7 Sturm Und Drang
7 Sturm Und Drang
1. Was versteht man im Sturm und Drang unter dem Begriff „Genie“?
- Im Sturm und Drang versteht man unter dem Begriff „Genie“ eine
außergewöhnliche, schöpferische Persönlichkeit, die sich durch Individualität,
Leidenschaft, Gefühl und Kraft auszeichnet. Das Genie folgt nicht äußeren
Regeln, sondern innerem Antrieb und natürlicher Begabung. Es bricht
gesellschaftliche Normen auf, lebt frei und schöpferisch – oft im „fruchtbaren
Chaos“. Das Genie steht für ein neues Lebensgefühl, das sich gegen starre
Ordnung und Rationalität richtet.
2. Die Werke des englischen Dramatikers William Shakespeare hatten großen
Einfluß auf die deutschen Dichter des Sturm und Drang. Wie und wo zeigt sich
dieser Einfluß?
- Der Einfluss Shakespeares auf die Dichter des Sturm und Drang zeigt sich vor
allem in der Verehrung des Genies. Shakespeare galt als Inbegriff schöpferischer
Kraft, da er starke, individuelle Charaktere schuf und sich nicht an klassische
Regeln hielt. Seine Werke ersetzten französische Vorbilder und wurden durch
Übersetzungen wie die von Wieland bekannt. Die Dichter des Sturm und Drang
sahen in Shakespeare ein Vorbild für eine freie, originelle Kunst, die der Natur
und dem Gefühl folgt – nicht der Tradition.
3. Wählen Sie ein typisches Motiv des Sturm und Drang (z. B. die feindlichen
Brüder, Liebe über Standesgrenzen hinweg, Verführung eines Bürgermädchens,
Kindermord, Drang nach Freiheit), und verfolgen Sie seine Darstellung in einer
Ballade des Sturm und Drang.
- Ein typisches Motiv des Sturm und Drang ist die Verführung eines
Bürgermädchens, das in der Ballade „Des Pfarrers Tochter von Taubenhain“ von
Gottfried August Bürger dargestellt wird. In der Ballade wird ein einfaches
Mädchen von einem Adligen verführt, was zu Schande, sozialer Ausgrenzung und
schließlich zur Tragödie führt. Die Geschichte endet dramatisch mit dem Tod des
Kindes und dem moralischen Fall der jungen Frau. Diese Ballade thematisiert
soziale Ungleichheit, den Konflikt zwischen Gefühl und gesellschaftlicher
Ordnung und zeigt das leidenschaftliche Aufbegehren des Individuums – zentrale
Themen des Sturm und Drang.
4. Johann Wolfgang von Goethes Götz von Berlichingen (1773) wird als historisches
Drama bezeichnet.
a) In welcher Zeit spielt es? Warum hat Goethe diese Zeit gewählt?
- Das Drama spielt im frühen 16. Jahrhundert, zur Zeit der Reformation und
der Bauernkriege – einer Epoche großer gesellschaftlicher Umbrüche in
Deutschland. Goethe wählte diese Zeit, weil sie den Konflikt zwischen alter
Ritterlichkeit und aufkommender Staatsgewalt besonders deutlich zeigt. Sie
bot ihm den passenden historischen Hintergrund, um zentrale Ideen des Sturm
und Drang, wie Freiheitsdrang, Individualität und Rebellion gegen Autorität,
literarisch umzusetzen.
b) Welche verschiedenen Lebenseinstellungen treffen aufeinander? Wie rechtfertigt
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Götz seinen Anspruch auf individuelle Freiheit und Unabhängigkeit, und wie
verteidigt Weislingen seine Entscheidung, sich in den Dienst des Bischofs zu
stellen? Versuchen Sie, dies anhand des folgenden Textauszugs aus dem l. Akt zu
beantworten, in dem die ehemaligen Jugendfreunde Götz und Weislingen
miteinander sprechen.
