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VO Osteuropäische Geschichte Schmitt WS21 22 Zusammenfassung

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Jiří Max Kynčl
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VO Osteuropäische Geschichte

Univ. Prof. Dr. Oliver Schmitt


WS21/22
Zusammenfassung
* Notizen aus Vorlesungseinheiten: Kein Anspruch auf Vollständigkeit und Korrektheit

Viel Glück und Erfolg bei der Prüfung!


Inhaltsverzeichnis
Informationen zur Prüfung...................................................................................................................3
Vorlesung 1 – Einführung, Betrachtungsraum, „Osten“.......................................................................4
Vorlesung 2 – Mentale Landkarten, Raumbegriffe, „Osten“................................................................6
Vorlesung 3 – Geschichtsregionen, Serbien, Montenegro, Nordosteuropa, Kaliningrad.....................9
Vorlesung 4 – „Südosteuropa“, „Balkan“, Imperien, Byzantinisches Reich......................................12
Vorlesung 5 – postimperial, Commonwealths, Russisches Reich, Byzantinisches Reich.................15
Vorlesung 6 - Autokratie vs. Parlamentarismus, Livland, Polen-Litauen, Moskauer
Imperium/Russisches Reich...............................................................................................................17
Vorlesung 7 – Osmanisches Reich, Vergleich mit Habsburgermonarchie..........................................22
Vorlesung 8 – Osmanisches Reich, Rechtspluralismus, Multireligiösität..........................................25
Vorlesung 9 – Entstehung Europas, Königreiche...............................................................................28
Vorlesung 10 – Kolonisation, Deutscher Orden (Preußen), Livland, Polen-Litauen.........................32
Vorlesung 11 – Commonwealth, Polen-Litauen, Venedig, Steppe.....................................................36
Vorlesung 12 – Steppe, Kosaken, Kirchenunionen............................................................................40
Vorlesung 13 – Zeit nach 1800, Russisches Imperium, Osmanisches Reich, Imperien &
Nationalstaaten...................................................................................................................................44
Vorlesung 14 – Imperien der Moderne, Nationalstaaten, postimperiale Staaten................................48
Informationen zur Prüfung
➔ Essaythemen
➔ Systemvergleiche: Commonwealths, Imperien; Vergleich Imperien – Königreiche oder
Imperien – Nationalstaaten
➔ Steppengeschichte
➔ Vergleich der Imperien in der Moderne
➔ Ist „Zwischeneuropa“ Subjekt oder Objekt?
➔ mit Aussagen konfrontiert: Stellung zu einer These nehmen
➔ z.B. „Die Ukraine war schon immer ein Teil Russlands“ → wer stellt so eine These
warum auf? Und dazu Stellung nehmen
➔ Prüfungstermine: 4.2.; 1.4.
➔ bei Quellen außerhalb der VO: zitieren
➔ eigener Moodle-Zugang
➔ 90 Minuten Zeit
➔ wichtig: politische Strukturen
Vorlesung 1 – Einführung, Betrachtungsraum, „Osten“
Wofür steht Osten?
• Auch für eine ganz bestimmte Vorstellung des Westens
• Song aus Ukraine 2013: https://www.youtube.com/watch?v=iMJcmoocwAE
◦ wollen demokratisch regierten Rechtsstaat? Zivilgesellschaft vs. gewaltbereites Regime
◦ nicht selbstverständlich, dass man wählen gehen kann & einen funktionierenden
Rechtsstaat hat
◦ Symbolik in diesen Ländern sehr wichtig: z.B. EU Flagge
• Ukraine für Europa immer etwas Fremdes geblieben
◦ z.B. Steinmeier: Gas-Pipeline mit Schuld gegenüber Russland wegen NS Verbrechen
begründet, aber die größten Verlierer davon waren die Ukraine
• Russische Kultur als sehr positiv gesehen
• Zuwendung nach Europa wächst, je weiter man nach Osten kommt, weil man da eher weiß,
was „der Westen“ überhaupt für einen bedeutet

Rumänien
• Rumänisches Lied: https://www.youtube.com/watch?
v=ISEffDkH8aE&list=RD6g8Tqn6Um9w&index=4 :
◦ „zu Hause ist Rumänien“ inoffizielle Hymne der rumänischen Auswanderer
◦ Leiden an Migration thematisiert
▪ Armut im Alter, schlechte Gesundheitsversorgung,…
▪ Großeltern kümmern sich um Kinder, während Eltern im Ausland arbeiten
(zerrissene Familien)
• Westen steht für Zerstörung der Umwelt
◦ Wald wird zerstört: Wald für Rumänen wichtig
◦ https://www.addendum.org/holzmafia/ikea-auf-dem-holzweg/
▪ Artikel über Ikea in Rumänien
◦ AUR: neofaschistische Partei, die sehr beliebt ist
▪ sind nach Österreich, um Holzkonzerne anzuprangern
• Westen = Kapitalismus (aber wem wird damit in die Hände gespielt?)
◦ also auch: Westen = Meinungsfreiheit,...
◦ Sehr viele Rumänen, aber auch Ukrainer wandern aus: meist in Richtung Westen
▪ weil instabiler Rechtsstaat und schlechte Gesundheitsversorgung, schlechtes System,
… (weil schlechte Finanzierung, aber auch Abwanderung von
Gesundheitsfachkräften in Westen)
• Stefan IV: Fürst der Moldau
◦ Nationalheiliger
◦ vor allem in der Bukowina
• Nicolae Ceausescu
◦ Revolution gegen ihn 1989
◦ aber Kommunismus in Strukturen immer noch enthalten
• 1775 Bukowina
◦ Österreichisches Gebiet unter Habsburger
• https://www.youtube.com/watch?v=fpIPZhBRxlc (Rumänisches Lied 2)
◦ 2018 Demonstrationen in Rumänien
▪ gegen das unfreiwillige Auswanderung, weil Regierung & Verwaltung ein Leben in
Rumänien nicht möglich gemacht hat
▪ Polizeitgewalt: noch mehr Frustration
◦ 2019: Gedenkkundgebung & dieses Lied aufgenommen
• Orthodoxie:
◦ sehr starke Zugehörigkeit zum Christentum
◦ sehr sehr viele bezeichnen sich als gläubige Christen
◦ Rumänien gilt als christlich, nicht als sekularisiert

Westen – Osten
• Westen kann man weiter unterteilen, genauso wie man Osten weiter einteilen kann
• soll man von Osten reden?
◦ RGW: Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe
◦ Ostblock: Sowjetland in Europa
▪ Osten: sehr durch Ostblock-Vorstellung geprägt
▪ Gedanke, dass Europa nach dem Fall des eisernen Vorhangs wieder
zusammenwächst
▪ Begriff Ostblock eigentlich nicht mehr verwendet, aber 2015 wieder durch die
innereuropäische „Krise“
• Osten
◦ Orthodoxie: oft regierungsnah, von Korruption geprägt
◦ Ostslawische Systeme
▪ autokratisch autoritär (Russland)
▪ Selbstorganisation/Freiheit (Ukraine → nach Westen orientiert)
▪ Commonwealth (Polen, Litauen)

Betrachtungsraum
• welchen Raum man betrachtet
◦ aber: auch in welcher Zeit, welche Umstände?
• riesigen Raum gliedern: durch welche Fragestellungen?
Vorlesung 2 – Mentale Landkarten, Raumbegriffe,
„Osten“
Raumkonstrukte: mentale Landkarten
• Heuristisches Konstrukt
◦ Landkarten im Kopf konstruieren, indem man eigene Vorstellungen einbaut
◦ Raumkonstrukte aus rein wissenschaftlichen Kontexten: heuristisches Konstrukt
▪ im allgemeinen Kontext oft aber mit vielen Konnotationen
◦ es geht nicht darum, eine Region zu konstruieren, die genau definiert ist
▪ man muss also immer auch das außerhalb der Region betrachten
▪ keine klaren Abgrenzungen, Kontext ist wichtig
◦ z.B. auch Tirol: mentale Landkarte
▪ Südtirol & österreichisches Tirol, auch Tessin & Engadin
▪ faschistisches Italien wollte damit Eroberungen legitimieren
◦ Was macht eine mentale Landkarte aus?
▪ z.B. Osteuropa: Zugehörigkeit zu Sowjetunion-Komplex als Definitionsmerkmal,…
▪ z.B. auch mentale Grenzen innerhalb Deutschlands: auch Wahlergebnisse
▪ mentale Landkarten sind also sehr stark emotional aufgeladen mit Klischees etc.

Westen & Osten Europas


• westeuropäische Geschichte & osteuropäische Geschichte
• lange ein solcher Zugang der Abgrenzung, aber lange diskutiert und eigentlich verworfen
◦ vor allem auch weil Definition von Grenzen schwierig ist
▪ z.B. Ural als Grenze Europa/Asien: Sibirien nicht dabei, also Russland geteilt
praktisch
▪ in der Mitte z.B. Deutschland, Österreich: nicht sicher, ob Westen oder Osten
• Konnotationen des Westens
◦ positiv: Demokratie, europäische Kultur, Rechtstaatlichkeit, positive Norm,…
◦ negativ: Niedergang, sittlicher Zerfall, Auflösung von Werten, Auflösung der
traditionellen Familie,…
• in vielen Ländern nicht sicher, ob sie sich Westen annähern wollen oder nicht
◦ die meisten orthodoxen Länder, aber auch muslimische Länder unsicher
▪ z.B. Türkei, Russland
◦ annähern oder abgrenzen?
◦ Russland: Panslawisten
▪ wollen Einheit aller slawischen Völker in Europa
▪ Bewegung im 19. Jahrhundert entstanden
◦ Türkei
▪ momentan imperiale Politik
▪ auch Russland imperiale Politik
• Idee der Modernisierung im 19. Jahrhundert
◦ meist Anlehnung an den Westen
◦ z.B. Osmanisches Reich
▪ Militärreform, Verwaltungsreform (auch im Russischen Reich solche Reformen)
▪ aber Verfassung, Demokratie, Rechtsstaat wenn dann nur für kurze Zeit eingeführt
▪ dann wieder autoritäres System
◦ z.B. Russland
▪ von 1905-1907 Verfassung
▪ dann totalitäres System der Bolschewiken
1917
• Russland 1917: Februar: Revolution zum Sturz des Zaren
◦ „Oktoberrevolution“ eigentlich Putsch der Bolschewiken
▪ eigentlich keine Revolution
• Russland, Österreich-Ungarn & Osmanisches Reich kollabieren

komposite postimperiale Staaten


• Kompositer Staat
◦ Begriff aus früher Neuzeit
◦ Staaten, die aus verfassungsrechtlich mehrern Staaten zusammengesetzt sind
• z.B. Polen-Litauen
◦ Polen war um 1900 kein eigener Staat, aber viele wollten das
◦ 1918 polnischer Staat entstanden
◦ Titularnation (Polen) waren nicht einheitlich
▪ gleiche Sprache, aber nicht einheitlich
▪ vor allem von Region zu Region aufgrund unterschiedlicher Geschichte
▪ Polen als Minderheiten in Preußen und Russland: eher unterdrückt
▪ Polen aus Preußen fühlten sich den Polen aus Russland überlegen
▪ Polen aus Galizien in Habsburgermonarchie: weniger unterdrückt
◦ Polen-Litauen: Commonwealth
▪ 1772-95: polnische Teilungen
▪ Polen-Litauen von 1569-1795
• z.B. Rumänien
◦ 1918: osmanisch, ungarisch, österreichisch und russisch geprägte Teil
▪ sprechen alle gleiche Sprache, aber Prägungen sehr unterschiedlich
• z.B. Serbien
◦ Vojvodina (österreichisch-ungarisch geprägt)
▪ Vojvodina hat früher zu Österreich-Ungarn gehört
▪ Menschen heute haben mit denen damals nichts zu tun
▪ Donauschwaben (deutsche Bevölkerung) umgebracht
▪ ungarische Bevölkerung auch weg
▪ Umsiedlungen, um Bauernhöfe der deutschen Bevölkerungen weiterzuvergeben
▪ trotzdem kann man die österreichisch-ungarischen Einflüsse noch nachvollziehen
◦ ganz anders als Sumadija (Osmanisch geprägt)
• postimperiale Binnengrenzen
◦ man kann immer noch erkennen, wo früher Grenzen verlaufen sind
◦ z.B. an Wahlergebnissen
• auch Brexit wird eine gewisse postimperiale Abgrenzung bewirken
◦ als Teil von Europa/EU

Raumbegriffe
• welche Raumbegriffe man verwendet ist essentiell für die Forschung und den Diskurs
• Globale Ebene nicht bewältigbar, daher braucht man eine gewisse Raumeinteilung
◦ wissenschaftlich wäre es Unfug, keine Begriffe zu verwenden
• man muss sich aber bewusst sein, welche Begriffe man verwendet und was mit der
Anwendung eines Begriffes mitschwingt
• welche Alternativen gibt es?
◦ Geschichtsregion
▪ Raum, der kleiner ist als ein Kontinent und größer als ein Staat
▪ genügt bestimmten Definitionkriterien
▪ z.B. Balkan (Begriff auch sehr negativ aufgeladen)
◦ Auch andere Deutungsregionen
▪ z.B. Imperien (frühere Imperien,…)

Der Osten
• Osten ein relativ junges Konstrukt
◦ vor allem seit 19. Jahrhundert
• Russland zuerst als Norden gesehen, dann als Osten
◦ von 1700-Mitte 19. Jahrhundert: Russisches Reich als Norden gesehen
◦ mentale Landkarten wandern
• unter Peter dem Großen wurde Russland Teil des europäischen „Mächtekonzert“
• 1813 Russland als „Retter“ vor Napoleon unter Alexander I.
◦ sah sich selbst als Retter Europas
• Russland wird zu einem Gegner des Westens durch Krimkrieg 1853-1856
◦ Sardinien-Piemont gegen Russland
◦ Medien in Massengesellschaften in Frankreich & England: Feindbild Osten geschaffen
◦ früher Russland als Nordische Macht und Verbündeter gegen Napoleon, dann der böse
Osten als das Andere, der Feind des britischen Empires
◦ Dardanellen-Vertrag
◦ Krimkrieg für Österreich der Beginn einer Entfremdung Russlands
▪ Russland erwartete, dass Österreich ihnen zur Hilfe kommt unter Kaiser Franz-
Joseph, aber das Gegenteil passiert, was später zum Österreich-Russischen Krieg
führt
• Russland auch lange als Partner der traditionellen, imperialen Monarchie gesehen
• Begriff Osten oft negativ aufgeladen
◦ auch durch Begriff „Ostblock“
◦ im Gegensatz zu Westen, Süden, Norden: Osten als ausschließender Begriff
• Figuren des Westens
◦ Peter der Große als Figur des Westens in Russland
▪ unter Peter dem Großen: Russland als Norden: fortschrittlich
◦ Atatürk als Figur des Westens in der Türkei

„Naher Osten“, „Mittlerer Osten“


• Mittlerer Osten: Middle East
◦ z.B. über Syrien, Israel, Türkei, …
• wo ist dann der Nahe Osten?
◦ Perspektive aus London: Balkan ist der Nahe Osten
• konstruierte Regionen aus dem 19. Jahrhundert
• für Briten war The East das Osmanische Reich
◦ Near East: von Österreichischen Grenzen aus, von Bosnien bis zum Bosporus
◦ Middle East
◦ Far East
• Levante: Ägäisraum, Ostmittelmeer; „Osten“, „Morgenland“
• Ponente: „Westen“
Vorlesung 3 – Geschichtsregionen, Serbien,
Montenegro, Nordosteuropa, Kaliningrad
Geschichtsregionen und Begriffe
• Osteuropa
◦ im engeren Sinn: Definition durch Sprache
▪ aber nicht Russische Geschichte
▪ Ostslawisch: Russland, Ukraine, Weißrussland, …
• Ostmitteleuropa
◦ Polen, Böhmische Länder, Königreich Ungarn,…
◦ hatten keine Formen von Absolutismus
• „Zwischeneuropa“
◦ Zwischen Sowjetunion & Deutschem Reich
◦ Baltikum bis zum schwarzen Meer
◦ westlicher Versuch, sowohl Sowjetunion, als auch NS-Deutschland aufzuhalten
• „Mitteleuropa“
◦ Begriff von Naumann: nach Interessen des Deutschen Reiches, geostrategisches Projekt
◦ nach 1945: kaum verwendet in der Gegend
• „Zentraleuropa“
◦ wurde statt „Mitteleuropa“ verwendet
◦ Implizit: hinter eisernem Vorhang, aber nicht „Ostblock“, sondern Zentrum Europas
◦ Zentrum abgeschnitten von Westeuropa, haben mit Osteuropa eigentlich nichts zu tun
◦ Visegrad-Gruppe: Konferenz Ostmitteleuropäischer Vertreter
▪ auf Burg Visegrad, wo sich früher schon Könige getroffen haben
▪ Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei
▪ Interessensgruppe: wollen EU beitreten
▪ „Zentraleuropa“, aber mit anderer Funktion
◦ Kalter Krieg: Konzept von Zentraleuropa
▪ nicht Sowjetunion, nicht Deutsches Reich
▪ wollen eigene Gruppe sein, wollen eigener kultureller Raum sein
▪ verliert Funktion nach Kommunismus
▪ dann Visegrad-Gruppe: Integration in die EU
▪ Exklusion anderer Länder, die in die EU wollten: kulturhistorische Gründe
▪ aber eigentlich politischer Pragmatismus: nicht jeder kann beitreten
▪ Gruppe dann nicht mehr wichtig, aber 2015 wieder
▪ V4: z.B. wissenschaftliche Zusammenarbeit, auch Österreich teils dabei

Wie werden Geschichtsregionen konstruiert und was subsummiere ich darunter?


