PHILOLOGISCHE
UNTERSUCHUNGEN
HERAUSGEGEBEN
VON
A. KIESSLING UND U. v . WILAMOWITZ -MOELLENDORFF .
NEUNTES HEFT :
ISYLLOS VON EPIDAUROS.
BERLIN
WEIDMANNSCHE BUCHHANDLUNG
1886.
WILHELM HENZEN
WOLFGANG HELBIG
gewidmet.
E. Curtius hat in der schilderung des heiligen Asklepiostales
bei Ligurio , das den namen der heiligkeit auch als wüste be
wahrt hat , nicht verfehlt, der hoffnung auf reiche funde unter dem
hohen schutte, aus dem fast nur römische ruinen hervorragten, zu
versichtlichen ausdruck zu geben . noch vor zwölf jahren war
von der schuttdecke nichts gehoben , wucherte das gestrüpp aro
matischer dornen auf den sitzreihen des theaters und sprengte
die fugen der steine, die Polykleitos geschichtet. schwerlich wird
heute die landschaft noch denselben zauber ausüben . der roman
tiker mochte damals sich an schatten und duft und einsamkeit er
freuen , an dem bilde vergangener grösse, das dieselbe sonne
beschien , die einst ein reges leben und eine prächtige welt der
kunst beleuchtete, seine seele letzen in sehnsucht und trauer, und
die gebilde seiner phantasie auf der scene gaukeln lassen, deren
stelle wüstes geröll einnahm . der romantiker würde ja auch das
schlafende Dornröschen nicht wach küssen , weil sonst der stim
mungsvolle friede der schlafenden burg gebrochen würde - doch
das ist falsch : der romantiker würde gewiss nicht durch die
dornenhecke dringen. Wer aber des glaubens ist , daſs wie das
leben überhaupt so auch die überreste verschollener zeiten der
nachwelt zum arbeitsvollen nicht zum trägen genusse da sind ,
dem zuckten die hände , den bann des totenschlafes zu lösen ,
der über dem Hieron lag, und die daemonen, die des ortes im
leben und im tode gewaltet, wachzurufen , mochten es nun götter
oder gespenster sein.
VI ISYLLOS VON EPIDAUROS.
Die egzaioloyixò étaigia hat den mut der tat gehabt ; sie hat
den grünen schleier von dem theaterabhang , den schutt von
dem talgrunde entfernt: die alten geister reden wider zu uns.
unermeſslich sind die verdienste der étaigia : aber unermeſslich
ist auch der lohn ihrer mühen , und sie kann es verschmerzen,
wenn sie bei den menschen , landsleuten und fremden , nicht
immer den dank findet, auf den sie anspruch hat.
Es ist im Hieron , wenn ich nach dem was in den Igaxtıxá
und der ’Egnuegis bisher veröffentlich ist urteilen darf, gegangen ,
wie es meist geht . vieles was zu hoffen war, ist nicht gefunden :
so fehlt es an jedem nennenswerten epigraphischen ertrag aus
alter zeit . manche hoffnung ist in überraschender weise erfüllt:
so die , daſs man die bühne eines theaters aus wirklich alter
zeit beschreiten kann . es feht noch viel daran , daſs die folge
rungen dieses fundes gezogen wären. daſs sie ganz mit dem
stimmen, was die illusionslose exegese der attischen dramen lehrt,
was aber von der illusionslustigen menge verkannt ward und
wird , lässt sich schon jetzt zuversichtlich behaupten. und end
lich ist vieles gefunden , was niemand hoffen noch ahnen konnte .
ein derartiges stück ist der stein , welcher die gedichte des
Isyllos von Epidauros enthält, den Kabbadias soeben veröffent
licht hat ( Eg . đox. 1885 , 66). diese gedichte , deren vielseitige
bedeutung mir sofort entgegentrat, will ich erläutern ; sie sind
mir die veranlassung geworden manches zu untersuchen , mehreres
auszusprechen , was lange untersucht war und hier teils heran
gezogen werden muſste, teils sich anschlieſsen durfte . so ist aus
der erläuterung eines inschriftsteines ein buch geworden . und
so viel man auch subjectiv nennen mag an dem, weshalb es so
geworden ist : dafür bleibt es doch ein beleg , daſs die epigra
phischen funde allen seiten der hellenischen philologie neues blut
zuführen , und ihre verwertung die hauptaufgabe ist, welche die
wissenschaft unserer generation gestellt hat, so habe ich denn
gewagt den beiden vorkämpfern monumentaler forschung auf
dem capitole dies buch zu widmen. wem die wanderjahre auf
classischem boden fehlen , dem fehlt ein wesentliches stück an
seiner notwendigen vorbildung, fehlt auch die unverwelkliche er
innerung an eine schönere studentenzeit. daſs die wanderjahre
ISYLLOS VON EPIDAUROS. VII
nicht heimatlos waren , danken der Casa Tarpea alle die wert
waren , ihre schwelle zu überschreiten , welche allerdings auch
dem undankbaren und neidischen den eintritt gönnt. meinem
danke einmal öffentlichen ausdruck zu geben , hat stets in meiner
absicht gelegen. gerne würde ich es mit einer schwerer wiegen
den gabe getan haben , aber der augenblick nötigte mir jetzt die
huldigung ab. sie gilt dem institut, wie es war und, so scheint
es ja , nicht mehr sein soll , und gilt den beiden verehrten män
nern , gemeinsam als hütern der casa , jedem einzeln als wissen
schaftlichem forscher, vor allem aber als den rechten männern
an der rechten stelle.
Göttingen , 14. October 1885.
Ulrich von Wilamowitz -Moellendorff.
ISYLLOS VON EPIDAUROS.
Philolog. Untersuchungen IX . 1
I
DIE GEDICHTE .
Die marmortafel, welche die gedichte des Isyllos enthält, ist
fast unversehrt erhalten ; geschrieben ebenso leserlich wie schön ,
nach Kabbadias zeugnis, welches die sprache durchaus bestätigt,
zu derselben zeit , wie die stelen , welche die wunderbaren hei
lungen des Asklepios enthalten ') , das ist anfang des dritten jahr
hunderts v . Chr. schreibfehler fehlen aber hier so wenig wie
auf den andern stelen , doch hoffe ich , daſs über den text und
sein verständnis nicht viele zweifel übrig bleiben werden .
