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Oesterreichische Sprachvarietaeten Und Dialekte

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C1 HÖREN

Österreichische Sprachvarietäten und Dialekte

Österreichische Sprachvarietäten und Dialekte

Themenfeld: Sprache und Kommunikation Niveaustufe C1

LERNINHALTE GRAMMATIKSCHWERPUNKT
In dieser Einheit wird den Lernenden das Thema der in Österreich Partizip I und II als Adjektiv
gesprochenen Sprachvarietäten, insbesondere der Dialekte – angefangen
von einem praktischen Zugang über Dialektlieder hin zu einer sprachwissen- DIALEKTSCHWERPUNKT
schaftlichen Herangehensweise – verständlich gemacht. Dabei tauschen sie Vokalveränderungen, Auslassungen,
sich anhand eines Vortrags, eines Dialogs in Umgangssprache sowie eines Zusammenziehungen
Interviews zum Thema aus und vertiefen einzelne Aspekte der jeweiligen
Varietäten. PRÜFUNGSAUFGABE
C1-ÖIF-Test Hören, Aufgabe 2

1 Assoziationen
Was wissen Sie über Dialekte
in Österreich? Wer spricht wo,
wann und in welchem
Kontext im Dialekt?
Sammeln Sie Ihr Wissen
und Ihre Vermutungen
in Kleingruppen und … …
schreiben Sie sie in ein Mindmap: Dialekte in Österreich
Bairische Dialekte
Die im Burgenland, Oberöster-
2 Dialektmusik reich und Wien gesprochenen
Dialekte gehören zur Gruppe
Hören Sie in Zweiergruppen nun jeweils kurz in folgende Dialektlieder hinein: der sog. bairischen Dialekte.
Wie klingen die Dialekte für Sie im Vergleich zur Standardsprache? Diese werden in Süddeutsch-
Was fällt Ihnen auf? land und ganz Österreich bis
auf Vorarlberg gesprochen und
haben somit ähnliche sprachliche
Merkmale.

Beginn:
Beginn:
Riechst du die Bäume,
Riachst du die Bama,
spürst du den Regen?
spiast du den Regn?
Kannst du ganz still sein und
Kannst du ganz stü sein und
Schmetterlinge lachen hören?
Schmetterlinge lochn hean?
Refrain:
Refrain:
Ich will tanzen im Regen,
I wü danzn im Regn,
ich will fliegen wie der Wind,
i wü fliang wia da Wind,
Und mein Leben erleben,
DIE MAYERIN Und mei Lebn erlebn,
wo (auch) immer ich bin, bin ...
Tanzen im Regen wo immer i bin, bin ...
Wo (auch) immer ich bin.
(Burgenland) Wo immer i bin.
https://bit.ly/2Q3mFj0

1
C1 HÖREN

Österreichische Sprachvarietäten und Dialekte

Beachten Sie die Veränderungen Tipp für Selbstlernende


der Vokale von Standardsprache Konzentrieren Sie sich bei Dialekt allgemein auf die Konsonanten
zu Dialekt (Bsp.: i  ü): (b, c, d, f, …), diese verändern sich kaum, die Vokale (a, e, i, o, u) und
• Ich will  I wü Umlaute (ä, ö, ü), hingegen stark.
still  stü
viel  vü
• riechen  riachn Übung: Schreiben Sie Ausschnitte der Dialektversion eines Liedtextes auf ein
spüren  spian Blatt Papier und schreiben Sie dabei nur die Konsonanten. Machen Sie dort,
hören  hean wo ein Vokal steht, ein Leerzeichen und ergänzen Sie anschließend den Text
• wie  wia in Standardsprache. Belassen Sie Wörter, die bereits in Standard stehen.

Beispiel: R_ _ chst du die B_ m _


Riechst du die Bäume

Refrain:
Refrain: ,
Ich habe mich gefragt, woran das liegt
I hob mi gfrogt, woran des liegt,
dass mich keiner versteht,
dass mi kana vasteht,
wie es sowas gibt.
wie‘s sowos gibt.
t, Irgendwie habe ich für alles ein
Irgendwie hob I fia ois a andas Wor
anderes Wort, manchmal drei oder vier.
monchmoi drei oda vier.
Und dann wird es hart. Wie soll mich
Und dann wird’s hoat.
da auch jemand verstehen?
Wie soi mi do a wer versteh’?

Ich habe ein komplett anderes Deutsch
I hob a komplett andas Deitsch ...
Wie soll das gehen?
Wia soi des geh’?
SABINE STIEGER
Servus Tschüss und Baba
(Oberösterreich) Beachten Sie die häufigen Aus­ Auch hier ändern sich viele
https://bit.ly/36PRSed lassungen einzelner Buchstaben: Vokale (Bsp.: a  o):
ich  i habe  hob
mich  mi gefragt  gfrogt
es  ‘s sowas  sowos
auch/ein  a

Beginn/Textausschnitt:
Beginn/Textausschnitt:
Wenn es nicht geht, dann
Waunns ned geht,
funktioniert (=rennt) es halt mit dir.
dann rennts hoit mit dir.
(Du) bist ein Gewinn,
Bist a Gewinn,
ich kann nicht verlieren, (...)
i konn ned verliern, (...)

Sehe ich kein Ziel,


Siach i ka Zü,
bringst du mich dorthin.
bringst du mi durt hi.
SEILER UND SPEER Und wenn du etwas machst,
Und waunnst wos mochst,
Weust a Mensch bist = fragst du nie nach dem Wie.
frogst du nie nochm Wie.
Weil du ein Mensch bist Weil du in jedem Menschen stets
Weu du in jedem Menschen stets
(Wien) das Gute nur siehst. 
des Guade nur siachst.
https://bit.ly/3qD2vfb

2
C1 HÖREN

Österreichische Sprachvarietäten und Dialekte


Refrain: Beachten Sie hier die
Refrain:
(Du) bist ein Mensch Zusammenziehung
Bist a Mensch
Ein guter Mensch mehrerer Wörter:
A guada Mensch
Du bist viel mehr als ein Mensch. waunns  wenn es
Du bist vü mehr ois a Mensch.
Ich wollte dir nur sagen, rennts  rennt es
I wuit da nur sogn,
was dich alles ausmacht. nochm  nach dem
wos di olles ausmocht.
Und dass du ewig bist und
Und dass du ewig bist und
ewig weiterlebst. Sonderfall
ewig weitalebst.
Darum wollte ich dir sagen, waunnst  wenn du
Drum wuit i da sogn,
was dich alles ausmacht. (Endung der 2. Person Singular –
wos di olles ausmocht.
Auf dass du ewig bist und du kommst – wird an die
Auf dass du ewig bist und Konjunktion angehängt)
ewig weiterlebst.
ewig weitalebst.

