Lernzettel Pädagogische Psy.
L&L
Sitzung 4 - Leistungsbeurteilung und Attribution von Erfolg und
Misserfolg
Bezugsnormen und Bezugsnormorientierung
Bezugsnormen
Bezugsnormen sind Standards, mit denen man ein Resultat vergleichen muss, wenn man das
Resultat als Leistung bewerten will.
o Unterscheidung Leistungsmessung und Leistungsbeurteilung
Soziale Bezugsnorm
normativer Vergleich
- „Vergleich eines Resultates mit den Resultaten einer sozialen Bezugsgruppe“
o gut = überdurchschnittlich
o schlecht = unterdurchschnittlich
Individuelle Bezugsnorm
temporaler Vergleich
- „Vergleich des jetzigen Resultats eines Individuums mit dem vorherigen Resultat“
o gut = Anstieg
o schlecht = Abfall
Sachliche Bezugsnorm
kriteriale Vergleiche
- „Vergleich mit einem Standard, der in der Sache selbst/in dem beabsichtigten
Handlungszweck liegt“
Anwendungskontexte für Bezugsnormen
In welchem Kontext sollten die jeweiligen Bezugsnormen genutzt werden?
Anwendung der Bezugsnormen ist abhängig vom Kontext und Zweck
- Noten können auf JEDER Bezugsnorm basieren!
Soziale Bezugsnorm
- Fokus: Gruppenvergleich
o Vorteil
Lern-/Aufstiegschancen an die Besten vergeben
o Gefahr
Entmutigung von „dauerhaft schlechten Leistungen“
Individuelle Bezugsnorm
- Fokus: Individuelle Entwicklung
o Vorteil
Lernfortschritt mitteilen ohne belastende Gedanken
o Gefahr
Fehler in der Selbsteinschätzung (Über-/Unterschätzung)
Sachliche Bezugsnorm
- Fokus: Erreichen des Lernziels
o Vorteil
Zertifikate oder Lerngelegenheiten sind vom Kompetenzniveau abhängig
o Gefahr
Entmutigung der Lernenden
Bezugsnormorientierung
Mit Bezugsnormorientierung wird die Tendenz von Lehrkräften bezeichnet, eine bestimmte
Bezugsnorm zu bevorzugen, wenn man dazu den Bewertungsspielraum hat
Soziale Bezugsnormorientierung
Lehrkräfte verwenden hauptsächlich soziale Bezugsnorm
Leistungserwartung
- Stabile Erwartungen zum langfristigen Erfolg/Misserfolg von SuS
Aufgabenstellung
- Stellen oft allen die gleiche Aufgabe
o Über-/Unterforderung mancher SuS
Individuelle Bezugsnormorientierung
Bezugsnormenvielfalt: Informelle Leistungsrückmeldungen/Kommentare
Leistungserwartung
- Offenheit in langfristiger Leistungserwartung
- kurzfristige und konkrete Erwartungen
Aufgabenstellung
- Individuelle Schwierigkeitsdosierung von Aufgaben
Leistungsbeurteilungen in der Schule
Funktionen von Leistungsbeurteilungen
Rückmeldung an Lernende
- Informationen über Lernstände
o Stärken und Schwächen
Motivierung von Lernenden
- Gute Beurteilungen
o Anreiz zum Weitermachen
- Schlechte Beurteilungen
o Anreiz zur Verbesserung
Disziplinierung von Lernenden
- Mangelnde Disziplin in Noten wiedergespiegelt
- Kopfnoten
Bericht an Dritte
- Eltern
- Arbeitsgeber
Selektion/Legitimation/Allokation
- Selektionskriterien
o Schulwahl (Gymnasium, Hauptschule, ...)
- Legitimationskriterien
o Ist ein Kind legitimiert eine Förderung zu bekommen
- Allokation
o Ressourcenverteilung
Noten: Gütekriterien
Objektivität
Bewerten verschiedene Lehrkräfte ein und dieselbe Schülerleistung gleich?
Nein, wenn…
o kein allgemein verbindlicher, absoluter Maßstab gegeben
o Urteilfehler vorliegen
Erwartungseffekte (sseP)
Beobachtungsmängel
Ja, wenn…
o der Bezugsrahmen (die Klasse) gleich ist/bleibt
soziale Bezugsnorm
o Informationen über die Leistungsentwicklung verfügbar sind
individuelle Bezugsnorm
o Erwartungshorizonte verfügbar sind
sachliche Bezugsnorm
Reliabilität
Wie zeitlich stabil sind Schulnoten?
