Die Sehne Leitfaden zur Behandlung von Sehnenpathologien,
1st Edition
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thologien-1st-edition/
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Vorwort der Herausgeber
„Die Sehne“ ist eine komplexe Struktur mit wichtiger Funktion für die Mobilität des
Menschen. Die an sie gestellten Anforderungen können nur durch herausragende bio-
mechanische Eigenschaften erfüllt werden. Mythen und Diskussionen umranken seit
jeher die optimale Behandlung der verschiedenen Sehnenpathologien.
Dieses Buch soll die spannende Diskrepanz zwischen der marginalen Stoffwech-
sellage von Sehnen mit entsprechend langsamen Regenerationsvorgängen einerseits
und den, bei adäquater Umsetzung, sehr effektiven, Evidenz-basierten Behandlungs-
strategien andererseits aufzeigen.
Dabei fliessen neben der wissenschaftlichen Aufarbeitung der aktuellen Literatur
die jahrelangen klinischen Erfahrungen der Autoren und Editoren mit ein.
Es ist von unschätzbarem Wert, diese Erfahrungen weiterzugeben, da die oft lang-
wierige Therapie Patienten und Therapeuten vor eine grosse Herausforderung stellt.
In nach anatomischen Regionen strukturierten Kapiteln werden sämtliche kon-
servative und operative Therapiemethoden der unterschiedlichen Verletzungsformen
der Sehnen behandelt und neben den wissenschaftlichen Grundlagen zahlreiche
wertvolle klinische Tipps und Tricks vermittelt.
In Anlehnung an das Standardwerk „Das Knie“ von Prof. Werner Müller soll
das Buch eine umfassende Übersicht über die Sehnenpathologien geben und ein
fundiertes Wissen der physiologischen und pathophysiologen Prozesse vermitteln.
Hierbei gilt der besondere Dank den Lehrern und Mentoren der Herausgeber, die diese
bei ihrem Interesse an einem solchen tiefgreifenden Verständnis der behandelten
Erkrankungen und insbesondere der Sehnen stimuliert haben. Insbesondere seien
hier Dr. Bernhard Segesser und Prof. Werner Müller genannt.
Christian Plaaß, Lukas Weißkopf, Anja Hirschmüller
März 2017
DOI 10.1515/9783110424027-001
Geleitwort
Warum ein Buch über Sehnen – ist doch eh alles klar. Sehnen degenerieren im Lauf der
Jahre, rupturieren spontan und ab einem gewissen Alter ist ein funktionelles Defizit
in Kauf zu nehmen. Dazu tragen die Radiologen mit ihrer MRI-Diagnostik bei, die
unbesehen der Funktion den Begriff Tendinose fast inflatorisch häufig verwenden und
damit Diagnosen zementieren, die der klinischen und funktionellen Untersuchung ei-
gentlich nicht standhalten würden. Diese leider auch heute noch oft praktizierte Hal-
tung muss auch im Bereich der Sehnentraumatologie einer differenzierten Diagnostik
und Therapie Platz machen. Dysfunktionen der Sehnen reduzieren die Lebensqualität
oft nachhaltiger als artikuläre Instabilitäten. Dabei ist es angesichts der aktuell mehr
und mehr gelenkorientierten Sporttraumatologie nötiger denn je, darauf hinzuwei-
sen, dass die funktionelle Stabilisierung der Gelenke auch bei der besten Rekonstruk-
tion des Kapsel-Bandapparats über ein intaktes muskulo-tendinöses System erfolgt.
Dabei sind die Sehnen, ihre anatomischen Führungsstrukturen und ihre Ansätze die-
jenigen Elemente, die nur durch funktionelle Untersuchung beurteilt werden können
und die wegen ihrer bradytrophen Ernährung am meisten Zeit zur Regeneration und
Qualitätsverbesserung brauchen.
Im Bereich Achillessehne durfte ich zusammen mit meinem Freund dem Biome-
chaniker Peter Brüggemann von der Sporthochschule Köln gute, wenig publizierte
praxisrelevante Forschung machen, die ich meinem besten Schüler Lukas Weisskopf
weitergeben durfte, der wie die anderen Herausgeber vom Virus „Sehne“ befallen ist
und die zusammen in diesem Buch Ihre praktische Erfahrung und Hintergründe der
Behandlung von Sehnenerkrankungen beweisen.
