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Die kommunikative Methode
(oder kommunikativ-pragmatischer Ansatz)
Wann? seit Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts
Die Situation am Ende der 70er Jahre:
Mehrere Entwicklungen trafen zusammen: viel mehr Leute wollte
eine Sprache lernen und in das Land reisen, in dem die Sprache
gesprochen wurde.
In der Linguistik eine neue Periode: die pragmatische Wende;
der Blick über den Satz hinaus, auf den TEXT und die
Kommunikation.
In der Sprachdidaktik gewinnen Stichwörter an Bedeutung wie:
„Alltagskommunikation“, „Authentizität“, „situationsgemäße
Einbettung“.
Dazu noch:
• Mängel der früheren Lehrmethoden (GÜM, ALM/AVM).
• Entstehung neuer sprachwissenschaftlicher Disziplinen:
• Textlinguistik
• Pragmalinguistik
• Soziolinguistik
• Psycholinguistik
• Entwicklung neuer Lehrmethoden im Sprachunterricht, wie
lernerzentrierter Unterricht, Lernerautonomie, neue farbige
Bücher.
Die Pragmalinguistik (oder Pragmatik) ist die theoretische Grundlage
der kommunikativen Methode.
Was ist Pragmalinguistik? Schlagen Sie nach und wiederholen Sie.
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Wichtig für einen Unterricht nach der kommunikativen Methode sind
alltagspraktische Äußerungen (Sprechakte), mit denen bestimmte
Sprechabsichten realisiert werden. z.B. jemanden begrüßen, sich
vorstellen, im Restaurant bestellen usw.
Ziel: die Schüler zur Alltagskommunikation befähigen (siehe unten
stehende Übung 2).
Grammatik spielt eine untergeordnete Rolle im
Fremdsprachenunterricht; die Grammatikprogression erfolgt
nach pragmatisch-funktionalen Gesichtspunkten.
Erklärung von Sprechakten anhand einer Aufgabe
Aufgabe 1
• Welcher Sprechakt vollzieht sich bei der Äußerung „Das Bild
finde ich überhaupt nicht gut!“?
• Welche ist die Sprechabsicht der Äußerung?
• Mit welchen anderen sprachlichen Mitteln kann dieselbe
Sprechabsicht formuliert werden?
• Wie könnte die Sprechabsicht im Rahmen eines
kommunikativen Unterrichts gelehrt werden?
Lösung der Aufgabe
• Bewertung/Kommentar
• Mißfallen ausdrücken
• z.B. -Furchtbar! (+ auf das Bild zeigen)
-Das (Bild) gefällt mir überhaupt nicht!
-Das (Bild) ist eine Zumutung!
-Gefällt dir das (Bild) etwa?! usw.
• Anfangs mit wenig Sprache, z.B. Furchtbar!, dann mit mehreren
und komplexeren Äußerungen Gefällt dir das (Bild) etwa?!
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Hauptcharakteristika eines kommunikativen
Fremdsprachenunterrichts
a) alltagsbezogene Themeninhalte
b) thematischer Elementar- und Aufbauwortschatz
c) situative Rollen, z.B.
Rolle Sprechsituation Sprechabsicht
Kunde, Verkäufer Geschäft Kauf, Bestellen
Vgl. dazu auch Aufgabe 2.
d) situative Grammatikvermittlung, z.B.
Sprechab- Situation Rolle Thematik Grammatik
sicht
Verbot Straße Verkehrsteil- Parken Modalverben
nehmer
Vgl. dazu auch folgende Aufgabe 3.
e) authentische Lese- und Hörtexte sowie Sprech-
und Schreibanlässe, z.B.
Sprechsituation Authentische Texte
in der Schule Stundenplan, Zeugnis usw.
Vgl. dazu auch Aufgabe 4.
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f) kommunikative Übungsformen, z.B.
realitätsnahe sprachliche kommunikative
Handlung Übungsform
einen Zeitungsartikel lesen das Gelesene anderen
erklären
Vgl. dazu auch Aufgabe 5.
Aufgabe 2: Zur Verbindung von Rollen und Situationen im Unterricht
Ergänzen Sie die folgende Tabelle:
wer? wo? worüber?
(Rolle) (Situation) (Thema)
Kunde im Geschäft Kauf von Kleidern
Gast
Patient
Passagier
Verkehrsteilneh
mer
Autofahrer
Informationssu-
chender
Eingeladener
Zuschauer
Privater Ge-
sprächspartner
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Lösung der Aufgabe
Ergänzen Sie die folgende Tabelle:
wer? wo? worüber?
(Rolle) (Situation) (Thema)
Kunde im Geschäft Kauf von Kleidern
bei Freunden Neues Land
Gast
Patient beim Arzt Erkältung, Grippe
Passagier im Flugzeug Reisen
Verkehrsteilneh an der Autobahn Panne
mer
Autofahrer im Stau Verkehrsprobleme
auf der Straße Orientierung in der
Informationssu-
chender Stadt
im Theater/im Aufführung
Eingeladener
Konzert
im Stadion Fußballspiel
Zuschauer
Privater Ge- im Gasthaus Familie, Urlaub, Welt
sprächspartner
der Arbeit ….
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Blick in ein Lehrbuch
Der folgende Auszug aus einem Lehrbuch der kommunikativen
Methode zeigt eine typische Verbindung:
eines Themas mit einer Rolle, einer Sprechabsicht und einem
grammatischen Phänomen.
