0% fanden dieses Dokument nützlich (0 Abstimmungen)
68 Ansichten4 Seiten

Sprachforschung Im Antiken Griechenland

Hochgeladen von

meren735
Copyright
© © All Rights Reserved
Wir nehmen die Rechte an Inhalten ernst. Wenn Sie vermuten, dass dies Ihr Inhalt ist, beanspruchen Sie ihn hier.
Verfügbare Formate
Als DOCX, PDF, TXT herunterladen oder online auf Scribd lesen
0% fanden dieses Dokument nützlich (0 Abstimmungen)
68 Ansichten4 Seiten

Sprachforschung Im Antiken Griechenland

Hochgeladen von

meren735
Copyright
© © All Rights Reserved
Wir nehmen die Rechte an Inhalten ernst. Wenn Sie vermuten, dass dies Ihr Inhalt ist, beanspruchen Sie ihn hier.
Verfügbare Formate
Als DOCX, PDF, TXT herunterladen oder online auf Scribd lesen
Sie sind auf Seite 1/ 4

Sprachforschung im antiken Griechenland

Die Sprachforschung der alten Griechen wies von Anfang an in verschiedene Richtungen. Vor allem
waren sie die ersten - und auf lange Zeit hinaus auch die einzigen - Sprachtheoretiker überhaupt.
Ihnen gebührt der Ruhm, sich als erste Europäer für die exakte Textforschung und die Normierung
der Sprache ihrer Kultur interessiert zu haben. Und nicht zuletzt verdanken wir ihnen als Begründern
der Prinzipien der klassischen europäischen Grammatik die Tra¬dition der grammatischen Forschung
in den nachfolgenden Jahrhunderten.

Ihre Bemühungen um die Ausarbeitung einer Sprachtheorie ergaben sich aus ihren philosophischen
Interessen. Um ihre philosophischen Auffassungen zu vervollständigen oder genauer zu begründen,
bemühten sie sich vor allem, den Ursprung der Sprache1 zu untersuchen, ferner die direkte
Beziehung von Lautstruktur und Bedeutung und die Möglichkeit einer Anwendung logischer
Prinzipien bei der Deutung des Wesens der grammatischen Formen. Diese Fragen - von den Griechen
zuerst aufgeworfen - stehen noch heute im Blick¬feld der Sprachwissenschaft.

Fast alle bedeutenden Persönlichkeiten der antiken Philosophie ließen sich - zumindest beiläufig - in
sprachtheoretische Erörterungen ein. Häufig schlös¬sen philosophische Diskussionen Fragen ein, die
sprachliche Probleme unmit¬telbar berührten. Besonders berühmt ist die außerordentlich lang
dauernde Diskussion darüber, ob eine direkte logische Verbindung zwischen demjeni¬gen, was die
Wörter bezeichnen, und der konkreten Lautgestalt besteht, oder ob diese Verbindung beliebig und
durch Zufall entstanden ist2.

Der Ursprung der Sprache nahm seit jeher das menschliche Denken gefangen. Bereits der griechische
Historiker Herodot zeichnete (im 5. Jahrhundert v. Chr.) die Erzäh¬lung vom ägyptischen König
Psammetich auf, der zwei neugeborene Kinder von der Umwelt isolieren ließ, um herauszufinden,
welche Sprache sie von sich aus zu spre¬chen beginnen würden. Der Überlieferung zufolge sollen die
Kinder zuerst das Wort hekos ausgesprochen haben, was auf phrygisch »Brot« bedeutet. So wurde
das Phry-gische zur ältesten Sprache der Welt erklärt. In neuerer Zeit betrafen die Überle¬gungen
über den Ursprung der Sprache vor allem die Bildung der lautlichen Seite der Sprache: Vielleicht
entstanden die Laute aus dem Drang zur Nachahmung von Naturlauten (sog. onomatopoetische
Theorie) oder als vokale Entsprechung zu irgendwie gearteten Klangeindrücken (sog. nativistische
Theorie) oder aber durch spontane, emotionelle Schreie (sog. Interjektionstbeorie). Auch heute
erörtert man noch glottogoniscbe ( = den Ursprung der Sprache betreffende) Probleme.

2 Wer die Diskussion als erster begann, ist unbekannt. Einige schreiben sie Prota-goras (um 480-410
v. Chr.) zu, andere wieder Pythagoras (um 572-497 v. Chr.). Die Diskussion dauerte Jahrhunderte.

