0% fanden dieses Dokument nützlich (0 Abstimmungen)
112 Ansichten16 Seiten

T05-T03 - Rösler 2012 - Kapitel 4 - Konzepte Der Fremdsprachenvermittlung

Das Dokument beschreibt verschiedene Methoden des Fremdsprachenunterrichts wie die Grammatik-Übersetzungs-Methode, die direkte Methode und den kommunikativen Ansatz. Es erklärt auch den Wandel vom Alleinvertretungsanspruch globaler Methoden hin zur Berücksichtigung verschiedener Faktoren bei der Fremdsprachenvermittlung.

Hochgeladen von

sannynguyen39
Copyright
© © All Rights Reserved
Wir nehmen die Rechte an Inhalten ernst. Wenn Sie vermuten, dass dies Ihr Inhalt ist, beanspruchen Sie ihn hier.
Verfügbare Formate
Als PDF, TXT herunterladen oder online auf Scribd lesen
0% fanden dieses Dokument nützlich (0 Abstimmungen)
112 Ansichten16 Seiten

T05-T03 - Rösler 2012 - Kapitel 4 - Konzepte Der Fremdsprachenvermittlung

Das Dokument beschreibt verschiedene Methoden des Fremdsprachenunterrichts wie die Grammatik-Übersetzungs-Methode, die direkte Methode und den kommunikativen Ansatz. Es erklärt auch den Wandel vom Alleinvertretungsanspruch globaler Methoden hin zur Berücksichtigung verschiedener Faktoren bei der Fremdsprachenvermittlung.

Hochgeladen von

sannynguyen39
Copyright
© © All Rights Reserved
Wir nehmen die Rechte an Inhalten ernst. Wenn Sie vermuten, dass dies Ihr Inhalt ist, beanspruchen Sie ihn hier.
Verfügbare Formate
Als PDF, TXT herunterladen oder online auf Scribd lesen
Sie sind auf Seite 1/ 16

DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE: EINE EINFÜHRUNG

4. Umfassende Konzepte der


Fremdsprachenvermittlung
4.1 Die Grammatik-Übersetzungs-Methode
4.2 Die direkte Methode
4.3 Die audiolinguale Methode
4.4 Die audiovisuelle Methode
4.5 Unabhängigkeit von der Entwicklung in den
Bezugswissenschaften
4.6 Der kommunikative Ansatz
4.7 Der interkulturelle Ansatz
4.8 Aufgabenorientierung als Kernkonzept des
Fremdsprachenunterrichts
4.9 Alternative Methoden
4.1O Performatives Fremdsprachenlernen

Eine Momentaufnahme des Deutschunterrichts weltweit würde sehr


unterschiedliche Aktivitäten im Klassenzimmer dokumentieren: An einem Ort steht
möglicherweise ein lehrender vor den vor ihm aufgereiht sitzenden lernenden,
erklärt ihnen ein Grammatikphänomen und lässt sie dieses dann in Lückentexte
einsetzen . An einem anderen Ort sitzen eventuell die lernenden an
Gruppentischen und erarbeiten eine Präsentation zum Thema des Tages. An einem
wieder anderen Ort stehen vielleicht Tische und Stühle am Rand und die Gruppe
befindet sich gerade bei der Arbeit an einer Inszenierung. Und an einem noch
anderen Ort ist die Klasse vielleicht gerade ausgeschwärmt und recherchiert
außerhalb des Klassenzimmers oder vielleicht sogar außerhalb des Schulgebäudes
DEUT SC H ALS FREMDSPRAC HE: EINE EIN FÜ HRUNG

Informationen zu einem bestimmten Thema.


Ein Fremdsprachendidaktiker, der diese Momentaufnahmen deutet, könnte die
erste Aufnahme für ein typisches Beispiel der Grammatik-Übersetzungs-Methode
halten, bei der zweiten auf kommunikativ orientierten Unterricht tippen, bei der
dritten auf ein dramapädagogisches Vorgehen und bei der vierten auf
Projektunterricht. Obwohl diese Momentaufnahmen zum gleichen Zeitpunkt
gemacht wären, könnte im Kopf des Fremdsprachendidaktikers eine Zeitschiene
entstehen, die mit Wertungen verbunden wäre: Die Grammatik-Übersetzungs-
Methode sei alt und überholt, die anderen Vorgehensweisen seien moderner. Das
Problem bei derartigen Einschätzungen ist allerdings, dass derartige
verallgemeinernde Sätze über ,das, Fremdsprachenlernen eigentlich nicht gemacht
we rden können. Seit Ende der 1960er Jahre steht für die Forschung zum
Fremdsprachenlernen fest, dass es wenig sinnvoll ist, globale Methoden allgemein
zu vergleichen (s. Kap . 4.5). Im Alltag existieren diese verschiedenen Methoden
nebeneinander, und sie werden an verschiedenen Orten von verschiedenen
Personen unterschiedlich bewertet.
Der Satz, ein Vorgehen sei ,veraltet, oder ,zu modern, ist eigentlich keine
angemessene Einschätzung unterrichtlicher Aktivitäten. Wenn man bestimmte
Vorgehensweisen einschätzen möchte, muss man diese in Beziehung zu den
handelnden Personen, den Lernzielen und den institutionellen Bedingungen
setzen. Im Alltag überwiegen allerdings oft noch Aussagen über die ,richtige,,
,aktuellste, , ,modernste, Methode usw.
Dieses Kapitel versucht deshalb, zwei Ziele gleichzeitig zu erreichen. Zum
einen soll die Entwicklung der globalen Methodendiskussion historisch
nachgezeichnet werden. Zum anderen sollen für jeden dieser Ansätze die
wichtigsten Merkmale beschrieben werden, damit sie in ihrer Bedeutung für die
aktuelle Unterrichtspraxis verstanden werden können. Der Begriff ,Methode, ist
dabei problematisch .