• z.B. Ukrainer als eigenes Volk anerkennen oder nicht
◦ als würde man sagen, Österreicher sind eigentlich Deutsche
• Was macht eine Nation aus?

Serbien & Montenegro


• Raska
◦ heutiges Novi Pazar: heute vor allem muslimische Region
◦ ab spätes 12. Jh: Nemanjiden Herrschaftsdynastie
• Zeta
◦ heutiges Montenegro
◦ Dioclea/Duklja
◦ 1459 erobern Osmanen Serbien
▪ Serbien normale Provinz, Montenegro autonom
◦ Vladika: Fürst/Erzbischof; vererbtes Amt
◦ 1878 unabhängig von Osmanischem Reich: auch Serbien unabhängig
◦ kurz vor 1. Weltkrieg
▪ Königreich Montenegro unter König Nikola
▪ Serbien & Montenegro kämpfen gegen Habsburgermonarchie, werden einverleibt
◦ nach Zusammenbruch der Habsburgermonarchie: Königreich der SHS (später
Jugoslawien)
◦ Montenegro: Bürgerkrieg: zwischen Anhänger der Serben und Anhänger des Königs
◦ Zwischenkriegszeit: ab 1929 Jugoslawien Diktatur
▪ Großdepartements Banovina nach Flüssen benannt
▪ „Zeta“ wurde im Namen wiederbelebt
◦ Kommunisten unter Tito haben Teilrepublik „Montenegro“ gehabt
◦ 1988 gewaltsamer Putsch in Podgorica
▪ Pro-Serbische haben Macht übernommen
▪ Krieg: Montenegrinische Gruppen beteiligt: z.B. bei Bombardements von Dubrovnik
• Kräfte, die Unabhänigkeit wollten
◦ Distanz zu Serbien
◦ eigene Sprache & Geschichte betont
◦ auch Versuch, eigene orthodoxe Kirche zu gründen, unabhängig von Belgrad

Nordosteuropa
• baltischer Raum
• 1721 (Frieden von Nystad) – 1917
• Prägung durch Hanse, Ordensstaat
• Deutsche/schwedische Prägung; kaum polnisch-litauisch
◦ deutschsprachiger, protestantischer Adel
◦ protestantische Bauernschaft
◦ Anbindung an die Hanse
• Tradition des Ordensstaats
• „Nordosteuropa“
◦ von Historikern außerhalb der Region geprägt
◦ um zu definieren, dass es außerhalb Russlands liegt
◦ Konzept vor allem im deutschsprachigen Bereich
• „Ostseegeschichte“
◦ kaum verbreitet
• „Baltische Geschichte“
◦ Estland, Lettland, Litauen
• Provinzen waren auch lange autonom
◦ erst 19. Jahrhundert immer mehr Druck zur Gleichschaltung zu Russland
• sprachlich
◦ Estnisch mit Finnischem verwandt
◦ Lettisch & Litauisch: Indogermanische Sprachen
▪ wird oft mit Sanskrit verglichen: sehr alte Sprache
▪ eine Art Ur-Indogermanische Sprache bzw. Annäherung daran oft damit versucht
• Litauen
◦ katholisch
◦ Alteuropäischer Staat: eigentlicher Schwerpunkt Weißrussland & Teile der Ukraine
◦ heutiges Litauen eigentlich nur Resultat einer Expansion gewesen
Königsberg/Kaliningrad
• Ostpreußisch
• protestantisch: außer Ermland: katholisch
• hauptsächlich deutschsprachig, teils polnischsprachig
• Masuren (polnisch), an der Memel auch litauisch
• Vertrag von Versailles: Westpreußen fiel nach Polen
• 1920: Volksabstimmungen
◦ fast alle für Deutschland gestimmt
◦ Protestanten: haben sich als Preußen gefühlt, nicht als Polen (= katholisch)
▪ Sprache ist also nicht gleich Identität
• heute russische Enklave von EU-Gebiet umgeben
◦ Deutsche Bevölkerung fast verschwunden
◦ Suwalki-Korridor
▪ geht um russisches Gebiet herum
▪ ein strategisch heikles Gebiet Europas: Sicherheitspolitisch für EU & Nato schwierig
Vorlesung 4 – „Südosteuropa“, „Balkan“, Imperien,
Byzantinisches Reich
„Südosteuropa“/ „Balkan“
• Südosteuropa in Nationalsozialistischer Politik
◦ Hegimonialpolitik
◦ NS-Deutschland hat versucht, Vasallenstaaten daraus zu machen
• Nachkriegszeit
◦ Begriffe „Südosteuropa“/ „Balkan“ parallel verwendet
• Unesco Aiesee
◦ Internationale Vereinigung der Südosteuropastudien
◦ Initiative von Ceausescu
• Südosteuropa-Begriff außerhalb der Region konzipiert
◦ aber die Person stand der Region sehr nahe
◦ Begriff wird auch innerhalb der Region verwendet
• Balkan Begriff nach Jugoslawien-Krieg etc. eher negativ verstanden
◦ dann hat man auf Südosteuropa-Begriff zurückgegriffen
• Ungarn, Balkan
◦ zuerst Osmanisch, dann Habsburgermonarchie
▪ neue Struktur, mehr ostmitteleuropäisch
▪ Begriffe & Zugehörigkeiten zu Geschichtsräumen immer von Epoche abhängig
• „Balkan“
◦ bezogen auf Gebirge, das im heutigen Bulgarien liegt
▪ Weltenkette Catena mundi
▪ man dachte, dass das Gebirge sich von der Adria bis zum Schwarzen Meer
durchzieht (Weltenkette): deswegen lokales Gebirge als Name für ganze Region
◦ „Balkan“ steht auch für serbischen & rumänischen Hegemonialanspruch

Griechenland und Balkan


• Griechenland wird oft als mediterran dargestellt
◦ Bevölkerung hat mehr mit Byzanz zu tun, mit Antike aber wenig
◦ Wahrnehmung Griechenlands trotzdem über Antike
• Griechenland Nachfolgestaat des Osmanischen Reiches (Orthodoxie,…)
• Romiosyni vs. Helenentum
◦ Rhomaios
▪ Griechische Bezeichnung für Römer
◦ Helenentum
▪ Selbstbezeichnung antiker Griechen
▪ im Mittelalter hieß der Begriff „Ketzer“: extrem negativ besetzt
▪ im 18./19. Jahrhundert Begriff wiederbelebt: auch durch griechische Diaspora
• Anfang 19. Jh Schwärmen westlicher Intellektueller für antikes Griechenland als
Demokratie
◦ viele freiwillige kämpften dann in Griechenland, um die „Demokratie zu verteidigen“
• Identitätsbildung in Griechenland schwieriger Fall

„Westbalkan“
• mit Zerfall Jugoslawiens Chiffre für Gebiete ehem. Jugoslawiens/Albaniens, die nicht Teil
der EU waren
• diplomatisch konstruierter Begriff, der variabel ist
◦ z.B. Slowenien seit Beitritt nicht mehr Teil Westbalkans
▪ Slowenien wurde vom Objekt zum Subjekt der Westbalkanpolitik
• Künstlichkeit schon daran erkennbar, dass keiner von „Ostbalkan“ redet
◦ wäre theoretisch Bulgarien, Griechenland,…

Raumbegriffe
• Raumbegriffe auch politische & strategische Funktionen
• helfen, heuristische Räume zu schaffen
◦ aber sind keine gottgegebenen Einheiten, sondern sind konstruiert
▪ Frage, wer konstruiert und wozu
▪ gibt es konkurrierende Begriffe?

Schwerpunkt der Vorlesung: politische / Herrschaftsgeschichte


• Welche politischen Herrschaftsformen können wir beobachten, um den Raum zu gliedern?
• Nationalgeschichtlicher Zugang: Imperien, Königreiche, Commonwealth
◦ …z.B. zwischen 1795-1918 Polen

Imperium
• lateinischer Begriff z.B. auch imperator = Feldherr
• Begriff „imperialistisch“ ursprünglich politischer Kampfbegriff der Kommunisten (kein
analytischer Wert)
• was ist ein Imperium? → 2 Ansätze
◦ 1. Versuch, Beschreibung zu finden, was ein Imperium ausmacht (z.B. Wille zur
Expansion, …)
▪ Gefahr, dass etwas konstruiert wird
▪ z.B. bei 8/10 Kriterien erfüllt ist es ein Imperium?? macht keinen Sinn
◦ 2. geht vom Selbstverständnis des Staates als Imperium aus
• was macht ein Imperium aus?
◦ allumfassende Definition gibt es nicht
◦ 1. Größe
▪ alles Teil des Landes & Aufbaubestreben, oder kolonial ausgebeutet?
◦ 2. Vielfalt von Sprachen & Religionen
▪ hatten aber meist Leitkultur
◦ 3. zentrale und periphere Regionen
◦ 4. Imperiale Trägergruppen
▪ Leitkultur getragen meist von Eliten
▪ z.B. Eliten in Habsburgermonarchie: Österreicher, Deutsche, Tschechen, Polen,
Ungarn, Spanier, Italiener, Iren, Schotten, Niederländer,…
▪ z.B. Eliten im Russischen Reich: Russen, Tartaren, Bojare, Deutsche, …
◦ 5. Umgang mit Multiethnien und Multireligionen
• Was ist mit Imperien gemeint?
◦ Byzantinisches Reich (Ostrom)
▪ im Selbstverständnis an das Römische Reich angelehnt (Nea Rhome, Nova Roma)
▪ bis 1453 = Halosis = Eroberung von Konstantinopel: „das zweite Rom“
◦ Osmanisches Reich
▪ Steppenreich, Khanate
◦ Moskauer Reich
▪ „das dritte Rom“
◦ Habsburgermonarchie
▪ Expansion nach Osten
▪ Ambition: Vormacht am Balkan werden

Byzantinisches Reich
• sieht sich als direkte Weiterführung des Römischen Reiches
◦ Basileus Kai Autokrator Ton Rhomaion: Selbstherrscher der Römer
◦ Rom → Konstantinopel
• Orthodoxie
◦ Rechtgläubigkeit
◦ Distanz von Rom
◦ Symphonia
▪ harmonische Beziehung zwischen Kirche und Staat
▪ orthodoxe Staaten: Kirche passt sich meist an die weltliche Macht an
◦ Oikonomia
▪ Fähigkeit des subtilen/flexiblen Ausgleichs von Kirche gegenüber Staat
▪ Kirche tritt Staat nicht gegenüber
◦ Kaiser als Vertreter auf Erden für die Rechtgläubigkeit (auch Patriarch)
• Eliten in Byzanz
◦ Armenier (z.B. Basileios), Bulgaren, Georgier, Lateiner (Franzosen, Normannen,
Varäger…), Araber, Türken (christliche), Slawen, …
◦ wichtig war die Orthodoxie: Übertritt zur Orthodoxie

Konflikte innerhalb der Orthodoxie


• Konflikte zwischen z.B. ukrainisch orthodoxer Kirche und russisch orthodoxer Kirche
◦ → keine religiösen Auseinandersetzungen, sondern politische
Vorlesung 5 – postimperial, Commonwealths,
Russisches Reich, Byzantinisches Reich
Postimperial
• Imperien
◦ von außen angelegt oder eigenes Selbstverständnis?
• Osteuropäische Probleme sind postimperiale Probleme
◦ durch Zerfall des Osmanischen Reiches und der Sovietunion
• Junge Garde der Türkischen Republik sehr involviert in Genozide
◦ nicht nur an Armeniern sondern auch an den vielen Christen in Anatolien (damals 20%
der Bevölkerung, dann nur noch 2%)
• In Russland und Türkei sind die Phänomene von Imperiumsverehrung deutlich erkennbar
• Relevanz des Imperiums
◦ sehr lange zeitliche und auch räumliche Ausdehnung
▪ Byzanz (324-1454)
▪ Russland (1547-1917)
▪ Österreich (1699-1918)
• Nation folgt auf imperiale Tradition
◦ Imperien sind für Verständnis des Handelns moderner Staaten wichtig
◦ Imperien sind Referenzpunkte
• Jedes Imperium ist Gegenstand einer eigenen Disziplin
◦ Byzantinistik: Hermann Hunger
◦ Osmanistik
◦ Osteuropäische Geschichte
• Zentrale Funktionen des Imperiums
◦ Rombezug
◦ Christliche Oberhoheit
◦ Beschützerrolle
• Moskauer Patriarchat ab 1589
◦ relativ jung, aber politisch mächtig

Wichtige Begriffe im orthodoxen Verständnis


• Symphonia
• Oikonomia

Russisches Reich
• Normannenstreit im russischen Staatsverständnis
◦ Skandinavier als Staatsgründer
• Smuta/Wirren
◦ der Moment, in dem Russland eine Adelsrepublik hätte werden können (Polen)
◦ aus russischer Sicht der absolute Tiefpunkt der eigenen Geschichte
◦ Moskauer Autokratiemodell ist nicht alternativlos gewesen
◦ russische Autokratie und Polnische Adelsrepublik: zwei absolute gegensätzliche Modelle
politischer Tradition
• Wandel von der Familienherrschaft in vielen Gebieten der Rus zur Autokratie ist nur durch
mongolische Oberherrschaft möglich gewesen
• Ukraine ist Pfahl im Fleisch Russlands
◦ weil kulturell nahestehendes, aber ziemliches politisches Gegenmodell
• Kiever Reich im 11./12. Jahrhundert stark eingebunden ins adelige Heiratsmodell Europas
◦ bis zum Fall durch den Mongolensturm
• Sammlung der rus‘ischen Erde durch Moskau
◦ unterwürfigste Vasallen der Mongolen
◦ 1478 letzter politischer Konkurrent Moskaus (Novgorod) ausgeschaltet
• Vece durch Glocke eingeläutet: von Großfürsten mit Schlitten nach Moskau verschleppt,
zusammen mit Deportation der Eliten
• Wichtige Charakteristika
◦ zuerst Zartum, dann (vom Metropoliten zum) Patriarchat
◦ Staatsgrenze und kirchliches Jurisdiktionsgebiet fallen zusammen
▪ bzw. das zweite beschränkt/bezieht sich auf das erste

