Tomorrows God Robert N Goldmanjudith Ann Goldman Download
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meinte der andere und füllte sich den Becher aufs neue. Obwohl es
ein warmer Sommerabend war, bestand seine Tracht aus Pelz: sein
enganliegendes, bis an die nackten Kniee reichendes Wams war aus
vielen hunderten von schwarzen Maulwurfsfellen zusammengenäht;
um die Hüften hielt es ihm ein breiter Dolchgurt aus mattem
schwarzem Leder zusammen: die Waden steckten in Strümpfen aus
dem gleichen schwarzen Rauhwerk: die Schuhe wurden ersetzt
durch strohgeflochtene Sohlen und ein Kreuzgeschnür von dunkeln
Riemen. Die sammetschwarzen und sammetweichen, jeder Biegung
der geschmeidigen Glieder sich eng anschmiegenden Fellchen sahen
aus wie die angewachsene Haut selbst des Wenden und gaben ihm
bei seinen weichen, katzengleichen Bewegungen Ähnlichkeit mit
einem schwarzen Panther.
Aus dem dunkelbraunen Gesicht über den häßlich vorstehenden
breiten Backenknochen zu beiden Seiten der aufgestülpten Nase
funkelten ein paar tiefschwarze, aber feurige Augen; der Bart war
glatt abgeschoren, ausgenommen zwei sehr lange schmale Stränge
des Schnurrbarts, welche ihm rechts und links vom Munde hingen:
er strich und drehte daran unablässig mit der Linken. Auf dem
schwarzen, kleingekrausten Haar saß ihm schief, aber kecklich, eine
hohe viereckige Mütze aus dem gleichen schwarzen Fell, von dem
ein paar schwarz-weiße Elsterfedern grell abstachen; die rechte
Hand fuhr ihm öfter an den Horngriff des langen krummen Säbels
als für die Gemütlichkeit der Unterhaltung ersprießlich war: gereinigt
war alles, was er am Leibe trug, niemals worden und der Leib selbst
recht selten. »Ist ganz gut hinunterschütten,« wiederholte er, den
Becher niedersetzend und sich den triefenden Schnauzbart mit der
Rückseite der Hand wischend. – »Ja, Ihr seid nicht verwöhnt, Herr
Berunzane. Weder in Trank noch in Speise. Wahrscheinlich habt Ihr
all die armen Schermäuslein auch verspeist, denen ihr die weichen
Wämmslein abgestreift.« – »Aber gewiß! Leckerer Braten! Besser
sogar noch als Engerlinge! Sind wir nix so reich, wir armen
Brüderlein, wie diese Deutschen.« – »Wißt Ihr auch warum, mein
Fürst?« – »Oh ja. Weil nix arbeiten, wie die Bauerntölpel. Deutschen
ist Hand gewachsen zum Pflugziehen, uns, zu nehmen, was
Deutscher erarbeitet hat.« – »Ja, ja, Eure Leute treiben's arg mit
Stehlen im Nordgau. Deshalb will ja Euch und Eure Haufen weder
Ritter noch Freibauer noch Abt aufnehmen in Burg, Hof oder Kloster.
Deshalb muß ich heute in diesem übelstinkenden Bretterverschlag
mit Euch sitzen, Fürst Zwentibold, Spithinieffs edler Sproß!« – Der
Fürst der Maulwürfe zuckte die Achseln: »Ich hab' Euch nix gesucht,
Ihr mich. Und was wir zu verhandeln hatten, brauchte weder Laie
noch Pfaff zu hören.« – »Wir sind nun doch einig – in allen
Stücken?« – »Ganz einig. Der Handel gilt: ›Blut gegen Gold‹. – Nur
eines wurmt mich noch.« – »Und das wäre, wackrer Held?« – »Daß
Ihr mir nur die Hälfte des Geldes ausgezahlt habt.« – »Die andere
nach dem Sieg.« – »Das will sagen: Ihr traut mir nix. Aber ich soll
Euch trauen. Und seht, Herr Archipfaff, das ist zu viel verlangt.« –
»Herr Wende!« – »Nun ja! Schaut, ich und meine lieben Wölflein, –
wir sind hier fremd im Land. Daß wir – gegen gutes Gold! – gern
gegen die verhaßten Deutschen losschlagen, daß wir gerne dazu
helfen, wenn deutscher Bischof gegen deutschen König kämpft und
Königsgraf, – das! – beim großen Zrnbog! – das mag man füglich
von uns glauben. Wer aber bürgt uns, daß Ihr Euch nicht wieder
vertragt mit den anderen Deutschen? Wer bürgt für die Zähe Eures
Hasses? Ihr seid …« – »Kein Deutscher!« – »Wohl, wohl. Weiß! Seid
Lombarde! Aber Kaiser Otto ist auch Euer Landesherr. Wie
Deutschland gehöret ihm Lamparten!« Da erschrak der Wende: denn
der sonst so kühle Priester schlug plötzlich mit der Faust auf die
Schieferplatte, daß die Becher aufhüpften: und tödlicher Haß sprühte
aus den dunkeln Augen unter den starken Brauen, als er mit einer
vom Zorn halb erstickten Stimme hervorstieß: »Ja, leider! Fluch ihm
dafür! Fluch und Verderben allen Deutschen.« »Beim schwarzen
Zrnbog!« rief der Slave, zurückprallend auf seinen Schemel. »Welche
Wuth! Woher?« »Woher? Warum? Weil …! Wohlan: Ihr sollt' es
wissen! Ihr müßt sogar darum wissen, sollt Ihr das eine – das letzte
– verstehen, was wir noch nicht beredet haben und was mir doch
das Wichtigste von allem.« Mißtrauisch fuhr der Häuptling an den
Schwertgriff und warf die dicken wulstigen Lippen auf: »Nix einen
Finger rühr' ich über das Versprochene hinaus für das wenige Geld,
den Bettelsold. Ein Knicker ist er, euer Bischof von Würzburg.« »Es
ist nicht viel,« gab der Priester zu: »Nicht meine Schuld! Der
Weichmütige wollte nicht einmal diesen Betrag – ›einstweilen nur!‹ –
seinen frommen Bauten entziehen. Säße ich auf dem reichen Stuhl
des reichen Würzburg, – Euer Lohn sollte …! Aber Ihr fragt, woher
mein Haß gegen diesen Kaiser-Knaben, gegen alles, was Deutsch? O
der Haß ist trefflich begründet. Ihr wißt nicht, wen Ihr vor Euch
habt, tapferer Häuptling.« – »Den Archidiakon von Würzburg,« sagte
dieser, offenbar ohne sehr hohe Meinung von einem solchen Wesen.
