Schrader Helmke Wagner Lernstragien Deutsch 2008
Schrader Helmke Wagner Lernstragien Deutsch 2008
Willenberg, Heiner
Lernstrategien im Fach Deutsch
DESI-Konsortium [Hrsg.]: Unterricht und Kompetenzerwerb in Deutsch und Englisch. Ergebnisse der
DESI-Studie. Weinheim u.a. : Beltz 2008, S. 258-269
Quellenangabe/ Reference:
Schrader, Friedrich-Wilhelm; Helmke, Andreas; Wagner, Wolfgang; Eichler, Wolfgang; Thomé,
Günther; Willenberg, Heiner: Lernstrategien im Fach Deutsch - In: DESI-Konsortium [Hrsg.]: Unterricht
und Kompetenzerwerb in Deutsch und Englisch. Ergebnisse der DESI-Studie. Weinheim u.a. : Beltz
2008, S. 258-269 - URN: urn:nbn:de:0111-opus-35191 - DOI: 10.25656/01:3519
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0111-opus-35191
https://doi.org/10.25656/01:3519
http://www.beltz.de
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DESI-Konsortium (Hrsg.)
Unterricht und
Kompetenzerwerb
in Deutsch
und Englisch
Ergebnisse der DESI-Studie
Herausgeber:
Eckhard Klieme (Sprecher des DESI-Konsortiums), Wolfgang Eichler,
Andreas Helmke, Rainer H. Lehmann, Günter Nold, Hans-Günter Rolff,
Konrad Schröder, Günther Thomé und Heiner Willenberg.
ISBN 978-3-407-25491-7
Inhalt V
Inhaltsverzeichnis
1 http://www.kmk.org/schul/Bildungsstandards/bildungsstandards-neu.htm
Lernstrategien im Fach Deutsch 259
Der Einsatz von Lernstrategien als bewusst geplante und kontrollierte Aktivitäten
ist mit mentaler Anstrengung verbunden. Deshalb sind Zusammenhänge mit motiva-
tionalen Faktoren zu erwarten, wobei nicht nur das Ausmaß der Motivation, sondern
auch deren Qualität von Bedeutung ist. So ist bekannt, dass intrinsische Motivation
anspruchsvolle, auf eine tiefe Verarbeitung des Lernstoffs abzielende Lernaktivitäten
begünstigt (Schiefele u.a. 2004; Wild 2000).
Von Lern- und metakognitiven Strategien sind mehr oder weniger gewohnheits-
mäßig eingesetzte Lese-, Schreib- oder unterrichtsbezogene Aktivitäten abzugren-
zen. Während Lernstrategien die Qualität des Lernverhaltens betreffen, beschrei-
ben Lernzeitmaße das Lernen aus quantitativer Sicht. Gegenstand empirischer
Untersuchungen sind insbesondere Hausaufgabenzeiten (Trautwein u.a. 2002).
Im vorliegenden Beitrag soll untersucht werden, welche Bedeutung verschiedene
Arten von Lernstrategien und andere Aspekte des Lernverhaltens für den Lernerfolg
und die Leistung im Fach Deutsch haben. Um das Bedingungsgefüge genauer auf-
zuhellen, werden neben der kognitiven Fähigkeit auch motivationale Merkmale der
Lernenden einbezogen.
dann auf das, was ich persönlich wichtig finde ...“). Die Antwortmuster werden dann
danach bewertet, wie gut sie mit den Einschätzungen von Experten übereinstimmen.
Tabelle 23.1: Kennwerte der im Deutschen verwendeten Skalen und Items für die
untersuchte Stichprobe (ungewichtete Angaben).
Konstrukt Messzeit-
punkt Stabi-
9. Jgst. M SD α IKKB Range lität
Lernstrategien
Elaborationsstrategien Beginn 2.36 0.60 .74 .04 1-4
.37
Ende 2.21 0.65 .79 .03 1-4
Kontrollstrategien Beginn 2.77 0.61 .75 .04 1-4
.44
Ende 2.57 0.65 .78 .04 1-4
Lesestrategien Beginn 2.52 0.56 .70 .04 1-4
.44
Ende 2.52 0.59 .70 .05 1-4
Metakognitive Ende 52.06 9.06 .77C .25 -3.21- --
StrategienA 84.82
Lernaktivitäten
Hausaufgabenzeit (Min.) Ende 60.08 56.21 -- .07 0-300 --
Leseaktivitäten Ende 1.88 0.58 .76 .05 1-4 --
Motivationale
Bedingungen
Lerninteresse Beginn 2.67 0.75 .93 .11 1-4 .82
Fähigkeitsselbstkonzept Beginn 3.01 0.54 .89 .07 1-4 .66
Wichtigkeit der deut- Ende 3.12 0.69 .84 .08 1-4 --
schen Sprache aus
Elternsicht
Anmerkungen: ANach dem Messmodell von Rasch skalierte Werte (WLE-Schätzer);
BIntraklassenkorrelation; CReliabilitätsschätzung aus der Raschskalierung.