Bernhard Segesser
DOI 10.1515/9783110424027-002
Inhalt
Vorwort der Herausgeber | VII
Geleitwort | VIII
Autorenverzeichnis | XI
1 Grundlagen der Sehnenphysiologie | 1
1.1 Sehnenphysiologie | 1
1.2 Sehnenpathologie | 6
2 Bildgebung bei Sehnenpathologien | 29
2.1 Konventionelle Röntgendiagnostik | 29
2.2 Ultraschall | 30
2.3 Magnetresonanztomographie | 33
3 Grundlagen aktueller konservativer Therapieansätze an der Sehne | 40
3.1 Aspekte aktueller Rehabilitationskonzeptionen | 40
3.2 Exzentrisches Training und neue Belastungsmodelle | 47
3.3 Stoßwellentherapie | 55
3.4 Grundlagen aktueller Therapieansätze an der Sehne –
Wachstumsfaktoren und PRP | 62
3.5 Sklerosierungstherapie bei Tendinopathien | 67
3.6 Nutrition und Sehne | 71
4 Schulter | 84
4.1 Sehnenprobleme der Rotatorenmanschette | 84
4.2 Probleme der langen Bizepssehne | 93
4.3 Pectoralsehnenprobleme | 100
5 Ellenbogen | 110
5.1 Epicondylitis humeri radialis | 110
5.2 Epicondylitis humeri ulnaris | 120
5.3 Trizepssehne | 129
6 Hand | 140
6.1 Beugesehnenpathologien | 140
6.2 Strecksehnenpathologien | 146
X | Inhalt
7 Rumpf und Becken | 152
7.1 Ansatzprobleme der Glutealmuskulatur | 152
7.2 Tractusbeschwerden Hüfte | 158
7.3 Adduktorenprobleme | 160
8 Knie | 168
8.1 Tractusbeschwerden Knie | 168
8.2 Kniestreckapparat mit Pathologien der Quadrizepssehnenanteile und
der Patellasehne | 170
8.3 Hamstrings und Bizepssehne | 184
9 Achillessehne | 190
9.1 Funktionelle Anatomie der Achillessehne | 190
9.2 Achillessehnenruptur | 197
9.3 Chronische Achillessehnenrupturen | 214
9.4 Midportion-Tendinopathie der Achillessehne | 224
9.5 Ansatztendinopathien der Achillessehne | 230
10 Fuß | 251
10.1 Plantarfasziitis | 251
10.2 Tibialis-anterior-Sehnenpathologien | 257
10.3 Peronealsehnen | 264
10.4 Tibialis-posterior-Sehnenpathologien | 273
10.5 Erkrankungen der Flexor-hallucis-longus- und
Flexor-digitorum-longus-Sehnen | 286
11 Apophysitiden – Sehnenprobleme am wachsenden Skelett | 298
11.1 Apophysitiden & Avulsionsfrakturen Becken | 299
11.2 Morbus-Osgood-Schlatter/Morbus-Sinding-Larson-Johansson | 304
11.3 Apophysitis calcanei – Morbus Sever | 307
Stichwortverzeichnis | 313
Autorenverzeichnis
PD Dr. Christoph Becher Klaus Eder
HKF – Internationales Zentrum für Hüft-, Knie EDEN REHA
und Fußchirurgie Zentrum für Physiotherapie und Rehabilitation
ATOS Klinik Heidelberg Lessingstraße 39–41
Bismarckstraße 9–15 93093 Donaustauf
69115 Heidelberg E-Mail:
[email protected]E-Mail:
[email protected] Prof. Dr. Martin Engelhardt
Dr. Carlo Camathias Klinikum Osnabrück GmbH
Klinik für Orthopädie des Orthopädische Klinik
Universitätskinderspitals beider Basel Am Finkenhügel 1
Spitalstrasse 33 49076 Osnabrück
4056 Basel, Schweiz E-Mail:
[email protected]E-Mail:
[email protected] Dr. Mehmet Eroğlu
Prof. Jill Cook, PhD Afyonkarahisar University
La Trobe University Faculty of Medicine
La Trobe Sports and Exercise Medicine Research Department of Orthopaedics and Traumatology
Centre Afyon, Türkei
Melbourne (Bundoora), Victoria, Austrialien
E-Mail:
[email protected] Dr. Marco Ezechieli
Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und
Dr. Nikolaus Császár Sporttraumatologie
Ludwig-Maximilians-Universität München St. Josefs Krankenhaus
Anatomische Anstalt Dr.- Krismann-Str. 12
Pettenkoferstraße 11 33154 Salzkotten
80337 München E-Mail:
[email protected]E-Mail:
[email protected] Dr. Dr. Andreas Först, M.D.O.