1) Von diesen habe ich einige im Hermes XIX 442 behandelt , wo ich mit
ihrer hilfe dem Rheginer Hippys seine richtige stellung in der litteraturgeschichte
geben konnte . seitdem hat Kabbadias weitere umfängliche bruchstücke herausgegeben
'Eq. 1885 , 3–18). wunder werden so wie so leicht monoton , und so hübsche
sachen wie die vorige hat diese tafel nicht ergeben ; das auf ihr befindliche original
der geschichte des Hippys batte Kabbadias schon früher veröffentlicht. nur ein
wunder sei bergesetzt . v. 19. ] π [ ο πέτραι παΐς 'Αριστόκριτος Αλικός . ούτος
αποκολυμ [ βάσ ]ας εις τας [ άλασσ ] αν έπειτα δενδρύων εις τόπον αφίκετο ξηρόν ,
κύκ[λωι] πέτραις περ[ιεχόμενον , και ουκ εδύνατο έξοδον ουδεμίαν ευρείν. [με] τά δε
τούτο ο πατήρ [αι]τού ως ουθαμεί περιετύγχανε μαστεύων παρ'['Α]σκλαπιώι έν των
[ αβάτ ] ωι ενεκάθευδε περί του παιδος και ενύπνιον είδε έδόκει αυτόν ο θεός ] άγειν
είς τινα χώραν και δείξαι οι δ[1] ότι τουτεί έστι ο υος αυτού . εξ [ελθων ] δ ' εκ του
αβάτου και λατομή σας τα[4] πέτραν α[ν]ηύρε τομ παΐδα εβδεμ [ αίον]. Kabbadias ,
dem alle ergänzungen gehören , ist vor Schacoav zurückgeschreckt , obwol das
tauchen wie der trockne ort, an den der knabe gerät, es fordern, das liegt daran , daſs
ihm dev & gówr unverständlich geblieben ist, die von dem zusammenhange geforderte
erklärung steht am schlusse der glosse devdovácetv im Et . M. und bei Suidas
(wol aus Photius bei beiden ) σημαίνει και το καθ' ύδατος δύεσθαι και κρύπτειν εαυτόν .
4 I
Zuerst steht die überschrift
" Ισυλλος Σωκράτους Επιδαύριος ανέθηκε
'Απόλλωνι Μαλεάται και 'Ασκλαπιώι .
Beiden yöttern ist der stein geweiht ; beide also werden an
demselben orte verehrt . das ist fest zu halten , war auch schon
durch viele weihinschriften bekannt. Kabbadias bemerkt , dass
der name " lovlios noch nicht belegt sei . ich glaube nicht , daſs
irgend jemand die fülle der inschriftlich erhaltenen namen über
sieht. wenn dieser name hier zuerst erschienen sein sollte , so
ist das zufall, denn er ist ein regelmäſsiges hypokoristikon von
Ploozāns, und dieser name ist selbst oder in ableitungen mehrfach
bei Benseler belegt , namentlich aus Thera , wo die uralten
adlichen namen besonders zäh festgehalten wurden , und mit
einem dorischen aristokraten haben wir es hier zu tun .
Möglicherweise steckt in der formulirung der inschrift noch
ein weiterer ausdruck für seine edle geburt ; ich vermag aber
das problem nur aufzuwerfen, nicht zu lösen . Isyllos nennt sich
Epidaurier auf epidaurischem grund und boden . es hat das in
vielen dort gefundenen inschriften seine analogie, ja man ist so
weit gegangen , das praedicat 'Endavoia selbst weibern beizu
legen . ein solcher stein aus Isyllos zeit wird unten zu D ange
von den sprachlichen formen hebe ich das femininum fooa hervor , das im Pelo
ponnes wol noch nicht angetroffen war ; es war für diese gegend aus der sprache
der dorischen hexapolis freilich zu folgern . endlich daſs niemand eine wunder
bare form z. 121 suche : es ist zu lesen {fóxei oi gos noiav toiwas £yzeiv els
τον οφθαλμόν .. von den sonstigen funden lehrt uns no . 81 á róls á tõv
Λακεδαιμονίων Λυκόριαν Θεαρίδα Μεγαλοπολίταν αρετάς ένεκεν και ευνοίας ας έχων
diatehei sis aútáv vielleicht den groſsvater des Polybios kennen , der dann mit dem
lakonerfreundlichen Thearidas zu Kleomenes zeit ( Plut. Kleom . 24) zu identificiren
wäre . und vielleicht erzählt Polybios ( 32, 17. 38, 8) von einem eigenen bruder
Thearidas , denn im Αθήναιον Χ 528 steht die inschrift Θεαρίδαν Λυκόρτα Μεγαλο
πολίταν η πόλις των 'Επιδαυρίων αρετάς ένεκεν και ευνοίας ας έχων διατελεί εις
aúróv. sicher ist natürlich nur der familienzusammenhang.
DIE GEDICHTE 5
führt. wie geht das zu ? eine frau hat eigentlich keine heimat , und
in Athen wird das bekanntlich festgehalten , und auch ein Athener
kann sich in Athen unmöglich ’ AInvaios nennen ; er braucht den
demos . zu dem gibt es in aristokratischen Staaten keine analogie,
denn sie gliedern sich nach geschlechtern und geschlechtsphylen .
wol aber gibt es in solchen staaten den rechtlichen unterschied
zwischen angehörigen der geschlechter und plebejern , denen das
bürgerrecht in strengem sinne abgeht . so unterscheidet Sparta
die Lakedaimonier und Spartiaten . eine solche bewandtnis mag
es mit 'Enidaúquos haben . und selbst wenn die geschlechter
politische concessionen machen muſsten , konnte diese qualität als
ein persönlicher adel weiter leben , und als solcher kam er dem
weibe nach griechischer anschauung zu . diese hat seit den zeiten ,
in welchen die hesiodischen frauenkataloge gedichtet wurden , bis
auf die restauration der attischen Eupatridenherrschaft in hadria
nischer zeit nicht gewechselt. deshalb vererbt sich auch der
adel und was von ihm abhängt , wie die geschlechtsculte , auch
in weiblicher linie, im gegensatze zum xangos, so daſs die adels
geschlechter eine viel gröſsere lebenskraft besitzen als die oixos.
das ist alles ganz in der ordnung , sobald die praemisse zuge
geben ist , die für den geburtsadel überhaupt bedingend ist , daſs
er von der abstammung aus göttlichem samen abhängt, dioyevns
ist. es mag uns, die wir überhaupt nur gemachten adel kennen,
schwer werden , diese praemisse ernsthaft zu nehmen , und ge
wiſs ist es das zeichen des äuſsersten marasmus , daſs selbst Athen
einmal nichts als diese vorzüge des blutes mehr beachtete, aber
consequenz ist darin , und es hat zeiten und kreise gegeben , in
welchen die droyevets paciñes kraft dieses rechtes herrschten ,
und wo es recht war, daſs sie herrschten. auch in Epidauros
mag es solche zeiten gegeben haben ; Isyllos sehnte sich in sie
zurück, obwohl sie längst vorbei waren . aber die nachwirkung
derselben kann in der verfassung und der onomatologie seiner
vaterstadt sehr wohl noch zu spüren gewesen sein .
