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Reader Rhetorik

Das Dokument behandelt die rhetorischen Stilmittel der NS-Propaganda und antike Rhetorik. Es werden verschiedene Redegattungen der Antike erläutert und Beispiele für Reden aus der Politik diskutiert. Dabei werden auch Arbeitsaufträge zu Analyse und Bewertung gestellt.

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Das Dokument behandelt die rhetorischen Stilmittel der NS-Propaganda und antike Rhetorik. Es werden verschiedene Redegattungen der Antike erläutert und Beispiele für Reden aus der Politik diskutiert. Dabei werden auch Arbeitsaufträge zu Analyse und Bewertung gestellt.

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Mue

Reader zur Unterrichtseinheit:


„Politische Rhetorik“:
Rhetorik des Nationalsozialismus


Abb. aus: http://de.wikipedia.org/wiki/NS-Propaganda. Letzter Zugriff: 28.12.2019.


Mue
M 1: Theoretische Grundlagen der antiken Rhetorik
Fachbegriffe zur antiken Rhetorik
1 Rhetorik, die Kunst der Rede, war bereits in der Antike von großer Bedeutung.
Aus dieser Zeit stammen auch detaillierte Anleitungen zum Erlernen der Rhetorik, die zu den so
genannten „Sieben Freien Künsten“ (septem arten liberales) gehörte und an den Schulen, Uni-
versitäten gelehrt wurde. Maßgebliche Bedeutung erlangten bis weit in das 19. Jahrhundert hin-
5 ein insbesondere die Vorschriften der römischen Redner Cicero (106-43 v. Chr.) und Quintilian
(35-100 n. Chr.). Insgesamt war die Redekunst einer strengen Einteilung nach Gattungen sowie
genauen Vorschriften bezüglich des Aufbaus unterworfen, die zusammenfassend als „Pflichten
des Redners“ (officia oratoris) bezeichnet werden.
Aristoteles (384-322 v. Chr.) unterteilt die Redegattungen nach der Haltung, die das Publikum
10 der Rede gegenüber einnimmt. Verhält es sich genießend, so liegt eine Festrede (genos epain-
nos/genus demonstrativum) vor. Wird das Publikum aufgefordert, über eine vergangene Hand-
lung zu urteilen, handelt es sich um eine Gerichtsrede (genos dikanikon/genus iudicale). Bezieht
sich die Entscheidung des Zuhörers auf ein zukünftiges Geschehen, liegt eine politische Rede
(genos symbouleutikon/genus deliberativum) vor.

Arbeitsaufträge:

1. Erstellen Sie ein Baumdia-


gramm, das die Rhetorik in
die antiken Redegattungen mit
den ihnen eigenen Differen-
zierungen aufgliedert! Be-
rücksichtigen Sie dazu die o.
g. „Fachbegriffe zur antiken
Rhetorik“ und die Definition
in TTS, S. 535!

2. Erschließen Sie aus dem Ge-


spräch zwischen Sokrates und
Gorgias Licht- und Schatten-
seiten der Redekunst! Bezie-
hen Sie dazu Stellung!

3. Benennen Sie gesellschaftli-


che Bereiche, in denen rheto-
risches Geschick auch heute
noch als unverzichtbar er-
scheint!
Texte aus: Möller, Jürgen: Unterrichtsmodell Rhetorik. Braunschweig – Paderborn – Darmstadt 2005, S. 7, 25.

2
Mue
M 2: Platon: Apologie des Sokrates (ca. 399 v. Chr.)

Arbeitsaufträge:
1. Fassen Sie die Rede in Kernthesen zusammen!
2. Stellen Sie das Beziehungsgefüge zwischen Anklägern, dem Angeklagten und den Richtern gra-
fisch dar! Belegen Sie Ihre Einschätzung an geeigneten Textstellen!
3. Beurteilen Sie Sokrates’ Haltung zum Verhältnis von Rhetorik und Wahrheit! Bedenken Sie hier-
bei auch die Erwartungshaltung seiner Ankläger!

3
Mue
M 3: Ministerpräsident Edmund Stoiber zum Transrapid (2002)
1 Wenn Sie vom Hauptbahnhof in München mit zehn Minuten, ohne dass Sie am Flughafen noch ein-
checken müssen, dann starten Sie im Grunde genommen am Flughafen, am … am Hauptbahnhof in
München starten Sie ihren Flug. Zehn Minuten!

5 Schauen Sie sich mal die großen Flughäfen an, wenn Sie in Heathrow in London oder sonst wo,
meines Charles de Gaulle in äh Frankreich oder in äh in äh in Rom, wenn Sie sich mal die Entfer-
nungen ansehen, wenn Sie Frankfurt sich ansehen, dann werden Sie feststellen, dass zehn Minuten
Sie jederzeit locker in Frankfurt brauchen, um ihr Gate zu finden.

10 Wenn Sie vom Flug äh vom Hauptbahnhof starten, Sie steigen in den Hauptbahnhof ein, Sie fahren
mit dem Transrapid in zehn Minuten an den Flughafen, in an den Flughafen Franz-Josef Strauß,
dann starten Sie praktisch hier am Hauptbahnhof in München.
Das bedeutet natürlich, dass der Hauptbahnhof im Grunde genommen näher an Bayern ,an die bay-
erischen Städte heranwächst, weil das ja klar ist, weil aus dem Hauptbahnhof viele Linien aus Bay-
15 ern zusammenlaufen.