– »Gott sei's geklagt! Aber in des Priesters Adern fließt königliches
Blut.« – »Das wäre!« staunte der Wende und riß die Augen auf.
»Und ging' es nach Recht und Gerechtigkeit, so säße ich in diesem
Augenblick statt in dieser schmutzigen deutschen Herberge auf dem
goldenen Throne zu Pavia und dies Haupt trüge, statt der Tonsur, die
Königskrone des Lombardenreichs.« – »Ihr seid …?« – »Ich bin der
Sohn Berengars, des letzten rechtmäßigen Königs von Italia, und der
einzige Erbe seines Rechts und seiner Krone. Mein armer Vater!
Überwunden und gefangen von jenem schrecklichen eisernen Otto,
verbannt für immer aus unserer schönen Heimat starb er – hier in
der Nähe – zu Bamberg. Anmaßer, Gewaltherren, Thronräuber,
Tyrannen sind alle Ottonen wie jener erste, der meinem Vater das
Scepter aus der Hand riß.« – »Aber,« wandte der Slave ein, »in
Welschland sagte man mir, die Welschen selbst haben jenen ersten
Otto ins Land gerufen, damit er endlich Ordnung und Ruhe …«
»Tyrannen sind sie!« schrie der Lombarde, ohne auf die Worte zu
achten. »Auch mich, ein Knäblein damals, hat der fremde Zwingherr
mit meinen Eltern über die Alpen geschickt in dies Land voll Eis und
Nebel und nach des Vaters Tod zu Würzburg erziehen lassen.« –
»Das war unvorsichtig, sehr! Bei uns zu Land erdrosselt man die
Knaben besiegter Fürsten.« – »Teuflisch grausam war es! Denn in
einem Kloster – zum Priester! – ward ich erzogen. Der Welt, den
Waffen sollte ich für immer entrückt, unschädlich sollte ich gemacht
werden. Ein Pfaffe kann Italien nicht befreien vom Joche der
Barbaren! Und doch ist die Lust an weltlicher Macht, die Gier, zu
herrschen, ja – und ich fühl's! – auch die Gabe, zu herrschen, Land
und Leute zu regieren, staatsmännische Pläne zu schmieden mit des
Vaters Herrscherblut auf mich vererbt. Statt dessen – was bin ich?«
– »Nun, wie sich soeben zeigt, auch in weltlichen Dingen nix ohne
Gewalt: – die rechte Hand eines deutschen Kirchenfürsten …« –
»Verschling' ihn der Abgrund der Hölle!« schrie der Lombarde. –
»Hui, welch heißer Haß! Und dennoch dient Ihr ihm so eifrig? – Wie
soll ich das verstehen?« – »Ihr müßt's verstehen lernen! Hört weiter!
Als ich zum Jüngling, zum Manne herangewachsen war und den
Frevel begriff, den diese Deutschen an meinem Vaterland, an
meinem Vater, an mir begangen, da knirschte ich in das Gebiß, mit
dem sie mich wehrlos gemacht hatten. Tag und Nacht sann ich
darauf, es abzustreifen. Aber tief verbarg ich Haß und Groll und
Hoffnungen! So gut gelang mir die Verstellung, daß ich das vollste
Vertrauen der häufig wechselnden Bischöfe in der Mainstadt
gewann. Bald ward ich ihr Apokrisiar, Vorstand ihres gesamten
Urkundenwesens: diesseit der Alpen lebt kein zweiter, der dies
Schrifttum so fein versteht. So konnte es geschehen – daß … O ich
hatte jahrelang nur gehofft, als Flüchtling über die Alpen zu
entkommen, um dort ganz Italia zur Freiheit aufzurufen, mein
Königsrecht mit dem Schwerte zu verfechten. Und nun geschah das
Wunderbare, daß mich Bischof Poppo – der zweite dieses Namens –
selbst mit sich nahm auf einer Romfahrt. Wie erglühte mein Blut!
Wie pochte mein Herz, als ich jenseit der Berge zuerst
lombardischen Boden betrat, mein Erbgut! Wir weilten viele Monate
in Pavia, in Mailand: Zeit übergenug für einen Kopf wie ich, einen
Aufstand vorzubereiten. Und, – bei meines Vaters Grab! – ich war
nicht müßig. Aber Schmach und Verderben! Was mußte ich
erleben?« – Und er verstummte vor Ingrimm, warf beide Arme aus
den Tisch und legte das Gesicht darauf. – »Nun? Was ist? Nix traurig
werden!« – »Was antworteten sie mir? Sie, meine Landsleute, meine
Stammesgenossen, ging's nach dem Rechte – meine Unterthanen!
›Nie – solange wir zurückdenken mögen und unsere Jahrbücher
berichten – nie seit den Tagen des großen Carolus, hat solch weise,
friedliche, und doch starke, Recht schirmende Herrschaft gewaltet in
unserm Heimatland von Verona bis Benevent und Napoli, wie unter
diesen rotbärtigen Ottonen. Das Land ist glücklich und zufrieden –
laß es so!‹ – Und da ich nicht abstand, zu schüren, zur Freiheit
aufzumahmen, da drohten sie, – meine eignen Vettern in Pavia! –
mich dem deutschen Zwingherrn anzuzeigen! Ah Schmach und Weh!
Vernichtet war da, zertreten für immerdar all' mein Hoffen, des
Vaters Krone mir wieder zu erkämpfen, diese knechtischen Seelen zu
entflammen. Ich eilte nun nach Deutschland, nach Würzburg zurück.