Praxis für Chirurgie, Orthopädie und
Sean Docking Osteopathie
La Trobe University Industriestraße 15
La Trobe Sports and Exercise Medicine Research 96114 Hirschaid
Centre E-Mail:
[email protected]Melbourne (Bundoora), Victoria, Australien
E-Mail:
[email protected] PD Dr. Renée Andrea Fuhrmann
Klinik für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie
Dr. Mahmut Nedim Doral Salzburger Leite 1
Hacettepe University 97616 Bad Neustadt a.d. Saale
Medical School E-Mail: reneeandrea.fuhrmann@fusschirurgie-
Chair and Department of Orthopaedics and bad-neustadt.de
Traumatology
6100 Sıhhiye-Ankara, Türkei
E-Mail:
[email protected]XII | Autorenverzeichnis
PD Dr. Ariane Gerber Popp PD Dr. Dr. Max J. Kääb
Kantonsspital Baselland, Standort Liestal Sporthopaedicum
Mühlemattstrasse 26 Bahnhofplatz 27
4410 Liestal, Schweiz 94315 Straubing
E-Mail:
[email protected] E-Mail:
[email protected]Dr. Andreas Gösele-Koppenburg Prof. Dr. Karsten Knobloch
Crossklinik Sportpraxis
Swiss Olympic Medical Center Heiligerstraße 3
Bundesstrasse 1 30159 Hannover
4009 Basel, Schweiz E-Mail:
[email protected]E-Mail:
[email protected] PD Dr. Markus Knupp
Dr. Michael Hackl Mein Fusszentrum
Uniklinik Köln Eichenstrasse 31
Klinik und Poliklinik für Orthopädie und CH-4054 Basel, Schweiz
Unfallchirurgie E-Mail:
[email protected]Kerpener Str. 62
50937 Köln PD Dr. Fabian Krause
E-Mail:
[email protected] Inselspital Bern
Universitätsklinik für Orthopädische Chirurgie
Dr. Patricia Heisterbach und Traumatologie
Universitätsspital Basel Freiburgstrasse 4
Spitalstrasse 21 / Petersgraben 4 3010 Bern, Schweiz
4031 Basel, Schweiz E-Mail:
[email protected]E-Mail:
[email protected] Dr. Tim Leschinger
PD Dr. Anja Hirschmüller Uniklinik Köln
ALTIUS Swiss Sportmed Center Klinik und Poliklinik für Orthopädie und
Habich-Dietschy-Strasse 5a Unfallchirurgie
4310 Rheinfelden,Schweiz Kerpener Str. 62
E-Mail:
[email protected] 50937 Köln
E-Mail:
[email protected]Helmut Hoffmann
EDEN REHA PD Dr. Martin Majewski
Zentrum für Physiotherapie und Rehabilitation Spital Oberengardin / Universitätsspital Basel
Lessingstraße 39–41 Orthopädie
93093 Donaustauf Via Nouva 3
E-Mail:
[email protected] 7503 Samedan, Schweiz
E-Mail:
[email protected]Dr. Gazi Huri
Hacettepe University Dr. med. Sebastian A. Müller
Faculty of Medicine Oberarzt Orthopädie und Traumatologie
Department of Orthopaedics and Traumatology Schulter- und Ellenbogenchirurgie
Ankara, Türkei Universitätsspital Basel
Spitalstrasse 21
CH-4031 Basel
E-Mail:
[email protected] Autorenverzeichnis | XIII
PD Dr. Andreas Marc Müller Dr. Ebonie Kendra Rio
Universitätsspital Basel La Trobe University
Klinik für Orthopädie und Traumatologie La Trobe Sports and Exercise Medicine Research
Spitalstr. 21 Centre
4031 Basel, Schweiz Melbourne (Bundoora), Victoria, Australien
E-Mail:
[email protected] E-Mail:
[email protected]Univ.-Prof. Dr. Lars P. Müller Mathias Ritsch
Uniklinik Köln Praxis für Sportorthopädie, Orthopädie und
Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Rosenheim
Unfallchirurgie Salinstraße 11
Kerpener Str. 62 83022 Rosenheim
50937 Köln E-Mail:
[email protected]E-Mail:
[email protected] PD Dr. Claudio Rosso
Prof. Dr. Sven Ostermeier ARTHRO Medics
Gelenk-Klinik shoulder and elbow center
Alte Bundesstraße 29 Thannerstrasse 45
79794 Gundelfingen 4054 Basel, Schweiz
E-Mail:
[email protected] E-Mail:
[email protected]Dr. Christian Plaaß Dr. Mustafa Fevzi Sargon
