lebensglücks eröffnet sich ... indessen nur jenem, der
zum Leben ebenso wie zum Nichtleben die gleiche Form furcht-
und begierdeloser Distanz gewinnt ... Der Weise ist vollendet
glücklich in Freiheit, d. h. gerade dadurch, dass er jederzeit gelas-
sen auf das Glück des Lebens verzichten kann« (Forschner 1994,
40-41).
Einer der Vorwürfe, die gegen Epikurs Ethik von der Antike
bis in die Neuzeit erhoben wurde, besagt, Epikurs Ethik sei eine
Ethik ohne Moral; sie zerstöre die Grundlagen sittlicher Praxis.
Allerdings sagt Epikur am Ende seines Briefes an Menoikeus (132)
eindeutig, die Vernunft (φρόνησις) sei der Ursprung (αρχή) eines
glücklichen Lebens und das größte Gut. Daher sei die Vernunft,
aus der alle übrigen Tugenden entstehen, noch wertvoller als die
Philosophie.Denn die Vernunft lehre, dass ein lustvolles Leben
nicht möglich sei, ohne ein vernunftbestimmtes, sittliches und ge-
rechtes Leben und ein vernunftbestimmtes, sittliches und gerech-
tes Leben nicht ohne ein lustvolles.
Es hat jedoch den Anschein, dass die Tugenden ebenso wie
die philosophische Weisheit bei Epikur nicht wie bei Aristoteles
{Eudemische Ethik 1248b 8-16, Nikomachische Ethik 1144a 3-6)
wesentliche Bestandteile von Glück sind, sondern nur Mittel zum
Glück, d. h., bei Epikur ist Glück nicht wie bei Aristoteles ein Tä-
tigsein im Sinne der Tugenden bzw. der philosophischen Weis-
heit. Epikur stellt fest (Fr. 504 Us.), für die Tugenden entscheide
man sich wegen der Lust, nicht um ihrer selbst willen, wie auch
für die Medizin wegen der Gesundheit. Die Tugenden stehen im
Dienst der άταραξία und der ήδονή des Weisen.'" Glück besteht
daher weder in sittlicher Praxis noch in reiner Theorie. Diese sind
allenfalls Mittel oder Voraussetzungen menschlichen Glückes, das
als solches für Epikur keine ernste zielgerichtete Tätigkeit ist.J"

29 Philosophie wird hier wohl verstanden als das Verfahren oder die Me-
thode, die φ ρ ό ν η σ ι ς zu wecken und zu stärken.
30 Vgl. auch noch Fr. 70; 134 und 511 Us.
31 Vgl. Forschner 1994, 44.
EINFUHRUNG 3О7

Lesehinweise

»Ist es nicht das, was ihr heute braucht?« Mit dieser rhetorischen
Frage hätte sich Epikur wieder in das oben erwähnte Gespräch
über die heutige Bedeutung des Wortes »liberal« einmischen kön-
nen. »Müsstet ihr nicht alle eure >Gedanken< darauf verwenden,
die anscheinend grenzenlose Fülle der >Daten< zu ordnen und
tatsächlich auch zur Lösung eurer Probleme zu nutzen? Wäre
es denn nicht denkbar, die zweifellos vorhandene Vernunft so zu
instrumentalisieren, dass Resignation und Rückzug aufgrund
subjektiv erlebter Überforderung undenkbar werden und dass
nicht ein eskapistischer, sondern ein vernunftgeleiteter, aufgeklär-
ter Hedonismus Denken und Handeln bestimmt?«
Ein Motiv, Epikur heute zu lesen, ist sein Appell an die Instru-
mentalisierung, nicht die Verabsolutierung der Vernunft, d. h.
sein Appell an die Instrumentalisierung auch der modernen Wis-
senschaften zur Erhaltung und Steigerung der menschlichen
Lebensqualität. Die Empfehlung für eine Auseinandersetzung mit
Epikur geht davon aus, dass es notwendig ist, angesichts der ein-
gangs skizzierten Lebenswirklichkeit die Vernunft zu gebrauchen
und Gedanken auszutauschen statt Daten zu produzieren. Die
Texte sollten eine protreptische und vielleicht sogar therapeutische
Wirkung entfalten, so wie Epikur selbst es wollte.
Die Entscheidung für Epikur ist aber auch vom Leser her ge-
dacht: Es wird angenommen, dass die Texte den Leser interessie-
ren oder gar faszinieren können, dass der Leser ein Stück Sinn-
deutung für sich selbst gewinnt und dass er möglicherweise bereit
ist, entsprechend zu handeln.
Die sprachliche Form der erhaltenen Werke Epikurs entspricht
ihrem Zweck. Der Autor verzichtet auf rhetorische Raffmesse. Er
will nur seine Gedanken korrekt und möglichst genau ausdrü-
cken, »gewiss in der Meinung, dass nur so der Leser das unbe-
dingte Vertrauen in die Sache selbst gewinnen könne, das für die
Heilung der Seele unentbehrlich sei« (Gigon 1983, 14). Epikur hat
seine Lehrsätze knapp und verständlich formuliert, damit man sie
sich merken und auswendig lernen kann. Das ist ein wesentlicher
Bestandteil seiner philosophischen Therapie. Die drei Lehrbriefe
sind geschrieben für Menschen, die nur wenig Zeit für die Philo-
308 ANHANG

Sophie aufbringen können. Für die noch Eiligeren sind die Kynai
doxai des Katechismus bestimmt. Diese vierzig Lehrsätze bilden
eine ideale Lektüre bei extrem knapper Zeit.

Konkrete Hinweise

(1) Die »Mindestlektüre« sollte möglichst nicht nur den Katechis-


mus, sondern auch die Ethik des Menoikeus-Briefes und die
Atomlehre des Herodot-Briefes umfassen.
(2) In die Lektüre können einige Demokrit-Fragmente einbezo-
gen werden: В 191 über die εύθυμίη, В 197-206 über das Verhal-
ten und die Einstellungen der άνοήμονες, В 234-235 über die
έπιθυμίαι und die ήδοναί, В 297 über die διάλυσις.
(3) In diesem Zusammenhang muss man einen Blick auf Lukrez
werfen, da Epikurs Schriften »die entscheidenden Bedingungen
für sein Werk sind«3^ und Lukrez ein treuer Schüler Epikurs ist.
Außer dem Proömium zum 2. Buch (2, 1-61) sollte man aus den
Proömien des i., 3. und 5. Buches die Hymnen auf Epikur lesen
(i, 62-79; 3> 5> i3~54)> weil sie nicht nur die tiefe Ver-
ehrung für den Graius homo (i, 66) zum Ausdruck bringen, son-
dern auch die Ziele des epikureischen Philosophierens plastisch
vor Augen führen.
Die Verse des Lukrez fassen noch einmal zusammen, was wis-
senschaftliches Denken für Epikur und Lukrez bedeutet:
- Beseitigung der auf uns lastenden Angst vor den Göttern, der
gravis religio, mit dem Mut des scharfen Geistes, der acris animi
virtus, und der lebendigen Kraft des Verstandes, der vivida vis
animi, die zur Erkenntnis der Ursachen des Werdens und Ver-
gehens und zur Beseitigung des Irrationalen führt (i, 62-79).
- Beseitigung der Schrecken der Seele (terrores animi) mit Hilfe
der Vernunft {ratio), die das »wahre Wesen der Dinge« (die
natura rerum) verkündet, und Erzeugung des Seelenfriedens
{animi pax) durch Aufdeckung des »wahren Wesens der

32 Karl Büchner: Titus Lucretius Carus. De rerum natura. Welt aus Ato-
men, lat.-dt., Stuttgart 1973, 620.
EINFUHRUNG 3О9