In der entarteten Heimat Macht und Herrschaft zu gewinnen, – ich
hatte es erfahren! – war unmöglich. Allein ich wußte längst, ich sah
es täglich vor Augen an Köln, und Mainz, ja auch an Würzburg, wie
im deutschen Reiche Männer von Geistesschärfe und Willenskraft –
lange nicht soviel davon eignete ihnen wie dem Königssohne von
Italien! – von ihren Bischofssitzen aus den Staat leiteten – den
deutschen und den italischen dazu. König von Italien konnte ich
nicht werden, aber Kanzler des deutschen Reichs wie der Kölner, –
wie schon so mancher Bischof das ward. Und einstweilen war es
auch nicht übel, als Bischof von Würzburg zu walten! Unablässig war
ich daher bemüht, die Gerechtsame dieses Bischofs zu erweitern,
durch erbetene Verleihungen des Königs, durch Geltendmachung
alter, vergessener Ansprüche, die oft nur durch meine Gelehrsamkeit
– oder ›Findigkeit!‹ – aus Urkunden, die ich erst wieder entdeckte,
zu erweisen waren. Sie staunten über mich, die blöden Thoren,
Bischof und Domherren! Sie lobten, sie lohnten meinen
unermüdbaren Eifer für Sankt Burchhards Recht, wie sie es nannten.
Diese deutschen Tölpel! Als ob ich mich für den ersten lange toten
oder auch für den jetzigen lebendigen Bischof zu Würzburg also
mühte! Nein: für den nächsten Bischof: und der sollte heißen:
Berengar!«
»Ah, verstehe jetzt. Versteh! Nix dumm!« nickte der Fürst, kratzte
sich eindringlich, – aber vergeblich am Kopf und trank.
»Drei Bischöfe – Poppo, Hugo und Bernward – hatte ich, höher
und höher steigend in geistlichen Würden, erlebt. Nun hatte ich allen
Grund, anzunehmen, – mein Amt als Archidiakon, als Apokrisiar,
meine von allen laut anerkannten Verdienste um das Bistum gaben
mir ein Recht dazu – bei der nächsten Erledigung des Stuhls könne
keinen andern die Wahl treffen als mich. Ich zählte schon so fest
darauf, daß ich – vielleicht unvorsichtig! aber wie hatte ich mich
jahrzehntelang zusammengehalten! – den Stolz, das Gefühl des
geborenen Herrschers, der Überlegenheit fühlen oder doch erraten,
ahnen ließ – kurz, Bischof Bernward verfiel in seinen letzten Zeiten in
Mißtrauen, wirkte bei dem Kaiser, bei den Domherren gegen mich
und als er starb, der alte Rothenburger, da folgte ihm nicht ich,
sondern sein Neffe Heinrich!« – »Ja, der Rothenburger,« knirschte
Zwentibold und griff ans Schwert. »Der arge Wolf des Waldes fresse
seine Seele! Was hat er uns früher viele Brüderlein erschlagen.« –
»Dieser höchst ungeistliche Graf, der erst vor ein paar Jahren –
plötzlich – der Welt entsagt hatte! Dieser Weltling schnappte mir
mein schwer verdientes Bistum weg! Bei meines Vaters Grab! Er
soll's nicht lang mehr tragen.«
Zwentibold lehnte sich zurück, blinzelte dem Priester zu und
wölbte die dicken Lippen zu einem gelinden, aber ausdrucksvollen
Pfeifen: »Ahi! Aho! Fange an zu begreifen!« – »Das geht – scheint's
– langsam, Fürst, bei Berunzanen wie bei Deutschen. Meintet Ihr
wirklich bisher, für eines andern Macht müht sich der Königssohn
Italiens so emsig ab, feilscht um die Hilfe Eurer wilden Horde,
begiebt sich in hohe Fährlichkeit? Denn Reichsverrat ist was wir
treiben: – ich, mit Wollust, in klarem Bewußtsein: – der ehrenfeste
Bischof unbewußt, aber doch mit mahnendem Gewissen. Das Leben
kann mir's kosten: – im Gefecht oder – nach der Niederlage: – am
Galgen. Denn Graf Gerwalt versteht keinen Scherz.« »Mich wundert
doch,« sprach der Wende, kopfschüttelnd, »daß es der Rothenburger
thut. Er focht so treu für dieses Reich.« – »Gerade so treu ficht er
jetzt für seines Bistums Recht. Aber Ihr habt nicht Unrecht. Ich hätte
ihn nicht soweit getrieben ohne einen glücklichen Zufall. Der Graf,
dem er den Gau zunächst abkämpfen muß, dieser Graf Gerwalt, – er
haßt ihn tödlich.« – »Warum?« – »Weiß nicht. Man flüstert in der
Stadt, der Graf habe ihn ausgestochen in der Gunst der schönen
Kaiserwitwe. Ich entdeckte diesen Haß, als – erst ganz vor kurzem –
Gerwalt, bisher Graf des Deutzgaues gegenüber Köln, den
Waldsassengau mit Würzburg erhielt. Der Rothenburger wurde
glutrot vor Zorn bei der Nachricht. Erst seit es gegen Gerwalt fechten
heißt, will er – im Notfall – fechten. Im Notfall! wie er meint: denn
erst will er den Spruch des Reichstags abwarten: – nur falls dieser
sein sonnenklares Recht nicht anerkennt …« »Kann nix solang
warten,« grollte der Slave. »Gewiß nicht! Deshalb hab' ich, statt
Euch erst Wartegeld zu zahlen, gleich fest mit Euch abgeschlossen.
Wann brecht Ihr auf?«
»Sobald mein frischer Zuzug eingetroffen aus Tethin: zweihundert
Lanzen!« – »Gut! Seid Ihr einmal – in seinem Namen –
eingebrochen in den Gau, kann er nicht mehr zurück. Er darf nicht
mehr Zeit haben, zu bereuen. Deshalb wollen wir auch gleich
wegziehen von hier und unsere Spur verbergen, damit mich seine
etwaigen Boten nicht finden und abrufen können. Denn es gelang
mir doch nur dadurch ihn fortzureißen, daß ich dem verhaßten
Grafen Droh- und Hohnworte in den Mund legte, die dieser nie
gesprochen! Ich erfand sie – jenem Gerücht angepaßt! Das half! Wie
der Stier aufs rote Tuch stürmte der plumpe Deutsche darauf hin los.