Commonwealth
• Byzantinisches Commonwealth
◦ Rechristianisierung des Balkans nach Zerfall des Weströmischen Reichs
◦ Harte Gegnerschaft mit Westen, Bulgarien 864/65, 988/89
◦ politisch nicht von Byzanz abhängig, aber kulturell komplett davon durchdrungen
▪ je schwächer Byzanz politisch wurde, desto stärker hat es kulturell-orthodox auf den
Balkan ausgestrahlt
▪ vor allem außerhalb der eigenen Grenzen kulturell-ideell, aber nicht politisch
ausgestrahlt
▪ Orthodoxe Kirche dient ja auch immer den weltlichen Interessen einzelner Nationen
▪ Konzept von Staat und Kirche im Byzantinischen Verständnis von Orthodoxen
Staaten angenommen
• 3 Commonwealths
◦ Byzantinisches Commonwealth
◦ Polnisch-Litauisches Commonwealth
◦ Venezianisches Commonwealth

Sonstiges
• 1371 Schlacht an der Marica
◦ Vernichtende Niederlage des serbischen Adels gegen Osmanen
• Nationalistische Verhärtungen in der bosnischen Politik
Vorlesung 6 - Autokratie vs. Parlamentarismus, Livland,
Polen-Litauen, Moskauer Imperium/Russisches Reich
Autokratie vs. Parlamentarismus
• Altmoskau: Autokratie (ohne funktionierendes Parlament)
• andere Modelle
◦ Adelsrepublik (Novgorod): Parlamente (nicht Zar gibt Linie vor, sondern auch andere
die bestimmen)
◦ Ostslawen in Polen-Litauen (Parlament): institutionalisierte Teilhabe: Landtage
(Sejmik); Nationalversammlung (Sejm)

Livland (heutiges Lettland & Estland)


• Altlivländischer Staat (13. Jh – ca. 1560)
• deutscher Orden
• typischer Teil von Alteuropa
• Kleinteiligkeit: Partizipationsmöglichkeiten z.B. Landtage etc.
• von Moskau zerschlagen
• baltische Geschichte auch heute wichtig (auch z.B. Beziehung zu Russland)

Polen-Litauen
• Weißrussische/Ukrainische Geschichte
◦ Ringen um Kiewer Rus
◦ heute: Weißrussland gegen Polen
• Polen-Litauen & Russland/Moskau: Beziehungen für osteuropäische Geschichte wichtig
◦ Polen-Litauen: großer Teil Osteuropas
◦ heutige Konflikte oft durch Geschichte zwischen den beiden erklärbar
◦ → Recht des stärkeren soll nicht gelten

Moskauer Imperium
• Erhebung zum Zarentum 1547
• Erhebung zum Patriarchat 1589
• Brüche
◦ Smuta (Zeit der Wirren): 1598-1613
◦ Aufhebung der Dienstbindung des Adels an den Zaren 1762
◦ Abschaffung des Patriarchats 1721

Adel und Zar


• kennt Adel (Bojaren), aber Adel früh an Großfürst von Moskau gebunden = Zentralisierung
◦ wenn ein Gebiet erobert wird, wird der Fürst an den Großfürst von Moskau gebunden
• Bojaren eher Dienstherren des Zaren
◦ bilden keinen Stand, sondern haben Stellung nur in Bezug auf Herrscher
◦ können aber Druck auf Herrscher ausüben
◦ Mestnicestvo: Rangordnung
◦ Adelige nicht festgeschrieben/rechtlich abgesichert (wie z.B. Livland,…)
▪ z.B. heute: informelle Gruppen: große Wirtschaftler (vergleichbar)
• Zusammenarbeit Adel & Zar
◦ Adel hilft Zar bei Kontrolle über die Bauern (immer mehr Leibeigenschaft)
◦ Adel gibt Freiheit auf, aber bekommt vollen Zugriff auf Bauernschaft
◦ Kosaken: Bauern; versuchen sich diesem Adel zu entziehen
◦ Katharina II.: Höhepunkt dieser Allianz der Zaren & Adel
▪ Bauernschaft über Adel abrufbar
• Adel setzte immer auf Zentralmacht des Zaren
◦ wollte selbst nie starke Stellung durch z.B. Parlament
◦ geprägt durch Smuta: strebten nach Stabilisierung durch Machtkonzentration auf Zar
◦ deshalb große Reform dieses Systems bis 1917 gescheitert
• Abgrenzung zum Westen
◦ Adel nicht als Gegenüber des Zaren, sondern Zusammenarbeit
• 1762: Aufhebung der Dienstbindung des Adels durch Katharina II.
◦ Auftrennung zwischen Macht und Gesellschaft
▪ „Gesellschaft“ = gebildete Menschen
▪ Gesellschaft entfernt sich vom Staat → nicht mehr im Staatsdienst
▪ Oppositionelle & „Intellektuelle“ entstehen aus Gesellschaft (→ 19. Jh)
◦ Frage: Wie wird Macht jetzt verwaltet?
▪ Speranskij (Minister Alexander I): Gedanken über Verfassung & Volkssouveränität
▪ viele Ideen aus dem Westen kamen nach Russland (wegen Krieg gegen Napoleon)
▪ Reformansatz der Dekabristen (Napoleonische Kriege; Putsch nach Tod Alexander I
1825) scheitert
▪ Nachdenken über Reformen/Beenden der Autokratie zentral: hat sich nicht
durchgesetzt; aber endete in russischer Revolution

Kirche (Orthodoxie) und Staat


• Erhebung zum Patriarchat 1589
• 17. Jh: Zusammenspiel mit der Kirche
• Patriarch Nikon ab 1652: Machtkampf mit Zar
◦ Staat setzt sich gegen Kirche durch
• heiliger Synod unter Peter der Große 1721
◦ Patriarchat abgeschafft
◦ Oberprokuror eingeführt: staatliches Oberhaupt der orthodoxen Kirche
◦ macht Kirche zu einer Art Behörde
◦ Orthodoxe Symphonie (Kirche - Staat) durchbrochen
• Patriarchat erst 1917 wieder eingeführt
• Russischer Slogan: Autokratie, Orthodoxie, narodnost
◦ narodnost: „Volkstümlichkeit“ = eine Art russisches Nationalverständnis

Peter der Große


• Westorientierung
◦ Modernisierung der Technologie (Armee & Verwaltung) im Sinne der Autokratie
◦ neue Hauptstadt St. Petersburg
◦ Russland nicht mehr nordische Macht, nicht mehr östliche Macht
◦ Russland greift immer mehr in europäischen Mächtekomplex ein
▪ bis Alexander I.: besiegt Napoleon; Russland für Europa wichtig: dominante Rolle
(18. Jh); dann auch durch Österreich: Versuch, russische Dominanz zu verdrängen
• heiliger Synod 1721: Patriarchat abgeschafft
◦ Kirche als Art Behörde
• Peter will Behördenstaat; nicht Gewaltentrennung
◦ Zar von Gottes Gnaden

Parlamentarismus in Russland
• 1. 1598-1613 Smuta (Zeit der Wirren)
◦ verhindert durch Adel: hätten eigentlich von Duma = Parlament profitiert
• 2. 1861: Vertretung auf Regional-Provinzebene (Landtage): Zemstvo
◦ konnten fast nichts erreichen; kaum Macht
◦ Reformzeit Alexander II
• 3. 1905-1907: Revolution von 1905
◦ scheiterte schnell: „Scheinparlamentarismus“ (Max Weber)
◦ Verfassung, Parlamentswahlen
◦ unter Druck des „tiefen Staates“ (vlast; Machtapparat) gescheitert (durch konservative
Kräfte)
• 4. Februar-Oktober 1917
◦ zwischen Revolution und bolschewistischem Putsch
◦ gescheitert durch Bolschewisten
• 5. 1991-1999: Nach Zerfall Sowjetunion
◦ Präsident Boris Jelzin
◦ durch Staats- und Wirtschaftswirren untergegangen, dann Autokratie von Vladimir Putin

Exkurs: Westler vs. Slawophile im Kontext des Parlamentarismus


• Westler nicht unbedingt Demokraten
• Slawophile
◦ beziehen sich auf Duma & Semskij Sobor
◦ aber auch Leute, die meinten, russische Autokratie sei richtig
• bei beiden Anhänger und Gegner des Parlamentarismus

Smuta: Zeit der Wirren


• 1598-1613
• Polen als Garnison saßen im Kreml während Zeit der Wirren
◦ als Besatzungstruppen
• Versuch, neue politische Ordnung zu schaffen
◦ „Ratskonstitutionalismus“ (Zernack)
▪ Verfassung für Moskauer Staat um Moskauer Rat (Adelsparlament) herum (wie in
Polen um Sejm)
• 1610: Romanovs haben Polen die Moskauer Krone angeboten
◦ polnische Truppen marschieren ein
◦ Höhepunkt polnisch-litauischer Macht
• Sohn polnischer König soll Zar werden
◦ Problem: konfessioneller Unterschied: Übertritt zur Orthodoxie verweigert
• Polnischer König: wollte polnisch-russische Personalunion unter seiner Führung errichten
◦ Doppelstaat unter seiner Führung
◦ Sohn nicht Zar
◦ hätte Kiewer Rus vereinigt
◦ passierte nie: Widerstand des Moskauer Adels/Orthodoxie & wieder zurückerobert
• Adel nach Zeit der Wirren/Aufstände
◦ war treibende Kraft für Wiederaufrichtung der Autokratie
▪ übernimmt nicht Macht, sondern legt sie wieder in Hand eines Zaren
▪ klare Absage an das polnische Modell
• eine von vielen Chancen für Parlamentarismus
• hätte Russland … bringen können
◦ polnische Dynastie
◦ Adelsherrschaft in Russland
◦ Aufrichtung der Autokratie (ist passiert)
• Anm: 1772, 1773, 1795: Polnische Teilungen: weil polnische Krone geschwächt

Aufstände in Russland
• nie gegen Zarentum, sondern gegen konkrete Personen
• Zarenmythos
◦ guter, fairer Herrscher
◦ umgeben von bösen Ratgebern
• falsche Zaren(söhne)
◦ aktuelle Macht böse, deshalb braucht es gutes Mitglied der Zarenfamilie
◦ meist ermordetes/verstorbenes/verschollenes Mitglieder der Zarenfamilie das „plötzlich
wieder auftaucht“
◦ Aufstand also legitim: stützt Zarentum
◦ z.B. Peter III
• 2 große Bauernaufstände
◦ 1670/1671 Stenka Razin
◦ 1773-1775 Pugacev
◦ bei beiden Minderheiten z.B. Muslime große Rolle gespielt

Russland als Imperium


• sehen sich im byzantinischen & römischen Erbe
◦ aber auch mongolisches Erbe: Großfürstentum Moskau erbt mongolisches Machtsystem
• Erhebung zum Patriarchat 1547
◦ untermauert imperialen Anspruch
• Peter der Große verwendet auch Begriff des „allrussischen Imperators“
◦ „Imperator“ als Fremdwort benutzt → ungewöhnlich
◦ greift auf Rom zurück: Botschaft in Richtung Westen
◦ Russland nicht mehr als 3. Rom
▪ 3. Rom: orthodoxes Rom
▪ 3. Rom: nichtkontaminierte Orthodoxie: keine Unterwerfung unter Osmanen oder
katholische Kirche
◦ Peter will wirklich Imperium
• große Ausdehnung Russlands
◦ Eroberungen

Ausdehnung Russlands
• Richtung Süden
◦ Beherrschung der Steppe
◦ mit Eroberung der Krim 1783 abgeschlossen: Krimchanat
◦ Vertrag von Andrusovo mit Polen-Litauen 1667
• Richtung Osten
◦ Sibirien ab 16. Jh
◦ 1689 Abkommen von Nercinsk mit China
◦ Handelsnetzwerk der Familie Stroganov
• Richtung Südosten
◦ Kaukasus
◦ 1801 Georgien russisch
◦ 1804-1828: Azerbaidschanische Kleinfürstentümer russisch
◦ Nordostkaukasus (= Tschetschenien & Dagestan): russischer Kolonialkrieg
◦ Zentralasien: Kasachstan, Turkmenistan, Tadschikistan, …
• Richtung Westen
◦ Ukraine, Baltikum
• bis 1552 noch andere Nachfolgestaaten der Goldenen Horde
◦ Kazan, Astrachan, Sibir, Krim
◦ Kasan & Astrachan durch Ivan der Schreckliche erobert
◦ Eroberung der Khanate bietet Zugang zum kaspischen Meer und nach Sibirien
• inwiefern ist russische Geschichte koloniale Geschichte?
◦ Süden: Steppe
◦ Sibirien
◦ Kontrolle über Kaukasus

Wie kontrolliert Russland die Gebiete?


• Verschiedene Religionen?
◦ Imperien multireligiös, aber Leitreligion: Orthodoxie
◦ Orthodoxer Adel leicht einzubinden (Heirat)
▪ z.B. Georgien, Bessarabien (heutige Republik Moldau)
◦ Muslimische Herrscher
▪ z.B. Geldbindungen an Zaren
▪ missioniert wurde im Kaukasus nur bei Gruppen, die erst kürzlich zum Islam
übergetreten sind (Osseten & Inguschen)
▪ Pilgerfahrt nach Mekka verboten → Muslime von Außenbeziehungen abtrennen
▪ immer wieder regionale Aufstände
▪ man wollte wie Oberprokur eine Staatsverwaltung für Islam, ist aber gescheitert
• Verschiedene Strukturen?
◦ Kaukasus: Bevölkerung musste Eid für Zaren ablegen, dann bekamen sie Geld und
später zarische Urkunde
◦ Pro-Russische Kräfte wurden geschaffen: z.B. Tschetschenien
◦ Einbindung der Ulema (islamische Glaubensgelehrte) & Kadi (Richter)
◦ Scharia: nicht abgeschafft, sondern in russisches Recht eingebunden
◦ Kaukasus: sehr gebirgig; Zentralasien: viele Wüsten; Kontrolle schwierig
▪ erst 1865 russische Zivilverwaltung im Kaukasus umgesetzt
• Rechtspluralismus
◦ in imperialen Randbereichen: verschiedene Rechtssysteme nebeneinander
▪ z.B. bei unterschiedlichen Religionsgruppen
◦ Kaukasus: russisches Reichsrecht, Scharia, mündliches Gewohnheitsrecht im Gebirge
▪ Schamil: Aufstand in Dagestan & Tschetschenien; haben Gewohnheitsrecht
verdrängt; setzen Schariarecht durch (als Identitätsmerkmal von Tschetschenen &
Gruppen in Dagestan)
Vorlesung 7 – Osmanisches Reich, Vergleich mit
Habsburgermonarchie
Azerbaidschan und Armenien
• Azerbaidschan führte & will wieder Krieg gegen Armenien führen
• Türkei half Azerbaidschan
◦ Türkei hatte vorher größten Völkermord an Armeniern zu verantworten

Habsburgermonarchie & Osmanisches Reich


• Osmanisches Reich deutlich älter
• Habsburgerreich erst ab 1526 bedeutend
◦ Schlacht von Bohac, ungarische Krone + böhmische/kroatische Krone geht an
Habsburger
◦ können aber Teile Ungarns nicht kontrollieren, es entsteht königliches Ungarn
▪ Oberungarn: vor Wien, Burgenland, Slowakei
▪ pannonische Ebene osmanisch
▪ 1783: Pannonisches Becken erobert
• Triebkraft des imperialen Aufbaus
◦ bei Habsburgern dynastisch
◦ bei Osmanischem Reich nicht dynastisch
▪ nur im frühen osmanischen Reich dynastische Heiraten
▪ z.B. Mara Brankovic: serbische Fürstentochter, wurde Sultana, blieb Christin, übte
politischen Einfluss aus
▪ z.B. Olivera Lazarevic: Gattin von Sultan Bayezid I. 1389-1402

