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Die Stadt Hermannstadt Eine Historische

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Rom 5998, 23, 20

Harvard College Library


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FROM THE FUND OF

CHARLES MINOT
Class of 1828
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Hung.

5354
Die Stadt

Hermannstadt.

Eine historische Skizze

von

Gustav Seivert.

T
KIR., ESTÖRSÉG
M. 94
.SZ.
*
KÖNYVTÁRA

Hermannstadt , 1859.

Drud und Verlag von Theodar Steinhaußen.


, 23.20
Rom 5998

NARVARD COLLEGE LIBRARY


NOV, 7, 1919
MINOT FUND

KÖNYV
TÁRA

A M. ILLZ. MUZEUM
KÖNYVTÁRÁBOL
A M. KIR. TESTŐRSÉGNEK
KIADATOTT

LANFRANCONI ENEA
könyv á ból
Vorrede

Im Mai 1858 faßte ich über Anregung eines meiner Freunde


den Entschluß, die Hauptmomente der Geschichte Hermannstadts in
gedrängter Uebersicht zusammenzustellen. Aus meinem , zu andern
Zwecken zusammengestellten historischen Apparate , nach den Mit-
theilungen einiger meiner Gönner und Freunde und aus den vor-
handenen Druckwerken , stellte ich in den freien Stunden die vorlie-
gende Skizze zuſammen. Sie war zur Veröffentlichung nicht bestimmt.
Da jedoch bis jetzt keine Geschichte der Stadt Hermannstadt ver-
öffentlicht worden ist und der Verein für siebenbürgische Landes-
kunde in diesem Jahre in Hermannſtadt tagen soll , so forderten
mich einige Hermannstädter Vereinsmitglieder auf, meine Arbeit,
als für diese Gelegenheit besonders passend , in Druck legen zu
laſſen ; sie trägt daher ganz und gar das Gepräge einer Gelegen-
heitsschrift.
Wer den Stand der siebenbürgischen Geschichtsforschung kennt,
wird daher auch an diese, im Laufe eines Jahres vollendete Arbeit,
ebensowenig die Anforderung eines erschöpfenden Werkes stellen,
als ſie der Verfasser als solche geben will. Es ist eben nur eine
Skizze, welche zu weiterer Forschung anzuregen und den Mitglie-
dern des Vereins, sowie den Mitbürgern meiner geliebten Vater-
stadt ein allgemeines Bild der Geschichte Hermannstadts vorzufüh-
ren zum Zwecke hat. Aus diesem Grunde habe ich auch nur mit
der Gründung der Stadt begonnen und die frühere Geschichte die-
ser Gegend unberührt gelaſſen.
Mit dem Jahre 1692 habe ich deshalb abgeschlossen , weil
einerseits die Bewältigung des reichhaltigen Materials aus späterer
Zeit rein unmöglich war und weil Hermannstadt mit der Unter-
werfung Siebenbürgens unter die österreichische Herrschaft, von der
ersten Stadt eines selbständigen Reiches zum bescheidenen Rang
einer kleinen Provinzialstadt herunter stieg.
1*
IV

So viel über Entstehung und Zweck der Arbeit, über deren


Inhalt muß ich noch einiges erinnern.
Da es mir nicht möglich war, eingehende Studien für diesen
speciellen Zweck zu machen und die Geschichte Hermannstadts zum
großen Theil auch Sachsengeschichte ist , so habe ich namentlich in
der politischen Geschichte und in der Chronologie, wo diese schwankt,
mir Leutsch's Geschichte der siebenbürger Sachsen zur Richtschnur
genommen. Ich erwähne dies hier ausdrücklich, um den Tert nicht
mit allzuvielen Noten zu überladen. Sonst habe ich die Quellen,
aus denen ich geſchöpft, möglichst genau angegeben und fühle mich
verpflichtet, dem Herrn Schulrath Johann Carl Schuller , mei-
nem innigftgeliebten Lehrer , dann dem Herrn Universitäts - Rege-
stranten Carl Sigerus und endlich meinen geschäßten Freunden
Georg Leutsch, Friedrich Müller, Friedrich Schuler von
Libloy , Carl Schwarz und Ludwig Reißenberger den wärm-
ften Dank für ihre bereitwillige Unterstüßung mit Materialien hie-
mit öffentlich darzubringen .
Ich schließe das Vorwort mit der freundlichen Bitte an die
verehrten Leser, bei Beurtheilung dieser , meiner ersten literarischen
Arbeit Nachsicht walten zu lassen.

Der Verfasser.
I. Periode.

Vom Jahre 1141 bis zum Jahre 1301 .

Als der ungrische König Geyza II. Deutsche vom Niederrhein nach
Siebenbürgen berief, kamen die neuen Ansiedler nicht in großen Haufen,
sondern nur in kleinern Zügen in das Land. Daher wohl das Schweigen
der gleichzeitigen Chronisten über diese Colonie. Eine der ersten Ansiedlun-
gen setzte sich da fest , wo jest Hermannstadt steht. Das Jahr aber, in
welchem an diesem Orte die ersten Häuser entstanden, bestimmen zu wollen,
ist ebenso fruchtlos, als das Bemühen , das erste Einwanderungsjahr über-
haupt zu fixiren, bis jetzt ein fruchtloses gewesen ist. Ebenso ungewiß sind
wir in Bezug auf die Person des Gründers. Nur die Sage , dieſe allzeit
wohl unterrichtete Vorläuferin der urkundlichen Geschichte, weiß uns über
ihn Genaues zu berichten. Er hieß Hermann.
Hermann . Sein Urahn, ein Nürn-
berger Bürger , zeichnete sich im Feldzuge gegen die Longobarden unter
Karl dem Großen so sehr aus, daß dieser ihn im Jahre 775 mit dem
Adel und einer goldenen Gnadenkette belohnte. Unser Hermann , im
Jahre 1080 in Nürnberg geboren, wurde vom ungarischen König Geyza II.
am 15. Mai 1143 zum Feldobersten erhoben, mit Adel und goldener Gnaden-
kette betheilt, siedelte sich in Siebenbürgen an und gründete Hermannstadt *) .

*) Aus einer in den Händen des t. k. Statthalterei- Sekretärs Franz v. Wayda


befindlichen Genealogie der Familie Hermann , geschrieben im Jahre 1742 durch Mar-
tin Hermann. Die hieher gehörige Stelle lautet :
Im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes ."
„Hiemit hab ich Martin Hermann im Jahr nach Chriſti Geburth 1742 wohl-
meinend , wie es Nikolaus Hermann der 6te, in Hermannstadt gebohren , beſchrie-
ben hat."
„Hab ich im Jahr nach Chriſti Geburth 1513 Nicolaus Hermann der 6te, in
Hermannstadt gebohren, nach Anweisung meines Wohl Edlen lieben Herrn Vater , wie er
schon 111 Jahr alt war, unsern Hermannstädtiſchen Ühr alten adelichen Stand und Her-
tommen wollen beschreiben."
Wie der Herr Dietrich Hermann, Burger in Nürnberg , vnd vom ersten
Teutschen Kayser Carolo Magno , wie er den Longobarder König vertilgen wolte; so hat
er den Herrn Dietrich Hermann neben andern mit in das Feld genohmen vnd hat
ihn zum Obersten Haupt-Mann gemacht ; er aber sich rittermäßig für dem Feind gehalten,
daß der Kayser sich über ihn gefreuet und ihn im Jahr nach Christi Geburth 775 mit
Adel und andern Freiheits Brieffen und mit einer güldnen Gnaden-Ketten begabet. Nach
6

Ebenso sagenhaft klingt die Nachricht, welche die Entstehung Hermann-


stadts in das Jahr 1160 versetzt. Wahrscheinlich ist nur , daß Her-
mannſtadt zwischen den Jahren 1141 bis 1161 von einem Deutschen Na-
mens Hermann gegründet wurde. Daß der Name des Ortes Villa Her-
manni , Hermannsdorf , Hermannstadt , sich auf den Gründer beziehe , wird
um so wahrscheinlicher , da dem Namen der Beiſatz sanctus oder divas
fehlt, welcher durchgängig bei andern Gemeinden, die Personennamen führen,
erscheint; so: Villa Scti. Humberti , Villa Scti. Epponis , Villa Scti. Ger-
hardi u. f. m.
Von kleinen Anfängen beginnend , muß doch die neue Colonie
rasch empor geblüht sein , da schon König Bela III. 1173 bis 1197 für
dieselbe eine eigene Silbermark beſtimmte ), und in der Colonie muß damals
schon Hermannstadt einen bedeutenden Rang eingenommen haben , da , als
König Bela III. im Jahre 1191 einverständlich mit dem päbstlichen Lega-
ten, dem Cardinal Gregorius, für die Coloniſten eine, vom Siebenbürger
Bischofe unabhängige , dem heiligen Ladislaus geweihte Probstei gründete ;
der Sitz derselben an diesen Ort verlegt wurde 2). Denn in dem kaum
gerodeten Gränzlande, das den Einfällen der benachbarten Kumaner noch so
sehr ausgesetzt war, mußte doch für die Hauptkirche ein Plaz gewählt wer-
den , der ihr genügenden Schutz verhieß. Daß dagegen die Probstei mit
ihren mannigfachen Bedürfnissen auch ihrerseits die materielle Wohlfahrt
des Ortes förderte und seine Wichtigkeit hob, ist selbstverständlich. Die erste
urkundliche Nachricht von der Existenz Hermannstadts verdanken wir dem
Diöcesenstreite, der sich zwischen dem Siebenbürger Bischofe und dem Her-
mannstädter Probste darüber erhob, zu weſſen Diöcese , die nach der Grün-
dung der Probstei` und außerhalb ihres ursprünglichen Sprengels angefie-
delten Deutschen gehören sollten ? Die Entscheidung fiel zu Gunsten des
Bischofs aus ³). Von nun an laffen uns die spärlichen Quellen aus die-
ser Zeit bis zum Jahre 1223 fast ganz ohne Nachrichten über Hermann-
stadt. Nur die Pröbste sind uns zum größeren Theile überliefert und auch
diese nur aus dem Grunde, weil sie diese Periode hindurch häufig das Amt

diesem ist von diesem Geschlecht der Wohl Edle gestrenge Herr Ueber- Groß-Vater, von dem
Wohlgelobtem König Geysa im Jahr nach Chriſti Geburth 1143 d. 15. May zum Ober-
ften gemacht worden ; der wohlgelobte König aber aus großer Liebe gegen ihn , mit einer
güldnen Ketten, mit Adel und mit andern schönen Freiheits- Brieffen begabet. Also hat
unser wohl Edler gestrenger Herr Ueber- Groß -Vater Herr Hermann ſich allhier in Sie-
benbürgen an diesen Ort geseßet, und hat angefangen zu bauen, von welchem auch unsere
Haupt-Hermannstadt ihren Nahmen bekommen. Dieser unser wohl Edle Ueber- Groß-Herr-
Vater Hermann ist gebohren in Nürnberg nach Christi Geburth 1080 und hat in Sie-
benbürgen seinen lehten Sohn , wie er schon 85 Jahr alt war , den Hermannus Her-
mann gezeuget A. C. 1165 und hat mit ſeinem Sohn noch 40 Jahr gelebet, und A. C.
1205 d. 3. Januarii in einem gottseligen Alter verschieden , daß sein ganzes Alter war
125 Jahr und 3 Tag 20. 20."
1) Andreanischer Freibrief von 1224 : ,,Hoc etiam eisdem concedimus , quod
pecunia quam nobis solvere tenebuntur seu dinoscuntur, cum nullo alio pondere nisi cum
marca argentea , quam piissimae recordationis pater noster Bela eisdem
constituit, videlicet quintum dimidium fertonem Chybiniens ponderis cum Coloniensi
denario, ne discrepent in statera, solvere teneantur."
2) Siebenbürgisches Urkundenbuch 1. Band. Urkunde Nr. III. p. 3.
3) Siebenb. Ürkundenbuch Vd. 1. Urk. Nr. IV. Seite 4.
der königlichen Vice-Kanzler bekleideten ). Diese hohe Stellung, welche die
Hermannstädter Pröbste, ungeachtet der zahlreichen Bischöfe Ungarns , ein-
nahmen , läßt uns wohl mit Recht einen Schluß auf die hohe Wichtigkeit
der deutschen Colonie in Siebenbürgen machen und man wird fast versucht,
darin eine Art Repräsentanz dieser Colonie zu vermuthen .
Leider haben wir aber außer den Namen und Aemtern der Pröbste
von ihnen weiter keine Nachricht , nur daß sie lebten wissen wir , wie sie
aber lebten und wirkten, ist uns zur Zeit noch unbekannt.
Der deutsche Name des Ortes, Hermannsdorf (Villa Hermanni) fin-
det sich zuerst in einer Urkunde vom Jahre 1223 , wo die Grenzen von
Michelsberg beschrieben werden *).
Gleich wichtig für Hermannstadt und die ganze Hermannstädter Co-
lonie ist das Jahr 1224. Die Thronstreitigkeiten, welche nach Bela's III.
Tode zwischen seinen beiden Söhnen Emerich und Andreas ausbrachen,
namentlich aber der unglückliche Kreuzzug Andreas II. im Jahre 1217,
hatten mannigfache Gelegenheit geboten , die den Deutschen bei ihrer Ein-
wanderung zugesicherten Freiheiten zu verlegen. Die Colonisten wandten sich
daher an den König mit der Bitte, um Herstellung ihrer alten Freiheiten.
Der König willfahrte der Bitte. Die darüber ausgestellte Urkunde ³),
der goldene Freibrief genannt, zählt nun die Freiheiten der Coloniſten ein
zeln auf, allein bedeutungsvoll , namentlich für Hermannſtadt , geſtaltete der
König die politische Lage der Ansiedler um. Wie sie eingewandert waren,
hatten diese bis dahin von einander unabhängige Gaue gebildet. Diese hebt
Andreas auf und verbindet sie zu einem politischen Ganzen , dem der
Hermannstädter Graf als oberster Richter nächst dem König , gesetzt wird.
Dieser neu constuirte Gau erscheint hinfort unter dem Namen der Hermann-
städter Provinz (Provincia Cibiniensis), er umfaßte das ehemalige Sachsen-
land mit Ausschluß des Kronstädter und Bistritzer Distriktes und wohl auch
der beiden Stühle Mediasch und Schelk 4) .
Dem höchsten kirchlichen Würdenträger steht nun der Hermannstädter
Graf als weltlicher, vom König ernannter Oberbeamter zur Seite und Her-
mannſtadt iſt entschieden Vorort der Provinz. Es ist dies jedoch nicht so
zu verstehen, als hätte der Hermannſtädter Graf seinen bleibenden Sitz in
Hermannstadt haben müſſen, es findet sich vielmehr häufig, daß die Grafen
(Ortsrichter) anderer Orte auch Grafen von Hermannstadt waren. Nur bei
den Gauversammlungen, welche in Hermannstadt abgehalten wurden , hatten
sie die Verpflichtung zu erscheinen und den Vorsitz zu führen. Bei weitem
lückenhafter als die Namen der Pröbste sind uns die der Hermannstädter Gra-
fen aus dieser Periode bekannt , und doch haben wir außer diesen wenigen
Namen noch immer keine Geschichte. Eine einzige geschichtliche Thatsache

1) Desiderius 1199 und 1201 , Urk. Buch Bd. 1. Regesten-Nr. 26 , 27 , 28 u.


29. Thomas 1212, Regest.-Nr. 49, 50, 51. Nicolaus 1234, 1239, Urk.-Buch B. 1.
Negeft.- Nr. 129, 135. Benedictus 1261 , Regest. -Nr. 165, 166 ; 1270, Regeft.-Nr.
203. Stefanus 1262, Regest.-Nr. 167. Johannes 1288, Regest.-Nr. 296.
2) Urt.-Buch Bd. 1. Ürk. Nr. XXIII. Seite 23.
3) Urt.-Buch Bd. 1. Urf. Nr. XXVIII. Seite 28.
Siehe Schuller's Umrisse und kritische Studien zur Geschichte von Sieben-
bürgen. Bd. 1. §§. 105 und 106.
30
liefert das Jahr 1241. In diesem Jahre brachen die wilden Mongolen-
horden in Ungarn und Siebenbürgen ein und der Hermannstädter Probst
Nicolaus fiel in der unglücklichen Schlacht am Sajo , nachdem er zuvor
einen mongoliſchen Heerführer mit eigener Hand getödtet hatte ¹). Ob der
Graf Lentink , welcher im Jahre 1243 mit seinem Bruder Hermann
für seine im Mongolenkrieg geleisteten Dienste vom König Bela IV. die
Bestätigung der ihm vom Wojwoden Ladislaus geschenkten Güter er-
langte 2) , Graf von Hermannstadt war , läßt sich mit Sicherheit nicht sa-
gen, da er in der Urkunde nur einfach Comes heißt , und diesen Titel, wie
schon oben angedeutet wurde, nicht nur die Grafen von Hermannstadt führen.
Bis zum Jahre 1282 herrscht nun wieder undurchdringliches Dunkel
über die Schicksale Hermannſtadts . Was wir von diesem Jahre an wiſſen,
ist zwar wenig genug, doch sind es nicht mehr Personen und Namen allein
die hervortreten , sondern man erfährt auch etwas von der Gemeinde , was
einen Schluß auf ihren Zuſtand gestattet .
Im Jahre 1282 3) besteht in Hermannstadt ein Dominikanerkloster,
zum heiligen Kreuz, es lag vor dem Elisabethther nicht weit von der jeti-
gen Capelle. Im Jahre 12924) schenkten die Richter , Geschworenen
und die ganze Gemeinde von Hermannstadt den 99fratribus cruciferis de
ordine sancti Spiritus" ein Haus welches schon lange als Hospital von
der weltlichen Obrigkeit verwaltet worden war, mit der Verpflichtung , Ar-
men, Siechen, Fremden und Gebrechlichen darin Unterkunft und Pflege zu
gewähren und ihnen die Sakramente zu reichen. Die Anstalt besteht noch,
sie ist das heutige Bürgerſpital, damals außerhalb der Befestigungen , wenn
auch unter ihrem unmittelbaren Schuhe gelegen. 3m Jahre 1300 5) schenkte
Elisabeth, eine Tochter des Grafen Cheels von Kelling , Witwe des
Grafen Herbord , zum Andenken an ihren verstorbenen Gatten unter an-
dern den Dominikanern in Hermannstadt für die Kirche zum heiligen Kreuz
und den Minoriten desselben Ortes für die Kirche der heiligen Elisabeth je
fünf Mark Silber. Das letztere der beiden Klöster lag in der Elisabeth-
gaſſe. Ob aber die jetzige Kirche in dieſer Gaſſe oder die Ueberreste einer
solchen im Hause des Bäckermeisters Samuel Schneider zu diesem Klo-
ster gehört habe, ist ungewiß. Für den letteren Platz spricht die neben dem-
ſelben befindliche sogenannte Seidenfabrik, welche früher ein Kloster geweſen
sein mag, da neben der jetzt noch benüßten Kirche Spuren eines ehemaligen
Klosters sich schwerer finden dürften.
Wenn wir bedenken , daß Hermannstadt der Sitz des Probstes und

¹) M. Rogerii Hungari Varadiensis Capituli Canonici miserabile carmen, s. historia


super destructione regni Hungariae temporibus Belae IV. regis per Tartaros facta. Bei
Schwandtner scriptores rerum Hungaricarum Tom. 1. caput 30 pag. 308. ,,Nicolaus
Scibiniensis praepositus , regis vice-cancellarius , nobilibus natalibus ortus , qui unum de
majoribus, antequam se necis necessitati subiiceret, cruentato gladio jugulavit.
2) Urk.-Buch Bd . 1 , Urk. Nr. LXI. Seite 65.
3) Urk.-Buch Bd. 1, Urk. Nr. CXXXII. Seite 129.
4) Urk.-Buch Bd. 1 , Urk. Nr. CLXXXV. Seite 180.
5) Urk.-Buch Bd . 1 , Urk. Nr. CCIV. Seite 218-220. - quinque marcas
fratribus predicatoribus de Cybinio ad opus ecclesie sancte Crucis,
quinque marcas fratribus minoribus de eodem ad opus ecclesie sancte
1166
Elysabeth -
9

Königsgrafen war, außer der Probsteikirche, deren Lage leider durchaus nicht
beſtimmt werden kann , zwei Klöster und ein Hoſpital für Arme , Fremde
und Sieche hatte , so können wir uns den Ort nur blühend denken , obwohl
kaum mehr als ein halbes Jahrhundert verstrichen war, seit die Mongolen-
stürme Ungarn und Siebenbürgen erschüttert hatten.
Ueber die Verfassung und Verwaltung von Hermannstadt läßt sich in
dieser Periode nur äußerst Weniges sagen. Was wir aus dem Andreani-
schen Freibrief wissen , gilt für Hermannstadt so gut , wie für jede andere
Gemeinde. Unmittelbare Unterstellung unter den König und den Hermann-
städter Grafen , freie Wahl der Beamten und Geistlichen , ausschließliches
Besitzrecht innerhalb der Provinz, abgesonderte Steuerzahlung und Heeres-
folge und abgesonderter Gerichtsstand mit alleiniger Anerkennung ihres Ges
wohnheitsrechtes sind die gemeinsamen Vorrechte der ganzen Colonie. Daß
in Hermannstadt die Verwaltung nächst dem Königgrafen von Richtern und
Geschworenen besorgt wurde , bezeugt die erwähnte Urkunde vom Jahre
1292 1 ). Der Handel der Coloniſten begann wohl schon in dieser Periode
einen höhern Aufschwung zu nehmen , da am Schluße des goldenen Frei-
briefs den alten Freiheiten vom König noch die Befreiung der Kaufleute
von allen Zöllen innerhalb des Reiches und die tributfreie Abhaltung von
Märkten, zugesetzt wurde.
Ueber die Ausdehnung und etwaige Befestigung Hermannstadts laſſen
sich nur Vermuthungen aussprechen, die Lage der Klöster und des Hospitals
ſpricht dafür , daß die untere Stadt zuerst erbaut wurde. Unterſtügt wird
diese Annahme auch durch den Umstand, daß die Unterstadt durch den Zibin
und die Teiche mit Wasser reichlich versehen war , und sich daher vorzugs-
weise zur Anlage von Handwerker-Wohnungen eignete. In der waſſerär-
meren obern Stadt dagegen haben wir wahrscheinlich die ältesten Befesti-
gungsanlagen zu suchen und es dürfte vielleicht nicht zu gewagt sein , anzu-
nehmen , daß der Umkreis des jeßigen protestantischen Kirchhofs auch die
Gränze des ältesten Kirchen- Castells gewesen sei. Eine zweite ausgedehntere
Befestigung dürfte dann noch den kleinen Ring umfaßt haben , und es hätte
sodann diese Burg etwa drei Thore und zwei Thürchen gehabt , die Thore
wären beim jetzigen Priesterthurm, dem Raththurm und der Auffahrt unter
der Liegenbrücke zu suchen, die Thürchen fänden wir an den Ausgängen der
Sagstiege und Fingerlingstiege. Ueber der ersteren steht noch der ehemalige
Befestigungsthurm , bei der letteren ist derselbe schon zu dem danebenste-
henden Hause gezogen worden.
Mit dem Jahre 1301 schließt die erste Periode der Geschichte Un-
garns und Siebenbürgens seit der Einwanderung der Magyaren ; in der
Geschichte Hermannstadts kann hier auch ein Abschnitt gemacht werden, denn
mit diesem Jahre schließt die Zeit der vorzugsweisen Geltung jener Adels-
geschlechter, die fast allein gekannt und genannt in der Nähe des Thrones
erscheinen , und es bereitet sich jene große Umwandlung vor , die mit der
zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunders bereits geschlossen, an die Stelle die-
ser einzelnen Geschlechter die Gesammtheit der Bürger und unter dieſen

1) Uniuersis presencia inspecturis , judices , jurati , ac tota communitas


ville Cybiniensis .
10

eine besonders sorgfältige Entwickelung des Handels- und Gewerbweſens,


treten läßt. Bildung und Sitte dieser Zeit schildern zu wollen , wäre ein
voreiliges Unternehmen , die Quellen bieten uns zu vereinzelte Thatsachen
für diesen Zweck. Im Allgemeinen läßt sich ein vorwiegend kriegerischer
Geist nicht verkennen. Aufbrausend und wild , zu gewaltsamer Selbsthilfe
geneigt, tapfer im Feld , so schildern uns die Quellen die Sachsen dieſer
Zeit ¹).

Zweite Periode.

Vom Jahre 1301 bis zum Jahre 1526.

Der neunjährige Kampf, der nach dem Erlöschen des Arpad'schen


Mannsstammes um die Krone Ungarns entbrannte, zog auch die Sachsen
mit in den wilden Strudel. Als Deutsche wählten sie die Partei des
Baiern - Herzogs Otto , gegen den Neapolitaner Karl aus dem Hause
Anjou ; doch war dieser, der Glücklichere, im Jahre 1310 bereits im un-
bestrittenen. Besitze des Thrones. Die Kriegswirren hatten den Rechtsboden
gelockert, daher ließen die Sachsen im Jahre 1317 den Andreanischen Frei-
brief sich vom neuen König bestätigen 2). Der König aber, den Sachsen,
feinen früheren Gegnern wenig hold , sette den Wejwoden von Siebenbür-
gen Thomas , einen gewaltthätigen Mann , zum Hermannstädter Grafen
ein. Dieser schaltete nach Willkühr, wenig fragend nach verbrieftem Rechte.
Da griffen die Gedrückten im Jahre 1324 unter Anführung des Grafen
Henning von Petersdorf zum Schwert. Mit Hülfe der Kumaner
aus Ungarn gelang es dem königlichen Heere , nachdem Henning gefallen
war , die Sachsen zu besiegen ; doch erreichten diese so viel , daß Thomas
nicht mehr Graf von Hermannstadt blieb. In unerquicklicher Lage , vom
König nicht geliebt (in keiner Urkunde Carl's für die Hermannstädter Pro-
vinz erinnere ich C mich die Ausdrücke „fideles " oder „dilecti " gelesen zu
haben), von übermüthigen Nachbarn oft schwer und ungestraft bedrückt, ver-
floß ihnen Carl's lange Regierung. Nach seinem Tode im Jahre 1342

Roger carmen miserabile. ,, Inebriari vino , prout Theutonicorum fu-


ria exigit inceperunt. Schuller's Archiv für Siebenb. Seite 27 Note 10.
1
Urk.-Buch Bd. 1, Seite 93, Urk. Nr. XCV. „ Chyl. 1 de villa Kelnuk
sub castro Deva, et sub castro Feketuholm cum hostibus nostris pro redem-
tione nostra viriliter dimicavit et multos ex iisdem captivavit, demum in Ilsazég
in bello nostro generali dictus Chyl comes, coram oculis nostre majestatis ante om-
nes alios hostium cuneos perturbavit , coedem magnam hominibus
inferendo , ubi vulnera lethalia in se recepit. "
Ueber die Geneigtheit zur Selbsthilfe gibt Alard's und des Kelneker Grafen
Streit mit dem Weißenburger Capitel genügenden Aufschluß.
" Sächs. National-Ärchiv Nr. 3.
11

standen die Sachsen wieder in den Waffen . Carl's 18jähriger Sohn


Ludwig kam mit Heeresmacht ins Land ; doch forschte er zuerst den Ur-
sachen der Erhebung nach und dämpfte diese ohne Schwertstreich , indem er
die gerechten Beschwerden der Sachsen hob.
Sein Vater hatte kräftig und streng die Adelsgeschlechter der Sachsen
niedergehalten , Ludwig , leutseliger und staatsfluger , suchte und fand im
Volke selbst das Gegengewicht gegen dieſelben und zugleich das Mittel, den
übersprudelnden Thatendrang in mildere Bahnen zu leiten. Neigung zu
Handel und Gewerbthätigkeit war , wie schon erwähnt , im Volke , Raum
und Gelegenheit zu deren Entfaltung im weiten Reiche und dessen nächſter
Umgebung die Fülle vorhanden. Diese Richtung begünstigte Ludwig, und
freudig wurde sie von der Bevölkerung eingeschlagen. Er hatte nichts zu
thun, als Rechtsverletzungen abzuwehren und der freien Entfaltung des
Handels und Gewerbwesens den nöthigen Raum zu gönnen ; beides that er
mit großer Sorgfalt 1 ) , und die Früchte derselben hoben schon unter seiner
Regierung die bedrückt gewesene Colonie zu überraschender Blüte. Daß
unter so glücklichen Umständen auch Hermannstadt sich eines höhern Auf-
schwungs erfreute , liegt in der Natur der Sache. Schon in den erſten
Jahren der Regierung Ludwig's entwickelte sich die Gemeinde immer mehr
zu einer Stadtgemeinde. Im Jahre 1346 ist bereits außer dem Grafen
von Hermannstadt ein zweiter Richter Johann Schebenizer und ein
Villicus (nach späterer Analogie das eigentliche executive Organ der innern
Gemeindeverwaltung) Konrad Kall urkundlich bezeugt 2 ) . Daß Hermann-
stadt jedoch damals noch nicht eine eigentliche Stadt war, beweist eine Ur-
kunde vom Jahre 1357, in welcher Richter und Geschworene von Hermann-
stadt sich noch nicht Cives , sendern nur Burgenses de Cibinio nennen ³).
Junerhalb des nächsten Jahrzehents aber hatte diese Umwandlung stattge=
funden, denn in einer Urkunde rom Jahre 1366 erscheint bereits ein 3a-
fob Henczemanisse (Hainzmann) als Magister Civium 4) .
Das Auftauchen von Städten , mit entschieden gewerbtreibender Be-
völkerung (denn von Mühlbach, Schäßburg und Broos ist dies um dieselbe
Zeit urkundlich erwiesen) , mag wohl eine Folge der schen im zweiten oder
dritten Jahrzehent des XIV. Jahrhunderts durchgeführten Eintheilung der
Hermannstädter Provinz in Stühle gewesen sein. Somit können wir die
am Schluße der ersten Periode erwähnte Umwandlung als geschlossen be-
trachten. Es beginnt nun recht eigentlich die Periode der Bedeutsamkeit
Hermannstadts als Handels- und Gewerbsplay. Die Namen , die wir in
der frühern Periode gehört , die hohen Hofämter, hören auf; der Graf von
Hermannstadt , der Bürgermeister , ist in den meisten Fällen selbst Bürger.
Alles nimmt die Gestalt behaglichen Bürgerthums an. Den Hermannſtäd-
ter Kaufherrn sind die Plätze von Prag , Wien , Danzig und Krakau , von
Venedig und Jadra geöffnet , und die Bekanntschaft der Byzantiner mit den

1) Von den 33 im Hermannſtädter National-Archive enthaltenen Urkunden Lud-


wig's betreffen 21 Stücke das Handels- und Gewerbswesen.
2) Siebenb. Prov.-Blätter Band 2 , Seite 55. Seivert's chronologische Tafel
der Provinzial-Bürgermeister, Stuhlrichter und Stadthannen in Hermannſtadt.
Seivert's Grafen der ſächſiſchen Nation. Ungr. Mag. Bd. 2, Seite 278.
Seivert's Provinzial-Bürgermeister Seite 3.
12

Sachsen und ihren Verhältnissen , weiset mit Sicherheit darauf hin , daß
auch das griechische Kaiserthum in dem Kreise ihrer Handelsunternehmun-
gen lag 1). So ihre Thätigkeit bis zu drei Meeren erstreckend , muß ihr
Gewinn ein ungeheurer gewesen sein. Es kann uns daher auch nicht wun-
dern, daß die Hermannstädter Kaufleute die Donau mit ihren Waaren be-
fuhren 2) . In der Stadt aber war die Thätigkeit nicht minder groß ; da
regte der Gewerbsmann die fleißigen Hände und schaffte für In- und Aus-
land kunstreiche Waare. Als im Jahre 1376 der siebenbürgische Bischof
Goeblinus (ein Sachse) und der Castellan der Landskrone Johann von
Scharpened über Anordnung des Königs , im Einvernehmen mit der
Gauversammlung die Zünfte in den Städten Hermannstadt , Schäßburg.
Mühlbach und Broos regelten ), fanden sich 19 Zünfte mit 25 Gewerben,
während gleichzeitig Augsburg nur 16 3ünfte mit 20 Gewerben und Straß-
burg 28 Zünfte zählte *). Nicht minder auffallend als diese erhebliche An-
zahl von Zünften und Gewerben ist das Prinzip der freien Concurenz,
welches mit einigen geringen Ausnahmen dieſe Regelung durchweht. Unbe-
dingte Aufnahme jedes Unbescholtenen (natürlich nur aus deutschem Stamme
Entsproffenen) in die Zunft und unbeschränkte Freiheit im Betriebe des
Gewerbes, sind die allgemein durchgeführten Grundsätze. Dunkel bleibt im
Eingange der Urkunde folgender Sat : „per graciam domini Lo-
douici Regis ..... domini nostri naturalis graciosissimi de nouo restitutis
et concessis, welcher eine vorhergegangene Aufhebung der Zünfte andeu-
tet ; da uns pon einer solchen durchaus nichts bekannt ist. Läge zwischen
dieser Regulirung und dem Tode des Königs Karl nicht ein Zeitraum von
34 Jahren, so könnte man allenfalls vermuthen, daß dieser die Zünfte auf-
gehoben habe, weil ihm dieselben als engverbundene Corporationen gefähr-
lich schienen. Allein eben dieser lange Zeitraum macht die Annahme zweis
felhaft. Zu verwundern ist es, daß drei Gewerbe, welche in einer Kirchen-
matrikel von Hermannstadt, die wahrscheinlich über das Jahr 1346 zurück-

¹) Urkunden von Ludwig im National - Archive von den Jahren 1370 Nr. 21,
1371 Nr. 28.
Chalchocondilas bei Stritter Bd. III. p. 712 §. 127. „ Ardelium a Pra-
sobo monte in Pannoniam usque excurrit. Regio ista cingitur quercetis glandiferis
urbesque habet non paucas. Metropolis Sibinium vocatur, Lingva untuntur partim Da-
corum et partim Pannonum. Victu et moribus Pannones imitantur. Haec regio sub-
jecta est Pannonum regi, a quo ducem accipit de Pannonum genere. Urbes habet
liberas, quae proprio jure propriisque legibus ab metropoli Sibinio reguntur. Jussi
proficisci in militiam , regi parent , tributum ferentes , quandocunque is imperaverit ;
solummodo petentes, ut sibi proprio jure suisque legibus, rempublicam administrare
liccat."
2) Urkunde im Nat.- Archiv Nr. 21 vom J. 1370 „ ... quod mercatores predicte
civitatis nostre Zybiniensis & vyenna in eodem fluvio danubii usque Budam tam
magnas quam ' parvas Naves seu Carinas cum eorum mercimoniis in ascendendo et
descendendo secure et absque impedimento aliquali quandocunque et quotienscunque
voluerint deferre valeant atque possint."
3) Urkunde im Nat.-Archiv vom I. 1376 Nr. 34. Am vollständigsten abgedruckt
in 3. Grimm's " Politische Verwaltung des Großfürstenthums Siebenbürgen" Band 3,
Seite 5-8.

Teutsch's Beiträge zur Geschichte Siebenbürgens unter König Ludwig I.
Seite 35 Anm. 1.
13

geht ) , bezeugt sind , in dieser Regelung unerwähnt bleiben ; es sind die


Goldarbeiter, Maurer und Zimmerleute. Diese Matrikel, welche sich gegen-
wärtig im bischöflichen Archive zu Karlsburg befindet , ist eines der inter-
essantesten Schriftstücke , die uns aus dem XIV. Jahrhundert aufbewahrt
worden sind. Sie enthält hauptsächlich Verzeichnisse über das Vermögen
der Kirche der heiligen Jungfrau Maria (der jeßigen großen evangelischen
Pfarrkirche), und wenn wir auch die jetzt bestehende Kirche nach der älte-
sten Jahreszahl , die sich in derselben findet , in das Jahr 1431 versehen
müssen, so bezeugt doch diese Matrikel unläugbar , daß an derselben Stelle
schon im XIV. Jahrhundert eine Kirche und auch ein Thurm stand *), wo-
durch sich das in diesem Thurme befindliche , im rein romanischen Style
erbaute Portal natürlich erklärt. Aus dieser Matrikel erfahren wir , daß
schon in jener Zeit die Fleischhauer , Kürschner , Bäcker und Schuster ihre
Kaufhallen hatten , in denen die einzelnen Verkaufspläge, auffallend genug,
Privateigenthum geweſen zu sein scheinen ; da der Kirche mehrere derselben
von Privaten geschenkt wurden. Die Kirche bezog für diese Pläge theils
bestimmte Naturalabgaben, theils einen Vierting (ferto) Silber 3). Dieser
Umstand scheint auch darauf hinzudeuten, daß zu jener Zeit die Zünfte nicht
als Corporationen bestanden, denn später erscheinen diese Verkaufshallen als
Gesammteigenthum der Zunft , worin jeder Meister bei der Aufnahme in
dieselbe auch seinen Verkaufsplay erhielt. Daß auch die Kunst der Glas-
malerei zu jener Zeit schon in Hermannſtadt betrieben wurde, wird auch
durch diese Matrikel erwieſen 4) .

¹) Kurz Anton die ältesten deutschen Sprachdenkmale und die bis jetzt bekannte
älteste Handschrift der Sachsen in Siebenbürgen. Seite 24. Item Kuncz goltsmit tene-
tur XV inarcas de auregento et unum lotonem et XV flor. Seite 37. Item dedi
aurifabro de monstrancia jjjj flor. -- dem z cymmermann vnd dem smyde
das sy die glocke nyder lysen. Siehe auch die nächstfolgende Note.
2) Kurz am a. O. Seite 23. Item comes martinus debet dare pro structura
ad turrim C flor. XI flor. ex parte der Endresin wegen. (Martinus war Comes
1346, 1357 und 1372. Seivert's Grafen der ſächſ. Nation. `Ungar. Magazin Bd. 2,
Seite 277 und 278.
3) Kurz am a. D. Seite 22. 22 ·· nota redditus de scampnis legatis inter
macella ad ecclesiam beate virginis." Seite 24. „ .... unc vero secuntur redditus
de scampnis sutorum que pertinent ad ecclesiam virginis gloriose . " " ... Item
sunt ibi duo scampna inter pellifices ... que duo eciam deseruiunt omni
anno unum fertonem. "
Nota quod kunen hennichen legauit inter pistores unum scampnum
ad beatam virginem gloriosam."
*) Kurz am a. D. Seite 23. „Item niculauús pictor tenetur LXXXIIII flor. an
gelaz daz her hat genommen. 66 „Item II hundert syben gelaz ist her auch schul-
dich.“ „Item dominus meus tenetur clacs mallerin XX an den vannen vnd V flor
an den feynstein" (soll wohl Feynstern heißen). „Item comitissa conradin tenetur
XXXII fl. ad vnam fenestram ad ecclesiam beate virginis." - Daß hier von Glas-
malerei die Rede ist , erhellet aus der Vergleichung obiger Stellen mit den Artikeln der
Hermannstädter Tischlerzunft, mit welcher die Maler und Glaser verbunden waren , vom
Jahre 1520. Der erste dieser Artikel lautet : „ Ein Maler soll thun seiner Meisterschaft
ein Beweisung nach vnserer gewonheit ; das erst werck oder stück soll er malen
ein Marienbild, einer Elen breid, vnd das soll er malen mit Laszur vnd planirtem
Goldt, zum andern soll er machen ein stück glasz einer Elen hoch von Glaszteil-
14

Der Wohlstand erzeugt , bedarf aber auch zu seiner Erhaltung der


Bildung. Diese fand sorgsame Pflege in Kirche und Schule , was daraus
erhellet, daß Hermannstadt in dieser Zeit bereits ein eigenes Schulgebäude
hatte ) , und die Kirche eine für jene Zeit ansehnliche Büchersammlung,
nahe an 200 Bände , besaß 2). Solche Schäße des Fleißes , der Krnst
und Wissenschaft mußten aber auch besser beſchüßt werden, daher denn auch,
wahrscheinlich zwischen den Jahren 1357 und 1366 Hermannſtadt mit
Mauern umschlossen ward. Doch begriff auch diese dritte Befestigung noch
nur die obere Stadt. Jene Ringmauer, heute noch ziemlich kenntlich , zog
sich vom Rathhauſe an , am Abhange des Hügels hinter dem Stadtpfarr-
hofe und den Fleischbänken, bis zur Fingerlingsstiege , von hier lief sie am
kleinen Ring hin bis zur Reispergaffe , dann diese entlang hinter dem Non-
nenkloster ført in der Richtung der jetzigen innern Ringmauer , beim Neu-
thor und Heltauerthor vorüber, bis zum Johannisreg , wo sie dann wieder
an der Berglehne fortlaufend , sich beim Rathhaus schloß. Die deutlichsten
Spuren dieser Befestigung sind in der Reiſpergaſſe zu sehen , wo noch im
Graf_Teleki'schen , Baron Bruckenthal'schen , Baron Bede u s’ſchen
und Darotischen Hause , in gleichen Abständen von einander , Reste der
ehemaligen Ringmauerthürme sich deutlich erkennen lassen. Außerhalb der
Ringmauern lebte in der untern Stadt die gewerbtreibende Bevölkerung,
namentlich jene Gewerbe , welche fließendes Wasser bedürfen , das damals
der obern Stadt noch fehlte. Nahte Gefahr, so war bald die bessere Habe
hinauf geschafft in die schüßende Burg, und war sie überstanden , so wurde
mit wenig Mühe das leichte Hotzhaus wieder aufgebaut.
Wenn wir ungeachtet der oben nachgewiesenen Existenz der Marien-
kirche im XIV. Jahrhundert, geſtüßt auf die ebenfalls schon angeführte Jah-
reszahl 1431 ) den Ausbau dieser Kirche , in ihrer jeßigen Gestalt in das
genannte Jahr versezen wollen , so können wir für einen solchen Umbau
wohl zwei Gründe vermuthen. 1. Eine sehr rasche Zunahme der Bevölke-
rung, und 2. die Aufhebung der Probstei des heiligen Ladislaus. Im Jahre
1424 hatte nemlich König Sigismund , der ewigen Klagen müde , die
über die Bedrückungen durch die Pröbste, einliefen , die Hermannſtädter
Probstei aufgehoben. Pabst Martin V. bestätigte im Jahre 1426 die
Aufhebung , und der König schenkte die Güter der Probstei der Stadt , un-
ter der Bedingung, eine bestimmte Anzahl Messen jährlich lesen zu laſſen.
Der begonnene neue Kirchenbau soll so eifrig betrieben worden sein,
daß schon im ersten Jahre die Mauern sieben Schuh hoch über der Erde

chen, mag er beweisen dy zwey stück vnd also mag man ihn auffnehmen, kann er
nicht mehr beweiszen von Glaszwerk also soll er sich vorbasz nicht mehr anneh-
men zu malen."
1) Kurz am a. D. Seite 37. „ Item das man den schole hat gemacht XIX flor.
item 10 ort.
2) Kurz am a. D. Seite 32-36. „ Nota isti sunt libri qui pertinent ad libra-
riam in latino.
3) Mökesch Sam. die Pfarrkirche der A. C. V. zu Hermannstadt, Seite 4, und
3. Ludwig Neugeboren die Hauptkirche der ev. Glaubensgenossen A. C. in Hermann-
stadt, Seite 4, führen an, daß zur feierlichen Grundsteinlegung ein päbstlicher Legat nach
Hermannstadt gekommen sei , doch ist mir die Quelle , woraus dieses Datum geſchöpft
wurde, unbekannt.
15

aufgeführt wurden 1), doch traten bald Ereignisse ein , welche einen eben so
raschen Fortban unmöglich machten. Schon zu Ludwig's Zeiten waren
die Türken in Europa eingebrochen und hatten die Gränzen des ungarischen
Reiches überschritten ; seit Sigismund's unglücklicher Schlacht bei Niko-
polis 1396 überfluteten sie die Süd - Donauländer immer ungestrafter und
schon 1420 ) streiften sie nach Siebenbürgen. 1432 s) standen sie zuerst
vor Hermannstadt , 14374) nahten sie wieder , doch zog ihnen der tapfere
Königsrichter (Graf) von Hermannstadt , Anton Trautenberger , ent-
gegen und es gelang ihm in offener Feldschlacht den Vortrab derselben zu
zersprengen. Dennoch stand schon im Jahre 1438 ein neues türkisches
Heer unter Murat's Anführung vor Hermannstadt , zog jedoch nach acht-
tägiger Belagerung unverrichteter Sache wieder ab 5) . Größer war die
Gefahr im Jahre 1442 6) . Ein großes türkisches Heer trang unter An-
führung Mezeth Beg's in Siebenbürgen ein. Johann Hunhadh ,
den man mit Recht den ungarischen Cid nennen kann, wurde bei St.- Imre
in der Nähe von Karlsburg geschlagen, und unaufgehalten drangen nun die
Türken nach Hermannstadt vor. Doch Hunhadh sammelte schnell ein
neues Heer und eilte dem Feinde nach. Vor Hermannstadt kam es zur
Schlacht ; im entscheidenden Augenblicke brachen die Bürger aus der Stadt
heraus, fielen den Türken in den Rücken und es wurde einer der glänzend-
sten Siege erfochten.
Bei so oft sich wiederholender Gefahr erwies sich auch die dritte Be-
festigung als unzureichend , es wurde daher die Ringmauer auch um die
untere Stadt gezogen 7) und mit ſtattlichen Thürmen bewehrt , welche den
einzelnen Zünften zur Erhaltung und Vertheidigung zugewiesen wurden.
Die vier Hauptzünfte hatten die Stadtthore zu vertheidigen , die Fleisch-
hauer das Heltauerthor, die Schneider das Sagthor, die Schuster das Bur-
gerthor und die Kürschner das Elisabeththor. In diesen Thürmen und in
den Verkaufshailen der Zünfte lagen ihre Waffenvorräthe , Panzer , Harni-
sche, Schwerdter, Spieße, Armbrüste, Bogen und Pfeile. Hiezu traten noch
die Feuerwaffen 8) . Der leichte Ringel- und Schuppenpanzer der früheren

1) Moekesch am a. D. Seite 4.
2) Univ. - Prot. Nr. 1. Seite 5.
Teutsch Geschichte der Siebenbürger Sachsen , Seite 144. Seivert Grf.
Ung. Mag. Bd. 2, Seite 286.
*) Teutsch Geschichte der Siebenbürger Sachsen, Seite 144. Wahrscheinlich hier.
auf bezieht sich folgende Stelle des Ducas bei Stritler III. p. 708, §. 124. „ At Zi-
pinium usque profecti (Turci) ex Hungariae urbibus insignibus unani , propius ipsam
admovere ausi non sunt. Cum itaque illius incolae Turcos invadentes indignabundi
adspicerent, portis urbis patentibus pugnam cum eis ineunt, multosque caedunt. “
5) Univ.-Prot. Nr. I. Seite 5.
Teutsch am a. D. Seite 168.
Seivert's Grafen der Sächs. Nation. Ung. Mag. Bd. 2, Seite 291. Sote-
terius Cibinium. Ms. in der B. Bruckenth. Bibliothek. Die hier erwähnte Jahreszahl
und Inschrift : „ 1457. Georgius Sartor juratus Civis Cibiniensis hanc structuram tecti
fieri fecit" muß jedoch an dem etwa in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts ab-
getragenen äußern Sagthorthurm befindlich gewesen sein , da an dem im Jahre 1858 ab.
getragenen innern Thurm sich keine Spur davon zeigte.
) Siehe den Coder im National Archiv über die Archeley , begonnen im Jahre
1417, beendigt im Jahre 1460 von Johann Hasenwein. Aelteftes Brotokoll der ſäch-
16

Zeit , wich dem schwerern Plattenharnisch , und das große zweihändige


Schlachtschwert (deren die Hermannſtädter Rüstkammer noch drei Stück
aufbewahrt) wurden namentlich bei der Bürgerbewaffnung üblich 1).
Zur Verstärkung Hermannstadts trugen nächst den neuen Mauern und
Thürmen wesentlich die rings um die Stadt gelegenen Teiche bei , solche
mögen schon bei der Anlage Hermannstadts, namentlich in den Niederungen
des Zibins, vorhanden geweſen ſein ; doch hatte sich die Kunst bald dieses
natürlichen Befestigungsmittels in ausgedehnterer Weise bedient. Es wur-
den rings um die Mauern solche Teiche angelegt, durch Ninnen und Schleu-
ßenwerke untereinander und mit dem Zibin und Schewisbach verbunden , sø
daß zur Stadt nur einzelne, bei nahender Gefahr leicht zu unterbrechende
Zugänge führten. Die Eigenthümer dieser Teiche, in welchen eine reichliche
Fischbrut sorgsam genährt wurde, hatten die strenge Verpflichtung , sie stets
tief und rohrfrei zu erhalten. Hand in Hand mit der Befestigung , den
Waffenvorräthen, welche vom Stadthannen (Villicus) genau controllirt wur-
den, ging die Anschaffung und Aufbewahrung reicher Fruchtvorräthe. Dieſe
wurden in den Thürmen und Lauben, in großen Kästen aufbewahrte), vor-
zugsweise aber dienten zu diesem Zwecke die Korngruben. Auf dem großen
und kleinen Ringe , auf dem Friedhofe und in den Gassen der Oberstadt
waren diese in der festen Lehmschichte ausgegraben , wurden sodann ausge-
brannt und mit Steinen bedeckt. Nicht nur die einzelnen Zünfte , sondern
auch die Kirche und die Geistlichen hatten derartige Korngruben. Die
mancherlei Mährchen und Sagen von unterirdischen Gängen , welche aus
der Oberstadt bis in den jungen Wald hinausführen sollen , verdanken ihre
Entstehung dem Einsinken solcher unausgefüllt gebliebenen Gruben. Die
größern Zünfte hatten, wie die noch jetzt vorhandenen Rechnungen beweisen,
bis 800 Kübel Korn im Vorrath. Wasser war außer den Brunnen auch
durch Ableitung eines Cibinsarmes in die Stadt geführt worden , und es
lagen daran die städtischen Badstuben und mehrere Mühlwerke ³) , von wel-

fischen Schneiderzunft, beginnend mit dem Jahre 1449. Seite 6. 1478. Register iacobi
Camer super arma pertinentia ad cecham Sartorum. It tres pixede ferree an ge-
schaefft. It VII jn gassen hacken buxen. It VI hant buxen. It VIII buxen yn den
gestelln. It eyn tarlys buxs. It xj batiste. It VIII flegel. It summa pixidarum XXVI
p. 33. Nota Arma ferrea pertinencia ad czecham sartorum. Primo quinque medias
toraces ad anteriorem partem hominis pertinentes post hoc manicas ferreas unum
par, post hoc ferimenta ad genua pertinencia unum par, item alia ferimenta longiora
ad pedes pertinencia vulgo meosel vocata tria paria. It septem pilea ferrea. It unam
barbam ferream. It quatuor balistas. It lorica quinque. It Gölleria quinque.
1) Klemm Kulturwissenschaft. Werkzeuge und Waffen. Seite 236.
2) Schneider-Protokoll von 1524-1845 Seite 1. 1526. It in dem Kasten sayn
dray hundertt remp Korren.
Kurz am a. D. Seite 42 und 43.
3) Kurz am a. D. Seite 27. Notandum quod beata virgo in Cibinio habet in
molendino penes balneum omni anno et perpetue tria maldra anone
Aus der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts.
Seite 28. Nota quod Ciues illud molendinum receperunt sub anno domini
millesimo CCCC vicesimo quarto Crus Johanne Villico existente et singulis annis
debent dare VI maldra annone ij maldra ecclesie parochiali , ij maldra pauperibus
in hospitali degentibus et ij maldra leprosis, videlicet pro molendino circa in-
finum balneum situato .
17

chen jene in der Saggaffe , die früher eine Sägemühle gewesen war , der
Saggaſſe und dem Sagthor wahrscheinlich ihren Namen gegeben.
So konnte nun Hermannſtart, von schützenden Teichen und starken
Mauern umgeben, mit Waffen, Lebensmitteln und Verräther aller Art reich-
lich versehen , von muthigen und waffenkundigen Männern vertheidigt , mit
Recht als eine Hauptzierte Siebenbürgens gelten , und bald brachte es der
Fall von Constantinopel zu noch größerer Bedeutung , so daß es mit Kren-
start als Vormauer und Bollwerk der Christenheit galt 1) .
Die geschilderten großartigen Arbeiten hatten den begonnenen Kirchen-
bau zwar verzögert , aber nicht gänzlich unterbrochen. Das jetzt noch be-
uigte funstreich gegossene eherne Taufbecken war schon im Jahre 1438 )
beendet, und daß das Cher im Jahre 1445 3 ) schon ausgefertigt war, zeigt
das große Bild der Kreuzigung Christi über dem Eingange zur Safristei,
welches in diesem Jahre vom Maler Johann Rosenauer gemalt wurde.
3m Jahre 1471 stand endlich der Dem zum gottesdienstlichen Gebrauche
fertig da 4), jedoch wurde noch viel später das kleine Thürmchen , welches
ren Aufgang zum großen Thurme enthält , und die große füdliche Kirchen-
halle erbaut , wie die am erstern befindliche Jahreszahl 1520 nachweiſt.
Daß die Kirche auch im Zunern an Meßgewändern , Kelchen und sonstigen
Kirchengeräthschaften reich war, bezeugen die Vormerkungen der oft erwähn
ten ältesten Matrikel ; nach derselben hatte sie 9 Monstranzen , 51 Kelche,
mehrere Kreuze, Rauchfässer und Lampen (Ampeln), 19 Levitenröcke , Dal-
.
maticas , 54 Meßkleider , Casulas , 21 Cappas und andere Zierathen aus
Seide, Sammt, Gold und Silberbrokat, häufig mit Perlen und Erelsteinen
geschmückt 5).
Bei dem großen Reichthume Siebenbürgens an edeln Metallen, deren
Gewinnung von Deutschen eifrig betrieben wurde , wäre es allerdings zu
verwundern , wenn die Bearbeitung derselben unter den Sachsen nicht auch
geblüht hätte , und obwohl , wie schon erwähnt , die Zunftregulirung vom
Jahre 1376 Silberarbeiter und Goldschmiede nicht aufführt und das Ge
werbe erst im Jahre 1504 als Zunft constituirt wurde , so erscheinen doch
bereits vor 1376 Goldschmiede in Hermannstadt , und die voraufgeführten
Kelche und andere Kirchengeräthe dürften doch mindestens zum größeren
Theile in Hermannstadt verfertigt sein 6) . Wie hoch die Gold- und Sil-
berwaaren der fächſiſchen Goldarbeiter gehalten wurden , erhellet daraus,
daß der Wohwode der Moldau , Elias , als er im Jahre 1433 den Zeil

1) Archiv für Siebenb . Landeskunde, neue Folge, Band 2, Seite 156 bis 164.
2) Es hat in Mönchsminuskel folgende Juſchrift:
„Descendat libans plenitudine fontis virtus spiritus sancti
„ Sit fons vivus aqua regenerans unda purificans
„99 O adonar sabaoth detragar matun Emanuel
„Anno Domini MCCCCXXXVIII
Leonhardus
„Jhesus Christus o rex glorie veni nobis cum pace."
3) Mökesch Seite 114, mit der Unterschrift : „Hoc opus fecit magister Johannes
Rozenaw Ann. domini milesimo quadringentessimo - XLV.
1) Mökesch Seite 6. Neugeboren Seite 6.
5) Kurz am a. D. Seite 21, 28, 29-32 und 45.
6) Kurz am a. D. Seite 37, dedi aurifabro de monstrancia flor. III .
2
18

für die nach der Moldau handelnden sächsischen Kaufleute regelte, verarbei
tes Gold und Silber zollfrei einführen ließ ) . Auch das Prägen des edlen
Metalles und die damit eng verbundene Einlösung desselben finden wir in
Hermannstadt betrieben.
3m Jahre 1438 erscheint zuerst ein Münzamt in Hermannstadt *) .
3m Jahre 1444 war das Münzrecht an den Bürgermeister Jakobus
verliehen ; vom Jahre 1445 bis 1459 war die Präge der Goldgulden dem
Hermannstädter Bürger Simon 3) übertragen ; im Jahre 1456 hatte die
Münze der Hermannſtädter Bürgermeister Oswald mit Italienern , Ni-
kolaus Demagio und Christof von Florenz , und es durfte ohne
ihr Wissen Niemand Gold oder Silber scheiden 4). Im Jahre 1464 fam
das Goldeinlösungs- und Münzrecht an die Hermannſtädter Kommune, welche
dafür jährlich 200 Mark Silber zahlte ) und dieses Recht bis zum Schluße
der Periode behielt. Im Jahre 1523 befahl König Ludwig II. die Er-
bauung eines eigenen Gebäudes für die Metallscheidung und Münzpräge,
der Bau kam jedoch aus unbekannten Ursachen nicht zur Ausführung ®).
In Folge dieser hohen Blüte des gesammten Bürgerthums erfreute
sich Hermannstadt von den Königen mancher ehrenden Auszeichnung ; so er-
theilte Ladislaus V. im Jahre 1453 der Stadt das damals hoch gehal-
tene Vorrecht mit rothem Wachs zu siegeln 7) und schenkte ihr im folgenden
Jahr für die Befestigungsarbeiten 40 Mark Silber. Im Jahre 1464 gab
Mathias das Recht den Hermannstädter Grafen (Königsrichter) zu er-
nennen auf und gestattete den Bürgern die freie Wahl desselben 8).
Ein schwerer Schlag bedrohte die Stadt im Jahre 1467. Der da-
malige Königsrichter Benedikt Roth und der Bürgermeister Peter
Gräf von Rothberg hatten sich unvorsichtigerweise einer Verschwörung
des Adels gegen Mathias angeschlossen. Der König, rechtzeitig gewarnt,
unterdrückte eben so rasch als energisch den Ausbruch der Verschwörung,
deren Häupter er aus dem Reiche verbannte. Roth wartete dieſes Urtheil
nicht ab, sondern floh nach Polen, wo er auch starb. Peter Eräf und
Andere fehrten sich an das gesprochene Urtheil, wahrscheinlich in der Hoff-
nung auf Begnadigung, nicht, doch hatten sie, zu ihrem Unglücke, falsch ge-
rechnet. Mathias kam nach Hermannstadt und sprach das Todesurtheil
über die Zurückgebliebenen aus , welches auch auf dem großen Ring in
Hermannstadt an ihnen vollzogen wurde 9).