Hausaufgabenzeit
Deutschleistung
deutschen Spr.
Leseaktivitäten
Lesestrategien
Wichtigkeit der
Grundfähigkeit
selbstkonzept
Lerninteresse
DeutschnoteA
Metakonitive
Sozialstatus
Erstsprache
Elaboration
Geschlecht
Fähigkeits-
Strategien
Kognitive
Kontrolle
Elaboration .44 n.k. .17 .22 .11 .07 .17 .08 .04 .03
Kontrolle .83 .42 .15 .22 .22 .21 .19 .28 .16 .13 .18 -.03
Lesestrategien n.k. .65 .13 .24 .25 .23 .11 .25 .11 .07 .22 -.01
Metakognitive .64 .56 .46 .13 .13 .15 .13 .27 .16 .19 .04
Strategien
Hausauf- .37 .54 .31 .17 .07 .12 .06 -.08 -.06 .07 -.05
gabenzeit
Leseaktivitäten .97 .32 .70 .43 .36 .06 .15 .05 .07 -.07
Lerninteresse .62 .36 .51 .76 .71 .29 .18 .22 .33 .08 .10 .29
Fähigkeits- .50 .46 .49 .55 .15 .40 .39 .06 .05 .18 .11
selbstkonzept
Wichtigkeit
der deutschen .67 .83 .39 .54 .25 .35 .40 .11 .16 .06 .13
Sprache
DeutschnoteA .21 -.33 .27 .32 .46 .36 .05 .11 .21 .09
Deutschtest- .59 .61 .51 .88 -.21 .50 .91 .54 .55 .26 .08 .33 .21 .24
leistung
Sozialstatus .60 .43 .45 .77 -.29 .59 .91 .51 .50 .37 .93 .03 -.06 .14
Kognitive .57 .50 .46 .84 -.21 .48 .84 .45 .49 .28 .93 .87 .05
Grundfähigkeit
Geschlecht .29 .25 .36 .31 .34 .22 .22
(Mädchen)
Erstsprache .40 -.66 .30 .22 .19 .50 .52 .52 .15
(Deutsch)
Anmerkungen: Berechnungen mit Mplus (Muthén/Muthén 2003); ADeutschnote wurde
umgepolt; n.k. Modell konvergiert nicht.
In Tabelle 23.2 sind die auf Schulklassen- und Individualebene berechneten Kor-
relationen zwischen diesen Merkmalen dargestellt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass
die Intraklassen-Korrelationen (IKK) bei Elaborations-, Kontroll- und Lesestrategien
nur gering sind, so dass komplexe Analysen auf Klassenebene mit diesen Merkmalen
später nicht möglich sind. Da Lernstrategien individuelle Bedingungsfaktoren der
Leistung sind, gilt das primäre Interesse in diesem Kapitel aber ohnehin den Analysen
auf Individualebene.
Die Analysen auf Individualebene zeigen die Zusammenhänge zwischen den
individuellen Schülermerkmalen, Aktivitäten und Lernstrategien, wenn die mit
der unterschiedlichen Klassenzugehörigkeit der einzelnen Schüler zusammenhän-
genden Effekte kontrolliert werden. Die Interkorrelationen zwischen den drei mit
Fragebögen erfassten Lernstrategien sind mittelhoch. Sie hängen zudem deutlich
mit Hausaufgabenzeiten und Leseaktivitäten zusammen. Bedeutend schwächer sind
die Zusammenhänge der drei Lernstrategien mit den metakognitiven Strategien, was
262 F.-W. Schrader / A. Helmke / W. Wagner / W. Eichler / G. Thomé / H. Willenberg
mit der unterschiedlichen Erfassung dieser Variablen zu tun haben dürfte. Lern- und
metakognitive Strategien sowie Lernaktivitäten hängen auch deutlich mit motivatio-
nalen Merkmalen zusammen. Mit der kognitiven Grundfähigkeit hängen dagegen
nur die metakognitiven Strategien und – schwach negativ – die Hausaufgabenzeit
zusammen. Die gut belegte Leistungsüberlegenheit der Mädchen in den sprachli-
chen Fächern (vgl. Kapitel 19) zeigt sich ansatzweise auch im Bereich des Lernens:
Mädchen weisen signifikant höhere Werte (Ausnahme: Leseaktivitäten) auf. Deutsch
als Erstsprache geht mit höherer Metakognition und niedrigeren Hausaufgabenzeiten
einher.
