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Aofo 1988 15 12 59

Altorientalische Forschungen 1988

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; Altorieiitalische Forschungen 1δ j 198S 1 59—68

PIOTR TARACHA

Zu fien syntaktischen Verknüpfungen im Hattischen*

T)ie von A. Kammenliuber 1969 veröffentlichte Analyse der hattischen Sprache


ist noch immer der vollständigste Abriß der hattischen Grammatik, in dem die
Ergebnisse der bisherigen Forschungen rekapituliert und systematisiert worden
sind. 1 Die Verfasserin betont jedoch, „daß das bisher entdeckte hattische Sprach-
material für eine definitive Deutung dieser eigenartig strukturierten Sprache
nicht ausreicht".2 Im allgemeinen büßte diese Feststellung an Aktualität leider
nichts ein, obwohl inzwischen H.-S. Schusters Neubearbeitung der Bilingue K U B
II 2 + 3 und H. Bermans Edition weiterer hattischer Texte in K U B XLVIII publi-
ziert worden sind/· A. Kammenliuber selbst hielt das Vorgehen in ihrer grammati-
schen Skizze, in der sie die bei den indogermanischen Sprachen übliche Termino-
logie verwendete, für provisorisch, da man das Hattische keinesfalls als eine indo-
germanische Sprache ansehen kann. 5 Insbesondere sind im Hattischen keine
passiven Verbalformen zu finden, es gibt aber im transitiven Satz die morpho-
logisch bestimmte Opposition Subjekt : Objekt. Auch die Funktionen der hatti-
schen „Kasus" — wenn wir es hier überhaupt mit dieser Kategorie zu tun haben —
* H e r r n Doz. J . Braun, der so liebenswürdig w a r , m e i n M a n u s k r i p t durchzulesen u n d m i r
fachlichen R a t zu erteilen, bin ich zu g r o ß e m D a n k v e r p f l i c h t e t . O h n e sein V e r s t ä n d n i s
und Wissen wäre die Arbeit u n f r u c h t b a r geblieben.
' A. K a m m e n h u b e r , Das H a t t i s c h e , i n : B. Spuler (Hrsg.), Altkleinasiatische Sprachen,
Leiden — Köln 1969 ( H a n d b u c h der Orientalistik, 1. A b t . , 2. Bd., 1. u. 2. Abschn., Lfg.
2), 428-546.
2
K a m m e n h u b e r 428, 477 u. 544.
3
H.-S. Schuster, Die hattisch-hethitischen Bilinguen I . Einleitung, T e x t e u n d K o m m e n -
t a r : Teil 1, Leiden 1974, 59ff.
4
S. auch zum hattischen Sprachbau V. V. I v a n o v , I s t o r i j a s l a v j a n s k i c h i balkanskich
nazvanij metallov, Moskva 1983, 109ff. Manche der auf E t y m o l o g i e n a u s k a u k a s i s c h e n
Sprachen gestützten Feststellungen sind jedoch d u r c h die h a t t i s c h - h e t h i t i s c h e n Bilin-
guen k a u m beweisbar. Somit besteht die Gefahr, d a ß einige S p r a c h f o r m e n auf rein e t y -
mologischem Wege falsch ausgelegt werden, was wegen des wohl A l t e r t ü m l i c h e n des
Hattischen möglich ist. I v a n o v h ä l t z. B. verbales t- im H a t t i s c h e n f ü r d a s S u b j e k t k e n n -
zeichen der 1. Person der Mehrzahl (und in diesem Z u s a m m e n h a n g nominales te- f ü r d a s
Possessivpräfix „unser") nach adyg. t-, k a b a r d . t-/d- und t s c h e t s c h . t-cho „wir" (S. 110).
Die a n g e f ü h r t e n F o r m e n auf t-/d-/tch, ebenso wie abchas. h'· u n d u b y c h . «'- „wir", sind
aber höchstwahrscheinlich als d a s E r g e b n i s der s p ä t e r e n Sprachentwicklung a n z u s e h e n .
Angesichts des ubych. s'- ü b e r r a s c h t auch nicht d a s schon v o n E . L a r o c h e e r k a n n t e
hattische Kennzeichen der 1. Person in der Mehrzahl us- (s. A n m . 9). N i c h t mehr v e r w e r t e t
werden konnte Ch. Girbal, Beiträge zu G r a m m a t i k des H a t t i s c h e n , F r a n k f u r t a . M. 1986.
K a m m e n h u b e r 543.

