Eidgenössisches Finanzdepartement
Staatssekretariat für internationale Finanzfragen SIF
Bundesgasse 3
3011 Bern
Zürich, 27. September 2024
GBO/Tel: 058 330 63 44
Stellungnahme zur Vernehmlassung zum neuen Bundesgesetz über den internationalen automati-
schen Informationsaustausch betreffend Lohndaten
Sehr geehrte Damen und Herren
Wir beziehen uns auf oben genannte Vernehmlassung und danken Ihnen für die Möglichkeit zur Stellung-
nahme.
Wir begrüssen die Entwicklungen in Bezug auf die Flexibilisierung der grenzüberschreitenden Telearbeit,
insbesondere mit Frankreich und Italien. Den Entwurf des Gesetzes über die Besteuerung von Telearbeit im
internationalen Verhältnis sehen wir ebenfalls als ein notwendiges Dispositiv in diesem Zusammenhang.
Zum Vorentwurf des Bundesgesetzes über den internationalen automatischen Informationsaustausch betref-
fend Lohndaten (VE-AIALG), möchten wir jedoch die unterstehenden Punkte deponieren.
1. Die Pflichten des Arbeitgebers gemäss Art. 3 VE-AIALG sind in Bezug auf Fristen und Meldefor-
mat zu vereinheitlichen
Gemäss Art. 3 VE-AIALG muss der Arbeitgeber jährlich die Informationen betreffend Lohndaten gemäss Art.
129 Abs. 1 Bst. e DBG an die kantonale Steuerbehörde übermitteln. Gemäss dem Erläuterungsbericht kön-
nen die Kantone festlegen, innerhalb welcher Frist und auf welche Weise die Arbeitgeber die Informationen
übermitteln müssen.
Die Fristen und das Meldeformat sollten einheitlich ausgestaltet und vorgegeben sein. Insbesondere ein
schweizweit geltendes Formular bzw. eine gemeinsame Meldeplattform würden vermeiden, dass unter-
schiedliche kantonale Verfahren und Praxen entstehen. Für Arbeitgeber, die in mehreren Kantonen tätig
sind, ist mit einer Vereinheitlichung der Fristen und einem elektronischen Meldeformat der administrative
Aufwand zu verringern.
Schweizerische Bankiervereinigung
Association suisse des banquiers Aeschenplatz 7
Associazione Svizzera dei Banchieri Postfach 4182 [email protected]
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2. Die Strafandrohung der Fahrlässigkeit für die fahrlässige Verletzung der Pflichten des Arbeitge-
bers gemäss Art. 19 Abs. 1 VE-AIALG ist ersatzlos zu streichen.
Gemäss Art. 19 VE-AIALG sollen Verletzungen der Pflicht des Arbeitgebers auch dann mit einer Busse be-
straft werden können, wenn sie fahrlässig erfolgen. Die Ausdehnung der Strafbarkeit auf Fahrlässigkeit wird
seitens SBVg klar abgelehnt. Heute kennen die Finanzinstitute aus der Gesetzgebung zur Bekämpfung der
Geldwäscherei bereits die Strafbarkeit der fahrlässigen Verletzung von Melde- und Sorgfaltspflichten. Im Ge-
schäftsalltag der Banken sorgt dies für viele Praxisprobleme. Die Verfolgung von Bankmitarbeitenden auf-
grund fahrlässiger Tatbestände verursacht Verunsicherung und Rechtsunsicherheiten, die allgemein und
vorliegend dem Ziel des VE-AIALG nicht zweckdienlich sind.
Im Kontext des VE-AIALG ist der Arbeitgeber für die korrekte Erfüllung seiner Pflichten auf korrekte Informa-
tionen des Arbeitnehmenden angewiesen. Die Beurteilung der Fahrlässigkeit würde immer die Frage aufwer-
fen, ob sich der zuständige Mitarbeitende (z.B. der Finanzabteilung oder HR) der Unrichtigkeit der in seinem
Besitz befindlichen Informationen bewusst sein musste. Dies würde zu wesentlicher Rechtsunsicherheit füh-
ren. Gemäss dem Erläuterungsbericht ergibt sich zwar aus Art. 5 Abs. 3 der Verordnung des EFD über die
Quellensteuer bei der direkten Bundessteuer sinngemäss eine Pflicht der Arbeitnehmenden, ihren Arbeitge-
bern massgebende Änderungen (z.B. Adress- oder Namensänderung) zu melden. Ein allfälliges Versäumnis
des Arbeitnehmenden darf jedoch nicht, infolge Fahrlässigkeit, zu einem strafwürdigen Verhalten des Arbeit-
gebers führen.