Es folgt das erste gedicht in trochaeischen tetrametern
δάμος εις αριστοκρατίας άνδρας α ] πρ[ο ] άγοι καλώς ,
αυτός ισχυρότερος : ορθούται γαρ εξ ανδραγαθίας .
αι δε τις καλώς προαχθείς θιγγάνοι πονηρίας
6 I
πάλιν επαγκρούων , κολάζων δάμος ασφαλέστερος.
5 τάνδε ταν γνωμαν τόκ ' ήχον και έλεγον και νύν λέγω.
ευξάμαν ανγράψεν , αί κ ' είς τάνδε ταν γνώμην πέτη
ο νόμος αμίν δν επέδειξα . έγεντο δ ' , ούκ άνε Iɛ[ ]v.
V. 1 hat Kabbadias ergänzt , und derselbe v . 7 den stein
metzfehler feóv berichtigt . der steinmetz hat auch néty v. 6 das
iota vergessen ; derselbe fehler wird zu E besprochen werden , wo
er widerkehrt.
Im anfang möchte man wünschen , dass Isyllos sich anders
ausgedrückt hätte, wenn der staat die bürger zu männertugend
erzieht, so ist das sein eigner vorteil , da die aristokratie ihn er
hält. « das würde um so angemessener sein , als es sich bei seinem
gesetze um die erweckung von männertugend handelt. allein das ist
eben das charakteristische, daſs für Isyllos die männertugend ein
erfolg davon ist, dass man den besten zur entfaltung ihrer einge
bornen gaben freien spielraum lässt . v. 6 habe ich lieber hinter
επαγκρούων interpungiren mögen, als dieses synonym mit κολάζων
auf δάμος beziehen. denn den intransitiven gebrauch von ανακρούειν
kann man ohne jedes bedenken auf das compositum übertragen,
und der sinn wird besser . der gut erzogene verläſst die
ird so viel besser.
pfade der ανδραγαθία , segelt in falschem fahrwasser και έξοκέλλει
& is rovnoiav : dann erheischt das wol des staates, dafs man ihn
ducke. diese maxime, sein politisches ceterum censeo , hat Isyllos
gelobt beim gotte aufzuschreiben : sie ist sein anathem. er handelt
nach dem vorbilde der sieben weisen , die ihre sprüche in Delphoi
weihten , und in Epidauros selbst stand vor dem Hieron der schöne
spruch angeschrieben αγνόν χρή ναοίο θυώδεος εντός ιόντα έμμεναι·•
αγνείη δ 'έστι φρονεϊν όσια (Τheophrast περί ευσεβείας 68 Bern .).
aber Isyllos hatte dies gelübde an eine vorbedingung geknüpft:
daſs das seiner maxime entsprechende gesetz durchgienge. das ist
geschehen , und die billigung der gottheit hat sich darin offen
bart . dem verdanken wir dies anathem ; das betreffende gesetz
folgt im nächsten gedichte. dies der sinn : ihn macht meine
interpunction deutlich .
Elision und krasis zu vollziehen , wie es der vers befiehlt, ist
dem leser meistens überlassen , einzeln sind auch sie zum gra
phischen ausdruck gekommen : darin herrscht keine regel . ich
DIE GEDICHTE 7
werde dem leser das scandiren natürlich nicht mehr erleichtern ,
als Isyllos getan hat . jeder neue stein bestätigt nur von neuem die
alte praxis : wer dieselbe nicht lernen kann noch mag, und gar
noch die überlieferung befragt, ob bei Homer {nev &Teo &ne' zu
lesen sei , der ist dazu reif , die überlieferung zu befragen , ob
Atpaidns drei oder vier sylben hat. er weiſs eben nicht , was
überlieferung ist.
Die trochaeen sind in der volksmundart gehalten , ohne ein
fluſs der ionischen poesie , aus welcher das versmaſs doch her
stammt. aber auch ihre form zeigt, daſs Isyllos nicht den Archi
lochos oder Solon nachahmt , welche sie mit viel gröſserer kunst
nach viel strengeren regeln bauen. ich bin aufser stande auch
nur eine vermutung über seine vorbilder zu haben : aber eine
vollkommene parallele sind die trochaeen des Epicharmos , und
wie der dazu gekommen ist , die formen der ionischen iambo
graphen , die er allerdings kannte , für seine possen zu verwenden,
das weiſs man eben so wenig. die attische komoedie hat ihre
trochaeen im grunde mit denselben freiheiten wie Epicharmos,
also auch wie Isyllos gebaut , nur daſs sie von manchem , was an
sich erlaubt war , einen sehr viel sparsameren gebrauch machte.
dadurch gewöhnt sich unser ohr an das vollendetste so , daſs
wir uns leicht verführen lassen , es mit dem alleinberechtigten
zu verwechseln . gewiſs klingt es uns nicht schön , daſs Isyllos
die diaerese zwar anstrebt aber nicht durchführt, daſs er die
vorletzte hebung auflöst und einen daktylus statt des trochaeus
setzt , obwol dies letzte wirklich wenig ins ohr fällt : deshalb hat
Isyllos doch keinen fehler gemacht , denn all das hat sich das
attische drama, selbst die tragoedie vereinzelt , erlauben dürfen .
die gradunterschiede des wollens und des könnens, der qualita
tive unterschied des verbotenen und des gemiedenen , des falschen
und des hässlichen wollen auch gelernt sein . auf eine ober
flächliche empirie hin , gesetze' abstrahiren , denselben aus eigener
machtvollkommenheit die unverbrüchlichkeit zuschreiben , und
dann die fehler mit gewalt beseitigen , ist freilich viel be
quemer.
Ich habe an der zulässigkeit des daktylus im trochaeischen
tetrameter der komoedie nie gezweifelt, lasse ihn stehen , wo
8 I
er steht, stelle ihn her, wo er mir hinzugehören scheint , und es
ist schon eine ziemliche zeit her , daſs ich auf die vermutung
gekommen bin , der daktylus habe zu gewisser zeit in gewissen
trochaeischen liedermaſsen noch eine viel umfangreichere rolle
gespielt. davon werde ich reden , wenn ich meine, daſs die sache
reif ist. ich habe mich an vieles gewöhnt, aber das war mir
doch ein starkes stück , als ich der gröbsten ignoranz bezichtigt
wurde, weil ich einen daktylus in trochaeen herstellte , harmlos ,
ohne auch nur irgend ein wort zu sagen , das seine gegner reizen
konnte, ja ohne überhaupt ein wort sagen . bei Hephaestion steht
mit dürren worten zu lesen το τροχαικών κατά μεν τας περιττάς
χώρας δέχεται τροχαίον τρίβραχυν και δάκτυλον, κατά δε τας αρ
τίους τούτους τε και σπονδείον και ανάπαιστον , und bei Epicharm
steht z. b.