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60 I'iotr Taracha

lassen sieh übrigens mit indogermanischen Kasusfunktionen kaum vergleichen. ü


Unklar bleiben bisher Prinzipien, nach denen eine Mehi zahl bei Nomina gebildet
\vird. 7 Die Verteilung von le-·. ei- ist jedoch wohl nicht als die von ..Nominativ
Pl.": ..Akkusativ PI." anzusehen. Einer Erklärung bedürfte auch die Beziehung
der ..Mehrzahlpräfixe" le-. ex- zu ..possessiven" (nach Kammenhuber) le-. se-, te-.
Die Annahme Kammenhubers. daß das le- der Mehrzahl nichts mit dem „posses-
siven" le- zu tun habe und daß es sicli hier um Homonyme handele \ muß über-
prüft werden. Dies betrifft auch ihre Feststellung, daß das Hattische außer der
Einzahl (an-) oder Mehrzahl (as-) des Subjekts bei Transitiva auf genauere Kenn-
zeichnungen der Person des Objekts und Subjekts verzichtet. ,J Der vorliegende
Aufsatz ist ein Versuch, die obigen morphologischen und syntaktischen Fragen noch
einmal in die Diskussion zu werfen, obgleich es uns bewußt ist. daß man bei manchen
dieser Fragen nur aufalternative Möglichkeiten der Interpretation hinweisen kann.
Den Ausgangspunkt für die Untersuchung der hattischen Syntax müssen noch
immer hattisch-hethitische Bilinguen abgeben. Da wir nur einige hattische Wörter
verstehen, nämlich diejenigen, welche die Hethiter in ihre Sprache übersetzt
haben, kann man mit Kammenhuber wiederholen, daß ,,wir nicht in der Lage
sind, drei Zeilen eines einsprachig hattischen Textes zu übersetzen". 1 0 Weitere
Schwierigkeiten erscheinen bei der Interpretation der bilinguischen Texte selbst
- in Anbetracht der Fehler hethitischer Übersetzer und der eigenartigen Struktur
des Hattischen, deren adäquate Wiedergabe im Hethitischen kaum möglich war.
E s handelt sich hier nicht nur um ganz andere Syntaxregeln, die in einigen wort-
getreuen Übersetzungen ins Hethitische eine gute Widerspiegelung gefunden
haben, sondern auch um semantische Unterschiede. Das Hattische muß also aus
sich heraus gedeutet werden, weil es nur auf diesem Wege möglich ist, auf die
innere Sprachstruktur zu schließen. Bei einer solchen Analyse, besonders im Be-
reich der Morphologie, sind Schreibvarianten von wesentlicher Bedeutung.
Dem hattischen Satzbau liegt höchstwahrscheinlich der Gegensatz zwischen
Transitiv und Intransitiv zugrunde. Da es jedoch keine morphologisch gezeigte
Opposition Aktiv : Passiv beim Veil/um gibt, muß die Untersuchung syntaktischer
Verknüpfungen mit der Frage nach den Subjekt- und Objektkennzeichen beginnen.
Als Merkmale entweder des Subjekts oder des Objekts am transitiven Prädikat
wurden im Laufe der bisherigen Erforschung die Präfixe an- (Einzahl) und a/es-
(Mehrzahl) betrachtet. 1 1 ei- erscheint aber auch als das Kennzeichen der Mehrzahl
Anders K a m m e n h u b e r ebd. Vgl. jedoch I. M. Dunajevskaja, O rabote Α. K a m m e n h u b e r
..Chattskij Jazyk", in: D r e v n i e J a z y k i Maloj Azii, Moskva 1980, 13.
' Vgl. K a m m e n h u b e r 4 6 3 f f .
6
K a m m e n h u b e r 464.
,J
Auf (tt-)ws- als das Kennzeichen der 1. Person der Mehrzahl wies E . Laroche, in: R A 41
[1947], 83 nach K U B X X V I I I 1 IV ô'/Τ (u-us-s[a(-) = heth. SIG : > -ahhuev), 3 2 7 3 3 ' (us-
ha-as = h e t h . wes-pat) und 35'/37' (us-se-sa-li-el = heth. [X-]eni) hin. A n d e r s K a m m e n -
huber 501 u. 515: us- als V a r i a n t e v o n as-, Kennzeichen des S u b j e k t s in der Mehrzahl.
ü- „du" bei Intransitiva w u r d e v o n Schuster 146 erschlossen (aus K U B II 2 I I I 5 7 / 5 8
ú-da-nu(w) = heth. anda paisi).
,u
K a m m e n h u b e r 428.
11
Laroche, K A 41, 8 2 f . ; A. K a m m e n h u b e r , in: R H A H . 70 [1962], 21 f . : an- und as- als
K e n n z e i c h e n des Subjekts. I. M. D u n a j e v s k a j a , Zur K l ä r u n g der P r ä f i x e im H a t t i s c h e n ,
in: X X V . Internationaler Orientalisten-Kongress, Moskau 1960, 13f. m i t Anni. 4 h i e l t
hingegen diese P r ä f i x e für die B e s t i m m u n g e n des Objekts. Vgl. jedoch dies., in: D r e v n i e

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Syntaktische Verknüpfungen im Hattisohen 61

des Subjekts bei Intransitiva: te-es-put = lietli. niandu „sie sollen sein".1- Die
morphologische Gleichheit der Präfixe aies- und ex- scheint dabei sehr wahrschein-
lich zu sein, da sie in derselben Position, nach dem Optativpräfix te-, vorkommen,
vgl. trans, te-es-ga-mk-ta = heth. pahsaru ..er soll schützen"'; te-es-waa\u = heth.
adandu ...sie sollen essen". Zu entscheiden bleibt somit die Frage, ob ales- bei
Transitiva auf die Mehrzahl des Subjekts, wie es- bei Intransitiva, oder auf das
Objekt eines Satzes hindeutet. Bisher wurden die Präfixe an- und ajes- immer
gemeinsam behandelt, und die Deutung des einen wirkte auf die Interpretation des
anderen zurück.1:; Versuchen wir jedoch, sie unabhängig voneinander zu betrachten.
A. Kammenhuber wies darauf hin. daß das Präfix al es- am Prädikat dann er-
scheint, wenn die beiden. Subjekt und Objekt, in der Mehrzahl stehen. 14 Man
muß sich also fragen, welcher dieser Satzteile. Subjekt oder Objekt, sein Vor-
kommen bedingt. Schon aus Dunajevskajas Zusammenstellung der Verbalformen
mit a/es- ging lien or, daß das Präfix ales- eher als das Kennzeichen des Objekts
gelten sollte, da es manchmal begegnet, wenn das Subjekt in der Einzahl steht. 13
Man kann auch Beispiele dafür beibringen, daß bei singularischem Objekt und
pluralischem Subjekt das Verbalpräfix ajeé- nicht vorkommt: z. B. K U B II 2 II
VRV
40f. waa-shap-ma es-umur as-ha-hhir suwaa @attus tittafyzilat suwaa „Die
Götter (-1-ma) sie (Kennzeichen der Mehrzahl des Objekts, s. unten)-Länd(er) sie
(Kennzeichen der Mehrzahl des Objekts)-von oben-verteilten. (Sie) setzten in
D
JJattusa den großen Thron, setzten (sie)"; III 34f. [äp-ta]-ka-waah Sulinkatte
\katt]e „(äp + ) auf-von oben-erlegten (die Götter) Sulinkatte, dem König"
= 37f. heth. anda-[m]a-as-si-san watarnahhir [ D U.GU]R LUGAL-i. 16 Hierin
J a z y k i Maloj Azii 15 ff. : das I n f i x -ah-l-h- als· auf das Objekt hinweisend. D a a b e r dieses
I n f i x s t e t s zwischen den Orts- und Richtungspräfixen in d e r festen Reihenfolge tu-(ta)-
(afy)h(a)-k(a)-zi- begegnet (eine solche K e t t e k o m m t niemale bei einem V e r b u m vor), ist
seine D e u t u n g als Objektzeichen fraglich. (Ein Verbalpräfix wa a - ist u n k l a r , m u ß a b e r
wohl s e p a r a t betrachtet werden. E s erscheint im Anlaut d e r Verbalformen, k a n n a b e r
a u c h als Enklitikon a u f t r e t e n , vgl. afy-kun-waa gegenüber K U B X X V I I I 6 Ve. 11 waa-h-
kun.) I n der ziemlich häufigen Pleneschreibung von « b e i d e n verbalen P r ä f i x e n a s - u n d
an- v e r m u t e t D u n a j e v s k a j a eine Kennzeichnung des Reflexivums (α-), was a b e r wohl un-
sicher ist angesichts der Pleneschreibung bei Vokalen im A n l a u t der N o m i n a (vgl. A n m .
20) u n d manchmal auch der Verba, ohne d a ß das Wortelement -za in der h e t h i t i s c h e n
Übersetzung immer dem doppelten a beim hattischen V e r b u m e n t s p r i c h t . S. a u c h u-uS-
neben uS- als das Kennzeichen der 1. Person der Mehrzahl (Anni. 9).
12
N u r einmal im bilinguischen Text. Weitere Belegstellen g i b t es a b e r wohl i n den ein-
sprachig hattischen Texten, vgl. ζ. B. K U B X X V I I I 15 Rs. 6b ma-a te-ee-ta-nu(w) „ U n d
mögen-sie-herein-gehen".
13
Vgl. A n m . 11.
14
K a m m e n h u b e r R H A H . 70, 22.
15
D u n a j e v s k a j a , X X V . Internationaler Orientalisten-Kongreß 13 m i t Anm. 4. Vgl. ζ. B .
4 1 2 / b + Vs. 4a ff. päla äs-ta-hil-ma se-munamuna OT!aru kätte DLëluwani kätte „Und
(er) sie-in (das Hans) hinein-schüttete, die Steine — Taru, d e r König, (und) Leluwani, d e r
König" = 4 b f f . heth. [n]u-war-us-za-kan ishuwas saman us [ D ]IM-os LUGAL-iii D Lelu-
wani LUGAL-ui. Daß im Hattischen bei zwei Personen als S u b j e k t das P r ä d i k a t in d e r
Einzahl vorkommt, beweist auch K U B X X V I I I 4 Vs. I l a tauwaa tupi ta-h-kuwa-t
h e t h . epta-an nahsaraz epta-an weritemas.
16
F ü r wah =heth."dais s. K U B I I 2 I I I 46Í./49. Mit einem O b j e k t im Pl.-Kollektiv h a b e n
wir es wohl auch in K U B I I 2 I I I 27 zu t u n : pala äss-ijrt-n [waa-sü]l tabarna katte „Und
(die Götter) sie-gaben( + i h m ? ) , den Überfluß (und) die Üppigkeit, d e m H e r r s c h e r , dem
König . . ." =28 f. heth. nu piêr ijata tamëta l[a~\b[arnai] LUGAL-i. F ü r die E r g ä n z u n g
nach K B o X X I 110 Vs. 10', wo auch tabama-n katte (11'), vgl. Schuster 72 m i t a n d e r e r