Im Unterschied zur Individualebene sind einzelne Zusammenhänge auf Klas-
senebene extrem hoch. Die Ergebnisse spiegeln in erheblichem Maße Bildungs-
gangunterschiede wider.
sind es die Kontrollstrategien. Dass die metakognitiven Strategien stärker mit der
Testleistung als mit der Note zusammenhängen, könnte damit zu erklären sein, dass
im Deutschtest auch Merkmale der Sprachbewusstheit erfasst werden. Im Folgenden
wird zunächst die Rolle der metakognitiven Strategien für die Deutschtestleistung
mit Hilfe eines Strukturgleichungsmodells genauer analysiert2. Neben kogniti-
ver Grundfähigkeit, Erstsprache und Geschlecht wird das Lerninteresse als moti-
vationales Merkmal einbezogen. Angesichts der hohen Stabilität der Testleistung
wird in den folgenden Analysen ausschließlich der Nachtest verwendet, ohne den
Vortest einzubeziehen. Die Analysen erfolgen stets simultan auf Schulklassen- und
auf Individualebene3. Dargestellt werden aber lediglich die Zusammenhänge auf
Individualebene. Zur Kontrolle des Hintergrunds werden Erstsprache, Geschlecht und
kognitive Grundfähigkeit sowie auf Klassenebene der Bildungsgang einbezogen.
Das in Abbildung 23.1 dargestellte Modell zeigt, dass die metakognitiven
Strategien von kognitiver Fähigkeit und Motivation beeinflusst werden und sich ih-
rerseits günstig auf die Leistung auswirken. Schülerinnen und Schüler, die sich durch
eine überdurchschnittliche Ausprägung metakognitiver Strategien auszeichnen, erzie-
len auch bessere Deutschleistungen. Der Zusammenhang mit der Leistung fällt für die
metakognitiven Strategien fast ebenso hoch aus wie für die kognitive Grundfähigkeit
oder das Lerninteresse. Metakognition hängt etwa gleich hoch mit dem Lerninteresse
und der kognitiven Grundfähigkeit zusammen, wobei diese Beziehungen aller-
dings deutlich schwächer ausfallen als der Zusammenhang mit der Leistung. Das
Ergebnismuster ist darüber hinaus vereinbar mit der Annahme, dass metakognitive
Strategien den Einfluss von Motivation und kognitiver Fähigkeit auf die Leistung
vermitteln. Dieses Ergebnis bleibt im Wesentlichen auch erhalten, wenn man das
Modell ohne die Hintergrundmerkmale berechnet. Bei den Hintergrundmerkmalen
war ursprünglich auch der Sozialstatus einbezogen worden (ohne Abbildung); er
hatte aber weder auf die Leistung noch auf die metakognitiven Strategien einen si-
gnifikanten Effekt, so dass das endgültige Modell ohne dieses Merkmal gerechnet
wurde. Erstsprache (Deutsch) und Geschlecht (weiblich) erweisen sich dagegen so-
wohl für die Leistung als auch für die metakognitiven Strategien als vorhersagekräf-
tig: Schüler mit Deutsch als Erstsprache und Mädchen weisen höhere Werte bei der
Leistung und den metakognitiven Strategien auf.
2 Wenn im Folgenden von Einflüssen oder Effekten gesprochen wird, so geschieht dies aus Grün-
den der sprachlichen Vereinfachung. Ein wirklicher Nachweis von Kausalzusammenhängen ist
aufgrund der Untersuchungsanlage nicht möglich.
3 Die Analysen zu den Strukturgleichungsmodellen erfolgten mit dem Programm Mplus (Muthén/
Muthén 2003) auf der Grundlage von fünf plausible values für die Nachtestleistung.