Athen . 363' άλλα και σιγήν αγαθόν, δκκα παρέωντι κάρρονες
307 ° αιολίαι πλωτές τε κυνόγλωσσοί τ'· ενής δε σκιάθιδες
282* και σκιφίας χρόμις 9 ' δν εν τω εήρι καττον 'Ανάνιον.
Plutarch . 110 : γα μεν ές γάν, πνεύμα δ ' άνω τί τώνδε χαλεπόν ;
ουδε έν .
ich will doch rasch noch einen dactylus herstellen . Diogen . III 11 ,
wo αυτοί wider den dialect ist
και του δη κηγώ χθες άλλοι και νυν άλλοι πελέθομες
καύθις άλλοι κούπoκα ταυτοί καττον λόγον ....
und bei Aristophanes steht z. b.
Ritt. 319 νη Λια κάμε ταύτ ' έδρασε
Ekkles. 1155 τοϊς γελώσι δ'ηδέως διά τον γέλων κρίνειν έμε
Vogel 396 δημοσία γαρ ίνα τάφωμεν
Thesm. 436 ουδε δεινότερον λεγούσης
und vor allem der mustervers
Ach. 318 υπέρ επιξήνου θελήσω την κεφαλήν έχων λέγειν
wahrhaftig , wer das mandel conjecturen kennt , das zu diesem
unschuldigen verse gemacht ist , und noch an seiner integrität
zweifelt, dem ist nicht zu helfen . weil dem aber so ist , weil die
ganze streitfrage eine alte abgedroschene geschichte ist , die jeder
student kennen lernt, wenn er Porsons Hecuba liest , so gehört
DIE GEDICHTE 9
allerdings ein ungeheurer grad von hochmut dazu , wenn die ver
fechter der metrischen gesetzes von vorgestern es für ignoranz
erklären , daſs man sie ignorirte . hochmut kommt vor dem fall :
da steht der daktylus auf dem stein . das wird nun freilich den
glauben nicht umstoſsen und selbst die zuversichtlichkeit nicht
viel herabstimmen , aber man kann mit um so gröſserer ruhe
fortfahren , beide zu ignoriren .
τόνδ ' εαρών θείαι μοίραι νόμον ηύρεν "Ίσυλλος
άφθιτον αέναον γέρας αθανάτοισι θεοίσιν ,
και νιν άπας δάμος θεθμόν θέτo πατρίδος αμάς ,
χείρας ανασχόντες μακάρεσσιν ες ουρανόν ευρύ [ν :
5 οι κεν αριστεύωσι πόληος τάσδ’ Επιδαύρου
λέξασθαί τε άνδρας και επαγγείλαι κατά φυλάς
οις πολιούχος υπό σπέρνοις αρετά τε και αιδώς,
τοίσιν επαγγέλλεν και πομπεύεν σφε κομώντας
Φοίβωι άνακτι υιώι τε 'Ασκλαπιώι ιατηρι
10 είμασιν εν λευκoίσι , δάφνας στεφάνοις ποτ ' Απόλλω,
ποι δ ' 'Ασκλαπιών έρνεσι έλαίας ημεροφύλλου
αγνώς πομπεύειν , και επεύχεσθαι πολιάταις
πάσιν αεί διδόμεν τέκνοις τ ' έραταν υγίειαν ,
ταν καλοκαγαθίαν τ ’ Επιδαυροί αεί ( δ) ρέπεν ανδρών
15 ευνομίαν τε και είράναν και πλούτον αμεμφη
ώραις εξ ωράν νόμον αεί τόνδε σέβοντας ,
ούτω τοι κ' άμών περιφείδοιτ ’ ευρύοπα Ζεύς .
v. 14 ist vom schreiber zwischen den zeilen nachgetragen ,
und es würde auch ohne ihn ein sinn herauskommen , denn den
accusativ σέβοντας 16 könnte man ohne schwierigkeit auf πάσιν be
ziehen , zumal man mit zurechnung von 15 genau dieselbe freiheit,
nur mit bezug auf ανδρών , annehmen mufs ; dafs der accusativ
sich für einen anderen obliquen casus des particips vordrängt , ist
ja selbst der hohen poesie nicht fremd: musterbeispiel Aischylos
Choeph. 411 πέπαλταί μοι κέαρ τόνδε κλύουσαν οίκτον . aufserdem
würde es die annahme des stilfehlers kosten , dafs in ευνομίαν τε
das τε nicht die verbindung zu dem folgenden είράναν, sondern
10
I
zu dem vorhergehenden úyieiav bildete. das ist schon schwerer
zu glauben , und wie wollte man eine interpolation plausibel
machen ? wenn denn also der schreiber einen vers ausgelassen
hat , so hat er beim nachtragen auch einen fehler begangen ,
denn 14 ist weder im gefüge des satzes noch als parenthese,
wie Kabbadias es gefasst hat, zu verstehen, weil génev unerträg
lich ist . transitiv ist es nicht , also können die folgenden accu
sative nicht davon abhängen ; und absolut gebraucht kann es
von nichts anderem als von der wagschale gesagt werden . ge
fordert wird ein transitivum . so habe ich Spéntev geschrieben,
nach analogie besonders von pindarischen stellen wie Pyth . 6,
48 άδικον ούθ ' υπέροπλον ήβαν δρέπων. die metapher ist nicht
vergessen , denn friede und wolstand ist die belohnung, der kranz,
für gottesfurcht und biedersinn , wie es Pyth. 1 49 schön heiſst
τιμάν οίαν ούτις δρέπει πλούτου στεφάνωμ ' αγέρωχον , was die
herausgeber nicht verstehen , die vor das praedicative otegóvoua
ein komma setzen . der sinn , den die verbesserung ergibt , scheint
sie mir vollends sicher zu stellen . die auserwählten beten erstens
um gesundheit für das volk und seinen nachwuchs, zum zweiten
daſs ihre tüchtigkeit (und sie sind ja als die besten erwählt ) mit
eintracht friede und wolfahrt des volkes gesegnet werde , wofern
sie an diesem gesetze in ewigkeit festhielten . daſs darauf der
dichter selbst die erwartung ausspricht, daſs Zeus die stadt gnädig
behandeln werde , ist freilich nur durch eine unklarheit des ge
dankens zu erklären . er hätte besser getan , mit 15 den satz zu
schliefsen und dann neu zu beginnen ει δε τον νόμον αεί σέβοιεν
φείδοιτ ' άν ο Ζεύς. aber er ist eben kein hervorragender stilist.
ist doch auch 6-8 so zu construiren , daſs &Tayyetha das vorher
gehende étayyé lety aufnimmt und das object dazu aus dem
folgenden nou neúelv herausgenommen werden muſs, in prosa
επιλέξασθαι άνδρας αρίστους και επαγγείλαι τούτοις πομπεύσαι ..
das wird besonders hart dadurch , daſs der wert der tempora
dem Isyllos , wie natürlich , ganz lebendig ist, so daſs er zuerst
den aorist setzt , wo es sich um die erste einmalige wahl handelt;
nachher aber denkt er an die dauernde institution , den alljährlich
zu widerholenden bittgang, und so springt der aorist in das
praesens um.