- Götz steht für Freiheit, Unabhängigkeit und Ritterehre. Er will nur Gott, dem
Kaiser und sich selbst gehorchen. Weislingen dagegen sieht Ordnung und
Sicherheit als wichtiger an und stellt sich in den Dienst des Bischofs. Götz
kritisiert die Fürsten als machtgierig, Weislingen verteidigt sie als Hüter des
Friedens. So treffen Idealismus und politischer Realismus aufeinander.
GÖTZ: Wollte Gott, ich könnt's vergessen, ihren Schutz begeben, deren Hülfe uns nah
oder es war anders! Bist du nicht ebenso ist, statt daß die entfernte Majestät sich
frei, so edel geboren als einer in selbst nicht beschützen kann.
Deutschland, unabhängig, nur dem Kaiser GÖTZ: Ja! Ja! Ich versteh! Weisungen, wären
untertan, und du schmiegst dich unter die Fürsten, wie Ihr sie schildert, wir hätten
Vasallen? Was hast du von dem Bischof? alles, was wir begehren. Ruh und Frieden!
Weil er dein Nachbar ist? dich necken Ich glaub's wohl! Den wünscht jeder
könnte? Hast du nicht Arme und Freunde, Raubvogel, die Beute nach Bequemlichkeit
ihn wieder zu necken? Ver- kennst den Wert zu verzehren. Wohlsein eines jeden! Daß sie
eines freien Rittersmanns, der nur abhängt sich nur darum graue Haare wachsen
von Gott, seinem Kaiser und sich selbst! ließen! Und mit unserm Kaiser spielen sie
Verkriechst dich zum ersten Hofschranzen auf ein eunanständige Art. Er meint's gut
eines eigensinnigen neidischen Pfaffen. und möcht gern bessern. Da kommt denn
WEISUNGEN: Laßt mich reden. alle Tage ein neuer Pfannenflicker und
GÖTZ: Was hast du zu sagen? meint so und so. Und weil der Herr
WEISUNGEN: Du siehst die Fürsten an, wie geschwind etwas begreift, und nur reden
der Wolf den Hirten. Und doch, darfst du sie darf, tausend Hände in Bewegung zu setzen,
schelten, daß sie ihrer Leut und Länder so denkt er, es war auch alles so geschwind
Bestes wahren? Sind sie denn einen und leicht ausgerührt. Nun ergehn
Augenblick vor den ungerechten Rittern Verordnungen über Verordnungen, und wird
sicher, die ihre Untertanen auf allen Straßen eine über die andere vergessen; und was den
anfallen, ihre Dörfer und Schlösser Fürsten in ihren Kram dient, da sind sie
verheeren? Wenn nun auf der ändern Seite hinterher und gloriieren von Ruh und
unsers teuren Kaisers Länder der Gewalt des Sicherheit des Reichs, bis sie die Kleinen
Erbfeindes ausgesetzt sind, er von den unterm Fuß haben. Ich will darauf schwören,
Ständen Hülfe begehrt, und sie sich kaum es dankt mancher in seinem Herzen Gott,
ihres Lebens erwehren: ist's nicht ein guter daß der Türk dem Kaiser die Waage hält.
Geist, der ihnen einrät, auf Mittel zu um WEISUNGEN: Ihr seht's von Eurer Seite.
denken, Deutschland zu beruhigen, Recht GÖTZ: Das tut jeder. Es ist die Frage, auf
und Gerechtigkeit zu handhaben, um einen welcher Licht und Recht ist, und Eure
jeden. Großen und Kleinen, die Vorteile des Gänge scheuen wenigstens den Tag.
Friedens genießen zu machen? Und uns
verdenkst du's, Berlichingen, daß wir uns in
5. Die erste Szene des ersten Aktes enthält bereits die Exposition von Jakob Michael
Reinhold Lenz' „Tragikomödie" Der Hofmeister (1774).
a) Wie stellt sich Läuffer dar, wie möchte er gesehen werden, und wie sehen
ihn die anderen?