Fragen und Aufgaben zu den Dialektliedern: Tipp für Selbstlernende


1 Versuchen Sie, einen Satz aus Ihrem Lieblingslied aufzuschreiben Erweitern Sie die gewonnenen
und ins Standarddeutsche zu übersetzen. Wo erkennen Sie Unterschiede Informationen zu Dialekten
(Wortschatz, Grammatik, Aussprache)? ­(Vokalveränderungen, Aus­
2 Stellen Sie Vermutungen an: Warum glauben Sie haben sich die lassungen, Zusammenzie-
Sängerinnen und Sänger dafür entschieden, im Dialekt anstatt auf hungen), indem Sie im Alltag
Standarddeutsch oder Englisch zu singen? Ausschau nach Werbeplakaten,
3 Welche Erfahrung haben Sie in Österreich oder in anderen deutsch­ Hinweisschildern in Geschäf-
sprachigen Ländern mit Dialekten oder dialektsprechenden Menschen ten, Postkarten und Ähnlichem
gemacht? halten, wo Sie Dialekt entdecken.
4 Gibt es bestimmte Dinge, über die Sie in einer bestimmten Sprache Machen Sie Fotos oder Notizen.
oder einem bestimmten Dialekt besser sprechen können?
Warum glauben Sie ist das so?

3 Interview – Dialektvarietäten in Österreich


Lesen Sie zuerst die zur Auswahl stehenden Begriffe unten.
Hören Sie anschließend das Interview und kreuzen Sie dann
alle zutreffenden Beschreibungen an.
Hier finden Sie das Interview: https://bit.ly/3fzUSzU

Dialekte werden beschrieben als …

bunt stabil
hinterwäldlerisch Zeichen von sozialer Nähe
regionales Kulturgut Zeichen von sozialer Distanz
vom Aussterben bedroht Merkmal klischeehafter Vorstellungen
ländlich Mittel zum Aufbrechen von Klischees

Die deutsche Sprache und ihre Verwendung in Österreich allgemein werden beschrieben als ...

vielfältig einseitig
verschrien facettenreich
wandelbar dynamisch

3
C1 HÖREN

Österreichische Sprachvarietäten und Dialekte

Hören Sie das Interview noch einmal und beantworten Sie dann die folgenden Fragen in Kleingruppen:
1 Welche Gründe zur Verwendung von Dialekt werden genannt?
2 In welchen Bereichen und Situationen wird öfter im Dialekt gesprochen?
3 Was sind die besonderen Eigenschaften der deutschen Sprache, die im Interview thematisiert werden?

4 Grammatik: Partizip I und Partizip II als Adjektive


Ergänzen Sie jeweils das angegebene Partizip. Im Anhang finden Sie Zusatzinformationen zur Grammatik.

PARTIZIP I:

1 Wörter, die aus dem Italienischen stammen, sind aus dem Italienischen stammende Wörter .
2 Eine Fremdsprache, die erlernt werden muss, ist eine zu .
3 Faktoren, welche den Sprachgebrauch der Menschen beeinflussen, sind .
4 Die Sprachenvielfalt, die in einem Land existiert, ist .

PARTIZIP II:

1 Der Dialekt, der gesprochen wird, ist der gesprochene Dialekt .


2 Die Sprache, die vom Aussterben bedroht ist, ist eine vom Aussterben Sprache.
3 Eine Redewendung, die weitverbreitet ist, ist .
4 Sprachvarietäten, die zu einer Standardsprache vereinheitlicht wurden, sind .

PARTIZIP I ODER II:

Ergänzen Sie in den Ausschnitten des Hörtextes untenstehende Adjektive jeweils in der korrekten Form:

bestimmenden/bestimmten bezeichnende/bezeichnete

lebende/gelebte wachsenden/gewachsenen

einschneidende/eingeschnittene fortwährenden/fortgewährten

1 Dialekte sind gelebte Sprachkultur.


2 Auch die in Österreich als „Hochdeutsch“ Art des Sprechens hat nach wie vor charakteris-
tisch „österreichische“ Merkmale. Wenn man Wiener Kinder „Hochdeutsch“ reden hört, fällt einem sofort auf,
dass sie statt dem „ei“ ein „ää“ sagen und statt „au“ fast „oo“, also „hääß“ statt „heiß“ oder „Hoos“ statt „Haus“.
Die Furcht vor dem „Sterben“ österreichischer Sprachmerkmale oder ganz allgemein der Sprache von
früher hat damit zu tun, dass man den Wandel der Sprache und ihres Gebrauchs mit
einem V
­ erschwinden verwechselt.
3 Der Gebrauch des Dialekts ist mit kommunikativen Funktionen verknüpft. Er erzeugt eine
bestimmte Atmosphäre, die im Gespräch wirksam wird.
4 Diese Vielfalt ist sprachgeschichtlich in einer historisch Mehrsprachigkeit verankert, wobei
natürlich über die Jahrhunderte hinweg unterschiedliche Kontaktsprachen in Österreich dominierten.
5 Inwiefern hat sich die deutsche Sprache in den letzten Jahren verändert?
Glauninger: Das lässt sich pauschal schwer beantworten. Klar ist: politische, ökonomische
und technologisch-mediale Entwicklungen haben in den letzten Jahrzehnten auch die deutschsprachigen
­Gesellschaften stark verändert. Nun leben wir im Internetzeitalter. © ÖAW

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C1 HÖREN

Österreichische Sprachvarietäten und Dialekte

Formulieren Sie die Sätze um, indem Sie jeweils Partizip I oder II verwenden.

1 Viele österreichische Dialekte werden von Deutschlernenden als schwer verständlich empfunden.
Es gibt in Österreich viele von Deutschlernenden als schwer empfundene Dialekte. .
2 Zu den Bereichen, welche Dialekt erhalten, gehört unter anderem die Musik.
Zu den Dialekt .
3 Das jeweilige Gegenüber und die Situation sind Faktoren, welche die Entscheidung für eine bestimmte
Sprachvarietät beeinflussen.
Die Entscheidung für .
4 Sprachen und genauso Dialekte unterliegen einem Wandel, der ununterbrochen stattfindet.
Sprachen und .