- höhere Stabilität für Notendurchschnitte als für Fachnoten
o Durchschnittsnote in 4. Klasse korreliert mit Durchschnittsnote in 8. Klasse
r = .78
o hohe Variation zwischen den Einzelnoten in verschiedenen Fächern
Validität
Erfassen Schulnoten tatsächlich Schülerleistungen?
Strukturelle Validität
Sind Schulleistungen fachspezifisch?
- faktorenanalytische Trennung zwischen sprachlichen und mathematisch-
naturwissenschaftlichen Fächern
o Fachnoten korrelieren mit fachspezifischen Leistungstests
Kriterienvalidität
Wie gut stimmen Noten mit anderen Schulleistungsmaßen überein?
- Fachnoten hängen hoch mit fachspezifischen Leistungstests überein
Wie gut können Noten zukünftige Erfolge in Studium und Beruf vorhersagen?
- Studien-/Ausbildungserfolg
o beste Prädiktoren = durchschnittliche Abschlussnoten
- Berufserfolg
o gute Prädiktoren = durchschnittliche Abschlussnoten
Attribution von Erfolg und Misserfolg
Kausalattributionen
subjektive Ursachenzuschreibung bei Erfolg und Misserfolg
Attributionsdimensionen
Wie lassen sich Erfolg und Misserfolg erklären?
Dimension der Lokation
- internal
o Personen sehen sich selbst für Verhalten verantwortlich
- external
o Personen sehen äußere Umstände für Verhalten verantwortlich
Dimension der Stabilität
- stabil
o Ursache ist zeitlich stabil
- variabel
o Ursache ist zeitlich variabel
Dimension der Kontrollierbarkeit
- Ursache erscheint kontrollierbar
- Ursache erscheint unkontrollierbar
4-Felder Tafel (Weiner, 1994)
Auswirkungen auf Erfolgserwartungen
Attributionsdimension Stabilität (auch Kontrollierbarkeit) beeinflusst maßgeblich
Erfolgserwartung
Auswirkungen auf Emotionen
Attributionsdimension Lokation beeinflusst maßgeblich Ausprägung von Emotionen
Funktionale Attributionen
- Misserfolg = variabel attribuieren
o Anstrengung / Zufall
- Erfolg = internal attribuieren
o Fähigkeit / Anstrengung
o kann problematisch sein (s. Sequenzeffekt)
Sequenzeffekt
Reines Fähigkeitsfeedback
bei Erfolgen…
- kurzfristig
o Steigerung der Vertrauens in eigene Fähigkeit
- langfristig
o Gefahr der Selbstüberschätzung
geringere Anstrengungsbereitschaft
sinkende Leistung
Reines Anstrengungsfeedback
bei Erfolgen…
- selbstgefährdende Erklärungen sind Gefahr
o „Egal was ich mache, ich muss mich IMMER anstrengen…“
Feedback Empfehlung
bei Erfolg…
- „Kompetenzzuwachs aufgrund hoher Anstrengung“
1. erst Anstrengungsfeedback
2. dann Fähigkeitsfeedback
bei Misserfolg…
- „Man kann selbst etwas tun
1. mangelnde Anstrengung
Techniken zur Veränderung von Attributionsmustern
Kommentierungstechniken
- Mündliches Feedback
o Erklärung
unmittelbar nach einem Handlungsereignis eine Erklärung, die für das
Handeln funktional ist
o Lob
nach gutem Beitrag
- Schriftliches Feedback
o Erklärung
nicht unmittelbar nach Ereignis
differenziertes und elaboriertes Feedback
o Kritik
Kommentar von Lehrkraft unter Klausur
Modellierungstechniken
erwünschte Attribution direkt genannt oder indirekt nahegelegt
Sitzung 5 – Lern- und Leistungsmotivation
Emotionen als mehrdimensionales Konstrukt
Emotionen
Emotionen sind mehrdimensionale Konstrukte, die aus verschiedenen Konstrukten bestehen
- Reaktionen auf die Bewertung eines Reizes (innen oder außen) / Objektes
o Emotionen IMMER auf einen Reiz bezogen
- manifestiert sich in zeitgleicher Veränderung aller Komponenten von Emotionen
Komponente der Emotionen
1. Affektive Komponente
- angenehmes (lustvolles) Erleben
- unangenehmes (unlustvolles) Erleben
2. Physiologische Komponente (biologisch)