Osmanisches Reich
• 1354: Osmanen setzen über nach Gallipoli Gelibolu
• Osmanische Eroberung des Balkans in Frage gestellt
• Bithynien
• 1243: Osmanen (Seldschuken) fallen in Anatolien ein
◦ zerstören Sultanat von Rum (Rom/Byzanz)
▪ Byzanz war geschwächt vom 4. Kreuzzug 1204
• Kriegergruppen
◦ vor allem Turkmenen, später auch Einheimische
▪ z.B. Kriegergruppe von Ertogrul & Sohn Osman
▪ Köse Mihal (Einheimischer, Christ; Mihaloglu = Michaelssöhne)
• Osmanen waren vielsprachig
◦ Menschen aus Balkan schließen sich Osmanen an
◦ 15. Jahrhundert: BKS (Balkansprachen) war eine der dominantesten Sprachen am Hof
• Christen
◦ devsirme: Islamisierung von verschleppten christlichen Jugendlichen
▪ wurden dann meist den Janitscharen (Elitetruppen) zugewiesen
◦ sehr viele Christen im Militär- und Verwaltungsapparat (in den Eliten)
◦ vor allem 15. & frühes 16. Jahrhundert
▪ Christen aus Balkan, teils Übertritt zum Islam
▪ bringen Sprachen mit
▪ Eliten, die nicht konvertieren wollen, fliehen nach Ungarn
▪ jene, die übertreten bzw. Osmanen helfen gelten später als Verräter
• Osmanisches Reich
◦ balkananatolisches Reich
◦ Eliten aus Balkan (Theorie von Lowry)
• 1517: Herrschaft über Ägypten endet
• Mehmet II (der Eroberer)
◦ eroberte Konstantinopel: bezieht sich auf Alexander der Große
▪ besucht Troja; Rächer Trojas
◦ als Nachfolger des byzantinischen Kaisers
◦ mongolische und osmanische Tradition
◦ gab sich auch als Renaissance-Herrscher
▪ Kunst,… ! Bilderverbot im Islam !
• Homosexualität & Bisexualität im Osmanischen Reich stark verbreitet
◦ Vergewaltigungen bei Eroberungen (nicht nur heterosexuelle Gewalt)
• aus Sultan wird Kalif
◦ mit Schlacht von Raydaniyya 1517 gegen Sultan Selim I der Mamluken
◦ Übernahme der Kalifatswürde (von Abbasiden zu Osmanen)
• 1521 Süleyman II
◦ große Eroberungen (Welteroberungsplan)
• neue Dynastie: Safawiden
◦ Iran: schiitisch
◦ Osmanisches Reich 16 Jh: sunnitisch
◦ Glaubenskrieg: Sunniten gegen Schiiten
• Indischer Ozean Schlachten
◦ gegen Portugal
◦ vor den Küsten Jemens & Omans & persisches Golf, bis Indien

politische Ausdeutungen
• Befreiungsthese: Widerstand gegen Osmanen als Definition der Nationalidentität
◦ Kroatien, Albaner,…
◦ Albanien
▪ Versuch, sekulare Nation zu gründen
▪ muslimisch und nur zu kleinen Teilen orthodox
▪ aber sich europäisch definieren
▪ Legitimation: Kampf gegen den Orient im Mittelalter

Theorien über die Anfänge des Osmanischen Reiches


• Theorie von Heath Lowry
◦ guter Theoretiker, aber mit türkischer Regierung verbunden
◦ Osmanisches Reich: „Plünderamöbe“
▪ plündern alles, was ihnen was bringt
• Fuad Köprülü: Gegentheorie
◦ Osmanen sind muslimische Türken
▪ → Christen, … ausgeschlossen
▪ Zusammenhang: nach Genozid gegen Armenier
• Paul Wittek
◦ stand Stefan George nahe
▪ Stefan George: Dichter, Intellektuellenorganisation „der Kreis“
▪ „der Kreis“: auch Brüder Stauffenberg Mitglied; Hugo von Hofmannsthal verehrt;
fast schon rituelle Mystik
◦ Theorie, dass Islam die Triebkraft für die Expansion des Osmanischen Reichs ist
▪ 1934 entstanden
▪ Heroentum, kämpferische Männlichkeit bei ihm zentral
• Frage der Ethnizität & Religion
◦ bei Lowry spielt nur sozioökonomische Aspekt des Plünderns & Eroberns eine Rolle
▪ postmodern, fast kommunistisch
◦ bei Köprülü spielt die Ethnizität eine zentrale Rolle
◦ Religion bei Paul Wittek wichtig
Vorlesung 8 – Osmanisches Reich, Rechtspluralismus,
Multireligiösität
Imperiale Matrix

Osmanisches Reich
• heute noch bedeutend
◦ für heutige türkische Regierung & Politik
◦ auch bei uns noch Auswirkungen der osmanischen Expansionspolitik
• Imperiale Aspekte
◦ Selbstverständlichkeit
◦ Fortsetzung des byzantinischen Reichs, muslimischer Herrscher, Renaissancefürst
▪ 3 verschiedene Personas, die er adressatenbezogen verwendet hat
▪ Mongolisch, Islamisch, Katholisch
◦ Eroberung große Teile der arabischen Welt
▪ Syrien, Ägypten, …
▪ Übernahme Kalifenwürde (bis Ende Osmanisches Reich 1923 inne gehabt)
◦ Imperium durch Ausdehnung
▪ 16. Jahrhundert: fast ganzer nordafrikanischer Raum, Naher Osten, Anatolien, Teile
Kaukasus, Vorstoß in den heutigen Irak (Konfrontation mit Iran)
▪ Safawiden; dadurch im 30-jährigen Krieg abgelenkt: immer wieder Waffenstillstände
mit Österreich
▪ Osmanisches Reich wird dann dominant schiitisch: wird als Konfessionskrieg
geführt
◦ wie alle Imperien: Deportationen von „ungewollten“ Gruppen
▪ im Osmanischen Reich „sürgün“ genannt: vor allem Aleviten, nach Bulgarien
deportiert
◦ Vielfalt: Peripherien, Rechtspluralismus
▪ muss irgendwie zusammengehalten werden
▪ Menschen passen sich an

Peripherien des Osmanischen Reiches


• Peripherien in Europa: Vasallenstaaten (Eigenständigkeit, aber zahlen Tribut)
◦ Handelsrepublik Dubrovnik
▪ ab 15. Jh-1808
▪ Stadtstaat
▪ kaum Multiethnizität
◦ Moldau & Walachei (Fürstentümer heutiges Rumänien)
▪ längerer Prozess bis 15. Jahrhundert, dann in Abhängigkeit
▪ bis 1526: Ungarisches Reich existierte noch: rumänische Fürstentümer schwankten
zwischen Ungarn & Osmanisches Reich
▪ 1826: Fürstentum Rumänien, erst 1878 unabhängig vom Osmanischen Reich
▪ Rumänien: Privilegien (keine Muslimisierung; keine islamischen Friedhöfe,…)
◦ Siebenbürgen
▪ 16. Jh (Adel: ungarischsprachig, eigene Runenschrift) osmanisch
▪ dann zu Habsburger (ungarisch)
▪ dann Rumänischer Staat
• Peripherie am Schwarzen Meer
◦ Krim (Krimtartaren)
▪ Nachfolgereich der Goldenen Horde
▪ muslimischer Vasallenstaat der Osmanen (unter Giray)
▪ 1475 Kaffa (wichtiger Hafen) von Osmanen erobert
▪ nördlich der Krim: (heutige Ukraine, Südrussland) christliche Gebiete an den
Rändern (Polen-Litauen, Moskau)
▪ Polen-Litauen, Moskau & Osmanisches Reich konkurrieren um großen Steppenraum
▪ Odessa (Kaufleute von überall; Moskauer, Ukrainer, Juden, … angesiedelt)
▪ Kaffa & Tana stark multiethnisch (große Handelsstädte)

Rechtspluralismus
• in den Peripherien stark verbreitet
• Gegenteil: Herrschaftsverdichtung = alle Rechte konzentriert auf einen Herrscher:
Territorialherrschaft
• in einem Imperium für verschiedene Bevölkerungsgruppen unterschiedliche
Rechtstraditionen
• Osmanisches Reich
◦ Seriat/Scharia
◦ Kanun (Sultansrecht, imperiales Recht)
◦ christliche (orthodox)/jüdische Bevölkerungsgruppen
▪ eigene schriftliche Rechtstraditionen
▪ wenn ein Muslim beteiligt war, muslimisches Gericht, Muslime da bevorzugt]
◦ mündliches Gewohnheitsrecht
▪ Örf, Kanun
▪ Stichwort Blutrache Gjakmarrja: genaue Regeln, nicht chaotisch
• Regionen definieren sich über Sonderstatus

Christen x Muslime
• Neomärtyrer
◦ Christen, die Muslime geworden sind und dann zum Christentum zurückgekehrt sind
(v.a. Orthodoxe)
• Kryptochristen
◦ heimliche Christen
◦ öffentlich Muslime, aber privat Christen (oft Katholiken)

Gescheiterte Integration der Christen im Osmanischen Reich


• Verhalten der Einwohner beim Auftauchen christlicher Armeen
◦ 1689: kaiserliche habsburger Truppen im Kosovo
▪ großer Aufstand christlicher Bevölkerung
▪ Aufstand wird brutal niedergeschlagen
▪ große Flüchtlingsbewegung in die Vojvodina (Habsburgerreich)
◦ frühes 18. Jahrhundert: Russisches Reich wirbt um Christen im Balkan
◦ frühes 19. Jahrhundert: Osmanisches Reich in der Krise
▪ 1804 und 1815 brechen Peripherien weg: Serbisches Fürstentum entsteht (noch nicht
souverän, aber handelt so)
▪ 1830 löst sich Griechenland: souveräner Staat
▪ 1839-1876 Tanzimatreformen: Militärtechnisch reformieren/modernisieren
▪ 1856: Edikt, das Gleichberechtigung der Christen vor Gericht vorsieht (weil 1853
Krimkrieg: Osmanen bekommen Hilfe von England & Frankreich; müssen
Gleichbehandlung dafür einführen)
▪ Gleichbehandlung kann nicht umgesetzt werden, weil osmanische Beamte Angst vor
heftigen Reaktionen haben
• Große Orientkrise
◦ 1875: großer Aufstand in Bosnien
◦ 1876: Aprilaufstand in Bulgarien
• 1878: Berliner Kongress
◦ viele frühere Vasallenstaaten werden souverän (Rumänien, Serbien, Montenegro)
◦ System der imperialen Peripherie verschwindet
◦ Bulgarischer Staat als Vasallenstaat eingeführt, aber unabhängig
◦ Österreich-Ungarn übernimmt Protektorat über Serbien und Bosnien
• 1912: Christliche Rekruten erscheinen nicht
◦ wurden immer als Soldaten zweiter Klasse behandelt
◦ Militärdienst war ihnen lange verwehrt
• Imperiale Eliten reagieren auf eigenes Versagen, Christen einzubinden
◦ Christliche und Muslimische Gruppen
▪ Griechen, Armenische Christen, Assyrische Christen; Christen am Balkan
▪ Muslime waren multiethnisch: Türken, Tschetschener, Tscherkessen, Albaner, …
◦ Idee des Panislamismus
▪ Christen sind verloren, man kann sie nicht integrieren
▪ Islam muss Staat zusammenhalten
◦ 1876-1908: Abdül Hamid
◦ großer armenischer Genozid
▪ auch weitere Aktionen gegen assyrische & griechische Christen
▪ 1923: kaum mehr anatolische Christen da
▪ wird nach wie vor geleugnet
• Genozidale Politik
◦ aus Panislamismus herzuleiten
▪ Imperium auf Muslime als zentrale Gruppe stützen
▪ Christen als Verräter
◦ und aus Panturkismus
▪ ethnische Grundlage: Türken/Sunniten
▪ Anatolien muss Heimstadt der Türken sein
▪ Anatolien muss „gesäubert“ werden: ethnisch homogenisiert
▪ Vertreibung der Nicht-Türken; Umerziehung der Kinder

→ äußere & innere Peripherien; Rechtspluralismus; Multireligiösität (verwalten); gescheiterte


Integration, die zu radikaler Benachteiligung führt
Vorlesung 9 – Entstehung Europas, Königreiche
Russische Expansionspolitik heute
• momentan „Finnlandisierung“
◦ z.B. in Ukraine
◦ „Finnlandisierung“
▪ Stalin: Finnland eingenommen
▪ hatte keine Möglichkeit der Selbstbestimmung

wie entsteht Europa?


• Gliederung unter dem Aspekt der politischen Herrschaft (Königreiche)
• Königreiche
◦ Kroatien
◦ Serbien
◦ Ungarn
◦ Böhmen
◦ Polen
◦ Litauen
• Zerfall des römischen Imperiums
◦ Westen 5. Jahrhundert kollabiert/oder langsamer Prozess der Transformation
• Erste ethnische Bezugspunkte: neue Königreiche entstehen (Westeuropa)
• Balkan war römisch, aber alles nördlich davon (Ungarn, Polen, Litauen, …) nicht römisch

imperiale Herrschaftsbildung in früherem römischem Gebiet


• um 620: Kollaps römisches Reich am Balkan
• Einwanderung von Gruppen, die als „Slawen“ zusammengefasst werden
◦ Ethnogenese
◦ Pripjet früher als Urheimat gedacht, aber nicht mehr wissenschaftliche Ansicht
• römische Staatenwelt südlich der Donau bricht zusammen, wegen Einfällen von außen
• Herrschaft der Steppenvölker
• Awaren
◦ errichten Großreich
◦ 626: Versuch, Konstantinopel zu erobern
• Reich der Bulgaren (Turkvolk)
◦ Ende 7. Jh (681) an unterer Donau: gegen Byzanz festgesetzt
◦ 864/65 Chagan (Herrscher): Übertritt zum Christentum: christliches Reich
◦ Symeon (927 gestorben) nimmt Zarentitel an
◦ 1018 zu Byzanz, 1185 löst es sich von Byzanz, bis 1393 Zarenreich
◦ erstes Reich, das sich durch Christianisierung bestätigt hat
▪ Ehen mit christlichen Herrschern möglich: bei Awaren z.B. nicht
▪ Eingliederung in europäischen Raum: Paktfähigkeit mit christlichem Europa wichtig
◦ Konflikt: wer soll Balkan rechristianisieren? Rom oder Konstantinopel?
▪ Wichtiger Grund, warum die Kirchen sich gespalten haben
▪ Frage: wohin orientiert sich östliches Europa?
▪ Westen oder Osten? Rom oder Konstantinopel? Heute: Brüssel oder Moskau?
• Magyaren
◦ 896 nach Europa, 955 Schlacht auf dem Lechfeld
◦ behalten ihre Sprache
◦ aber 1000: Übertritt zum Christentum
◦ Anführer 1001 zum Heiligen erklärt
• Arpaden: 1001 – 1301
• Steppenvölker können sich nur bestätigen, wenn sie zum Christentum übertreten
◦ Christianisierung auch politischer Prozess
◦ Christianisierung auch von Schwankung zwischen West und Ost betroffen
• die meisten Steppenvölker sind verschwunden
◦ man musste sich kulturell integrieren, um zu überleben

Böhmen
• Christianisierung im 9. Jh
• gute Anbindungen im Reich: z.B. Regensburg
◦ 972 Bistum eingerichtet (stand lange unter Bistum Mainz)
• wurde 1158 eigenes Königreich (Papst nicht bestätigt)
• Otakar I.: 1198: Königswürde anerkannt
• Premysliden: erste große Königsdynastie
◦ stirbt 1306 aus
◦ auch in Ungarn Dynastie verschwunden Anfang 13. Jh
• Luxemburger Dynastie
◦ z.B. Karl IV: Burg Karlstein, Goldene Bulle
• orthodoxe Einflüsse nur kurz spürbar
◦ 9. Jahrhundert: Slawenmissionen (Kyrill & Method)
◦ eindeutig westkirchlich orientiert (Regensburg, Mainz)