5 Prüfungsaufgabe C1-ÖIF-Test: Hören, Aufgabe 2


Lesen Sie Aufgabe 2 gut durch. Sie haben 90 Sekunden Zeit.
Sie hören nun einen Vortrag. Hören Sie gut zu und ergänzen Sie während des Hörens die Notizen.
Sie hören den Text zwei Mal. Hier kommen Sie zum Vortrag: https://bit.ly/3Klwhgn

Notizen
Variationslinguistik
• Auswirkungen auf Sprachvariation: Lebensalter, soziale (1) , Beruf, Gesprächspartner
und -partnerinnen, Gesprächsthema, Situation
Varietäten des Deutschen
• Verschiedene (2) von Sprache: Varietäten
• Weitere (3) Sprache: Englisch
• Im Deutschen vorkommende Ausprägungen von Sprache: Dialekte, Soziolekte, Fachsprachen, Genderlekte
oder (4)
• Determination von — Dialekten: geografischer, lokaler Raum,
— Soziolekten: gesellschaftliche Gliederung
— (5) : Berufsgruppen
— Alterssprachen (Jugendsprachen oder Gerontolekte): Lebensalter
Idealtypen von Sprache und Annäherungen
• Hochlautung der Standardsprache kaum verbreitet: Großteil der Menschen spricht
(6) Standardsprachen oder Dialekte.
• Standardsprache: (7) Sprachvarietät, Kodifizierung in Grammatiken und Wörter­
büchern führt zu höchster kommunikativer Reichweite
• Dialekt: nicht kodifizierte Sprachform, von einer lokalen Sprechergemeinschaft verwendet, großer Abstand
zur Standardsprache
Sprachliche Codes
• Wechsel zwischen verschiedenen sprachlichen Varianten, Stilen, Registern verbreitet; Adaption und Switching
gemäß Situation und (8)
• Bairischer Dialektraum: Große Anzahl sprachlicher (9) zwischen Standardsprache
und Dialekt.
• Bezeichnung der Fähigkeit, zwischen verschiedenen sprachlichen Registern zu variieren:
(10) Mehrsprachigkeit

5
C1 HÖREN

Österreichische Sprachvarietäten und Dialekte

Spiel zur Jugendsprache

Gehen Sie in Gruppen zu je drei bis vier Personen zusammen. In vier Run-
den sucht sich jeweils eine Person eine Frage aus. Alle anderen schreiben
Definitionen dazu auf ein kleines Stück Papier. Seien Sie dabei kreativ und
versuchen Sie, eine Definition zu schreiben, welche die anderen davon
überzeugt, dass Ihr Text korrekt ist. Sollten Sie das Wort kennen, schreiben
Sie eine falsche Definition auf, die aber für die anderen Spielenden richtig
klingt. Nur eine Person darf pro Runde im Lösungsteil nachschauen und
schreibt die richtige Lösung ebenfalls auf ein Stück Papier. Nun mischt dieselbe Person die Zettel verdeckt und
liest dann nacheinander alle Definitionen vor. Es werden jeweils zwei Punkte für diejenigen Texte vergeben, die
von den Mitspielenden für richtig gehalten wurden. Seine eigene Definition darf man nicht wählen. Zudem gibt
es einen Punkt, wenn man die korrekte Definition erraten hat. Die Person, welche nach der vierten Runde die
meisten Punkte gesammelt hat, hat gewonnen.

Was tut jemand, der „napflixt”? Was bedeutet „Cringe“?


Was tut jemand, der „rumoxidiert”? Was ist ein „Pflasterporsche”?
Was ist ein „Screenitus”? Was bedeutet „sheesh“?

6 Sprachvarietäten in Österreich: Dialog in


Standarddeutsch und in Umgangssprache
STANDARDDEUTSCHVERSION

Hier kommen Sie zum Dialog in Standarddeutsch: https://bit.ly/3KegYWG


Hören Sie sich diese Version des Hörtextes in österreichischem Standard­
deutsch an und gehen Sie dann die untenstehenden Fragen bzw. Aufgaben
durch. Arbeiten Sie mit einer Partnerin oder einem Partner:

1 Welche Erfahrungen haben die beiden Personen beim Sprechen in


Standarddeutsch, Umgangssprache und Dialekt gemacht? Jugendsprache
Wie gehen sie damit um? Der Ausdruck „Jugendspra-
2 Schreiben Sie die untenstehenden Sprachvarietäten des Deutschen in die che” bezieht sich vor allem auf
Pyramide. Dabei soll ganz unten die Varietät stehen, welche die meisten den Wortschatz Jugendlicher,
Menschen verstehen und ganz oben diejenige, welche nur relativ welcher aber teilweise auch von
wenige verstehen können. Menschen anderer Altersklassen
verwendet wird. Jugendspra-
che dient jungen Menschen u.a.
zur Identitätsfindung und zur
Abgrenzung von der Erwachse-
Standardsprache
nenwelt. Typische Merkmale sind
Regiolekt zum Beispiel die Verwendung
von Begriffen aus anderen Spra-
Dialekt chen (z.B.: „Mashallah”, „lost”),
vor allem aus dem Englischen,
Umgangssprache
sowie häufig humoristische,
übertriebene oder auch provo­
kative Wortneuschöpfungen
(z.B. „Naturwollsocken” statt
„lange Beinhaare”).

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C1 HÖREN

Österreichische Sprachvarietäten und Dialekte

VERSION IN UMGANGSSPRACHE

Hier kommen Sie zum Dialog in Umgangssprache: https://bit.ly/3rwIxlL

1 Hören Sie einmal den kompletten Dialog, ohne mitzulesen und ohne
Übungen zu bearbeiten. Lassen Sie ganz einfach die Sprache auf sich
wirken. Tauschen Sie sich danach kurz zu zweit darüber aus, welchen
Eindruck Sie von dieser Sprachvarietät bekommen haben.

Was hören Sie?


2 Hören Sie den ersten Teil des Dialogs in Umgangssprache jetzt ein zweites Mal mit vielen Pausen und Wiederholun-
gen (bis 01:30 min). Versuchen Sie dabei, die unter der Standardversion stehenden umgangssprachlichen Wörter zu
komplettieren. Die Wörter sind in der gehörten Reihenfolge aufgeführt. Schreiben Sie die Buchstaben und Wörter
dabei genau so, wie Sie sie hören und schreiben würden. Denken Sie daran, dass es keine richtigen und falschen
Schreibungen von Umgangssprache gibt.