- Er glaubt, dass äußere Umstände (wie der Geiz seines Vaters oder der
Pedantismus des Geheimen Rats) ihn am beruflichen Erfolg hindern. Er sieht sich
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selbst als klugen, fähigen jungen Mann, der missverstanden wird. Die anderen –
besonders der Geheime Rat – nehmen ihn jedoch nicht ernst und behandeln ihn
herablassend.
PERSONEN
Wesener, ein Galanteriehändler in Lilie Pirzel, ein Hauptmann
Frau Wesener, seine Frau Eisenhardt, Feldprediger
Marie Haudy
Charlotte ihre Töchter Rammler Offiziers
Stolzius, Tuchhändler in Armentières Mary
Seine Mutter Die Gräfin de la Röche
Jungfer Zipfersaat Ihr Sohn
Desportes, ein Edelmann aus dem Frau Bischof
französischen Hennegau, Ihre Cousine und andere
in französischen Diensten Der Schauplatz ist im französischen
Der Graf von Spannheim, sein Obrister Flandern
ERSTER AKT
Erste Szene, in Lilie
MARIE (mit untergestütztem Kopf einen Brief MARIE: Hör, ich will dir vorlesen, ob's so
schreibend): angeht, wie ich schreibe: „Meine liebe
Schwester, weißt du nicht, wie schreib Matamm! Wir sein gottlob glücklich in Lilie
man Madam, M a, ma, t a m m, tamm, me, arriviert", ist's recht so: arriviert, ar ar, riew
me. wiert?
CHARLOTTE (sitzt und spinnt): So 'st recht. CHARLOTTE: So 'st recht.
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eines Menschen, der an jede Art von Mädchen, noch ist es Zeit, noch ist der
Ausschweifung, von Veränderung gewöhnt Abgrund zu vermeiden, ich will sterben,
ist, der ein braver Soldat zu sein aufhört, wenn ich dich nicht herausziehe. Lassen Sie
sobald er ein treuer Liebhaber wird, der dem sich alle Anschläge auf meinen Sohn
König schwört, es nicht zu sein, und sich vergehen, er ist versprochen, die Fräulein
dafür von ihm bezahlen läßt. Und Sie Anklam hat seine Hand und sein Herz. Aber
glaubten, die einzige Person auf der Welt zu kommen Sie mit in mein Haus, Ihre Ehre
sein, die ihn trotz des Zorns seiner Eltern, hat einen großen Stoß gelitten, das ist der
trotz des Hochmuts seiner Familie, trotz einzige Weg, sie wiederherzustellen.
seines Schwurs, trotz seines Charakters, Werden Sie meine Gesellschafterin, und
trotz der ganzen Welt treu erhalten wollten? machen Sie sich gefaßt, in einem Jahr keine
Das heißt, Sie wollten die Welt umkehren. - Mannsperson zu sehen. Sie sollen mir meine
- Und da Sie nun sehen, daß es Tochter erziehen helfen – kommen Sie, wir
fehlgeschlagen hat, so glauben Sie, bei wollen gleich zu Ihrer Mutter gehen und sie
ändern Ihren Plan auszuführen und sehen um Erlaubnis bitten, daß Sie mit mir fahren
nicht, daß das, was Sie für Liebe bei den dürfen.
Leuten halten, nichts als Mitleiden mit Ihrer MARIE (hebt den Kopf rührend aus ihrem
Geschichte oder gar was Schlimmers ist. Schoß auf): Gnädige Frau – es ist zu spät.
(Marie fällt vor ihr auf die Knie, verbirgt ihr GRÄFIN (hastig): Es ist nie zu spät,
Gesicht in ihren Schoß und schluchzt.) vernünftig zu werden. Ich setze Ihnen
Entschließ dich, bestes Kind! unglückliches tausend Taler zur Aussteuer aus, ich weiß,
daß Ihre Eltern Schulden haben.
