¨Schlüsselszene Deutung:
Karls Weltschmerz / Klage an die Gesellschaft:
Karl Moor will sich nicht den Gesetzen der Gesellschaft beugen, da er der Meinung ist, dass sie ihn in
seinem Tun und Handeln, aber auch in seinem Denken einschränken.
Moor: „Ich soll meinen Leib pressen in eine Schnürbrust und meinen Willen schnüren in Gesetze.
Das Gesetz hat zum Schnecken-gang verdorben, was Adlerflug geworden wäre. Das Gesetz hat
noch keinen großen Mann gebildet, aber die Freiheit brütet Kolosse und Extremitäten aus…“
Die endgültige Abweisung durch den Vater versetzt Karl in einen wahnsinnigen Zustand.
Moor: „Mein Geist dürstet nach Taten, mein Atem nach Freiheit, - Mörder, Räuber! – mit diesem
Wort war das Gesetz unter meine Füße gerollt – Menschen haben Menschheit vor mir verborgen,
da ich an Menschheit appellierte, weg dann von mir Sympathie und menschliche Schonung! – Ich
habe keinen Vater mehr, ich habe keine Liebe mehr, und Blut und Tod soll mich vergessen lehren,
dass mir jemals etwas teuer war!“
Karl Moor wird durch seine Freunde zu der Entscheidung geführt, Räuberhauptmann zu werden. Dies
unterscheidet ihn grundlegend von seinem jüngeren Bruder, welchen die eigene berechnete
Kalkulation ausmacht.
Franzens Entschluss, den eigenen Vater zu töten und den älteren Bruder aus dem Weg zu räumen,
wird nochmal hervorgehoben. Durch psychologische Manipulation schafft er es, den Diener Hermann
auf seine Seite zu ziehen, um den eigenen Vater zu vergiften und seinen Bruder endgültig zu enterben.
Wie sein älterer Bruder möchte sich auch Franz Moor in seinem Streben nach der großen Tat von
nichts und niemandem aufhalten lassen.
Franz: „Soll sich mein hochfliegender Geist an den Schneckengang der Materie ketten lassen?“
Spiegelberg sieht seine Berufung als Räuber darin, die grausamsten Verbrechen zu begehen. Dabei
steht er im direkten Kontrast zum Räuber Moor, der für Gerechtigkeit sorgen möchte. Für Spiegelberg
gilt nur der Selbstzweck und die Freude an der Gewalt. Karl erscheint als der "edle" Räuber.
Karl ist schockiert, als er erfährt, dass Unschuldige bei der Befreiung Rollers ihr Leben lassen
mussten. Es kommen ihm Zweifel an seinem Leben als Räuberhauptmann und er versucht, seine Taten
zu rechtfertigen, indem er sie mit Gottes Werk gleichsetzt. Er selbst scheint davon aber nicht ganz
überzeugt zu sein. Vor dem auftretenden Pater versucht Räuber Moor nochmals seine Taten zu
rechtfertigen, indem er seinen Gerechtigkeitssinn hervorhebt. Karl möchte seine Identität verschleiern,
da er sich selbst noch nicht sicher ist, wie er Franz konfrontieren könnte. Eine Aussprache mit Amalia
möchte er noch hinauszögern. Er ist hin- und hergerissen zwischen der heilen Welt seiner Kindheit
und seinem Leben als Räuber, welches ihm eine Rückkehr unmöglich macht.
In seinem Monolog versucht Franz nochmals, seine bisherigen Taten zu rechtfertigen, indem er in
allem Seienden die völlige Sinnlosigkeit sieht. Für ihn zählt nur der eigene Vorteil. Karl sieht sein
Ende voraus und ist sogar dazu bereit, sein eigenes Leben zu beenden, da er keinen anderen Ausweg
erkennt – er zweifelt an einem Leben nach dem Tod und glaubt, dass er durch Selbstmord seinem
Schicksal gegenübertreten kann. In Amalia sieht Karl seine Errettung, jedoch fordern die Räuber ihr
Opfer durch den Treueschwur, den Karl als Hauptmann geleistet hat. Mit Amalias‘ Opfer hat sich Karl
von den Räubern befreit, sieht aber sein Leben als endgültig verwirkt. Er wird jedoch bis zu einem
gewissen Grad geläutert, da er erkennt, dass er sich nicht über die menschengemachte und göttliche
Ordnung stellen kann.