Sie: Ja, ich auch… In der österreichischen


J_, _ _ und süddeutschen
Umgangssprache wer-
Sie: …, weil viele mich sonst einfach nicht verstehen … Mit meinem Bruder …
den bestimmte Wörter
…, weil v_le _ _ sonst _ nf_ch n_d v_steh_ … Mit m_ _ _ Bru_d_ …
häufiger verwendet als
Sie: Das kenne ich … beim Reden ist es genauso … weil ich geglaubt habe, sie andere. So sagt man
D_s k_ _ _ _ … beim Redn _ _‘ genauso … weil i glaubt hab, sie z.B. tendenziell eher
„anfangen“ als
kommt aus Deutschland … Seitdem reden wir immer im Dialekt miteinander
„beginnen“ und eher
kummt aus Deitschland … Seitdem red_ _ imma im Dialekt mitanand
„reden“ als „sprechen“.
Er: … wenn es für beide passt, kann man dann in Umgangssprache …
… we_ _ _ für bade basst, k_ _ _ dann in Umgangssproch … Dialektwort
Ollawei („allweil“)
Sie: Naja, nicht immer. Ein Freund von mir …  von „all Weile“
Naja, n_ _ imma. _ Fre_nd v_ mir …
= zu jeder Zeit = immer
… Ich finde das eigentlich ganz schön
… I find des eigentlich ganz sch_ _ Mia gehma ollawei
in d‘ Kirch’.
Sie: …, weil es für viele einfach immer noch ein wenig ungebildet wirkt. = Wir gehen immer
…, weil_ für viele einfach imma n_ _ w_ _g ungebüdet wirkt. in die Kirche.

Sortieren Sie dann die markierten Wörter in Umgangssprache aus dem ersten Teil des Dialogs in folgende Tabelle ein.
Das Wort „schee” passt in zwei Kategorien:

Vokalveränderungen Auslassungen/ Zusammen­ziehungen


Kürzungen

ei  a ich  I 2 Wörter  1 Wort


z.B.: heiß = haaß z.B.: ich habe = i hab z.B.: wenn es = wenns

schee schee

7
C1 HÖREN

Österreichische Sprachvarietäten und Dialekte

7 Prüfungsaufgabe C1-ÖIF-Test: Schreiben, Aufgabe 2, Thema B


Situation: In einer Zeitung haben Sie folgenden Artikel gelesen.

Mehr als nur ein Deutsch: Dialekt und Umgangssprache


An Österreichs Schulen werden nicht nur verschiedene Sprachen gesprochen, sondern auch mehr als nur ein
Deutsch: Neben der Standardsprache verwenden Lehrer wie Schüler im U ­ nterricht auch Umgangssprache und
Dialekt. 85 Prozent der Lehrer nutzen in der Klasse laut eigenen Angaben beim Vortragen von Lernstoff die Stan-
dardsprache, beim Erteilen von Arbeitsaufträgen tun das noch zwei Drittel. Geht es um disziplinäre Fragen oder
Organisa­torisches, wechselt hingegen ein guter Teil der Lehrer in die Umgangssprache oder den Dialekt (52 bzw.
40 Prozent).
Projektleiter de Cillia sieht dringenden Bedarf, die Varietäten des Deutschen in Österreich im Unterricht bewusst zu
thematisieren. Vorrangige Aufgabe der Schule sei es zwar, die N ­ ormen einer korrekten Standardsprache zu vermit-
teln, aber nicht nur das: „Es geht darum, dass Kinder und Jugendliche lernen, sich authentisch auszudrücken. Man
muss ihnen auch v ­ ermitteln, dass jede Sprachform – Standardsprache, Umgangssprache, Dialekt – legitim ist, wenn
sie der Situation angemessen ist.“
 © NÖN

Schreiben Sie nun für ein Seminar eine Stellungnahme zum Thema „Sprachenvielfalt an Schulen“.
Schreiben Sie mindestens 250 Wörter und gehen Sie dabei auf folgende Punkte ein:
• Fassen Sie die relevanten Informationen des Artikels zusammen.
• Argumentieren Sie: Welche Vor- und Nachteile sehen Sie in der Sprachenvielfalt im Schulalltag
(Standarddeutsch, Dialekt, Umgangssprache, andere Erstsprachen)?

Erläutern Sie:
• Wie ist Ihre persönliche Meinung zu diesem Thema?
• Ist der Trend hin zur Sprachenvielfalt (ein Mix aus Standarddeutsch, Umgangssprachen,
Dialekten, Englisch/Anglizismen, ein Wechsel auf andere Sprachen) sinnvoll? Warum (nicht)?

Berücksichtigen Sie dabei auch den Aufbau des Textes (Einführung in das Thema, Aufbau einer Argumentation,
Schlussfolgerung). Übernehmen Sie die Vorgaben nicht wortwörtlich, sondern verwenden Sie eigene,
situations­angemessene Formulierungen.

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C1 HÖREN

Österreichische Sprachvarietäten und Dialekte

Anhang

LÖSUNGEN

3 Interview: Dialekte werden beschrieben als regionales Kulturgut, stabil, Zeichen von sozialer Nähe, Merkmal klischeehafter
Vorstellungen.
Die deutsche Sprache und ihre Verwendung in Österreich allgemein werden beschrieben als vielfältig, wandelbar, facettenreich,
dynamisch.
3 Fragen zum Hörtext: 1 Dialekte als gelebte Sprachkultur bzw. regionales Kulturgut/Identifikation mit einer bestimmten Regi-
on, ­hohes Prestige von Dialekt in Österreich, Dialekt als Mittel zur Signalisierung von sozialer „Nähe“ oder auch „Ironie“, 2 Im
­Marketingbereich zur Vermarktung bestimmter Produkte, im Tourismus zur Erfüllung von Klischeevorstellungen, in der Musik (Aus-
tro-Pop), 3 Die Vielgestaltigkeit der deutschen Sprache (verschiedene Varietäten: Dialekte, Regionalsprachen, Umgangs­sprache,
Jugendsprache, verschiedene Standardsprachen), historisch gewachsene Mehrsprachigkeit
4 Zusatzinformationen zur Grammatik:

