Verbotene Siege
Verbotene Siege
Dünkirchen
I. Ausgangspunkt
Der Jahrestag der deutschen Kapitulation am 8./9. Mai 1945 jährte sich 2010
zum 65. Male und führte zu umfangreichen Siegesgedenkfeiern in den
Staaten unserer ehemaligen Feinde. Darüber wurde der 70. Jahrestag der
deutschen Siege über Frankreich und England vergessen. Das NS-Regime
werden wir, zumal mit der Kenntnis von heute, verwerfen. Die damals
errungenen Siege müssen nicht gefeiert werden; das werden sie auch nicht.
Anscheinend wurde ihrer aber gar nicht gedacht.
Deutschlands politische Entwicklung in den letzten Jahrhunderten hat, wie
folgend näher ausgeführt werden soll, unseren politischen Blick derartig
verengt, daß wir über Deutschland, bestenfalls Europa, kaum hinausschauen
können.
Die beiden Weltkriege erscheinen uns daher nicht als Weltkriege, sondern als
eine Art deutscher Sondervorstellung auf der Bühne der Geschichte, mit der
wir „durchgefallen“ sind.
Wir können Verlauf des Krieges und sein Ende nur mit deutschen Augen
sehen. Schon den asiatischen Krieg und die japanische Niederlage sehen wir
nur durch einen fernen Schleier.
Unter dem ausschließlichen Gesichtspunkt der deutschen Niederlage 1945
sind alle damals errungenen deutschen militärischen Erfolge mit den Worten
E. v. Mansteins nur verlorene Siege.
Das waren sie aber nicht. Es waren diese deutschen Siege über Frankreich
und England, welche die 1648 im Westfälischen Frieden an Frankreich und
ab etwa 1700 zusätzlich an England verlorene politische Selbstbestimmung
Deutschlands wiederherstellten und letztlich dazu führten, daß Deutschland
heute eine seiner Bedeutung in der Weltpolitik entsprechende Rolle spielen
kann. Es waren diese Siege, welche die Entkolonialisierung auslösten und
die heutige multipolare Weltordnung heraufführten.
Diese Siege haben die Sowjetisierung Westeuropas verhindert und so den
Boden für den Umschwung von 1990 mit vorbereitet. Das uns fast irritierende
hohe Ansehen, welches Deutschland in den ehemaligen Untertanenländern
Englands und Frankreichs genießt, ist im wesentlichen eine Fernwirkung
dieser deutschen Siege, besser dieser englischen und französischen
Niederlagen.
Diese Siege waren also nicht verloren. Man wird sie eher verbotene Siege
nennen, denn sie passen nicht in das offiziell gepflegte Geschichtsbild.
Deutschland war nach großen Anfängen unter Karl dem Großen, über Höhen
wie unter Otto d. Großen und Friedrich Barbarossa, Niedergängen und
Neuaufbrüchen tausend Jahre später um 1800 zur politischen Nichtigkeit
herabgesunken.
Als deutscher Kaiser Karl V. aber wurde er von der Reformation und den
immer deutlicheren Teilinteressen der deutschen Fürsten zermürbt.
Spanien schaute über die Ozeane, Magellan umfuhr die Welt, der deutsche
Horizont aber blieb unverrückt. Er wurde sogar enger. Nur noch selten ging er
bis an die Grenzen des Deutschen Reiches bzw. deutschen Kulturgebietes.
Noch zur Zeit des Deutschen Bundes blieb er meist an den Grenzen des
Fürstentums oder der Freien Stadt hängen. Für seine Nachbarn war
Deutschland das Land, durch welches der romantische Rhein floß. In
Thackereys Roman Jahrmarkt der Eitelkeiten (Vanity Fair, 1848) trifft die
englische Reisegruppe am Rhein auf ein harmloses Völkchen, wo auf der
einen Seite der Adel sitzt und weint und Strümpfe strickt, und auf der anderen
Seite die bürgerliche Welt;
und seine Durchlaucht, der Herzog und die durchlauchte Familie, alles sehr
dick und wohlwollend … (61. Kapitel). Mit ähnlichen Eindrücken hatte auch
Victor Hugo um 1850 den Rhein bereist und in seinem Bericht Le Rhin
festgehalten. Reiseberichte über Deutschland von Skandinaviern [5] und
Russen [6] aus dieser Zeit lauten ähnlich.
Als bei uns nach vielen Mühen der Zollverein gegründet wurde (1834), sah
die Außenwelt wie folgt aus: England vollendete die Eroberung Indiens mit
der Einverleibung Sindhs, des heutigen Pakistans; Frankreich eroberte
Algerien und begann, es zu besiedeln. In China führte England die
Opiumkriege (1840).
Als Bismarck sich im Frankfurter Parlament mit partikularistischen Eitelkeiten
abmühen mußte (1857), versuchten England und Frankreich, China in ihre
Botmäßigkeit zu bringen [8], Rußland eroberte Mittelasien und gründete am
Pazifik als Marinevorposten das heutige Wladiwostok.
Als der Deutsche Bund sich aufraffte, Holstein vor dem dänischen
Zugriff zu retten (1864), provozierte die junge USA einen Krieg mit
Mexiko und nahm alles Land von Texas bis Kalifornien, wodurch sie ihr
Gebiet auf einen Schlag um fast das Doppelte vergrößerte.
