Barz, I. (2000), Praxis - Und Integrationsfelder Der Wortbildungsforschung
Barz, I. (2000), Praxis - Und Integrationsfelder Der Wortbildungsforschung
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Herausgegeben von
IRMI-IILD BARZ
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MARIANNE SCI-IRODER
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Universitätsverlag
C.WlNTER
Heidelberg
Die Deutsche Bibliothek - c1 P-Einheitsaufnahme
Praxis- und lntegrationsfelder der Wortbildungsforschung/ hrsg. von
Irmhild Barz ... - Heidelberg: Winter, 2oc>()
(Sprache - Literatur und Geschichte� Bd. I 8)
1 SB N 3-8253-0997-5
UMSCHl.A(;B] Ll)
Aus: David Crystal, Die Camhridge-Enzyklc)pädie der Sprache.
Studienausg,1he Campus Verlag. Frankfurt/Main 1995. S. 64
J SB N 3-8253-0997-5
Vorwort
Gerhard Augst
Die Mächtigkeit der Wortfamilien - Quantitative Auswertungen zum
, Wortfamilienwörterbuch der deutschen Gegenwartssprache'............. 1
l-/e11r1ing Berge,1holtz
Lexikographie und Wortbildungsforschung.......................................... 19
/1·t11a Hvvärinen
Zur Wortbildung in einem deutsch-finnjschen Großwörterbuch
im Werden - Prob]eme der Lemmatisierung von
Wortbildungselementen........................................................................ 31
le(1n,i Kolehmainen
Deutsche Präfix bzw. Partikelverben und finnisch deutsche
Lexikographie........................................................................................ 55
Marianne Schröder
Kurzwörter im Wörterbuch. Lexikographische Aspekte der
Kurzwortbi1dung................................................................................... 91
Joc;hE�n Splett
Wortgeschichte und Wortstrukturgeschichte........................................ 107
L�llti Fix
Urteile über Wörter. Kriterien für die Bewertung von
Wortbildu11gsprodukten in Stilistiken und Stillehren............................ 167
Erla Hallsteinsdotti,·
Aspekte des Verstehens okkasioneller Wortbi]dungsprodukte
in der Fremdsprache Deutsch................................................................ 187
Hannelore Poethe
Fachsprachliche Aspekte der Wortbildung. Die Leistung der
Wortbildung für Fachsprache und Fachtext.......................................... 1 ()9
Maria Thurmair
Vergleich in der Wortbildung............................................................... 2 19
Georg Schuppener
Entlehnung deutscher Maßbezeichnungen ins Tschechische................ 253
A Jena Simec·kova
Akzeptanzbedingungen für fremde Wortbildungselemente und
-strukturen in den Sprachen. Am Material des Deutschen und des
Tschechischen.............................................................................. ......... 2 69
Hans Wellmann
Deutsche Wortbildung in europäischen Bezügen - Auswertung einer
Bibliographie zur historischen Wortbildung......................................... 281
Forschungsstand
Irmhild Barz
Zum heutigen Erkenntnisinteresse gennanistischer
Wortbildungsforschung. Ein exemplarischer Bericht........................... 2 99
Der vorliegende Band enthält die Vorträge des Kolloquiums ,,Praxis- und Integ
rationsfelder der Wortbildungsforschung··, das vom 22. - 23. 10. 1999 an der
Universität Leipzig stattfand, sowie eine Ribliographie zur Wortbildungsliteratur
der letzten zehn Jahre.
Mit seiner Thematik folgte das Kolloquium und folgt nunmehr dieser Band
eincr8eits über weite Strecken den Empfehlungen des Prager Symposiums
,,Wortbildung - Theorie und Anwendung'· von 1994, die sich aus der Diskussion
germ<1nistischer und bohemistischer Wortbildungsfragen ergeben hatten.
Andererseits entsprechen die aufgegriffenen Probleme aktuellen Ansprüchen an
stä1·kere Verzahnung von Wissenschaft und Praxis und an Interdisziplinarität.
Die l3eiträge sind nach drei Schwerpunkten geordnet, wobei diejenigen, die
Schnittstellen behandeln, auch an einer anderen Stelle ihren Platz finden
könnten. In dem Teil ,,Wortbildung und Wörterbuch'' geht es um die Koopera
tion der Wortbildung mit theoretischer und praktischer - einsprachiger und
mehrsprachiger - Lexikographie. Gefragt wird zum einen, wie bestimmte Wort
bildu11gstypen und -einheilen lexikographisch genauer erfasst werden können,
zun1 anderen, welche Beiträge zur Lösung lexikographischer Fragen von der
Worthi]dungslehre künftig zu erwarten sind. Der Komplex ,,Wortbildung und
Text'' ist deutlich kognitionslinguistisch orientiert. Sowohl das mutter
spn1cl1liche und fremdsprachliche Verstehen als auch das Akzeptieren und
Be\:Verten von Wortbildungsprodukten in Texten werden beschrieben. Das
Untersuchungsmaterial stammt aus ganz unterschiedlichen Textbereichen. So
finden sich beispielsweise Fachtexte, Texte der Produktwerbung und literarische
·1·exte. Die Beiträge in dem Abschnitt ,,Wortbildung und Sprachkontakt''
behandeln aus diachroner und synchroner Sicht die Folgen von Sprachkontakten
für die Ausprägung von Wesenszügen der deutschen Wortbildung. Ein
Forschungsbericht und eine Bibliographie belegen abschließend das vielseitige
und ungebrochene Interesse der zeitgenössischen germanistischen Forschung am
Gege11stand Wortbildung.
Die Entscheidung, ob sie der alten oder neuen Rechtschreibung folgen wollen,
haben wir den Autoren überlassen. Für die Herstellung des Druckmanuskripts
war Henrik Barz zuständig. Ihm gilt unser herzlicher Dank.
Oft wird die Lexikographie als ein Teilgebiet der Linguistik gesehen. Dabei gibt
es zwei Varianten: Lexikographie wird gesehen als ein Teilgebiet der ange
wandten Linguistik oder aber der Lexikologie. Manchmal gibt es eine
Mischung dieser beiden Auffassungen, indem die Lexikographie als ange
wandte Lexikologie verstanden wird. Es steht außer Frage, daß es viele
Linguisten gibt, die metalexikographische Untersuchungen durchführen oder
als praktische Lexikographen tätig sind. Es sprechen jedoch sehr gute Grunde
gegen obengenannte Auffassungen. Zum einen muß man sich fragen, was
Benutzeruntersuchungen, Wörterbucl1strukturen oder Wörterbuch1ayout mit
Linguistik zu tun haben. Noch problematischer wird es jedoch mit der Zuord
nung eines Teilgebiets der Lexikographie, der Fachlexikographie, zur
Linguistik. Dies l1ätte da11n zur Folge, daß nicht jeder L„exikograph auch als
Lexikograph zu sehen wäre. Wen11 z. B. ein Mediziner ein medizinisches
Wörterbuch ausarbeitet, betreibt er danach entweder keine Lexikographie, oder
aber er ist Linguist, so lange er lexikographisch arbeitet. Mit Wiegand ( 1989),
Bergenboltz (1995) und Tarp (1998) sehe ich statt dessen die Lexikographie,
wozu ich auch die Fachlexikographie bzw. Tenninographie zähle, als eine
eigenständige Disziplin, die eigene Theorien entwickelt. Diese Behauptung
steht nicht im Widerspruch zu der Tatsache, daß Metalexikographie vornehm
lich von solchen Wissenschaftlern betrieben wird, die als Linguisten tätig sind.