PARTIZIP I = Partizip Präsens PARTIZIP II = Partizip Perfekt


Verwendung • aktuelle und gleichzeitige • abgeschlossene und passive Handlungen
Handlungen Verwendet für das Perfekt/Plusquamperfekt/Passiv/Futur II
Bildung • – d am Ende des Wortstamms • Vorsilbe ge-/keine Vorsilbe bei unregelmäßigen Verben
• schreiben – schreibend (gemacht/bestellt)
• laufen – laufend • -t (bei schwachen/gemischten Verben) (gekauft) oder
• !! sein – seiend • –en (bei starken Verben) am Ende (gesehen)
• !! tun – tuend
Beispiel Die kochende Suppe riecht gut. (aktuell) Die gekochte Suppe war gut. (abgeschlossen)
Auf der Party wurde viel gelacht. (passive Handlung)

4 Partizip I: 2 erlernende Fremdsprache, 3 den Sprachgebrauch der Menschen beeinflussende Faktoren, 4 die in einem Land
existierende Sprachenvielfalt
4 Partizip II: 2 bedrohte Sprache. 3 eine weitverbreitete Redewendung. 4 zu einer Standardsprache vereinheitlichte Sprach­
varietäten.
4 Partizip I oder II: 2 bezeichnete/fortwährenden 3 bestimmten 4 gewachsenen 5 Einschneidende
4 Umformulieren: 2 Zu den Dialekt erhaltenden Bereichen gehört unter anderem die Musik. 3 Die Entscheidung für eine bestimmte
Sprachvarietät beeinflussende Faktoren sind das jeweilige Gegenüber und die Situation. 4 Sprachen und genauso Dialekte
unterliegen einem ununterbrochen stattfindenden/einem ununterbrochenen Wandel.
5 Prüfungsaufgabe: 1 Schichtzugehörigkeit, 2 Erscheinungsformen, 3 plurizentrische, 4 Lebensalterssprachen, 5 Fachsprachen,
6 intendierte, 7 normierte, 8 Bedarf, 9 Register, 10 innere
6
6 Spiel zur Jugendsprache: Was tut jemand, der „napflixt”? Jemand, der „napflixt”,
Dialekt schaut „Netflix“ und döst dabei vor sich hin oder schläft ein. Was tut jemand, der
„rumoxidiert”? Jemand der „rumoxidiert”, entspannt sich und tut nichts. Was ist ein
Umgangssprache
„Screenitus”? Ein „Screenitus” ist ein Zustand der Erschöpfung, den man bekommt,
wenn man zu lange auf einen Bildschirm geschaut hat. Was bedeutet „Cringe“? Das
Regiolekt Wort „Cringe“ beschreibt das Gefühl der Fremdscham, welche man empfindet, wenn
eine andere Person etwas tut, was man selbst als unangenehm oder peinlich empfin-
Standardsprache det. Was ist ein „Pflasterporsche”? „Pflasterporsche“ ist ein anderes Wort für einen
Rollator. Was bedeutet „sheesh“? „Sheesh“ ist ein Ausdruck von Überraschung oder
Erstaunen, welcher sowohl positiv als auch negativ verwendet wird. Er gibt dem Ge-
sagten eine dramatische Wirkung und kann etwa „Oha!“ oder „Meine Güte!“ bedeuten.
6 Was hören Sie?
Sie: Ja, ich auch …
Jo, i a …
Er: …, weil viele mich sonst einfach nicht verstehen … Mit meinem Bruder …
…, weil vüle mi sonst anfoch ned vastehn … Mit meim Bruada …
Sie: Das kenne ich … beim Reden ist es genauso … weil ich geglaubt habe, sie
Des kenn i … beim Redn is‘ genauso … weil i g’laubt hab, sie

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C1 HÖREN

Österreichische Sprachvarietäten und Dialekte

kommt aus Deutschland … Seitdem reden wir immer im Dialekt miteinander


kummt aus Deitschland … Seitdem redma imma im Dialekt mitanond
Er: … wenn es für beide passt, kann man dann in Umgangssprache …
… wenns für bade basst, kama dann in Umgangssproch …
Sie: Naja, nicht immer. Ein Freund von mir …
Naja, ned imma. A Freind vo mir …
Ich finde das eigentlich ganz schön
I find des eingtlich ganz schee
Sie: …, weil es für viele einfach immer noch ein wenig ungebildet wirkt.
… weils für vüle einfach imma no a weng ungebüdet wirkt.
6
Vokalveränderungen Auslassungen/Kürzungen Zusammenziehungen

Jo Bruada i kenn is‘


vüle des a a redma
anfoch Freind mi vo wenns
ned schee vastehn no kama
meim weng weils
schee Sonderfall: wennst

QUELLEN (STAND: 30.09. 2021)

1 Dialektmusik: 5 Prüfungsaufgabe Hören – Vortrag Originalvortrag:


Die Mayerin: www.youtube.com/watch?v=LXEk1fBM4lE, Mag. Stephan Gaisbauer. www.youtube.com/watch?v=2WR-
www.lyricsdb.co/die+mayerin/tanzen+im+regen, 3wxeYNHE, Adaptierter Hörtext: https://sprachportal.integ-
© Die Mayerin/ Foto: Caterina Hoffmann rationsfonds.at/fileadmin/user_upload/C1_Hoeren/C1_Vor-
Sabine Stieger: www.youtube.com/watch?v=1YdwGFmT8y8, trag_Sprachvarietaeten_Audio2.mp3
Foto: © Sabine Stieger 6 Dialog in Standardsprache: https://sprachportal.integrati-
Seiler und Speer: www.youtube.com/watch?v=SEWtqi-Ft7c, onsfonds.at/fileadmin/user_upload/C1_Hoeren/C1_Dialog_
Foto: © Seiler und Speer Sprachvarietaeten_Standardversion_Audio3.mp3
3 Interview: Österreichische Akademie der Wissenschaften Dialog in Umgangssprache: https://sprachportal.integrati-
(ÖAW) Originaltext: www.oeaw.ac.at/detail/news/gruess- onsfonds.at/fileadmin/user_upload/C1_Hoeren/C1_Dialog_
gott-servas-pfiat-di-1, Adaptierter Hörtext: https://sprachpor- Sprachvarietaeten_Umgangssprache_Audio4.mp3
tal.integrationsfonds.at/fileadmin/user_upload/C1_Hoeren/ 7 NÖN. Mehr als nur ein Deutsch: Dialekt und Umgangssprache.
C1_Interview_Dialektvarietaeten_Audio1.mp3 www.noen.at/niederoesterreich/politik/oesterreichs-schu-
4 Partizip I oder II: Österreichische Akademie der Wissen­ len-mehr-als-nur-ein-deutsch-dialekt-und-umgangsspra-
schaften (ÖAW): che-bildung-schule-sprachwissenschaften-wien-oester-
www.oeaw.ac.at/detail/news/gruess-gott-servas-pfiat-di-1 reich-17673326