a. zentral-physiologischer Prozess
o Kortikale Erregung
präfrontaler Kortex
o Subkortikale Erregung
Amygdala
b. Peripher-physiologischer Prozess
o Hautleitfähigkeit (Schweiß)
o Atmung (verschnellert sich)
o Herzrate
o Muskeltonus
3. Kognitive Komponente (Gedanken die entstehen)
- Positiv
o Gedanken an Erfolg
o Annäherung
- Negativ
o Gedanken an Versagen
o Flucht
4. Expressive Komponente
- verbaler Ausdruck
- nonverbaler Ausdruck
o Mimik & Gestik
5. Motivationale Komponente
- Positiv
o Initiierung von Annäherungs- und Explorationsverhalten
- Negativ
o Initiierung von Vermeidungs-, Kampf- und Fluchtverhalten
Unterschiedliche Begriffe
Gefühl
- innerlich bewusst erlebte Komponente von Emotionen
Stimmung
- langfristiger Emotionszustand
- weniger intensiv
- in geringerem Maße auf Objekte gerichtet
Affekt („handeln im Affekt“)
- kurzfristiger Emotionszustand
- sehr intensiv
- charakterisiert durch eine starke Verhaltenstendenz
Perspektiven auf Emotionen
Dimensionale Perspektive auf Emotionen
- Differenzierung von Emotionen nach bestimmten Dimensionen
o Valenz (positiv oder negativ)
o Erregung (hoch oder niedrig)
Bsp. für Antwort: „positiv erregt“
Kategoriale Perspektive auf Emotionen
- Differenzierung einer Vielzahl an qualitativ unterschiedlichen Emotionen
Bsp. für Antwort: „ängstlich“ / „freudig“
Basisemotionen
2 positive und 4 negative Emotionen
- Freude
- Überraschung
- Trauer
- Ärger
- Ekel
- Angst
Grundsätzlich gilt positive Emotionen werden im Alltag häufiger intensiv erlebt als negative
Emotionen!
universell kulturübergreifend charakterisiert durch:
- typische Gesichtsausdrücke
- spezifische Auslösebedingungen
- Handlungstendenzen
Emotionen im Lehr- und Lernkontext
1. Leistungsemotionen
- … auf das Ergebnis einer Leistung bezogen
o Freude als aktivitätsbezogene Leistungsemotion
2. Themenbezogene Emotionen
- … auf das Interesse zu einem Thema bezogen^
o Langeweile bei fehlendem Interesse
3. Epistemische Emotion
- … auf das Verständnis bezogen
o Freude an der gewonnen Erkenntnis
o Verwirrung bei erfolgloser Problemlösung
4. Soziale Emotionen
- … auf ein Objekt bezogen
o Empathie gegenüber einer Lehrkraft
5. Vom Lehr- und Lernkontext unabhängige Emotionen
- … unabhängig und trotzdem im Bildungskontext erlebt
o Trauer über ein privates Ereignis (bleibt trotz Kontextwechsel)
6. Emotionen von Lehrkräften
- Stolz über Erfolge Ihres Handels
o Klassenerfolg
Leistungsemotionen
Entwicklung von Emotionen im Schulalter
Kleinkind und Grundschulkinder
- Überschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit
- Begeisterter Lerner
Im Laufe der Schulzeit
- Abnahme positiver Emotionen
o Lernfreude nimmt ab
o Stabilisiert sich wieder ab 8. Klasse
- Zunahme negativer Emotionen
o Angst und Scham konstant von 5. – 8. Klasse
o Ärger und Langeweile steigen an
Adoleszenz
- Selektive Auswahl von Interessen
o durch freie Fächerwahl: interessengeleitetes Lernen
Zunahme positiver Emotionen
Lernfreude nimmt wieder zu
Emotionen und Emotionsregulation von Studierenden
Ergebnis
- In 60 % der Situationen wurden prüfungsbezogene Emotionen erlebt
- Angst wurde am häufigsten erlebt
o in 73 % der Situationen bezog sich
Angst auf Prüfung
o in 27 % der Situationen
prüfungsunabhängig
Prüfungsangst zu erleben ist normal
o Wichtig ist der Umgang mit
Prüfungsangst = Emotionsregulation
Emotionsregulationsstrategien von Studierenden
Emotionsregulation
- Zielgerichtete, bewusste oder unbewusste Aufrechterhaltung, Steigerung oder Senkung der
eigenen Emotionen