M 4: Die vier Seiten einer Botschaft

Aus: HOHENADL, Chris-


ta: Arbeitsblätter Kom-
munikationstraining:
richtig hören, verstehen,
reden. 20 Arbeitsblätter
mit didaktisch-
methodischen Kommen-
taren. Sekundarstufe II.
Stuttgart – Düsseldorf –
Leipzig S. 35.

Arbeitsaufträge:
Anhand der Stegreifrede Stoibers (M 3) möchte ein Team von Imageberatern eine kritische Ausgangsbasis sowie konkrete
Verbesserungsvorschläge für den Ministerpräsidenten erarbeiten. Das Kommunikationsmodell Schulz von Thuns (M 4) dient
als Analyseraster.
1. Analysieren Sie die vier Seiten der vermittelten Botschaft und halten Sie die Arbeitsergebnisse stichwortartig auf dem Ar-
beitsblatt M 5 fest!
2. Notieren Sie auf dem Arbeitsblatt schlagwortartig Verbesserungsvorschläge für den Ministerpräsidenten!
- Gruppen 1-2: a) Sachinhalt und b) Appell - Gruppen 3-4: c) Selbstoffenbarung und d) Beziehung

4
Mue
M 5: Arbeitsergebnisse: Stoiber-Rede
Sachinhalt
 Befunde - Verbesserungsvorschläge 

Selbstoffenbarung Appell
 Befunde - Verbesserungsvorschläge   Befunde - Verbesserungsvorschläge

Botschaft

Botschaft

Beziehung
 Befunde - Verbesserungsvorschläge 

5
Mue
M 6: Loriot: Die Nudelkrise (1971)
1 Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Die deutsche Nudel (Beifall) ... die deutsche Nudel ist in den Mittelpunkt des Weltinteresses gerückt,
seit die Bundesrepublik mehr Rohnudelmasse vernudelt als England und Frankreich zusammen. In
der bevorstehenden Ministerratssitzung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft muss sich die
5 qualitative Überlegenheit der deutschen Breitbandnudel erweisen, oder wir gehen einer Nudelkrise
unvorstellbaren Ausmaßes entgegen (Beifall). In diesem Zusammenhang bringe ich mein Bedauern
über eine Pressemeldung zum Ausdruck. Ich habe in meinem letzten Gespräch mit dem französi-
schen Staatspräsidenten nichts geäußert von einem breiten Angebot an unzureichenden Nudeln, son-
dern von einem unzureichenden Angebot an breiten Nudeln. Es ist beschämend, dass gerade die
10 linksintellektuelle studentische Jugend an der Nudelfrage völlig vorbeidiskutiert. Weiß man denn in
Kommunardenkreisen überhaupt, welche entscheidende Rolle die Krausbandnudel im politischen
Bewusstsein des deutschen Volkes spielt? Das linksintellektuelle Unbehagen an der stürmischen
Entwicklung der deutschen Teigwarenindustrie (Beifall) kann uns nicht hindern, in der Arbeit fortzu-
fahren, unbeirrt, nüchtern und nudelbewusst. In diesen Tagen wird sich entscheiden, ob die Koalition
15 an der Nudel zerbricht, oder ob sich neue gemeinsame Impulse an ihr entzünden. Ich kenne keine
linke und keine rechte Nudel - (Beifall) es gibt nur eine - deutsche - Nudel! (anhaltender Beifall).

M 7:
Die Pflichten des Redners (officia oratoris)
1. inventio: Auffindung des Stoffes und der Argumente
2. dispositio: Anordnung des Stoffes,
umfasst … confutatio: negative Beweisführung
Zurückweisung von Kritik

peroratio/conclusio:
Schluss, Schlussfolgerung
?
partitio:
Präzisierung des Sachverhalts
exordium: Einleitung/
Einführung ins Thema
narratio:
Erklärung des Sachverhalts

confirmatio: positive Beweisführung


Bekräftigung der eigenen Position argumentatio: Beweisführung

3. elocutio: Formulierung und Stil


4. memoria: Auswendiglernen
5. actio: Vortrag der Rede

Arbeitsaufträge:
1. Gliedern Sie die Rede Loriots (M 6) in sinnvolle Inhaltsabschnitte!
2. Ordnen Sie den Redeabschnitten die Redeteile (= schattierte Kästen) der antiken Redetheorie (M 7) in
der richtigen Reihenfolge zu!