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62 Piotr Taracha

läßt sich eine ergative Satzstruktur erblicken, die im allgemeinen darauf fußt, daß
dasselbe Kennzeichen das Subjekt im intransitiven und das Objekt im transitiven
Satz bestimmt. 1 ' Das Verbalpräfix «/<>*- erscheint jedoch bei pluralischem Objekt
auch nicht obligatorisch. Fast immer begegnet es bei dem Objekt mit es-, wohl
auch se- und vaa-, nur selten aber dann, wenn die Mehrzahl des Objekts mit fe-
gekennzeichnet wird. 18 Diese Tatsache wird später noch diskutiert.
Somit ist zu fragen, ob das Präfix es- bei Nomina, wenn es auf die Mehrzahl des
Objekts hinweist („Akkusativ PI." nach bisheriger Terminologie), mit verbalem
ales- tatsächlich nichts zu tun hat.' ,J Die Schreibvariante a-as- kommt nämlich
sowohl anstelle des nominalen es- als auch des verbalen ales- vor. was darauf hin-
zudeuten scheint, daß mindestens die hethitischen Abschreiber keinen wesent-
lichen formalen Unterschied zwischen den beiden Präfixen ersehen konnten. 2 0 Die
Annahme, daß nominales es- dem verbalen ales- entsprechen könnte 2 1 , muß noch
immer hypothetisch bleiben, ermöglicht aber die Klärung mancher Probleme der
hattischen Syntax (s. unten).
Das Verbalpräfix an- muß hingegen ganz anders gedeutet werden. D a das
Subjekt in der Einzahl meistens keine Bezeichnung am intransitiven Prädikat
hat, vgl. z. B. K U B II 2 II 42 tabarna katte ta-niw-as — het\\. nuza labarnasIÄJGAL-
us [anda eszi] so läßt sich an- bei Transitiva im Einklang mit den Grundsätzen
der ergativen Satzstruktur wohl nicht als das Kennzeichen des Objekts in der
Einzahl ansehen. Eher könnte es sich hier um das Demonstrativum „er, sie, es"
handeln, das auf das Subjekt in der Einzahl hindeutet, ausnahmsweise auch im
intransitiven Satz: K U B X X V I I I 6 Vs. 10a sawat-ma lca-ur-an-ti-u „Der Apfel-

T r a n s k r i p t i o n (Zeichen an vor waa-sül als G o t t h e i t s d e t e r m i n a t i v ) u n d Ü b e r s e t z u n g :