Dinge« {natura tua vi tarn manifesta patem ex omni parte retecta


est: »das wahre Wesen der Dinge wurde durch deine Kraft so
sichtbar offen und in jeder Hinsicht aufgedeckt«; 3,1-30).
Erfindung der »Lehre des Lebens« {vitae ratio), d. h. der Phi-
losophie, und Herausführung des Lebens »aus so großen Stür-
men und so großer Finsternis in so große Stille und helles
Licht« (5,1-12).
Reinigung des Herzens {at bene non poterat sine puro pectore
vivi·, »aber ohne ein reines Herz war es unmöglich gut zu
leben«; 5, 18) vom Aberglauben und den Schrecknissen des
Mythos und Beseitigung von curae und timorés (5, 45-46).
ANMERKUNGEN

Fragmente

1 Die Aufforderung ist im Zusammenhang mit den Maßgehen-


den Sätzen V zu sehen, wo es heißt, dass es nicht möglich
sei, lustvoll zu leben, ohne vernünftig, anständig und gerecht
zu leben und umgekehrt. Lust und Tugend gehören zusam-
men. »Leer« und »sinnlos« sind Tugenden nur dann, wenn
sie nicht zu Lustgewinn führen. Vgl. auch Fragment 120 und
121.
2 Epikureisches Philosophieren setzt keine Bildung voraus. Vgl.
Fragment 13.
3 Diejenigen, die es ablehnen zu trauern usw., sind die Stoiker.
4 Dass aus der Erinnerung Freude zu gewinnen ist, betont
Epikur auch in Fragment 80 und besonders in Vatikanische
Spmchsammlung 17.
5 ErstHnge (verschiedener Haustierarten) wurden von einigen
griechischen Städten jedes Jahr zu Ehren der Göttin Demeter
nach Eleusis gebracht. Da die Erstlinge gewöhnlich einer
Gottheit dargebracht wurden und Epikur um diese auch für
sich bittet, muss er von seinem »heiligen Körper« sprechen -
gewiss mit einem Anflug von Selbstironie.
6 Idomeneus soll bei der Erfüllung seiner Pflichten nicht über-
treiben, um nicht ihr Sklave zu werden (vgl. Plutarch 1127 D),
sondern sich mehr um die Philosophie bemühen, die einen
zuverlässigen und dauerhaften Ruhm verspricht.
7 Die Aufforderung zur Distanzierung von Tätigkeiten, die den
Menschen vom Wesentlichen ablenken, gipfelt in dem Appell,
den richtigen Zeitpunkt, den kairós, zu nutzen, um aus den
gesellschaftlichen Verpflichtungen »auszusteigen«.
8 Vgl. Fragment 6. Idomeneus soll »Gesetze und Überzeugun-
gen« nicht allzu ernst nehmen, aber auch nicht in Konflikt mit
ihnen geraten.
312 ANHANG

9 Der prägnante Satz bringt die Aufforderung Epikurs zur Un-


abhängigkeit von materiellen Gütern auf den Punkt.
10 Der Anlass des Trostbriefes ist nicht bekannt. Vielleicht
wurde der Adressat von einer schlimmen Krankheit über-
rascht oder hat einen plötzlichen Verlust erlitten.
11 Eudaimonia (Glückseligkeit) als Lebensinhalt und Lebensziel
setzt laut Epikur Freiheit von gesellschaftlichen Zwängen und
Regelungen voraus.
12 Lust ist durch Verzicht auf Uberflüssiges zu erzielen. Epikur
experimentiert mit den Bedingungen und Voraussetzungen
eines lustvoUen Lebens.
13 Epikur vertritt die Auffassung, dass Bildung {paideia) der
eudaimonia, der Glückseligkeit, im Wege stehe. Vgl. Frag-
ment 2. - Epikur lehnt die exakten Wissenschaften ab: Astro-
nomie, Geometrie, Arithmetik, Harmonik. Diese Ablehnung
ist wohl auch als Polemik gegen Piaton und die Akademie
zu verstehen. Epikur verwirft die Mathematik und alle mathe-
matischen Wissenschaften, weil er alle Erkenntnis nur auf die
sinnliche Wahrnehmung zurückführt. Außerdem besteht er
darauf, dass jedes (naturwissenschaftlich beschreibbare) Phä-
nomen ohne Widerspruch zum Augenschein auf vielfältige
Weise zu erklären sei. Vgl. den Brief an Pythokles.
14 Dieses Fragment widerlegt die Behauptung, Epikur sei
Atheist; er respektiert durchaus die sakralen Riten.
15 Wie in Fragment 12 wirbt Epikur auch hier für maximalen
»Konsumverzicht« und fordert zu möglichst weitgehender
Enthaltsamkeit auf.
16 Der römische Dichter Horaz hat später diese Einstellung mit
seinem Odi profanum vulgus (Ode 3, i, i) aufgegriffen. Es
geht ihm wie Epikur um Distanz zu den »Leuten«: Als an-
spruchsvoller Autor kümmert sich der Dichter nicht darum,
dem Durchschnittspublikum zu gefallen. Odi, das erste Wort
des Carmen 3, i, bedeutet aber nicht »ich hasse«, sondern
»ich will nichts zu tun haben mit ... «. Auf die Distanzierung
von den Lebensformen, die der Dichter ablehnt (Streben
nach Anerkennung durch ein großes Publikum, Streben
nach Macht, Reichtum und politischem Einfluss), folgt - wie
bei Epikur - das Bekenntnis zu einem ruhigen, einfachen Le-
ANMERKUNGEN 313

ben auf dem Lande (Verse 21-32). Daran schließt sich ein
weiteres Beispiel für eine vom Dichter abgelehnte Möglich-
keit der Lebensgestaltung an: die Bauwut reicher Unterneh-
mer, die sogar vor dem Meer als Baugrund nicht zurück-
schrecken (33-40). Dann lobt Horaz sein bescheidenes
Heim im Sabinerland. Der Dichter bedient sich dieses anti-
thetischen Aufbauprinzips (Distanzierung / Verweigerung -
Bekenntnis - Distanzierung / Verweigerung - Bekenntnis),
um seine Auffassung vom individuellen Glück des einfachen
Lebens scharf hervortreten zu lassen. Es ist bemerkenswert,
dass das Gedicht mit seinem Preis epikureischer Zurückge-
zogenheit und Schlichtheit den Zyklus der später so genann-
ten »Römeroden« einleitet, die Horaz als Musamm sacerdos
für die Jungen und Mädchen von Rom singt (Carmen 3, i, 4).
Der Dichter stellt der römischen Jugend seine Möglichkeiten
der Verweigerung vor, um ihr zu demonstrieren, dass die
bewusste Abkehr vom Überflüssigen und Übertriebenen
eine Quelle des Glücks sein kann. Allerdings hat diese Ge-
nügsamkeit ihre Grenze an der »beengenden Armut«, die
Horaz am Anfang der zweiten Ode des dritten Buches
erwähnt. Auch hier gilt das Prinzip der aurea mediocritas
(Carmen 2,10, 5-8), der Mitte zwischen Überfluss und Ent-
behrung, d. h., Horaz distanziert sich im ersten Vers des
Carmen 3, 2 von der »beengenden Armut« {angusta paupe-
ries) ebenso wie von den divitiae operosiores im letzten Vers
des Carmen 3, i. Die Abkehr von dem profanum valgus kor-
respondiert übrigens mit dem Selbstbewusstsein des Mannes
in Carmen 3, 2 , 1 7 - 2 0 , der nichts weiß von schändlicher Nie-
derlage {virtus repulsae nescia sordidae). Er ist unabhängig
von dem Beifall und der Anerkennung anderer {arhitno
popularis aurae).
17 Metrodoros von Lampsakos (331/330-278/277 v.Chr.) war
der engste Freund und bedeutendste Schüler Epikurs.
18 »Wahre« Freiheit ist im Sinne Epikurs die Freiheit von den Be-
gierden, von der Lust auf das Überflüssige, von gesellschaft-
lichen Zwängen. Vgl. die Fragmente 9, 11, 12, 15.
19 Hier ermahnt Epikur seinen Adressaten, die Askese nicht zu
übertreiben. Die natürlichen Grundbedürfnisse des Menschen
ЗЦ ANHANG