Orthopädische Klinik der Medizinischen Hacettepe University
Hochschule Hannover im DIAKOVERE Annastift Faculty of Medicine
Abteilung für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie Department of Orthopaedics and Traumatology
Anna-von-Borries-Straße 1–7 Ankara, Türkei
30625 Hannover
E-Mail:
[email protected] Univ. Prof. Dr. Christoph Schmitz
Ludwig-Maximilians-Universität München
Prof. Dr. Andreas Platz Anatomische Anstalt
Stadtspital Triemli Pettenkoferstraße 11
Klinik für Unfallchirurgie 80336 München
Birmensdorferstrasse 497 E-Mail:
8063 Zürich, Schweiz
[email protected]E-Mail:
[email protected] PD Dr. Andreas Schweizer
Dr. Christian Ries Universitätsklinik Balgrist
Uniklinik Köln Forchstrasse 340
Klinik und Poliklinik für Orthopädie und 8008 Zürich, Schweiz
Unfallchirurgie E-Mail:
[email protected]Kerpener Str. 62
50937 Köln Dr. Bernhard Segesser
E-Mail:
[email protected] Achilles-Consult GmbH
Im Kleeacker 2
4108 Witterswil, Schweiz
E-Mail:
[email protected]XIV | Autorenverzeichnis
Prof. Dr. Christina Stukenborg-Colsman Prof. Dr. Markus Walther
Orthopädische Klinik der Medizinischen Schön Klinik München Harlaching
Hochschule Hannover im DIAKOVERE Annastift Harlachinger Straße 51
Abteilung für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie 81574 München
Anna-von-Borries-Straße 1–7 E-Mail:
[email protected]30625 Hannover
E-Mail: PD Dr. Kilian Wegmann
[email protected] Uniklinik Köln
Klinik und Poliklinik für Orthopädie und
Dr. Thomas Suter Unfallchirurgie
Kantonsspital Baselland, Standort Liestal Kerpener Str. 62
Mühlemattstrasse 26 50937 Köln
4410 Liestal, Schweiz E-Mail:
[email protected]E-Mail:
[email protected] Dr. Frank Weinert
Prof. Dr. Hajo Thermann Frontenhausener Straße 20
ATOS Klinik Heidelberg 84140 Gangkofen
Zentrum für Hüft-, Knie- und Fußchirurgie E-Mail:
[email protected]Bismarckstraße 9–15
69115 Heidelberg Dr. Lukas Weisskopf
E-Mail:
[email protected] ALTIUS Swiss Sportmed Center
Habich-Dietschy-Strasse 5a
Dr. Atanas Todorov 4310 Rheinfelden, Schweiz
Universitätsspital Basel E-Mail:
[email protected]Abteilung Biomedizin
Hebelstrasse 20 Felix Zimmermann
E-Mail:
[email protected] ALTIUS Swiss Sportmed Center
Habich-Dietschy-Strasse 5a
PD Dr. Siegfried Trattnig 4310 Rheinfelden, Schweiz
Medizinische Universität Wien E-Mail:
[email protected]Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien
Lazarettgasse 14 S. Zwyssig
1090 Wien, Österreich Spital Oberengardin / Universitätsspital Basel
E-Mail:
[email protected] Orthopädie
Via Nouva 3
Dr. Egemen Turhan 7503 Samedan, Schweiz
Hacettepe University
Faculty of Medicine
Department of Orthopaedics and Traumatology
Ankara, Türkei
1 Grundlagen der Sehnenphysiologie
Anja Hirschmüller
1.1 Sehnenphysiologie
Das zunehmende Wissen um die Relevanz körperlicher Aktivität und die daraus
resultierende steigende sportliche Betätigung der Bevölkerung haben in den letzten
drei Jahrzehnten zu einer deutlichen Zunahme muskuloskelettaler Beschwerden
geführt [1]. Dies betrifft sowohl die arbeitende Allgemeinbevölkerung als auch den
Freizeit- und Leistungssport. Sehnenerkrankungen spielen dabei eine übergeordnete
Rolle, da sie oft große Auswirkungen auf die Lebensqualität und das Wohlbefinden ha-
ben und die Trainings- und Wettkampffähigkeit von Athleten erheblich einschränken
können. Häufig ist eine längere Behandlungsdauer erforderlich, um eine vollständige
Ausheilung zu erreichen.