¹) National-Archiv Nr. 67.


2) National-Archiv Nr. 81. Zugleich erscheinen auch unter Sigismund die er-
ften in Hermannstadt geprägten Goldmünzen mit dem Münzbuchstaben Hermannstadts h.
Siehe Ungr. Magazin Bd. 1. Seite 113. Eine Abbildung der Münzen in : „Tabulae
Numismaticae pro Catalogo Numorum Hungariae et Transsilvaniae Instituti Nationalis
Szechényani Pars I. Tab. 5. XXX Sigismundi Nr. 2 et 3.
3) National- Archiv Nr. 107 und 204.
4) Nat.-Archiv Nr. 172.
5) Nat.- Archiv Nr. 230, 243.
Nat.- Archiv Nr. 257 und 258.
Nat. -Archiv Nr. 146. Eder de initiis etc. Seite 146-149.
Ranicher Jakob das Recht der Comeswahl , in Kurz's Magazin Band 2,
Seite 167. Urk. Belege I.
9) Teutsch Geschichte der Siebenb . Sachsen, Seite 183. Seivert's Grafen der
sächs. Nation, Ungr. Mag. Bank 2, Seite 294.
19

Bis zum Schluße dieser Periode liefert uns die Kriegsgeschichte noch
zwei Daten , welche Hermannstadt näher berühren. Der Held beider ist
der Bürgermeister Hecht. Das Erste ist die berühmte Türkenschlacht auf
dem Brodfelde im Jahre 1479, wo Hecht durch seine Tapferkeit sich aus-
zeichnete. Das andere ist ein Türkeneinfall im Jahre 1493. Plündernd
und sengend hatten die Türken den Brooser Stuhl, den Unterwald und den
Hermannstätter Stuhl durchzogen und wollten mit reicher Beute beladen,
eine Unzahl Gefangener mit sich führend , den Rückzug durch den rothen
Thurmpaß antreten. Da sammelte Georg Hecht rasch die streitbaren
Bürger und Bauern , verband sich mit den Gebirgswalachen und legte sich .
in den Hinterhalt. Mitten im Engpaß griff er die nichts ahnenden Türken
von allen Seiten plöglich an , zersprengte und vernichtete sie , befreite alle
Gefangenen und kehrte mit reicher Beute als Sieger heim. Für dieſe bei-
den Thaten wurde Hecht im Jahre 1493 zum miles auratus ernannt und
erhielt in sein Wappen einen Greif ¹) .
3m Rechtsleben der Sachsen traten in dieser Periode wichtige Aen-
derungen ein, welche natürlich Hermannstadt, als den Vorort, mittelbar oder
unmittelbar berührten. Der Umfang des Sachsenlandes wurde unter der .
libertas Cibiniensis 1366 mit dem Bistritzer , 1422 mit dem Kronstädter
Gau und etwas später, unbekannt in welchem Jahre, mit den beiden Stüh-
len Mediaſch und Schelk vermehrt 2 ). Wenn diese Verbindung Anfangs

¹) Schuller Karl , Schulrath, Collect. Majora. MSS. Chukás • (Hecht). 1493. ·


Wladislaus .. Georg Chwkas Camerario Prov. Cib... quod dum Thurcorum Caesar
regnante adhuc d. quondam Mathia R. infinitam prope multitudinem Thurcorum sub
conductu Alybek et aliorum plurimorum Waywodarum ad invadendas et depredandas
partes R. nostri Trans. transmisisset et universa illa multitudo Thurcorum in campo
Kenyermezew constitisset , . . . condam Comite St. de Bathor Woywoda Tranno.
et Paulo de Kynys C. Themesiensi cum expedita manu tantum belli discrimen iussu
prefati c. D. M. R. adeuntibus , Tu inter alios certamini illi non solum interfuisse , ve-
rum etiam 600 equitibus, prefuisse et istic strenue dimicasse diceris ; Deinde cum in
carnis privio proxime transacto Thurcorum ipsorum exercitus .. in Tranniam fuisset
ingressus, Tu .. priusquam aliorum auxilia .. concurrissent , solus ipse cum quibus-
dam Tuis paucis, .. illos aggredi et quo minus cum preda . . abire possent, im-
morari ausus fueris ... Hec et alia quam plurima preclara facinora Te semper com-
misisse et ad defensionem illius patrie singulari ardore virtutis ultra alios Tuos con-
cives semper paratissimum fuisse et esse comperimus ; horum igitur intuitu .. Te in
Militem auratum .. creandum duximus . . Et insuper Tibi ac Johanni Michaeli et Ni-
colao ff Tuis ad priora vestra arma, vid. ad lucium cum tribus rosis griffum inte-
grum . . adiicienduin .. Vobis vestrisque heredibus .. concedimus . . Bude f. b. Georg.
Mart. 1493. Orig. in Fam. Rosenfeld.
Aus dieser Urkunde geht klar hervor, wie sehr die im Andreanum bestimmten 500
Mann Kriegstruppen , welche die Sachsen zu stellen hatten , durch die Noth der Zeiten
vermehrt werden mußten. Hecht führte 600 Reiter; wie groß muß die Anzahl der Fuß-
völker gewesen sein, welche mit denselben das Banderium der Sachsen bildeten?
2) Teutsch Geschichte der Siebenb. Sachsen, Seite 107.
Fr. Schuller Rechtsgeschichte, Band 1 , Seite 195.
Im Jahre 1315 ordnete zwar schon Karl Robert die Vereinigung der beiden
Stühle mit der Hermannſtädter Provinz an, allein sie kam nicht zu Stande. Im Jahre
1402 befreite Sigismund zwar die zwei Stühle von der Oberhoheit der Szekler Gra-
fen, doch wurden sie damals mit Hermannstadt noch nicht ganz vereinigt, da sie das Be-
fugniß erhielten, sich einen eigenen Grafen zu wählen. Die eigentliche Vereinigung mag
* 2*
20

auch nur das Gerichtswesen betraf, indem Hermannſtadt der gemeinsame


Oberhof für Alle war, so bildele sich doch aus dieser Vereinigung im Laufe
der Zeit die sogenannte Nations = Universität , als oberste politische und Ge-
richtsbehörde der Sachsen, aus ...
Im Andreanischen Freibriefe war dem Hermannſtädter Gau die Füh-
rung eines rechtsgültigen Siegels zugestanden worden, und noch im Jahre
1292 befräftigte die Hermannstädter Gemeinde die angeführte Schenkung
des Spitals mit dem Provinzialſiegel 1) . In dieser Periode finden wir da-
gegen, außer dem Provinzialfiegel, welches durch König Ludwig im Jahre
1371 geändert worden war, auch ein besonderes Siegel von Hermannstadt
mit der Umschrift : Sigillum Civium de villa Hermanni " . In diesem Sie-
gel erscheint nun das Hermannstädter Wappen, zwei gekreuzte , abwärts ge-
kehrte Schwerter mit einer Krone darüber. Das Jahr der Entstehung die-
fes Siegels ist mit Sicherheit nicht anzugeben, doch hängt es entweder mit
der Bildung der Stühle oder aber der Umbildung Hermannstadts zur wirk-
lichen Stadt zusammen und ist daher jedenfalls in das XIV. Jahrhundert
zu versezen 2).
Die Verwaltung wurde, wie schen oben angegeben , vom Bürgermei-
ster, dem Stadthannen mit den Geschworenen (Jurati , seniores cives) ge-
führt, der Bürgermeister war politischer Vorstand der Gemeinde und Ver-
walter des Gemeindevermögens ; der Stadthann hatte vorzugsweise das Po-
lizeiliche zu besorgen. Gegen Ente der Periode aber und zwar im Jahre
1495 gestattete der König (Uladislaus II .), daß an Seite der Geschwor-
nen je 100 Männer erwählt wurden, welche an der Verwaltung und Be-
rathung der öffentlichen Angelegenheiten Theil nehmen sollten ³). Diese
Hundert Männer (Centumviri) bildeten fortan im Gegensatz zu den Ge-
schworenen, dem innern Nath, den äußern Rath. Ueber die Art und Weise,
wie in dieser Periode die Steuern aufgetheilt und eingehoben wurden, ist
nur so viel bekannt , das dieselben nach Zahlhäusern (domus nummerales,
portae) aufgetheilt waren, die Bestimmung eines Zahlhauses aber war in
verschiedenen Zeiten verschieden und läßt sich eben deshalb nicht genau
angeben.
Die Rechtspflege wurde vom Hermannstädter Königsrichter (Judex

wahrscheinlich erst nach 1480 Statt gefunden haben, da Teutsch die Dauer der Losrei-
Bung der beiden Stühle auf 180 Jahre angibt.
1) Urkundenbuch, Bd. I., Urkunde Nr. CLXXXV. et ut hec nostra donacio,
concessio et collatio robur perpetue obtineat firmitatis , presentes eisdem contulimus
litteras, sigillo Cybiniensis provincie sigillatas“.
2) Auch die Umschrift des Siegels in großer Mönchs - Majuskel deutet auf das
XIV. Jahrhundert.
3) Schlözer's kritische Sammlungen zur Geschichte der Deutschen in Siebenbür
gen, Seite 80. ,, Intelleximus , qualiter vos , consvetudinem aliarum civitatum huius
regni nostri sequentes, e medio vestri centum electos homines annuatim eligere coe-
pistis. Quod cum ad magnam commoditatem et futuram vestram quietem futurum
cognoscamus, eiuscemodi, electionem atque inceptam consvetudinem vestram proban-
dam et etiam ratificandam duximus ; probamusque et ratificamus per praesentes vo-
lentes et Fidelitati vestrae firmiter committentes ut a modo in perpetuum eiuscemodi
electos homines singulis annis, instar aliorum civitatum huius regni nostri de me-
dio vestri eligere et hac consuetudine semper uti et gaudere debeatis.
21

regius , comes cibiniensis) und dem Stuhlrichter (Judex terrestris) be-


sorgt, von ihnen ging die Berufung an den Magistrat (innern Rath), von
diesem an die Universität und endlich an den König , welcher in einzelnen
Fällen den Wehweden oder den Palatin delegirte. Das Gewohnheitsrecht,
welches nach dem Wortlaute des Andreanums die einzige Rechtsquelle bil-
den sollte, genügte für die entwickeltern Verhältnisse nicht mehr. Der Bür
germeister Thomas Altenberger ließ daher im Jahre 1481 das Nürn-
berger , Magdeburger und Iglauer Stadtrecht , so wie die Rechte einiger
Bergstädte in einen Coder zusammentragen , welcher fortan als Rechtsbasis
diente. Am Schluße desselben findet sich die Eidesformel für die Her-
mannſtädter Rathmänner ). Dieser schöne Ceder ist noch heute in der
Baron von Bruckenthal'schen Bibliothek zu sehen.
Auch der Sitz der städtischen Behörden , das Rathhaus , wurde in
dieser Zeit verlegt. Das älteste Rathhaus soll , wie behauptet wird , daş
jetzige leine Reißenfels'sche Haus , zwischen dem röm .-kathol. Staats-
Gymnasium und dem Raththurme gelegen , gewesen sein. Da schenkte im
Jahre 1470 der Rathmann Thomas Gulden sein Haus (den jetzigen
Priesterhof) der Stadt zu einem Rathhause , und es wurde wahrscheinlich
im Jahre 1491 unter der Aufsicht des obengenannten Bürgermeisters
Thomas Altenberger und des Königsrichters Ladislaus Hahn
(Hänlein) zu diesem Zwecke umgestaltet 2):
Was die Kirche anbelangt, so haben wir hier Folgendes zu bemerken.
Die schon im Jahre 1322 vom König Karl Robert unter den Schutz
der Hermannstädter Provinz gestellte Abtei Kerz wurde vom König Ma-
thias im Jahre 1477 aufgehoben und mit der Kirche der heil. Sungfrau
zu Hermannstadt verbunden 3). Die Dominikaner , deren Kloster noch im-
mer vor dem Elisabeththere lag , schlossen mit der Stadt im Jahre 1474
einen Vertrag ab , weburch sie ; wegen der steten Gefahr von den Türken
beraubt zu werden, das Befugniß erhielten , sich innerhalb der Mauern ein
Kloster zu erbauen , jedoch mußten sie unter andern Bedingungen auch die
eingehen , daß der größere Theil der Klostermitglieder aus Deutschen beste-
hen selle 4). Das heutige Nonnenkloster sammt der Kirche wurde dazumal

" Ich schwöre Gott und der Königin Maria und allen lieben Heiligen , daß ich
unserm allergnädigsten Herrn dem Könige und der heiligen Krone in allen meinen Nath
schlägen gehorsam und getreu will sein , auch dieser löblichen Stadt , Ehre , Nutzen und
Gerechtigkeit suchen will, nach allem meinen Vermögen, den Freunden sowohl, als Frem
den , Armen, Reichen Gerechtigkeit nach meinem Verständniß thun will, und dabei nicht
an will sehen Freundschaft, Gewinnst oder Gabe; Witwen und Waise besonderlich mir
befohlen will lassen sein, sie nach meinem Vermögen in ihrer Gerechtigkeit zu schützen, des
ehrsamen Rathes Heimlichkeit nicht offenbaren will anders , als wenn es sich ziemt. Also
wahr helfe mir Gott und alle lieben Heiligen."
2) Seivert Grafen der fächsischen Nation , Ungar. Magazin, Bd. 2, Seite 296.
„ Anno MCCCCLXX prouidus Thomas natus olim circumspecti Simonis Gulden, in-
signis civitatis Cibiniensis Conciuis, cuius spiritus sit in pace. Hanc domum ' testa-
mentaliter pro republica huius insignis ciuitatis legauit et demum sequentibus annis
per spectabiles et prudentes viros. , M. Thomam Altenberger .. Benedictum carnifi-
cem, Judices Johannem Hunger .."
3) Ungr. Mag., Band 2, Seite 295.
*) National-Archiv, Nr. 355.
22

von ihnen erbaut. Noch müssen wir eines Vermächtniſſes erwähnen , wel-
ches der Vice - Woywode Nikolaus der Aeltere von Salzburg der
Marienkirche im Jahre 1465 ) hinterließ. Er vermachte ihr sein Haus
in Hermannstadt , einen Fischteich außerhalb der Stadt , dann seinen großen
silbernen, vergoldeten Gürtel und einen silbernen Drachen (wahrscheinlich die
Deferation des ungrischen Drachenordens), lettere zwei Stücke mit der aus-
drücklichen Verfügung, daß dafür ein Kelch und ein Mißale angeschafft wer-
den sollte. Interessant ist dieses Vermächtniß dadurch, weil es den Beweis
liefert, das der Verstorbene ein Deutscher war , denn so sehr auch der un-
grische Abel bei verschiedenen Gelegenheiten bemüht war , sich das Recht
des Grund- und Hausbesizes auf Sachsenboden zu erwerben, wurde doch
das ausschließliche Bürgerrecht von den Sachſen ſo ſorgſam gewahrt , daß
selbst Vermächtnisse oder Erbschaften, wenn sie in liegendeu Gründen oder
Häusern bestanten, an Ungarn nicht in natura erfolgt wurden , sondern nur
der Schäßungswerth derselben ausgefolgt ward.
Eine weitere wesentliche Veränderung im Kirchenwesen bereitete sich
gegen das Ende dieser Periode vor. Hermannstädter Kaufleute hatten um
das Jahr 1520 einige Schriften Luther's von der Leipziger Messe heim
gebracht , diese wurden eifrig gelesen , ungeachtet der strengen Verbote des
Königs und des Erzbischofs von Gran. Zwei Männer waren es vorzüg-
lich,, welche die hiedurch vorbereitete Reformation besonders förderten, Mar-
tus Pempflinger und Georg Hecht.
Markus Bempflinger war ein Deutscher , aus Schwaben stam-
mend. Nach dem Tode des Königsrichters Iohann Lulai ernannte ihn
König Ludwig II. im Jahre 1521 zum Königsrichter 2).
Georg Hecht ein Sohn des tapfern Helden der Brodfeld Schlacht.
Bempflinger schütte durch sein Ansehen die Anhänger der Reforma-
tion und Hecht errichtete in seinem Hause auf dem großen Plaze (dem
jezigen Nationalhause, welches sein Vater im Jahre 14723 ) von Philipp ,
dem Sohne des obenerwähnten Münzmeisters Christof von Florenz ge-
fauft hatte) eine proteſtantiſche Schule und ließ darin protestantischen Haus-
gottesdienst halten. Die weitere Entwickelung der Reformation gehört "ſchen
der nächsten Periode an, in welcher auch Pempflinger's hohe Bedeuten-
heit sich entfaltet.
Wir stehen am Schluße der zweiten Periode , welche durch das blu-
tige historische Trauerspiel der Schlacht bei Mohács geschlossen wird. Mit
Ludwig's II. Tode. beginnt die Trennung Siebenbürgens von Ungarn und
mit ihr zugleich Hermannstadts hohe politische Bedeutung als Vorert aller
Sachsen und als stärkste Festung des Landes. Wenn auch in dieser Pe-
riode schon Hermannstadt den Namen Metropolis führt , so ist dies mehr
ein Ehrenname, die Gestaltung des Sachsenlandes zu einem politisch-bedeut=

1) National-Archiv Nr. 239.


2) Ranicher's Necht der Comeswahl. Kurz's Magazin , Band 2 , Seite 146.
Es ist dies das erste Beispiel, wo der König eine Candidation verlangt und gegen den
Sinn der Mathias'schen Urkunde , wo nicht einmal der königlichen Bestätigung Erwäh
nung geschieht , das Ernennungsrecht sich vorbehält. Ja , wir wissen nicht einmal , ob
Bempflinger einer der in Vorschlag gebrachten Candidaten war.
3) National Archiv Nr. 338.
23

ſamen Ganzen , an dessen Spitze Hermannſtadt mit ſeinem Bürgermeister


und Comes steht, kommt erst in der folgenden Periode zum vollen Abschluß.
Diese Umgestaltung werden wir in der nächsten Periode verfolgen, hier aber
sei es uns vergönnt auf rie bisherige Entwicklung Hermanustadts noch einen
Rückblick zu werfen. Wir haben gesehen , wie Hermannstadt in der ersten
Periode als offener Plaß, nur durch den Sitz des Probstes und die Abhal-
tung der Gauversammlung vor andern Orten einen Vorzug hatte , wir ha-
ben gesehen, wie nach den Thronstreitigkeiten zu Anfang der zweiten Periode
während Karl's Regierung die frühere Geltung der hohen Adelsgeschlechter
abnahm und unter Ludwig's einsichtsvoller Leitung in einzelnen Orten das
Bürgerthum erſtarkte und die Oberleitung aus den Händen jener Adeligen
nach und nach in die Hände der Bürger, das heißt der Kaufleute und Hand-
werker , überging. Wir haben endlich gesehen , wie Handel und Gewerbe
sich zu einer überaus hohen Blüte entwickelten und Wohlstand und Bildung
sich gleichmäßig hoben. Zwar hatten die Türkenstürme schon in dieser Zeit
der freien Entfaltung traurige Schranken gescht, aber noch hatte das Uebel
den innern Kern des Lebens nicht erfaßt. Während das ungrische Reich,
namentlich in1 den drei lezten Jahrzehenten , immer rascher seiner Auflöſung
entgegen ging, hatte sich das Gemeinwesen der Sachſen, die eben durch des
Reiches Noth immer mehr auf eigene Kraft angewiesen wurden , zu einem
schönen Ganzen consolidirt. Trotz ewiger Türkenverwüstung und den im-
mer und immer wiederkehrenden Kriegssteuern und Subsidien hatte sich doch
der Wohlstand , wenn nicht vermehrt, wenigstens erhalten , bürgerliche Ord-
nung und geregelte Rechtspflege schüßten , was Fleiß und Geschicklichkeit er-
warben. Wie erhebend klingen die Urtheile gleichzeitiger ausländischer Ge-
schichtsschreiber über die Sachſen ¹) , zu geschweigen der vielen Urkunden,
welche in der beredetsten Sprache die Treue, den Fleiß , Kunstsign und die
Bildung derselben rühmen.
So stand Hermannſtadt` am Schluße dieser Periode als beredtes Zeug
niß der Huld seiner Könige , der Tapferkeit , Ausdauer und Betriebſamkeit
seiner Bewohner da. + Seine festen Mauern troßten der Wuth der Türken-
ſtürme, im Innern prangten die schönen Kirchen , und auch für bürgerliche
und häusliche Zwecke hatte der Wohlstand hervorragende Gebäude geschaffen.
Der jetzige Priesterhof war das Rathhaus , fest daran stand die Ka-
pelle des heil. Märtyrers Stefan , eine zweite Kapelle befand sich an der
Seite des jetzigen Schulgebäudes, gegen den Kapitelhof hin, zwischen beiden
Kapellen ſtand die alte Schule nebst mehreren Bürgerhäusern , unweit der

Des Chalchocondilas haben wir schon früher erwähnt , hier sei noch angeführt
das Urtheil des Peter Ranzoni , neapolitaniſchen Gesandten am Hofe des Königs Ma-
thias. Dieser sagt : „Est Transsilvania ferax omnis generis frugum , vini laudatis-
simi. - Hominum ingenia magna excellentiaque, ad ea praefertim aptissima, maximeque
versatilia, que manu fiunt. - Brevibus multa complectar ; quid quid est in regno
Hungariae laude dignum atqué excellens, quod adtineat ad nobiles et honorata ad-
pellatione opifices , atque ad eas artes , quas adpellant mechanicas, id totum apud
Transsilvanos habetur. Testificari et equidem possum , et ceteri , qui viderunt, vi-
dentesque mire obstupuerunt ;" dann die Aeußerung des Dalmatiner Abtes Petrus
Tubero : „Alemanni soli in omnibus transistranis regionlbus opifices ac Inercato-
res sunt,"
24

gedeckten Stiege , wo jezt die Wohnung des jüngern Glöckners iſt , ſtand
eine dritte Kapelle, dem heil. Jakob geweiht. Wenn wir der Angabe Mö-
kesch's Glauben beimeffen wollten , so wäre diese Kapelle im Jahre 1160
erbaut , mithin unbedingt das älteste Kirchengebäude Hermannstadts ge-
wesen 1).
Für den Verkehr standen die Lauben (Verkaufshallen) der einzelnen
Zünfte, in welchen diese, wie in einer Art orientaliſchem Bazar , nach Ge-
werben geschieden, ihre Erzeugnisse feil hielten. Der Fleischhauer, Kürschner,
Bäcker und Schuster haben wir oben schon erwähnt. Fleischhaner und
Kürschner haben ihren Verkaufsplatz bis heute noch nicht gewechselt , die
Bäcker und Schuster hatten sie über der ehemaligen Liegenbrücke , und fest.
darneben erbauten sich die Schneider im Jahre 1494 , unter dem Bürger-
meister Michael Agnethler und den Schneiderzunftmeiſtern Melcher
und Georg Wurmlecher , ihre Laube mit einem Kostenaufwande von
564 Gulden 23 Den. 2). Die Tuchmacher und Goldschmiede hatten ihre
Lauben zwischen der großen und kleinen Plag , an der Stelle der jeßigen
röm .-kath. Pfarrkirche und des Staatsgymnaſiums. Mitten auf dem großen
Ring stand der steinerne Pranger mit der Statue eines geharnischten Man-
nes, der mit beiden Händen ein Schwert zum Todesstreiche erhebt. Hier
war zugleich der Richtplag , wo auch Peter Gräf geblutet 5). Unter den
Privatgebäuden nahm unstreitig den ersten Rang jenes ein , welches am
Plage des jezigen großen Reißenfels'schen Hauses , wo der Lefeverein
jeine Lokalitäten, hat, stand. Die kunstreich verzierten Thüren und Fenster,
die beiden Erker, dann die mit Glasmalereien gezierte Hauskapelle führten
auf die Vermuthung, es sei ein königliches Gebäude oder aber der Sitz des
Hermannstädter Probstes gewesen 4). Wer zu jener Zeit Besizer des Hau-
ses war, ist mir unbekannt. Gleich die nächste Stelle nahm wohl das Haus
des Markus Pempflinger (das heutige Rathhaus) ein. Den dritten
Plaz müſſen wir wohl dem jetzigen evangelischen Stadtpfarrhause einrän-
men, dessen großartiger Anblick wenige Jahre nachher , 1532 , dem Diener
res Andreas Gritti, Francesco della Valte , auffiel 5). Auf dem
großen Ring ist noch zu erwähnen , das Haus des Georg Hecht (das
jetzige Nationalhaus) , dessen wir oben schon gedacht , und das Haus des
Thomas Altenberger (das jetzige Haller'sche Haus 6). Als Bauüber-
reste aus dieser Periode sind bis heute noch erhalten , an Privatgebäuden :
Die Arkaden unter dem Binder'schen Hause auf dem kleinen Play, fest an
der Fingerlingsstiege. Die Spitzbögen und die steinernen Gewölbrippen
sprechen entschieden für diese Zeit ; dann im Nationalhause , im ersten und
zweiten Stocke, einzelne Gewölbe ; im Rathhauſe vorzüglich eine kleine Halle
im Garten, mit theilweise sehr schöner Arbeit ; eine kleine Halle im Garten

1) Mökesch am a. D. Seite 1 .
2) Aeltestes Schneiderzunft- Protokoll vom Jahr 1449 angefangen. Seite 89-104.
3) Die Statue ist auf dem Rathhause noch zu sehen.
1) Soterius in seinem Cibinium erwähnt diese beiden Behauptungen. In Sci-
rert's Nachrichten von Siebenbürg. Gelehrten ist 346 der Vermuthungen über die Eigen-
thimer dieses Hauses ausführlich gedacht.
5) Archiv des Vereins. Neue Folge, Bd. 2, Seite 169 und Note 8.
5) Universitäts- Protokoll, Bd. 2, Seite 111.
25

des Herrn Daniel Zekelius , penſionirten Spitals - Curators , auf zemr


großen Ring , scheint ebenfalls dieser Zeit anzugehören. In der untern
Stadt sind aus dieser Periode keine Gebäude , außer den bereits erwähn-
ten Kirchen , mit Sicherheit bekannt. Der Zeughof, nach alten Sagen,
welche Frank in seinem Beviculus Originum Nationum in Transsilvania
Seite 11 und Soterius in seinem Cibinium erwähnt , die Stammburg
der Familie Hermann , gehörte damals noch der mächtigen Gräfenfamilie
Tabiasi von Heheldorf bei Mediasch , und die Münze, welche später
im Gebäude der jetzigen Stearinkerzenfabrik eingerichtet wurde , bestand da-
mals, wie schon eben erwähnt, noch nicht.
Am Schlaße der ersten Periode erlaubten uns die spärlichen Quellen
nur kurze Andeutungen über das bürgerliche Leben und die Sitten der Zeit.
Die zweite Periode bietet uns leider in dem bisher erschlossenen Material
auch nur spärliche Daten , welche , zu einem Bilde auszuführen , die größte
Behutsamkeit erfordert , da die Phantasie nur allzu geneigt ist , das Feh-
leude zu ersetzen. Was daher in den nächsten Zeilen gegeben wird , sollen
nur einzelne Züge sein, streng an die gegebenen Quellen sich haltend. Der
friegerische Geist , deſſen wir am Schluffe der vorigen Periode erwähnten,
die Neigung zur Selbsthilfe , finden in dem Kampfe gegen Karl Robert ,
in dem Aufstände von 1324 und der Erhebung bei dem Regierungsantritte
Ludwig's, auch für diese Periode ihre volle Bestätigung , doch brachte die
Blüte des Handels und Gewerbwesens hierin eine wesentliche Aenderung
hervor. Zwar mußte der Handelsherr auf seinen weiten Zügen das Schwert
locker in der Scheide haben , um sich gegen Wegelagerer zu schützen , und
die Türkeneinfälle erlaubten auch der übrigen Bevölkerung nicht sich ver-
weichlichender Ruhe zu überlassen, aber der Kampf war für diese Leute we-
fentlich nur auf die Vertheidigung beschränkt, sie wußten ihre Zeit besser
zu nügen, als im gesuchten Kampfe ; daher auch bei größern Feldzügen die
Sitte , Söldner , namentlich Szekler , aufzunehmen , gegen Ende dieser Pe-
riede immer allgemeiner wurde , und nur bedeutendere Gefahr einen Theil
der Bürgerschaft selbst ins offene Feld rief.
Das bürgerliche Leben koncentrirte sich seit der Entwickelung eigentli-
cher Städte , mit vorzugsweise gewerbe- und handeltreibender Bevölkerung,
immer mehr in den Zünften. Der Natur der Sache nach, muß zwar die
Nachbarschaft eine ältere Corporation ſein als die Zünfte , allein von ihr
sind uns in dieser Periode noch keine schriftlichen Nachrichten aufbehalten.
Dagegen ist die Zunft in Handel und Gewerbe und allen daraus fließen-
den Verhältnissen , in Leid und Freud das gemeinsame Band , welches die
Glieder derselben umschließt. Werden diese in ihren Rechten gekränkt, droht
ihrer günstigen Entfaltung irgend eine Gefahr , so ist es die Zunft , welche
in ihrer Gesammtheit die Abstellung des Uebels veranlaßt. Bemerkens
werth und lehrreich in Bezug auf die Eifersucht , mit welcher die Zünfte
ihren Rang untereinander bewachten , ist der Streit der sächsischen Schnei
der mit den Kürschnern über die Ordnung , in welcher beide Zünfte bei der
Frohnleichnams- Procession gehen sollten. In Hermannstadt hatten nach al-
tem Herkommen die Schneider den Vorrang , indem sie hinter den Kürſch-
nern , also dem Himmel näher , gingen , in allen übrigen Städten dagegen
hatten die Kürscher die Stelle hinter den Schneidern und verlangten , es
solle dies auch ir Hermannſtadt ſo gehalten werden. Der Streit brach im
26

Jahre 1448 aus , wurde in dieſem und dem folgenden Jahre von der Uni-
versität zu Gunsten der Schneider entschieden , von den Kürschnern jedoch
immer wieder erneuert. 3m Jahre 1527 entschied Johann Zápolya
denselben nochmals zu Gunsten der Kürschner , und nur die bald darauf
durchgeführte Reformation machte demselben ein Ende. Einer großen Familie
gleich, sorgte die Zunft dafür, daß keinem ihrer Glieder die Gelegenheit zum
leichtern Lebenserwerb entgehe ; daher die Sorgfalt in der gleichmäßigen
Auftheilung der Hilfsarbeiter ' ) , daher das Verbot , die Arbeit eines An-
dern zu tadeln ), daher die strenge vorgeschriebene Höhe des Arbeitslohnes,
welche bei Strafe nicht überschritten werden kann 3), daher endlich die Maß-
regel, daß beim Ankauf von Rohstoffen der Käufer , wenn er die Waare
nicht bereits bezahlt hat, gehalten ist , seinem Mitmeister, wenn er es ver-
langt , einen Theil davon abzutreten 4 ). Das Geld , das Wachs und der

¹) Artikel der sächsischen Schneider vom Jahre 1485. Artikel 23 : „ Item kain
mayster sal nit mer halden wan jj knecht vnd aynen Jungen. Es wer dan das
vbrig gesynd wer, so mag einer halden mit der mayster willen mer.
Art. 1. Item das Ist der Czechen gewonheyt, wen eyn gesell kumpt gewan-
dert in dy hermanstat , der erst meyster der in anredt zw arbetten , dem sall der
selbig gesell arbetten , der meyster sey Jung ader alt , welcher gesell ader Jung
das nit thwt, der thwt wider vnsser Czechen gewonheyt.
Art. 2. Item kayn mester sal kaynen Ler Jungen aupfnemen zw leren das
hantwerck, es sey sneyder oder scherer, dy weyl her eynen andern Jungen in der
werckstat hat, der dy czeit nit auszgedynt hat. "
Artikel der Schäßburger Yrger- (Weißgärber-) Zunft von 1488. Art. 10. Item
Och zoll keyn Meyster czween gesellen bey eyn ander holden , ys wer den das
yn dy andern meyster nit arbeyt hetten czu geben , zo mag sy eyn meyster behal-
ten , wer ader dar wyder thut , der sol nyder legen der czech zo manche woche
zam her dy knecht beylt, alle wochen eyn funt wax.
2) Kirschner-Zunftartikel vom Jahre 1484 aus Schäßburg. Art. 31. Item . Wel-
cher dem ander sein arbaitt schendet und welcher dem andern es sey Futter-
werck oder anders, der verpust jj pfunt wags.
Wagner-Zunftartikel circa 1490. Art. 3. Item. Auch sól kayn Mester dem an-
dern seyn arbeyt schenden vor frembden Lewten . Welcher das thun wird, der sol
geben fur ein gulden Wax in dy czech .
Tiſchler-Zunftartikel vom Jahre 1520. Art. 17. Auch welcher Meister , der da
zeucht auff dem Land, durch seiner Nahrung oder Nothdurfft wegen vnd wolt ein
arbeit dingen, vnd wolt einen andern beschmehen mit solchen worten, dasz er spre-
chen wolt also : ich kan die arbeit besser machen oder versprechen als irgend
iemand im Land, das were ein Beschamnüsz der Bruderschafft , denn warum , wir
müssen uns bey eynander halten in eren , wer das wird thun , der sol niderlegen
einem ieden Meister ein pfund wachs.
3) Schneider-Zunftartikel vom Jahre 1485. Art. 24. Item. kayn mayster sol
kaynem gesellen dem aller pesten geben mer wan x wochen j gulden, welcher
mayster das vbertreten wirt , der sol In dy Czech geben zw bwsz fur gulden
wachs.
Wagner-Artikel. Art. 5. Item kayn Mester sol keynem knecht mer geben
wann von funff vnd czwayntzig Raden ein gulden. Welcher Mester mer gibt , der
selb mester sol geben czw bwsz ein gulden.
4) Kürschner von 1484. Art. 6. Item. Was ein mester kofft auff dem marck
über ein ort eines gulden und kumpt ein ander mester darczure Her es bezalt , so
soll ym tayl geben, thut er das nicht, so verpust her ein ort eynes gulden.
Yrger von 1488. Art. 9, Item. so eyn meyster offdem marcke bey fellen
27

Wein, welcher beim Eintritt in die Zunft , als Lehrling oder als Meister
entrichtet wird, hat seine Bestimmung theils zu allgemeinen Zunft-
zwecken, theils zur Unterstützung Nothleidender und Kranker und zur Beer-
digung Unbemittelter 1 ). Stirbt ein Meister , dessen Frau oder Kind , so
sind die Meister gehalten, die Leiche, bei Strafe, zu geleiten 2). Von jeder
Zunft wurde das Fest des Zunstpatrons feierlich begangen , eine Weffe auf
ihre Kosten gelesen und nach derselben von jedem einzelnen Meister ein
Opfer an Geld dargebracht. Merkwürdig genug war der Gebrauch bei der
Schneiderzunft, nach der kirchlichen Feier ein gemeinsames Bad zu nehmen.
Ebenso wurde der Altar des Schußheiligen von der betreffenden Zunft be-
schenkt, mit Wachslichtern geziert und das Anzünden und Auslöschen dersel-
ben von ihr besorgt 3) . Daß auch die Zünfte eigene Kirchengeräthe hatten,

steet, dy selben czv koffen, zo zoll keyn ander meyster darwmb koffen oder feyl-
schen, al zo lange, bys der won dannen geet, der czy dem ersten do bey yst. So
aber der fell vnezlich fy weren, der ader wider das teed , vnd wil sy einem an-
dern aus den henden koffen, der zol do nyderlegen der czech fyr funth wax.
Wagner circa 1490. Art. 6. Item . Wann ein Mester vmb holz kaufft vnd ein
ander Mester oder mer mester begeren teyl an dem holtz , der selbig sol In teyl
geben. Welcher das nit wirt thun, der selbig sol gestrafft werden.
1) Zunft-Regulation von 1376. Item quod universe emende in fraternitatibus
racione excessuum recepte et recipiende , pro candelis et sepulturis pauperum að
honorem dei debeant extradari.
Schneider 1485. Art. Item. den weyn den do geben dy Jungen meyster
vnd dy Ler Jungen, den selbigen nützt man wo es sich gepürt, pay dem thor, pay
dem weyer oder wo es not thwt
Wagner 1490. Art. 1. Welcher awff wyl nemen eynen Leer knecht : der
selb sal seyn vor allen dingen Erlich geporen , vnd solcher sal drey ijar Leryar
dynen, vnd sal yn dy Czeche geben drey gulden vnd drey phunth wags : vnd so
her Meyster wyl werdin , zo sol heer eynen gweten fwrwagen machen , den sol
man beschen das her genugsam sey , zo sol her wyder geben yn dy Czeche fyr
gulden vnd sechs phunth wags vnd das selb geld vnd wags sol angelegit werdin,
gott czw lobe, vnd darnoch an püxen pulwer Armprüst pheyl kwgelin vnd ander
noturft, der stat vnd der Czeche czw nwtz vnd czw eren.
2) Zunft-Regulirung von 1376. Albi pelliparii : funerum sepulturam negligens
libram cere dabit proemenda.
Sutores et Fabri : Sepulturam f. neris negligens undecim denarios ammittet.
Kürschner 1484. Art. 4. Item. Her sal dy leychen tragen pyss auff den ech-
ten vnd fürawsz die vier jüngst mester vnd von welchem das versaumpt wirdt, der
verpust 4 pfundt wags. Auch welcher mester dy lychen versaumpt vor das dritt
Hauss der verpust eyn vierteyl wags vnd och sal her dem Leichnam nachfolgen
yn die kirch vnd wieder herauss his zw seynem Hauss, der verpust eiu halb pfunds
Wax -
och sollen zwen dy jüngste mester das graff machen, welcher das wider-
redt vnd nit will thun, der verpust 4 pfundt wags.
Schneider von 14-5. Art. 5. Item welcher meyster nycht kompt czw der
leich vnd das verseumpt, der ist schuldig der czech eyn virtel wachs.
Yrger von 1488. Art. 4. Item. so dass eyn Meyster oder eyn meysteren ge-
stirbet, zo sol eyn yder meyster do bey seyn, dy salbige czw bestatten , wer oder
das worzewmpt (versäumt) vnd nicht arczu kompt, der zoll geben czwen funth
wax yn dy czech. So ader eynen meyster eyn kinth gestirbet , so sol is der sel-
big den meysteren czw kwnth thun, vnd wer do nicht czw der Bestadung kompt,
der sol do nyderlegen der czech eyn funth wax.
3) Zunft-Regulation von 1876. Pellfices. Opus nowum cum antiquo falsifica-
tum per Magistros pellificum totaliter recipiatur et pro ara St. Michaelis Archangeli
28

geht aus den Inventarien der sächsischen Schneider hervor. Diese Juven
tarien stammen zwar aus etwas späterer Zeit , der Gebrauch aber , eigene
Kirchengeräthe zu haben, läßt sich mit voller Sicherheit auch in dieser Be-
riode annehmen 1 ) . Auch die Freude findet in der Zunft zu gewißen Zeiten
und bei gewißen Ereignissen ihren Play. Derselbe Tag, welcher zur Wahl
der Beamten bestimmt ist (der geschwerene Monteg), ist auch ein Freuden-
tag für die Zunft und versammelt die Meister zu fröhlichem Mahle 2) ;
der Lehrling , der in die Zunft aufgenommen werden will , der Geselle , der
das Meisterstück macht, geben, jener nach vollzogener Aufnahme, dieser nach
vollendetem Meisterstück , ein Mahl ). Daß bei öffentlichen Festlichkeiten,

tribuatur... Ille vero pellifex, qui pellium constituitur speculator, dabit singulis an-
nis pro ara St. Michaelis Archangeli duos florenos. Kürschner 1484. Art 3. Item .
Dy Kerczen auf St. Michels elter scl man anzünden czu yren Zeyten , zu der ves-
per vnd zu der metten vnd och sunst alle feirtag zu dem syngen , welcher dassel-
big versäumpt, verpust eyn pfund wax. Schneider 1485. Art. 16. Item . och wisset
Lieben Herren, das mir eyn mess lassen singen zw des heyligen kunigs sant Las-
selstag, dornoch dingt man auch eyn frey pad für die gantze zech .
Tischler von 1520. Art. 22. Item. Die Ordnung der Bruderschafft von wegen Gottes
Lob und dess h. Evangelisten St. Lucas bey vnsern Zeyten nicht abgenommen vnd
mit guttem willen lassen singen allesampt mit allen Caplanen an S. Lucas abend
ein Vesper vnd an dem Tag auff den altar ein Mess, darin thun wir gnug dem h.
pfarr mit allen seinen Caplanen, vnd alle Meister, die nach vns kommen wir hoffen
sie werden es halten. Art. 23. Item Jeder einem Meister ist gebotten dabey czw
seyn, bey der Vesper vnd bey der mesz , von anfang bis zum ende , vnd zum Opfer
gegangen, wer das nicht thun wird, verbüst ein pfund wachs.
1) Schneider - Zunftprotokoll von 1524 bis 1845. Nechnung vom Jahre 1552 :
Das kyrchengeredt. Item czum ersten 1 sylbern Kreucz , mer ein Kelch , mer czwo
ampollen (Lampen), mer eyn Aglyszday (agnus dei), mer 3 myszgewandt , mer der
gesellen yr taffel dass sy auff den altar haben gesaczt, mer eyn lichtblo bergkamer
suppiz, mer eyn guldyn altartuch. . . . Item von disem vorgemelten gutt nemlich
von dem kyrchengyredt yst vorkaufft worden dray myszgewandt vnd auch der vor-
hang pr. fl . 18. Mer hott man auch der gesellen eur taffel auch mit vorkaufft. . . .
Das lichtblo suppicz ist vmb gots willen gebenn wordenn.
2) Schneider Rechnung vom Jahre 1454 im ältesten Schneider- Protokolle S. 105.
Erbaren lieben Meister wissentlich sey each was wir vorczert haben am geschwo-
ren montag. Anno domini MCCCCLIIII am geschworen montag ist vorczert
in der czech fl. x. Itein Andres sneider hat man beczalt 2 den an dem eylften
gulden. Item mehr hab wir vorczert an gelt on XIIII den VI gulden.
Schneider von 1485. Art. 30. Item . welcher gesell zwsant lassla tag wan
wyr meyster dy mess lassen singen wirt feyren der sal das wochen lon verloren
haben. Wan warumb den gesworen montag hab wir In erlawbt zw feyren
fur den tag.
Schneider- Rechnung von 1525. Zweitälteftes Schneider - Protokoll. Item . Meyn
herren dy czech master haben den schneyder Knechten an dem gechworen
montag etlych gelt geben.
3) Zunft = Regulation von 1376. Schneider von 1485. Art. It. Welcher gesell
materyen *) will, der sal den erbern meistern, dy darczw gesaczt seyn, darumb ,
dass sy mu mit Im han vnd vor ir verseumniz geben cyn gulden vnd ein besche-
den essen.

* Materyen: Materia oder Materg ist die Kunst des Zuschneidens , und es besteht darüber ein eigenes Materybuch
mit den Zeichnungen der verschiedenen Kleiderschnitte aus dem Anfange des XVIII. Jahrhunderts.
29

namentlich wenn die Könige die Stadt besuchten , oder der Comes in sein
neues Amt eingeführt wurde u. dgl., einzelnen Zünften gewiße Feſtaufzüge
nach altem Herkommen gebührten (wie z. B. den Kürschnern der Schwert-
tanz) , ist zwar mit vieler Wahrscheinlichkeit vorauszusetzen , läßt sich aber
leider urkundlich für diese Zeit nicht nachweiſen. Die älteste mir bekannte
Anführung des Schwerttanzes findet sich in der Rede Huet's an Sigis-
mund Bathori, wo er desselben als eines uralten Gebrauches erwähnt.
Die Kleidung anlangend, will ich in der Note , aus den vorhandenen älte-
ſten Schneiderprotokollen und Zunftartikeln , die damals üblichen Kleidungs-
stücke dem Namen nach zur Vergleichung anführen , da mir die Zeit nicht
gestattet hat, diese selbst anzustellen 1 ) . Ueber die Lebensart , Speisen und

1) Aeltestes Schneider-Protokoll, Seite 28 und 29. „ Der Frawen mantel. "


„Der blesch sitel mit czwajrlev bertellen vnd mit rosen vnd mit blumen." (Der
walachische Seidel mit zweierlei Berteln mit Rosen und mit Blumen.)
Art. von 1485. Azt. 20. Item. „ Dy meyster mit den grven röcken. "
Art. 32. „ Item von allem gewant sol man dy sydel von czwayen tuch
breyten machen."
Art. 50. Item. „Welcher gesell mester wil werden vnd der dy mesterschaff
wil beweyssen noch hantwercks gewonheyt durch die Materya, der sal wissen dyse
stuck vnd zw sagen dy her noch geschriben stan."
„Am ersten sal her wissen wy vil ellen pernisch gewant ein briester sal
haben czw einem Rock.
Darnoch sal her wissen wy vil ellen pernisch gewant sal haben ein brie-
ster zw einem in antel mit czwicken.
Item. darnoch wy vil ellen ein magister sal habeu pernisch gewant czw
einer gwgel.
Item. darnoch Wy vil ellen pernisch gewant man sal haben zw eyner pre-
laten gwgel.
Item. darnoch wy vil ellen Samat man sal nemen Zw einer kassel.
Item. darnoch wy vil ellen Samat man sal nemen czw einer kor kappen.
Item. darnoch wy vil ellen Sanat man sal nemen czw czwayen dinströcken .
Item. darnoch wy vil ellen ein munch sal haben czw einem Rock vnd
czw einer Kappen.
Item. darnoch wy vil ellen Samat ein herr sal nemen zw eyner scha wben.
Item. darnoch wy vil ellen peinisch gewant ein hoffman sal haben czw
Joppen vnd hossen.
Item . darnoch wy vil ellen pernisch gewant ein hoffmann sal haben zw
einem Schwebischen Rock vnd zw einer gwgel.
Item, wy vil ellen taffat ein her sal haben zw einem Rock mit flwgeln
wher den harnysch.
Item. darnoch wy vil ellen taffat czwayen Narren zu Iren Rocken,
Item. wy vil ellen mechlisch ein pawer sal haben zu einem vierstücki-
chen Rock ausz einander gefalt. darnoch zw einer gwgel mit einem rober
schlag.
Item. darnoch wy vil ellen pernisch ein fraw sal haben zu einem mantel
mit einem aufgesaczten Saum .
Item. wy vill ellen pernisch ein fraw sal haben zw einem gefallten sey-
del mit kwtten ..
It. Wy vil ellen pernisch ein fraw sal haben czw einem schwrkysch.
It Wy vil ellen pernisch ein fraw sal haben czw einem echt - stucki-
chen Rock.
It. Wy vil ellen pernisch ein frau sal haben czu einem schly mychten
Mantel."
30

die Stunden der gewöhnlichen Mahlzeiten lassen uns die Quellen ohne
Nachrichten, nur die Rechnung über den Bau der Schneiderzunftlaube führt
Zwiebel, Sauerkraut, Del, Fische und Brod als Lebensmittel auf, welche
den Arbeitern dargereicht wurden ' ) . Daß der Wein unter den täglichen
Lebensbedürfniſſen eine große Rolle gespielt, geht schon daraus hervor , daß,
wie schon erwähnt, der Lehrling und der junge Meister in die Zunft eine
Quantität Wein liefern mußten. Daß aber der Genuß von Wein , selbst
bei öffentlichen Versammlungen mindeſtens nichts Anstößiges hatte , erhellet
daraus, daß der Comes Andreas Greb zwischen den Jahren 1419 und
1430, als ein langer Zehentstreit zwischen dem Stolzenburger und Salz-
burger Pfarrer dadurch beendigt wurde , daß der Stolzenburger Pleban
Michael einen Schiedsrichterspruch anerkannte , den vergoldeten Silber-
pokal, welchen er wegen Nichtanerkennung der Entscheidung als Strafe des
Friedensbruches verpfändet hatte , mit gutem Wein gefüllt , in die Sigung
des Hermannstädter Capitels schickte, welches ihn zur Befestigung des Frie-
densbundes auch leerte 2).