müssen befriedigt werden. Vgl. auch den Hinweis auf Horaz


in der Anmerkung i6.
20 »In Übereinstimmung mit der Natur«: Was ist hier mit
»Natur« gemeint? Natura steht offensichtlich im Gegensatz
zu den »üblichen Meinungen«. Wahrscheinlich meint Epikur
die »Vernunftnatur« des Menschen bzw. das besondere Wesen
des Menschen, das mit seiner Vernunft gegeben ist. Vgl. die
Maßgebenden Sätze (Kyriai doxai) V. Die »üblichen Meinun-
gen« vertreten entweder diejenigen, die sich hemmungslosem
Lustgewinn unterwerfen, oder diejenigen, die die absolute
Lustfeindschaft propagieren.
21 Das ist eine Aufforderung zum Verzicht auf das Streben nach
hemmungslosem Lustgewinn. Vgl. Fragmente 20 und 22.
22 Die »Natur« ist auch hier wieder die »Vernunftnatur« des
Menschen.
23 Das »Lernen« des Todes ist notwendig, damit die Furcht vor
dem Tod bewältigt werden kann.
24 Die Übereinstimmung philosophischer Worte und entspre-
chender Taten herzustellen, ist erfahrungsgemäß ein schwie-
riges Unterfangen. Es dürfte Epikur gelungen sein. Vgl. den
beeindruckenden Text des Fragments 4. Die fehlende Überein-
stimmung zwischen Wort und Tat ist oft reflektiert worden:
vgl. 2. B. die Fabeln des Asop Nr. 22, 33 und 158 (Coli. Aug.).
25 Vgl. Fragment 24.
26 Vgl. Fragment 16.
27 Epikur bleibt das verpflichtende Vorbild für alle echten Epi-
kureer.
28 Vgl. Fragment 17.
29 Epikurs Verzicht auf politische Praxis und Macht steht in
krassem Gegensatz zu Ciceros Auffassung von den Pflich-
ten des römischen Bürgers und ist ein wesentlicher Grund für
Ciceros Ablehnung des Epikureismus.
30 Hier wird ein grundlegender Gegensatz zwischen Epikureis-
mus und Stoizismus definiert.
31 Wahrscheinlich meint Epikur, dass man den üblichen Gottes-
dienst nicht verweigern soll. Vgl. auch Fragment 14.
32 Diese Einstellung zur reUgiösen Praxis (z. B. zum Gebet)
setzt allerdings eine Abkehr von den olympischen Göttern
ANMERKUNGEN 315

des Mythos voraus: Die Götter können nicht über die Lei-
denschaften und Affekte verfügen, wie sie in den mythologi-
schen Erzählungen thematisiert sind.
33 Das ist eine deudiche Distanzierung vom Kynismus eines
Diogenes. Vgl. Georg Luck: Die Weisheit der Hunde. Texte
der antiken Kyniker, Stuttgart 1997.
34 Für Epikur ist das Leben als solches wertvoll - gleichgültig,
wie schwierig es ist.
35 Lust ist natürlich, Schmerz unnatürlich.
36 Das Gute besteht nicht im Verzicht auf Lust, sondern in der
Freiheit von Schmerz, der nicht aufkommt, wenn die Befrie-
digung der Lust gewährleistet ist.
37 Auch die herkömmlichen »Tugenden und Weisheiten« dienen
nach Epikur der Lust: Es macht ganz einfach Freude, tugend-
haft zu sein. Vgl. Fragment i.
38 Nur ein guter körperlicher Zustand gewährleistet Lust-
gewinn. Es muss allerdings die Erwartung hinzukommen,
dass sich der gute körperliche Zustand nicht verschlechtert.
39 Das Junktim von Tugend und Lust ist ein epikureisches Prin-
zip. Vgl. Fragment i, 37 und Maßgebende Sätze V.
40 Das Problem hat Piaton in seiner Politela (2, 359b-36od) mit
der Geschichte von Gyges und seinem Zauberring, der ihn
unsichtbar machen konnte, angesprochen. Vgl. auch Kritias,
Vorsokratiker 88 В zy. Was kann den Menschen hindern,
heimlich, d. h., wenn er annehmen kann, unentdeckt zu blei-
ben, Verbrechen zu begehen? Epikur beantwortet die Frage
mit dem Hinweis darauf, dass das Bewusstsein der Untat den
Verbrecher unglücklich macht, weil er ständig fürchten muss,
dass die Tat entdeckt wird. Vgl. Maßgebende Sätze XXXIV
und X X X V , ferner Cicero, De fmibus i, 50-53.
41 Der Verzicht auf Ehe und Kinder hat seinen Grund in der
Verweigerung einer lustfeindlichen Fürsorge für Ehefrau und
Kinder. Vgl. auch Fragment 127.
42 Vgl. Fragment 13.
43 Der Epikureer empfiehlt hiermit die Anpassung an die religiö-
sen Bräuche, um nicht unangenehm aufzufallen. Vgl. Frag-
ment 14.
44 Epikur geht davon aus, dass die Menschen ursprünglich an
3l6 ANHANG

unvergängliche und vollkommene göttliche Wesen geglaubt


haben. Im Laufe der Zeit habe sich aber das Bild von den Göt-
tern so verändert, dass sie nicht mehr als ewig und glückselig
angesehen werden können. Vgl. Fragment 32.
45 Die Begründung ist allerdings nicht erhalten. Vielleicht hat
Epikur die Theorie vertreten, dass man den Göttern das be-
schriebene Eingreifen in das Leben der Menschen unterstellt
habe, um ihr Verhalten zu steuern.
46 Der Text aus Cicero, De natura deorum (i, 43-56), wird von
Olof Gigon in der Tusculum-Ausgabe, Zürich 1996, 375 -392,
ausführlich kommentiert. Einige epikureische Positionen
seien hier noch einmal hervorgehoben: (43-45) Epikur stellt
zwei Thesen auf: i. Es gibt Götter. 2. Sie besitzen eudaimonia
(vollkommene Glückseligkeit) und Unsterblichkeit. Die Na-
tur hat eine entsprechende Vorstellung von ihnen in die Seelen
aller Menschen eingeprägt. Die eudaimonia lässt keine Affekte
zu. Der Mensch braucht also weder mit ihrem Zorn noch mit
ihrer Liebe zu rechnen. Es ist ebenso auszuschließen, dass das
Verhalten des Menschen die Götter interessiert. Es genügt,
wenn die Menschen drei Dinge wissen: i. Die Götter existie-
ren, 2. sie sind unsterblich, 3. sie sind glücklich. Daraus lässt
sich die Verpflichtung ableiten, die Götter zu verehren, aber
man muss sich darüber im Klaren sein, dass man sie nicht
zu fürchten braucht, weil sie sich nicht in die menschlichen
Angelegenheiten einmischen. Götterverehrung ist nur die
symbolische Verehrung des Vollkommenen, eben weil es das
Vollkommene ist, das den Menschen zugleich daran erinnert,
sich seiner Grenzen bewusst zu sein. (46-49) Götter erschei-
nen den Menschen in vollkommener Menschengestalt, d. h.
in vollkommener Schönheit und in vollkommener Tugend-
haftigkeit - Eigenschaften, die die eudaimonia bedingen. Die
Götter sind zwar in Menschengestalt wahrnehmbar; sie ha-
ben aber nicht »gewissermaßen einen Körper«, d. h., sie sind
in ihrer Menschengestalt nur denkbar bzw. vorstellbar. Die
Quasi-Körperlichkeit ist vergleichbar mit der platonischen
Idee des Körpers. - Am Schluss des Abschnitts wird die Auf-
fassung vertreten, dass sich die Atome, aus denen auch die
Götter bestehen, in einem ständigen Austausch befinden: Es
ANMERKUNGEN }1J