Polen-Litauen (Polen)
• 9. Jh: Ansätze zu eigener Herrschaftsbildung
◦ Zusammenschluss westslawischer Stämme
• Mitte 10. Jh: Entstehung erster Dynastie: Piasten (bis 1370)
• Christianisierung: 966/967
◦ in starker Ausrichtung nach Böhmen
◦ 968: eigenes Missionsbistum: Gnesen
◦ 1000 Gnesen zum Erzbistum mit Hilfe von Otto III (Reich)
• Boleslaw Chobry (1025 gestorben)
• dynastische Polyarchie
◦ Vielherrschaft durch Angehörige der Dynastie
◦ z.B. auch in Kiewer Rus

Polen-Litauen (Litauen)
• Litauer blieben Pagan
◦ multireligiös
◦ Elite pagan, Bevölkerung ostslawische Christen
◦ viele Juden nach Litauen geflüchtet, weil große Toleranz: Vilnius lange Zentrum der
jüdischen Kultur
• 1253 Mindaugas
◦ nimmt Christentum temporär an
◦ Christentum setzt sich nicht durch
• Litauer trotzdem politisch sehr erfolgreich
◦ Hauptkonkurrenten für Moskauer Reich um Kiewer Rus
• Litauische Dynastie: Gediminiden
◦ z.B. Algirdas = Olgierd 13./14. Jh
• großer europäischer Staat, obwohl er offiziell nicht christlich war
◦ 1370: fast Moskau erobert; später Smuta (16. Jahrhundert)
• Union von Krewo 1385
◦ Jogaila (Polen) heiratet Hedwig (Litauen)
◦ Dynastie der Jagiellonen
◦ 1385 Personalunion; 1569 Realunion
• 1386: Übertritt zum katholischen Christentum
◦ zuvor immer orthodoxe Bevölkerung

Kroatien
• man weiß recht wenig darüber
• ca. 7. Jahrhundert erste Besiedelung
◦ Slawen in Dalmatien deutlich später
◦ Erwähnung „Herzog der Kroaten“ (dux chroatorum) im 9. Jh
• Hinterland Kroatiens
◦ Zentren in Nin, Klis, Knin
• eigene Königsdynastie: Trpimiriden
• 1102: von Ungarn erobert
◦ Personalunion
◦ Ungarische Könige auch Könige Kroatiens = Arpaden, Luxemburger, Jagiellonen)
• Christianisierung
◦ von der Küste (spätrömisch) aus
◦ vom Frankenreich aus
◦ schwach

Serbien
• man weiß recht wenig darüber
• formieren sich im 9. Jh im zentralen Balkan
• ab ca. 1160er Jahre
◦ Dynastie Nemanjiden (bis 1371)
• politische Unabhängigkeit von Byzanz 1217
◦ Krone aus Rom
• 1219 autokephale (autonome) orthodoxe Kirche
• → Schwanken zwischen Ost und West (Rom, Byzanz)
• 1204: 4. Kreuzzug
◦ Eroberung von Byzanz durch Europäer; 1261 Rückeroberung
◦ Serbien sieht sich durch Kreuzritter bedroht & will sich an Byzanz orientieren
◦ politisch von Byzanz distanzieren (Krone aus Rom)
• heute schwankt Serbien zwischen EU, China und Russland
• entwickelt sich zum Zartum: Stefan IV. Dusan (bis 1355 Zar)
◦ für Byzantiner als Usurpator gegolten
◦ Herrscher des Balkans (slawisch & griechisches Gebiet)
◦ Herrschertitel in den beiden Sprachen verschieden: im Slawischen: nahe am römischen
Kaisertitel, im Griechischen: ganz anderer Titel

Bosnien [Exkurs]
• erst 1377 zu eigenem Königreich
◦ Tvrtko I. Kotromanic: König von Serbien & Bosnien
• Ende 12. Jh: Banat (Ban Kulin)
• bis 1463 Königreich

zwei Quellen von politischer Legitimation


• Rom & Byzanz (Konstantinopel)
• Schwanken zwischen Ost und West
• Königskronen meistens vom Papst
◦ z.B. 1253 Fürst Daniel von Halyc (Galizien) & Serbien
• Serbien, Bulgarien, Galizien, …
◦ Papst will Westintegration befördern
◦ nehmen das meist bei Neugliederungen an
• Kiewer Rus: Rurikiden; durch Byzanz

Zartümer
• Bulgarisches Zartum: 10. Jahrhundert
• Serbisches Zartum: 1346-71
• Russisches Zartum: 1547-1917
• alle nach Byzanz orientiert

Ungarn & Polen


• Adelige großer Teil der Bevölkerung
◦ in Masowien bis zu 20% der Bevölkerung adelig
• Szlachta: Kleinadel
◦ vgl. gentry Adel in Ungarn 19. Jh
• starke Ständenationen
◦ Sejm & Sejmik (Polen), Komikate (Ungarn)
◦ gab es nicht in Byzanz & Moskau (zwar Bojaren, aber kaum Einfluss)
• weder Serben noch Bulgaren kannte starke ständische Vertretung
◦ Sabor, aber keine Möglichkeit, Einfluss zu nehmen
• Bosnien: Zbor stanak: nur Adel, keine Kleriker
◦ bikonfessionell: katholische & bosnische Kirche
• unterscheidet katholische Prägung von orthodoxer Prägung

Verknüpfung zwischen den Köngireichen


• Christianisierung wichtig
◦ Heirat in dynastisches Netzwerk möglich
• z.B. 1102: Zusammenschluss ungarische & kroatische Krone
• z.B. 1300: Böhmen: Wenzel I. (II.) wird König von Polen
• Ludwig von Anjou: Polen und Ungarn zusammengeschlossen; Tochter Hedwig heiratet
Jadviga (Litauen)
• z.B. HRR: Siegismund von Luxemburg: Deutscher Kaiser; König von Ungarn, Kroatien &
Böhmen
• z.B. 1469 Matthias Corvinus: König von Ungarn und Kroatien, König von Böhmen
• z.B. Habsburger ab 1526: Böhmische, Ungarische, Kroatische Krone vereint
• heutige Visegrad-Staaten (Polen, Slowakei, Ungarn) → Name von Konferenz im 13. Jh
Vorlesung 10 – Kolonisation, Deutscher Orden
(Preußen), Livland, Polen-Litauen
Habsburger nicht einziges Imperium, das ostmitteleurpäische Königreiche zusammengefügt hat

Kolonisation
• Einwohnerdichte in Polen sehr unterschiedlich
◦ z.B. Schlesien 40EW/km2
◦ Krakau auch so 40EW/km2
◦ in Großpolen 2-4EW/km2
• koordinierte Zuwanderung
◦ Bevölkerungsdichte erhöhen
◦ qualifizierte Menschen einwandern lassen
◦ wirtschaftlich gut
• Polen, Böhmen, Ungarn: Modernisierungsprozess
◦ Kolonisation zu deutschem Recht: privilegierte Städte nach deutschen Rechtsfamilien
▪ z.B. Magdeburger Stadtrecht
▪ deutsche Bauern privilegiert gegenüber polnischen Bauern
▪ sehr viele deutsche Siedler (200% in manchen Gebieten)
◦ mittelalterliches Ungarn: war stolz darauf, viele verschiedene Sprachen zu haben
▪ Zeichen des Erfolgs
◦ Lokatoren: Organisatoren, die Siedlerfamilien angeworben haben und sie begleitet haben
▪ Rattenfänger von Hameln→ nimmt Bezug auf Lokatoren
◦ kontinuierliche Einwanderung, nicht alle auf einmal
▪ wie später in Russland

Deutscher Orden
• 1190 gegründet
• Ziel: Kampf gegen Islam im Heiligen Land und in Zypern
• Ostmitteleuropa auch wichtige Region: vor allem Siebenbürgen
◦ Teil des Königreich Ungarn
◦ Grenzgebiet zur großen Steppe
• 1225: Herzog Konrad von Masowien hat Orden in nördliches Gebiet des polnischen
Königreichs eingeladen
◦ Bulle verliehen: Prussenland (Prussia) als Teil des Heiligen Römischen Reiches
◦ Konrad wollte eigentlich Hilfstruppen, um Ostpreußen zu unterwerfen, hat nicht so gut
geklappt
• 1230: Preußen wurde dem Orden übergeben
◦ Preußen war Eigentum des Papstes
• 1237 Übernahme des Schwertbrüderordens in Livland (Ordensfusion)
• Entstehung eines eigenen Ordensstaats
◦ kämpft im Heiligen Land, aber auch gegen Novgorod
▪ Schlacht von Peipussee 1247: Orden unterliegt Russen unter Alexander Nevskij
◦ Orden regiert von Hochmeister (gewählt)
◦ eigene, zentralisierte Verwaltung
◦ keine Adelslehen/Allodbesitz im gesamten Gebiet
▪ Burgen gehörten dem Orden
◦ starkes Gewaltmonopol des Ordens: kaum Adelsfehden
◦ Kampf gegen Ungläubige: vor allem gegen Litauer
• 1410: Orden unterliegt polnisch-litauischem Heer bei Schlacht bei Tannenberg
◦ im 1. Weltkrieg: aufgegriffen: wo Deutsche gegen Russen gewonnnen haben 1914
• Reformation: viele Adelige wurden Protestanten
• 1525: sekularer protestantischer Staat (Herzogtum) aus katholischem Ordensstaat geworden
◦ Vasallenstaat der polnischen Krone
◦ Ermland blieb katholisch & Adelsstaat (westlicher Teil von Ostpreußen)
• Preußen 1701 noch kleiner Staat
◦ später sogar Bedrohung für die Habsburgermonarchie
◦ erst 1945 ist Preußen wirklich verschwunden

Livland/Kurland
• Livland: heutiges Estland und Lettland, Baltikum, Ostsee
• Ende 12. Jahrhundert
◦ Prussen, Kuren, Semgaller, Letten, Esten (baltische Völker)
◦ erste Herrschaftsstrukturen
◦ christliche Mission von Hollstein aus betrieben
◦ Städtegründungen (z.B. Riga: 1201)
◦ Mission getragen vom Schwertbrüderorden
• 1230: Dänemark setzt sich im heutigen Estland fest
◦ Reval = Tallin = „Dänenstadt“
• 1224 Dorpat gegründet
◦ deutschsprachige Uni, später russisch geschaltet: intellektuelles Zentrum
• damaliges Livland wurde Teil der Hanse: Ostsee & Nordseehandel
• Schwertbrüderorden wird Teil des Deutschen Ordens
◦ komplexes Staatengebilde entsteht
▪ Gebiete, die Orden, Bischof, Städten oder Adel gehören
◦ undeutsche Bevölkerung (nicht-deutsche Bevölkerung)
• schon im 13. Jahrhundert in Estland
◦ eigener Landesrat
◦ eigene Adelsparlamente (Manntage)
◦ Estland: dänischer Teil; Harrien & Wierland
• sehr priviligierter Adel
◦ Vorfahren der russischen Eliten, die 1721-1917 wichtig waren
◦ Privilegierung z.B. 1397
▪ jungingsche Gnade: erweitertes Erbrecht (auch in der weiblichen Folge)
◦ Bischof & Orden konnte auf Besitz nicht mehr zugreifen: starke adelige Struktur
▪ erst im 2. WK zerbrochen
• ab 1419 eigene Landtage strukturiert stattgefunden
◦ 4 Kurien
▪ Bischöfe
▪ Orden
▪ Ritterschaften
▪ Städte
◦ Landtage abwechselnd in Walk, Wenden und Wolmar
◦ zuständig für Finanzpolitik und Heerwesen
◦ eigene Beschlüsse gefasst („Rezesse“)
◦ typischer alteuropäischer Rechtsstaat
▪ Auseinandersetzungen mit Recht gelöst, das von Vertretern verschiedener Stände
kam (aber nicht demokratisch)
• deutschsprachiger skandinavisch-baltischer Raum
• 1502: Orden ist es noch einmal gelungen, Moskauer Truppen zu schlagen
◦ unter Wolter von Plettenberg
• 1558: Ivan der Schreckliche greift Baltikum an
◦ russische Expansionspolitik zum Baltikum hält bis heute an
• 1558-1581 Krieg zwischen Russischer Staat und Livländischer Ordensstaat
◦ Ordensstaat geht unter
• andere Mächte greifen ein
◦ Polen-Litauen, Schweden, Dänemark
◦ später noch wichtig in diesem Gebiet: Moskau, Preußen, Sachsen
◦ Hanse hat schon lange an Bedeutung verloren und ist im 15. Jahrhundert schon als
Machtfaktor ausgeschieden
◦ als erstes interveniert Polen-Litauen
◦ Schweden übernimmt Teile von Livland
• neues Herzogtum entsteht: Kurland
◦ Lettgallen (katholischer Teil Lettlands) wurde polnisch
▪ hat auch viele jüdische Siedler aufgenommen nach Zusammenbruch Livlands
• 1558-1721: Auseinandersetzungen um Vorherrschaft in diesem Raum
◦ 1701 Petersburg gegründet
◦ Russland gewinnt am Ende
• Frieden von Nystad
◦ Russland als europäische Macht beginnt
▪ Russland als nordische Macht wegen St. Petersburg,…
◦ Erfolg Russlands vor allem wegen Schwäche Polen-Litauens
▪ 1648 Kosakenaufstand in der Ukraine
▪ Schweden nahm Teile Polens ein
▪ Preußen griff Polen auch an
• Frieden von Oliva
◦ Livland fällt an Schweden und bleibt bis 1721 schwedisch
• baltische Provinzen hatten später lange Sonderstellung im russländischen Reich

Polen-Litauen
• Begriff des Commonwealth
◦ v.a. für Einfluss britisches Kolonialreich
◦ Gebiet, in der es kulturelle, politische Tradition gibt, aber politische Eigenständigkeit
• in Russland konnten sich Bojaren nicht durchsetzen
◦ Russland geht Weg der Autokratie
◦ dynastische Erbfolge: Romanov
◦ ohne Parlamente,…
• in Polen-Litauen
◦ Sejm wird immer stärker
◦ seit Aussterben der Jagiellonen mussten Könige den Adeligen immer mehr Privilegien
geben
◦ liberum veto
▪ jeder Abgeordneter des Sejms kann Sitzung des Sejms beenden
▪ Destabilisierung des Staates
▪ oft auch Bestechung von Abgeordneten von außen, die Sitzungen zu beenden, sodass
das Land destabilisiert ist
◦ Polen und Litauen
▪ gemeinsames Parlament, gemeinsame Münze etc.
▪ aber Rechtstruktur und Armee sind immer noch getrennt
◦ 1596: Union Brest
▪ Versuch, Orthodoxe mehr an das katholische Kirchenmodell zu binden:
▪ Papst als Oberhaupt, aber sonst Traditionen wahren
▪ orthodoxe Bevölkerung im Osten Polen-Litauens
▪ im Endeffekt Kirchenspaltung: Unierte Kirche entsteht
▪ aber einige bleiben orthodox
▪ später Unierte Kirche von Russland stark eingeschränkt etc.
▪ Unierte Kirche stark nach Westen ausgerichtet
▪ 1772 wurde Galitzien Österreichisch: also Unierte Kirche auch Problem in
Österreich
Vorlesung 11 – Commonwealth, Polen-Litauen,
Venedig, Steppe
Gegenwartsbezug
• Schweden & Finnland nicht Teil der NATO
• „mourir pour Dantzig?“
◦ 1939
◦ Frage der französischen Kommunisten, wo man Frankreich / den Westen verteidigen soll
◦ in Dantzig oder an der französischen Grenze?
• Russland ist Garantiemacht über die Neutralität Österreichs
◦ neben USA, Frankreich und Großbritannien
◦ was ist das wert?
◦ Russland hat Krim & Teile der Restukraine annektiert
• wo beginnt und wo endet Europa?
◦ ehem. Sowjetunion
◦ z.B. auch DDR: würde man als in Europa bezeichnen