Problemstellungen
Figur 1: Linguistik und Lexikographie als eigenständige Disziplinen
2. Wiirterbuchfunktionen
zeption, (b) bei der Sprachproduktion sowie (c) bei der Kompete11zenrn,.,ick1u11g
(Lernen). Er nimmt diese Trennung als allgemein bekannt an. In der m,odemen
Funktionstheorie wird jedoch etwas anders unterschieden, wobei die hier
erwähnten Funktionen keine Grundfunktionen sind.
Die potentiellen Benutzer befinden sich in potentiellen Wönterbuch
benutzungssituationen, in denen ein Wörterbuch herangezogen werden kann.
Sie sollen Wörterbuchfunktionen genannt werden (nach Tarp 1995). Kier muß
man zwischen zwei grundlegenden Typen von Wörterbuchfunktionen trennen,
zwischen textbezogenen und wissensbezogenen Wörterbuchfunktionen.
Unter textbezogenen Funktionen werden potentielle Situationen verstanden, in
der ein potentieller Wörterbuchbenutzer ein Textproblem hat; •• es kann ein
Textrezeptionsprob]em, ein Textproduktionsproblem oder ein Ubersetzungs-
problem sein. Das Wörterbuch dient in solchen Fällen als Hilfsmitttel, das
konsultiert wird, und dessen Angaben verwendet werden, um da� Textproblem
zu lösen. Wir können eine textbezogene Funktion auch durch folgenden Hand
lungsablauf beschreiben (Be = Wörterbuchbenutzer, T = Text, Wb = Wörter
buch):
Be -> T -> Be -> Wb -> Be -> T
Ein Wörterbuchbenutzer (= Be), der eine Sprache (La, Lb, usw.) beherrscht
oder gute oder zumindest einige Kenntnisse darin hat, wird durch Be(La) bzw.
Be(Lb) gekennzeichnet. Mit diesem Ausgangspunkt können folgende \"erschie
dene Wörterbuchfunktionen angeführt werden, in denen der Benutzer ein Wör
terbuch konsultiert, weil er Hilfe bei einem Textproblem benötigt:
1. Be(La) rezipiert einen Text auf La
2. Be(Lb) rezipiert einen Text auf La
3. Be(Lb) rezipiert einen Text auf Lb
4. Be(La) rezipiert einen Text auf Lb
5. Be(La) produziert einen Text auf La
6. Be(Lb) produziert einen Text auf La
7. Be(Lb) produziert einen Text auf Lb
8. Be(La) produziert einen Text auf Lb
9. Be(La) übersetzt einen Text von und zu La-> Lb
l 0. Be(Lb) übersetzt einen Text von und zu La-> Lb
11. Be(La) übersetzt einen Text von und zu Lb -> La
12. Be(Lb) übersetzt einen Text von und zu Lb -> La
Figur 2: Textbezogene Wörterbuchfunktionen
nicht gibt bzw. niemand sie bezahlen kann. Es ist auch gar nicht r1ötig, da viele
Wörterbücher a]s polyfunktional benutzt werden. Beispie]sweise kann für die
Funktion (6) auch ein bilinguales Wörterbuch sehr gut verwendet werden, z.B.
ein deutsch-finnisches für einen finnischen Benutzer, der einen deutschen Text
produzieren möchte. Man kann bei der Konzeption zwischen primären, sekun
dären oder tertiäre11 Funktionen tren11en und dementsprechend ausführliche oder
weniger ausführliche Angaben vorsehen. Funktion (6) als eine sekundäre Funk
tion in einem bilingualen Wörterbuch könnte u.a. zur Folge haben, daß explizite
grammatische Angaben und auch Wortbildungsangaben zu der Ausgangs
sprache vorgesehen werden.
Unter einer wissensbezogenen Wörterbuchfunktion wird jene Gebrauchs
situation verstanden, wo ein potentieller Wörterbuchbenutzer Auskünfte in
einem Wörterbuch mit dem Ziel sucht, sich mehr Wissen zu beschaffen.
Entscheidend ist es, daß das gewünschte Wissen gesucht wird mit dem Ziel der
Wissensbeschaffung. Diese Grundfunktion u11terscheidet sich somit grundle
gend von der textbezogenen Wörterbuchfunktion, bei der das gewünschte Wis
sen benötigt wird, um einen konkreten Textzusammenhang zu verstehen oder
einen Text zu produzieren. Die einfachste Situation besteht in dem Wunsch
nach Wissenserweiterung, bei der ein Wörterbuch als Lesebuch bzw. Lernwör
terbuch verwendet wird, das ganz oder teilweise unabhängig von jeder konkre
ten Situation gelesen wird. Es kann somit der von Colff ( 1998) angesprochenen
Kompetenzentwicklung dienen. Üblicher ist ein partikulärer lnfor111ations
bedarf. Wie nennt man die Leute, die in Moskau wohnen? Oder welches ist das
häufigste Lexem im Deutschen? In al)en Fäl]en mit einer wissensbezogenen
Nachschlagehandlung kann der Bedar·f in einer konkreten Situation e11tstanden
sein, z. B. bei einem Gespräch oder einer Diskussion zwischen Freunden. Es
kann auch sein, daß jemand sich über eine Sache inforinieren möchte, ohne daß
ein konkreter Anlaß besteht: Wie ist das eigent]ich? Was ist das wohl? Das
Entscheidende ist,.. daß die lnformation nicht als Hilfe bei der Rezeption,
Produktion oder Ubersetzung von Texten gesucht wird, sondern daß die Infor-
mation selber das Ziel der Nachschlagehandlung ist. Wir können eine
wissensbezogene Funktio11 auch durch folge11den Handlungsablauf beschreiben
(Be == Wörterbuchbenutzer, Wb= Wörterbuch):
Be-> \Vb -> Be
Wir können zwischen folgenden wissensbezogenen Funktionen trennen:
13. Be(La) hat Bedarf an allgemeinem oder speziellem Wissen über La
14. Be(Lb) hat Bedarf an allge1neinem oder speziellem Wissen über La
15. Be(La) hat Bedarf an allgemeinem oder spezie]lem Wissen über Lb
16. Be(Lb) hat Bedarf an allgemeinem oder speziellem \\lissen über Lb
Figur 3: \Vissensbe:zogene Wörterbuchfunktionen
22 HENNfNG BERGENHOL TZ
Am Rande soll hier hinzugefügt werden, daß die Trennung zwischen textbezo
genen und wissensbezogenen Wörterbuchfunktionen zwar auch in der Wörter
buchtypologie verwendet werden kann, aber zu anderen Ergebnissen führt, als
es in der linguistischen Diskussion üblich ist. Textbezogene Wörterbücher
können als Sprachwörterbücher gekennzeichnet werden, so z. B. allgerneine
monolinguale Bedeutungswörterbücher, bilinguale Wörterbücher, aber auch ein
althochdeutsches Wörterbuch. Dies sind Nachschlagewerke, deren genuiner
Zweck teilweise nur textrezeptiv, teilweise sowohl textrezeptiv als auch -
produktiv ist, wie in den Funktionen 1-12 angeführt. Eine Enzyklopädie wäre
gleichzeitig ein textbezogenes und ein wissensbezogenes Nachschlagewerk. Ein
rein wissensbezogenes Nachschlagewerk wäre z. B. ein etymologisches
Wörterbuch oder ein Häufigkeitswörterbuch, da diese nicht auf textbezogene
Fragen, sondern auf wissensbezogene Fragen antworten. Die Unterscheidung
bezieht sich ausschließlich auf die potentielle Benutzung, nicht auf eine
Kennzeichnung der konkreten Angaben. Die umstrittene Trennung zwischen
enzyklopädischen oder semantischen Angaben wird daher in diesem
Zusammenhang irrelevant. Eine solche kann rnan in einem textbezogenen und
auch in einem wissensbezogenen Nachschlagewerk finden.
