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Das Dokument bietet umfassende Informationen und Trainingsmaterialien für das Deutsch-Abitur, einschließlich typischer Prüfungsaufgaben und Lösungen aus verschiedenen Bundesländern. Es enthält Anleitungen zur Erstellung von Inhaltsangaben, Analysen von Gedichten, Dramen, epischen und Sachtexten sowie zur Erörterung. Zudem werden Methoden und Strategien zur Argumentation und zum Aufbau von Erörterungen vorgestellt.

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Deutsch Abitur

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
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Das Wort Duden ist für den Verlag Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG
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© Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG,


Mannheim 2007 D C B A

Redaktionelle Leitung: Simone Senk


Redaktion: Dr. Daniela Rauthe
Autorin: Annette Schomber
Textbausteine: Reinhard Marquaß

Herstellung: Annette Scheerer


Layout: Günther Nord
Umschlaggestaltung: Andi Hemm, Filderstadt
Satz: Typomedia GmbH, Ostfildern
Druck und Bindung: Heenemann GmbH & Co., Berlin
Printed in Germany

ISBN 978-3-411-72911-1
Inhaltsverzeichnis

Wissen und Üben


1 Tipps und Hin- 1.1 Die schriftliche Abiturprüfung – 5
weise für die 1.1.1 Äußere Form und Sprache – 5
Abiturprüfung 1.1.2 Methodische Vorgehensweise – 7
5–12 1.1.3 Häufige Fehler bei der Texterstellung – 9
1.2 Die mündliche Abiturprüfung – 11
1.2.1 Methodische Vorgehensweise – 11
1.2.2 Häufige Fehler in der mündlichen Prüfung – 12

2 Die Inhalts- 2.1 Regeln zum Erstellen einer Inhaltsangabe – 13


angabe 2.2 Inhaltsangaben zu fiktionalen und nicht fiktionalen Texten – 14
13–18

3 Die Analyse von 3.1 Kennzeichen und Bauformen des Gedichts – 19


Gedichten 3.2 Metrum, Reim und andere formale Klangelemente – 21
19–38 3.3 Satzbau, Wortwahl und Bildlichkeit – 28
3.4 Regeln zur Analyse von Gedichten – 35

4 Die Analyse von 4.1 Kennzeichen von dramatischen Texten – 39


Dramentexten 4.2 Formen des Dramas – 45
39–64 4.3 Handlung, Figuren, Raum und Zeit – 51
4.4 Regeln zur Analyse von dramatischen Texten – 60

5 Die Analyse von 5.1 Kennzeichen von epischen Texten – 65


epischen Texten 5.2 Formen epischer Texte – 66
65–91 5.3 Der Erzähler – 69
5.4 Handlung, Figuren, Raum und Zeit – 74
5.4.1 Handlung – 74
5.4.2 Figuren – 79
5.4.3 Raum – 83
5.4.4 Zeit – 85
5.5 Regeln zur Analyse von epischen Texten – 87

6 Die Analyse von 6.1 Kennzeichen und Formen von Sachtexten – 92


Sachtexten 6.2 Die Analyse einer politischen Rede – 93
92–101 6.3 Regeln zur Analyse von Sachtexten – 98

7 Der Text- 7.1 Besonderheiten beim Textvergleich – 102


vergleich 7.2 Regeln zum Textvergleich – 107
102–108

8 Die Erörterung 8.1 Regeln zum Erstellen einer Erörterung – 109


109–120 8.2 Die textgebundene und die literarische Erörterung – 111
8.3 Die freie Erörterung – 117
8.3.1 Die Pro-und-Kontra-Erörterung – 117
8.3.2 Die steigernde Erörterung – 119
Inhaltsverzeichnis

Trainingsklausuren
121–134 Klausur 1 – 121
Klausur 2 – 122
Klausur 3 – 125
Klausur 4 – 126
Klausur 5 – 128
Klausur 6 – 129
Klausur 7 – 132

Lösungen
135–170 Lösungen Wissen und Üben – 135
Lösungen Trainingsklausuren – 160

Anhang
Literaturgeschichte im Überblick – 172
Übersicht der behandelten Texte – 180
Register – 182

Prüfungstraining online

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Viel Erfolg!
Wissen und Üben Die Erörterung

8
Die Erörterung

Die Erörterung ist eine schriftliche Form der Argumentation und ver-
langt eine begründete Stellungnahme zu einem Sachverhalt. Dabei
geht es um eine gründliche und überzeugende Auseinandersetzung
mit einem Thema, indem Argumente (Begründungen) vorgebracht und
mit einem Beispiel veranschaulicht werden. Argumente und Gegen-
argumente werden gegeneinander abgewogen, um Stellung zu bezie-
hen oder etwas zu beurteilen. Es kommt darauf an, die eigene Position
zu verdeutlichen, indem Begründungen durch Beispiele belegt werden.

8.1
Regeln zum Erstellen einer Erörterung
Es gibt verschiedene Formen der Erörterung. Man unterscheidet die
textgebundene bzw. literarische Erörterung und die freie Erörterung.
Das methodische Vorgehen ist bei allen Formen gleich.

Methodik Arbeitsschritte beim Erstellen einer Erörterung

1. Schritt: Erfassen der Aufgabenstellung


■ Handelt es sich um eine Sachfrage, Entscheidungsfrage, Wertfrage oder
einen Auftrag, der einen Textinhalt zur Grundlage hat?
■ W-Fragen helfen, zentrale Begriffe in der Textvorlage zu erschließen.