2. Verteilte Welt
Auch 1860 waren wir immer noch nicht aufgewacht. Deutsche Seefahrten
fanden während all der Jahre auf der Opernbühne statt. 1843 wurde Wagners
Der fliegende Holländer uraufgeführt. Die wirklichen Holländer aber waren,
wie die Engländer, in ihren Kolonien reich geworden, so reich, daß wir
Deutschen wie der Handwerksbursche in Kannitverstaan von J. P. Hebel nur
mit offenem Munde fragten, wie das möglich sei.
Deutsche Eroberungen in Übersee gab es nicht. Die 1720 nach nur etwa 30
Jahren wieder aufgegebene brandenburgische Kolonie Groß Friedrichsburg
im heutigen Ghana war der einzige Versuch und lud nicht zur Wiederholung
solcher Abenteuer ein. Spätere Vorstöße in diese Richtung verschwanden in
den Akten. [9] Die Welt war unter England und Frankreich weithin aufgeteilt.
In Asien gab es kaum noch einen Fußbreit, der nicht der Interessensphäre
einer dieser beiden zugerechnet wurde.
Davon merkten wir Deutschen gar nichts. Wir schauten unbetroffen zu, wie
das letzte deutsche Großreich, die vom Vorarlberg bis Lemberg, von (heute)
Dubrovnik bis Krakau reichende Donaumonarchie unter den Nörgeleien der
Ungarn der Auflösung entgegentrieb. Deutsche Politiker konnten niemals
in den Kategorien denken, in welchen sich die Gedanken der
transkontinentalen Imperien bewegten.
Wie anders wäre die deutsche und somit die Weltgeschichte verlaufen,
wenn Bismarck, anstatt sich mit den Nickeligkeiten der deutschen
Kleinstaaterei herumzuschlagen, um 1860 Hawaii [11] und Polynesien
[12], Neuseeland [13], Ägypten [14] oder den ebenfalls noch freien
späteren belgischen Kongo für Preußen erobert hätte.
Nicht nur in der Welt, auch in Europa war Deutschland abgeschlagen. Der
größte Block in Mitteleuropa war bis 1870 Gegenstand, nicht Teilnehmer im
Kampf um die Hegemonie in Mitteleuropa. Deutschlands Stellung um 1850
gegenüber den Mächten (Frankreich, England, Rußland und mit
Einschränkungen Österreich) ähnelte der, in welcher sich China um 1900
gegenüber den Großmächten befand: Halb-kolonial. Ein machtloses
politisches Gebilde, in welchem fremde Mächte unkontrollierbare
Sonderrechte hatten.
England besaß Hannover [15] und das 1807 eroberte Helgoland.
Dänemark hatte Holstein und Lauenburg. Schweden, das sich im
Westfälischen Frieden bedeutende Stücke Norddeutschlands genommen
hatte, besaß immer noch gewisse Ansprüche auf Wismar. [16] Luxemburg,
Teil des Deutschen Bundes, schien Frankreich zuzufallen.
Die zeitgenössischen Berichte über diese Heirat erinnern an das Bild eines
etwas unbeholfenen Bräutigams, der „nach oben“ heiratet. Der Prinz aus dem
armen Preußen wird von dem viel reicheren und vornehmeren englischen
Königshaus als Schwiegersohn in Gnaden akzeptiert, freilich in der deutlich
ausgesprochenen Erwartung [18], daß er als künftiger preußischer König den
englischen Forderungen ebenso geneigt sein werde, wie es Brandenburg-
Preußen immer gewesen war. [19] Mit Selbstverständlichkeit redeten
Engländer in der Schleswig-Holstein-Frage mit und gaben uns im Londoner
Protokoll v. 1852 auf, was zu geschehen habe. Bis heute scheint niemand zu
fragen: Was ging sie das eigentlich an?
Der Deutsche … war immer der Barbar, der Bewunderer des Krieges, der
Feind – heimlich oder offen – der Menschenfreundlichkeit, des Liberalismus
und der christlichen Zivilisation; und das Hitler-Regime ist kein zufälliges
Phänomen, sondern die logische Konsequenz der deutschen Geschichte,
des Deutschen in excelsis.
Vansittart muß sich in dem Volk, das er meinte, vertan haben. Niemals hat
man von einem verantwortlichen Deutschen etwas von der Art gehört, wie es
der fromme John Ruskin (1819-1900), der keinen Tag beschloß, ohne in der
Bibel gelesen zu haben, 1865 zu englischen Kadetten ausgedrückt hatte:
Nur im Schoße einer Nation von Kriegern sind jemals auf Erden große
Künste erblüht. Große Kunst ist einem Volke nur möglich, wenn sie auf dem
Schlachtfeld gegründet ist.
Das ist es, was England tun muß, oder es muß untergehen: es muß
Kolonien gründen …es muß von jedem Stück freier fruchtbarer Erde …
Besitz ergreifen und dann seine Kolonisten lehren, daß ihre
Haupttugend in der Treue zu ihrem Lande besteht, und daß ihr erstes
Streben sein muß, die Macht Englands zu fördern.