264 F.-W. Schrader / A. Helmke / W. Wagner / W. Eichler / G. Thomé / H. Willenberg
.27***
Lerninteresse
.07 .25***
***
Kognitive Metakognitive
.12*** .19*** Deutschleistung
Grundfähigkeit Strategien
.06* .23***
Erstsprache
(Deutsch) * **
7* .11*
.1
Geschlecht
(weiblich)
Abbildung 23.1: Pfadmodell für den Einfluss von metakognitiven Strategien auf die
Deutschleistung (Individualebene) unter Berücksichtigung von Hintergrundmerkma-
len.4
Ein ganz ähnliches Befundmuster zeigt sich auch für Kontrollstrategien (ohne
Abbildung), wobei der Zusammenhang mit der Leistung für die Kontrollstrategien
deutlich geringer ausfällt als für die metakognitiven Strategien. Auch lässt sich
dort kein Zusammenhang zwischen kognitiver Grundfähigkeit und Lernstrategien
mehr feststellen. Vergleichbare Modelle für Elaborations- und Lesestrategien (ohne
Abbildung) zeigen, dass diese beiden Lernstrategien nicht mit der Leistung in
Beziehung stehen, was schon aufgrund der Korrelationsergebnisse zu erwarten war.
Die Zusammenhänge mit der Hausaufgabenzeit als quantitativem Parameter des
Lernverhaltens sind in Abbildung 23.2 darstellt. Der Doppelcharakter, den man die-
sem Merkmal auf Individualebene zuschreibt, wird auch in den Ergebnissen sicht-
bar: Die individuell vom Schüler aufgewendete Hausaufgabenzeit hängt positiv mit
der Motivation (je höher die Motivation, umso mehr Zeit wird aufgewendet) und
negativ mit der kognitiven Grundfähigkeit (je niedriger die Fähigkeit, umso mehr
Zeit wird benötigt) zusammen. Dass die individuell für Hausaufgaben aufgewen-
dete Zeit mit der Leistung negativ zusammenhängt, dürfte damit zu erklären sein,
dass leistungsschwächere Schüler mehr Zeit für Hausaufgaben benötigen. Mädchen
investieren mehr Zeit in Hausaufgaben als Jungen. Schüler mit nicht deutscher
Sprachherkunft wenden weniger Zeit für Hausaufgaben auf als Schüler mit deutscher
Sprachherkunft.
4 Da ein vollständiges Modell mit manifesten Variablen analysiert wurde, liegt ein perfekter Fit
vor. Erklärte Varianz auf Individualebene: R2 (Leistung) = .31; R2 (Metakognitive Strategien) =
.06; Klassenebene: R2 (Leistung) = .98; R2 (Metakognitive Strategien) = .80.
Lernstrategien im Fach Deutsch 265
.29***
Lerninteresse
.07 .27***
**
Kognitive Hausaufgaben-
-.07** -.06*** Deutschleistung
Grundfähigkeit zeit
*
-.04 .24***
Erstsprache
(Deutsch) * **
7* .15*
.0
Geschlecht
(weiblich)
Abbildung 23.2: Pfadmodell für den Einfluss der Hausaufgabenzeit auf die Deutsch-
leistung (Individualebene) unter Berücksichtigung von Hintergrundmerkmalen.5
Auf der Schulklassenebene hat die Hausaufgabenzeit eine andere Bedeutung als auf
Individualebene: Sie ist hier Indikator für das Anforderungsniveau des Unterrichts
(je höher die von der Klasse im Durchschnitt berichtete Hausaufgabenzeit, umso hö-
her die gestellten Anforderungen).
Bislang war bei den Analysen der anfängliche Leistungsstand im Fach Deutsch
ausgeblendet worden, der seinerseits von Merkmalen wie kognitiver Fähigkeit,
Erstsprache und Geschlecht abhängen dürfte. In Abbildung 23.3 wird dargestellt, wel-
che Rolle der Leistungsstand im Fach Deutsch zu Beginn der neunten Jahrgangsstufe
spielt, wenn dieser um die genannten Einflussfaktoren bereinigt wird.
Als Maß für den Leistungsstand wird die Deutschnote zu Beginn der neunten
Jahrgangsstufe verwendet, die ein grober Indikator für das Leistungsniveau in diesem
Fach ist und aufgrund der nicht übermäßig hohen Korrelation mit der Nachtestleistung
noch genügend Spielraum für andere Einflussfaktoren lässt. Führt man die Analyse
wie bislang auch auf zwei Ebenen durch, dann bedeutet dies, dass auf Individualebene
die um Klasseneffekte bereinigten Noten eingehen. Der Leistungsstand zu Beginn
hängt erwartungsgemäß deutlich mit der Deutschleistung am Ende der neunten
Jahrgangsstufe zusammen, aber auch mit den Kontrollstrategien. Schülerinnen und
Schüler mit Deutsch als Erstsprache weisen ebenso wie Mädchen sowohl signifi-
kant bessere Deutschnoten zu Beginn als auch bessere Deutschtestleistungen am
Ende der neunten Jahrgangsstufe auf. Deutschnote und Deutschtestleistung hängen
darüber hinaus signifikant positiv mit der kognitiven Grundfähigkeit zusammen.