„ u n d g a b e n ( d a n n ) jeweils? die ( G o t t h e i t e n des) Ü b e r f l u s s e s d e m T a b a r n a , d e m K ö n i g . . . " .
" H e r r D o z . J . B r a u n m a c h t e m i c h darauf a u f m e r k s a m , d a ß in d e n S p r a c h e n m i t erga-
t i v e r S a t z s t r u k t u r die B e s t i m m u n g des O b j e k t s im t r a n s i t i v e n S a t z u r s p r ü n g l i c h i s t ,
u n d d e r m o r p h o l o g i s c h e H i n w e i s auf d a s S u b j e k t a m t r a n s i t i v e n P r ä d i k a t e r s t s p ä t e r
i m V e r l a u f d e r S p r a c h e n t w i c k l u n g e r s c h e i n t . Vgl. a u c h D u n a j e v s k a j a , D r e v n i e J a z y k i
M a l o j Azii 14, die f ü r d a s K e n n z e i c h e n es- a m O b j e k t eine E n t s p r e c h u n g a m S u b j e k t
eines i n t r a n s i t i v e n S a t z e s (rein h y p o t h e t i s c h ) s u c h e n wollte.
18
D o c h g i b t es d a f ü r einige Beispiele in den Bilinguen, z. B. K Ü B I I 2 I I 45f. anna es-kct-
her-pi tabama-[n katte] lë-waael (die Götter) sie-von oben-verteilten, des Herr-
s c h e r f s , d e s Königs,] die H ä u s - e r " ( s . u n t e n ) . N i c h t ausgeschlossen ist jedoch, d a ß w i r es
in diesem F a l l bei es- a n d e r V e r b a l f o r m m i t einer V e r s c h r e i b u n g f ü r né-, d a s K e n n -
zeichen d e r 1. P e r s o n der M e h r z a h l , zu t u n h a b e n ; vgl. die h e t h i t i s c h e Ü b e r s e t z u n g :
48f. män-at tapariyiueni-ma [labarnaë] LUGAL-ux/.s Ë-ir.
19
So K a m m e n h u b e r (s. Anni. 1), 464 u. 501. I h r H i n w e i s auf den s t a r k e n f o r m a l e n U n t e r -
s c h i e d z w i s c h e n d e m v e r b a l e n an- u n d d e m n o m i n a l e n -s{u) k a n n j e d o c h der V e r w a n d t -
s c h a f t d e s n o m i n a l e n u n d v e r b a l e n K e n n z e i c h e n s bei p l u r a l i s c h e m O b j e k t k e i n e s f a l l s
w i d e r s p r e c h e n (s. u n t e n ) .
20 y ü r (a-)as- s t a t t es- bei N o m i n a s. z. B. K U B X X V I I I 40 I I I 19' waa-zzari-un a-as-
sijawi g e g e n ü b e r K U B X X V I I I 18 R s . 13' zari-un eS-zijawi; a u c h K U B X X V I I I 40 I I 7
zassar-un a-a-s-maiu und 8 waa-suw-un a-as-maiu; KUB X X V I I I 20 Vs. 13 a-as-wuur\
K U B X X V I I I 59 Vs. I 16' as-kät[tah]. Vgl. K a m m e n h u b e r (s. A n m . 1), 464 u. 4 8 4 f .
21
I n diese R i c h t u n g zielt a u c h die V e r m u t u n g S c h u s t e r s (s. A n m . 3), d e r jedoch n o m i n a l e s
es- n i c h t n u r f ü r d a s P l u r a l z e i c h e n , s o n d e r n a u c h f ü r d a s D i s t r i b u t i v u m „je e i n " h ä l t .
22
ta- „er", wie L a r o c h e R A 41, 81 v e r m u t e t , iet m e h r als f r a g l i c h . I n diesem F a l l g e h t es
e h e r u m d a s Orts- u n d R i c h t u n g s p r ä f i x „ d r i n n e n , ins I n n e r e h e r e i n " , vgl. K a m m e n -
huber (s. Anm. 1), 510. a-ta-niw-as in K U B I I 2 I I I 53 = 5 6 heth. anda eszi ist u n k l a r ;
m ö g l i c h e r w e i s e a{n)-ta-niw-a£J (s. u n t e n ) .

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S y n t a k t i s c h e V e r k n ü p f u n g e n im H a t t i s c h e n 63

bäum ( -τ >nu), über-dem Brunnen-er-steht (-rw).-:) Proklitisches an- dürfte also


mit demonstrativem anna zusammenhängen. 2 '· Hiermit ließe sich auch erklären,
warum an- fakultativ ist und ziemlich oft am Prädikat eines Satzes mit dem
Subjekt in der Einzahl fehlt. z.B. Mondmythos §1 ah-kun-waa Tarn .,(ah + )
sah ( + icaa) Taru".
Aus dem Obigen ergibt sich, daß im Hattischen das Subjekt ebenso wie das
Objekt in der Einzahl wohl keine regulären Kennzeichen am transitiven Prädikat
hat. Somit wird es verständlich, weshalb das Hattische bei singularischem
Objekt einen Verbalgehalt oft durch die nackte Stammform, eventuell durch
Formen mit Orts- und Richtungspräfixen, bezeichnet, z. B. KUB II 2 II 47-51
ja-e i-malhip blb „(die Götter) geben-ihm(?) den guten Stein"; Mondmythos § 1
tu-h-ta-sul tumin tu-h-ta-sul pipizel „(Taru) von oben herab-A-(ihm ?) auf (den
Hals ?)-liessdenRegen, von oben herab-Ä-(ihm ?)auf (den Hals ?)-liess den Wind".
Diese Verbalformen lassen sich zur Zeit von Imperativa kaum unterscheiden, z.B.
mis-a = het. da „nimm !" ; waa-h-zi-her-ta = heth. mun[nandu] „siesollen verbergen".
Das Objekt kann im hattischen Satz sehr verschieden bestimmt werden — so-
wohl in der Einzahl, wo neben dem Stammkasus und „Kasus" auf -s(u) Nomina
mit te- als Objekt eines Satzes vorkommen, als auch in der Mehrzahl. In diesem
letzten Fall erscheinen außer den Nomina auf wa&- und es- auch Formen mit fo-
und se-. Die verschiedenen Möglichkeiten, das nähere Objekt auf morphologischem
und syntaktischem Wege zu bezeichnen, müssen abwechselnd in ihrem Satzkontext
betrachtet werden.
Nach Kammenhuber wird das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Nomina im
hattischen Satz mit Hilfe von drei „Possessivpräfixen" bestimmt, und zwar durch
te- „sein/ihr" (ein Besitzer, ein besessener Gegenstand), le- „seine/ihre" (ein Be-
sitzer, mehrere besessene Gegenstände) und se- „ihre (leurs)" (mehrere Besitzer
und mehrere besessene Gegenstände). 25 Es soll sich hier um Beziehungen des
Objekts entweder zum Subjekt oder zum Nominalattribut handeln, das, voran-
gestellt, im obliquen „Kasus" auf -n hinzutritt ; Typ Taru-n le-zuh „Wettergott-es
seine-Kleid(er ) ". 26
Man muß aber fragen, ob es sich bei allen diesen Präfixen tatsächlich um Pos-
sessiva handelt. Die bilinguischen Texte liefern dafür wohl keinen unwiderleg-
baren Beweis, nicht einmal bei Formen mit le-, die ziemlich oft in den Bilinguen
vorkommen. KUB XXIV 14 IV 14 ff. a-sdfy-du lë-i(-)zziioâ-tu lë-i-bînu paid lë-
pazizin-tu = 21b ff. heth. EXIL-lué-a UKÙ-cw Ù SA BAM^-SU DUMU
27
E R I N M E S UZU GEÖPÜ dürfte zwar eventuell für die Bedeutung von le- als
„seine" sprechen, auch hier gibt es aber keine konsequente Übersetzung der
23
D e r S a t z k o n t e x t än-ta-nu-ma es-kattah in K U B X X V I I I 59 Vs. I 15'ist schwer zu inter-
pretieren. Obwohl hier als P r ä d i k a t das V e r b u m nu(w) „gehen" vorzukommen scheint,
ist dieser Satz wohl als transitiv anzusehen (nu(w) auch „führen"?) und wie folgt z u
d e u t e n : „er-in das Innere herein-führte? ( + m a ) die Königinnen".
24
Zu anna, an s. Laroche R A 41, 83f. Vgl. auch Anni. 35.
25
K a m m e n h u b e r (s. Anni. 1), 535.
26
K a m m e n h u b e r ebd.
27
Der hethitische Genitiv entspricht hier h a t t i s c h e n Formen auf -tu·, „von d e m bösen
(Menschen), v o n seinen F r a u e n , (von) seinen Kindern und v o n den Heeren (Fleisch
(und) K r a f t ) , mögen- (Vögel und Füchse, in der hethitischen Version: M U S E N ? L A
K A 5 . A ? i A ) sie-essen".