6
Mue

M 8:
Adolf Hitler: Über das Wesen der Propaganda (1925/26)

1 Jede Propaganda hat volkstümlich zu sein und ihr geistiges Niveau einzustellen nach der Aufnahme-
fähigkeit des Beschränktesten unter denen, an die sie sich zu richten gedenkt. Damit wird ihre rein
geistige Höhe umso tiefer zu stellen sein, je größer die zu erfassende Masse der Menschen sein soll.
Je bescheidener dann ihr wissenschaftlicher Ballast ist und je mehr sie ausschließlich auf das Füh-
5 len der Masse Rücksicht nimmt, umso durchschlagender der Erfolg.
Dieser aber ist der beste Beweis für die Richtigkeit oder Unrichtigkeit einer Propaganda und nicht
die gelungene Befriedigung einiger Gelehrter oder ästhetischer Jünglinge. Gerade darin liegt die
Kunst der Propaganda, dass sie, die gefühlsmäßige Vorstellungswelt der großen Masse begreifend,
in psychologisch richtiger Form den Weg der Aufmerksamkeit und weiter zum Herzen der breiten
10 Masse findet. Dass dies von unseren Neunmalklugen nicht begriffen wird, beweist nur deren Denk-
faulheit oder Einbildung. Versteht man aber die Notwendigkeit der Einstellung der Werbekunst der
Propaganda auf die breite Masse, so ergibt sich weiter schon daraus folgende Lehre: Es ist falsch,
der Propaganda die Vielseitigkeit etwa des wissenschaftlichen Unterrichts geben zu wollen.
Die Aufnahmefähigkeit der großen Masse ist nur sehr beschränkt, das Verständnis klein, dafür je-
15 doch die Vergesslichkeit groß. Aus diesen Tatsachen heraus hat sich jede wirkungsvolle Propaganda
auf nur sehr wenige Punkte zu beschränken und diese schlagwortartig so lange zu vertreten, bis
auch bestimmt der Letzte unter einem solchen Worte das Gewollte sich vorzustellen vermag. Sowie
man diesen Grundsatz opfert und vielseitig werden will, wird man die Wirkung zum Zerflattern brin-
gen, da die Menge den gebotenen Stoff weder zu verdauen noch zu behalten vermag. Damit aber
20 wird das Ergebnis wieder abgeschwächt und endlich aufgehoben. (v. 1925/26)
Aus: Hitler, Adolf: Mein Kampf. München 1935, S. 351 f.

Arbeitsaufträge:
Hitler äußert sich in „Mein Kampf“ zur Konzeption der idealen „NS-Rede“.

1. Formulieren Sie thesenartige „Ratschläge“ Hitlers für den politischen Redner! Welche Aspekte der
Redekunst fallen gänzlich weg?
2. Über welche sprachlichen Mittel lassen sich Hitlers Vorstellungen von Rhetorik und Propaganda am
besten umsetzen? Ordnen Sie rhetorische Figuren (Blickfeld, Kopiervorlage), die in der Wahlkampf-
rede von 1932 häufig vorkommen, den in Aufgabe 1 formulierten Thesen zu und ergänzen Sie ein
Beispiel (mit Zeilenbeleg)!

7
Mue
M 9: Kundgebung der NSDAP in Göttingen mit einer Ansprache von Adolf Hitler
anlässlich der Reichstagswahl am 31. Juli 1932
1 […] Ich bin stolz darauf, dass sie alle, Zentrum und SPD, KPD,
Mittelpartei, Wirtschaftspartei, Bauernpartei, Handwerkerpartei,
Parteien der Mieter und der Hausbesitzer, Aufwertungspartei
usw. – ich bin stolz darauf, dass sie alle nur einen Feind kennen,
5 und das sind wir. (Jubel)
Und sie wissen, warum sie in uns den Feind sehen müssen. Die
Bewegung wird diese Parteizersplitterung in Deutschland wieder
beenden. Und sie muss sie beenden; oder glauben Sie, dass man
mit dem Deutschland der 30 Parteien jemals die Fragen
10 lösen wird können, die gebieterisch vor uns stehen und gelöst werden müssen. Ganz gleich, ob Sie
die Fragen der Wirtschaft oder der deutschen Kultur, ja selbst der deutschen Kunst nehmen, was
immer Sie angreifen, überall ist die Voraussetzung eine gemeinsame einheitliche Willensbildung,
und nie werden sie vor allem Deutschland nach außen hin als politischen Faktor neu erstehen
lassen.
15 Solange dieses deutsche Volk im Inneren seine ganze Kraft verbraucht und damit praktisch
vergibt, erst an dem Tage, an dem die Millionen Massen unserer Nation, Intellektuelle, Bauern
und Arbeiter einem politischen Glaubensbekenntnis huldigen, wird die Kraft der Nation die Fes-
sel sprengen, wie sie die Zerrissenheit erst angelegt hat. (Hoch!)
Und ich glaube, dass dieser 31. Juli ein solcher Tag ist, an dem eingeleitet werden kann diese
20 neue deutsche Volksgemeinschaft; ein Tag, der eine klare und eindeutige Entscheidung fordert.
Es ist in meinen Augen nicht möglich, dass an einer solchen historischen Wende der Einsame
einen halben Entschluss trifft. Ich bitte und ich bettle Sie um gar nichts. Nur um eines bitte ich
Sie: Werden Sie sich klar darüber, was durch diese Wahl entschieden werden soll! Wählen Sie
dann meinetwegen bolschewistisch; wenn Sie aber das nicht wollen, dann bitte bleiben Sie nicht
25 in der Mitte, sondern dann gehen Sie zur anderen Seite, und das sind wir! (Bravo!, Hoch!)
Treffen Sie auch einen mannbaren eindeutigen Entschluss, genauso wie wir ihn getroffen haben!
Es gehört für Sie heute nicht mehr Mut dazu, als es einst für uns etwa schwer war, eine Entschei-
dung zu treffen. Sie münden ein in einen Strom von 14 oder 15 Millionen, Deutschlands beste und
größte politische Organisation steht vor Ihnen. Wir haben einst mit sieben Mann begonnen, den
30 Kampf gegen eine ganze Welt von Feinden aufzunehmen. (Bravo!, Jubel)
Ein schwerer Entschluss und wir sind ihm treu geblieben durch alle Verfolgungen, durch Not und
Gefahr, bis in das Gefängnis und heraus. Bleiben Sie jetzt auch Ihrem Gewissen treu! Lösen Sie
sich einmal los von Ihren kleinen Empfindungen des Alltags, einmal los von den Interessen Ihres
Standes und Ihres Berufs, einmal los aus Ihren vielleicht so lieb gewordenen Traditionen! Verges-
35 sen Sie einmal alles das, was Sie bisher vielleicht gefesselt hat und erinnern Sie sich an das, was
war, heute ist und sein wird und sein muss, nämlich an Deutschland! Denken Sie einmal nicht als
Bürger, nicht als Bauer, nicht als Arbeiter, nicht als Angestellter und Beamter, nicht als Katholik
und nicht als Protestant! Einmal denken Sie als Deutscher und Sie wissen dann, was Sie zu tun
haben! (Jubel und Beifall)
Arbeitsaufträge:
Hitler entwirft ein negatives Bild der politischen und gesellschaftlichen Zustände in der Weimarer Repub-
lik und stellt diesen seine Zukunftsvisionen gegenüber (Gegensätze → Antithetik):
1. Gliedern Sie die Rede in Sinnabschnitte und fassen Sie jeden Abschnitt thesenhaft zusammen (M 10)! Beach-
ten Sie dabei die antithetische Ausgestaltung!
2. Kennzeichnen Sie Schlüsselwörter und klären Sie deren ideologischen Hintergrund, ggf. im Internet (M 10)!
3. M 11: Markieren Sie die auffälligsten rhetorische Mittel und Argumentationsstrategien und versuchen Sie
diese in auf- und abwertende Wirkungen zu gliedern (s. als Hintergrund Modell von Zimmermann, Anhang)!
4. M 11: Schätzen Sie anhand des Tonmitschnitts die Wirkungskraft des Redners Hitler ein (Stimme, Stimmfüh-
rung, Hintergrundgeräusche etc.)!