Dritte Periode.

Vom Jahre 1526 bis zum Jahre 1692.

Durch Ludwig's kinderlosen Tod erwuchs dem Erzherzoge von Dester-


reich, Ferdinand, in Folge früherer Verträge, das unläugbarste Recht auf
den ungrischen Thron.
Allein jene Partei des ungriſchen Adels , welche schon im Jahre 1505 ³)

Schneider-Protokoll von 1525. Item man sal on dy bergkomer seydel


machen myt gewant, vnd dy oeczel geren mit leymatt vnd mochg (mag) sy auch
myt leymat gar fottern wyl eyner golt borten dorauff machen aber nycht her yst
fray. (1529.)
Item. man sol dy lang nerremberger seydel nycht myt leymat gar
vnder fotderren alleyn nur osset garen.
¹) Rechnung über den Bau der Schneiderzunftlaube von 1494. Item. czwm an-
dermol auf dem valt holtcz czw behauen vor prot fl. 1 den 50, mer vor den
weyn den. 50 vnd vor fysch den. 40 vnd vor oell vor kumpast vor cz wy-
vel den. 40.
2) Teutsch Zehentrecht der evang. Landeskirche A. C. in Siebenbürgen , Seite
27 und 28, daselbst Note 1. quem cantarum praefatus judex regalis cum
bono vino ad capitulum destinavit, quod quidem vinum pro arrha pacis in capitulo
ebibimus, cantarum vero Domino Michaeli in signum foederis et concordiae ... re-
stituimus de fratrum corundem eoncordia in domino exultantes."
3) Teutsch Beiträge zur Geschichte Siebenbürgens unter König Ludwig , Seite
1, Note 1.
31

den Beschluß gefaßt hatte , falls König Uladislaus II. ohne männlichen

Erben sterben würde , nur einen . König von ungrischem Stamme zu wäh
len; welche sich der Doppelheirath zwischen den beiden Kindern des Königs
Uladislaus II., Ludwig und Anna, und den Kindern des Kaisers Ma-
ximilian II. Ferdinand und Maria eifrig widersetzt hatte , welcher end-
lich nicht ohne große Wahrscheinlichkeit der Vorwurf gemacht wird, sich mit
Plänen zu Ludwig's II. Beseitigung beschäftigt zu haben ¹ ) ; diese Partei,
an deren Spize der reiche , ungeachtet seiner Jugend bereits als Kriegs-
mann bewährte, von glühender Ehrsucht erfüllte Wohwode von Siebenbür-
gen und Graf der Zips Johann Zapolya stand , benüßte rasch die Ver-
wirrung im Reiche, rief Zapolha zum Könige aus und segte ihm noch im
Jahre 1526 in Stuhlweißenburg Stefan's heilige Krone auf das Haupt.
Ferdinand , im Bewußtsein des guten Rechtes , versammelte zu An-
fang des Jahres 1527 durch den Reichspalatin den gesetzmäßigen Reichstag
in Preßburg , wurde von demselben ebenfalls zum Könige gewählt und in
Stuhlweißenburg gekrönt.
Diese Doppelkrönung veranlaßte natürlich sofort den Kampf zwischen
beiden Königen.
Hermannstadt , so wie ganz Siebenbürgen , stand Anfangs auf der
Seite des frühern Wohwoden Zapolya. Zu seinen genaueren Bekannten
gehörte der Hermannstädter Rathmann Georg Huet , welchem er im Jahre
1525 seinen zweiten Sohn Georg , mit Johann Doczy und Andern von
dem höhern Adel Siebenbürgens aus der Taufe hob ). Daß aus dem ,
Vertrauten des Wohweden ein Anhänger des Königs wurde, ist leicht er-
klärlich und erweiset sich durch die Thatsache , daß Zapolya am 21. De-
zember 1526 dem Georg Huet aus dem Martinszinse jährlich 100 Gul-
den auf Lebenszeit schenkte 3). Ferdinand aber wandte bald seine Blicke

1) Ungrisches Magazin Bd. 3, Seite 110-117.


2) Den Beweis hierfür liefert ein im Jahre 1522 zu Basel gedrucktes Plenarium,
auf deſſen weißen Blättern am Ende des Buches sich von Georg Huet und seinem
nachmals berühmten Sohne Albrecht eigenhändige Notizen befinden. Die hieher eins
schlagende Aufzeichnung lautet : „Laus deo 1525. Omb ffreytteg Nach margretti vnd
vmh mytten ttag zwysenn der stond 11 vnd 12 so hott mir gott der ollemechttyg
geben ain son myt nomen (von fremder Hand Jörg hüetter) . Gott gebe sein leben
auff ain guett Endt zu seyner sellen sellkeydtt. Nach gottttes herren seynemb wyllenn.“

Vnd des ... yörges seyne pattenn dye yn aus der ttoff hebenn geheben
syndtt dye mit nomen kynyg hans ain kynyg von vngernn vnd doczy yanosch des
kynys schaczmester vnd ttornoy *) yakeb komergreff yn gancz sybenn wyrgenn
vnd pestgeny **) gergell kynlyger meyegstett hoff mest ... gezyndy nykolosch
ain pott des gan ... ongerlantt das syndtt seyn patten gott der allemechtyg geb
sey leb off ayn guett e . dtt."
Es versteht sich, daß die Aufzeichnung unter dem Strich viel später , nachdem Za-
polya bereits gekrönt war, gemacht wurde.
3) Transfilvania, period. Zeitschrift für Landeskunde , 2. Band. Aufſay : „Denk-
würdigkeiten aus dem Leben des Albert Huet 2c.", von Joh. Georg Schaser.
Seite 98 und Note 2.

*) Tornaly Jakob erscheint in einer Urkunde vom Jahre 1519. Nat-Arch Nr. 214.
2) Pesthyéni gergely 1531. Nr 340.
32

nach Siebenbürgen und rechnete auf die Sachsen , deren deutsche Gesinnung
und strenges Rechtsgefühl.
Georg Reicherstorffer, ein Sachse , 1521 Provinzialnotär ¹), war
ſpäter Sekretär der ungrischen Königin Maria geworden. Diesen´ nahm
Ferdinand in seine Dienste und schickte ihn als seinen bevollmächtigten
Kommissär nach Siebenbürgen. Reicherstorffer langte im Jahre 1527
in Kronstadt an. Bald gelang es ihm die Bürgerschaft auf Ferdinand's
Seite zu bringen, und hier flatterte zuerst das österreichische Banner. Dies
muß im Monate August geschehen sein, da Johann Zapolya sechs Tage
vor dem Feste des heiligen Laurentius ( 10. Auguſt) noch einen Grenzstreit
zwischen Probstdorf und Eibesdorf entschied, während er schon am 24, und
28. August Mahnungen zur Anhänglichkeit, an die Sachsen erließ 2). Von
Kronstadt kam Reichestorffer nach Hermannstadt. Hier soll ihn Anfangs
der Rath eingezogen , das Volk aber , welches von seiner Sendung gehört,
gewaltsam befreit haben s). Bald gelang es ihm jedoch auch den größeren
Theil des Rathes, namentlich aber den Königsrichter Markus Pempflin-
ger für Ferdinand's Sache zu begeistern , und im Oktober des Jahres
waren die Fortschritte der Anhänger Ferdinand's schon so bedeutend , daß
Zapolha, welcher bisher in Siebenbürgen , als in einer festen Burg , sichh
sicher glaubte , in einer Urkunde vom 28. Oktober 1527 selbst gestehen
mußte, es feien fast alle sächsischen Städte, einige vom Adel und ein Theil
der Székler von ihm abgefallen und zur deutschen Partei übergegangen 4),
und es begann in demselben Jahre schon gegen ihn die Rüstung und wohl
auch der Kampf 5).

1) Schuler von Libloy Sieben. Rechtsgeschichte, Bd. 2, Seite 344.


2) Nat.-Archiv Nr. 322, 323, 324. Kurz irrt , wenn er die Ankunft Reichers-
torffer's erst in den Oktober 1527 versezt. Aus Herrn Schulrath Karl Schuller's
neuestem Aufsatz : " Georg Reicherstorffer und seine Zeit," Seite 11 , Note 19,
geht klar hervor , daß er schon im Auguſt in Kronstadt angekommen war , da er am 21.
d. M., nachdem Kronstadt schon gewonnen war , an die Hermannstädter ein Schreiben
erließ. Daher erklären sich auch die berührten Mahnbriefe Zapolya's.
3) 4) Kurz Magazin, Band 2, Seite 269-285.
5) Aelteftes Schneider- Protokoll, Seite 87, 88, 1527.
Do man auf den hannes kynnycht yst geczogen , do haben dy
master solt aus der czech geben. Item. master basler hat solt genommen fl. 3. Item.
bendich der schneider knecht hat auch genommen fl . 3. Item. borstes von krvnen
hat auch solt genommen fl. 3. Item. dawyt hat auch solt genommen fl. 3. Item.
koloman hat auch solt genommen fl. 3. Item. Chrystoff der schneider knecht hat
auch solt genommen fl. 3.
Item. meyn herren haben verhayssen das sy das als willen beczaller myt der
czeytt sy haben vns geben fl. 18 auf den solt vnd myr haben yn auch dy pyxen
geben der czw.
Item. veyss merten hat eyn pyx myt ailer czó gehörung.
Item. mester bernart hat auch eyn pyx myt der flaschen.
Item. jakob, seydel hat auch eyn pyx myt der flassen.
Item. meyster pawl hat auch eyn pyx myt der flassen.
Item . meyster fransz hat auch eyn pyx aber kleyn flass.
Item. lang hannes hat auch eyn pyx myt der flassen.
Item. basdel hat auch eyn pyx myt der flassen.
Item. josef hat auch eyn pyx myt der flassen.
Item . mathes schlessyger hat auch eyn pyx myt der flassen vnd auch dy forem.
Item . hannes ... hat auch eyn pyx myt der flassen.
33

Allein bald wandte sich das Glück wieder Zápolya zu ; unter dem
Abel und unter den Ezéfiern mehrte sich sein Anhang zusehends , und bald
mußten auch die kleinern sächsischen Städte und Märkte, namentlich seitdem
Stefan Báthori im Jahre 1528 die untere Stadt von Schäßburg ein-
genommen hatte , Zápolya's Partei ergreifen.
Nicht so Hermannſtakt !
Volkreicher und stark befestigt , war es in der Lage , ausbauerndern
Widerstand zu leisten, und an seiner Spize stand Markus Pempflinger,
der Mann von echter deutscher Treue und unbeugsamer Entschlossenheit.
Dem geleisteten Schwure treu , der zugesagten Hilfe Ferdinand's entge-
gensehend , rüsteten die Bürger freudig, nicht ahnend , daß sie einem harten,
ſiebenjährigen Kampfe entgegen gingen ¹) .
Zápolya's Macht wuchs und Ferdinand konnte bei dem besten
Willen die versprochene Hilfe um so weniger leisten , als Suleiman im
Jahre 1529 in Ungarn eindrang. Den Hermannſtädtern ward nun die
schwere Aufgabe, allein dem erbitterten Feinde zu widerstehen. Im steten
Kampfe , bald förmlich belagert , bald cernirt, hielt sich Hermannstadt das
Jahr 1529 hindurch , auf bessere Zeiten hoffend und die zugesagte Hilfe
fehnsuchtsvoll erwartend. Doch die Rettung war noch ferne.
Das Jahr 1530 brachte strengen Winter , und Zápolya's Truppen
schnitten die Zufuhr ab, se daß Elend und Mangel überall herrschte. Hiezu
kam im Jahre 1531 noch die Best, welche unter der Bevölkerung wüthete.
Da entschloß sich Markus Pempflinger selbst an den Hof Ferdinand's
zu gehen und Hilfe zu bringen. The er aber abreiste, wurde, wahrscheinlich
durch ihn veranlaßt, am 1. Mai 1531 zwischen den treu gebliebenen Adeli-
gen, Nikolaus von Gerend, Bischof und Thesaurarius , Kaspar Hor-
váth , Alexius Bethlen , Nikolas Apaffi und Stefan Mailath und
der Stadt Hermannstadt ein gegenseitiges Schuß- und Trugbündniß geſchlof-
sen. Gerendi übernahm in Pempflinger's Abwesenheit das Kommando
und mit frischer Hoffnung sahen die Bürger der Zukunft entgegen.
Doch brachte ras Jahr 1533 noch neue schwere Noth ; eine unge-
heure Ueberschwemmung rerbeerte nicht nur die umliegende Gegend , sondern
zerstörte auch Hermannstadts Bormauer gegen die Walachei , den alten ro-
then Thurm , zur Hälfte , und warf selbst einen beträchtlichen Theil der
Stadtmauer zu Boden ) . In diesem Jahre muß , während Pempflin-
ger's Abwesenheit, wie dies auch aus Briefen seines Bruders an ihn, her-
vorgeht , der Versuch , die Hermannstädter für Zápolha zu gewinnen und
zwar mit theilweisem Erfolge , gemacht worden sein ; denn Zápolha er-

1) Ueber die ganze, äußerst interessante Periode des Zápolya'schen Krieges find
vor allen die beiden Auffäße des Herrn Schulraths Schuller: Georg Reichersdorfer
und seine Zeit," Wien 1859, dann : „Das Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien , als
Quelle siebenb. Fürstengeschichte," Hermannstadt 1850 , dann im Archiv des Vereins für
Landeskunde , neue Folge Band III. Seite 124-140 der Aufsatz : Des merkwürdigen
Hermannstädter Königsrichters Markus Pempflinger's letzte Lebensjahre und Ende, " und
endlich das Programm des Hermannſtädter ev. Gymnaſiums A. C. vom Jahre 1855-6
nachzulesen.
2) " Georg Reicherstorffer“ Seite 65 : „vasta ac speciosa ruina moeniorum Ci-
birii quae per eundem Petrum Geréb ut ait ad passus 104 demensa."
3
34

nannte am 7. November des genannten Jahres den Georg Huet zum


Königsrichter. Die Ausdrücke in der Ernennungs- Urkunde zeigen deutlich,
daß Zápolha durchaus nicht wähnte , es werde dieselbe eine allgemeine
Anerkennung finden 1) . Auch geschah dies in der That nicht. Pempflin-
ger , obwohl ferne, wurde doch fortwährend als Königsrichter angesehen und
behandelt, und fuhr fort in eindringlichen Schreiben die Bürger zum treuen
Ausharren zu ermahnen , wobei er ihnen zugleich in Aussicht stellte , daß
er mit dem Generalen Catzianer bald ein Hilfskorps nach Siebenbürgen
führen werde. Doch blieb diese Zusage unerfüllt , da die Verhältniſſe in
Ungarn dieselbe geradezu unmöglich machten. So gestalteten sich die Dinge
in Hermannstadt immer schlimmer ; Michael Knoll, der seit 1534 als
Königsrichter fungirte , war lange nicht der Mann , um in so ernſter Zeit
Pempflinger's Stelle zu ersetzen.
Zápolya, längst Herr von ganz Siebenbürgen , bat und drohte ab-
wechselnd. Seine Anhänger machten den Hermannſtädtern die eindringlich-
ſten Vorstellungen, doch endlich einmal vernünftigem Rathe Gehör zu geben,
und als weder Bitte und Vorstellung , noch Drohung nüßte , so legte sich
Stefan Mahláth, welcher von Ferdinand abgefallen war , mit seinen
Truppen vor Hermannstadt und bedrängte es furchtbar. Die Noth und
Angst stieg von Tag zu Tag , auch die Zuversichtlichſten begannen_an_aus-
wärtiger Hilfe zu verzweifeln, und so erklärten endlich die Bürger im Jahre
1536, daß sie bis Ende Februar noch zuwarten wollten , erscheine bis dann
das Hilfskorps nicht , so müßten sie mit Zápolya unterhandeln.
Der Termin verfloß , und so wurden Anfangs März mit Zápolya
Unterhandlungen angeknüpft, welche bald zum Abschluß gediehen. Für 3á-
polha war es ein außerordentlicher Vertheil, seine Kräfte nicht mehr zer-
splittern zu müssen , daher ging er die gestellten Bedingungen gerne ein.
Was geschehen, sollte vergeben und vergessen sein, und die Rechte und Frei-
heiten der Stadt , sowie der Sachſen überhaupt , aufrecht erhalten bleiben.
Auf diese Bedingungen hin öffnete Hermannstadt, nach siebenjährigem schwe-
rem Kampfe, dem Könige Johann I. ſeinė Thore.
Pempflinger hatte das Schicksal , welches jeden entschiedenen Cha-
rakter trifft, der sich mit seinem ganzen Wesen , Wollen und Wirken einer
Sache hingibt , die später mißlingt.
Sein Vermögen, soweit es in adeligen Gütern beſtand, zog Zápolya
ein. Das bewegliche und innerhalb des Hermannstädter Weichbildes gele-

1) Eder ad Simigianum pag. 128 & 129. Nos Joannes Dei gratia Rex Hung.
Dalm . Croat. etc. memoriae commendamus tenore praesentium significantes quibus
expedit vniversis, quod nos ad supplicationem nonnullorum fidelium no-
strorum , per eos nostrae factam majestati, tum vero de fide et fidelitate ani-
mique dexteritate ac rerum gerendarum sufficienti peritia fidelis nostri nobilis Georgii
Syweg de Cibinio, ad plenum confisi ; eidem igitur Georgio Syweg Judicatum no-
strum regium Cibiniensem. . . Quo circa vobis fidelibus nostris , Prudentibus
et Circumspectis Magistro Civium et judici terrestri ... harum serie mandamus fir-
missime, quatenas habita praesentium notitia praefatum Georgium Syweg et nemi-
nem alium ... pro vestro Judice regio tenere et recognoscere ... . debeatis et te-
neamini ... Datum Budae feria sexta proxima post festum beati Emerici Ducis.
Anno Domini 1533. regnorum nostrorum anno septimo. Joannes Rex. m. p. Nat..
Archiv Nr. 348.
35

gene unbewegliche Vermögen dagegen hatte Pempflinger, seinen Mitbür-


gern mit gutem Beispiele vorangehend , zur Besoldung der aufgenommenen
Truppen verwendet. Und dennoch wurde die hingebende Treue dieses Man-
nes bei Ferdinand verdächtigt , obwohl es nicht gelang , das Vertrauen
des Königs zu erschüttern.
Nach seiner Abreise aus Hermannſtadt begannen ſeine Gläubiger un-
ruhig zu werden. Der Klaufenburger Bürger Johann Bornemißa ließ
sich im Jahre 1534 für die Summe von 220 Gulden Pempflinger's
Maierhof in Hermannſtadt verschreiben, und sogar Mathias Armbruster,
Bürgermeister von Hermannstadt und Freund und Gesinnungsgenosse Pempf-
linger's, legte im Jahre 1535 auf das ganze bewegliche und unbewegliche
Vermögen Pempflinger's , zur Sicherung seiner Forderungen , Beschlag.
Nach der Uebergabe Hermannstadts schwand für Pempflinger auch die
lette Hoffnung auf die Rückkehr nach Hermannstadt. Seit dem Jahre 1535
streifte er, theils mit Aufträgen Ferdinand's , in Oberungarn herum , wie
es scheint von Mangel gedrückt , bis er endlich im Jahre 1537 verscholl.
Nur ein Brief ſeines Bruders gibt uns Nachricht, daß er in diesem Jahre
gestorben sei ; der Ort aber , wo dieser wahrhaft große Mann sein Haupt
zur Ruhe gelegt , ist bis noch unbekannt. In Hermannstakt selbst iſt ſein
Andenken leider nicht durch das kleinste Denkmal bewahrt. Die Inſchrift
in der Hermannſtädter Hauptkirche :
"Justitiae cultor, scelerumque acerimus ultor,
Principibus carus, nunquam dum vixit avarus, "
welche Seivert für Pempflinger errichtet glaubte , war dem Andenken.
des Königsrichters Kolomann Gogmeister gewidinet ¹).
Die Unterwerfung Hermannstadts unter Zápolya's Herrschaft hatte
zwar dem offenen Kampfe ein Ziel gesezt , doch war darum eine völlige
Beruhigung der Gemüther nicht eingetreten. Zápolya schenkte zwar der
Stadt zum Zeichen seiner Huld die Einkünfte des Zwanzigst auf zehn
Jahre ) (eine um so größere Wohlthat, als die Stadtkasse seit langer Zeit

¹) Chronicon Fuchsio - Lupino - Oltardinum Band 2, Seite 6. Die 13 Octobris


( 1633 ) sepultus est Colomannus Gottsmeisterus, Judex Regius cum hoc epitaphio :
(folgt der obige Vers.)
Ueber Bempflinger's lette Schicksale siehe Archiv des Vereins für siebenbürg.
Landeskunde, neue Folge, Band III., Seite 124-140.
2) Magistrats - Protokoll , Band 3 , Anfang . „ Register der Löbligenn Stadt Her-
manstadt , von der beyt des 1536 Jars angefangen bis awff die hernachvolgende Jar
werendt darinn was der Stadt perliches Einkommen Einnemen wen vnnd awff was
ettnas ausgeben ist klerlich begriffenn, vnd im 1565 Jar aws den altenn Registern , mit
wiſſen vnnd willen eines Ersamen Weisen Radtt zusammen geklaubett , vnnd ordentlicher
weys hierin verfaſſet vnd eingeschrieben wordenn.
Sequuntur Percepta Čiuitatis Cibiniensis ab Anno domini 1536 incipiendo in
Annos proxime subsequentes .
Erstlich ist zu vermerken , daß für der Zeitt des 1536 Jars , tein Stadtgeltt , im
vorradt, in der Stadtladen gewesen ist. Denn das Stadtgelt hat man in dem langwiri-
gen frieg, vnd vnfrieden, so für derselben Zeit die Stadt außgestanden, da die Stadt bis
in die 7 iar versperret gewesen ist, weill sie vonn dem Durchlauchtigsten, Großmächtigsten
Fürsten vnd Herrn, Herrn Ferdinando, des Römischen Reichs König , auch gekrönten Kö-
nig auff Bngern, nicht hatt wöllen abstehen, gancz vnd gar verthan , vnd verkriegett hatt.
Hernach aber so hatt der Durchlauchtigſt Füst vnd Herr Joannes I. Dei gratia rex Hun-
gariae etc. in ſtifftung des Friedens mitt der Stadt das Zwanzigst auff zehen iar on
3*
36

ihre Ausgaben auf dem Wege der Umlage bestritten hatte) und ließ die
bisherigen Beamten in ihren Aemtern , ja er bestätigte sogar ini Jahre
1537 die Wahl Mathias Armbruster's zum Königsrichter. Dennoch
aber war ein gegenseitiges Vertrauen durchaus noch nicht eingetreten , wie
wir zu sehen bald Gelegenheit haben werden. Der größere Theil der Be-
völkerung hing noch immer im Herzen treu an Ferdinand und war be-
reit , bei jeder günstigen Gelegenheit diese Treue ouch durch Thaten zu
beweisen. Diesen steten , wenn auch stillen Kampf muß der stets im Ange
behalten, der die Ereignisse bis zum Jahre 1556 richtig beurtheilen will.
1
Wir sehen dann , wie in Mementen , we die Gesinnung dee Bevölkerung
zum freien Ausdruck gelangt , jedesmal die Anhänglichkeit an Ferdinand
mächtig hervorbricht und Männer dieser Richtung an die Spite der Ge-
meinde gestellt werden ; während hinwieder unter dem zeitweilig ven Außen
her sich geltend machenden Einfluß der Gegenpartei , Anhänger derselben an
das Ruder gelangen .
Unter dem Schuße des geschlossenen Friedens war die alte Ordnung
in Verfassung und Verwaltung der Stadt wieder zurückgekehrt. In alther-
gebrachter Weise legte der Bürgermeister Mathias Armbruster am
Schluße des Jahres 1536, nach siebenjähriger Unterbrechung , die erste or-
dentliche Rechnung , und am St. Katharinentage versammelte sich die Uni-
versität in Hermannstadt , wovon die Artikel der Weber- und Riemerzunft
aus diesem Jahre Zeugniß geben.
3m Jahre 1537 winde Armbruster zum Königsrichter und Ste-
fan Kleser zum Bürgermeister erwählt, und da Kleser noch in demselbon
Jahre starb , so verwaltete Armbruster im Jahre 1538 beire Aemter.
Im darauffolgenden Jahre, 1539, legte Armbruster beide Aemter nieder
und es wurde Georg Huet zum Königsrichter und Johann Roth zum
Bürgermeister gewählt. Ein Grund für diese auffallende Erscheinung ist
nirgends angegeben ; daß Armbruster nicht durch Altersschwäche zum Rück-
tritt veranlaßt wurde , soll später gezeigt werden.
Wenn wir die Parteistellung des Abtretenden und der Neugewählten
ins Auge fassen, dürfte uns der innere Zusammenhang vielleicht klar_wer-
den. Armbruster stand auf Ferdinand's Seite. Außer andern That-
sachen erhellet dies auch aus dem Adelsbriefe , welchen Kaiser Ferdinand
im Jahre 1559 dem Christof Armbruster ertheilte ') , in welchem als

alle arendt deputirett vnd toniret, der Stadt für ire manigfaltige schäden vnd schulden,
so fie hin vnd wider in irer mitlung gemacht, die weil sich die stadtbürger an ein-
ander haben bescheczen vnd also der Statt etwa gelt zu nott fürstrecken müſſen. Daraus
hernach etwas einkomen vnd die bescheczte Stadtburger , mit schuldigem Danck vergnü-
gett, vnd beczalt sein worden , wie im andern theill dieses Registers , im außgeben ver-
faſſett iſt. “
ad quidem Pater tuus superioribus annis , dum suscepta per nos legi-
time regni Hungariae Corona, res ejusque regni nostri diversis, diversorum factioni-
bus turbari, variisque dissensionibus fluctuare coepissent, nobis et sacro nostro Dia-
demati fideliter et intrepido pectore , non sine magno sudore, capitisque periculo
servierit et Transsilvanos in fide nobis jam pr.dem debita vaccilantes ac in diversas
partes et factiones ire tentantes in firma et constanti erga nos fidelitate conservavit,
tumultusque et seditiones intestinas plerumque sedavit, publicaeque pacis et tranquil-
litatis fidelium nostrorum in regno ipso nostro Transsilvaniae (quae veteribus Dacia
37

Grund der Verleihung auch die Verdienste seines Vaters Mathias Arm-
bruster und seine eifrige Ergebenheit an Ferdinand ausdrücklich erwähnt
werden. Georg Huet war, wie wir bereits gesehen haben , ein Anhänger
Zápolya's , und Johann Roth gehörte derselben Partei an. Es dürfte
also kaum gefehlt sein, hier einen unmittelbaren Einfluß Zápolha's anzu-
nehmen. Auffallen könnte es allerdings, warum Zápolya nicht schon im
Jahre 1537 bei der Wahl Armbruster's und Klejer's seinen Einfluß
geltend gemacht habe , um die höchsten Stellen in Hermannstadt Männern-
ſeines Vertrauens zu verleihen. Allein die Verhältnisse hatten sich seither
geändert, und seit dem Jahre 1538 war der Friede mit Ferdinand gefi
chert und Zapolya nunmehr in der Lage den Hermannstädtern gegenüber
freier handeln zu können. Uebrigens scheint zum friedlichen Verlauf dieſes
Beamtenwechsels der Umstand wesentlich mit beigetragen zu haben , daß
Georg Huet die Tochter Armbruster's zur Frau hatte.
So sehr wir nun berechtigt wären, über Georg Huet in ſeiner ein-
flußreichen Stellung als Comes mehr zu erfahren, als wir von seinem bis-
herigen Leben wissen, so wenig wird diese Erwartung befriedigt. Huet hatte
das Unglück in den beiden wichtigsten Fragen dieſer Zeit der Minorität an»
zugehören. Die erste dieser Fragen betraf den Regenten , die zweite die
Religion. Huet wird zwar nirgends als Gegner der Reformation aus-
drücklich genannt , allein schon der Umstand , daß seine Name bei einer so
wichtigen Angelegenheit nicht genannt wird , legt wohl den Schluß nahe
genug, daß die Entwicklung derselben mit seinen Ansichten nicht übereinge-
ſtimmt habe. Dieser Schluß wird auch durch eine historische Thatsache
geſtüßt, die, wenn sie auch nicht gerade Beweiseskraft hat , doch die Wahr-
scheinlichkeit bedeutend erhöht. Martin Huet , Kanonikus des Großwar-
deiner Domkapitels und bis zum Jahre 1530 Pleban von Hermanuſtadt,
einer der eifrigſten Gegner der Reformation , war nämlich , wenn nicht der
Bruder, doch jedenfalls ein sehr naher Verwandter Georg Huet's ') . So
erklärt sich der Umstand , daß wir von Huet wenig wissen, ganz natürlich.
Unthätig dürfen wir uns ihn aber deßhalb doch nicht denken. Zu Angele-
genheiten, welche die ebigen beiden Fragen nicht berührten , oder in denen
gerade seine Steilung zum König ihm zu Statten kam, scheint er das Wohl
seiner Baterstadt und seines Volkes nach Kräften gefördert zu haben.
An der großen Regulation sämmtlicher Zünfte im ganzen Sachsen-
lande, welche im Jahre 1539 begonnen wurde , war sein Antheil als Graf
der Sachsen sicher kein geringer. Die vier , nunmehr zu einem Ganzen

fuit) turbatores exstirpavit, Cibiniumque urbem hostibus obsessam armis a rebellibus


nostris in quintum jam annum , viriliter et strenua repugnante virtute et industria
sua, viriliter et • egregie propugnavit neque immerito nomen et decus , gloriamque
patris patriae promeruisse dicatur , ejusque prudens consilium (quo praecipue pol-
uisse fertur ) Transsilvanorum non minima pars, gravibus et arduis in rebus plerum-
que exquisisisse et sectata esse perhibeatur, ita ut cum universa Transsilvania non
immerito coluerit, nobis ob insignem erga nos fidem et constantiam in diversis for-
tunae casibus probatam, penes quam vincula et duros quoslibet labores suffere non
dubitavit, non nisi clarus, dum vixit esse potuit .. pp. Aus einer einfachen Abschrift.
) Beiträge zur Religiousgeschichte von Hermanustadt. Ungr. Mag. , Band IV.
Seite 165-167.
38

eng verbundenen Bestandtheile des Sachſenlandes , die Hermannſtädter Pro-


vinz, die beiden Stühle Medwisch und Schelk, der Kronstädter und der Bi-
strizer Distrikt, hatten ihre abgesonderten Zunftsatzungen , welche nicht nur
von einander verschieden waren , sondern sich nicht selten geradezu wider-
sprachen. Um auch hier gleiches Recht zu schaffen und der Univerſität die
Autonomie in Gewerbs - Angelegenheiten für die Zukunft zu sichern , wurde
diese Regelung begonnen , und daraus erklärt sich auch die hohe Geldstrafe
von 20 Mark Silber, welche in derselben auf die Aenderung oder Abschaf-
fung der neuen Artikel ohne Zuthun der Universität , gesezt ward. Im
Nationalarchiv erliegt auch das Original dieſer Regulation , die erſt im
Jahre 1582 beendigt wurde ; doch ist es leider nur als Fragment auf uns
gekommen ; der Anfang fehlt ; nur für 21 Zünfte mit 26 Gewerben ſind
die Artikel erhalten , und doch kommen unter diesen schon 3 Zünfte vor,
welche außerdem faſt ganz unbekannt sind , es sind die Zünfte der Bogner,
Zeinschneider (Armbrustmacher) und Tartschenmacher (Schildmacher) 1).
Unter Huet's Amtswirksamkeit kamen auch die ältesten , bis jetzt be-
fannten Statuten der Stadt Hermannstadt zu Stande , wir geben dieselben
in der Note 2).

Diese Regulation ist im National - Archive zu findeu in der coll. post., Zahl
1419. Ein eigener Umstand ist es , daß über die Schwertfegerzunft sich weder in Her-
mannstadt, noch Schäßburg Artikel finden, und leider ist auch im Fragmente dieser gro-
Ben Regulation tie Schwertfegerzunft nicht zu finden. Bei der Reparatur der großen
Pfarrkirche im Jahre 1853 fand sich noch das Gestühl dieser Zunft vor.
2) Statuta oder Ordnung der Königlichen Stadt Hermannstadt, durch Nahmhaff.
tig Weiff heren Purgermaſter, Richter und ganzen Stadt und auch die Hundertman der
erlycher Gemeyn genandter königlicher Stadt Hermanstat eyntrechtyklichen beschloßen vnd
auch vnverrucklich zu halten angenommen. Geschehen in der Hermanstat ym gemeinen
Radtschluß, am Tag der Beschneybungk des Herrnn.
Im Jar 1541.
Hernach volgenn dy gemeyne Statuta, oder Gemäch und Ordnungt der König-
licher Statt Hermannstatt durch ein erbaren Radt vnd die ganze Gemeyn , eyntrechtilli-
chen beschlossenn.
1. Item. Zum Ersten sintemahlen der Talmasch mit ſampt ſeiner Zugehörung vor-
mals der Statt und den syeben Stühlen geweßenn ist, sondern vn vorgangenen ungena-
denn Im Jar 1535 durch den Künig Hanff ist eingenommen worden, vnd dem Stefan
Mayladt Wayda gebenn, so hat die Statt Hermanstat den genanten Talmaſch, mit ſampt
seyner zugeherung vom genannten Stefan Mayladt Wayda widerumb müßen kauffen,
Im Jar 1539 pro flor 2000 darumb so genannter Talmasch jezunder allein der Statt
eigen gekauft Gut ist, So hat der Herr Königsrichter daselbst keinen andern Zugang noch
gewalt, nicht zu nemenn alleyn die Schaffmautt vnd Schwein Maut vnd die Vorſag ha-
ben sie beide miteynander.
Sonder den gemeinen Zinnff vnd die Myll vnd die Asper Pfennig, ſol der Her
Purgermaster der Stat jährlichenn verrechnen als andere Ding vnd gekaufft Erb der Statt.
2. Weytter sollen sy beyde daselb nytt greiffen. Ein Herr Purgermaster in der Her-
maustadt hat seynen yerlichen Lon, oder Zugangt von der Stadt vnd von den syben Stü
len der Sarenn alle yar 100 fl. 20 D.
Mer hat der Herr Purgermaster alle Jar von den Dörffern Reuſſen, Sythwe,
Bolkachs, Groß-Prosdorf vnd kleyn Prosdorff von einem peklichen Dorff yn sonderheitt
die yargerechtigkeytt als nemlych eyn Koff Weyn , ein malder Korenn vnd evn malder
haber vnd von cynem yeden Mann ehn Hunn.
Und in denselbigen Dörffern hat der Herr Purgermaster ein frei Gericht über le-
bendigen vnd Totten vnd die Byrsagen daselb zu nemen.
39

Bei der im Jahre 1542 auf dem Landtage zu Thorda geſchloſſenen


engern Verbindung der drei ständischen Nationen war Georg Huet eben-
falls als Vertreter seines Volkes thätig. Eine andere Thatsache , die auch
auf Huet's Einfluß zu Gunsten seiner Vaterstadt weisen dürfte , muß ich
hier anführen, um so mehr , als sie merkwürdig genug mit vorhandenen
Urkunden im Widerspruche zu stehen scheint. Es findet sich nämlich in der
Graf Szechenyi’ſchen Münzſammlung ein Dukaten des Johann Zápolha
vom Jahre 1540, welcher außer dem Buchstaben. H noch das Hermann-
städter Wappen ganz deutlich zeigt ). Dieses scheint darauf hinzuweifen,
als habe Zápolya , und wir könnten wohl mit Sicherheit annehmen liber
Huet's Verwendung, das im Jahre 1527 der Stadt Hermannstadt entzogene
Münzrecht ihr wieder verliehen. Dagegen wurde vom König Ferdinand
am 18. Oktober 1542 der Stadt Hermannstadt das Goldeinlösungs- und
Münzrecht „ nach alter Gepflogenheit “ übertragen 2). Der Widerspruch

Mer bat herr Burgermaster zu Stetterdorf yerlichen dy Schaff Mautt vud schwehn
maut vnd dy Byrsagen daselbst.
Weytter hat er nicht zu greiffen.
3. Des Herrn Königsrichters vnd Herrn Stuhlrichters Ambt, vnd zugand ist der
das der Herr Königsrichter nimbt das zweytteyl von der Klag vnd schon pfennigen vnd
Byrschagen vnd der herr Stuhlrichter das drytteyll.
Mer des gleychen dy Schaff mautt vnd dh Schwehn maut von Besta, Maychen,
Zaladat vnd Fryk von den Walachenn.
Mer so dy herrn dh Richter ethwann gutt leutt mit Byrsagen beschweren würden
So sollen Herr Burgermaster mit sampt dem ganczen Ratt mit Recht darczu seen.
Mer wenn by Herrn Richter ethwan ehn Sach mit Recht besehen vnd vertheilenn
vnd dyselbige Sach weytter vor den ganczen Ratt geczogen wird , so sollen dy Herren
dy Rychter ym Radthauß den Herren vom Nadt das Urtheyl ansagen vnd darnach außen
tretten vnd entweychenn.
Weytter sollen sy peyde Herren Richter nicht greyffen.
4. Die Herren dy purger, dy nach den Gnaden Gottes herlichen erwelet werden,
sollen von der Stadt herlichen vor yre Sorg habenn mytteinander hn einer Summa
flor. 80.
Und hinfort mit dem Sedler czinß nichts zu schaffen haben , sondern denen ſelben
dem Herru Purgermaster eynweren vnd der herr Purgermaster sol denselben der Statt
verlichen vorrechnen.
Mer die Herren des ganczen_Nakts sollen ynne wohnen fray syczenu sonder alle
andere Hauser dy sy habenn sollen sy verczynsenu, nach Marckzahlung der Statt.
Weytter sollen sy nicht greyffenn.
5. Welcher wider der Statt fraytumb wird handelnn auch seynem eygenen Will en,
es sei Stattmaun oder Frembder oder der do will , der soll mit nichts mer czalen , als
mit seinem Haubt.
6. Dem Kohen (Coitor , Steuersammler) soll man yerlich ehnen Lon gebenn_als
einem andern Thorbyetter fl. 26 vnd nytt mer auch keynen andern Lon vnd auch keyn
Korren, aus der Statt Myllenn.
7. Wenn dh Kasten yn den Statt Myllen voll seyn , so soll man außtheylen vnd
weder der herr Hann noch die Mylner sollen keyn Koff yn den My'en haltten, sondern
cyn qklicher ſoll das Korren_nach der aufthevlungk dahin vorschaffen do es hingehört.
¹) Tab. Num. pro Cat. Nummor. Hung. ac Trans. Instit. Nat. Szechenyiani
Tabula. 6. Nr. 9.
2) Ferdinandus . . . significamus . . . nos . . . decreuisse ut Cementum auri , in
Civitate Cibiniensi juxta antiquam consvetudinem legitimoque modo deinceps
exerceatur ... Quocirca ... mandamus ... ut ne aliquam partem auri infecti posthac
absque praescitu et consensu praefecti Camerae cementi ibidem constituendi emere
audeatis; quin potius, quidquid ejusmodi auri penes vos est , id omne secundum
40

zwischen der bisherigen Annahme, daß erst durch diese Urkunde das Cement
wieder nach Hermannstadt verlegt worden sei und der Jahreszahl jenes
Dukatens dürfte sich übrigens dadurch leicht beheben lassen , wenn wir an-
nehmen, daß von 1540 bis 1542 Hermannstadt und Klauſenburg zugleich
das Münzrecht ausgeübt hatten (da Klausenburger Dukaten von 1540 eben-
falls vorkommen), und nur im letzten Jahre nach früherem Brauche" der
Stadt Hermannstadt allein übertragen worden sei.
Kaum war Zápolha gestorben, so trat ein Umschwung der Verhält-
nisse ein, Armbruster erhielt sofort im Jahre 1541 das Conſulat wie-
der und führte es bis zu seinem Tode im Jahre 1542. Sofort begannen
auch Verhandlungen zwischen Zápolya's Witwe , Isabella , und Fer-
dinand wegen Uebergabe Siebenbürgens an Lettern , welche aber, obgleich
im Jahre 1542 ein geheimer Vertrag zwischen beiden Parteien geſchloſſen
wurte, dennoch vor der Hand zu keinem Resultate führten. Für Hermann-
stadt erwuchs jedoch der Vortheil, daß es durch die oben mitgetheilte Ur-
kunde das Münz- und Goldeinlößungsrecht wieder ausschließlich erhielt.
Am Schluße des Jahres 1542 starb Armbruster ; ihm folgte im
Tobe, schon 1543, sein Schwiegersohn Georg Huet, und bei der neuen.
Wahl wurde Iohann Roth zum Königsrichter und Peter Haller
zum Bürgermeister erwählt. Da diese beiden Männer verschiedenen Par-
teien angehörten, so scheint diese Wahl ein Gleichgewicht der beiden Par-
teien anzuzeigen. Während Roth, wie oben schon gezeigt , ein Anhänger
Zápolha's , das Königsrichteramt erhielt , wurde ihm als Bürgermeister
Ferdinand's eifrigster Anhänger Peter Haller an die Seite gegeben.
War nun schon an sich in der Stadt Hermannstadt selbst das Bürgermei-
steramt das einflußreichere, so stellte nebst den politischen Verhältnissen auch
fein überwiegendes Talent und seine überwiegende Thätigkeit Haller so
sehr in den Vordergrund, daß Roth fast ganz verschwindet.
Haller war wie Pempflinger nicht in Siebenbürgen geboren. Sein
Vater , Ruprecht Haller, aus einer alten Nürnberger Patrizierfamilie
ſtammend, hatte sich in Ungarn angesiedelt, Peter kam wahrscheinlich noch
vor der Schlacht bei Mohatsch nach Hermannstadt , war hier schon 1527
Bürger, 1529 Rathmann und 1536 Stuhlrichter ¹) . Während dieser Amts-
führung kaufte Haller im Jahre 1537 das Haus des Thomas Alten-
berger auf dem großen Ring , welches bis heute , also durch volle 322
Jahre Eigenthum derselben Familie geblieben ist *).
Haller's Consulat war reich an wichtigen Ereignissen. Die Trenz
nung Siebenbürgens von Ungarn hatte hier , namentlich durch die nähere
Einigung der drei ständiſchen Nationen auf dem Landtage in Thorda im

veterem morem et observationem ad Camerae jam dictac praefectum defe→


rendum curare debeatis, nec quisquam Vestrum ullam portionem confecti auri extra
regnum ... conducere audeat sub poena capitis et bonorum omnium ammissione.
Vienna 16. Oct. 1542. Orig. im Nat. Archiv. Coll. Rosenf. (aus Herrn Schulrath
Schuller's Coll majora. Schlagwort: Cementum.)
1) Ueber das Leben dieses Maunes gibt genauen Aufschluß der vortreffliche Auf-
satz: Die Familie der Herren und Grafen Haller von Hallerstein in Siebenbürgen,"
im Archiv des Vereins für siebenb. Landeskunde. Neue Folge, Bd. 3, Seite 163-207.
2) Siehe Universitäts- und Magiſtrats- Protokolle, Bd . 3, Seite 111 .
41

Jahre 1542 , eine weitere Ausbildung der Verfaſſung zur Folge , welche, in
den spätern Ständeversammlungen ausgebaut wurde. Zwei dieser Landtage,
in den Jahren 1544 und 1547, wurden in Hermannstadt abgehalten und
es kam dabei die, schon unter den ungrischen Königen oft und mit Heftig-
keit erörterte Frage über das ausschließliche Bürgerrecht der Sachsen in
den sächsischen Städten , wieder zur Sprache. Der ungrische Adel hatte,
namentlich in unruhigen Zeiten , keine sicherere Zuflucht als die sächsischen
Städte ; eine natürliche Folge hiervon war der Wunsch , in diesen Städten
eigene Häuser zu haben ; da aber die Sachsen hiervon Gefährdung ihrer
Freiheit und wohl nicht mit Unrecht fürchteten , so hatten sie sich solchem
Auſinnen immer auf das Entschiedenste entgegengestemmt. Sie gingen hier-
in so weit , daß, wie oben schon erwähnt , selbst bei Erbschaften für Häuser
nur der Schägungspreis an Fremde ausgezahlt wurde. Auf den erwähnten
beiden Landtagen machte der Adel erneute Versuche , sich das Concivitäts-
"
recht in den sächsischen Städten zu erringen , welche um so eher einen Er-
felg versprachen, da der einflußreiche Minister Isabella's , der Großwar
deiner Bischof Georg Martinuzzi , dieselbe unterstüßte ; doch gelang es
den Sachsen auch diesmal , sich ihr ausschließliches Bürgerrecht zu wahren.
Seit Johann Zápolya's Tod führte Isabella im Namen ihres
unmündigen Sohnes Sigismund die Regierung , allein ihre Schwäche
gegenüber Martinuzzi's ewigen Umtrieben und den oft ungeſtümmen
Landständen, machte ihre Stellung immer schwieriger und hatte endlich eine
Erneuerung der Verhandlungen von 1542 zur Folge. Diesmal kam unter
Martinuzzi's Vermittelung im Jahre 1551 die Abtretung Siebenbür
gens an Ferdinand zu Stande. Im Juli 1551 nahm der kaiserliche
General Johann Baptist Castaldo , das Land in Besig 1). Am 17.
Auguſt rückten die Brüder Felix und Baptist Grafen von Arch_und
der Hauptmann Andreas Braudeis mit 14 Compagnien Fußvolk in
Hermannstadt ein. Es war die erste Besatzung , welche seit Erbauung
Hermannstadts die Stadt betrat.
Der kaiserlichen Besatzung folgte bald auch ein kaiserlicher Zeugwart,
Konrad Haaß von Dornbach, dessen Inventar über die von ihm über-
nommenen und abgelieferten Geschütze im Archiv des Hermannstädter Ma-

1) Bier Münzen wurden auf dieses Ereigniß geprägt.