2. Schritt: Eine eigene Position finden


■ Ausformulieren der eigenen Position in einer These (Behauptung)

3. Schritt: Stoffsammlung
■ Sammeln von Fakten, Argumenten und Gegenargumenten, Zitaten und
Beispielen mittels relevanter Fragen
■ Es empfiehlt sich, diese in fortlaufender Nummerierung untereinander zu
schreiben und nach sachlicher Entsprechung zusammenzufassen.

4. Schritt: Gliederung
■ Ausarbeitung mit Einleitung, Hauptteil und Schluss

109
Wissen und Üben Kapitel 8

Aufgabe 1
Welche Bedeutung hat das Buch in der Multimediagesellschaft?
Erstellen Sie eine Stoffsammlung.

Erörterungen bestehen aus Einleitung, Hauptteil und Schluss. Dieser


Aufbau gilt für alle Formen der schriftlichen Argumentation, allerdings
gibt es bei der textgebundenen bzw. literarischen Erörterung und der
freien Erörterung leichte inhaltliche Unterschiede. Die spezifischen
Merkmale erfahren Sie im Zusammenhang mit der Beschreibung der
einzelnen Erörterungsformen.

Methodik Aufbau einer Erörterung

Einleitung
■ Hinführung zum Thema, z. B. durch Verweis auf die Bedeutung und
Aktualität der Themenstellung
■ Motivieren des Lesers
■ evtl. das Spektrum möglicher Positionen andeuten

Hauptteil
■ Vorstellen von These und Argumenten
■ deduktives Argumentieren: vom Allgemeinen zum Besonderen
■ induktives Argumentieren: vom Besonderen zum Allgemeinen

Schluss
■ Möglich sind eine Zusammenfassung, der Rückgriff auf den Einleitungs-
gedanken, das Eröffnen weiterer Perspektiven oder persönliche Aussagen.

Aufgabe 2
Formulieren Sie auf der Grundlage Ihrer Ergebnisse aus Aufgabe 1 eine
Einleitung zu der Frage „Welche Bedeutung hat das Buch in der Multi-
mediagesellschaft?“.

Bei einer Erörterung ist im Hauptteil auf die Anordnung der Argumente
zu achten. Die Reihenfolge der Argumente kann darüber entscheiden,
welchen Eindruck Ihre Argumentation beim Leser hinterlässt.

Tipp

Es empfiehlt sich folgende Anordnung:


■ erstes Argument = das überzeugendste Argument
■ zweites Argument = ein gutes Argument
■ drittes und weitere Argumente = verhältnismäßig schwache Argumente

110
Wissen und Üben Die Erörterung

Steht das wichtigste Argument am Anfang, ist der Leser davon oftmals
so überzeugt, dass er die folgenden Argumente höher einschätzt als ihr
tatsächlicher Wert. Wenn Sie mit dem schwachen Argument beginnen,
wird der Leser kritisch und kritisiert unter Umständen auch das gute
Argument.

Bei dem Verfassen einer Erörterung gibt es weitere grundsätzliche


Aspekte, die Sie beachten sollten, um Ihre Position zu einem Sachver-
halt zu verdeutlichen.

Tipp

■ Vermeiden Sie eine zu abstrakte Einleitung, die den Leser weder motiviert
noch zum Thema hinführt.
■ Vermeiden Sie Gedankensprünge, Widersprüche, Abschweifungen.
■ Achten Sie auf den Aufbau der Argumente.
■ Vermeiden Sie wenig stichhaltige Begründungen, die möglichen Ein-
wänden nicht standhalten können, sowie Gemeinplätze.
■ Verwenden Sie konkretisierende Beispiele.
■ Achten Sie auf eine angemessene sprachliche Darstellung.

8.2
Die textgebundene und die literarische Erörterung
Eine Erörterung kann sich auf einen Text beziehen, in dem ein Problem
behandelt oder eine strittige Frage diskutiert wird. Als Textgrundlage
dienen fiktionale oder nicht fiktionale Texte.

Typische Aufgabenstellungen
■ Untersuchen Sie den Text im Hinblick auf … und erörtern Sie die Pro-
blematik …
■ Setzen Sie sich kritisch mit der Position des Autors auseinander.
■ Erläutern Sie die im Text vorkommenden Begriffe … aus der Sicht des
Verfassers und erörtern Sie anschließend …
■ Erörtern Sie die Aussagen … und nehmen Sie Stellung zu den aufge-
zeigten Problemen.

Der Text bildet den Ausgangspunkt dieser Erörterungsform und muss


daher – wie auch die Aufgabenstellung – genau gelesen werden.
Stellen Sie die Hauptthese des Textes fest und finden Sie eine eigene
Position dazu. Hier kommt es darauf an, die Argumentation des Autors
zu beurteilen und die eigene Position mit Bezug zum Ausgangstext
darzustellen.

111
Wissen und Üben Kapitel 8

Ihre Ansicht kann zu der Meinung des Autors in völligem Widerspruch


stehen, teilweise damit übereinstimmen oder ganz und gar damit über-
einstimmen. Daraus ergeben sich verschiedene Strategien für das Ver-
fassen der Erörterung.