findet ein ununterbrochener, ewiger Zufluss und Abfluss von


Atomen statt. Ständig kommen neue Atome hinzu, und an-
dere entfernen sich wieder. Die sich entfernenden Atome er-
zeugen die Abbilder der Götter, die wir gedanUich wahrneh-
men und bei deren Anblick der menschhche Geist höchste
Lust empfindet und erfährt, was eine glückliche und ewige
Natur bedeutet. (50) Der Begriff » Gleichheit der Zuteilung«
{isonomta) stammt aus der Sprache der Politik. Er bedeutet
bei Epikur so viel wie »Gleichgewicht«, d. h., die Zahl der
sterbhchen Dinge ist nicht größer als die Zahl der unsterb-
hchen Dinge, der Umfang des Zerstörenden ist gleich dem
Umfang des Erhaltenden. Wenn auch das All unbegrenzt ist,
bleibt es aufgrund der isonomia stabil, weil Werden und Ver-
gehen im Gleichgewicht bleiben. Dementsprechend hat auch
das Leben des Weisen ebenso viel Gutes wie Schlechtes auf-
zuweisen. (51-52) Im Gegensatz zu den Stoikern, für die das
Leben der Götter in der zweckmäßigen und gerechten Ver-
waltung der Welt besteht, vertreten die Epikureer die Auffas-
sung, dass die Götter nichts tun, sondern einfach nur glück-
lich sind. Sie existieren in einem vollkommenen Zustand der
Freude {hedoné). Dieser ist ein Zustand ewiger Ruhe. (53-56)
Das glückliche Leben der Götter ist ein Zielbild für das Leben
des Menschen. Es besteht in der ataraxia, d. h. in vollkomme-
ner Ruhe. Daraus folgt, dass die Erschaffung der Welt nicht
den Göttern, sondern der »Natur« zu verdanken ist. Ein gött-
licher Schöpfungsakt war nicht erforderlich. Die Weltentste-
hung erklärt sich aus der Bewegung der Atome im unend-
lichen Raum, die sich miteinander verflechten und so die Wek
entstehen lassen. - Es folgt eine Polemik gegen den stoischen
Begriff der Schicksalsfügung, der heimarméne, und der Seher-
kunst, der Mantik, ohne dass für die Ablehnung Gründe
angeführt werden. A m Schluss kommt noch einmal das epi-
kureische Grundmotiv zum Ausdruck: Befreiung von Angst
als Zweck der Philosophie.
47 In dem Fragment aus Cicero, De natura deorum i, 21 - 24, wird
eine Reihe von Einwänden gegen die Annahme vorgebracht,
dass ein zeitloser Gott irgendwann einmal eine zeitlich be-
grenzte Welt geschaffen habe. Die epikureische Antwort lau-
3l8 ANHANG

tet, dass die Welt auf eine beliebige Weise zu einem beliebigen
Zeitpunkt von selbst entstanden sei. - Dass die Kugel die voll-
kommenste geometrische Form sei, hatte Piaton im Timaios
33b behauptet. Für die Epikureer ist diese Annahme willkür-
lich und unbegründet. Das gilt natürlich auch für die An-
nahme eines kugelförmigen Gottes, da doch der menschliche
Körper, den die Götter in vollkommenster Ausprägung besit-
zen, der schönste ist (vgl. Fragment 46 aus Cicero, De natura
deorum i, 46-48).
48 Im Mittelpunkt des Fragments aus Lukrez, De rerum natura 5,
110-234, steht die These, dass die Welt nicht durch göttliche
Einwirkung entstanden ist (vgl. bes. 198-199). Wäre sie
von einer göttlichen Macht geschaffen worden, dürfte sie
nicht so mangelhaft sein (vgl. bes. 200ff.). Auch der zu erwar-
tende Untergang der Welt spricht gegen einen göttlichen
Schöpfungsakt (iioff.). Ebenso wenig ist die Welt von gött-
lichem Geist beseelt (125ff.). Die Behauptung, Götter hätten
die Welt für die Menschen geschaffen, ist völlig abwegig.
Daher sei es auch nicht sinnvoll, die Schöpfung zu loben und
dafür dankbar zu sein (156 ff.). Die Welt ist aus der ewigen Be-
wegung der Atome entstanden (iS/ff.).
49 Vgl. Fragment 46. Wenn wir »angeborene Vorstellungen« von
den Göttern haben, können wir auch von ihnen träumen.
50 Vgl. Fragment 46. Die nur »geistige« Wahrnehmung der
Menschengestalt der Götter setzt die von Epikur vertretene
Auffassung voraus, dass die menschliche die schönste Gestalt
ist.
51 und 52 Die merkwürdige Annahme, dass die Götter grie-
chisch sprechen, ist gewiss nicht ernst gemeint, ergibt sich
aber konsequent aus der Behauptung ihrer »geistig« wahr-
nehmbaren Menschengestalt.
53 Es gibt Götter, weil nur an ihnen die absolute Vollkommen-
heit anschaulich werden kann. Sie symbolisieren diese Voll-
kommenheit.
54 Das ist gegen die stoische Annahme einer Vorsehung und
Schicksalsfügung gerichtet. Vgl. 46. Hier wird wieder die ab-
solute Vollkommenheit abgebildet. - Die »Zwischenwelten«
(Metakosmien oder Intermundien) außerhalb der Welten sind
ANMERKUNGEN 319

die ewigen Wohnsitze der Götter. Sie sind nicht zerstörbar


oder auflösbar wie die Wehen. Wenn die Götter in einem Kos-
mos lebten, liefen sie Gefahr, mit diesem unterzugehen.
55 bis 58 Vgl. 46, wo ebenfalls die Unvereinbarkeit der Anwe-
senheit positiver oder negativer Affekte mit der Glückselig-
keit der Götter behauptet wird.
59 und 60 Hinweis auf Epikurs Argumente gegen die Vorsehung
{Providentia) Gottes und Versuch ihrer Entkräftung.
61 Auch dieser Satz soll die Behauptung zurückweisen, es gebe
eine göttliche Vorsehung.
62 Der Schritt zur völligen Leugnung der Götter kommt für Epi-
kur nicht in Frage, weil er diese als Abbilder der Vollkom-
menheit versteht und weil dem Menschen nur auf diese Weise
Vollkommenheit denkbar ist.
63 Zumindest demonstrieren die Götter als Abbilder der Voll-
kommenheit das Ziel der menschlichen Möglichkeiten, zur
eudaimonta zu gelangen.
64 Vgl. 32.
65 Vgl. 63.
66 Die Behauptung der Epikureer, dass die Götter sich nicht um
die Menschen kümmerten, wird hiermit auf originelle Weise
wiederholt.
67 Vgl. 32.
68 Diese Zweckbestimmung ist ein Grundmerkmal der epi-
kureischen Philosophie, die sich als eine Psychotherapie ver-
steht. Im Wesentlichen geht es ihr um den Versuch, die Men-
schen von Angst und Unruhe zu befreien.
69 bis 72 Der epikureische Weise befindet sich in größtmöglicher
Nähe zu den glückseligen Göttern. Er hat ein Höchstmaß an
innerer Ruhe und Freiheit von Angst erreicht. Prinzipiell be-
steht zwischen göttlicher und menschlicher Glückseligkeit
kein Unterschied. Der Weise, der die Schmerzfreiheit erreicht
hat, kann hinsichtlich seiner Glückseligkeit sogar mit Zeus
wetteifern. Vgl. Vatikanische Spruchsammlung 33. Die Götter
unterscheiden sich vom Weisen nur hinsichtlich der Dauerhaf-
tigkeit und nicht hinsichtlich der Qualität ihrer Glückselig-
keit. - Eine Beschreibung der Wesensmerkmale des Weisen
findet man auch in Fragment 74 (62).
320 ANHANG