Ein Vergleich mit China heute bietet sich an. Die romantisierende
Befassung im Westen mit China und seiner Jahrtausende alten Kultur
wurde zum Staunen, dann Bewunderung, und schlug letzthin (unter
Anleitung der englischsprachigen Presse) in immer lautere
Verdächtigungen um. [24] Chinas militärischer Aufbau wird beargwöhnt,
obwohl es noch weit entfernt ist, an die militärische Macht der USA
heranzureichen. China, das in seiner langen Geschichte praktisch
niemals einen Eroberungskrieg [25] geführt hat, wird plötzlich von den
Mächten, die in ihrer sehr viel kürzeren Geschichte sich hauptsächlich
mit Eroberungskriegen beschäftigt haben, verdächtigt, solche zu
planen, und was man selber in Afrika in zügelloser Weise getan hat,
wirft man heute China vor, nämlich zu versuchen, es zu kolonisieren.
So ähnlich widerfuhr es uns nach 1871. Das neue Deutsche Reich hatte sich
über Nacht aus dem politischen Nichts erhoben. In kürzester Zeit war aus der
nichtigen deutschen Kleinstaaterei ein höchst dynamischer Staat geworden.
Die Überraschung war groß. Erst nahm man gar nicht wahr, dass es uns
wieder gab. Dann aber schlug die herablassende, romantisierende
Zuneigung, welche Deutschland bis dahin bei seinen Nachbarn genossen
hatte, um. Der damalige Oppositionsführer und spätere englische
Premierminister Disraeli erkannte in der Gründung des 2. Deutschen Reiches
bald ein größeres politisches Ereignis als die Französische Revolution….Wir
haben eine neue Welt. Das Gleichgewicht der Macht ist völlig zerstört worden
und das Land, das am meisten darunter leidet und das die Auswirkungen
dieses großen Wandels am meisten spürt, ist England. [26]
Das Deutsche Reich wurde bei den bisherigen Mächten sofort ebenso
beliebt, wie China heute. So beliebt, wie es ein Neuling in der Klasse immer
ist, wenn er auch noch die besten Noten schreibt. Der Kreis derer, die uns
Übles ansonnen, schloß sich schnell.
Die deutschblütige Königin Victoria hatte noch einer direkt
deutschfeindlichen englischen Politik im Wege gestanden. Nach ihrem
Tode (1901) war unter ihrem Sohn Eduard VII. die Verbindung mit
Frankreich, welches seinerseits mit Rußland verbündet war, zur entente
cordiale, zum Ring um Deutschland geworden, dem sich Rußland
inoffiziell angeschlossen hatte. Deutschland war rasch isoliert.
1. Compiègne
Am 22. Juni 1940 wurde im Wald von Compiègne der deutsche Sieg über
Frankreich mit dem Waffenstillstand zwischen dem Deutschen Reich und
Frankreich geschlossen. Hierdurch wurde ein Sieg besiegelt, wie es ihn in
der neueren europäischen Geschichte kaum ein zweites Mal gibt.
Vergleichbar wären allenfalls Jena (1806) und Waterloo (1815). Der
deutsche Sieg war nicht nur ein militärischer, sondern er hatte eminent
politische Auswirkungen. Nach der Erniedrigung, welche Deutschland
insbesondere durch Frankreich im Frieden von Versailles erdulden mußte,
nach der brutalen und unwürdigen Behandlung Deutschlands während der
jahrelangen Ruhr- und Rheinlandbesetzung, nach jahrhundertelangen meist
erfolgreichen Versuchen Frankreichs, Deutschland politisch niederzuhalten
und, wie Napoleon gewollt hatte, in französische Vasallenstaaten zu
zerstückeln, war es Deutschland gelungen, dem ständig an seinen Grenzen
nagenden westlichen Nachbarn eine völlige Niederlage zuzufügen. Der Krieg
war für Frankreich beschämend kurz. Die französische Niederlage war auch
eine geistige. Der amerikanische Botschafter in Paris berichtete an
Roosevelt:
Hitler … spricht heute mit einer Mäßigung und einer Weitsicht, welche nach
einem derartig großartigen Sieg, wie er ihn errungen hat, wirklich erstaunt.
Ich stehe nicht in dem Verdacht übermäßiger Freundschaft zu ihm, aber oggi
veramente lo ammiro – heute bewundere ich ihn wirklich.
2. Frankreich danach
Das alte Deutsche Reich war ein kriegsscheuer Koloß gewesen. Seit etwa
1550 war daher Frankreich die militärische Vormacht Europas geworden.
Spätestens im 17. Jahrhundert unter Richelieu bzw. Ludwig XIII. war es auch
politisch in den Vordergrund getreten. Die Eroberungskriege Ludwigs XIV.
(sogenannter Pfälzer Erbfolgekrieg), denen neben dem Heidelberger Schloß
zahlreiche Schlösser, Burgen und Gebäude an Rhein und Mosel zum Opfer
fielen, wurden, wenn auch nicht mehr unter dem Lilienbanner, von Napoleon
fortgesetzt.
Frankreich konnte nicht alle seine Pläne durchsetzen, blieb aber die
beherrschende Größe in Europa und auch im innerdeutschen Mächtespiel.
Nach der Katastrophe von Waterloo (1815) war es der diplomatischen
Klugheit Talleyrands im Verein mit Dummheit und Selbstsucht der deutschen
Fürsten gelungen, der Welt einzureden, nicht Frankreich, sondern der
inzwischen abgedankte Napoleon habe diese Kriege geführt.
Es sei ein Vergehen gegen die Kultur, Frankreich dafür haftbar zu machen
und zu erniedrigen. England, hiervon weniger als von dem Gedanken an das
europäische Gleichgewicht geleitet, schloß sich dem an.
a. Indochina
b. Algerien
Diese Kriege haben nicht nur das politische Ansehen Frankreichs erschüttert.