Aber nun merkt auf. Jetzt kommt die Hauptsache. Der Rothenburger
–« er stand auf, trat vor die halb offene Thür in das Freie und
überzeugte sich, daß dort niemand das Ohr an die dünne
Bretterwand lehnte. Dann kam er zurück, warf einen Blick in die
anstoßende Küche, sah, daß diese völlig leer war, trat nun dicht an
seinen Verbündeten heran und flüsterte diesem in das Ohr: »der
Bischof darf seinen Sieg nicht überleben.« »Aha,« nickte der Slave.
»Meint Ihr, ich will noch jahrelang in seinem Dienst, als sein Knecht,
zusehen, wie er mit den von Kaiser Karl verliehenen Rechten den
Gau beherrscht, den er mir verdankt? O nein! Ohne Zweifel werde
ich zu seinem Nachfolger gewählt: – er selbst hat im voraus, falls er
stürbe, die Stimmen des Kapitels für mich gewonnen: – so möge
denn sein eigener Wunsch geschehen: – aber bald.« – »Jedoch wie
soll …?« – »Merkt auf! Er wird nicht fehlen in dem Gefecht! Er läßt
sich's nicht nehmen, selbst den Überfall der Burg – denn die vor
allem müssen wir nehmen! – zu leiten.« – »Ich führe meine Wölflein
selbst,« erwiderte der Häuptling schroff. »Und nicht schlecht, glaubt
mir. Hab' was gelernt im Dienst der Byzantiner! Nix so tölpelig bloß
dreinschlagen wie diese Deutschen!«
»Schon gut. Aber der Rothenburger kämpft jedenfalls mit. Nun
wohl! Nach dem Sieg – den soll er uns noch erkämpfen helfen! –
fliegt nicht ein Pfeil oft irr im Gefecht? Auf der Verfolgung der
Fliehenden? Kann ihn nicht ein Geschoß – falsch gezielt – von Euren
eigenen Leuten treffen?« Zwentibold sprang auf: »Oder ein
geworfenes Messer! Sind vergiftet. Ein Hautritz – muß sterben. Fehle
nie meinen Mann. Es gilt! Aber dann …« – »Das Doppelte!« – »Nix
genug.« – »Wie, Unersättlicher? Ich bringe – auch als Bischof –
nicht mehr auf.« – »Nix mehr an Geld. Erst das Doppelte. Dann –
andres. Ist wilder, lustiger! Vorerst: meine Wölflein müßt Ihr auch in
die Thore hinein lassen.« – »Er will's zwar nicht. Aber der Überfall
der Burg – der Kriegsmann in ihm wird's einsehen – gelingt am
sichersten so. Ihr sollt hinein!« – »Hui wohl! Dann – liegt er erst tot
– nix zahm die Hand hinhalten, wie Bettler um Geschenklein – dann
–« Die Augen des Slaven funkelten, wie die des Raubtieres, das zum
Sprunge niederduckt. »Nun, was dann?« »Plündern!« stieß
Zwentibold hervor mit schnalzender Zunge. »Nur zwölf Stunden! Mit
Brand und Blut und – nix zu vergessen! – die Weiblein küssen, –
ohne kirchlichen Segen. Ihr wißt, wir brauchen den nix,« höhnte er,
»sind nix getauft!« – »Das muß ich doch …« – »Erst überlegen? Nix!
Herr Bischof Berengar muß!« Seine Faust fuhr an den Schwertgriff.
»Oho! Es giebt der Söldner noch mehr.« »Wohl«, lachte der
Häuptling, daß seine weißen Zähne blitzten. »Aber Zwentibold,
Spithinieffs Sohn, kennt jetzt des Herrn Archidiakons Geheimnisse.«
»Was wollt Ihr damit sagen?« fragte der Lombarde, scheinbar ruhig,
aber er ward ganz bleich unter seiner gelben Haut.
»Ihr seid nix so dumm, das nicht zu erraten! Entweder Ihr thut
nach meinem Willen oder ich fange an, Geschichtlein zu erzählen.
Dankbare Hörer, gut zahlende, werd' ich finden: den Herrn Kaiser,
den Grafen Gerwalt und – nicht zum mindesten – den Bischof
Heinrich.« Er sprang auf. Berengar that desgleichen und reichte ihm
die Hand. »Es sei! Ich gönn' es diesen Deutschen!«
Drittes Buch.
I.
Es war ein strahlend schöner sonniger Sonntag im Brachmond, ein
paar Stunden nach Mittag: da wogte auf den weitgestreckten
Gemeindewiesen vor der Vorstadt »auf dem Sande« eine festlich-
fröhliche Menge.
Denn der Verband der Bogenschützen feierte die Wiederkehr des
Tages, an dem vor fünfzig Jahren König Otto der Große ihnen durch
einen Gnadenbrief die Rechte einer Genossenschaft und allerlei
Freiheiten und Befugnisse verliehen, auch die königliche Kammer
angewiesen hatte, alle fünf Jahre drei große Stückfässer Wein der
Schützenschaft zu verabreichen, wenn sie an diesem Tag ein
Bogenschießen halten wolle; sie hatte es immer gewollt!
Auch heute drängte sich da draußen vor dem Südthor so ziemlich
alles, was die Beine rühren und die enge, heiße Stadt verlassen
konnte: denn zur Lustbarkeit ließen sie sich schon damals recht
leicht bewegen, die guten Burgensen der fröhlichen Stadt am Main.
