M020 Gesamtdokument
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Gefahrstoffe
Chlor
DGUV Information 213-119
Sachgebiet „Industriegase“
Fachbereich „Rohstoffe und chemische Industrie“ der DGUV
Die vorliegende Schrift konzentriert sich auf wesentliche Punkte einzelner Vorschriften und Regeln. Sie nennt
deswegen nicht alle im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen. Seit Erscheinen der Schrift können sich darüber
hinaus der Stand der Technik und die Rechtsgrundlagen geändert haben.
Diese Schrift wurde sorgfältig erstellt. Dies befreit nicht von der Pflicht und Verantwortung, die Angaben auf Voll-
ständigkeit, Aktualität und Richtigkeit selbst zu überprüfen.
Das Arbeitsschutzgesetz spricht vom Arbeitgeber, das Sozialgesetzbuch VII und die Unfallverhütungsvorschriften
der Unfallversicherungsträger vom Unternehmer. Beide Begriffe sind nicht völlig identisch, weil Unternehmerinnen
oder Unternehmer nicht notwendigerweise Beschäftigte haben. Im Zusammenhang mit der vorliegenden Thema-
tik ergeben sich daraus keine relevanten Unterschiede, sodass „die Unternehmerin oder der Unternehmer“ ver-
wendet wird.
Inhalt
Seite
Inhalt
1 Hintergrund................................................................................................................................................................... 6
4 Gesundheitsgefahren................................................................................................................................................. 20
4.1 Aufnahme und Wirkungsweise....................................................................................................................... 20
4.2 Akute Gesundheitsgefahren........................................................................................................................... 20
4.3 Chronische Gesundheitsgefahren.................................................................................................................. 21
4.4 Beurteilungswerte zur Bewertung von Chlorfreisetzungen und ihre Definitionen........................................... 21
5 Nachweise................................................................................................................................................................... 24
6 Gefährdungsbeurteilung............................................................................................................................................ 26
6.1 Allgemeine Anforderungen............................................................................................................................. 26
6.1.1 Erfassung der verwendeten Stoffe und Gemische – Gefahrstoffverzeichnis.................................................. 27
6.1.2 Gefährdungsermittlung................................................................................................................................... 27
6.2 Festlegung notwendiger Schutzmaßnahmen................................................................................................. 28
7 Expositionsermittlung................................................................................................................................................ 30
8 Technische Schutzmaßnahmen................................................................................................................................ 31
8.1 Anlagen........................................................................................................................................................... 31
8.2 Werkstoffe allgemein....................................................................................................................................... 32
8.2.1 Werkstoffe für flüssiges Chlor und trockenes Chlorgas.................................................................................. 32
8.2.2 Werkstoffe für feuchtes Chlorgas.................................................................................................................... 33
8.2.3 Werkstoffe für Dichtungen............................................................................................................................... 33
8.2.4 Rohrleitungen für flüssiges Chlor und trockenes Chlorgas............................................................................. 33
8.3 Chlorverdampfer............................................................................................................................................. 36
8.4 Brand- und Explosionsschutz......................................................................................................................... 36
8.4.1 Chlor und Wasserstoff..................................................................................................................................... 37
8.4.2 Stickstofftrichlorid............................................................................................................................................ 37
8.5 Abluftreinigung, Abwasser, Abfälle................................................................................................................. 38
8.5.1 Behandlung chlorhaltiger Gase, Abluft........................................................................................................... 38
8.5.2 Entsorgung von Abfällen und Restmengen.................................................................................................... 39
8.5.3 Abwasser........................................................................................................................................................ 39
9 Organisatorische Schutzmaßnahmen...................................................................................................................... 51
9.1 Organisatorische Elemente zur Arbeits- und Anlagensicherheit..................................................................... 51
9.2 Betriebsanweisung.......................................................................................................................................... 51
9.3 Unterweisung der Beschäftigten..................................................................................................................... 52
9.4 Arbeitsmedizinische Vorsorge........................................................................................................................ 52
9.5 Zugangsbeschränkung................................................................................................................................... 53
9.6 Reparatur und Instandhaltung........................................................................................................................ 53
9.6.1 Allgemeines.................................................................................................................................................... 53
9.6.2 Arbeiten in Behältern und engen Räumen...................................................................................................... 54
9.7 Umgang mit Flaschen und Druckfässern........................................................................................................ 54
9.7.1 Anschluss von ortsbeweglichen Druckgefäßen (Flaschen und Druckfässer)................................................. 56
9.7.2 Weitere Hinweise zur sicheren Verwendung von Chlor in Schwimmbädern und bei der Trinkwasserchlorung... 57
9.8 Alarmplan und Alarmierungen........................................................................................................................ 59
9.9 Kesselwagen................................................................................................................................................... 60
9.9.1 Sicherung von Chlorkesselwagen und Gleisabschnitten................................................................................ 60
9.9.2 Sicherung der Beschäftigten........................................................................................................................... 60
9.9.3 Überwachung der Be- und Entladung............................................................................................................. 61
9.9.4 Kontrolle der Kesselwagen............................................................................................................................. 61
12 Erste Hilfe.................................................................................................................................................................... 72
12.1 Allgemeines.................................................................................................................................................... 72
12.2 Generell.......................................................................................................................................................... 72
12.3 Augen.............................................................................................................................................................. 72
12.4 Atmung............................................................................................................................................................ 72
12.5 Haut................................................................................................................................................................ 73
Anhänge:
Anhang 1: Literaturverzeichnis....................................................................................................................................... 75
Anhang 2: TUIS-Chlorunfall-Notfallrufnummern........................................................................................................... 82
Anhang 3: Bildnachweis.................................................................................................................................................. 83
Anwendungsbereich
Diese Schrift richtet sich an Unternehmerinnen, Unternehmer, Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Betriebsärzte und
-ärztinnen, Vorgesetzte und andere Personen, die mit Gefährdungsbeurteilungen oder anderen Aspekten der Arbeits-
und Anlagensicherheit in Betrieben, in denen Chlor erzeugt oder verwendet wird, befasst sind.
87 Für die Anwendung in Schwimmbädern sei zusätzlich auf die DGUVRegel 107-001 „Betrieb von Bädern“, die DGUV In-
98 formationen 207-023 „Prüfliste für Chlorungseinrichtungen unter Verwendung von Chlorgas und deren Aufstellungsräu-
99 me in Bädern“ und 213-040 „Gefahrstoffe bei der Aufbereitung von Schwimm- und Badebeckenwasser“ und für den
96 Einsatz von Chlor in der Trinkwasserversorgung auf die DGUV Information 203-086 „Chlorung von Trinkwasser“ ver-
wiesen.
1 Hintergrund
157 Chlor ist eine der Grundchemikalien in der chemischen Industrie. 2023 wurden in Europa circa 7,3 Mio. t Chlor produziert.
Als vielseitige Chemikalie ist es unter anderem Ausgangsprodukt für Arzneimittel, Wasseraufbereitung und Kunststoffe wie
PVC und auch für die Herstellung von Polyurethanschäumen, CDs und Ähnliches notwendig (siehe Tabellen und Diagramm
auf dieser und der nächste Seite).
Deutschland 5460 45 %
Frankreich 1381 11 %
Belgien 1074 9%
Niederlande 847 7%
Spanien 514 4%
Trink- und
Lösemittel und Beckenwasser
Epichlorhydrin aufbereitung
Chlormethane PVC
Sonstige
Organika
Anorganika
Isocyanate und
Oxygenate
2 4a 5 Chlor ist ein Gefahrstoff. Die Erzeugung, das Inverkehrbringen und die Handhabung sind deshalb in Europa und Deutschland
14 19 38 durch Gesetze, Verordnungen, Technische Regeln sowie andere Vorschriften und Richtlinien geregelt.
Obwohl Chlor ein akut toxischer und reaktiver Stoff ist, kann die Herstellung, der Vertrieb und Tätigkeiten damit bei Beachtung
der in dieser Schrift beschriebenen Vorsichtsmaßnahmen und Messungen sicher gestaltet werden.
Im Sinne des Responsible-Care-Gedankens können alle, die Chlor anwenden, Unterstützung durch ihre Lieferanten erhal-
ten. Der Dachverband der europäischen Chlorproduzenten (Euro Chlor) hat in technischen Dokumenten Empfehlungen für
den Umgang mit Chlor veröffentlicht. In dieser Schrift wird auf mehrere dieser Dokumente verwiesen. Sie können auf der
157 Homepage www.eurochlor.org recherchiert und über ein Kontaktformular angefragt werden. Einen umfassenden Einstieg
193 bietet die Euro-Chlor-Schrift GEST 06/317 „Chlorine Reference Manual“. Eine Auswahl dieser Schriften zeigt Abschnitt 7
des Anhang 1.
143 Informationen geben auch das TUIS (Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem unter dem Dach des VCI,
144 www.tuis.org) und der Industriegaseverband (IGV, www.industriegaseverband.de).
Die Nummern in den einzelnen Absätzen verweisen auf die fortlaufende Nummer der Quelle im Literaturverzeichnis im
Anhang dieser Schrift.
Chlor ist eines der reaktionsfähigsten Elemente, weshalb es vielfältige Anwendung findet. Es reagiert bereits bei Normal-
temperatur mit zahlreichen Elementen, vielen organischen und anorganischen Verbindungen zum Teil sehr heftig unter
starker Wärmeentwicklung.
Bei der Handhabung spielt die Feuchtigkeit eine entscheidende Rolle. Chlor disproportioniert mit Wasser partiell zu Salzsäure
(HCl) und hypochloriger Säure (HOCl), diese Reaktion ist abhängig vom pH-Wert. Dies ist der Auslöser für die stark korrodie-
24 rende Wirkung von feuchtem Chlor. Chlor gilt nach der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 407 „Tätigkeiten mit Ga-
sen – Gefährdungsbeurteilung“ für das Füllen in Flaschen als trocken, wenn ein Taupunkt von < –10 °C erreicht wird. Nach
103 Euro Chlor und DIN EN 937 gilt es als trocken, wenn der Feuchtigkeitsgehalt < 20 w.-ppm ist beziehungsweise der Taupunkt
159 < – 40 °C ist. Zur Bestimmung der Feuchte in Chlor kann auch die Euro-Chlor-Schrift ANALYTICAL 13 „Determination of Mois-
ture in Dry Gaseous Chlorine“ herangezogen werden.
Trockenes Chlor reagiert bei Normaltemperatur nur in sehr geringem Maße mit Stahl beziehungsweise Eisen und Legie-
rungsbestandteilen von zum Beispiel Messing (wie Kupfer, Zink und Nickel) zu Metallchloriden unter Bildung von stabilen
118 196 Schichten, die aber stark hygroskopisch sind. Schon geringe Feuchtigkeitsspuren führen zur Auflösung dieser Schichten
und der Bildung von Reaktionsprodukten (unter anderen Metallchloridoxidhydrate).
Eisen beziehungsweise Stahl verliert je nach Zusammensetzung bei erhöhten Temperaturen seine schützende Schicht durch
Sublimation und kann dann mit trockenem Chlor weiter exotherm zu Eisenchlorid abreagieren. Durch die dabei auftretende
Reaktionswärme beschleunigt sich der Prozess der Schutzschichtauflösung und unter Feuererscheinung entsteht ein „Chlor-
193 Eisen-Brand“. Gemäß Euro Chlor sollte die Verwendung von Stahl und Eisenwerkstoffen daher auf Einsatztemperaturen
unter 120 °C begrenzt werden.
Titan reagiert dagegen heftig mit trockenem Chlor. TiCl4 ist flüssig (Schmelzpunkt: –24,1 °C, Siedepunkt: 136,4 °C) und
bildet keine feste Schutzschicht aus, die das unedle Titan vor weiterem Angriff durch das reaktive Chlor schützt. Titan ist
aber gegen genügend feuchtes Chlor beständig (bei Verwendung von Titan ist ausreichend Wasser zur Ausbildung einer
stabilen Schutzschicht aus TiO2 erforderlich).
Die Korrosionsprodukte von feuchtem Chlor mit Werkstoffen in der Chlorgasversorgung sind Metallchloride (Eisen und
Legierungsbestandteile von zum Beispiel Messing (zum Beispiel Kupfer, Zink und Nickel)) und deren Hydrate. Sie bilden
meist gelb-braune (Eisen) oder blau-grüne (Kupfer) Feststoffe. Dazu kommen auch organische Abbauprodukte von Poly-
merwerkstoffen. Diese Feststoffe werden im Sprachgebrauch oft als „Chlorbutter“ bezeichnet. Sie sind häufig Ursache von
Störungen in den Dosiereinrichtungen der verbrauchenden Anlagen und haben in der Vergangenheit bereits zu Chlorfrei-
setzungen geführt.
Mischungen von Chlor mit anderen Gasen können explosionsfähige Gemische (zum Beispiel „Chlorknallgas“ mit Wasser-
24 stoff) oder Reaktionsprodukte (zum Beispiel Stickstofftrichlorid mit Ammoniak) bilden. In der TRGS 407 ist im Anhang 3 in
einem Gasgemische-Diagramm zusammengestellt, welche Gase mit Chlor gemischt sowie wegen gefährlicher Reaktionen
nicht gemischt werden dürfen. Gefährliche Reaktionen sind neben Wasserstoff und Ammoniak, unter anderen mit gesät-
tigten und ungesättigten Kohlenwasserstoffen, Schwefeldioxid, Schwefelwasserstoff, Ethylenoxid und Cyanwasserstoff
möglich.
Auch Gemische von gasförmigem und flüssigem Chlor mit bestimmten organischen und anorganischen Flüssigkeiten und
Feststoffen – insbesondere Alkoholen, Estern, Ölen, Lösemitteln, Silikonölen und Silikonkautschukmassen, Aluminium –
können explosionsfähig sein. Das gilt insbesondere auch für Schmieröle und Fette, ausgenommen bestimmte chlorbestän-
dige Öle und Fette, zum Beispiel perfluorierte Polyether.
Ebenfalls heftig und unter starker Erwärmung reagiert Chlor mit alkalischen Lösungen (zum Beispiel Natronlauge, Sodalö-
sung und Kalkmilch) unter Bildung von Hypochloriten und Chloraten. Diese Reaktion kann zur Absorption von Chlor genutzt
werden (siehe Abschnitt 8.5.1 „Behandlung chlorhaltiger Gase, Abluft“).
Mit Wasser bildet Chlor unterhalb +10 °C feste grüngelbe Chlorhydratkristalle (siehe Abbildung 4).
Abbildung 4: Chlorhydrat
1 Liter flüssiges Chlor entspricht bei 0 °C 457 l Chlorgas bei 1013 hPa
1 kg flüssiges Chlor entspricht bei 0 °C 311 l Chlorgas bei 1013 hPa
1 ppm Chlor (= 1 ml Chlor/m3 in Luft)
3,16 mg Chlor/Nm3 1
entspricht bei 0 °C und 1013,25 hPa (Normzustand)
1 ppm Chlor (= 1 ml Chlor/m3 in Luft)
2,95 mg Chlor/m3
entspricht bei 20 °C und 1013,25 hPa
1 ppm Chlor (= 1 ml Chlor/m3 in Luft)
2,9 mg Chlor/m3
entspricht bei 25 °C und 1013,25 hPa
bar
kg/m3
20 Flüssigkeitsdichte im Sättigungszustand
1600
1500
1400
1300
1200 15
1100
1000
10
5
–34, °C bei 1,013 bar
0
–50 –40 –30 –20 –10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 °C
Abbildung 5: Dampfdruck und Dichte von flüssigem Chlor in Abhängigkeit von der Temperatur
Informationen enthalten die Produktdatenblätter und Sicherheitsdatenblätter der Chlorlieferanten. Umfangreiche Stoffdaten
177 – 186 enthalten die Euro-Chlor-Schriften GEST 91/168-01 bis -10 „Physical, Thermodynamic and Selected Chemical Properties
of Chlorine“.
Das spezifische Volumen des Chlors nimmt aufgrund des hohen Ausdehnungskoeffizienten mit der Temperatur stark zu. Wenn
ein Behälter mit dem Füllfaktor 1,25 kg/l bei Raumtemperatur gefüllt wurde, dann ist er etwa zu 88 % mit flüssigem Chlor
gefüllt und in dem Behälter herrscht ein Druck entsprechend dem Dampfdruck von circa 6,5 bar abs. Erwärmt sich der Inhalt
des Behälters, dann dehnt sich das flüssige Chlor aus und schon bei 50 °C herrscht ein Druck von 13,5 bar abs. Bei etwa
68 °C hat sich das flüssige Chlor auf ein spezifisches Gewicht von 1,25 kg/l ausgedehnt. Die Gasphase ist verschwunden und
der korrespondierende Dampfdruck liegt jetzt bei 22 bar abs. Jede weitere Ausdehnung des Chlors führt nun zu einem rapiden
Druckanstieg aufgrund der eingesperrten Flüssigphase und folgt nicht mehr dem Dampfdruck. Der Behälter droht zu bersten.
Aus diesem Grund sollten Gasflaschen keinen Temperaturen über 50 °C ausgesetzt sein (siehe Abbildung 6).
T = 20 °C T = 50 °C T = 68 °C T ≥ 143 °C
Füllung Füllung Füllung Füllung
= 88 % = 95 % = 100 % = 100 %
Die Auswirkungen auf die Freisetzung von Chlor aus Behältern zeigt Abschnitt 11.3.
in ml/m (ppm)
3
0,5
in mg/m3 1,5
Spitzenbegrenzung: Überschreitungsfaktor 1
(Mittelwert 15 min)
Kategorie I – Stoffe, bei denen die lokale Wirkung grenzwert-
bestimmend ist, oder atemwegssensibilisierende Stoffe
Bemerkung Y – Ein Risiko der Fruchtschädigung braucht bei
Einhaltung des AGW und des BGW nicht befürchtet werden.
Atemschutz Isoliergeräte
oder
88
Atemschutz Gasfiltertyp B, Kennfarbe grau als Fluchtfilter
(siehe auch Kapitel 10)
Geruchsschwelle 0,02–0,2 ml/m3
120
(bei gesunden Personen) 0,06–0,6 mg/m3
Einstufung gemäß V erordnung • Kann Brand verursachen oder verstärken, Oxidationsmittel,
(EG) Nr. EU 1272/2008 H270
• Enthält Gas unter Druck; kann beim Erwärmen explo
dieren, H280
• Lebensgefahr beim Einatmen, H330
• Verursacht Hautreizungen, H315 4b
• Verursacht schwere Augenreizung, H319
• Kann die Atemwege reizen, H335
• Sehr giftig für Wasserorganismen, H400
Zusätzlich empfohlen:
• Wirkt ätzend auf die Atemwege, EUH071
24
Gasgruppe zur Gruppe 3.1 unter geringem Druck zu verflüssigende Gase,
Gefährdungsermittlung nicht entzündbar, chemisch stabil 3.1.2 und
Anhang 1
Klassifizierungscode (KC) 2TOC (verflüssigtes Gas, giftig, oxidierend, ätzend) 112 113
1
Fluidgruppe Gruppe 1 (gefährliche Fluide)
Artikel 13
3 Mit Nm3 sind Normkubikmeter gemeint, das heißt bei 1013 mbar und 0 °C.
3.3 Kennzeichnung
3.3.1 Kennzeichnung nach CLP
Chlor
(Index-Nummer: 017-001-00-7) Gefahr
Kann Brand verursachen oder verstärken;
Oxidationsmittel.
Enthält Gas unter Druck; kann bei Erwärmung
explodieren.
Lebensgefahr bei Einatmen.
Verursacht Hautreizungen.
Verursacht schwere Augenreizung.
Kann die Atemwege reizen.
Sehr giftig für Wasserorganismen.
Wirkt ätzend auf die Atemwege.
4b 71 Das in Abbildung 7 gezeigte Etikett nach CLP-Verordnung wird in der Praxis meist durch ein kombiniertes Etikett nach Ge-
fahrstoff- und Gefahrgutrecht ersetzt. Dabei können dann die GHS-Piktogramme durch die Gefahrzettel beziehungsweise das
Zusatzkennzeichen ersetzt werden, sodass kein GHS-Piktogramm auf der Gasflasche zu sehen ist (siehe zum Beispiel Ab-
bildung 9).
Die weiteren Kennzeichnungselemente müssen bei einem solchen kombinierten Etikett jedoch vollständig vorhanden sein.
H- und P-Satz-Nummern müssen – wie in diesem Beispieletikett – nicht genannt werden. Bei den P-Sätzen können auch
andere P-Sätze aus den nach CLP-Verordnung möglichen Sätzen ausgewählt werden.
Aufgrund des EUH071 darf in der EU zusätzlich das Piktogramm GHS05 „Ätzwirkung“ zur Kennzeichnung verwendet
werden. Da Chlor aber auf jeden Fall mit dem Piktogramm GHS06 „Totenkopf mit gekreuzten Knochen“ gekennzeichnet
wird, kann das Piktogramm „Ätzwirkung“ entfallen. Daher wird in dieser Schrift auf das zusätzliche Piktogramm verzichtet.
Gefahrenzahl 265
Tunnelbeschränkungs- Beförderung in
code Tanks: C, D und E
Sonstige Beförde
rungen: D und E
EmS-Nr. F-C, S-U
Bemerkung Beim Transport in Transport als Luft-
Kesselwagen zu- fracht von IATA
sätzlich Rangier- verboten.
zettel 13
104 Nach DIN EN 1089-3 sind Gasflaschen für Chlor an der gelben
Schulterfarbe (RAL 1018, giftige und/oder ätzende Gase) erkennbar.
20 71 Innerbetrieblich kann als Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung gemäß Kapitel 4.3 der TRGS 201 „Einstufung und Kenn-
zeichnung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“ eine vereinfachte Variante der Kennzeichnung nach CLP angewendet werden.
Vereinfachungen, das heißt Abweichungen von der vollständigen Kennzeichnung, setzen eine entsprechende Betriebsan-
weisung voraus, in der alle Gefährdungen genannt sind. Auch bei der Unterweisung der Beschäftigten muss auf alle an den
Arbeitsplätzen auftretenden Gefährdungen und die notwendigen Schutzmaßnahmen eingegangen werden.
Bei der vereinfachten Kennzeichnung sind mindestens die Bezeichnung des Stoffes beziehungsweise Gemisches sowie
die Gefahrenpiktogramme der jeweiligen Hauptgefahren durch die physikalisch-chemischen, die gesundheitsgefährdenden
und die umweltgefährlichen Wirkungen des Stoffes oder Gemisches anzugeben.
GHS06
GHS03 GHS09
GHS04 kann bei der vereinfachten Kennzeichnung, also auch bei ortsfesten Behältern, entfallen.
Bei ortsfesten Behältern oder Rohrleitungen wird in der Regel die vereinfachte Kennzeichnung gewählt. Hier können statt
der Gefahrenpiktogramme GHS01 bis GHS06 wahlweise auch die entsprechenden Warnzeichen nach der Technischen
10 Regel für Arbeitsstätten ASR A1.3 verwendet werden (siehe Abschnitt 3.3.5). Bei Rohrleitungen sollte auf das Piktogramm
GHS04 („Gasflasche“) verzichtet werden. Auch bei ortsfesten Behältern und Rohrleitungen sind in Betriebsanweisung und
Unterweisung alle Gefahren und die zu treffenden Schutzmaßnahmen zu nennen.
19 Apparaturen und Rohrleitungen müssen nach Gefahrstoffverordnung so gekennzeichnet sein, dass mindestens die enthal-
tenen Gefahrstoffe sowie die davon ausgehenden Gefahren eindeutig identifizierbar sind, wie in Abbildungen 10 und 11
dargestellt.
Eine Kennzeichnung ist bevorzugt an den gefahrenträchtigen Stellen anzubringen, insbesondere dort wo Beschäftigte
Tätigkeiten durchführen oder wo eine erhöhte Verwechslungsgefahr herrscht. Dies sind beispielsweise Armaturen, Schie-
ber, Anschluss- und Abfüllstellen sowie Wanddurchbrüche.
Die Kennzeichnung der Durchflussstoffe einer Rohrleitung kann zusätzlich farblich differenziert werden, zum Beispiel durch
Verwendung unterschiedlicher Farben der Schilder, Etiketten oder der Leitung selbst. Zur Bezeichnung des Inhalts verwen-
de man das Wort „Chlor“. Zusätzlich sollte die Gruppenfarbe (gelb) und die Zusatzfarbe (schwarz) angebracht sein, die
20 71 Schriftfarbe soll schwarz sein (siehe Anhang 3 der TRGS 201). Bei Rohrleitungen ist die Flussrichtung anzugeben.