Die erste: Castaldo's Kopf mit der Umschrift : Joan. Bapt. Castaldus Dux belli
max. Auf der Revers : die sitzende geharnischte Dacia wird von Castaldo an der Hand
erhoben; mit der Umschrift: Subactae Daciae Restitutori optimo.
Die zweite: Castaldo's Kopf mit der Umschrift : Jo . B. Ca. Car. V. Caes . Fer.
Ro. R. E. G. E. Boe. Re. Exercit. Dux., soll heißen : Joannes Baptista Castaldus
Caroli V. Caesaris Ferdinandi Romanorum Regis et Boemiae Regis exercitus Dux.
Auf der Revers : Die gehelmte, sonst entkleidete Dacia fist unter einem mit ihren Waf
fen geschmückten Baume in einer bergigen Gegend, neben ihr liegt eine Krone , welche fie
mit der Hand berührt. Die Umschrift lautet : Transsilvania capta.
Die dritte: Avers wie die zweite. Revers : Die ganz entkleidete Dacia sitzt am
Baume, der ihre Waffen trägt , in waldiger Gegend, mit der linken Hand eine Krone
erhebend , neben ihr sitt in einer Grotte der Flußgott des Marosch, mit der Unterschrift :
Transsilvania capta.
Die vierte: Avers wie die zweite. Revers : Castaldo , im Gewande eines Impe-
rators, erhält von der Dacia den Scepter in Gegenwart eines Türken und des Königs
von Navarra. Umschrift : Captis subac, fusisq. Navar. Daciae et olim fersa turc. duce.
42

gistrats erliegt ). Nach diesem Inventar befanden sich damals im Zeug-


hause zu Hermannstadt :
Sieben Karthaunen : die Nachtigall , der Ochs von Nürnberg,
der hinten dick (hat dem Hans Wahda [Johann Zápolya] zugehört),
zwei inspruckische Quarthaunen , eine große Karthaune (hat dem hans
Wahda zugehört) und der Valk.
Dann 6 Singerinnen , darunter eine " vom Meister Wenzel
Krauß, Püchsengießer in der Hermanſtadt , wigt neun vnd vièrzig Her-
manstädter Zenten. "
Sieben Valkhanna , Eilf Falkonette , Zwölf Scharfen-
dindlein , Zwei Werfmerser , Ein Steinpüchsen 2) , 216 Dop-
pelhacken 2c.
So war Hermannſtadt mit Waffen und Mannschaft_reichlich ver-
sehen. Die drohende Stellung der Türken und eine unzufriedene Par-
tei im Lande selbst , machten es Castaldo wünschenswerth, sich in Sie
benbürgen mehrere feste Punkte zu schaffen , welche ihm zum sichern Halte
dienen sollten. Unter diesen richtete er seir Hauptaugenmerk auf Her-
mannstadt, welches ihm ganz geeignet schien , den Mittelpunkt seiner Macht
zu bilden. Bereits ziemlich stark befestigt , von einer der Sache Fer-
dinand's ergebenen Bevölkerung bewohnt und umgeben , waren hier nur
Verstärkungen einiger Punkte nothwendig , um eine sehr starke Festung
zu erhalten. Noch vor seiner Ankunft in Hermannstadt ließ daher Ca-
staldo die Pläne zur Verstärkung Hermannstadts ausfertigen und theilte
fie brieflich dem Peter Haller mit. Dieser schrack Anfangs vor der
Großartigkeit derselben zurück , wurde jedoch bald von ihrer Nothwendig-
feit überzeugt und wandte , einmal gewonnen , seine ganze Energie der ra-
schen Ausführung der Bauten zu 5). Die umfassendsten Arbeiten wurden
an der südlichen Seite der Stadt , zwischen dem Heltauer- und dem Elisa-
beththor, vorgenommen , zwei Baſteien und eine zweite äußere Ringmauer

1) Das Inventar in Folio, in Pergament gebunden, hat folgenden Titel : „Meine


Connradt Haaß von Dornbach Römische künigliche Mahest Zeugwart in der Hermenſtat
in Siebenbürgenn aller vnd ieder empfahung vnd ausgebung des geschütz Munition vnd
aller kriegsrüstung so ich in mein zeügwardambtt empfangen vnd eingenomen , auch wie-
derumb auff berhell des herrn General vnd herrn Weyvöden auch der Herrn Zeugmeister
bud andrer bevhehlshaber ausgeben hab Nach vermögen vnd inhalt der bevelch vnd quit-
tung so hiebeinebent den registernn befunden werden. Von anfang des andern fags Marth
des 1552 biß zue end des 1556 jars."
I.
Anno im 1552-ten denn Anndern tag des Monats Marti bab ich von dem Edlen
vund veßten Herrn Balthasar von Wallterrſtain Röm. Khu. Miſt. veldt zeugwartt in
Sybenburgen Entphanngenn ain goffen Nachtigall in Frem Beschlagenen Gefäß auf be-
schlagenen gefäß Rödern. Puluer Latt vnnd allen Ladtzeugg 2c.“
2) Anno im 1552- ten den 5 tag Septembris hab Ich vom Hauns Pyber Velt-
zeugwart Empfangen Ain groſſe Stain Pichsen oder haufaicze ist genannt die Ler-Pfeif-
fen hat Khaiser Sigismund Lassen gieſſen zu Blmücz ist auf dem Schloß Deba gefunden
worden, da wir Sibenburgen haben eingenomen im 1551 -ten vugefaſſt.
3) Castaldo schrieb an Haller über diese Befestigungs- Projekte : „De fortifica-
tionibus non debet Dominatio Vestra mirari quod Architecti illas magnas designent,
nam ubi manus semel imponenda est, debet res perfecte confici, ne timor et sump-
tus duret in acternum . Ungr. Mag., Bd. III , Seite 142, Note 1 .
43

zwischen denselben wurden erbaut. Die städtische Kaferne ist auf den Grund-
mauern einer dieser Baſteien erbaut , die zweite ist die noch jetzt stehende,
sogenannte Hallerbastei gegenüber vom Franz Josef's Krankenhauſe ¹).
Bei der Aufzählung der in dieser Zeit ausgeführten Befestigungsbauten
werden immer nur die erwähnten angeführt ; eine Urkunde im National-
Archive vom Jahre 1556, welche die Auftheilung der waffenfähigen Bürger
auf die Festungswerke der Stadt enthält, scheint aber dieser Angabe zu wi-
dersprechen, denn da kommt nicht nur die Haller- und Heltauerthor - Bastei
vor, sondern auch die Basteien vor dem Sagthor, Burgerthor und auf dem
Heidenberg 2 ). Diese drei leßtgenannten Baſteien müſſen jedoch schon frü-
her erbaut worden sein, da in keinen Rechnungen davon die Rede ist , und
es ist vielleicht nicht zu gewagt , ihre Erbauung in die Zeit von 1530 bis
1536 zu versetzen, in welchen Jahren keine Rechnungen gelegt wurden, und
wo der fast ununterbrochenen Kriege wegen eine größere Befestigung der
Stadt zu den dringendsten Nothwendigkeiten gehörte. Es spricht dafür auch
der Umstand , daß unter Castaldo gerade nur der südwestliche Theil der
Stadt verstärkt wurde.
So war nuu Alles , was zum Schuße gegen äußere Feinde dienen
konnte, mit Sorfalt vorgekehrt ; unglücklicher Weise erwuchsen dieſe aber im
Innern. Das größte Uebel , welches schen zu Zápolya's Zeiten eine
günstige Wendung der gerechten Sache Ferdinand's erst gehemmt , dann
ganz unmöglich gemacht hatte, war der allgemeine Geldmangel. Castaldo

') Haller's Thätigkeit wurde durch eine Stein - Inſchrift, folgenden Inhalts ver-
ewigt: M.D.LII. Hoc opus erexit circumdans moenia vallo Hallerus patriae provida
cura suae. Ungr. Mag., Bd. III., Seite 142, Note 2.
2) Die betreffende Urkunde, auf Papier geschrieben, erliegt im sächsischen National-
Archiv unter Nr. 746. Sie lautet :
1556. 11. Septemb.
Statt Ordnung wie vnd wohin ein jedes teill sich halten soll.
In die Posthay bei dem Sag thor, ist herr Michel herman rud Simon Myles
zu haup Leuten vnd die ganzer Schneider Zeche zu Inen erwelet worden.
In die Posthah für dem Burgerthor, ist piter heltener vnd Jörg Nyßner zu
hauptleuten erwelt vnd die Schuster Zeche soll beh Innen sein.
In die Posthay bch dem heltner thor ist Herr Casper Guest vnd thren tong
(Anton) zu hauptleuten erwelet, vnd die Fleischer Zeche, vnd die Sadler, die seeler sollen
bei Innen sein vnd die Sadler vnd seeler Fr Zeche meyster sollen auch neben Innen
Hauptleute sein.
In die Posthat bey heydenberg , ist Gasper goltschmidt , laffel (Ladislaus)
Schmidt, Endres weber erwelt, die sollen daselb hauptleute sein, samt iren drehen Zechen.
In die Posthay vor dem Dyrchen ist her Greger wall Mathes Rapollt zu
hauptleuten erwelet, sammpt den Kopfleuten sollen sie allda ſein.
In by gemauert postbay ist herr Zyrwes Wydner vnd der jung Peter Haller
zu hauptleuten erwelet, bey denen sollen auch die Kopfleute sein vnd die außerhalb der
Zechen sein, die Kannengysser und töpper.
Bey Elgebüter thor sollen dy Kyrsner Meyster sein.
Diese Auftheilung der Zünfte ist derart, daß immer jene Zünfte, deren Thürme
in der Nähe waren, auch zur Bertheidigung der Bastei concurrirten. Die Kopfleute wa-
ren wahrscheinlich jene, welche ohne Besitz und ohne zünftiges Gewerbe waren. Die Ba
ftei bei dem Heidenberg war wahrscheinlich hinter der jezigen Soldischbastei. In den
Häusern zwischen dem Baher'schen Hause am Soldisch und dem Militärspitale sollen
rückwärts in den Höfen noch die Spuren einer Befestigung sichtbar sein.
Die Jastei vor dem Dyrchen ist mir nicht bekannt , da die gemauerte Bastei nur
die Hallerbastei sein kann.
44

hatte kein Geld , der Adel hatte kein Geld, die Sachsen waren auch bald
auf die Neige gekommen , und so konnte den Soldaten ihr Sold nicht im-
mer pünktlich gezahlt werden. Bei der ohnehin , namentlich unter den ſpa-
nischen Truppen, laxen Disciplin , war die Neigung, ſich für den Entgang
des Soldes bei den Quartierträgern schadlos zu halten, sehr bald rege, und
ſo entstanden immer häufigere Conflicte zwischen Bürgern und Soldaten,
um so mehr, als die Bürger ihrerseits der ungewohnten Lage , im eigenen
Hause, nach alter Gewohnheit, nicht unbeschränkt zu sein , überdrüßig wur-
den. Obgleich der Rath und die Truppencommandanten Alles aufboten, um
ein gutes Einvernehmen zu erhalten, so kam es doch, zuerst auf dem Lande,
endlich aber in der Stadt selbst , zu blutigen Excessen. Als vollends im
Jahre 1553 die spanischen Truppen, unbekümmert um den Generalen , aus
dem Lande abzogen, ſah ſich Castaldo genöthigt, mit dem Reſte der Trup-
pen das Land zu räumen.
Hermannstadt traf in diesem Jahre noch ein anderes schweres Un-
glück : es brach nämlich die Peſt aus und wüthete bis zu Ende des Jahres
derart, daß im letteren Jahre allein 3200 Menschen derselben erlagen. Um
für die Zukunft die Stadt vor dem Ausbruche der Seuche wenigstens in
etwas zu schüßen, wurden im Jahre 1554 die Kirchenbegräbniſſe , bis auf
die der Geistlichen und der Mitglieder des Rathes, eingestellt und der jetzige
große Friedhof bei dem Schneiderteiche angelegt ; um dahin zu gelangen,
wurde in die äußere Stadtmauer eine Thüre , das sogenannte Leichenthür-
lein, gebrochen (der steinerne Thürstock desselben ist unterhalb der Wohnung
des Promenade-Aufsehers noch zu sehen) und von derselben bis zum Fried-
hofe eine kleine Brücke erbaut.
Durch Castaldo's Abmarsch war Ferdinand's Partei ihrer Stüße
beraubt und die Verwaltung um so mehr gelähmt, als die Partei Isabella's,
welche längst ihre Rückkunft ersehnte , jeden Anlaß benüßte , um Verlegen-
heiten zu bereiten. Endlich stieg die Verwirrung und Parteiung so hoch,
daß die Stände im Jahre 1556 an Ferdinand durch eine feierliche De-
putation die Bitte stellten, das Land entweder durch eine genügende Armee
zu schüßen oder aber die Stände ihres Homagialeides zu entbinden. Die
Entsendung einer Armee nach Siebenbürgen war unter den gegebenen Ver-
hältnissen unmöglich, das Aufgeben des nach so langer Zeit endlich gewon
nenen rechtmäßigen Eigenthums zu schmerzhaft , deshalb wurde der Deputa=
tion eine entschiedene Antwort nicht zu Theil. Endlich am 13. März erließ
Ferdinand an die Stände ein Schreiben , in welchem er sie zum treuen
Ausharren ermahnte ; allein als dieses im Lande eintraf, war Ferdinand
faktisch schon nicht mehr Herr von Siebenbürgen.
Isabella nämlich längst bei ihrem Vater dem Könige von Polen
lebend, hatte von hier aus ihre Sache eifrigst betrieben ; ihr treuer Anhän
ger , Peter Petrowich , wurde zum Wojwoden ernannt und rückte un-
aufgehalten mit ihren Truppen ins Land ein , und schon am 16. März
waren die Sachsen genöthigt, die Herrschaft Isabella's anzuerkennen. In
dem hierüber geschlossenen Vertrage wurde jedoch festgesetzt , daß bis zur
Ankunft der Königin in die sächsischen Städte keine Besatzung gelegt werde.
Hermannstadt hatte noch die besondere Bedingung hinzugefügt, daß die Fer-
dinand'ſchen Geſchüße, welche als Pfand für ein Darlehen im Besige der
Stadt geblieben waren , unter feiner Bedingung aus derselben weggeführt
45-

werden sollten. Als Isabella bald darauf nach Siebenbürgen zurück-


fehrte, wurde sie an der Landesgränze feierlich empfangen. Der jugendliche
Stefan Batheri hielt die Beglückwünschungsrede , nicht ahnend , daß in
zwanzig Jahren die polnischen Stände an derselben Gränze ihn , als ihren
gewählten König , begrüßen sollten. Die fächsische Universität brachte der
Königin zum Willkommen ein Geschenk von 3000 Gulden dar.
An der Spitze der sächsischen Nation stand noch immer der im Jahre
1543 zum Königsrichter erwählte Johann Roth. Ferdinand hatte
zwar im Jahre 1552 die Bestätigung desselben nicht nur verweigert , ſon-
dern die Königsrichterwürde dem Peter Haller verliehen. (Der deutlichste
Beweis für die oben angegebene Parteistellung Roth's , welche indessen
durch die Ereignisse der nächsten Tage noch deutlicher hervortritt.) Doch
nahm Haller diese Würde nicht an und beließ Roth im ungestörten Be-
size derselben.
Wenn nun auch Isabella Herrin in Siebenbürgen war, so hatten
boch noch nicht alle Ortschaften ihre Herrschaft anerkannt. Das feſte Schloß
Szamos-Ujvár versperrte ihr seine Thore und man sah sich zu einer Bela-
gerung desselben genöthigt ; das hiezu erforderliche schwere Geschütz war
aber nur in Hermannstadt zu finden. Wider den eingegangenen Vertrag
verlangte daher der Wohwode Petrovich vom Hermannstädter Rath außer
300 Trabanten auch die Ferdinand'schen Geschüße , mit dem Versprechen
der baldigen Rückstellung. Da Peter Haller nicht in Hermannſtadt ge-
genwärtig war, so ließ der Rath, vielleicht auf die Veranlassung des Kö
nigsrichters Roth, sich bewegen , das gestellte Verlangen zu bewilligen , die
Bürger aber, ohnehin mit dem jüngsten Wechsel der Regierung wenig zu-
frieden , wurden über diese Nachgiebigkeit des Rathes so empört , daß sie
den Abgesandten des Woywoden , Matschkaschi , aus der Stadt verjagten
und mit Steinwürfen verfolgten. Der Rath aber , fürchtend , es möchte
diese Gewaltthat als eine allgemeine Empörung angesehen werden , schickte
dem Matschtaschi nicht nur die 300 Trabanten eiligst nach, sondern nahm
auch aus dem Zeughause mehrere der Ferdinand'schen Geschütze mit Ge-
walt heraus und lies sie dem Wohwoden zuführen 1). Doch hiermit war
leider diese Angelegenheit noch nicht beendigt. Wenn wir der Angabe des
,,Siebenbürgischen Würgengels " von Mathias Miles folgen wollen , so

') Im Inventarium des Zeugwarts Haaß heißt es in der Nubrik: „ Ausgabe,“


Seite 4: " Anno 1556 den 19 tag des Monats March Haben die Herrn in der Her-
manstat Alls Burgermaister Nichtter vnnd Rhatt mir mit Gewalt genommen Aus dem
Kbu. Zeughauß eine grossen Quarthauna der Ochs von Nürnberg genanntt , vnd dem
Peter Pettrowht zugeschickt zu beschiefſung der Statt Jullj Weiſſenburg.“
Seite 8: "Anno im 1556-ten Denn 19 tag Marty habenn die Herrn in der
Hermanstat Alls Burgermaister Richter vnd Nath ain gossene Singerin von Büm mir
mit gewalt genomen vund dem Petter Pettrowht zugeschickt zur Beſchieſſung der Statt
Jull Weissenburgg."
Merkwürdig ist, daß hier von der Beschießung Karlsburgs die Rede ist, während
sonst überall Szamos- Ujvár genannt wird ; noch auffallender ist es, daß Haaß in seinem
Inventar anführt, es seien ihm am 23. Mai mit Gewalt durch den Nath eine Karthaune
und ein Wurfmörser zur Beschießung von Neuschloß (Szamos-Ujvár) genommen worden.
Ich habe die nöthige Muße nicht erübrigt , um diesen Widerspruch zu lösen, bin daher
auch in der Darstellung der gewöhnlichen Angabe gefolgt und bescheide mich damit, hier
nur auf diesen Umstand aufmerksam gemacht zu haben.
46

hatte sich Matschkaſchi vorgenommen , an den Hermannſtädtern die ihm


zugefügte Beleidigung zu rächen; der Stadtkoch Andreas Moster und
eine ungarische Dienstmagd übernahmen die Ausführung. Am 31. März,
einem Sonntage, als eben die Bevölkerung in der Vesper versammelt war,
brach plöglich an mehreren Orten Feuer aus und griff so rasch um sich,
daß am Abend 556 Häuser in Asche lagen. Dieses Unglück versetzte die
Bevölkerung Anfangs in starren Schrecken , dann aber in blinde Wuth.
Haufen von Menschen sammelten sich am nächsten Tage vor Roth's
Hause auf dem großen Ring und forderten ihn stürmisch auf, die Brand-
stätte zu besuchen. Roth, ein schon gelebter Mann, zögerté ; da schwur ihm
das Volk einen Eid und sicherte ihm das Leben zu ; Roth trat unter die
Menge und wurde von ihr unter lauten Vorwürfeu und Verwünschungen
die Brandstätte entlang geführt. Abgemattet kehrte Roth gegen Mittag
auf den großen Ring zurück , wurde hier jedoch , als er eben in sein Haus
eintreten wollte, plötzlich durch einen Büchsenschuß niedergestreckt ; kaum sah
ihn der Pöbel fallen , als er sich auf ihn warf und ihn rollends tödtete.
Die übrigen Mitglieder des Rathes entgingen einem gleichen Schicksale_da-
durch, daß sie sich in ihren sorgsam verschlossenen Häusern verbargen. Noch
weiter ging das empörte Volk am folgenden Tag, indem es den Leichnam
des armen Roth durch die Stadt schleifte und auf dem Richtplatz ver-
scharrte 1) . Mit Mühe gelang es dem beredten und sonst beim Velke be-
liebten Stuhlrichter Augustin Hedwig das empörte Volk zu beruhigen
und die Ordnung wieder herzustellen, dennoch aber fand es der Magistrat
für gut, noch volle drei Monate hindurch sich durch eine bedeutende Ver-
mehrung der Stadttrabanten zu sichern 2). Zur augenblicklichen Unter-
stützung der Abgebrannten wurden aus der Stadtkaffe sofort 300 Gulden
vertheilt ). Daß auch die einzelnen Zünfte bei der Unterstützung der Ver-
unglückten nicht zurückblieben, geht aus der Rechnung der sächsischen Schnei-
derzunft von diesem Jahre deutlich hervor 4). Zur Linderung des Nothſtan-
des schenkte die Königin Iſabella der Stadt den Zwanzigſt auf drei Jahre.
Am 11. Mai 1556 fam Peter Petrovich selbst nach Hermann-
stadt, ließ Roth's Leichnam ausgraben und mit allen seiner Würde zukom-

1) Miles fiebeub. Würgengel, Seite 59, 60.


2) In der Rechnung von 1556 kommt vor, daß wegen des Aufruhrs der Bürger
vem Magistrat auf drei Monate mehr Trabanten aufgenommen worden seien ; die Aus-
gabe beträgt 1500 Gulden, was auf eine Anzahl von 250 Mann schließen läßt.
3) Magistrats-Protokoll, Bd. 3, Seite 180.
4) Es heißt dort: „Nachdem rie statt durchs ffewr verprunnen ist im 56 jar am
dinstag in der karwochen also hat man aus dem vorbestimpten Schuma geltt das dy
czech vermogt hat vnd dem czechmeister überantwurt ist, hat man dem czechmeister greger
Riedthin vberantwurt das er den verbrennten mahstern soll geben acht vnd czanczig gul-
den also das ayu heder was man in geben wirdt mit der czeht beczalen ſol auff ain
schuldt Brieff in dh Lad czu legen.
Mer hat man hedem geben nach zahner notturfft 2 Remmp kornn dar vor ſollen
sh nichts czalen Schunder geschenckt seyn.
Mer hat man von den hundert Gulden genumen das man den verbrenten Bril-
dern hat gelawen auff pffand syben vndezwanczig ffl. vnd ffunffczig denar.“
Auffallend ist hier wieder die Differenz in der Angabe des Lages, Miles ſetzt die
Katastrophe auf einen Sonntag, hier ist ausdrücklich der Dienstag genannt.
47

menden Ehren in der großen Pfarrkirche begraben 1) . An demselben Tage


wurden auch drei Haupträdelsführer des Aufruhrs auf dem großen Ringe
hingerichtet.
Nicht übergehen kann ich hier eine vom Herrn Schulrath Schulter
in Archiv des Vereins für siebenbürg. Landeskunde veröffentlichte Kalender-
Vormerkung des gleichzeitigen Großauer Pfarrers Peter Schirmer ) , da
dieselbe von der gewöhnlichen Erzählung in so weit abweicht , als in der
selben nicht das Volk, sondern die Communität als Stifterin des Aufruhrs
genannt und weiter gesagt wird, das Volk sei nur später , namentlich aber
erst am folgenden Tage, von der Bewegung mit ergriffen worden. Wenn
wir die Darstellung dieses Zeitgenossen einer eingehendern Beurtheilung.
unterziehen, so scheint die Communität unzufrieden mit dem Gebahren des
Rathes und durch den Brand noch mehr gereizt, die Entfernung Roth's
von seinem Posten beabsichtigt und zu diesem Zwecke die Bewegung begon-
nen zu haben , wie aber bei Volksbewegungen der Impuls leicht gegeben
ist, so schwer ist es dieselben zu regeln und zu zügeln ; so gings auch hier ;
schon bis zum Mittag war das Volk so weit erhitzt , daß es einen Mord
nicht mehr scheute, und am andern Tage wüthete schon der entfesselte Pö-
bel in seiner Weise.
An die Stelle Roth's wurde Peter Haller zum Königsrichter er-
wählt und Augustin Hedwig erhielt die erledigte Bürgermeisterſtelle.
Fortan trat Ruhe ein, und bis zu Peter Haller's Tode, im Jahre 1569,
ist von politischen Ereignissen nichts zu erwähnen , was auf Hermannſtadts
Schicksale einen wesentlichen Einfluß ausgeübt hätte. Isabella starb am
15. September 1559, ihr folgte Zápolha's einziger Sohn, der 19jährige
Johann Sigismund ; beide litten an der alten Krankheit der ungri-
schen Könige , am Geldmangel , und beide nahmen, wie jene, stets ihre Zu-
flucht zum Säckel der Sachsen ; daß Hermannstadt hiebei nicht vergessen
wurde, versteht sich von selbst. Sonst ging die Verwaltung ihren geregel-
ten Gang fort, und Peter Haller hatte noch Gelegenheit bei dem ge-
fährlichen Aufstande der Székler im Jahre 1562 dem Könige Johann
Sigismund ebenso wesentliche Dienste zu leisten, wie er sie früher Fer-
dinand geleistet hatte.

¹) Sein Leichenſtein aus weißent Marmor wurde bei der im Jahre 1853 vorge-
nommenen Kirchenreparatur in dem Theile des Kreuzschiffes gegen die Stadtpfarrer - Woh-
nung hin gefunden.
2) Archiv des Vereins für siebenb. Landeskunde, Bd. 3, Seite 357.
1556 31 Martii hoc die combusta est media pars urbis Cibiniensis circiter
primam horam meridianam .
1 Aprilis hoc die quae altera fuit post conflagrationem Cibiniensem a sedi-
tione orta a Centumviris circa 12 horam honestissimus et sapientissimus vir
Joh. Ruffus Judex regius Cibiniensis ante propriam domum suam interfectus est,
altero vero die furiente vulgo ignobili humatus est.
11 Maji hoc die J. Ruffus Judex Regius Cibiniensis in seditione interfectus
a civibus effossus est extra Cibinium, ubi communis erat sepultura et honorifice ex
mandato D. Petri Petrovith Locumtenentis Reginae delatus in templum parochiale,
sepultus ante chorum prope tumulum Martini albi erecto vexillo a Petrovith. Ante
tumulationem illius tres in circo maiori habito judicio capitibus privati sunt, qui
auctores seditionis et interfectionis fuerant.
48

Indem wir von der Darstellung der politischen Ereignisse zur Auf-
zählung anderweitiger bemerkenswerther Thatsachen übergehen , wollen wir
diese, vom Niedern zum Höhern aufsteigend , in folgender Ordnung erzäh-
len. Zuerst soll uns das. Aeußere der Stadt beschäftigen ; dann schreiten
wir zur Schilderung des Handels und Gewerbewesens ; hierauf folgt die
Gesetzgebung und endlich Kirche und Schule ; wo wichtigere Abschnitte ſchlie-
ßen, wollen wir dann in kurzen Rückblicken Sittenschilderungen und sonstige
kulturgeschichtliche Daten folgen laſſen.
: Der Befestigungsbauten haben wir bereits eben erwähnt ; nach dem
großen Brande von 1556 , wobei zwei Pulverthürme, in die Luft geflogen
waren, mußten natürlich die Beschädigungen hergestellt werden. Im Innern
der Stadt waren aber felgende Veränderungen eingetreten : Das zeitherige
Nathhaus (der jezige Priesterhof) , obgleich erst im Jahre 1491 zu diesem
Zwecke eingerichtet, entsprach dennoch den Bedürfnissen nicht mehr, es wurde
daher im Jahre 1545 das Haus des Markus Pempflinger für 1922
Gulden und 64 Denar angekauft und zum Rathhause eingerichtet ). Das
bisherige Rathhaus aber wurde im Jahre 1547 einem Bürger, Gallus
Auner, für 800 Gulden verkauft. Die frühere Hauskapelle wurde zum
Archive eingerichtet , in dem Thürmchen aber , das neben der Kapelle em-
porsteigt, wurde das Glöcklein nicht mehr benüßt , um die Bewohner des
Hauses zum Gottesdienste zu versammeln, seine Töne erklangen nur , wenn
ein Verurtheilter aus dem Rathbause zum Richtplaze geführt wurde , daher
es auch den Namen des Armenfünderglöckchens führte.
Um eine solidere Bauart der Häuser zu erzielen , wurde im Jahre
1546 beschlossen, daß in Hermannstadt keinem Pfarrer gestattet sein solle,
ein gemauertes Haus zu kaufen , sie durften nur Holzhäuser kaufen , damit
fie dieselben sodann aus soliderem Material aufbauen möchten ). Im In-
teresse des Verkehrs wurde im Jahre 1555 das Haus des verstorbenen
Bürgers Zacharias Schneider in der Heltauergaſſe angekauft und mit
einem Aufwand von 107 Gulden zum Stadthause eingerichtet ) . Die Ver
käufer erhielten dafür ein hinter den Fleischbänken gelegenes, im Jahre 1550
von Lorenz Presbyter angekauftes Haus und 525 Gulden baares
Geld 4).

1) Univ. und Magiſtrats - Protokoll , Bd. Seite 175. Item. Mehr in demselben
1545 Jar hatt die Stadt ettliche Erkare leutt die den Herrn Marko Bempflinger auf sein
Haus Geld geliehen hatten , vergnügett , vnd dasselbe Hauß zum Stadthauß kaufft und
bezahlt pro fl. 1922 Den. 64."
2) Magistrats- und Universitäts-Protokoll, Nr. 2, Seite 196.
3) Magistrats- und Universitäts-Protokell, Nr. 3. Seite 178 und 179.
Die Quittungen über die Auszahlung erliegen im sächsischen National-Archive
unter den Zahlen 709 und 710.
Die erste lautet :
„ Nos Erasmus spek , Jacobus spek , Nicolaus Pellio et franciscus holczappel,
fatemur et recognoscimus per presentes, ex ... Zacharie sartoris in platea dyznold
existentis quam certo pretio in vsum publicum Civitatis Cibiniensis vendidimus, In
solutione nostra restantia ab Egregio Petro Haller Magistro Civium Cibiniensium,
Accepisse florenos trecentos, harum presentium, protestationis et Confirmationis, no-
strorum sygillorum appressorum munimine mediante.
Datum Cibinii 23 die Januarii Anno 1555 “
Folgen die vier Siegel in grünem Wachs.
49

Die Errichtung dieses Gasthofes war für Fremde und Einheimische


eine wesentliche Erleichterung. Es ſtanden nämlich den Fremden , wenn ſie
keine Bekannte in der Stadt hatten , nur unanſehnliche Herbergen zu Ge-
bote ; bedeutendere Personen wurden mit ihrem oft zahlreichen Gefolge in
Bürgerhäuser einquartiert , woraus den Quartierträgern oft große Unan-
nehmlichkeiten erwüchsen.
Für den leichtern Verkehr im Innern der Stadt wurde im Jahre
1558 das neben dem Nationalhause befindliche , damals dem Blasius
Weis zugehörige Haus für 1120 Gulden angekauft , ein Durchgang auf
die Wiese (welcher später auch zum Fahren eingerichtet wurde) durchgebro-
chen, und sodann im Jahre 1560 an Servatius Weidner für 875 Gul-
den wieder verkauft ¹) .
Im Jahre 1568 endlich wurde der Zeughof (das jetzige Militärſpital)
von den Gebrüdern Tobiaschi , einem alten Gräfengeschlechte aus Hezel-
dorf bei Mediaſch , für 350 Gulden angekauft.
Der Handel ist in diesem Zeitabschnitte noch nur ein schwacher Schat-
ten dessen, was er in der vorigen Periode war. Während noch im Zoll-
streite des Großwardeiner Kapitels mit den Hermannstädtern zu Ende des
15. und Anfang des 16. Jahrhunderts diese sagen konnten , daß sie oft
Waarentransporte von drei = bis viertausend Gulden Werth mit sich führ-
ten 2 ) , so war jetzt durch die im Lande und allen Nebenländern seit Lud-
wig's Tode fast ununterbrochen wüthenden Kriege fast aller Handel ver-
nichtet; nur die Straße nach Polen stand noch offen , und was noch vom
früheren Handelstrieb übrig war , fristete hier sein kümmerliches Dasein.
Verhältnißmäßig blühender standen die Gewerbe da , noch hatten diese in
Siebenbürgen fast gar keine, in den Donaufürstenthümern nur wenige Kon-
kurrenz zu fürchten ; ihre Manufacte fanden daher , ungeachtet der wirrvol

Die Zweite:
Ich Benedig Goldschmid , mitburger alhie in der hermanstadt Becken hiemit die-
sem prieff. Das, nach dem ich, vnnd meine miterben , das Sacharies Schneiders hauß in
der heltner gaßen gelegen , vmb Nainhundert gulden, Meinen herren vom Radt, vnd ge-
mainer stadt verkaufst , an abzalung meines zwathails vom Edlen herren Peter Haller
burgermaster alhie, empfangen hab par gelt , Zuah hundert fünff vnd zuanzig gulden . 1
Mer ist mir übergeben , das stadthauß hinter den fleischbenken , vmb drah hundertt fünff
vnnd Sybenzig gulden , thuet meine Abzalung , Serhundert gulden darüber ich be
nanten herren burgermaster , vnnd gemeine stadt Quit , frah vnd ledig sprechen. In
vrkund dieses prieffs , mit meinem pedschafft verfigelt. Geschehen , am großen dinſtag :
Anno 1555.
Ich Benedic goldschmidt
gib meinen Herrn darüber mein Ahgen
Handschrifft."
¹) Univ.- und Mag.-Prot. Nr. 3, Seite 182. „ Mehr hat ein erſam weis Radt
dieser Stadt , das Haus vom Blasio Weiß weiland Herr Martini Weiß Sonn, welchs
zu vorn des Pauli Remser gewesen vnd auff dem großenRing, zwischen des Jörg Hechten
vnd Jörg Hutterin Heusern gelegen ist kaufft pr. fl. 1120. "
„ Dasselbe ist hiernach im Jar 1560 dem H. Servacio Weidner pro fl. 875 ver-
kaufft vnd von im par beczalt worden. Also leidet die Stadt Verlust von wegen des
Durchgangs halben auff die Wiesen fl. 245.
2) Grimm's polit. Verwaltung, Bd. 3, Seite 10 : „forent autem Sales mer-
catores qui secundum maius et minus quandoque res et mercimonia trium vel qua-
tuos mille florenorum aut etiam ultra, deferre consvevissent. “
4
50

len Zeiten, immer ihre Abuehmer , und so erhielt sich unter denselben der
frühere Wohlstand ziemlich ungeschmälert. Charakteristisch für den Stand
des Lurus in damaliger Zeit ist ein Ersuchschreiben Isabellen's vom
Jahre 1545 , worin sie den Rath der Stadt ersucht , ihr nach Form und
Farbe der mitgeschickten Muster mehrere tausend glajirte Ziegel, zur Bele-
gung der Fußböden in ihrem Schloſſe in Karlsburg , in Hermannstadt ma-
chen zu lassen.
Ein minder günstiges Zeichen für den Stand der damaligen Indu
strie ist die etwa im Jahre 1560 erfolgte Limitirung der Handwerkserzeug-
nisse, welche auf Veranlaſſung der Stände durchgeführt wurde.
Merkwürdig sind für uns die Preise der einzelnen Waaren ; so kostete
eine Kutsche in Hermannstadt und Mediasch 2 fl. 25 Den. , das Beschla
gen derselben beim Schmiede 1 fl. 60. Den.; ein Sattel kostet 1 fl. 50
Den.; eine Fuchswammen Schaube 8 fl. Bei den Kürschnern heißt es wei-
ter: nWeil die Lur aus frembden Landen bracht werden und seher theuer
an kauff ſein, darumb wo sie einen Lug vmb fl. 2 sollen in geben außge-
1 arbett fl. 2 den. 25. " Die Fleischer mußten von Fastnacht bis Pfingſten
für einen Denar 1 % Pfund , von Pfingsten bis Fastnacht 1 % Pfund
Fleisch geben ¹).
Mit der im Zuge befindlichen Gewerbsregulirung kamen natürlich alle
diesen Gegenstand betreffenden Fragen zur Sprache. Se wurde von der
Nations- Universität die Frage , ob Ungarn und Székler in die Zünfte auf-
genommen werden sollten, in sehr ernste Berathung genommen, endlich aber
verneinend beantwortet. Fernere Folgen dieser Regulation waren die von
der Union der Schneider im Jahre 1548 verfaßten Artikel für die Schnei-
derknechte 2 ) ; dann die Anordnung vom Jahre 1554 , daß jene Künſtler,
welche keiner Zunft angehörten (wie z . B. die Maler der Tischlerzunft),
mit Genehmigung der Universität, unter sich eine Zunft bilden könnten, und
endlich das Unsuchen der Barbiere um Konstituirung ihres Gewerbes zu
einer Zunft. Ueber dieses Gesuch wurde im Jahre 1560 zuerst nach Wien,

1) Sächs. Nat.-Archiv, Nr. 1683, coll. post. Daſelbſt iſt das Jahr 1550 als bei-
läufiges Jahr der Verfassung der Urkunde angegeben.
2) Daß diese Artikel wirklich nur in Folge der großen Zünftregulation verfaßt
wurden, geht aus dem Eingange derselben hervor. Dieser lautet:
" Als wir Schneider der Hermanstatt vonn der ganzer Zech erkannt haben , wie
das die Namhaffte, Ehrsame Wehse H. Herrn Burgermeister Richter , Geschwornen , des
Landes Sieben vnd zweyer Stüll, angesehen haben alle Frthumb vnd beschwernuß, aller
Zechen der Statt, vnd haben Rechtfertiget alle Stattutten oder Ordnungen, die sie vnder
einander haben gehat, Also haben die N. E. W. Herren der Schneider Zech, Herr Mar-
tinus Weiß, derselben Zeht Burgermeister dieser Königlicher Statt , Herr Endres Birk-
ner Stuels Richter, Herr Casparus Holtzmenger geschworener Burger des Raths, Simon
Miles Zech Batter, Sacharias Schelker, Petter Kamner, Lucas Roth, der Zeitt Zechmei-
fter, mit sampt den Eltesten vnd jüngsten, der gantzer Zech, im Jar nach Chrifti geburtt
Tausentt funff Hundert vnd acht vnd vierzig Angesehen vnd erkandtt, durch recht erkent-
nyß vnser gewißheitt, Alle Beschwernüß zu ringern, vnd Muttwillen zu dempfen vnserer
Kinder der Schuehder Knecht den fie vnter einander vormals getrieben haben, derhalben
mir erkannt haben von uötten zu seien Ihnen zu geben ein beschreybung mit Wißen vnd
Willen eines ersamen Raths der königlicher Hermanstatt, aller Artikel , Statuten, Peen,
vnd Straffen die sie vnder Ihnen sollten haben vnd keinen neyn auffat nit machen bei
der Been wie hernach beschriben iſt 2c.“
51-

Augsburg und Nürnberg die Anfrage gestellt , ob daselbst das Barbierge-


werbe als zünftiges Gewerbe angesehen werde, und nur nachdem die Ant-
worten bejahend ausgefallen waren, der gestellten Bitte willfahrt. In diese
Zeit fällt auch die Einführung eines bis dahin in Siebenbürgen nicht be-
triebenen Gewerbes, der Tuchmacherei:
Wenn wir der Angabe Soterius und Felmer's Glauben beimeſſen,
welche in der Hermannstädter Gymnasial- Bibliothek um die Mitte des vo-
rigen Jahrhunderts noch, eine Grammatik von Thomas Gemmarius im
Jahre 1529 in Hermannstadt gedruckt, gesehen zu haben behaupten, so wäre
in Hermannstadt auch die erste Buchdruckerei im Lande entstanden. Da
jedoch das Werkchen nicht mehr vorhanden ist, so kaun diese vereinzelte An-
gabe, wobei immer noch eine Verwechslung zwischen Druckfort und Wohnort
des Verfassers möglich wäre, die Nachricht , daß Johann Honterus zu-
erst im Lande eine Buchdruckerei und zwar in Kronstadt errichtet habe, nicht
entkräften.
Was die Gesetzgebung betrifft , so finden wir auch auf diesem Felde,
wie schon aus der Darstellung des Gewerbwesens hervorging , eine gestei-
gerte Thätigkeit und ein sich kund gebendes Bedürfniß nach schriftlicher
Aufzeichnung. Es tauchen jezt nämlich (und zwar zuerst für die obere
Wiese im Jahre 1563¹ ) , dann für die Burgergaſſe 1577, für den großen

1) Ordnungh der Ehrliger Nachbarschafft auf der oberster Wisen die von vnsern
Altuettern gehalten seint worden , vnd durch verwilligung der E. N. sol von vns auch
solchs gehalten werden wher solches wbertretten wirdt, soll gestrafft werden wie volget.
Actum Cibini A. D. 1563.
1. Wehn einer nicht czwr leichen komptt, verfelt d. 4.
2. Wehn einer nicht czum Schradt kompt verfelt d. 2.
3. Wer den Romp , das Virthell , oder Schrodtheil wber nacht daheim behelt,
verfelt d. 2.
4. So einem die Bach czu fegen gebotten wirdt vnd kimptt nicht, verfelt d. 4.
5. So einer den andren im czorn liegen strofft, verfelt ohn alle gnad d. 10.
6. So zw einem Nachbar die Kepp brentt, verfelt ohn alle gnad fl. 1.
7. So einer das ganze Jahr wber nicht einmal bei die Nachbar geht, sol ein
Nachbarschafft schwldig sein.
8. So bei einem Nachbar kersels auff der gassen funden wird, verfelt ohn alle
gnad d. 10.
9. So einer mit dem andren hadert oder czankt, der soll werden geftroffet nach
erkentnis der Nachbarschafft. "
10. Wen der Nachbarhan frid gebeidt, so offt einer das wbertritt, vnnd nicht fri-
den helt, so offt das geschicht, soll verfallen sein d. 2.
11. Wo es sach wehre das die Nachbarschaft an einem wehre czu halten vnd left
die fürwber gehn ohn wiſſen vnd willen der Ehrliger Nachbarschafft, der verfelt ohn
alle gnad d. 10.
12. So der Nachbarhan außschickt, der Nachbarczeichen vnnd dasselbich bei ieman-
den_ferdret wirdt, vnd nicht alſo angesagt wirdt wie der Nachbarhan befholen hatt, der
verfelt d. 10.
13. Bei welchem das Nachbarczeichen wbernacht verhalten wirdt, der verfehlt འ ohn
alle gnadt d. 10.
14. Welcher Nachbar das geldt, welches die Nachbarschafft, das gancze Jahr wber
geſamlet haben, am Eſchtach wil hilffen vertrincken, der sal also offt er einen vmgand da-
heim bliben ist, erlegen, was ein achteil wein gelten wirdt.
15. Wo das einer mit der Faust in einem czorn auf den Tisch schlegtt, verfelt d. 10.
16. Welcher wber einen schlechten heller spilt oder wedten wird, verfelt d. 10.
17. Welcher Nachbar die Nachtshwdt beriren wird der ſol sich vor auff der gas-
4*
52

Ring 1582) Nachbarschaftsartikel auf, von welchen sich aus früherer Zeit,
obgleich die Nachbarschaften sicher älter sind als die Zünfte , keine Spur
findet. Zu den in dieser Zeit neu entstandenen schriftlich abgefaßten Nor-
men gehört auch die im Jahre 1560 verfaßte Büchsenmeister-Ordnung,
welche wir unten folgen lassen ¹ );

fen finden lassen, wo ehr aber verſeimlich wehr, vnd sich nach der ezeitt finden leſt, ſol
gestrafft werden vmb d. 10.
18. Darczu sollen sie auch von der hawdt in keinem hawß Ihrtten halten, welcher
das thwt, vnnd wberthritt der verfelt d. 10.
19. Welcher Nachbar die hawt nicht førdt sagt, vndt seinent halben bleibt anſte-
hen, also oft das geschicht verfelt derselbige d. 10.
20. So einem Nachbar ein stroff auffgelagt wirdt, der ſall sie ouff das nechst, so
er bei der Nachbarschafft timpt, erlegen, vnd richten, wo er sich aber widersetzt, sollen
die H. Nachbarn seine 2 d. in wider geben vnd heym schicken, So aber einen Nachbar
belanget, der nicht bei die Nachbar gehn will vnd seine sachen richten, denselbigen sal die
Nachbargerechtigkeit abgeschlagen werden, so lang biß er seine sachen wider richtet. >
21. So einer ein Haus in der Ehr Nachbarschaft kaufft, oder durch einen wechsel
bekomen wirdt demselben sol es von der Ehrliger Nachbarschafft das hawß eingeseliget
werden.
22. So ein Nachbar mitt einem Ampt begabet wirdt, vnd verehertt, sol gleiches.
fals von der Nachbarschaft eingeseliget werden.
23. Wo es sach wehr das einer alhie in der Nachbarschafft eine Behawſwng wber-
kwem einsweder durch kawff Sterbfall, oder wechsel, derselbige soll geben, der weil er an
der Nachbarschafft kleinodtt theil haben will d. 16.
24. So irchen Stadtreiter oder Trabant in der Eb. Nachbarschafft wonhafftig ist,
so sol er für die Hwtten der Nachbarschafft
* das er die selbigen nicht thuen mecht, der ſol
`der Nachbarschaft erlegen d. 60. So er aber am Eschtag mitt seinen Nachbarn das gelt
wil hilffen rerczeren, so soll er der ehrliger Nachbarschafft erlegen fl. 1 .
25. Mitt verwilligung der ehrliger_Nachbarschafft ſoltt keiner fray ſein wber den
andren einen wein ezeiger czw machen, ehe den 8 tagen, biß in das 4 Hawß, wber die
gaß aber soll es frah sein, welcher das wbertretten wird, ferfelt ohn alle genad d . 25.
1) Püchsenmaisterdienst vnnd ordnung was er seiner obrigkait zuthun schuldig ist
so er in ainer Stat, ainem Ersamen wolweiſen Nadt, vnnd ainer Erbern gemain diennt
wie folgt. 1
Zum erstenn sol er Gotſferchtig Erbar Frumb dugendsamb still vnnd verschwigen
sein, seiner obbrigkait Als dem herrn Burgermaister herrn Khunigsrichter herrn Stuhls-
richter herrn Hann gehorsam vnnd getrew sein, vund nit als offenbarn, waß ain Ersa-
mer Radt in gehaim in geschoß puluer vnnd aller Monition vnnd Kriegsristung, in
duern gewelber vnnd Meiren verdraut.
Zum andern, soll er zu dem geschoß vnnd Kriegsristungen vleiſſig ſehen vnnd
schauen, waß darann zerbrochenn ist vnnd abget. Dasselbig dem herin Hann Anntaigenn
vnnd nach angeben der Puchsenmaister gemacht werden. Unnd das geschos vnnd Kriegs-
ristung sauber vnnd schonn haltenn. Vnnd das es mit aller Noturft, als wischer Ladt-
schaufl set Kolbenn puluerladt , schoß Kheilt hebrigt, Pulver sech Model Khugller, oder
rinng versehenn sey, dabey gesunden werdt war mannß bedarf.
Zum dritenn soll er der Püchsenmaister Alle halb Jar, die stuckh in denen gefaſ-
senn oder Ladenn durch hilf etlicher personen auf vnnd Niderhebenn vnnd wegen hinden
bei dem sach oder podem. Vnnd daß ſtuch auf denn ſchwanng´oder Legrigl laſſen fal-
len vund die Reder Alle viertl Jar an der Ars vmbkern vnnd wendenn, daß vnnder
wber sich. - Am Radt gewendt werdt : vnnd die Reder vnnd schwanz ſein mit predern
oder dil vnderlegenn damit es von der feichtigkait oder neß nit verderb Erstickh vnnd
verroft.
Zum Viertenn soll er das puluer, schweel, saillit vnnd Kholl alle halb Jar vmb-
wennt in denen Bessern oder dunnen daß vnder vber sich damit dempeniert sich alle
stuch wol vand recht durch einander vnnd bleibt gut, auch weliche thunner oder Vast mit
puluer Naß oder Feicht wer worden sol der püchsenmaister durch hilf etlicher perſonen
Sunnenn oder drykenn lassen auff taffeln oder oxenhait vnnd das puluer legen, Daß es
53

Das Privatrecht belangend, zeigte es sich, daß der Altenbergische Co-


der den Zeitbedürfnissen nicht mehr entsprach; Honterus gab daher im

Lufft hab vnnd vor Feuer vnud waffer bewardt werdt vnd behuet auch nit erstiche in
denn dunnenn vnnd gemachern, wo es ligt.
Zum fünfftenn sol ain Püchsenmaister Alle Jar zwaimal durch zugebene vnnd
arbeite personnen die topl haggenn halb haggenn hanndtror vnnd spießeisen außwischenn
vnnd einschmirenn, vund fein ordenulich auf Remen aufrichtenn mit aller Noturfft, als
Modlraimer Ladtſtecken vnnd Puluerflaischen. Vnnd waß darann abget, dasselbig sol er
dem herrn hann oder Stat Camerer anßaigen daß er gemaicht vnnd gekaufft werdt.
Zum Sechstenn soll ain Püchsenmaister durch hilf der obbennanten Personen die
Khuglen nach irer arth auf Cafften abzellenu, vnnd zuſamen, ordnnen vnnd legen auch
die Kugl der Modl Ladtschaufel vnnd setz kolbenn darzu.
Zum Sibenntenn soll ain Puchſamaiſter Alle Monitions vnnd Kriegsriftung, ain
yedes nach seinner arth Namenn vnndt groß in ainem gelegenen zeughauß oder auch wo-
hin es vorherch wird ordlich zußamenn ordnnen vnd legen wie recht ist.
Zum Aichtenn sol ain Puchsamaister sehenn wann die herrn Stuckh Daſenn faſ-
senn vnnd einlegenn daß er darzu schaue vnd angebe wie es sein sol, vnnd recht gemacht
werdt. Dann nit ain yeder schlosser schmidt wagnner zimmermann Jedes recht waiß zu
machenn. Sunder der Zeugwardt oder Puchsamaister vunderricht vund weiß ſy.
Zum Neinten. Wo ain stat an ainem ordt durn pasteien Maurn oder dergleichenn
schwach wer vnnd die herrn dasselbig vor dem feind bewarn vnnd veþauenn oder ver-
schannbenn woltenn, so ist der puchſamaister schuldig Nach seinem pesten verstandt vind
Kunst soliche anzugeben vnnd zun verpauen vund schannczenn.
Zum Zehenten wann die herrn in steten puluer feyerwerch wollenn machen lassen
so sollen sie dem puchsamaister Allenn gerechtenn darzu geben was er bedarff als mil,
merscher stampfl Sailliter schwebl Khol vnnd andere Noturft vund von dem Zenntnner
puluer sind sie dem puchsamaister schuldig ain gulden. Vom Zentner Feuerwerch vier
guldenn zu machenn.
Zum Ailfftenn sol sich ain puchsamaister seiner obrigkait als dem herrn Burger-
maister herrn thungsrichter herrn stulßrichter zu zeiten erczaigean. Vnnd sich in ire heuser
zu inen verfügen vnd erscheinenn vnnd an den groffen Festenn oder heiligenn tagenn vnnd
zeitenn in aus der Kherchenn zu hauß in fren Nachvolgenn vnnd dienstparlich erhzaigenn
vnnd die Bezallung, vnnd grestenn beuelch seiner dienst betreffennt, von dem herrn Bur-
germaister gewardtendt sein.
Zum Zwelfftenn. Waß der puchsamaister bedarf zu dem geschutz vnnd Monition,
das sol er dem Herrn hann, oder stat Cammerer ertaigenn, der selbig wird es an den
herrn Burgermaister erforderen, Damit es gemacht vund aufgericht wirdt, vnnd ordenlich
gehalten in den geschoß vnnd aller Monition, dann es vil gelt goſtet vnnd groffer vmofſten
darauf laufft pis es gemacht vnnd aufgericht wirdt, daß Manns prauchen khann gegen
dem Erbfeindt vund Zwispelltiger der Einigkait.
Zum Dreyzehenden. Wann man Ainen puchsamaister vonn der stat dem Erbherrn
vnnd Landtßfüersten oder Kunig zu hilf vnnd beistandt, vnnd Zuerhaltung des vaterlichenn
Erblandt, wider den Erbseindt, wirdt ins veld geschickt vnnd gepraucht so gibt mann Ime
ain Monat Aicht gulden hungrisch vnnd hellt im drey drobanten die ime auf puluer
Khuglen vnnd geschoß helfenn schauen daß ſtuch ruckhen hebenn legen, Ladenn schannczen
vnnd schieffenn. Zu aller Noturfft schicken vnnd hollenn.
So get auch dem puchsamaister sein Jar gelt so lang er auß ist von der stat da-
heimet fordi Neben der Monnat besoldung gleich als wol als wenn er daheimet in der
stat diennet vnnd personlich wer. Dann er muß sein leib vnnd Lebenn von wegen der
stat vnnd seinen herrn Auf´ain ſtundt aufopferenn vnnd gebenn. Vnnd durch gotes hilf
vnnd sein Kunst vnnd schiessenn ain stat schloß vnnd schlacht erhalten vnd verloren mag
werdenn, dann solche kunstlich lehtt nit yederzeit zufindenn sindt wann mann ier bedarf in
Zeit der Not vnnd haimsuchung der Feindt.
Zum Vierczehenden. Wann ain puchsamaister von dem Feindt geschoffenn geſche-
bigt, vnnd verwundt wirdt, ſo ſind ime seine herrn schuldig daheimet mit seinem Jar gelt
sein Leben lang zugebenn vnnd zuerhaltenn vnnd freye wonung oder behausung. Dieweil
er vonu der stadt vand ſeiner herrn wegen denn schaden vnnd Nachtheil seiner person von
dem Erbfeinbt empfangen hat. "
54

Jahre 1544 sein compendium juris civilis heraus , und die Universität be-
sprach im Jahre 1546 bie Sammlung sämmtlicher geschriebenen Geſege mit
den verschiedenen Städten und auch der Gewohnheitsrechte , so fern dieſe
nur gut und christlich wären. Doch kam diese Sammlung, obgleich Georg
Martinuzzi im Jahre 1549 eine Uebersicht des sächsischen Privatrechtes
verlangte , erst im Jahre 1560 durch den Provinzialnotär Thomas Bo-
mel zu Stande und bildete die Grundlage zu dem später unter dem Na-
men der Statuten erschienenen Gesetzbuch der Siebenbürger Sachsen.
Auch an die Sammlung , Sichtung und Ordnung der Urkunden des
National- Archivs wurde auf Haller's Veranlassung im Jahre 1546 durch
den Provinzial- Notarius Christian Pomarius Hand angelegt und ein
Verzeichniß der vorhandenen Urkunden verfaßt. Dasselbe findet sich , jezt
schon selbst zur Urkunde veraltet, im National-Archiv.
In Verfassung und Verwaltung der Stadt waren wesentliche Aende-
rungen nicht vorgefallen , nur tritt der ganze Organismus uns nun flarer
vor die Augen. Das Duumvirat des Königsrichters und Bürgermeisters
steht an der Spiße der Verwaltung , der Bürgermeister führt in den Uni-
versitätsberathungen den Vorsitz , in derselben sißen außer dem Hermann-
städter Magistrate , dessen Anzahl sich nunmehr mit 12 Senatoren fixirt
hat , und welcher in der Zeit zwischen den Universitäts - Versammlungen,
als delegirte Universität fungirt , die Abgeordneten der andern Stühle und
Distrikte , je 2 bis 3 aus jedem Stuhle. Diese berathen die öffentlichen
Angelegenheiten und entscheiden die vor die Univerſität berufenen Prozeſſe,
oder wie es in dem Curialstyl der damaligen Zeit heißt , verhören ge-
meine Thädigsachen. " Ueberhaupt hat sich die Wirksamkeit der Univerſität,
des Magistrates und der Communität nicht geändert. Auch das Duumvi-
rat des Königsrichters und Bürgermeisters ist mehr theoretisch als faktisch
vorhanden , denn je nach der Tüchtigkeit der Personen erscheint bald der
Bürgermeister, bald der Königsrichter vorzugsweise thätig , während sein
College fast ganz verschwindet.
Wir gehen nunmehr zur Darstellung des Schul- und Kirchenwesens
über. Die unter Pempflinger's und Hecht's Schuge begonnene Refor-
mation hatte an Mathias Armbruster und Peter Haller nicht_min=
der eifrige Förderer gefunden ; vollends durchgeführt wurde sie , nachdem
der Pfarrer von Broos Mathias Ramaschi am 17. Mai 1536 als
Stadtpfarrer nach Hermannſtadt berufen worden war. Die nächste Folge