73 Vgl. 52.
74 In Ciceros Schrift Defmibus honorum et malorum (Ȇber das
höchste Gut und das größte Übel«) geht es um die Bestim-
mung dieser im Titel genannten Begriffe. Dazu lässt der Au-
tor nacheinander Vertreter der Lehre der Epikureer, der Stoi-
ker, der Peripatetiker und der Akademiker zu Wort kommen.
Das I. und das 2. Buch befassen sich ausführlich mit der Lehre
Epikurs, die Cicero durch seinen Jugendfreund Torquatus
darstellen lässt. - Der Textausschnitt (i, 29-72) handelt von
der Lust, dem höchsten Gut, und dem Schmerz, dem größten
Übel der Epikureer. Die Gleichsetzung von Lust und höchs-
tem Gut bzw. von Schmerz und größtem Übel ist laut Epikur
ohne wissenschaftliche Begründung evident. Alles, was Men-
schen und Tiere tun, dient letzten Endes dem Lustgewinn
und der Vermeidung von Schmerz. Auch jedes tugendhafte
Handeln zielt auf Lustgewinn, d. h. auf die Befreiung von
Schmerz. Die Philosophie hat demnach das professionelle
Aufspüren und Gewinnen von Lust zum Ziel; sie ist die zu-
verlässigste Führerin zur Lust. Man muss also philosophieren
oder nach Weisheit streben, um Lust zu gewinnen. Im Kern
der Lehre steht die Aussage, dass es keine Lust ohne Tugend
und Weisheit und keine Tugend und Weisheit ohne Lust
gibt (vgl. § 57 des Textausschnitts). - In § 63/64 spielt Cicero
offensichtlich auf das epikureische Lehrgedicht des Lukrez De
rerum natura an, wenn er Torquatus feststellen lässt, dass man,
nachdem man die »Natur aller Dinge« erkannt {rerum natura
cognita) und durchschaut {rerum natura perspecta) habe, von
Aberglauben und von Todesfurcht befreit werde. - Der Text-
ausschnitt bietet auch einen weitgreifenden und gut nachvoll-
ziehbaren Abriss der epikureischen Philosophie, und Cicero
hat wohl aus derselben Quelle geschöpft wie Lukrez.
75 Die absolute Glückseligkeit der Götter wird der relativen der
Menschen gegenübergestellt. Die Glückseligkeit der Götter
beruht auf einer »katastematischen«, d. h. dauernden, bestän-
digen Lust. - Epikur versteht unter »beständiger Lust« ein
Gefühl, das weder größer noch kleiner werden kann. Dieser
stabile Seelenzustand bedeutet Seelenruhe {ataraxia), die als
Freiheit von körperlichen Schmerzen und seelischer Unruhe
ANMERKUNGEN }2I

besteht. Vgl. auch MaximiUan Forschner: Ü b e r das G l ü c k des


Menschen, Darmstadt ^1994, 3 7 - 3 9 : »Die Abwesenheit all
dessen, was Schmerz und Unruhe erregt, ist, solange und in-
sofern der Mensch mit Bewusstsein lebt, gleichbedeutend mit
der Präsenz eines Maximums und O p t i m u m s an Vergnügen.«
V g l . auch Maßgebende Sätze III und Cicero, Defmihus 2,17. -
Im Gegensatz zur »katastematischen« steht die »kinetische«
Lust, die bestenfalls den Weg zur Schmerzlosigkeit begleitet
(vgl. Diogenes Laertius 10,136).
76 und 77 Die körperliche Lust als Quelle alles G u t e n zu be-
stimmen, erklärt sich aus der v o n Epikur mit aller Entschie-
denheit vertretenen Auffassung, dass jeder Kontakt mit der
Welt von sinnlicher Wahrnehmung ausgeht. Vgl. Fragment 74
mit § 30.
78 und 79 Die höchste dem Menschen mögliche Lust ist für Epi-
kur ein Zustand völliger Ruhe und nicht ein ruheloses Streben
oder die dauernde Schmerzlosigkeit mit einem M i n i m u m an
A u f w a n d und bescheidenem Verzicht auf alles, was nicht der
Vermeidung von Schmerz dient (hedonistischer Minimalis-
mus). Vgl. Fragment 75.
80 Mit wie viel Bescheidenheit die epikureische Lust verbunden
ist, zeigt dieses Fragment.
81 und 82 Mit »körperlichen Lustempfindungen« ist die A b -
wesenheit von Schmerz gemeint. Man empfindet Lust, wenn
man keinen Schmerz empfindet oder wenn der Schmerz
nachlässt. Seneca fasst den genuin epikureischen Gedanken
k u r z zusammen: Abwesenheit von Leidenschaft und physi-
schem Schmerz ist das höchste Ziel und bedeutet »Friede des
Körpers und der Seele«.
83 D e r Lustgewinn aus der Erinnerung ist auch in Fragment 80
thematisiert.
84 Epikureisch ist in diesem Fragment der Gedanke von der Ver-
antwortlichkeit des Menschen für sein G l ü c k und sein U n -
glück. D e r G r u n d hierfür liegt in der Seele des Menschen.
85 Dieser Satz verweist auf die epikureische Forderung, das Ster-
ben (den Tod) z u »lernen«. Vgl. Fragment 23. Leiden ist ein
»willkommener Anlass«, »den Tod z u lernen«.
86 Vgl. Fragment 4.
322 ANHANG

87 Hier wird wieder auf die therapeutische Funktion der Philo-


sophie angespielt. Vgl. Fragment 68.
88 Die Unterscheidung der beiden Ursachen des Schmerzes soll
erkennen lassen, dass der durch Mangel verursachte Schmerz
in dem Sinne »sanfter« ist, dass er noch beherrschbar ist,
während der durch Übersättigung verursachte Schmerz nicht
mehr zu bewältigen ist.
89 Ein schöner Aufruf zur Selbstbeschränkung im Streben nach
körperlicher Lust.
90 bis 98 Der größte Reichtum ist leicht zu erzielen, wenn er aus
der Selbstgenügsamkeit {autárkeia) erwächst.
99 und IOC Die epikureische Philosophie lehrt den Menschen zu
verzichten und trotzdem den Lebensmut zu steigern und
glücklich zu sein.
loi und 102 »Nichtige Urteile« einer »ärmlichen Seele« sind fal-
sche Einstellungen, Fehleinschätzungen, Fehlurteile über al-
les, was wertvoll bzw. lustvoll ist.
103 »Schicksal« (τύχη) bedeutet hier wahrscheinlich so viel wie
das »ungeplante, unerwartete Ereignis«, dem man mit Gelas-
senheit begegnen soll. Die »Weisheit« gewährt den richtigen
Umgang mit dem »Schicksal«. Vgl. auch Fragment 54 und die
Ablehnung der »Schicksalsfügung« {heimarméné).
104 und 105 Durch die Hoffnung auf den nächsten Tag und die
Angst vor der Zukunft soll man die Gegenwart nicht entwer-
ten. Man soll im Heute leben und dieses genießen. Vgl. auch
die Vatikanische Spruchsammlung 14 mit dem Appell gegen das
Aufschieben dessen, was Freude macht. Epikur polemisiert
gegen die Entwertung des gelebten gegenwärtigen Augen-
blicks. Horaz sagt in diesem Sinne Carpe diem (Od. i, 11, 8).
Vgl. auch die Horaz-Ode i, 9: In der ersten der sechs alkäi-
schen Strophen schildert Horaz eine kalte winterliche Land-
schaft mit viel Schnee und Eis. In der zweiten fordert er dazu
auf, die Kälte zu beseitigen {dissolvere frigus, 5), Brennholz
aufzuschichten und Wein einzuschenken. Einen Rest Wein
soll der Angeredete den Göttern überlassen {permitte divis
cetera, 9). In der vierten Strophe fordert er seinen Adressaten
dazu auf, nicht zu fragen, was die Zukunft bringt: »Was
morgen sein wird, meide zu fragen, und jeden Tag, den das
ANMERKUNGEN }2}