Methodik Strategien der Argumentation

Ihre Ansichten und die des Verfassers widersprechen sich völlig


■ Prüfen Sie die Qualität der Argumente und die Schlüssigkeit der Argumen-
tation.
■ Schränken Sie einzelne Thesen in ihrer Gültigkeit ein.
■ Stellen Sie einzelne Begründungen oder Beispiele als unzureichend dar.

Ihre Ansichten und die des Verfassers widersprechen sich teilweise


■ Ergänzen Sie diejenigen Thesen des Verfassers, mit denen Sie überein-
stimmen, um weitere Argumente.
■ Widerlegen Sie die Ansicht des Verfassers, indem Sie Argumenten, denen
Sie widersprechen, Gegenargumente gegenüberstellen.

Ihre Ansichten stimmen mit denen des Verfassers völlig überein


■ Ergänzen Sie die Argumente des Verfassers um weitere und stützen Sie so
die Position.
■ Entkräften Sie mögliche Gegenargumente, die der Verfasser nicht berück-
sichtigt hat.
■ Achten Sie darauf, dass Sie das Gesagte nicht einfach nur wiederholen.

Haben Sie die Absicht des Verfassers und seine Argumentation heraus-
gearbeitet und Ihre eigene Position gefunden, gliedern Sie Ihre Erörte-
rung folgendermaßen:

Methodik Aufbau einer textgebundenen Erörterung

Einleitung
■ Benennen von Autor, Titel und Thema
■ Benennen des im Text behandelten Problems

Hauptteil
■ Wiedergabe der zentralen Thesen / Forderungen des Verfassers
■ Erläuterung der Argumentation bzw. des Gedankengangs im Text
■ kritische Auseinandersetzung mit der Argumentation des Verfassers

Schluss
■ Abwägen und eigene Stellungnahme zum Text und zur darin behandelten
Problematik
■ evtl. Ausblick, Appell, weiterführende Gedanken

112
Wissen und Üben Die Erörterung

Aufgabe 3
Zeitungsartikel „Wunschziel USA“
Erörtern Sie die Vor- und Nachteile einer Reise ins Ausland, die in dem
Zeitungsartikel erwähnt werden. Erstellen Sie zuvor eine Gliederung,
die den Aufbau Ihrer Erörterung verdeutlicht.

1 Was der „gehobenen“ Jugend früherer Zeiten die Bil- dungsurlaub“ finanziell nicht leisten können, helfen
dungsreise nach Italien war, ist den jungen Deutschen einige Sprachreiseunternehmen mit Stipendien oder
von heute das Highschool-Jahr in den USA. Die Nach- zumindest günstigen Darlehen. Branchenführer Easy 35
frage steigt so stark, dass es schon schwierig wird, in Ferienschule, Heidelberg, hat dafür die gemeinnützige
5 Amerika genügend geeignete Gastfamilien und Schul- „Easy Foundation“ gegründet, die in den USA als Stif-
freiplätze zu finden. Als Alternative sind auch Austra- tung anerkannt ist.
lien, Neuseeland, Südafrika und Frankreich bei den Eine bundeseinheitliche Regelung für die Anrechnung
Sprachreisespezialisten gut gebucht. der Zeit an einer amerikanischen Highschool besteht 40
30 000 junge Deutsche planen nach Schätzungen des nicht. Wer nach seiner Rückkehr mit dem US-Zeugnis in
10 Spezialveranstalters Dr. Falk Sprachen & Reisen (DFSR), der Hand eine Klasse überspringen will, sollte das un-
Mannheim, in diesem Jahr einen einjährigen Schulbe- bedingt vorab mit der Schulleitung klären. Das gilt für
such in den USA. Dabei ist weder Abenteuerlust noch alle langfristigen Schulaufenthalte im Ausland.
Frust als Auslöser maßgebend. „Unsere Schülerinnen Selbstverständlich ist eine solche Umstellung auf 45
und Schüler erkennen in einem Austauschjahr die ein- fremde Menschen, Gebräuche und Lebensformen keine
15 malige Möglichkeit einer zusätzlichen Ausbildung“, ganz einfache Übung für Jugendliche. „Für manchen
weiß DFSR-Geschäftsführerin Annika Schuster. Schüler endet dieses von der Idee der Völkerverständi-
98 % der Jugendlichen lassen sich diese intensive gung her gute Programm mit einem Fiasko“, warnt
Einführung in den „American way of life“ nicht entge- Christian Scholz vom Stuttgarter Verbraucherschutz in 50
hen. Der komplette Workshop, Flug, Familienaufenthalt, Bildungsfragen ABI (Aktion Bildungsinformation).
20 Schulbesuch sowie umfassende Kranken- und Unfall- „Betroffen sind insbesondere Schüler, die hier man-
versicherung sind im Preis von 11 860 Euro für zehn gelhaft vorbereitet und nicht genügend auf ihre Eig-
Monate enthalten. nung für dieses Programm überprüft wurden“, erklärt
Wie die meisten deutschen Sprachreiseunternehmen der ABI-Vorstand. 55
bietet auch DFSR Schulaufenthalte wahlweise für fünf Das ABI rät eindringlich, das „Kleingedruckte“ zu be-
25 oder zehn Monate, und zwar in den USA, Kanada, Frank- achten, insbesondere „meist in schwierigem Englisch
reich, Australien, Neuseeland und Japan. Das gilt auch abgefasste Einverständnis- und Verzichtserklärungen,
für Prolingua Sprachreisen. Der Kölner Veranstalter die den Veranstalter zum Abbruch des Programms be-
verzeichnet einen regelrechten Boom für diese USA- rechtigen“, nicht zu unterschreiben. Oft bedeute die 60
Programme (Halbjahresaufenthalte / fünf Monate ab vorzeitige Rückkehr nämlich nicht nur „Schmach für den
30 6765 Euro; Ganzjahresaufenthalte / zehn Monate ab Schüler“, so Scholz, „sondern auch einen finanziellen
9340 Euro, ohne Flug). Verlust für die Eltern“: Ein Rückerstattungsanspruch
Bei begabten Schülern, die sich einen solchen „Bil- kann oftmals nur gerichtlich durchgesetzt werden.