Zum funfzehenden soll ain puchsamaister seiner obrigkaidt vnd der stat in ainem
Jar zu fer ainen Zenntner oder ainen halben, puluer machenn, doch daß ime seine herrn
Noturft darzu gebenn ain mil , Sailliter schwebl vnd ander Noturft oder an feuerberch
Machen zu Ern damit man sicht weß ain puchsamaister kann. Vund ſein Kunſt iſt.
Zum Sechzehenden. Wann ain Puchsamaister sich hellt wie uor erzelt vund gemelt
wirdt zu Eer seiner obrikait dreilichenn dienen vnnd gehorsam ist, so ist ime seiu herschaft
Alle New Jarstag ain New Jar schuldig zu schenkenn Vnnd Ime drey zubeweisen vonn
wegen seiner dreuenn vnnderchennigen diennft vnnd Ehrlichenn dat vnnd riterlichenn Kunſt.
Von Außen.
Das faintt der Pöksen Maister ire orttnung was sy 'schuldig saintt zu tunn was ir
ampt belangett.
Am 5 tag deß mert saintt dy ... 2 Poksenn maister ain geſtannden ain dem dienst
fonn dem tag ffortt gehet ir Besoldung an.
55

der Reformation war die Säculariſirung der geistlichen Güter. Im Jahre


1543 wurde das in der Elisabethgaffe gelegene Siechenhaus für 100 Gul-
den an den Schustermeister Paul Bechermacher , der Fischteich der Do-
minikaner gegen Hammersdorf zu an Franz Baher für 100 Gulden verkauft ;
weiter das Vermögen einer geistlichen Verbrüderung der heiligen Anna einge-
zogen und der Erlös theils für die Armen verwendet, theils in die Stadtcaſſe
eingezogen. Diese vermehrten Einnahmen wurden aber vollständig durch die
namentlich für das Schulweſen nöthig´gewordenen größern Auslagen ver-
anlaßt. So wurde im Jahre 1545 das Haus des Klausenburger Bürgers
Peter Roth zur Vergrößrung der Schule für 600 Gulden angekauft, und
im Jahre 1555 beschlossen, an die Seite des Rektors und des schon früher
bestandenen Locatus (Conrektor) noch einen Lehrer für griechische und he-
bräische Sprache und Philosophie anzustellen und demselben ein Gehalt von

50 Gulden angewiesen. Auch wurde zur Gründung einer Unterſtüßungs-
kasse für arme Studierende , welche auswärtige Universitäten besuchen woll-
ten, geschritten , und dieselbe zählte schon am Schlusse des ersten Jahres
an Vermächtnissen die Summe von 600 Gulden 1 ). Es wurden daraus
aber auch anderweitige Bedürfnisse für die Schule gedeckt ; so heißt es in
der Ausgabenrechnung vom Jahre 1557 : 92 Cum dominus Thomas Bome-
lius Vitebergam iret in quibusdam suis negocijs, accepti sunt hinc ex
hac Ladula pro coëmendis libris ad Bibliothecam Cibiniensem in mó-
2
neta veteri fl. 100. "
"‚Allati sunt in´rationem pecuniae huius libri per dominum Bome-
lium prout in Bibliotheca videbitur. "
Durch die Reformation war natürlich auch eine veränderte kirchliche
Verfassung und ein neues Oberhaupt nothwendig. Die Verfassung wurde
auf den verschiedenen Shnoden bestimmt , Oberhaupt oder Superintendent
war zuerst Paul Wiener, aus Hainburg in Desterreich oder aus Wien
gebürtig ; er wurde zuerst, den 11. Mai 1552, zum Stadtpfarrer von Her-
manustadt und 1553 den 6. Februar zum Superintendenten gewählt , starb
aber schon im Auguſt 1554 an der damals wüthenden Pest. Sein Nach-
folger war Mathias Hebler aus Karpfen in Ungarn gebürtig ; er starb
im Jahre 1571. Diese beiden ersten Superintendenten hatten ihren Sit
in Hermannstadt, als aber nach Hebler's Tode Lukas Ungler oder Un-
gleich zu diesem Amte erwählt wurde, nahm er die Wahl zwar an, wollte
aber seine Pfarre in Birthälm " nicht verlassen ; so wurde durch einen Zu-
fall dieſer Ort der bleibende Sitz der Superintendenten. Was die neue
Kirchenverfassung anlangt , so kam in derselben merkwürdiger Weise ebenso,
wie in der politischen, wenn auch nicht so klar ausgesprochen, doch ein ähn
liches Duumvirat zu Stande. Wie dem Königsrichter der Provinzial-
Bürgermeister an der Spiße der Provinz zur Seite stand , so dem Super-
intendenten der Hermannstädter Decanus an der Spize des großen Her-
mannstädter Kapitels.
So segensreich wirkte in allen Zweigen des öffentlichen Lebens der

1) Im Magistrats - Archive erliegt ein Protokoll unter dem Titel : „ Protocollum


rationum piarum Fundationum ab anno 1555-1603 ." In demselben ist der angege
bene Beſchlußz und auch sämmtliche für den Zweck eingegangene Beträge aufgeführt.
56

wackere Peter Haller. Den 12. December 1569 endete der ausgezeich-
nete Mann sein thatenreiches Leben und es folgte ihm im Amte Augu-
stin Hedwig. Während dessen Amtsführung brachte der frühe Tod Jo-
hann Sigismund's im Jahre 1571 das Land in neue Verwirrung. Da
ein gesetzlicher Thronfolger vorhanden war, so wurde zur Wahl geschritten,
und ein glückliches Schicksal fügte es, daß diese auf den würdigen Stefan
Báthori ftel. Isabella und Sigismund hatten beide das Staatsruder
mit schwachen Händen geführt , und das Land war, namentlich durch Si-
gismund's zum Theil ganz mißlungene Heerfahrten erschöpft bis zum
Aeußersten. Die kurze Ruhe unter Stefan's umsichtiger Regierung war
daher um so segensreicher , als leider seine nächsten Nachfolger ihm durch-
aus unähnlich waren.
Die vollste Anerkennung wurde den Vorzügen Bathori's durch seine.
Erhebung auf den polnischen Thron im Jahre 1576 gezollt: Hedwig er-
lebte noch Stefan's Abreise und die Ernennung von dessen Bruder Chri-
stof Báthori zum Wohwoden von Siebenbürgen , starb aber schon im
im Jahre 1577 an der Pest. Hedwig hatte , ungeachtet der kurzen Zeit,
in welcher er das Königsrichteramt bekleidete , doch Gelegenheit sich als
+
Krieger einigen Ruhm zu erwerben , indem er in dem Kampfe , welchen
Kaspar Bekesch gegen den neugewählten Fürsten Stefan Báthori er-
regte, letzterem das Contingent der Sachsen , tausend Reiter, selbst zuführte
und im entscheidenden Treffen erfolgreichen Antheil nahm .
Aus der Zeit seiner Amtsführung ist nur der große Brand zu erwäh-
nen, der am 7. November 1570 einen großen Theil der Stadt einäſcherte.
Verhängnißvoll war dieser Brand besonders dadurch , weil in mehreren
Thürmen , namentlich aber in dem festen Ledererthurm zwischen dem Sag-
thor und dem runden Pulverthurm , sich das Pulver entzündete und rings-
herum an Häusern und Stadtmauern furchtbaren Schaden anrichtete. Zur Lin-
derung des Unglücks schenkte Johann Sigismund der Stadt den Zwan-
zigst auf drei Jahre und Stefan Báthori im Jahre 1572 zur Herstel
P
lung der Festungswerke 797 Gulden. Eifrig wurde sofort an der Herstellung
der Befestigungen gearbeitet. Vor dem Sagthor war schon im Jahre 1570
durch den Stadtbauherrn Johann Wahda eine neue und zwar gemauerte
Bastei erbaut worden 1). Hedwig's Nachfolger im Amte war Albrecht.
oder Albert Huet , der jüngste Sohn Georg Huet's . Durch Studien
und Reisen im Auslande und mehrjährigen Dienst am Hofe Kaiser Fer-
dinand's L und Maximilian's II. tüchtig vorgebildet , kehrte Huet im
Jahre 1574 nach Hermannstadt zurück , um schon nach drei Jahren als er-
wählter Königsrichter an der Spige seiner Nation zu stehen. Bald nach
seinem Amtsantritte entstand in Hermannstadt zwischen dem innern und
äußern Rath ein ernſtes Zerwürfniß. Die Veranlassung war der oben er-
wähnte Johann Wahda , dieser aus einer alten sächsischen Familie. ſtam-

1) Univ.- und Magistrats - Protokoll , Band 3, Seite 188. „Item. als H. Hans
Wayda über den baw von der postah bei dem sagthor, meinem Herrn im 1570 jahr den
6 tag Octobris rechnung geben hat , waren sein percepta 355 fl. 41 den. Extradata
558 fl. den. 32 blieb im die Stadt schuldig 202 fl. d. 91. Darzu im für seine mühe
deputiret fl. 5 facit fl. 207 den. 91. Solch gelt dem Herrn vom Zwanzigst durch H.
Blafi Raw bezalt vnd erlegt iſt worden.
57

mend, war 1568 Bauherr, 1569 Senator, 1578 Stadthaun, 1579 Stuhl-
richter (schon im Jahre 1575 war er mit seinem Bruder Kaspar vom
Kaiser Maximilian II. in den deutschen Reichsadel erhoben worden) . Merk-
würdigerweise erscheint Wayda im Jahre 1580 nicht mehr im innern Rath.
Eine Ürsache dafür ist nirgends angegeben und läßt sich auch gar nicht ver-
muthen.
Am 20. Jänner 1581 war der Bürgermeister Blasius Rhau ge-
storben und die Bürger wählten nunmehr den Johann Wayda zum Bür-
germeister. Der innere Rath wollte die Wahl nicht anerkennen, da Jo-
hann Wahda kein Mitglied desselben sei und nur Mitglieder dieser Kör-
perschaft zur Bürgermeisterstelle wählbar wären. Der Streit wurde so› ernst,
daß der damalige Hermannstädter Stadtpfarrer Johann Auner in seinem
Tagebuche wegen dieses Vorganges die Hermannstädter Bürger ein „ Volk
Gomorhas " nennt und den Sturz der sächsischen Verfaſſung daraus pro-
phezeit 1). Doch bleiben diesmal die Bürger Sieger , Wayda's Wahl
mußte auch von dem Rathe anerkannt werden, und bald zeigte es sich, daß
die Volksstimme sich für den rechten Mann erklärt hatte ; rühmlich führte
Wahda das ihm anvertraute Amt von 1581-1586, dann von 1592-1594
und endlich von 1597 bis zu seinem Tode im Jahre 1599.
Seivert in seiner Geschichte der Provinzial-Bürgermeister, Seite 37,
vermuthet, daß der im Jahre 1580 zum Bürgermeister erwählte Johann
Wahda ein Sohn des Stuhlrichters von 1579 gewesen sei ; allein es hat
in Hermannstadt nur eine Familie Wahda und in derselben um diese Zeit
nur zwei Johann Wahda gegeben, von denen der jüngere erst im Jahre
1561 geboren wurde, also unmöglich mit 20 Jahren schon zum Bürger-
meister gewählt werden konnte ; es ist mithin klar , daß Stuhlrichter und
Bürgermeister Johann Wahda eine und dieselbe Person waren ; auf wel
che Veranlassung derselbe aber im Jahre 1580 aus dem Rathe ausgetreten
war, habe ich durchaus nicht ergründen können. Wahda wurde der Stamm-
vater eines der wenigen sächsischen Geschlechter , welches noch bis zum heu-
tigen Tage blüht , während fast alle andern bedeutendern Familien jener
Zeit längst ausgestorben sind.
Unter Stefan und Christof Báthori's segensreichen Regierungen
hatte Hermannstadt glückliche Zeiten , bald aber brach das Unglück wieder
furchtbar herein, als der unbeständige Sigismund Báthori, Chriſtof's '
Sohn, im Jahre 1588 zur Regierung gelangte.
Das erste Ungewitter drohte den Sachsen. Bei der ewigen Erschö-
pfung der Finanzen wußte man bald keinen Rath mehr, da wurde plöglich
in der Umgebung des Fürsten die Ansicht laut, seine Noth könne leicht ge-
hoben werden ; die Sachsen , Abkömmlinge der von den Ungarn unterjochten
Völker , seien ja nichts weiter als Leibeigene und ihr Gebiet Eigenthum

¹) Chron. Fuchsio Lupino Oltardinum , Band 1, Seite 73, „Interea apud Ci-
binienses initium ruinae , et deletionis Privilegiorum Saxonicae gentis d. 28 Jan.
coepit. Nam contra expressa divorum Regum indulta ex numero Centumvirorum
Cibiniensium neglectis aliis Senatorii ordinis viris , in Consulem Cibiniensem eligitur
Johannes Wayda. Saepe quidem hactenus non Cibinii tantum , verum etiam in aliis
Civitatibus et oppidis Saxonicis idem tentarunt sed nunquam obtinere potuerunt.
(Populus Gomorrhae) praeterquam die isto, “
58-

des Fistus, dieser könne daher mit Fug und Recht aus dem Vermögen sei-
ner Leibeigenen seinen Bedarf decken. Immer lauter wurde diese Ansicht
ausgesprochen, so daß endlich die Universität, aus Besorgniß , es möchte der
Nation ein ernstlicher Schaden daraus erwachsen , beschloß (wie sich der
Würgengel ausdrückt), „ diesem aus unachtsamer Leuth unnüßem Gerede er-
wachsenden Unheil einmal mit tapferem Gemüthe zu begegnen, " und Al-
bert Huet wurde beauftragt, vor dem Fürsten und dem Lande eine grund-
ausführliche Sermon von der Sachſen Ursprung, Leben, Handel und Wan-
bel" zu halten.
Huet ging nach Weißenburg und hielt am 10. Juni 1591 vor dem
Fürsten und seinen Räthen jene berühmt gewordene Rede , worin er die
Rechte und Freiheiten seiner Nation mit Freimuth und für jene Zeit wirk-
lich grundausführlich und so nachdrücklich vertheidigte, daß der Fürst ihm
durch den Kanzler Kovachocci huldreich antworten ließ und vor der Hand
die Rechte der Sachsen ungekränkt blieben. Doch fehlte es dessenungeach
tet nicht an schwerem Druck durch Steuern und Subsidien.
Im Jahre 1595 wurde Báthori mit der Pforte in einen Krieg
verwickelt , weil er mit Kaiser Rudolf II. ein Bündniß geſchloſſen hatte.
Huet führte, nach alter Sitte, den Heerbann der Sachsen und erwarb sich
namentlich bei der Eroberung von Tergowischt und Giurgewo und beim
Abbrechen einer Brücke, welche die Türken über die Doñau geschlagen hat-
ten, hohen Ruhm . Aus einer Rechnung der Hermannstädter Goldschmied-
zunft vom Jahre 1594 sehen wir, was die Ausrüstung eines Reiters , wel-
chen die Zunft aus ihren Mitteln , wahrscheinlich zu diesem Kriege ſtellte,
koſtete ¹).
Sigismund kehrte als Sieger heim, doch sollte die Freude von kur-
zer Dauer sein ; in unverzeihlichem Leichtsinn trat Sigismund vom Jahre
1598 bis 1602 das Land dreimal an Kaiſer Rudolf, einmal an´ ſeinen
Vetter, den Kardinal Andreas Báthori , ab und kehrte , unbeständig wie
er war, immer wieder zurück, um aufs Neue den Fürstenthron zu besteigen.
Die unglücklichsten Folgen erwuchsen hieraus für das Land. Namentlich wurde
die Berufung des Kardinals Andreas Báthori auf den Thron für ihn
und das Land gleich verhängnißvoll, indem der 4 Fürst der Walachei , Mi-
chael, unter dem Vorwande, Siebenbürgen für Kaiser Rudolf zu erobern,
plötzlich in das Land eindrang, am 18. November 1599 zwischen Hermann-
stadt und Schellenberg , dem Kardinal eine Schlacht lieferte , wodurch , un-

1) Item hoben mir dem Seldner vir ein Ros geben fl. 8.
Item hoben mir dem Seldner geben fl. 7.
Item für ein kupchh (kopja, nach Graf Kemény's Erklärung eine Streitart , hier
scheint aber eine Lanze gemeint zu sein, da von einem Fähnlein die Rede ist, welches an
derselben befestigt wurde, was doch bei einer Streitart nicht geſchehen konnte) den. 43.
Item das ehsen doran den. 20.
Item das Fenlen (Fähnlein) `doran den. 36.
Item vir ein blohnmet (?) fl. 1 den 12.
Item das ehsen an den hut den. 20.
Item der Zaum gostet den. 55.
Item das ros zu beschlogen den. 16.
Item ein halben romp haber den. 9.
Item vir einen pallasch fl. 1 den. 90.
59

geachtet dessen , daß der Sieg unentschieden war , doch das ganze Land sei-
ner Willkühr Preis gegeben wurde 1) . Der unglückliche Kardinal wurde
von den Feinden unausgesetzt verfolgt , bis er endlich im Széklerlande nach
Heldenmüthiger Vertheidigung getödtet wurde.
Bald zeigte es sich , daß Michael den Krieg im eigenen Intereffe
geführt hatte, indem er im Jahre 1600 sich selbst als Fürsten huldigen
ließ. Der Kaiser von diesem Vorfall unterrichtet , sendete den geschickten:
Feldherrn Georg Basta mit einem tüchtigen Heere nach Siebenbürgen
und es gelang demselben am 18. September 1600 Michael's Heer bei
Mirißlo zu schlagen.
Die Zeiten Pempflinger's schienen über Hermannstadt wieder her-
einbrechen zu wollen, als bald nachdem Baſtá das Land in Besitz genom
men hatte , auch Sigismund Báthori zurückkehrte und den Thron be-
steigen wollte. Der Adel und die Székler waren bald gewonnen , türkische
Hilfe wurde erwartet, und wieder waren es die sächsischen Städte und un-
ter diesen namentlich Hermannstadt , welche das Recht des Kaisers zu wah
ren und ihm die geschworene Trene zu halten suchten. Zum Glück für
Hermannstadt fehlte es auch diesmal , wie zu Pempflinger's Zeit , nicht
an den Männern, welche das Recht weisen und dann auch auf dem gewähl-
ten Weg mit Kraft und Beharrlichkeit vorwärts gehen konnten. An der
Seite Huet's stand der umsichtige Bürgermeister Lukas Enhetter
(Enyedi), welcher früher abwechselnd mit Johann Wahda und nach deſ-
sen Ableben das Bürgermeisteramt bis zum Jahre 1603 , wo er der in.
Hermannstadt wüthenden Pest erlag , führte. Wie zu Zápolha's Zeiten
erlagen die andern sächsischen Städte theils der List , theils den Waffen
Sigismund's , nur Hermanustadt erklärte fest, auf kaiserlicher Seite blei-
ben zu wollen. Da erschien im Monate September 1601 Sigismund's
Anhänger Stefan Tschaki vor Hermannstadt. Die eifrigsten Unter-
handlungen wurden gepflogen und Tschaki versprach goldene Berge ; wie
aber das gegenseitige Vertrauen beschaffen war , geht daraus hervor , daß
1 zu einer größern Berathung Tschaki immer unter allen möglichen Zusiche-
rungen den ganzen Rath nach Hammersdorf einlud , während der Rath
wieder erklärte , es sei einfacher , wenn der eine Tschaki in die Stadt
käme, als daß der ganze Rath nach Hammersdorf ginge. Als zuletzt jede
Partei nur Wirth aber schlechterdings nicht Gast sein wollte, kam man vor .
dem Elisabeththor zusammen , ging aber unverrichteter Sache wieder aus-
einander. Als zumal ein berauschter Ungar zu einem Hermannstädter im
trunkenen Muthe sagte : „ Ihr Sachsen werdet hinfort einen Grafen der
Nation aus dem ungrischen Adel haben, ihr werdet gleich den Robben und
Leibeigenen sein , die dem Dienstjoche unterworfen sind ," und Stefan
Ovári, ein Vertrauter Tscha ki's sich verrieth , indem er zu einem Com-
munitätsmann , Mathias Birthälmer , sagte : „ Biele türkische Kaiser
habe ich mit meinen schmeichelhaften Worten betrogen , es müßte ein Wun-
der sein , daß ich jetzt einen Schneider (Enhetter war Schneider) nicht
betrügen könnte," so waren die Hermannstädter gehörig gewarnt. Zehn

1) Der Todtenhügel auf dem Felde, rechts der Straße von Hermannſtadt nach
Schellenberg birgt die in dieser Schlacht Gefallenen, es waren darunter 300 Sachfen.
60

Monate lang lag Tschaki vor der Stadt , im Juli 1602 schloß endlich
Sigismund Báthori mit Basta Friedeu und ging nach Polen, um
Siebenbürgen nie wieder zu betreten ; so wurde Hermannstadt gerettet 1) .
Allein Basta, welcher nun mit zwei kaiserlichen Kommissären , Molart
und Burghaus , das Land regierte , war strenger als Castaldo und
seine Soldaten noch zuchtloſer, als jene Castaldo's. Obwohl gegen Her-
mannſtadt , ſeiner stets bewährten Treue wegen , am mildesten gestimmt,
fonnte es Basta doch nicht verhindern, das selbst in der Stadt, namentlich
aber in der Umgebung, von den Truppen arge Bedrückungen verübt warden.
Die Einkünfte der Stadt reichten schon seit Jahren richt mehr hin,
die Auslagen zu decken, und immer neue Schulden mußten gemacht werden.
Dazu kam bald neue Kriegsnoth. Im Jahre 1604 wurde Stefan Botsch-
kai von der Pforte als Fürst von Siebenbürgen proklamirt ; der Kaiser er-
kannte Botschkai natürlich nicht an, und so entbrannte der Kampf wie-
der, bis er endlich im Jahre 1605 durch Botsch kai's Anerkennung been-
digt wurde. In diesem Kriege entging Hermannstadt einer sehr drohenden
Gefahr. Der Bürgermeister Iohann Rhener hatte nämlich , um dem
Kaiser seine Treue zu beweisen, mit dem berüchtigten Parteigänger Georg
Raz verabredet, ihn an demselben Tage mit seinen wilden Horden heimlich
in die Stadt einzulassen, an welchem die Hochzeit des Stadtpfarrers Chri-
stian Lupinus gefeiert wurde , bei welcher Rhener Brautführer war.
Glücklicher Weise wurde das schändliche Vorhaben entdeckt und Rhener
mußte in die Walachei fliehen *). Später werden wir noch Gelegenheit
haben von Rhener zu sprechen.
Botschkai genoß den ruhigen Besit der Fürstenwürde nur kurze
Zeit, schon am 29. Dezember 1606 starb er, ihm folgte am 23. April des
folgendes Jahres Albert Huet , der letzte seines Geschlechtes nach.
Gehen wir über zu den Veränderungen im Aeußern der Stadt seit
Haller's Tode, so beschäftigen uns hier vorerst die Befestigungsbauten.
Der Bastei vor dem Sagthor haben wir schon oben gedacht, ihr folgten im
Jahre 1577 bis 1582 die Heltauerthorbastei , erbaut mit einem Aufwande
von 3756 Gulden 3 ) . Im Jahre 1585 wurde der Schneiderthorthurm (das
Sagthor) neu hergestellt und mit der ermuthigenden Aufschrift : Ne timeas,
versehen. Der Heltauerthorthurm war im Jahre 1594 durch einen Blitz-
ſtrahl zertrümmert worden und wurde mit einem Aufwande von 1029 fl.
28 Den. wieder erbaut 4). Gleichzeitig mit den Basteien wurden auch die
Thore mit doppelten Thürmen bewehrt , diese untereinander mit der Baſtei

1) Seivert's Provinzial-Bürgermeister, Artikel : Lukas Enheter.


2) Seivert's Provinzial- Bürgermeister, Seite 65. 1
3) Universitäts- und Magistrats - Protokolle, Band 3, Seite 193 ff.
*) Universitäts- und Magistrats-Protokolle, Band 3: Item als im 1594 Jar der
Fleischer Turn vber dem heltner Thor dieser hermanstadt von dem Donner vom himmel
bis gar czu grundt Nidergeschlagen vnd gar zuschmettert vnd czu drimmert worden, wur-
den von einem Erf. W. Radt dieser Stadt denselben wieder zu bawen zu Bawherrn er-
welet die herrn Pauls Paul vud H. Stefan Pinner welche denselben Thurn über das
heltner Thor dieser Stadt von Grund auf wieder gebawet haben: gostehet derselbe ganze
Thurn, bis er vollendet ist worden, welch geldt aus der Stadt ladden aus dem Radt-
haus dieser Hermanstadt genomen vnd beczalt ist worden fl. 1029 den. 28 hierzu werden
den benannten czween Bawherrn für ihre Mühe deputirt vnd berzalt fl. 16.
61

und den Stabmauern so verbunden, daß im Falle der Erſtürmung des äuße-
ren Thurmes das Vordringen bis zum innersten Thurme nur unter dem
Feuer des innern Thurmes der Bastei und der Stadtmauer bewerkstelliget
werden konnte. Das Elisabeththor allein hat nie eine Bastei gehabt , die
beiden Thürme desselben standen unmittelbar hinter einander. (Der innere
stürzte zu Anfang des Jahres 1855 ein. ) Die vielen Teiche, welche ge-
rade in der Nähe dieses Thores lagen , machten eine weitere Verstärkung
desselben nicht se nothwendig..
Ueber die Ringmauer selbst ist zu bemerken , daß im ganzen Umkreise
derselben nur zwischen der sogenannten Seidenfabrik und " dem Burgerthore
noch 13 Mauerbogen vorkommen , welche im Spitzbogen gebaut sind , es
find dies sicher die ältesten Ueberreste der ehemaligen Befestigung , welche
ſich bis auf unsere Zeit erhalten haben und die vielleicht bis in das fünf-
zehnte Jahrhundert zurückgehen, oder, wenn sie in das sechszehnte Jahrhun-
dert gehören, jedenfalls in die erste Hälfte desselben fallen.
Das Innere der Stadt belangend, wurde im Jahre 1584 der Brun-
nen auf dem großen Ring angelegt und zur Speiſung desselben von der
Witwe des Aaß Marton und der Anna Armpruster ein Teich vor
dem Heltauerthore , am Schewisbache , für 40 Gulden angekauft ¹). Im
Jahre 1586 ließ der Rath den sogenannten Raththurm. zwischen dem gro-
ßen und kleinen Blaß erbauen , er stürzte aber ein und begrub unter seinen
Trümmern den Maler Johann David , der damit beschäftigt war , ihn
mit Wandgemälden zu zieren ; im Jahre 1588 war derselbe aber schon
wieder gebaut, die Gemälde jedoch unterblieben ) . Ueber die Bestimmung
dieses Thurmes ist durchaus nichts bekannt ; daß er in dieser Zeit ganz neu
erbaut worden sein sollte, ohne daß daselbst auch früher ein Thurm gestan-
den, ist kaum glaublich, und wir verweisen in dieser Beziehung auf die in
der ersten Periode ausgesprochene Vermuthung.
Das Handels- und Gewerbswesen bietet in so sturmvoller Zeit außer
der Errichtung einer Papiermühle in Hermannstadt (worüber Profeſſor
Schwarz im diesjährigen Schulprogramme Auskunft gibt) nichts Neues
und Bemerkenswerthes, wenn wir nicht zu den Gewerben die Musiker rech-
nen, die im Jahre 1598 zuerst mit förmlichen Artikeln , wie eine Zunft
versehen wurden )..

1) Die Quittung befindet sich im sächs. Nationalarchiv unter Nr. 1249.


2) Seivert in seiner Geschichte der Provinzial - Bürgermeister , Seite 37, versezt
den Tod des David auf den 17. November 1585 und den Wiederaufbau in das Jahr
1586, allein die Inschrift an der untern Wölbung des Thurmes, welche Seivert selbst
anführt: „haec turris aedificata est ex aere hujus urbis anno 1586 d. 25. April, “
und eine zweite Inschrift gegen die Liegenbrücke hin , zwischen den beiden Fenstern des
Ganges : "haec turris totaliter reparata est A. D. 1588 ... Augusti" schei-
nen keinen Zweifel über die Zeit des ersten nnd zweiten Baues zu gestatten.
3) Diese Artikel, nach einer Revision vom Jahre 1631 lauten:
Gesez - Regeln
Nach welchen sich die Musici auf dem Hermanstädter Kirchen Thurn verhalten sollen,
von Einem Ehrsamen vnd Wohlweisen Rath Anno 1598 und abermal renoviret worden
von Einem Ehrsamen und Wohl Weisen Rath Auno 1631.
1. Es soll jeder zur rechten Zeit in sein Wach komen, und in eigener Person die-
selbe fleißig versehen, secus Straffe d. 10.
62

Wichtig dagegen war dieser Zeitraum für die Gesetzgebung. Bomels


Zusammenstellung des Sachsenrechtes wurde vom Kronstädter Senator Ma-
thias Frenius überarbeitet , von 1570 bis 1580 von der Universität
geprüft und endlich im Jahre 1582 durch eine feierliche Deputation unter
Huets Anführung dem Könige von Polen und Fürſten von Siebenbürgen,
Stefan Báthori , zur Beſtätigung unterbreitet. Diese erfolgte am 18.
Februar 1583, und merkwürdig hatte es der Zufall gefügt , daß dieses Ge-
setzbuch 270 Jahre in Kraft blieb, bis dieselben vier Ziffern die Jahreszahl
1853 bildeten. Gleichzeitig bestätigte auch der König mehrere andere wich-
tige Urkunden, und die Hermannstädter erhielten von ihm ein Geschenk von
1000 Gulden mit der Bestimmung, diese für die Befestigung der Stadt zu
verwenden ; im Jahre 1578 hatte Christof Báthori der Stadt dieſelbe

2. Der Wächter soll nimmer allein gelaßen werden , sondern immer an dem die
Wache ist soll stets bei Ihm sein, damit wenn ein Unglück, fonderlich bei der Nacht aus-
ginge , von Feuer einer allein für Furcht und unverhofter Angst, nicht wüste was er
angreifen sollte , weder zu Feuer noch Warnung zu blasen , unter zweien das verrichte
secus den 25.
3. Ein jeder an dem die Wache ist, soll sich auf der Drummel melden , wenn die
Stund schläget, Item zwischen den Stunden sich oft mit dem Pfeifchen lassen hören.
Wird aber jemand ſeine Wache verſaumen, øder etliche Stunden verſchlafen, dem ſoll der
Meister seine Straf herab nehmen pro quavis hora d. 3.
4. Es soll auch ein jeder, an dem die Wache ist, neben dem Wächter fleißig auf
die Straße sehen und wachen, damit nicht die auswärtige Herrn, der Ehrsame Rath,
oder auch Fremden übersehen werden, wer solches verhüttet, bekommt seine Straff d. 25.
5. Es soll sich ein jeder zur rechten Pfeiffen Zeit auf den Thurm finden laſſen,
wer es versaumt, ist Strafnsürdig d. 15.
6. Jeder nach der Predig Morgens um 8 Uhr, dergleichen Nachmittag um 3
Stund die Musicam zu übert, auf den Thurm sich finden secus d. 8.
7. Ohne eines andern Wissen soll keiner, an dem dy Wache ist, von Thurm her-
unter gehen, außgenommen die Zeit, wenn er zum Essen gehet, eine Stund, secus d. 25.
8. Es soll auch keiner, weder Glöckner noch Pfeiffer Macht haben Junge Pursch
oder wohl Gesindel auf den Thurm zu lassen, welches dem Meister zu verhüten ernstlich
soll befohlen sein , damit nicht fressen und ſaufen, auch andere Ueppigkeit und Frevel
alda getrieben und gesehen möge werden , welcher solches übertretten wird , soll der
Obrigkeit Straf geben fl. 1.
9. Wenn man auf den Thurn mit der Trompet rufet, der die abwesende warnt,
soll ein jeder verpflicht ſein, hinauf zu kommen bei einer Straf, Er hätte sich denn dem
Meister angezeuget und billigerweise entschuldigt d. 20.
10. Es soll auch keiner ohne Wissen und Willen des Meisters auf Hochzeiten und
andern Convivia gehen und unterdessen des Meisters Dienſt verſaumen d. 12.
11. Wenn geschwinde und große Winde Stem ungestüm Wetter kommt mit Dan-
ner und Blik, so soll sich ein jeder, auch der Meister ſelbſt, auf den Thurm finden laſ-
sen. secus d. 25.
12. Leztlich soll ein jeder auf dem Thurn friedsam sein, nicht Zant oder Hadder
zwischen der Gesellschaft anrichten, wird aber einer erfunden, der das thun wird und un-
nöthigen Zank, Hadder anrichten, der soll gestraft werden von der Obrigkeit fl. 5, würde
einer den andern auf dem Thurm schlagen, verwunden fl. 20. '
13. Kein musikalisch Instrument entwenden oder muthwillig verderben secus fl. 5.
Folget Verzeichniß derer Instrumenten.
2 Posaunen samt einem Manns- Stück und einem Krumpfbogen.
2 Mutt Zinken , 1 Pommart , kein Bißken dazu , 1 Schalmey_kein Bißken dazu,
2 Trompeten , 2 Dulcianen, 1 Baßgeige, 1 Tenorgeige, 1 Scharfen Zinken, 1 Diskant
Flöttel sammt einem Schloß, 2 große Schloß Flötten sambt dem Krumbenchen, 1 Trom-
pet mit dem Krumbogen, 1 große Baß Flött sammt dem Krumbogen, 2 Posaunen, 2
große Discant Flötten mit Schlössern, 3 große Flötten sambt dem Krumb Bogen.
63

Summe geschenkt ; Huet machte nun bei seiner Rückkehr geltend , daß ſo-
wohl die vom Könige, als auch die vom Wohwoden geschenkten 1000 Gul-
den seiner Verwendung zu verdanken seien. Der Rath anerkannte sein Ver-
dienst und belohnte es durch ein Geschenk von 100 Gulden 1) . Von Wich-
tigkeit sind auch die im Jahre 1589 verfaßten Constitutiones et Statuta
reipublica Cibiniensis, weil sie umfassender als jene vom Jahre 1541, den
später verfaßten derartigen Constitutionen zum Grunde liegen 2).

1) Magistrats- und Universitäts-Protokoll, Band 3, Seite 194.


2) Folgen etliche gemeine Statuta und Ordnungen dieser königl. Stadt Hermann-
stadt, von Einem Ehrsamen Rath und der ganzen Ehrbaren Gemeine im Jahre 1589 d.
28. Jan, und einträchtiglich Beſchloſſen.
Domno. Joh. Bayr, Inclytae Civitatis Cibiniensis Consule, et Domino Albertho
Hueth, Regio Judice existentibus et eidem Civitati fideliter praesidentibus.
1-mo. Nachdem auf Gnaden Gottes des Allmächtigen , unsere liebe alte Vätter
Sachsischer Nation, durch ihre treue Dienste und Ritterschaft, diesen Teutschen Erd-Boden,
von altseeligen Königen und Kaysern Bekommen haben , und auch dieselbige Erden mit
Städten, Märkten und Dörffern gebauet haben, auch an etlichen Orthen , mit ziemlichen
Vestungen bestättiget haben, als ihr Eigenthumb, zu ewigen Zeithen zu besitzen, wie denn
auch diese Herrmannstadt vom Hauptmann Herrmann genannt , gebauet ist worden , und
nicht nur allein mit gutten Ordnung und Policey geschmücket und gezieret ist , sondern
auch mit ansehnlichen und altherkommenden Privilegien , auch ehrbaren , gutten und sehr
nüßlichen Gewohnheiten beſtättiget und konfirmiret iſt, daß nie bißhero von Anfang von
Vättern und Kindern, und also vortan von Erben zu Erben mit Fest- und Steifhaltung
über unserer einerley Nation der Sachsen, und denselben Freythumben , Ordnungen und
Gewohnheiten mit Bau der Häuser, mit Erbschaften, Raitungen derselben , also auch mit
gutter Hutt, und Ordnungen der Heyrathen, Siebschaften und Erbungen , item auch mit
Anschauung, Achtung, und Auffmerkung in allen Gaffen und Nachbarschaften ; item allen
Zechen und Handwercken in allen Ambten der Gemein , und zwischen den Hundert Män-
nern, insonderheit aber Ein Ehr. W. Rath , daß nehmlich diese Stadt (welche der andern
Sachsischen das Haupt ist) also bewahret ist, und im gutten Frieden und Einigkeit erhal-
ten ist worden, daß sie weder mit Zank, Hader, Zwispalt, noch mit Haß, Neid des Vol-
kes, vornehmlich mit Aufruhr, oder Verrätherey ist zerstöhret , oder zu trümmern gangen ;
dafür sey Gott in Ewigkeit Lob, Ehr und Dank geſaget.
Dieweil denn das durch Gottes Seegen, und begehriger Einigkeit des Volkes ge-
schehen ist, so ist ‘abzunähmen, daß wo solche Einigkeit, einerley Volk , unſerer Teutschen
Nation. bißhero nicht wäre gewesen, so wäre viel und mancherley Unarth, Spaltung , und
Zertrennung entstanden, wie denn Exempel vor Augen seyn , als nehmlich : Clausenburg ,
da denn nicht allein stetter Neid zwischen dem Volk ist, sondern die Stadt selbst von den
andern Städten abgewichen ist, und auch heutiges Tages ein unerhörter Tausch - Wechsel
jährlichen daselbsten geschiehet, mit den 2 Kirchen und mit den zweyerley Richtern zu be-
obachten, desgleichen haben wir nimmer in keinem Land der Christenheit gehöret ; Gott
der Allmächtige wolle unser armes Vaterland von solcher Verwandlung und Spaltung
gnädiglichen behütten und bewahren ; damit wir aber auf die Sache fleißig Achtung ge-
ben, und mit främbden Schaden und Beispiel flug werden, so wird von nöthen seyn,
daß wir den Anfang ben Zeithen wehren, ehe es überhand nimbd , und ferner einreißt,
da denn darnach keine Arzeney nicht helffen wird.
2-do. Jedoch dieses alles so gemeiner Stadt Alterherkommener Freythum und_Pri-
vilegien halben, auch gutter Gewohnheit, Ordnung und Disciplin halber jehunter abgere-
det und einhelliglichen beschlossen und eingeschrieben wird, vermeynet Ein Ehrl. W. Rath
sambt der Ehrlichen Gemeine, auß guttem Christlichem Gemuthe, und Herzen jeder einig
lichen und jeder Ehrl. Nation, welcher es wollen, ohne allen Nachtheil und Schaden,
Salvo primum Dei Opt. Max. Mandato des lieben nächsten halber, daß Gottes Geboth
in dem Fall geehret bleibe, und dennoch einem jedem das , was sein ist , in der Gerech
tigkeit bleibe.
Item. Salva Illustrissimi Principis uel etiam Regiae Majestatis Dignitate, uti
culmine Rerum Patriae, daß unsres Allergnädigsten Fürsten , und derselben Gnaden zu-
64

Was unter Haller zur Hebung des Schulwesens rühmlich ange-


bahnt worden, wurde unter Huet nicht minder rühmlich fortgesezt. Seis

gethane Landsherrn Rath und Herrſchafter ihre Dignität und Macht ungekränckt , und in
allwege unserer bleibe, dieweil ja einmal alle bißhero von Gayſa gewesene König in Un-
garn, und sodann auch Fürsten in 7bürgen unſerer Sächsischen Nation Privilegia; und
insonderheit Königs Andreæ Secundi höchſt und Seel. Gedächtniß nicht allein ganz be-
halten; sondern auch eines nach dem andern gar gnädig confirmiret und bestättiget haben,
biß auf nächst verschiedenen in Gott, auch Hochlöbl. Gedächtniß Bathori Istvan, König in
Pohlen, welchen allen, als unserer höchsten Obrigkeit unserer Nation, allezeith billigen
Gehorsam, Ehr und Getreüheut geleistet hat, und künftiglichen zu leisten willig sein soll,
als dem Hochlöbl. Adel Fürgänger Nitterſchaft, und von Gott gegeben wurden.
Item. Salvo honore receptorum, welche nehmlich schon in die Stadt angenom-
men sein, entweder gewisser und nothwendiger Dienst halber: als Procuratores, Stadt-
reither, item Arzt und Kunstreiche Personen, daß dieselben auch ungeschänet seyn sollen,
und so weith als einem vergönnet wird, auß Guttwilligkeit mit dem Content, und zufrie-
1 stehen, und in aller Stille und Zucht wohnen.
den
Auch soll niemand anderer Nation sich mit dem behelffen, pochen und trotzen, weil
es etlichen vergönnet wird, daß es darum andern zu ihrer Beschüßung , und gleichen Be-
gehren, Stärkung oder Ärgerung geben, oder vergönnt sollte werden.
Ist derohalben dies das Vornehmen, daß unser alter herkommen Nations in teut
schen Städten, Märkten und Stühlen, wie auch in dieser Stadt nichts anders wünschen,
begehren und suchen, als Gottes Ehre , des Landes Fürsten Nutz, züchtiges stille Leben
und Wesen beieinander. Dann so solche Frehthumb , und Einigkeit bleibt, und gefordert.
wird, da bleibt auch Gottes Wort und Ehre, und Religion ungehindert, Kirchen und
Schulen, Brüderliche Liebe und Christlicher Friede, Einigkeit und alles Guttes, auch aller
Segen auf die Nachkömmlinge . Erben und Kindes Kinder, und in summa ist der Zill
und scopus, daß die alte Königliche Privilegia , item Statutten und Gewohnheiten ganz
und unversehrt, auch im gutten Brauch bleiben , dann wer sein Freythumb, und Privile-
gien nicht gebraucht, der müßbraucht dieselbige, - qui non utitur, abutitur. -
3-tio. Erstlich soll ein jeder Nachbahr Hann, sambt der Nachbahrschaft achtung
geben, daß keine außwelzige Nation, es seh Raßen, Wallachen, Ungarn, Horvaten , Ba-
lon, Spanier, Franzosen , Polaken oder dergleichen zu keinem Hauß- Kauff , oder auch
Bestand gelassen werden, oder sich in den Ehestand einlaſſen in dieser Stadt ohne Vor-
wissen Eines Ehrſamen Raths, und der Ehrbaren Gemeine, welches der Nachbahr Hann
mit den ältesten Nachbahrn anzeigen , und zu erkennen geben soll, dem Herrn Burger
Meister und Einem Ehrs. W. Rath, und ob vielleicht daselbst mögte übersehen werden,
so soll der Ehrwürdige Herr Pfarrer dieser Stadt sie fleißig befragen, ihres Herkommens
und Nation halber, und wenn eine främbde Nation fürkomt , so soll Er fie nicht kauffen
laffen, sondern Einem E. W. Rath anzeigen, und was dann ein Ehr. W. Rath auß gut-
ter reiffer Betrachtung und Rathschlag wohl wird erkennen, und erachten, wen man in
die Stadt nehmen soll, und in was Gestalt, Form und Weiß, solches geschehen soll, wie
denn solches etlichen auß gutten reiffen Rath, und angesehen gutte tägliche Umbſtände
wiederfahren und bewilliget ist.
Sie sollen auch zu keiner Tutorie nicht zugelassen werden, sondern die andere näch-
ften Freunden, oder von Einem E. W. Rath erkandte genugsame Personen, sollen sich
der Erben, Häuser und Gutt annöhmen.
Also bestehen auch die alte Bräuch, Ordnung und Gewonheiten, daß keinem Frömb-
den, oder außwelzigen Nation ist vergönnet worden, ein Hauß zu kauffen ohne Vorwis-
sen E. W. Raths, wird auch der Stadt sehr beheglich seyn, also für und für zu halten,
und wer wider solche der Stadt Ordnung und Policei stare zu widerhandeln wird wol-
len, Rath und That darzu geben, Schuß und Schirm darüber halten wird, derselbige
wird an den Tag gegeben sein, unruhiges und unfreundliches Gemüthes , welches derhal-
ben demselben aufgemerkt sein soll, und von allen gemeinen Ämbtern verwiesen seyn, da-
mit nicht eine größere Noth entstehen mögte zwischen den Hundert Männern, und zwi-
schen dem E. B. Rath.
Und also solls auch gehalten werden, mit der einmal angenommenen frömbden
Nation Kinder und Erben, welche gemeiniglich ihrer Arth und Sitten nacharthen, und
auch die främbder Nation seyn , und schon bißhero vergönnt Häuſer haben, nach ihrem
65

nem Einfluß gelang es im Jahre 1578 die Universität dahin zu vermö-


gen, daß die Hermannstädter Schule zu einer Art Landesschule eingerichtet

Absterben sollen die Häuser außerhalb ihrer Kinder nicht Erben in die auswelzige Freund-
schaft mit der Possession, sondern nur mit dem Werth derselbigen Häuser, oder sonst Erb-
schaft soll den Teutschen Stadt Leuthen verkauft werden, von welches es zu vor herkom-
men, oder gebauet ist worden.
4-to. Und dieweil neben dem Verboth der Häuser-Kauff sich was anders einreißen
kann, mit Verlobung oder Vermischung zweyer Personen in zweyerley Nation, einheimi-
scher und ausweltziger, derohalben, so sich solche zutruge, soll mit der Erbschaft kein An-
erbung, oder Anbeyrathung gelten ; Ja viel mehr sollen dieselben der Vereinigung halber
gestraffet, und zur Stadt hinauß, und auß dem Stuhl gewiesen werden.
Item. Wo auch gleich wohl alle Beyde Teutſchen Nation ſich ungebührlich ver-
mischen, und sich bei dem Altar tauffen lassen wollen , sollen arme gemeine Leutbe fr. 12
zahlen der Stadt, Höhere und reichere Personen aber sollen auch höher nach Erkändtnuß
Eines E. W. Nathes gestraffet werden.
Im Fall sie aber zu der vorigen Müßethat ihre heimliche übertrettung verlauge-
nen, und auch bißweilen mit Verschwerung , dieselbigen sollen viel besser und deppelt ge-
straft werden, nach Erkandtnüß Eines E. W. Raths , sonst macht geringe Straff keinen
Scheu oder Furcht.
Dieweil ter ... schon viel gedienet hat , soll ihm zu Beystand zum Korn Ver-
sorgung geben werden des Ehr. W. Raths .. • mit dem Schließel, und auch 2 Manu
auf der Ehr. Gemeine , welche zum Korn meßen , und Beyeinander schitten beständig
seyn sollen.
Mehr soll man das Holtz , welches von dem Wind, oder Schnee niederfällt , jähr-
lich in die Klafter machen lassen , und auf das Rath Hauß führen, und auf den Thurn
gebrauchen, und wenn etwa Gäste zur Stadt kommen.
5-to. Und was die gestümpelt Häuser anbelangt , von denselbigen ist also gehan-
delt , und beschlossen worden, daß solche Spatia und von altersher frehgelassene Erden,
auch künftige Zeith fret, und gemeine Erden bleiben soll , der Stadt Nothdurfft zu gutt,
Bolk, Waar, Geschütz- Rüstung und dergleichen im Drucken (Trocknen) zu halten, und
nieder zu legen, und soll erstlich verbotten seyn jeden Hauß Herrn , so solches gestümpel-
tes Hauß inne hat, und besitzt solch Freythum und Platz oder ledige Erd zu verbauen,
oder versperren mit einerley Gestalt, oder Schein , sondern sollen alle Zeith frey und
offen seyn.
Zur Zeit der gewöhnlichen Jahr-Markt, so ste selbst die Hauß Herrn, wie bißhero
gehalten ist worden , daselbst für ihrem eigenen Hauß , Fenstern , Thor und Thüre , Ge-
welbs Laden, Kellerschalten, und einige Frömbde oder Einheimische Kauff - Leuthe, oder
Krähmer, oder Handwercker zu lassen, und daselbst etliche Tage wollen lassen feil haben,
so mögen sie es thun, umb ziemliche Nutzung und leichtliche Ergetzung ; deraögen sollen
die Hauß Herrn bedacht seyn , daß sie die Erde oder Paviment solches Freythumbs alle
Zeith oben gleich und ganz an gewöhnlichen Derthern mit Ziegel , Stein oder Brettern
bedeckt und gepflastert für und für erhalten mögen, darzu auch altes Kerschel, Unsauber-
keit und Gestank von dannen wegschaffen.
Auf welches der Herr Stadt Hann und Marckt Richter fleißig acht haben sollen,
daß, welcher Hauß Herr solchem nicht nach komt und zum ersten und andertenmal gewar-
net wird, soll zum drittenmahl gestraft werden mit einem Gulden. -
Was die Häuser belanget, welche mit der Stadt kleinen Fing Mauer umbfangen
sein, auf dem großen Ring , als nemlich : vom kleinen Gäßlein beim alten Rath Hauß
anzufangen an dem Hauß , welches jetz und Herr Sebastianus Czambonius beſitzet , rings-
berumb bis an das Stadt Koch-Hauß , und darnach weither jenseits des Herrn Thomae
Bomilij Hauß, welches mit Brieffen gezieret ist anzufangen in das Michael Stompen Hauf,
biß hinumb an den Eingang, oder Loch bei dem kleinen Ziper Brunnen , diese inerhalb
gelegene Erde soll wie bißhero bey Menschen Gedenken gehalten ist worden, hinfüro auch
für gemeine und freye Erde alle Zeit gehalten werden , und auch zur äußersten Noth der
Stadt gebraucht werden , alsdann sollen auch die aufgerichtete Ställe und Schöpfen da-
selbst der Stadt Nothdurfft und Brauchen weichen.
Hinzwischen aber mögen die Hauß Herrn solche Häußer vor sich, ohne allen Zins
ſolche gemeine Erde brauchen, mit Thür und Thor zugethan halten , keine Schöpffen und
5
66

wurde, zu deren Koften sämmtliche Kreise , mit Ausnahme Kronstadts (wel-


ches seine eigene , durch Honterus trefflich eingerichtete Schule besaß)
beitrugen ). Gelehrte aus dem Auslande , namentlich Martin Bresla
cius von Fürstenberg und Esromus Ruttinger wurden als Leh-
rer berufen ).
Dem neuen Bedürfniß entsprachen die Räumlichkeiten des Schulge-
bäudes, ungeachtet der unter Peter Haller vorgenommenen Vergrößerung,
nicht mehr, es wurden daher im Jahre 1598 noch 2 Häuser , zwischen der
Schule, der Fleischergaſſe und der Kapelle des heiligen Märtyrers Stefan,
von Dallert und der Witwe des Stefan Serrator angekauft ), das
Schulgebäude vergrößert und der Anstalt neue Gesetze gegeben. Die vor-
erwähnte Kapelle des heiligen Märtyrers Stefan war schon im Jahre
1592 zur Schulbibliothek eingerichtet, und derselben die Bibliothek des ehe-
maligen Dominikanerklosters einverleibt worden. Nach seinem Tode ver-
machte Huet der Schulanstalt seine ganze Bibliothek und die namhafte
Summe von 2000 Gulden.
Die oft wiederkehrende Pest und andere verheerende Krankheiten hat-
ten auch die Sorge für das Sanitätswesen immer nothwendiger gemacht ;
wir finden daher schon zu Anfang des 16. Jahrhunderts Stadtärzte und

große Stelle halten , ein Klafter oder zwey und nicht mehr darüber Holtz allda halten,
doch aber unsauberkeit und Gestank fleißig meiden , welche den Wassenfluß durch solche
Erde oder Hoff haben, sollen Achtung haben , daß das Wasser nicht verstopfft werde. Auf
solches soll der Herr Stadt Hann und Marckt Richter achtung geben , und die nachlässige
Haus Herrn warnen, und wie obgemeldet ſtraffen.
Und dieweil solche Häußer ziemlich Zinsfähig seyn , und nicht wenige Hoff und
Garten haben , so soll nicht von gemeiner Stadt daselbst auf ebgemeldeter freyer Erde
etwas von Häusern , Kammern oder Gewelbern gebaut werden; damit nicht die Hauß
Herrn ihre Fenster, Thor und Thür einfallendes Licht, ein und außgeben möge, geſchwächt
undt verstopfet werden , sondern ihre alter herkommende Gerechtigkeit und Frehthum bes
halten.
Gott der Allmächtige wolle seinen göttlichen Seeger und Bedehung dieser Stadt
und unserm Vaterland mittheilen, damit wir in seinem gnädigen Schutz und Ruhe und
Einigkeit mögen hausen, leben und bleiben, zu seinen göttlichen Ehren , dem Nächsten zu
Gutt und unserer Seelen Seeligkeit. Amen.
Ex
Commissione Magistratus ac senatus, nec non Centum
Virorum Cibiniensium.
Michael Hann de Kisselgk ,
Notar. Publ . ejusdem Civitatis Cibiniensis.
1) Transfilvania, per. Zeitschrift für Landeskunde, Bd. 2. Seite 113.
2) Im 7. Bande der Univerſitäts- und Magiſtrats - Protokolle iſt auf der letzten
Seite zu lesen:
„1578 den 27. Augusti ist Herr Martini:s Breslacus Fürstenbergensis von Einem
Ers. W. Radt gedingt worden.
Item der Lohn fl. 100 in golltt.
" 2 Kuffen Wein vom Weinlant.
" 2 "I Zehnt Wein.
" 25 Rump forn.
So hat er das geding dermassen aufgenommen daß er sein lebtag dienen wolle,
darneben ein Ersam Radt Im verheiß gethan so er auff der (reiff ?) ettwa mer den Im
worden neben seinem collega würde verzeren Inn In dem ohne Schaden zu halten
Item Ist in befolen den H. M. Escomium? mitzubringen.
Magistrats- und Universitäts-Protokoll, Band 5, Seite 130.
67