Definition

Methode ist der Weg, der eingeschlagen werden muss, um ein


DEUTSCH ALS FRE M DSPRACHE : EINE EIN FÜ HRUNG

1 bestimmtes Lernziel zu erreichen.

lehrende müssen sich z. B. Gedanken darüber machen, mit welcher Aktivität sie
die lernenden dazu bringen können, beim Lesen nicht jedes unbekannte Wort im
Wörterbuch nachzuschlagen. Darüber nachzudenken, wie ein bestimmtes Ziel
erreicht werden soll und sich damit möglicher Methoden bewusst zu werden, ist
eine alltägliche Aufgabe eines lehrenden, und die Fremdsprachendidaktik muss
dafü r sorgen, dass in der Lehrerausbildung die zukünftigen lehrenden
entsprechend vorbereitet werden.
Darüber hinaus gibt es in der fremdsprachendidaktischen Diskussion aber auch
noch eine andere Belegung des Begriffs ,Methode,, wie sie zu Beginn dieses
Kapitels verwendet wurde, die sich z. B. in Ausdrücken wie •die direkte Methode,
oder ,die audiolinguale Methode, zeigt. Bei einer derartigen Verwendung wird nicht
mehr im engeren Sinne darüber nachgedacht, welche Schritte zur Erreichung eines
bestimmten Ziels unternommen werden, sondern es wird über das
Fremdsprachenlernen geredet. Zur Abgrenzung zur obigen Definition von Methode
verwendet man oft den Begriff ,globale Methode,.

Definition

Der Begriff globale Methode ist mit einem weitgehenden Anspruch


verknüpft: Es gilt die Annahme, dass bestimmte Vorstellungen vom
Fremdsprachenlernen unterschiedslos auf alle Lerner bezogen werden können .
Manchmal ist nicht die Rede von globaler Methode, sondern von ,Orientierung,
oder ,Ansatz,. In dieser veränderten Begrifflichkeit schwingt mit, dass der
Alleinvertretungsanspruch einer Methode bereits kritisch gesehen wird.

Globale Methoden im 20. Jahrhundert: Die Grammatik-Übersetzungs-Methode


(man findet auch die Schreibweise ,Grammatik-Übersetzungsmethode,), die direkte
Methode, die audiolinguale und die audiovisuelle Methode sind Beispiele dafür,
dass eine das gesamte Fremdsprachenlernen umfassende Konzeption mit dem
DEUTSCH ALS FRE MDSPRACHE: EINE EINFÜHRUNG

Begriff ,Methode, belegt wurde. Danach, etwa ab Mitte der 1970er Jahre, änderte
sich die Terminologie ein wenig: Statt von einer kommunikativen und von einer
interkulturellen Methode sprach man vom kommunikativen bzw. interkulturellen
Ansatz oder von einer kommunikativen oder interkulturellen Orientierung. Die
Wortwahl ist also vorsichtiger geworden, und das hat einen guten Grund.
Spätestens ab den 1970er Jahren war klar, dass sich die Fremdsprachendidaktik
mit der Suche nach der ,besten, Methode in eine Sackgasse manövriert hatte.

Das Ende des Alleinvertretungsanspruchs globaler Methoden

In diesen Jahren wurde in Forschungsprojekten (s. Kap. 4.5), die eigentlich


zeigen sollten, welche der damals vorherrschenden Methoden denn die bessere
sei, deutlich, dass derart generelle Aussagen über das Fremdsprachenlernen nicht
besonders sinnvoll sind, sondern dass Aussagen über das Fremdsprachenlernen
möglichst präzise im Hinblick auf die beteiligten lernenden, die Institutionen, die
Lernziele usw. getroffen werden müssen. Man hätte deshalb erwarten können,
dass seit den 1970er Jahren gar keine globale Methodendiskussion mehr
stattfindet. Das ist nicht so: Vor allem mit dem kommunikativen Ansatz und zu
einem geringeren Maße auch mit dem interkulturellen Ansatz ist die globale
Diskussion fortgeführt worden. Und selbst im 21. Jahrhundert verweist (vgl. z. B.
das in den USA recht einflussreiche Buch von Kumaravadivelu 2006) der Begriff
,Post-Method,, der andeuten soll, man sei jetzt endlich über die Methodenfixierung
hinausgekommen, noch indirekt auf die Dominanz der Methodendiskussion.
Die folgenden Unterkapitel 4.1 bis 4.7 sollen diese verschiedenen
Methoden/Ansätze/Orientierungen kurz charakterisieren . Danach wird in 4.8 die
Konzeption der Aufgabenorientierung, die sich aus der kommunikativen
Orientierung entwickelt hat, genauer beleuchtet werden. Übungen und Aufgaben
als Herzstück der Fremdsprachendidaktik, die im laufe des Buches bezogen auf
die verschiedenen Fertigkeiten (s. Kap . 6) und Lerngegenstände (s. Kap. 8)
ebenfalls behandelt werden, sollen systematisch diskutiert werden: Welche
Funktion haben Übungen und Aufgaben? Wodurch unterscheiden sich Übungen
und Aufgaben? Wie kann man sie klassifizieren? Den Abschluss dieses Kapitels
bilden in 4.9 eine kurze Charakteristik der sog. ,alternativen Methoden,, die sich im
DEUTSC H ALS FREMDSPRACHE : EINE EINFÜH RUN G