Bei Tanklagern kann die Kennzeichnung anstatt am Einzeltank alternativ auf einer Übersichtstafel im Zugangsbereich des
Tanklagers angebracht werden, sofern die Einzelbehälter eindeutig identifizierbar sind. Entnahme- und Probenahmestellen
sind zusätzlich zu kennzeichnen.
Abbildung 11:
Kennzeichnung Lagertank
Orte, Räume oder umschlossene Bereiche, die für die Lagerung erheblicher Mengen gefährlicher Stoffe oder Gemische
10 verwendet werden, sind nach ASR A1.3 mit einem geeigneten Warnzeichen zu versehen oder gemäß TRGS 201 (siehe
20 Abschnitte 3.3.1 und 3.3.4) zu kennzeichnen.
Kein Warnzeichen
für umweltgefährliche Stoffe
Gefahrenpiktogramm
GHS09
In der Gaseindustrie werden verschiedene Typen von Behältern zum Transport von Gasen eingesetzt. Diese Behälter wer-
den als ortsbewegliche Druckgeräte bezeichnet. Ortsbewegliche Druckgeräte werden in unterschiedlichen nationalen Rechts-
vorschriften verschieden benannt. Ferner gibt es umgangssprachlich die unterschiedlichsten Begrifflichkeiten für Behälter
für Gase.
Hierbei unterscheiden sich die Bezeichnungen für ortsbewegliche Druckgeräte im Anwender- und Transportrecht. In diesem
Kapitel wird definiert, was ortsbewegliche Druckgeräte sind und wie sie bezeichnet werden.
Ortsbewegliche Druckgeräte
42 gemäß Ortsbewegliche-Druck-
geräte-Verordnung (ODV)
3 i. V. m. Richtlinie 2010/35/EU
alle alle
Druckgefäße Tanks
und gegebenenfalls ihre und gegebenenfalls ihre
Ventile und Ventile und andere
andere Zubehörteile Zubehörteile
gemäß Kapitel 6.2 gemäß Kapitel 6.7 und 6.8
der Anhänge der Anhänge
5
der Richtlinie 2008/68/EG der Richtlinie 2008/68/EG
113 114
(ADR/RID) (ADR/RID)
Flaschen,
Tanks,
Druckfässer,
Tankcontainer usw.
Flaschenbündel
42 Gemäß der Ortsbewegliche-Druckgeräte-Verordnung (ODV) werden die ortsbeweglichen Druckgeräte aufgeteilt in Druck-
gefäße und Tanks.
Nur die vorgenannten ortsbeweglichen Druckgeräte – einschließlich ihrer Ventile und der sonstigen für die Beförderung
benutzten Ausrüstungsteile – dürfen für die Beförderung von Gefahrgütern der Klasse 2 (Gase und gasförmige Stoffe)
eingesetzt werden.
Die Definitionen4, der für den Transport von Gefahrgütern eingesetzten ortsbeweglichen Druckgeräte sind in den interna-
tionalen Gefahrgutvorschriften zu finden.
In den Rechtsvorschriften5, die die Anwendung und die Nutzung von ortsbeweglichen Druckgeräten regeln, werden die
ortsbeweglichen Druckgeräte (Flaschen, Druckfässer, Flaschenbündel, Tanks usw.) als ortsbewegliche Druckgasbehälter
bezeichnet.
Um nicht zwischen verschiedenen Begrifflichkeiten zu wechseln, werden in dieser Schrift durchgängig die Bezeichnungen
des Gefahrgutrechtes für ortsbewegliche Druckgeräte gewählt. Hierzu gehören und Ähnliche die Begrifflichkeiten:
• Flasche beziehungsweise Gasflasche
• Druckfass
• Flaschenbündel
• Ortsbeweglicher Tank
• Tank
Beim Inverkehrbringen von Chlor gelten noch weitere Informationspflichten, vor allem:
4a • Es muss ein Sicherheitsdatenblatt zur Verfügung gestellt werden.
• Wird Chlor für biozide Anwendungen in Verkehr gebracht, muss den ortsbeweglichen Druckgeräten ein Biozidmerk-
2 blatt nach Biozidverordnung (EU) 528/2012 beigefügt werden.
4 Die Definitionen, der für den Transport von Gasen verwendeten ortsbeweglichen Druckgeräte (Flaschen, Druckfässer und Ähnliche.)
113 114 115 sind in dem Kapitel 1.2 der jeweiligen Gefahrgutvorschriften (ADR/ RID/IMDG) zu finden.
5 Rechtsvorschriften, die die Verwendung von ortsbeweglichen Druckgeräten unter der Begrifflichkeit Druckgasbehälter beschreiben
19 ff. 14 ff. sind unter anderem die Technischen Regeln zum Gefahrstoffrecht (TRGS) und die Technischen Regeln zur Betriebssicherheitsver-
ordnung (TRBS).
4 Gesundheitsgefahren
Die hier beschriebenen Gesundheitsgefahren beziehen sich auf Chlor als Gas und in flüssiger Form.
Chlor ist akut toxisch beim Einatmen („Lebensgefahr beim Einatmen“, H330) und reizt Augen („Verursacht schwere Augen-
reizung“, H319) sowie Haut („Verursacht Hautreizwirkungen“, H315). Es wirkt darüber hinaus ätzend auf die Atemwege
(„Kann die Atemwege reizen“, H335, sowie zusätzliche Kennzeichnung mit „Wirkt ätzend auf die Atemwege“, EUH071).
Flüssiges Chlor entzieht der Umgebung zur Verdampfung eine hohe Energiemenge. Bei Hautkontakt mit Flüssigchlor kommt
es neben den Verätzungen auch zu Erfrierungen der Haut (Kaltverbrennungen).
201 Die Euro-Chlor-Schrift HEALTH 11 „Chemical Health Hazards of chlor-alkali production“ enthält umfangreichere und mit
vielen Hintergrundinformationen und Quellen versehene Daten zu den Gefahren der speziell in der Chlor-Alkali-Industrie
120 relevanten Stoffe (neben Chlor auch Natronlauge). Eine kurze Beschreibung enthält das Gefahrstoffinformationssystem
„GESTIS-Stoffdatenbank“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.
Chlor wird vor allem über den Atemtrakt in den Körper aufgenommen, in geringem Maße in Dosen, die systemisch jedoch
nicht relevant sind, auch über die Haut. Die Ausscheidung erfolgt hauptsächlich als Chlorid über die Niere.
Chlor bildet bei Kontakt mit den feuchten Schleimhäuten, aber auch in der Lunge durch Reaktion mit Wasser hypochlorige
Säure (HClO) und Salzsäure. Vor allem die hypochlorige (unterchlorige) Säure ist als Hauptursache der Gewebsschädi-
gungen anzusehen. Die Schäden bleiben jedoch nach dem Einatmen toxischer Konzentrationen auf die Atemwege und die
Lunge beschränkt, es treten keine systemischen Vergiftungen auf.
Nach akuter Exposition gegen Chlor stehen die starke Reizung der Augen sowie der oberen und mittleren Atemwege und
der Haut im Vordergrund. Bronchitis, Bronchospasmus, Hustenreiz, Atemnot und Zyanose sind die typischen Symptome.
Nach dem Einatmen hoher Konzentrationen, zum Beispiel bei Bewusstlosigkeit, kann es zu einem lebensbedrohlichen
toxischen Lungenödem kommen.
Die trockene Haut ist weniger empfindlich gegen Chlorgas. Flüssiges Chlor hingegen ätzt die Haut stark und erzeugt star-
ke Rötungen bis Blasenbildung und Erfrierungen.
Die Auswirkungen von Chlorgas auf den Menschen sind im Folgenden aufgeführt, wobei die in verschiedenen Veröffentli-
chungen angegebenen Werte voneinander abweichen. Außerdem ist die Wirkung von der individuellen Konstitution der
betroffenen Person abhängig.
36 Der Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) nach TRGS 900 „Arbeitsplatzgrenzwerte“ liegt bei 0,5 ppm, entsprechend 1,5 mg/m3.
Bereits bei Konzentrationen von 2–6 ppm wirkt Chlorgas reizend auf die Schleimhäute von Nase, Mund und Rachen sowie
auf die Augen durch entstehende Salzsäure und zusätzlich wegen des oxidativen Effektes der ebenfalls entstehenden
hypochlorigen Säure. Es verursacht neben Tränenfluss und Husten bei längerer Einwirkung Bluthusten, Erstickungser-
scheinungen und Atemnot.
Bei Konzentrationen von 5–15 ppm treten diese Symptome bereits nach kurzer Zeit auf; in schweren Fällen kann es zu einem
gefährlichen Stimmritzenkrampf kommen. Nach einer Latenzzeit von 3–7 Stunden ist die Entwicklung eines toxischen Lun-
genödems möglich. Darüber liegende Konzentrationen sind schon gefährlich, wenn man sie über einen Zeitraum von einer
halben Stunde einatmet. Sie können – abhängig von der individuellen Disposition – ab etwa 30 ppm zu tödlich verlaufenden
Komplikationen führen.
4.4 B
eurteilungswerte zur Bewertung von Chlorfreisetzungen
und ihre Definitionen
Für die Auswirkung der Toxizität von Chlor auf Personen spielt neben der Konzentration auch die Expositionszeit eine
Rolle. Die folgende Tabelle führt die wesentlichen Beurteilungswerte bei Freisetzungen von Chlor auf.
Berücksichtigte
10 min 30 min 60 min 4h 8h
Expositionszeit
0,5 vppm 0,5 vppm 0,5 vppm 0,5 ppm 0,5 ppm
AEGL-1-Wert
1,6 mg/Nm3 1,6 mg/Nm3 1,6 mg/Nm3 1,6 mg/m3 1,6 mg/m3
2,8 vppm 2,8 vppm 2 vppm 1,0 ppm 0,7 ppm
AEGL-2-Wert
8,9 mg/Nm3 8,9 mg/Nm3 6,3 mg/Nm3 3,2 mg/m3 2,2 mg/m3
50 vppm 28 vppm 20 vppm 10 ppm 7,1 ppm
AEGL-3-Wert
158,2 mg/Nm3 88,6 mg/Nm3 63,3 mg/Nm3 31,6 mg/m3 22,5 mg/m3
1 vppm
ERPG-1-Wert
3,2 mg/Nm3
3 vppm
ERPG-2-Wert
9,5 mg/Nm3
20 vppm
ERPG-3-Wert
63,3 mg/Nm3
0,5 vppm
PAC-1-Wert
1,6 mg/Nm3
2 vppm
PAC-2-Wert
6,3 mg/Nm3
20 vppm
PAC-3-Wert
63,3 mg/Nm3
10 vppm
IDLH-Wert
31,6 mg/Nm3
zum Vergleich
0,5 ppm
1,5 mg/m3
AGW
(20 °C) Überschreitungsfaktor 1(I)
(siehe auch 3.2)
0,02 ppm
Geruchsschwelle
0,06 mg/m3
Tabelle 5: Beurteilungswerte
136 AEGL-1-Wert
AEGL-1 ist die luftgetragene Stoffkonzentration (ausgedrückt in vppm oder mg/Nm3), bei deren Überschreiten die allge-
meine Bevölkerung ein spürbares Unwohlsein erleiden kann. Luftgetragene Stoffkonzentrationen unterhalb des AEGL-
1-Wertes bedeuten Expositionshöhen, die leichte Geruchs-, Geschmacks- oder andere sensorische Reizungen hervorrufen
können. AEGL = Acute Exposure Guideline Levels (Störfall – Konzentrationsleitwerte).
136 AEGL-2-Wert
AEGL-2 ist die luftgetragene Stoffkonzentration (ausgedrückt in vppm oder mg/Nm3), bei deren Überschreiten die allge-
meine Bevölkerung irreversible oder andere schwerwiegende, lang andauernde Gesundheitseffekte erleiden kann oder bei
denen die Fähigkeit zur Flucht beeinträchtigt sein kann. Luftgetragene Stoffkonzentrationen unterhalb des AEGL-2- aber
oberhalb des AEGL-1-Wertes bedeuten Expositionshöhen, die spürbares Unwohlsein hervorrufen können.
Anmerkung:
129 Im Anhang 4 des Leitfadens KAS 18 „Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung
und schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung“ wird aus der Analyse der Begriffsidentitäten hergeleitet,
40 dass die Beeinträchtigungen einer großen Anzahl von Menschen (im Sinne des § 2 Nr. 4b der Störfallverordnung) sich
149 18 weitgehend mit dem Schweregrad 2 der AEGL-Werte deckt. Diese Herleitung wird auch an anderen Stellen bestätigt. In
TRBS 3146/TRGS 746 „Ortsfeste Druckanlagen für Gase“ wird in Abschnitt 4.5.3.2 Absatz 4 Nr. 2 folgerichtig für die Grenz-
konzentration zur Bestimmung des Sicherheitsabstandes auch der AEGL-2-Wert herangezogen. Dieser sollte daher in
Zukunft konsequent für alle sinngemäßen Betrachtungen verwendet werden.
136 AEGL-3-Wert
AEGL-3 ist die luftgetragene Stoffkonzentration (ausgedrückt in vppm oder mg/Nm3), bei deren Überschreiten die allge-
meine Bevölkerung lebensbedrohliche oder tödliche Gesundheitseffekte erleiden kann. Luftgetragene Stoffkonzentrationen
unterhalb des AEGL-3- aber oberhalb des AEGL‑2-Wertes bedeuten Expositionshöhen, die irreversible oder andere schwer-
wiegende, lang andauernde Gesundheitseffekte hervorrufen oder die Fähigkeit zur Flucht beeinträchtigen können.
155 ERPG-1-Wert
Die maximale luftgetragene Konzentration, bei der davon ausgegangen wird, dass unterhalb dieses Wertes beinahe sämt-
liche Personen bis zu einer Stunde lang exponiert werden könnten, ohne dass sie unter mehr als leichten, vorübergehen-
den nachteiligen gesundheitlichen Auswirkungen leiden beziehungsweise ohne dass sie einen eindeutig definierten unan-
genehmen Geruch wahrnehmen. ERPG = Emergency Response Planning Guidelines.
155 ERPG-2-Wert
Die maximale luftgetragene Konzentration, bei der davon ausgegangen wird, dass unterhalb dieses Wertes beinahe sämt-
liche Personen bis zu einer Stunde lang exponiert werden könnten, ohne dass sie unter irreversiblen oder sonstigen
schwerwiegenden gesundheitlichen Auswirkungen oder Symptomen leiden beziehungsweise solche entwickeln, die die
Fähigkeit einer Person beeinträchtigen könnten, Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Anmerkung:
Als Beurteilungswert für die Herleitung von Achtungsabständen im Sinne der Bauleitplanung verwendet der Leitfaden
128 KAS 18 „Empfehlung für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung und schutzbedürftigen Gebie-
ten im Rahmen der Bauleitplanung“ den ERPG‑2-Wert, da zum Entstehungszeitpunkt seiner ersten Fassung (SFK/TAA-GS-1)
im Jahr 2001 mehr ERPG als AEGL-Werte verfügbar waren. Für zukünftige Betrachtungen sollte jedoch der AEGL-2-Wert
herangezogen werden.
155 ERPG-3-Wert
Die maximale luftgetragene Konzentration, bei der davon ausgegangen wird, dass unterhalb dieses Wertes beinahe sämt-
liche Personen bis zu einer Stunde lang exponiert werden könnten, ohne dass sie unter lebensbedrohenden gesundheitli-
chen Auswirkungen leiden beziehungsweise solche entwickeln.
PAC-Werte
PAC-Werte (Protective Action Criteria for Chemicals) sind keine Störfallbeurteilungswerte im eigentlichen Sinne, sondern
bieten den jeweils geeignetesten, verfügbaren Wert aus der Gruppe der AEGL-, ERPG- und TEEL-Werte an. Dabei werden
die Werte in der folgenden Reihenfolge verwendet:
• Finalisierte AEGL-Werte für 60 Minuten
• Vorläufige AEGL-Werte für 60 Minuten
• ERPG-Werte
• TEEL-Werte
Die PAC-Werte werden dabei, wie auch die AEGL-, ERPG- und TEEL-Werte, aus denen sie sich ableiten, in den drei un-
terschiedlichen Stufen angegeben:
• PAC-1: Spürsames Unwohlsein und Reizungen, aber keine Behinderung der Fähigkeit zu flüchten. Mit Beendigung der
Stofffreisetzung verschwinden die Symptome wieder vollständig.
• PAC-2: Irreversible oder lang andauernde gesundheitliche Auswirkungen oder fluchtbehindernde Wirkung.
• PAC-3: Lebensbedrohliche oder tödliche Auswirkungen.
154 IDLH-Wert
Der IDLH-Wert (Immediately Dangerous to Life or Health) bezeichnet eine Konzentration, bei dem sich Menschen beim
Ausfallen von Atemschutzgeräten innerhalb von 30 Minuten ohne irreversible Gesundheitsschäden vom Unfallort entfernen
können.
36 AGW
Arbeitsplatzgrenzwert: höchstzulässige Konzentration eines Arbeitsstoffes als Gas, Dampf oder Schwebstoff in der Luft am
Arbeitsplatz, die nach dem gegenwärtigen Stand der Kenntnis auch bei wiederholter und langfristiger Exposition, jedoch
bei Einhaltung einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden im Allgemeinen die Gesundheit der Beschäftig-
ten nicht beeinträchtigt und diese nicht unangemessen belästigt.
Normkubikmeter (Nm3)
Normvolumen (hier Normkubikmeter) werden benutzt, um Gasmengen, die bei unterschiedlichen Drücken und Tempera-
turen vorliegen, zu vergleichen. Dazu werden die Gasmengen jeweils auf den gleichen Normzustand umgerechnet, hier
bei 1013 mbar und 0 °C (273,15 K). In obiger Tabelle entspricht 1 ppm Chlor (= 1 ml Chlor/m3) bei 0 °C und 1013 hPa
3,16 mg Chlor/Nm3.
5 Nachweise
Chlor hat einen äußerst charakteristischen, stechenden Geruch.
Handelsübliche Prüfröhrchen (mit Gasspürpumpe) sind für Momentanwert-Ermittlungen geeignet. Mit den Röhrchen können
Messbereiche von 0,2 bis 30 ppm abgedeckt werden. Zum quantitativen Nachweis von Chlor in der Luft sind kontinuierlich
190 arbeitende Analysengeräte erhältlich. Zur Auswahl kann die Euro-Chlor-Schrift GEST 94/213 „Guidelines for the Selection
and the Use of Fixed Chlorine Detection Systems in Production Units“ herangezogen werden.
Anforderungen an Messstellen zur Durchführung der Messung gefährlicher Stoffe in der Luft am Arbeitsplatz enthält die
23 TRGS 402 „Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition“.
158 Hinweise zur Messmethodik können auch der Euro-Chlor-Schrift ANALYTICAL 8 „Determination of Chlorine in Workplace
Air“ entnommen werden.
Um Kleinstleckagen an chlorführenden Leitungen, Flanschen und Behältern, aus denen Chlorgas entweicht, aufzuspüren,
nutzt man die Bildung von weißem Nebel, der bei der Reaktion zwischen bereits kleinsten Mengen von Chlorgas mit am-
moniakhaltigen Dämpfen in der Nähe dieser Leckage entsteht. Dafür geeignete ammoniakhaltige Dämpfe entstehen im
Gasraum über einer etwa 5-prozentigen Lösung von Ammoniak in Wasser (zum Beispiel aus dem Gasraum einer Kunst-
stoffflasche oder an einem an einem Stiel befestigten Lappen mit Lösung) – unter Einsatz Persönlicher Schutzausrüstungen
und unter Ausschluss der Gefährdung Dritter. Das Versprühen von Ammoniaklösung soll aufgrund möglicher Korrosions- und
Explosionsgefahr unterbleiben. Insbesondere Messing und Buntmetalle verspröden im Kontakt mit der Ammoniaklösung.
Zudem können hohe Chlorkonzentrationen im direkten Kontakt mit Ammoniaklösung Stickstofftrichlorid (siehe Abschnitt 8.4.2)
bilden, welches explosionsartig zerfällt.
Abbildung 13: Lecksuche mit Ammoniak (Entnahme aus der Gasphase der Spritzflasche)
6 Gefährdungsbeurteilung
6.1 Allgemeine Anforderungen
8 19 Arbeitsschutzgesetz, Verordnungen zum Arbeitsschutz (zum Beispiel Gefahrstoffverordnung, Betriebssicherheitsverordnung,
14 9 Arbeitsstättenverordnung) und die Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (DGUV Vorschrift 1) verpflichten
50 86 die Unternehmerin beziehungsweise den Unternehmer, Gefährdungen und Belastungen der Beschäftigten am Arbeitsplatz
zu ermitteln und zu beurteilen, Schutzmaßnahmen zu ergreifen und deren Wirksamkeit zu überprüfen.
Die BG Rohstoffe und chemische Industrie bietet ihren Mitgliedsbetrieben für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung
nach Arbeitsschutzgesetz vielfältige Hilfsmittel an:
56 • die Merkblätter A 016 „Gefährdungsbeurteilung – Sieben Schritte zum Ziel“ und A 017 „Gefährdungsbeurteilung – Ge-
57 fährdungskatalog“ sowie der Ordner „Gefährdungsbeurteilung – Arbeitshilfen“, die Excel-Dokumentvorlage „GefDok
light“ und die Software „GefDok KMU“,
84 85 • die Portale zu Gefahrstoffen unter fachwissen.bgrci.de Gefahrstoffe und www.gischem.de,
51 • die Schriftenreihe „Sicheres Arbeiten“, zum Beispiel „Sicheres Arbeiten in Laboratorien“ (DGUV Information 213-850).
Darüber hinaus bieten unter anderem die folgenden Technischen Regeln für Gefahrstoffe weitere Hilfestellungen:
21 • TRGS 400 „Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“
22 • TRGS 401 „Gefährdung durch Hautkontakt – Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen“
23 • TRGS 402 „Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition“
24 • TRGS 407 „Tätigkeiten mit Gasen – Gefährdungsermittlung“
25 • TRGS 500 „Schutzmaßnahmen“
17 • TRBS 3145/TRGS 745 „Ortsbewegliche Druckgasbehälter – Füllen, Bereithalten, innerbetriebliche Beförderung,
Entleeren“
18 • TRBS 3146/TRGS 746 „Ortsfeste Druckanlagen für Gase“
35 • TRGS 800 „Brandschutzmaßnahmen“
19 21 Dabei müssen über den normalen Betrieb hinaus auch das An- und Abfahren von Anlagen, Instandhaltungs- und Wartungs-
arbeiten sowie Störungen des Normalbetriebes betrachtet werden. Bei der Zusammenarbeit verschiedener Firmen kann
die Möglichkeit einer gegenseitigen Gefährdung bestehen. Deshalb muss die Fremdfirmenkoordination ebenfalls Bestand-
teil der Gefährdungsbeurteilung sein.
Die Gefährdungsbeurteilung ist vor Aufnahme der Tätigkeiten durchzuführen. Sie darf nur von fachkundigen Personen durch-
100 geführt werden. Sofern die Unternehmerin oder der Unternehmer nicht selbst über die Fachkunde verfügt, hat sie oder er sich
fachkundig beraten zu lassen, zum Beispiel von der Fachkraft für Arbeitssicherheit oder vom Betriebsarzt beziehungsweise
von der Betriebsärztin. Der Betriebsrat ist entsprechend hinzuzuziehen. Die Gefährdungsbeurteilung ist zu dokumentieren und
ist auf aktuellem Stand zu halten. Tätigkeiten mit Gefahrstoffen dürfen erst aufgenommen werden, nachdem die Gefährdungs-
beurteilung durchgeführt und entsprechende Schutzmaßnahmen festgelegt wurden.
Liegt vom Hersteller oder Inverkehrbringer bereits eine Gefährdungsbeurteilung vor, darf der Unternehmer oder die Unter-
nehmerin diese bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen zugrunde legen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Tätig-
keiten im Betrieb nach den vom Hersteller gemachten Angaben und Festlegungen durchgeführt werden.
Erkenntnisse über Schadensursachen aus eigener Betriebserfahrung, aber auch aus anderen Quellen, zum Beispiel die
40 Sicherheitsberichte, die gemäß der Störfall-Verordnung durchgeführt wurden, können herangezogen werden. Anwender
von Chlor in kleinen Mengen, die nicht der Störfall-Verordnung unterliegen, können bei der Ermittlung und Beurteilung der
Gefahren Unterstützung durch ihre Lieferanten erhalten.