Stadtapotheker erwähnt , 1543 Johann Pausner , 1550 Martin


Brenner ; 1577 wurde Dr. Paul mit einem Gehalte von 200 Gulden,
1598 der Pariser Arzt Josef Longinus mit einem Gehalte von 160
Gulden berufen. Zur Anschaffung von Medikamenten wurde dem Leztern
eine Summe von 500 Gulden zugeschickt. Im Jahre 1607 endlich , dem
Todesjahre Huet's, erhielt der italienische Arzt Cäsar Piperollus diese
Stelle mit einem Gehalte von 150 Gulden , freien Naturalien und der
Stadtapotheke.
Wir sind am Schlusse des 16. Jahrhunderts angelangt. Es ist so-
wohl in Bezug auf die Wichtigkeit der Ereigniſſe, als auf die Größe der
Männer, welche es hervorgebracht , das wichtigste in der Geschichte Her-
mannstadts. Eine Reihe von Männern , wie Pempflinger , Armbru
ſter, Haller, Wahda , Enhetter und Huet, begegnet uns in kei-
nem andern Jahrhundert ; mit Huet schließt diese Reihe, und leider brachte
das in manchen Beziehungen noch stürmische 17. Jahrhundert keinen Mann
hervor, welcher den Stürmen der Zeit mit so starkem Geiſt und kräftigem
Muthe hätte begegnen können, wie es diese Männer gethan.
Ehe wir zur Darstellung der Ereignisse des 17. Jahrhunderts über-
gehen, erübrigt uns noch von den Sitten und Gebräuchen des 16. Jahr-
hunderts einiges zu sagen. Wenn auch die Quellen in dieser reicher ſtrö-
men, so ist doch noch das Material zu einer Sittengeschichte desselben lange
nicht vollständig gesammelt. Namentlich entzieht sich auch in dieser Zeit
das stille Familienleben der genauern Forschung , und nur von der Feier
eines der wichtigsten Ereignisse im Menschenleben , der Heirath , sind uns
einige Nachrichten aufbewahrt ; reicher strömen die Quellen über das Leben
und Treiben in den Zünften und Nachbarschaften ; den tiefsten Einblick aber
gewähren unstreitig die thrils regelmäßig wiederkehrenden , theils bei beson-
dern Veranlassungen gefeierten Feste.
Obgleich der früher übliche Pomp bei Hochzeiten durch Hochzeitregu-
lirung vom Jahre 1547 eingeschränkt wurde, so war doch darum der Sinn
für Geselligkeit nicht unterdrückt und die Väter liebten es , wenn die sturm-
bewegte Zeit einen Augenblick der Erholung gönnte, diesen mit frohem Mahl
und erheiternder Kurzweil auszufüllen ; und bei den Hochzeiten bedeutende-
rer Männer ging es noch immer hoch her, wie wir später bei der uns auf-
bewahrten Schilderung der Hochzeit Albert Huet's sehen werden.
Eine bei den meisten Festlichkeiten wiederkehrende Erscheinung ist das
sogenannte Gowen oder Beschenken der Gefeierten. Wird ein Kind zur
Taufe getragen, so erhält es nicht nur von den Pathen , sondern auch von
den nächsten Verwandten Geschenke. Bei Hochzeiten ist jeder Gast durch
hergebrachte Sitte verpflichtet, den Brautleuten ein Geschenk darzubringen.
Wird die Beamtenwahl gehalten , so erscheinen die Zünfte mit ihren Ge-
schenken, und an hohen Festtagen , namentlich am neuen Jahr , wiederholt
sich diese Sitte. Teppiche , Silberbecher , Löffel oder andere Silbereffekten
find die üblichsten Geschenke. Bei der Neuwahl des Königsrichters ist es
Sitte, daß jede Zunft ein Erzeugniß ihres Gewerbsfleißes dem Neugewähl
ten darbringt. Ja selbst bei werthen Gästen ist es Sitte , denselben eine
Kleinigkeit als Ehrung zuzuschicken , gleichsam um zu zeigen , daß man sich
seiner Ankunft freut. Die Rechnungen der Hermannstädter Zünfte sind voll
5*
68

von solchen Ausgaben für Ehrungen. Da Hermannstadt der Ort war , wo


fich die Nations-Univerſität versammelte und wo auch die einzelnen Zünfte
häufig ihre Landes-Zusammenkünfte, die sogenannten Unions -Versammlungen,
hielten , so hatten auch die Hermannstädter Zünfte die meiste Gelegenheit,
solche Ehrungen zu spenden. Sie bestehen meistens in Eßwaaren; Fische,
weißes Brod oder Semmeln und Wein kommen am häufigsten vor.
Die zweite , sich bei allen Festen wiederholende Erscheinung ist das Mahl.
Auch außer den Taufen , Hochzeiten und Beamtenwahlen wird jedes
wichtigere Ereigniß mit einem Mahle gefeiert. Wird ein Junge als Lehr-
ling in eine Zunft aufgenommen , wird er zum Gesellen erklärt oder tritt
er endlich in die Reihe der Meister ein , jedesmal schließt eine Mahlzeit
den feierlichen Akt. Einmal des Jahres hält jede Zunft den Zunfttag , da
wird von den abtretenden Zunftmeistern über die Einnahmen und Ausgaben
des Jahres pünktliche Rechnung gelegt, und ihnen, wenn sie richtig befunden
worden , das Absolutorium ertheilt 1 ) , dann wird Gericht gehalten über
etwa vorgefallene Unzukömmlichkeiten , dann die Wahl der neuen Zunftmei-
ſter vorgenommen und in festlichem Aufzuge die Zunftlade zum neuen Zunft-
vorsteher getragen. Zwei bis drei Tage dauerte das Fest und an keinem
Tage fehlte das reichliche Mahl. Je größer die Zunft, desto mehr Auf-
wand konnte sie natürlich bei diesen Festen machen, jedoch sind die dabei
vorkommenden Auslagen im Vergleiche zur Größe der Zunft, selbst für jene
Zeit mäßig zu nennen. Die Goldarbeiter in Hermannstadt , eine Zunft,
welche 70 bis 80 Meister zählte , verwendete nach ihren Rechnungen für
dieses Mahl (Collation) regelmäßig 3-6 Gulden. Die größte Ausgabe
wurde im Jahre 1560 gemacht *).
Die eigentliche Festzeit des Jahres war aber der Fasching und die
Nachbarschaft der Kreis, in welchem sie durch den sogenannten Umgang ge-
feiert wurde. Der Reihe nach mußte jeder Nachbar die Nachbarschaft zu
sich laden ; bis 9 Uhr Abends durfte man zusammen bleiben (länger nur
mit Erlaubniß des Stadthannen) , und Spiel und Kurzweil war hier ge-
stattet. Küchengeräthe, Tischzeug , Silberpokale , Löffel, Brettspiele und an-
dere Unterhaltungsspiele wurden bei dem Nachbarhannen aufbewahrt und in
jedes Haus, wo sich die Nachbarn versammelten, verliehen. Wer am Um-
gang nicht Theil nehmen wollte , war dazu zwar nicht gezwungen , mußte
jedoch in die Nachbarschaftslade einen , in den verschiedenen Nachbarschaften
verschiedenen Betrag entrichten (der niedrigste Betrag war der Preis von
zwei Maß alten Weines, nach damaliger Rechnung höchstens 10 Denar, der
höchste ein Gulden) und zwar am Aeschtag (Aschermittwoch) , denn dieser
Tag war, weil der letzte, der fröhlichſte ³).

1) Rechnung der sächsischen Schusterzunft vom Jahre 1584. Am Schluffe heißt


es: Item dye herren dye Zechmayester habenn rechnung geben sein darüber quytt vnd
fraye gesagt wordenn yrer rechnung halben geschehen am tag der heylligen dray kinig."
2) Wie die herrn die goltschmit aus den steten hie sein gewesen hat man sie zu
gaft geladen ist vberall (im Ganzen) auffgangen fl. 7 d. 56.
3) Am deutlichsten sind diese Umgänge in den Nachbarschafts- Artikeln des großen
und kleinen Rings vom Jahre 1582 geschildert, die wir daher hier folgen lassen.
Ordnung vnnd Artikell der Erligenn Nachbarschafft awff dem groffen vnnd Kleinen
Rinng im Jar 1582 von der ganzen Nachparschafft awffs ney wbersehen, geendet vund
mit eintracht beschloffenn.
69

Ein allgemeiner Festtag für die Gesammtbevölkerung war der dritte


Pfingsttag. Spiel und Tanz wechselte mit Bogen- und Hackenschießen, wo-
zu der Nath gewöhnlich Geldbelohnungen für die besten Schützen aussette.
Ein anderes Vergnügen, welches jedoch mit der Wehrhaftigkeit der Bürger
im engsten Zusammenhange stand , war das bei den Zünften übliche jähr
liche Hackenschießen , welches ebenfalls mit einem Mahle beschlossen wurde.
Je größer die Zunft , desto feierlicher das Schießen. Die Schusterzunft
verausgabte hiefür in der Regel zwischen zehn und zwanzig Gulden ; daß
hiebei auch Musik gemacht und gesungen wurde , geht aus eben derselben
Rechnung hervor , worin ein den Studenten ( Schillern ) für die Muſik ge-

1. Welch gwt herr in die Nachparschafft wonet vnnd im zu beiſtanndt in Fraiden


oder bekummernuß dhe Herrenn der Nachparschafft begerenn ist, der ßol sich czuuor nach
alter lobligenu gewonnheit eingrwſſenn vnnd einbitenn_laſſen.
2. Wenn sich einer einbittenn hat laffenn, Soll er schwldig ßein die Nachparſchafft
czw haltenn wenn es in der ordnunng an in fumpt, er ßey ben Sie gegangenn oder nicht .
Nach dem mahl wo im nicht gelwstet in die nachparschafft czu gehen ist er fray, allein
das er gehorsamkeytt leiſtet, welche er schwldig vnnd verheiſen hat.
3. Welch gwter Herr vnnd Nachpar das par wber nicht lwst hat in die Nachpar
schafft czu gehen, ßoll die Nachparschafft im yar ein mal haltenn Oder am Aschermitwoch
sich erzeigenn auffs wenigst mit ff. 1. bey verlirnis der nachparschaf.
4. Dyweil awch in der erligenn Nachparschafft Spiel vnnd kwrzweil czwgelas-
ſenn wirdt Soll nach 9 keinn Spiel geschehenn, wer das thut ßoll verfallen ßeinn ein
eimer wein.
5. Sintemal offt sich czutregt , das ein Nachpar den andrenn lægenstrafft, oder
awch anndere vnßimlige brobenstwok mutwillig handelt, Solcher ßoll nach gelegenheyt des
verebels in der Nachparschafft gestraf werdenn.
6. Szo einem Nachpar wegen seines verebels eine straffe awfferlagt wird, vund
die straf aws mutwillenu vnnd honischen verachtung awff bestimpte vnnd im gesaßte czeit
nicht erlegt, nach sounft der erligenn nachparschaf in denn willenn kumpt , Soll entweder
awß der Nachparschafft außgeschlossenn sein, oder toppelt und czwifach gestraf werden.
7. Es soll auch ein ieder Nachpar ßein gesinndt berichtenn vnd befelen, wenn ßie
nach kummen in die Nachparschafft, das sie sich nicht alda vol Sawffenn, vnd die tisch
im awffstehen raumen , wer das tet , Bol desselben herr gestraf werden vmb ein ½
ehmer wein.
8. Wo das czeichen in der Nachparschaf vmgeschikt wird, vnnd dasselbe irche Nach-
par nicht fortschickt, oder verkert, der ßol gestrafft werden vmb ein eymer wein.
9. Welcher nicht czwr Lench kumpt, wenn das czeichen vmgeſchikt wird hat verfal-
lenn d. 4 doch der honn in dem teil awfmerken ßoll.
10. Wo ein gwter Herr aus der Nachparschafft seine leiche wird begeren mit den
Nachbarn zum begrebnus zw tragenn, Sollen die yungst Nachbar darzw verpflicht seinn,
welchen nemlich vonn denn czwenn Honnenn oder Burger gebotenn wird, bey Strafe eines
eimer weins.
11. Wech Nachpar dreymal bey die Nachpar gehet, ist sie schuldig czw haltenn.
12. Welch Nachbar die Nachtshmt nicht versehen wird nach gebot der herrenn,
vnnd wirdt nicht hutenn nach die hwt fort sagenn , soll geftraf werden vmb ein eimer
wein, vnd auch vmb mer darnach die not vnnd verebel außueiſen wirdt.
13. Soll der eltist Nachbar honn , wer er sein wird wber sein Honnenn ampt,
eynnemen vnd awsgebenn , awf den ersten Sonntag nechst nach dem Aschertag , der
Nachparschaf_rechnung czu gebenn , one weiterenn verzug verpflich vnnd schwldig.ßeynn.
14. Wer aws nachlessigkeit die Nachparschaf fwr wber lest, oder So er hinweg
reiſet vnnd keinenn guten Nachbar anngett die nachparſchaf zw halten, Soll ßo of gestraf
werden on all gnad p. d. 50.
15. Der Houn Boll macht habenn, wo die Nachtshwt verwarlost wird, einenn Nach-
par annzwredenn zw bewtenn wo Sich yemanndt wird widerſeßenn vnnd vngehorsam sein.
Soll die straff ßein ein eymer weinu.
70

gebenes Trinkgeld verrechnet wird. Bisweilen ordnete der Rath auch ein
allgemeines Hackenschießen an. Natürlich waren diese die feierlichsten ¹) .
In feierlicher Weise wurde auch die Einführung der am geschworenen Mon-
tag neugewählten Beamten begangen. Die Einführung eines Königsrichters
war, weil sie durch einen fürstlichen Kommiſſär geschah und weil sie bei der
lebenslänglich ertheilten Würde nur seltener wiederkehrte , die feierlichste ;
eine kurze Schilderung der Installationsfeier Huet's , wie er sie selbst in
jeinem oben schon angeführten Tagebuche schildert , wollen wir in der Note
folgen lassen 2).
An außerordentlichen Festen sind aus Huet's Zeit und von ihm ver-
anstaltet, drei bekannt ; Huet's Hochzeit, von ihm selbst in seinem Tagebuch
beſchrieben ³), die Feier der Eroberung der russischen Feste Polozk (Plegkau)

1) Schusterrechnung vom Jahre 1577 : „Item. Nochdem das die Ersam wis herrn
vom ersamen Rod ein schiſen angericht hon mit den tobelhocken so ist auf die Ersam Herren
die aus unser Zech geschoſen hon aufgangen in einer suma fl. 25 d . 33."
2) Item. Ano 1577 am Sontag Judica das ist der 24 tag' Martij, hot Herr
Bathory Christoff von Somlho Weyda In Sibenburgen vnd der Zeckhel Groff, seine zwei
fürnemeste vnd geheime Rath vnd Comiſſary von Weyssenburg hereingeschickt, den Apaffy
Gergely vnd Kendy Sandor, vnd mir das thönigs Richteramt übergeben mit einem cre-
denz brieff. Am dritten tag darnach bin ich im Rathauß vor Einem Ersamen w. Rath
vnd den Hundert Mannen declariret worden, von dannen mich Ein Ersamer W. Rath
sambt der gemein sein beleit , der Statt fan vorher getragen rnd die Zwei Commiſſarij
vor mir unter dem fan gangen sein welche zum fräsmal samt den ganzen Rath vnd El-
tisten hundertmannen meine gest ſein geweſt auf 5 tiſche Daſelb (daſelbſt) ich den 2 Com-
missarien zweij par vergulte kopff verehrt vnnd geschenkht hab."
3) Als ich aus kayſer Ferdinandi und Maximiliani Dienſten von Hoff In mein
Batterland Heim war thumen Anno Domini 1574 hab ich Albrecht Huett mein Hausfrau
Margaretam Ein Junkfraw von 13 Jaren fraven lassen, welche ist die erst geborne toch-
ter hern Christoff Homleschers In der Fleischergassen wonend ein kauffmann, Ire Mueter
Barbara war ein tochter des fürsichtigen vnd weisenHerren Hrn. Auguſtini Hedwigs durch 9
Jar Burgermeister vnd 6 Jar khunigs Richters Inn der Hermannſtat von seiner erſten
Frauen mit Namen Regina. Ich hab erstlich mit der Junkfrau geredt den ersten tag July
in Wigilia Visitationis Mariä den Herrn Nicolaum Pfarrherrn zu der Auen (Großau)
als Frehmann hab ich zum khunigs Richter geschicht als zum Großvatter den 9 tag July,
Ir vatter aber Hr. Christoff homlescher die sach aufsparet eines Jarmarckhs halben, Die
Braut ward mir zuegesagt den 2 tag Augustij durch den Blasium Weiß Natherrn vnd
Stephanum Bierkoch, Mein Mueter starb 19 die Augustij der halbenn der Hanndtschlag
aufgespart , welcher darnach gehalten ward den 24 tag Octobris den 20 Sontag Trini-
tatis. Mein Schwieger herr Christoff Homlescher starb den 11 Tag Decembris, derhalben
die Hochzeit auffgeſpart, welche darnach im andern Jar 1575 den 6 Tag Februarij Do-
minica sexagesime gehalten ward, darauf aus meiſten ſtetten, Ratherrn, Richter auch Bur-
germeister gewest sein, Auch Wayda in Sibenburgen Herr Bathori Istvan sein gesamter
Rats Michel mit einem gulden kopf vnd Herrn Forgasch Ferenz Canzlers Diener Caspar
mit einem weyffen tebich, Auch frau Rebech Georgin freundt Nagy Mihaly Gotthart mit
einem tebich, Ein Ersamer Rat dieser Statt hat ein gulden khopff geben, desgleichen die
2 Stuel Medwisch auch ein guldin Kopff, der Großvatter Augustinus gab ein guldin
Khopffvon 6 Marckhen und ein tebich, Frau Sophia Hr. Christoff Homleschers hausfrau
mit Ires herrn Namen gab auch ein klain guldin kopff mit einem Salzfaſſel und Chhef-
ſel (?), frau Agnes shwegerin Hr. Georg Huet seligen von Kronstatt verlassene Wittib
schickthet ein silbern Pecher. Man hat den ersten tag auf50 tiſch kocht die geſt ſcin in 6 hey-
fern geseffen, alhie zu mir sein gesessen die Braut mit den frawen und Junckfrawen, zum
Khonigs Richter, die herrn gesannten und der ganze Rath , zum Bierkoch (Sonnenstein'-
sches Haus auf dem großen Ring) die kroner und andere. Zum Cyrwes Weydner (der
Theil des Stadthauses, wo der Landes- Gouverneur wohnt, gegen das Nationalhaus hin)
die Priesterschafft und die honen und Richter von den Dörffern. Zum Georg Hecht (Na-
71

durch Stefan Báthori im Jahre 1579 und endlich die Feier des Frie-
densschlusses zwischen Stefan Báthori und dem russischen Großfürsten
Basilius ). Ein lustiges Fest mag es auch gegeben haben , als im

tionalhaus) die Stattleut, zum Veit Rot etlich Bauern. Item zum Hans Fritſchen sein
bie Walachen gesessen. Das ganze Capitel ist auch erschienen mit einem schönen weiſſen
tebich , dazu sonsten sind vil schene tebich und Silberne leffel, Auch Faß Wein, Fisch,
Wilpert und dergleichen verehret worden. Am montag ist ein ring rennen gehalten wor
den, die kleinoter sein gewest, Ein tebich und drei silberne leffel. Den tebich gewann Hans
Bayr und dazu auch ein leffel, den andern leffel gewann des Simon goltſchmit ſein Son
von kron, den driten leffel gewann jung Tartler von kron. Peter Ludwigh meiner Frauen
Batt ritt auch mit zum ring machet uns alle fröhlich brach vier spieß."
Die Beschreibung des ersten Volksfestes. Im Jahre 1579 vor dem
Feste des heiligen Apostels Matthäus , nämlich am vierzehnten Sonntage nach Trinitatis,
das ist: am 12. des Monats Oktober, brachte ein Bothe vom Fürsten Batthori, dem Her-
mannſtädter Königsrichter Albert Hutter ein Schreiben, welchem auch Briefe von Wolfgang
Kowaschozi und Martin Versewißei , Ritter vom goldenen Sporn , beigeschlossen waren,
welche die Nachricht von der am 3. September erfolgien Eroberung der Stadt Polotzko in
Litthauen, unter Anführung von Stephan Batthori, Königs von Pohlen, enthielten, worauf
der Magistrat allsogleich den Bürgern ein solennes Dankfest ankündigte, und dann vor
allem andern die Geistlichkeit : den allmächtigen Gott in der Kirche , wie gewöhnlich durch
Absingung des Ambrosianischen Lobgesanges zu preisen , alsdann aber auch den Zünften
gebot: daß sie am folgenden Tage in eisernen Harnischen, gewaffnet, unter ihren Fahnen
aufziehen sollten. Dies geschah nun, indem man sich in militärischer Ordnung außerhalb
der Stadt in die Schüßen-Werckstatt , wo ehemals mit Kugeln auf das Ziel geschossen zu
werden pflegte, begab, wohin sich auch mehrere Bürger , aus dem Ritterſtande begaben ;
denn es waren daselbst nach altem Brauch , für diejenigen , welche in dieser Uebung ihre
Mitgenossen überwinden würden, aus öffentlichem Fond beigeschaffte Teppiche und andere
Siegespreise ausgestellt worden ; während man sich nun daselbst im Zielschießen mit Kugeln
übte, bat Albert Hutter um 11 Uhr, den zu Gast geladenen Bürgermeister nebst den Sena-
toren und ansehnlichen Kommunitätsverwandten, an der auf dem großen Marktplage vor
seinem Hause aufgestellten Tafel Platz zu nehmen, wo dann verschiedene von Fischen und
und Fleisch zubereitete Gerichte, nebst Wein aus Winz und Mühlbach aufgetragen , dann
auch Malvasier kredenzt wurde, mit welchem man aus goldenen Pokalen, auf das Wohl
des Königs, des Landesfürsten und ihrer hohen Verwandten, so auch der Räthe Christofs,
und unter dieſen vorzüglich : der Johann Galfi und Alexander Kendi trank und damit ſo
lange fortfuhr , bis das eigene Wohl vieler Gäſte_in_Gefahr_gerieth , indem sie selbst zu
taumeln begannen. Die Speifenden umgab ein Haufe zahlloser Jugend, unter welche der
Königsrichter zum Gedächtniß dieses Festes kleines Geld ausstreute , wodurch ein Zusam
menlauf, lächerliche Balgereien, Händeklatſchen, Jubel und Frende mit Zänkereien vermiſcht,
entstanden. In der Nähe des Gastmahls stiegen von einem ungeheuer großen angezünde
ten Scheiterhaufen die Flammen hoch empor , um welchen eine Horde Zigeuner mit Knit-
teln kämpfte und statt mit Kugeln sich mit kleinen in Koth gewickelten Steinchen warf, am
Ende des Kampfes dann, um den Scheiterhaufen herum tanzte. Auch befand sich nicht
weit vom Scheiterhaufen ein ungeheures Faß, aus welchem den Zuströmenden allen unent-
geltlich Wein verabreicht wurde. Da inzwischen auch das Spiel auf dem Schüßenfelde
beendigt war, zogen die Bürger gegen 3 Uhr abermals unter Anführung ihrer beiden Heer-
führer, aus den Gliedern des Senats, nemlich des Lukas Ennhedi und Johann Reners in
folgender Weise in die Stadt ein. Voran nemlich ritten die beiden Heerführer auf_gerü-
steten Pferden, ihnen gleich folgte der Fahnenträger des Hermannstädter Obermauthners,
welches Amt damalen ein Senatsmitglied Georg Lucius , sonst auch Cschukasch genannt,
bekleidete und dessen Fahne das Wappen des Fürsten enthielt. Diesen folgte dann die
Bürgermilitz zu Fuße , in zwei Abtheilungen , in verschiedenen Kleidungen und in der
Mitte derselben zog die Kavallerie einher, an deren Spize Michael Haller von Hallerstein,
von seinen Hausbedienten begleitet , ihm folgte Petrus Wolf , sonst Farkasch Torquatus
genannt: der Dritte war der Ober-Stallmeister Laurentius , welcher mit der rechten Hand
das mit ganz neuem Rüstzeug gezierte Pferd des Albert Hutter führte ; dann folgten zwei
geharnischte Ritter, davon Einer vom Sheitel bis zur Fußsohle gepanzert und gewaffnet,
auf einem hohen Pferde ſizend , die Stadtfahne , welche sonst auch Vanderium genannt
72

Jahre 1576 die polnische Gesandtschaft, welche nach Siebenbürgen gekom-


inen war , um dem Fürsten Stefan Báthori anzuzeigen , daß er zum
Könige von Polen erwählt worden sei , Hermannstadt besuchte. Die Ges

wurde, führte, auf welcher zwei Schwerter unter einer goldenen Krone gemalt zu sehen
waren ; der Andere mit einem goldenen Helm geziert , führte , auf einem kleinen Pferde
ſizend, die Fahne des Albert Hutter, denen dann der übrige Reitertroß nachfolgte ; den
Schluß machte ein Weibsbild auf einem Maulthiere reitend , die eroberte Stadt Polozko
vorstellend. In dieser Ordnung , bis auf den Marktplatz fortgerückt , stellten sie sich in
Heeresordnung nach ihren Zünften und Kompagnien auf, wo sie dann auf das mit allen
Glocken gegebene Zeichen, die Mörser wiederholt mit gewaltigem Donner_abfeuerten , wel-
cher durch Abfeuerung der viel größern Mörser auf den Basteien und Thürmen zwischen
der Stadtmauer, vorzüglich aber der in der Mitte des Marktplatzes aufgepflanzten vier
Kanonen, außerordentlich vermehrt wurde; vorzüglich brüllten die letztern so heftig , daß
die Glastafeln an den Fenstern nicht wenig erſchüttert wurden und auch das mit Ziegeln
gedeckte Dach vom Haufe der Witwe eines gewissen Anton Italiäner , welche man unga-
risch gewöhnlich Olaß Antalne nannte, zum Ruin ihres Hauses herabstürzte, wodurch selbe
von Angst ergriffen und unter allgemeinem Jubel und Freude allein nur in Kummer
versett, zur Tafel des Albert Hutter hinflog und ihn, den Wirthen sowohl, als auch seine
Gäste bei der Liebe des unsterblichen Gottes anflehte, womit dem furchtbaren Gebrülle der
Kriegsinstrumente ein Ende gemacht werden möge, wofern man nicht den durch Herab-
stürzen des Daches allsogleich sicher zu gewärtigenden Ruin ihres Hauses wünschen sollte.
Doch bei allgemeinem Jubel und Freude wird wenig auf das Mißgeschick Einzelner geach-
tet ; damit jedoch dies arme Weib dann, wenn die ganze Stadt frohlockte , nicht über ihr
Mißgeschick trauern möge, ermahnte sie der Königsrichter wohlgemuth zu sein, indem er
derselben den ihrem Hause zugefügten Schaden aus öffentlichem Fond wieder herstellen zu
lassen versprach. Nach geendigtem Gastmahl , welches bis 5 Uhr gegen Abend gedauert
hatte, und nachdem die Fahnen an ihren gewöhnlichen Ort abgeführt und die Bürger nach
Hauſe entlassen worden waren, erhoben sich die Gäſte von der Tafel und begrüßten den
Wirthen, welcher nach gegenseitiger Danksagung ehrenhalber mit dem ganzen Senate den
Bürgermeister nach Hause begleitete, wo abermals eine lange Tafel im Freien , mit ver-
schiedenen Speisen und Weinen bedeckt, die kommenden empfing , wovon man nur wenig
genoß und dann zum Reihen vaterländischer und italiänischer Tänze unter Pfeiffen- und
Trompetentlang der Heyducken fortschritt, und so wurde dieser Tag unter verschiedenen
Vergnügungen bis in die Nacht um 9 Uhr durchlebt, wo sich dann Jedermann zu den
Seinen begab."
Beschreibung des zweiten viel solennern Festes. " Im Jahre 1582 am
Tage des heiligen Märtyrers Valentin langte ein Bothe des Fürsten Siegmund Vathori,
Petrus Litteratus von Weißenburg nach Hermannstadt abgesendet daselbst an und brachte
in einem Schreiben des Fürsten die frohe Kunde von dem zwischen dem Könige von Poh-
len Stephan Bathori und dem ruſſiſchen Großfürsten Basilius geschlossenen Frieden, worüber
Albert Hutter mit dem Bürgermeister der Stadt hoch erfreut, um die 5. Stunde desselben
Tages gegen Abend die Mörser ertönen und zu Veranstaltung eines am folgenden Tage
zu feiernden Festes, einen Postknecht herbeirufen ließen.
Der folgende Tag war heiter und zur Feier eines Festes überaus geeignet ; daher
fich die Senatoren in der Frühe in dem Rathhause versammelten und nach gegenseitiger
Mittheilung ihrer Meinungen beschlossen : daß vor allem andern dem unsterblichen Gotte
für das Wohl des Fürsten und für diese glückliche Begebenheit Gebete dargebracht , als-
dann der Jubel dieses Festes durch den Donner der Mörser verherrlicht ; endlich auch
diese Begebenheit selbst durch eine scenische Darstellung versinnlicht werden solle; und so
wurde dann die Ausführung des ersten Theils dieses Abschlusses dem geistlichen Oberhaupte
Johann Auner, des zweiten dem Steuereinsammler Emerich Büttner , aufgetragen, indem
die Besorgung des letztern Albert Hutter sich selbst vorbehielt. Um 1 Uhr also nach Mit-
tag begab sich Auner, nach dreimaligem Geläute aller Glocken , mit seiner Klerisey in die
große Pfarrkirche, woselbst er vorerst die für dieses Fest eigens abgeänderten Abendgebete
und Lobgefänge, alsdann vor der Predigt, aus dem heiligen Buche Davids den 118. Pſalm
durch den Prediger Daniel vorlesen ließ, worauf er dann selbst in dem bei den Sachſen
nach altem Gebrauch der römischen Kirche noch üblichen Ornate freudig den Lobgesang
des heiligen Ambrofius anftimmend , die große Menge der Zuhörer selbst außerhalb der
73

sandtschaft wurde feierlich eingeholt und hielt ihren Einzug durch das Bur-
gerthor. Die jungen Schustermeister feuerten auf ihrem Thurme lustig mit
Doppelhacken und Falkonetten. 250 Gulden verkostete der Rath auf die

Kirche zum Miteinstimmen in den Gesang bewog ; worauf der Gottesdienst mit Musik
und mit Verkündigung des apostolischen Segens beendiget war. Inzwischen hatte der
Königsrichter dem Lukas Ennyedi , einem Mitgliede des Senats und dem Georg Dollert
aufgetragen, die zur scenischen Darstellung nothwendigen Kleidungen, Geschmeide, Diademe,
Scepter, geistlichen Ornate und übrigen Erfordernisse , nebst den Männern , welche die
Scenen darstellen sollten, herbeizuschaffen. Als dies nun geschehen war , gebot der Her-
mannstädter Stuhlsrichter Blasius Weiß, den die Ungarn Feyer nannten, zwei tapfern im
Zweikampf geübten Kriegsmännern, nemlich dem Servatius Bierkoch , einem kräftigen,
gewandten Manne, die Partei des Königs Bathori zu vertheidigen , dem Urbanus Sala-
mon hingegen, einem Manne geringer Herkunft als Gegner des Erstern die Rohheit und
Halsstarrigkeit der Moskowiten nachzuahmen. Beide wurden dann in eisernen Panzern
mit bewunderungswürdigen großen alten Helmen bedeckt , auf kräftige Pferde gesezt und
jeder von ihnen führte in der rechten Hand eine Lanze, welche dicker war als ein Arm
und an deren vordern Ende ein eiserner scharf geschliffener Dreizacken hervorragte, damit
der gefaßte Gegenstand nicht los werden könne. Der Kampfplatz wurde ihnen vom Senate,
welcher dem Zweikampfe aus dem Hause des Bürgermeisters Johann Wayda zuſah , auf
dem großen Plage angewiesen, und der Siegespreis ausgesetzt ; inzwischen ertönte aus
dem Hauſe des Albert Hutter eine Militair-Pauke mit vier Trompeten , welchen aus dem
Freien geantwortet wurde, und welche dann bei dem Beginne des Zweikampfes vereint
ertönten, auch donnerten die Mörser auf dem Plaze, wo die Schneider die Kleider feil zu
bieten pflegen, im Vereine mit andern auf dem Marktplaße aufgestellten Mörsern mit
solcher Heftigkeit, daß die meiſten Glasfenster in den Häusern erzitterten und die Ziegeln
von den Dächern herabfielen. Bei dem unter diesem Getöse begonnenen Zweikampf war
die Göttin Fortuna wie gewöhnlich die Begleiterin der Tapferkeit , denn Servatius warf
seinen Gegner dreimal vom Pferde, indem er ihn, den Helm von seinem Kopfe herabſtos-
send , auch im Angesicht verwundet hatte und am Ende Sieger blieb. Es befanden sich
aber auch zwei andere Ritter auf dem Plaze mit hölzernen länglichen Hausgefäßen bedect
und mit langen Picken bewaffnet, mit welchen sie sich etliche Mal von den Pferden herab-
warfen, welcher minder ernsthafte Kampf mehr belacht als bewundert wurde.
Nachdem dies alles vorgegangen war, wurde zur theatralischen Vorstellung geschrit
ten, welcher der große Marktplatz zur Bühne diente. Es war nemlich auf der nördlichen
Seite desselben, vor dem Hauſe des Thomas Hedel der König von Pohlen, umgeben von
seinem Heere zu sehen , wie er auf dem Throne fizend , einem Soldaten Verhaltungs-
befehle zur Eroberung von Pleskau ertheilte. Die belagerte Stadt selbst stellte eine in der
Mitte des Marktplages aus neuen Brettern errichtete Bude vor, in welcher eine außeror-
dentlich große, nemlich 5 Ellen hohe Bildſäule, eine Fahne in der rechten Hand_haltend,
stand. Auf der andern nördlichen Seite, vor dem Hause des Thomas Bomelius saß Baſi-
lius, Großfürst von Moskau , von einer geringen Zahl Soldaten umgeben, auf ſeinem
Throne. Gegen Often, vor dem Hause des Anton Olaß oder Italieners saß Amurath,
Großherr der Türkei, umgeben von seinen Janitscharen. Endlich zeigte sich auf der west-
lichen Seite vor Michael Hedels Hause mit hohem Geiste Gregor der XIII. damaliger
Oberhirt der römisch-katholischen Kirche ; ihm zur Seite stand der Oberste der Kardinäle
in rangmäßigem Ornate, umgeben von mehreren hohen Geistlichen und Fürsten , unter
welchen sich auch ein Mönch aus dem Augustinèr Orden befand, welcher mit den Fingern
die Formeln der zum unsterblichen Gott emporgesendeten Gebete am Rosenkranz zählte.
So war die Bühne gestaltet, auf welcher die Fürsten in köstlichen Gold- und Sei-
denstoffen gekleidet, die heiligen Diademe und Insignien trugen, die Uebrigen aber in, ihren
Würden angemessenen Ornaten aufmerksam auf die Befehle ihrer Fürsten harrten und
nun befahl Bathori, indem er sein Heer absendete, die Mörser zur Blockirung von Ples-
kau auf einen bequemen Platz aufzuführen, aus welchen so lange gefeuert wurde , bis die
Bretter und Schanze zusammenstürzten und die Fahnenträgerin ihrer Fahne beraubt wurde,
welche der König als Siegeszeichen durch seine Leute zu sich bringen ließ. Der Mosko-
wite, mit diesem Vorgange nicht unbekannt und von Angst vor der Zukunft ergriffen,
schickte sogleich den Gesandten Martin in einem schwarzwollenen Kleide mit dem Friedens-
antrag an den König , von wo er wegen Verletzung früherer Gelübde , wit einer abſchlä-
74

Zehrung der „polakischen Herrn“ und Abends erglänzte die Stadt von fest-
lichen Freudenfeuern.
Ueber die Jugend- und Schulfeste ist mir leicer nichts näheres be-

gigen Antwort rückkehrte und dann bald wieder mit einem Schreiben seines Fürsten an
den römischen Papst abgesendet wurde ; vor ihm ritt ein Poftilion Namens Bartholomäus,
das Horn blasend ; auf diese Weise vor das Angesicht des höchsten Kirchenvorstehers
gelangt, stieg der Redner vom Pferde und überreichte mit gebührender Ehrenbezeugung das
Schreiben seines Fürsten , dessen Hauptinhalt darin bestand : daß , nachdem Bathori als
sein unversöhnlichster Feind , seine Länder verwüstete, er den heiligen Papst um seinen
Rath und Beistand anflehe, damit durch seine Vermittlung_und_Ansehen der Friede zwi-
schen ihm und seinem Feinde zu Stande kommen möge. Der Papst vernahm mit hohem
Geiste den Redner und sendete dann den obersten Kardinalen als seinen Botschafter mit
einem Schreiben und mit unbedingter Vollmacht versehen , an beide Mächte ; dieſer in
einer neuen Senfte von zwei Zugthieren getragen, übergab zuerst mit gebührender Ehren-
bezeugung dem Könige das Schreiben seines Herrn, folgenden Inhalts : daß nachdem der
heilige Vater aus dem Munde Vieler und aus dem demüthigen Vortrage des Baſilius
vernommen habe, wie der König seine Hände mit Christenblut befleckt, die Länder des
Moskowiten verheert und ihm viele Munition und , Kriegsgerüste weggenommen habe, er
den König als seinen geliebten Sohn zu Beendigung des Krieges und zum Friedensschluſſe
mit den Moskoviten ermahne, im mindeſten nicht zweifelnd, daß beide Theile ſeiner Ermah-
nung gerne Folge leisten würden ; hierauf berief der König seine Aeltesten und Räthe, mit
welchen er, nach Abtretung des römischen Gesandten Rath pflog und nach Vernehmung
ihrer Meinungen, sich unter gewissen Vorsichtsmaßregeln zu einem Waffenstillstand bereit
erklärte, worüber der Gesandte in Kenntniß gesezt, allsogleich die Sänfte bestieg, und sich
zum Moskowiten begab, den von dem Polen bewilligten Waffenstillstand verkündend. Mit
diesem Antrage zufrieden , erklärte der Moskowite , in der Hoffnung , daß in der Folge,
durch welche Mittel immerhin, auch der Friede würde erhandelt werden können , sich zur
Abtretung von Liefland und einiger Festungen , unter der Bedingung bereit , wenn von
Seiten Pohlens die Belagerung der Stadt aufgehoben und die Kriegswerkzeuge abgeführt
würden, was auch auf der Stelle vollzogen wurde ; und nachdem der Gesandte dem König
den ganzen Vorgang berichtet hatte , nahm derselbe mittelst Ausfertigung einer öffentlichen
Urkunde, unter Bestätigung des heiligen Papstes auch den Frieden an , wornach der Kar-
dinal zum heiligen Papste rückkehrend, ihm das Geschehene treu berichtete. Während dies
unter den Christen vorging, sendete der Großherr der Türken aus dem Orient seinen Bot-
schafter Benedictus Magnus, aus dem erhabenen Range der Chausen , in Seidenstoff und
in ächtem in der Stadt Damaskus gewebten Gewande gekleidet , welchem ein Postilion,
wie gewöhnlich das Horn blasend, vorritt, zu dem Pohlen, um ihm zu seinem glorreichen
Siege Glück zu wünschen, zugleich aber auch, um ihn durch Lobpreiſung seiner Heldentha-
ten zur Fortsetzung des Krieges zu bewegen, und unter einem ermahnte er auch den Mos-
fowiten, durch geheime Briefe , daß er sich nicht zum Frieden , und dem Pohlen, deſſen
ohnehin geringe Kräfte durch vielfältige Mißgeschicke beinahe ganz aufgerieben wären , zu
viel einzuräumen verleiten lassen möge. Diese Handlung bewies die geheimen Künste der
Türken, mittelst deren selbe unter den Christen Uneinigkeit und immerwährende Kriege zu
stiften bemüht waren. Nachdem nun der Pohle die Friedensurkunde bestätigt in Händen
hatte, folgte er seinem vorausgesendeten Heere mit den beiden Fahnen, wovon weiter oben
bei der Begebenheit vom Jahre 1579 Erwähnung geschehen und mit der dritten oben
erwähnten von Pleskau erbeuteten Fahne zu dem Moskowiten , welchen er freundſchaftlich
zu sich einladend, sich mit ihm zur Begrüßung des heiligen Papstes begab, in deſſen Gesell-
schaft dann beide, von sämmtlichen Großen begleitet , und unterwegs linker Hand Pleskau
und Amurathen geflisfentlich vorübergehend, um dadurch zu erkennen zu geben , daß man
gegen diesen falschen Feind zwar friedfertig gesinnt scheinen, ihm jedoch nicht trauen solle,
in die Behausung des Königsrichters verfügten , wo sie mit Trompeten- und Paukenſchall
aus den Fenstern empfangen wurden. Während dem Zuge wurde dem, herbeiſtrömenden
Volke auf dem Marktplaße aus einem großen Faße unentgeltlich Wein verabreicht und
am Schlusse dieses Festes , als der Pöbel vor des Königsrichters Hause der noch kommenden
Dinge harrte, wurde auch Geld unter denselben ausgestreut ; und da bei dieser Gelegen-
heit auch auf die, nach altem Brauch , vor dem Hause aufgestellten Tannenbäume , Geld
gefallen war, wurden ſelbſt dieſe durch die unglaubliche Volksmenge, nicht übel zuſammen-
75

kannt, nur so viel erhellet aus einer Ausgabenpoſt in einer Zunftrechnung


der Schuster vom Jahre 1575 , daß von den Studirenden zu Zeiten Stücke
aufgeführt wurden 1 ) , was für Stücke es aber waren , ist nicht näher bes
zeichnet, wahrscheinlich mögen es die zu jener Zeit gewöhnlichen Aufführun-
gen aus der Leidensgeschichte Chriſti, sogenannte Paſſionsspiele gewesen sein.
So sah Hermannstadt zu jener Zeit im Festgewande aus. An ge-
wöhnlichen Wochentagen aber eilte die Bevölkerung früh Morgens zu ihrer
Arbeit, um 10 Uhr Vormittags erflang vom hohen Kirchthurrie herab der
Hainal (ein Trompetensignal) ; die Abenddämmerung wurde durch die soge-
nannte Betglocke angekündigt. Wenn sie verklingen war , verstummte in
den Werkstätten das Geräusch der fleißigen Hände ; der Feierabend war
angebrochen. Wie mit einem Zauberschlage änderte sich die Scene. Bisher
war alles Leben in den Werkstätten und in den Küchen concentrirt ; nun
eilte Alles aus diesen Stätten der Arbeit an den fertigen Tisch zum Abend-
brod in das trauliche Wohnzimmer.
Wer nicht im Hause die Erholung suchen wollte, für den standen bis
8 Uhr die Herbergen geöffnet (die Spielstuben waren seit 1547 geſchloſſen),
oder er konnte in den Badstuben ein Bad nehmen 2 ) ; die Gesellen oder
Lehrjungen eilten , wenn gerade Zugang oder Wirthschaft war (d. h. wenn
sie entweder zu Besprechungen oder zur bloßen Unterhaltung zuſammen ka-
men), an den Ort der Zusammenkunft.
Mit dem Schlag 8 Uhr erscholl die Nachtsglocke ; sie war das Zei-
chen, daß Jeder , den nicht besondere Geschäfte oder eine Feier ferne hiel-
ten , sich nach Hause zu begeben habe. In jeder Nachbarschaft traten die
zwei für die Nachtshut bestimmten Wächter (der Reihe nach mußte jeder
Nachbar dieser Pflicht genügen) ihr Geschäft an. In den Thorthürmen
hielten ebenfalls die dazu bestimmten jungen Meister die Wache. Auf dem
großen Kirchenthurme aber , Alles übersehend und auf Alles achtend , muß-
ten, wie oben in den Artikeln für die Musiker nachgewiesen ist, ein Musi-
ker und ་ ein Thurmwächter fleißig Ausschau halten.
(Von der Verpflichtung Tag und Nacht die Wache auf dem Kirch-
thurme zu besorgen , haben die städtischen Musiker den bis zum heutigen
Tage üblichen Namen Thurner behalten.)`
An Sonn- und Feiertagen ging , sobald die Glocken erklangen , jeder
Hausvater , neben sich seine Hausfrau , hinter sich die Kinder , zur Kirche ;
nur wer frank war oder kleine Kinder und Kranke warten mußte , blieb zu
Hause. Deßhalb war aber auch in jeder Nachbarschaft ein Nachbar ab-
wechselnd dazu bestimmt, während des Vor- und Nachmittags - Gottesdienstes

gepreßt, ja selbst am folgenden Tage, auf welchen ein Gastmahl und Ritterspiele aufge
spart worden waren , suchten noch Viele , nicht vergebens Geld in dem vor dem Hauſe
vorbeifliessenden kleinen Bache. "
Diese Beschreibungen ſollen in einer unſerer deutſchen Zeitungen abgedruckt wor-
den sein, es ist mir jedoch nicht gelungen, fie aufzufinden.
1) 1575 den Schillern, von wegen sie das Spiel gespilt haben 1 f. 56 d.
2) Badestuben waren in Hermannstadt mindestens zwei ; ihre Standorte habe ich
nicht genau ermitteln können, jedoch glaube ich nicht zu irren, wenn ich die untere Bade-
stube in das ehemalige Rosenhaus auf dem Schiffbäumchen versetze. Die Badetare, welche
früher zwei Denare betrug, wurde im Jahre 1598 auf 3 Denar erhöht.
76

in den Gaſſen Wache zu halten 1). An großen Festtagen mußte, wer ein
Amt bekleidete , seine Vorgesetzten aus der Kirche heim begleiten. Diese
Begleitung begann beim Königsrichter , dann folgte der Bürgermeister u. s.
w. bis zum Orator (oder Wortmann) herab, so daß ein gewöhnliches Com-
munitäts - Mitglied einen ganz hübschen Gang durch die Stadt zu machen
hatte 2) .
Für Sicherheit , Ordnung und Reinlichkeit im Innern der Stadt
hatte der Stadthann zu sorgen ; unter ihm standen , als seine wichtigsten
Organe, die Nachbarhannen. Dem Stadthannen oblag es, wie in der frü-
hern Zeit, jährlich wenigstens einmal die Waffen und Kriegsvorräthe jeder
Zunft, so wie den Bestand der Thürme und sonstiger Befestigungswerke
genau zu untersuchen. Die Nachbarhannen dagegen hatten in ihren Nach-
barschaften Gaffen und Häuſer genau zu überwachen. Fremde, die in die
Nachbarschaft einkehrten, mußten ihnen angezeigt werden , ebenso jede Woh-
nungsveränderung Einheimischer. Weiter hatten sie , wie es heißt , auf die
Rauchfänge, fonderlich die geczainten“ (aus Ruthen geflochtenen), ein wach-
fames Auge zu halten, und Acht zu geben , daß an windigen Tagen weder
gewaschen noch gebacken wurde. In den Nachbarschafts- Artikeln ist die
Strafe angesetzt, welche den trifft, dessen Rauchfang brennt ; sie war mit 1
Gulden für jene Zeit ziemlich hoch bemessen. Die Reinlichkeit der Gaſſen
war auch der Obsorge der Nachbarhannen anvertraut und deren Verunrei
nigung mit Strafen belegt. Zur Wegschaffung des Unrathes, der sich in
Gassen, Teichen oder Gärten fand , wurden immer die Zigeuner verwendet,
welche sich seit Kaiser Sigismund's Zeiten in Ungarn und Siebenbür-
gen niedergelassen hatten und um Hermannſtadt vor dem Sagthor und
Burgerthor in kleinen Häuschen wohnen durften. Sie kommen in deutſchen
Urkunden und Rechnungen des 16. Jahrhunderts immer unter dem Namen
„Faröner“ vor.
Bemerkenswerth ist der Vorzug und die Achtung , welche bei allen
Gelegenheiten dem Alter gezollt wird . In Zünften und Nachbarschaften
haben die Vorsteher , gleichsam als einen Beirath , die sogenannte Altschaft
zur Seite. Von diesen werden außer den allgemeinen Versammlungen die
laufenden Geschäfte besorgt. Sie berathen und beschließen ; die jüngern
Männer , die Jungmeister" oder „Jungnachbarn , " haben auszuführen,
was ihnen diese auftragen und auch dies geschieht unter ihrer Aufsicht.
Finden die alten Herrn , daß das Korn in den Kasten und Gruben durch
frisches zu ersetzen sei, die jungen Meister sind bei der Hand es herauszu-
holen und zu vermessen. Wird neuer Vorrath angekauft , wieder sind es
die jungen Meister, welche sie in Kästen und Gruben bergen. Bei Arbeiten
an Thürmen , Mühlwerken oder an den Teichen und Brunnen legen sie
überall Hand ans Werk , und beim Hackenschießen ist es ihre Pflicht , nicht
nur mitzuſchießen, sondern auch das Hinausbefördern und Hereinbringen der

In den Rechnungen der Nachbarschaften erscheinen die für das Versäumniß


der Gaffenhut am Sonntag verhängten Strafen.
2) Daß dieses Heimgeleiten als ein Theil der Amtspflicht angesehen wurde , geht
aus dem §. 11 der Büchsenmeisterordnung vom Jahre 1560 , welche oben mitgetheilt
wurde, hervor.
77

Hacken zu besorgen. Ebenso liegt + es ihnen ob, die in Kleien aufbewahrten


Rüstungen der Zunft von Zeit zu Zeit zu reinigen.
Für diese verschiedenen Arbeiten wird ihnen immer aus der Lade ein
Drankgeld gegeben ; doch vergessen die alten Herren sich selbst dabei durch-
aus nicht, und wenn die jungen Meister sich irgendwo mit dem Erhaltenen
erlustigen , so versammeln sich die alten Herrn bei dem Zunftmeister , und
nie kommt es vor, daß das Drankgeld der jungen Meister höher oder auch
nur gleich wäre der Zeche der alten Herren. Ein Beispiel aus den Schu-
sterrechnungen vom Jahre 1584 genügt ; es heißt darin : „Item an dem-
felbem toch hot man den jung meistern zu dranfgeltt gebenn das man die
waherrechger (?) gebessert hat d. 24. 3tem mehr an demselben ebend sein
dhe herren zechmeister beinnander gewesen ist auffgangen d. 44. " Einmal
kommt in der Rechnung sogar vor, daß die ,,alt Herrn welche haben hilfen
zusehn“ sich Abends beim Zunftmeiſter von dieſer Anſtrengung erholen.