Diese Argumentation trifft auch auf Wortbildungsangaben in Wörterbüchern
zu. Üblicherweise findet man solche jedoch nur in textbezogenen Nachschla
gewerken.
Für Be(La = deutsch) und Be(Lx = alle anderen Benutzer mit einigen Deutsch
kenntnissen) können die Angaben in Wb Art l vor allem für die Funktionen ( 5)
und ( 6), bei den erklärten Sublemmata auch für die Funktionen ( l ) und (2)
dienlich sein.
Vergleichbare Angaben findet man auch in bilingualen Wörterbüchern, z.B. in
dem madagassisch-deutschen Wörterbuch:
(WbArt 2)
-los tsirinteny atovana entimamorona sampanteny mpamaritoetra ary midika tsy
fisian'ilay zavatra voalaza ao amin'ny teny fototra; sady mety noraiana no tsy
norariana koa, oh.: ärmellos tsy misy tanany; bartlos tsy misy volombava
LEXIKOGRAPrlJE UND WoRTßll.DUNGSFORSC:HUNG 23
••
Solche an und für sich regulär gebildeten Komposita sind in vielerlei Hinsicht
zwar systematisch erklärbar, jedoch nicht vorhersagbar in der Weise, daß man
die Erklärung angeben kann, ohne genaue Kenntnisse des Sprachgebrauchs zu
haben. Deswegen sind sie bei Unsicherheiten in der Textproduktion sehr wert
voll in einem rnonolingualen Wörterbuch. Entsprechende Angaben findet man
jedoch nur sehr selten in bilingualen Wörterbüchern. Hier wären sie jedoch mit
derselben Funktion sehr nützlich. Daher möchte ich vorschlagen, daß auch
bi1inguale Wörterbücher Wortbildungsangaben wie in WbArt 7 einfflhren. Wie
in dem betreffenden monolingualen Wörterbuch können viele dieser Wortbil
dungsangaben auch lemmatisiert sein, müssen es aber nicht. Als Angaben
innerhalb eines Wörterbuchartikels heißt dies auch, daß es sich nicht um
Sublemmata mit allen Angaben wie zu einem Lemma handeln wird, sondern um
••
Die meisten Wortbildungsangaben in den WbArt 4-8 sind Komposita mit dem
Lemma als Teil des Kompositun1s. Auf solche Angaben werde ich nicht weiter
zu sprechen kommen. Hier geht es insbesondere um Derivata als Wortbildungs
angaben, wie wir sie in WbArt 7 durch das Verb made finden. Wenn man
jemanden füttert (made), dann bekommt er Essen (mad). Zu bemerken ist auch,
daß der Benutzer eine doppelte Möglichkeit bekommt, um das Kochen zu kenn
zeichnen: die Kollokation lave mad ,kochen' und die Wortbildung madlavning
,Kochen'. Wenn man aber unter dem Verbmade ,füttern' nachschlägt, findet
man nicht das Substantiv mad .Essen�, nur madning ,das Füttern'. In dem
l..,EXIKOGR:\PHJl: UND Vv'ORTBILLJL,NGSFORSCHUNG 25
Umtext zu diesem Wörterbuch wird erklärt, daß bei Be(La :;:::: dänisch) die
Wörterbuchfunktion ( 1) die primär vorgesehene ist. Es wird im einzelnen weiter
präzisiert, daß die Wortbildungsangaben in der Textproduktion u.a. Hilfe leisten
könne11 1. bei einer orthographischen Unsicherheit, ob eine Komposition mit
oder o11ne Fuge gebi1det wird, 2. bei dem Wunsch nach stilistischen Variationen
zwischen Wortverbindung und Wortbildung, 3. Textformulierungshilfe durch
Wortbildungsangaben mit Lexemen, die mit demselben Kernmorphem
Handlungen, Ergeb11is der Handlung und Ausführende der Handlung
bezeicl1nen, z.B. demme, dom, dorrzme,· (= urteilen, Urteil, Richter).
Sch1ief3lich wird erläutert, daß die Wortbildungsangaben gleichzeitig als
Ergänzung und Entlastung der Lemmaliste zu verstehen sind, da in hohem Maß
nicht-lemmatisierte Wortbildungen mit dem Lemma als zweitem Lcxemteil
angegeben werden. In dem erwähnten dänischen Wörterbuch gibt es I 05 .000
Lemm<lta. Es gibt insgesamt 58000 Wortbi]dungsangaben, von denen etwa die
Hälfte auch als Lemmata zu finden sind. Die Wortbildungsangaben umfassen
zum einen Problemfalle (z.B. mit oder ohne Fuge), zum anderen Lexeme mit
dem Lemma a]s zweitem Lexemteil (womit man Nachteile der a1phabetischen
Makrostruktur teilweise aufheben kann) und zum dritten solche Wortbildungen,
die man in diesem Wörterbuch aus Platzgründen nicht eigens hat lemmatisieren
können, aber in einem noch größerem Wörterbuch als Lemmata
hinzt1genommen hätte.
Bei den oben angegebenen Begründungen ftir den Vorteil der Wortbi]dungsan
gaben ist insbesondere die dritte Begründung bei der Selektion von Derivata als
Wortbildungsangaben interessant. Mit Textproduktionshi1fen bei Bezeichnun
gen für Handlungen, Handelnde und Ergebnisse der Handlungen (demme
, urteilen', domme,· ,Richter', dom , Urteil') werden Wortbildungen der soge
nannten Konversion und dabei insbesondere der sogenannten Nullderivation
angesprochen. Wir haben in WbArt 7 gesehen, daß eine Wortbildung made bei
mad (Essen) zu finden ist, nicht aber ,nad (Essen) bei made (füttern) (es ist das
selbe Morphem, da beim Verb das -e in mad-e ein F1exionsmorphem mit der
Bedeutung ,Infinitiv' ist).
r·ragcn an die Wortbildungsspezialisten und an die Lexikographen sind nun die
folgenden: l. Sind Wortbildungsangaben in For111 von Derivaten sinnvoll? 2.
Bei welcl1em lJemma ist eine derivative Wortbildungsangabe vorzusehen, wenn
z.B. derselbe Lexemstamm in 1neh1·eren Lexemen auftritt? 3. Oder ist eine
Angabe bei mehreren Lemmata sinnvoll, z. B. das Lexem A beim Lemma B
und das Lexem B beim Lemma A'?
4. l)e,·ivation
Wen11 es sich um ein Derivat mit einem Kernmorphem und einem Derivations
morphem handelt, sprechen die meisten Morphologen von deadjektivischen =
26 HENNING BERGENHOLTZ
OJsen ( 1986, 174) begründet die Annahme einer Derivationsrichtung damit, daß
sägen erklärt wird durch ,,mit einer Säge schneiden'�, umgekehrt sei eine solche
Erk)än.ing jedoch nicht mög]ich. Sie hätte m. E. aber auch umgekehrt paraphra
sieren und Säge durch ,ein mit Zacken versehenes Metallblatt, mit dem gesägt
wird' erklären können. Diese Paraphrasierung wäre zumindest recht genau,
anders als die sprachunübliche Ko11okation bei der Erklärung von sägen durch
,mit einer Säge schneiden'. Das kann man zwar sagen, aber üblicherweise sägt
man mit einer Säge. Das ist gerade Sinn der Wortbildung. Wenn man dieses
Modell auf die Lexikographie überträgt, kann man die Wortbildungsangaben
bei dem nicht-derivierten Lexem anbringen, da dieses Wort in der
lexikographischen Definition wie in Olsens Paraphrase auftritt:
(WbArt 12-13)
Säge ... WB sägen, Sägeblatt, ...
sägen ... WB absägen, ...