Männer und Weiber, diese gar oft ganz kleine Kinder auf den
Armen oder auch auf dem Rücken in einem Huckekorb oder einer
»Butte« festgebunden tragend, Laien und Priester und Mönche,
bischöfliche Dienstmannen, Pfahlbürger und zumal auch viele Bauern
und Winzer aus den benachbarten Dörfern und Höfen wallten und
wogten hier durcheinander; es fiel auf, daß die Reisigen des Grafen
fehlten: aber die wenigen, welche ihm nicht über die Alpen gefolgt
waren, durften die Burgwacht nicht verlassen.
Gerade an der Stelle, wo sich heute die Straßen nach
Randersacker und nach Heidingsfeld gabeln und wo auch dermalen
– gegenüber dem Ehehaltenhause – ein Wirtshaus steht, hatte ein
Wirt für das allzeit durstige Völklein – denn die drei Fässer reichten
bei weitem nicht! – zu dem Festtage eine sehr bescheidene Schenke
aufgezimmert: über ein paar tannenen Tischen und Bänken spannte
sich, von belaubten Birkenstämmlein getragen, aus Segeltuch ein
lustiges Gezelt: grüne Gewinde von Schilf und Zweigen waren
darüber hingezogen: oberhalb des Eingangspförtleins schwankte ein
Kranz von Rebenblättern: roter Teufelsabbiß, weißer Ehrenpreis,
zierlicher Frauenschuh waren hineingeflochten.
Hastig lief der Wirt, der sonst gar behäbige Bezzo, mit den
Zinnkrügen und Holzbechern voll billigen weißen Weines zwischen
den Bänken auf und ab, sein rosig Töchterlein zu gleichem Eifer mit
manchem Scheltwort treibend. »Röschen! daß dich der Donner
verschlag! Was steckst du wieder solang bei dem Schlingel von
einem Waffenschmied? Und der würdige Kapellan von Sankt
Burchhard und sogar der Nachbar Spedilo, der brave und gerechte
Büttnermeister, müssen schier vor Durst verschmachten! Der
Bettelbub, der Scheibennarr zahlt dir doch nie ein Handgeld über die
Schuldigkeit hinaus.«
Verschämt wischte sich die Kleine das Mündchen: »Ei, ich bin mit
dem Mundgeld zufrieden!« und eilig sprang sie nun zu der Bank, wo
mehrere Geistliche und ältere angesehene Bürger der Stadt um
einen weißgescheuerten Ahorntisch versammelt saßen, dabei der
dicke Büttner, der sich vergeblich bemühte, der Flinken den Arm um
die schlanken Hüften zu legen; der junge Waffenschmied aber rief,
sich das braune Bärtchen streichend: »Ei, Vater Bezzo, Ihr müßtet
von Rechts wegen dem Gast noch Mundgeld obendrein zahlen, der
Euern sauern Rostputzerwein hinunterwürgt.«
»Gelbschnabel, unverschämter! Für dich wird wohl eigens Herr
Supfo den Edeltrank vom Stein- oder vom Harfenhang schenken?
Wann zahlst du deinen letzten, vorletzten und drittvorletzten Trunk?«
– »Auf der Hochzeit mit Röschen, Vater Bezzo!« – »Der Teufel ist
dein Vater.« – »Nein, der wird ja mein Schwiegervater!« – »Ich
werd' euch,« grollte von dem geistlichen Tische her der Baß des
Kapellans, »wer nennt da so keck den üblen Höllenwirt? Dann
kommt er gar rasch herbei.« »Fürcht' ihn nit!« lachte der
Waffenschmied, »ich schieß' ihn zusammen auf fünfhundert Schritt
wie einen alten Auerhahn. Mein früherer Herr, Junker Hellmuth, hat's
gesagt: zwei Burschen wie er und ich reiten allen Teufeln entgegen.
Da kommt der Ritter! Er soll euch zeigen, daß er noch viel besser
schießt als ich.«
Damit sprang der hübsche Bursche auf und eilte einem
ansehnlichen Zug entgegen, der eben von der Stadt her auf die
Festwiese gelangte. Es war der Bischof selbst, begleitet von vielen
seiner Geistlichen, von seinen Junkern und den Edelfräulein.
Während Herr Heinrich von den Ältesten der Schützengilde
ehrerbietig empfangen und mit seinem geistlichen Gefolg in eine
vorbehaltene festlich geschmückte Laube geleitet ward, mischten
sich seine weltlichen Begleiter unter die Menge.
»Ich hörte schon unterwegs,« begann Hellmuth, »von Gästen, die
von der Wiese bereits nach Hause trachten, wer heute – wieder
einmal! – den besten Schuß gethan.« – »Ja, bis jetzt – weil Ihr nicht
mit geschossen. Kommt, Herr! Bogen und Pfeile liegen bereit. Dort:
den Rebhügel aufwärts, vor der Weinbergmauer des Geigilo steht die
Scheibe. Nun reißt die Augen auf, ihr Stümper: jetzt sollt ihr sehen,
was treffen heißt.« »Ich schieße nicht mehr – im Spiele, Gericho;«
düsteren Blickes schritt er weiter. »Wie schade! – Bei dem letzten
Wettschießen, mein Röslein« (denn sie war schon wieder an seiner
Seite! –) »zu Werthheim traf ich das Rote so genau in der Mitte, daß
ein besserer Schuß nicht möglich schien. Aber was that er? Was that
mein Herr? Er traf doch noch viel, viel besser. Denn er schoß meinen
Pfeil mitten entzwei. – Wo lebt – alles in allem – ein junger Held
seinesgleichen?«
Diese Worte schlugen an Edels Ohr wie sie, vom Gedräng
aufgehalten, mit Minnegard einen Augenblick verweilen mußte: sie
schlug die Augen auf, glühendes Rot schoß aus dem stolzen,
verhaltenen Herzen in die bleichen Wangen bis unter die lieblich
krausen Haare über der Stirn; ganz verstohlen, von keinem gesehen,
flog von der Seite ein leuchtender Blick stolzer Freude über die edle
Gestalt des Jünglings hin. Aber auch die folgenden Worte Gerichos,
obwohl er sie seinem Liebchen leise zuflüsterte, vernahm ihr feines
Ohr.