Commonwealth Polen-Litauen
• Polen-Litauen (1386-1596)
• 1569: Lublin: Realunion
• 1596: Modell von Brest: Kirchenunion
◦ Integration der orthodoxen Bevölkerung in katholische Elite
◦ Umgang mit Multikonfessionalität (hohe Toleranz)
◦ Unierte Kirche
▪ Orthodox, erkennen aber Papst an
▪ stark nach Westen ausgerichtet für Orthodoxie
◦ einige nehmen Union an, manche nicht
◦ orthodoxe Kreise: vor allem in Litauen (Kosaken)

Venezianisches Commonwealth
• „Commonwealth“ für Venezianischen Staat recht neuer Begriff
• Adel: Patrizier
◦ kein großbesitzender Adel, Geschäftsleute
◦ mindestens 3 Generationen in Staatsämtern
◦ meist auch im Fernhandel aktiv
• hervorgegangen aus Randgebiet des byzantinischen Staates
◦ bis 1204 schrittweise emanzipiert
• 4. Kreuzzug: große Rolle bei Eroberung von Konstantinopel
• Gebiete
◦ Dalmatien
◦ Teile der griechischen Küste, Kreta, Zypern, Inseln der südlichen Ägäis, Insel
Negroponte Euböä
◦ 15. Jahrhundert: Bergamo bis Lombardei
• Mehrsprachigkeit in Dalmatien
◦ bis nach Nordalbanien
▪ kommunale Statuten (Stadtrechte) wie in Venedig
▪ Oberitalien & östliche Adria: kulturell vielfältig, aber in rechtlicher und
konfessioneller Sicht einheitlich
• in byzantinisches Gebiet eingedrungen: orthodox
◦ Frage der Integration großer orthodoxer Bevölkerungsgruppen
• „Commonwealth“
◦ enorme heterogenität
▪ Italiener, Slawen,Albaner, Griechen,…
▪ Orthodoxie, Katholizismus, Jüdische Gruppen, …
▪ Rechtsvielfalt
• Kreta: Kolonisten
◦ Konzept eines Kolonialreiches im Mittelalter
◦ 1211 bis Mitte 15. Jahrhundert heftiger Widerstand
◦ direkte und indirekte (Herzogtum des Archipel) Herrschaft
• Rechtspluralismus
◦ von Venedig bestätigt: nicht nur Stadtrechte
▪ auch Assisen der Romania: in Griechenland, nach Kreuzfahrerrecht von Staat
Jerusalem
▪ auch byzantinisches Recht
• Was hat das Reich zusammengehalten?
◦ Einheitlicher Währungs- (Dukat) und Wirtschaftsraum
◦ Migration: Arbeitsraum
▪ vor allem aus Balkan: Griechen & Albaner
◦ Bildungs- und Medienraum
▪ Padua: eigene Universität
▪ europäische Gelehrtenkultur: z.B. Korfu: bis in die Aufklärung Publikationen in
Italienisch
• Venedig
◦ kein Territorium, sondern ein „Maritorium“
◦ vorwiegend auf dem Meer: Küstenstädte (für Handel, Nahrung, Wasser,…)
• erst 1797 (Eroberung durch Napoleon) untergegangen
◦ ab 1814/1815: Teil Österreichs
• Begriffe für Venedig
◦ Commonwealth
◦ Adelsrepublik
◦ Kolonialreich
▪ beliebt bei französischen Forschern der 60er, inzwischen weniger verwendet
• 4. Kreuzzug von 1204
◦ Zerstörung von Byzanz, lateinisches Kaiserreich
◦ Schwarzes Meer für Handel der Stadtrepubliken geöffnet
• Genua vs. Venedig (stehen sich gegenüber)
• 1774 Friede von Kücük Kaynarca (russisch-türkischer Krieg)
• Mare Clausum 1204-1475; 1475-1774 osmanisch
• Odessa
◦ 1783 Ende des Krimchanats
▪ Ende des Sklavenhandels dort
• Genua
◦ Staaatsbank: banca di San Giorgio
◦ Gruppe von Unternehmern, die Gebiete erobert haben (Maona Chios)
◦ nördliche Ägäis kontrolliert: nicht Besitz des genuesischen Staates, aber genuesischer
Familien
▪ Chios, Lesbos, Thasos, Samothrake
▪ z.B. Gattilusio auf Lesbos
▪ Foca (Alaun-Abbau)
▪ Mastix (Baumharz auf Chios; „Kaugummi der Vormoderne“)

Commonwealth
• Commonwealths
◦ Byzanz
◦ Venedig
◦ Polen-Litauen
• Einheitlich in wirtschaftlichen/kulturellen/intellektuellen Dingen
◦ einheitlicher Wirtschaftsraum
◦ einheitlicher Bildungsraum
◦ kultureller Raum (teils)
• keine militärische Macht, aber Wirtschaftsmacht
◦ kulturelles, wirtschaftliches, intellektuelles Zentrum
• eher weichere Faktoren als bei Imperien
• Byzanz: von Imperium zu Commonwealth
• souveräne Staaten, fühlen sich aber dem Commonwealth zugehörig
◦ kultureller Raum
◦ z.B. Großbritannien: Sprache, Lebensstil, wirtschaftliche Zusammenhänge, Identität

Betrachtung der Steppe


• bis zum Ural: keine größeren Höhenzüge
• riesiger Betrachtungs- und Ereignisraum
• aus traditioneller Betrachtung der europäischen Geschichte ausgeschlossen
◦ europäische Geschichte als Geschichte von Sesshaftigkeit gesehen
▪ aber: Goldene Horde, Krimchanat,… nicht sesshaft
▪ wie entsteht hier Sesshaftigkeit?
• Neurussland: Ukraine, Krim, Bessarabien,…
◦ nach Eroberung des Krimchanats neu besiedelt
◦ vor allem Flüchtlinge aus dem Balkan (Serben, Albaner), Deutsche, Griechen, Italiener;
Krimtataren, jüdisches Zentrum,…
• Steppenkriegerkonföderationen
◦ haben wenig Schriftliches hinterlassen
• Eurasien
◦ Raum alter Reiche
▪ China, Iran, Imperien an unterer Donau (Rom, Byzanz, osmansiches Reich)
▪ sahen sich der anderen Welt gegenüber
• imperiale Konföderationen
• ab 2. Jh n. Chr.: Steppenkriegerkonföderationen
◦ Große Migrationsbewegung von China aus
◦ stärkere drängen schwächere nach Westen ab
▪ bis untere Donau
▪ alle wollten Steppe kontrollieren
▪ es ging um die Domestizierung der Gruppen, die Handels, aber auch Beutegruppen
sein konnten
◦ autokratisch und staatsartig aufgetreten (Khanate)
◦ aber nach innen föderal organisiert (Konföderation)
◦ für China zeichneten sich die Gruppen durch Kriegsführung aus
▪ Bedrohung für Sesshaftigkeit
◦ wurden lange als Völker bezeichnet, heute Begriff „situative Ethnizität“
▪ keine geschlossenen Gruppen (z.B. Hunnen, Chazaren)
▪ namensgebende Kerngruppe und weitere Gefolgschaft an Kriegern, die sich
Kerngruppe anschließt und Namen annimmt
◦ für römisches Reich
▪ Wanderungen aus der pontischen Region: Schwarzes Meer; Pontos euxeinos
▪ „de administrando imperio“ (950er) byzantinischer Kaiser Konstantin VII
beschreibt, wie man Angriff von Steppenvölkern möglichst kostengünstig aufhalten
kann: Meldungen über Migrationsbewegungen im Osten aufgenommen und
versucht, zu eruieren, welche Gefahren in den nächsten Jahrzehnten durch Einfälle
auftreten könnten; günstiger, als Armee aufzustellen oder Schaden hinzunehmen
• Krim
◦ Gothia: Toparcha Gothicus: Hüter des Gotenlandes (Krim)
• Hunnen
◦ altaisch
◦ Attila
◦ Schlacht auf den Katalaunischen Feldern
▪ Römer & Westgoten vs. Hunnen & Ostgoten
• Awaren
◦ 626 Konstantiopel belagert, nicht geschafft
• Chazaren
◦ 682-742
◦ Itil (Hauptstadt)
• Petschenegen
◦ Byzanz sah sie als Verbündeter in der Steppe
◦ 965 Khanat der Chazaren erobert
◦ Svjatoslav fällt
◦ 1091 fliehen Petschenegen vor den Rus in die Arme der Byzantiner
• 1064 Verwüstung des Balkans durch Petschenegen & Uzen
◦ 1068 Uzen zurückgeschlagen
◦ Gagauzen: Überbleibsel
▪ Turkvolk in der Region Gagausien in der Republik Moldau
• Kipcak/ Kumanen Polovcer
◦ 1061 erster Angriff
◦ zwischen 1050 und 1220er Jahre: Steppengroßreich
◦ Lykanthropie (Wolfskult)
◦ Verehrung von Tengri & Umay (Wissen aus Codex Cumanicus)
◦ Kunsag: Region in Ungarn
◦ Stadt Kumanovo bis heute
• 1185: Aufstand in Bulgarien gegen byzantinisches Reich
◦ Gründung 2. bulgarisches Reich
◦ Steppenkrieger sehr wichtig
• wie ist politische Herrschaft an der unteren Donau entstanden?
◦ Gebiet heutiges Rumänien
◦ nicht nur Rom, sondern vor allem Kumanen: späteres Fürstentum Walachei
◦ turksprachige Steppenvölker vs. sesshafte slawische Staatsbildungen
Vorlesung 12 – Steppe, Kosaken, Kirchenunionen
Betrachtung der Steppe
• 1783 Eroberung des Krimchanats durch das russländische Imperium
◦ ab dann dominieren die Sesshaften, nicht mehr die Steppenföderationen
• Awaren
• Magyaren, Bulgaren
◦ christianisiert
◦ spielen heute noch eine Rolle
◦ Magyaren behalten ihre Sprache
◦ „Protobulgaren“ (nicht-slawisches Turkvolk) haben slawische Sprache angenommen
• viele Steppenvölker sind nicht mehr relevant, sind aber noch mit Namen, Sprache, …
erhalten
• Sesshafte Steppenvölker
◦ Kiewer Rus, sesshafte Magyaren in Ungarn, …
• Steppenvölker meist unter Druck von Osten durch Mongolen
◦ pax mongolica
▪ von Mongolen kontrollierter Wirtschaftsraum, …
◦ Schlacht an der Kalka 1223: Mongolen gegen Kiewer Rus
◦ 1240: Ende der Kiewer Rus: durch Mongolen verwüstet
• Steppenherrschaft in der Ukraine hat viel kürzer gedauert, als in Russland
◦ Großfürstenwürde der Kiewer Rus wandert nach Moskau
◦ Moskauer waren Anhänger der Mongolen (Tataren)
• Mitte 13. Jahrhundert: Großreich von Dschingis Khan zerfällt in kleinere Reiche
◦ Nachfolge in Osteuropa: Goldene Horde
▪ 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts: westliche Ukraine nicht mehr unter ihrer Kontrolle
▪ Fürstentümer Walachei & Moldau entstanden
▪ weiter nördlich: Galizien Wolhynien: Zentrum in Lviv Lemberg: Fürst Danilo bekam
eine Krone durch Papst, das war weiter östlich nicht denkbar
◦ um 1500 zerfällt die Goldene Horde
▪ Nachfolge vor allem Krimchanat,…
▪ Moskau löst sich schon früher von der Goldenen Horde
▪ 1571: Moskau wurde von Krimtataren niedergebrannt
• ab spätes 15. Jahrhundert: Krimchanat lose an Osmanisches Reich gebunden
◦ 1475 Hafa erobert
◦ Krimtataren kontrollierten Grenzen des Osmanisches Reich für sie
◦ Osmanen versuchten auch teilweise in die Steppe zu kommen z.B. 1672 Podolien
◦ aber auch umgekehrt: Kosaken haben türkische Städte am Schwarzen Meer angegriffen
▪ über Dnjepr Dnipro (Fluss), waren gute Seeleute
▪ Tataren auch weit in den pannonischen Raum gestreift (sogar bis Ostpreußen),
Walachei & Moldau & Siebenbürgen (letzteres ab 1541) Vasallenstaaten des
Osmanischen Reiches
◦ Verbindung zwischen maritimer Handelswelt (Schwarzes Meer, Odessa – Italien,
Westeuropa) zur Zeit des Osmanischen Reiches durch Krimchanat gesichert
• Steppenvölkerkonföderationen waren meist muslimisch

Türkische Bevölkerung am Balkan


• Balkan: zwei Typen Türkischer Bevölkerung
• 1. aus Anatolien
◦ ab 2. Hälfte 14. Jahrhundert eingewandert
◦ Muslime
• 2. Petschenegen & Uzen
◦ waren auch türkisch, aber nicht aus Anatolien, sondern aus dem Gebiet des Schwarzen
Meeres/der heutigen Ukraine
◦ 11./12. Jahrhundert eingewandert
◦ von Byzanz besiegt
◦ wurden orthodoxe Christen
▪ nahmen Islam nie an, obwohl muslimische Gruppen aus dem 14. Jahrhundert in der
Überzahl waren
◦ heute noch Gagauzen in Bulgarien und Republik Moldau