Bilder aus Pixabay (https://pixabay.com)


und Pexels (www.pexels.com).
Transkripte
Aufgabe 3 Standarddeutsch gemeint – interessieren auch Alexandra Lenz
und Manfred Glauninger von der Österreichischen Akademie
Interview Dialektvarietäten in Österreich der Wissenschaften. Wie und warum macht man in Österreich
Hinweis: Der Originaltext wurde von Sprechern und von verschiedenen Varietäten des Deutschen Gebrauch? Welche
­Sprecherinnen nachgesprochen. Assoziationen und Wertungen rufen Dialekte, Umgangssprachen
Fragt man Österreicherinnen und Österreicher nach ihrer Mutter- und Standardvarietäten bei den Sprechenden hervor? Zu diesen
sprache, antworten die wenigsten mit: Deutsch – vielmehr spricht Fragen wollen die Variationslinguistin Alexandra Lenz und der
man Steirisch, Wienerisch, Tirolerisch oder Kärntnerisch. Und Soziolinguist Glauninger im Spezialforschungsbereich „Deutsch
selbst innerhalb der Regionalsprachen gibt es eine bunte Vielfalt in Österreich. Variation – Kontakt – Perzeption“ – in einem Ge-
an Mundarten. Denn: Dialekte sind gelebte Sprachkultur. Lange meinschaftsprojekt mehrerer Universitäten Antworten finden.
Zeit als „hinterwäldlerisch“ verschrien und durch das überregio-
nale, „hochdeutsche“ Fernsehen weitgehend ignoriert, erleben Frau Lenz, stirbt der Dialekt aus?
Dialekte als regionales Kulturgut heute ein Comeback, und zwar Alexandra N. Lenz: Die Befürchtung, dass Dialekte aussterben, ist
nicht nur im Alltag, sondern auch in der Popmusik, Werbung eine alte Befürchtung, die uns schon seit Jahrhunderten beglei-
oder der Sprache von Politikerinnen und Politikern. tet. Dennoch können wir gerade in Österreich eine relative Sta-
Die Vielfalt und der Wandel österreichischer Varietäten – damit bilität der Dialekte feststellen, besonders in ländlichen Räumen.
sind in der Fachsprache Mundarten, Umgangssprachen und Diese Stabilität zeigt sich in einer großen Zahl – auch jüngerer

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Österreichische Sprachvarietäten und Dialekte