Methodik Ausformulieren der textgebundenen Erörterung

Beachten Sie beim Ausformulieren folgende Aspekte:


■ bei der Textwiedergabe Präsens und indirekte Rede verwenden
■ Textbelege und Zitate verwenden (siehe S. 10)
■ den Text mit Absätzen gliedern
■ Aussagen durch geeignete sprachliche Formulierungen miteinander
verbinden

113
Trainingsklausuren Klausur 3

Klausur 3
Heinrich Böll: „Mein teures Bein“ (1950)
1. Bestimmen Sie die Textsorte und geben Sie den inhaltlichen Aufbau
10 Punkte des Textes wieder.
2. Untersuchen Sie das Gesprächsverhalten der beiden Figuren und den
12 Punkte Einsatz der sprachlichen und erzähltechnischen Mittel.
3. Deuten Sie die Geschichte und beurteilen Sie ihren Aussagewert für
10 Punkte die heutige Zeit.
32 Punkte

1 Sie haben mir jetzt eine Chance gegeben. Sie haben mir Entschuldigen Sie, aber Sie sind verrückt.“
eine Karte geschrieben, ich soll zum Amt kommen, und „Mein Herr“, sagte ich, lehnte mich nun gleichfalls zu-
ich bin zum Amt gegangen. Auf dem Amt waren sie sehr rück und schöpfte eine Menge Atem, „ich denke, daß Sie
nett. Sie nahmen meine Karteikarte und sagten: „Hm.“ mein Bein stark unterschätzen. Mein Bein ist viel teurer, 45
5 Ich sagte auch: „Hm.“ es ist ein sehr teures Bein. Ich bin nämlich gar nicht nur
„Welches Bein?“ fragte der Beamte. von Herzen, sondern leider auch im Kopf vollkommen
„Rechts.“ gesund. Passen Sie mal auf.“
„Ganz?“ „Meine Zeit ist sehr kurz.“
„Ganz.“ „Passen Sie auf!“ sagte ich. „Mein Bein hat nämlich 50
10 „Hm“, machte er wieder. Dann durchsuchte er ver- einer Menge von Leuten das Leben gerettet, die heute
schiedene Zettel. Ich durfte mich setzen. eine nette Rente beziehen.
Endlich fand der Mann einen Zettel, der ihm der rich- Die Sache war damals so: Ich lag ganz allein irgendwo
tige zu sein schien. Er sagte: „Ich denke, hier ist etwas für vorne und sollte aufpassen, wann sie kämen, damit die
Sie. Eine nette Sache. Sie können dabei sitzen. Schuhput- anderen zur richtigen Zeit stiftengehen konnten. Die 55
15 zer in einer Bedürfnisanstalt auf dem Platz der Republik. Stäbe hinten waren am Packen und wollten nicht zu früh,
Wie wäre das?“ aber auch nicht zu spät stiftengehen. Erst waren wir
„Ich kann nicht Schuhe putzen; ich bin immer schon zwei, aber den haben sie totgeschossen, der kostet nichts
aufgefallen wegen schlechten Schuheputzens.“ mehr. Er war zwar verheiratet, aber seine Frau ist gesund
„Das können Sie lernen“, sagte er. „Man kann alles ler- und kann arbeiten. Sie brauchen keine Angst zu haben. 60
20 nen. Ein Deutscher kann alles. Sie können, wenn Sie wol- Der war also furchtbar billig. Er war erst vier Wochen
len, einen kostenlosen Kursus mitmachen.“ Soldat und hat nichts gekostet als eine Postkarte und ein
„Hm“, machte ich. bißchen Kommißbrot. Das war einmal ein braver Soldat,
„Also gut?“ der hat sich wenigstens richtig totschießen lassen. Nun
„Nein“, sagte ich, „ich will nicht. Ich will eine höhere lag ich aber da allein und hatte Angst, und es war kalt, 65
25 Rente haben.“ und ich wollte auch stiftengehen, ja, ich wollte gerade
„Sie sind verrückt“, erwiderte er sehr freundlich und stiftengehen, da …“
milde. „Meine Zeit ist sehr kurz“, sagte der Mann und fing an,
„Ich bin nicht verrückt, kein Mensch kann mir mein nach seinem Bleistift zu suchen.
Bein ersetzen, ich darf nicht einmal mehr Zigaretten ver- „Nein, hören Sie zu“, sagte ich, „jetzt wird es erst inter- 70
30 kaufen, sie machen jetzt schon Schwierigkeiten.“ essant. Gerade als ich stiftengehen wollte, kam die Sache
Der Mann lehnte sich weit in seinen Stuhl zurück und mit dem Bein. Und weil ich ja doch liegen bleiben mußte,
schöpfte eine Menge Atem. „Mein lieber Freund“, legte dachte ich, jetzt kannst du’s auch durchgeben, und ich
er los, „Ihr Bein ist ein verflucht teures Bein. Ich sehe, dass hab’s durchgegeben, und sie hauten alle ab, schön der
Sie neunundzwanzig Jahre sind, von Herzen gesund, Reihe nach, erst die Division, dann das Regiment, dann 75
35 überhaupt vollkommen gesund, bis auf das Bein. Sie wer- das Bataillon, und so weiter, immer hübsch der Reihe
den siebzig Jahre alt. Rechnen Sie sich bitte aus, monat- nach. Eine dumme Geschichte, sie vergaßen nämlich,
lich siebzig Mark, zwölfmal im Jahr, also einundvierzig mich mitzunehmen, verstehen Sie! Sie hatten’s so eilig.
mal zwölf mal siebzig, rechnen Sie das bitte aus ohne die Wirklich eine dumme Geschichte, denn hätte ich das Bein
Zinsen, und denken Sie doch nicht, daß Ihr Bein das ein- nicht verloren, wären sie alle tot, der General, der Oberst, 80
40 zige Bein ist. Sie sind auch nicht der einzige, der wahr- der Major, immer schön der Reihe nach, und Sie brauchten
scheinlich lange leben wird. Und dann Rente erhöhen! ihnen keine Rente zu zahlen. Nun rechnen Sie mal aus,

