KOGNITIVE VERÄNDERUNGEN I
ENTWICKLUNG DER EXEKUTIVEN FUNKTIONEN
Während der Jugendphase finden bedeutende Entwicklungen im Gehirn statt, die teilweise erst im
frühen Erwachsenenalter abgeschlossen sind. Dies ist der Grund dafür, dass Jugendliche sich oft nicht
so gut konzentrieren können, sich schnell ablenken lassen und Schwierigkeiten haben, längerfristig zu
planen.
GROSSBAUSTELLE GEHIRN
Zu Beginn der Pubertät steigt die Menge der grauen Substanz (Nervenzellkörper) im Gehirn erheblich an,
und unzählige Synapsen (Verbindungen zwischen Nervenzellen) entstehen. Bald nach diesem enormen
Zuwachs werden die Synapsen wieder ausgedünnt. Welche der Synapsen verschwinden und welche erhalten
werden, erfolgt nach dem Prinzip „Use it or lose it“, d.h., die Synapsen, die häufig genutzt werden, bleiben
erhalten und werden zusätzlich verstärkt, während die, die (fast) ungenutzt bleiben, eliminiert werden. Da
das Gehirn von Jugendlichen also noch relativ plastisch ist, spielt die kognitive Stimulation während der
Jugendjahre eine entscheidende Rolle. Wenn Schülerinnen und Schüler einer optimalen Lernumgebung mit
reichem Reizangebot und Handlungsspielräumen ausgesetzt sind, kann die Entwicklung verschiedener
Fähigkeiten (z.B. Fremdsprachen lernen, Musikinstrument spielen) im Gehirn stimuliert werden. Diese
Fähigkeiten können sich Erwachsene zwar auch noch aneignen, aber die Lernprozesse sind dann mit sehr
viel mehr Mühe verbunden. Jugendliche befinden sich demnach in einer Phase ihrer Entwicklung, in der sie
sehr empfänglich für neue Informationen sind und besonders schnell und effektiv lernen.
REIFUNG DES GEHIRNS
Dieser Reifungsprozess erstreckt sich über mehrere Jahre. Der Bereich des Gehirns, der sich zum Schluss
entwickelt und erst im frühen Erwachsenenalter vollständig ausgereift ist, ist der präfrontale Cortex
(Frontallappen). Dieser Teil des Gehirns befindet sich an der Stirnseite und ist unter anderem verantwortlich
für die Regulierung von Aufmerksamkeit, die Kontrolle von Impulsen, für Planung und zielgerichtetes
Handeln. Experimentelle Studien bestätigen, dass Jugendliche ihre Aufmerksamkeit vergleichsweise
schlecht regulieren können, dass sie Impulse nicht gut unterdrücken können, Schwierigkeiten haben,
längerfristig zu planen und sich der Konsequenzen ihres Verhaltens häufig nicht bewusst sind.
AUSWIRKUNGEN AUF DEN UNTERRICHT
Im Unterricht machen sich diese „Defizite“ im jugendlichen Gehirn dadurch bemerkbar, dass sich
Schülerinnen und Schüler häufig nur für eine vergleichsweise kurze Zeit auf eine Aufgabe konzentrieren
können, da ihre Aufmerksamkeit recht schnell nachlässt und sie sich schnell ablenken lassen. Außerdem
passiert es häufig, dass sie ihre Unterrichtsmaterialien nicht dabei haben, sie vergessen, welche Aufgabe die
Lehrkraft gerade gestellt hat oder es schwierig finden, sich rechtzeitig und systematisch auf die nächste
Klassenarbeit vorzubereiten. Das ist für Lehrkräfte oft eine herausfordernde und manchmal auch
nervenaufreibende Phase. Aber da der präfrontale Cortex erst zu Beginn des Erwachsenenalters vollständig
ausgewachsen ist, kann man von Jugendlichen eigentlich auch nicht erwarten, dass sie wie Erwachsene
planen und handeln.
Andererseits sollte man in dieser Phase natürlich auch nicht einfach zusehen, wie Jugendliche planlos durchs
Leben gehen. In der Phase, in der ihr präfrontaler Cortex noch in der Entwicklung ist, können Jugendliche
einen „externen“ präfrontalen Cortex in Form von Eltern und Lehrkräften gut gebrauchen, die ihnen
Grenzen aufzeigen, die grobe Richtung angeben und vorausschauendes Verhalten und Pläne mit ihnen
entwickeln.