Nach Auffassung der »Analogisten« ist die Sprache ein Naturgeschenk, nicht aber das Ergebnis
menschlicher Konvention. Im Grunde sei sie richtig und logisch, womit gemeint ist, es bestehe eine
vollkommene Harmonie zwischen der Lautgestalt des Wortes und der in ihr verborgenen Bedeutung.
Um diese Harmonie nachzuweisen, bemühten sich die Analogisten, jede Trübung dieser idealen
Verbindung, wie sie im Laufe der Zeit eintreten kann, zu eliminieren, und betrieben mit Nachdruck
etymologische Untersuchungen3. Die Bemühun¬gen dieser ersten Etymologen erreichten aber nie
das Stadium einer systema¬tischen Erforschung der sprachlichen Veränderungen.
Die »Anomalisten« dagegen glaubten an eine ideale Korrelation von forma¬ler und semantischer
Wortstruktur. Sie wiesen auf die Unregelmäßigkeiten hin, die sich auf Schritt und Tritt auf diesen
beiden Ebenen der sprachlichen Beziehungen ergeben.

Die etymologische Begeisterung vieler Generationen von »Analogisten« wurde auch dadurch
angefacht, daß ein so glänzender Denker wie Heraklit (um 500 v. Chr.) die Auffassung von der
Identität zwischen dem menschlichen Intellekt als Ganzem und der Grundstruktur der Sprache
vertrat. Die »Ano¬malisten« machten sich außerdem die Ansichten des berühmten Demokrit (um
460-360) zueigen, der sich entschieden gegen die Hypothese vom gött¬lichen Ursprung der Sprache
wandte5. Auch Plato (427-347 v. Chr.) über¬ging dieses Thema nicht6. Trotz der Abneigung gegen
jedes naive Etymologi¬sieren, das sich auf eine buchstabengetreue Interpretation Heraklits stützt,

Nach dem Vorbild der Griechen befaßten sich später auch die Römer eingehend mit der Etymologie -
aber ebenfalls ohne genügende Objektivität.

Unter den eifrigsten Anhängern der etymologischen Studien (die die »Wahrheit in den 'Wörtern
entdecken« sollten) sind besonders die Vertreter der philosophischen Schule der Stoiker (im 3.
Jahrhundert v. Chr.) hervorzuheben. Von der Etymologie abgesehen, haben die Stoiker in ihren
Sprachuntersuchungen auch positive Ergebnisse aufzuweisen. Das Studium der Kasus z. B. beginnt
entscheidend mit den Stoikern. Während für Aristoteles der Kasus jede Form eines Wortes war, die
von der ver¬meintlichen Grundform abweicht (so war z. B. jede Verbform im Verhältnis zum Präsens
ein »Kasus«), schlössen die Stoiker die Verba aus der Kasuskategorie aus und bezogen den Begriff des
Kasus ausschließlich auf nominale Formen. Als erste führten sie die klassische Opposition zwischen
dem Nominativ und den übrigen Kasus ein (casus rectus/casus obliqui).

Seine Argumentation war folgende: Die Un Vollkommenheit der Sprache ist durch das Bestehen von
Homonymen und Synonymen bewiesen, außerdem durch die Tat¬sache, daß die sprachlichen
Formen Veränderungen unterworfen sind und daß keine konsequente Regelmäßigkeit im
grammatischen Verhalten der Wörter besteht (von manchen Substantiva z. B. lassen sich Verba
bilden, von anderen wieder nicht).

Er behandelte es in seinem bekannten Werke Kratylos in der Form eines Dialogs zwischen Kratylos
(einem Anhänger Heraklits), Hermogenes (einem »Anomalisten«) stimmte Plato mit Heraklit
grundsätzlich in der Idee der Korrelation des menschlichen Verstandes und der Sprachstruktur
überein7, io. Überhaupt ging Plato von der Überzeugung aus, das Wort sei die mate¬rielle Form der
Idee, in der Idee aber liege der Anfang der Erkenntnis der Welt. Aus dieser philosophischen Ansicht
entsprang der erste Versuch, die Grundkategorien der Grammatik zu definieren. Unter Anwendung
von Kri¬terien logischer Operationen stellte Plato z. B. das Nomen als dasjenige dar, über das eine
Feststellung getroffen wird (was jener späteren, traditionellen Definition entspricht, die noch bis zum
heutigen Tage vielfach vertreten wird), während das Verbum als das aufzufassen sei, was über das
Nomen festgestellt wird (das wurde später die klassische Konzeption des Prädikats, die von der
traditionellen Linguistik noch heute aufrechterhalten wird), ii. Erst Aristoteles (384-322 v. Chr.) war
es, der in die Geschichte derSprach-wissenschaft als Begründer der europäischen Grammatik einging.
Jahrhun¬derte überdauernd, wurde seine Lehre von den Wortkategorien nur in Ein¬zelheiten, nicht
aber grundsätzlich modifiziert. Die traditionelle Grammatik, wie sie heute in unseren Schulen gelehrt
wird, hat ihre Wurzeln hauptsächlich in der aristotelischen Sprachbetrachtung, besonders auf dem
Gebiet der Syn¬tax. Indem er die grammatischen Formen danach klassifizierte, ob sie Sub-stanz,
Qualität, Quantität, Relation, Existenz, Veränderung u. ä. bezeich¬nen, führte Aristoteles in die
Überlegungen über die Sprache Kriterien logi¬scher Untersuchungen ein. Das Erbe dieser
philosophischen Konzeption sollte sich in der späteren Entwicklung der Sprachwissenschaft als
ungewöhnlich weitreichend und dauerhaft erweisen.