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64 Piotr Ta racha

Nomina mit le- durch Formen mit enklitischem -SU. In diesem Zusammenhang
sollte man also eher, wenn überhaupt, ein Possessivzeichen in diesem Wortelement
vermuten, das die anderen Nomina mit le- von lë-pazizin-tu zu unterscheiden
scheint, nämlich in dem proklitischen i-.-·* In weiteren Bilinguen werden Formen
mit le- inkonsequent übersetzt, z. B. KUB II 2 II 45f. tabarna[-n hatte] lê-waael —
48f. heth. [labarnas] LUGAL-jras E-ir (in der Reihenfolge Determinierendes+
Determiniertes!); 412/b-i- Vs. 7a lë-waael — 6b heth. É-ir-sit. häufiger aber in der
Mehrzahl. z . B . K U B II 2 I I I 19 lê-zuh lë-sterah bala lë[-sep]sep = 21 heth.
T Ü G ' L A K u S NlG.BÀRB I A k ^ E . S I R « 1 A > ; 4 5 lë-waae{-)tuanu = 48 heth. l'-NU-
y^MES u s w Entgegen den Bedenken Kammenhubers 2 9 sind auch Nomina mit
le- als das Subjekt eines Satzes nachweisbar, z. B. K U B X X V I I I 18 Rs. 6'ff.
. . . ma-a ha-a-ni-waa-as sa-a-i-il ma-a li-tu-u-mi-li pa-la-a li-e-pí-pí-i-iz-zi-li
„Und drinnen-ist (wörtlich: sitzt) s.. und die Regen und die Winde''. Da die von
Kammenhuber vermutete Gegenüberstellung von pluralischem le- und homony-
mem possessivem le- „seine/ihre" fraglich zu sein scheint (vgl. Anm. 8). sollten
Nomina mit le- folglich in den obigen bilinguischen Kontexten nicht als Possessiv -
sondern eher als Pluralformen gelten. In diesem Zusammenhang ist die Oppo-
sition le- : waa- als Plural : Kollektiv sehr wahrscheinlich.
Weitere Schlußfolgerungen für die syntaktische Stellung des Wortelements Zu-
lassen sich aus K U B I 17 Rs. VI 12ff. ziehen, obwohl es sich hier um einen ein-
sprachig hattischen Passus handelt. Als der Priester ( LC NAR) „mein Name (ist)
König" ruft (Rs. V 60f.), sagt er: VI 12 nu-ú-pa-li ta-ba-ar-na kur-ku-pi-e-en-na
(13) pa-ak-kat-te-en-na li-ik-ka-at-ti (14) i-ja-ah-su-ú li-e-waa-ak\-ka-at-ti (15) li-e-
ib-bi-nu-ú li-e-ib-ak-ku-ú (16) li-e-waa-ru-un es-ta-a-pár-ti-li-is. Für die Königin
wurde aber dieselbe Aussage et%vas anders abgefaßt. denn das Kennzeichen le- wird
überall, wo es auf das Objekt in der Mehrzahl hinweist, durch se- ersetzt (s. unten
die Bemerkungen zu se-): VI 22 . . . nu-ú-pa-a-éi (23) ta-ba-ar-na kur-ku-wee-en-
na (24) ka-a-at-tah-na-a-li:w ka-a-at-tah (25) i-ja-ah-su-ú se-e-wa0-ka-at-tah (26) se-
ip-pí-nu se-e-waa-ak-ku-ú (27) se-e-wuü-ru-ü es-ta-a-pár-ti-li-is. Aus der konse-
quenten Ersetzung von le- durch se- ergibt sich, da Lì le- am Anfang des Satzes
(nu-pa-li gegenüber nv-pa-si) mit dem proklitischen le- am Objekt zusammen-
hängt. le kann also im hattischen Satz manchmal getrennt vorkommen, indem es
sich jedoch auf das Objekt bezieht. Die Aufmerksamkeit muß auch auf die Phrase
gelenkt werden, in der le- unveränderlich ist: p(=w)a-katte-n(a) li-katte und
(wa-)kattah-n(a) li-kattah. Schon Forrer hat hierin eine hattische Version der
Wendung „König der Könige" und „Königin der Königinnen" erkannt. 3 1 In die-
sem Zusammenhang kann proklitisches le- nur als das Possessivum „ihr (leurs) '
gelten: „(der) Könige ihr-König". „(der) Königinnen ihre-Königin". 32 Weitere

28 So schon E. Forrer, in: ZDMG 76 (N.F. 1)|[1922], 232. Vgl. z. B. K U B II 2 III 30 U-pinu
= 32 [ D U M T J M E ] S gegenüber lë-i-pinu in K U B X X I V 14 IV 14.
29
Kammenhuber (s. Anni. 1), 465; Dunajevskaja, Drevnie jazyki Maloj Azii 13.
30
Ohne Zweifel haben wir es hier mit der fehlerhaften Teilung der Form li-kattah zu tun.
Daraus ist auch zu ersehen, daß die hethitischen Schreiber manche Texte nach Diktat
oder fehlerhaften Urfassungen aufgesetzt haben, ohne sie zu verstehen (vgl. noch Anni.
35).
31 Forrer ZDMG 76 (N.F. 1), 233.
32
Die hattischen Formen auf -n wurden ins Deutsche als Genitivformen übersetzt, sie
lassen sich aber in den indogermanischen Sprachen kaum wiedergeben, -n ist nämlich