125
Trainingsklausuren Klausur 4

was mein Bein kostet. Der General ist zweiundfünfzig, „Sie sind doch verrückt“, sagte der Mann.
der Oberst achtundvierzig und der Major fünfzig, alle „Nein“, erwiderte ich, „ich bin nicht verrückt. Leider bin
kerngesund, von Herzen und im Kopf, und sie werden bei ich von Herzen ebenso gesund wie im Kopf, und es ist
85 ihrer militärischen Lebensweise mindestens achtzig, wie schade, daß ich nicht auch zwei Minuten, bevor mir das
Hindenburg. Bitte rechnen Sie jetzt aus. Einhundertsech- mit dem Bein kam, totgeschossen wurde. Wir hätten viel 95
zig mal zwölf mal dreißig, sagen wir ruhig durchschnitt- Geld gespart.“
lich dreißig, nicht wahr? Mein Bein ist ein wahnsinnig „Nehmen Sie die Stelle an?“ fragte der Mann.
teures Bein geworden, eines der teuersten Beine, die ich „Nein“, sagte ich und ging.
90 mir denken kann, verstehen Sie?“

Klausur 4
Kasimir Edschmid: „Über den dichterischen Expressionismus“ (1957;
Auszug)
1. Geben Sie eine gegliederte Inhaltsangabe des Textes und erläutern
8 Punkte Sie die Textart genauer.
2. Analysieren Sie Edschmids Aussagen zum Expressionismus und bele-
14 Punkte gen Sie seine Aussagen mit Ihnen bekannten Werken dieser Epoche.
3. Welche sprachlichen und stilistischen Besonderheiten fallen auf?
8 Punkte Beurteilen Sie die Besonderheiten hinsichtlich Textart und Wirkung.
30 Punkte

1 Der Expressionismus hat vielerlei Ahnen, gemäß dem Sie sahen nicht.
Großen und Totalen, das seiner Idee zugrunde liegt in Sie schauten.
aller Welt, in aller Zeit. Sie photographierten nicht.
Was die Menschen heute an ihm sehen, ist fast nur das Sie hatten Gesichte.
5 Gesicht, das, was erregt, das, was epatiert. Man sieht Statt der Rakete schufen sie die dauernde Erregung. 35
nicht das Blut. Programme, leicht zu postulieren, nie aus- Statt dem Moment die Wirkung in die Zeit. Sie wiesen
zufüllen mit Kraft, verwirren das Hirn, als ob je eine Kunst nicht die glänzende Parade eines Zirkus. Sie wollten das
anders aufgefahren sei als aus der Notwendigkeit der Erlebnis, das anhält.
Zeugung. Mode, Geschäft, Sucht, Erfolg umkreisen das Vor allem gab es gegen das Atomische, Verstückte der
10 erst Verhöhnte. Impressionisten nun ein großes, umspannendes Weltge- 40
Als Propagatoren stehen die da, die in dumpfem Drang fühl.
des schaffenden Triebes zuerst Neues schufen. Als ich vor In ihm stand die Erde, das Dasein als eine große Vision.
drei Jahren, wenig bekümmert um künstlerische Dinge, Es gab Gefühle darin und Menschen. Sie sollten erfaßt
mein erstes Buch schrieb, las ich erstaunt, hier seien erst- werden im Kern und im Ursprünglichen.
15 mals expressionistische Novellen. Wort und Sinn waren Die große Musik eines Dichters sind seine Menschen. 45
mir damals neu und taub. Aber nur die Unproduktiven Sie werden ihm nur groß, wenn ihre Umgebung groß ist.
eilen mit Theorie der Sache voraus. Eintreten für sein Nicht das heroische Format, das führte nur zum Dekora-
Ding ist eine Kühnheit und eine Sache voll Anstand. Sich tiven, nein, groß in dem Sinne, daß ihr Dasein, ihr Erleben
für das Einzige erklären, Frage des bornierten Hirns. Eitel teil hat an dem großen Dasein des Himmels und des Bo-
20 ist dies ganze äußere Kämpfen um den Stil, um die Seele dens, daß ihr Herz, verschwistert allem Geschehen, 50
des Bürgers. Am Ende entscheidet lediglich die gerechte schlägt im gleichen Rhythmus wie die Welt.
und gut gerichtete Kraft. Dafür bedurfte es einer tatsächlich neuen Gestaltung
Es kamen die Künstler der neuen Bewegung. Sie gaben der künstlerischen Welt. Ein neues Weltbild mußte ge-
nicht mehr die leichte Erregung. Sie gaben nicht mehr schaffen werden, das nicht mehr teil hatte an jenem nur
25 die nackte Tatsache. Ihnen war der Moment, die Sekunde erfahrungsgemäß zu Erfassenden der Naturalisten, nicht 55
der impressionistischen Schöpfung nur ein taubes Korn mehr teil hatte an jenem zerstückelten Raum, den die
in der mahlenden Zeit. Sie waren nicht mehr unterwor- Impression gab, das vielmehr einfach sein mußte, eigent-
fen den Ideen, Nöten und persönlichen Tragödien bürger- lich, und darum schön.
lichen und kapitalistischen Denkens. Die Erde ist eine riesige Landschaft, die Gott uns gab.
30 Ihnen entfaltete das Gefühl sich maßlos. Es muß nach ihr so gesehen werden, daß sie unverbildet 60