Aristoteles versuchte als erster, eine Theorie der Klassifizierung der Wörter auszuarbeiten. Er
sonderte in eine Gruppe die Substantiva (onoma) und Verba (rbêma), denn nach seiner Meinung
besaßen nur diese Wörter aus sich selbst heraus eine eigene Bedeutung, im Gegensatz zu allen
anderen Wörtern, die nur der Verbindung bei logischen Denkprozessen dienen (syndesmoi). Das
Prinzip dieser Einteilung wurde später konsequent beibehalten, wenn auch die konkrete Verteilung
der einzelnen Wortarten innerhalb dieser beiden Gruppen in gewissem Maße verändert wurde. Nach
Aristoteles zeichnet sich das Verbum gegenüber allen anderen Wort- und dem Philosophen Sokrates
(der hier als Befürworter des Kompromisses die An¬sicht Piatos vertritt).

Er verwahrte sich gegen den Primitivismus in der Auffasung dieser Korrelation und betonte, man
dürfe sie nicht in der konkreten Manifestation einer sprachlichen Erscheinung suchen. Sie bestehe in
einer ideellen, abstrakten Sphäre, in der für die Sprachstruktur dieselben logischen Prinzipien wie für
den Denkprozeß gelten.

Daher fällt dem Verbum auch primär die Funktion des Prädikats zu. Das Prädikat ist für Aristoteles
dennoch ein etwas weiterer Begriff als das Verbum. Das Prädikat umfaßt alles, womit eine
Information über das Subjekt gegeben wird. Da sich die Menschen nach ihren Eigenschaften
charakterisieren lassen, so sind diese Eigenschaften, wenn sie durch Adjektive wiedergegeben
werden, nicht wirkliche Verben, sondern Prädikate. Es gibt demzufolge Sätze ohne Verben, und das
Prädikat braucht kein richtiges Verbum zu sein.

Den Satz definiert Aristoteles als eine Verbindung von Lautkomplexen, die einen selbständigen,
bestimmten Sinn hat, wobei aber jede Komponente für sich ebenfalls eine Bedeutung besitzt. Im
übrigen verbindet Aristoteles die Theorie des Satzes mit seiner Lehre vom Urteil, wobei er der Frage
der Prä¬dikation besondere Bedeutung beimißt8.

Sicher zeigten die griechischen Philosophen ein wahrhaftes Interesse für die sprachlichen
Erscheinungen, aber von der tatsächlichen Vielschichtigkeit und Kompliziertheit der sprachlichen
Problematik hatten sie keine rechte Vorstellung. Der Horizont ihrer Erkenntnisse war schon
entscheidend durch die Annahme begrenzt, sie besäßen gerade in ihrer Sprache das beste Aus-
drucksmittel für das Denken, und alle sprachtheoretischen Erörterungen ließen sich nur auf der
Grundlage des griechischen Sprachmaterials durchführen.

Die Griechen schufen auch die Grundlagen für die philologischen Studien, indem sie eine Tradition
der genauen Erforschung geschriebener Texte ent¬wickelten. Der bekannteste griechische Philologe
der Antike war Aristarch (216-144 v- Chr.), der die Gesänge der Ilias und der Odyssee sprachlich
un¬tersuchte. Seiner Arbeitsmethode nach ist er ein typischer Vertreter der sog. Alexandrinischen
Schule.

Der Terminus Alexandrinische Schule beinhaltet eine außerordentlich fruchtbare Periode


grammatischer Forschung in dem Zentrum für Sprach¬forschung, das die Griechen in Alexandria
gegründet hatten (es entfaltete seine Tätigkeit bereits im 3. und 2. Jahrhundert v. Chr.). Ähnliche
Schulen bestanden auch andernorts in der hellenistischen Welt - in Kleinasien, Perga-mon und
Tarsos9. Aber nur die Alexandrinische Schule erlangte das Ansehen eines bedeutenden, in der
antiken Welt einzig dastehenden Zentrums, in dem

8 Die Prädikation besteht in der Vereinigung oder Auseinanderhaltung zweier Be¬griffe. Die
Grundlage der Prädikation ist das Verbum sein; sogar wenn man z.B. sagt der Mann geht, entspricht
dies dem logischen Urteil: Der Mann ist im Zustand des Gehens. Diese aristotelische Lehre vom Urteil
und der Prädikation ist in der Geschichte der Logik von großer Bedeutung. Schulen desselben Typs
gab es später auch im byzantinischen Reich.

Das könnte Ihnen auch gefallen