In Algerien sind, wie der Verfasser aus mehreren Aufenthalten dort weiß, die
Kriegsereignisse nicht vergessen, und in Indochina ist heute das Ansehen
Frankreichs nur geringfügig besser als das der Niederlande in Indonesien.
Auch die Finanzen Frankreichs wurden erschüttert, im Grunde mit
Auswirkungen bis heute. Während Frankreich Kriege um seine verlorene
Größe führte, konnte (West-) Deutschland seine Wirtschaft aufbauen.
4. Verlorene Grandeur
Frankreich hat durch 1940 viel von seinem Selbstbewußtsein verloren. Vieles
wäre in Frankreich anders gelaufen, wenn Frankreich sich erst nach einem
längeren, tapfer gefochtenen Krieg hätte ergeben müssen. Gegenseitige
Schuldzuweisungen sind nach einem solchen Debakel normal. Das sich
selbst gerne als grande nation betitelnde Frankreich wurde aber durch die
Niederlage gegen die nach wie vor als barbarisch angesehen Deutschen in
eine tiefe narzißtische Verletzung gestürzt. Diese bereitete den Boden für
eine Kooperation (colaboration) mit den deutschen Besetzern, deren
Ausmaß und Tiefe bis heute als peinlich empfunden und
heruntergespielt wird. Nachdem sich das Kriegsglück gegen Deutschland
gewendet hatte, entstand hieraus dann ein Gemisch von Wendehälsen und
wirklichen Widerständlern (résistance), aus welchem die Mordorgien der
épuration (1944/45) [36] folgten. Deren Grausamkeiten sind nur mit denen
der Pariser Kommune (1871) und deren Ausmaß nur mit den landesweiten
Massenmorden der Großen Revolution zu vergleichen.
Das Britische Weltreich war 1910, beim Tode des englischen Königs Eduard
VII., das wohl großartigste politische Gebilde der Weltgeschichte. Dieses
umfaßte auf allen Kontinenten ein Viertel des Erdbodens und ein Viertel der
Erdbevölkerung. Von Gibraltar bis Neuseeland gab es kaum einen
Küstenstrich, kaum einen Hafen, der nicht in englischer Hand war. Basis des
Britischen Weltreiches war trotz allem aber Europa. Eine Vormacht in Europa
konnte ihm diese Basis entziehen. Das war von Napoleon mit der
Kontinentalsperre (1806–14) versucht worden. Diese war nicht so erfolglos,
wie oft dargestellt. Die englischen Ausfuhren auf den Kontinent brachen
gegenüber der Friedenszeit um fast die Häfte ein. [37] Sollte eine
europäische Vormacht, und das konnte nach Lage der Dinge nur
Deutschland sein, wiederum eine Kontinentalsperre verfügen, dann konnte
das bei den im 20. Jahrhundert deutlich verbesserten technischen und
logistischen Bedingungen England und seinem Empire schwersten Schaden
zufügen. Der wirkliche Grund für seine Kriegserklärung an Deutschland 1914
war daher wohl seine Angst vor einer deutschen Vormacht auf dem
Kontinent. Vorgegebener Grund war allerdings der völkerrechtswidrige
Einmarsch Deutschlands nach Belgien. [38] Ähnlich war es offenbar 1939.
Sogar die politisch korrekte Zeitschrift Der Spiegel öffnet einen Spalt für den
Verdacht, es sei England bei seiner Kriegserklärung 1939 vielleicht doch nicht
um den Schutz Polens gegangen, sondern eher um die Niederlegung
Deutschlands. Dazu wird aus einem Brief Churchills zitiert: Stets sei London
mit der zweitstärksten Macht in Europa verbündet gewesen. Die Hinnahme
einer deutschen Hegemonie wäre gegen unsere Geschichte … Hitler ist die
größte Gefahr für unser Empire. [39]
Das Britische Reich war auch 1939 noch im wesentlichen intakt. Die
Dominien, also die weiß besiedelten bzw. beherrschten Staaten Kanada,
Südafrika, Australien, Neuseeland, waren zwar innenpolitisch emanzipiert,
standen aber außenpolitisch weiter unter dem bestimmenden Einfluß
Londons, wo sich auch die Stammhäuser der in diesen tätigen Unternehmen
und noch heute bekannten internationalen Banken und Konzerne befanden.