Ausrede dienen - Du sagst, man beneide und was helfen mich tausend beßre
mich. Armes Ding! Beklagen soll man mich Empfindungen, wo ich nur Wallungen
vielmehr. Unter allen, die an den Brüsten löschen darf?
der Majestät trinken, kommt die Favoritin SOPHIE (blickt sie verwundernd an): Wie
am schlechtesten weg, weil sie allein dem lang ist es denn aber, daß ich Ihnen diene,
großen und reichen Mann auf dem Mylady?
Bettelstabe begegnet – Wahr ist's, er kann LADY: Weil du erst heute mit mir bekannt
mit dem Talisman seiner Größe jeden Gelust wirst? – Es ist wahr, liebe Sophie – ich habe
meines Herzens wie ein Feenschloß aus der dem Fürsten meine Ehre verkauft, aber mein
Erde rufen. – Er setzt den Saft von zwei Herz habe ich frei behalten – ein Herz,
Indien auf die Tafel – ruft Paradiese aus meine Gute, das vielleicht eines Mannes
Wildnissen – läßt die Quellen seines Landes noch wert ist – über welches der giftige
in stolzen Bögen gen Himmel springen oder Wind des Hofes nur wie der Hauch über den
das Mark seiner Untertanen in einem Spiegel ging. – Trau es mir zu, meine Liebe,
Feuerwerk hinpuffen - - Aber kann er auch daß ich es längst gegen diesen armseligen
seinem Herzen befehlen, gegen ein großes, Fürsten behauptet hätte, wenn ich es nur von
feuriges Herz groß und feurig zu schlagen? meinem Ehrgeiz erhalten könnte, einer
Kann er sein darbendes Gehirn auf ein Dame am Hof den Rang vor mir
einziges schönes Gefühl exequieren? – Mein einzuräumen
Herz hungert bei all dem Vollauf der Sinne,
- Gräfin La Röche und Lady Milford sind beide von gesellschaftlichen Normen
und persönlichen Konflikten geprägt. Die Gräfin zeigt sich als moralische Instanz,
die Marie vor ihren Illusionen über Liebe und Stand warnt. Sie kritisiert Maries
Naivität und glaubt, dass ihr Unglück selbstverschuldet ist. Ihre Haltung ist von
einer gewissen Überlegenheit und Fürsorge geprägt. Lady Milford hingegen ist
enttäuscht vom Hofleben, das ihre Wünsche und Gefühle unterdrückt. Sie sieht
sich als Opfer des Systems und sehnt sich nach echter Leidenschaft. Trotz ihrer
Stellung als Favoritin des Fürsten bleibt ihr Herz unberührt, und sie kritisiert die
Leere des Hoflebens. Beide Frauen kämpfen mit den Erwartungen ihrer
Gesellschaft, aber ihre Reaktionen auf diese Konflikte sind unterschiedlich: Die
Gräfin versucht, moralische Werte zu bewahren, während Lady Milford sich nach
Freiheit und echter Erfüllung sehnt.
8. Vergleichen Sie die beiden Briefe vom 10. Mai und 18. August aus Goethes Die
Leiden des jungen Werthers (1774).
Welche Parallelen, Unterschiede, Entwicklungen des Charakters erkennen Sie?
Welche Veränderungen in der Wahrnehmung der Natur und dem Gefühl für sie
zeigen sich?
Halmen, die unzähligen, unergründlichen Geliebten -dann sehne ich mich oft und
Gestalten der Würmchen, der Mückchen denke: Ach könntest du das wieder
näher an meinem Herzen fühle, und fühle ausdrücken, könntest du dem Papiere das
die Gegenwart des Allmächtigen, der uns einhauchen, was so voll, so warm in dir lebt,
nach seinem Bilde schuf, das Wehen des daß es würde der Spiegel deiner Seele, wie
Alliebenden, der uns in ewiger Wonne deine Seele ist der Spiegel des unendlichen
schwebend trägt und erhält; mein Freund! Gottes! - Mein Freund - Aber ich gehe
wenn's dann um meine Augen dämmert, und darüber zugrunde, ich erliege unter der
die Welt um mich her und der Himmel ganz Gewalt der Herrlichkeit dieser
in meiner Seele ruhn wie die Gestalt einer Erscheinungen.