Schicksal dir schenken wird, halte für einen Gewinn, ver-


schmähe aber auch nicht die Wonnen der Liebe, Junge, und
nicht das Tanzen ...« (i}-i6). Die letzten beiden Strophen
setzen die Aufforderung zum Genießen der Gegenwart
(nunc ... nunc, i8 ... 2i) fort. Die winterliche Landschaft der
ersten Strophe ist Symbol für die Widrigkeiten des Lebens,
die man zwar nicht beseitigen, in denen man sich aber - in
echt epikureischer Selbstbescheidung - einrichten kann, wie
die folgenden Strophen veranschaulichen.
io6 und 107 Für diejenigen, die immer wieder versuchen, neu an-
zufangen, ist das Leben stets unvollkommen, und wer gerade
beginnt zu leben, kann nicht für den Tod gerüstet dastehen.
Der Mensch soll dafür sorgen, stets genug gelebt zu haben;
wer aber immer wieder ein neues Leben anfangen will, schafft
es niemals, genug gelebt zu haben.
108 bis HO Epikur macht sowohl denjenigen, die den Tod herbei-
wünschen, als auch denen, die ihn fürchten. Vorwürfe. Die
Philosophie - so Seneca im Zusammenhang mit den Epikur-
Zitaten - hat die Aufgabe, die Seele für das Ertragen des Todes
wie des Lebens zu stärken. Seneca zitiert Epikur im 24. Brief
an Lucilius, um der Sehnsucht nach dem Tod aus Lebensüber-
druss oder gar Lebensekel entgegenzuwirken.
III bis 1x3 Der Tod bietet einen Ausweg aus schwerem Leid. Die
Empfehlung des Selbstmordes basiert auf der Überzeugung,
dass der Tod das Nichtsein bedeutet und durch die Auflösung
der Seele in ihre Atome die Furcht vor dem Tod zu Ende ist.
114 und 115 Wenn auch der Tod das Ende des Leidens ist, so
bleibt doch die Furcht vor dem Tod aufgrund der Erwartung
eines schmerzhaften Sterbens. Ein Trost liegt jedoch darin,
dass ein starker Schmerz nur von kurzer Dauer ist und nach
der Trennung der Seele vom Körper einfach aufhört.
116 bis 120 Epikur lässt es nicht zu, die Lust von der Tugend zu
trennen. Diese sei zwar eine notwendige, aber keine hinrei-
chende Bedingung der eudaimonia. Erst die Verknüpfung von
Tugend und Lust führt zur Glückseligkeit. Vgl. Fragment i.
121 Der Gegensatz zwischen Epikur und den Stoikern wird darin
besonders deutlich, dass diese behaupten, die Tugend nur um
ihrer selbst (und nicht um der Lust) willen zu praktizieren.
324 ANHANG

122 und 123 Tugenden sind laut Epikur zweckbezogen, indem


man mit ihrer Hilfe etwas Nützliches oder die innere Ruhe
{ataraxia) erreiche.
124 Wenn Epikur sagt, dass nicht alle Fehler gleich seien, meint
er damit, dass nicht alle Fehler dasselbe Gewicht haben. Da-
mit distanziert er sich von der Auffassung, dass alles, was
falsch oder verfehlt ist, gleichwertig sei und dass jeder Fehler
unabhängig von seinem Gewicht und seiner Tragweite vom
Richtigen gleich weit entfernt sei. Der Satz des Epikur steht in
scharfem Gegensatz zu der Position der Stoiker, die die Auf-
fassung vertraten, dass alle Fehler gleich seien: SVF I224. 225.
III 524-534; vgl. auch Cicero, Pro Murena 61 und Paradoxa
Stoicorum III.
125 Seneca, Epist. 28, 9, erklärt den Satz unter Hinweis darauf,
dass derjenige, der nicht weiß, dass er einen Fehler begeht,
sich auch nicht korrigieren lassen will. »Du musst dich ertap-
pen, bevor du dich besserst.«
126 Der Satz steht im Gegensatz zu der stoischen Position, dass
die Menschen eine natürUche Gemeinschaft bilden und dass
sie diese auf jeden Fall erhalten müssen (Epikt. 2, 20, 8).
127 und 128 Da das Familienleben auch Unannehmlichkeiten und
Schmerz bereiten kann, stört es die ataraxia und ist ein Hin-
dernis auf dem Weg zur eudaimonia.
129 Obwohl der Weise keine Gesetze für sein Handeln und Ver-
halten benötigt, ist er doch auf ihren Schutz angewiesen.
130 Vgl. Fragment 40 zur Ablehnung der Angst vor der Zukunft.
131 Wer Furcht erregt, fürchtet sich.
132 bis 134 Epikur hat sich eingehend mit dem Wesen der
Freundschaft auseinandergesetzt, weil er offensichtlich selbst
viele Freundschaften pflegte, wie seine Briefe veranschau-
lichen. Wie hoch Epikur die Freundschaft schätzte, zeigt auch
ein Satz aus der Sammlung der Maßgebenden Sätze (XXVII):
»Von allem, was die Weisheit für die Glückseligkeit des
ganzen Lebens bereitstellt, ist der Gewinn der Freundschaft
das bei weitem Wichtigste« (vgl. auch XXVIII). Zum Thema
Freundschaft sind auch mehrere Sprüche aus der Vatika-
nischen 5p?KC¿ídmw/íí»gheranzuziehen: 23, 39, 52, 66,
78.
ANMERKUNGEN 325

135 Für Epikur ist es keinesfalls abwegig, Gutes zu tun, um Dank-


barkeit zu erfahren. In der Tat ist es besser, Gutes aus Eigen-
nutz als gar nichts Gutes zu tun.
136 Die Gleichsetzung des Glücks mit Schmerzlosigkeit {alypia)
ist der Kernsatz der epikureischen Lehre von der Lust.
137 bis 140 Plutarch hat diesem epikureischen Imperativ eine ganze
Schrift gewidmet: »Ist der Grundsatz >Lebe im Verborgenen!<
richtig?« Dieser Grundsatz der epikureischen Ethik ist ein
Appell für einen Verzicht auf öffentliches bzw. politisches
Engagement. Der römische Dichter Ovid {Tristien 3, 4, 25) hat
diese Maxime ebenso aufgegriffen wie Horaz (Epist. i, 17; vgl.
auch Ode 3, i). Wer den epikureischen Imperativ befolgt, ent-
zieht sich dem Zwang zu öffentlicher Selbstdarstellung, weil
er sich nicht so wichtig nimmt. Das Streben nach öffendicher
Anerkennung (Ruhmsucht) stört die Seelenruhe.
141 bis 143 Vielleicht distanziert sich Epikur mit diesen Ansichten
von Sokrates, der die Aporie durchaus als Ziel einer Diskus-
sion akzeptierte, aber keine Lehre verkündete, keine Schule
gründete und keine Schriften hinterließ.
144 Der epikureische Weise ist bei aller Distanz zur Welt kein
weltfremder oder weitabgewandter Sonderling.
145 Vgl. schon die Hinweise zu den Fragmenten 137-140. Der
Weise legt Wert darauf, nicht verachtet zu werden, weil ihm
dies Schmerzen bereitete.
146 Liebe ist Aufregung und darum nicht mit dem Streben nach
ataraxia zu vereinbaren.
147 Weil der Tod nichts anderes ist als Auflösung und Empfin-
dungslosigkeit (vgl. die Maßgebenden Sätze II), hat er keine
Bedeutung.
148 Vgl. 137-140. In der Rede, aus der das Zitat stammt, greift
Cicero seinen Erzfeind Clodius massiv an, indem er ihn als
Epikureer diskriminiert, der sich einem Leben der hem-
mungslosen Lust bzw. einem bis an den Rand mit Vergnügun-
gen angefüllten Dasein hingegeben habe und nur seinen eige-
nen Vorteil verfolge. Cicero konfrontiert diesen (angeblichen)
Epikureismus mit der Lehre der Stoa; er instrumentalisiert
in der Rede Pro Sestio eine negative oder eine entartete Form
des Epikureismus, um Clodius zu verunglimpfen. Leider hat
32б ANHANG