Lauf des 20. Jahrhunderts als Reaktion auf die Vernachlässigung bestimmter
Aspekte des Fremdsprachenlernens in den etablierten Methoden entwickelt haben,
und in Kapitel 4.10 ein Einblick in die Dramapädagogik, die auf die Tatsache
reagiert, dass performative Komponenten im klassischen Fremdsprachenunterricht
eine viel zu geringe Rolle spielen und die nun umgekehrt versucht, das
Fremdsprachenlernen aus der Perspektive des Inszenierens zu begründen.

4.1 1 Die Grammatik-Übersetzungs-Methode

Ausgangspunkt : Bildung durch das Studium der alten Sprachen : Die


Grammatik-Übersetzungs-Methode (im folgenden GÜM abgekürzt) übertrug die Art
und Weise, wie alte Sprachen wie Latein und Altgriechisch unterrichtet wurden, auf
den neusprachlichen Unterricht. Die Betrachtung der alten Sprachen trägt zur
Bildung der l ernenden bei; an der Auseinandersetzung mit den Strukturen und
Texten dieser Sprache sollen sie ihren Verstand, ihre logischen Fähigkeiten,
schulen und sich bilden. Das Sprechen in diesen Sprachen war natürlich kein
wesentliches Ziel eines Unterrichts, der für einen kleinen Teil der Bevölkerung , die
Gymnasiasten, reserviert war.

Bildung und Grammatik

Explizite Grammatikvermittlung : Die Strukturen der Zielsprache sind in der


GÜM also ein wichtiger Gegenstand im Unterricht. Zunächst wurde Grammatik
präsentiert, danach geübt. Daran schlossen sich Aktivitäten wie das Lesen und
eventuell das Übersetzen von Texten an, wobei die Texte möglichst dem
hochkulturellen Kanon entnommen wurden. Schreibaktivitäten waren zum einen
Diktate, zum anderen Zusammenfassungen von Texten oder Aufsätze und
Übersetzungen. In der heutigen Terminologie würde man von einem
ausgesprochen kognitiven Konzept der expliziten Grammatikvermittlung
sprechen, deren Funktion es war, zum Bildungsprozess des Individuums durch
die Schulung formaler Fähigkeiten beizutragen. Es gab eine klare Dominanz von
geschriebenen Texten sowohl im rezeptiven als auch im produktiven Bereich ,
Sprechen und Hören waren verglichen damit weniger bedeutsam.
DEUTSC H ALS FREMDSPRACHE : EINE EINFÜHRUNG

Historisierende Überblicke über die Methodenentwicklung erwähnen meist,


dass dies eine besonders im 19. Jahrhundert dominierende Methode war. Diese
zeitliche Einordnung passt gut zu der Aussage, es handele sich um eine ,veraltete,
Methode. Dabei sollte allerdings nicht vergessen werden, dass in vielen
Klassenzimmern auch heute noch ein nicht unbeträchtlicher Teil des Unterrichts als
GÜM klassifiziert werden müsste und dass ein Teil der Germanistikstudenten, die
aus dem Ausland in den deutschsprachigen Raum kommen und zum Teil über
ausgezeichnete Deutschkenntnisse verfügen, in ihren jeweiligen Ausgangsländern
einen GÜM-ähnlichen Unterricht durchlaufen haben. Neben den Hinweisen auf die
offensichtlichen Defizite im kommunikativen Bereich lohnt sich also schon die
Frage, welchen Beitrag ein derart auf den expliziten Umgang mit der Form fixiertes
Vorgehen für das Fremdsprachenlernen welcher lernenden mit welchen Lernzielen
leisten könnte.
Ein prototypisches Lehrwerk? In Kapitel 3.2.5 wurde darauf verwiesen, dass
die Beschreibung der Entwicklung von Lehrwerken für Deutsch als Fremdsprache
und ihre Einteilung in die sogenannten Lehrwerkgenerationen eng mit den jeweils
vorherrschenden Methoden verknüpft ist. Das Lehrwerk für Deutsch als
Fremdsprache, das manchmal als prototypisch für diesen Ansatz genannt wird, ist
Deutsche Sprachlehre für Ausländer (Schulz/Griesbach 1955). Und tatsächlich
fi ndet man in diesem Lehrwerk Elemente, die darauf hinweisen: Die Vermittlung
von Grammatik ist ein wichtiges Ziel, es gibt einen kognitiven Zugang zur
Grammatik, verwendet wird lateinische Terminologie.
Diese Zuordnung ist jedoch nicht unumstritten. Funk/König (1991) ordnen
dieses Lehrwerk der GÜM zu, während Neuner/Hunfeld (1993) es eher als
Vertreter einer sogenannten vermittelnden Methode sehen . Brill (2005) hat die 1 :1
Zuordnung von bestimmten Lehrwerken und Methoden, die man häufig findet,
durchbrochen, sie analysiert ausführlich Lehrwerke, die als prototypisch für
bestimmte Methoden gelten im Hinblick auf die Eindeutigkeit der Zuordnung. Die
Problematik bei dieser direkten Zuordnung sei darin zu sehen,