Die Perle des Reiches, Gewährleistung der englischen Weltgeltung, war aber
Indien. Man hatte zwar auch für Britisch Indien den Aufwand für den Erhalt
des Imperiums und seinen Nutzen für das Herrschervolk nachgerechnet. Zu
einem eindeutig positiven Ergebnis kam man nicht. Schließlich war aber die
Machtfrage entscheidend. The English Nation has no intention of abandoning
its place on the world`s stage, ceasing to be one of the Big Powers. [40]
Entsprechend hatte Lord Curzon, um die Jahrhundertwende Vizekönig von
Indien und später britischer Außenminister, einmal gesagt: [41] As long as we
rule in India we are the greatest power in the world, if we lose it we shall drop
straight away to third rate power. Churchill war fest entschlossen, das Empire,
insbesondere Indien, zu erhalten. Seine kompromißlose Kriegspolitik gegen
Deutschland findet hier ihre wohl wichtigste Begründung. [42] Noch 1942
sagte er: We mean to hold our own, I have not become the King`s First
Minister in order to preside over the liquidation of the British Empire. [43] Ein
Sieg über Feinde pflegt das beste Argument gegenüber aufmüpfigen
Untertanen zu sein. Ein überzeugender britischer Erfolg über Deutschland
wäre daher gegenüber dem indischen Nationalkongreß und den anderen
Kolonialvölkern ein höchst willkommenes Argument gewesen, um zu zeigen,
wer Herr im Hause ist. Insbesondere aber wäre eine ruhmvolle Kriegstat
Englands in dem von ihm selbst offenbar gewollten Krieg ein höchst
willkommenes Argument gegenüber den USA dafür gewesen, daß man
durchaus in der Lage sei, das Empire zu behalten. In Washington waren
nämlich schon im März 1940, also vor dem Debakel von Dünkirchen,
Überlegungen ganz anderer Art angestellt worden:
Britannien ist ein kleines Land. Es wird vielleicht nicht in der Lage sein, ein
weit verstreutes Reich zusammenzuhalten. Wenn es untergeht, stellt sich
natürlich die Frage, ob die Vereinigten Staaten nicht einfach alles
übernehmen sollten. [44]
3. Dünkirchen
Schlimmer als die Niederlage vor Norwegen war das ruhmlose Ende der
britischen Expeditionsarmee vor Dünkirchen. Hier erlebte England ein
Debakel von historischem Ausmaß, seine wohl größte Niederlage in zwei
Jahrhunderten. Seit dem 10. Mai 1940 regierte Churchill als Premier des
Kriegskabinetts und zugleich als dessen Kriegsminister praktisch
unumschränkt, und die Verantwortung trifft ihn.
Die Gründe für diesen Befehl sind umstritten. [47] Vielleicht war er aus
unangebrachter militärischer Vorsicht gegeben worden. Wahrscheinlicher ist
wohl, daß er einem politischen Kalkül folgte. Hitler hatte große Achtung vor
dem Britischen Empire. [48] Mehrfach hatte er gesagt, daß er das
Britische Weltreich als Ordnungsfaktor erhalten wolle. [49] Vermutlich
sollte der Haltebefehl England vor der völligen Demütigung und vor
dem Gesichtsverlust gegenüber seinen Untertanenländern schützen.
Vielleicht kam ein Grund hinzu: Churchill glaubte, die USA würden sofort an
seiner Seite eingreifen, falls eine deutsche Invasion nach England drohe. Es
liegt nahe, daß Hitler das auch so sah und deswegen auf den, militärisch als
zwingend und überwiegend wohl auch als Erfolg versprechend [50]
angesehenen, Fortsetzungsschlag, die Invasion, verzichtete. Sicher ist, daß
Hitler den baldigen Frieden sowohl mit Frankreich wie mit England
wünschte und erwartete. Er wolle das Empire nicht zerstören, dessen
Zerfallsteile nur den Japanern zugute kommen mußten. [51]
In jedem Falle war England nach kaum 20 Tagen vom Festland verscheucht
worden. Schon den 1. Weltkrieg hatte das Empire nur mit Hilfe der USA
überstanden. Was nun? Das Debakel wurde vertuscht und geschönt. Die
Rückführung wurde unter der Bezeichnung „Operation Dynamo“ in England
als großer Erfolg gefeiert. Aber überzeugt wurde davon niemand. [52] So war
es ja auch nicht. Der Vater des Autoren war im Juli 1940 an die Kanalküste
verlegt worden. Er schrieb in sein Tagebuch: Hunderte und Tausende
Gewehre und militärische Ausrüstungsgegenstände lagen überall am Strand,
zurückgelassen von den Engländern bei ihrem eiligen Rückzug vom
Festland. [53] Ein Jahr später, im Mai 1941, geschah ähnliches, als England
die im Oktober 1940 besetzte Insel Kreta an deutsche Fallschirmjäger verlor.
4. England danach
Die Folgen von Dünkirchen waren sofort spürbar. Die englische Politik
verhedderte sich in unlösbare Widersprüche und sah sich zu Handlungen
gezwungen, die zwar dem Erhalt des Empire dienen mochten, die aber mit
den vorgegebenen Kriegsgründen nicht mehr vereinbar waren. Die USA
übernahmen, lange bevor es offiziell zum Krieg mit Deutschland kam, die
Stabführung. England wurde zwar massiv unterstützt, aber damit wuchs die
englische Abhängigkeit, es wurde kaum mehr gefragt. Es war militärisch
diskreditiert und bald auch finanziell am Ende. Die Verzagtheit, man sagte
auch Feigheit, der britischen Streitkräfte bzw. ihrer Führer hatte in Dünkirchen
begonnen. [56] In der Schlacht um Kreta wurde sie erneut sichtbar. 20.000
deutsche Fallschirmspringer und Gebirgsjäger vertrieben im Frühjahr 1941
etwa 30.000 britische (englische und aus dem Empire zusammengezogene)
Truppen von der Insel. Der Fall von Singapur am 15. 2. 1942 macht dem
Ruhm der englischen Fahne endgültig ein Ende. Die finest hour, von der
laut Churchill die Völker des Britischen Empires noch in „tausend Jahren“
sprechen würden, kam nicht. Es ist daher merkwürdig, daß sich der
selbstgeschaffene Mythos von Englands heroischem Widerstand gegen Hitler
bis heute hält, so daß sogar der Papst auf seiner Englandreise 2010 darauf
anspielte.