Kosaken
• Moskauer Adel multiethnisch
◦ Tataren spielten große Rolle
• für Ostslawen: der wilde Süden; das wilde Feld („dikoe pole“)
◦ Freiheit, staatliches Niemandsland, keine Kontrolle durch Adelige
• Russland: Abzugsrecht (man durfte Grund aufgeben und abwandern)
◦ wurde immer weiter eingeschränkt & Bauern immer mehr ans Land gebunden
◦ viele sind dann in die Steppe geflohen
▪ Sklavenjäger der Goldenen Horde/Krimkhanat waren Gefahr für Flüchtlinge
◦ Wirtschaftsform des Steppenbeutergewerbes entsteht
▪ Bewohner, die sich zur Verteidigung bewaffnet hatten, lebten dann auch von Beute
▪ Selbstverteidigungsgemeinschaften
▪ Imkerei, Fischfang, Jagd und Raubbeute waren das Einkommen
• Polen-Litauen, Moskau: sesshafte Staaten
• Schaffung einer Uniierten Kirche in Polen-Litauen
◦ Druck auf die orthodoxe Kirche
▪ Orthodoxe sahen das als Versuch des Papstes, die orthodoxe Kirche zu übernehmen
▪ Uniierte als Verräter gesehen, die den Antichristen Papst unterstützen
◦ Polen-Litauen hat mit dem Versuch einer Integration eine Spaltung hervorgerufen
◦ katholische Kirche in Polen wollte eigentlich gar keine Zwischenstufe der Uniierten,
sondern Konversion zum Katholizismus
◦ Kosaken sind orthodox
▪ Orthodoxe in Polen-Litauen können sich dem Druck der Katholiken & Uniierten
erwehren aufgrund der Kosaken
◦ Polen-Litauen versucht, Kosaken zu integrieren
▪ Registerkosaken: in Soldregister eingetragen; in Grenzverteidigung eingebunden
▪ Kosaken hatten traditionelle Militärdemokratie: haben Führer = Atamane/Hetmane
selber gewählt
▪ Krieger in der Sic: zölibatär lebende Steppenkrieger, die demokratisch lebten
• großer Kosakenaufstand unter Bohdan Chmel´nic´kyj 1648
◦ für Ukrainer Held
◦ für jüdische Bevölkerung verheerend (Pogrome)
◦ für Polen: „Potop“ = Sintflut:
▪ Scheitern von Polen-Litauen, der Kirchenunion, …
▪ Polen-Litauen wurde dann noch von Schweden, Preußen und Moskau angegriffen
▪ konnte sich aber wieder erholen
▪ →Teilung der Ukraine: 1667 Vertrag von Andrusovo
• für Kosaken entstand die Frage, welchem der sesshaften Reiche man sich anschließen soll
◦ 1. gegen Polen-Litauen
◦ Verhandlungen mit Moskau um Schutz: Vertrag von Perejaslaw 1654
▪ aus russischer Sicht Vereinigung zweier slawischer Brudervölker unter Dominanz
Moskaus
▪ aus Sicht der Ukrainer: Bündnis mit stärkerem Partner Moskau, aber kein
Staatenzusammenschluss
▪ bis heute Fluchtpunkt zum Verhältnis von Russland & Ukrainer
◦ Kosaken haben sowohl Moskauer Karte gespielt, manchmal auch mit Osmanen und
manchmal sogar Polen-Litauen verhandelt
◦ 1658: Vertrag von Hadjac
▪ plötzlich Möglichkeit, dass Polen-Litauen zu einem Dreistaat umgebaut wird
(inklusive Kosaken)
▪ das wäre bikonfessionelles Litauen (lutherisch, orthodox) & katholisches Polen
gewesen
▪ kam nicht zustande: wegen polnisch-litauischer Elite, wollte lieber Konflikt mit
Russland
• Konflikt endete in Waffenstillstand von Andrusovo 1667
◦ Teilung der Ukraine: linksufrig/rechtsufrig des Njpo (Grenze Russland, Polen-Litauen)
▪ rechtsufrig = Polen-Litauen
▪ linksufrig = Russland
◦ Hetmanat Zaporozer Heer
▪ laut Russland „Kleinrussland“: 1663 Kleinrussische Kanzlei
▪ autonomer Kosakenstaat: gewählter Hetman
▪ Zollgrenze zwischen Hetmanat und Russland
▪ aber außenpolitisch beschränkt
▪ östlich des Hetmanstaats hat sich die Sloboda-Ukraine angeschlossen: Mitte 17.
Jahrhundert Kosaken & Bauern haben Besiedelung dort begonnen
• in Sic sammeln sich die wirklich freien Kosaken
◦ kein Hetman
◦ zölibatär
◦ Ablehnung großer Monarchen
◦ bis 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde noch gewählt
▪ in einer Rada = Rat
▪ jährlich ein Ataman gewählt
• rechtsufrige Ukraine (Polen-Litauen)
◦ 1699 wird Kosakenheer aufgelöst: Selbstständigkeit beseitigt
◦ Kosakenaufstand, Polen-Litauen schlägt ihn nieder
• Ivan Mazepa: Oberhaupt des Hetmanstaates
◦ hat zuerst auf Seite von Russland gedient & gekämpft
◦ brach aber mit Peter dem Großen, weil der die Rechte der Kosaken immer mehr
eingeschränkt hat & Kosaken mussten für Russland kämpfen
◦ als Schweden in die Ukraine eindringen, schlägt Mazepa sich auf ihre Seite
◦ 1709 Schlacht bei Poltava: Schweden mit Mazepa (Kosaken) stehen Russen mit anderen
Kosaken gegenüber
◦ Russische Perspektive: Verräter
◦ Ukrainische Perspektive: Held

Schließung der Steppe


• Manövrierfähigkeit der Steppenbewohner wird zunehmend eingeschränkt
• 18. Jahrhundert: Sesshafte übernehmen die Steppe
◦ schließen damit Tor der Freiheit
◦ Russland ist hier führend
◦ Mazepa versucht das zu stoppen, das beschleunigt den Vorgang aber nur
▪ aus Rache: Russland verwüstet Gebiete der Kosaken, auch in der Sic
◦ Hetmanat wird kurzfristig abgeschafft, 1727 wird es wieder eingerichtet
◦ Kosaken-Oberschicht wird in die russische Elite integriert
▪ Ende 18. Jahrhundert
▪ auch sprachliche Angleichung, Verwaltung, …
◦ 1764 schafft Katharina II das Hetmanat ab: Kosakenstaat verschwindet
◦ 1765 wird Slobadaukraine zu einer normalen Provinz
◦ 1775 Sic zerstört
▪ nach riesigem Aufstand gegen die Zarin 1772-1775 durch Pugacev = Bauerkrieg:
galt bei den Kommunisten als Vorbild für eine Revolution)
◦ 1783 Eroberung des Krimchanats
◦ Neurussland
▪ Gebiete des Krimchanats, die übernommen werden
▪ auch Bessarabien Teil Neurusslands (1812 annektiert)
▪ Neurussland wird kolonisiert
▪ multiethnisch: Deutsche, Schweizer (aus Kanton Waadt), Serben & Bulgaren
(orthodoxe Balkanchristen, die aus Osmanischem Reich gefohen sind), Ukrainer,
jiddisch-sprachige Juden
▪ neue Städte: Odessa wird gegründet
◦ 1774 Frieden von Kücük Kaynarca
▪ Öffnung des Schwarzen Meeres
▪ Getreide kann über Schwarzes Meer exportiert werden
• was früher Grasland der Steppenkrieger war, wurde zu Agrarland
• Öffnung für den Welthandel
◦ große Veränderung für russisches Imperium

Wichtige Kirchenunionen
• Orthodoxe & katholische Kirche getrennt
◦ Lithurgische, äußerliche Unterschiede
◦ Glaubensunterschiede gering
◦ z.B: filioque: Heiliger Geist nur von Vater oder von Vater und von Sohn?
• vor allem politische Konflikte seit Rom vs. Konstantinopel
• Papst wird anerkannt, aber orthodoxe Christen können Lithurgie/Traditionen etc. behalten
• 1274 Lyon: Papst anerkannt, um Kreuzzug zu verhindern
• 1439 Florenz
• 1596 Brest: ein Teil der Orthodoxen erkennt Papst an, ein Teil nicht
• 1698-1701 Siebenbürgen
• in allen Fällen kam es zu einer Kirchenspaltung
Vorlesung 13 – Zeit nach 1800, Russisches Imperium,
Osmanisches Reich, Imperien & Nationalstaaten
Imperien und Nationalstaaten nach 1800
• Diese Vorlesung: Strukturgeschichte der Politik im Osteuropäischen Raum
• bis jetzt: ca. bis 1800
• die letzten zwei Vorlesungen
◦ 1800-jetzt
◦ unter Prisma der Imperien (& Nationalstaaten)
• 1815: Ende der Napoleonischen Kriege
• drei Imperien
◦ Russland
◦ Österreich-Ungarn
◦ Osmanisches Reich
• Autonomer Staat Serbien (Vasallenstaat des Osmanischen Reiches), Walachei & Moldau
(Osmanisches Reich)
• 1923: komplett anders
◦ zwischen Ostsee & Schwarzes Meer: „Zwischeneuropa“
◦ baltische Staaten bis Rumänien
◦ nach dem Zerfall der Sowjetunion wiederauferstanden
• Imperien kontrollierten den osteuropäischen Raum & teils auch Autonomie der
Nationalstaaten
• Imperiale Phasen
◦ 1918: Ende des Krieges
◦ 1923: Ende Osmanisches Reich
◦ Zwischenkriegszeit: „Zwischeneuropa“
▪ baltische Staaten, Polen, Tschechoslowakei, Jugoslawien, großes Rumänien,…
◦ 2. Weltkrieg: NS Hegemonie, später Rote Armee
◦ nach 1945: meiste Teile Osteuropas verlieren Souveränität
▪ Ausnahmen: Jugoslawien, Griechenland
• Postimperiale Nationalstaaten
◦ zwischen 1918/19-1939
• Nach Ende der Sowjetunion
◦ souveräne Staaten
◦ Staaten meist der NATO beigetreten

Russländisches Imperium
• erste Hälfte 19. Jahrhundert
◦ in Osteuropa große Zeit der Imperien
• Russland in Europa
◦ 1812/1813: Napoleon geschlagen
◦ 1848/1849: aufständische Ungarn niederschlagen
◦ 1945: 2. Weltkrieg gegen Nationalsozialismus
• 1764: Reste des alten Hetmanats zerschlagen
◦ Reste der Selbstverwaltung auch zerschlagen
◦ polnisch-litauische Strukturen: weiter angedauert
◦ Russische Herrschaft in der heutigen Ukraine (& in anderen Staaten) eine relativ neue
Erscheinung: Ukraine lebte im Russischen & im Österreichischen Imperium
• 1729: Baltikum (Livland, Estland)
◦ Privilegien: deutschsprachig, protestantisch
• 1808: Finnland (vorher Schweden)
◦ bis zur Russisches Revolution
◦ schwedischsprachig, protestantisch
• Ende 19. Jahrhundert
◦ großrussischer Nationalismus im Baltikum & Finnland
• 1812: Bessarabien
◦ heutige Republik Moldau
◦ vorher Teil des Fürstentums Moldau, Osmanisches Reich
◦ starke Russifizierung, weil orthodox: Einheiraten in russischen Adel
• Rus´: Kiew, Moskau: Nachfolgestaat der Kiewer Rus´
◦ Russland = Moskau, nicht Kiew/Rus´
◦ Kiewer Rus´: Fürsten der Rurikiden
▪ Konglomerat von Fürstentümer
▪ Kiew oft als altrussisch bezeichnet, ist aber weder russisch/ukrainisch im heutigen
Sinne: beide Nationen sind aus dieser Tradition heraus entstanden
• Alexander I: Heilige Allianz
◦ nicht nur politischer Sieger
◦ Leute dachten, er hat auch religiös-mystische Funktion (Pietisten)
◦ Legenden über Alexander I
◦ 1815 Heilige Allianz geschlossen
▪ England hat sich ferngehalten
▪ Metternich spottete darüber, aber Österreich hätte Napoleon ohne Russland nicht
besiegen können
• 1825: Nikolaus I: „Gendarm Europas“
◦ Großbritannien hatte Angst, dass nach Französischer Hegemonie jetzt Russische
Hegemonie käme
• 1825: Putschversuch der Dekabristen
• 1848: Eingreifen von Russland in Österreich
• Krimkrieg 1853-1856
◦ erst 1783 wurde Krim russisch: also damals erst 70 Jahre Teil Russlands
◦ Konflikt zwischen Russland (orthodox) & Frankreich (katholisch) um Verwaltung der
christlichen Stätten in Jerusalem
◦ artet aus in einen Krieg zwischen Russland & Osmanischem Reich
▪ erster Krieg, wo Journalisten mitgereist sind: Journalismus vor Ort wurde geboren
◦ Russland verliert: Systemkrise
◦ daraus erwächst große Reformperiode unter Alexander II
▪ 1861 Aufhebung der Leibeigenschaft
▪ größere soziale Gleichsetzung & wirtschaftliche Verbesserung
▪ zemstvo (Provinzverwaltungen)
▪ Russland soll wieder konkurrenzfähige Macht werden
• Alexander III (ab 1881-1894): massive Reaktion
◦ Ende 19. Jahrhundert: Osmanisches Reich & Russisches Reich wählen Weg der
nationalistischen Ideologien (großrussischer Nationalismus)
◦ Beseitigung von Verwaltungsrechten im Baltikum & in Finnland
◦ Ukraine auch stark betroffen
▪ Slobodaukraine: russländisch-ukrainischer Nationalismus, entstanden in Charkiv
▪ Ukrainische Sprache & Nationsbewegung wird unterdrückt
▪ teils dann Orientierung nach Österreich

Osmanisches Reich
• Gemeinsamkeiten mit Russland
• nach Niederlagen versuchen, durch Reformen wieder stärker zu werden
◦ Reformen von 1839-1856 im Osmanischen Reich
◦ Reformperiode unter Alexander II in Russland
• Hauptproblem von Imperien: Umgehen mit multiethnischer & multireligiöser Bevölkerung
◦ erst 1856 Gleichstellung von Christen vor Gericht im Osmanischen Reich
▪ durch Krimkrieg: Osmanisches Reich & Westen gemeinsam gekämpft
• Nationalismus als Reaktion im Osmanischen Reich
◦ Osmanismus
▪ Reichsidentität schaffen
▪ 1869 Einführung osmanischer Staatsbürgerschaftfunktionierte aber nicht gut
◦ Panislamismus
▪ nachdem imperialen Rahmen für alle schaffen nicht funktionierte: weil Christen sich
losgelöst & osmanisches Reich verlassen haben: dann hat man sie ausgeschlossen
• Orientkrise (Balkankrise) 1875-1878: mehrere Aufstände
◦ Bulgarien, …
◦ brutal niedergeschlagen
◦ 1827 russische Intervention
• Krimkrieg
◦ Westen hilft Osmanischem Reich gegen Russland
◦ Russland wollte Herrschaft über Istanbul (auch im 1. Weltkrieg)
◦ Berliner Kongress: Frage, wer Istanbul bekommt
▪ Russland hätte fast Istanbul erobert, das hätte aber Krieg mit Großbritannien
bedeutet
• 1815: autonomer serbischer Staat (nicht souverän)
• 1830: Griechenland autonom
• 1868: Osmanische Herrschaft bricht zusammen
◦ Serbien & Montenegro & Rumänien werden souverän
• 1881: Thessalien an Griechenland (wichtige wirtschaftliche Region)
◦ Albanien, Kosovo, Nordmazedonien
• Tscherkessen
• 1878 Fürstentum Bulgarien
◦ Bulagrien erst 1908 völkerrechtlich souverän
◦ Region Ostrumelien
• Herrschaft von Sultan Abdül Hamid 1876-1908
◦ Versuch einer imperialen Homogenisierung
◦ panislamisch
◦ wie in Russland: großrussisch
• 1517: Mekka Medina Kalif: Sultan Oberhaupt aller Gläubigen auf der Welt
◦ Versuch, alle Muslime zu einer Gruppe zusammenzufügen
◦ z.B. albanische Muslime, Kurden, Araber = nichttürkische Muslime
◦ man hatte viel größere Angst vor nichttürkischen Muslimen als vor Christen im
osmansichen Reich (Bulgaren, Aromunen, Griechen, Armenier, Assyrer)
◦ muslimische Migranten (Muhacir) aus osmanischem Reich
◦ 1894-1923: immer wieder Pogrome an christlicher Bevölkerung
• Panturkismus
◦ nichttürkische Muslime wollten eigene Wege gehen
▪ man reagierte darauf mit Panturkismus
◦ muslimisch, aber auch turksprachig
▪ aber auch andere Gruppen, die sich der Bewegung angeschlossen haben
◦ mit Panislamismus schwierige Dynamik
▪ Glauben, dass es eine Heimstätte geben muss
▪ man wollte Anatolien
▪ aber dort viele Christen
◦ zwischen 1910 und 1920 Genozid an Christen in Anatolien
▪ zwischen 300 000 & 1,5 Mio Armenier starben
▪ besonders brutal: viele Opfer erstochen, nicht erschossen
▪ viele Gründer der Türkei waren aktiv an den Genoziden beteiligt
▪ deshalb wenig Aufarbeitung, oft geleugnet
• Osmanisches Reich scheitert im Endeffekt an der Herausforderung der Integration der
Christen
• Phase der Reformen, dann Nationalismus
• Russische Revolution 1905 vs. Jungtürkische Revolution 1908
◦ 1908: Versuch, einen Verfassungsstaat herbeizuzwingen
▪ schon 1876 Versuch einer Verfassung, aber durch Orientkrise gescheitert
◦ z.B. Atatürk Vertreter der Jungtürken