»dass in der Fachliteratur eine Traditionslinie zwischen der GÜM, die für eine ganz bestimmte
homogene Zielgruppe Ougendliche Gymnasiasten) mit spezifischen Lehrzielen im schulischen
DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE : EINE EINFÜHRUNG

Kontext des letzten Jahrhunderts etabliert wurde, und dem Unterricht mit einer heterogenen
Zielgruppe (Erwachsene) im außerschulischen Bereich ca. 60 Jahre später, der von Anfang an
ganz andere (eher pragmatische) Lehrziele verfolgte, g~zogen wurde« (Brill 2005, S. 131).

Eine ausführlichere Beschäftigung mit Lehrwerken im Kontext der GÜM findet sich
in Neuner/Hunfeld (1993, S. 20-29) und Brill (2005, S. 115-135).
Kritik an der GÜM: Solange die Beschäftigung mit sprachlichen Formen und
hochkulturellen Texten als Teil der Allgemeinbildung des jungen Menschen das
wichtigste Ziel ist, ist der entsprechende Umgang auch mit modernen Sprachen
sinnvoll. Verändert sich die Zielsetzung hin zu einer stärkeren Förderung dessen,
was man in der heutigen Terminologie kommunikative Kompetenz nennen würde,
dann wird ein Unterricht problematisch, der besonders viel Wert legt auf einen
kognitiven Zugang zu Strukturen, die in schriftlichen Texten präsentiert werden.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts beginnt deshalb eine Gegenbewegung zur
GÜM. Normalerweise der Initiative des Marburger Wissenschaftlers Wilhelm Vietor
mit seinem Text »Der Sprachunterricht muss umkehren« zugeschrieben, entwickelt
sich eine Art Negation der GÜM, die sogenannte direkte Methode.

4.2 1 Die direkte Methode

Anti-GÜM: Die direkte Methode kann man sich als direkte Gegenposition zur GÜM
vorstellen. Das zeigen schon die alternativen Namen, unter der sie zum Teil geführt
wu rde: »Anti-Grammatik-Methode, Reform-Methode, rationale Methode, natürliche
Methode, konkrete Methode, intuitive Methode, analytische Methode«
(Neuner/Hunfeld 1993, S. 33).

Defin ition

Das Ziel_ direkten Methode ist die Beherrschung derges.9-.r9s:~~_!l_e_n


~r.?_r.?~!1~2 _g_e_n_~l!~r_~i~_l!l_Ü_n_c!l~c_h_e_~~!1_
e!~~~~l!rl9 YP.!1_~P!~':'.~~~Der kindliche
Erstspracherwerb dient als Modell. Die Entwicklung von Regeln erfolgt aus der
Auseinandersetzung mit dem sprachlichen Material, also durch ein induktives
DEUTSCH ALS FRE M DSPRACHE : EINE EINFÜHRUN G

1 Vorgehen .

Lernen wie ein Kind

Natürlicher Spracherwerb als Vorbild: lernende sollen im Rahmen der direkten


Methode durch Nachahmung und durch Induktion eine Art Gefühl für die neuen
Sprachen erwerben. Zum ersten Mal kommt hier bei der Diskussion um das
gesteuerte Fremdsprachenlernen das Konzept der Natürlichkeit als starkes
Argument ins Spiel. Zwar war auch den Vertretern der direkten Methode klar, dass
ei n Jugendlicher oder ein Erwachsener die fremde Sprache nicht so lernt wie ein
Kind seine Erstsprache. Trotzdem war, das deutet der Name direkte Methode
bereits an , der natürliche Erstspracherwerb das große Vorbild .
Anschaulichkeit und entdeckendes Lernen sind als Konzepte in der direkten
Methode, genauer gesagt in der Reformpädagogik, auf die sich die direkte
Methode bezieht, bereits vorhanden, sie sind also keine Neuerfindung der 1970er
Jahre, auch wenn sie in diesen manchmal als fachdidaktische Neuerungen
propagiert werden. l ehrende sind Sprachvorbilder, man ahmt sie nach. Der Fokus
auf Alltag und Sprechen führt neben der Zurückdrängung der expliziten Grammatik
zu einem zweiten Verlierer dieses Methodenwechsels: Literatur spielt im Unterricht
eine weitaus geringere Rolle als in der GÜM .
Einsprachigkeit: Die neue Sprache soll dazu dienen, sich im Alltag
zurechtzufinden, z. B. im schulischen Umfeld. Es sollen möglichst direkte
Beziehungen zwischen der wahrgenommenen Welt und der neuen Sprache mit
ihren Wörtern hergestellt werden, der Weg über die Erstsprache, in der GÜM noch
das Vorgehen der Wahl, ist plötzlich nicht nur ein Hindernis, er ist sogar schädlich :
Die direkte Methode plädiert für Einsprachigkeit, man hofft, die lernenden könnten
die vorhandene Sprache während des Unterrichts quasi vergessen und eine
direkte Verbindung von Welt und neuer Sprache aufbauen.
Dazu bedarf es einer Verbindung von Welt und Sprache, und so wird die
direkte Umgebung im Klassenzim mer ebenso wie der Teil der Welt, den man über
Bilder ins Klassenzimmer bringen kann, so anschaulich wie möglich vermittelt.
Visuelle Hilfsmittel spielten deshalb eine viel größere Rolle als in der GÜM.
DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE : EINE EINFÜHRUNG