Quelle: Dorothe Salomo Entwicklung des Gehirns - Deutsch für Jugendliche - Goethe-Institut
KOGNITIVE VERÄNDERUNGEN II
EMOTIONALE ENTWICKLUNG
Vor allem während der Pubertät reagieren Jugendliche in manchen Situationen (über)emotional. Auch im
Unterricht explodieren Schülerinnen und Schüler manchmal förmlich, wenn beispielsweise die Lehrkraft sie
anscheinend ohne Anlass ermahnt oder sie eine schlechte Note erhalten.
EMOTIONSVERARBEITUNG LÄUFT ANDERS
Studien zeigen, dass das jugendliche Gehirn Informationen über Emotionen anders verarbeitet als das
Gehirn eines Erwachsenen. Das hängt damit zusammen, dass die Reifung der Amygdala (die Region im
Gehirn, in der Emotionen wie Angst und Wut verarbeitet werden) früher abgeschlossen ist als die des
präfrontalen Cortex’. Obwohl Jugendliche also in der Lage sind, sehr starke Emotionen zu entwickeln, ist
der präfrontale Cortex noch nicht soweit entwickelt, dass er diese Emotionen steuern und kontrollieren kann.
[1] Dies erklärt auch, warum Jugendliche manchmal riskant und impulsiv handeln und Ratschläge oder
auch Warnungen nicht befolgen, die für Erwachsene vollkommen logisch und überzeugend sind. [2]
EMOTIONEN IM UNTERRICHT
Im Unterricht ist dieses Verhalten der Jugendlichen oft nicht einfach für Lehrkräfte. Am besten ist es, den
Emotionen und Launen der Lernenden mit Geduld und Toleranz zu begegnen, solange sie damit nicht die
anderen Schülerinnen und Schüler behindern oder das Lernen negativ beeinflussen. Andernfalls sollten die
Lernenden freundlich aber bestimmt darauf hingewiesen werden, welche Konsequenzen ihr Verhalten für
sie und andere hat. Zudem kann unangenehmen Situationen vorgebeugt werden, indem Lehrkräfte mit ihren
Schülerinnen und Schülern darüber sprechen, wie sie mit Angst, Ärger und Enttäuschung umgehen können.
Quelle: Dorothe Salomo Emotionale Entwicklung - Jugendliche lernen anders - Goethe-Institut
KÖRPERLICHE VERÄNDERUNGEN I: PUBERTÄT
In der Pubertät finden zahlreiche körperliche Veränderungen statt, wodurch sich das Selbstvertrauen
von Jugendlichen stark verändert. Das hat auch Auswirkungen auf das Lernverhalten.
KÖRPERLICHE VERÄNDERUNGEN
Die Mädchen erreichen ihre erwachsene Körpergröße in der Regel mit 16 oder 17 Jahren, während die
Jungen bis ins Alter von 18 oder manchmal sogar 20 Jahren noch weiterwachsen. Bei diesen zahlreichen
Veränderungen ist es nicht verwunderlich, dass Jugendliche sich in dieser Phase viele Sorgen darüber
machen, ob mit ihnen alles in Ordnung ist und ihr Körper wohl den Maßstäben und den kulturell gängigen
Schönheitsidealen entspricht. Besonders die Mädchen sind in dieser Zeit häufig sehr unsicher und oft auch
unzufrieden mit ihrem sich verändernden Körper.
„IMAGINARY-AUDIENCE-PHÄNOMEN“
Jugendliche entwickeln zudem während der Pubertät weitere kognitive Fähigkeiten, wodurch sie in der Lage
sind, die Perspektive anderer besser einzunehmen als in der Kindheit. Dadurch sind sich Jugendliche viel
stärker der Meinung anderer bewusst, und sie vergleichen sich häufig mit Freundinnen bzw. Freunden und
Mitschülerinnen bzw. Mitschülern. In diesem Zusammenhang entwickelt sich auch das sogenannte
„Imaginary Audience-Phänomen“, d.h., Jugendliche haben ständig das Gefühl, dass ihr Aussehen und ihr
Verhalten von allen anderen genau beobachtet und beurteilt werden. Auch im Unterricht können Lehrkräfte
häufig erleben (oder sich manchmal auch darüber ärgern), dass Jugendliche viel mehr damit beschäftigt sind,
sicherzustellen, dass jede Haarsträhne in die vorgesehene Richtung fällt und dass das Make-up noch sitzt,
anstatt dass sie sich mit dem Unterrichtsstoff auseinandersetzen.