8
Mue
M 10: Arbeitsergebnisse: Hitler-Rede 1932

1. Sinnabschnitte
Weimarer Republik NS-Herrschaft
Z.
…-
….

Z.
…-
….

Z.
…-
….

Z.
…-
….

Höhepunkt: Z. ….

2. Schlüssel-/Schlagworte
Zitat Ideologischer Hintergrund des NS

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Mue
M 11: Rhetorische Mittel und Argumentationsstrategien im Kontext ihrer Wirkung
Rhetorische Mittel: Anrede, Antithetik, Akkumulation, Wiederholung, Anapher, Parallelismus, Correctio,
Klimax, Chiasmus, Metapher, Hyperbel, Symbol, Euphemismus etc.
Argumentationsstrategien: Analogieschluss, Verallgemeinern, Autoritäts-, Fakten-, Normatives -, Erfolgs-,
Mitleid-, Angst-, Populistisches -, Kompromiss, Schwarz-Weiß-Malerei, Retourkutsche, Dilemma-Technik,
Zwar-Aber-Technik, Verschweigen, Zirkelschluss, Ad-personam-Taktik, Vereinnahmungstaktik („Wir“)

Eigene Aufwertung

Abwertung des Gegners

10
Mue

M 12: Arbeitsblatt: Argumentationsstrategien

Argumentations- Definition Beispiel Wirkungsweise


strategie

Auf-/Abwertung
(Diffamierung)

Beschwichtigung

Analogieschluss

Verallgemeinern

Autoritätsargument

Faktenargument

Normatives Argu-
ment

Erfolgsargument

Mitleidsargument

Angstargument

Populistisches Ar-
gument

11
Mue
Kompromiss

Schwarz-Weiß-
Malerei

Retourkutsche

Dilemma-Technik

Zwar-Aber-
Technik

Verschweigen

Vereinnahmungs-
taktik

Zirkelschluss

Ad-personam-
Taktik

Arbeitsaufträge:
1. Erklären Sie unter Nutzung des Schulbuchs, des Internets oder eines Lexikons die oben angeführten
wichtigsten Argumentationsstrategien von (politischen) Rednern!
2. Ergänzen Sie ein Beispiel bei jeder Argumentationsstrategie!
3. Bewerten Sie die Wirkungsweise der jeweiligen Argumentationsstrategie!

12
Mue
M 13: Ansprache von Theodor Adrian von Renteln, Präsident des DIHT, auf einer
Tagung des Reichsstandes des deutschen Handels in Braunschweig
am 19. November 1933
Zum Zeitpunkt der Rede – zehn Monate nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler – waren politi-
sche und gesellschaftlichen Institutionen des Deutschen Reiches weitgehend „gleichgeschaltet“ und vom
braunen Gift durchdrungen.