Grammatische Regeln sind im induktiven Verfahren zwar weiterhin vorhanden,


aber sie sind nicht wie beim deduktiven Verfahren der Beginn, sondern das Ende:
Eine Regel entwickelt sich und wird danach explizit gemacht. Eine ausführlichere
Beschäftigung mit Lehrwerken im Kontext der direkten Methode findet sich in
Neuner/Hunfeld (1993, S. 40-43). Die direkte Methode hat an vielen privaten
Sprachschulen überlebt und auch überall da, wo Einsprachigkeit dogmatisch
durchgesetzt wird, auch gegen die neueren Erkenntnisse zur Bedeutung bereits
gelernter Sprachen (s. Kap. 11 ).
In der Anfangsphase der direkten Methode waren überwiegend die lehrenden
das Sprachvorbild, weil Aufzeichnungsgeräte für gesprochene Sprache kaum eine
Rolle spielten. Sobald die ersten Schallaufzeichnungsgeräte vorhanden waren,
konnten diese verwendet werden, um nachahmenswerte Sprachvorbilder in den
Unterricht zu bringen, vor allen Dingen dort, wo trotz größter Bemühungen,
muttersprachliche Sprecher der Sprache als lehrende zu engagieren, diese nicht
zur Verfügung standen.

4.3 1 Die audiolinguale Methode

Muster üben im Sprachlabor

Mit dem Aufkommen der direkten Methode waren Grundprinzipien wie


Einsprachigkeit, Induktion, Nachahmung und Primat des Mündlichen feste
Bestandteile der Fremdsprachendidaktik geworden, die seither, zu verschiedenen
Zeitpunkten unterschiedlich intensiv, eine wichtige Rolle gespielt haben. In den
1950er Jahren wurden diese Grundprinzipien der direkten Methode aufgenommen
und mit den damals aktuellen linguistischen und psychologischen Vorstellungen
von Lernen verbunden. Es entwickelte sich die sogenannte audiolinguale Methode.
Diese zeichnete sich vor allen Dingen dadurch aus, dass zum ersten Mal überhaupt
im Sprachunterricht größere technische Investitionen stattfanden. Ebenso wie bei
der direkten Methode ist das Beherrschen von Sprachen, nicht das Sprachwissen ,
das entscheidende Ziel, ebenso wie bei der direkten Methode haben die
Fertigkeiten des Hörens und Sprechens Vorrang vor dem Lesen und Schreiben.
DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE : EINE EINFÜHRUNG

Definition

Bei der audiolingualen Methode stehen ebenso wie bei der direkten
Methode das Hören und das Sprechen im Mittelpunkt. Hervorstechende
Merkmale der Vermittlung sind die Imitation von Satzmustern (pattern dril~ und
die positive Reaktion auf richtige Antworten der lernenden beim Üben
(reinforcement). Ab den 1960er Jahren findet ein Großteil der Übungen im
Sprachlabor statt. Die Grammatikvermittlung erfolgt induktiv.

Paten aus Linguistik und Psychologie: Das Aufkommen des audiolingualen


Unterrichts wurde zum einen unterstützt durch eine Entwicklung in der Linguistik,
durch den sogenannten amerikanischen Strukturalismus (zur Einordnung der
Bedeutung der Arbeiten von Charles Carpenter Fries für den
Fremdsprachenunterricht vgl. Helbig 1974, S. 255-260). Die lernenden sollten
versuchen,

»eine direkte Beziehung zwischen den Erfahrungen und den Äußerungen in der
Fremdsprache herzustellen und auf diese Weise die Sprachgewohnheiten der Muttersprachler
(,speaking habits,) nachzuahmen. Der ökonomischste Weg, die Strukturmodelle einer Sprache
zu lernen [ ... ] ist nach Fries die fortlaufende Wiederholung der Patterns« (ebd., S. 256).