Mit anderen Worten gibt man bei !;ägen keine Wortbildungsangabe Säge an.
Dies wilrde man jedoch tun, wenn man stattdessen sägen als primär ansieht,
wen11 man von der anderen Paraphrase ausgeht, in der das Verb sägen für die
Erklärung des Substantivs Säge verwendet wird:
(WbArt 14-15)
Säge ... WB Sägeblatt, ...
sägen ... WB Säge, absägen, ...
Man kann sich nun fragen, ob man auch bei Ruhe, ruhen, ,·uhig nach dem
Model] in WbArt 12-13 entsprechend vorgehen sollte, d. h.
(WbArt 16-18)
Ruhe ... WB ruhen, ruhig
ruhen ... WB ausruhen, ...
ruhig ... WB unruhig, ...
Wer stattdessen das Verb ri,hen als primär ansieht und Ruhe und ruhig davon
deriviert (was AUGST wohl tut, da dieses Wörterbuch das Verb als Hauptlemma
wählt), könnte mit der Übertragung des traditionellen Wortbildungsmodells auf
die Lexikographie folgende Einträge bilden:
28 HENNING BERGENHOLTZ
(WbArt 21-23)
ruhen .... WB Ruhe, ruhig, ...
Ruhe ... WB Unruhe, ...
ruhig ... WB unruhig, ...
Nicht nur der Lexikograph ist unsicher, ob die eine oder andere Derivations
richtung anzunehmen ist. In Bergenholtz/Mugdan ( 1979) wird eine lnfom1an
tenbefragung wiedergegeben, an der 40 Gennanistikstudenten m1tge\\"irkt
haben. Es wurde folgende Aufgabe gestellt:
Unterstreichen Sie bitte das Wort, aus dem das andere abgeleitet ist. Wenn Sie
sich nicht entscheiden können, unterstreichen sie keines der Wörter. Antworten
Sie bitte spontan, ohne lange zu zögern.
daß diese Definition keine Antwort auf' die Frage nach der Derivationsrichtung
geben kann, wenn es sich um identische bz\v. synonyme Stämme handelt.
Daß ich dieses Modell theoretisch fü1· überzeugender als das traditionelle ha1te,
lieg t auf der Hand. Interessanter ist jedoch, daß es auch lexikographisch
brauchbarer scheint. So wird man sowohl bei 1-uhen als auch bei Ruhe die
Wortbildung ruhig angeben können (immer noch unter der Annahme, daß sich
Ruhe nicht in Ruh-e segmentieren läßt und 1·uh und ruhe als Allomorphe zu
betrachten sind). Wenn man dann zusätzlich die Regel einführt, daß mehrere
Lexeme mit demselben Stamm und ohne zusätzliches Derivationsmorphem
aucl1 gegenseitig unter den Wortbildungsangaben vorgesehen werden können,
hätte inan folgende Möglichkeiten:
(WbArt 24-26)
ruhen ... WB Ruhe, ruhig
Ruhe ... WB ruhen, ruhig
ruhif( ... WB unruhig
Literatur
""
1. A ußere Bedingungen des Wörterbuchp,·o_jekts
Mein Beitrag versteht sich als ein Versuch zur Problemlösung bei der prakti
schen Wörterbucharbeit.
Im Jahre 1997 wurde von Jar1110 Korhonen an der Universität Helsinki das Pro
jekt ,,Deutsch-finnisches Großwörterbuch'' initiiert, denn das bis heute größte
deutsch-finnische Wörterbuch von Hirvensalo, das 1963 erschien und nach der
zweiten Auflage ( 1966) nicht mehr ergänzt wurde, entspricht dem heutigen
Spracl1usus nicht mehr. Aufgrund seiner Entstehungsgeschichte spiegelt es viel
mehr den Stand der deutschen Sprache am Anfang des 20. Jahrhunderts und den
Stand der finnischen Sprache um die Mitte des 20. Jahrhunderts wider. 1
Das Projekt soll in einen1 neue11 deulsch-fin11ischen Großwörterbuch mit ca.
90.000 Lemmata münden, das spätestens im Jahre 2002 bei dem Verlag WSOY
(Werner Söderström Osakeyhtiö) in Helsinki erscheinen soll. Es handelt sich
um ein traditionelles alphabetisch angeordnetes, in erster Linie rezeptives bzw.
passives Wörterbuch, das jedoch möglichst auch als Nachschlagewerk, als
Kontrollinstanz bei aktiver deutschsprachiger Produktion verwendbar sein soll.
Die Wörterbuchredaktion besteht (a) aus einem wissenschaftlichen Beirat: dem
Projektleiter Ja1·n10 Korhonen, Henning Bergenholtz (Arhus, Dänemark) und
der Verf.; sowie (b) aus fünf eigentlichen Mitarbeitern, darunter sowohl deut
sche als auch finnische Muttersprachler, die die Wörterbuchartikel verfassen
2
und für den Druck kodieren. Außerdem sind Praktikanten und Hilfskräfte der
Universität Helsinki bei verschiedenen kleineren Aufgaben behilflich. Nach
mehreren Planungssitzungen konnte die konkrete Bearbeitung im Frühjahr 1998
anfangen, und das fertige Druckmanuskript soll Ende 2000 vorliegen, wonach
die Drucklegung mit Korrekturlesen laut Vertrag höchstens 18 Monate dauern
darf.
Den Ausgangspunkt für die Wörterbucharbeit bildet die Datenbasis des Tysk
Sv·enska ordbok. das 1994 beim schwedischen Verlag Norstedt erschien und
et\va 73.000 Wörter und Phraseme umfasst (= Norstedt 1994). Diese Basis
konnte der Verlag WSOY ln computerunterstützter For1n kaufen. Sie wurde
da.nn um ca. 17 .000 Lemmata ergänzt, wofür neuere deutsche Wörterbücher,
32 IRMA HYVÄRINEN
,,.or allem Duden Deutsches Universalwörterbuch (= DUW 1996) mit ca. 120
000 Lemmata, konsultiert wurden. Zuerst wurde der relative Seitenzahl-Umfang
der einzelnen Anfangsbuchstaben anhand von Norstedt (1994) und DUW
( 1996) ausgerechnet, wonach mehrere Anfangsbuchstaben zu gleichmäßigen
,,Paketen'' für die fünf Mitarbeiter geschnürt wurden. Als Ratgeber in
Problemen des gegenwärtigen Finnisch kann das von 1990 bis 1 g94
erschienene Suomen kielen perussanakirja (= SKP; ,,Handwörterbuch F1n
nisch'') mit ca. 100.000 Lemmata dienen. In regelmäßigen Arbeitssitzungen
werden die schon fertigen Manuskriptteile besonders im Hinblick auf
Problemfälle besprochen und die gemeinsamen Richtlinien für die Wort
artikelstruktur bei Bedarf ergänzt.