SINKENDES SELBSTVERTRAUEN
Die körperlichen Veränderungen bei Jugendlichen haben starke Auswirkungen auf das Selbstvertrauen,
welches in der Jugendphase im Allgemeinen deutlich niedriger ist als im Kindesalter – und bei Mädchen
wiederum niedriger als bei Jungen. In keiner anderen Lebensphase sinkt das Selbstvertrauen innerhalb
kürzester Zeit so enorm ab wie in der Jugendphase. Selbstvertrauen spielt auch bei schulischen Aktivitäten
und Leistungen eine wichtige Rolle. So haben Studien u.a. gezeigt, dass Schülerinnen und Schüler mit
einem hohen Selbstvertrauen tendenziell länger auch an schwierigen Aufgaben arbeiten und weniger schnell
aufgeben. Außerdem verbringen sie mehr Zeit mit Hausaufgaben und sind insgesamt ehrgeiziger als
Jugendliche mit einem niedrigen Selbstvertrauen.
SOZIALE ANGST
Die Unsicherheit während der Pubertät entwickelt sich manchmal auch in eine Form der sozialen Angst
gegenüber Gleichaltrigen, durch die Jugendliche beispielsweise plötzlich gehemmt sind, im Unterricht
Vorträge vor ihren Mitschülerinnen und Mitschülern zu halten, Fragen vor der ganzen Klasse zu stellen oder
laut vorzulesen. In einer Fremdsprache zu sprechen, ist dann noch eine zusätzliche Überwindung für die
Jugendlichen. Für den Deutschunterricht, der ja möglichst kommunikativ und interaktiv ausgerichtet sein
soll, ist es natürlich problematisch, wenn die Schülerinnen und Schüler aus Verlegenheit lieber schweigen.
Dann stehen die Lehrkräfte vor der Herausforderung, den Unterricht so zu gestalten, dass die Sprechangst
der Jugendlichen gemindert wird.
Quelle: Dorothe Salomo, Pubertät - Deutsch für Jugendliche - Goethe-Institut
KÖRPERLICHE VERÄNDERUNGEN II
SCHLAFVERHALTEN
Müde und passive Jugendliche im Unterricht sind vor allem am Morgen keine Seltenheit.
Verantwortlich für die Schläfrigkeit der jugendlichen Schülerinnen und Schüler ist ein veränderter
Schlaf-Wach-Rhythmus.
Studien belegen, dass über ein Drittel aller jugendlichen Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen
Ländern morgens zu Unterrichtsbeginn müde ist. Diese Müdigkeit betrifft die Jungen häufiger als die
Mädchen, und sie steigt im Verlauf der Jugendphase an. Die Müdigkeit rührt in erster Linie daher, dass
Jugendliche zu wenig Nachtschlaf haben, weil sie am Abend später ins Bett gehen als in der Kindheit,
obwohl sie aufgrund der enormen körperlichen Veränderungen während der Pubertät eigentlich viel mehr
Schlaf benötigen.
JETLAG-GEFÜHL
Während man das späte Zubettgehen der Jugendlichen am Abend früher vor allem damit begründete, dass
Jugendliche ihren Tagesablauf schlecht planen und deswegen noch spät am Abend Hausaufgaben machen
oder für einen Test lernen müssen, sich nicht vom Internet trennen können oder einfach erwachsen wirken
wollen, gibt es inzwischen Erkenntnisse, dass das Hormon Melatonin zu den Schlafproblemen bei
Jugendlichen beiträgt. Melatonin steuert den Tag-Nacht-Rhythmus im menschlichen Körper. Es wird bei
fehlendem Lichteinfall ausgeschüttet und kann seine schlaffördernde Wirkung entfalten. Nach der Pubertät
findet diese Ausschüttung nachweislich später am Abend statt als bisher, und aus diesem Grund sind
Jugendliche abends auch deutlich später müde. Problematisch dabei ist jedoch, dass Jugendliche genauso
viel Schlaf benötigen wie bisher. Wenn sie also später ins Bett gehen, dann müssten sie auch später
aufstehen. Paradoxerweise beginnt der Unterricht an den meisten Sekundarschulen jedoch früher als an den
Primarschulen. Die üblichen Schulzeiten zwingen daher viele Jugendliche, gegen ihre innere Uhr zu leben.
Das kann man ungefähr mit dem Gefühl eines dauerhaften Jetlags vergleichen, welches entsteht, wenn man
Richtung Osten fliegt.
SCHLÄFRIGE JUGENDLICHE IM UNTERRICHT
Als Folge des Schlafdefizits zeigen viele Jugendliche eher ein passives Verhalten im Unterricht: Sie hängen
in den Bänken, sind mit ihren Gedanken ganz woanders und nehmen nur widerwillig am
Unterrichtsgeschehen teil. Vor allem Unterrichtsstunden, in denen die Schülerinnen und Schüler viel
zuhören müssen, schläfern sie ein. Studien haben zudem ergeben, dass unausgeschlafene Jugendliche
deutlich unaufmerksamer im Unterricht sind, sie sind weniger leistungsfähig und haben tendenziell
schlechtere Noten. Außerdem sind sie häufiger schlecht gelaunt und haben insgesamt wenig Lust auf Schule.