126
Trainingsklausuren Klausur 4

zu uns kommt. Niemand zweifelt, daß das Echte nicht Schön- oder Häßlichseins. Es steigt darüber hinaus. Es 95
sein kann, was uns als äußere Realität erscheint. wird so lange gesucht in seinem eigentlichsten Wesen,
Die Realität muß von uns geschaffen werden. Der Sinn bis seine tiefere Form sich ergibt, bis das Haus aufsteht,
des Gegenstands muß erwühlt sein. Begnügt darf sich das befreit ist von dem dumpfen Zwang der falschen
65 nicht werden mit der geglaubten, gewähnten, notierten Wirklichkeit, das bis zum letzten Winkel gesondert ist
Tatsache, es muß das Bild der Welt rein und unverfälscht und gesiebt auf den Ausdruck, der auch auf Kosten seiner 100
gespiegelt werden. Das aber ist nur in uns selbst. Ähnlichkeit den letzten Charakter herausbringt, bis es
So wird der ganze Raum des expressionistischen Künst- schwebt oder einstürzt, sich reckt oder gefriert, bis
lers Vision. Er sieht nicht, er schaut. Er schildert nicht, er endlich alles erfüllt ist, das an Möglichkeiten in ihm
70 erlebt. Er gibt nicht wieder, er gestaltet. Er nimmt nicht, schläft.
er sucht. Nun gibt es nicht mehr die Kette der Tatsachen: Eine Hure ist nicht mehr ein Gegenstand, behängt und 105
Fabriken, Häuser, Krankheit, Huren, Geschrei und Hunger. bemalt mit den Dekorationen ihres Handwerks. Sie wird
Nun gibt es ihre Vision. ohne Parfüme, ohne Farben, ohne Tasche, ohne wiegende
Die Tatsachen haben Bedeutung nur so weit, als, durch Schenkel erscheinen. Aber ihr eigentliches Wesen muß
75 sie hindurchgreifend, die Hand des Künstlers nach dem aus ihr herauskommen, daß in der Einfachheit der Form
faßt, was hinter ihnen steht. doch alles gesprengt wird von den Lastern, der Liebe, der 110
Er sieht das Menschliche in den Huren, das Göttliche Gemeinheit und der Tragödie, die ihr Herz und ihr Hand-
in den Fabriken. Er wirkt die einzelne Erscheinung in das werk ausmachen. Denn die Wirklichkeit ihres mensch-
Große ein, das die Welt ausmacht. lichen Daseins ist ohne Belang. Ihr Hut, ihr Gang, ihre
80 Er gibt das tiefere Bild des Gegenstands, die Landschaft Lippe sind Surrogate. Ihr eigentliches Wesen ist damit
seiner Kunst ist die große paradiesische, die Gott ur- nicht erschöpft. Die Welt ist da. Es wäre sinnlos, sie zu 115
sprünglich schuf, die herrlicher ist, bunter und unend- wiederholen.
licher als jene, die unsere Blicke nur in empirischer Blind- Sie ist im letzten Zucken, im eigentlichsten Kern auf-
heit wahrzunehmen vermögen, die zu schildern kein Reiz zusuchen und neu zu schaffen, das ist die größte Auf-
85 wäre, in der das Tiefe, Eigentliche und im Geiste Wunder- gabe der Kunst.
bare zu suchen, aber sekündlich voll von neuen Reizen Jeder Mensch ist nicht mehr Individuum, gebunden an 120
und Offenbarungen wird. Pflicht, Moral, Gesellschaft, Familie.
Alles bekommt Beziehung zur Ewigkeit. Er wird in dieser Kunst nichts als das Erhebendste und
Der Kranke ist nicht nur der Krüppel, der leidet. Er wird Kläglichste: er wird Mensch.
90 die Krankheit selbst, das Leid der ganzen Kreatur scheint Hier liegt das Neue und Unerhörte gegen die Epochen
aus seinem Leib und bringt das Mitleid herab von dem vorher. 125
Schöpfer.
Ein Haus ist nicht mehr Gegenstand, nicht mehr nur epatiert: verblüfft, erstaunt
Stein, nur Anblick, nur ein Viereck mit Attributen des