DIE GEDICHTE 11
Versbau und dialectische form ist es geratener erst bei dem
letzten gedichte zu besprechen , da sämmtliche daktylische ge
dichte darin gleichartig sind . von einzelheiten sei noch her
vorgehoben , daſs wpais & wgãy aus der s . g. lykurgischen
rhetra (Plut . Lyk . 6) stammt , oder wenigstens aus derselben
altdorischen formelsprache, die auch in jenem ehrwürdigen do
cument zu uns redet. ich denke aber , daſs Isyllos , der seine
verehrung für die lykurgischen gesetze im letzten gedichte direct
ausspricht, in der tat das grundgesetz Spartas in seinem ge
setzesvorschlag nachgeahmt hat. auf alle fälle entscheidet der
stein , dal's wpais nicht was de wpãy bei Plutarch zu lesen ist.
für die rechtliche terminologie ist noch hervorzuheben , daſs vóuos
den antrag bedeutet, den die souveräne bürgerschaft erst durch
ihre zustimmung zum Jequós macht .
Πρώτος Mάλος έτευξεν Απόλλωνος Μαλεάτα
βωμόν και θυσίαις γλάισεν τέμενος..
ουδέ κε Θεσσαλίας εν Τρίκκης πειραθείης
εις άδυτον καταβάς 'Ασκληπιού, ει μη αφ ' αγνού
5 πρώτον Απόλλωνος βωμού θύσαις Μαλεάτα .
rein erhalten ; der pentameter ist nicht eingerückt. was dieses
gedicht hier soll , sieht man erst nach weiterer umschau . das weih
geschenk gilt dem Apollon und dem Asklepios ; was es ist und was
den Isyllos bewog es zu setzen, erzählt A , den inhalt des vóuos,
dessen annahme er durch das anathem feiert, gibt B an , und da dieser
zu beiden göttern in beziehung steht , musste die weihung an
beide erfolgen . beiden gehört auch D , das auch zum vóuos in
nahen beziehungen steht. aber Efeiert den Asklepios allein ,
und um dieses misverhältnis einigermaſsen auszugleichen , ist C
gedichtet, welches die bedeutung des Apollon Maleatas feiert,
allerdings nicht als wirkenden gott , sondern gewissermaſsen anti
quarisch historisch . so ist das seltsame , aber gar nicht übel ge
machte gedichtchen entstanden . ein distichon hebt die ent
scheidende tatsache hervor „ Malos hat den dienst des Maleatas
eingeführt" , die wichtigkeit dieser tatsache zu ermessen müssen
12 I
wir zu Malos ,unser landesheros' hinzudenken , was wir freilich
erst durch Isyllos im folgenden gedichte lernen , für ihn und
seine landsleute aber notorisch war . drei hexameter bringen ein
schlagendes argument für die tatsache bei . ,, selbst in Trikka
gibt es den cult des Maleatas" . wenn der Maleatas nach Malos
heiſst, und das ist ja selbstverständlich , Malos aber aus Epidauros
war, und das ist ja notorisch , so ist der cult von Trikka von Epi
dauros abhängig. das mag noch so sehr ein zirkelschluſs sein ,
für einen Epidaurier isť er zwingend ; seine berechtigung kann
erst später geprüft werden . die tatsächliche angabe über das
cultritual von Trikka nehmen wir mit dank hin , auch daſs da
selbst ein ödvtov war : denselben äuſserst wenig bezeichnenden
namen führt auch in Epidauros das local , in welchem die gläubigen
heilung suchen .
In diesem stücke gebe ich die zeilenabteilung der inschrift
auf. in der prosa ist sie gleichgültig, und das poem ist wie prosa
geschrieben , die zeilen von ungleicher länge , nur mit vollem
sylbenabschluſs, sonst ohne jede erkennbare regel abgesetzt. es
ist mir für die vorstellung, die ich von der gestalt lyrischer texte
vor Aristophanes von Byzanz habe , eine willkommene bestätigung
gewesen , daſs dieses einzige lyrische gedicht, das wir in einem
texte lesen , der älter als die wissenschaftlichen textausgaben der
philologen ist , keine metrischen abteilungen kennt. denn ich
kenne keine instanz dagegen , daſs die einführung einer schreibung,
welche die metrische gliederung lyrischer gedichte annähernd zum
ausdruck bringen will , erst eine erfindung der philologie ist , mit
anderen worten , daſs eine überlieferung in diesen dingen von
den zeiten der dichter her so wenig existirt hat wie von ihrer
musik. der erfinder der accente , der erste herausgeber wissen
schaftlich festgestellter lyrischer und dramatischer texte, der be
gründer der wissenschaftlichen lexicographie hat eben auch in
diesem viel minder wichtigen aber doch unerläſslichen stücke
der philologie für alle zeit die wege gewiesen ; und wer von
diesen leistungen etwas weiſs und ihre bedeutung zu schätzen
fähig ist , kann nicht anstehen , in Aristophanes den gröſsten
DIE GEDICHTE 13
grammatiker des altertums anzuerkennen . So setzt denn auch
meine umschrift in dem poem des Isyllos perikopen ab , wie
es Aristophanes getan haben würde , mit dem einzigen bestreben ,
das versmaſs dem leser möglichst leicht verständlich zu machen .
es ist eine an sich willkürliche aber bequeme convenienz , daſs
wir in den meisten versarten dimeter , in Alkmans daktylen
tetrameter absetzen . in den ionikern des Horaz schwankt man ;
in denen des Isyllos schienen mir trimeter am praktischsten , ich
habe also trimeter gesetzt , wenn nicht andere rücksichten vor
walteten .
" Ισυλλος Αστυλαίδαι επέθηκε μαντεύσασθαί οι περί του παιάνος
έν Δελφούς , δν επόησε εις τον Απόλλωνα και τον ' Ασκλαπιόν , ή λώιόν
οί κα είη αγγράφoντι των παιάνα . έμάντευσε λώιόν οί κα είμεν
άγγράφονται και αυτίκα και εις τον ύστερον χρόνον.
Ιεπαιάνα θεόν αείσατε λαοί,
ζαθέας ενναέτα[1] τάσδ ” ' Επιδαύρου.