– Dialektsprechender. Das entscheidende Moment sind sicher die Einschneidende politische, ökonomische und technologisch-me-
Einstellungen, die gegenüber Dialekten herrschen, die Bewertun- diale Entwicklungen haben in den letzten Jahrzehnten auch die
gen, mit denen sie versehen sind. In Österreich hat der Dialekt deutschsprachigen Gesellschaften stark verändert. Nun leben
nach wie vor ein relativ hohes Prestige. wir im Internet-Zeitalter. Das Faszinierende dabei ist: Noch nie
Manfred Glauninger: Auch die in Österreich als „Hoch- zuvor in der Geschichte haben so viele Menschen so viel gelesen
deutsch“ bezeichnete Art des Sprechens hat nach wie vor und geschrieben wie heute. Vor allem junge Menschen lesen und
charakteristisch „österreichische“ Merkmale. Wenn man Wiener schreiben mithilfe ihrer Smartphones praktisch ununterbrochen.
Kinder „hochdeutsch“ reden hört, fällt einem sofort auf, dass Sie kommunizieren dabei in Sozialen Medien, in denen Raum und
sie statt dem „ei“ ein „ää“ sagen und statt „au“ fast „oo“, also Zeit völlig relativiert werden. Diese explosionsartige Zunahme
„hääß“ statt „heiß“ oder „Hoos“ statt „Haus“. Die Furcht vor dem von schriftsprachlich basierter, global ausgreifender Kommuni-
„Sterben“ österreichischer Sprachmerkmale oder ganz allgemein kation wird mit Sicherheit den Sprachwandel auch im deutschen
der Sprache von früher hat damit zu tun, dass man den fortwäh- Sprachraum beeinflussen. Wie, das werden wir in ein, zwei Gene-
renden Wandel der Sprache und ihres Gebrauchs mit einem Ver- rationen sehen. © ÖAW
schwinden verwechselt. Vor allem die Wiener Kinder sprechen
heutzutage nicht mehr den Dialekt ihrer Großeltern, weil sie ja Aufgabe 5
auch nicht in der Welt von damals leben. Aber sie sprechen nach
wie vor nicht wie Berliner oder Hamburger Kinder. Vortrag Variationslinguistik
Sehr geehrte Damen und Herren, in den nächsten eineinhalb
Warum wechseln Menschen während Gesprächen manchmal in Stunden werden meine Kollegin und ich Ihnen von sprachwis-
den Dialekt? senschaftlichen Projekten erzählen, die wir im Stifterhaus in Linz
Glauninger: Der Gebrauch des Dialekts ist mit bestimmten kom- betrieben haben und die wir auch weiterhin verfolgen werden.
munikativen Funktionen verknüpft. Er erzeugt eine bestimmte Dabei werden wir jetzt folgende Bereiche etwas theoretisch
Atmosphäre, die im Gespräch wirksam wird. Gerade dann, wenn anreißen, nämlich zuerst einmal den Begriff der Sprachvarietäten
der Dialekt in der alltäglichen Kommunikation nicht mehr durch- mit einigen Bemerkungen zur inneren und äußeren Mehrspra-
gehend verwendet wird, kann er bedeutende andere kommuni- chigkeit, ein kurzes Kapitel zur Variation von Sprache, die ja von
kative Funktionen erfüllen – etwa als Mittel zur Signalisierung von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird, etwa vom Lebensal-
sozialer Nähe oder auch Ironie. ter und der sozialen Schichtzugehörigkeit, vom Beruf, von den
Darüber hinaus lassen sich bestimmte Produkte in unseren Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern, vom Gesprächs-
Breiten mit Dialektsignalen besser vermarkten, zum Beispiel thema, von der Situation usw. Wir hoffen, dass einiges von dem,
Bio-Lebensmittel. Auch Tourismusregionen setzen auf Klischee- was wir Ihnen jetzt noch erzählen werden, auch für Ihre Unter-
vorstellungen, die der Dialekt transportiert. Und wir erleben der- richtspraxis und für allgemeine Bildungsfragen relevant ist.
zeit erneut eine Dialektwelle in der österreichischen Popmusik. Zu Beginn wollen wir uns mit einem wichtigen Faktum be-
Es gibt auch Gangsta-Rap im Dialekt – wobei die Rapper abseits schäftigen, das uns grundsätzlich ja allen klar ist, nämlich, dass
ihrer Musik oft keinen Dialekt sprechen. lebende natürliche Sprachen niemals homogen sind, sondern
stets heterogen, d.h. sie bestehen in der Regel aus einer Menge
Gibt es Unterschiede bei der Verwendung von Standardsprache verschiedener Erscheinungsformen, die wir mit dem Stichwort
und Dialekt zwischen Mann und Frau? Verfallen Männer eher in Varietäten bezeichnen. Das gilt nicht nur für die Dialekte, sondern
den Dialekt als Frauen? auch für die sogenannten Standardsprachen. Nicht nur Deutsch
Glauninger: In der älteren Forschung liest man häufig, dass ist eine plurizentrische Sprache, sondern natürlich auch zum
Frauen in der Öffentlichkeit weniger Dialekt sprechen als Männer. Beispiel das Englische. Im Deutschen finden wir drei Standard-
Man müsste dieser Frage auf Basis aktueller empirischer Daten varietäten, wenn nicht mehrere, nämlich zumindest einmal eine
nachgehen. Vor ein paar Wochen wurde übrigens in den Medien deutsche, eine österreichische und eine schweizerische Oralisie-
berichtet, dass weibliche Rock- und Pop-Musikerinnen oft nicht rungsnorm, wie man das für die Aussprache in erster Linie nennt.
akzeptiert werden, wenn sie im Dialekt singen, während dies ihre Was aber sind nun Varietäten? Unter dem Begriff der Varietät
männlichen Kollegen mit großem Erfolg praktizieren. versteht man einzelne, von größeren Sprechergruppen ver-
Was genau macht eigentlich Deutsch so besonders, was das wendete Ausschnitte aus dem komplexen System der Gesamt-
Österreichische? sprache. Beispiele solcher Ausprägungen sind etwa Dialekte,
Lenz: Zwei berühmte Kollegen, Barbour und Stevenson, haben Soziolekte, Fachsprachen, Genderlekte, also beispielsweise
das Deutsche einmal als die wahrscheinlich vielgestaltigste Spra- Frauensprache, oder Lebensalterssprachen, die jeweils durch be-
che Europas eingestuft. Es gibt viele Argumente, die dafürspre- stimmte außersprachliche Faktoren determiniert, also bestimmt
chen, dass die beiden Recht haben. sind. Die Dialekte in erster Linie durch den geografischen, lokalen
Für mich als Variationslinguistin ist gerade in Österreich die Raum, die Soziolekte durch die gesellschaftliche Gliederung,
deutsche Sprache besonders facettenreich und dynamisch. In Fachsprachen durch Berufsgruppen, Alterssprachen wie Jugend-
kaum einem anderen Land gibt es so viele verschiedene und sprachen oder Gerontolekte, also tatsächlich Alterssprachen,
immer noch lebendige Varietäten innerhalb des Deutschen, wie durch das Lebensalter. Linguistisch gesehen ist aber auch die
Dialekte, Umgangssprachen, Standarddeutsch oder Jugend- Standardsprache nichts anderes als eine Varietät.
sprache. Diese Vielfalt ist sprachgeschichtlich in einer historisch Die Standardsprache wird in ihrer vollendeten Form, der
gewachsenen Mehrsprachigkeit verankert, wobei natürlich über reinen Hochlautung, wohl nur von Sprecherzieherinnen und
die Jahrhunderte hinweg unterschiedliche Kontaktsprachen in Sprecherziehern, Schauspielerinnen und Schauspielern und von
Österreich dominierten. einigen Nachrichtensprecherinnen und Nachrichtensprechern
beherrscht. Wenn Menschen Hochdeutsch oder Dialekt spre-
Inwiefern hat sich die deutsche Sprache in den letzten Jahren chen, verwenden sie in der Regel Annäherungen an Idealtypen,
verändert? die man als intendierte Standardsprache oder als intendierten
Glauninger: Das lässt sich pauschal schwer beantworten. Klar ist: Dialekt bezeichnen könnte. Die Standardsprache bezeichnen wir

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Österreichische Sprachvarietäten und Dialekte