Am 18. August, Wald und Gebirg erklang; und ich sah sie
Mußte denn das so sein, daß das, was des wirken und schaffen ineinander in den
Menschen Glückseligkeit macht, wieder die Tiefen der Erde, alle die unergründlichen
Quelle seines Elendes würde? Kräfte; und nun über der Erde und unter
Das volle, warme Gefühl meines Herzens an dem Himmel wimmeln die Geschlechter der
der lebendigen Natur, das mich mit so vieler mannigfaltigen Geschöpfe. Alles, alles
Wonne überströmte, das rings umher die bevölkert mit tausendfachen Gestalten; und
Welt mir zu einem Paradiese schuf, wird mir die Menschen dann sich in Häuslein
jetzt zu einem unerfraglichen Peiniger, zu zusammen sichern und sich annisten und
einem quälenden Geist, der mich auf allen herrschen in ihrem Sinne über die weite
Wegen verfolgt. Wenn ich sonst vom Felsen Welt! Armer Tor! der du alles so gering
über den Fluß bis zu jenen Hügeln das achtest, weil du so klein bist. – Vom
fruchtbare Tal überschaute und alles um unzugänglichen Gebirge über die Einöde,
mich her keimen und quellen sah; wenn ich die kein Fuß betrat, bis ans Ende des
jene Berge, vom Fuße bis auf zum Gipfel, unbekannten Ozeans weht der Geist des
mit hohen, dichten Bäumen bekleidet, jene Ewigschaffenden und freut sich jedes
Täler in ihren mannigfaltigen Krümmungen Staubes, der ihn vernimmt und lebt. – Ach
von den lieblichsten Wäldern beschattet sah, damals, wie oft habe ich mich mit Fittichen
und der sanfte Fluß zwischen den lispelnden eines Kranichs, der über mich hin flog, zu
Rohren dahingleitete und die lieben Wolken dem Ufer des ungemessenen Meeres
abspiegelte, die der sanfte Abendwind am gesehnt, aus dem schäumenden Becher des
Himmel herüberwiegte; wenn ich dann die Unendlichen jene schwellende
Vögel um mich den Wald beleben hörte, und Lebenswonne zu trinken und nur einen
die Millionen Mückenschwärme im letzten Augenblick in der eingeschränkten Kraft
roten Strahle der Sonne mutig tanzten, und meines Busens einen Tropfen der Seligkeit
ihr letzter zuckender Blick den summenden des Wesens zu fühlen, das alles in sich und
Käfer aus seinem Grase befreite, und das durch sich hervorbringt.
Schwirren und Weben um mich her mich Bruder, nur die Erinnerung jener Stunden
auf den Boden aufmerksam machte, und das macht mir wohl. Selbst diese Anstrengung,
Moos, das meinem harten Felsen seine jene unsäglichen Gefühle zurückzurufen,
Nahrung abzwingt, und das Geniste, das den wieder auszusprechen, hebt meine Seele
dürren Sandhügel hinunter wächst, mir das über sich selbst und läßt mich dann das
innere, glühende, heilige Leben der Natur Bange des Zustandes doppelt empfinden, der
eröffnete: wie faßte ich das alles in mein mich jetzt umgibt.