Chlor ist, wie alle Gefahrstoffe, im Gefahrstoffverzeichnis unter Angabe der Einstufung oder der gefährlichen Eigenschaften,
der Arbeitsbereiche und entsprechenden Mengenbereiche mit Verweis auf das jeweilige Sicherheitsdatenblatt aufzuführen.
Das Verzeichnis ist auf aktuellem Stand zu halten und allen betroffenen Beschäftigten und ihrer Vertretung (zum Beispiel
Betriebsrat) zugänglich zu machen.
24 6.1.2 Gefährdungsermittlung
Die besonderen Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gasen und die entsprechenden Schwerpunkte bei der Gefährdungsbe-
urteilung sind in der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 407 „Tätigkeiten mit Gasen – Gefährdungsbeurteilung“
beschrieben.
Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gasen können sich insbesondere ergeben durch
1. betriebsbedingte Freisetzung von Gasen,
2. Freisetzung von Gasen, zum Beispiel durch unbeabsichtigtes Öffnen von unter Druck stehenden Anlagenteilen,
3. Abweichungen vom bestimmungsgemäßen Betrieb (Abweichungen von den zulässigen Betriebsparametern, Undich-
tigkeiten) und störungsbedingte Freisetzung von Gasen,
4. Einwirkungen von außerhalb auf die ortsbeweglichen Druckgeräte oder die Druckanlage,
5. das Mischen von Gasen,
6. erstickende Wirkung durch Verdrängung von Luftsauerstoff,
7. unsachgemäße Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten.
Die gefährlichen Eigenschaften von Gasen sind insbesondere vor dem Hintergrund ihrer hohen Volatilität (Flüchtigkeit) und
der Handhabung unter Druck zu beurteilen.
Mögliche Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gasen unter Druck sind beispielsweise:
1. Gefährdungen durch den Druck von Gasen in ortsbeweglichen Druckgeräten oder Druckanlagen (siehe dazu
16 auch Technische Regel für Betriebssicherheit (TRBS) 2141 „Gefährdungen durch Dampf und Druck“),
a. unkontrolliert bewegte Teile (zum Beispiel wegfliegende Teile, schlagende Leitungen),
b. Zerknall, Bersten (zum Beispiel Druckwelle),
2. Gefährdungen durch spezielle physikalische Einwirkungen: Lärm (zum Beispiel lautes Zischen durch plötzliches Aus-
treten großer Gasmengen aus Druckentlastungsöffnungen),
3. Kontakt mit heißen oder kalten Medien, zum Beispiel: Verbrennungen oder Erfrierung der Haut durch Kontakt mit Ober-
flächen von Leitungen oder ortsbeweglichen Druckgeräten, die sich durch adiabatische Verdichtung oder Entspannung
stark erwärmt oder stark abgekühlt haben,
4. hohe Strömungsgeschwindigkeit (zum Beispiel Einwirken eines Gasstrahls auf das Auge).
Flüssiges Chlor dehnt sich bei Erwärmung aus, daher darf flüssiges Chlor niemals zwischen zwei geschlossenen Armatu-
ren eingesperrt werden.
Auf die Gefahren des Berstens aufgrund von Druckaufbau in mit Chlor gefüllten Behältern wird an verschiedenen Stellen
dieser Schrift detaillierter eingegangen. Des Weiteren wird auch auf die speziell für Chlor zutreffenden Eigenschaften der
Toxizität (akut toxisch Kat. 2), der hohen Korrosivität in Verbindung mit Feuchtigkeit und der hohen Reaktivität in Verbindung
mit diversen Mischungen und Reinstoffen eingegangen.
Chlor wird in die Gruppe 3.1 (unter geringem Druck zu verflüssigende Gase, nicht entzündbar, chemisch stabil) gemäß An-
hang 1 der TRGS 407 eingestuft. Durch die oxidierenden Eigenschaften von Chlor können Gasgemische unter Umständen
stark reagieren. Hierbei sind neben den bekannten Zündquellen, wie zum Beispiel offene Flammen, Funken oder heiße
Oberflächen, auch weniger bekannte Zündquellen zu berücksichtigen. Bei Gemischen von Chlor und Wasserstoff reicht Licht
als Zündquelle aus. Zur Ermittlung und Berücksichtigung der Bildung reaktionsfähiger Gemische siehe auch Abschnitt 8.4 so-
wie Anhang 3 der TRGS 407 (enthält eine Tabelle mit Gasen und deren Verhalten im Gemisch zueinander). Chlor ist neben
den Edelgasen und Luftbestandteilen Stickstoff und Sauerstoff nur mit wenigen Gasen gefahrlos mischbar.
Das Ausbreitungsverhalten von Gasen in Abhängigkeit von ihrer Dichte (Chlor ist schwerer als Luft) und in Abhängigkeit
von dem Gemisch, in dem sie vorliegen, ist zu berücksichtigen. Eventuell zu ergreifende Maßnahmen sind daran zu orien-
76 tieren, wie zum Beispiel die Belüftung und die Positionierung von Gaswarngeräten.
Für Tätigkeiten mit Gasen sind bei der Gefährdungsbeurteilung alle Gefährdungen durch Druck sowohl beim bestimmungs-
15 16 gemäßen Betrieb als auch bei Abweichungen davon zu ermitteln (siehe auch TRBS 1111 und TRBS 2141). Als vernünfti-
gerweise nicht auszuschließende Abweichungen vom bestimmungsgemäßen Betrieb sind insbesondere
1. Leckagen (zum Beispiel an Ventilen, Flanschverbindungen oder anderen Dichtflächen oder durch Korrosion),
2. Freisetzung von Gasen beim Öffnen von Anlagenteilen (zum Beispiel durch nicht erkannten Überdruck oder
Fehlbedienung),
3. Ansprechen von Sicherheitseinrichtungen, wie zum Beispiel Sicherheitsventile oder Berstscheiben,
4. Abriss von Schlauchverbindungen,
5. Überschreiten zulässiger Füllungsgrade
auf Relevanz zu überprüfen und erforderlichenfalls zu berücksichtigen.
24 Gemäß TRGS 407 Abschnitt 3.2.4 Absatz 4 sind Gefahrenbereiche und für ortsfeste Druckanlagen bei der Aufstellung im
Freien auch Sicherheitsabstände zu Schutzobjekten festzulegen.
Auch von außen können durch Einwirkungen aus dem Bereich um die Druckanlage Gefährdungen auftreten. Vernünftiger-
weise nicht auszuschließende Einwirkungen können insbesondere sein:
1. Brand im Umfeld der Druckanlage,
2. umgebungsbedingt wahrscheinliche Naturereignisse wie Blitzeinschlag, Hochwasser oder Erdbeben,
131 3. Einwirkung durch Unbefugte,
4. Energieeinwirkungen aus anderen Anlagen oder Tätigkeiten,
5. Zwischenfälle mit kraftbetätigten Fahrzeugen.
Die durch diese Ereignisse entstehenden Einwirkungen sind mit der Auslegung der Druckanlage abzugleichen und in der
24 Gefährdungsbeurteilung und bei den Notfallmaßnahmen zu berücksichtigen. Gemäß TRGS 407 Abschnitt 3.2.5 Absatz 4 ist
deshalb ausgehend von der Gefährdungsbeurteilung ein Schutzabstand festzulegen, in dem keine den Betrieb der Druckan-
lage beeinflussenden Ereignisse erfolgen dürfen oder geeignete Notfallmaßnahmen festgelegt werden müssen.
Als oxidierendes Gas ist Chlor auch im Hinblick auf seine Brandgefährdung zu beurteilen. Hierbei ist auch das Zusammenspiel
mit der Umgebung wichtig.
35 Weitere Hinweise und Beispiele gibt die TRGS 800. Details siehe auch Abschnitt 8.4.
S Substitution/Vermeidung
T Technische Schutzmaßnahmen
O Organisatorische Schutzmaßnahmen
P Persönliche Schutzmaßnahmen
Soweit eine Gefährdung der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit Chlor durch technische und organisatorische Maßnahmen
nicht ausgeschlossen werden kann, müssen persönliche Schutzausrüstungen bereitgestellt und benutzt werden.
36 Der AGW, als gesundheitsbasierter Grenzwert, dient als Grundlage der Beurteilung der Gefährdung und der Wirksamkeit
der Schutzmaßnahmen. Bei dessen Einhaltung sind akute oder chronische schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit
von Beschäftigten im Allgemeinen nicht zu erwarten. Es muss sichergestellt sein, dass die Arbeitsplatzgrenzwerte einge-
23 halten werden. Dies kann durch Arbeitsplatzmessungen oder durch andere geeignete Methoden (zum Beispiel Verfahrens-
und stoffspezifische Kriterien (VSK) überprüft werden.
Die betriebstechnischen Maßnahmen sind aber stets so auszuwählen, dass die Beschäftigten nur ausnahmsweise und als
Ergänzung zu den technischen Maßnahmen persönliche Schutzausrüstungen tragen müssen.
Die Schutzmaßnahmen und der Stand der Technik bei Tätigkeiten mit Chlor sind in den Kapiteln 8 bis 11 dargelegt.
Die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen muss regelmäßig überprüft und dokumentiert werden.
Führt die Wirksamkeitsprüfung zum Ergebnis, dass die getroffenen Schutzmaßnahmen nicht ausreichend sind, muss der
Unternehmer oder die Unternehmerin unverzüglich die Gefährdungsbeurteilung erneut durchführen und geeignete zusätz-
liche Schutzmaßnahmen ergreifen.
7 Expositionsermittlung
Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat zu ermitteln, welche Mengen von Gasen bei bestimmungsgemäßem Betrieb
betriebsbedingt austreten. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:
Darüber hinaus ist zu ermitteln, inwieweit durch vernünftigerweise nicht auszuschließende Abweichungen vom bestimmungs-
gemäßen Betrieb größere Mengen von Gasen austreten können (siehe Abschnitt 6.1.2). Das Ausmaß der Exposition am
Arbeitsplatz kann zum Beispiel festgestellt werden anhand von
23 • Konzentrationsmessungen gemäß TRGS 402,
• Erfahrungen mit vergleichbaren Anlagen und Tätigkeiten,
• Zuverlässigen Berechnungen von hinreichender Plausibilität.
23 Wenn eine für Messungen von Gefahrstoffen an Arbeitsplätzen akkreditierte Messstelle beauftragt wird, kann in der Regel
davon ausgegangen werden, dass die von dieser Messstelle gewonnenen Erkenntnisse zutreffend sind. Akkreditierte
145 Messstellen können über die Homepage der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) gesucht werden. Eine Liste steht
121 auf den Internetseiten des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) zum Download
bereit: www.dguv.de, Webcode: d4706. Eine solche Liste findet sich auch beim Bundesverband der Messstellen für Um-
147 welt- und Arbeitsschutz e. V. (BUA) auf der Seite www.bua-verband.de/gefahrstoffmessungen/.
201 Weitere Informationen (Messmethoden, Messgeräte, Berechnungen) enthalten die Euro-Chlor-Schriften HEALTH 11 „Che-
158 mical Health Hazards of chlor-alkali production“ und ANALYTICAL 8 „Determination of Chlorine in Workplace Air“.
8 Technische Schutzmaßnahmen
8.1 Anlagen
Anlagen und Arbeitsverfahren sind so zu gestalten, dass sie auf Dauer technisch dicht sind6. Das kann zum Beispiel durch
Arbeiten in geschlossenen Anlagen geschehen. Ist das Freiwerden chlorhaltiger Dämpfe technisch nicht zu verhindern, so
sind diese an der Austritts- oder Entstehungsstelle vollständig zu erfassen und anschließend ohne Gefahr für Mensch und
Umwelt abzuleiten. Hierfür sind zum Beispiel ausreichend dimensionierte Absaugvorrichtungen geeignet, die an eine Chlo-
rabsorptionsanlage angeschlossen sind. Siehe dazu auch Abschnitt 8.5.1.
Für die Probenahme zur Qualitätssicherung müssen geeignete technische Einrichtungen vorhanden sein, beispielsweise
Schleusen, geschlossene Probenahmegefäße, Probenahmeventile ohne Toträume und ohne Nachlauf. Falls möglich,
sollten kontinuierlich Messungen durchgeführt werden und manuelle Probennahmen weitestgehend vermieden werden.
Druckanlagen sind vor Eingriffen Unbefugter zu schützen. Dies kann je nach Einzelfall durch Umfriedung der Anlagen oder
Einschluss der Armaturen erreicht werden. Ist die Druckanlage Teil eines größeren umfriedeten Bereichs (Werksgelände),
sind organisatorische Maßnahmen (zum Beispiel entsprechende Unterweisung) ausreichend. Hinweise auf technische
192 Maßnahmen enthält auch die Euro-Chlor-Schrift GEST 05/316 „Guideline for Site Security of Chlorine Production Facilities“.
Die Rückströmung von Chlor in Zuleitungen oder das Eindringen anderer Stoffe in Chlorleitungen oder Chlorbehälter muss
unbedingt vermieden werden.
123 Im Rahmen der Anlagenplanung ist eine Gefahrenanalyse, wie zum Beispiel HAZOP oder PAAG, durchzuführen. Dabei
sind unter anderem die maximale und die minimale Betriebstemperatur sowie der maximale und der minimale Betriebsdruck
unter Berücksichtigung der im ortsbeweglichen Druckgerät beziehungsweise in der Druckanlage zu erwartenden Drücke
und Temperaturen festzulegen. Dabei sind Eigenschaften von Chlor beziehungsweise Gasmischungen mit Chlor und ge-
gebenenfalls zu erwartende chemische Reaktionen zu berücksichtigen, wie zum Beispiel
1. Druckerhöhung aufgrund von Wärmeausdehnung der Gasphase,
2. Druckerniedrigung aufgrund von Entspannung beziehungsweise Kondensation,
33 3. Temperaturerhöhung aufgrund von adiabatischer Verdichtung,
4. Drücke (gegebenenfalls auch Explosionsdrücke) und Temperaturen, die aufgrund von chemischen Reaktionen entste-
hen können.
173 Betreibererfahrungen zur Druckabsicherung enthält die GEST 87/133 „Overpressure Relief of Liquid Chlorine Installations“.
18 Es müssen ein Not-Aus-System mit leicht erreichbarem Auslösesystem und Meldung an eine ständig besetzte Stelle im
Bereich von ortsfesten Druckgasbehältern vorhanden sein. Bei Füllanlagen von ortsfesten Druckanlagen gilt dies ab einem
Gesamtfassungsvermögen von mehr als 30 t.
Bei Füllanlagen muss das Auslösesystem auch außerhalb der Bereiche der Füllanschlüsse beziehungsweise der Räume
mit Füllanlagen von den Fluchtwegen aus zu erreichen sein.
Mit dem Not-Aus-System müssen die Verbindungsleitungen zwischen den ortsfesten Druckgasbehältern, den Füllanlagen
und den ortsbeweglichen Druckgasbehältern und anderen Anlagenteilen so abgesperrt werden, dass Gefährdungen ver-
hindert werden. Im Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ist zu entscheiden, welche fernbetätigbaren Absperrarmaturen
in das Not-Aus-System einzubeziehen sind.
113 106 107 In Kapitel 6.2 des ADR wird für den Bau von ortsbeweglichen Druckgeräten auf die DIN EN ISO 11114-1 und -2 verwiesen.
Für die Lager- und Transportbehälter, Rohrleitungen und Armaturen wird in der Regel Stahl (bei verflüssigtem Chlor Tief-
103 temperatur-Stahl) verwendet, da flüssiges Chlor und trockenes Chlorgas nach DIN EN 937 diesen Werkstoff nicht angreifen.
Im Kontakt mit trockenem Chlor wird Stahl mit einer schützenden Schicht aus Eisen(III)-Chlorid belegt, die den Stahl vor
weiterem Angriff schützt. Nichtsdestotrotz kann auch Stahl durch verschiedene Mechanismen (zum Beispiel Feuchte,
Temperatur, Erosion) zerstört werden, wenn diese Schutzschicht beeinträchtigt ist (detailliertere Informationen enthält die
196 GEST 10/362 „Corrosion Behaviour of Carbon Steel in Wet and Dry Chlorine“).
Aufgrund der Reaktionsfähigkeit von Chlorgas mit Kohlenstoffstahl bei höheren Temperaturen (Chlor-Eisen-Brand) empfiehlt
es sich aus Sicherheitsgründen, eine Chlorgastemperatur von 120 °C nicht zu überschreiten. Sind aus betrieblichen Grün-
den höhere Temperaturen nicht zu vermeiden, müssen immer Sonderwerkstoffe (zum Beispiel Nickel, Nickellegierungen
oder hochlegierte Stähle) eingesetzt werden.
Edelstähle sind grundsätzlich für die Verwendung im trockenen Chlor (Feuchtigkeitsgehalt < 20 w.-ppm) geeignet (bestän-
dig gegen Chlor-Eisen-Brand bis 150 °C oder bei erhöhten Festigkeitsanforderungen bei sehr tiefen Temperaturen). Aller-
dings ist höchste Vorsicht geboten, wenn im Chlor Feuchtigkeit vorhanden oder durch betriebliche Vorgänge nicht auszu-
schließen ist. Die sich bildende Salzsäure (HCl) führt zu Lochfraß im Edelstahl. Außerdem muss bei Temperaturen über
circa 40 °C auch mit Spannungsrisskorrosion gerechnet werden. Spannungsrisskorrosion kann zu schlagartigem Versagen
von Bauteilen führen. Hier ist insbesondere auch die Einwirkung von Chloriden aus der Umgebung an feuchten Außenwän-
den (zum Beispiel aus Kondensation oder defekter Isolierung) durch eine geeignete Beschichtung oder vergleichbar wirk-
same Maßnahmen zu verhindern.
Für trockenes Chlorgas und Flüssigchlor darf auf keinen Fall Titan eingesetzt werden, da dieses Metall spontan und heftig
mit trockenem Chlor reagiert (Chlor-Titan-Brand). Ähnlich heftige Reaktionen gibt es mit Zink, Zinn und Aluminium. Es gibt
einige zugelassene Sonderwerkstoffe mit Messinglegierungen (diese enthalten Zink).
Einige Polymerwerkstoffe (zum Beispiel PVC, CPVC und eingeschränkt auch PE/PP) sind beim Einsatz mit trockenem
gasförmigem Chlor unproblematisch. Von flüssigem Chlor können diese Werkstoffe dagegen stark angegriffen werden. Hier
ist nicht nur die Versprödungsneigung bei tiefen Temperaturen zu betrachten. Auch Effekte wie Rückkondensation von Chlor
in ursprünglich gasförmigen Strömen ist unbedingt zu vermeiden. Deshalb sollte der Einsatz von Polymerwerkstoffen immer
einer besonderen Sicherheitsbetrachtung unterliegen.
Feuchtes Chlor reagiert nahezu mit allen Metallen. Ausnahmen sind Titan und Tantal. Beim Einsatz von Titan muss sicher-
gestellt werden, dass eine ausreichende Feuchte (> 0,4 Gew.-% Wasser, entspricht einem Taupunkt von circa 15 °C) auch
bei wechselnden Betriebsbedingungen immer gegeben ist. Um das zu erreichen, muss gegebenenfalls auch Wasser ein-
gesprüht werden. Kältebrücken müssen vermieden werden. Eine Verwechslung von Bauteilen aus Titan mit Bauteilen aus
anderen Werkstoffen ist bei der Instandhaltung unbedingt zu vermeiden.
Tantal ist das einzige Metall, das uneingeschränkt im feuchten wie im trockenen Chlor eingesetzt werden kann. Aufgrund
des hohen Preises ist der Einsatz aber im Allgemeinen auf Spezialbauteile beschränkt (zum Beispiel Drucktransmittermem-
branen oder Berstscheiben).
Für feuchtes Chlorgas führende Anlagenteile eignen sich gummierte oder mit chlorbeständigen Polymeren innen beschich-
tete Stahlbehälter oder auch Apparate aus Kunststoff (meist glasfaserverstärkte Polyester) mit und ohne Inlinern, wie zum
Beispiel GF-UP oder GFK-PVC. Auch Glas ist gegen feuchtes Chlor beständig.
Dichtungen sind immer nur so gut wie das Gesamtsystem einer lösbaren Verbindung. Grundsätzlich sollte vor Einbau von
Dichtungen auch der Zustand der Flanschflächen, die Flanschparallelität und die Kraft aus Verspannungen betrachtet
werden. Es müssen die korrekten Schrauben/Unterlegscheiben verwendet und mit dem richtigen Drehmoment angezogen
werden. Beim Einbau sind gegebenenfalls weitere Hinweise des Herstellers zu beachten. Hilfestellung hierfür gibt der
142 „Leitfaden zur Montage von Flanschverbindungen in verfahrenstechnischen Anlagen“ des VCI. Der Schulung von Monta-
gepersonal in der richtigen Flanschmontage kommt große Bedeutung für die sachgerechte Installation und dauerhafte
Dichtheit der Verbindung zu.
Schrauben und Bolzen werden normalerweise zur besseren Kontrolle des Drehmoments mit Schmiermittel versehen.
Dabei dürfen nur chlorbeständige Schmierstoffe (zum Beispiel perfluorierte Öle oder Fette) zum Einsatz kommen. Gleiches
gilt für die Verwendung von Fetten zur Fixierung der Dichtung beim Einbau, wobei dieses Verfahren nicht empfohlen wird,
da die verminderte Reibung die Gefahr des Ausblasens erhöht. Das Verwenden von anderen Fetten ist gefährlich (siehe
auch Kapitel 2 und Abschnitt 8.4). Die Verwendung von Silikonfetten ist unbedingt zu vermeiden, da in Kontakt mit Chlorgas
und Flüssigchlor harte Ablagerungen aus Chlorsilanen gebildet werden, die die Dichtigkeit von Flanschverbindungen und
Ventilen unwirksam machen.
Die Wiederverwendung von gebrauchten Dichtungen ist gefährlich und muss daher unterbleiben. Benutzte Dichtungen
erreichen niemals die Kennwerte einer neuen Dichtung, wodurch die Wahrscheinlichkeit einer nachfolgenden Leckage
erheblich größer ist.
Es gibt für Chlor geeignete Dichtungen aus PTFE, Graphit, Aramidfaser und Carbonfaser, wobei nicht automatisch jede
Dichtung aus diesem Stoff geeignet ist (abhängig zum Beispiel vom Bindemittel der Carbonfasern).
191 Bei der Auswahl von Dichtungsmaterial unterstützt die GEST 94/216 „Gaskets Selection for the Use in Liquid Chlorine and
Dry or Wet Chlorine Gas Service“. Bewährtes Material kann auch vom Lieferanten und von allen anderen Chlorherstellern
erfragt werden.
Sowohl trockenes Chlorgas als auch flüssiges Chlor wird in der Produktionsanlage und von dieser zu den Verbrauchern
innerhalb eines Werkes in Rohrleitungen gefördert. Diese Rohrleitungen sind entsprechend den Betriebsbedingungen meist
aus Stahl oder Tieftemperatur-Stahl. Bei der Konstruktion von Rohrleitungssystemen für flüssiges oder trockenes Chlorgas
161 unterstützen die Empfehlungen die GEST 73/25 „Transfer of Dry Chlorine by Piping Systems“. Entsprechende Schriften
171
157 des Verbandes „Euro Chlor“ existieren auch zu Maschinen zur Förderung von flüssigem Chlor mit Pumpen (GEST 83/119
167 „Seal-less Pumps for Use with Liquid Chlorine“), Gasdruck (GEST 79/79 „Transfer of Liquid Chlorine by Padding with a
195 Chlorine Compressor“) sowie von trockenem Chlorgas mit Verdichtern (GEST 10/361 „Dry Chlorine Gas Compressors“).
Die Leitungen müssen so verlegt werden, dass sie durch Schwingungen, Erschütterungen, Verlagerungen, Verspannungen
und Erwärmungen nicht in gefährlichem Maße beansprucht werden. Die Leitungen müssen gegen äußere Korrosion ge-
schützt sein.
Die Leitungsführung sollte darüber hinaus auch die Minimierung potenzieller externer Gefahren (zum Beispiel durch unbe-
absichtigte Unterfeuerung oder mechanische Beschädigung) berücksichtigen.
Rohrleitungen können geschweißt oder geflanscht sein. Es sollten möglichst wenige Flanschverbindungen vorhanden sein.
Geeignete Werkstoffe außer Stahl sind höher legierte Stähle, Weichkupfer oder Nickel.