als eine durch Grammatiken, Wörterbücher usw. normierte und schaut dann, wie das Gegenüber so tickt, und wenn es für
kodifizierte Sprachvarietät, die überregionale Geltung und damit beide passt, kann man dann in Umgangssprache oder Dia-
eine höchst kommunikative Reichweite besitzt. Der Dialekt auf lekt weitersprechen…
der anderen Seite wäre demnach eine nicht kodifizierte Sprach- Sie: Naja, nicht immer…Ein Freund von mir aus Oberösterreich
form, die von einer lokalen Sprechergemeinschaft verwendet spricht einfach immer Dialekt… mit allen…
wird und deren System den größten Abstand zur Standardspra- Er: Wirklich?
che aufweist. Zwischen diesen beiden Polen, Standardsprache Sie: Ich finde das eigentlich ganz schön, das wirkt so herzlich,
und Basisdialekt, befindet sich ein breiter Bereich, der meistens man fühlt sich gleich total gemocht und dass man so irgend-
als Umgangssprache bezeichnet wird. wie dazugehört, wenn jemand von Anfang an mit dir Dialekt
Ich möchte speziell auch auf etwas hinweisen, das mir wich- spricht.
tiger erscheint als Abgrenzungen und Begriffsbestimmungen. Er: Aber es gibt halt doch Leute, die dich nicht verstehen…
Nämlich auf die Tatsache, dass nahezu alle Menschen über ein Sie: Ja eben. Deswegen bin ich da auch so vorsichtig, weil es für
mehr oder minder großes Bündel an sprachlichen Varianten, Sti- viele leider noch immer ein wenig ungebildet wirkt, wenn
len, Registern usw. verfügen. Wenn ich mit meinem Chef spreche, man im Dialekt spricht. Sehr schade eigentlich…
verwende ich zum Beispiel ein anderes Register, als wenn ich mit Er: Schon schade, aber andererseits kann ich auch gar nicht mit
meinen Freunden spreche. Diese Varianten werden dann je nach jemandem im Dialekt sprechen, wenn er nicht halbwegs den
Situation und Bedarf verwendet und können auch gewechselt gleichen spricht wie ich… Wenn einer zu mir sagt: „Sag doch
werden. In der Regel können Sprechende dabei innerhalb eines was im Dialekt!“ tu ich mir wirklich schwer!
Textes, ja sogar innerhalb eines Satzes zwischen Dialekt und Sie: Witzig, das geht mir genauso! So richtig in Anführungszei-
Hochsprache umschalten oder über einzelne Varietäten hinweg- chen „reinen Dialekt“ spreche ich eigentlich nur daheim mit
gleiten. In unserem eigenen Dialektraum bilden die vorhandenen der Familie, mit alten Schulfreunden oder mit den Nachbarn
umgangssprachlichen Register eine Art Brückenfunktion zwi- halt. Und mit Freunden in Wien, so wie jetzt mit dir, spreche
schen den Dialekten und der Standardsprache. Viele Menschen ich halt irgendetwas, so zwischen Dialekt und Umgangs­
verfügen also über die Möglichkeit, innerhalb ein- und derselben sprache…
Sprache zwischen ein, zwei oder mehr Codes zu wählen. Um Er: Genau das, finde ich, ist eigentlich das Faszinierende am
diese Kompetenz angemessen zu beschreiben, hat man vor Deutschen...diese Vielfalt!
einigen Jahren dafür den Terminus innere Mehrsprachigkeit ein- Sie: Vielfalt? Was meinst du jetzt genau?
geführt. Analog dazu verwendet man auch den Ausdruck äußere Er: Es gibt ja nicht nur das Standarddeutsch, das man in der
Mehrsprachigkeit für die Beherrschung zweier oder mehrerer Schule lernt, sondern eine unglaubliche Anzahl an Dialek-
Einzelsprachen. Für die überwiegende Mehrzahl der Menschen ten...und dann erst die ganzen anderen Varietäten...Soziolek-
auf dieser Welt ist Mehrsprachigkeit der Normalfall und die Ein- te, Regiolekte...
sprachigkeit eigentlich die Ausnahme. Sie: Oh, fängst du jetzt wieder an zu fachsimpeln!? Was ist denn
Somit bin ich auch schon am Ende meines kurzen einleiten- bitte ein “Soziolekt”?
den Überblicks angekommen und darf nun das Wort an meine Er: Naja, das Themengebiet interessiert mich halt nicht nur be-
Kollegin übergeben. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ruflich, sondern auch privat... Soziolekt ist die Bezeichnung
für den Sprachgebrauch bestimmter sozialer Gruppen...Dazu
Aufgabe 6 gehört z.B. die Jugendsprache oder auch verschiedene -
unter Anderem berufsbezogene - Fachsprachen...
Sprachvarietäten in Österreich: Sie: Soso, alles klar...und ein “Regiolekt” ist was anderes als ein
Dialog in Standarddeutsch Dialekt oder wie?
Er: Hmm...Findest du auch, dass wir so furchtbar viel s­ chreiben? Er: Ja, Regiolekte werden in größeren Sprachräumen gespro-
Also ich schicke ja eigentlich meistens Audios. chen als Dialekte...
In Umgangssprache... Sie: Ach so…
Sie: Ja, ich auch. Geht schneller als Schreiben. Und wenn ich Er: Dialekte können sich schon von einem Dorf oder einem Tal
Nachrichten am Handy schreibe, dann auch oft in Umgangs- zum nächsten erheblich unterscheiden...Ein Regiolekt ist
sprache oder Dialekt, je nachdem, mit wem ich schreibe sozusagen eine in einer größeren Region gesprochene Um-
natürlich… gangssprache, die mehr Menschen verstehen können als die
Er: Ja voll. Wobei ich schon meistens Standarddeutsch schreibe, Dialekte...
weil viele mich sonst einfach nicht verstehen. Mit meinem Sie: Aha, verstehe.
Bruder schreibe ich natürlich Dialekt, aber in der Arbeit Er: Weißt du, im Mittelalter war der deutsche Sprachraum ein
schreibe ich mit den meisten Kolleginnen in so einem Misch- riesiger sprachlicher Fleckerlteppich und man konnte sich
Masch aus Umgangssprache und Dialekt. nur schwer miteinander verständigen... Die heute offiziell
Sie: Das kenne ich. Beim Sprechen ist es genauso: Man muss gültigen Standardsprachen in Deutschland, der Schweiz und
erstmal herausfinden, welche Kollegin welchen Dialekt Österreich wurden erst viel viel später festgelegt...
spricht. Mit der Susi, mit meiner neuen Kollegin, habe ich am Sie: Ah, das ist schon wirklich interessant. Ich wusste das alles
Anfang immer auf Standarddeutsch gesprochen, weil ich nicht...Das heißt, von der Verständlichkeit her könnte man
geglaubt habe, sie kommt aus Deutschland. Dabei hat sie sagen: Zuerst kommen die Dialekte, dann Regiolekte und
es sich durch das Unterrichten einfach angewöhnt, dass sie Umgangssprachen und dann die für alle verständlichen
fast nur noch Standarddeutsch gesprochen hat. Aber einmal Standardsprachen, oder? Welche sich aber auch wieder
habe ich sie dann in einer Pause mit ihrer Mutter im ärgsten innerhalb der deutschsprachigen Länder unterscheiden...Na,
Salzburger Dialekt sprechen hören. Seitdem sprechen wir im ein Wahnsinn!
Dialekt miteinander. Er: Ja genau! Vielleicht verstehst du jetzt meine Faszination ein
Er: Das finde ich schlimm, dass viele sich das so abgewöhnt bisschen besser!?
haben, gell?! Man beginnt immer mit Standarddeutsch und Sie: Ein bisschen schon, ja...Hm

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