warmes Herz, fühlte mich in der Es hat sich vor meiner Seele wie ein
überfließenden Fülle wie vergöttert, und die Vorhang weggezogen, und der Schauplatz
herrlichen Gestalten der unendlichen Welt des unendlichen Lebens verwandelt sich vor
bewegten sich allbelebend in meiner Seele. mir in den Abgrund des ewig offenen
Ungeheure Berge umgaben mich, Abgründe Grabes. Kannst du sagen: Das ist! da alles
lagen vor mir, und Wetterbäche stürzten vorübergeht? da alles mit der Wetterschnelle
herunter, die Flüsse strömten unter mir, und vorüberrollt, so selten die ganze Kraft seines
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Daseins ausdauert, ach, in den Strom seltne Not der Welt, diese Fluten, die eure
fortgerissen, untergetaucht und an Felsen Dörfer wegspülen, diese Erdbeben, die eure
zerschmettert wird? Da ist kein Augenblick, Städte verschlingen, rühren mich; mir
der nicht dich verzehrte und die Deinigen untergräbt das Herz die verzehrende Kraft,
um dich her, kein Augenblick, da du nicht die in dem All der Natur verborgen liegt; die
ein Zerstörer bist, sein mußt; der nichts gebildet hat, das nicht seinen
harmloseste Spaziergang kostet tausend Nachbar, nicht sich selbst zerstörte. Und so
armen Würmchen das Leben, es zerrüttet ein taumle ich beängstigt. Himmel und Erde und
Fußtritt die mühseligen Gebäude der ihre webenden Kräfte um mich her: ich sehe
Ameisen und stampft eine kleine Welt in ein nichts als ein ewig verschlingendes, ewig
schmähliches Grab. Ha! nicht die große, wiederkäuendes Ungeheuer.
- In den beiden Briefen aus Goethes *Die Leiden des jungen Werthers* zeigt sich
eine deutliche Entwicklung von Werthers Charakter und seiner Wahrnehmung von
Natur und Gefühl.
Am 10. Mai beschreibt Werther eine harmonische Verbindung zur Natur, die ihm
Frieden und Gottesnähe vermittelt. Die ländliche Idylle und der Frühling inspirieren
ihn zu einer idealisierten Sicht auf das Leben.
Im Brief vom 18. August jedoch hat sich seine Wahrnehmung drastisch verändert.
Die Natur, die ihm früher Freude brachte, wird nun zum Spiegel seiner inneren
Zerrissenheit und erscheint ihm als zerstörerische Kraft. Das Leben wirkt ihm
zerrüttet und vergänglich. Diese Entwicklung spiegelt Werthers zunehmende
Verzweiflung wider. Was einst eine spirituelle Verbindung war, wird nun zu einem
düsteren, nihilistischen Blick auf die Welt.
9. Nach der griechischen Mythologie wurde Ganymed von Zeus' Adler von den
Menschen auf den Göttersitz Olymp entführt. Dort machte Zeus Ganymed zu
seinem Mundschenk.
a) Interpretieren Sie Johann Wolfgang von Goethes Gedicht Ganymed (1774) im
Hinblick auf diese Vorlage.
- Goethes Gedicht Ganymed greift die mythologische Vorlage auf, in der
Ganymed von Zeus entführt wird, um als Mundschenk der Götter zu dienen. In
Goethes Version wird die Entführung jedoch weniger als ein Akt der Gewalt,
sondern vielmehr als ein ekstatisches, nahezu mystisches Erheben in die
göttliche Sphäre dargestellt. Der Dialog zwischen dem irdischen Ganymed und
der Natur, in Form des Frühlings und des Morgens, symbolisiert eine Art
spirituelle Vereinigung mit dem Göttlichen. Der Mensch (Ganymed)
empfindet eine innige Liebe zu der Natur, die ihn ergreift, und strebt förmlich
danach, diese Liebe und Schönheit zu fassen, zu umarmen und in sich
aufzunehmen. Im Kontext der griechischen Mythologie ist die Entführung
durch Zeus eine physische Handlung, doch Goethes Gedicht stellt das Streben
des Menschen nach einer höheren, überweltlichen Verbindung dar. Der junge
Ganymed wird nicht einfach als Werkzeug oder Diener der Götter dargestellt,
sondern als jemand, der durch seine Liebesbeziehung zur Natur eine Art
göttliche Bestimmung erreicht.
b) Versuchen Sie, den zwischen den Göttern und den Menschen stehenden Ganymed
zu charakterisieren.