Weiterhin kann man beobachten, dass die Jugendlichen auch am Nachmittag oder Abend zu Hause bei den
Hausaufgaben noch müde und unkonzentriert sind und sich daher oft nicht ausreichend auf den Unterricht
am nächsten Tag vorbereiten.
Quelle: Dorothe Salomo, Schlafverhalten - Deutsch für Jugendliche - Goethe-Institut
SOZIALE VERÄNDERUNGEN I
IDENTITÄTS- UND SINNSUCHE
Jugendliche beschäftigen sich intensiv mit ihrer Identität und sind zudem auf der Suche nach dem
Sinn des Lebens. Dabei hinterfragen sie auch den Sinn des Deutschunterrichts.
Mit Beginn der Pubertät beschäftigen sich Jugendliche intensiv mit ihrer Identität. Dabei suchen sie
Antworten auf Fragen wie: Warum gibt es mich? Was hat mein Leben für einen Sinn? Wer bin ich
überhaupt? Was fange ich mit meiner Zukunft an? Damit einher geht die Suche nach Orientierung und
Sinngebung im Leben. Diese Suche ist in keiner anderen Lebensphase so ausgeprägt wie im Jugendalter.
WARUM DEUTSCH?
Diese Sinnsuche macht auch vor dem Deutschunterricht nicht Halt. Häufig kann man erleben, dass
jugendliche Schülerinnen und Schüler den Sinn hinter dem Deutschunterricht in der Schule hinterfragen.
Dabei werden Lehrkräfte oft mit Fragen konfrontiert - beispielsweise: Warum lernen wir eigentlich
Deutsch? Was können wir damit anfangen? Wozu brauchen wir das überhaupt? Gibt es nicht wichtigere
Dinge im Leben? Nicht immer fällt es den Lehrkräften leicht, eine für die Jugendlichen zufriedenstellende
Antwort auf diese Fragen zu finden. Auf jeden Fall ist es für die Schülerinnen und Schüler wichtig zu
erfahren, welche Möglichkeiten sich mit dem Lernen der deutschen Sprache verbinden. Denn Lernende sind
deutlich motivierter, wenn sie verstehen, warum sie etwas lernen (müssen) und wenn sie zudem sehen, dass
sie mit dem Gelernten etwas anfangen können. Im Schulalltag scheint das jedoch häufig nicht gegeben zu
sein. Bildungsforscher haben herausgefunden, dass sich ein Großteil der Schülerinnen und Schüler im
Unterricht langweilt – besonders in der Sekundarstufe.
LANGEWEILE IM UNTERRICHT
Nicht nur persönliche Erfahrungen von Lehrkräften, sondern auch empirische Untersuchungen zeigen, dass
es sich bei Langeweile im Unterricht um ein sehr häufig auftretendes Phänomen handelt. Eine Studie stellte
fest, dass sich 12- bis 16jährige Jugendliche durchschnittlich 32% der Unterrichtszeit langweilen. Das heißt
nicht, dass die Schülerinnen und Schüler im Unterricht nichts zu tun haben und sich deswegen langweilen.
Langeweile entsteht vielmehr immer dann, wenn die Relevanz des Unterrichtsstoffes nicht klar ist. Dies
betrifft vor allem subjektiv unwichtig eingestufte Situationen. Studien zeigen, dass die Unterrichtsstunden,
in denen sich Jugendliche langweilen, von 72% der Schülerinnen und Schüler als nicht oder wenig wichtig
angesehen werden. Als Folge von Langeweile haben Lernende nur eine geringe Motivation, um Leistungen
zu erbringen. Studien zeigen zudem, dass Lernende, die sich im Unterricht langweilen, häufiger schlechte
Noten haben. Wenn Jugendliche gefragt werden, was sie tun, um der Langeweile im Unterricht zu entgehen,
geben die meisten an, dass sie versuchen sich abzulenken.