England hatte die Initiative an die USA verloren. Die von den USA gegen den
verhaltenen Widerstand Churchills durchgesetzte Atlantikcharta v. 4. August
1941 proklamierte als Kriegsziel das Selbstbestimmungsrecht der Völker.
Gemeint waren alle Völker. US-Präsident Roosevelt erklärte: The age of
imperialism is ended! Die niederländische Regierung tat das in ihrem
Londoner Exil mit Blick auf Niederländisch-Indien als Unfug (= slap stuk) ab.
Auch Churchill, der der Charta nolens volens zugestimmt hatte, um die
unverzichtbare Wirtschaftshilfe der USA nicht zu gefährden, spielte ihre
Bedeutung herunter. Er erklärte im Unterhaus, diese Proklamation gelte nur
für zuvor selbständige europäische Staaten, die schon wie Polen und andere
Länder von Deutschland überfallen worden seien. Die Selbstbestimmung in
britischen Untertanenländern sei quite a different problem – etwas völlig
anderes. [57] Roosevelt sah das nicht so und notierte im Februar 1942:
The old master servant – relationship has not been altered by the Dutch (nor
by England). There is no real desire in Britain to recognize a world change …
Das alte Herren-Knecht-Verhältnis hat sich bei den Holländern nicht geändert
(und beiden Engländern auch nicht). Es gibt in Britannien keine wirkliche
Bereitschaft anzuerkennen, dass sich die Welt gewandelt hat. [58]
Oder? Es ist heute unstreitig, daß Stalin seit etwa 1930 massiv und
systematisch aufgerüstet hatte. Im Jahre 1941/42 war diese Aufrüstung im
wesentlichen abgeschlossen. Während der deutsche Vergeltungsangriff auf
Polen von politischer Korrektheit tabuisiert ist, [60] dürfen in bezug auf den
deutschen Angriff auf die Sowjetunion die historischen Fakten genannt und
gewürdigt werden. Vieles spricht dafür, daß Deutschland am 21. Juli 1941
einem unmittelbar bevorstehenden Angriff Stalins zuvorkam. Sichere Beweise
wird man aber kaum beibringen können. [61] Aber selbst wenn diese
Annahme falsch ist, so stellte sich nach einer angenommenen Niederlage
Deutschlands 1940 gegen Frankreich/England aus Moskauer Sicht die Lage
wie folgt dar: Die kommunistische Weltrevolution war das erklärte Ziel der
UdSSR. [62] Voraussetzung dafür war mit den Worten Lenins die Eroberung
Europas. Die Gelegenheit war so günstig wie nie. Die UdSSR, bereits im
Besitz von Ostpolen, hätte diese „Mißgeburt von Versailles“ (wie Polen
damals in sowjetischen Zeitungen genannt wurde) kaum wiederhergestellt,
sondern wieder ins Russische Reich eingegliedert.
Die 24.000 (!!) Panzer, die Stalin im Juli 1941 besaß, hätte er durch das
besiegte Deutschland bis an den Atlantik durchfahren lassen können.
Frankreich, ohne eine entwickelte Panzerwaffe, hätte dem nichts
entgegensetzen können. [63] Die angloamerikanische Fixierung auf den
Gegner Deutschland macht es unwahrscheinlich, daß sich in den USA eine
Hand gerührt hätte, um Europa vor den Sowjets zu retten. Es wäre auch zu
spät gewesen. Die Operation hätte wenige Tage gedauert. Ganz Europa wäre
in kürzester Zeit Beute Stalins auf dem Wege zur Weltrevolution geworden,
damit auch wohl die afrikanischen Kolonien Frankreichs und Belgiens. Wenn
diese Annahme richtig ist, dann folgt, daß nur der deutsche Sieg von 1940
dieses verhindert hat. Es waren dann auch die militärisch im Grunde noch
viel beeindruckenderen Siege, die Deutschland 1941/42 gegen die
Sowjetunion erzielte, nicht verloren. Ob deutscher Überfall oder
Präventivkrieg – jedenfalls wurde die UdSSR durch die deutschen Siege
derartig geschwächt, dass Stalin an einen solchen Durchmarsch nicht
denken konnte. Er musste vielmehr die USA nach Europa hereinlassen,
um Deutschland gemeinsam niederzuwerfen! So blieben Westeuropa
und auch Westdeutschland 1945 außerhalb des sowjetischen
Machtbereichs.
Ohne die deutschen Siege von 1940 wären die USA mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit nicht in einen europäischen Krieg eingetreten.
Die USA brachte eine Lage wie bereits 1917 hervor. Damals stand
Deutschland kurz vor seinem Endsieg im Weltkrieg, und damit an der
Schwelle, nicht nur in Europa die Vormacht zu werden, sondern auch die
Kolonialmächte zu „beerben“. Nach der Märzrevolution in Rußland und der
Abdankung des Zaren war Deutschland frei, alle Kräfte gegen Frankreich zu
werfen. Deutschland war erschöpft, Frankreich war es noch mehr, und auch
England war am Ende seiner Kraft. Der deutsche Sieg war greifbar nahe.
Das Deutsche Reich wäre dann unter Einschluß des
französischen/belgischen Kolonialreiches, zu einer weltumspannenden
Macht geworden. Die USA griff en ein mit dem bekannten Erfolg, daß
Frankreich und England den 1. WK gewannen.
Eine ganz ähnliche, nur noch deutlichere, Lage ergab sich 1940 durch die
deutschen Siege über England und Frankreich. Das von Guayana in
Südamerika über halb Afrika, Indochina bis nach Polynesien reichende
Französische Kolonialreich war politisch bereits in deutscher Hand.