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- Ganymed ist eine Figur, die zwischen den irdischen Menschen und den
göttlichen Sphären steht. Er wird von den Göttern, konkret von Zeus, zu einem
Symbol des Übergangs erhoben, aber seine Stellung ist nicht nur als Diener
der Götter zu verstehen. Durch seine Vereinigung mit der Natur und die
Verbindung mit der göttlichen Liebe wird er zum Medium, das den Menschen
den Zugang zur höheren, spirituellen Welt ermöglicht. In Goethes Gedicht
wird Ganymed als eine Art Bote des Göttlichen dargestellt, dessen ekstatische
Erhebung in den Himmel eine metaphorische Darstellung des menschlichen
Strebens nach Transzendenz ist. Er ist weder ganz Mensch noch ganz Gott,
sondern ein Wesen, das zwischen beiden Welten vermittelt.
c) Warum kann man dieses Gedicht pantheistisch nennen?
- Das Gedicht Ganymed ist pantheistisch, weil es die Vorstellung ausdrückt,
dass das Göttliche in der gesamten Natur und in allem Leben gegenwärtig ist.
Ganymed empfindet eine tiefe Vereinigung mit der Natur, die für ihn eine
göttliche Quelle von Liebe und Schönheit ist. Die „ewige Wärme“ und die
„unendliche Schönheit“ sind Ausdruck einer transzendenten Wahrheit, die in
der Natur selbst zu finden ist. Der Wunsch, „an deinem Busen zu liegen“ und
sich mit der Natur zu vereinen, deutet darauf hin, dass das Göttliche und das
Natürliche untrennbar miteinander verbunden sind. In Goethes Gedicht gibt es
keine klare Trennung zwischen Gott und Natur; vielmehr wird das Göttliche in
der Schönheit der Natur und in der Verbindung mit ihr erfahren.
d) Vergleichen Sie Ganymed mit dem Brief vom 10. Mai aus den Leiden des jungen
Werthers (1774).
- Im Vergleich zu Werthers Brief vom 10. Mai beschreibt auch Ganymed eine
tiefe, fast göttliche Verbindung zur Natur. Beide erleben Harmonie und
Erhebung, wobei Werther die Natur als Spiegel seiner Seele empfindet,
während Ganymed von Zeus in eine göttliche Sphäre erhoben wird. Der
Unterschied liegt darin, dass Werther diese Harmonie aus persönlichem
Bedürfnis sucht, während Ganymed durch eine äußere, göttliche Kraft zu
seiner Erhebung gelangt. Beide Darstellungen betonen jedoch die
transzendente Verbindung zur Natur und zur Liebe als übermenschliches
Erlebnis.
Ganymed
Wie im Morgenrot Ich komme! Ich komme!
Du ringst mich anglühst. Wohin? Ach, wohin?
Frühling, Geliebter! Hinauf, hinauf strebt’s,
Mit tausendfacher Liebeswonne Es schweben die Wölken
Sich an mein Herz drangt Abwarts, die Wölken
Deiner ewigen Wärme Neigen sich der sehnenden Liebe.
Heilig Gefühl, Mir, mir!
Unendliche Schöne! In euerm Schoße
Daß ich dich fassen möcht' Aufwärts,
In diesen Arm! Umfangend umfangen!
An deinem Busen,
Ach, an deinem Busen Alliebender Vater!
Lieg’ ich, schmachte,
Und deine Blumen, dein Gras
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10. In der griechischen Mythologie heißt es, daß Prometheus den Göttern das Feuer
stahl und es den Menschen brachte.
a) Deuten Sie die Revolte gegen die Götter in Johann Wolfgang von Goethes
Gedicht Prometheus (1774) als ein Thema des Sturm und Drang.