Dabei flüchten sie sich entweder in ihre Gedanken – sie denken zum Beispiel daran, was sie am
Wochenende getan haben. Oder sie beschäftigen sich mit anderen Dingen, plaudern etwa mit dem
Banknachbarn oder erledigen Hausaufgaben für andere Fächer. Häufig sagen die Jugendlichen auch, sie
hätten die Langeweile akzeptiert und einfach ertragen: "Ich saß da und hab nichts gemacht. Einfach nur ins
Leere geschaut". Nur sehr wenige Schülerinnen und Schüler geben an, dass sie versuchen, sich trotz
Langeweile wieder auf den Unterricht zu konzentrieren. Das heißt, insgesamt nutzen die meisten
Jugendlichen Strategien gegen die Langweile im Unterricht, die nicht lern- und leistungsförderlich sind.
Quelle: Dorothe Salomo, Identitäts- und Sinnsuche - Deutsch für Jugendliche - Goethe-Institut
SOZIALE VERÄNDERUNGEN II
GLEICHALTRIGE UND FREUNDSCHAFTEN
Mit Beginn der Pubertät werden sich Jugendliche immer mehr ihrer eigenen Persönlichkeit bewusst, und sie
beschäftigen sich dabei intensiv mit ihrer sozialen Akzeptanz von anderen – vor allem von Gleichaltrigen.
GLEICHALTRIGE WERDEN WICHTIGER
Freunde sowie Mitschülerinnen und Mitschüler werden für Jugendliche zunehmend wichtiger, und ihre
Meinung zählt in bestimmten Kontexten viel stärker als die Meinung von Eltern oder Lehrkräfte. Umfragen
unter Jugendlichen haben ergeben, dass Lehrkräfte in der Sekundarstufe für Schülerinnen und Schüler eine
weitaus weniger wichtige Rolle spielen als in der Grundschule. Dahingegen nimmt die Bedeutung von
Mitschülerinnen und Mitschüler für Jugendliche zu und liegt deutlich über der Bedeutung der Lehrkräfte.
Auch im Unterricht kann man beobachten, dass die Aufmerksamkeit der Lernenden häufiger auf die
Mitschülerinnen und Mitschüler gerichtet ist anstatt auf die Lehrkraft und das Unterrichtsgeschehen. Da es
für Jugendliche in dieser Phase besonders wichtig ist, bei Gleichaltrigen zu "punkten", rücken Lehrkräfte
(aber auch die Eltern) häufig an die zweite Stelle.
BLOSS NICHT ZU STREBSAM!
Dass Schülerinnen und Schüler im Jugendalter vor allem von Gleichaltrigen akzeptiert und gemocht werden
wollen, zeigt sich in vielen Ländern auch an ihrer Einstellung zu den Schulnoten. Studienergebnisse zeigen,
dass Jugendliche in der Schule oft gute Noten erreichen wollen, um "nicht dumm zu erscheinen" und um
ihre Eltern nicht zu enttäuschen. Dabei betonen viele Jugendliche jedoch, dass sie am liebsten nur
durchschnittliche Noten erhalten würden – aber nicht unbedingt sehr gute. Sie möchten auf keinen Fall vor
den Mitschülerinnen und Mitschülern den Anschein erwecken, sie seien Streber und wollten der Lehrkraft
womöglich gefallen. Sehr gute Noten zu bekommen ist für Jugendliche in einigen Ländern nur dann
akzeptabel, wenn es nach außen scheint, nichts dafür getan zu haben.
SELBSTSICHERHEIT IN DER GRUPPE
Außerdem erlebt man in der Schule häufig das Phänomen, dass Schülerinnen und Schüler einzeln sehr
liebenswerte und verständnisvolle junge Menschen sind. Zusammen in der Gruppe mit ihren
Mitschülerinnen und Mitschülern sind sie dann im Unterricht hingegen plötzlich deutlich forscher und
weniger einsichtig. Tatsächlich zeigen Jugendliche im Beisein von Gleichaltrigen ein anderes Verhalten als
allein. Sie fühlen sich in der Gruppe nicht nur stärker und sicherer, sondern sie haben außerdem das Gefühl,
dass sie sich im Beisein von Gleichaltrigen behaupten müssen. Das hat auch mit ihrem (oft weniger stark
ausgeprägten) Selbstvertrauen zu tun. Dennoch haben gleichaltrige Freunde in vielerlei Hinsicht einen
positiven Einfluss aufeinander - auch im schulischen Bereich. So zeigen Studien u.a., dass Jugendliche, die
keine Freunde haben, in der Regel schlechtere Noten in der Schule aufweisen, ein weniger positives
Sozialverhalten zeigen und emotional stärker beinträchtig sind als Schülerinnen und Schüler, die wenigstens
einen guten Freund oder eine gute Freundin haben. Zudem beteiligen sich Jugendliche ohne Freunde
weniger am Unterrichtsgeschehen.
Quelle: Dorothe Salomo, Peers - Deutsch für Jugendliche - Goethe-Institut