1.
Zur Sache
Laut der DESI Studie 2016 blieb ein Rückstand der Schulleistungen von SuS mit Deutsch als
Zweitsprache bestehen. Der größte Förderbedarf herrschte dabei im Bereich Wortschatz, der die
Grundlage für das Lernen in der Schule bildet. Im DaZ-Lehrplan in Bayern wird großer Wert auf
Wortschatzarbeit gelegt. Die Wortschatzvermittlung bietet den Schülern Wortmaterial, die sie in vielen
Lebensbereichen einsetzen können. Dadurch wird den SuS sprachliche Handlungsfähigkeit
ermöglicht.
In der Lernforschung unterscheidet man zwischen zwei Arten von Lernen: Intentionales Lernen und
inzidentielles Lernen. Das Intentionale, also die gezielte Vermittlung, wird schneller vergessen, da die
Wörter oft ohne Kontext gelernt werden. Dadurch können Transferprobleme entstehen. Das
Inzidentielle, also beim beiläufigen Erwerb, werden Wörter in einem Kontext erworben, es sind
allerdings mehrere Wiederholungen nötig (vgl. Apeltauer 2014). Untersuchungen zu traditionellen
Formen der Vermittlung in der DaZ-Didaktik zeigen, dass die Semantisierung von neuen Wörtern
durch Kontextgebundenheit erfolgen sollte. Das heißt, anhand von Gegenständen, Bildern, Texten
oder Handlungen. Dies dient der Herstellung von Assoziationen und damit verbundenen besseren
Vernetzungen im mentalen Lexikon. Erst wenn Wörter in Gesprächen oder Texten funktional
gebraucht werden, erhalten sie für Lernende Bedeutungen, und so erscheint eine Speicherung
sinnvoll. Kinder lernen Wörter, die sich auf wahrnehmbare Objekte beziehen, besonders leicht (vgl.
Elley&Collins).
Der Sprachstand der Sprachlernenden in einer DaZ-Gruppe, sind sehr unterschiedlich. Sie verstehen
viele Wörter bereits rezeptiv, d.h. sie verstehen die Wörter bereits beim Lesen oder beim Hören,
können sie jedoch noch nicht aktiv gebrauchen. Ihr aktiver Wortschatz ist demnach wesentlich
geringer. Durch die Wortschatzarbeit erhalten Sprachlerner die Möglichkeit neue Wörter zu erlernen
und diese in ihren produktiven Wortschatz aufzunehmen. Zu jedem Themenbereich in der
Wortschatzarbeit, müssen Begriffe herausgesucht werden, die beim Kind weder rezeptiv noch
produktiv erworben wurden. Ein Kind verwendet die Begriffe erst dann, wenn es beispielsweise beim
Schreiben oder in der Aussprache des Begriffes sicher ist. Diese aktive Verwendung des
Wortschatzes steht im DaZ-Unterricht im Vordergrund (vgl. Michalak 2009: 34).
2. Begründung der Sache aus der Sicht der Kinder
Das Thema Kleidung begleitet die Kinder von morgens, wenn sie sich für die Schule anziehen, bis
abends, wenn sie sich zum Schlafen umziehen. Deshalb verfügen sie bereits über große
Vorkenntnisse. Viele Wörter kennen sie bereits in ihrer Erstsprache. Die sprachlichen Vergleiche
motivieren sie, die eigene Sprache in den Unterricht miteinzubringen und zu würdigen. Durch
verschiedene sprachliche Übungen werden die Kinder zum Sprechen neuer Wörter veranlasst.
Spielerische Übungen fördern die Motivation und die aktive Nutzung des Wortschatzes. Die
Wortschatzarbeit ist von großer Bedeutung, damit die Lernenden sich immer aktiver am Unterricht
beteiligen können.
3. Einordnung der Sache
Sequenzplanung
Thema: Kleidung
1. UE: Wortschatzeinführung
2. UE: Spiele zur Verfestigung des Wortschatzes
3. UE: Interkulturelles Lernen: Landestypische Kleidung mitbringen
4. UE: Szenisches Spiel: Im Bekleidungsgeschäft
Lehrplanbezug
Lernbereich 1: Hören, Sprechen, Zuhören
1.1.2 Wortbausteine und Wörter als bedeutungstragende Einheiten wahrnehmen
„Die SuS zerlegen Wörter in Sprechsilben indem sie diese z.B. in Silben klatschen und einzeln
sprechen.“
Lernbereich 4: Sprache – Wortschatz und Strukturen entwickeln und untersuchen
4.1.1 Aktiv über altersgemäßen Wortschatz in der Zweitsprache verfügen
„Die SuS beherrschen im Unterricht erlernten Wortschatz auf dem jeweiligen individuellen
Sprachstand.“
Daraus formulierte Kompetenzerwartungen für die Stunde:
Basiskompetenzen
Die SuS…
… ertasten, beschreiben und benennen die Gegenstände.