kleiner als ein Wort sind, seien verschiedene Kürzel genannt. Ihnen kann aller
dings insoweit der Wortstatus zugesprochen werden, als sie stellvertretend für
ganze Wörter (ggf. auch Wortgruppen) verwendet werden. Problematischer sind
Kombineme, d. h. Wortbildungsmittel, die per d�finitionem nicht (zumindest
nicht in derselben Bedeutung) als selbständige Wörter fungieren können. Zu
Kombinemen zählen Konfixe, d. h. nur gebunden vorkommende Grund
morpheme, sowie Affixe, d. h. reihenbildende, abstrahierte, gebundene und
positionsfeste, nicht basisfähige Morpheme - im Deutschen also Präfixe und
Suffixe. 4
Während das als Datenbasis des Projekts dienende ,,Tysk-Svenska ordbok'' von
Norstedt (1994) keine Wortbildungslemmata enthält, sind solche in verschie
denen Duden-Wörterbüchern und auch in vielen zweisprachigen Wörterbü
chern, z. B. schon bei Hitvensalo ( 1966), üblich. Um dem Vorgänger nicht
nachzustehen, wurde von der Wörterbuchredaktion der Beschluss gefas�t, die
üb]ichsten produktiven Wortbildungskombineme des Deutschen zu berücksich
5
tigen, Erst- bzw. Zweitglieder von Komposita aber nur in Ausnahmefällen.. Bei
den Äquivalenzbeziehungen ist allerdings zu beachten, dass den deutschen
Kombinemen im Finnischen nicht unbedingt strukturell gleichwertige Elemente
entsprechen. So kann das finnische Äquivalent eines deutschen Affixes p1rinzi
piell auch ein Kompositionsglied oder ein selbständiges Wort sein, und iinsbe
sondere die deutschen Verbalpräfixe haben in gewissen Fällen keine expljzite
WoR·rs11_DUNU IN EINEl\.1 UEUl S(.'H-t· INNlSl:HEN GROßWÖRTERBUCl-1 33
Darstel1ungsweise, wie sie das von Götz, f-Iaensch und Wellmann herausge
gebene Lemerwörterbuch (Langenscheidts LerneIWörterbuch Deutsch als
Fremdsprache = LWB 1998) praktiziert, wobei am Ende eines Wortartikels
Möglichkeiten der Verwendung als Erst- oder Zweitglied mit K- bzw. -K
markiert und repräsentative Beispiele aufgelistet werden. So können reihen
bildende Kompositionsmodelle veranschaulicht wer�en. Da in zweisprachigen
Wörterbüchern die Darstellung der Äquivalente viel Platz in Anspruch nehmen
würde� werden von den durchsichtigen Ko111posita meistens nur die üblichsten
oder sonst kommunikationsrelevanten als eigene Lemmata angeführt. (Idioma
tisierte Komposita müssen sowieso lemmatisiert werden.) Bei Erstgliedern wird
die Reihenbildung oft schon durch die strikt alphabetische Ordnung erkennbar;
die Reihenbildungsfähigkeit eines Wortes als Zweitglied bleibt aber so außer
Sicht.
In der besagten Tafel (WDF 2000, 1321) gibt es u.a. ( l) Präelemente (,,erste
Besta11dteile'') bei trennbaren Verben, z. B. ab-, an-, auf, aus-, durch-, ein-,
9
los-, nach-, über-, um-, unter-, vor-, zu-: her-, hin-; heraus-, hinaus-; rauf,
rau.5-. Zu bemerken ist, dass die von Fleischer/Barz (1995, 328-346 ) als Präfixe
charakterisierten Elemente von ab- bis zu- in der obigen Liste somit eben nicht
einen Derivatemstatus zugewiesen bekommen. (2) Weiter enthält die Tafel
Quasi-Kompositionsglieder wie -artig, -bändig, -blättrig, -:förmig, -haarig,
-pflichtig, -prozentig, -seitig, die eigentlich gespaltene Schlussteile von sog.
Zusammenbildungen, d. h. Derivaten mit Wortgruppenbasis, sind, vgl. zwei
Bände + -ig => zweibändig (vgl. Fleischer/Barz 1995, 47, 257; s. auch
Kap. 4.3. unter (C2) ). (3) Desweiteren enthält die Liste u. a. verstärkende
Erstelemente wie Bomben-, Mammut-, Mord.5-, Riesen-,· stink-. stock- sowie
,,zweite Bestandteile'' wie :feindlich, :fre11ndlich (die den ,,Präfixoiden'' und
,,Suffixoiden'' in DB entsprechen). (4) Darüber hinaus begegnen Erstelemente
wie Bio-, bio-t Pseudo-, die oben als Konfixe bezeichnet wurden. Die untrenn
baren Präfixe be-, ent-, er-, miss-, ver-, zer- oder die Substantiv- und Adjektiv
affixe, z. B. Un-. -er, -ung,· urz-, -bar, -lieh werden im WDF (2000) nicht eigens
lemmatisiert. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das WDF (2000) sich
insoweit an den Wortstatus des gesamten Lemmabestandes l1ält, als auch unter
den Wortbildungsmitteln nur solche Elemente lemmatisiert werden, die nach
Auffassung der Herausgeber (freie und gebundene) lexikalische Grundmor
pheme sind.
12
Status. In Klammem nach der11 Strichlemma wird die Wortart des Wortbil
dur1gsprodukts angegeben.
TAßl�LLE 1: Suffixe
Suffix o.ä. Hirvensalo Kostera Kärnä Rekiaro L'\/8
-ba,· (A) + + -f- +
-c·ht:•n (S) + + + +
-e (S)
-ei(S) +
-(e)I (S)
-(e)f(11) (V)
-en (A)
-er (S, A) +
-ner (S)
-!er (S) +
�fach (A) -1- -f- + +
-haji (A) + + +
-ha/henlr (Ad) + +
-heil (S) + +
-keit (S) + + +
-icht (S)
-ier(e1i) (V) +
-ig (A) +
-ig(l!n) (V) +
-in (S) + +
-isc/J (A) +
-lei (Ad) + + +
-/ei11 (S) + + + +
-lic/1 (S) +
-fing (S) +
-los (A) .L
1 + +
-maße,i ( Ad) + +
-mäßig (A) + + +
-11is (S) +
-s (S)
-sa/ (S)
-san1 (A) +-
-sch{1fl (S) + +
-sei (S)
-tel (S) +
-tun1 (S) +
-ung (S)
-weg (Ad)
-wei.�e (Ad) + +
-we,·k (S) +
-wese,i (S) + +
-
insgesamt: 41 14 5 ) 6 30
38 lRMA HYVÄRINEN
TABELLE 2: Präfixe
Präfu Hirvensalo Kostera Kärnä Rekiaro LV.B
ab- (V) + + +
an- (V) + +
auf (V) + + +
aus- (V) + +
be- (V) + + +
bei- (V) + + +
durch- (V) + +
ein- (V) + +
ent- (V) + +
er- (V) + +
erz- (A, S) + + +
ge- (S) + + +
los- (V) + + +
miss- (S, A, V) + + (S, V) + (S, V) +
nach- (V) + + +
über- (V) + x) + +
um- (V) + + +
un- (S, A) + + + (A) +
unter- (V) + x) + +
ur- (S, A) + + +
ver- (V) + + +
vor- (V) + x) + +
wider- (V) +
zer- (V) + + +
zu- (V) + + +
insgesamt: 25 25 0 7 13 24
TABELLE 3: Zufallsfunde
a) Endelement: Hirvensalo Kostera Kärnä Rekiaro LWl
-achsig (A) + +
-er/ (S) +
-fohig (A) + + +
-faltig (A) +
-frei (A) + + 1· +
-freudig (A) + +
freundlich (A) + + +
-haltig (A) + + '
�
+
-/ (S) ·f-
-le (S) + +
-li (S) + +
-wöchig (S) + + + +
WORl.BILDUNG IN EINEM OEUl.S('H-FINNISCHEN GROßWÖRTERBUCH 39
entgegen- (V) + +
frei- (V) + +
Haupt- (S) + + +
weg- (V) + + +
wieder- (V) + +
insgesamt: 19 10 6 6 8 15
Kein einziges der deutsch-finnischen Wörterbüchern ist mit dem LWB (1998)
vergleichbar, Hirvensalo (1966) schneidet aber in Fülle und Konsequenz der
Strichlemmata relativ gut ab. Die drei anderen kleineren Wörterbücher müssen
wohl schon aus Platzgründen die Lemmazahl möglichst gering halten. Auffallig
ist die Vorliebe von Kostera (1991) ftir Diminutivsuffixe, vgl. die Tabellen 1
und 3, während er auf Präfixe und sonstige Präelemente völlig verzichtet, s.