diese Interpretation des Epikureismus das Bild von Epikur in


der Folgezeit nachhaltig getrübt.
149 Der Satz veranschaulicht, dass Epikur im Gegensatz zu den
Stoikern keinesfalls weltfremd ist. Dass es Ungerechtigkeit
gibt, lässt sich nicht leugnen, aber der Weise kann sie ertragen.
150 Vgl. die Fragmente 132-134: Epikurs Hochschätzung der
Freundschaft.
151 Das gilt für die Untersuchungen, die dazu beitragen, dass
Furcht und Unruhe beseitigt werden. Es trifft aber auch auf
Leukipps und Demokrits Atomlehre und auf das epikureische
Lehrgedicht De rerum natura des Römers Lukrez zu.
152 Dass der Epikureer seine Sklaven nicht schlägt, hat vermut-
hch mehrere Gründe: Die strafwürdige Tat des Sklaven ist
geschehen und lässt sich durch Bestrafung nicht rückgängig
machen; eine Bestrafung würde auch den geschädigten Herrn
in unnötige Aufregung versetzen. Mitleid ist zwar auch ein
Affekt, aber in diesem Falle das »geringere Übel«. Vergebung
der Verfehlung würde zudem einen Lustgewinn bedeuten,
weil sie Dankbarkeit auslösen könnte. Vgl. Fragment 135.
153 bis 155 Diese Aussagen stehen in einem krassen Gegensatz
zu Epikurs Gleichsetzung von Lust und Schmerzlosigkeit.
Sie entsprechen eher der stoischen Einstellung gegenüber
dem physischen Schmerz. Eine Erklärung dafür könnte darin
gesehen werden, dass der Epikureer gerade dem größten
Schmerz eine nur kurze Dauer einräumt, da er mit dem Tod
aufgehoben wird. Vgl. die Maßgehenden Sätze IV. Die Parado-
xic des lustvollen Schmerzes (bes. Fragment 155) ist für den
Epikureer nur in Erwartung des schnellen Todes und der voll-
ständigen Schmerzlosigkeit erträglich.
156 Dass Schmerzlosigkeit (= Lust) auf maximaler Bedürfnislosig-
keit beruht, ist ein Kerngedanke der epikureischen Lebens-
auffassung. Die Annäherung an die Glückseligkeit der Götter
durch extreme Bedürfnisbeschränkung ist wahrer Epikureis-
mus.
157 Ciceros brillante Formulierung trifft die epikureische Position
auf den Punkt. Die autárkeia des Weisen ist durch maximale
Bedürfnisreduzierung erreichbar. Das Lustvolle überwiegt auf
diese Weise gegenüber dem Schmerzhaften.
ANMERKUNGEN 327

Brief an Herodot

Das große Werk über die Natur ist nicht erhalten; aber der Brief
an Herodot bietet einen Auszug aus dem gesamten System der
epikureischen Lehre von der Natur (physiologia). Der Auszug soll
dem Leser die Hauptpunkte der epikureischen Naturlehre vor
Augen führen. - Der Zweck einer Beschäftigung mit »Naturphi-
losophie« ist die »innere Ruhe« (37).
Im Mittelpunkt der epikureischen »Lehre von der Natur«
steht folgende Annahme: In einem »leeren Raum« bewegen sich
»kleinste, unteilbare Teilchen«, die Atome (39). Diese Annahme
geht von der Tatsache aus, dass sich in der sinnlich wahrnehmbaren
Welt Körper bewegen. Aus dieser Beobachtung kann man schlie-
ßen, dass entsprechende Vorgänge vor oder hinter den sichtbaren
Erscheinungen ablaufen. Denn was man nicht mit den Sinnen
wahrnimmt, kann man aus dem Wahrnehmbaren durch vernünfti-
ges Denken erschließen (39-40). Die Elemente der sichtbaren Welt
sind kleinste unteilbare körperliche Naturen (41). Das »Ganze«
oder das »All« ist unbegrenzt, hat weder Anfang noch Ende und ist
einzigartig. Die ewig existierenden unvergänglichen Atome (43)
sind in dauernder Bewegung und können sich durch Zufall mit-
einander verbinden. - Die Zahl der Welten ist grenzenlos (45). -
Sinnliche Wahrnehmung erfolgt durch »Abflüsse« aus sichtbaren
Gegenständen, die als »Bilder« wahrgenommen werden (47). Die
Entstehung der »Bilder« ist eine »Strömung«, die von der Oberflä-
che der К0фег in unsere Sinnesorgane »fließt« (48-49).
»Täuschung« und »Irrtum« entstehen durch ein »Hinzuden-
ken« von Vorstellungen, die noch nicht (wissenschaftlich) bestä-
tigt sind oder gar nicht bestätigt werden. Mit anderen Worten:
Jede nicht verifizierte Hypothese ist »Täuschung« oder »Irrtum«
(50). - Sinneswahrnehmung ist als materieller Reiz der entspre-
chenden Sinnesorgane möglich: Von den Gegenständen strömen
den Sinnesorganen kleinste Materieteilchen zu (52-53). - Die
Atome haben nicht die Eigenschaften der sichtbaren Dinge und
verändern sich nicht. Sie bleiben als »Bausteine« immer wieder
neuer Verbindungen sich selbst gleich (54).
Im Folgenden werden weitere Eigenschaften der »Atome« be-
schrieben: Sie haben eine weitgehend einheitliche Größe, sind
328 ANHANG

aber hinsichtlich ihrer Zahl unbegrenzt. Sie bewegen sich dauernd


in gleich schneller Geschwindigkeit durch den leeren Raum
(55-62). Auch die Seele ist ein aus feinsten Atomen zusammenge-
setzter Körper (6}-68); sie benötigt den sichtbaren Leib, um ihre
Funktionen (u. a. Wahrnehmung) zu erfüllen. Mit der Auflösung
des Leibes »zerstreut sich« die Seele und verliert auch ihre Wahr-
nehmungsfähigkeit. - Die Eigenschaften des Leibes (z. B. Größe,
Gewicht) existieren nicht unabhängig von diesem, sondern nur in
Verbindung mit seiner Ganzheit (69-71). - »Zeit« hat keine ei-
genständige physikaUsch-reale Existenz, sondern nur den Status
einer besonderen Eigenschaft (eines Akzidenz) von Bewegung
und Ruhe (72-73). - Alles, was existiert, wurde nicht durch ein
göttliches Wesen geschaffen, da ein göttlicher Schöpfungsakt mit
der Glückseligkeit der Götter unvereinbar wäre (76-77). - Die
wissenschaftliche Erforschung der Natur (physiologia) ist eine Vor-
aussetzung für die Verwirklichung der Glückseligkeit (78-82), die
nur in völliger innerer Ruhe {galenismós) bestehen kann (83).

Brief an Pythokles

Der Brief an einen Schüler oder Anhänger des Autors ist eine
Sammlung von im Einzelfall mehreren möglichen Erklärungen für
jeweils gleiche Phänomene. Er dient dem Nachweis, dass sich alle
Naturerscheinungen, die die Furcht vor den Göttern hervorrufen,
auf natüriiche Weise erklären lassen (vgl. auch Lukrez, De rerum
natura, Buch 6). Behandelt werden u. a. die Bewegung der Him-
melskörper, die Mondphasen, Finsternisse, Gewitter, Erdbeben,
Krankheiten. Wenn auch nicht im Einzelnen nachweisbar, so sind
doch die Naturphilosophen von Thaies an, die nach den Ursachen
von Naturerscheinungen fragten, als Vorläufer des Epikur anzu-
sehen. Auch sie hatten bereits die Absicht, mit ihren Forschungs-
ergebnissen die Menschen von abergläubischer Furcht zu be-
freien. - Anders als die Briefe anderer Philosophen, wie z. B. die
Briefe Piatons, sprechen Epikurs Briefe »wirklich zu den Einzel-
nen, beraten, trösten, loben, erinnern den Freund in der Bedräng-
nis an vergangene Freude oder warnen ihn vor der Überschätzung
äußeren Erfolges. Von allem, was Epikur geschrieben hat, haben
ANMERKUNGEN 329