1 Liebe Volksgenossen!
Wenn man den Dingen klar ins Auge schauen will, dann muss man erkennen, dass in den letzten 14
Jahren im deutschen Volk und insbesondere im deutschen Handel ein furchtbarer Schaden ange-
richtet worden ist. Nach dem Kriege ergossen sich die Heuschreckenschwärme der Ostjuden über
5 das deutsche Land. Sie trugen ihren zersetzenden Einfluss in die Kreise des deutschen Handels.
Aber keineswegs nur in den Handel trugen sie ihren raffenden Geist. Sie vergewaltigten auch die
deutsche Kultur, zersetzten die Literatur, nisteten sich im Theaterwesen ein, verunstalteten die Wis-
senschaft an den Hochschulen, verunglimpften die deutsche Kunst, machten sich die deutsche Pres-
se hörig, zerstörten das deutsche Rechtsleben und vernichteten unsere Ehrauffassung, vergifteten
10 den Geist der deutschen Wirtschaft, schufen das Glücksrittertum in der Industrie, beuteten den Bau-
ern und Arbeiter aus und würdigten den deutschen Handel herab. Auf allen Lebensgebieten des
deutschen Volkes zerschlugen sie überall die Sitte und das deutsche Wissen durch ihren raffenden,
spekulationslüsternden Geist der Verantwortungslosigkeit.
Kann man darum es gebe keine deutsche Kunst, es lebte keine deutsche Wissenschaft, es wäre kein
15 deutsches Ehrgefühl vorhanden, es gebe keine pflichtbewusste deutsche Wirtschaft oder keinen ehr-
lichen und redlich schaffenden deutschen Handel? Nein, das kann kein Mensch der Welt behaupten.
Wie es Kunst und Wissenschaft und ein Rechtsleben im deutschen Volke gibt, die auf eine lange
Entwicklung, zurückblicken, so gibt es einen deutschen Handel, der auf einer Jahrtausenden alten
stolzen Tradition aufgebaut ist, der eng verbunden ist mit der stolzen deutschen Geschichte und in
20 dessen urdeutschem Wesen die höchsten Tugenden des deutschen Volkes eine Heimstätte haben:
Ehrgefühl, Wagemut, Opferbereitschaft, Rechtlichkeit und deutsche Sitte.

Arbeitsaufträge:
1. Tauschen Sie sich über Ihre Eindrücke zum Gehörten aus und notieren Sie diese stichwortartig!
2. Halten Sie stichwortartig mindestens drei verwendete sprachliche Mittel bzw. rhetorische Figuren –
unter Hinzufügung eines Beispiels (mit Zeilenbeleg) – fest, die
Gruppen 1-2: der Aufwertung der eigenen Position,
Gruppen 3-4: der Abwertung der Gegner dienen!

3. Formulieren Sie ein abschließendes Redeziel des Autors!

13
Mue
M 14: Lingua Tertii Imperii
Im Vorfeld des Zweiten Weltkrieges und besonders im Krieg selbst unternahm das nationalsozialistische Regime in
Deutschland viele Anstrengungen, um die Macht zu sichern. Dazu gehörten Sprachlenkungsmaßnahmen des
Reichspropagandaministeriums. In „Tagesparolen des Reichspressechefs“ wurde Redakteurinnen und Redakteuren
in Presse und Rundfunk mitgeteilt, welche Sprachgebung erwünscht und welche untersagt war.

M 15: Presseparolen des Reichspropagandaministeriums


D/N 26. 6.1933. Die deutsche Presse berichtet in der letzten
Zeit über die verschiedensten Veranstaltungen, an denen Mit-
glieder der Reichsregierung oder führende Persönlichkeiten
der NSDAP oder nationaler Verbände teilnehmen, in Ausdrü-
cken, die in einer vergangenen Zeit angebracht waren, die aber
in keiner Weise in den heutigen Staat hineinpassen. Es ist
durchaus nicht angebracht, dauernd von „Spitzen der Gesell-
schaft“, Persönlichkeiten der ersten Kreise usw. zu sprechen.
Diese reaktionäre Art der Berichterstattung muss im deutschen
Volk den Eindruck erwecken, als ob wieder eine Klassen- oder
Kastenschichtung sich vollzöge, was sowohl objektiv wie sub-
jektiv unrichtig ist.
Die deutsche Presse wird deshalb in ihrer Gesamtheit auf das Nachdrücklichste ersucht, künftighin ihre Berichte
genau durchzuprüfen, ob sie nicht etwa zu Beanstandungen der oben erwähnten Art Anlass geben könnten.
Die Frage der Uniform des Arbeitsdienstes ist noch nicht entschieden. Erörterungen darüber sind nicht erwünscht.
Das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda hatte gebeten, das Wort „Katastrophe“ aus dem ge-
samten Sprachgebrauch auszumerzen und an Stelle des Wortes „Katastropheneinsatz“ das Wort „Soforthilfe“ zu
verwenden. Es hat nunmehr vorgeschlagen, an Stelle des Wortes „Katastrophe“ künftig die Bezeichnung „Groß-
notstände“ und an Stelle von „Katastropheneinsatz“ die Bezeichnung „Luftkriegseinsatz“ zu wählen, die geeigne-
ter erscheine als das Wort „Soforthilfe“, das schon anderweitig verwendet werde. Es wird daher bestimmt: Das
Wort „Katastrophe“ wird durch die Bezeichnung „Großnotstände“, das Wort „Katastropheneinsatz“ durch „Luft-
kriegseinsatz“ ersetzt.
O.K.W., 16. 3. 44 - 1600/44 - AWA/W Allg. (lIc).
Bekannt gegeben. Um Beachtung wird ersucht.
-13 n 16-Truppen-Abt. (Id).