Emotionsregulationsstrategien und ihre Effekte im Alltag
- Reappraisal (Neubewertung)
o günstige Emotionsregulationsstrategie
- Expression (Ausdrücken von Emotionen)
o ungünstig (trotz Katharsis Hypothese -> Emotionsreinigung)
- Suppression (Unterdrückung)
o meist ungünstig
o kann im Lernkontext günstig sein
- Distraction (Ablenkung)
o günstig
o im Lernkontext ungünstig (weniger Lernverhalten)
Effektivität von Emotionsregulationsstrategien
Effektivität einer Strategie in Bezug auf die Stimmung ist kontextabhängig
- Bei Prüfungsangst
o Suppression -> bessere Stimmung
o Expression -> schlechtere Stimmung
- Bei nicht-prüfungsbezogener Angst
o Distraction -> bessere Stimmung & Erregung
- reappraisal von der Wissenschaft hochgepriesen
o am wenigsten benutzte Strategie (ungünstig)
- distraction & suppression nicht immer negativ
o kontextabhängig
Entstehung von Emotionen
biologische Ansätze
- Orientierung an stammesgeschichtlicher Entwicklung des Menschen
- Emotionen als Überlebensvorteil
o weniger starr als Instinkte
- Verhalten wird in eine Richtung gerichtet
o situationsspezifisch adaptiert
kognitive Ansätze
Untersuchung der Beteiligung von Kognitionen an der Emotionsentstehung
Appraisal Theory
„Gedankliche Interpretation einer Situation ruft Emotionen hervor“
- Klassifikation der Interpretationsmöglichkeiten
1. Primäres Appraisal (…der Situation)
a. Beurteilung der persönlichen Bedeutsamkeit
i. wichtig
ii. unwichtig
b. Beurteilung der Valenz
i. positiv
ii. negativ
2. Sekundäres Appraisal (…der Situation)
a. Beurteilung der Entstehung
i. selbstverursacht
ii. fremdverursacht
b. Möglichkeiten des Umgangs
c. Erwartung, dass sich die Situation von selbst aus ändert
Anwendung der Appraisal Theory
- Annahme von 2 Appraisals (Bewertungen)
1. Subjektive Kontrolle
a. Inwiefern sind die Handlungen/Ergebnisse durch eine eigene Handlung
verursacht?
i. internal kontrolliert
ii. external kontrolliert
b. bestimmt die Qualität und Intensität der Emotion
2. Subjektiver Wert
a. Kategoriale Bedeutung
i. Ist das Lernen/Ergebnis angenehm oder unangenehm?
ii. bestimmt die Valenz
b. Dimensionale Bedeutung
i. Wie persönlich bedeutsam ist das Lernen/Ergebnis?
ii. bestimmt die persönliche Bedeutsamkeit (Intensität)
Förderung von Emotionen im Lehr- und Lernkontext
- Kontrollierbarkeit
positive subjektive Kontrollüberzeugungen fördern
o klare Unterrichtsstruktur
o Aufgaben mit individueller Zielsetzung und Strategiewahl
o klare Trennung von Übungsgelegenheiten und Prüfungssituationen
- Wert
Bedeutsamkeit des Lernens und der Leistungen herausarbeiten
o offene Kommunikation
o alltagsbezogene Aufgabenstellung (Bezug durch persönliche Bedeutsamkeit
herstellen)
o kriteriumsbezogene Leistungsrückmeldung
statt kompetitive Leistungsrückmeldung
Wirkungen von Emotionen
Denkstile/kognitive Verarbeitung
- Positive Emotionen
o Weiterverarbeitung vieler Daten mit weniger Genauigkeit
o automatische Weiterverarbeitung
Aktivierung bereits verknüpfter Verhaltenstendenzen
o fördern eher Kreativität
breit über Dinge nachdenken
- Negative Emotionen
o Weiterverarbeitung weniger Daten mit hoher Genauigkeit
o reflexive Weiterverarbeitung
genauere Analyse bisherigen Wissens/rationaler Ziele
o analytisches Denken
Aufmerksamkeit
Emotionen nehmen die Aufmerksamkeit von den Lerninhalten
- unabhängig von der Valenz
- steigender Erregungsgrad = Abschirmung von Ablenkung schwieriger
o Bsp. Prüfungsangst
irrelevante Gedanken lenken von relevanten Reizen ab
behindern Lernerfolg und Abruf prüfungsrelevanter Inhalte