Tab. 2 und 3. Kämä (1995) führt nur wenige Wortbildungsmitte1 an, und diese
sind semantisch relativ transparent und stimmen in ihrer morphologischen
Grenze mit der Si]bengrenze überein; von ihrer phonotaktischen Struktur sind
sie st1mit wortähnlich. Die Aufnahme von Wortbildungselementen in der
Neuausgabe von (Klemmt/)Rekiaro (1999) ist zu begrüßen; nach Hirvensalo
(1966), bei dem die Strichlemmazahl in den Tabellen 49 beträgt, nimmt Rekiaro
mit 27 Elementen den zweiten Platz unter den untersuchten zweisprachigen
Wörterbüchern ein. Trotzdem kann dort stellenweise das Aufnahmekonzept
hinterfragt werden: Es leuchtet nicht ein, warum -keit lemmatisiert ist, -heit aber
nicht, oder warum von den trennbaren Verbpräfixen auf berücksichtigt wurde,
ab-, an- und aus- aber nicht.
3. 4. Zwischenbilanz
Die obigen großen Unterschiede in der Anzahl und Art der Strichlemmata und
den dahinter steckenden Konzepten zeigen, dass keine Einigkeit darüber
herrscht, welche Wortbildungsmittel in ein ein- oder zweisprachiges Wörter-
••
buch ,,hineingehören''. In zweisprachigen Wörterbüchern machen die Aquiva-
Jenzbeziehungen die Lage noch komplizierter. Das heißt, dass die Wahl der 300
Strichlemmata kaum nach einem einzigen Prinzip erfolgen kann und dass viele
Kompromisse nötig sind, wobei die Systematik im Hinblick auf den Wortbil
dungsstatus eines Elements nicht unbedingt immer das relevanteste Aufnahme
kriterium ist. Damit alle Mitarbeiter aber ungefahr gleiche Dimensionen einhal
ten, n1üssen die Richtlinien nachvollziehbar sein. Im Folgenden sollen solche
Richtlinien, die sowohl allgemeine als auch sprachenpaarspezifische Faktoren
berücksichtigen, skizziert werden.
40 IRMA HYVÄRINEN
deutschen Strichlemmata
Bei der Erhärtung der Prinzipien für die Wahl der zu lemmatisierenden Wortbil
dungsmittel wurde so verfahren, dass von den Strichlemmata zuerst eine maxi
male Bestandsaufnahme gemacht wurde, indem zusätzlich zu de11 oben schon
erwähnten deutschen und deutsch-finnischen Wörterbüchern noch die
deutschen einsprac11igen Wörterbücher von Bünting (1996) und Wahrig (1997)
sowie das madagassisch-deutsche Wörterbuch von Bergenholtz ( 1991) auf
Strichlemmata hin exzerpiert und die jeweiligen Klassifikationen des Worthi]
dungsstatus der Elemente notiert wurden. Aus dieser Liste \vurde11 dann
bestimmte Elemente ausgewählt, wobei f'ragen wie Ökonomie, Benutzer
freund1ichkeit, Produktivität des jeweiligen Wortbildungsmittels sowie Art und
Grad der zwischensprachlichen Äquivalenz auf System-, Norm- und idio
synkratischer Ebene besondere Beachtung fanden. Die Richtlinien bestel1en aus
a11gemeinen Prinzipien (4.1 ), wonach Argumente für Aufnahme ( 4.2) sowie
Argumente für Auslassung (4.3) hauptsächlich anhand von wenigen Beispielen
unter den Buchstaben A und Z kurz veranschaulicht werden. In 4.4 werden die
Ergebnisse als Strichlemmalisten für A und Z zusammengefasst.
4. 1. Allgemeine Prinzipien
berücksichtigten zu- das Präfix zer-. Ein zusätzliches Argument für die
Aufnahme der Präfixe ist ihre Polyfunktionalität. Zum Beispiel modifiziert das
Präfix au_(- das Basisverb lokal, temporal, aktiona) (und zwar sowohl auf den
Anfang als auch auf das Ende hin) oder n1odal (vgl. Kolehmainen 1997). In dem
Strichlemma-Artikel können die wichtigsten Bedeutungsmodifikationen, die ein
Präfix bewirkt, übersichtlich zusammengefasst werden, während die
unterschiedlichen Modifikationsklassen in der alphabetischen Auflistung
durcheinandergeraten. Trotzdem müssen präfigierte Verben auch eigens
lemmatisiert werden. Als Beispiel sei hier der Artikel zu dem trennbaren
17
Einern Ausländer ist es nicht unbedingt klar, dass affen-/Affen- ein expressives,
intensivierendes Präelement ist. In der finnischen Jugendsprache hat sika
(wörtlich ,Schwein-') eine ähnliche Funktion, vgl. affengeil - sikamakee,
silwsiisti. Sonstige Wiedergabemöglichkeiten sind huippu- (,Spitzen-) und
super-. Wäre dieser zu einem reihenbi]denden Affixoid idiomatisierte Gebrauch
nicht in Fo11n eines Strichlemmas erklärt, würde das alphabetbedingte Durch
einandergeraten von norrnalen Komposita wie Affenhaus, �[fenk4fig, Affen
mensch, Affenpinscher usw. mit Affixoidbildungen wie Affenliebe, Affen
schande, Affentheater, Affenzahn das Herausfiltem der Bedeutungsregularitäten
erschweren.
Bei der Wiedergabe von Wörtern mit dem Präe1ement Allerwelts- muss auf fal
sche Freunde geachtet werden: Eine wortwörtliche Wiedergabe durch die finni
sche idiomatisierte Genitivattribut-Wortgruppe kaiken maailman wäre ein
Übersetzungsfehler, denn trotz des gemeinsamen pejorativen Merkmals hebt
der finnische Ausdruck eine bunte Vielfalt hervor (vgl. SKP/2 1992, 142) und
bedeutet ungefahr ,allerlei', während das deutsche Präelement eine durch
schnittliche Gleichheit ausdrückt. Sinngemäße Entsprechungen sind
tavanomainen ,üblich'. tavallinen ,gewöhnlich'. keskiverto- ,Durchschnitts-',
yleis- , Allgemein-', jokapäiväinen ,alltäglich'. Vgl. die Äquivalente der eigens
lemmatisierten Bildungen:
'Aller'weltsgeschmack m -[e]s -e I (-er+) ark halv tavanomainen maku
� das Buch trifft den - kirja on keskiverto1ukijan makuun
'Aller'weltsgesicht n -{e}s -er ark tavanomaiset kasvot 19
Für tenninologische Begriffe hat Finnisch oft ein entsprechendes Lehnwort und
ein einheimisches Wort nebeneinander, vgl. atonal - atonaalinen, sävellajiton.