Befördert wurde durch diesen Ansatz ein Konzept von Sprachunterricht, das
überwiegend satzbezogen war. Die Vermittlung von Strukturen folgte einer
bestimmten Progression, die durch den Vergleich von Sprachen, die
strukturalistisch analysiert waren, hergestellt werden sollte. Diese Strukturen
mussten intensiv geübt werden. Hier traf sich der Strukturalismus mit der
vorherrschenden lernpsychologischen Theorie, dem Behaviorismus. Nach diesem
ist auch das Fremdsprachenlernen ein Prozess, bei dem Gewohnheiten dadurch
gefestigt werden können, dass richtige Antworten bestätigt werden. Gelernt wird
durch beständiges Üben.
Mündlichkeit: Häufig liest man, in der audiolingualen Fremdsprachendidaktik
gehe es hauptsächlich um die gesprochene Sprache. Dabei handelt es sich
DEU TSCH ALS FREMDSPRACHE : EINE EINFÜHRUNG

allerdings um Sprache, die zwar mündlich realisiert ist, aber in vielen Fällen nicht
Eigenschaften der gesprochenen, sondern Eigenschaften der geschriebenen
Sprache hat (s. dazu ausführlicher Kap. 3.1.1). Die Fokussierung auf das
Mündliche führt dazu, dass die zu lernenden Sprachmuster in alltägliche Kontexte
integriert werden und man so bereits von einer situativen Einbettung der
Grammatikvermittlung reden kann. Diese und auch die Arbeit mit Dialogen sind
also keinesfalls eine Erfindung des in den 1970er Jahren beginnenden
kommunikativen Ansatzes (s. Kap . 4.6), sondern geradezu konstituierend bereits
für den audiolingualen Ansatz. Allerdings bleibt es bei den Dialogen in
audiolingualen Lehrmaterialien zumeist das wichtigste Ziel, Strukturen zu
vermitteln. Es handelt sich also um als Dialoge verkleidete
Grammatikpräsentationen (s. Kap . 3.1.2). Erst mit der im kommunikativen Ansatz
verstärkt aufkommenden Forderung nicht nur nach Dialogen, sondern nach
authentischen Dialogen wird diese Orientierung an der Grammatikprogression in
Frage gestellt.
Pattern Drills im Sprachlabor: Die wichtigste Form des Übens sind
geschlossene (s. Kap. 5.2.1) Aktivitäten, bei denen sprachliche Muster memoriert
werden, die sogenannten pattern dri/1s. Diese scheinen vor allen Dingen durch die
neue technologische Errungenschaft, das Sprachlabor, sehr effektiv vermittelbar zu
sein. Denn nun ist es möglich, dass jeder Schüler individuell arbeiten kann: An
seinem Platz im Sprachlabor kann er die Stimuli nachsprechen, der Lehrer kann
sich einschalten, es können Aussprache und Hörverstehen geübt werden, es
können Grammatikmuster nachgesprochen werden. Verglichen mit einer
Klassenzimmersituation, in der die lehrenden Redezeit zuteilen (und selbst (zu)
viel reden), ist dies also ein großer Zugewinn an Redezeit für die lernenden.
Klassisch läuft ein Drill folgendermaßen ab: der Lerner
hört etwas,
reagiert darauf,
hört die richtige Antwort und
korrigiert sich durch ein erneutes Sprechen.

Die Schwachstelle dieser Sequenz liegt im Übergang vom dritten zum vierten
DEUTSC H ALS FREMDSPRAC HE : EINE EINFÜH RUNG

Schritt: Was der Lerner nach seiner Äußerung hört, ist ja keine wirkliche Reaktion
im Sinne eines Feedback, wie es ein Lehrer oder heute manchmal auch eine gute
Software geben. Es ist vielmehr eine bereits vor der sprachlichen Reaktion der
lernenden hergestellte Antwort, die diese nun hören, unabhängig davon, was
genau sie gesagt haben. Diese Vorstellung vom Lernen geht davon aus, dass der
Lerner tatsächlich in der Lage ist, diese zeitlich auf sein Sprechen folgende
Reaktion, die seine konkrete Äußerung aber nicht analysiert hat, für die
Durchführung eines Vergleichs zu nutzen. Wenn die lernenden aus der
Rückmeldung der Kassette die Differenz zu ihren eigenen Äußerungen nicht
heraushören und bei ihrem zweiten Versuch deshalb auch keine entsprechenden
Änderungen ihrer ersten Äußerung vornehmen können, haben sie keinen
wirklichen Lernfortschritt erzielt.
Grammatikvermittlung ist im audiolingualen Ansatz keinesfalls
verschwunden, verglichen mit der di· Methode hat die Grammatik wieder an
Bedeutung gewonnen, aber sie bleibt dialogisch verkleidet. Die
zusammenfassende Grammatikdarstellung z. B. durch Tabellen wird im
audiolingualen Ansatz im Lehrwerk manchmal aus der Lektion ausgeklammert und
findet sich in einem gesonderten Überblicksteil, das wirkt so, als solle der Blick auf
die Grammatik nicht den Ablauf in der Lektion stören. Ausgegliedert ist dabei aber
nur die explizite Behandlung von Grammatik, nicht die einübende Beschäftigung
mit ihr.
Prototypisches Lehrwerk? Abbildung 3 in Kapitel 3.1.2 zeigt eine Seite aus
einem Lehrwerk, die im Kontext der audiolingualen Methode als einigermaßen
typisch angesehen werden kann, man sieht einen mit klarem Bezug auf ein
Grammatikphänomen geschriebenen Dialog: die Häufung von Relativsätzen sticht
sofort ins Auge. Dem audiolingualen Ansatz wird auf der Ebene der Lehrwerke
zumeist das Lehrwerk Deutsch als Fremdsprache (Braun/Nieder/Schmöe 1967)
zugeordnet, aus dem diese Abbildung stammt. Man könne, so Brill 2005, in diesem
Lehrwerk allerdings sowohl Merkmale der audiolingualen Methode erkennen als
auch Elemente, die sich nicht auf sie beziehen . So sei dieses Lehrwerk durch seine
Einsprachigkeit gar nicht in der Lage, auf Grund von kontrastiven Strukturanalysen
DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE : EINE EINFÜHRUNG