Weitere Beispiele:
20. 2.1934 Es wird gebeten, überall das Wort „Volkstrauertag“ zu ersetzen durch das Wort „Heldengedenktag“.
22. 8. 1936 Auf Anordnung des Führers soll in Zukunft nicht mehr von den „Gefallenen“ der Bewegung, sondern immer
nur von den „Ermordeten“ der Bewegung gesprochen werden. [...]
28.7. 1937 Es wird gebeten, das Wort „Propaganda“ nicht mehr missbräuchlich zu verwenden. Propaganda ist im Sin-
ne des neuen Staates gewissermaßen ein gesetzlich geschützter Begriff und soll nicht für abfällige Dinge
Verwendung finden ... kurzum - Propaganda nur dann, wenn für uns, Hetze, wenn gegen uns.
13. 12. 1937 Es ergeht die dringende Anweisung, dass ab heute das Wort „Völkerbund“ nicht mehr von der deutschen
Presse verwendet wird. Dieses Wort existiert nicht mehr.
14. 1. 1939 An die deutsche Presse ergeht die strenge Anweisung, in Zukunft A. Hitler nicht mehr als „Führer und
Reichskanzler“ zu bezeichnen, sondern nur noch als Führer.
1. 9. 1939 In allen Meldungen, Kommentaren usw. muss das Wort Krieg vermieden werden. Deutschland schlägt einen
polnischen Angriff zurück. Das ist die Devise.
11. 9. 1939 Das Wort „tapfer“ soll nur auf deutsche Soldaten Anwendung finden.
16. 11. 1939 Das Wort „Friede“ muss viel mehr als bisher aus der deutschen Presse zurückgedrängt werden.
6. 10. 1941 Es soll nicht mehr von sowjetischen oder von sowjetrussischen Soldaten gesprochen werden, sondern höchs-
tens von „Sowjetarmisten“ oder schlechthin von Bolschewisten, Bestien oder Tieren.
16. 3. 1942 Der Ausdruck „vaterländisch“ ist auch im positiv gemeinten Sinne nicht mehr zu verwenden.

Arbeitsauftrag:
Erklären Sie den jeweils erzwungenen Sprachwandel aus seinem historischen Kontext und der Interessen-
lage des nationalsozialistischen Regimes heraus!