ωδε γαρ φάτις ενέπουσ ’ ήλυθ ' ες ακοάς
προγόνων αμετέρων , ώ Φοίβ ’ ' Απόλλων .
5 Ερατώ Μούσαν πατήρ Ζεύς λέγεται Μά
λ[ωι] δόμεν παράκοιτιν οσίοισι γάμοις.
Φλεγύας δ ', [δς] πατρίδ ’ Επίδαυρον έναιεν ,
θυγατέρα Μάλγου γαμ]εί , ταν 'Ερατώ γεί
νατο μάτης, Κλεοφήμα δ ' ονομάσθη.
10 εκ δε Φλεγύα γένετο , Αίγλα δ ' ονομάσθη
τόδ' επώνυμον το κάλλος δε Κορωνίς επεκλήθη.
κατιδών δε ο χρυσότοξος Φοίβος έμ Μά
λου δόμοις παρθενίαν ώραν έλυσε ,
λεχέων διμερoέντων επέβας, Λα
15 τώιε κόρε χρυσοκόμα .
σέβομαι σε· εν δε θυώσει τεμένει τέκε
το ( 8) νιν Αίγλα, γονίμαν δ ' έλυσεν ωδί
να Λιός [ π ] αϊς μετά Μοιρών Λάχεσις τε μαία αγαυά .
επίκλησιν δέ νιν Αίγλας ματρός ' Ασκλα
20 πιον ωνόμαξε 'Απόλλων , τον νόσων παύ
στορα , δωτήρ ’ υγιείας , μέγα δώρημα βροτοίς.
Ιεπαιάν επαιάν, χαίρε 'Ασκλα
14 I
πιέ, ταν σαν Επίδαυρον ματρόπολιν αυ
ξον, εναργή δ' υγίειαν επιπέμπους
25 φρεσι και σώμασιν αμοίς , επαιάν , επαιάν .
Die eingeklammerten buchstaben sind auf dem steine er
loschen und von Kabbadias ergänzt ; nur v. 2 habe ich ¿vvaétai
gegen sein évvaktav gesetzt . es ist an sich klar, und die inschrift
des Bassus CIG 1167 = Kaibel 892 gibt v. 2 Bovar xai onuos
ναέται ζαθέης Επιδαύρου . es liegt also schon bei Isyllos eine
alte formel vor , vermutlich aus lyrischen cultliedern. darauf
führt auch das wort gátos, dessen geschichte der erste excurs
erzählt . gegen den stein habe ich drei starke änderungen vor
genommen , von denen keine durch das versmafs, aber jede durch
den sinn und die grammatik so gebieterisch gefordert wird , daſs
ich auf ihre begründung verzichte. v. 17 ist viy für iviv, 22
χαίρεν ' Ασκλαπιέ , 24 αύξων überliefert . die erste dieser emen
dationen wird D. Semitelos verdankt, welchen Kabbadias über
den paean zu rate gezogen hat .
Die von Isyllos eingeführte procession brauchte ein lied , das
sie auf ihrem gange singen könnte , einen paean also , wie die
lieder des apollinischen cultus heiſsen . auch in dieser hinsicht
trat Isyllos für seine vaterstadt ein . er war offenbar stolz auf
das werk , das ihn den alten gläubigen und aristokratischen
dichtern , wie Pindaros , ähnlich erscheinen liefs . obwol dasselbe
für ewige zeiten in dem "gottesdienst eingeführt war , so hegte er
doch den wunsch , es noch sicherer der nachwelt zu übermachen,
und die erfüllung seines gelübdes , die herstellung der erhaltenen
stele , gab dazu gelegenheit. dennoch trug er bedenken , ob es
nicht enig Sovov wäre , und liefs durch einen freund beim del
phischen gotte anfragen, der den günstigsten bescheid gab . solche
anfragen in Delphoi sind bei den Athenern und andern Am
phiktionen gewöhnlich , aber auch die Dorer machen davon den
selben gebrauch z . b . Anaphe CIG 2477 , und vor allem sollte es
ja Lykurgos so gehalten haben . Astylaidas war schon vorher
auf einer inschrift erschienen ( Eg . & ox. 84 , 30 ) Agxo’Aøtv
λαίδα Επιδαυρία ' Εχεκράτειαν Δαμοκλέος Επιδαυρίαν ταν αυτάς
ματέρα ' Απόλλωνι ' Ασκλαπιώι .
DIE GEDICHTE 15
Sprachlich ist in der prosa bemerkenswert , daſs ñ die in
directe frage einleitet ; ich habe es als partikel accentuirt , wie
wir es im attischen tun . ob es aber nicht etwa blofs graphisch
von ai verschieden ist , will ich nicht entscheiden. ohne unter
schied stehen ai und in den gortynischen gesetzen . der paean
hat die sprache der lyrik ; ihre aeolismen in der wortwahl Gáfkos,
åyavá , aber nicht , wie unsere Pindartexte , Moioa &véhoida , auch
ihre epischen reminiscenzen , évvaétai, " 209 , dorg, aber im allge
meinen dorische klangfarbe. wenn die heroine Kleog hua heiſst,
so setzt Isyllos auch E 19 das einfache ghua . er bildet den
aorist youage, in dem das & dorisch, das o ionisch ist. im aus
druck ist das meiste episch und schmeckt nach Hesiod , doch gibt
es auch beziehungen zu der chorischen lyrik . der entbindung
der Aigla wartet Apollon ganz wie der Euadnes bei Pindar
ΟΙ . 6, 41 τα μεν ο χρυσοκόμας πραυμητίν τ ' Eλείθυιαν παρέστασέν
τε Μοίρας . statt der Eileithyia führt Isyllos als wehmutter die
Lachesis ein , während umgekehrt Pindar Nem . 7 Eileithyia ráoedge
Mongãy anruft. Lachesis neben den Moiren ist interessant , weil
sich zeigt , daſs die vulgäre , durch Hesiod beeinflusste zahl und
benennung des Moiren noch in dieser zeit nicht berücksichtigt ist.
etwas besonderes ist damit nicht gemeint. göttliche vereine, Moiren
Horen Charitinnen Musen Erinyen , gibt es genug von alters her. der
cultus gilt diesen vereinen , nicht den einzelnen personen , welche
die vereine freilich bilden , aber keinerlei individualität haben . in
einer späteren zeit werden sie auch individualisirt , aber auf die
verschiedenste weise, und es ist erst das resultat eines in jedem
falle von besonderen factoren abhängigen längeren processes ,
wenn eine zahl und eine namenliste kanonisch wird . gebildet
werden die namen teils willkürlich , wie in den nymphenverzeich
nissen bei Homer und Hesiod ; teils vollzieht sich eine aus
gleichung, indem sei es inhaltlich verwandte oder identische aber
in den namen gesonderte vereine so verschmolzen werden , daſs
das eine collectivname bleibt , das andere in einen individual
namen zusammengezogen wird . s0 standen Moίραι und Κλώθες
( n 197 , Heraklit 29 ) neben einander . der name Moigaı überwog ,
aus den K169Es ward Klofó, eine der Moiren . manchmal trat
ein vorher selbständig neben dem vereine geglaubtes und ver
16 I
ehrtes wesen mit einer entsprechenden modification seiner macht
sphäre in den platz eines zu benennenden gliedes des vereines.