»Der Unselige! Ganz verwandelt ist er. Er lacht nicht mehr. Sogar
Roß und Speer, und all' seine Waffenfreude sind ihm verleidet. Er
muß verzaubert sein von irgend einem Neider, der ihm den vielen
Ruhm nicht gegönnt hat. Wüßt' ich den Zauberer, ich riß ihm das
Herz aus dem Leibe.«
»Vielleicht ist's eine Zauberin, die ihn verwunschen,« meinte
Rosbertha mit leisem Grauen. »Es giebt solche. Er ist gar schön.
Vielleicht that's Eifersucht – verschmähte Liebe.« – »Oder auch: er
grämt sich um ein Weib.« Hastig schritt Edel fürbaß, Minnegard an
der Hand mit sich ziehend.
»Nun, Nachbar Bezzo,« rief der dicke Büttner dem Wirte zu,
»wann endlich schließen wir ab? Ich bin jeden Tag bereit, den
Muntschatz zu zahlen – soviel Ihr fordern mögt. Ich kann's! Ich hab's
liegen. Ich bin ein Mann, der Frau und Kind ernähren kann.« »Könnt
Ihr sie auch beschützen?« fragte Gericho, blitzenden Auges
hinzutretend. »Schämt Ihr Euch nicht, alter Kahlkopf? Rösleins
Großvater könntet Ihr sein!« »Immer noch jung genug,« erwiderte
der Dicke, »dich, Nestling, zu züchtigen«: und er holte mit der
Rechten, zornig aufstehend, zum Schlage aus. »Ihr? mich?« lachte
der. »Versucht's! Für Euch brauch' ich nur die Linke. Da! Seht! Meine
Rechte leg' ich auf den Rücken – so! – und rühre sie nicht, bis Ihr
am Boden liegt. Kommt an!«
»Nachbar,« meinte Bezzo, »das könntet Ihr wagen, mein ich. Gebt
dem Keckling eine Lehre.« Sichtlich nicht gerade gern befolgte
Spedilo seines Freundes Mahnung, hob die beiden Fäuste und schritt
drohend gegen den Burschen heran.
Der unterlief ihn, schlang den linken Arm um seinen Leib und,
ohne den rechten Arm vom Rücken zu lösen, lupfte er den schweren
Gegner ein wenig in die Höhe, drehte ihn um und warf ihn
bäuchlings in das weiche Gras der Wiese. Lautes Gelächter, tosender
Beifall erscholl von allen Seiten und Gericho hob nun die Rechte,
dem schwerfällig sich Aufrichtenden einen herzhaften Schlag auf die
untersten Grenzgebiete seines Rückens zu versetzen.
Aber mitten im Ausholen hielt er ein: er lauschte, vorgebeugt,
flußaufwärts und rief: »Halt! Haltet an! Still ein wenig! Was ist das?«
Und er ließ den erhobenen Arm sinken. – »Jawohl! Stille!« –
»Horcht! Gebt Ruh.« – »Was für ein Gedröhn!« – »Dort von Mittag
her – auf der großen Straße!« – »Sind's Feinde?« – »Die Hunnen
kommen wieder!« rief entsetzt ein altes Weiblein. »Nein! Es sind
Drommeten!« – »Nein! Posaunen!« – »Aber nicht das deutsche
Heerhorn!« – »Und Grabgesänge tönen drein!« – »Wie schauerlich!«
– »Immer näher kommt's.« – »Schon sieht man die Staubwolken!« –
»Viele, viele Reiter!« – »Und Wagen.« – »Da! Da sind die ersten
Reiter schon!« – »Was bringen sie? Was hat das zu bedeuten?«
Und die mehr als zweitausend Menschen auf der Wiese gerieten in
wirre Bewegung: Alles drängte den die breite Heerstraße
heranziehenden Ankömmlingen entgegen.
II.
Noch bevor die staubbedeckten Reiter – meist Bauern aus den
nächsten stromaufwärts gelegenen Dörfern – abgesprungen waren
und den neugierig Fragenden Bescheid gegeben hatten, kam bereits
ein gar schauerlich aussehend Gefährt in Sicht.
Vier schwarze, mit schwarzem Trauerzeug über und über bedeckte
Rosse zogen einen gewaltigen, auf hohen Rädern stehenden Wagen,
einen italienischen »carroccio«: auf diesem aber war ein
bühnenartiges Gerüst aufgeschlagen, das, wie der ganze Wagen, auf
allen Seiten ebenfalls mit schwarzen Tüchern behangen war.
In den vier Ecken des langgestreckten breiten Wagens, der
nahezu die ganze Heerstraße füllte, standen vier Mönche in
schwarzen Kutten mit weithin hallenden ehernen langen Posaunen in
den Händen, in der Mitte aber, sie alle überragend, ein fünfter
riesenhoher Mönch, der die schwarze Kapuze bis an die Augen über
die Stirn gezogen hatte: in der Rechten trug er eine lang hinwallende
schwere Fahne von schwarzer Wolle, in welche mit weißer Farbe
plump ein Totenkopf über zwei geschrägten Knochen gemalt war:
alle fünf aber sangen in schauerlichen Tönen – nach den Weisen
eines römischen Grabgesanges – ein Lied: und schauerlich stimmten
sie ein, die vielen Hunderte von Männern, Frauen, Kindern, die vor
dem Wagen schritten oder demselben folgten, alle vom Staube
langer Wanderschaft über und über bedeckt, die meisten in
schwarze Gewande gehüllt, viele davon mit Geißeln und Stöcken sich
auf die entblößten Schultern und den Rücken schlagend.
Das Lied aber lautete:
III.
Die Wirkung des Liedes, des ganzen Aufzuges auf die wirre Menge
war eine furchtbare.