… verwenden die Artikel der/die/das richtig.
… sind Experten für ihre Sprachen und zeigen Interesse an den Sprachen ihrer Mitschüler/-
innen.
… zerlegen die Wörter in Silben.
… beherrschen den Wortschatz „Kleidung“ sprachlich auf ihrem individuellen Niveau.
Erweiterte Kompetenzen
Die SuS…
… verwenden den Wortschatz situationsgemäß richtig.
… erweitern ihren Wortschatz im Bereich Kleidung: das Hemd, der Koffer, die Bluse, der
Gürtel, die Strumpfhose, die Sandalen, die Unterhose, das Unterhemd, die Weste.
5. Unterrichtsverlauf
Phase Unterrichtsverlauf Sozial- Medien
Arbeitsform
Begrüßung Mehrsprachige Begrüßung durch das Aufgreifen der Sitzkreis - Gefühls-
Sprachaktivierung Herkunftssprachen: karten
„Heute begrüßen wir uns auf…“ - Klammern
„Sabah-ul hayr/Günaydin/… (Name)/…“ -Wort-
SuS begrüßen sich in einer Herkunftssprache der speicher:
Mitschüler "Ich fühle mich
heute…,
Es liegen Gefühlskarten in der Mitte: weil…/Wie
SuS klammern ihre personalisierte Wäscheklammer an fühlst du dich
eine Gefühlskarte heute, …?"
SuS sprechen über ihre aktuelle Gefühlslage
Sprachliche und methodische Rituale sind von großer Bedeutung im DaZ-Unterricht. Sie strukturieren den Unterricht,
dienen den SuS als Orientierung und bieten Ihnen das Eintauchen in einen geschützten Rahmen. Die
Herkunftssprachen werden in der Begrüßung als gewünscht vermittelt, und somit gewürdigt. Durch wiederkehrende
Rituale fühlen sich die SuS in der Gruppe gut aufgehoben und festigen bestimmte Satzstrukturen, die in dieser Phase
genutzt werden. Durch den vorgegebenen Wortspeicher wird jedem Lerner eine aktive Teilnahme ermöglicht.
Sitzkreis -Koffer
Aktivierung des Ein geschlossener Koffer liegt in der Mitte EA(think) -Kleidung
Vorwissens Murmelgespräch PA(pair)
Lin: „Was denkst du was sich darin befindet?“ Sitzkreis(share)
SÄ
Sprachbegegnung: Lin: „Schließe deine Augen und greife in den Koffer. Das
Vorwissen wird erste was in deiner Hand ist, ziehst du heraus.“
geprüft Jede/r Schüler/in zieht einen Gegenstand aus dem
Sprechen Koffer und benennt ihn richtig
1
SuS sagen Gegenstände in der L1
Zielangabe Lin: „Heute üben wir gemeinsam diese Wörter.“
Bei einer Wortschatzeinführung ist die Kontextgebundenheit für Sprachlerner wichtig, um die Assoziationen (Wort -
Gegenstand) besser im mentalen Lexikon vernetzen zu können. Kinder lernen Wörter, die sich auf wahrnehmbare
Objekte beziehen, besonders leicht. Beim Thema Kleidung bietet sich das sehr praktisch an. Die SuS sollen die
Gegenstände erst mit geschlossenen Augen erfühlen, und versuchen zu versprachlichen. Die meisten haben bereits
einen Basiswortschatz zu Kleidungsstücken. In dieser Phase wird das Vorwissen geprüft. Die Lin unterstützt die SuS
den richtigen Begriff zu finden/gibt ihn ggf. bei SuS mit FH 1 vor. In dieser Phase wird die Mehrsprachigkeit
wertgeschätzt, indem freiwillige SuS Kleidungsstücke in ihrer Erstsprache benennen. Durch die Zielangabe wird eine
Zieltransparenz, für die laufende Unterrichtseinheit geschaffen.
-_Bildkarten
Orientierung Lin führt jedes Wort ein, indem sie die Bildkarten zu den - Hoola-Hoop
Wortbausteine Gegenständen legt Ringe
wahrnehmen: Um den Koffer herum liegen vier Reifen mit 1,2,3,4 Stehkreis - Silbenbögen
Wörter in Silben Silbenbögen - Gegen-
zerlegen SuS „gehen die Silben“ im Kreis und legen das stände
Kleidungsstück in den Reifen mit der
entsprechenden Anzahl von Silbenbögen.