so sind Eirene und Dike Horen geworden , Lachesis eine Moira.
denn auch sie war einst 'selbständig gewesen . Pindar erzählt
die schöne rhodische sage , daſs Helios abwesend war , während
Zeus die erde unter die götter verteilte. so kam dieser um
sein hágos. als er sich aber beschwerte , und die noch nicht
aus dem meere aufgetauchte insel Rhodos verlangte , da hiefs er
die Lachesis die hände erheben , und sich von ihr und Zeus die
insel für die zukunft versprechen (01. 7 , 65). Lachesis ist die
göttin , welche das dichayeiv der götter überwacht. auch wenn
wir geboren werden , erhalten wir ein húxos , die anwartschaft
auf unsere zukunft. darum steht Lachesis an unserer wiege,
und dem neuen gotte , der ins leben treten will , ist sie eine uaia
dyavá. Lachesis ist durch Hesiod den Moiren eingereiht, und
schlieſslich mit dem spinnen beschäftigt , was ihrem namen wider
spricht und nur die złotes angeht. Aisa , ursprünglich ein eben
so mächtiges wesen wie die auch als einzelpersönlichkeit ge
dachte Moira, ist vereinzelt auch unter die Moiren aufgenommen ;-)
2) Geschehen ist das in dem schönen lyrikerfragment bei Stobaeus 15 11 , 12
Wachsm. adesp. 140 Bergk. vermutet hat dieser ähnliches, aber die zusammen
gehörigkeit der beiden in den handschriften gesonderten stücke hat seltsamer
weise niemand erkannt. zerrissen sind die stücke, indem Eogoxhéovs an den an
fang des einen , £ x paidpas an den des andern trat. das ganze lemma gehört zu
13, wo es der Farnesianus wider hat. aus einer tragoedie kann aber das lyrische
stück nicht sein. die einheit ergibt sich sofort, sobald man sich klar macht, daſs
ů quiverde eine mediale form ist, die weder gebräuchlich noch erklärlich ist , also
üqaivete zu lesen . ich setze es ganz her
Και > περιώσι' άφυκτά τε μήδεα παντοδαπών βου
λαν αδαμαντίνοισιν υφαίνετε κερκίσιν, Αισα
Κλωθώ Λάχεσις 9’ ευώλενοι Νυκτός κόραι ,,
εύχομένων επακούσατ', ουράνιαι χθόνιαί τε δαίμονες πανδείματοι.
5 πέμπετ’ άμμιν ροδόκολπον
Ευνομίαν λιπαρoθρόνους τ' αδελφεάς, Δίκαν
και στεφαναφόρον Ειρήναν , πόλιν τε τώνδε βαρυφρόνων λελάθoιτε
συντυχιών..
überliefert ist 2 αδαμαντίναις υφαίνεται , 3 κουραι Νυκτός, 4 ώ πανδείμαντοι,
das letzte von Wachsmuth verbessert ; 6 adegas, verb . v. L. Dindorf; 7 oteqavn
DIE GEDICHTE 17
da aber Hesiod sie verschmäht hatte, so ist sie schon im vierten
jahrhundert ganz aus dem volksbewuſstsein verschwunden , in
dem eine so blasse blutlose negation wie " Atpontoç festen sitz
gewann . ob Isyllos sich zwei oder drei Moiren neben Lachesis
gedacht, ob und wie er sie einzeln benannt hat , ist nicht zu
wissen .
Es sind noch ein par sprachliche besonderheiten hervorzu
heben . uatgónohıç ist 23 als ,stadt der mutter' gebraucht. correct
ist das, aber wol ohne analogie. denn von alters her ist es nur
,stadt , welche mutter ist' , sei es von einzelnen (Pind. Nem . 5, 8) ,
sei es von tochterstädten ( Aischyl . Pers . 895 ), oder ganz abge
blaſst, heimat ', Baxyāv patpótolev Ońbav (Soph . Ant. 1122) .
nicht mehr correct, aber begreiflich und gewiſs auch zu belegen ,
gógov Eloávav. das daktylo-epitritische versmals ist folgendes, wobei festzuhalten ,
daſs nur nach 2, 3, 4, 6, 7 sichere oder wahrscheinliche fermate ist. nach vers 2
möchte man strophenende annehmen , weil eine vorschlagsylbe folgt.
- VU - UU - U - 00
DU -
VU - VU - U UU U
vo - [ UU
es ist alles dem wesen der lyrischen daktylo-epitriten angemessen ; 5 würde ich
lieber πέμπετ ’ άμμιν < ταν > ροδόκολπον lesen , sowol des sinnes wegen , wie um
die katalexe des trochaeischen metrons zu entfernen. aber die überlieferung ist
nicht unmöglich . alle einzelnen glieder kommen bei Pindar vor ; dennoch kann
das gedicht nicht von ihm sein, denn seine feste praxis verbietet zu glauben, daſs
er so oft die schluſssylbe der metra kurz gebraucht hätte. aus demselben grunde
ist Bakchylides, der nachahmer Pindars, ausgeschlossen. dagegen hat Simonides
sich eben so wenig wie das attische drama die natürliche freiheit der bewegung
verkümmern lassen. er ist der einzige name, der für Stobaeus noch denkbar ist :
wir sind also voll berechtigt, seinen nachlaſs um dieses schöne lied zu vermehren,
mit welchem ein bürgerchor das schicksal bat, eintracht, recht und frieden bei
ihnen einkehren zu lassen, auf daſs sie die schweren schläge, offenbar des bürger
zwistes, vergessen könnten. wol möchte man die stadt kennen ; aber es hilft nichts
zu raten. davon daſs das ganze gedicht den Moiren galt , kann natürlich keine
rede sein, aber das bild, wie die Moiren mit stählernem schiffchen übergewaltige
unentrinnbare ratschläge weben , waltend zugleich bei den göttern des himmels
und bei den göttern der hölle , aus deren nacht sie stammen , ist allerdings die
schönste poetische schilderung dieser daemonen, die es gibt.