Nur wenige zwar verstanden genau die Worte des Gesanges: aber
von den dem Wagen nächsten aus verbreitete sich mit Windeseile
bis in die hintersten Reihen der Herandrängenden das kurze,
vernichtende Wort: »Es ist so. Die Welt geht unter. Der Papst hat's
selbst gesagt. Er hat befohlen, es zu glauben.« Was monatelang nur
wie ein fernher drohendes Gewölk über den Gedanken der Menschen
geschwebt hatte – die allermeisten der leichtlebigen Franken hatten
gehofft, es werde sich zerstreuen – das hatte sich nun plötzlich zu
einer furchtbaren schwarzen Wetterwolke über ihren Häuptern
geballt und donnernd zu entladen begonnen. Keiner von den
Tausenden zweifelte mehr. Heulend und schreiend liefen sie
durcheinander, Männer wie Weiber, zerrissen die Kleider, rauften sich
das Haar; einzelne rannten in wahnsinniger Angst gegen den Fluß
zu, sich zu ertränken. Die meisten strömten in wilder Flucht nach der
Stadt zurück – manch' alt' Weiblein ward dabei umgeworfen und
überrannt – die zurückgelassenen Ihrigen zu benachrichtigen, zu
warnen oder in den Kirchen an den Altären, bei den Überbleibseln
der Heiligen zu beten. Die paar Hunderte aber, die wahrgenommen
hatten, daß der lang erwartete Bischof bereits vor dem schrecklichen
Aufzug eingetroffen war auf der Wiese, drängten alle, wie eine
Herde Schafe, die der Wolf bedroht, auf ihren Hirten, so auf ihren
Bischof zu um Hilfe, Rat, Trost, Auskunft, Rettung. »Helft, helft,
helft, Herr Bischof! Herr Heinrich, was sollen wir thun?« riefen
Hunderte von Stimmen. Und der Herr Heinrich that seine
Hirtenpflicht.
Seine Ritter hatten ihm alsbald Bahn gebrochen durch die
wogende Menge, so daß er ziemlich in die Nähe des schauerlichen
Wagens gelangte und den Sinn des Liedes genau verstehen konnte.
Seine Junker und er selbst, mächtig den Fliehenden sich
entgegenstemmend, die beiden Mädchen hinter sich deckend,
hielten auch nun, nachdem der Gesang zu Ende, in dem Gedränge
stand. Endlich legte sich der Lärm, es entstand um den Wagen her
eine todesbange Stille: Herr Heinrich drang durch die letzten Reihen
des Volkes, die ihn noch von dem schwarzen Gespann trennten:
scharf spähten seine Augen auf die Gesichter und Gestalten der fünf
Mönche: er kannte keinen. »Wer ist es,« rief er mit starker Stimme,
weithin vernehmbar allem Volk, »der solche Schrecken zu erregen
wagt? Wer will hier das Wort führen im Namen Sylvesters, des
heiligen Vaters?«
Da schlug der riesenhafte Mönch in der Mitte des Wagens die
Kapuze zurück und sprach: »Ich!«
»Arn!« rief der Bischof mit Entsetzen. »Du! Arn!«
»Nein! Nicht mehr Arn, Bruder Monitor ist mein Name. Abgelegt
für immer, abgeschworen habe ich, was an mein sündhaftes Leben
in der Welt erinnert.« Der Bischof entgegnete: »Wohl! – Aber das ist
unweise gehandelt und nicht im Sinne der Kirche, diese gewaltige
Wirrnis, plötzlich, ohne Vorbereitung, unter den großen Haufen zu
werfen. Schau' hin, welch' Unheil du angerichtet hast. Da tragen sie
blutende Kinder, ohnmächtige Weiber vorüber!« – »Heil ihnen,
nehmen sie Schaden an ihren Leibern und retten ihre Seelen.« –
»Warum hast du nicht – in alter Treue – mir, deinem Dienstherrn,
deinem Lehnsherrn, zuvor vertraute Kunde geschickt, wie es gutem
Boten ziemte?« – »Ich weiß nichts mehr von Treue, Dienst und
Lehen! Ich bin Mönch, habe weder Allod noch Lehen und diene nur
den Heiligen.« »Nun,« erwiderte Herr Heinrich heftig, »so bin ich
doch Euer Bischof geblieben und als Euer Bischof verbiete ich Euch,
den Schrecken in solcher Weise weiter unter meine Gemeinde zu
werfen und Verzweiflung zu verbreiten. Ich verbiete Euch, weiter in
diesem Aufzug durch meinen Sprengel zu fahren. Als mein Bote seid
Ihr ausgesendet worden und mir allein habt Ihr genauen Bericht zu
erstatten. Ich werde ihn prüfen und werde, was davon für die
Gläubigen zu erfahren ersprießlich ist, unter gehöriger bischöflicher
Vermahnung und Anleitung mitteilen. Herunter mit Euch von dem
Gerüst! Spannt die Pferde von dem Wagen ab!« Und drohend trat
Herr Heinrich dicht an das Gespann. Aber der Mönch riß aus seinem
Gürtelstrick eine Pergamentrolle, hielt sie ihm entgegen und schrie
mit gellender Stimme: »Nichts hast du mir zu befehlen, du
allzuweltlicher Bischof von Würzburg! Als dein Bote ritt ich aus, als
Bote des Herrn Papstes kehre ich wieder. Schau' her! Kennst du das
Siegel? Lies! Mein Orden, der Orden des schwarzen Bundes von
Garganus, neu gestiftet unter den furchtbaren Offenbarungen dieser
Wochen von Sankt Nil, dem größten Heiligen und Wunderthäter der
Christenheit, steht unmittelbar unter dem Papst: nur der Bischof von
Rom ist mein Bischof, er hat mir mit eigner Hand diese schwarze
Fahne gereichet und mich zu seinem Bandalarius, zum Bannerträger
und Herold des drohenden Gerichts bestellt. Und der heilige Vater
selbst – lest doch, leset auch ihr, Ritter und edle Fräulein! – hat mir
Auftrag und Befehl gegeben, mit vier andern Brüdern aus
Deutschland in die Heimat zurückzueilen und hier vom Brennerberg
an von Gau zu Gau zu ziehen, rastlos und unhemmbar, bis zur
Dänenmark und überall in jedem Dorf, in jeder Stadt zu verkünden:
›das Ende bricht herein. Thuet Buße! Bereitet euch, den
fürchterlichen Richter zu empfangen‹. Und Ihr seht, mit welchem
Erfolg ich das Wort vom Gericht verkündet habe. All' diese vielen
Hunderte hinter mir, zu Roß, zu Fuß, zu Wagen, von meiner
Verkündung hingerissen, haben vom Inn bis zum Main Haus und Hof
und Habe verlassen und folgen mir nach freiwillig: Männer und
Frauen, Jünglinge und Greise, um die schreckende Kunde
weiterzutragen und die eignen Seelen zu retten, indem sie andre
warnen, aufrütteln und erretten vor dem ewigen Verderben. Und
überall will ich laut verkünden vor allem Volk – nicht vor Bischof oder
Priester im geheimen! – das große Wunder, das der Herr in
Welschland an mir gethan.«
Inzwischen hatte der Bischof das Pergament durchflogen, das ihm
der Mönch von dem Wagen herunter gereicht: – er prüfte nun und
erkannte als echt das große daran hangende päpstliche Siegel:
seufzend gab er das Schreiben dem Mönche zurück und mahnte
seine Junker, welche bereits sich anschickten, die schwarz
behangenen Pferde auszuspannen, davon abzulassen.