14
Mue
M 16: Victor Klemperer: LTI. Notizbuch eines Philologen (Auszug)
1 Ich beobachtete immer genauer, wie die Arbeiter in der Fabrik redeten und wie die Gestapobestien
sprachen und wie man sich bei uns im Zoologischen Garten der Judenkäfige ausdrückte. Es waren
kein großen Unterschiede zu merken; nein, eigentlich überhaupt keine. Fraglos waren alle, Anhä-
nger und Gegner, Nutznießer und Opfer von denselben Vorbildern geleitet.
5 Ich suchte dieser Vorbilder habhaft zu werden, und das war in gewisser Hinsicht über alle Maßen
einfach, denn alles, was in Deutschland gedruckt und geredet wurde, war ja durchaus parteiamtlich
genormt; was irgendwie von der einen zugelassenen Form abwich, drang nicht an die Öffentlichkeit;
Buch und Zeitung und Behördenzuschrift und Formulare einer Dienststelle – alles schwamm in der-
selben braunen Soße, und aus dieser absoluten Einheitlichkeit der Schriftsprache erklärte sich denn
10 auch die Gleichheit aller Redeform. [...]
Was war das stärkste Propagandamittel der Hitlerei? Waren es Hitlers und Goebbels’ Einzelreden,
ihre Ausführungen zu dem und jenem Gegenstand, ihre Hetze gegen das Judentum, gegen den Bol-
schewismus? Fraglos nicht, denn vieles blieb von der Masse unverstanden oder langweilte sie in
seinen ewigen Wiederholungen. Wie oft in Gasthäusern, als ich noch sternlos ein Gasthaus betreten
15 durfte, wie oft später in der Fabrik während der Luftwache, wo die Arier ihr Zimmer für sich hatten
und die Juden ihr Zimmer für sich, und im arischen Raum befand sich das Radio (und die Heizung
und das Essen) – wie oft habe ich die Spielkarten auf den Tisch klatschen und laute Gespräche über
Fleisch- und Tabakrationen und über das Kino führen hören, während der Führer oder einer seiner
Paladine langatmig sprachen, und nachher hieß es in den Zeitungen, das ganze Volk habe ihnen
20 gelauscht.
Nein, die stärkste Wirkung wurde nicht durch Einzelreden ausgeübt, auch nicht durch Artikel oder
Flugblätter, durch Plakate oder Fahnen, sie wurde durch nichts erzielt, was man mit bewusstem
Denken oder bewusstem Fühlen in sich aufnehmen musste. Sondern der Nazismus glitt in Fleisch
und Blut der Menge über durch die Einzelworte, die Redewendungen, die Satzformen, die er ihr in
25 millionenfachen Wiederholungen aufzwang, und die mechanisch und unbewusst übernommen wur-
den. Man pflegt das Schiller-Distichon von der „gebildeten Sprache, die für dich dichtet und denkt“,
rein ästhetisch und sozusagen harmlos aufzufassen. Ein gelungener Vers in einer „gebildeten
Sprach“ beweist noch nichts für die dichterische Kraft seines Finders; es ist nicht allzu schwer, sich
in einer hochkultivierten Sprache das Air eines Dichters und Denkers zu geben.
30 Aber Sprache dichtet und denkt nicht nur für mich, sie lenkt auch mein Gefühl, sie steuert mein gan-
zes seelisches Wesen, je selbstverständlicher, je unbewusster ich mich ihr überlasse. Und wenn nun
die gebildete Sprache aus giftigen Elementen gebildet oder zur Träger von Giftstoffen gemacht wor-
den ist? Worte können sein wie winzige Arsendosen: Sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen
keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.
35 Wenn einer lange für heldisch und tugendhaft: fanatisch sagt, glaubt er schließlich wirklich, ein Fa-
natiker sei ein tugendhafter Held, und ohne Fanatismus könne man kein Held sein. Die Worte „fana-
tisch“ und „Fanatismus“ sind nicht vom „Dritten Reich“ erfunden, es hat sie nur in ihrem Wert
verändert und hat sie an einem Tage häufiger gebraucht als andere Zeiten in Jahren.
Das „Dritte Reich“ hat die wenigsten Worte seiner Sprache selbstschöpferisch geprägt, vielleicht,
40 wahrscheinlich sogar, überhaupt keines. Die nazistische Sprache weist in vielem auf das Ausland
zurück, übernimmt das meiste andere von vorhitlerischen Deutschen. Aber sie ändert Wortwerte und
Worthäufigkeiten, sie macht zum Allgemeingut, was früher einem Einzelnen oder einer winzigen
Gruppe gehörte, sie beschlagnahmt für die Partei, was früher Allgemeingut war, und in alledem
durchtränkt sie Worte und Wortgruppen und Satzformen mit ihrem Gift, macht sie die Sprache ihrem
45 fürchterlichen System dienstbar, gewinnt sie an der Sprache ihr stärkstes, ihr öffentlichstes und ge-
heimstes Werbemittel. (1946)
Aus: KLEMPERER, Victor: LTI. Notizbuch eines Philologen. Berlin 1947, S. 17 f., 20 ff.
Arbeitsaufträge:
1. Fassen Sie Klemperers Ausführungen thesenhaft zusammen!
2. Stellen Sie Bezüge zwischen Klemperers Beobachtungen des semantischen Wandels und Himmlers Rede her!

15
Mue
Zusammenstellung der wichtigsten rhetorischen Figuren für politische Reden
Ein wichtiges Instrumentarium für die Analyse von Reden bilden die rhetorischen Figuren. Hans-Dieter
Zimmermann unterscheidet als Redeziele Abwertung, Aufwertung und Beschwichtigung und ordnet diesen
Zielen die verschiedenen rhetorischen Figuren zu.

 Aufwertung:
 Günstige Seite hervorheben, ungünstige abschwächen oder verschweigen;
 positive Attribute für Wir-Gruppe;
 dynamisches Wortfeld für Wir-Gruppe;
 Koppelung mit positiven Werten (Freiheit, Gerechtigkeit, Demokratie etc.);
 aufgrund von zwei/drei konkreten Beispielen positive Verallgemeinerung;
 eigennützige Ziele als uneigennützig ausgeben („Gemeinwohl“);
 Übersteigerung eigener Verdienste: einziger Garant für Sicherheit und Freiheit;
 Fehler anderen zuschieben: anderer Gruppe oder den Umständen („unabwendbares Schicksal“);
 Einladung der Zuhörer zur Identifikation mit Wir-Gruppe; wer anderer Meinung ist, dem gegnerischen
Lager zuschlagen;
 unverfängliche Zeugen aufrufen.

 Abwertung:
 Ungünstige Seite hervorheben, günstige abschwächen oder verschweigen;
 Häufung negativer Attribute;
 Koppelung des Gegners mit negativen Werten (Unfreiheit, Unrecht, Tyrannei);
 aufgrund von zwei/drei konkreten Beispielen negative Verallgemeinerung;
 uneigennützige Ziele des Gegners als eigennützig ausgeben;
 Fehler des Gegners ins Maßlose vergrößern: „Untergang des Abendlandes“;
 Fehler dritter Gruppen dem Gegner zuschieben; Erfolge dem Gegner absprechen;
 Deformation gegnerischer Argumente: ins Absurde übersteigern;
 Verzerrung gegnerischer Zitate, um sie leichter widerlegen zu können;
 Gegner verrät eigene Grundsätze; Gegner ist von Geschichte längst widerlegt;
 gegnerische Forderungen halb anerkennen, doch: sie wurden längst von Wir-Gruppe erfüllt bzw. vor dem
Gegner von Wir-Gruppe aufgestellt;
 Diffamierung durch Assoziation;
 Neudefinition gegnerischer Schlagworte;
 Parzellierung des Gegners: Teil auf eigene Seite ziehen;
 innenpolitischen Gegner mit außenpolitischem Feind koppeln;
 unverfängliche Zeugen aufrufen.