- In Goethes Gedicht Prometheus wird die Revolte gegen die Götter als
zentrales Thema des Sturm und Drang dargestellt. Der Dichter zeigt
Prometheus als eine Figur, die sich von den göttlichen Mächten abwendet
und deren Autorität in Frage stellt. Prometheus widersetzt sich nicht nur
Zeus, sondern fordert ihn heraus, indem er seine Unabhängigkeit betont und
sich von den Göttern distanziert. Diese Revolte spiegelt den Individualismus
und die Selbstbehauptung des Sturm und Drang wider, in dem das Streben
nach persönlicher Freiheit, die Ablehnung von Autoritäten und die Betonung
der eigenen inneren Kraft zentrale Motive sind.
b) Zeigen Sie, mit welchen (auch sprachlichen) Mitteln diese Selbstbehauptung
gestaltet wird.
- Goethe nutzt in Prometheus verschiedene sprachliche Mittel, um die
Selbstbehauptung und die Revolte gegen die Götter zu verstärken. Die
Verwendung von Imperativen, wie „Bedecke deinen Himmel“ oder „Mußt
mir meine Erde doch lassen stehn“, unterstreicht die Ablehnung der
göttlichen Macht und die Forderung nach Freiheit. Die direkte Ansprache an
Zeus zeigt eine kühne Herausforderung. Zudem verwendet Goethe eine
aufgeladene, emotionale Sprache, die Prometheus' Zorn und seine
Entschlossenheit betont. Die Darstellung der Götter als „kümmerlich“ und
„arm“ im Vergleich zum menschlichen Lebenswillen hebt die
Selbstgenügsamkeit von Prometheus hervor. Auch die Metaphorik des
„Herdes“ und der „Glut“ symbolisiert die Wärme und das Leben, die
Prometheus den Menschen bringt, im Gegensatz zu den distanzierten und
kargen Göttern.
c) Kontrastieren Sie Prometheus mit Ganymed.
- Der Kontrast zwischen Prometheus und Ganymed ist deutlich: Ganymed
strebt nach Harmonie mit den Göttern und der Natur, während Prometheus
die Götter ablehnt und sich für die Menschheit einsetzt. Ganymed sucht die
Nähe zu den Göttern, während Prometheus deren Macht infrage stellt und
die Unabhängigkeit des Menschen betont. Ganymed symbolisiert den
idealisierten, göttlich inspirierten Menschen, Prometheus den
kämpferischen, schöpferischen Menschen, der gegen die göttliche Ordnung
aufbegehrt.
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Prometheus
Bedecke deinen Himmel, Zeus,
Mit Wolkendunst!
Und übe, Knaben gleich,
Der Disteln köpft,
An Eichen dich und Bergeshöhn!
Mußt mir meine Erde
Doch lassen stehn,
Und meine Hütte,
Die du nicht gebaut.
Und meinen Herd,
Um dessen Glut
Du mich beneidest,
Ich kenne nichts Ärmer's
Unter der Sonn' als euch Götter.
Ihr nähret kümmerlich
Von Opfersteuern
Und Gebetshauch
Eure Majestät
Und darbtet, wären
Nicht Kinder und Bettler
Hoffnungsvolle Toren,
Da ich ein Kind war.
Nicht wußt', wo aus, wo ein,
Kehrte mein verirrtes Äug'
Zur Sonne, als wenn drüber wär
Ein Ohr, zu hören meine Klage,
Ein Herz wie meins,
Sich des Bedrängten zu erbarmen
Wer half mir wider
Der Titanen Übermut?
Wer rettete vom Tode mich,
Von Sklaverei?
Hast du's nicht alles selbst vollendet,
Heilig glühend Herz?
Und glühtest, jung und gut,
Betrogen, Rettungsdank
Dem Schlafenden dadroben?
Ich dich ehren? Wofür?
Hast du die Schmerzen gelindert
Je des Beladenen?
Hast du die Tränen gestillet
Je des Geängsteten?
Hat nicht mich zum Manne geschmiedet
Die allmächtige Zeit
Und das ewige Schicksal,
Meine Herrn und deine?
Wähntest du etwa,
Ich sollte das Leben hassen,
In Wüsten fliehn,
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