127
Lösungen Klausur 4

■ Klausur 3 Das Gesprächsverhalten des Icherzählers


1. Bei dem Text „Mein teures Bein“ von Heinrich Böll – nüchtern und geschäftsmäßig (Z. 5–8)
handelt es sich um eine Kurzgeschichte: – ironisch reagierend (Z. 17 f., 43–45)
– kurzer epischer Text, – sagt, was er wirklich meint (Z. 24 f., 28–30, 99)
– lineare, straffe Komposition; steuert im Laufe des – den Stil des Beamten nachahmend (Z. 43–48; 50–67;
Dialogs auf eine unausweichliche Lösung zu, die auf 92–97)
Erschütterung abzielt, – setzt sich schließlich durch (Z. 50, 70)
– vom Ende her erzählt, d. h., das Bein hat der Mann
bereits verloren, als er im Amt erscheint, Sprachliche Mittel
– zusammengedrängtes Geschehen in einer unge- Der Icherzähler greift Begriffe und Satzteile aus der
wöhnlichen Situation im Leben von gewöhnlichen Rede des Beamten auf und setzt sie in einen anderen
Figuren, Zusammenhang, wodurch sie ironisch werden:
– das Geschehen enthält eine unerwartete Wendung – „nette Sache“ (Z. 14) – „nette Rente“ (Z. 52),
und eine existenzielle Bedeutung bzw. eine provo- – „von Herzen gesund“ (Z. 34) – „nicht nur von Herzen,
zierende Erkenntnis – Reaktion des Beamten: „Sie sondern leider auch im Kopf vollkommen gesund“
sind doch verrückt“, (Z. 47–49) / „leider bin ich von Herzen ebenso ge-
– Reduktion der Figuren und Schauplätze, sund wie im Kopf“ (Z. 93 f.).
– typisierte Figuren ohne Entwicklung,
– retrospektives Erzählen ohne Reflexion (Z. 50 ff.), Erzähltechnische Mittel
– das Bein als Leitmotiv, das auch die Kurzgeschichte – „Sie“ (Z. 1–4, 26): Der Beamte erscheint noch als
zusammenhält. namenlose Gruppe.
– Verzicht auf Begleitsätze (Z. 5–8): Der Erzählstil ist
1. Abschnitt (Z. 1–11): Der Handlungsort und die Figuren genauso reduziert wie das Gespräch.
werden eingeführt. Es handelt sich um einen unmittel- – Der Mensch wird zu einem „Fall“, einer Aktennotiz,
baren Einstieg in die Handlung und die Problematik die bürokratisch „erledigt“ werden soll.
durch den Icherzähler. Mit dem Hinsetzen des Icherzäh-
lers wird die eigentliche Handlung eingeleitet. 3. Aussagewert für die heutige Zeit
– Fallbeispiele aus dem Umgang mit Ämtern (Arbeits-
2. Abschnitt (Z. 12–30): Der Icherzähler und der Mann amt, Sozialamt, Ordnungsamt, Gesundheitsamt)
reden über mögliche Arbeitsmöglichkeiten, die vom oder Erfahrungen mit anderen Institutionen, in de-
Beamten nicht akzeptiert werden. nen der Mensch als „Nummer“ behandelt wird und
in denen auf die individuellen Bedürfnisse weder
3. Abschnitt (Z. 31–91): Der Beamte beginnt im Zurück- Rücksicht genommen, noch darauf eingegangen
lehnen mit seiner Beschreibung der Situation, indem wird
er die finanziellen Ansprüche des Mannes erläutert. – Unterordnung des Menschen zugunsten von Para-
Anschließend schildert der Icherzähler die Lage aus grafen und Verordnungen
seiner Sicht und führt auf, warum er ein sehr teures – Humorlosigkeit und mangelnde Flexibilität von
Bein habe. Aus seiner Argumentationskette leitet er „Paragrafenreitern“
sich die Begründung ab, das Angebot des Beamten – entseelte bürokratische Entscheidungen, die mitun-
abzulehnen. ter wenig Sinn machen und teilweise kostenintensi-
ver sind als eine alternative Entscheidung zuguns-
4. Abschnitt (Z. 92–99): Der Beamte bezieht zu den ten des Menschen
Aussagen des Mannes Stellung und lehnt sie als ver- – geistige Starrheit und wenig anpassungsfähige Ins-
rückt ab; es folgt ein nochmaliges Arbeitsangebot, das titutionen, die im Namen von Tradition und Gesetz
der Mann jedoch ablehnt, woraufhin er das Amt ver- Entscheidungen fällen
lässt.
■ Klausur 4
2. Das Gesprächsverhalten des Beamten 1. Musterlösung einer gegliederten Inhaltsangabe
– nüchtern und geschäftsmäßig (Z. 6–10, 13–16, 19–21, In dem Textauszug aus Kasimir Edschmids theoreti-
23, 32–42) schem Text „Über den dichterischen Expressionismus“
– verharmlosend und anbiedernd (Z. 26, 32, 92) liefert der Autor ein programmatisches Gerüst und
– abweisend, sich auf Formalia zurückziehend (Z. 49, einen theoretischen Entwurf für den Expressionismus.
68, 98) Der Text gliedert sich in fünf Abschnitte.
Im ersten Abschnitt, Zeile 1–10, führt der Autor kurz in
das Thema ein und weist mittels einiger Schlagwörter