 Beschwichtigung:
 Verständnis bekunden;
 auf Gemeinschaft hinweisen: „wir sind alle eine Familie“;
 als Vertreter einer Gruppe sich zum Sprecher einer anderen machen: Vermittlerrolle; alle Interessen als
berechtigt anerkennen, Widersprüche verschweigen: sowohl - als auch, weder - noch; für jeden etwas;
 auf „unabwendbares Schicksal“ hinweisen;
 allgemeine Weisheiten: „Irren ist menschlich“;
 Formulierungen, die für jede Interpretation offen sind;
 wenn eine Interessengruppe belastet wird: „alle müssen Lasten tragen“, „Dienst am Allgemeinwohl“;
 Tabuisierung von Problemen, sodass deren Erörterung unmöglich wird.

Die Zusammenstellung erfolgt nach: ZIMMERMANN, Hans-Dieter: Die politische Rede. Der Sprachgebrauch Bonner Politiker.
Stuttgart 1969, S. 160f.

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Mue

Analyse- zu Reden
Vorbereitend:
Vorwissen klären, Schlüsselbegriffe markieren/unklare Begriffe bzw. Sachverhalte klären, Randnotizen
Absatzgliederung: Zusammenfassung jedes Absatzes in einem Satz/Thesen
Beschreibung Analyse und Interpretation Kritik
(= Einleitung) (= Hauptteil) (= Schluss)
Schritt Aspekte Schritt Aspekte Sschritt Aspekte
Redesitua- - Ort Inhaltlicher - Gliederung der Rede in Abschnitte (Zeilenangaben) Zusammenfas- - Bewertung: Rednerintention
tion - Zeit Aufbau - Inhalt/Funktion der Abschnitte (antike Gliederung): sung und Umsetzung
(Kernsätze) - Evtl. Teil einer Debatte (Auflistung) Exordium (Einleitung), Narratio (Erklärung des Sachver- (komprimiert) - Ableitbare Konsequenzen in
- Thema (Relevanz, Aktualität) halts), Argumentation (Beweisführung), Perora- Teilbereichen der Politik
- Person des Redners mit Hintergrund tio/Conclusio (Schluss, Schlussfolgerung)
- Historischer Hintergrund - Evtl. enthaltene Antithetik
- Schlussfolgerungen
Redekons- - Zusammensetzung des Publikums Beschreibung - Argumentationsweise (These + Argument + Beispiel) Bewertung - Effizienz: überredender -
tellation (Anhänger/Gegner, soz./polit. homo- und Deutung- Argumentationsstrategien: Auf-/Abwertung (Diffamie- überzeugender Charakter
(kompri- gen/heterogen etc.) der rhetori- rung), Beschwichtigung, Analogieschluss, Verallgemei- - Parteilichkeit, Glaubwürdigkeit,
miert) - Übereinstimmungen bzw. Ableh- schen Gestal- nern, Autoritäts-, Fakten-, Normatives -, Erfolgs-, Mitleid-, Diffamierung, Verfälschung, Ver-
nungen zw. Redner und Publikum tung Angst-, Populistisches -, Kompromiss, Schwarz-Weiß- harmlosung etc.
(Zwischenrufe etc.) Malerei, Retourkutsche, Dilemma-Technik, Zwar-Aber- - Ideologiekritik: Veranschauli-
- Evtl. Ziel am Ende der Rede: Technik, Verschweigen, Zirkelschluss, Ad-personam- chung, Aufklärung, Propaganda,
konkrete Handlung (Abstimmung etc.) Taktik Wahrheitscharakter etc.
- Rückschlüsse auf Rednerintention - Pronomenstruktur: „Wir“, Vereinnahmungstaktik - Tatsächliche bekannte Folgen
- (Ideologische) Wortwahl: Hochwörter, Fahnenwörter der Rede (z. B. soziale Auswir-
- Rhetorische Mittel: Anrede, Antithetik, Akkumulation, kungen)
Wiederholung, Anapher, Parallelismus, Correctio, Klimax,
Chiasmus, Metapher, Hyperbel, Symbol, Euphemismus etc.
Kennzeichnung - Expressiv → Emotionalisierung (= Fest-
des Redetyps Trauerreden/Genus demonstrativum)
(Sprechakte) - Repräsentativ → Darstellung (= wiss. Vorträge etc.)
- Direktiv → Appell-/Aufforderungscharakter (= Gerichts-
rede/Genus iudicale; politische Rede/Genus deliberativum)
- Commissiv: Verprechen, Drohungen
- Satisfaktiv: loben, tadeln, ermahnen
- Deklarativ: Angebote machen

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