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S y n t a k t i s c h e V e r k n ü p f u n g e n im Hattisc-hen 65
eindeutige Beispiele für le- als Possessivum lassen sich zur Zeit kaum anführen.
Es bleibt zu hoffen, daß zukünftige Texteditionen solche Beispiele liefern werden.
Unklar sind auch das zusammengesetzte Pluralpräfix lê-waa- in lê-ivaa-katte
und das entsprechende së-waa- in sê-waa-lcattah. '^ Man kann dafür einige weitere
Beispiele anführen, z. B. KUB X X V I I I 59 Vs. I 17' li-e-wa&-ha-a-i; KUB II 2 III
45/48 lê-icaae-tuanu= UNÜTE^^ (s. oben). Ohne mehrere bilinguische Texte ist
jedoch die definitive Deutung dieser Formen kaum möglich.
Für die Interpretation des nominalen te- sind in den Bilinguen keine Anhalts-
punkte zu finden. Es muß also ausschließlich auf syntaktischem Wege betrachtet
werden. Nomina mit te- erscheinen in den einsprachig hattischen Texten fast
immer als das Determinierte in der Reihenfolge Determinierendes auf -n endend
+ Determiniertes.^ Manchmal sind sie das Subjekt, ζ. B. KUB XXVIII 18 Vs.
l l f f . ma-a du-ú-ha-an te-e-iou^-u-ri mu-a za-a-ri-u-un te-pi-e-in ta-a-ru-un „Und
des duha te-Land, und des Menschen <e-Kind ( = der Mensch), (sie sind) des (Got-
tes) Taru (oder: sie gehören Taru an)", vgl. auch K U B XVII 28 Vs. II 9f. D UTU-
un te-e-pi-i-in ha-a-i\pa-la tu-u an-tu-u-hu. Meistens aber kommen sie als das
Objekt eines Satzes vor. Aus dem zweiten der angeführten Kontexte ist zu er-
sehen, daß es sich bei Formen mit te- wohl um die Einzahlformen handelt. Das
Subjekt der beiden Sätze (te-pin) wird nämltch durch proklitisches an- am Prä-
dikat des zweiten Satzes {an-tu(-)hu) bezeichnet. Das Präfix te- darf also bei
Nomina in der Einzahl als eine Entsprechung für pluralisches le- gelten, und seine
possessive Bedeutung „sein/ihr" läßt sich auf syntaktischem Wege nicht aus-
schließen. Sie ist aber unsicher in Anbetracht dessen, daß in den Bilinguen hat-
tische Nominalformen mit te- im Gegensatz zu den hethitischen Possessiva nicht
belegt sind. Ohne weitere Bilinguen ist die Interpretation des proklitischen te-
wie auch seiner eventuellen Beziehimg zum possessiven i- unmöglich.35

als das Kennzeichen der nominalen Abhängigkeit anzusehen (s. unten), womit man auch
das Fehlen der Kongruenz in den Phrasen des Typs tabarna-n hatte le-weJL erklären kann
ebenso wie die Tatsache, daß in den Bilinguen der hethitische Genitiv manchmal hatti-
schen Formen auf -tu entspricht (e. Anm. 27). Wörtlich sollte also die Wendung wa-lcatte-
n li-lcatte als „Könige ihr-König" verstanden werden. Eine analoge Bildung der Posses-
siva ist in den nordwestkaukasischen Sprachen zu finden, wo dieselben proklitischen
Wortelemente nominale Satzteile am Prädikat und possessives Verhältnis an Nomina
zugleich kennzeichnen, vgl. ζ. B. abchas. r(y)· „sie (ils)" und „ihr (leurs)".
33 Nach Forrer ZDMG 76 (N. F. 1), 233 f. geht es bei -waa-, ebenso wie bei -ip- in lë-ippinu

und le-ipakku, um das Zeichen des Possessivums der 2. Person Sg., w*- (vgl. Anni. 37).
34 Vgl. jedoch K U B X V I I 28 II 24 \PK\aneunnu te-Sah ta-it und in fragmentarischem

Kontext K U B X X V I I I 74 Rs. r. Kol. 5 ]x te-ivuur ta-ka-eü.


35 Unklar ist ζ. B. in K U B X X V I I I 8 6 + X L V I I I 23 (Join nach C. Kühne, in: ZA 70

[1980], 100) die Beziehung von ^R^Hattui-an i-?pinu (Rs. 6 WVga-at-tu-Sa-an-ni


pí-i-in-nu) und wart-an i- ?pinu (Rs. 7 wa-ar-ta-an-ni pi[-i-~\in-nu) zu [haw\iwün te-pïnu
(Rs. 9) „dandukeSnas DUMU-"; s. auch [PK]aneunnu te-Sah ta-it (vgl. Anm. 34) gegen-
über K U B X V I I 28 Vs. II 13f. OKa-ne-u-un-ni pu-ú-li-e ta-a-i-it. Vgl. aber im Abchasi-
schen und Abazinischen possessives i- „sein" gegenüber dem Kennzeichen d(y)-, das am
Prädikat auf das Subjekt im intransitiven bzw. auf das Objekt im transitiven Satz hin-
weist (3. Person Sg., Klasse der Menschen), und der Bestimmung des Subjekts in der
3. Person Sg., Klasse der Sachen, am transitiven Prädikat, a-/na- (s. oben hatt. an-l).
Etymologische Verwandtschaft dieser Wortelemente mit h a t t . te-, an- und i-( Î), obwohl
sie auf anderen Positionen stehen, ist nicht ausgeschlossen. Sie kommt auch in An-
betracht dessen in Frage, daß in den nordwestkaukasischen Sprachen das Kennzeichnen
6 Altorient. Forsch. 15 (1988) 1
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66 Piotr Taraoha

Nominales te- scheint mit dem selten vorkommenden at- zusammenzuhängen.