Hinzu kamen, nach der Ausschaltung Belgiens und der Niederlande die
riesigen Kolonialbesitzungen dieser beiden Staaten im Kongo und vor allem
in Niederländisch-Indien (heute: Indonesien). Ohne amerikanische Hilfe wäre
dann auch das Britische Reich zusammengebrochen und vermutlich
Deutschland in die Hände gefallen. Durch nur einen einzigen Feldzug gegen
Frankreich, durch nur eine einzige gewonnene Schlacht, die England vom
Kontinent vertrieben hatte, wäre Deutschland im Juni 1940 gleichsam über
Nacht aus dem Nichts zum nach der USA und der UdSSR theoretisch
drittmächtigsten Staat der Erde geworden. Seit dem Siege Alexander des
Großen bei Issos (333 v. Chr.) hatte es eine solche Konstellation nicht mehr
gegeben. Angesichts der drohenden Katastrophe Frankreichs war von
dem englischen Politiker Vansittart, von General de Gaulle und Jean
Monnet der Vorschlag gemacht worden, Frankreich und England zu
einem Staat zu vereinigen, mit einer gemeinsamen Regierung,
Staatsangehörigkeit usw. [64] Die jedenfalls anfangs zurückhaltende
deutsche Besatzungspolitik in Frankreich hätte, so konnte man in den USA
mutmaßen, ähnliche Überlegungen auch im Verhältnis
Deutschland/Frankreich aufkommen lassen können. Es gab in der
Vichyregierung und in Frankreich sehr starke antiamerikanische Kräfte, die
einer europäischen Einigung, unter deutscher Herrschaft das Wort redeten,
wenn sie denn unter französischer nicht machbar war. Tatsächlich hatte
schon Victor Hugo diese gefordert:
England wäre zweifellos nicht in der Lage gewesen, sich gegen ein unter
deutscher Herrschaft vereintes Europa zu halten. Damit bekam die genannte
Alexander-Perspektive im Jahre 1940 aus amerikanischer Sicht eine noch
viel umfassendere Weite: DeutschFrankreich, in einer Art karolingischen
Wiedervereinigung, als Fortsetzer und Zusammenfasser der
kontinentaleuropäischen Kräfte, einschließlich ihrer weltumspannenden
Kolonialreiche mußten bei der erkennbaren Schwäche Englands demnächst
auch Erbe des Britischen Weltreichs werden. So ganz fern lagen solche
heute etwas phantasmagorischen Gedanken nicht. Wir suchen Fühlung mit
England auf der Basis der Teilung der Welt, hatte Ende Mai 1940 ein
deutscher Diplomat geschrieben. [66] Das ist ein ähnlicher Gedanke wie der
oben zitierte: Should Britain go under, it is a very fair question whether the
United States might not have to take them (= das Britische Reich) all over. Es
kam auch 1940 für die USA jedenfalls nicht in Betracht, ein deutsches
Weltreich zu dulden – und sie griff en ein. Der deutsche Sieg wurde wieder
verhindert. Dieses Mal allerdings mit der Unterstützung der UdSSR.
Ergebnis
Die beiden Supermächte UdSSR und USA waren schon vor 1939 die
größten. Nicht deren Sieg über Deutschland hat die Welt verändert. Es waren
die deutschen Siege 1940 über England und Frankreich.
Diese haben deren Kolonialreiche zum Einsturz gebracht und zum Ende des
Kolonialismus geführt. Großbritannien und Frankreich sind 1940 auf
Normalmaß zurückgeschnitten worden.
Dadurch wurden Deutschland und andere Staaten in ihrer Weltgeltung relativ
aufgewertet. Deutschland als der vorerst noch kräftigste europäische Staat
hat mithin durch diese Siege unmittelbar gewonnen.
Erstmals seit dem Mittelalter haben wir wieder zu einer unserer Größe
entsprechenden politischen Rolle gefunden. Die ehemaligen Kolonialmächte
aber standen nach dem Verlust ihrer überseeischen Reiche wie der Kaiser
vor der Welt, dessen Herrschermantel gar nicht da ist, er hatte ihnen auch nie
gehört, weil er geraubt worden war.
Die machtpolitische Entzauberung von England und Frankreich lag sicherlich
außerhalb aller Erwartungen der deutschen Führung, als die ersten Schüsse
auf Polen fielen.
Es trifft aber in einem fast mythischen Sinne das lateinische Wort zu: Flectere
si nequeo superos acheronta movebo – kann ich den Himmel nicht zwingen,
so will ich die Tiefen erschüttern. Es ist, als ob die Geschichte Deutschland in
diesem Sinne gebraucht hätte, um eine neue Weltordnung ohne
Kolonialismus zu ermöglichen.
Literatur
Clarke, Peter: The Last Thousand Days of the British Empire. London 2007.
Corrigan, Gordon: Blood, Sweat and Arrogance and the Myths of Churchill`s
War. Weidenfeld & Nicolson, London 2007.
Cunningham, H. S.: British India and Its Rulers. New Delhi 1995 (Nachdruck
der 1. Aufl . von 1882).
Nicolson, Harold: Tagebücher und Briefe. Stuttgart, 1969 (aus dem Engl.).
Schramm, Percy Ernst (Hrsg.): Kriegstagebuch des OKW.