1918: Auflösung der Imperien


• es scheint, dass der Nationalstaat das Imperium im 20. Jahrhundert ablöst
◦ Verhältnis Staat – Nation wichtig
◦ Modernisten vs. Primordialisten
▪ es soll Nationen immer schon gegeben haben
▪ z.B. Vorstellungen, dass eine bestimmte Nation aus bestimmten Legenden entstanden
sind
• Konstruktcharakter der Nation
Vorlesung 14 – Imperien der Moderne, Nationalstaaten,
postimperiale Staaten
Typ des autokratische Imperiums nicht unbedingt prägendstes Element in Osteuropa
(Ständeparlamente, Königreiche,…)

Imperien in der Moderne


• klassische Elemente eines Imperiums (Multiethnizität) weichen einem Nationalismus, der
sich gegen Minderheiten richtet und zu Genoziden, Verfolgungen führt
◦ Russland und Osmanisches Reich im 1. Weltkrieg: multiethnische Elite wird von
nationalistischem Verständnis des Imperiums abgelöst
• Osmanisches Reich: Genozid an Christen in Anatolien
▪ von 20% auf 2% christliche Bevölkerung
▪ Panturkismus
• Russländisches Imperium
◦ letztes Drittel 19. Jahrhundert/Beginn 20. Jahrhundert: regionale Formen von autonomen
Regionen (Finnland, Baltikum) aufgehoben
◦ großrussischer Nationalismus
▪ ethnonationale großrussische Nationalisierung
◦ z.B. Pogromwellen gegen Juden im frühen 20. Jahrhundert
▪ 1903: in Chisinau
▪ 1905: in der Revolution
▪ 1907: in Rumänien im Bauernaufstand
◦ z.B. Baltendeutsche: Opfer großrussischen Nationalismus
▪ 1721 an Russland gefallen, Baltendeutscher Adel sehr imperiumsloyal
▪ aber im 1. Weltkrieg großer Druck durch Nationalismus
▪ Paul von Rennenkampff: Angriff nach Preußen geführt, verlor den Kampf: galt als
Bruch der Loyalität der Baltendeutschen zu Russland → „unzuverlässig“
◦ z.B. Ukrainer
▪ kulturelle Eigenständigkeit abgesprochen: Unterdrückung ukrainischer
Nationalbewegung, Kultur und Sprache in Russland
▪ auch österreichische Geschichte: Ukrainer in Galitzien: konnten sich frei entfalten
• Österreich-Ungarn: deutscher Nationalismus
◦ Vorurteile gegenüber anderen Völkern der Monarchie
▪ z.B. Abneigung gegenüber Tschechen
◦ Ungarn mehr nationalstaatliche, als imperiale Struktur (seit 1867)
▪ sehr homogen
▪ eher nationalstaatlich: ethnonationales Verständnis
▪ nicht föderal
◦ nur noch im Westen (Österreich) imperiales Denken, im Osten (Ungarn) nicht mehr
◦ Vinko Pribojevic von der Insel Hvar
▪ erste panslawische Schrift (über die Herkunft der Slawen)
▪ Slawischer Nationalismus

Veränderungen in der Staatenwelt Osteuropas im 19./20. Jahrhundert


• Staatenwelt im östlichen Europa hat sich vervielfacht
• 1815: relativ einfach, wird immer komplizierter
• östliches Europa verändert sich in Richtung Nationalstaaten
1. Welle der Nationalstaatsgründungen
• 1. Nationalstaat durch Aufstand
◦ 1815 Serbien: autonomes Fürstentum im Osmanischen Reich
• 1. Nationalstaat durch Aufstand (1821): wirklich souverän
◦ 1830 Griechenland
◦ durch internationale Intervention
▪ internationale Verwaltung: bayrische Familie Wittelsbacher als Könige als Verwalter
▪ 1827: Navarino (große Schlacht)
• 1859: Fürstentümer Walachei & Moldau zusammengeschlossen
◦ aber immer noch Osmanisches Reich
• 1878: Serbien, kleines Montenegro (kleiner als heutiges Staatsgebiet), Rumänien
völkerrechtlich souverän
• 1878: Fürstentum Bulgarien & Ostrumelien (Plovdiv) entstehen als Tributfürstentümer des
Osmanischen Reiches
◦ 1885: Fürstentum Bulgarien & Ostrumelien schließen sich zu Bulgarien zusammen
◦ 1908 Bulgarien souverän
• 1908: Bosnien-Herzegowina von Österreich-Ungarn annektiert
• 1912: Albanien wird souverän
◦ erst 1921 vom Völkerbund anerkannt (vorher unklar, ob es zwischen Serbien &
Griechenland aufgeteilt wird)

2. große Welle der Nationalstaatsgründungen


• Folge der Revolution von 1917 & Fall des Österreichischen Reichs
• Polen entsteht wieder
◦ 1795-1918 verschwunden
◦ österreichische und deutsche Truppen im 1. Weltkrieg in Polen einmarschiert
▪ Fall von Österreich und Deutschland
▪ Polen als Nationalstaat, sehr groß
◦ fast 1/3 nationale Minderheiten: im Westen Deutsche, im Osten Ukrainer
▪ nationale Unterdrückungspolitik
◦ nicht mehr als übernationale Konföderation (Commonwealth), sondern als polnischer
Nationalstaat
◦ Konflikte mit Deutschland & Sowjetunion
▪ noch einmal geteilt: Ribbentrop-Molotov 1939
◦ kompositer postimperialer Staat
▪ entstand aus russischem Teil, österreichischem Teil (Galizien) und preußischem Teil
• 1918: Tschechoslowakei (hat es noch nie gegeben)
◦ österreichisch-ungarisches Gebiet (Böhmen, Mähren, Schlesien: österreichisch;
Slowakei: ungarisch)
• 1918: Königreich Serbien Kroatien Slowenien
◦ 1929 umbenannt in Jugoslawien
◦ kompositer postimperialer Staat
▪ im Süden klassisch osmanisch (Vardar-Makedonien; heutiges Nordmazedonien &
Kosovo)
▪ habsburgische Gebiete (Bosnien: erst seit 40 Jahren verwaltet, vorher osmanisch;
Slowenien, Kroatien, Dalmatien: altösterreichisch)
• 1918: Rumänien
◦ kompositer postimperialer Staat
▪ alter Kern (1918 souverän: Regat/Altreich, Königreich Rumänien)
▪ osmanisches Gebiet: Dobrudscha
▪ österreichisches Gebiet: Bukowina
▪ ungarische Gebiete: Siebenbürgen, Banat (Temeschwar)
▪ russische Gebiete: Bessarabien

Kontinuitäten Imperien - Nationalstaaten


• Zeitgeschichte immer nach Einschnitten und gewissen Jahren geordnet
◦ z.B. 1. Weltkrieg, Jahr 1918, Jahr 1945, Jahr 1989, …
◦ gefährlich, weil es gibt immer Kontinuitäten
• Imperien wirken in Nationalstaaten nach
◦ sie sind postimperiale Staaten
◦ politische Prägungen und Gesellschaftsstrukturen sind postimperial
• Imperien sind keine Erscheinung der Vormoderne
◦ auch in der Moderne noch Imperien
• Nationalismus beginnt schon in den Imperien
◦ Nationalismus nicht an Nationalstaat gebunden, sondern auch in der Spätphase der
Imperien beobachtbar
◦ ethnonationale Strömungen/Radikalisierungen schon in den Imperien

Nationalstaaten als postimperiale Staaten


• Gesellschaften der Nationalstaaten sind postimperial
• politische Prägungen sind postimperial
• als Nationalstaaten definiert, aber postimperiale Staaten
◦ nationalistische Radikalisierung in Imperien wird durch Nationalstaaten fortgeführt
◦ Führer/Eliten der Nationalstaaten wurden in Imperien ausgebildet, waren imperial
geprägt
• man wollte aber alles, was imperial ist, schnell loswerden
• neoimperiale Politik: Türkei, Russland
• keine neoimperiale Politik: Österreich, Ungarn
◦ Österreich
▪ weil deutsche Bevölkerung aus Monarchie ausgetreten und nicht mehr als Imperium
gesehen
▪ nicht in Wiederaufbau Heil gesehen, sondern in einem Aufgehen eines großen
Deutschlands
◦ Ungarn
▪ nationales Trauma: 1920 Trianon: Verlust 2/3 des Staatsgebietes
▪ in Wahrnehmung Nationalstaat: Träume der Wiederherstellung der alten Grenzen
national, nicht imperial geprägt
◦ in der Wahrnehmung von Tschechien, Rumänien und Serben ganz anders
▪ z.B. Reaktion auf Anschluss 1938: Angst vor Österreich größer als vor Hitler,
Anschluss teils begrüßt → postimperiale Prägung
◦ auch am Balkan oder bei nicht-Russen in Russland keine postimperialen Nostalgien
• genozidaler kroatischer Nationalismus (Ustascha)
◦ imperiales Erbe (NDH: Unabhängiger Staat Kroatien)
◦ Genozid an Juden, Roma und Serben
• postimperial Osmanisches Reich
◦ europäische Türkei: Ostthrakien (Teile von Griechenland, Bulgarien)

Homogenisierung in den Nationalstaaten


• z.B. Griechenland
◦ Krieg gegen Türkei verloren
◦ 1923 Lausanne
▪ orthodoxe Bevölkerung der Türkei aus Anatolien aufgenommen: total neue
Bevölkerungsstruktur
▪ z.B. Karamanlides sprechen türkisch, sind aber Christen und mussten deshalb nach
Griechenland: eigene Musik Rembetiko
▪ Muslime in die Türkei gegangen
• z.B. Polen
◦ sehr heterogen
◦ Titularnation: 70% Mehrheit, andere als Minderheiten betrachtet
• z.B. Rumänien
◦ wie in Polen Titularnation & Minderheiten
• z.B. Tschechoslowakei
◦ Konstruktion einer Nation, aber Slowaken wollten das nicht
◦ Deutsche in Böhmen und Mähren auch nicht integriert
◦ sehr heterogen
◦ scheitert: mehrheitlich von Menschen bewohnt, die den Staat nicht wollten
• z.B. Jugoslawien
◦ Versuch einer Staatsnation: dreinamige Nation, jugoslawische Nation
◦ Slowenen & Kroaten haben sich in von serbischem Nationalismus dominierter Nation
nicht gesehen
• z.B. Albanien
◦ sehr kompakt, aber viele Albaner lebten nicht in diesem Staat

doppelte Bedrohung des Friedenssystems: Deutschland, Italien & Russland


• postimperiale Staaten in Unsicherheit, haben Angst
◦ Extreme Radikalisierung in den Nationalstaaten
◦ kollabieren vor 2. Weltkrieg
• Tschechoslowakei
◦ Münchner Abkommen 1938: Abtretung der Sudetengebiete mit deutscher Bevölkerung
kommen an Deutsches Reich
◦ Slowakei erklärt sich für unabhängig und muss südliche Gebiete abtreten
◦ „Resttschechei“ wird später von Hitler überfallen
◦ Polen greift Tschechoslowakei an und übernimmt Gebiet von Peschen
• Polen
◦ übernimmt Gebiet Peschen von der Tschechoslowakei
◦ wird von Deutschland, dann von der Sowjetunion angegriffen
▪ Flüchtlinge in beide Richtungen, manche fliehen vor Russen, manche vor den
Deutschen
▪ im polnischen Gedächtnis: polnische Teilungen → Widerstand gegen Deutsche und
Russen im Gedächtnis
◦ Verwüstung von Polen durch Nationalsozialismus & Schoah
◦ aber auch militärische Elite Katyn von Sowjetunion ermordet
▪ Massenverbrechen von Sowjets in Polen, Rumänien, … bis zum Einfall Hitlers in die
Sowjetunion
• Baltikum
◦ Sowjetunion hat Regierungen gestürzt & Marionettenregierungen eingesetzt
◦ Ermordung von baltischen Eliten in Sibirien
• Finnland
◦ sieht, wie Kultur/Unabhängigkeit im Baltikum leidet
◦ nimmt Maßnahmen nicht an
◦ wehrt sich gegen die Rote Armee in Mannerheim 1939/40
▪ besiegen sie sogar teils, aber muss 1940 nachgeben
◦ bewahrt seine Unabhängigkeit
◦ in Europa zwar Sympathiebekundungen für Finnland, aber keine Unterstützung, nicht
einmal von Schweden (Nachbarland, hätte nächstes Opfer werden können)
• Jugoslawien
◦ am längsten überlebt: versuchte, sich der Achse (NS-Deutschland, Italien) anzuschließen
◦ aber dann Überfall von Deutschland auf Jugoslawien
▪ kollabiert sofort, kein Kampf
◦ Rumänien vs. Jugoslawien: Siebenbürgen
• Ukraine
◦ wer sollte nationale Politik nach dem Weltkrieg prägen: Deutschland oder Sowjetunion?

Osteuropa ab 1945
• 1945 weitgehende Zerschlagung imperialen Erbes
◦ zumindest durch Gebiete & Grenzen
• Verschiebungen
◦ Westverschiebung in Polen
▪ Leute aus dem Osten Polens nach ehemaliges Ostdeutschland umgesiedelt
◦ Sowjetunion: Verschiebungen durch Verschwinden der jüdischen Bevölkerung
◦ Jugoslawien
▪ Verschiebungen durch Verfolgungen von Deutschen, Slowenen, Italienern, Albanern
und Ungarn
• Ostblock entsteht: Teilung Europas
◦ Deutschland geteilt
◦ Staaten, die am Ende des 2. Weltkriegs von Sowjetunion überrollt wurden, blieben in der
Sowjetunion
◦ baltische Staaten an Sowjetunion
◦ Griechenland: Bürgerkrieg zwischen Kommunisten & Nicht-Kommunisten, dann
Mitglied der NATO, heute EU
• Kalter Krieg
◦ Jugoslawien
▪ bricht 1940 mit Sowjetunion
▪ Teil der blockfreien Staaten: ein Balkanland spielt globalpolitische Rolle
▪ bleibt kommunistischer Staat, überlebt aber militärisch und wirtschaftlich durch
westliche Hilfe
◦ Rumänien
▪ 1960/61: beginnt auf Distanz zur Sowjetunion zu gehen: möglich, weil Rote Armee
Rumänien verlassen hat
◦ Akzeptanz der kommunistischen Herrschaft in allen Staaten klein
▪ bewaffneter Widerstand bis in die 50er Jahre in baltischen Staaten, Ukraine,
Rumänien, teils auch Jugoslawien
▪ vor allem im Baltikum & der Westukraine Aufstände: große Brutalität der
Sowjetunion bei der Niederschlagung

Umgang mit Muslimen


• Jugoslawien
◦ 1938, 1953: Versuch, nichtslawische Muslime in Türkei umzusiedeln
▪ gescheitert
▪ aber viele hunderttausende Menschen in der Türkei haben albanische Wurzeln
• Bulgarien
◦ große türkische Minderheit
◦ ganz massiv gegen Muslime vorgegangen
◦ Versuch, diese Gruppen zu bulgarisieren
▪ Massenflucht in die Türkei
▪ Kollaps des Regimes
Was ist jetzt eigentlich noch postimperial?
• Polen
◦ durch Westverschiebung & Verlust der multiethnischen Gebieten im Osten seit 1945
relativ homogen
• Ungarn
◦ sehr homogen: viele Deutsche vertrieben
• Rumänien
◦ massive Repression gegen Minderheiten
▪ jüdische Bevölkerung an Israel verkauft
▪ Deutsche an deutsche Republik verkauft
• Sowjetunion
◦ hat wie Imperium agiert
▪ sieht sich immer noch als Gendarm Europas
▪ hat sich enormen Machtblock in Europa errichtet
◦ wenn es zu Absatzbewegungen gekommen ist, bis 1968 brutal niedergeschlagen
▪ Sonderfall Rumänien
◦ Rückzug Russlands 1989 nicht wirklich akzeptiert worden von russischen Eliten
▪ deshalb immer noch Konflikte, die durch Expansionswillen Russlands entstehen
▪ Geschichtspolitik vor allem von Russland & Türkei immer kritisch zu hinterfragen

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