Sowohl klinisch tätige Ärzte als auch Wissenschaftler zeigten daher in den letzten
vier Jahrzehnten ein wachsendes Interesse an Sehnenpathologien [2]. Dies spiegelt
sich unter anderem in stetig ansteigenden Publikationszahlen wider. Wurden im Jahr
1966 ca. 250 Publikationen zum Themenkomplex „Sehne“ veröffentlicht, so waren
dies 2015 bereits knapp 3500 (Pubmed-Medline „tendon“, vgl. Abb. 1.1).
4000
3500
Anzahl der Publikationen
3000
2500
2000
1500
1000
500
0
99
97
95
93
91
89
87
85
83
81
79
77
75
73
71
69
67
65
15
13
20 1
09
07
20 5
03
01
1
0
20
20
19
20
19
19
20
19
19
19
19
19
20
19
19
19
19
20
19
19
19
19
19
19
Abb. 1.1: Anzahl der Pubmed-gelisteten Publikationen zum Themenkomplex Sehne (tendon).
Während Sehnen klassisch als schlecht durchblutetes, bradytrophes Gewebe galten,
wurden dabei zunehmend ihre hohe Anpassungsfähigkeit an körperliche Belastung
und ihre herausragenden Gewebeeigenschaften erkannt, die sie zugleich hoch wider-
standsfähig und elastisch machen [2, 3]. Durch ihre besondere Fähigkeit zur Spei-
cherung und Freisetzung von Bewegungsenergie spielen sie eine entscheidende Rolle
DOI 10.1515/9783110424027-003
2 | 1 Grundlagen der Sehnenphysiologie
für die Fortbewegung und die körperliche Leistungsfähigkeit. Ihre Funktion bei der
präzisen Einstellung von Gelenkbewegungen liefert außerdem die Grundlage für jede
Form der Feinmotorik. Im folgenden ersten Kapitel werden zunächst die anatomi-
schen, physiologischen und biomechanischen Grundlagen aufgearbeitet, gefolgt von
der Darstellung der Pathophysiologie und der Bildgebung.
1.1.1 Anatomie und Physiologie
Die Hauptaufgabe der Sehnen besteht darin, Spannungen, die bei der Muskelkon-
traktion entstehen, auf die Knochenoberfläche zu übertragen [4]. Dadurch ermögli-
chen sie die Fortbewegung sowie die Einnahme und Aufrechterhaltung verschiedens-
ter Körperpositionen [5].
Sehnen weisen eine sehr hohe Zugfestigkeit mit einem Elastizitätsmodul von etwa
200 mPa auf [6]. Dieses Elastizitätsmodul ist immer noch etwa 10 × geringer als das des
Knochens, so dass der Sehnenansatz als Übergang von weichem zu hartem Gewebe
eine komplexe Struktur erfordert [7]. Diese sogenannte Enthese sichert den Sehnen-
Knochen-Übergang, indem sie die einwirkende Energie verteilt und mechanische Spit-
zenbelastungen abfängt [5].
Anhand ihrer Struktur und ihres Vorkommens lassen sich zwei Arten von Enthe-
sen unterscheiden: eine fibröse und eine fibrokartilaginäre Form. Fibröse Enthesen
bestehen aus dichtem Bindegewebe und bilden die Endstrecke von Zugsehnen an den
Meta- und Diaphysen der langen Röhrenknochen. Hier finden sich unter anderem
die sog. Sharpey’schen Fasern, die als mineralisierte Kollagenfasern ins Periost ein-
strahlen und den Sehnenansatz verstärken [8]. Ein typisches Beispiel einer fibrösen
Enthese ist die Insertion der Adduktoren am Femur.