(B5) Zu frequenten deutschen Fremdaffixen, denen im Finnischen neben dem
entsprechenden Fremdaffix oft ein eigensprachliches Element entspricht, gehört
auch anti-, Anti-. An sich widerstrebt dieses Element der finnischen Lautstruk
tur nicht. Trotzdem ist die Zahl der im SKP ( 1990/ 1, 42f.) aufgelisteten anti
Wörter ziemlich knapp; es sind vor allem wissenschaftliche (besonders medizi
nische und physikalische) oder politische Tennini, etwa antiaine ,Antimaterie',
antibiootti ,Antibiotikum', antibioottinen ,antibiotisch', antikommunistinen
,antikommunistisch', antisemitismi ,Antisemitismus', wobei die Wörterbucher
klärung besonders bei den politischen Termini oft ein gängiges einheimisches
Synonym ist, vgl. kommunisminvastainen; juutalaisviha. In den Unterlagen für
das neue zweisprachige Wörterbuch ist das Lemma anti-, Anti- in vier Bedeu
tungsgruppen unterteilt: 1 ,gegnerische Einstellung', 2 , vorbeugend', 3 ,Gegen
teil', 4 ,vom Normalen abweichend'. In jeder Gruppe sind finnische Äquiva
lente mit anti- möglich, in den zwei ersten werden aber jetzt nur einheimische
••
(Cl) Auch wenn das LWB (1998, 1190) die Ordinalzahl zweit- vor einem
superlativischen Adjektiv als sehr produktiv markiert, soll sie (und
entsprechend das begrenzt produktive dritt-) im neuen deutsch-finnischen
Wörterbuch nicht als Strichlen1ma erscheinen. Ein e1·ster Grund dafür ist das
Prinzip, auf Kompositionsglieder möglichst zu verzichten. Einige Wortbil
dungsprodukte dieses Typs sollten jedoch aufgenommen werden, ur11 den
Benutzer darauf aufmerksam zu machen, dass dem deutschen Kompositu1n eine
finnische Wortgruppe entspricht, vgl. zweitältes·t... - toi,')eksi va11hin; z1r11eit-
WORT[31LDlJNG IN EINEM DEUTSC��-FINNISCHEN GROßWÖRTERBUCH 47
beJ·t... - toiseksi pa,,,as. Vom anderen l'yp ist :,,..,,eitrangig - toissij'ainen: Diese
wortgruppenbasierte Zusammenbildung (vgl. Punkt (C 2) unten) soll als eigenes
Wortlemma aufgenommen werden, zumal sie ·eine idiomatisierte Bedeutung
, weniger wichtig als andere' aufweist (vgl. L WB 1998, 1190).
(C2) In beiden Sprachen gibt es ein produktives Modell zur Bildung von nomi
nalgruppenbasierten adjektivischen Zusammenbildungen (vgl. auch Kap. 3.1,
3.2 sowie Kap. 4.2 unter Punkt (B1) ). Strukturell sind sich die deutschen und
finnischen Bildungen sehr ähnlich, und sowohl deutsche als auch finnische
Nicht-1..,inguisten neigen dazu, Bildungen wie nveistöckig - kaksikerroksinen,
braunäugig - ru.. �keasilmäinen mit regelrechten Komposita gleichzusetzen.
Meines Erachtens gibt es mehrere Gründe, warum weder die Quasi-Erstglieder
noch die Quasi-Zweitglieder solcher Zusammenbildungen in einem deutsch-fin
nischer1 Wörterbuch eigens lemmatisiert zu werden brauchen: 1) Wenn der
Benutzer diese Bildungen als Komposita auffasst - auch wenn sie es eigentlich
nicht sind20 - und wenn generell• auf Kompositionsglieder als Lemmata verzieh-
tet werden soll, sucht der Benutzer gar nicht nach solchen Elementen. 2) Die
deutschen und die finnischen Bildungen sind strukturell ähnlich, regelhaft, rei
henbildend und produktiv - im Finnischen eventuell sogar üblicher als im Deut
schen -,, so dass die Äquivalentbildung keine Schwierigkeiten bereitet. Das
deutscl1e Wortbildungsmodell und die regelhafte Äquivalenzbildung können am
ökonomischsten in der Wörterbucl1gran1matik u11d unter dem Strich]emma -ig
erklärt werden. Für bestimmte Fachbereiche lexika]isierte Wortbi]dungspro
dukte wie zweiachsig - kaksiakselinen, zweieiig - kaksimunainen, vierhändig -
nelikätinen sollten eigens lemmatisiert werden. 3) Eine flächendeckende
Bestandsaufnahme der Quasi-Kompositionsglieder oder eine wohl begründete
Auswahl ist wegen der Prodt1ktivität des Modells nicht möglich. Das zeigen
auch die Zufälligkeiten in den Strichlemmabeständen des LWB ( 1998) und des
WDF (2000). Die Tafel XV des WDF (2000, l 320f.) enthält folgende
Strichlemmata auf -ig, die alle auch im LWB (1998) lemmatisiert und dort mit
folgenden Produktivitätsangaben versehen sind: S = seh.r produktiv, B =
begrenzt produktiv� W = wenig produktiv, N =nicht produktiv. Vgl.
-a,·tig S -haarig W -prozentig B
-bändig B -haltig S -reihig W
-blättrig B -köpfig B -seitig B
-jör,nig ._') -pflichtig B
DB (1985, 16ff.) dagegen nimmt von diesen nur -artig, -formigl -haltig und
-seitig auf. Für sie ist typisch, dass sie sich nicht (oder nicht nur) mit einem
adjektivischen Element oder Zahlwort, sondern (auch) mit einem Substantiv
verbinden, vgl. katzenartig neben neuartig.· he,4Z:fdrmig; nikotinhaltig; son11en-
seitig neben drei...c,eitig. (Ähn lieh verhält sich -pflichtig, vgl. gebühren-
21
48 IRMA HYVÄRINEN
Mit Hilfe der obige11 Prinzipien wurden für die Buchstaben A und Z folgende
Listen a]s Empfehlungen zur Aufnahme von Wortbildungsmitteln als Strichlem
mata aufgestellt: 22
a-, ab-, Affen-, aller-, Alle,we/ts-, alt-!Alt-, an-, -anlage, -anstatt, anti-/Anti-, -
arm, -artig, auf, aus-, außer-, auto-/Auto- (insg. 16)
-zar, -zentriert, zer-, -zeug, zu-, zurück-, zusammen-, Zwischen- (insg. 8)
machen kann, die die endgültige Entscheidung beeinflussen. Nach der ersten
Bearbeitungsphase
••
des gesamten Lemmamaterials ist noch eine sorgfältige
Uberholungs- und Vereinheitlichungsphase nötjg_
Der gewählte Weg von einer maximalen Bestandsaufnahme zu einer knappen
Liste kann als arbeitsunökonomisch kritisiert werden. Er entspricht jedoch dem
wissenschaftlichen Denken überhaupt: Erst ein Gesamtbild lässt das Wesent
liche herausragen. Die Ergebnisse bereichern nicht nur die zweisprachige Lexi
kografie, sondern auch die noch unzureichend erforschte deutsch-finnische kon
trastive Wortbildungslehre. Als Arbeitsdevise kann also nach wie vor gelten,
was der finnische Dichter Toivo Laakso in seinem Aphorismengedicht
23
kristallisiert:
Anmerkungen
1 Hirvensalo hatte seine Wörterbucharbeit Mitte der 40er Jahre angefangen und da er als
1
Vorlage das deutsch-schwedische Wörterbuch von C. Auerbach et al. vom Jahre 1932
benutzte, dessen Zusammenstellung ebenfalls an die zwanzig Jahre in Ar1spruch
genommen hatte, geht der deutsche Wortbestand hauptsächlich auf die Jahrhundertwende
zurück. Dazu siehe Korhonen (1994, 70). Die achte Auflage von Hirvensalos Wörterbuch
erschien 1998 unter dem Namen ,,Saksa-suomi suursanakirja / Deutsch-finni�ches
Großwörterbuch'i. Im vorliegenden Beitrag wird die zweite Auflage, d. h. I-Iirvensalo
( 1966), benutzt.