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Lösungen Klausur 4

auf die wesentlichen Elemente des Expressionismus – Verwirklichen des Absoluten


hin, die er im Folgenden näher erläutert. – Vereinigung von sinnlichem und religiösem Empfin-
Im zweiten Abschnitt, Zeile 11–22, berichtet der Autor den; Ekstase ( Z. 49 ff., Z. 65 ff.); das durch Religion
über seine persönliche Begegnung mit diesem Begriff entstandene Vakuum wird durch den Expressionis-
und der Umsetzung in der Kunst. Auf diese Weise gibt mus aufgelöst
er einen Überblick über die Exegese des Expressionis- – Kritik an der Kunst des Naturalismus: gegen die
mus. In diesem Abschnitt liefert Edschmid bereits Er- Wirklichkeitsnachbildung (Z. 52 ff.)
klärungsmuster für seine weiteren Ausführungen. – Kritik am Impressionismus: gegen die Wiedergabe
Im nächsten Abschnitt, Zeile 23–44, weist der Autor auf äußerer Eindrücke (Z. 25 ff., Z. 39 ff.)
die neuen Aufgaben des expressionistischen Künstlers – die Idee als Gestalterin ihrer eigenen Wirklichkeit
hin und zählt seine neuen Betätigungsfelder und Funk- und infolgedessen Sprengung der herkömmlichen
tion auf. ästhetischen Formen (Z. 41 ff.)
Von Zeile 45–87 widmet sich der Verfasser des Textes – visionäre Kunst – Visionen vom Weltende (Z. 68 ff.)
ausschließlich den Themen des Expressionismus und und Schaffung des „neuen Menschen“ (Z. 42)
wie diese Themen im Sinne des Expressionismus be-
handelt werden sollten. Bei diesen Themenbereichen Beispiele für Edschmids Aussagen
geht es um die Gestaltung der Welt, die Art und Weise, Lyrik
wie Realität geschaffen werden soll und um die expres- Else Lasker-Schüler, „Weltflucht“
sionistische Gestaltung des Raums, der schließlich zur Georg Heym, „Der Gott der Stadt“
Vision des expressionistischen Künstlers wird. Georg Trakl, „Verfall“ und „Menschheit“
Im letzten Abschnitt wird das Verhältnis zwischen Fi- Ernst Stadler, „Irrenhaus“
guren bzw. Gegenständen einerseits und der Realität Gottfried Benn, „Kleine Aster“
andererseits beschrieben. Dabei wird deutlich, dass so- Jakob von Hoddis, „Weltende“
wohl Figuren als auch Gegenstände im expressionisti- Alfred Lichtenstein, „Die Dämmerung“
schen Kunstwerk nicht mit den üblichen Attributen
ausgestattet werden, sondern in ihren tieferen Formen Epik
gezeigt werden, sodass diese nicht mehr verfälscht dar- Kasimir Edschmid, „Der tödliche Mai“
gestellt werden. Carl Sternheim, „Vanderbilt“
Alfred Döblin, „Die Segelfahrt“
Textart Heinrich Mann, „Drei-Minuten-Roman“
Es handelt sich bei dem Text um einen Sachtext, einen
nicht fiktionalen Text, und zwar um eine theoretische Drama
Abhandlung. Oskar Kokoschka, „Mörder, Hoffnung der Frauen“
Georg Kaiser, „Die Bürger von Calais“
2. Edschmids Aussagen Walter Hasenclever, „Der Sohn“
– Aufforderung zur Revolution des Geistes und Ernst Toller, „Die Wandlung“
schließlich einer politisch-gesellschaftlichen Revo-
lution (Z. 11 ff., 27 ff.) Wenn Sie eines der Beispiele heranziehen, genügt es
– Wandlung, Erneuerung, Steigerung, Schaffung eines nicht, Autor und Titel zu benennen, sondern es sollte
neuen Menschen und Forderung nach der Welt- auch kurz aufgeführt werden, inwiefern das von Ihnen
wende (in jedem Abschnitt werden diese Forde- ausgewählte Beispiel aus der expressionistischen Lite-
rungen postuliert) ratur exemplarisch ist. Gehen Sie also auf die charak-
– Zerstörung der bestehenden Ordnung teristischen Merkmale des Textes kurz ein.
– Produktion statt Reproduktion
– die Schöpfung der Kunst als Schöpfung des Lebens 3. Sprachliche und stilistische Besonderheiten
(Z. 52 ff.) – vereinfachte Satzformen; telegrammartige Verkür-
– die Darstellung der Wirklichkeit von innen nach zung der Sätze (Z. 31 ff.)
außen statt von außen nach innen (Z. 96 ff.) – Wortballung (Z. 96 ff.)
– Kunst, die entlarvt und bloßstellt und dabei auch – Worthäufungen (Z. 46 ff.)
Neues stiftet (Z. 53) – Weglassen des Artikels, der Füllwörter oder Präpo-
– Kritik an der bürgerlichen Gesellschaft (Z. 27 ff.): sitionen (Z. 88, 93, 36)
Forderung nach Freiheit, Menschlichkeit und Teil- – kühne Wortbilder zur Darstellung des Abstrakten
nahme; Kritik an Egoismus, Partikularismus, Mate- (Z. 27, 80 f.)
rialismus, Imperialismus, Industrialisierung und – gehetztes Pathos bis hin zur gesteigerten Ekstase
Bürokratie (Z. 48 f., 69 ff., 84 ff.)

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