»eine an der Komplexität der fremdsprachlichen Strukturmuster orientierte


Grammatikprogression« aufzubauen« (ebd., S. 140). Alltagsorientierung sei zwar
vorhanden, allerdings seien die Texte nicht authentisch, wie das in Abbildung 3
wiedergegebene Beispiel zeigt. Dialoge und Übungsgeschehen seien
grammatikgesteuert. Das Lehrwerk ziele »weiterhin vorrangig auf die Vermittlung
grammatischen Wissens« (ebd., S.142).

4.4 1 Die audiovisuelle Methode

Das audiovisuelle Konzept ist in den 1950er Jahren in Frankreich ursprünglich für
Französisch als Fremdsprache entwickelt worden .

Definition

Die audiovisuelle Methode ist in vielerlei Hinsicht eine Weiterentwicklung


der audiolingualen und der direkten Methode. Während bei der audiolingualen
Methode die Verbindung von Hören und Sprechen im Vordergrund steht, weist
das Attribut ,audiovisuell• bei diesem Ansatz darauf hin, dass die visuellen
Medien eine wichtige und verglichen mit vorher vorhandenen Konzepten auch
neue Rolle spielen.

Medienvielfalt

Unterrichtsablauf: Ein typisches audiovisuelles Vorgehen beginnt mit einer


Verbindung von Ton und Bild, visuelle und akustische Reize werden zugleich
gegeben, so dass sie eine Bedeutungseinheit bilden. Danach werden Dialoge
präsentiert, die sich durch Wiederholungen einprägen sollen. Im laufe der Zeit
sollen die visuellen Stimuli in den Hintergrund treten, so dass die lernenden den
Dialog nachspielen können. Schreiben und Lesen spielt in dieser Anfangsphase
keine Rolle, bei konsequenter Anwendung der Methode müssten die lehrenden die
lernenden daran hindern, sich Notizen zu machen, ein problematisches Vorgehen
zumindest für diejenigen lernenden, für die das Aufschreiben ein wichtiger Teil
DEUTSC H ALS FREM DSPR AC HE : EINE EINFÜHRUNG

ihres Lernprozesses ist. Wie im audiolingualen Unterricht auch wird also vorrangig
medial gesprochene Sprache präsentiert, Dialoge werden nachgeahmt, Muster
werden erworben .
(Analoge) Medienvielfalt: Im Gegensatz zur audiolingualen Methode, bei der
mit dem Sprachlabor zwar auch Technik zum Einsatz kam, diese sich aber im
Wesentlichen auf einen Aspekt, den Audio-Bereich, konzentrierte, ist bei der
audiovisuellen Methode zum ersten Mal ein großer analoger Medienverbund im
Einsatz. Die visuellen Elemente können über Fernsehen oder Diaprojektor geliefert
werden, die akustischen durch Tonbandgeräte. Was im 21 . Jahrhundert multimedial
über ein einzelnes Gerät transportiert wird , ist in dieser Phase des analogen
Medieneinsatzes ein technisches Abenteuer : Ziemlich viele Geräte müssen
fu nktionieren und die Lehrer müssen eine hohe technische Kompetenz besitzen,
damit sie diesen Unterricht gut durchführen können.
Bei der audiovisuellen Methode mussten die lehrenden also zum ersten Mal in
der Entwicklung der Fremdsprachendidaktik eine starke technische
Medienkompetenz haben, und durch die Vielfalt der analogen Medien bestand die
Gefahr, dass eine Art Drehbuch den lehrenden quasi vorschrieb, welche Schritte
sie als nächstes zu unternehmen hatten, so dass sie stärker Medientechniker als
verantwortliche Unterrichtsgestalter oder Lernorganisatoren waren.
Für beide, die audiolinguale und die audiovisuelle Methode gilt, dass sie mit
Mustern arbeiten, dass sie einerseits das Primat der gesprochenen Sprache
postulieren und doch gleichzeitig Texte liefern, denen ihr Bezug zur
Grammatikprogression anzusehen ist und dass sowohl kreative Schreibaktivitäten
als auch kognitiver Zugang zu sprachlichen Phänomenen keine Rolle spielen.
Häufig werden auch die »Sinnentleerung und Banalisierung der Lehrbuchdialoge
und -Übungen wegen der Dominanz der Grammatikpatterns und die
Marionettenhaftigkeit der Lehrbuchfiguren« kritisiert (Neuner/Hunfeld 1993, S. 66) .