2
Während des Gesamtarbeitsprozesses ist jeder Mitarbeiter ca. 6 Monate ganztägig mit dem
Wörterbuchprojekt beschäftigt; die restliche Arbeit geschieht neben sonstiger Lehr- und
Forschungstätigkeit.
3
Uneinheit]ich ist das Lemrnatisierungsverfahren z. B. in K]emmt/Rekiaro ( 1999). Einerseits
sind das Substantiv Abbitte und die damit gebi1deten Ko]]okationen Abbitte leisten, Abbitte
schulden, Abbitte tun (Klemmt/Rekiaro 1999 1 l 092) als jeweils eigene Lemmata
aufgenommen worden. Genauso folgen die idiomatischen Ausdrücke Hals über Kopf und
Hals- und Beinbruch getrennt vom Substantiv Hals, in diesem Fa]) in der alphabetischen
Reihenfolge erst nach dem Kompositum Halstuch (Klemmt/Rekiaro 1999, 1427).
Anderereseits finden sich Idiome, die in ihrer Nennfonn nicht mit der wichtigsten, für die
alphabetische Ordnung entscheidenden Komponente anfangen, nur als besondere
Verwendungsbeispiele unter dem entsprechenden Stichwort. So findet man bei
Klemmt/Rekiaro ( 1999, 1027) s. v. Hand Nennfonnen oder Anwendungsbeispiele für die
Idiome sich die Hände waschen, jmds. rechte Hand sein, eine grüne Hand haben, jmdm.
etw. an die Hand geben, die Hände überm Kopf'zusammenscJ1lagen. zu Händen.
4
Zum Begriff Kombinem vgl. Schmidt ( 1987) und Link ( 1990)� zum Begriff K(1nftx s.
Fleischer/Barz (1995, 25) und Grimm ( l 997). Zu Affixen und Affixoiden s. Mü1ler ( 1989).
Fleischer/Harz ( 1995, 27ff.) wollen auf den Begriff Affixoid verzichten und ord11e11 die
betreffenden Elemente entweder unter Affixen oder aber unter selbständigen Wörtern ein.
WORTBIL,DUNG IN EINE�1 DEUTSCH-FINNISCHEN GROßWÖRTERBUC'H 51
aber undefiniert lässt, nennt er die E]emente der Tab. 2 und 3 b) konsequent ,,ctuliire''
( ,Präfix') und gibt für die Verben die Trennbarkeitsregeln an.
13
In L WB (1993) hatte durcheinander- noch den Status eines Strichlemmas, die Neuauflage
(1998) macht darauf aufmerksam, dass seit der Rechtschreibrefonn GetrenntschreibUI1g
gilt.
14
Der Buchstabe A wird vom Universitätslektor Udo Miebs, Universität Tampere. bearbeitet.
15
Andere Entsprechungen für aller- finden sich bei allergeringst... kaikista vähäpätliisin,
a/Jererst... aivan ensimmäinen, allerletzt... 1 aivan viimeinen, vihoviimeinen. Bei dem
letztgenannten ist zudem als Bedeutungsvariante 2 die übertragene Bedeutung , miserabt!l'
angegeben: 2 ark vihoviimeinen, kurja, viheliäinen.
16
Eigens lemmatisiert sind auch folgende Adverbien: allerfrühestens aikaisintaan; aller
höchstens korkeintaan; allermindestens ainakin, vähintään; allernächstens hyvin pian,
aivan piakkoin; ailerspätestens viimeistään; allerwenigstens ainakin, vähintään.
17
In LWB (1998) werden unter dem jeweiligen Präfixlemma für jeden Bedeutungspu1tkt
repräsentative Beispielreihen gegeben. Von den Beispielverben sind einige, aber nicht alle,
auch als Eigenlemmata vorhanden, ohne dass konsequente Wahlprinzipien erkannt werden
können.
18
Diese Bemerkung verdanke ich Leena Kolehmainen. - Die Bedeutungsunterteilung dieses
Lemmas entspricht derjenigen im LWB (1998, 75), wo ein desubstantivischer achter J> unkt
ebenfalls fehlt. In (Klemmt/)Rekiaro (1999) sind nur vier Hauptbedeutungen aufgeführt;
rückübersetzt sind es: 1 ,Anfang', 2 ,Ende', 3 ,Öffnen' 4 ,auf etw. herauf. - Nicht immer
folgen die Bedeutungseinteilungen des neuen Wörterbuchs denen des L WB. So ist die
jetzige Version des Strichlemmas aus- in 14 Varianten aufgeteilt, während sich das LWB
mit fünf begnügt.
19
Allenveltsgesicht könnte auch durch tusinakasvo(t) wiedergegeben werden. Oili Suominen
übersetzt das in der Erählung ,,Unkenrufe'' von Günter Grass vorkommende Wort
Allerweltsgeschichte mit tavallinen tusinatarina ( direkte Rückübersetzung ,eine
gewöhnliche Dutzendgeschichte'), wo die Durchschnittlichkeit zweimal ausgedrückt wird.
20
Irreführend ist allerdings auch die Bezeichnung der Quasi-Zweitglieder in aen jetzigen
Arbeitsunterlagen: Sie werden Derivationssuffixe (fi. ,,loppuliite'') genannt.
21
Die Wörter mit einem substantivischen Quasi-Erstglied können oft als Ableitungen aus
Substantivkomposita betrachtet werden, vgl. Sonnenseite+ -ig > sonnenseitig.
22
Aus Platzgründen konnte oben nicht jedes Element durchdiskutiert werden.
23
Äus dem Finnischen übersetzt von Ulrike Karger. In: Still wie Licht in windloser Gegend:
Lyrik aus Finnland. Eine Anthologie in finn., schw. / dt. hrsg. u. zgest. von Ingrid
Schel]bach-Kopra. Karlsruhe 1985, S. 143.
Literatur in Auswahl
Wörterbücher
Augst, Gerhard ( 1998): Wortfamilienwörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. ln
Zusammenarbeit mit Karin Mül]er, Heidemarie Langner und Anja Reichmann. Tübin
gen.
Bergenholtz, Henning u.a. (Hgg.) (1991): Madagassisch-Deutsches Wörterbuch. Rakibrilana
Malagasy-Alema. Moers.
Bünting, Karl-Dieter ( 1996): Deutsches Wörterbuch. Herausgegeben von Karl Dieter ßünting
& Ramona Karatas. Chur/Schweiz.
WORTI3ILDUNG IN EINE�! DEUTSC'H-FlNNISC'HEN ÜROßWÖRTERBUC'l� 53