41 Es sollten Flanschverbindungen gewählt werden, die aufgrund ihrer Konstruktion auf Dauer technisch dicht sind. Dazu
gehört die Verwendung von Flanschen mit Nut und Feder oder Vor- und Rücksprung. Flansche mit glatter Dichtleiste für
Chlorgas sind einsetzbar, wenn besondere, ausblassichere Dichtungen wie zum Beispiel metallinnenrandgefasste, metal-
lummantelte, kammprofilierte oder Schweißlippendichtungen benutzt werden.
198 Die GEST 17/492 „Specifications and Approval Procedure for Valves to be Used in Liquid Chlorine or Dry Chlorine Gas“
beschreibt umfassend den Stand der Technik der Armaturen für den Umgang mit flüssigem oder trockenem gasförmigen
Chlor.
Kann in Anlagenteilen Chlor in flüssiger Form eingeschlossen werden, so sind Maßnahmen zu ergreifen, die unzulässig
hohe Betriebsdrücke infolge Wärmeausdehnung verhindern. Rohrleitungen, die nicht mit der Gasphase eines Chlorbehäl-
ters in Verbindung stehen und über keine Kompensationseinrichtung verfügen, dürfen niemals beidseitig abgesperrt werden,
wenn sie vollständig mit flüssigem Chlor gefüllt sind. In Anlagenteilen zur Speicherung von flüssigem Chlor gibt es vorge-
schriebene maximale Füllgrade. Zum Fördern von flüssigem Chlor verwendete Gase dürfen zu keiner unzulässigen Druck-
steigerung in der Anlage führen und dürfen nicht mit Chlor reagieren.
173 Generell kann zur Druckabsicherung in Chlorsystemen auf die GEST 87/133 „Overpressure Relief of Liquid Chlorine Ins-
tallations“ zurückgegriffen werden.
Werden in einer Anlage Rohrleitungen sowohl für trockenes als auch feuchtes Chlor betrieben, dann ist sicherzustellen,
dass es nicht zu gefährlichen Materialverwechslungen kommt. Beispiele: Ein Thermoschutzrohr aus Titan führt bei verse-
hentlichem Einbau in eine Flüssigchlorleitung zum Brand, eine Stahl-Thermohülse im Feuchtchlor zum schnellen Versagen
durch Korrosion.
Abbildung 15 zeigt, wie gefährlich die Auswirkung von zu trockenem Chlorgas auf Titanbauteile ist, die für feuchtes Chlor-
gas vorgesehen waren.
196 193 E
in Betreiben der Leitungen für Flüssigchlor mit Fließgeschwindigkeiten unter 2 m/s verhindert, dass die schützende FeCl3-
Schicht des Stahls abgetragen wird, was Korrosion zur Folge hätte.
Abbildung 15: Nach Materialverwechslung: Titanventil nach Verwendung in zu trockenem Chlor (unmittelbar)
Bei Leitungen für gasförmiges Chlor wurden diese Effekte bei Geschwindigkeiten bis zu 20 m/s nicht beobachtet. Allerdings
muss ein Mitreißen von Flüssigkeitströpfchen oder Partikeln sicher ausgeschlossen sein.
Bei Chlor ist eine Zweiphasenströmung zu vermeiden, da sowohl die Anwesenheit von Gasblasen in der Flüssigkeit als auch
von Tröpfchen im Gas die schützende Wirkung der FeCl3-Schicht beeinträchtigt. Das Druckniveau muss deshalb so gewählt
werden, dass bei der Entspannung von flüssigem Chlor mit oder ohne Wärmezufuhr beziehungsweise bei der Verdichtung
von gasförmigem Chlor mit oder ohne Wärmeabfuhr der Nassdampfbereich nicht erreicht wird. Bei einer eventuell vorhan-
denen Begleitheizung ist darauf zu achten, dass es zu keiner lokalen Überhitzung kommt. Es dürfen keine lokalen Tiefpunk-
te existieren, an denen die Heizung nicht wirkt. Zudem muss eine generelle Überhitzung ausgeschlossen werden (Sicher-
heitstemperaturbegrenzer).
Vor Inbetriebnahme sind Rohrleitungen zu reinigen und durch Spülen mit Trockenluft sorgfältig zu trocknen. Sie sind auf
Dichtheit zu prüfen, zum Beispiel durch Abdrücken mit Stickstoff bei abgeseiften Flanschverbindungen. Danach sind die
Anlagenteile mit Chlor unter zunächst geringem Druck zu beaufschlagen und es ist ein erneuter Dichtheitstest mit Ammo-
niakdämpfen (siehe Kapitel 5) oder anderen geeigneten Methoden durchzuführen.
Generell sind Rohrleitungen vor der Inbetriebnahme nach Betriebssicherheitsverordnung zu prüfen. Rohrleitungen mit
DN > 25 und PS > 0,5 sind einer Prüfung durch eine zugelassene Überwachungsstelle (ZÜS) zu unterziehen.
169 Hinweise für die korrekte In- und Außerbetriebnahme von chlorführenden Apparaten und Rohrleitungen enthält die GEST
80/84 „Commissioning and Decommissioning of Installations for Dry Cl2 Gas and Liquid“.
17 Die TRBS 3145/TRGS 745 „Ortsbewegliche Druckgasbehälter – Füllen, Bereithalten, innerbetriebliche Beförderung, Ent-
18 leeren“ sowie die TRBS 3146/TRGS 746 „Ortsfeste Druckanlagen für Gase“ beschreiben weitere Anforderungen, die je
nach Betriebsbedingung umzusetzen sind.
Für feuchtes Chlorgas führende Rohrleitungen eignen sich gummierte oder mit chlorbeständigen Polymeren innen be-
schichtete Stahlrohre (Wasserdampfdiffusion beachten) oder auch Rohre aus Kunststoff mit und ohne Inliner, wie zum
Beispiel GF-UP oder GFK-PVC. Auch Glas ist gegen feuchtes Chlor beständig.
Es ist zu beachten, dass Chlor und Wasser unter + 10 °C festes Chlorhydrat bilden und dadurch Leitungen, in denen
feuchtes Chlorgas strömt, verstopfen können (siehe auch Abbildung 4).
Titan ist ein gut geeigneter Werkstoff in Systemen mit feuchtem Chlor. Insbesondere bei abgestellten Anlagen kann jedoch
die für den Schutz des Titans erforderliche Feuchtigkeit durch Kondensation oder Chlorhydratbildung gefährlich verringert
werden (siehe Kapitel 2).
200 Die GEST 21/506 „Attention Points for Valves Used in Wet Chlorine Gas Applications” gibt Hinweise auf die Verwendung
von Armaturen im feuchten Chlorgas.
8.3 Chlorverdampfer
Eine Entnahme von gasförmigem Chlor aus Transportgebinden führt zur Abkühlung dieser, sodass die zu entnehmende
Menge von der Wärmezufuhr zum Gebinde begrenzt wird. In erster Näherung sind 5 kg pro Stunde und m2 Gebindeober-
fläche die maximal durch natürliche Konvektion verdampfbare Menge bei 20 °C. Dabei steht bei Behältern nur die von innen
flüssigkeitsberührte Oberfläche für eine nennenswerte Wärmeübertragung zur Verfügung. Bei einer höheren Entnahme
kühlt sich das Transportgebinde soweit ab, bis die Chlorverdampfung nahezu zum Stillstand kommt. Die Entnahme kann
durch eine Raumheizung unterstützt werden (Absicherung gegen eine Erwärmung über 50 °C erforderlich – siehe auch Ab-
schnitt 8.9). Ein Berieseln von Gebinden mit warmem Wasser ist nicht zu empfehlen (Korrosionsgefahr). Ein Erwärmen der
Flasche mit offener Flamme ist lebensgefährlich.
Sollen größere Mengenströme Chlorgas dem Verbraucher zur Verfügung gestellt werden, dann empfiehlt sich die flüssige
193 9.6 Entnahme des Chlors und die Umwandlung in Gas in einem dafür bereitgestellten Verdampfer, der die erforderliche Wärme
liefert. Der Druck im Entnahmebehälter bleibt dabei konstant, solange noch Flüssigkeit vorhanden ist. Hinweise für Design,
163 Konstruktion, Betrieb und Instandhaltung von Chlorverdampfern liefert die GEST 75/47 „Design and Operation of Chlorine
Vaporisers“.
In allen Teilen eines Prozesses, in dem Chlor verdampft, kann potenziell eine Anreicherung von Stickstofftrichlorid stattfin-
den (siehe auch Abschnitt 8.4.2). Dies ist gegeben bei der gasförmigen Entnahme von Chlor beim Betrieb von Chlorver-
163 dampfern mit großem Flüssigkeits-Hold-up (zum Beispiel Kettle-Typ) und die entsprechenden Hinweise der GEST 75/47
sind zu beachten.
194 Für die im Allgemeinen bei den Herstellern platzierten Chlorverflüssigungen sei auf die GEST 08/360 „Design and Opera-
tion of Chlorine Liquefaction Units“ hingewiesen.
Mischungen von Chlor mit anderen Gasen oder brennbaren Stäuben können explosionsfähige Gemische (zum Beispiel
„Chlorknallgas“ mit Wasserstoff) oder Reaktionsprodukte (zum Beispiel Stickstofftrichlorid mit Ammoniak) bilden. In der
24 Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 407 „Tätigkeiten mit Gasen – Gefährdungsbeurteilung“ ist im Anhang 3 in einem
Gasgemische-Diagramm zusammengestellt, welche Gase mit Chlor gemischt beziehungsweise wegen gefährlicher Reak-
tionen nicht gemischt werden dürfen. Gefährliche Reaktionen sind neben Wasserstoff und Ammoniak, unter anderen mit
108 Schwefeldioxid, Schwefelwasserstoff, Butadien, Ethylenoxid, Cyanwasserstoff möglich. Sofern bei Gasmischungen, die
nicht der TRGS 407 aufgeführt sind, eine gefährliche Reaktion nicht ausgeschlossen werden kann oder Zweifel an der
146 Ungefährlichkeit des Gasgemisches bestehen, soll vor der Herstellung eine schriftliche Abstimmung mit der Bundesanstalt
für Materialforschung und -prüfung (BAM) zu erfolgen.
Auch Gemische von gasförmigem und flüssigem Chlor mit bestimmten Kohlenwasserstoffen (zum Beispiel Erdgas), Alko-
holen, Estern, Ölen, Lösemitteln, Silikonölen und Silikonkautschukmassen können explosionsfähig sein. Das gilt insbeson-
dere auch für Schmieröle und Fette, ausgenommen bestimmte chlorbeständige Öle und Fette, zum Beispiel perfluorierte
Polyether.
Analog verhält es sich mit der Mischung von Chlor mit brennbaren Stäuben beziehungsweise Feststoffen mit großer Ober-
fläche (Späne, Abriebsrückstände und Ählichem). Die Zündtemperatur eines Chlor-Eisen-Brandes ist beispielsweise bei
Stahlwolle gegenüber massiven Bauteilen aus Stahl (120 °C gelten dort als sicher) auf Raumtemperatur reduziert.
Im Falle von Bränden muss unbedingt verhindert werden, dass Behälter mit flüssigem Chlor auf über 50 °C erhitzt werden
(siehe auch Abschnitt 3.1). Im Brandfall sind diese Behälter unbedingt zu kühlen oder aus der Wärmeinflusszone zu ent-
fernen.
176 185 GEST 91/168 „Physical, Thermodynamic and Selected Chemical Properties of Chlorine“ enthält in Kapitel 9 Informationen
203 zu Explosions- und Detonationsgrenzwerten. Für die Zellensäle der Chlorfabriken beschreibt das Positionspapier PPX
„ATEX: Explosion Protection Considerations Regarding the Cell Room of a Chlor-Alkali Electrolysis Unit“ des Verbandes
Euro Chlor mögliche Schutzmaßnahmen unter Berücksichtigung der aktuellen Explosionsschutzvorschriften.
36 Die Gefährdungsbeurteilung in Hinblick auf Brandgefahren ist in der TRGS 800 „Brandschutzmaßnahmen“ beschrieben.
Je nach Verfahren sind im produzierten Chlorgas kleine Mengen (< 1 %) Wasserstoff enthalten. Ein Explosionsrisiko einer
„Chlor-Knallgas“-Reaktion ist im Bereich von 3 bis 93 Vol.-% Wasserstoff im Gemisch gegeben (abhängig von Druck, Tem-
197 peratur und Anwesenheit von anderen Komponenten, genauere Werte siehe zum Beispiel GEST 17/490 „Hydrogen in
Chlorine Safety”). Licht ist als Zündquelle ausreichend. Produzenten haben Gegenmaßnahmen gegen die Wasserstoffbil-
dung im Prozess vorzusehen (zum Beispiel Überwachung der Solequalität, Schutz gegen Membranrisse und Ähnliches).
Zu beachten ist, dass die Wasserstoffkonzentration während der Verarbeitungsprozesse ansteigen kann (Verflüssigung,
Absorption oder Abreaktion des Chlors). Auch bei Korrosionsprozesse kann Wasserstoff entstehen.
Empfohlen wird, die Wasserstoffkonzentration auch dahingehend zu kontrollieren, dass keine Aufkonzentrierung auftritt,
insbesondere an Hochpunkten (Totpunkte) und schlecht durchströmten Bereichen der Anlage. Zur Bestimmung von Was-
197 serstoff in Chlorgas gibt die Euro-Chlor-Schrift GEST 17/490 „Hydrogen in Chlorine Safety” Hinweise.
8.4.2 Stickstofftrichlorid
Stickstofftrichlorid ist eine flüssige explosive chemische Verbindung mit höherem Siedepunkt als Chlor, die selbstzersetzlich
ist. Es entsteht in den Elektrolysezellen aus Spuren von Stickstoff-Verbindungen in der verwendeten Sole oder bei direktem
Kontakt von Chlor mit Ammoniak. Hersteller haben Maßnahmen gegen die übermäßige Bildung und zur Begrenzung der
Konzentration insbesondere im flüssigen Chlor zu ergreifen.
In allen Teilen eines Prozesses, in dem Chlor verdampft, kann potenziell eine Anreicherung von Stickstofftrichlorid in der
Flüssigphase stattfinden. Insbesondere ist dies gegeben bei der gasförmigen Entnahme von Chlor aus Tanks, Kesselwagen
und anderen großen Transportgebinden, beim Betrieb von Lagerbehältern bei geringem Druck – und damit permanentem
Chlorgasverlust durch Verdampfung – sowie beim Betrieb von Chlorverdampfern mit großem Flüssigkeits-Hold-up (zum
Beispiel Kettle-Typ).
Stickstofftrichlorid kann zum Beispiel durch gezielte Erhöhung der Prozesstemperatur kontrolliert zur Zersetzung gebracht
werden.
157 156 Der Verband Euro Chlor und das amerikanische Chlorine-Institute fordern, den Stickstofftrichloridgehalt von Chlor in klei-
neren Transportgebinden (Flaschen und Fässer ≤ 1 t) auf 20 mg/kg zu begrenzen. Diese sicherheitstechnischen Anforde-
103 rungen wurden auch in die DIN EN 937 „Produkte zur Aufbereitung von Wasser für den menschlichen Gebrauch – Chlor“ auf-
genommen. Die Grenzwerte werden von der üblichen Handelsware normalerweise deutlich unterschritten. In diesem Fall
zeigt die Erfahrung, dass es auch bei gasförmiger Entleerung der kleineren Gebinde nicht zu einer gefährlichen Anreiche-
rung von Stickstofftrichlorid kommt.
165 Umfangreiche Informationen enthält die Euro-Chlor-Schrift GEST 76/55 „Maximum Levels of Nitrogen Trichloride in Liquid
Chlorine“.
Falls bei der großtechnischen Chlorproduktion und -verwendung die Rückführung in einen Produktionsprozess nicht mög-
lich ist, werden Chlor und chlorhaltige Restgase üblicherweise in Absorptionseinheiten (meist bestehend aus Strahlwäschern
und/oder Waschkolonnen) mit 18 bis 22 %iger Natronlauge behandelt. Dabei können zum Beispiel 6 m3 Natronlauge
(18 Gew.-%) bis zu 1000 kg Chlor aufnehmen.
Dabei kann unter adiabatischen Bedingungen durch die Reaktionswärme (1465 kJ pro kg Chlor) die Temperatur um über
50 K steigen. Weil die entstehende Bleichlaugelösung ab 55 °C zu Zersetzungsreaktionen neigt und die Lösung bei dem
durch den Verbrauch der Natronlauge abnehmenden pH-Wert nicht mehr zur vollständigen Absorption des Chlors fähig ist
(ab circa pH < 11), ist es wichtig, Temperatur und Konzentration zu kontrollieren. Andere alkalische Waschflüssigkeiten
(zum Beispiel Kalkmilch) sind möglich. Außerdem sind trockene Chemisorptionsmassen auf Thiosulfat- oder Bisulfitbasis
verfügbar.
Für Chlor produzierende Betriebe ist das Vorhandensein einer geeigneten Absorptionsanlage zur Behandlung aller chlorhal-
tigen Restgase (zum Beispiel bei An- und Abfahrt, Entleerung von Systemen vor Instandhaltungsmaßnahmen, Restgase aus
Verflüssigungsanlagen, Abgas aus Analysenmessungen, Bindung des Chlorinventars bei sicherheitsgerichteten Abschalt-
vorgängen und Ähnlichem) zwingende Voraussetzung. Gleichermaßen müssen Verbraucher in ihren Anlagen Einrichtungen
schaffen, die geeignet sind, in allen möglichen Betriebszuständen und -prozessen (zum Beispiel Abgase aus Reaktionen in
allen Betriebszuständen, Entspannung des Chlor-führenden Systems aus Sicherheitsgründen, Restgase bei Gebindewech-
193 seln und Ähnliches) chlorhaltige Gase sicher zu absorbieren. Grundlagen beschreibt die allgemeine Euro-Chlor-Schrift GEST
06/317 „The Chlorine Reference Manual“ in Abschnitt 9.7 „Absorption Systems“. Für detaillierte Hinweise zu Auslegung,
164 Konstruktion und Betrieb kann GEST 76/52 „Equipment for the Treatment of Gaseous Effluents Containing Chlorine“ ver-
wendet werden.
Für die Beseitigung von kleineren Chlormengen sind Chlorgasbeseitigungseinrichtungen auf Basis von alkalischen Wäschern
oder Festbettabsorbern kommerziell erhältlich.
98
87 Im Bereich der Schwimmbäder sei auf die DGUV Regel 107-001 „Betrieb von Bädern“, die DGUV Informationen 207-023
99 „Prüfliste für Chlorungseinrichtungen unter Verwendung von Chlorgas und deren Aufstellungsräume in Bädern“ und 213-040
„Gefahrstoffe bei der Aufbereitung von Schwimm- und Badebeckenwasser“, und für den Bereich des Einsatzes von Chlor
96 in der Trinkwasserversorgung wird auf die DGUV Information 203-086 „Chlorung von Trinkwasser“ verwiesen.
17 4.5.1 Ortsbewegliche Druckgeräte mit Chlor dürfen von Verbrauchern nicht bis zum völligen Druckausgleich entleert
24 3.1.1 werden, um Feuchteeintritt (Korrosion) bis zur endgültigen Entsorgung zu vermeiden.
Solange ortsbeweglichen Druckgeräte nicht sicher gereinigt sind, sind diese wie gefüllte zu behandeln. Produktbehaftete
ortsbewegliche Druckgeräte müssen beim Transport entsprechend gekennzeichnet werden, um Verwechslungen zu ver-
113 meiden (siehe auch Abschnitt 3.3). Zum Zwecke der Entsorgung dürfen, gemäß ADR, auch Behälter mit abgelaufener
Prüffrist transportiert werden.
Behälter mit Chlor müssen gemäß Kreislaufwirtschaftsgesetz zu einer Entsorgungsanlage verbracht werden (nach Abfall-
37 verzeichnis-Verordnung – AVV, Abfallschlüsselnummer 160504 „gefährliche Stoffe enthaltende Gase in Druckbehältern
(einschließlich Halonen)“). Auskunft über Abfallverwertungs- beziehungsweise Beseitigungsanlagen geben die für die Abfal-
lentsorgung zuständigen Landesbehörden und die Industrie- und Handelskammern.
Flaschen und Druckfässer im Eigentum des Lieferanten können (nach Abstimmung mit diesem) direkt an den Lieferanten
zurückgegeben werden.
43 44 45 8.5.3 Abwasser
Vor Einleitung chlorhaltiger Wässer in die Kanalisation oder in ein Gewässer ist die Flüssigkeit zwingend zu behandeln, um
den Gehalt von „freiem Chlor“ beziehungsweise Hypochlorit (starke biozide Wirkung) zu minimieren. Die zutreffenden Ein-
leitbedingungen und gegebenenfalls Einleitgenehmigungen sind zu beachten.
Mittels alkalischer Wäsche (siehe Abschnitt 8.5.1.) gebundenes Chlor kann mit Lösungen von Reduktionsmitteln wie Natrium(bi)
sulfit, Natriumpyrosulfit oder Natriumthiosulfat behandelt werden. Auch die Anwendung von Wasserstoffperoxidlösung ist
möglich. Bei kontinuierlich anfallenden chlorhaltigen Abwasserströmen ist eine Behandlung durch automatisierte Zudosierung
der obigen Chemikalien oder aber auch katalytische beziehungsweise auf Aktiv-Kohle basierende Verfahren möglich. Der
Erfolg der Reduzierung muss überwacht werden, zum Beispiel mit RedOx-Analysatoren.
In Hinblick auf die Einleitung von chlorhaltigem Abwasser sind unbedingt die umweltrechtlichen Vorgaben wie beispiels-
weise die kommunale Abwassersatzung zu berücksichtigen.
Außer spannungsfrei geflanschten Rohrverbindungen können dabei Gelenkarme und Metallschläuche verwendet werden.
Die Metallschläuche besitzen idealerweise einen Doppelmantel und Anschluss für eine Leckageüberwachung des Zwi-
162 schenraumes (siehe Euro-Chlor-Empfehlung GEST 75/43 „Flexible Steel Pipes and Flexible High Nickel Alloys Hoses for
the Transfer of Dry Gaseous or Liquid Chlorine“).
Nach dem Anschließen muss immer eine Dichtheitsprüfung erfolgen. Dabei können zum Beispiel folgende Verfahren ver-
wendet werden (siehe auch Kapitel 5):
• Aufgeben einer kleinen Menge Chlorgas in die Leitung und Prüfung der Anschlussstellen mit Ammoniakdämpfen,
• Drucküberwachung der Anschlussstelle mit Überdruck (bei kleinen Volumen auch Unterdruck möglich – Feuchtigkeits-
eintrag vermeiden),
• Überwachung der Anschlussstelle mit Gaswarneinrichtungen und -geräten.
In den Zufuhrleitungen müssen Vorrichtungen vorhanden sein, die im Gefahrenfall auch aus sicherer Entfernung ein schnel-
les Unterbrechen einer weiteren Chlor-Zufuhr ermöglichen.
Ventile und Rohrleitungsteile, die wechselnd mit Chlor und Außenluft in Berührung kommen, müssen regelmäßig auf Kor-
rosion kontrolliert und gegebenenfalls ausgetauscht werden.
Ortsfeste Druckgasbehälter für Chlor müssen so ausgerüstet sein, dass ein Überfüllen sicher verhindert wird, zum Beispiel
durch den Einbau einer geeigneten Überfüllsicherung.
Bei Abfüllung aus Anlagen in ortsbewegliche Druckgeräte ist der aufnehmende Behälter gegen Überfüllung zu sichern
17 (Füllfaktor siehe folgende Abschnitte und Abschnitt 3.1). Zu diesem Zweck sind zwei voneinander unabhängige Messsys-
teme notwendig.
19 36 Kann der Arbeitsplatzgrenzwert trotz Ausschöpfung der technischen Möglichkeiten nicht eingehalten werden, sind organi-
satorische oder persönliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen (siehe Kapitel 9 und 10).
189 Technische und organisatorische Hinweise für das Entnehmen von Proben von flüssigem Chlor gibt die GEST 94/211 „Code
of Practice for Sampling Liquid Chlorine“.
17 Räume, in denen Chlor aus ortsbeweglichen Druckgeräten entnommen wird, müssen von Räumen zum dauernden Auf-
enthalt von Menschen ausreichend gasdicht abgetrennt sein. Der Zustand „ausreichend gasdicht“ ist durch eine Gefähr-
dungsbeurteilung festzulegen und bedeutet, dass Unbeteiligte bei unbeabsichtigter Freisetzung von Chlorgas nicht in
Mitleidenschaft gezogen werden dürfen.