Auch in diesem Fall geht es höchstwahrscheinlich um das Einzahlpräfix. K U B
X X V I I I 18 Vs. 7'ff. Ta-n-ru mn-n iu-ah-iu-ú-ul-tu at-ku-ú-si-im ma-a ha-a-ni-
wa-aé sa-i-il pa-a-ma tu-u-mi-li ¡m-a-la-nia-a pi-i-pi-e-iz-zi-li ..Taru me (vom)
Himmel-liess-von oben lierai) at-kv^im. ma drinnen-ist (wörtlich: sitzt) s.. und der
Regen, und der Wind". nt-knAim entsprechen also die Einzahlformen, der Regen
und der Wind, während pluralist-lies le-kuñm (Rs. 5'f.) mit den Pluralformen, die
Regen und die Winde, zusammenhängt (s. oben). Die Nomina mit ai- erscheinen
auch in Zusammenhang mit Formen im obliquen Kasus auf -n. z. B. K U B X X V I I I
87 Vs. 8] x-mähin at-kurkupal. Somit dürfte at- eine Variante von te- darstellen.
Die Ratio, nach der diese Präfixe alternieren, ist jedoch unklar.
Somit ist das von Kammenhuber vermutete System der zwei Possessiva auf te-
und le- beim Besitzer in der 3. Person in der Einzahl in Zweifel zu ziehen. Die
Frage, ob als das Possessivum der 3. Person in der Einzahl ein Vokalpräfix (i/e- ?)
gelten darf, das vielleicht nur fakultativ vorkommt 3 0 , muß noch immer offen-
bleiben, da es die unklaren Prinzipien der Pleneschreibung in den hethitischen
Texten unmöglich machen, die sehr wahrscheinlichen vokalischen Wortelemente
im Hattischen eindeutig zu erkennen. Zu erwarten wären auch Possessiva bei
Nomina in den zwei ersten Personen der Einzahl und Mehrzahl. Es gibt jedoch für
sie keine Anhaltspunkte in den bilinguischen Texten. 3 7
Die Untersuchung der Nomina auf te-, le- und se- in ihrem Satzzusammenhang
ergibt auch einen gewissen Unterschied zwischen den Formen auf te- und le-
gegenüber denjenigen auf Se-. Im Gegensatz zu den zwei ersten Präfixen kommt
se- bei Nomina im obliquen Kasus auf -n niemals vor 38 , was vielleicht für eine
formale Verwandtschaft ( Schreib ν arianten ?) zwischen se- und dem Präfix des
Objekts in der Mehrzahl < §- sprechen könnte. 39 Nomina mit es/a-as- erscheinen

des S u b j e k t s bzw. Objekts in der 3. Person am P r ä d i k a t im Gegensatz zu den zwei


e r s t e n Personen s e k u n d ä r ist. Z.Ii, im Kabardinischen wird noch immer n u r die Mehr-
zahl d e r n o m i n a l e n Satzteile am Prädikat b e s t i m m t (so wohl auch im H a t t i s c h e n !), u n d
n u r f a k u l t a t i v erscheinen verbale Präfixe ma-hna-, i- oder e- als Kennzeichen des Sub-
j e k t s (Objekts) in d e r Einzahl. Die Wortelemente, die s e k u n d ä r F u n k t i o n e n des Hin-
weisens auf d a s S u b j e k t bzw. Objekt in der 3. Person ü b e r n o m m e n haben, k ö n n e n somit
ihrer E t y m o l o g i e n a c h als sehr verschieden gelten. I m H a t t i s c h e n k o m m t dabei d a s
S y s t e m der K l a s s e n bei Nomina in der 3. Person d e r E i n z a h l wohl nicht vor. Man k a n n
n u r h o f f e n , d a ß z u k ü n f t i g e Forschung zur A u f k l ä r u n g dieser Fragen beitragen wird.
36
A m N o m e n m i t vorangestellteni Nominalattribut auf -n ist es wohl nicht notwendig.
37
Vgl. a b e r proklitisches v- (graphisch ν• ), das an N o m i n a in den einsprachig h a t t i s c h e n
T e x t e n reichlich belegt ist (Kammenhuber [s. Anni. 1] 494), angesichts von ύ- „ d u " a m
P r ä d i k a t (vgl. A n m . 9). Nominales u- wurde schon von F o r r e r ZDMG 76 (N. F . 1) 233f.
als d a s Possessivum „dein" betrachtet. Vgl. a u c h I v a n o v (s. Anni. 4) 109f.
38
N o m i n a mit le- im obliquen Kasus auf -n werden gut belegt; te- in derselben Stellung
e r g i b t sich a u s K U B X X V I I I 116 I I 4' te-karam-un (karam „ L i b a t i o n s g e t r ä n k u n d -ge-
fäss"). Vgl. K a m m e n h u b e r (s. Anni. 1), 466f.
39
Gegen die D e u t u n g von se- als „Possessivpräfix" „leurs" scheint auch der S a t z k o n t e x t
K U B X X V I I I 4 Vs. 12 zu sprechen: se-tuqqa-s an-lu-h-dun-du = heth. n-aë-éi kattan
tijat. A u s d e m T e x t z u s a m m e n h a n g und der h e t h i t i s c h e n Ü b e r s e t z u n g geht h e r v o r , d a ß
als potentieller „ B e s i t z e r " von tuqqa nur eine P e r s o n (der Mond- oder W e t t e r g o t t ? ) in
F r a g e k o m m t . Obwohl die beiden hattischen W ö r t e r u n k l a r sind (vielleicht dun „heran-
t r e t e n " ? ) , k ö n n t e m a n also den Satz wie folgt d e u t e n : an sie (wörtlich: sie, K e n n -
zeichen der Mehrzahl des Objekts)-?«.^« ( + « , u n k l a r , vielleicht eine B e s t i m m u n g d e s