- Hier, hör mal: „Eine gutaussehende Dame, 34 Jahre alt, 1 Meter
66 groß, blonder, langhaariger Typ, wünscht intelligenten,
liebevollen Partner.“
Ist das nichts für dich?
- Nochmal, was für ein Typ?
- Ein blonder, langhaariger.
- Und was für einen Mann sucht die?
- Einen intelligenten, liebevollen.
- Nein, nein, die passt zu dir!
Sind da noch andere?
- Ja, hier: „Nettes Mädchen, gutaussehend, sucht lieben Mann.“
- Ach, ich bin doch schon zu alt. Und weißt du? Ich finde
Heiratsanzeigen blöd!
Was ist hier das Thema, die Rolle der Kommunikationspartner, die
Sprechabsicht/Sprechabsichten und welches grammatische Phänomen
wird didaktisiert?
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Aufgabe 3: Ergänzen Sie die Lücken auf der folgenden Tabelle . Sie
finden so die Kombinationen von Sprechabsicht, Rolle, Thema und
grammatischem Phänomen, die in Lehrwerken der kommunikativen
Methode typisch sind.
Sprechabsicht Rolle Thema
Modalverben Gebot/Verbot Verkehrsteilnehmer Parken im
Halteverbot
Passiv
Perfekt
Futur I
Lösung der Aufgabe:
Sprechabsicht Rolle Thema
Modalverben Gebot/Verbot Verkehrsteilnehmer Parken im Halteverbot
Passiv Vorgänge Arbeiter Erklärung eines
beschreiben Produktionsablaufs
Perfekt erzählen, was man Bekannter Ferienerlebnis
erlebt hat
Futur I Androhung Lehrer keine Hausaufgaben
schreiben, Heft immer
vergessen, im Unterricht mit
seinem Nachbar ständig reden
Schwierigkeiten bei der Anwendung dieses didaktischen Plans:
Nicht jedes gramm. Phänomen hat solche „natürlichen" Partner; viele gramm. Phänomene
sind in dialogischer Rede ungebräuchlich;
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Was ist noch wichtig in der kommunikativen Methode?
Leseverstehen ist ein wichtiger Aspekt der Alltagskommunikation. Texte
spielen somit eine wichtige Rolle. Als Texte kommen in Lehrbüchern der
kommunikativen Methode besonders Alltagstexte vor.
Aufgabe 4: Sie finden hier Alltagssituationen. Welche Lesetexte sind für
diese Situationen charakteristisch? Ergänzen Sie.
Alltagssituationen Lesetexte
Im Hotel Anmeldeformular, Stadtplan, Reiseführer
Im Restaurant Speisekarte
Im Reisebüro Reiseführer, Werbungen, …
Auf der Post
Im Supermarkt
Im Wartezimmer eines Arztes
Beim Frisör
Im Kaufhaus
Beim Bäcker
Am Kiosk
Auf dem Markt
Im Flugzeug
Im Bus
Am Bahnhof
An der Bushaltestelle
Im Museum
Im Kino / imTheater
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Aufgabe 5: Formulieren Sie kommunikative Aufgaben zu
Alltagssituationen und Texten
Alltagssituationen Texte kommunikative
Aufgaben
Im Hotel Anmeldeformular das Formular ausfüllen
Im Restaurant Speisekarte
In der Jugendherberge
Im Bahnhof Fahrplantabelle
Im Kaufhaus
Im Supermarkt
Im Museum
Im Kino
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Wiederholungsaufgabe
Erläutern Sie anhand des unten stehenden Lehrwerkdialogs die
Charakteristika der kommunikativen Didaktik. Berücksichtigen
Sie dabei Aspekte, wie
Sprechabsicht
Sprechsituation
Thematik
Rolle
Authentischer Text
Grammatik
Übungsform
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Lösung
Sprechabsicht Situation Thematik
Gefallen/Mißfallen beim Fußballspiel Fußball
äußern Sport
Rolle Authentischer Grammatik Übungsform Thematischer
Text Wortschatz
Fußballfans Realitätsnaher Grammatik Mündliches Fußball
Freunde Dialog ist hier kein Rollenspiel ist Phantastisch!
Ziel. hier möglich. Eine Katastrophe!
Ich finde …
Da haben Sie
Recht!
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Abschließend:
Unterrichtsprinzipien der kommunikativen Methode
- offenes und flexibles Unterrichtskonzept,
- Orientierung an Inhalten, die dem Lerner etwas bedeuten
- Aktivierung des Lernenden; durch die Entwicklung von
Verstehensstrategien an fremdsprachlichen Texten und die
Fähigkeit, sich frei zu äußern, soll der Lerner auf die
Kommunikation in realen Situationen vorbereitet werden.
Die Verstehensstrategien dienen aber auch der
Kommunikation im Unterricht.
- Veränderung der Sozialformen
- Lehrerrolle wird neu gesehen; nicht mehr der
Wissensvermittler oder der Medientechniker, sondern der
„Helfer im Lernprozess"
- Neue Lehrmaterialien; offen angelegt, dass sie an jeder
Stelle im Hinblick auf die Ziele und Bedürfnisse der
jeweiligen Lernergruppe angepasst, verändert und ergänzt
werden können.
(Typische Lehrwerke der komm. Methode, die bis Mitte der 80er Jahre
erschienen sind: Deutsch aktiv, Deutsch konkret, Themen, Sprachkurs Deutsch)