Erstsprache und kognitive Fähigkeit haben dagegen keinen direkten Effekt auf die
Kontrollstrategien.
Kognitive
Grundfähigkeit
.1 n.s. .29***
1*
**
.28***
Erstsprache
.05** Deutschnote .11* Kontrollstrategien .07* Deutschleistung
(Deutsch)
n.s.
* ** .15***
.22 *
.15** .21***
Geschlecht
(weiblich)
Abbildung 23.3: Pfadmodell für den Einfluss von Kontrollstrategien und Leistungs-
stand auf die Deutschleistung (Individualebene) unter Berücksichtigung von Hinter-
grundmerkmalen.6
Hauptschule IGS
Lernkompetenz niedrig mittel hoch Lernkompetenz niedrig mittel hoch
Deutschtestleistung Deutschtestleistung
Deutschnote (U) Deutschnote (U)
Sozialstatus Sozialstatus
Kognitive Grundfähigkeit Kognitive Grundfähigkeit
Lerninteresse Lerninteresse
Fähigkeitsselbstkonzept Fähigkeitsselbstkonzept
Hausaufgabenzeit Hausaufgabenzeit
Leseaktivitäten Leseaktivitäten
Wichtigkeit d. deutschen Spr. Wichtigkeit d. deutschen Spr.
-1.0 -0.5 0.0 0.5 1.0 -1.0 -0.5 0.0 0.5 1.0
Realschule Gymnasium
Lernkompetenz niedrig mittel hoch Lernkompetenz niedrig mittel hoch
Deutschtestleistung Deutschtestleistung
Deutschnote (U) Deutschnote (U)
Sozialstatus Sozialstatus
Kognitive Grundfähigkeit Kognitive Grundfähigkeit
Lerninteresse Lerninteresse
Fähigkeitsselbstkonzept Fähigkeitsselbstkonzept
Hausaufgabenzeit Hausaufgabenzeit
Leseaktivitäten Leseaktivitäten
Wichtigkeit d. deutschen Spr. Wichtigkeit d. deutschen Spr.
-1.0 -0.5 0.0 0.5 1.0 -1.0 -0.5 0.0 0.5 1.0
Abbildung 23.4: Merkmalsprofile für Schüler mit niedriger, mittlerer und hoher Lern-
kompetenz, separat nach Bildungsgang (Profilmerkmale klassenweise standardi-
siert).
23.4 Diskussion
Die Ergebnisse zeigen, dass Kontrollstrategien und metakognitive Strategien
auch unabhängig von anderen Personenmerkmalen mit der am Ende der neun-
ten Jahrgangsstufe gemessenen Leistung im Fach Deutsch zusammenhängen. Die
Effekte sind zwar nicht groß, aber signifikant. Bemerkenswert ist dies bei den
Kontrollstrategien, da diese mit einem Fragebogen erfasst wurden und damit eher
Selbsteinschätzungen des habituellen Lernverhaltens als tatsächlich gemessene
Kompetenzen repräsentieren. Auch die niedrigen und in den Pfadanalysen nicht
mehr nachweisbaren Zusammenhänge mit der kognitiven Grundfähigkeit lassen es
fraglich erscheinen, dass tatsächlich eine Kompetenz erfasst wurde. Anders bei den
durch den Vergleich mit Expertenurteilen erfassten metakognitiven Strategien. Hier
gibt es deutliche Zusammenhänge mit der kognitiven Grundfähigkeit, die auch in
den Pfadanalysen erhalten bleiben.
Die Interpretation der Zusammenhänge erfolgte unter der Annahme, dass Merk-
male des Lernverhaltens einen Einfluss auf die Leistung haben. Es muss aber be-
tont werden, dass das Untersuchungsdesign keine definitive Absicherung von
Kausaleinflüssen erlaubt. Dafür wäre ein experimentelles Vorgehen, z.B. durch Trai-
ningsstudien, unerlässlich. Lernstrategien als bewusst und kontrolliert eingesetzte
Vorgehensweisen erfordern im Unterschied zu nicht-strategischen Aktivitäten eine
erhöhte mentale Anstrengung. Die deshalb zu erwartenden Zusammenhänge mit
motivationalen Merkmalen lassen sich in der Tat belegen. Lernzeitmaße bilden das
268 F.-W. Schrader / A. Helmke / W. Wagner / W. Eichler / G. Thomé / H. Willenberg
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