Fibrokartilaginäre Enthesen kommen typischerweise an den Apo- und Epiphysen
der langen Röhrenknochen vor und besitzen eine Übergangszone aus Faserknorpel.
Die fibrokartilaginären Enthesen sind aus vier Zonen aufgebaut: der Sehne, einer Zone
aus nichtkalzifiziertem Faserknorpel, einer Zone aus kalzifiziertem Faserknorpel und
dem Knochen [8]. Der komplexe fibrokartilaginäre Aufbau wird als Ausdruck der Ad-
aptation an lokale Scher- und Druckbeanspruchungen verstanden, gewährleistet eine
dosierte Kraftübertragung und schützt Knochen und Sehne vor dem Abreißen [9–11].
Insgesamt werden die Enthesen heute zunehmend aus funktioneller Sicht betrachtet,
was sich im Begriff des „Enthesenorgans“ widerspiegelt. So finden sich oft weitere
Strukturen, die zu einer Belastungsreduktion beitragen, wie beispielsweise an der
Achillessehneninsertion, wo zusätzlich zum Faserknorpel des Sehnenansatzes eine
Faserknorpelschicht auf der Knochenoberfläche sowie Faserknorpel auf der ventra-
len Sehnenoberfläche gefunden werden können (sog. „periostaler“ und „sesamoider“
Faserknorpel). Auch die Bursa subachillea und der subachilläre Fettkörper sind funk-
tionell in die Achillessehnenenthese mit einbezogen.
1.1 Sehnenphysiologie | 3
Anatomisch werden außerdem sog. Gleitsehnen von Zugsehnen unterschieden.
Während die Zugrichtung bei Zugsehnen in die Wirkungsrichtung des zugehörigen
Muskels verläuft, werden die Kräfte bei Gleitsehnen oft ähnlich wie bei einem Kranseil
um die Ecke übertragen. Dies geschieht, indem sich Muskelbauch und Gelenk vonein-
ander entfernen und Knochenvorsprünge als Hypomochlion genutzt werden [5, 10].
Sehnen mehrgelenkiger Muskeln, die hohen Reibungskräften ausgesetzt sind, werden
häufig von Sehnenscheiden umgeben. Diese Sehnenscheiden bestehen – ähnlich wie
Gelenkkapseln und Schleimbeutel – aus einer äußeren Bindegewebsschicht (Stratum
fibrosum) und einer inneren Synovialschicht (Stratum syoviale) und sind mit Synovi-
alflüssigkeit gefüllt, um die Reibung zu reduzieren.
Strukturell gesehen sind Sehnen Composite-Material mit einem außergewöhnli-
chen Aufbau, der dieses Gewebe mit exzellenten mechanischen Qualitäten ausstat-
tet. Gesunde Sehnen bestehen hauptsächlich aus faserreichem Bindegewebe, in das
einzelne Sehnenzellen eingelagert sind. Kollagen – das am häufigsten vorhandene
Protein (80 % der Trockenmasse) – bildet dabei die Basis für den hierarchischen Seh-
nenaufbau [12, 13]
Die Sehnenzellen (Tenozyten) sind in länglichen Reihen zwischen den Kollagen-
fasern angeordnet und werden aufgrund ihres typischen Aussehens klassischerweise
als „Flügelzellen“ bezeichnet. Sie kommunizieren untereinander über Gap Junctions,
durch die Ionen und Moleküle ungehindert diffundieren können [14, 15].