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Syntaktische V e r k n ü p f u n g e n im Hattisohen 67

nämlich in einigen Kontexten mit vorangestelltem Nomen im obliquen Kasus auf


-ii, wo man der Annahme Kammenhubers gemäß, wenn es um die Reihenfolge
Determinierendes + Determiniertes geht, das Präfix se- erwarten sollte. /,n Da es
sieh hier jedoch um die einsprachig haitischen Texte handelt und da das Suffix
-n auch als das Kennzeichen des weiteren Objekts, ζ. B. mit ka-hanwasuitt-un in
K U B I I 2 I I I 16, bestätigt wird, so muß die Frage offenbleiben, ob wir es in
diesen Kontexten tatsächlich mit Variantenwechsel der Präfixe se- und es- zu tun
haben. Das scheint aber sehr wahrscheinlich zu sein (vgl. auch oben die Bemer-
kungen zu te- und at-).
Aus dem Obigen ergibt sich für die Sätze mit dem näheren Objekt in der Mehr-
zahl, daß die Abhängigkeit zwischen drei Hauptteilen des Satzes (grammatisches
Subjekt - näheres Objekt - Prädikat) morphologisch auf zweierlei Weise bezeich-
net werden kann - hinweisend auf die Mehrzahl des Objekts in Beziehung zum
Prädikat (es/ëe/(a-)as- am Objekt und an der Verbalform) oder unabhängig vom
Prädikat (Formen mit le-). Diese Beobachtung könnte zur Erklärung der früher
vermuteten Opposition le- : es- beitragen. Es handelt sich hier nicht um die Oppo-
sition „Nominativ PI." : „Akkusativ Pl.", sondern um zwei verschiedene Möglich-
keiten, das nähere Objekt in der Mehrzahl im transitiven Satz zu kennzeichnen.
Damit kann man auch die Tatsache erklären, daß bei einem Objekt in der Mehr-
zahl auf le- das Verbalpräfix a/es- am Prädikat nicht obligatorisch ist (s. oben), le-
weist auf die Mehrzahl des Objekts unabhängig vom Prädikat hin.
Wie oben gesagt, wird im Hattischen das Objekt in der Einzahl am Prädikat im
Rahmen der ergativen Satzstiuktur und in Opposition zu den Formen mit te-
wohl nicht geke nnzeichnet. In dieser Position, in der bei einem Objekt in der Mehr-
zahl proklitisches es- vorkommt, steht also das Objekt in der Einzahl im Stamm-
kasus. Die Prinzipien, nach denen enklitisches -s(u) am Nomen als Objekt vor-
kommt, sind unklar. 41 Dieses Enklitikon ist aber kaum als Kasusendung im Sinne
indogermanischer Grammatiken anzusehen. 42 Die Opposition Subjekt : Objekt,
obwohl dem transitiven Satz eigen, wird also im Hattischen, im Gegensatz zu den
indogermanischen und semitischen Sprachen, nicht von der Gegenüberstellung
der Kasus Nominativ : Akkusativ begleitet. 43 Das stimmt mit dem überein, was
oben über die ergative Struktur des hattischen Satzes gesagt wurde. Als Post-
position eigener Art kann auch das Nominalsuffix -tu („Ablativ") gelten; 4 4 als
„kasus-artig" sind somit nur die Formen auf -n zu betrachten. Dieser „Kasus"
hat jedoch keine Entsprechung in den indogermanischen Sprachen, da er dem in-
Wendens an jemanden, etwas?), sie ( = Gottheit !gapantali)-von oben herab-Ä-trat
heran ( + d u ) .
40
Für Beispiele s. Anm. 20. Bei zari-un es-zijawi und zassar-un a-as-maiu wären jedoch
dem v o n Kammenhuber vorgeschlagenen System der „Possessiva" zufolge Formen mit
le- zu erwarten.
41
Sein Vorkommen dürfte vielleicht mit der Bedeutung des Verbalstammes zusammen-
hängen ( ?) (vgl. Anm. 39).
42
Kammenhuber (s. Anm. 1), 535 hält -s(u) für ein Demonstrativum. Dieses Enklitikon
kann auch getrennt vorkommen, z. B. 412/b + Vs. 10a: in uk-ëu-pa bezieht sich -iu auf
das Objekt des Satzes, wej, „Haus" (Vs. 9a); Kammenhuber (s. Anm. 1), 476; Vgl. auch
Dunajevskaja, Drevnie jazyki Maloj Azii 12.
43
So auch Dunajevskaja, ebd. 14.
44
Vgl. Kammenhuber (s. Anm. 1), 487.

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68 Piotr Ta racha

doger manischen Genitiv und Dativ zugleich entspricht, also als obliquer Kasus
der weiteren nominalen Bestimmungen anzusehen ist.4"'
Kennzeichnungen der anderen Personen des Subjekts am Prädikat lassen sich
lediglich aus vereinzelten oder fragmentarischen Kontexten erschließen: ú- „du"
bei Intransitiva; u-uslus- „wir" tei Transitiva (vgl. Anm. 9). Kaum möglich ist es
daher, ihre Stellung im syntaktischen System des Hattischen klar zu deuten. E s
ist aber denkbar, daß die 1. und 2. Person (in der Einzahl und Mehrzahl) des
Subjekts im Hattischen durch eigene Personalpräfixe am Prädikat bezeichnet
werden konnte, anders als die 3. Person, für die das Personalkennzeichen in
grammatischem Sinne am Prädikat kaum in Anspruch zu nehmen ist (vgl. Anm.
35). In diesem letzten Fall wird wohl nur die Mehrzahl des Subjekts im intran-
sitiven Satz und, den Prinzipien der ergativen Satzstruktur gemäß, des Objekts
bei Transitiva bezeichnet. Das Subjekt in der Einzahl kann außerdem, wenn auch
fakultativ, durch demonstratives an- bestimmt werden. Die ganz anderen Voka-
lisier ungen bei us- und a/es- sprechen wohl gegen die Annahme Kammenhubers,
daß es sich hier nur um Schreibvarianten desselben Präfixes der Mehrzahl handelt.
Der vorstehende Versuch, auf die hattische Satzstruktur näher einzugehen und
in diesem Zusammenhang auf die alternativen Möglichkeiten der Deutung einiger
grammatischer Fragen hinzuweisen, ist noch immer provisorisch angesichts der
geringen Anzahl der hattischen Texte, die sich interpretieren lassen, und des
eigenartigen Baues dieser Sprache. Interessant ist, daß der hattischen Satz-
struktur eine urtümliche Abart des endungslosen Ergativs zugrunde zu liegen
scheint, der unter den nord westkaukasischen Sprachen für das Abchasische cha-
rakteristisch ist. Manche Probleme der hattischen Syntax konnten lediglich er-
wähnt werden, die anderen entziehen sich völlig unserer Kenntnis. Man kann nur
hoffen, daß weitere Entdeckungen und Editionen von Texten zur Überprüfung
oder Bestätigung der hypothetischen Feststellungen dieses Aufsatzes beitragen
werden.

45 Vgl. Anm. 32. Als Analogie ist auf den obliquen Kasus auf -n im Ubvchisehen hinzu-
weisen, der jedoch auch die Funktion des E r g a t i v s übernommen hat.

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