113 Die Rahmenbedingungen der Befüllung definiert das ADR im Kapitel 4.1 (Verpackungsanweisung P200).
Das/der höchst zulässige Füllgewicht/Füllfaktor für Flaschen und Druckfässer nach ADR beträgt 1,25 kg/l (das heißt, in
einen Transportbehälter mit einem Volumen von 400 l dürfen maximal 500 kg Chlor eingefüllt werden).
Bei Abfüllung in Flaschen und Druckfässer wird der Füllstand in der Regel durch Verwiegung (gravimetrisch) ermittelt.
17 Zu beachten ist der Ausdehnungskoeffizient von Chlor, siehe dazu Abschnitt 3.1 dieser Schrift sowie Kapitel 4.3 der TRGS
745.
77 Nach Merkblatt T 029 „Füllen von Druckbehältern mit Gasen“ ist die Formel zum Füllen ortsfester Tanks nach volumetrischem
Füllverfahren:
Daraus ergibt sich zum Beispiel, dass Lagerbehälter für Flüssigchlor nur bis zu 95 % ihres Volumens bei der höchst zuläs-
sigen Temperatur von 50 °C gefüllt werden dürfen. Die Dichte des gesättigten Flüssigchlors beträgt bei dieser Temperatur
176 180 gemäß GEST 91/168 Chapter 4 „Density and Specific Volume“ 1,313076 kg/l.
Die höchstzulässige Masse der Füllung je Liter Fassungsraum für Tanks (zum Beispiel Kesselwagen, Tankfahrzeugen,
114 Aufsetztanks, Tankcontainer) beträgt nach RID 1,25 kg/l. Zu beachten ist auch Kapitel 4.3.3.4 des RID.
Eine Entnahme von gasförmigem Chlor aus ortsbeweglichen Druckgeräten führt zur Abkühlung dieser, sodass die zu ent-
nehmende Menge von der Wärmezufuhr zum Gebinde begrenzt wird. In erster Näherung sind circa 5 kg pro Stunde und
m2 Gebindeoberfläche die maximal durch natürliche Konvektion verdampfbare Menge bei 20 °C. Chlorbehälter nehmen die
erforderliche Wärme zur Verdampfung nur über den Teil der Oberfläche auf, der mit flüssigem Chlor in Kontakt steht. Im
Falle eines nahezu entleerten Chlorbehälters und hoher Entnahmemenge wird dies zum begrenzenden Faktor. Bei einer
höheren Entnahme kühlt sich das Transportgebinde soweit ab, bis die Chlorverdampfung nahezu zum Stillstand kommt.
Die Entnahme kann durch eine Raumheizung unterstützt werden (Absicherung gegen eine Erwärmung über 50 °C erfor-
derlich – siehe auch Abschnitt 8.9). Ein Berieseln mit Wasser, vor allem von Armaturen, ist aufgrund der Korrosionsgefahr
nicht zu empfehlen.
Beim Umfüllen können Vereisungen am Behälter oder an den Ventilen auftreten. Dies deutet darauf hin, dass die Entnah-
megeschwindigkeit zu hoch ist. Beim Abtauen dürfen die zulässigen Temperaturgrenzen nicht überschritten werden. Für
Druckausgleich ist zu sorgen. Beim Erwärmen ist die Gefahr von Chlor-Eisen-Brand, Bersten und Korrosion zu berücksich-
tigen.
Es wird davor gewarnt, gasförmiges Chlor einem Kesselwagen zu entnehmen. Bei einer gasförmigen Entnahme reichert
sich das im Flüssigchlor in Spuren befindliche explosive Stickstofftrichlorid im Sumpf an. Bei wiederholtem Beladen eines
Kesselwagens und Entnahme des Chlors über die Gasphase besteht dann Explosionsgefahr.
Ein über das Tauchrohr entleerter Kesselwagen enthält noch bis zu 1000 kg Chlor. Allgemein gilt: Ein „leerer“ und ungerei-
nigter Kesselwagen ist sicherheitstechnisch und transportrechtlich wie ein gefüllter Kesselwagen zu behandeln.
Nach der Entleerung mit Inertgas muss der Kesselwagen entspannt werden. Der Inertgasüberdruck muss kleiner als 1
bar(ü) sein.
D
as Abflanschen der Anschlussleitung von Kesselwagen soll erst erfolgen, wenn die Leitung entleert wurde. Zum Entleeren
der Leitung kann verbliebenes Chlor zum Beispiel auf eine Chlorabsorptionsanlage abgasen oder mittels Unterdrucks
abgesaugt werden. Danach sollten die Leitungen mit trockener Luft oder Stickstoff gespült werden. Erst dann dürfen die
für das Umfüllen benutzten Verbindungen gelöst werden. Die Flansche sind während des Lösens vor Ort abzusaugen.
8.7 Laboratorien
Arbeiten mit Chlor dürfen nur in Abzügen durchgeführt werden. Die Frontschieber sind bei solchen Arbeiten geschlossen
zu halten.
Tritt Chlor unerwartet und in möglicherweise gefährlicher Konzentration oder Menge aus, so ist der gefährdete Bereich zu
räumen und die betroffene Umgebung zu warnen. Die Beseitigung des gefährlichen Zustandes darf nur unter geeigneten
Schutzmaßnahmen erfolgen. Die Schutzmaßnahmen sind in der Betriebsanweisung festzulegen.
Es sollen nur möglichst kleine Chlorflaschen verwendet werden. Die Flaschen sind außerhalb des Labors aufzustellen. Ist
das technisch nicht möglich, können sie auch im Abzug oder einem dauerabgesaugten Sicherheitsschrank aufgestellt
werden.
51 79 Einzelheiten enthalten die Schrift „Sicheres Arbeiten in Laboratorien“ (DGUV Informationen 213-850) und das Merkblatt
78 T 032 „Laborabzüge – Bauarten und sicherer Betrieb“ (DGUV Information 213-857). Ortsbewegliche Druckgeräte mit Chlor
dürfen nur in geeigneten Sicherheitsschränken mit einer Feuerwiderstandsdauer von mindestens 30 Minuten, die technisch
belüftet werden und die einen 120-fachen Luftwechsel pro Stunde aufweisen, gelagert werden.
8.8 Lagerung
13 9 Bei der baulichen Ausführung und bei der Ausrüstung von Arbeits- und Lagerräumen (unter anderem Fluchtwege) sind die
140 Arbeitsstättenverordnung, die Muster-Industrie-Baurichtlinie, die jeweiligen Länderbauordnungen sowie das Wasserhaus-
45 haltsgesetz mit den zugehörigen Länderverordnungen und die Auflagen der zuständigen Wasserbehörde zu berücksichti-
26 gen. Detaillierte Regelungen enthalten die Technischen Regeln für Gefahrstoffe TRGS 509 „Lagern von flüssigen und
festen Gefahrstoffen in ortsfesten Behältern sowie Füll- und Entleerstellen für ortsbewegliche Behälter“ und TRGS 510
27 „Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern“.
73 Auf diesen aufbauend werden in den DGUV Informationen 213-084 und -085 die allgemeinen Anforderungen an ein siche-
res Lager beschriebenen, die aus Platzgründen hier nicht noch einmal aufgegriffen werden. Diese umfassen unter anderem
die technische Ausrüstung des Lagers, die Lagerorganisation, das Führen des Gefahrstoffverzeichnisses sowie Hygiene-
maßnahmen. Neben diesen sind für die Lagerung von Chlor folgende Punkte besonders beziehungsweise zusätzlich zu
beachten:
39 Im genehmigungsbedürftigen Lager nach Nummer 9.3 des Anhangs der 4. BImSchV mit mehr als 75 t (bei Genehmigungs-
38 verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 10 BImSchG) oder 10 t Chlor (vereinfachtes Verfahren gemäß § 19
133 BImSchG) ist eine besondere Sicherung bei der Lagerung vorzusehen, zum Beispiel durch:
1. Ausführung des Lagerraums in fester Bauweise (zum Beispiel Steine über 120 mm, Beton über 100 mm Wandstärke,
geeignete Gefahrstoff-Container) mit fensterlosen Außenwänden oder vergitterten Fenstern sowie mit einbruchhem-
menden Türen mit Sicherheitsschlössern,
2. Ausführung des Lagerraums wie unter Ziffer 1 beschrieben, aber mit Fenstern und Türen, die durch Einbruchmelde-
anlagen (EMA) oder durch Bewegungsmelder hinter den Öffnungen überwacht werden; die EMA müssen dann an
eine ständig besetzte Alarmzentrale melden,
3. Ständige Überwachung durch einen Werkschutz oder eine Überwachungsgesellschaft oder Wachpersonal,
4. Einfriedung des Lagerbereiches mit einem Sicherheitszaun mit Übersteigschutz und einer Höhe von mindestens
2,5 m sowie ausreichender Beleuchtung der Anlage und ständiger Überwachung durch einen Werkschutz oder eine
Überwachungsgesellschaft oder Wachpersonal,
5. Einfriedung des Lagerbereichs wie unter Ziffer 4, aber elektronische Überwachung mit Meldung zu einer ständig be-
setzten Alarmzentrale oder
6. Sicherung von Behältern durch Entnahmesicherung sowie Einfriedung des Behälter- beziehungsweise Werkgeländes.
40 Chlor ist unter Nr. 2.16 der Spalte 1 des Anhangs I der 12. BImSchV namentlich gelistet. Infolgedessen stellen Betriebe ab
einem Hold-up von 10 000 kg einen Betriebsbereich der unteren Klasse, ab einem Hold-up von 25 000 kg einen Betriebsbe-
reich der oberen Klasse im Sinne dieser Verordnung dar. Betreiber solcher Betriebsbereiche haben in Sicherheitskonzepten
beziehungsweise Sicherheitsberichten eingehend darzulegen, auf welche Weise die im Bundesimmissionsschutzgesetz
38 (BImSchG) genannten Schutzgüter vor Emissionen abgesichert sind. Da Betriebe mit ortsfesten Lagertanks für Chlor im
Regelfall unter den Anwendungsbereich der Störfallverordnung fallen, werden an dieser Stelle keine expliziten Vorgaben
beschrieben, da der Betreiber seine Anlage ständig zum Stand der Sicherheitstechnik anzupassen hat. Insofern wird auf eine
160 sicherheitsgerechte Betrachtung des Einzelfalls verwiesen. Als Erkenntnisquelle dient die GEST 73/17 „Storage of Liquid
Chlorine“.
18 Die Aufstellung kleinerer ortsfester Druckgasbehälter wird in der TRBS 3146/TRGS 746 geregelt. In dieser sind unter an-
derem festgelegt:
• Festlegung der Gefährdungsbereiche
• Einrichtungen zum Melden von Gefährdungen, wie zum Beispiel Leckagen, Bränden (siehe auch Abschnitt 11.2.2)
• Absperreinrichtungen
Die Lagerung ortsbeweglicher Druckgeräte wird in der TRGS 510 geregelt. Ab 10 t möglicher Gesamtlagermenge unterliegen
40 diese der 12. BImSchV.
Chlor ist unter Verschluss oder so aufzubewahren oder zu lagern (siehe dazu Abschnitt 9.5), dass nur zuverlässige Perso-
nen Zugang haben, die fachkundig sind oder entsprechend tätigkeitsbezogen unterwiesen sind. Der Unternehmer oder die
Unternehmerin muss die dazu befugten Personen bestimmen und organisatorische Maßnahmen ergreifen, dass nur diese
Zugang zum Lager haben.
Außerhalb von Lagerräumen dürfen Druckbehälter mit Chlor nur in Sicherheitsschränken der Feuerwiderstandsklasse G90
107 gemäß DIN EN 14470‑2 gelagert werden.
Die Druckgasbehälter müssen gegen Umfallen oder Herabfallen gesichert werden. Die Ventile sind mit einer geeigneten
Schutzeinrichtung zu schützen, zum Beispiel mit einer Schutzkappe oder einem Schutzkorb/‑kragen. Eine besondere Si-
cherung gegen Um- oder Herabfallen ist nicht erforderlich, wenn zum Beispiel durch die Bauart der Druckgasbehälter, durch
die Aufstellung in größeren Gruppen oder die Art der Lagerung ein ausreichender Schutz erreicht wird.
Zusätzlich zum Ventilschutz werden die Ventile mit einer Verschlussmutter zu versehen.
Druckgasbehälter in Lagern im Freien sind durch geeignete Maßnahmen wie Gasflaschenboxen und ‑container oder Um-
zäunung der Anlage zu sichern.
Die Druckgasbehälter für Chlor sollen vor übermäßiger äußerer Wärmeeinwirkung (in der Regel Temperaturen, die 50 °C
nicht übersteigen) geschützt aufgestellt werden; ein Schutz gegen Sonneneinstrahlung ist aber nicht erforderlich.
Im Lager dürfen Gase nicht umgefüllt werden. Auch dürfen keine Instandsetzungsarbeiten von ortsbeweglichen Druckge-
räten durchgeführt werden. Hierfür sind spezielle Räume bereitzustellen.
Die Lagerräume für ortsbewegliche Druckgeräte mit Chlor, die an einen öffentlichen Verkehrsweg angrenzen, sind an der
unmittelbar an den Verkehrsweg angrenzenden Seite mit einer Wand ohne Türen und bis zu einer Höhe von 2 m ohne zu
öffnende Fenster oder sonstige Öffnungen auszuführen. Dies gilt nicht für Türen, die selbstschließend und mindestens
feuerhemmend (Feuerwiderstandsdauer mindestens 30 Minuten) ausgeführt sind. Diese Lagerräume müssen schnell ver-
lassen werden können, zum Beispiel können dazu die Türen mit Panikschlössern ausgestattet werden.
Räume, in denen ortsbewegliche Druckgeräte gelagert werden, müssen ausreichend be- und entlüftet werden. Eine natür-
liche Lüftung ist ausreichend, wenn unmittelbar ins Freie führende Lüftungsöffnungen mit einem Gesamtquerschnitt von
mindestens 1/100 der Bodenfläche des Lagerraumes vorhanden sind. Die geforderte Größe der Lüftungsöffnung kann auf
die für die Lagerung von ortsbeweglichen Druckgasbehältern vorgesehene Bodenfläche bezogen werden, sofern sich die
Lüftungsöffnung unmittelbar an diesem Lagerbereich befindet. Bei der Anordnung der Lüftungsöffnungen muss die Dichte
von Chlor berücksichtigt werden: Da Chlor schwerer als Luft ist, muss die Absaugung von unten erfolgen. Ist eine ausrei-
chende natürliche Lüftung nicht sicherzustellen, sind Schutzmaßnahmen vorzusehen, zum Beispiel eine überwachte tech-
nische Lüftung.
In Räumen unter Erdgleiche dürfen maximal 50 gefüllte Druckgasflaschen (Sauerstoff oder Druckluft werden nicht mitge-
zählt; entleerte mit der halben Anzahl) gelagert werden, wenn
• bei technischer Lüftung ein zweifacher Luftwechsel in der Stunde gewährleistet ist;
– dieser muss entweder ständig wirksam sein oder durch eine Gaswarneinrichtung automatisch eingeschaltet werden,
wenn ein festgelegter Grenzwert überschritten wird;
– beim Ausfall der Einrichtung für die technische Lüftung muss ein Alarm ausgelöst werden;
107 • oder sie in Sicherheitsschränken nach DIN EN 14470‑2 gelagert werden.
Bei der Lagerung von mehr als fünf mit Chlor gefüllten ortsbeweglichen Druckgeräten muss der Fußboden aus nichtbrenn-
baren Baustoffen bestehen.
Lagerräume, in denen mehr als fünf mit Chlor gefüllte Flaschen oder auch nur ein Druckfass mit Chlor gelagert werden,
dürfen nicht unter oder über Räumen liegen, die dem dauernden Aufenthalt von Personen dienen. Verbindungen zu an-
grenzenden Räumen sind nur zulässig, wenn diese Räume einen eigenen Rettungsweg haben. Entleerte ungereinigte
ortsbewegliche Druckgeräte dürfen in doppelter Anzahl vorhanden sein.
Lager im Freien müssen zu benachbarten Anlagen und Einrichtungen, von denen eine Brandgefährdung ausgehen kann,
einen Abstand von mindestens 5 m um die Druckgasbehälter einhalten. Der Abstand ist nicht erforderlich, wenn die direk-
te Wärmestrahlung durch einen Brand auf das Lager durch eine Schutzwand aus nichtbrennbaren Baustoffen verhindert
wird. Die Höhe der Wand muss mindestens 2 m betragen. Die Breite der Wand muss so bemessen sein, dass ein freier,
nicht durch die Schutzwand abgesicherter Abstand von 5 m an keiner Stelle unterschritten wird.
24 Um mit Chlor gefüllte ortsbewegliche Druckgeräte sind Schutzbereiche einzurichten (siehe auch TRGS 407 Abschnitt 3.2.4
Absatz 4). Der Schutzbereich ist ein räumlicher Bereich, in dem infolge Undichtigkeiten an Anschlüssen und Armaturen
oder betriebsmäßig beim Anschließen oder Lösen von Leitungsverbindungen oder infolge von Fehlhandlungen die Freiset-
zung von Chlor oder das Auftreten von Chlor-Luft-Gemischen nicht ausgeschlossen werden kann. Diese Bereiche sind in
der Gefährdungsbeurteilung besonders zu berücksichtigen, zum Beispiel können aufgrund anderer Stoffe oder Begleitum-
stände Explosionsschutzmaßnahmen notwendig sein. Die Schutzbereiche dürfen nicht in Rettungs-/Fluchtwege reichen.
Für Einzelflaschen und Batterien mit bis zu 6 Flaschen kann der Gefahrenbereich um die Druckgasbehälter
• in Räumen mit 2 m in jede Richtung und 1 m nach oben
• im Freien mit 1 m in jede Richtung und 0,5 m nach oben
festgelegt werden. Im Freien können die Abmessungen der Schutzbereiche halbiert werden. Bei Lagerräumen mit einer
Grundfläche ≤ 20 m2 ist der gesamte Raum als Schutzbereich vorzusehen. Bei Lagerung im Sicherheitsschrank sind der
gesamte Sicherheitsschrank und die Lüftungsleitungen als Gefahrenbereich vorzusehen.
8.8.2.1 Zusätzliche Schutzmaßnahmen bei Lagermengen > 200 kg oder > 400 l
ie Lagerräume dürfen keine Bodenabläufe haben, wenn dies zu einer Gefährdung von Personen oder der Umwelt führen
D
kann. Dies kann zum Beispiel bei direkter Verbindung zur öffentlichen Kanalisation oder Vorfluter gegeben sein.
140 Bei Lagerung in Gebäuden sind Lagerabschnitte gegenüber anderen Lagerabschnitten, anderen Räumen oder Gebäuden
wie folgt abzutrennen:
• Lagerabschnitte mit einer Fläche von bis zu 1600 m2 sind feuerbeständig durch Bauteile aus nichtbrennbaren Baustof-
fen abzutrennen;
• Lagerabschnitte mit einer Fläche von mehr als 1600 m2 sind darüber hinaus durch Brandwände abzutrennen.
Werden neben Chlor auch brennbare Gefahrstoffe und Materialien gelagert, dann sind weitere Anforderungen der TRGS
510 zu erfüllen.
27 Für Lager ab einer Größe von 800 m2 sind zur Warnung von Personen, die sich im Lager oder in dessen unmittelbarer
Nähe befinden können, Alarmierungseinrichtungen vorzusehen, zum Beispiel eine Lautsprecheranlage.
13 Von jeder Stelle eines Lagerraums muss mindestens ein Ausgang in höchstens 20 m Entfernung erreichbar sein, der entwe-
der ins Freie, in einen notwendigen Treppenraum oder einen anderen Brandabschnitt führt (siehe auch ASR A2.3). Längere
140 Fluchtwege sind zulässig, wenn die Bedingungen für Rettungswege der Muster-Industriebau-Richtlinie (MInd-BauRL) Abschnitt
5.6.5 erfüllt sind.
13 Die tatsächliche Laufweglänge darf nicht mehr als das 1,5-fache der Fluchtweglänge betragen.
Flüssiges Chlor kann in Behältern bei niedrigen Drücken und tiefer Temperatur oder bei Umgebungstemperatur und höhe-
ren Drücken gelagert werden. Die Anforderungen an die Lagerbehälter hinsichtlich Werkstoff, Herstellung, Berechnung,
18 Ausrüstung, Kennzeichnung, Prüfung und Betrieb sind in der Technischen Regel für TRBS 3146/TRGS 746 enthalten.
160 Konkrete Empfehlungen gibt die GEST 73/17 „Storage of Liquid Chlorine“. Sie unterstützt bei den grundlegenden Überle-
gungen zur Lagerart (tiefkalt, Druck), hilft bei der Auswahl von Kapazität und Aufstellungsort, beschreibt Konstruktionsprin-
zipien und Fertigungsarten, beschreibt erforderliche Ausrüstungen und gibt Hinweise zum Betrieb.
Bei Lagerung im Freien muss zu benachbarten Anlagen und Einrichtungen, von denen eine Brandgefährdung ausgehen
18 kann, einen ausreichenden Abstand nach Anhang 3 der TRBS 3146/TRGS 746 um die Druckgasbehälter eingehalten
werden. Er kann durch eine mindestens 2 m hohe und ausreichend breite Schutzwand aus nichtbrennbaren Baustoffen
ersetzt werden.
Ortsbewegliche Druckgeräte müssen gegen Umfallen oder Herabfallen gesichert werden. Die Ventile sind mit einer geeig-
neten Schutzeinrichtung zu schützen, zum Beispiel mit einer Schutzkappe oder einem Schutzkorb/‑kragen. Zusätzlich zum
Ventilschutz sind bei Chlor die Ventile mit einer Verschlussmutter zu versehen.
Eine besondere Sicherung gegen Um- oder Herabfallen darf nur dann unterbleiben, wenn zum Beispiel durch die Bauart
der ortsbeweglichen Druckgeräte, durch die Aufstellung in größeren Gruppen oder die Art der Lagerung ein ausreichender
Schutz gegen Umfallen beziehungsweise Wegrollen erreicht wird.
Chlorflaschen werden handelsüblich mit 50 kg beziehungsweise 65 kg Chlor gefüllt. Hierfür sind üblicherweise nahtlose
40 l-Stahlflaschen (50 kg Füllung) und geschweißte 52 l-Stahlflaschen (65 kg Füllung) im Einsatz. Chlorflaschen sind nur
in Ausnahmefällen mit Tauchrohren ausgestattet. Es wird im Normalfall gasförmiges Produkt entnommen.
Abbildung 16: Typisches Aussehen und Kenndaten einer 40 l-Gasflasche (links) und einer 52 l-Gasflaschen (rechts) für Chlor
Druckfässer für Chlor besitzen in der Regel ein Nennvolumen von 400 l oder 800 l und werden jeweils mit 500 kg bezie-
hungsweise 1000 kg Chlor gefüllt. Diese sind mit jeweils zwei Ventilen mit Steigrohren ausgestattet und bieten somit die
Möglichkeit gasförmiges und flüssiges Chlor zu entnehmen. Die korrekte horizontale Ausrichtung der Fässer ist auf der
Frontseite gekennzeichnet. Eine detaillierte Übersicht geben die Abbildungen 17 und 18.
Es ist gefährlich Chlor in Fässer mit Vollprofilreifen und geringeren Wanddicken als 8 mm abzufüllen (gilt auch für andere
korrosive Gasen wie Phosgen oder Schwefeldioxid).
Abbildung 17 und 18: Veranschaulichung des typischen Aufbaus eines Druckgasfasses für Chlor
113 Nach Verpackungsvorschrift P200 des ADR sind Chlorflaschen und Druckfässer nach 5 Jahren wiederkehrend zu prüfen.
Der Prüfdruck von Chlorflaschen und Druckfässern beträgt mindestens 22 bar. Für Chlorbehälter und -ventile ist eine Bau-
artzulassung erforderlich.
174 Hinweise finden sich auch in GEST 88/138 „Small Chlorine Packages Construction, Filling and Handling“.
8.9.2.2 Kesselwagen
Chlor wird als unter Druck verflüssigtes Gas in Druckgas-Kesselwagen transportiert. Die Tanks unterliegen einer regelmä-
ßigen Prüfung durch eine zugelassene Überwachungsstelle (ZÜS). Die Prüftermine gehen aus den Angaben („nächste
Prüfung“) des jeweiligen Kesselwagenschildes hervor.