Die umgebende extrazelluläre Matrix besteht hauptsächlich aus Wasser (~ 70 %)
und Typ-I-Kollagen (~ 30 %) sowie aus etwas Grundsubstanz und Elastin. Innerhalb
der extrazellulären Matrix sorgen die dichten, hierarchisch angeordneten Kollagenfa-
sern für die hohe Widerstandskraft von Sehnen. Dies ist hauptsächlich den Anordnun-
gen des Tropokollagens zuzuschreiben, welches aus Aminosäurensequenzen von Gly-
cin, Prolin und Hydroxyprolin besteht. Drei linksdrehende Alpha-Helices bilden eine
rechtsdrehende Helix [5, 12]. Verbindende Crosslinks zwischen den Aminosäureketten
erhöhen die Stabilität. Die stabförmigen Tropocollagenmoleküle sind etwa 300 nm
lang und so versetzt aufgebaut, dass sie eine überlappende Länge von 67 nm aufwei-
sen, die sog. D-Periode. So entstehen Mikrofibrillen, die sich dann zu Kollagenfasern
vereinigen (Abb. 1.2). Diese haben einen Durchmesser von 1–50 μm und sind somit
bereits im Lichtmikroskop erkennbar [16]. Mehrere Fasern lagern sich hierarchisch zu
immer größeren Einheiten (Faszikeln) zusammen, die von einer Bindegewebsschicht,
dem Endotenon, umgeben sind. Das Endotenon führt Blutgefäße und Nerven und er-
möglicht ein reibungsarmes Gleiten der einzelnen Faszikel gegeneinander. Wiederum
mehrere Faszikel zusammen bilden dann die Sehne, die von Epitenon eingeschlossen
wird. Wenn Faszikel oder Sehnen gegeneinander gleiten, reduzieren Epitenon und En-
dotenon die Reibung und ermöglichen eine strukturelle Adaptation an Kompressions-
und Scherkräfte [5, 14].
Die Grundsubstanz besteht hauptsächlich aus hochvernetzten Proteoglykanen,
die extrazelluläre Flüssigkeit binden und eine gelartige Matrix bilden, welche die
Stabilität der Kollagenfasern erhöht [5, 17] Obwohl der Elastingehalt der Sehne
4 | 1 Grundlagen der Sehnenphysiologie
Sehne
Faszikel
Faser
Subfibrille Fibrille
Tropokollagen
fibrilläre Kräuselung Faserkräuselung
1,5 nm 10–20 nm 20–150 nm 10–50 µm 50–500 µm 500–5000 µm
Elektronenmikroskop MRT
Histologie und
und Raster-
Multi-Photonen-Raster-
elektronenmikroskop
elektronenmikroskop
Abb. 1.2: Hierarchischer Sehnenaufbau von Nanometer zu Zentimeter mit Angabe zur Darstellbarkeit
mit bildgebenden Verfahren modifiziert nach [12].
nur minimal ist, steigert dieser die Elastizität der Gesamtstruktur entscheidend.
So erreichen die Sehnen ihre sehr hohe Zugfestigkeit [6]. Die Widerstandsfähigkeit
gegen Druckkräfte fällt wesentlich geringer aus, da die typische Form der Sehne bei
Kompression verloren geht [7, 12].
1.1.2 Biomechanik
Die im entspannten Zustand wellenförmige Anordnung der Kollagenfasern wird als
wichtigster Faktor für die biomechanischen Eigenschaften der Sehne angesehen [18]
(s. Abb. 1.4). Als viskoelastisches Gewebe verhalten sich Sehnen nichtlinear-elastisch.
Das Elastizitätsmodul, welches aus dem Anstieg der Spannungs-Dehnungs-Kurve er-
rechnet werden kann, ist dabei maßgebend für die viskoelastischen Eigenschaften
(Abb. 1.3). Am Anfang einer Belastung ist die Spannungszunahme im Vergleich zur
Längenänderung der Sehne gering, was der initialen Streckung der Kollagenfasern
zugeschrieben wird. Ab etwa 2 % Längsdehnung haben die Kollagenfasern ihre wel-
lenförmige Anordnung verloren, und es beginnt ein linearer Anstieg von Dehnung
und Spannung. Bei hohen Kräften ändert sich die Sehnenlänge wegen ihrer hohen
Steifigkeit nur noch gering. Die Kurve flacht durch das schrittweise Versagen dann
immer weiter bis hin zur vollständigen Ruptur ab. Die maximale Längendehnung der
Sehne wird mit 8–10 % angegeben [19, 20]. Die Angaben zur maximalen Zugfestigkeit
variieren je nach Lokalisation und Testverfahren zwischen 34 und 46 N/mm2 für den
faserknorpeligen und 60 bis 120 N/mm2 für den parallelfaserigen Bereich [21].
Die plastische Deformation von Sehnen ist gering, was bedeutet, dass sie nach
Ablauf eines physiologischen Belastungszyklus erneut ihre Ausgangslängen einneh-
men und die bei Belastung aufgewendete Verformungsenergie bei Entlastung nahezu