Gedächtnisleistung
- Emotionale Stimuli werden besser erinnert
o unabhängig von der Valenz
o Aktivierung der Amygdala, Hippocampus, sensorischen Systems
- bessere Gedächtnisleistung bei kongruenter Valenz des Lernmaterials und der Stimmung
o Stimmungskongruenz
Handeln
- Positive Emotionen…
o …erweitern das Handlungsrepertoire
Freude produziert und begünstigt Erfolg
dadurch kommt man in einen „Ideenflow“
o …sorgen für längere Beschäftigung mit Aufgaben
Aktivierung des motivationalen Annäherungssystems
- Negative Emotionen…
o …führen zur Vermeidung von unerwünschtem Ereignis
Aktivierung des Vermeidungssystems
Sitzung 6 - Lernen als Wissenserwerb und Wissenskonstruktion
Lernen und Lernaktivitäten
Lernen: Begriffsbestimmung
„Von Lernen wird gesprochen, wenn es auf der Grundlage von Erfahrung (selbst Erlebtes oder
Wahrgenommenes) beabsichtig oder unbeabsichtigt zu einer relativ dauerhaften Veränderung im
Wissen oder Verhalten des Individuums kommt.“
- z.B. Imitationslernen (Lernen durch Beobachtung)
- passives oder aktives Lernen
- relativ, da Wissensaufnahme nicht messbar ist
o nicht alles was im Arbeitsgedächtnis verarbeitet ist, landet im Langzeitgedächtnis
Eigenaktivität beim Lernen
„Alles Lernen erfordert letztlich die Eigenaktivität des Lernenden“
Lernaktivitäten als aus Lerninhalten bezogen, äußerlich sichtbares Verhalten, z.B.
- (1) Fragenstellen
o Sender: tieferes Verständnis der Lerninhalte
- (2) Erklären
o höherer Wissenserwerb, wenn man selbst erklärt
- (3) Argumentieren
o größerer Wissenszuwachs bei eigener Begründung für Argumente
Grad der Aktivität
- passiv
o dem Lehrenden zuhören
simple Speicherungsprozesse
- aktiv
o reproduzieren oder organisieren durch markieren von Wörtern in einem Text
höherwertige Lernprozesse
Integration neuer Informationen in bestehende Schemata
- konstruktiv
o Wissen wird selbstständig durch erklären konstruiert
Revision bestehender Schemata
Konstruktion neuer Schemata
- interaktiv
o Bezug auf Beiträge anderer Lernenden nehmen
Aufbau neuer, verfeinerter Wissensstrukturen
Lernen: Theoretische Vorstellungen
„Lernen als nicht-sichtbare kognitive (Gedächtnis-) Prozesse der Auseinandersetzung mit
Lerninhalten“
Lernen als Erwerb von Reaktionen (Behaviorismus)
Klassische Konditionierung: Behaviorismus
- Iwan Pawlow (1849 – 1936)
Assoziatives Lernen
- (1) wiederholte Darbietung eines neutralen Reizes mit bedeutungsvollem unkonditioniertem
Reiz
- (2) Konditionierung des ursprünglich neutralen Reizes
- (3) Hervorrufung der ursprünglichen Reaktion durch neutralen Reiz (ohne unkonditionierten
Reiz)
Operantes Konditionieren: Arten von Konsequenzen
- Burrhus Frederic Skinner (1904 – 1990)
- Skinner-Box
o positive oder negative Konsequenz eines Verhaltens (->) beeinflusst (->) zukünftige
Auftretenswahrscheinlichkeit des Verhaltens
- im Schulkontext
o pädagogische Verhaltensmodifikation = operantes Konditionieren
Verstärkung
„erhöht die Wahrscheinlichkeit des Verhaltens“
- Positive Verstärkung
o ein verstärkender Reiz wird hinzugefügt
- Negative Verstärkung
o bestrafender Reiz wird entfernt
Bestrafung
„verringert die Wahrscheinlichkeit des Verhaltens“
- Direkte Bestrafung
o ein bestrafender Reiz wird hinzugefügt
- Indirekte Bestrafung
o ein verstärkender Reiz wird entfernt
Sozial-kognitive Lerntheorie: Beobachtungslernen
Problem des Behaviorismus
- Grenzen von Verstärkung und Bestrafung
o Wie werden komplexe Verhaltensweisen gelernt?
o Welche Rolle spiele innere Prozesse und Personenmerkmale?