114 199
3 GEST 17/493 „Design & Construction of Containers for Bulk Transport of Liquid Chlorine“ ergänzt die RID und die Richtlinie
2010/35/EU um die langjährigen Erfahrungen der Mitglieder des Verbandes Euro Chlor beim sicheren Bahntransport von
Chlor.
114 Chlortransporte dürfen nur mit Kesselwagen durchgeführt werden, die den Anforderungen des RID entsprechen. Ideal sind
solche, die folgende Merkmale aufweisen:
• Detektoren für das Erkennen von Entgleisungen,
• Crash-Puffer mit optimierter Energieaufnahme,
• Überpufferungsschutz,
• Zweigeteiltes Ventil mit Sollbruchstelle,
• Bremse mit automatischer Lastumstellung,
• Radsätze mit höherer Traglast von 25 t anstelle 22,5 t,
• Verzicht auf Aufstiegsleitern.
11340
10,5
12,0
ca. 4250
ø 2500
1060
1800
1870 9030 1870
650 12770
14070
Abbildung 19: Schema eines für den Transport von Chlor geeigneten Kesselwagens
Flüssigphase
3 Druckluft
anschlüsse
mit Verschluss
kupplung
Längsachse
des Behälters
Haubengelenk
Gasphase
8.9.2.3 Auf-/Zu-Ventile
Befestigungsöse
für Reißleine
aufgeschraubte
Notbetätigung
außenliegend
Antriebs-
membrane
Prüfraum
Schnellschluss- Faltenbalg
ventil
innenliegend
Rückschlagventil
Abbildung 22: Schnittdarstellung eines Chloreckventils mit aufgeschraubter Notbetätigung
Die Chlor-Kesselwagen sind mit drei pneumatisch arbeitenden Eckventilen ausgestattet. Um Verwechslungen vorzubeugen,
ist die Anordnung der Chloreckventile immer dieselbe: Auf der Längsachse des Behälters befindet sich das Ventil der Gas-
phase, die Ventile der Flüssigphase sind quer zur Längsachse.
Die beiden Flüssigchlor-Ventile sind mit einem bis zum Kesselboden reichenden Steigrohr versehen, während das gassei-
tige Ventil zum Druckausgleich dient.
Jedes Ventil ist eine Schnellschluss-Sicherheitskombination, die aus einem außenliegenden, faltenbalggedichteten Schnell-
schlussventil und einem in den Kesselwagen hineinragenden federbelasteten Rückschlagventil besteht. Letzteres dichtet
den Kesselwagen alleine ab, falls im Havariefall der außenliegende Teil beschädigt oder gar abgeschert würde. Die Venti-
le müssen mit trockener Luft oder trockenem Stickstoff (Taupunkt < –40 °C) mit einem Druck von 6 bar betätigt werden.
Im unbelasteten Zustand sind Rückschlagventil und Schnellschlussventil durch Federkraft geschlossen, wobei das Schnell-
schlussventil zusätzlich durch Sicherungskappen auf die Ventilspindel gesichert ist.
Seitlich am Schnellschlussventil ist eine Prüfbohrung, die als Dichtheitskontrolle für den Faltenbalg dient und die mit einer
Schraube verschlossen sein muss. Vor der Befüllung gilt es, die Prüfschraube zu entfernen (zur Dichtheitskontrolle des
Faltenbalgs) und während des Befüllens die Prüfschraube zu schließen. Der Antrieb öffnet beide Ventilelemente simultan.
Das Öffnen des Ventils erkennt man an dem Sinken der Ventilspindel.
Nach Wegnahme der Anschlussrohrleitungen sind die Ventilflansche mit Blinddeckeln zu verschließen. Dabei müssen
immer neue Dichtungen eingelegt werden. Nach dem Umfüllen und dem Schließen der Ventile müssen die Blockierungs-
vorrichtungen aufgeschraubt werden.
9 Organisatorische Schutzmaßnahmen
9.1 Organisatorische Elemente zur Arbeits- und Anlagensicherheit
Folgende Punkte sollten in Betrieben, die Chlor produzieren, abfüllen oder in großen Mengen verwenden – sofern nicht
ohnehin durch die Störfallverordnung gefordert – organisatorisch abgedeckt sein. Auf Betriebe, die Chlor nur in kleineren
Mengen verwenden, zum Beispiel Schwimmbäder, treffen nicht alle Aspekte zu.
• Die Standortsicherheit sollte gewährleistet sein (zum Beispiel Zutrittsregelungen etc.) siehe auch Abschnitt 9.5.
• Prozesssicherheitsinformationen (zum Beispiel über die verfahrenstechnischen wichtigen Parameter und alle wichti-
gen Informationen zum mechanischen Design) sollen vorhanden sein siehe auch Kapitel 2, 3, 8.
172 • Eine Sicherheitsanalyse sollte durchgeführt werden. Dabei kann die Euro-Chlor-Schrift GEST 87/130 „Possible Ha-
zards for Chlorine Plants and their Proposed Mitigations“ Hinweise geben.
• Prozesse zum Änderungsmanagement (Management of Change) sollen vorhanden sein oder eingeführt werden.
• Schriftliche Betriebsanweisungen sind zu erstellen siehe auch Abschnitt 9.2.
• Sichere Abläufe sind zu etablieren (neben betrieblichen Arbeiten auch insbesondere bei Instandhaltungsarbeiten,
Fremdfirmeneinsatz), zum Beispiel Arbeitsfreigabeprozesse siehe auch Abschnitt 9.6.
• Die Wahrung der mechanischen Integrität der Anlage durch geeignete Verfahren/Prüfungen ist sicherzustellen siehe
auch Kapitel 8.
• Vor Beginn von Tätigkeiten mit Chlor sollte eine letzte Gefährdungsbeurteilung, zum Beispiel Pre-start-safety-review
oder Last-minute-risk-assessment, erfolgen siehe auch Abschnitt 6.1.2.
• Ein Alarm- und Gefahrenabwehrplan ist zu erstellen siehe auch Abschnitt 9.6 und Kapitel 11.
• Ereignisse mit Chlor sind in geeigneter Weise zu untersuchen. Die Erkenntnisse sollten betriebsintern und gegebenen-
141 157 falls mit externen Organisationen (zum Beispiel AK TUS Chlor des VCI, Euro Chlor, BG RCI über die zuständige Auf-
sichtsperson, Aufsichtsbehörde) kommuniziert werden.
• Durchführung von Audits des Sicherheitsmanagements.
• Unterweisung der Beschäftigten, auch der von Fremdfirmen siehe auch Abschnitt 9.3.
14 • Prüffristen von Arbeitsmitteln sind entsprechend der Betriebssicherheitsverordnung festzulegen.
40 In Hinblick auf die Störfallverordnung (12. BImSchV) bestehen bei Vorhandensein von Mengen ab 10 t beziehungsweise
25 t erweitert Pflichten, wie zum Beispiel Sicherheitsberichte.
134 Hierbei ist zu beachten, dass die Überschreitung von 50 kg Chlor als zusammenhängende Masse (oder einem Durchfluss
128 von 50 kg innerhalb von 10 Minuten) gemäß Leitfaden KAS-1 „Sicherheitsrelevante Teile eines Betriebsbereiches und
Richtwerte für sicherheitsrelevante Anlagenteile (SRA)“ die Definition eines sicherheitsrelevanten Anlagenteils erfüllt. Auch
hieraus ergeben sich Pflichten wie zum Beispiel eine systematische Gefährdungsanalyse mit entsprechenden Sicherheits-
maßnahmen.
9.2 Betriebsanweisung
18 29 Aus den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilung (siehe Kapitel 6) wird für die Beschäftigten die arbeitsbereichs- und
stoffbezogene Betriebsanweisung erstellt. Sie muss genaue Angaben über die im Einzelfall für Mensch und Umwelt mög-
lichen Gefahren sowie die zu deren Abwehr erforderlichen Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln enthalten. Auf die
sachgerechte Entsorgung gefährlicher Abfälle, das Verhalten im Gefahrenfall und Erste-Hilfe-Maßnahmen ist ebenfalls
einzugehen. Die Betriebsanweisung ist in für die Beschäftigten verständlicher Form abzufassen und an geeigneter Stelle
in der Arbeitsstätte bekannt zu machen, zum Beispiel durch Aushang. Die Betriebsanweisung muss jederzeit von den
Beschäftigten eingesehen werden können.
Betriebsanweisungen umfassen neben dem Gefahrstoffaspekt beispielsweise auch Aspekte der Betriebssicherheit, Ma-
schinensicherheit, Ergonomie, Psychologie und Umweltschutz.
54 Weitere Hinweise zur Gestaltung von Betriebsanweisungen gibt das Merkblatt A 010 „Betriebsanweisungen für den Umgang
mit Gefahrstoffen“ (DGUV Information 213-051).
119 Betriebsanweisungen für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen können auch mit dem Gefahrstoffinformationssystem Chemikalien
der BG RCI und der BGHM, GisChem, erstellt werden. Neben dem Modul „GisChem-Interaktiv“ zur eigenen Erstellung einer
Betriebsanweisung ist auch eine Musterbetriebsanweisung für Tätigkeiten mit Chlor zu finden. Musterbetriebsanweisungen
müssen noch entsprechend betriebs- und tätigkeitsbezogen angepasst werden.
144 Der Industriegaseverband e. V. (IGV) hat Sicherheitshinweise zum Umgang mit Chlorflaschen veröffentlicht. Auch diese
können in die eigene Betriebsanweisung einfließen.
Die Beschäftigten müssen auf mögliche Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Chlor aufmerksam gemacht und über die zu
treffenden Schutzmaßnahmen eingehend unterrichtet werden. Die Unterweisungen müssen vor Aufnahme der Tätigkeit und
19
46 danach mindestens einmal jährlich (bei Jugendlichen zweimal jährlich) mündlich und arbeitsplatzbezogen erfolgen. Inhalt
und Zeitpunkt der Unterweisung sind schriftlich festzuhalten und von den Unterwiesenen durch Unterschrift zu bestätigen.
19 Im Rahmen der Unterweisung ist eine allgemeine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung durchzuführen.
Es kann erforderlich sein, die Unterweisung durch praktische Vorführung einzelner Maßnahmen vor Ort und durch Einüben
seitens der Beschäftigten unter sachkundiger Anleitung zu ergänzen. Insbesondere Maßnahmen im Ereignisfall sind regel-
50 86 mäßig auch praktisch zu üben, zum Beispiel das Anlegen von Schutzanzügen, von Atemschutzgeräten und persönlichen
Schutzausrüstungen gegen Absturz (siehe dazu auch Kapitel 10), Feuerlöschübungen sowie das Vorgehen bei undichten
Flaschenventilen (siehe dazu auch Kapitel 11). Weiterhin kann eine eingehende Arbeits- und Sicherheitsabsprache vor Ort
erforderlich sein. Es empfiehlt sich, den Erfolg einer Unterweisung zu kontrollieren, zum Beispiel durch Beantworten ar-
beitsplatzspezifischer Fragen.
Zur Unterweisung beziehungsweise zur Unterstützung der Unterweisung können vorbereitete Medien verwendet werden.
124 So bietet die IVSS Sektion Chemie ein Sicherheitskurzgespräch über den sicheren Wechsel von Chlorgasflaschen und die
82 83 BG RCI bietet mehrere Sicherheitskurzgespräche zum allgemeinen Umgang mit Gasflaschen (SKG 004–006) an. Auf die
102 Fachbereich-AKTUELL-Schrift FBWoGes-004 „Die Gefahr eines Chlorgasaustrittes bei einem Flaschenwechsel in Bäder-
betrieben“ kann zur Verdeutlichung hingewiesen werden.
Anleitungen zum sicheren Umgang mit Gasflaschen gibt auch Abschnitt 9.7.
Tätigkeiten mit Chlor sind keine Vorsorgeanlässe im Sinne der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV).
22 7 Tätigkeiten mit Tragen von persönlichen Schutzausrüstungen wie Schutzhandschuhen (in Verbindung mit häufigem Hän-
dewaschen) oder Atemschutz können jedoch Anlässe für Pflicht- oder Angebotsvorsorge sein (siehe Kapitel 10).
62 Informationen dazu bieten die kurz & bündig-Schriften KB 011-1 „Arbeitsmedizinische Vorsorge nach ArbMedVV – Teil 1:
63 Grundlagen und Hinweise zur Durchführung“ und KB 011-2 „Arbeitsmedizinische Vorsorge nach ArbMedVV – Teil 2: Er-
mittlung der Vorsorgeanlässe“.
102 Die „DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen“ unterstützen die Ärztin oder den Arzt
bei der Durchführung, insbesondere falls klinische Untersuchungen im Zusammenhang mit der arbeitsmedizinischen Vor-
sorge für erforderlich gehalten werden.
9.5 Zugangsbeschränkung
Chlor ist unter Verschluss oder so aufzubewahren oder zu lagern, dass nur zuverlässige Personen Zugang haben, die
fachkundig oder entsprechend tätigkeitsbezogen unterwiesen sind.
Personen, deren Anwesenheit für die Verladung zur Beförderung erforderlich ist, darf unter Aufsicht Zugang gewährt werden.
10 Auf das Verbot ist mit dem Verbotszeichen D‑P006 „Zutritt für Unbefugte verboten“ gemäß ASR A1.3 deutlich erkennbar
und dauerhaft hinzuweisen.
Das Betreten von Anlagen und Arbeitsräumen, in denen Chlor erfahrungsgemäß in gefährlicher
Konzentration oder Menge auftreten kann, ist nur den dort Beschäftigten mit ausreichenden
Schutzmaßnahmen gestattet. Andere Personen dürfen diese nur mit ausdrücklicher Genehmigung
des Unternehmers oder der Unternehmerin oder dessen beziehungsweise deren Beauftragten
(zum Beispiel Betriebsleiter/-in) betreten. Entsprechende Hinweisschilder sind anzubringen, wie
zum Beispiel Verbotszeichen D-P006: Zutritt für Unbefugte verboten.
Abbildung 23: Verbotszei- Zugangsbeschränkungen bei genehmigungspflichtigen Lagern sind in Abschnitt 8.8 beschrieben.
chen D-P006 „Zutritt für
Unbefugte verboten“
196 Hinweise auf organisatorische Maßnahmen enthält auch die GEST 05/316 „Guideline for Site Security of Chlorine Produc-
tion Facilities“.
Management of Change (MoC) ist einer der wesentlichen Bausteine, um die Integrität und Sicherheit in Produktion und
Technik zu erhalten. So zeigen die Erfahrungen der Vergangenheit, dass gerade unkontrollierte Änderungen zu Unfällen
und Zwischenfällen geführt haben. Dabei wird nicht nach kleinen oder großen Änderungen unterschieden, da auch eine
vermeintlich kleine Änderung große Auswirkungen haben kann.
Reparaturarbeiten sowie Instandhaltungs-, Änderungs- oder Abbrucharbeiten in, an oder in der Nähe von Anlageteilen,
Apparaturen oder Einrichtungen, in denen Chlor vorkommen kann, sollen immer mit schriftlicher Erlaubnis und Gefähr-
dungsermittlung durchgeführt werden.
In dieser Erlaubnis sind die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen festzulegen, zum Beispiel vollständige Entleerung der
Apparatur, Reinigung mit geeigneten Mitteln und anschließende Konzentrationsmessung, persönliche Schutzmaßnahmen
beim Öffnen, gegebenenfalls das Erfordernis von zuverlässigen Sicherheitsposten und Auswahl von geeigneten Beschäf-
tigten für die Tätigkeiten. Auch die Festlegung der zu tragenden persönlichen Schutzausrüstungen muss erfolgen.
In der Nähe von gefüllten Behältern und Rohrleitungen sind Feuerarbeiten (Schweißen und Löten) nur erlaubt, wenn eine
– auch lokale – Erwärmung durch geeignete Maßnahmen ausgeschlossen werden kann. Bewährt haben sich Verfahren
mit Freigabeschein für Feuerarbeiten.
81 Arbeiten an Chlorleitungen dürfen, sofern die Leitungen geöffnet werden, nur bei chlorgasfreiem Zustand durchgeführt
werden.
Das erste Öffnen chlorführender Rohrleitungen oder Apparate sollte unbedingt unter umluftunabhängigem Atemschutz erfol-
gen. Trotz sorgfältiger Freistellungsarbeiten kommt es aufgrund der Schwergaseigenschaften von Chlor vor, dass unerwarte-
te Restmengen im System verblieben sind. Um verbleibende Restmengen nicht verdampften Chlors aufzuspüren, kann eine
Wärmebildkamera beim Spülen der Leitungen mit Inertgas nützliche Hinweise liefern.
Geöffnete Leitungsteile für trockenes Chlor sind so schnell wie möglich gegen Eintritt von Feuchtigkeit zu schützen (zum
Beispiel mit Blinddeckeln/-flanschen oder Kappen).
Rohrleitungen und Anlagenteile können durch Spülen beziehungsweise Eintauchen in Sodalösung rasch neutralisiert werden,
damit keine unkontrollierte Korrosion durch die Reaktion von Luftfeuchte mit Metallchloriden einsetzt.
19 Vergibt die Unternehmerin oder der Unternehmer Arbeiten an andere (Fremdunternehmen), muss der Fremdunternehmer
oder die Fremdunternehmerin über mögliche Gefahren informiert, mit ihnen die erforderlichen Schutzmaßnahmen vereinbart
und im Einzelnen schriftlich festgelegt werden. In Abstimmung mit den Fremdunternehmerinnen oder Fremdunternehmern
muss schriftlich ein Koordinator oder eine Koordinatorin mit Weisungsbefugnis gegenüber allen beteiligten Arbeitsgruppen
bestellt werden.
Arbeiten in Behältern und Tanks, die Gefahrstoffe enthielten, oder in engen Räumen dürfen nur mit schriftlicher Erlaubnis,
nach Anordnung der entsprechenden Schutzmaßnahmen und nach mündlicher Unterweisung der Beschäftigten ausgeführt
werden. Mit den Arbeiten darf erst begonnen werden, nachdem der oder die Aufsichtführende festgestellt hat, dass die
schriftlich festgelegten Maßnahmen getroffen sind.
95 Einzelheiten sind festgelegt in der DGUV Regel 113-004 „Arbeiten in Behältern, Silos und engen Räumen“.
Chlor ist deutlich schwerer als Luft und kann in Vertiefungen durch Spülgase nicht immer vollständig entfernt werden.
Wichtig ist dies bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen und insbesondere bei einer geplanten Freimessung des Arbeits-
bereiches. Vertiefungen werden vor einer Begehung mit einem Gasspürgerät auf die Abwesenheit von Chlorgas geprüft.
Volle sowie leere ortsbewegliche Druckgefäße für Chlor sind eindeutig mit „leer“ beziehungsweise „voll“ zu kennzeichnen.
Auch teilentleerte Druckgefäße sind als „voll“ zu kennzeichnen. Druckgefäße mit Chlor sollten kühl und trocken gelagert
werden. Eine Lagerung unterhalb von 0 °C ist zulässig, bei Temperaturen unter –20 °C werden jedoch spezielle Ventile mit
27 96 geeigneten Dichtwerkstoffen benötigt. Die zulässige maximale Betriebstemperatur für ortsbewegliche Druckgefäße beträgt
50 °C. Wärmequellen, wie dicht anliegende Heizkörper, sind zu vermeiden.
17 24 148 Druckgefäße mit Chlor dürfen nicht komplett entleert werden. Der Druck im Druckgefäß muss immer größer als der anla-
genseitige und der Umgebungsdruck sein, da sonst die Gefahr eines Rückströmens von anderen Fluiden (zum Beispiel
Wasser) in den Behälter besteht.
Es ist zu beachten, dass Chlor in Verbindung mit Feuchtigkeit Korrosion hervorruft. Bereits die in der Luft vorhandene
Feuchtigkeit führt in Verbindung mit Chlor zur Korrosion an metallischen Teilen. Siehe dazu Kapitel 2.
Dichtflächen von Armaturen und Flanschen sind gegen Luftkontakt zu schützen. Unmittelbar nach dem Öffnen einer Leitung
sind Dichtflächen abzudecken oder zu verschließen. Dies gilt auch während einer Wartungstätigkeit von kurzer Dauer.
Bei ortsbeweglichen Druckgefäßen (Flaschen und Druckfässer), die mit geöffneten Ventilen über einen längeren Zeitraum
angeschlossen bleiben, werden die Ventile wöchentlich bewegt, das heißt geschlossen und dann wieder geöffnet. Nach
jeder Bewegung wird das Handrad von der komplett geöffneten Stellung wieder um eine ¼-Umdrehung zurückgedreht.
Werden Anlagen zur Chlorgasversorgung längere Zeit (mehrere Tage) nicht betrieben, werden die Ventile der angeschlos-
senen ortsbeweglichen Druckgefäße geschlossen.
Flaschenventile mit Handrad dürfen nur von Hand betätigt werden. Die Verwendung von Werkzeug (Zangen oder Ähnliches)
ist nicht zulässig. Das maximal aufgewendete Drehmoment beträgt 7–10 Nm (Weichdichtung). Die Ventile nicht angeschlos-
sener Chlorbehälter müssen unverzüglich mit fest aufgeschraubter Verschlussmutter (mit Dichtung) verschlossen werden.
Die Dichtung sollte gelocht sein, damit die Mitte einer geschlossenen Dichtung beim Anziehen nicht ausgestanzt werden
kann.
Bei festsitzenden Ventilen ist der Lieferant zu informieren und ein Austausch des Chlorbehälters zu veranlassen.
126 Ortsbewegliche Druckgefäße dürfen, wenn sie sich in einem ansonsten technisch einwandfreien Zustand befinden, auch
nach Ablauf der Prüffrist entleert werden. Vor einer erneuten Füllung ist die Prüfung des Behälters durchzuführen. Der
113 Transport zur Prüfstelle zum Zwecke der wiederkehrenden Prüfung ist zulässig (Kapitel 4.1.6.10 ADR). Die Veranlassung
der Prüfung ist Aufgabe des Eigentümers oder der Eigentümerin.
Bei Entnahme von gasförmigem Chlor aus Druckgefäßen ist der Massenstrom begrenzt (siehe auch Abschnitt 8.6.4). Bei
höherer Entnahme kommt es zu einer Temperaturabsenkung im Behälter und damit zu einem Druckabfall, der zu einer
geringeren Entnahmemenge führt. Bei höherem Chlorbedarf sind mehrere Druckgefäße parallel anzuschließen.
Bei Chlorfässern dient der obere Anschluss zur Entnahme von gasförmigem Chlor und der untere zur Entnahme von flüs-
sigem Chlor (siehe Abbildungen 17 und 18 – immer das obere Ventil ist Gasphase). Die korrekte „Oben“-Position des
Fasses ist am Kragen des Fasses markiert.
Für Chlorgasflaschen ist vor Ort mindestens eine Notfallkappe an einem gut zugänglichen Ort in der Nähe des Chlorgas-
raumes bereit zu halten. Die Notfallkappe dient der Sicherung des Ventilbereiches bei einer Leckage in diesem Bereich.
Siehe auch Abschnitt 11.5.3.
144 Hinweise geben auch die vom Industriegaseverband e. V. (IGV) veröffentlichten Sicherheitshinweise zum Umgang mit
124 Chlorflaschen und die Unterweisung zum Thema „Wechseln von Chlorgasflaschen“ der Internationalen Vereinigung für
122 Soziale Sicherheit (IVSS), Sektion Chemie.
Empfänger von Druckgasbehältern mit Chlor können unter bestimmten Voraussetzungen dazu verpflichtet sein, in Abspra-
113 che mit den Lieferanten und den Sicherheitsbehörden einen sogenannten Sicherungsplan nach Unterabschnitt 1.10.3.2
55 ADR einzuführen und anzuwenden. Weitere Informationen hierzu sind dem Kapitel 7 der DGUV Information 213-052 „Be-
förderung gefährlicher Güter“ (Merkblatt A 013) zu entnehmen.
Flaschen- oder Fasskappen, die bei Transport und Lagerung die Ventile schützen, sind erst unmittelbar vor dem Anschluss
an die Entnahmeeinrichtung zu entfernen.
Ventile an Chlorbehältern sind vorsichtig und ohne Gewalt zu öffnen oder zu schließen.
Beim Anschluss von ortsbeweglichen Druckgefäßen (Flaschen und Druckfässer) sind geeignete Arbeitskleidung sowie
persönliche Schutzausrüstungen anzulegen.
Hierzu gehören:
• Sicherheitsschuhe.