ohne Zweifel die Briefe am stärksten gewirkt. In ihnen ist er


Seelenarzt gewesen wie kein anderer Philosoph der Antike«
(Gigon, 16). - Der Zweck, den Epikur mit seiner Philosophie ver-
folgt, ist die Befreiung des Menschen von der Angst. Die Philoso-
phie erzeugt aber nicht nur die Ruhe der Seele; sie ist auch eine
Daseinsform der beruhigten Seele. Insofern entspricht Epikurs
Philosophie-Begriff dem platonisch-aristotelischen Ideal des bios
theoretikós (des »betrachtenden, kontemplativen Lebens«). Aber
im Rahmen seiner Naturerklärung distanziert sich Epikur von be-
stimmten naturwissenschaftlichen Lehren (z. B. von der mathe-
matischen Astronomie). Auch in dem vorliegenden Brief erweist
er sich als »ein unbedingter Feind der Mathematik und aller ma-
thematischen Wissenschaften, die er als vollkommen unnütz und
illusorisch abtut« (Gigon, 41).
In dem Brief an Pythokles wird besonders anschaulich, dass für
Epikur alle Erkenntnis (sinnliche) Wahrnehmung ist und alle
naturwissenschaftlichen Fragen sich auf vielfältige Weise erklären
lassen, ohne dass diese Erklärungen in einen Widerspruch zum
Augenschein treten. Sichtbare Erscheinungen in unserem Erfah-
rungsbereich liefern Hinweise auf die Erklärung der Himmels-
erscheinungen. Keine Erklärung darf im Widerspruch zu den Vor-
gängen in unserem Erfahrungsbereich stehen. Denn auf diese
Weise wird verhindert, dass mythische Erklärungen herangezogen
werden (81-88).
Wenn Epikur darauf besteht, die Himmelserscheinungen als
Vorgänge zu beschreiben, die den Erscheinungen in unserer Er-
fahrungswelt analog sind, will er auch auf die Beschränktheit der
menschlichen Beschreibungs- und Erklärungsmöglichkeiten hin-
weisen. Wir können die Welt eben nur mit den uns verfügbaren
Erklärungsmustern verstehen. Auch wenn der menschliche Geist
auf Ursachenforschung hin angelegt ist, wird er immer wieder mit
Wirkungen konfrontiert, deren Ursachen er nicht ergründen
kann. Deshalb berücksichtigt der Philosoph das Prinzip der Er-
klärungsvielfalt. Auf diese Weise (z. B. 95) vermeidet er die Gefahr
dogmatischer Enge und Einseitigkeit, die im Widerspruch zur
Realität steht und die Seelenruhe gefährdet (96). Der Autor wie-
derholt seinen Appell zur Annahme einer Ursachenvielfalt und
zur Erklärung des Unsichtbaren mit Hilfe der sichtbaren Erschei-
330 ANHANG

nungen (z. B. 104) in dichter Folge. Man möchte zweifeln, ob Epi-


kur wirklich der Urheber dieser Redundanz ist.

Brief an Menoikeus

Zum Hinweis auf die Notwendigkeit der Philosophie (122) vgl. die
Vatikanische Spruchsammlung 27, 41 und 54. Zur Lehre von den
Göttern (123-124) siehe auch Fragment 46 (Cicero, De natura
deorum i, 43-56 und die Maßgebenden Sätze I). Die Lehre vom
Tod (124-127) ist in den Maßgehenden Sätzen II auf den Punkt
gebracht: Der Tod geht uns nichts an. - Die Auffassung von den
natürlichen und den sinnlosen Begierden findet sich auch in den
Maßgebenden Sätzen III, VIII, XXV, XXVI, XXIX und X X X . -
Das Verhältnis zwischen Lust und Schmerz (129-130) wird in
den Maßgebenden Sätzen IV, VIII, XVIII und XXI reflektiert,
die Selbstgenügsamkeit (autdrkeia) in XV, X X und XXI. - Die
Verknüpfung von Tugend und Lust (132), der Kerngedanke der
epikureischen Ethik, wird auch in den Maßgebenden Sätzen V und
XVII thematisiert. - Das Lob des Weisen (133) zieht die Summe
des epikureischen Philosophierens. - Die Distanzierung von my-
thologischen Welterklärungsmustern (134-135) ist der rote Faden,
der die epikureische Philosophie durchzieht.

Maßgebende Sätze · Kyriai doxai

Die Sammlung von vierzig aus sich selbst verständlichen und zum
Nachdenken anregenden Kernsätzen der epikureischen Philoso-
phie wurde wahrscheinlich erst nach dem Tode Epikurs von sei-
nen Schülern zusammengestellt. Es handelt sich um Regeb
zur Gestaltung eines von Furcht, Begierde und Schmerz befreiten
Lebens. Die Texte sind den anderen Werken des Autors entnom-
men. Die Adressaten waren weniger die Anhänger Epikurs, die in
der Abgeschiedenheit des »Gartens« seine Lebensregeln befolgen
konnten, als vielmehr die Menschen, die im Alltag nur wenig
Zeit zum Philosophieren hatten, aber Lebenshilfe suchten. Auch
in den Maßgebenden Sätzen versteht Epikur die Philosophie als ein
ANMERKUNGEN 3}I

Mittel zur Heilung der kranken Seele von den Affekten und Lei-
denschaften. - Die Maßgebenden Sätze spielten bis weit in die
christliche Zeit in epikureischen Kreisen eine bedeutende Rolle.

Vatikanische Spruchsammlung · Gnomologium Vaticanum

Die »Epikureische Sentenzensammlung aus der Vatikanischen


Bibliothek«, eine Sammlung von 91 epikureischen Sprüchen zur
Ethik und Lebensführung in aphoristischer Form, die als Vatica-
nae Sententiae zitiert werden, befindet sich in einer erst im Jahre
1888 wiederentdeckten Handschrift aus dem 14. Jahrhundert
[Codex Vaticanus Graecus 1950). - Auch in dieser Sammlung wird
die Behandlung und Heilung der Seele als Aufgabe der Philo-
sophie definiert. Die Sprüche, die vielleicht von Angehörigen
der epikureischen Schule zusammengestellt wurden, sollten diese
Aufgabe erfüllen helfen. Der Inhalt der Sprüche sollte stets gegen-
wärtig sein, wenn es galt, schwierige Situationen zu bewältigen.
»Die Formulierung solcher Sätze, die prägnant, leicht zu merken
und auswendig zu lernen waren, gehört wesenhaft zur philoso-
phischen Therapie Epikurs« (Gigon, 15). Anders als die großen
philosophischen Werke wandten sich die Sprüche an Menschen,
die keine Muße hatten, sich ganz der Philosophie zu widmen. Vgl.
die Maßgebenden Sätze. Außerdem sollten sie das Wesentliche der
epikureischen Lehre in knappem Überblick vor Augen führen und
im philosophischen Gespräch die Vergegenwärtigung bereits ge-
wonnener und der Diskussion nicht mehr ausgesetzter Erkennt-
nisse erleichtern.
LITERATURHINWEISE

Textausgaben, Kommentare und Übersetzungen

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Ricard, M.: Glück, München 2007.
ZUM TEXT

Die Auswahl und Übersetzung von Olof Gigon (Arte-


mis), auf der auch die vorliegende Auswahl beruht, und
die zweisprachige Ausgabe von Hans-Wolfgang Krautz
(Reclam) wurden bei der Anfertigung der Übersetzung an
einigen Stellen zum Vergleich herangezogen.

Textgrundlage für die Briefe aus dem Werk des Diogenes


Laertius, für die Kyriai Doxai und für das Gnomologium
Vaticanum ist die Ausgabe von Graziano Arrighettti,
Turin ^1973. Für die Fragmente wurden die Ausgaben von
Hermann Usener, Leipzig 1887, und Arrighetti benutzt.

Bei den durch S p e r r u n g hervorgehobenen griechischen


oder lateinischen Wörtern und Abschnitten ist anzuneh-
men, dass sie dem Wortlaut des Originaltextes (in Form
von Zitaten) bsonders nahekommen.

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