kognitive Faktoren
Beobachtungslernen
„Beobachten einer Modellperson reicht, um das Potential zu erwerben, das Verhalten selbst
auszuführen“
- Bandura (1925 – 2021) -> Bobo-Doll Experiment
Voraussetzung
- Identifikation mit Modellperson
o emotionaler Ebene
o gleiches Geschlecht / Alter / …
stellvertretende Verstärkung & Bestrafung
- Verstärkung
o bei Belohnung der Modellperson, Lernen wahrscheinlicher
- Bestrafung
o bei Bestrafung der Modellperson, Lernen unwahrscheinlicher
Ablauf
- (1) Beobachtung
o Aufmerksamkeit muss der Modellperson zugerichtet sein
o Registrierung von Ablauf und Prozess
- (2) Speicherung
o Speicherung im Gedächtnis
visuell oder sprachlich
je klarer die Demonstration, desto effektiver das Speichern
o Integration des beobachtenden Verhaltens in vorhandene Strukturen
- (3) Reproduktion
o (1) Gedankliches Probehandeln
o (2) Abgleich zwischen Verhalten des Modells und eigenem Verhalten
- (4) Motivation
o Umsetzung abhängig von Konsequenzen für Modellperson
stellvertretende Verstärkung oder Bestrafung
o Selbstverstärkerprozesse
Lernen als Wissenserwerb
Informationsverarbeitungstheorien: Gedächtnisstrategien
Arbeitsgedächtnis
- Wiederholung
o Ständiges Wiederholen von Informationen
- Chunking
o Zusammenfassung kleinerer Informationseinheiten zu
o benötigt weniger Speicherplatz
Langzeitgedächtnis
- Chunking
- Organisationsstrategien
o Ordnungs- oder Klassenbildungen (Mind-Maps)
Struktur in das zu speichernde Material bringen
- Elaborations- / Annäherungsstrategien (Bedeutungsanreicherung)
o Assoziationsbildung zu bereits vorhandenen Gedächtnisinhalten
o bisheriges Wissen/Erfahrung für Einordnung neuen Wissens nutzen
Lernen als Wissenskonstruktion
kognitiv-konstruktivistische Perspektive (Piaget)
basiert auf Informationsverarbeitung (kognitionslastig) + Konstruktionsperspektive
Grundannahmen
„Im Mittelpunkt steht der aktive und konstruktive Charakter menschlicher Lernprozesse.“
- aktiv
o aktive Auswahl und Weiterverarbeitung von Sinnesreizen je nach subjektiver
Bedeutsamkeit
- konstruktiv
o Reize zunächst als bedeutungslose Daten (Buchstabe = nur Striche), denen durch
Interpretation basierend auf Vorwissen Bedeutung zukommt
- Entstehung von Wissen
o dauerhafte Speicherung der Daten (inkl. Bedeutung) im Langzeitgedächtnis
fundamental ist das Vorwissen zur Interpretation
Prozesse der Wissenskonstruktion
Schemata und Skripte
„Schemata und Skripte als Produkte aktiver Wissenskonstruktion.“
- Wissen abstrakt in Form von Schemata und Skripten
Schema
„Kognitive Denkeinheit zur Verarbeitung von Informationen.“
- durch wiederholte Auseinandersetzung mit der Umwelt
- Fokus auf Regelhaftigkeiten (= Attribute)
o prototypische Attribute
o Attribute, die unterschiedliche Ausprägungen haben können
Assimilations-Akkommodations-Prozess (Piaget)
wechselseitiger Prozess
- Assimilation
o Integration von
Neuem in bereits
bestehendes
Schema
- Akkommodation
o Anpassung von
Schema als
Reaktion auf die
Anforderungen
der Umwelt aaa
Assimilation der Orange in
Schema „Ball“
Ungleichgewicht
prototypischen Merkmale eines Schemas treffen nicht mehr zu
Anpassung
Orange ist zwar rund (Schema „Ball) aber sie hüpft nicht (Diskrepanz)
Orange Einordnung in neues Schema
Sitzung 7 – Unterrichten
Einflussfaktoren auf den Lernerfolg
Hattie-Studie (2009)
- eine Meta-Metaanalyse
o Berücksichtigung von 800 internationalen Metaanalysen
o 138 einbezogene Merkmale
Lernende (7 Merkmale, 35 Studien)
Lehrperson (10 Merkmale, 31 Studien)
Unterrichten (49 Merkmale, 365 Studien)
Elternhaus (19 Merkmale, 139 Studien)
Curriculum (25 Merkmale, 144 Studien)
Lehrplan
Schule (28 Merkmale, 101 Studien)
- Voraussetzungen und Bedingungen erfolgreichen Lernens in der Schule