4.5 1 Unabhängigkeit von der Entwicklung in den


Bezugswissenschaften
DE UTSC H ALS FREMDS PR AC HE : EI NE EIN FÜHRUN G

In der globalen Methodendiskussion ist Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre noch
überwiegend die Annahme zu finden, dass Veränderungen in der Linguistik und in
der Psychologie ,automatisch, zu Veränderungen beim Fremdsprachenlernen
führen müssten. Strukturalismus und Behaviorismus, die beiden sogenannten
Bezugswissenschaften der audiolingualen Methode, wurden vor allen Dingen durch
Noam Chomsky heftig angegriffen. Konzepte der generativen Grammatik wie
Spracherwerbsmechanismus, eine auf Humboldt zurückgehende Idee
sprachlicher Kreativität und Tiefenstrukturen, von denen man durch
Transformationen zu Oberflächenstrukturen gelangte, bestimmten nun die
Di skussion .
Abhängigkeit von den Bezugswissenschaften : Parallel dazu entwickelten
sich Veränderungen in der Fremdsprachendidaktik. Zum Teil wurden eher
oberflächliche Anpassungen vorgenommen, z. B. wenn traditionelle
Umformungsübungen plötzlich Transformationsübungen genannt wurden. Es gab
jedoch auch, wie in Kapitel 2 gezeigt, vom Konzept des
Spracherwerbsmechanismus ausgelöste Debatten über das Verhältnis von
Steuerung und natürlichem Erwerb, die die Erforschung des
Fremdsprachenlernens langfristig beeinflusst haben.
Cognitive code learning: Für eine kurze Zeit wurde dem audiolingualen
Ansatz ein sogenanntes cognitive code learning entgegengesetzt, eine eher
theoretisch vorhandene Konstruktion, die wohl am besten als eine Art verkleidete
GÜM zu beschreiben ist. Immerhin ist es diesem Phantom zu verdanken, dass zwei
große Studien durchgeführt wurden, die versuchten , die Überlegenheit der einen
oder anderen Methode als solche zu belegen, eine sehr aufwändige Studie in
Pennsylvania und eine Studie in Schweden (vgl. Smith 1970 und Elek/Oskarsson
1975; als Überblick Rösler 1977). Das aus heutiger Sicht wohl interessanteste
Ergebnis dieser beiden Studien war, dass die Frage nach der Überlegenheit einer
Methode über andere eigentlich die falsche Frage ist. Fragen nach der
Überlegenheit von Vorgehensweisen können nicht auf der Ebene allgemeiner
Methoden gestellt werden, sondern müssen sich auf die Vielfalt des Lernens
beziehen, auf individuenbezogene Faktoren wie z. B. Alter, Motivation usw. ebenso
DEUTSC H ALS FR EM DSPRAC HE: EINE EINFÜHRUNG

wie auf Lernziele oder institutionelle Begebenheiten .


Unabhängigkeitserklärung: die Etablierung der Sprachlehrforschung : In
Deutschland führte diese Erkenntnis u. a. dazu, dass sich mit der Sprachlehr- und -
lernforschung eine sich als empirische Wissenschaft verstehende Disziplin
etablierte, die gegen die traditionelle Fremdsprachendidaktik eine stärkere
Fokussierung auf Forschung einforderte. Sie legte besonderen Wert auf Konzepte
wie die lnterdisziplinarität der Erforschung des Fremdsprachenlernens und den
sog. Lernerbezug, das Eingehen auf die Vielfalt der Lernervariablen. Explizit
gefordert wurde eine klare Abkehr von der Vorstellung, man könne aus
Entwicklungen in der Linguistik und der Psychologie vorhersagen, wie es in der
Fremdsprachendidaktik weitergehe (vgl. Koordinierungsgremium im DFG-Projekt
Sprachlehrforschung 1977).
Mitte der 1970er Jahre entstand eine paradoxe Situation : Zum einen wusste
man, dass es eigentlich keine ,beste, globale Methode mehr geben kann, zum
anderen entwickelte sich parallel dazu aber eine neue Grundorientierung, die bis
ins 21. Jahrhundert in vielfältig weiterentwickelter Form die
fremdsprachendidaktische Diskussion dominiert. Sie beeindruckte durch eine
Vielzahl von originellen Ideen, neuen Lehrwerken und emanzipatorischen, gut in
den Zeitgeist der 1970er Jahre passenden Konzepten. Man sprach nun allerdings -
wie bereits angedeutet - eher von einer neuen Orientierung oder einem neuen
Ansatz; die Vorstellung, es gebe eine globale Methode, war zu diesem Zeitpunkt
doch schon zu unhaltbar geworden.

4.6 1 Der kommunikative Ansatz

Authentische Kommunikation im Alltag

Mitte der 1970er Jahre trafen verschiedene Entwicklungen zusammen.


Bildungspolitisch erhöhte sich in der Bundesrepublik die Zahl der lernenden, die
eine Fremdsprache lernen sollten, dadurch, dass nun auch an Hauptschulen
Fremdsprachenunterricht angeboten wurde. In der Sprachwissenschaft wurde
durch die Ausweitung ihres Gegenstandsbereichs auf Gespräche und Texte, durch

Das könnte Ihnen auch gefallen