Strafrecht ist als ultima ratio zu verstehen und Fahrlässigkeitsstraftatbestände sollten nur mit äusserster Zu-
rückhaltung geschaffen werden; Sie müssen sich auf die höchsten Rechtsgüter wie z.B. Leib und Leben be-
schränken. Im Arbeitsbereich würde, falls der Arbeitnehmende versäumt, die ihn betreffenden Änderungen
zu aktualisieren, die Nichtanpassung beim Arbeitgeber zu strafrechtlichen Konsequenzen beim zuständigen
Mitarbeitenden führen und dessen berufliche sowie gesellschaftliche Existenz gefährden.
Wir rufen in Erinnerung, dass wir auch in den nachfolgend aufgeführten Vernehmlassungen argumentiert
haben, dass die Fahrlässigkeit nicht zu bestrafen ist:
Vernehmlassung über das Addendum zur AIA-Vereinbarung Finanzkonten und die AIA-Vereinbarung
Kryptowerte sowie die Änderung des Bundesgesetzes und der Verordnung über den internationalen AIA in
Steuersachen (AIAG und AIAV) (6. September 2024);
Vernehmlassung zum Gesetz über die Transparenz juristischer Personen (TJPG) (5. Dezember 2023);
Stellungnahme zur Vernehmlassung 18.489 N PA. IV. VOGT / Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG) (6.
September 2022).
Als positives Beispiel, ist Art. 89 ff. FIDLEG zu erwähnen, welcher ausschliesslich die vorsätzliche Verlet-
zung der Verhaltensregeln bestraft.
Schliesslich empfehlen wir den Begriff «Rückfall» in Art. 19 Abs. 2 VE-AIALG durch den Begriff «Wiederho-
lungsfall» zu ersetzen, welcher der Übersetzung des Begriffs «récidive» im französischen Text besser ent-
spricht.
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3. Art. 9 VE-AIALG zur Informationspflicht gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
ist ersatzlos zu streichen
Gemäss dem Erläuterungsbericht zu Art. 9 VE-AIALG werden die dem Partnerstaat zu übermittelnden Infor-
mationen vom Arbeitgeber bereitgestellt, weshalb dieser dafür verantwortlich ist, die betroffenen Arbeitneh-
menden über die in Artikel 9 Buchstaben a–d VE-AIALG genannten Dokumente und Auskünfte zu informie-
ren.
Diese Begründung überzeugt nicht. Aus Art. 19 Abs. 2 lit. b DSG ergibt sich grundsätzlich eine Pflicht für den
Arbeitgeber, den Arbeitnehmenden über den Bearbeitungszweck seiner Daten zu informieren. Gemäss Art.
20 Abs. 1 lit. b DSG entfällt aber gerade die Informationspflicht von Art. 19, wenn die Bearbeitung der Daten
gesetzlich vorgesehen ist. Zu diesem in der Praxis breit verbreiteten Ausnahmefall gehören im Arbeitsver-
hältnis typischerweise Daten mit Blick auf Lohnzahlung, Zeugniserstellung durch den Arbeitgeber, und
steuer- sowie sozialversicherungsrechtliche Abrechnungspflichten.
Die Informationspflichten von Art. 9 VE-AIALG sind daher unnötig und damit zu streichen.
4. Einzige Ansprechstelle für die Arbeitgeber
Nach den Bestimmungen der anwendbaren Steuergesetze ist es in erster Linie Sache der Arbeitgeber, den
kantonalen Steuerbehörden die Lohndaten zu übermitteln, die an den anderen Partnerstaat weitergeleitet
werden müssen. Art. 16 VE-AIALG sieht vor, dass der Arbeitgeber auch der Eidgenössischen Steuerverwal-
tung (ESTV) Auskunft erteilen muss, jedoch nur auf deren Verlangen. Mit dieser Bestimmung sollen gegebe-
nenfalls Mängel in der Zusammenarbeit zwischen einem Arbeitgeber und der kantonalen Steuerbehörde be-
hoben werden, damit die Schweiz ihre internationalen Verpflichtungen im Bereich des Informationsaus-
tauschs betreffend Lohndaten erfüllen kann. Wir würden es begrüssen, wenn der Arbeitgeber eine einzige
Ansprechstelle (Bund oder Kanton) hätte, welcher er die erforderlichen Unterlagen einreichen und Auskunft
geben muss. Kanton und Bund könnten untereinander ausmachen, wie deren gegenseitiger Informations-
fluss zu erfolgen hat.
Im Übrigen verweisen wir auf die Stellungnahme von Arbeitgeber Banken.
Wir danken Ihnen für die Kenntnisnahme. Bei Fragen stehen wir Ihnen selbstverständlich jederzeit gerne zur
Verfügung.
Freundliche Grüsse
Schweizerische Bankiervereinigung
Dr Jan Weissbrodt Dr Gabriel Bourquin
Member of Senior Management Member of Senior Management
Head of Tax Senior Tax Analyst & Head Romandie
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