»Kein Zweifel,« sprach er. »Es ist alles, wie er sagt. Ich habe kein
Recht, dem Boten des heiligen Vaters das Wort zu verbieten. So
redet denn in Gottes und der Heiligen Namen! – Seid Ihr zu Ende,
wird der Bischof anordnen, welche geistlichen Vorbereitungen
geschehen sollen.«
Er trat nun mit seinem Gefolg ein paar Schritte von dem Wagen
zurück: auf einen Wink Monitors stießen die andern Mönche wieder
dreimal in die ehernen Posaunen: – weit dröhnten sie über das
Blachfeld hin: eine bange, eine ungeheure Stille entstand.
IV.
Der Bischof und die Seinen betrachteten mit Staunen, mit leisem
Grauen die Verwandlung, welche die Gestalt des hünenhaften,
breitschultrigen Jägermeisters verändert hatte. Er war kaum wieder
zu erkennen. Zum Knochengerippe war der einst kraftstrotzende
Leib abgemagert, mit Mühe hielt die hagere Gestalt sich auf den
Fahnenschaft gestützt aufrecht, die Wangen waren völlig eingefallen
und von wachsgelber Leichenfarbe, die Backenknochen ragten spitz
hervor, unablässig zuckte es krampfhaft um die glattgeschornen
Lippen und aus den tiefen, von schwarzen Schatten umränderten
Höhlen schossen die unheimlichen Augen Blicke von fanatischem
Wahnsinn. Er zitterte am ganzen Leib: – es war wohl das welsche
Fieber: – oft unterbrach das Klappern der Zähne den Fluß seiner
Worte.
Und die gewaltige Fahne mit der Linken an seine Brust drückend
hob er an mit lauter schriller, markdurchgellender Stimme: »Höret
mich! Höre mich, alles Volk der Deutschen! Wer Ohren hat zu hören,
der höre! Denn aus meinem, ihres unwürdigsten Knechtes, Mund
redet der heilige Geist, redet Sankt Petrus, redet dessen Statthalter
auf Erden, der Herr Papst zu Rom, redet der große Wunderthäter
Sankt Nil im Land Italia und redet auch der oberste Herr der
Weltlichkeit auf Erden – solang sie noch bestehen wird! – der Herr
Kaiser Otto. Euch, ihr Ritter, Geistliche und Dienstmannen des
Bischofs von Würzburg, bin ich allen wohl bekannt. Aber auch die
meisten Bürger dieser Stadt und gar viel Bauern der Dörfer und Höfe
kennen mich gut, der ich in der Weltlichkeit Arn hieß, des
Helmbrecht Sohn aus Salzburg. Und wisset wohl: ich war der
Jägermeister des Bischofs und war aller Weltlinge weltlichster und
sündigster. Aus dem Bayerland war ich und allerwegs gerichtet nicht
auf das Geistliche und Himmlische, sondern auf das Fleischliche und
Irdische: kein Felsgrat in meinen Bergen war mir zu steil vom
Wetterstein bis zum hohen Ortler: wohin der schwindelfreie
Gemsbock stieg, da stieg ich nach. Des Weines trank ich mehr als
drei Männer zusammen und mit drei Männern zumal zu raufen hab'
ich mich nie gescheut. Dem Bären ging ich an den Leib, allein,
Schwert in Hand. Beim Reigentanz war ich der erste auf dem Platz
und der letzte, aber auch beim Waffentanz in Pusterthal und Krain
mit Wenden, mit Arabern und Welschen in Calabria. Ach und manche
Maid in manchem Land hab' ich zerstört durch meine wilde Minne!
Und viel, viel Blut von Erschlagenen – in Krieg und in Frieden! –
klebt an meinen Händen. Viel öfter lief ich zu Wald mit Rado, dem
argen, argen Heiden – dort steht er und wendet sich finster von mir!
– als in den Dom, wann der Bischof die Messe sang. Diese Welt,
diese lustige Erde, mit Jagdhornklang und Becherschwang und
Speeredrang und Mädchenfang: – sie war mein alles. Und als nun
vor vielen Monden zuerst das Wort vom nahenden Gericht auch in
unseren Gau drang, da war keiner unter all den Dienstleuten des
Bischofs, der weniger daran glaubte, der übermütiger, frevelhafter –
verzeihe mir Sankt Petrus! – darüber spottete als ich. Und gerade
mich wählte er als seinen Boten nach Rom. Wie lachte mein
sündhaft begehrlich Herz bei dem willkommenen Auftrag! Ich freute
mich auf ein üppig Feld von Sünden und ich trieb's danach von hier
bis Rom. Auch Rom machte mich durchaus nicht besser. Nicht einmal
das Grab der Apostelfürsten! Aber bald darauf – da kam über mich
die erlösende Zermalmung, die beseligende Zerknirschung, die
errettende Verfinsterung des natürlichen Verstandes durch das
Übernatürliche, das Wunder, das unsrer sündhaft stolzen Vernunft
eitel Thorheit ist.«
V.
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