Sprechen Verbalisierung: „Das Hemd hat eine Silbe.“
Zunächst wiederholt die Lin die Wörter und ordnet die Bildkarten den Gegenständen zu, um die Wort - Gegenstand
Assoziation der SuS zu betonen. Anschließend werden die neuen Wörter, durch die Zerlegung in Silben memoriert.
Diese Silben werden „gegangen“ um die Wortbausteine, durch die Bewegung besser wahrnehmen zu können. Dieser
Verlauf wird durch die Silbenbögen in den Hoola-Hoop Reifen visualisiert. Die SuS benennen die Silbenanzahl der
Wörter z.B. „Das Hemd hat eine Silbe“. Sie gehen einen Schritt: „Hemd.“, und legen das Hemd in den Reifen mit
einem Silbenbogen.
- Bildkarten
Transformation SuS erarbeiten die Begriffe auf ihrem individuellen Niveau: - Gegenstände
- Domino
Wortschatzarbeit: FH 1: - Wort-
Sprachspiele Differenzierte Übung mit Bildkarten und Gegenständen im Differenzierung speicher:
Hören (rezeptiv) Sitzkreis im Sitzkreis
und Lin steht als Moderator und zur Betreuung bei FH 2-3: „Was
Sprechen fehlt?“ / „Das
(produktiv) FH 2-3: Hemd fehlt.“
KIM-Spiel: GA
Ein SuS nimmt 2 Karten weg, die anderen SuS müssen FH 4: „Ich
erraten welches Wort fehlt suche das
„Was fehlt?“ > „Das Hemd fehlt.“ Hemd“ / „Ich
habe das
FH 4: Hemd“
Domino: Bild-Wort Zuordnung PA
„Ich suche das Hemd“ > „Ich habe das Hemd.“
In dieser Arbeitsphase üben die Sprachlerner die neu eingeführten Wörter auf individuellem Sprachniveau. SuS die
den FH1 haben, brauchen dringend die Moderation und Betreuung der Lin. Vier SuS mit FH 2-3 arbeiten in der
Gruppe. SuS mit FH4 arbeiten in Partnerarbeit am Domino. Solche Sprachspiele sind im DaZ-Unterricht von
Bedeutsamkeit, um den Wortschatz zu vertiefen. Um den Wortschatz aktiv nutzen zu können, sind mehrere
Wiederholungen (vgl. Apeltauer) nötig.
Sitzkreis - Gegenstände
Sicherung Sprachspiel: „Ich packe in meinen Koffer…“ - Bildkarten
Sprechen SuS legen Gegenstände in den Koffer, und wiederholen sie
(produktiv) nach der richtigen Reihenfolge.
Ritualisierter Abschiedsritual: Stehkreis
Stundenabschluss 1,2,3,4 – die Zahlen mit den Fingern zeigen
Seid ihr denn noch alle hier? – dazu in die Hände klatschen
5,6,7,8 – die Zahlen mit den Fingern zeigen
Jetzt wird aber Schluss gemacht! – dazu auf die
2
Oberschenkel patschen
9 und 10! – die Zahlen mit den Fingern zeigen
Tschüss, auf Wiederseh’n! – mit beiden Armen / Händen
winken.
Nach der Arbeitsphase, in der alle SuS den neuen Wortschatz wiederholt haben, treffen alle Niveaus zur Sicherung
zusammen. Manche SuS haben den Wortschatz weiter vertieft als Andere, aber Assoziation von Wort – Gegenstand
müsste bei allen Niveaus vorhanden sein. So ist es jetzt möglich den Wortschatz als Gemeinschaft zu sichern. Der
Stundenabschluss ist ritualisiert, und wird von den SuS zum Abschied eingefordert.
6. Literatur
1. Apeltauer, Ernst (2014): Wortschatzentwicklung und Wortschatzarbeit
2. Bayrisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (2014) (Hrsg): LehrplanPLUS
Grundschule in Bayern, München, 2. Auflage
3. Michalak, Magdalena (2009): „Wörter als unser Tor zur Welt – Die Bedeutung des mentalen
Lexikons für die Wortschatzarbeit in mehrsprachigen Klassen“. In: Deutsch als Zweitsprache
4, 34-42.
7. Anhang
Bildkarten und Domino
[Anm. d. Redaktion: die Bildkarten können aus urheberrechtlichen Gründen nicht
veröffentlicht werden und wurden gelöscht]