• Körperbedeckende Arbeitskleidung.
• Schutzhandschuhe aus gewebeverstärktem Kautschuk.
• Atemschutzmaske (zur Auswahl und Verwendung siehe Abschnitt 10.1); ein Ersatzfilter sollte vorgehalten werden,
sofern keine ausreichende örtliche Absaugung vorhanden ist.
• Bei Entnahmestationen mit größeren zusammenhängenden Chlormengen kann die Gefährdungsbeurteilung ergeben,
dass zusätzlich zwei von der Umgebungsatmosphäre unabhängig wirkende Atemschutzgeräte sowie zwei gasdichte
Chemikalienschutzanzüge vorgehalten werden.
Beim Anschließen von ortsbeweglichen Druckgefäßen (Flaschen und Druckfässer) für Chlor ist wie folgt zu verfahren:
• Die ortsbeweglichen Druckgefäße in Position bringen und in dieser Lage sichern. Bei Druckfässern besteht die Mög-
lichkeit, Chlor flüssig oder gasförmig zu entnehmen. Je nach Bedarf muss das Ventil für die Gas- oder Flüssigentnah-
me angeschlossen werden. Eine Kennzeichnung am Druckfass gibt die jeweilige Position der Steigrohre an. Bei Fra-
gen an den Lieferanten wenden.
• Die Atemschutzmaske anlegen.
• Die Schutzkappe mit dem Maulschlüssel lösen und abnehmen.
• Prüfen, ob das Flaschen- oder Fassventil verschlossen ist.
• Die Anschlussleitung zur Dosieranlage muss drucklos sein (Manometeranzeige beachten).
• Eine geeignete, neue Anschlussdichtung bereitlegen.
• Die seitliche Verschlussmutter des Ventils um eine ¼-Umdrehung lösen und mit Ammoniak (aus Ammoniaklösung) auf
Dichtheit prüfen (siehe Abbildungen 13 und 14).
Sollte sich bei der Dichtheitsüberprüfung mit Ammoniak ein weißer Nebel bilden, ist die Verschlussmutter wieder anzu-
ziehen.
Hinweis: Diffusionsvorgänge durch die Ventildichtung können insbesondere nach einer längeren Lagerung des ortsbe-
weglichen Druckgefäßes dazu führen, dass sich kleine Mengen an Chlor unter der Verschlussmutter ansammeln und
beim Lösen der Verschlussmutter entweichen. Diese technisch nicht auszuschließenden Diffusionsvorgänge sind nicht
als Undichtigkeit des Ventils zu betrachten.
Führt die Dichtheitsprüfung mit Ammoniak beim wiederholten Lösen der Verschlussmutter erneut zur Bildung eines
weißen Nebels, sollte zur Abstimmung der weiteren Vorgehensweise Kontakt mit dem Lieferanten aufgenommen
werden.
• Wenn sich bei der Dichtheitsprüfung mit Ammoniak kein weißer Nebel bildet, die Verschlussmutter entfernen.
• Die Dichtfläche reinigen und eine neue Dichtung einlegen.
• Die Anschlussverschraubung mit der eingelegten Dichtung aufsetzen und mit dem Maulschlüssel anziehen.
• Das Handrad des Ventils um eine Umdrehung öffnen, bis am Manometer des Vakuumregelventils Druck ansteht. Das
Ventil wieder schließen. Erneut die Dichtheit mit Ammoniak prüfen.
• Bei Dichtheit des Systems das Ventil ganz öffnen und dann ¼-Umdrehung in Schließrichtung zurückdrehen.
• Die abschließende Dichtheitsprüfung mittels Ammoniak vornehmen.
9.7.2 W
eitere Hinweise zur sicheren Verwendung von Chlor in Schwimmbädern und
bei der Trinkwasserchlorung
127 Der Ausschuss Ereignisauswertung (AS-ER) der Kommission für Anlagensicherheit (KAS) hat im Juni 2016 ein Merkblatt
zum Thema „Ereignisse mit Chlorgas insbesondere in Schwimmbädern“ verabschiedet, nachdem die Erkenntnisse aus der
AS-ER-Datenbank und weiterer Informationsquellen zu Chlorierungsanlagen insbesondere in Schwimmbädern analysiert
wurden. Diese Auswertung ergab, dass „als Ursachen sich nach ersten Recherchen bei den kontaktierten Gaslieferanten
meist menschliche Faktoren festmachen lassen“. Im Rahmen dieser Schrift werden die in dem KAS-Papier aufgeführten
Ursachen aufgegriffen und Hinweise zu deren Begegnung gegeben.
Diese Empfehlungen können auch auf verwandte Anwendungen von Chlor sinngemäß übertragen werden und unterstrei-
chen insbesondere die Wichtigkeit der Schulung der Beschäftigten.
40 Chloranlagen unterliegen der Störfallverordnung (12. BImSchV), sobald die dort festgelegten Mengenschwellen (siehe
Abschnitt 3.2) überschritten werden:
Für Betriebsbereiche und genehmigungspflichtige Anlagen, die der Störfall-Verordnung unterliegen, sind die nach Art und
Ausmaß der möglichen Gefahren erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um Störfälle zu verhindern und Auswirkungen
von Störfällen so gering wie möglich zu halten. Dies beinhaltet technische, organisatorische und managementspezifische
Systeme, zu deren Anforderungen in der Störfall-Verordnung nähere Angaben gemacht werden.
Abhängig von den Windverhältnissen und den Mengen an freigesetztem Chlor können unterschiedlich große Bereiche der
Betriebsanlagen gefährdet werden. Es sind deshalb an geeigneten Stellen in der Anlage Windsäcke aufzustellen. Der
Gesamtbetriebsbereich ist in verschiedene Warnbereiche aufzuteilen. Je nach der Stärke des Chlorausbruches und der
Windrichtung kann eine abgestufte Alarmierungsfolge zweckmäßig sein.
Die Alarmierung erfolgt über das betriebseigene Telefonnetz, einer Rundsprechanlage, über Gasmeldeeinrichtungen oder
über den Betriebsfeuermelder. Wie die Meldung abzufassen ist, sollte schon vorher genau festgelegt sein. Es sind in re-
gelmäßigen Abständen Übungen nach dem Alarmplan durchzuführen. Eine Übung sollte nicht nur mit dem Betriebsperso-
nal durchgeführt werden, sondern es empfiehlt sich auch die Heranziehung von örtlichen Gefahrenabwehrkräften und
Nachbarbetrieben, damit das Zusammenspiel zwischen betriebseigenem und betriebsfremdem Einsatzpersonal abgestimmt
werden kann.
Die Zusammenarbeit mit öffentlichen Gefahrenabwehrorganisationen ist immer dann erforderlich, wenn ein Betrieb über
keine ständig besetzte Werkfeuerwehr verfügt und zur Bekämpfung von größeren Chloremissionen auf werksfremde Hilfe
angewiesen ist. So kann es im Falle eines Chlorausbruches auch notwendig werden, die Nachbarschaft zu warnen und
gegebenenfalls zu evakuieren. Dazu bedarf es der Abstimmung mit den örtlichen Gefahrenabwehrorganisationen und
Behörden.
9.9 Kesselwagen
9.9.1 Sicherung von Chlorkesselwagen und Gleisabschnitten
17 Chlorkesselwagen sind beim Be- und Entladen so zu sichern, dass eine unbeabsichtigte Bewegung in beiden Gleisrichtun-
gen verhindert wird. Dabei sind geeignete mechanische Wegfahrsperren (zum Beispiel Radvorleger – bei Gefällen größer
1 : 400 vor jeder Achse) zu verwenden.
Chlor wird in Druckgaskesselwagen transportiert, deshalb ist der Gleisabschnitt während des Be- und Entladevorgangs
zusätzlich zu sichern. Hierfür sind ortsfeste Signale (Schutzhaltsignal SH2), eine Anschlussweiche in abweisender Stellung
oder eine aufgelegte Gleissperre erforderlich. Anschlussweichen und Gleissperren sollten abgeschlossen werden.
Es sollen zwei voneinander unabhängige Sicherungsmaßnahmen genutzt werden (zum Beispiel ortsfeste Signale und
Anschlussweiche in abweisender Stellung). Die Zuordnung zu dem schützenden Gleisabschnitt muss eindeutig erkennbar
sein.
Angezogene Handbremsen sind zur Sicherung nicht geeignet, weil sie nur für den Rangierbetrieb gedacht sind und sich
beim Be- oder Entladen des Kesselwagens festkeilen oder lockern können.
Bei Detektion eines Wegrollens muss das Umfüllen sofort automatisch unterbrochen werden.
Es sind Maßnahmen zu treffen, die das Angefahrenwerden, zum Beispiel durch Flurförderzeuge, Lkw, verhindern.
Beim Befüllen und Entleeren von Kesselwagen, Tankfahrzeugen und Tankcontainern hat der Betreiber der Befüll- und
93 75 Entleerstelle Maßnahmen zu treffen, die die Beschäftigten gegen Absturz und gegen gesundheitsgefährdende Einwirkun-
gen schützen:
• Vor dem Besteigen und Begehen des Kesselwagens muss eine fachkundige Beurteilung (Sichtkontrolle) der Aufstiegs-
bedingungen und der Laufstegkonstruktion erfolgen.
• Einschränkung für diese Art der Tätigkeiten sind zum Beispiel Witterungseinflüsse wie Nebel, Regen, Schnee, Glätte
und Sturm.
Beim Arbeiten auf Kesselwagen sind Beschäftigte gegen Absturz zu sichern. Dies kann durch (absenkbare) Geländer oder
ein Höhensicherungsgerät geschehen.
Die persönlichen Schutzausrüstungen sind vom Betreiber der Be- und Entladestation im Rahmen der Gefährdungsbeur-
teilung auszuwählen, in einer Betriebsanweisung bekanntzugeben und zu unterweisen – Details siehe Abschnitt 10.2.
Beim Anschließen oder Abkuppeln der Umfülleinrichtungen (Metallschläuche oder Gelenkarme) an die Kesselwagenven-
tile sollte umluftunabhängiger Atemschutz getragen werden. Darauf kann verzichtet werden, wenn im Rahmen der Gefähr-
dungsbeurteilung der Schutz der Beschäftigten durch andere Maßnahmen sichergestellt werden kann. Beispielsweise
können kleinere austretende Gasmengen vollständig abgesaugt werden. Die Gase sind zu Abluftreinigungsanlagen abzu-
leiten.
Während der Befüllung und Entleerung eines Chlorkesselwagens muss eine unterwiesene Person an der Verladestation
anwesend sein und die Umfüllung beaufsichtigen. Dabei kann die Überwachung auch durch technische Einrichtungen, die
mit den Behörden abzustimmen sind, sichergestellt werden.
Im Gefahrenfall muss die Be- oder Entladung über ein Not-Aus-System sicher unterbrochen werden können.
Vor Übergabe an die Transportfirma wird der befüllte Chlorkesselwagen nach dem Vieraugenprinzip anhand einer Check-
liste überprüft. Besonderes Augenmerk sollte auf das Vorhandensein der Blindflansche und der richtigen Kennzeichnung
gelegt werden.
48 Persönliche Schutzausrüstungen sind grundsätzlich für den Gebrauch durch eine Person bestimmt und müssen den Be-
schäftigten individuell passen. Benutzt eine Person mehrere persönliche Schutzausrüstungen gleichzeitig, sind diese so
aufeinander abzustimmen, dass sie jeweils die Schutzwirkung einer anderen nicht beeinträchtigt.
19 Das Tragen von belastenden persönlichen Schutzausrüstungen darf keine ständige Maßnahme sein.
50 86 Die Beschäftigten müssen bei Bedarf die bereitgestellten persönlichen Schutzausrüstungen bestimmungsgemäß benutzen,
regelmäßig auf ihren ordnungsgemäßen Zustand prüfen und festgestellte Mängel unverzüglich der Unternehmerin oder
dem Unternehmer melden. Die Unternehmerin oder der Unternehmer stellt sicher, dass die persönlichen Schutzausrüstun-
gen sachgerecht aufbewahrt, vor Gebrauch geprüft, nach Gebrauch gereinigt und bei Bedarf ausgebessert oder ausgetauscht
werden, sodass sie jederzeit in gebrauchsfähigem, hygienisch einwandfreiem Zustand sind.
50 86 Benutzen die Beschäftigten persönliche Schutzausrüstungen, die gegen tödliche Gefahren oder bleibende Gesundheits-
schäden schützen sollen, so hat die Unternehmerin oder der Unternehmer eine Unterweisung mit Übungen durchzuführen
(zum Beispiel bei Atemschutzgeräten).
88 – 94 Einzelheiten zu persönlichen Schutzausrüstungen enthalten die DGUV Regeln 112-190 bis -199 sowie übergreifend das
53 Merkblatt A 008 „Persönliche Schutzausrüstungen“ der BG RCI.
88 10.1 Atemschutz
Personen, die Tätigkeiten mit Chlor ausführen, sind je nach Gefährdungslage (örtliche Bedingungen/Einsatzsituation) mit
Atemschutzgeräten auszurüsten:
• Fluchtfiltergerät,
• Atemschutzmaske mit Gasfilter Typ B oder ABEK,
• Isoliergerät (zum Beispiel Pressluftatmer).
Atemschutzgeräte sind einsatzbereit außerhalb der Chlorräume, jedoch leicht erreichbar, staub- und feuchtigkeitsgeschützt
aufzubewahren. Einzelheiten stehen in den Herstellervorgaben.
111 Fluchtfiltergeräte nach DIN 58647-7 dienen lediglich als Schutz bei niedriger Chlorkonzentration in der Raumluft, um im
Fall von unerwartetem Chloraustritt das sichere Verlassen des Raumes oder des Arbeitsbereiches zu ermöglichen. Sie sind
nur für diesen Spezialfall gedacht und dürfen nicht als Arbeitsgeräte bei üblichen Tätigkeiten mit Chlorgasexposition genutzt
werden. Fluchtfiltergeräte können personenbezogen mitgeführt oder in ausreichender Menge an geeigneten Stellen vor-
gehalten werden.
Das Auswechseln von Druckgeräten mit Chlor als geplante Arbeit nach Betriebsanweisung darf nur unter Verwendung von
Atemschutzgeräten (keine Fluchtfiltergeräte) erfolgen. Für den Einsatz bei geplanten Tätigkeiten ist eine Vollmaske mit
108 Gasfilter (nach DIN EN 14387) Typ B, Kennfarbe grau, oder Filter Typ ABEK, Kennfarben braun/grau/gelb/grün oder ein
Isoliergerät mit Vollmaske geeignet.
Die Vollmaske schützt – im Gegensatz zur Halbmaske – auch vor einer Reizung der Augen durch Chlor. Die Verwendung
von Halbmasken ist daher nicht sinnvoll.
Vor jedem Anlegen eines filtrierenden Atemschutzgerätes ist das Haltbarkeitsdatum des Filters zu prüfen. Atemschutzfilter
sind spätestens 6 Monate nach dem Öffnen der Versiegelung (Datum des Öffnungstages auf dem Filter vermerken!) oder
nach einer Kontamination mit Chlor zu wechseln.
Die Schutzwirkung der Filter ist je nach Chlorkonzentration zeitlich begrenzt, was bedeutet, dass die Chlorkonzentration
während des Gebrauchs von Filtergeräten bekannt sein muss! Nach Gebrauch sind Atemschutzfilter in jedem Fall zu ent-
sorgen. Die dem Filter beiliegende Gebrauchsanweisung des Herstellers ist dabei zu beachten.
Eine Vollmaske mit Gas- oder Kombinationsfilter schützt die Atemwege vor schädlichen Einwirkungen bei geringen Chlorkon-
zentrationen bis 0,02 Vol.-% (400 × AGW 0,5 ppm = 200 ppm = 0,02 Vol-%).
Eine Verwendung von Filtergeräten bei unbekannter Chlorkonzentration kann lebensgefährlich sein, da Chlor bei hoher
Konzentration den Filter schnell durchdringen kann. Werden Gasfilter mit hohen Chlorkonzentrationen belastet, so kann
sich zudem Phosgen im Filter bilden. Phosgen ist gefährlicher als Chlor – Vergiftungssymptome treten aber erst mit meh-
187 reren Stunden Verzögerung auf (siehe auch Hinweise in GEST 92/171 „Personal Protective Equipment in the Chlorine
Industry“).
Bei höheren oder unbekannten Chlorkonzentrationen oder bei längerer Einwirkungsdauer muss ein von der Umgebungsluft
unabhängiges Atemschutzgerät (Isoliergeräte, wie zum Beispiel Pressluftatmer) benutzt werden.
Isoliergeräte sind zusätzlich an geeigneten Stellen des Betriebs leicht zugänglich sowie gut sichtbar und gekennzeichnet
bereitzuhalten, damit bei Chlorausbrüchen die Bekämpfung unabhängig von der umgebenden Atmosphäre erfolgen kann,
siehe dazu auch Abschnitt 11.3.
62 63
6 Die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) gibt vor, ob beim Tragen von Atemschutzgeräten Pflicht-
oder Angebotsvorsorgen zu veranlassen oder anzubieten sind (siehe Abschnitt 9.4). Zu beachten ist hierbei auch die Ar-
7 beitsmedizinische Regel (AMR) 14.2 „Einteilung von Atemschutzgeräten in Gruppen“.
53 10.2 Körperschutz
Als Schutzhandschuhe eignen sich besonders solche aus dem Mehrschichtenlaminat PE/EVAL/PE (PE = Polyethylen,
EVAL = Ethylen-Vinylalkohol-Copolymer). Weitere mögliche Handschuhmaterialien sind: Fluorkautschuk, Polychloropren.
59 Informationen zum Tragen von Schutzhandschuhen gibt das Merkblatt A 023 „Hand- und Hautschutz“.
90 Der erforderliche Hand- und Augenschutz ist auch durch weitere Gefahrstoffe (zum Beispiel das Koppelprodukt Natronlau-
ge) bestimmt (siehe auch GEST 92/171 „Personal Protective Equipment in the Chlorine Industry“).
Um an feuchten Hautoberflächen (zum Beispiel Achseln) Hautirritationen zu vermeiden, ist bei gasförmigen Atmosphären
idealerweise ein Chemikalienschutzanzug zu verwenden.
Chemikalienschutzanzüge für den Einsatz im Chlor sind üblicherweise mit Fluorkarbonkautschuk (FKM) oder chlorsulfo-
niertem Polyethylen (CSM) beschichtet.
Ist der Kontakt mit flüssigem Chlor zu erwarten, dann muss ein Chemikalienschutzanzug mit Kälteschutz (wärmender Ar-
beitsanzug, Füßlinge, Fingerhandschuhe aus Wolle) verwendet werden.
Bei hohen Chlorkonzentrationen oder bei außergewöhnlichen Ereignissen, zum Beispiel Chlorausbrüche mit sichtbarem
Chlornebel, ist das Tragen von gasdichten Chemieschutzanzügen erforderlich.
53 Für das Tragen von gasdichten Chemikalienschutzanzügen gelten besondere Vorschriften (siehe Merkblatt A 008 „Persön-
liche Schutzausrüstungen“). Das muss bei der Gefährdungsbeurteilung im Vorfeld berücksichtigt werden.
Beim Ablegen von Atemschutzgeräten und Schutzanzügen ist darauf zu achten, dass die Personen nicht durch in der
Kleidung oder Schutzausrüstung verbliebenem Chlor gefährdet werden. Gegebenenfalls den Einsatzpersonen Hilfe unter
Atemschutz beim Dekontaminieren und Entkleiden bereitstellen.
Es müssen Einrichtungen vorhanden sein, um im Brand- oder Schadensfall Hilfe anfordern zu können, zum Beispiel eine
durch Telefon erreichbare, ständig besetzte Stelle. Kann bei Freisetzung von Gefahrstoffen, zum Beispiel durch Leckagen
bei Behälterbruch oder Beschädigungen von Verpackungen, eine kurzzeitig hohe Exposition nicht ausgeschlossen werden
oder besteht eine Gefährdung durch Hautkontakt, sind geeignete persönliche Schutzausrüstungen vorzuhalten. In Abhän-
gigkeit von den örtlichen Gegebenheiten sind Atemschutzgeräte für Flucht und Rettung bereit zu halten oder mit sich zu
führen.
188 Für die Notfallplanung kann die Euro-Chlor-Schrift GEST 93/179 „Emergency Intervention in Case of Chlorine Leaks“ zu
Rate gezogen werden.
Es sind Pläne für die Notfallmaßnahmen zu erstellen und an gut zugänglichen Stellen zur Verfügung zu stellen.
Aushänge (zum Beispiel als Alarmplan, Flucht- und Rettungsplan oder Brandschutzordnung) sollten folgende Mindestan-
gaben enthalten:
1. Telefonnummern von Feuerwehr, Rettungsdienst, Arzt oder Ärztin, Krankenhaus, Krankentransport, Polizei,
2. Telefonnummern der Betriebsleitung, der Meisterin oder des Meisters und sonstiger verantwortlicher Personen,
3. Angaben zu Alarmsignalen, Sammelplatz und Anwesenheitskontrolle der im Betrieb anwesenden Personen (ein-
schließlich Beschäftigte von Fremdfirmen, Lieferanten, Besuchende), Abschalten von Energien, Benutzung von
Flucht- und Rettungswegen, Brandbekämpfung.
Der Inhalt dieser Pläne muss unterwiesen werden und es sollten regelmäßige Übungen stattfinden.
Die Übungen beinhalten, wie Beschäftigte sich beim Freiwerden von Chlor (und anderer Gefahrstoffe), bei einem Brand
74 oder in einem sonstigen Notfall in Sicherheit bringen oder gerettet werden können sowie das Zusammenspiel mit den ex-
ternen Einsatzkräften. Die Häufigkeit der Notfallübungen ist in der Gefährdungsbeurteilung festzulegen.
Im Bereich von ortsfesten Druckanlagen für Chlor muss zum Beispiel ein Telefon oder Funkgerät oder ein Brandmelder
beziehungsweise Gefahrenmelder schnell erreichbar sein.
Selbsttätig wirkende Einrichtungen zum Erkennen und Melden von störungsbedingter Freisetzung von Gasen müssen
vorhanden sein, zum Beispiel Gaswarneinrichtungen mit Meldung an eine ständig besetzte Stelle, wie zum Beispiel eine
Messwarte. Zu Not-Aus-Systemen siehe Abschnitt 8.1.
Es müssen Alarmierungsschwellen (siehe Abschnitt 4.4) festgelegt und angemessene Maßnahmen vorgesehen und im
Alarmfall eingeleitet werden. Druckanlagen müssen ab einer im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzulegenden
Gaskonzentration in den sicheren Zustand gebracht werden.
83 Es ist empfehlenswert, neben dem Arbeitsschutzmanagement auch das Notfallmanagement in die betrieblichen Manage-
mentsysteme systematisch zu integrieren.
Standort und Verfügbarkeit eines Bergungsbehälters sind vorab zu klären. Bei der Auslegung von Zugangswegen (von
Straße zu Anlage) ist gegebenenfalls das Gewicht des vollen Bergebehälters mit Flurförderzeug zu berücksichtigen.
Idealerweise werden zum Beispiel im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung mit vor allem Krankenhäusern, Hilfsorganisa-
tionen und Feuerwehr (Stichwort „Feuerwehrpläne“) Absprachen gehalten (sofern möglich unter Einbindung von Betriebs-
ärztin oder -arzt), Abläufe geklärt und gemeinsame Übungen abgehalten.
Für das Verhalten der Einsatzkräfte sind stoffspezifische Informationen bereitzuhalten, die Angaben enthalten über Hinwei-
se auf die besonderen Gefährdungen, Schutzmaßnahmen, um den Gefährdungen zu begegnen, die bei Bruch oder sons-
tiger Beschädigung der ortsbeweglichen Behälter zu ergreifenden Maßnahmen, die zu ergreifenden Maßnahmen und
Hilfeleistungen, falls Personen mit dem gelagerten Gefahrstoff in Berührung kommen, die im Brandfall zu ergreifenden
Maßnahmen, insbesondere die Mittel oder Gruppen von Mitteln, die zur Brandbekämpfung verwendet oder nicht verwendet
werden dürfen sowie die zur Vermeidung von Umweltschäden zu ergreifenden Maßnahmen.
Es wird empfohlen, für Chlorausbrüche infolge von Transportunfällen die Kontaktdaten des Transport-Unfall-Informations-
und Hilfeleistungssystems (TUIS) bereitzuhalten. Die passenden Telefonnummern sollten in den eigenen Alarmplan auf-
141 genommen werden. Eine Liste der Telefonnummern der TUIS-Leitstellen befindet sich auf der Homepage des Verbandes
143 der chemischen Industrie e. V. (VCI) unter www.tuis.org und in Anhang 2 dieser Schrift.