Durch die Macht seiner Persönlichkeit hatte Huet während seiner


dreißigjährigen Amtsführung die Königsrichterswürde sowohl dem Fürsten,
als den Mitſtänden gegenüber zur höchsten Stufe des Ansehens gehoben,
es sollte darauf, leider schen unter seinem Nachfolger Daniel Melmer
oder Melimer , die tiefste Erniedrigung folgen. Nach Botschkai's Tode
fiel die Wahl auf den tüchtigen Sigismund Rákosi , allein der Greis
war schon zu schwach für die Sorgen des Thrones und dankte nach kurzer
Regierung ab ; ihm folgte am 4. März 1508 Gabriel Báthori in der
Fürstenwürde. Eine unglücklichere Wahl für das Land , für die Sachsen.
insbesondere , ver Allem aber für Hermannstadt , hätte gar nicht getroffen
werden können. Ungezähmte Leidenschaften nach allen Richtungen hin und
Geisteskraft und Willensstärke , um jene zu befriedigen , bildeten den Cha-
rakter dieses blutigen Mannes. Seiner Herrschsucht war die Sonderſtel-
lung der Sachsen ein ärgerliches Hinderniß, und namentlich koncentrirte sich
seine Abneigung auf Hermannstadt. Bald nach seiner Erhebung auf den
Fürstenthron äußerte er einst in vertrautem Kreise : „ Wer Herr von Sie-
benbürgen sein will, muß die Schlüssel von Hermannſtadt in seiner Tasche
haben." Diese waren aber nur durch Gewalt zu erreichen, und so hatte
er mit dieser Aeußerung allein schon, genug gesagt , um den Hermannſtäd-
tern ihm gegenüber die größte Behutsamkeit zur unerläßlichen Selbstpflicht
zu machen. Zwar zeigten sich im ersten Jahre seiner Regierung feine be-
sonders drohenden Anzeichen , doch schon im zweiten und dritten Jahre
machte er wiederholt so hohe Anforderungen an die Sachsen , daß sie den-
selben nicht zu genügen vermochten. Dieses mochte seiner Abneigung neue
Nahrung geben , und in dieser Stimmung schrieb er für den Winter 1610
einen Landtag nach Hermannſtadt aus.
Ungeachtet der obenerwähnten beunruhigenden Aeußerung über Her-
mannstadt, und ungeachtet dessen , daß mehrere Edelleute , von Besorgniſſen
erfüllt, die Hermannstädter gewarnt hatten, der Fürst habe Arges mit ihnen
im Sinn, gelang es ihm dennoch, sei es durch Einſchüchterung, sei es durch
ſein einnehmendes Betragen, dessen er erforderlichen Falles in hohem Grade
Meister war , den Rath zu bewegen , daß er ihn am 11. December 1610
78

mit 20000 Mann , welche er zu einem Kriege gegen den Wohwoden der
Walachei gesammelt hatte , in Hermannstadt einließ. Zwar war unter den
Bürgern von dem oben Gesagten genug laut geworden , um sie von dem
Einmarsch des Fürſten das Aergste befürchten zu lassen ; ſie ſammelten sich
daher in Haufen und forderten vom Rath , er solle das Heer des Fürsten
nicht einlassen ; dieser aber schickte den Rathmann Kolomann Goßmei-
ster ab , das Volk zu beschwichtigen. Durch die Straßen sprengend , rief
er den Leuten zu, sie sollten den Backesmären " keinen Glauben schenken,
Báthori sei ein gnädiger Fürst und den Hermannstädtern wohl gewogen.
So wurde das Volk beruhigt, und ungehindert hielt der Fürst seinen Ein-
zug, indem er lachend seiner nächsten Umgebung zurief als er über die Zug-
brücke ritt: Dieses hätten wir nicht gedacht" 1).
Anfangs verhielt sich der Fürst und das Heer ruhig, doch fiel es auf
und erregte bei Manchem neue bange Besorgniß , daß der Rath bis zum
dritten Tage zu keiner Audienz zugelassen wurde. Hätte der Rath den Aus-
gang dieser Audienz geahnt, nimmer würde er sich gesehnt haben , das Ant-
lig des Fürsten zu schauen. Denn als er endlich am 14. December vor
dem Fürsten erscheinen durfte , empfing dieser ihn nicht nur höchst ungnä-
dig, sondern forderte demselben auch die Schlüssel der Stadt ab , nahm sie
in eigene Verwahrung und ließ Thore nnd Baſteien durch seine Truppen
besetzen. Der Eindruck, den dieſe Schreckensnachricht in der Stadt verbrei-
tete, ist leicht zu ermessen , denn nun war es klar , daß die Gerüchte nicht
gelegen hatten und nun befand sich die Stadt ganz in seiner Gewalt. Den
Besorgnissen folgte die Erfüllung auf der Ferse, und leider sollten ſelbſt die
schrecklichsten durch die Wirklichkeit , wenn nicht überboten , doch sicher er-
reicht werden.
Den 18. December wurden die Hermannstädter von dem Fürsten auf
dem Landtage des dreifachen Hochverrathes angeklagt. 1. Sollten sie im
Jahre 1599 den Wohwoden der Walachei , Michael, in das Land geru-
fen und den Tod des Kardinals und Fürsten Andreas Báthori da-
durch verschuldet haben, daß sie ihm nach der Schlacht bei Schellenberg die
Aufnahme in die Stadt verweigerten und ihn dadurch genöthigt hätten, sei-
nen Weg in das Szeklerland zu nehmen. 2. Sollten sie dem Stefan
Kendi 30000 Gulden für Báthori's Ermordung geboten haben. (Kendi
hatte nämlich wirklich an einer Verschwörung des Adels gegen das Leben
Báthori's Theil genommen und sich nach deren Entdeckung durch die

1) Ein gleichzeitiger Chroniſt schildert dieses Ereigniß folgendermaßen: „Anno 1610


den 10. December Gabriel Bathory, Fürst in Siebenbürgen , stolz , ehrgeizig, gottlos und
meineidig, rufet eine große Menge, bei 20000 Mann zusammen und zog mit der Armada
als ein Fürst zur Hermannstadt. Alda ward er ehrlich empfangen als ein gnädiger Fürst
mit allem Volf, wiewohl ziemlich unter dem gemeinen Volk erschallet war , und die arme
Bürger von vielen Edelleuten gewarnt waren, was Bathory in Hermannstadt thun würde
und sie verrätherlich betrügen, aber gleichwohl ihre gewisse Kundschaften durch etliche des
Bathory geheime incorporirte aus dem Rath in Hermannstadt wurden die armen Hermann-
städter durchtragen cum ammissione capitis et omnium bonorum , zu einem Stillſchwei-
gen gebracht. Also kam Gabriel Bathory mit seinem schelmischen Fürnehmen in die Her-
mannstadt und mit ihm 2000 Mann den abgemelten Tag. Am dritten Tage begehret er
zu allen Thoren die Schlüßt und ließ sie selbst verwahren." Kemény , Deutsche Fundgru-
ben der Geschichte Siebenbürgens Bd. 1. Seite 255-56.
79

Flucht gerettet.) 3. Endlich sollten sie noch kurz vor seiner Ankunft dar-
über berathen haben, ob sie ihn, den Landesfürsten , in die Stadt einlassen
sollten oder nicht?
Der Ausgang konnte von vorne herein kein anterer sein, als die Ver-
urtheilung der Angeklagten, denn Kläger und Richter war eine Person , der
Fürst; den Beklagten wurde gar keine Verantwortung gestattet , da sie sonst
gar zu leicht die Anklagen hätten widerlegen können ; auch waren die Lan-
desstände theils gewonnen, theils durch Bathori's 20000 Mann zu ſtum-
mem Gehorsam genöthigt. In der That wurden auch die Hermannſtädter
alle für überwiesene . Hochverräther erklärt ; die Strafe des Hochverrathes
aber war Verlust des Hauptes und des Vermögens. Um sich den Schein
der Mäßigung und Greßmuth zu geben , wählte der Fürst nur 147 Män-
ner aus, welche die Schuld der übrigen büßen sollten ; änderte nachher auch
dieses Urtheil dahin ab, daß die Stadt eine Geldbuße von 100,000 Gulden
erlegen solle, welche nach vielen Bitten auf 50000 Gulden ermäßigt wurde ;
jedoch mußte diese Summe noch an demselben Tage erlegt werden . Eine
weitere Folge dieser Anklage auf Hochverrath war ein Beschluß der Land-
stände, in welchem sie, nachdem dem Fürsten in den überschwänglichsten Aus-
drücken für seine Gnade und Mäßigung gedankt worden war , festset-
ten : 1. Es solle künftighin Hermannſtadt die Residenz des Fürsten , und
Ungarn und Székler darin das Bürgerrecht gestattet sein ; 2. der Fürst
folle gnädig mit dem der Gemeinde Hermannstadt zugehörigen Ber-
mögen sich begnügen und die einzelnen Bürger im Besize ihres Vermögens
belessen ; 3. der Fürst solle das Besatzungsrecht in der Stadt haben und
ihm alle Befestigungswerke , so wie der ganze Kriegsapparat der Stadt
gehören ; 4. endlich sollten in den Kirchen abwechselnd die ungriſchen und
sächsischen Geistlichen Gottesdienst halten.
Dieser Beschluß war die einzige Frucht des kurzen dreitägigen Land-
tages 1).
Am 19. December mußten die Bürger auf Befehl des Fürsten ihre
sämmtlichen Rüstungen und Waffen aller Art abliefern ; der Fürst und seine
Umgebung suchten sich die kostbarsten Stücke aus ; was übrig blieb , wurde
unter die Truppen vertheilt. Am 20. besetzte Báthori das Rathhaus und
ließ es plündern ; was an Kostbarkeiten vorgefunden wurde , war bald ver-
schwunden ; als man solche nicht mehr fand , wurden Protokolle und Urkun-
den aus den Fächern und Laden herausgeholt, zerrissen und zerstreut 2).
Zu Anfang des Jahres 1611 verließ Báthori Hermannstadt, kehrte
jedoch schon im Juli wieder zurück. Scheinbar milder gestimmt , versprach
er den Hermannſtädtern ihnen die Stadt gegen Erlag von 100,000 Gulden
wieder zurück zu geben. Wie froh war da der Rath, wie schnell schickte er
zu den Bürgern und forderte sie auf, herzugeben , was in ihrem Vermögen

Archiv des Vereins für Landeskunde, neue Folge, Band 3, Seite 209-10.
2) Der ungrische Hauptmann Jakob Deaf rettete das mit der Nr. V bezeichnete
Protokoll des sächsischen National- Archivs , welches ihm zur Verfertigung von Patronen
übergeben worden war und übergab es dem Mühlbächer Prediger Johann Scävola , wel-
cher dasselbe später dem Hermannstädter Magistrat zurückstellte.
Ein zweites Protokoll kaufte der Hermannstädter Rath im Jahre 1618 von einem
Ungarn um 3 Gulden zurück. Siehe Prot. Nr. V, Seite 6.
80

sei, um nur die Stadt zu erretten. Freudig eilten die Bürger hiu , jeder
das noch vergrabene Geld und Silber zu holen ; als aber das Geld zusam-
mengebracht war , nahm es Báthori , behielt aber nichts desto weniger
die Stadt in seinen Händen , ließ dazu noch plündern , den Rath und die
Communität gefangen seßen und die Fenster des Rathhauses vermauern.
So erzählt unser Chronist ; Tentsch in der Sachsengeschichte weiß nichts
vom Versprechen, die Stadt zurück zu geben und gibt als Ursache der Ein-
kerkerung des Rathes an : weil die vem Fürsten verlangte Summe von
100,000 Gulden nicht , wie er geboten , in drei Tagen aufgebracht werden
konnte. Die lettere Erzählung ist sicher die richtigere, doch wollte ich auch
die Darstellung des Chronisten nicht übergehen."
Als nach wochenlanger Gefangenschaft endlich das Geld zusammenge-
bracht war, ging Báthori in seiner Tyrannei noch weiter. Nicht genug,
daß er die Bürger aller fahrenden Habe beraubt hatte , so erklärte er jegt,
daß alle Bürger auswandern müßten und nur die unentbehrlichsten Gewerbs-
leute zurückbleiben dürften. Die ganze Nacht ritt ein Mitglied des Rathes
mit zwei fürstlichen Commissären in den Gassen herum und bezeichnete jene
Familien, welche mit dem kommenden Morgen ihr Vaterhaus verlassen und
in die Verbannung gehen mußten. In den verlassenen Häusern würde ein
wüstes Leben geführt , kaum zu beschreiben ; die Parterrewohnungen in den
Häusern waren meist in Stallungen umgewandelt , in den Stockwerken aber
schwelgte und zechte die wüste Menge in unersättlichem Genuße. Auch in
dieser Beziehung war das Beispiel des Fürsten das verderblichste. Wo sollte
ihm , der wenn es die Befriedigung seiner Leidenschaften galt, keine Schran-
ken kannte , die Frauenehre heilig sein ? Wo mildere Mittel nicht halfen,
da wurde Gewalt gebraucht, und des Königsrichters Melmer arme Toch
ter war eines dieser Opfer. Die schöne Frau eines Bürgers , Johann
Balk, zog, da sie keine andere Rettung sah , den Tod der Entehrung vor
und brachte sich selbst ums Leben.
Im Jahre 1612 hielt Báthori einen zweiten Landtag in Hermann-
stadt, ließ den unglücklichen Königsrichter Melmer seines Amtes entsetzen
und ernannte den Repser Königsrichter David Weihrauch zum Königs-

richter von Hermannstadt. Zweimal noch wiederholte sich das schreckliche
Schauspiel der Bürgerausweisung aus der Stadt, und diese war so verödet
und verwüstet , daß seine Leute in verschiedenen Gaſſen pflügten und Hirse
säeten. In diesem Elend nahmen die Sachsen ihre Zuflucht zum römischen
und türkischen Kaiser und baten um Unterstügung. Valentin Bakosch ,
ein Hermannstädter, wurde zum Kaiser gesendet, Peter Kamner aus Her-
mannstadt und Michael Jeckel aus Kronstadt gingen zum Sultan. Beide
Gesandtschaften brachten zwar trostreiche Zusicherungen, allein die Hilfe ſelbſt
blieb ferne.
Báthori's unsinniges Wüthen rief endlich selbst in seiner Umgebung
Unmuth hervor. Sein Günſtling Gabriel Bethlen machte ihm Anfangs
freundschaftliche Vorstellungen , wandte sich aber , als diese nichts fruchteten,
vom Fürsten ab ; hierüber ergrimmt , strebte ihm Báthori nach dem Le-
ben , und Bethlen war gezwungen , sich zum Pascha von Temesvar zu
flüchten. Auf einem zweiten , in diesem Jahre in Hermannstadt abgehalte-
nen Landtage ließ Báthori den Gabriel für einen Hochverräther erklä-
ren, fing jedoch, wahrscheinlich aus Furcht vor den beiden Kaiſern , an, ſich
181

den Sachsen gnädiger zu zeigen. Zu Anfang des Jahres 1613 kamen auch
wirklich, sowohl von Mathias als auch vom Sultan Gesandte zu Bá-
thori und mahnten ernst zur Milde und Versöhnung. Bald aber änderte
sich der Stand der Dinge. Gabriel Bethlen war im Jahre 1613
nach Konstantinopel gereist und hatte sich daselbst am 1. Mai die Ernen-
nung zum Fürsten von Siebenbürgen erwirkt. Mit türkischen Truppen
rückte er im Lande ein und wurde in Klausenburg am 23. Oktober von den
dahin zum Landtage berufenen Ständen als Fürst ausgerufen und Bá-
thori dieſer Würde für verlustig erklärt. Dieser weilte unterdeſſen_in
Großwardein und nahm sich bei der Nachricht von den Klausenburger Er-
eignissen vor, ernstlichen Widerstand zu leisten. Zur Ausführung kam dieser
Entschluß jedoch nicht , denn Báthori wurde , nachdem er den Befehl ge=
geben hatte , es sollen alle Bewohner Hermannſtadts , selbst Weiber und
Kinder , ohne alle Gnade niedergehauen werden , am 27. Oktober von ſei-
nen eigenen Leuten im Wagen getödtet. So blutig endete dieser blutige
Mann, nachdem er sein schönes Fürstenthum faſt ganz verwüstet hatte. Wie
die beiden ersten Báthori's die Wunden des zerrütteten Landes durch
Weisheit, Milde und Mäßigung in kurzer Zeit geheilt hatten, so hatten die
beiden lezten dieses Hauses , Sigismund und Gabriel , jene Wunden
nicht nur wieder aufgerissen, sondern auch neue und viel tiefere geschlagen.
Die erste Bitte, welche die Sachsen an den neuen Fürsten stellten,
war natürlich die , um Rückgabe Hermannstadts an seine Bürger. Kronstadt
und Schäßburg waren , wie schon unter Báthori , so auch bei dieſer Ge-
legenheit die wärmsten und gewichtigsten Fürsprecher Hermannstadts . Beth-
len versprach , die Stadt nicht für sich behalten zu wollen , erklärte jedoch,
daß er in dem nunmehr hereingebrochenen Winter die Start nicht mehr
verlassen könne ; jedoch wolle er schon von jetzt an dieselbe nicht als seinen
Wohnort, sondern nur als zeitweiligen Aufenthalt ansehen 1). Endlich am
18. Februar 1614 brach der glückliche Tag an , an welchem Gabriel
Bethlen dem Rathe die Schlüffel der Stadt übergab.
Was Bethlen versprochen , als er sagte: „Ich will der Herr der
Ungarn, der Graf der Széfler und der Vater der Sachsen sein, " das hat
er treu gehalten , obgleich er Anfangs bereute Hermannſtadt aus den Hän-
den gegeben zu haben.
Wir stehen nun an einem Abschnitte der Geschichte Hermannstadts,
wo man sagen könnte , das alte Hermannstadt , war untergegangen und ein
neues mußte gegründet werden. Doch wo war der Mann dazu , um diese
Aufgabe würdig zu lösen ? Hermannstadt erhob sich zwar aus den Trüm-
mern wieder, allein die alte Kraft schien dennoch gebrochen. Wenn wir im
16. Jahrhundert fort und fort neuen Schöpfungen begegnen , so zeigt uns
dagegen diese Zeit, wo doch ein so weites Feld der Thätigkeit geöffnet war,
nur dürftige Spuren der früheren Thatkraft , welche kaum ausreicht , das
von den Vätern Ueberkommene zu erhalten, aber nicht hinreicht, um Neues
zu schaffen. Ueberhaupt weht durch das ganze 17. Jahrhundert ein Geist
des starren Festhaltens des Gegebenen , der sich scheu und ängstlich von
Neuerungen abwendet. Diese Richtung findet aber ihre volle Erklärung

¹) Archiv des Vereins für siebenb. Landeskunde, neue Folge, III. Bd. , S. 227.
6
82

und wohl auch einige Entschuldigung darin , daß der alte Wohlstand gänz-
lich vernichtet war, und die glücklichen Zeiten , wo solche Wunder durch er
höhte Thätigkeit in großen Unternehmungen rasch geheilt werden konnten,
seit den ewigen Kriegen in Ungarn und den umliegenden Ländern ver-
schwunden war.
Melmer sollte die Freude der Wiedergeburt Hermannſtadts_nicht
mehr erleben ; gebrochenen Herzens war der arme Mann schon früher,
wahrscheinlich im Jahre 1613, gestorben. Am 20. April 1614 wurde , in
außergewöhnlicher Zeit , die neue Beamtenwahl mit großem Jubel_vorge-
nommen, Kolomann Gozmeister wurde Königsrichter, Gallus Lutsch ,
welcher noch am Leben war, blieb Bürgermeister bis zu seinem Tode, wel-
cher am 18. Jänner 1615 erfolgte.
Wohl könnten wir erwarten nach einer solchen Katastrophe großarti-
gen Veränderungen im Aeußern der Stadt zu begegnen ; diese mögen auch
mannigfaltig gewesen sein , allein sie erstreckten sich nicht auf die Errichtung
oder Vergrößerung öffentlicher Gebäude , daher uns auch keine Nachrichten
darüber aufbewahrt sind.
Gewerbe und Handel ! Was läßt sich wohl von diesen Früchten des
Friedens in so unendlich wilder Zeit erwarten ? Verbannte , die mit dem
Stab in der Hand ihre Vaterstadt verlassen mußten, konnten keinen Handel
treiben , noch blühende Werkstätten errichten , über diese haben wir daher
nichts zu berichten. Nur die Universität war im Jahre 1615 thätig in der
Fassung neuer Zunftartikel.
Auf dem Felde der Gesetzgebung tauchen keine neuen Erscheinungen
auf, das Statutargeſetzbuch genügte für das Privatrecht vollkommen. Nur
die Nachbarschaften gaben sich zum großen Theile im Jahre 1615 neue
Artikel, und überall ist bei denselben die Bemerkung beigefügt , daß dieſe
Artikel verfaßt worden seien , ILweil die vorigen von den Hungarn wegge-
raubet wurden " ¹) .

¹) Artikel und Ordnungen der Ehrligenn Nachbarschafft in der Reispergaß von der
ganczer Nachbarschafft aufs Nay (weil die vorigen von den Hungern weck gerau-
bet) beschlossen vnd mit eintrachtt gebilliget worden den 4 Marcij Anno 1615.
1. Welcher gutt Herr in der Nachbarschafft wohnet vnnd die Herren der Nachbar-
schafft mit zu beistandt in freyden oder betümernis begehret, der soll sich zu vor nach alter
Löbligen gewonheit eingrüffen vnd einbitten laſſen, als den soll die Nachbarschafft in ſei=
ner Bitt auch gewehren.
2. Wen sich einer ein bitten hat laffen soll er schuldich sein die Nachbarschafft zu
halten wen es in der Ordnung an in kompt er sey bey sie gangen oder nicht. Nach dem
mall wo in nicht gelüftet in die Nachbarschafft zu gehen soll es in seinem willen stehen
allein das er gehorsamkeit leiste, welche er schuldig und verheissen hat.
3. Welch gutt Herr vnd Nachbar das Jar vber nicht lust hat in die Nachbarschafft
zu gehen, soll er die Nachbarschafft im Jar ein mal halten , oder am Äscher Mitwoch sich
erczeugen auffs wenigst bet verlörniß der Nachbarschafft, mit flor 1.
4. Derweill auch in der Ehrligen Nachbarschafft Spill vnnd Kurzweill_zugelaſſen
wirt, soll nach Neunen kin Spill geschehen , wer das thut, soll verfallen ein eimer wein,
es sei den das es ihnen von den herren Nachbar Hannen vnnd Eltesten herren zugelaſſen
werde darumb die ienige so kurzweill treiben wollen sollen bitten.
5. Sintemall offt sich zu tregt das ein Nachbar den andern lügen strafft, oder auch
andern vnzimlige Bubenstück mutwillig handelt, solcher soll nach gelegenheit des verebels
in der Nachbarschafft gestrafft werdenn.
6. Wen die Ehrligë Nachbarschafft bei einander auff der Wirdschafft iſt, vnd ein
83

Ueber Kirchen und Schulwesen haben wir aus dieser Zeit nichts zu
berichten.
Bethlen's Regierung war leider nur von kurzer Dauer , er starb,
viel zu früh für das Land , schon am 15. November 1629. Doch war
Hermannstadt, wie schon oben erwähnt, auch in dieser Zeit schon unter der
Leitung Getmeister's und der während dieser Zeit rasch aufeinander

Nachbar sich nicht will laſſen wnterrichten vom Nachbar Hannen, sondern in truß wort
gibt, soll verfallen denar 16.
7. Welch Nachbar drap mall bey die Nachbar gehett ist sie schuldig zu haltenn.
8. Es soll auch ein ieder Nachbar sein gesindt berichten vnnd befehlen, wen sie
nachkommen in die Nachbarschafft oder andere wirdſchafften das sie sich nicht alda voll
sauffen vnd die tisch im auffstehen räumen, wer das thut, soll desselben Herr gestrafft wer-
denn vmb einen halben eimer wein.
9. Wen der Zeichen in der Nachbarschafft vmb geschickt wirdt , vnd derselbige von
einem Nachbar nicht zum andern fortgeschickt, oder auch verkerdt wirt , der soll gestrafft
werden d. 16.
10. Wo ein gutter Herr aus der Nachbarschafft seine Leich wird begehren mit den
Nachbarn zum begrebnis zu tragen Sollen die Jüngste Nachbar darzu verflicht sein , wel-
chen nemlich vonn den Herren Nachbar Hannen gebotten wird vnnd wo einer solchem
gebot nicht nachkompt soll gestrafft werden d. 16.
11. Welcher Nachbar nicht auff die Leich gehet wen der Zeichen vmbgeschickt wirt,
soll verfallen denar 16 Vnnd wen er von der leich nicht wiederumb das Haus verfelt
er den. 2.
12. Wen ein gutter Herr in der Nachbarschafft einen Zehger will machen der soll
dem andern Nachbarn biß in das dritte Hauß nach wartten drey tag vnd wen der dritte
tag verschinen, soll es demselben zu gelassen werden, macht aber zwischen den dreh hehsern
einer einen Zeuger , ehe der dritte tag nicht verscheint, der soll verfallen d. 50.
13. Welcher aus nachlessigkeit die Nachbarschafft furvber left gehenn , oder so er
hinweck rehſet vnnd keinen Nachbar anlanget die Nachbarschafft in ſeinem Namen zu laden
oder zu halten der soll so offt als Sonntäg vergehen gestrafft werden ahnen alle
genad d. 50.
14. Wer die Nachbar Kleinodien zu im hatt vnnd dieselbige nicht zum Herren
Nachbar Hannen biß auff den dritten tag verschafft, soll verfallen d. 16.
15. Welche Nachbar die da sollen in der Gaffe hütten , soll der erst Nachbar dem
Herren dem Hannen die Huett anzeigen, zeugt er sie nicht an soll er verfallen d. 4.
Der ander aber sagt er die Huet nicht fort , vnnd bleibt still stehen, soll er von
ieder nacht zur straff geben d. 6.
Ittem soll der Hann macht haben , wo die Nachts Huet verwarloft wird , einen
Nachbar an zu reden zu gebietten das die huet gefurdert werdt vnnd wo sich iemandt
widersetzet oder wngehorsam ist, soll zur straff geben d. 16.
16. Wen ein Nachbar erfunden wirdt , das er etuas wnsaubers oder sein gesünd
in die gaß schüttet, das einen mackell gibt, soll verfallen d . 16.
17. So einem Nachbar wegen seines verebels eine straff wirt aufferlegt vnnd die-
selbig aus mutwillen vnd hönischer verachtung auff bestümbte zeitt so die ehrlige Nachbar-
schafft im sehen wirt nicht erleget oder in den willen kompt , der soll entweder aus der
Nachbarschafft ausgelaffen oder doppelt vnnd zweifeltig gestrafft werdenn.
18. Soll der Elteste Nachbar Hannseines getragenen Hannen Ampts vber einkommen vnd
ausgeben alle Jar auff den Äscher Mituach der Nachbarschafft Rechnung geben ahnen
weitternn aufschub.
19. Wer sich trünken trinkt auff der wirdtschafft , vnd den wein nicht bei sich behelt
ſondern denselben vngebürliger weis herausgibtt vnd vndeitt, soll zur straff verfallen d. 25.
20. Wenn einem in der Nachbarschafft von den Herr Nachbarhannen vnd den
Brunnenmeistern wirdt gebotten das er in der Nachbarschafft diensten vnd nothdürfft soll
etwas gebraucht werden vnd er sich vngehorsam left finden soll verfallen d. 16.
21. Wer in den ehrligen wirdtschaften einen becher wein verschütt, verbieß d. 5.
22. Wer in den wirdtschafften nitt verbleibtt bis zum vrlaub verbüßt d. 5.
*9
84

folgenden Bürgermeister , Gallus Lutsch, Johann Rhener, Michael


Lutsch, Paulus Ludovici und Johann Schwarz (Melas , Fekete)
etwas erstarkt.
Ehe wir in der Darstellung der Ereignisse weiter gehen , können wir
es uns nicht versagen , einige Nachrichten über den oben schon erwähnten
Bürgermeister Johann Rhener, nach Seivert's Angaben , hier mitzu-
theilen. Nach ihm war Rhener seinem Gewerbe nach ein Schneider,
wußte sich aber so gut zu benehmen , daß er schon im Jahre 1604 von
Kaiser Rudolf, zugleich mit dem würdigen Albrecht Huet, zum fieben-
bürgischen Kammerrath ernannt wurde. Sein schändliches Vorhaben im
Jahre 1605 haben wir oben schon erwähnt , sowie seine Flucht in die Wa-
lachei. Hier erhielt er vom Hospodar Radul ein Landgut , und knüpfte
bald mit des Fürsten Gattin Florida ein sehr vertrautes Verhältniß an.
Bald jedoch muß er sich wieder mit den Hermannstädtern versöhnt haben
und in seine Heimath zurückgekehrt sein, denn im Jahre 1610 ließ ihn Ga-
briel Báthori , als er mit reichen Waaren aus Prag zurückkehrte , unter
dem Vorwande , er habe geheime , dem Fürsten nachtheilige Befehle vom
Könige von Ungarn und den verbannten Edelleuten an den Hospodaren der
Walachei , in Klausenburg festnehmen , konfiscirte ihm zur Strafe für das
angedichtete Vergehen , nicht allein seine Waaren , im Werthe von 75,000
Gulden, sondern schickte ihn auch in die Verbannung. Von Gabriel Beth-
len erhielt er , durch Verwendung der Hermannstädter , am 11. November
1613 die Erlaubniß in sein Vaterland zurückzukehren und wurde im Jahre
1615 , nach dem Tode des Gallus Lutsch zum Bürgermeister erwählt,
worauf ihn Bethlen in wichtigen Staatsangelegenheiten an den Kaiſer ſen-
bete. Ungeachtet dieser vielfachen Gnade war Rhener doch weit davon
entfernt sich dem Fürsten dankbar zu erweisen. Sein unbändiger Ehrgeiz,
der ihn antrieb die Fürstenwürde Siebenbürgens für sich zu erstreben , ver-
leitete ihn, mit mehreren sächsischen Oberbeamten, sich in eine Verschwörung
gegen seinen Wohlthäter , Gabriel Bethlen , einzulassen. Diese wurde
entdeckt und Rhener, der zur Zeit gerade in Wien war, auf Veranlaſſung
des Fürsten daselbst verhaftet. Bald gelang es ihm, die Freiheit wieder zu
erlangen, doch kam er, als ihn ein kaiserlicher Miniſter einſt beim Einpacken
von Kaufmannswaaren überraschte , um sein erschlichenes Ansehen , da er
nur ein " Pfeffersack" war 1). Im Jahre 1617 wurde ihm auf Befehl
Bethlen's wieder eine Waarensendung im Werthe von 8000 Gulden weg-
genommen , und nun suchte Rhener flehendlichst die Gnade des Fürsten
an. Diese ward ihm unter gewissen Bedingungen ertheilt ; er kam im
Jahre 1625 nach Klausenburg, starb hier jedoch bald an erhaltenem Gifte.
[Nach Andern fällt sein Tod in das Jahr 1620] ) .

1) I erinnere mich irgendwo dieses Ereigniß so dargestellt gelesen zu haben ;


Rhener habe auch in Wien aufs neue Ränke gesponnen, um sich den Fürstenhut zu ver-
schaffen und sei auch so lange in seinen Bemühungen ziemlich glücklich gewesen , bis ihn
ein Fürst Liechtenstein beim Waarenpacken überrascht habe. Nach kurzer falter Unterre-
dung habe er Rhenern verlassen, um nicht wieder zu kehren , und da er auch den übrigen
hohen Herren gesagt, daß Rhener nur ein „ Bfefferfack“ (Kaufmann) wäre , so sei Rheners
Fürstentraum zu Ende gewesen.
*) Seiwerts Prov. Bürgermeister S. 65–68. ·´
85

Gabriel Bethlen's Regierung liefert, außer dem bereits Angeführ-


ten , Weniges für die Specialgeschichte Hermannstadts. Zu erwähnen ist,
daß die Ungarn im Jahre 1625 einen erneuten Versuch machten , sich das
Concivilitätsrecht in sächsischen Städten zu erwerben ; allein die Ereignisse
der Jahre 1610-1613 hatten die , in dieser Beziehung von jeher zähen
Sachsen, noch weit unnachgiebiger gemacht , sie erklärten auf den diesfallſi-
gen Antrag dem Fürsten geradezu , daß sie , wenn man darauf beharren
wolle , ihrerseits fest entschlossen seien , Gut und Blut daran zu sehen , ihr
verbrieftes Recht zu vertheidigen. Auf die Spitze wollte der Fürst die Sache
nicht treiben und so gelang es auch diesmal, den Sturm zu beschwören.
Gogmeister starb im Jahre 1633 , nachdem er das Königsrichteramt ún-
ter drei Regenten , Gabriel Bethlen, dessen Gattin Katharina von
Brandenburg und Georg Rakozi I., geführt hatte.
Gozmeister's Nachfolger , die Königsrichter Valentin Seraphin ,
Michael Agnethler , Valentin Frank, hatten , ungeachtet der vielbe-
wegten Zeit, eine verhältnißmäßig ruhige Amtsführung. Hermannſtadt war
glücklich genug, in dieser Zeit von keinem politischen Ereignisse unmittelbar
berührt zu werden. Die heftigen Kämpfe auf den Landtagen , namentlich
unter Georg Rakozi's II. Regierung , die immer wiederkehrenden An-
griffe auf die Selbstständigkeit der Sachsen, gehören in die Sachſengeschichte
und können hier eben nur erwähnt werden.
Wie heftig diese Kämpfe waren und was die Deputirten der Sach-
sen auf den Landtagen zu befahren hatten , geht daraus hervor, daß die
Universität im Jahre 1653 es für nöthig fand , sich von allen Korporatio-
nen und Zünften Versicherungsschreiben darüber geben zu lassen , daß sie
den Protest , welchen die Deputirten gegen die gefaßten Beschlüsse erhoben
hatten, nicht widerrufen und für ihre Angehörigen, falls den Deputirten ein
Unglück zustoße, sorgen wollten ' ).
Doch bald sollten auch schwere Zeiten kommen. Georg Rakozi II .
welcher im Jahre 1648 den Fürstenstuhl nach seinem Vater bestieg , hatte
durch seine hochfliegenden Plane und seinen wiederholten Ungehorsam gegen
die Pforte fich des Sultans Ungnade zugezogen. Am 27. Oktober 1657
erschien im Landtage eine türkische Gesandtschaft mit einem Schreiben, worin
Rakozi des Fürſtenſtuhles für verlustig erklärt und der Landtag beauftragt

1) Wir Zechmeister vnd Eltesten, sampt der ganzen Ehrlichen Tischler Zech der
Königlicher Hermannstatt, Fügen allen vnd ieden so es gebüret, zu wiffen.
Nachdem wir vernommen haben , Wie das vor verfloffenen iahren, etlige Artikell
gemacht, dieselbigen aber ihm nöchst verlauffenen Generall Landtag , von denen andern
Landes Ständen, vnsern freyheitten zu wider geschlossen sein worden, mit welchen wir von
vbralten Gottseligen Königen begabet sein worden. Dieweill aber vnsere liebe vnd von
Gott vorgefaßte Obrigkeit , dieselbe Artikell , mit nichten hat wollen annemen , sondern
dieselben widersprochen vnd darauff protestieret, bey welcher geschehener Proteftation vnd
vhrolten freyheitten, wir ſämptlich vns verobligteren,' ſtandhafftig zu verbleiben. Im Fall
auch, so denen N. F. W. H. welche in den Landtag werden verreysen , vnsere Freyheitt
weitter zu erhalten, vnd sie vmb deßwegen in gefahr , da gott für sey , möchten kommen,
verheissen wir ihnen , vnsere vnterthänige vnd schuldige Trewe zu leisten, den N. F. W.
H. die hand langen vnd hilffen tragen , zu mehreni glauben , geben wir vnsern eignen
Zech Sigilln darauff. Geschehen in der Königlicher Hermannstadt den 31. Decembris.
Anno 1653.
86

wurde , sofort einen neuen Fürſten zu erwählen. Rakozi war genöthigt


abzudanken und an seine Stelle wurde Johann Rhedei zum Fürsten er-
wählt. Doch baten die Stände den Sultan , er möchte Rakozi die Für-
ſtenwürde belaſſen. Ehe aber von Konstantinopel eine Antwort erfolgte,
hatte sich Rakozi am 25. Jänner 1658 schon wieder zum Fürſten ausru-
fen laffen. Darüber ergrimmt, überflutheten nun die Türken Siebenbürgen.
Raubend und sengend zogen sie durch das Land , und Hermannstadt entging
dem Schicksale der Plünderung nur dadurch , daß es 25000 Thaler dem
Pascha zum Geschenk machte. Mit der Bitte um Schonung wurden von
dem armen Lande Achatius Bartschai , Franz Daniel und der Graf
der Sachsen Johann Lutsch zum Großvezier entsendet. Dieser auferlegte
dem Lande eine Geldbuße von 500,000 Thaler , ernannte den Achatius
Bartschai am 14. September 1658 zum Fürsten und schickte Lutsch mit
zwei Ungarn als Geiſeln bis zur Einzahlung dieser Geldsumme nach Kon-
ſtantinopel. Drei Jahre mußte Lutsch hier in unverdienter Gefangenschaft
schmachten, bis ihn endlich im Jahre 1661 der Tod von seinem traurigen
Schicksale erlöste. Tiefergreifend ist das Tagebuch , welches dieser unglück-
liche Mann führte. Auf die Nachricht hin , daß er mit Sigismund
Banffi werde befreit werden , schreibt er : 3. Novembris ward ich mit
fröhlicher Bothschaft durch einen Chauss zu Kaimekan , sustituto Vezerii
magni gefordert ; allda wurde mir angezeigt , daß ich sampt dem Herrn
Banffy Sigmond für dem obersten Vezeren würde nach Adrianopel gefor-
dert, würde allda freygesprochen, und nach Haus geschickt werden. Ach lie-
ber Gott, wie ward ich (als ein anderthalbjähriger Rabb) erfreuet , aber
Gott im Himmel erbarms ich erfahret als wir hinkommen anderst, wie her-
nach zu lesen. Machten uns die 5. Novembris auff, und sind den 9. No-
vembris nach Adrianopel ankommen. "
"1 11. Novembris haben wir uns mit dem Vezeren begegnet ich sampt
den andern, so von Jenö mitgekommen waren , bekommen dieß traurige und
Herz durchdringende Mandat und Befehl, nemblich wir sollten abermal hier
verbleiben , welche Wort fürwahr Zentner waren , durchdrungen mein Herz
wie zweyschneidig Schwerdt, mußte also abermahl mit meinen Gefährten "all-
hier in der Rabság (Gefangenschaft) verbleiben."
,,25. Novembris verreiset Herr Sigismundus Banffi fampt denen
andern Legatis , so in der Indicula waren gefangen geweſen nach Hauss
mit groffen Freuden. Ach du getreuer und gerechter Gott , erbarm dich
dermal einst auch meiner aus Gnaden und errette mich aus dieser Feinde
Hände und lass mich abermal zu den Meinen gelangen und setz mich aber-
mahl in das Ämpt, das du mir anbefohlen hast , wie du Herr gethan hast
vielen Gefangenen wunderbarlicherweise, allso lieber Gott auch mit mir, der
ich mich ganz auf deine treue Verheißung verlaſſe. Amen " ).
In Siebenbürgen hatte unterdessen Bartschai bei seiner Rückkehr
aus Konstantinopel die Regierung angetreten. Diese war aber nichts we-
niger als ruhig. Rakozi war nicht der Mann dazu , den Fürstenstab sich
so leichten Kaufes aus den Händen winden zu lassen. Schnell genug hatte
er wieder ein Heer gesammelt, führte dieses gegen Bartschai und zwang

¹) Kemény's deutsche Fundgruben, Band 1, Seite 330–331 .


87

am 29. September 1659 das Land zum dritten Male ihn als Fürſten an-
zuerkennen. Von Rakozi Schritt für Schritt zurückgedrängt , wandte sich
endlich Bartschai nach Hermannstadt, und ehe noch die Bürger zum Ent-
schluß gekommen waren, ob sie Bartschai die Aufnahme in die Stadt ge-
währen sollten oder nicht , war dieser schon mit Bewilligung des Bürger-
meisters Andreas Werder am 13. December 1659 in Hermannſtadt mit
seinem Gefolge, dann 1500 Janitscharen und 500 Spahi eingerückt.
Schon zehn Tage darauf erschien der Vortrab von Rakozi's Heer
vor Hermannstadt und die Cernirung begann. Sofort wurde in der Stadt
der Hainal eingestellt und auf dem Wiesenplate , an der Stelle des von
Hochmeisterschen Hauſes, eine Roßmühle errichtet. Mit blutendem Her-
zen gingen die Bürger an die Zerstörung der schönen Obstgärten und
Maierhöfe um die Stadt herum , führten das Holz der Bäume und Um-
plankungen in die Stadt und zerstörten bei dieser Gelegenheit die letzten
Ueberreste des oft erwähnten, früher vor dem Elisabeththore gelegenen Do-
minikanerklosters , um dem Feinde keinen Punkt zu lassen , wo er sich_unge-
sehen der Stadt nähern konnte. Bald kam auch Rakozi mit der Haupt-
truppe nach, nahm ſein Quartier in Schellenberg und betrieb die Belage=
rung auf das eifrigste. Als die Beschießung der Stadt keinen Erfolg hatte,
ließ er von Weißenburg (Karlsburg) den großen Wolf, ein ungeheures Ge-
schütz, welches Sigismund Báthori im Jahre 1593 hatte gießen laſſen,
vor die Stadt bringen. Die große Pfarrkirche und der Schmiedethurm in
der Nähe des Sagthores waren es hauptsächlich , worauf Rakozi seine
Geschüße spielen ließ. Die große Kirche wollte er deshalb zertrümmern,
weil er den Hermannſtädtern bei der ersten Aufforderung zur Uebergebe da-
mit gedroht hatte , er werde , wenn sie ihm die Thore nicht öffneten , vor
Allem die große Kirche zusammenschießen lassen . Auf den Schmiedethurm
war der Grimm des Feindes deßhalb gerichtet , weil diese zur Verhöhnung
der Belagerer, ſo oft eine Kugel den Thurm traf, mit einem Fuchsschwanz,
der an einer langen Stange befestigt war, über die getroffene Stelle fuhren.
In einer eigenen Schanze vor dem Sagthore wurde der große Wolf_auf-
gerichtet , und nicht gering war die Besorgniß der armen Hermannstädter,
als das Ungethüm seine erste Ladung der Stadt zuschickte. Allein glückli-
cher Weise zeigten sich die Erwartungen und Befürchtungen als ungegrün-
det ; der Wolf entsprach durchaus nicht. Die Kirche blieb , Dank der Un-
vollkommenheit des damaligen Geschützwesens , im wesentlichen unversehrt.
Eine Kugel , welche einst während des Gottesdienstes zu einem Fenster ein-
drang und in der Wand des rechten Kreuzschiffes stecken blieb, ist zum blei-
benden Andenken an derselben Stelle , in einem Dehr hängeno , noch heute
zu sehen ; eine Inschrift, welche unter die Kugel gesetzt worden war , wurde
später übertüncht.
Obgleich nun die Geschütze keinen so bedeutenden Schaden anrichte-
ten, als man Anfangs besorgt hatte , so war doch die Lage der Hermann-
städter eine sehr schwierige. Nicht genug , daß außerhalb der Stadt der
Feind lagerte, so zeigte es sich, daß auch in der Stadt nicht lauter Freunde
waren. Bartschai selbst soll, ängstlich über den Ausgang der Belagerung,
dem Gedanken einer Aussöhnung mit Rakozi nicht fremd gewesen sein, und
wäre nicht die türkische Besaßung gewesen , vor welcher Bartschai Scheu
88

trug , es hätte leicht kommen können , daß er Hermannstadt geopfert hätte,


um den Frieden mit Rakozi zu schließen.
Indessen dauerte die Belagerung mit ihren häufigen Ausfällen und
erfolglosen Unterhandlungen fort, ohne daß Rakozi Bortheile errang. Ge-
gen Ende April endlich fingen in der Stadt die Lebensmittel an auszuge-
hen, und Rakozi begann sich ernstlich zum Sturme zu rüsten. Er wußte
sehr wohl , daß die Türken , sobald die Winterquartiere aufgehoben werden
fonnten , unverzüglich zum Entsatz von Hermannstadt heranrücken würden.
Am 2. Mai schickte er eine lezte Aufforderung zur Uebergabe in die Stadt
und als diese erfolglos blieb, ließ er den 3. und 4. Mai von allen umlie-
genden Ortschaften Leitern zusammenbringen und neue Schanzen näher an
der Stadt aufwerfen. Die Noth der Belagerten stieg immer höher. Aus
den neuen Schanzen war der Mauerkranz der Burgerthorbastei abgebrochen
worden ; an waffenfähiger Mannschaft trat auch ein fühlbarer Mangel ein
und die Stimmung in der Stadt war die gedrückteste. Wer beschreibt daher
die Freude der armen Belagerten, als sie am 15. Mai plöglich die Schan-
zen wie ausgestorben vor sich liegen fahen ; vorsichtige Patroullirungen zeig-
ten, daß sie wirklich verlassen waren, und als endlich über Heltau, Michels.
berg und die übrigen umliegenden Dörfern eine große Rekognoscirung mit
fliegenden Fahnen vorgenommen wurde, gewann man die Ueberzeugung, daß
der Feind die Belagerung aufgehoben und sich in der Nacht gänzlich zurück-
gezogen hatte. Die Nachricht vom Anmarsche der Türken war die Ursache
dieses schleunigen Abzuges. Rakozi ging denselben muthig entgegen, wurde
aber in einem Gefechte bei Gyalu verwundet und starb im Juni 1660 in
Großwardein.
Die Hermannstädter hatten unterdeffen vollauf zu thun ; die Mühl-
kanäle und Waſſerleitungen , welche Rakozi natürlich zerstört hatte , wur
den wieder hergestellt , die Meierhöfe und Gärten wieder umplankt , die
Teiche gereinigt und der große Wolf , welchen die Belagerer in der Eile
ihres Abmarsches nicht hatten mitnehmen können , unter großem Jubel in
des Zeughaus gebracht , und damit er später nicht zurückgefordert werden
könne , zerfägt und 15 kleinere Geschütze daraus gegossen. Vierzehn Tage
nach Rakozi, am 29. Mai, reiſte Bartschai aus Hermannstadt ab. Nun
aber brach in Folge der vielen , während der Belagerung , um die Stadt
unverscharrt liegen gebliebenen Menschen- und Thierleichen eine verheerende
Best aus und raffte die Hälfte der ohnehin schon zusammengeschmolzenen
Bevölkerung dahin.
Mit Rakogi's Tod war der Friebe im Lande noch lange nicht her-
gestellt. Bartschai wurde durch die Stände vermocht zu Ende des Fah-
res 1660 abzudanken ; sein Nachfolger , Johann Kemény , mußte ebenſo
dem am 14. September 1661 vom Ali Pascha zum Fürsten erklärten
Michael Apafi weichen. Aber kemény gedachte, wie Rakoti mit dem
Schwert in der Hand sich den Fürstenhut wieder zu erringen ; doch gelang
ihm dieses ebenso wenig, wie jenem , und am 23. Jänner 1662 fiel er im
Kampfe gegen die Türken in der Schlacht bei Grosch-Alisch.
In dieser Zeit war nun Siebenbürgen zu einer wirklichen türkischen
Provinz geworden. Das Elend dieser Lage, in der man dem Belieben der
großen Paschen Preis gegeben war , Apafi's große Schwäche und geringe
Befähigung, endlich die glücklichen Fortschritte Desterreichs gegen die Tür-
89

fen in Ungarn , namentlich seit der vergeblichen Belagerung Wiens durch


die Türken im J. 1683, machten es endlich auch einem großen Theil des
ungrischen Adels klar , daß Heil und Hilfe für das gedrückte Land nur zu
hoffen sei, wenn es dem Beispiele Ungarns folgend , sich unter Oesterreichs
Schutz und Oberhoheit begebe. Daß Hermannstadt , seiner traditionellen
Politik treu, auch diesmal an der Spitze der Sachsen sich der österreichi-
schen Partei anschloß, braucht wohl kaum gesagt zu werden.
Mit dem Jahre 1684 begannen ernste Unterhandlungen mit Dester-
reich. Anfangs führten sie nicht gleich zum erwünschten Ziele , namentlich
weil der Usurpator Emerich Tököli , nach Michael Apafi's Tode ( 1690)
mit türkischer Hilse in das Land einfiel und längere Zeit hindurch die Ver-
handlungen unterbrach. Endlich kam aber doch die gänzliche Unterwerfung
unter Desterreich zu Stande, und das Leopoldinische Diplom , der Staats-
grundvertrag zwischen dem Kaiser und Siebenbürgen , unterfertigt von Kai-
fer Leopold 1. am 4. December 1691 war der Schlußstein des Werkes.
Im April 1692 wurde auf dem Landtage zu Hermannstadt die neue Ein-
richtung der Verwaltung berathen. Hermannstadt wurde zur Landeshaupt-
stadt erhoben ; die Geschäfte sollte ein Landesgouverneur und ein Gubernium,
beſtehend aus 12 Räthen, führen. Die Stelle des Landesgouverneurs er-
hielt Georg Graf Banffy und aus der Reihe der Sachsen wurden der
Königsrichter von Hermannstadt Valentin Frank von Frankenſtein ,
der Bürgermeister Christian Reichhard und der Mediascher Bürgermei-
ster Samuel Konrad von Heidendorf, zu Gubernialräthen ernannt.
So war Siebenbürgen endlich in den lang ersehnten und lang ent
behrten Hafen eingelaufen ; aber wie furchtbar hatten die Stürme das arme
Land hergenommen ! Namentlich waren die Sachsen ihrer Zahl und ihrem
Vermögen nach fast am Erlöschen ; früher die reichste Geldquelle des Lan-
ves, waren sie schon seit längerer Zeit genöthigt gewesen, von ungriſchen
Edeln zu hohen Zinsen die Gelder für die Landesbedürfnisse aufzunehmen.
Wir wenden uns nun in der bisher beobachteten Reihenfolge nach
Beendigung der politischen Geschichte zum Aeußern der Stadt und vorerst
zu den Befestigungsbauten. Diese waren durch die im Jahre 1627 unter
dem Königsrichter Colomann Gogmeister und dem Bürgermeister Mi-
chael Lutsch vollendete Soldischbastei , am Ende der Josefstadt , vermehrt
worden. Die Steinschrift, welche von diesem Bau erzählt , lautet : „Pro-
pagnaculum istud aere publico erectum cura vir. gros . prud . ac circ.
dnor. Michaelis Lutsch consulis et Colomanni Gotzmeisteri Jud, Regii
anno M.DC.XXII inceptum. Finitum est in anno M.DC.XXVII. Neue Werke
wurden weiter nicht errichtet , bald aber wurden wieder große Herstellungs-
arbeiten nöthig. Den 28. August 1638, Morgens 3 Uhr, entlud sich ein
heftiges Gewitter über Hermannstadt ; ein Blizstrahl fuhr in den Lederer-
thurm und zündete das darin anfbewahrte Pulver an. Der Thurm sprang
natürlich auf; eine große Feuersbrunst entstand und die Stadtmauer zwi-
schen dem Burger- und Sagthore wurde zerstört. Merkwürdig ist die Ver-
handlung , welche sich nach diesem Braude zwischen dem Hermannstädter
Rath und der Ledererzunft über den Wiederaufbau des Thurmes enspann.
Die Ledererzunft bat, der Magistrat möge, als Obereigenthümer , den Bau
bewerkstelligen lassen , während dagegen der Rath die Zunft , als Eigenthü-
merin , dazu verpflichten wollte. Die Zunft wendete aber ein, die Zünfte
90