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2 In Wikipedia sieht man z. B. unter dem Stichwort Menno Aden, mit welcher
Akribie in den Schriften des Verfassers nach Spuren einer verbotenen
Gesinnung gesucht wird.
5 Vgl. Baggesen, Jens, Das Labyrinth – oder Reise durch Deutschland in die
Schweiz 1789.
6 Die Beschreibung seiner Reise von 1789 bis 1790 durch Europa von
Nikolaus Karamsin (1766–1826).
8 In Tientsin, vor den Toren Pekings, hat der Verfasser noch die damals von
Franzosen gebaute Kirche besichtigen können. Notre Dame des Victoires
steht noch auf einer verwitterten Plakette zu lesen.
9 Der spätere Held von Küstrin, Joachim Nettelbeck, der sich eine Zeitlang in
holländischen Diensten als Sklavenhändler in Westafrika betätigt hatte,
machte seinem König, Friedrich d. Großen, 1786 einen solchen Vorschlag,
der aber unbeachtet blieb. Vgl. Lebensbeschreibung des Seefahrers,
Patrioten und Sklavenhändlers Joachim Nettelbeck, verlegt bei Greno 1987.
10 Vgl. die Art, wie er Napoleon III. das immer noch österreichische
Norditalien versprach, um ihn aus der deutschen Innenpolitik herauszuhalten.
14 Der Bau des Suezkanals (1870) machte das Land derart von
ausländischen Anleihen abhängig, daß die von Großbritannien und
Frankreich eingerichtete Staatsschuldenverwaltung zur eigentlichen
Regierung des Landes wurde. Zur Sicherung des Verbindungsweges nach
Indien erwarb Großbritannien die ägyptischen Kanalaktien, besetzte 1882
das Land und machte es 1914 formell zum Protektorat.
16 Förmlich wurde Wismar mit Umland erst 1903 wieder Teil Deutschlands.
19 Vgl. die Tagebücher des Bräutigams, des späteren Kaisers Friedrich III.;
auch die von Botschafter Schweinitz, damals Friedrichs Adjutant.
21 Das war eine ähnliche Konstellation wie 2003, als die USA erwarteten,
daß Deutschland im Irakkrieg für amerikanische Interessen mitkämpfen
würde. In beiden Fällen war die Folge eine nachhaltige Entfremdung, die
durch Rhetorik überdeckt wurde. Was damals im Verhältnis
Preußen/Deutschland zu Rußland die Beschwörung der dynastischen
Verbundenheit war, ist heute im Verhältnis zur USA die ebenso hohle
Berufung auf die sogenannte Atlantische Wertegemeinschaft.
26 Zitiert nach: Hinz, Th. Die Psychologie der Niederlage, Berlin 2010, S. 50.
27 Schramm, a. a. O., S. 42 E.
28 Manstein, S. 91 ff .
30 v. Manstein, S. 118.
36 Aaron, a. a. O., gibt ein bestürzendes Bild der Vorgänge. Wir Deutsche
können uns dadurch daran erinnern lassen, daß es solche öffentlichen, unter
Billigung des gesamten Volkes vollzogenen Mordorgien bei uns niemals gab.
37 Vgl. Frz. Wikipedia: blocus continental; England konnte den Verlust durch
neue Absatzmärkte in Nordamerika und Rußland wettmachen.
40 Cunningham, S. 60.
41 zitiert nach Clarke, a. a. O., S. XiX. So ähnlich auch Hitler, vgl. Mein
Kampf, S. 746.
52 Corrigan, S. 259.
53 Michel, Henri: Les Anglais ont abandonné tout leur matériel lourd – Die
Engländer ließen ihre gesamte schwere Ausrüstung zurück.
54 Unter vielen vgl. Ausführungen von Michel, S. 27.. il (= Lord Gort) accélère
la destruction de la 1ère armée française … 110.000 französische Soldaten
decken den Abzug der Engländer … Nicolson, Harold, Tagebücher und
Briefe, Stuttgart, 1969 (Übers. aus dem Engl.)
57 Clarke, S. 10.
58 Clarke, S. 19.
59 Der Sieg über Rommel bei El Alamein mag die Ausnahme sein. Vermutlich
wird Rommel in England deswegen so gefeiert, um diesen Erschöpfungssieg
um so strahlender erscheinen zu lassen.
61 Boog/Förster S. 88 ff .
63 vgl. Boog/Förster, S. 98: Von diesen Panzern waren rd. 1860 mittlere und
schwere Panzer, die alle deutschen Typen in jeder Hinsicht übertrafen.
64 Nicolson, FN 16, am 19. Juni 1940: Unser Angebot, uns mit Frankreich zu
vereinigen, hat dort wenig Anklang gefunden. Ich hatte mich schon gefreut,
französischer Staatsbürger zu werden und bedaure, daß nichts daraus
geworden ist.
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Gabriel Hanotaux (1893 bis 1895 und von 1896 bis 1898 Außenminister, und
1898 Kolonialminister Frankreichs) sagte: Die kolonisatorische Mission
Frankreichs ist die intellektuelle und moralische Evangelisation der Völker.
Wenn Kunst, Literatur, Sprache und Geist Galliens nicht ausgesät wären, der
Rest des Universums wäre unfruchtbar gewesen.
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Wir Deutschen aber klagen uns an wegen der harmlosen und überdies ganz
anders gemeinten Verse E. Geibels: Am deutschen Wesen soll die Welt
genesen.