Lieferanten von Chlorgas unterhalten für Notfälle Bereitschaftsdienste. Die Telefonnummern dieser Bereitschaftsdienste
sind bei Erstellung des Alarmplans vorab zu klären und schnell verfügbar zu dokumentieren. Durch regelmäßige Schulun-
gen ihrer Servicekräfte und das Bereitstellen von modernen Bergungsbehältern und Schutzausrüstungen können diese
Stellen bei Notfällen unverzüglich kompetent und professionell Hilfe leisten.
153 Bei Transportunfällen können zum ersten Eingreifen ERI-Cards abgerufen werden (Datenbank www.ericards.net). Die
CEFIC-„Emergency Response Intervention Cards“ (ERI-Cards) geben der Feuerwehr Hinweise über erste Einsatzmaß-
nahmen, wenn Sie beim Eintreffen am Ereignisort eines Gefahrgutunfalls keine zuverlässigen stoffspezifischen Informati-
onen zur Verfügung haben. ERI-Cards sind gedacht für die Anwendung durch Feuerwehren, die für Gefahrstoffeinsätze
ausgebildet sind. Sie enthalten Informationen und Verfahrensweisen, die Spezialausrüstung erfordern können. Chlor hat
die ERI-Card Nr. 2-31.
151 Der technisch-wissenschaftliche Beirat der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e. V. hat ein Merkblatt
„Empfehlung für den Feuerwehreinsatz bei Gefahr durch Chlor“ mit den wichtigsten Informationen zum Stand der Technik
und zu einsatztaktischen Standards herausgegeben.
Wenn möglich den Druck im betroffenen Anlageteil verringern (zum Beispiel Entspannung in eine Chlorabsorption oder
einen Notbehälter, falls vorhanden). Bei Leckagen an Behältern mit flüssigem Chlor kühlt sich der Inhalt rasch ab, der In-
nendruck sinkt und die Leckrate verringert sich (ohne Wärmeeintrag kommt diese ab circa 10 % Verdampfung des Behäl-
terinhalts in der Regel nahezu zum Erliegen). Bei kleinen Behältern kann versucht werden, mit Trockeneis zu kühlen
(flüssiger Stickstoff wird nicht empfohlen, da die sehr tiefe Siedetemperatur zu Versprödung der Werkstoffe führen kann).
175 Undichte Behälter mit flüssigem Chlor sollten – falls möglich – umgefüllt werden. Dazu gibt die Euro-Chlor-Schrift GEST
90/162 „Emergency Transfer of Liquid Chlorine“ Hinweise. Dies sollte ausschließlich durch entsprechend erfahrenes Per-
sonal erfolgen.
Beim Freiwerden von geringen Chlorgasmengen kann durch Versprühen von Wasser aus mobilen oder fest installierten
Werfern das Chlorgas innerhalb eines überschaubaren Bereiches beherrscht werden. Auch eine Regenwandanlage rings
um ein Chlorlager kann im Gefahrenfalle eine Chloremission begrenzen. Durch Wassersprühnebel wird nur wenig Chlor
gelöst, aber die Wolke mechanisch aufgehalten/umgeleitet, mit Luft verwirbelt und dadurch verdünnt.
Im Rahmen dieser Maßnahmen ist eine geeignete Behandlung der anfallenden hypochlorithaltigen Abwassermengen zu
berücksichtigen.
156 Einen Eindruck der Auswirkungen gibt das Informationsvideo des „Chlorine Institute“ zur Freisetzung von Chlor aus Be-
hältern.
Beim Austreten von flüssigem Chlor aus Transportgebinden kann man deshalb die freigesetzte Chlormenge signifikant
verringern, indem man die ortsbeweglichen Druckgefäße so dreht, dass die Leckagestelle in der Gasphase liegt.
Die Ausbreitung von Flüssigchlorlachen kann (falls gefahrlos möglich) durch Eindämmung mit Sandsäcken oder Erde er-
folgen. Eine geringere Lachenoberfläche vermindert die Emissionsrate entsprechend.
Ausgelaufenes flüssiges Chlor darf nicht direkt mit Wasser abgespritzt werden. Durch die mit dem Wasser zugeführte Wärme
würde eine schlagartige Verdampfung auftreten. Um die Verdampfung zu verlangsamen, kann das flüssige Chlor mit einem
Schaum von geringer Wärmekapazität (zum Beispiel Mittelschaum) oder durch Auflegen einer chlorbeständigen – idealerwei-
se isolierenden – Folie (zum Beispiel PE-Luftpolsterfolien, PVC-Folien – ACHTUNG: keine Aluminium-bedampften Folien aus
der Ersten Hilfe) abgedeckt werden.
Der sich bildende „Chlornebel“ ist schwerer als Luft und bleibt bei Windstille in Bodennähe. Chlor breitet sich jedoch bei
abfallendem Gelände auch entgegen der Windrichtung aus.
Die entstehenden Chlornebel können mit einem Wassersprühnebel örtlich begrenzt und verdünnt werden (siehe Ab-
schnitt 11.3). ACHTUNG: Es darf kein Wasser an die Leckagestelle gelangen!
11.5 Leckbekämpfung
Folgende Maßnahmen können unter Beachtung der an anderer Stelle beschriebenen Vorsichtsmaßnahmen (unter anderem
PSA) im Falle von Leckagen vorgenommen werden. Sie ersetzen keine nachhaltige Reparatur, sondern sind stets situations-
bezogen eine temporäre Lösung zur Verringerung der Emission.
Auf keinen Fall dürfen undichte oder provisorisch (im Notfall) abgedichtete ortsbewegliche Druckgefäße in ein mit Wasser
gefülltes Gefäß (zum Beispiel Müllcontainer, Tonne, Schwimmbecken) gelegt werden, da auch schon geringe Undichtig-
keiten zu einer starken Korrosion an der Austrittstelle führen. Die Erwärmung des Druckgefäßes durch das Wasser führt
zur Erhöhung des Innendrucks, sodass die Leckrate noch steigt und die Gefahr des Berstens besteht.
Das Beheben von Undichtigkeiten an Armaturen, Rohrleitungen und Apparaten muss immer unter Aufsicht und von ge-
schulten und unterwiesenen Personen durchgeführt werden. Unterstützung bietet das Transport-Unfall-Informations- und
Hilfeleistungssystem (TUIS) – siehe 11.2.2 und Anhang 2.
Spezialausrüstung zum Abdichten von Leckagen an Chlorflaschen und -fässern im Ventilbereich und in der Behälterwand
sowie Bergebehälter und komplette Sets mit Sicherheitszubehör werden von Firmen vorgehalten, die im Rahmen des
Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem (TUIS) beteiligt sind.
11.5.1 L
eck in einer zylindrischen oder konvexen
Wand
Ein Leck in der Wand eines Druckgerätes wird verschlossen, indem die
Leckagestelle mit einer Gummi-Einlage abgedeckt wird. Anschließend wird
die Einlage mit einer an den Durchmesser angepassten Rohrschelle, pas-
send gebogenen Blechen, Klemmen, Ketten, Schlauchschellen oder
Schlauchschellenband gesichert (siehe Abbildung 25).
Ist die Leckagestelle ein annähernd rundes Loch, dann kann man versuchen, dieses durch Einschlagen eines Stopfens
aus Holz, Kupfer oder Messing zu verschließen. Dabei ist wichtig, sich vorab zu versichern, dass das Metall um die Leck-
stelle nicht schon großflächig durch Korrosion geschwächt wurde. Der eingeschlagene Stopfen sollte, wenn möglich, gegen
Ausblasen gesichert werden (zum Beispiel mit Schlauchschellenband oder Klemmen).
Es können auch im Handel verfügbare aufblasbare Leck-Dichtkissen oder ein mit einer Leck-Dichtlanze eingebrachtes und
von innen aufblasbares Leck-Dichtkissen zum Einsatz kommen.
Darüber hinaus sind verschiedene gegen Chlor beständige Abdichtmassen am Markt erhältlich.
Zunächst sollte, wenn möglich, versucht werden, das Ventil per Hand vollständig zu schließen. Für defekte Ventile an
Chlorgasflaschen sind Notfallausrüstungen, bestehend aus einer aufschraubbaren und mit Ventil versehenen Notfallkappe,
einem dazu passenden Schlüssel, Hammer, Dreikantschaber/Feile/Drahtbürste (zur Reinigung der Dichtfläche) und einer
Abbildung 26: Notfallset für Flaschen Abbildung 27: Flasche mit Notfallkappe
-
Abbildung 28: Fass-Notfallkappe Abbildung 29: Sicherheitsfass mit Deckel
dazu passenden Spezialdichtung erhältlich (siehe Abbildung 26). Nach Reinigung der Dichtfläche wird die Notfallkappe
über das defekte Ventil geschraubt (siehe Abbildung 27). Dabei Herstelleranweisungen beachten. Solche Notfallsets sollten
bei jeder Verwendung von Chlor in Flaschen vorgehalten werden. Außerdem sollte die Verwendung solcher Notfallausrüs-
tungen regelmäßig geschult und geübt werden.
Zur Eindichtung von undichten Ventilen an Fässern halten TUIS-Feuerwehren spezielle Notfallkappen vor. Weiterhin gibt
es sogenannte Sicherheitsfässer für Chlor, für die eine dazu passende Notfallkappe verfügbar ist (siehe Abbildungen 28
und 29).
Der Transport eingedichteter ortsbeweglicher Druckgefäße sollte immer in enger Abstimmung mit den Einsatzkräften oder
mit Fachleuten des Herstellers erfolgen.
Bei einigen Notfallkappen-Produkten für defekte Ventile kann die defekte Flasche oder das defekte Fass dann im Straßen-
verkehr zum Hersteller transportiert werden – eine ADR-Zulassung ist dafür erforderlich. Ansonsten muss der Transport
113 von mit Notfallkappen abgedichteten ortsbeweglichen Druckgefäßen (Flaschen und Druckfässer) in ADR-zugelassenen
Bergungsbehältern erfolgen (siehe Abbildungen 30 und 31).
Bergebehälter sind zum akuten sicheren Einschluss und anschließendem Transport und nicht zur längeren Lagerung von
beschädigten Gebinden ausgelegt. In Abstimmung mit den Einsatzkräften und den „aufnehmenden“ Beteiligten sollten sie
zügig wieder entleert werden. Eine verzögerte Entleerung kann, zum Beispiel aufgrund von Korrosion des geborgenen
Gebindes oder des Bergebehälters, den Entnahmevorgang erheblich erschweren.
144 Eine Übersicht der in Deutschland vorhandenen Bergungsbehälter mit ihren Standorten steht auf der Homepage des In-
dustriegaseverbandes e. V. (IGV) als Download bereit.
Umfüllen von Chlor aus einem Kesselwagen in einen anderen auf freier Strecke muss immer unter Aufsicht und von ge-
schulten und unterwiesenen Personen durchgeführt werden, zum Beispiel von einer Feuerwehr im Rahmen von TUIS
143 175 (siehe auch GEST 90/162).
Im Brandfall sind deshalb ortsbewegliche Druckgeräte sofort aus der Gefahrenzone zu bringen. Ortsfeste dichte Druckgas-
behälter sowie dichte ortsbewegliche, aber nicht entfernbare Druckgeräte sind sofort mit Wasser zu kühlen. Dabei sollte
eine gleichmäßige Wasseraufbringung zur Bildung eines geschlossenen Wasserfilms auf der gesamten Oberfläche des zu
schützenden Objektes erfolgen.
12 Erste Hilfe
12.1 Allgemeines
Alle Personen, die mit Chlor arbeiten, müssen über die besonderen Gefahren und Erste-Hilfe-Maßnahmen sowie über das
Verhalten nach Arbeitsunfällen unterwiesen werden. Die von den Berufsgenossenschaften anerkannten Anleitungen zur
Ersten Hilfe sind entsprechend dem jeweiligen Gefährdungsgrad an geeigneten Stellen auszuhängen.
Um wirksame Hilfe leisten zu können, sind im Vorfeld vorausschauende Absprachen zur Ersten Hilfe und potenziellen
Spezialmaßnahmen zwischen Betrieb, betriebsärztlichen Dienst, Rettungsdienst und Krankenhaus notwendig (siehe auch
Abschnitt 11.2).
Über jede Erste-Hilfe-Leistung sind Aufzeichnungen zu führen, zum Beispiel elektronisch oder in einem Verbandbuch vor
50 86 Ort. Die Aufzeichnungen sind fünf Jahre lang aufzubewahren. Hierbei ist der Datenschutz zu beachten.
Bei Verdacht auf eine Gefährdung durch Chlor müssen die Betroffenen den Gefahrenbereich verlassen oder aus dem
Gefahrenbereich gebracht werden. Der Selbstschutz der Helferinnen und Helfer ist unbedingt zu beachten. Je nach Aus-
gangssituation sind Schutzhandschuhe, Chemikalienschutzanzug, umgebungsluftunabhängiges Atemschutzgerät (siehe
Kapitel 10) anzulegen und zu tragen.
Ärztliche Hilfe ist unverzüglich zu veranlassen. Der Ärztin oder dem Arzt sind Informationen zum Stoff (zum Beispiel Sicher-
heitsdatenblatt) und die bereits durchgeführten Erste-Hilfe-Maßnahmen anzugeben.
Erste-Hilfe-Maßnahmen, die Gegenstand der Ersten-Hilfe-Ausbildung sind, wie „Stabile Seitenlage“, „Herz-Lungen-Wie-
derbelebung“, „Schockbekämpfung“, werden in dieser Schrift nicht angesprochen.
12.2 Generell
• Verletzte sofort unter Selbstschutz aus dem Gefahrenbereich retten.
• Für Körperruhe sorgen.
• Vor Wärmeverlust schützen.
• Beruhigend auf verletzte Person einwirken.
• Ärztliche Behandlung.
12.3 Augen
• Augen sofort ausgiebig bei geöffneten Augenlidern mit Wasser spülen (mindestens 10 Minuten).
• Steriler Schutzverband.
• Augenärztliche Behandlung.
12.4 Atmung
• Bei Atemstillstand sofort Notruf!
• Mit Herzdruckmassage beginnen!
• Atemspende nur, wenn keine Eigengefährdung besteht, möglichst mit Atemhilfe (zum Beispiel Beatmungsbeutel), um
Eigengefährdung durch Chlor zu vermeiden.
• In Absprache mit Betriebsmedizin Gabe von Glucocorticoid-Dosieraerosol.
• Ärztliche Behandlung.
12.5 Haut
• Benetzte/durchgaste Kleidung, auch Unterwäsche und Schuhe, sofort komplett ausziehen, dabei auf Selbstschutz
achten.
• Haut mit viel Wasser spülen.
• Nach Kontakt mit unterkühltem flüssigen Gas Behandlung analog Erfrierungen.
• Wunden keimfrei bedecken.
• Ärztliche Behandlung.
201 Die Euro-Chlor-Schrift HEALTH 11 „Chemical Health Hazards of chlor-alkali production“ enthält auch umfangreichere und
mit vielen Hintergrundinformationen und Quellen versehene Informationen zur Behandlung von Verletzten durch Chlor.
202 152 Außerdem steht mit HEALTH 13 „Chlorine Acute Exposure Advice“ eine grafisch ausgearbeitete Vorgehensweise zur Be-
handlung akuter Chlorinhalationen in Krankenhäusern zur Verfügung.
Anhang 1: Literaturverzeichnis
Verbindliche Rechtsnormen sind Gesetze, Verordnungen und der Normtext von Unfallverhütungsvorschriften. Abwei-
chungen sind nur mit einer Genehmigung der zuständigen Behörde beziehungsweise des zuständigen Unfallversicherungs-
trägers (zum Beispiel Berufsgenossenschaft) erlaubt. Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ist,
dass die Ersatzmaßnahme ein mindestens ebenso hohes Sicherheitsniveau gewährleistet.
Keine verbindlichen Rechtsnormen sind DGUV Informationen, Merkblätter, DIN-/VDE-Normen. Sie gelten als wichtige
Bewertungsmaßstäbe und Regeln der Technik, von denen abgewichen werden kann, wenn die gleiche Sicherheit auf an-
dere Weise erreicht wird.
Fundstellen im Internet
Die Schriften der BG RCI sowie ein umfangreicher Teil des staatlichen Vorschriften- und Regelwerkes und dem der gesetzlichen
Unfallversicherungsträger (rund 1 700 Titel) sind im Kompendium Arbeitsschutz der BG RCI verfügbar. Die Nutzung des Kom-
pendiums im Internet ist kostenpflichtig. Ein kostenfreier, zeitlich begrenzter Probezugang wird angeboten.
Zahlreiche aktuelle Informationen bietet die Homepage der BG RCI unter www.bgrci.de/praevention und fachwissen.
bgrci.de.
Detailinformationen zu Schriften und Medien der BG RCI und Downloads von Schriften und Arbeitshilfen enthält das Me-
diencenter der BG RCI unter mediencenter.bgrci.de. Dort können auch Schriften bestellt werden.
Unfallverhütungsvorschriften, DGUV Regeln, DGUV Grundsätze und viele DGUV Informationen sind auf der Homepage
der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) unter publikationen.dguv.de zu finden.
39 Vierte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anla-
gen – 4. BImSchV)
40 Zwölfte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Störfall- Verordnung – 12. BImSchV)
41 Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutz-Gesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der
Luft – TA Luft)
42 Ortsbewegliche-Druckgeräte-Verordnung (ODV)
43 Verordnung über Anforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer (Abwasserverordnung – AbwV)
44 Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV)
45 Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG)
46 Gesetz zum Schutze der arbeitenden Jugend (Jugendarbeitsschutzgesetz – JArbSchG)
47 Gesetz zum Schutz von Müttern bei der Arbeit, in der Ausbildung und im Studium (Mutterschutzgesetz – MuSchG) mit zugehöri-
gen Regeln des Ausschusses für Mutterschutz (AfMu-Regel), insbesondere
– Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Gefährdungsbeurteilung, Regel des Ausschusses für Mutter-
schutz, Nr. MuSchR 10.1.01, 2023, Quelle: www.bmfsfj.de
48 Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen bei der Arbeit (PSA-
Benutzungsverordnung – PSA-BV)
49 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Umsetzung des Durchführungsbeschlusses der Kommission vom 9. Dezember 2013 über
Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken gemäß der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlamentes
und des Rates über Industrieemissionen in Bezug auf die Chloralkaliindustrie (2013/732/EU) (CAK-VwV), Quelle:
www.bundesrat.de 494/14
4 Normen
Bezugsquelle: DIN Media GmbH, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin; www.dinmedia.de
103 DIN EN 937:2016-09: Produkte zur Aufbereitung von Wasser für den menschlichen Gebrauch – Chlor
104 DIN EN 1089-3:2011-10: Ortsbewegliche Gasflaschen – Gasflaschen-Kennzeichnung (ausgenommen Flüssiggas (LPG)) –
Teil 3: Farbcodierung
105 DIN EN ISO 10297:2024-11: Gasflaschen – Flaschenventile – Spezifikation und Baumusterprüfungen
106 DIN EN ISO 11114-1:2024-01: Gasflaschen – Verträglichkeit von Werkstoffen für Gasflaschen und Ventile mit den in Berührung
kommenden Gasen – Teil 1: Metallische Werkstoffe
107 DIN EN ISO 11114-2:2022-02: Gasflaschen – Verträglichkeit von Werkstoffen für Gasflaschen und Ventile mit den in Berührung
kommenden Gasen – Teil 2: Nichtmetallische Werkstoffe
108 DIN EN 13099:2004-03: Ortsbewegliche Gasflaschen – Bedingungen für das Füllen von Gasgemischen in Gefäße
109 DIN EN 14387:2021-07: Atemschutzgeräte – Gasfilter und Kombinationsfilter – Anforderungen, Prüfung, Kennzeichnung
110 DIN EN 14470-2:2006-11: Feuerwiderstandsfähige Lagerschränke – Teil 2: Sicherheitsschränke für Druckgasflaschen
111 DIN 19606:2020-01: Chlorgasdosieranlagen zur Wasseraufbereitung – Technische Anforderungen an den Anlagenaufbau und
Betrieb
112 DIN 58647-7:1997-12: Atemschutzgeräte für Selbstrettung – Teil 7: Fluchtfiltergeräte; Anforderungen, Prüfung, Kennzeichnung
117 A rchiv des Badewesens, Ausgabe 10-2012, bearbeitet von Klatte, Csontos, herausgegeben von der FIGAWA e. V. „Sicherer
Umgang mit Chlorgas“
118 Hamminck, Western: Corrosion and erosion of steel in liquid chlorine at different conditions ..., in: Modern Chlor Alkali Technology
Vol 3, 1986
Chlor ist in der chemischen Industrie unverzichtbar. Folglich ist es notwendig, Chlor sicher zu produzieren, zu lagern, zu
transportieren und zu verwenden. Die Chlor produzierenden Unternehmen arbeiten seit vielen Jahren zusammen, um das
Wohlergehen ihrer Beschäftigten, der umgebenden Gemeinschaften und der Umwelt dabei sicherzustellen. Die europäi-
schen Produzenten, die sich im Verband „Euro Chlor“ zusammengeschlossen haben, haben sich der Förderung der kon-
tinuierlichen Verbesserung der allgemeinen Standards für Gesundheit, Sicherheit und Umwelt im Zusammenhang mit der
Chlorherstellung im Sinne von „Responsible Care“ verpflichtet.
Bei der Erstellung der Euro-Chlor-Publikationen wird davon ausgegangen, dass die damit arbeitenden Personen ausreichend
qualifiziert und erfahren sind zu entscheiden, ob und wie die Inhalte für die ausgewählte Anwendung relevant sind. Der
Inhalt basiert auf den zum Zeitpunkt der Erstellung bestverfügbaren und maßgeblichen Informationen und auf guter inge-
nieurwissenschaftlicher Technik sowie bester medizinische Praxis, die, wie auch Rechtsvorschriften, natürlich einer stän-
digen Fortschreibung unterliegen. Infolgedessen werden die Texte weiterhin angepasst, um die Entwicklung verschiedener
Faktoren zu berücksichtigen.
Anhang 2:
TUIS-Chlorunfall-Notfallrufnummern
Unternehmen der chemischen Industrie aus Deutschland und Österreich unterhalten gemeinsam das Transport-Unfall-
Informations- und Hilfeleistungssystem (Akronym: TUIS). Dem TUIS-System gehören derzeit 130 Betriebe in Deutschland
und 49 Betriebe in Österreich an.
Bei TUIS können rund um die Uhr Expertinnen und Experten telefonisch erreicht werden, die Auskünfte über die Handhabung
von gefährlichen Stoffen und Gütern geben können. Angefordert werden kann die Hilfe nur von autorisierten Stellen wie
Feuerwehren, Polizei, Wasserrechtsbehörden oder Eisenbahnbetreibern.
Spezialausrüstung zum Abdichten von Leckagen an Chlorflaschen und -fässern im Ventilbereich und in der Behälterwand
sowie Bergebehälter und komplette Sets mit Sicherheitszubehör werden von Firmen vorgehalten, die an TUIS beteiligt sind.
Wo es die nächste Hilfe gibt und wer für bestimmte Stoffe sachkundig ist, kann direkt über die TUIS-Datenbank
(www.tuis.org) ermittelt werden. Dazu in die Suchfelder die Postleitzahl des Unfallortes und/oder die UN-Nummer des
verunglückten Stoffes eingeben. Es können auch ein Ortsname und/oder ein Stoffname eingegeben werden.
Anhang 3: Bildnachweis
Die im Merkblatt verwendeten Bilder dienen nur der Veranschaulichung. Eine Produktempfehlung seitens der BG RCI wird
damit ausdrücklich nicht beabsichtigt.
Postfach 10 14 80
69004 Heidelberg
Kurfürsten-Anlage 62
69115 Heidelberg
www.bgrci.de
Ausgabe 6/2025
Diese Schrift können Sie über das Mediencenter unter
mediencenter.bgrci.de beziehen.
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Dann nehmen Sie bitte mit uns Kontakt auf.
• Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie,
Prävention, Grundsatzfragen und Information, Medien
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Sie erreichen uns unter 06221 5108-44444 (Mo.–Fr. 8:00–14:00 Uhr)
oder unter [email protected]
ISBN: 978-3-86825-438-9
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Telefon 06221 1451-0
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