seien nicht Eigenthümer, es habe nicht jede Zunft für sich ihren Thurm ge-
baut, sondern es seien die Befestigungen aus gemeinsamen Mitteln , sogar
mit Zuhilfenahme der umliegenden Dörfer erbaut und die einzelnen Thürme
sodann den Zünften blos zur Vertheidigung übergeben worden , deshalb wä-
ren auch auf sämmtlichen Thürmen die Blechfähnlein an der Spitze nicht
mit den Wappen der Zünfte, sondern mit dem Stadtwappen versehen. Nach
dieser Aeußerung der Zunft erkannte der Magiſtrat ihre Behauptung als
richtig an und ließ durch eigens dazu ernannte Bauherrn den Thurm aus
dem Stadtsäckel herstellen. Diese ganze Verhandlung ist in einem eigenen
Auffage in der Ledererzunftlade, welcher die zweimalige Zerstörung des Le-
dererthurmes im Jahre 1571 und 1638 beschreibt enthalten. Auffallend_iſt
es, wie der Magistrat dazu kam, die Zunft zum Bau des Thurmes verpflich
ten zu wollen, da ein Blick in die Rechnungen des 16. Jahrhunderts , na-
mentlich aus den Jahren 1556 und 1571 genügt haben würde , nachzuwei-
ſen, daß die Herstellungen an Mauern und Thürmen immer aus der Stadt-
kaſſe bestritten wurden.
Werfen wir nun einen Blick auf die Gesammtbefeſtigung der Stadt,
wie sie in dem beigefügten Plane, welcher im Jahre 1699 von einem t. t.
Ingenieur, Gio. Morando Visconti, verfaßt wurde und deſſen Original
in Kupfer gestochen, in der Baron von Bruckenthal'schen Bibliothek auf-
wahrt wird , so finden wir Hermannstadt am Ende dieser Periode bewehrt
mit 5 Bastionen, Hallerbastei , Heltnerthorbastei , Soldischbastei , Sagthor-
bastei und Burgerthorbastei , dann 2 kleineren Baſteien , der Wagnerbaſtei
zwischen dem Burgerthor und Elisabeththor und dem sogenannten dicken
Thurm, in welchem das Theater erbaut ist , zwischen dem Heltauerthor und
der Hallerbastei, und endlich mit 34 Mauerthürmen , unter welchen außer
den Thorthürmchen die bedeutendsten der Schmiedethurm zwischen dem Sag-
thor und dem Heltnerthor , der Ledererthurm zwischen dem Sagthor und
Burgerthor, der Goldschmiedthurm am Eingange der Soldiſchbaſtei und der
Seilerthurm am Leichenthürlein waren ; außerdem war die Stadt von der
Soldiſchbastei an, bis zur Hallerbastei mit doppelten Ringmauern versehen.
Da das Elisabeththor allein keine Bastei hatte , so soll der Königsrichter
Mathias Semriger (von 1676-1680) in seinem Testamente 12,000
Gulden zu diesem Zwecke der Stadt vermacht haben ; es ist aber nie zur
zur Ausführung des Baues gekommen. Aus dem Visconti'schen Plane
sieht man ferner, wie rings um die Stadt herum sich Teich an Teich aus-
breitete. Eine eigenthümliche Erscheinung ist es , daß als seit dem 17.
Jahrhundert die Eigenthümer dieser Teiche , welche , wie die Bürger wohl
wußten , einen Haupttheil der Festigkeit Hermannstadts bildeten , dieſelben
anfingen theils ganz trocken zu legen, theils in der Mitte derselben Garten-
anlagen zu machen , in den Rathsprotokollen wiederholt sich der Beschluß
vorfindet, daß Jeder , der einen Teich Weher-Erb" in Wiese verwandle,
ſein Eigenthum verlieren solle, und doch sehen wir im Plane einen großen
Theil der ausgedehnteren Teiche in der Mitte trocken gelegt und zu Gar-
tenanlagen benügt.
Bon andern Bauten sind außer der Stadt zu erwähnen : die Errich-
tung des Kreuzes vor dem Elisabeththore im Jahre 1683 zum Andenken
an die Niederlage Kara Mustapha's vor Wien. Dieses Kreuz war im
Jahre 1417 von einem Desterreicher, Peter Landregen, aus einem Mo-
91

nolithen für das Dominikanerkloster vor dem Elisabeththore ausgehauen


worden ; nach Zerstörung dieses Klosters was das Steinbild dort geblieben,
bis es im genannten Jahre vom Bürgermeister Johann Haupt unter
einem offenen Gewölbe aufgestellt wurde. Später wurde an das Gewölbe
die kleine Kapelle angebaut. Seither kommt dieser Plaß unter der Benen-
nung beim großen Kreuz " vor , während vor dem Burgerthore ein Platz
,,beim kleinen Kreuz" genannt war , den wir aber nicht mehr genau bestim-
men können.
Treten wir in das Innere der Stadt , so finden wir hier keine jener
Veränderungen , welche im 16. Jahrhundert so rasch auf einander folgend
bald den Verkehr erleichternd, bald einem sich kundgebenden Bedürfnisse ab-
helfen, bald endlich der Stadt zur Zierde gereichend, entstanden. Kaum daß
in diesem Zeitraume das Vorhandene zu erhalten möglich war. Die öffent-
lichen Gebäude waren unverändert geblieben ; an schönen Privatgebäuden
war noch immer der große Ring am reichsten , wenn wir auch weit davon
entfernt sind, mit dem eiteln Tröster die lächerliche Parallele Hermannſtadt
mit Wien ziehen zu wollen. Leider ist es nicht möglich , alle Häuser des
großen Ringes nach ihren damaligen Besizern zu bestimmen , einige jedoch
wollen wir hier anführen.
Wir beginnen beim Haller'schen Hause. Daneben war das Johann
Lutsch'sche , das jezige v. Hochmeister'sche; das Nationalhaus gehörte
dem Kaspar Wahda ; das Gebäude , wo Se. Durchlaucht wohnt , ſeit
1560 in eins verschmolzen , den Erben des Georg Armbruster; das
Sonnenstein'sche Haus dem Christof Armbruster; das Sparkaſſehaus
dem Königsrichter Valentin Frank von Frankenstein. Im Mittelge
bäude dieses Hauses war ein großer Saal , an dessen Wänden die Bilder
der Hermannstädter Königsrichter, von Markus Pempflinger an, in Le-
bensgröße prangten. Das Stadthaus gehörte dem Georg Lutsch ; das
Bruckenthal'sche Palais umfaßt zwei Häuser , das des Andreas Frank
und des Georg Klockner (nachherigen Schwiegervater des Gouverneurs
Freiherrn Samuel von Bruckenthal) ; der sogenannte schwarze Bär ge-
hörte dem Martin Weiß; das Baron Bruckenthal'sche Haus , wo das
Steueramt untergebracht ist , der Lefeverein und das Haus zwischen dem
katholischen Staatsgymnasium und dem Raththurm gehörten der Familie
Reußner, welche später mit dem Prädikate von Reißenfels geadelt
wurde. Dies sind alle Häuser, deren damalige Besitzer mit Sicherheit be-
stimmt werden können.
Was sollen wir über Handel und Gewerbe aus einem Zeitraume sa-
gen , wo statt des Frachtwagens und des Saumrosses der Geschützkarren
und das Schlachtroß die Straßen durchzog. Statt fremder Kaufleute hatten
fremde Soldaten die Straßen Hermannstadts betreten und der Kaufmann
war froh , wenn er die nothwendigsten Waaren über Breslau und Wien
durch Polen beziehen konnte. Die Donau , der Orient und Venedig waren
verschlossen, daher finden wir auch in diesem Abschnitte zuerst fremde Kauf-
Leute, Griechen, Armenier, Juden begünstigt. Gabriel Bethlen ertheilte
den Wiedertäufern und Juden, Georg Rakozi I. den Griechen, und Mi-
chael Apafi den Armeniern , Freibriefe zum Betriebe des Handels , trotz
Hermannstadts und Kronstadts energischen Gegenvorstellungen. Die Ge-
werbe blieben zwar noch größtentheils in den Händen der Sachsen (denn in
92

dieser Zeit hatten die Ungarn und Szekler die Aufnahme in die Zünfte
ebenfalls durchgefeßt), doch die häufig wiederkehrenden Preislimitirungen und
die in dieser Zeit verfaßten Artikel , welche das ängstlichſte Abſchließungssy-
ſtem in jeder Zeile zur Schau tragen , sind sichere Zeichen des Rückschrit-
tes , der ja auch nicht ausbleiben kann in einer Zeit , wo Krieg, Beſt und
Hungersnoth nur mit Brandunglück , Plündernng und unerschwinglichen
Steuern wechselten.
Die Gesetzgebung beschränkte sich in dieser Zeit auf die im Jahre
1652 vom Magistrate verfaßten , für alle Nachbarschaften gemeinsamen Ar-
tikel ¹) , auf die Begleichung der Differenzen zwischen dem Rath und der

1) Wir Johannes Reißner Bürgermeister Johannes Lutsch Königs Michael_Theil


Stults Richter Sampt Einem Ehrsamen wolweysen Rath Dieser Unser Stadt:
Haben nicht ohn sonderbares bedenken von aller vnndt ieder Nachbarschafften die
Articuli abfordern lassen, nach welchen sie bis dato gelebett in derselbigen , vnndt nach
fleißiger Durchsuchung vnndt examinirung befunden wie viel Nachbarschaften fast so viel
unterschiedlige Articull gewesen aus denen darnach die nützlichsten auserlesen vnndt vor
billig erkanndt, das einer Stadt Einwohner mit einerlei Gemächern solten hinfüro leben,
die Artikull aber, so Ein Ehrsamer wol weiser Rath_condiret find dieſe :
1. Die Nachbarhannen in allen vund in den Nachbarschafftenn, sollen fleißig auf-
ſicht haben auff diejenige, so häuser kauffen solches einer Löbligen Obrigkeit in gutter zeit
an tag geben, damitt frembde Nationes vnnd Leibeigene, oder Jobbaghen nicht mögen ein-
schleichen, werden sie das nicht thun, solln sie Einem Ehrsamen wolw. Rath verfallen f. 25.
2. Ein ieder Nachbar soll die beschwärnuß sie mögen den Nahmen haben wie fie
wollen , tragen , vnudt denen unterworffen sein , vom Nachbarhannen hören , wer dieſem
anders thutt ſoll der Nachbarschafft verfallen d. 16.
3. Wenn einer sich in die Ehrlige Nachbarschafft eingrüßet , ſo ſollen die Nachbar-
schafften achtung geben , damit ehrlige redlige auffrichtige , vundt nicht verdächtige Perſo-
nen in die Nachbarschafft genommen werden, vndt da verdächtige Örter sein , die ienige
Leutt notiren so efft dahin gehn vnndt der sich in die Nachbarschafft_eingrüßet , soll der
Erliger Nachbarschafft erlegen d. 32 Er habe ein Eygenthumb oder nicht.
4. Wer ein Hauß blos kaufft oder durch wechsell in einer anderer Nachbarschafft
bekompt, der soll denen Nachbarn, so Eygenthümber haben , ein Haus Seeligkeit schuldig
sein zu geben, ein gericht, ein Eymer wein, kein gebäckel darbey, wer dießem anders thutt
soll einem Ehrsamen WWRath verfallen f. 5 deßgleichen soll auch observiret werden
in den drittheilsbehausung , wenn sie vom zweitheil abgerißen und anderswohin verkau-
fet werden.
5. Stirbt einer ehe vnnd denn Ehr die Haus Seeligkeit gegeben, so sollen deffen
Erben verslicht sein der Ehrliger Nachbarschafft zu erlegen f. 5. Die aber so von ihren
Eltern häußer geerbet weiln sie die Gerechtigkeit , welche die Elter gehabt , mittgeerbet,
sollen keine Hauß Seeligkeit zu geben schuldig sein.
6. Welch Einwohner in einer anderer Nachbarschafft ein Hauß hat , soll für die
Nachbarschaftsbeschwärnüß iärlig erlegen, derselbigen Nachbarschafft f. 1. Die Wießen d.
25. die auswelzigen f. 2.
7. Welch Nachbarschafft Luft hat ein Vmbgang als Nachbarschafft zu halten , wirdt
derselbigen frey stehen , aber nicht ein vberfluß vnd exceß der Speise sondern ein Gericht
ohne gebäckel wer diesem anders thut soll Einem Ehrsamen wollw. Rath verfallen f. 5.
wer aber nicht nachgehen will, soll auff den Äschtag erlegen der Nachbarschafft f. 1.
8. Dieweil auch in den Ehrligen Nachbarschafften Spiell vundt kurz weill zuge-
laffen wirdt, zu gebrauchen, soll nach 9 uhr des abends kein Spiell geschehen wer wieder
dieſes thutt soll verfallen Ein Eymer wein.
9. Vom wein schrotten soll diese modalität obſerviret werden vnd in acht genom .
men, vom Einem Vierziger Wein abzuschrotten soll man nehmen d. 8. Von einem großen
d. 16. Vnd von tießem geld, sollen die so schrotten durchs Jar zu zwehmahlen ein ehr-
lich mahlzeit halten.
10. Keinem Settler der im Haußzins wohnet soll zugelassen sein ein einzigen wein
auszuleutgeben , es sei den die kuff das Faß besichtiget vonn zweyn Nachbarn, daß der
93

Communität, welche deutlich zeigen, wie der Rath immer bemüht war, seine
Macht zu vergrößern und die Communität fort und fort , oft energisch von

Wein in derselben nicht hett behalten können werden vnd dieses im Fall es sich also
verhelt soll dem W. H. Stadthannen angezeigett werden, vnd durch desselbigen zulaß vnd
Vergönnüß ausgeleutgebett werden.
11. Alle jahr soll der Nachbar Hann verflicht sein der Ehrliger Nachbarschafft vom
getragenen Ampt eine richtige Rechnung abzulegen.
12. Es soll kein Nachbar vber den andern den wein Zeiger ausstecken , sondern
soll ihm 8 tag nachwarten vnd als denn seinen Zeiger ausftecken , des weins ächtel aber
nicht in dem kauff, wie sein Nachbar der den Zeiger abgenommen , geben , sondern ein
pfennig thewrer oder wohlfeiler.
13. Wenn das Nachbarzeichen in der Nachbarschafft herumbgeschickt wirdt , vnnd
daffelb von einem vnnd dem andern nicht fortgetragen oder verdrehet würde, der solches
thutt soll verfallen der Ehrliger Nachbarschafft d. 16.
14. Welcher nicht zur Leichen kompt wenn daß Nachbarzeichen vmbgeschickt wirdt
soll straff verfallen d. 16. Ob er schon mitgehet vnd nicht mitt zu ruck kompt.
15. Wenn ein gutter Herr aus der Nachbarschafft wird begehren , sein Leiche mit
den Nachbarn zum Begräbniß zu tragen, so sollen die jüngsten darzu verpflicht sein, wel
chen nemlich von den zweien Nachbarhannen gebotten wird bei straffd. 50. der diesem anders thutt.
16. Welch Nachbar ein Leich tragen lest mit den Nachbarn, soll von einer großen
Leichen geben f. 1. von einer kleinen d. 50. Davon soll die helfft der Nachbarschafft , die
helfft den Trägern zukommen.
17. Welcher ein fremde Nachbarschafft ſeiner Leiche nachzufolgen bittet , soll dersel-
ben Nachbarschafft erlegen d . 50.
18. So einem oder dem andern Nachbar seines verebels vnd vblen verhaltens
wegen eine straff aufferlegt wirdt, die straff aber aus muttwillen, vnd hönischer verachtung
auff bestimpte vnd ihm gefaßte Zeit, nicht erlegt würde , noch ſonſten der Ehrligen Nach-
der Willen gesuchet , solcher soll so lang auß der Nachbarschafft ausgeschlossen sein oder
toppel straff leiden.
19. Die ienige Nachbarschafften, so waßerfluß haben sollen dieselben in dem alten
ganzen rein halten, undt bawen, vber welches die Nachbarhannen achtung geben sollen, im
Fall sie das nicht thun werden, wird der W. H. Statt Hann ein Aufsicht auf dieselben haben.
20. Die nacht Hütten in den Nachbarschafften ſoll ein ieder in eigner Person ver-
pflicht sein zu verrichten were aber einer frank vnd könnte nicht Leibes vnd des gesichts
schwachheit wegen die nachthutt verrichten, derselbe ſoll sich bey dem Nachbarhannen anmel
den lassen, vnndt ihm vergönnt sein, einen man oder knecht aber keinen Lehrjungen in seine
stell auff die Wacht zu schicken, welcher auswel jig ist, soll der Nachbarschafft erlegen d. 5.
21. Welch Nachbar die Nachtshutt nicht versehen wird vnd nicht wird hütten , vnd
nach 8 Uhr sich beim Nachbarhannen anzeigen, oder vor 12 uhr heimgehen soll der Nach-
barschafft verfallen d. 16. Hie sindt ausgenommen Stadtrichter und Trabanten.
22. Welcher die Nachtshutt nicht fortsagen wirdt sondern sie machen still ſtehen,
ſoll vor jedwedere Nacht verfallen d. 16. Dergleichen soll es mit den Sonntäglichen
Feiertäglichen Hütten vnter der Predigt gehalten werden.
23. Der Nacharhann soll macht haben wo die Nachtshut verwarloset wirdt einen
Nachbar anzureden zu hütten wo sich alsdenn jemandt würdt wiedersetzen Vud vngehor-
ſam ſein ſoll der Nachbarschafft verfallen d. 16.
24. Die Thorhütten soll ein ieder Bürger in eigner Person verrichten , wer daß
nicht thut soll Einem Ehrsamen ww. Rath verfallen f. 1 vnd dieselbe so hütten sollen fleißig
aufsicht geben, waß vor frembde Leutt herein in die Stadt ziehen.
25. Wenn irgend in der Stadt fewr ausgebett , sollen die zehend leutt in denen
Nachbarschafften, alsobald fertig sein mit ihren Zehendschafften , vnd das Dritheil ſampt
einem Nachbarhannen in der gaßen daheim Sorg tragen, die wbrigen aber sollen dem
fewr zu lawffen, also daß ein drittheil band Eces, ein Leitter ein fewrhacken , die andere
aber Schäffer vud leberin Eimer mit sich bringen, waß aber Zimmerlewth vnd Mawrer
findt, die sollen sampt ihrem gesinot die vmb ein Lohn arbeitten, alsobald in eigner Per-
son dem fewr zulauffen. Viel hew vnd ſtrov herbrigen soll nicht gestattet ſein.
26. Hew vnnd holy ſoll niemandt auff die stuben legen, wie auch vnter dem freyen
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der Gesammtheit der Bürger unterſtüßt , das Recht per Autonomie eifrig
wahrte und endlich auf die Verfaſſung von Limitirungen aller Art , Dienſt-
botenlohn-Limitirung 1 ) , Hochzeit- , Tauf-, Leichen- und Kleider - Ordnungen.

himmel Schuwer Hew, ohne Lattern heruibergehen, oder fewr vnzugedeckt auß der gaßen
holen, bei straff d. 50.
27. Wenn die Stadtthor zu sein soll Niemandem zugelaſſen ſein ein büchsenschuß
zu thun, gleichergestalt sollen die Wirthe den frembden daß zu thun nicht gestatten bei
ftraff f. 1. welcher Einem Ehrsamen ww. Rath verfallen sein wird so offt solches geschehet.
28. Die fewrstellen sollen fleißig beſichtiget werden, wo iemandt ſträfflich erfunden
wird werden vnd etwaß küllen, soll der Nachbarschafft zur straff erlegen d. 50.
29. Zur Zeit des Windes soll niemand beichen vnd groß fewr machen ſonderlig
in denen gaßen da nicht viel gemauert stuben sind, sondern bielen gebaw mit schindelinen
Tägern bey straff d. 50. welche der Nachbarschafft verfallen sein sollen.
30. Dieweil gute Sitten den Menschen zieren, so soll ein ieder Nachbar der da
luft hat auff der Ehrliger Nachbarschafft zugelassene Wirtschafften zu gehen , soll sich_ehr-
bar verhalten , iedermann nach gebür respectiren , vor vazüchtigen Spöttischen höhnischen
vnd zum Zorn reißenden worten, Tischkloppen, lügenftraffen, wein verschütten, wein aus-
geben vnd dergleichen vnhöfflichkeiten vnd groben sitten sich enthalten , wer vnter diesen
Punkten es seh wieder welches sündigen wirdt, sollen allezeit verbießen d. 16.
31. Allerlei allhie nicht bestimpte wirtschafften als : Brunnenmeistermat, heimleiten,
so woll vom Thor als auch aus der Zehendschafft, Nachbarschafft, wie auch das Nachbar-
hannenmahl sollen abgeschafft ſein bei ſtraff f. 10. welche Einem Ehrſamen ww. Rath´ver-
fallen sein sollen.
32. Alle andere Articull, welche alten, löbligen vnd biß dato observirten nützlichen
gebrauchen nicht zu wieder sein, haltet ein Ehrsamer Wollweyser Rath in vigore.
Auch soll Niemand bey harter straff vnd animadversion dießen beſchloſſenen Articulis
etwas zuzusetzen oder abzuziehen ſich vnterſtehen.
Actum Cibinij die 4 Januarij Anno Domini 1652 ,
Ex Commissione Amplissimi Senatus
huc transscripti per me
Joannem Simonium
Juratum Notar. Cibin.
') Anno 76 die 11 Novembris Senatus Consultum Waß man insgemein, fünff-
tiger Zeit den Dienstboden Jahrlich zu Lohn geben_ſoll.
Einem Kutsisch zum Ampt Herrn ein paar schugen vndt f. 20.
Einem Folaitár " " " " " f. 18.
Einem Kutsisch zu einem W. H. bei 4 Roßen ein paar schugen und f. 18.
Einem Roßknecht zu einem Bürger bei 4 Roßen n " " f. 15.
} Eben so viel einem paurischen knecht bey den roßen auff den Dörfern.
Einem fnecht bei zween Roßen ein paar schuhen vnndt f. 13.
Einem Mittel knecht ein paar schuhen vndt f. 8.
Einem beresch beh 6 Ochsen ein paar schuhen kein Saat vndt f. 18.
Einem " " 4 " " " f. 15.
Einem gutten paluuchtreiber ein paar schuchen vndt f."6.
Einem geringeren werbes f. 4.
Einer gutten Dienst Magd welche" Alles" im Hauß verrichten kann zu einem W.
H. Jahr schuhen vndt f. 15.
Einer gutter dienstmagd zu einem Bürger Jahr schuhen vndt f. 13.
Einer Mittel Magd Jahr schuhen vndt f. 9.
Einer kinder Magd Jahr schuhen vndt f. 5.
Einer wallachiſcher gutter Dienſtmagd Jahr schuhen vndt f. 9.
Einer wallachischer Mittel Magd Jahr schuhen vndt f. 7.
Einem wallachischen kinder Magdchen schuhen vndt f. 4.
Vndt welche dieser Ordnung zu wider sehn vndt Handlen werden sollen Einem E.
W. W. Rath unnachlässiger Weiß f. 20 zur Straaff verfallen.
In Senaculo Cibin.
ut supra.
95

Da lettere namentlich im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts erneuert


werden , so geht daraus hervor , daß die alte Einfachheit der Sitten , trok
der geringeren Mittel einem gefährlichen Luxus Platz gemacht hatte.
Für Kirche und Schule wurde in alter Weise gesorgt. Die Befol-
dungen der Prediger und Organisten waren im Jahre 1600 geregelt und
erhöht worden. Die im Jahre 1585 angekaufte Orgel für die große Pfarr-
kirche war ganz verdorben ; da wurde im Jahre 1670 der Orgelbauer Io-
hann West aus Bartfeld in Ungarn berufen ; dieser erbaute in zwei einem
halben Jahre die jeßige große Orgel ; sie kostete im Ganzen 6193 Gulden,
welche wegen Erschöpfung der Kirchenkasse zum größen Theile von den Bür-
gern gespendet wurden ; der Königsrichter Andreas Fleischer gab allein
für diesen Zweck die namhafte Summe von 1000 Gulden.
Es erübrigt noch über die Sitten und Gebräuche Einiges anzuführen.
Wir beginnen mit den Gozmeister'schen Unruhen , weil diese uns in das
Leben einiger Familien und in das Verhältniß des Patriciates zur großen
Masse der Bevölkerung einen tiefen , wenn auch nicht erfreulichen Einblick
gewähren ; wir sehen wie die wilde Zeit auch bis in das Innere der Fa-
milien ihre zersetzenden Wirkungen getragen hatte, und wie dem aufgereg-
ten Bürgerstande gegenüber das einflußreiche Patriciat gar sehr im Un-
rechte war.
Die Thatsachen sind folgende : Der Königsrichter Kolomann Gog-
meister hatte einen Sohn gleichen Namens , der sich vor Beginn seiner
Reise nach Deutschland und Italien mit einer Tochter des Bürgermeisters
Paul Ludovici verlobte. Während seiner Abwesenheit erhielt sein Vater
die Vormundschaft über eine reiche Erbin , die Tochter des verstorbenen
Stadthannen Christof Ungleich. Ein Heirathsprojekt zwischen dem Sohne
und der reichen Mündel war bald geschmiedet, und des Sohnes treue Ver-
lobte von Gozmeister's Mutter eben nicht schonend in Kenntniß gesetzt,
daß ihr Sohn die junge Katharina Ungleich heirathen werde. Trauernd
sah sich die Arme genöthigt, einem Kaufmanne , Lukas Stein, ihre Hand
zu reichen. Der junge Goßmeister mußte, von den Eltern gedrängt, nach
seiner Rückkehr mit der ungeliebten Katharina sich vermählen. Als er
bald darauf mit der jungen Gattin des Stein zuſammentraf und die Mit-
tel erfuhr , welche man angewendet hatte , um sie beide zu trennen , brach
sich bald die alte Liebe wieder Bahn. Gozmeister's Frau übte das Ver-
geltungsrecht, und bald war diese Ehe ein Gegenstand öffentlichen Aerger-
niſſes , um so mehr als Katharina Goßmeiſter in ihrer Wollust keine
Gränzen mehr kannte. Eine Kleinigkeit machte dieses Verhältniß noch mehr
zum Gegenstande der allgemeinen Aufmerksamkeit. Der Nachfolger des ältern
Gotmeister's im Königsrichteramte war Michael Agnethler. Aermer
als sein Vorgänger, nahm er von deſſen Sohn 6000 Gulden zu leihen und
erbat sich den Luchspelz des alten Gozmeister, um sich einen gleichen ma-
chen zu lassen; statt dessen bediente sich Agnethler des geliehenen Pelzes als
wäre er sein Eigenthum, und als Gozmeister, hierüber entrüstet, Pelz und
Darlehen zurückfordern ließ, erhielt er eine Antwort, die ihn veranlaßte, gegen
Agnethler gerichtlich aufzutreten. Allein der Königsrichter brachte es durch
seinen Einfluß dahin, daß Gozmeister gefangen gesezt und an seinem Ver-
mögen hart gestraft wurde. Während Gotmeister's langer Gefangenschaft
erregte das ausschweifende Leben seiner Frau so allgemeines Aergerniß, daß
96

unter Agnethler's Nachfolger im Königsrichteramte , Valentin Frank


dem Aeltern , im Jahre 1645 endlich der lang gehegte Groll der Bürger
losbrach. Gotmeister's Frau hatte sich nämlich von ihm trennen laſſen
und wollte sich mit einem jungen Manne , Johann Frank , vermählen .
Allein am Tage vor der Hochzeit drangen plötzlich die Bürger in das Haus
der Frau , durchsuchten es und fanden im Keller vergraben die Leichname
zweier, gleich nach der Geburt getödteter Kinder. Hierüber brach eine voll-
ständige Empörung unter den Bürgern aus , und als am folgenden Tage
Frank in öffentlicher Bürgerversammlung erklärte , es sei seit 15 Jahren
in Hermannstadt keine Gerechtigkeit gewesen, nun wolle er aber allen Recht
verschaffen , rief ihm ein Bürger zu : „ Ei du ſelbſt bis ja dieſe fünfzehn
Jahre im Rath gesessen , warum hast du uns denn nicht Recht verschafft ?"
und der Rath mußte sich eilends entfernen . Die Gattin Goß meiſter's
aber ward ergriffen , in einen Sack genäht und vor dem Burgerthore im
Zibin ertränt..
Bis zur nächsten Beamtenwahl dauerte die Gährung zwar fort , aber
ohne offenbare Gewaltthat ; als aber der den Bürgern verhaßte Lorenz
Rosenauer das Bürgermeisteramt wieder erhielt , brach am 6. Jänner
1646 die Empörung offen aus. Der Rath wurde abgesetzt, Goz meister
befreit und eine neue Beamtenwahl , unsinnig genug , rorgenommen. Ein
alter blöder Greis wurde zum Königsrichter , ein Kannengießer , Lazar
Seraphin, zum Bürgermeister gewählt. Bald aber änderte sich die
Scene. Der Fürſt Georg Rakozi I. ſelbſt nahm die Sache in seine
Hände , und die Folge der unsinnigen Uebereilung der Bürgerschaft war
nicht nur eine den Einzelnen auferlegte schwere Geldbuße , sondern auch die
Strafe, daß bei Anwesenheit des Fürsten in Hermannstadt ihm das stärkste
Thor der Stadt, das Heltauerthor , zur Besetzung mit seinen Leuten über-
lassen werden mußte. Nur nach vielen Opfern und Bitten gelang es den
Bürgern den Fürſten zur Verzichtleistung auf dieses gefährliche Vorrecht zu
bewegen.
Das bürgerliche Leben war sich in den allgemeinen Zügen , wie wir
fie am Schluße des 16. Jahrhunderts zu geben versuchten, gleich geblieben.
Der Corporationsgeist, der eigentlich den Hauptzug des ganzen Mittelalters
und der beiden letzten Jahrhunderte bildete, hat sich in dieser Zeit nicht nur
nicht geändert , sondern er war vielmehr bis zur Verknöcherung erstarrt.
Was wir im 16. Jahrhundert vom bürgerlichen Leben , dann dem Leben in
den Zünften und Nachbarschaften erzählt , finden wir im 17. Jahrhundert
wieder.
Seitdem im Jahre 1548 die Schneider ihren Gefellen Artikeln gege-
ben, hatten sich diese immer mehr in derselben Form, wie die Zünfte , zu
einer Corporation mit bis in die größten Einzelnheiten eingehenden Gesetzen
gebildet. Zur Probe folgen die Artikel der Riemergesellen vom Jahre 1675,
worin namentlich die Mißbräuche bei der Aufnahme der Lehrlinge in den
Gesellenverband behandelt werden, und die ausführlichen Artikel der Schnür-
oder Franzenmachergesellen vom Jahre 1678 1) .

1) Die Union der Riemer ertheilt Gesellen Gesetze.


Im Jahr nach Christi Gebuhrtt 1675 Die 7 Febri .
Ist von Einer Lieblichen Union der Remner Zechen in der Königligen Herme
97

In Bezug auf Festlichkeiten finden sich die regelmäßig wiederkehrenden


in der alten Weise vor. Eines besonders feierlichen Festschießens wird ge-

fladt Eintrechtig Ift concordiret worden wie vnd welcher Gestaldt sich die Nemner Knecht
Brüderschaft verhalten soll, Nahmen des weißen Herren v. elteften der Ehrligen Zechen ;
Lautten also wie folgen.
Auß der Königligen Herrmanstadt seyn geweßen die wohll verornete Herren Zech-
meister H. Johanes Lutsch. Mathias Konnert. v. Michaell Krauß. v . Hannes Herrman.
Zum Ersten
Wenn Ein Lehr Jung auß hatt gedientt sell er in die Bruderſchafft nicht mehr
erlegen allß ein wocher Lohn, v. soll auch auff daßſelbe mahll nicht mehr geftrafft werden.
Zum Anderen.
Wen Man Einem Knecht schend halden wirdt ſoll er nicht mehr straff geben allß
3 wocherlohn die Kann ſoll er begreifen wie er will soll auch nicht mer Trinden allß ein
halb achtell weyn.
Zum dritten.
Wen Einer Gesell will werden der soll seinem Meister ein halb Jahr drum Arbeyt-
ten v. allß den soll es von sehnem Meister erkant werden ob er auch Tüchtig darzu jeg.
Zum Bierdten .
Wen Einer Geßell will werden v. kein Geßell vorhanden iſt , ſo ſoll er mitt ver-
willigung der Eltesten Meister, durch die Jungen Meister zum Gesellen gemacht werden
v. soll nicht mehr geben allß nehmligen flr. 3. von dießem soll ein Gulden in die Zech
kommen, soll auch nicht mehr gestrafft werden.
Zum Fünften.
Es soll auch 1 auff dem Gesellen machen, Auff die Band springen , vber den Thiß
gehen, Huett nieder legen ganz abgeschlagen seyn ; vndt den gemachten Gesellen ohne all
eine kurzweill in ſeyne Stell nieder sehen. bei Straff flo. 3.
Zum Sechsten.
Wo ferren sich Ein Knecht, geßell oder Lohnjunge sich nicht gebührliger weiße ver-
hallten es sey In der Stadt, es sey wo es imer Mag so soll er nach dere verübell
gestrafft werden.
Zum Siebenden.
Es soll auch der Frtenträger am Sonabent vor bettklocken Zeitt auff den Zugang
wahrnen vndt auch die herrbrig bestellen. Es soll aber auch vom Irtenträger keyen Straff
auff dem Zugang genohmen werden vor solche Sachen, allß wie follget : 1 vor erhbetter.
2. für Stred. 3. für Staub abwißen v. waß dergleichen straffen mehr sehn.
Welche dieße Puncta werden vbertretten es sey geßell oder Lohn-Jung derselbe ſoll
wißen daß er von einer Löblichen Zechen gestrafft wirdt werden.
Notata Die 14. Decembris.
Anno Pervagante 1678.
Michell Hissmannus Scriba m/p.

Bruderschaftsgeseße der Schnür- oder Franzenmacher.


Am 14. Mai 1678 erhalten die " Gesellen welche sich auf das kuustreiche Handt-
werd der Schnier- oder Franzenmacher begeben haben ," unter den Altknechten Martinus
Kirres_und_Stephanus Leonhardus " von den Meistern der Löblichen Zech“ folgende Artikel.
1. So nun ein Lehrknecht 4 Jahr gedientt hat, ſoll in der Meister vor den Zech-
Meister vnd Eltesten frey sprechen ; vnd wenn solches geschehen ist, vnd einer dem Anderu
nicht weiß nachzureden, alß Recht vnd Redlich. Soll im der Knecht-Vatter, Handt-Wercks-
gerechtigkeit laßeu widerfahren, vnd soll ein Gesell zum Erften in die Löbliche Brüder-
schafft erlegen d. 32 und ſoll an den Irten Kopf geben d. 12. Item an die Laden d. 12.
2. Soll ein jeder Gesell alle 4 Wochen zum Knechtvatter auff dem Zugang auff
legen d. 3. So aber einer eine genugsame Vrsach auszubleiben hatt. Soll Er denmach
feine auffläg mit seiner Gesellen Eynem ohne alle außredt , zum Kuecht-Batter verſchaffen,
vnd welcher dießes übertretten wirdt, soll gestrafft werden vmb d. 12.
3. Welcher Gesell ! Er sey Jung oder Alt, seines Meisters Hauß verunreiniget
mitt vnzüchtigen Weibern oder dergleichen , seine Kinder oder Gefindt schmähet aber
7
98

dacht , welches der nachmals in der Gefangenschaft verstorbene Iohann


Lutsch am 4. Juni 1627 veranstaltete ; es dauerte bis zum 12. Juni,

beschämt, der soll ganz vnd gar vom Hand-Werck verstoßen werden ; biß so lang daß Er
durch fromme vnd Ehrliche Leudt, seines Meisters vnd Meisterin willen begrift, vnd soll
demnach gestrafft werden nach erkäntniß der Meister.
4. Welcher Gesell ohn Vrsach fehren wirdt ; soll Er so manchen Tag er feyren
wirdt, vor jeden Tag vmb ein Wocherlohn gestrafft werden. Vnd so es der Meister ver-
schweigen wirdt, soll Er zur strafft erlegen der Löbl. Zech fl. 1.
5. So ein Gesell auß seines Meisters Hauß außliegen wirdt , soll er vor jedes
außliegen d. 32 zur straff geben. Vnd ſo es der Meister verschweigen thut , soll Er zur
straff erlegen fl. 1.
6. So ein Knecht außerhalb der Zech arbeiten wird, verfällt der Zech fl. 5.
7. Soll kein Gesell auffdaß Tag Werdgehn, Roch die Weingarten hütten bei straff 5fl.
8. Soll daß Gesellen Tag-Werck sein, ein Stück Schnür von 50 Ellen. Vnd ſol-
len zum Lohn bekommen , Erftlich von Einem Stück Schmaller Schnür d. 5. Vor den
Bärteln d. 6. Bor den breiten vnd Mantel-Bärteln d. 8. Vnd welcher sein Tag-Werd
nit machen kann soll für keinen Gesellen, sondern für einen Lohn-Jungen gehalten werden
vnd soll ihm zum Wocherlohn gegeben werden d . 18. Gibt ihm der Meister aber mehr
soll er gestrafft werden fl. 1.
9. Bom Zorn vnd andere vngebührligen Sachen.
Welcher des Nachts auff der Gaffen vmblaufft, vnd sich vugebührlich_verhält der-
selbe soll verfallen d. 32. Darumb daß er den andern Gesellen allen einen bösen Nahmen
gemacht hatt.
10. Welcher vnter den Gesellen Zandk zurichtet darauß _Rayffen oder Schlagen
kompt, oder einer den ander im Zorn einen Huren-Sohn heist. Der verfält d. 32.
11. Welcher Gewehr oder Meßer auff den andern zeücht. Oder mitt Kannen oder
Scheiben, wird werffen , der verfält fl. 1.
12. Welcher, Einer den andern Lugen Strafft , oder Schme-Wort gibt im Zorn,
der verfält d. 32.
13. Welcher Gesell im Zorn mitt Hagel, oder Donner scheldt , der ſoll zur Straff
verfallen fl. 1.
14. Welcher Gesell die Wirtschafft turbieret , oder vrsach giebt darzu , der ver-
fället d . 32.
15. Alle Verwerrungen vnd Straffe, welche daß Gericht anbelangt, sollen die Gesellen in
der Bruderschafft zufrieden laßen , dan daß fält der weißen Herren Richtern heim.
16. Welcher vom übrigen Wein-trinken vndawrt , es seh wo es woll , soll ver-
fallen d. 16.
17. Welcher Geſell ohne wißen vnd Willen der Altknecht , außder Wirtſchafft oder
jrthen entrennet, der verfält d. 14. Bnd ſoll die ganz irthen schuldig seyn.
18. Welcher Gesell einem Meiſter ſein gefindt wirdt abhändig machen , der ver-
fält d. 32.
19. Sɔ Einer in die Bruderſchafft schuldig wer vnd ohne wißen vnd willen der
Alt-knecht darvon zeicht, Mögen ihm die Gesellen mitt beystandt der Meister noch schrei-
ben, daß er nirgendt nicht gefördert mög werden. So lang biß Er Gnadt erlangt , vnd
Gesellen willen begreifft.
20. Welcher Gesell einem Meister , oder einem Gesellen etwas entwendet,
oder sonst einem andern. Dem werden die Gesellen mit beystandt der Meister nach schrei-
ben, daß Er Nirgendt soll befördert werden; so lang, biß er mach Gnad erlangen.
21. Sollen die Gesellen dem Altknecht in allen zeimlingen Dingen gehorsam sein,
Welcher daß nicht thut verfält d. 6.
22. Soll tein Gesell höcher spiellen, als einen kleinen Pfännig ; welcher daß vber-
trit soll verfallen d. 8.
23. So ein Gesell kranck wirdt, vnd ihm Zehrung abgieng , sollen ihm die Brü-
der auß der Brüderſchafft_Ladt leyen nach ihrem Bermögen, vndt so er wiederumb gesund
wirdt, soll er bezahlen; aber der Gesellen willen finden. Vud so es die Noth erfordert,
sollen fie auch bey ihm hütten. Wo er aber möcht mitt Todt abgehn , sollen sie sich auß
seinem gutt bezahlt nehmen, seinen Leichnam aber mitt einem Ehrlichen Leichen-begängniß
jur Erden laßen befoderu.
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und den Eichenkranz , welchen Lutsch als Ehrenschmuck für den besten
Schüßen gespendet hatte , brachte er selbst , als bester Schüße , auf seinem
Haupte wieder nach Hause. Von Festlichkeiten außergewöhnlicher Art , wie
ſie uns im 16. Jahrhundert beschrieben werden , find mir aus dem 17.
Jahrhundert keine Beschreibungen bekannt geworden , aber wenn wir in der
Rechnung vom Jahre 1670 finden , daß ein zweitägiger Aufenthalt des
Fürsten in Hermannſtadt der Stadt 3700 Gulden kostete , so ist das Be-
weis genug, daß Feste und zwar sehr kostspielige gegeben wurden.
Ehe wir schließen müssen wir noch einiger Personen gedenken , deren

24. Sollen die Gesellen eine eigene Ladt haben. Neben einem Irthen-Kopff die-
felbe follen fie bey dem Gesellen-Vatter als auff ihrer Herberig halten. Vnd soll den
Alt-Knechten zu beystandt zwey Meister Erwehlet werden, daß Geldt einzunehmen vnd
außzugeben. Vnd sollen alle Quatember den Gesellen Altknecht hellffen erwehlen.
25. So ein Gesell gewandert kompt vndt sich nicht auff den ersten Zugang zu den
Gesellen halten wirdt, mögen die Gesellen den Wocherlohn bey dem Meister verbieten.
26. So ein Gesell wandern will , soll Er seinen Meister 14 Tag bevor warnen,
Eh daß er möcht auffstehn, so er es nit thut, ist die Straff d . 32.
27. Wann ein Gesell gewandert kompt, soll er bei dem Gefellen-Batter_einkehren,
der Gesellen-Vatter aber soll ihm nit mehr zu geben schuldig sein, als d. 6. Ohne Wis-
sen vnd Willen der Altknecht , waß einm aber mehr gegeben würdt , vndt er Arbeit
bekompt, soll er redlich bezahlen.
28. Welcher Gesell so allhir gelehrnet hatt, vnd sich in die Bruderschafft einmahl
eingericht hatt, vnd kompt von der Wanderschafft zuruck, soll nit mehr alß einen Schwe-
fter-Heller ( " ift später gestrichen worden und dafür an den Rand geschrieben worden
„d. 12") zu erlegen schuldig sein, denselben soll er auff den Ladendackel niederlegen , wel-
cher aber solches vnterläst, vnd die Ladt zugemacht wirdt, soll verfallen ein Wocherlohn.
29. Wenn man einem Meister einen Gesellen heim leiten wirdt, soll der gesell_nit
mehr zu geben schuldig sein, als einen Bratten vnd ein Achtel, Wein , Welcher daß über-
ſchrit der verfält der Zech fl. 1. Wird der Meister etwaß darneben wollen guts beweisen
wird es beh ihm ſtehn in seinem belieben.
30. Wenn ein Knecht von seinem Herren auffgstanden ist , soll ihm die Bruder-
schafft zum ausschent nit mehr als 2 Achtel Wein zu geben schuldig sein. Wo aber fol-
ches übertrettet wird , sollen die Altknecht zur straff geben fl. 1. Welches den Meistern
heimfallen soll.
31. Soll den Knechten in der Bruderschafft die groß-Jahrmarck-feyrt zugelaßen
sein, Vnd auch zum Jahrstag. Vnd wenn ein New Knecht-Vatter von der Zech erweh-
let wirdt, sollen fie auch gezwungen sein 2 Tag. Welcher aber über die 2 Tag fehren
wirdt, soll zur Straff erlegen fl. 1 in die Brüderschafft.
32. Wenn sich ein Schnier-Macher Gesell wirdt verhayrathen, so soll er_auff_sei-
nem Hochzeit-Tag den Gesellen zu Geschend geben in die Bruderschafft d. 16. Vor
daßzelbe daß sie ihme zu ehren seiner Hochzeit Gästen zu Tisch dienen. Vnd nach vol-
brachter Hochzeit-Tag ist er den Gesellen zum Geschenck schuldig. Einen Bratten , ein
Eymer Wein, ein Brott, 2 Klatschen, ein Handklich, vnd wenn sie solches Empfangen han,
sollen sie sich bey den Kälnern bedanden vnd vrlaub nehmen, vnd welch Gesell bei dem
Urlaub nit ist, soll verfallen d. 16.
38. Soll kein Gesell daß Mänte über sich hangen, vnd vber die Gaße gehen, nach
geschuchbändelt ; nach ohne Hutt biß zum 4-ten Nachbar bei straff d. 8.
34. Soll kein Gesell vor Achten zum Zeiger gehn. Vnd soll auch mitt keinem
Lehr-Knecht trinden sub poena b. 16.
So die Brüderschafft ein Ehrliche Wirdschafft werden haben, vnd sich einer von
ihnen wirdt entziehen, vnd anderswo Trinden soll die jrthen bey den Brüdern schuldig seyn.
36. Welchem Gesellen vnzeimlich gethier auff den Kleidern gefunden wirdt , in der
Kirchen, oder auf den Zugang, der soll erlegen d. 8.
37. Sollen die Gesellen, welche in der Ehrliger Bruderschafft sein, am Sontag in
die Predigt, vnd an Heiligen Lägen, wenn Mann mit der großen Glock lautet , gezwun.
gen sein, bey Straff d. 12 vnd welcher da liegt v. schläffet soll erlegen d. 2.
7*
100

Schichſale nicht ohne Intereffe für den Leser sein werden. Unter dieſen
heben wir zuerst den Comes Andreas Fleischer hervor. Ohne höherë
Stellen im Staatsdienste bekleidet zu haben, wurde er im Jahre 1662
zum Königsrichter gewählt. Dieses Glück und sein Reichthum erweckten
ihm viele Feinde , und zweimal wurde er von denselben bei dem Fürſten
Apaffi hart angeklagt. Das erstemal wurde er nach Weißenburg vor
den Fürsten geladen , dort angelangt , von Soldaten umringt und auf einem
Bauernwagen nach dem festen Schlosse in Deva geschafft. Weſſen man
Fleischer angeklagt, iſt ungewiß, sicher aber ist , daß er , nachdem er vom
16. Oktober bis 19. November 1668 gefangen war , nicht nur entlaſſen
und in den vollen Beſiß seiner Ehrenstellen eingesetzt wurde , sondern auch
seine bekannt gewordenen Ankläger als Verläumber in schwere Strafen ver-
fielen. Das zweitemal lautete die Anklage bestimmt auf Hochverrath , aber
auch diesmal konnte der Beweis seiner Schuld nicht hergestellt werden.
Einer seiner heftigsten Feinde war ein Mediascher , Laurentius Tep-
pelt. Diesen hatte Fleischer als Begleiter für seinen Sohn Tobias
auf weite Reisen angenommen. Teppelt begleitete diesen wirklich auf einer
Reise durch Deutschland, Italien und Frankreich und gab bei dieser Gele-
genheit ein Werk über Siebenbürgen heraus , in welchem er die Behaup-
tung verfocht, die Sachsen seien Abkömmlinge der Geten und Daker, welche
er mit den Gothen identificirte und um dieser Meinung Gewicht zu geben,
die Stelle des Andreanischen Freibriefes : „quod penitus a libertate qua
vocati fuerant a piissimo rege Geysa avo nostro , excidissent " dahin
änderte, daß er statt des Wortes vocati , donati einschob, wodurch seine
Behauptung einen scheinbar unwiderleglichen urkundlichen Beweis erhielt.
Fleischer aber glaubte eine solche offenbare Fälschung des Nationalprivi-
legiums nicht dulden zu dürfen , klagte Teppelt deshalb an und dieser
mußte einen Revers einfegen , daß er fortan ohne Bewilligung des Rathes
keine Schrift werde drucken lassen . Schon diese Veranlassung wäre geni-
gend gewesen in dem ehrgeizigen Teppelt einen bleibenden Haß zu entzün-
den ; es kam aber noch eine zweite Veranlassung dazu , diesem Haß neue
Nahrung zu geben. Teppelt hatte nämlich darauf gerechnet , die Tochter
des Bürgermeisters Andreas Werder zu heirathen , als er aber mit
dem jungen Fleischer von den Reisen zurückgekehrt war , reichte die er-
sehnte Braut ihre Hand dem jungen Tobias Fleischer.
Wie groß der Haß seiner Feinde gegen Fleischer way, geht daraus
hervor, daß nach seinem Tode ein Unbekannter einem Freunde schrieb :
99Mortuus est praetor, quod toto pectore laetor
Quia erat ut nostis meus infestissimus hostis. "
Auch erschien nach seinem Tode ein überlanges Pasquill in Form
einer Grabschrift im kräftigsten Lapidarstyl, jedoch so voll der giftigsten Be-
schuldigungen, daß man sich mit Aerger, wenn nicht mit Ekel davon abwen-
det, und dennoch entblödete sich ein jüngerer Zeitgenosse Fleischer's nicht,
über diese Schandschrift zu sagen : „Pasquillum isthoc turpissimum, quam-
quam per omnia verissimum. " Fleischer hatte ein Haus auf dem gro-
Ben Ring und auch eine Buchdruckerei , woraus unter Anderm der Würg-
engel des Simon Miles und ein Gesangbuch hervorging , doch ist es
nicht gelungen aufzufinden, welches der Häuser das Fleischer'sche war.
Der zweite Mann , dessen wir erwähnen müssen , war Valentin
101

Frank von Frankenstein , ein Sohn des Königsrichters Valentin


Frant, welcher in den Gosmeister'schen Unruhen eben nicht rühmlich
erwähnt wurde. Er verwaltete das Königsrichteramt vom Jahre 1686 bis
zum Jahre 1697 , gerade in der Periode des Ueberganges Siebenbürgens
unter die österreich. Herrschaft. In dieser sturmvollen Zeit wußte sich Fran-
tenstein dennoch die Huld und Gnade des Fürsten , die Achtung und das
Vertrauen seiner Mitstände und endlich die Liebe seiner Mitbürger zu er
werben. Der Beweis der erstern war seine Erhebung in den Adelstand,
die Ernennung zum Gubernialrathe und die Verleihung der großen golde
nen Gnadenkette durch Kaiser Leopold I. Die Liebe der Bürger ſprach
ſich in vielen kleinen Zeichen deutlich genug aus , obwohl auch Franken-
stein dem Hasse nicht entging und ihm von seinen Feinden namentlich eine
unersättliche Gewinnsucht zum Vorwurf gemacht wurde. Wie sehr contra-
ſtirt dies aber mit der Vorrede seines kleinen Werkchens : „ Breviculus ori-
ginum Nationum et praecipue Saxonicae in Transsilvania, " wo er einfach
sagt: " feci pro Gloria Dei et misera plebe , privatum tamen contempsi, "
und das Lettere wird auch das Wahrere ſein.
Der dritte Mann, der nicht übergangen werden kann, ist der so glück-
liche und so furchtbar endende Johann Zabanius Sachs von Har-
tened. Seit Huet unbedingt der größte Mann der Nation , der aber
init seinen großen guten Eigenschaften gleich große Laster verknüpfte. Seine
eigentliche Größe und sein bedeutendster Einfluß fällt aber in die nächste
Beriode, und so können wir hier nur so viel von ihm sagen , daß er als
Provinzialnotär an den Unterhandlungen über die Unterwerfung unter die
Herrschaft Desterreichs schon in dieser Periode lebhaften und wirksamen
Antheil nahm.

Wir sind am Schluße des vorgesteckten Zieles angelangt ; ich habe


nach Maßgabe meiner Zeit und des mir zu Gebot stehenden Materials
dem Leser ein übersichtliches Bild der Geschichte Hermannstadts vorführen
wollen , in wie weit dies gelungen oder nicht ? wird die Güte des Lesers
entscheiden. Nur so viel muß ich hier noch zu meiner Entschuldigung an-
führen, daß namentlich das 17. Jahrhundert wegen unvermuthet eingetrete-
ner dringender Geschäfte in der größten Eile zusammen gestellt werden
mußte, und ich kann von diesem Theile meiner Arbeit mit voller Wahrs
heit sagen :
29 Defuit et scriptis ultima lima meis."
t
Inhalt.

Seite
Vorrede III

30
1. Periode. Vom Jahre 1141 bis zum Jahre 1301 5
1. Periode. Bom Jahre 1301 bis zum Jahre 1526 10
II. Periode. Vom Jahre 1526 bis zum Jahre 1692 30
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