Philolog. Untersuchungen IX . 2
18 I
wenn mir auch nichts einfällt, ist die construction 21 dorea
υγιείας , μέγα δώρημα βροτοίς , wo der accusativ für den genetiv
μεγάλου δωρήματος steht . die syntaktische freiheit ist der oben
s. 9 erwähnten verwandt. weder correct noch löblich ist 13 nap
Jevíay wpay žlvoe. der gott löst den gürtel der jungfräulichkeit,
die Guvy napTevía ; der gott genieſst die liebe der mannbaren jung
frau , δρέπει ώραν παρθενίαν ; man könnte wol παρθενίαν λύειν sagen ,
auch von einer παρθενία ωραία λύεσθαι allenfalls reden , aber
was Isyllos gesagt hat, ist ganz verschroben . hier wird man sich
hüten zu ändern : was v. 10 steht , ist so arg, daſs ich mich nur
sehr schwer dazu bekehrt habe, die überlieferung gelten zu lassen.
Řa de ley úa yévęto – da fehlt das subject; das soll man
sich aus dem folgenden ergänzen Αίγλα δ ' ονομάσθη. τόδ '
ÉT Óv v u ov ; so wird also Aigla als der rufname bezeichnet: aber
Érávvuov pflegt nicht der ursprüngliche name zu sein , sondern
όνομα . το κάλλος δε Κορωνίς επεκλήθη. darin mufs το
xóalos accusativ scin , und man soll ihn statt einer praepositionalen
verbindung mit drá annehmen, die doch hier kaum zu entbehren
ist . der anstöſse sind so viele, dafs ich zuerst von der notwendig
keit einer änderung fest überzeugt war ; als mir alles suchen und
sinnen nichts half , wollte ich doch die hoffnung aussprechen ,
daſs ein anderer glücklicher sein möchte . jetzt traue ich dem
Isyllos die stammelnde rede zu , wesentlich , weil der sinn das
fordert, was hier gut oder schlecht ausgedrückt ist , eine conjectur
also nur die form des ausdrucks verbessern kann . Aigla ist wirklich
der name , denn mit diesem wird die heroine auch v . 19 genannt.
Kopoviç ist ein beiname um der schönheit willen. das ist dem
freilich sehr seltsam , der bei xopovic an die krähe oder irgend
etwas krummes denkt , von den xoqovides vſes her , und die
iwv xogwvidas oủlas (Stesichor. 21 ) , die kränze, darf man nicht
heranziehen , da ein italisches lehnwort zwar nach Himera aber
nicht nach Epidauros gehört.3) aber die Griechen scheinen doch
Koronis als ein auszeichnendes beiwort , als einen namen , bei
dem man an schönheit dachte , empfunden zu haben . so heiſst
3) Holsten de Stesich . et Ibyc. dict. 8. v. auf den Stesichorosvers geben
die grammatikererklärungen zurück , welche einen kranz mit xogurn oder xopovis
in verbindung bringen .
DIE GEDICHTE 19
eine naxische nymphe , amme des Dionysos , wahrscheinlich bei
Aglaosthenes ( Diodor V 50 , 52), eine dodonaeische, auch amme des
Dionysos , bei Pherekydes (Hygin poet. astr. II 21 ) , ja so heiſst
die mutter der Chariten von Dionysos bei Nonnus 48, 555, und
an ihrer stelle erscheint Aphrodite bei Servius zu Aen. I 720.
endlich heiſsen in Orchomenos (dem sitze der Chariten) die knaben
und mädchen , welche den für das vaterland gestorbenen Orion
töchtern sühnopfer bringen , xopwvides nach Nikander (Antonin .
Lib . 25) . daſs dieser name eigentlich wol mit der krähe zusammen
hängt, lehren die bekannten rhodischen xogaviotai, neben denen
yelidoviotaí stehen ; aber es kommt ja nicht darauf an , was
xopovis eigentlich hiefs, sondern wie man den namen allenfalls
deuten konnte, wenn man in der zwangslage war, ihn zu einem
beinamen zu degradiren. daſs Isyllos in dieser lage war , wird
dem leser des dritten capitels deutlich werden , und vielleicht
wird derselbe dann milder gestimmt und sieht dem Isyllos den
verschrobenen ausdruck nach, wie ich es tue.
Der paean besteht aus 78 steigenden ionikern . dieselben in
ihre perikopen zu zerlegen
ist die fermate das einzige mittel.
hiatus findet am ende von v. 2 , 9 , 18 statt, katalexe 6, 15 , 21 ,
kurze schluſssylbe (Boaxuxataingia nach Hephaestion, Lachmann
kl. schr. 85) 13 , wenn man mit der weglassung des ny rech
nen darf. die sicheren punkte beweisen , daſs sinnesabschnitt und
fermate zusammenfallen sollen , daher darf eine solche auch am
ende von 4 und 11 angenommen werden. Wir haben also ein
σύστημα εξ ομοίων κατά περιορισμούς ανίσους , wie alle anapaeste
der tragödie gebaut sind , das häufigste und auch von Hephae
stion s . 131 Gais. angeführte beispiel . daſs keinerlei regel die
summen der metra beherrscht (so wenig wie irgendwo in ana
paesten ), zeigt die übersicht , in welcher ein punkt hinter der
zahl katalexe bedeutet 66 6.9 7 6 5. 10 10.13 summe 78. der
ioniker tritt in folgenden formen auf. auſser der grundform ist
es gestattet eine länge aufzulösen, aber nicht beide zugleich. So
hat es die lyrik mit ausnahme der wilden zeit des neuen dithy
rambus auch gehalten . sechssylbige metra gibt es also nicht.
dreisylbig, durch zusammenziehung der beiden kürzen , ist ein
metron v. 23 , erst durch conjectur. der molossus ist seit
2*
20 I
Sappho zulässig, aber immer selten gewesen . es kann die an
lautende kürze durch eine länge ersetzt werden , und zwar mehr
fach hinter einander ; nur das letzte metron einer perikope muſs
rein sein , wenn es katalektisch ist . dem entspricht , daſs die
letzte länge des ionikus durch eine kürze ersetzt werden kann .
davon gibt es zwei beispiele , 11 dè Koguvis énexin In und 24
υγίειαν επιπέμπoις . allerdings kann man nach zahlreichen atti
schen analogien jyıslav betonen , und v . 11 ist die lesung nicht
über jeden zweifel erhaben . so möchte man diese erscheinung
in frage ziehen , was doch angesichts der gesicherten parallel
erscheinung in fallenden ionikern keine berechtigung hat. und
wenigstens bei folgendem molossus ist die kurze schluſssylbe
auch in steigenden ionikern mehrfach belegt : musterbeispiele in
groſser anzahl Eur. Bakch . 73 ffg. (Biotàv dyioteúɛr ), und selbst
bei Aristophanes steht ταχέως φιλεϊ γάρ πως Wolk. 812. ganz
geläufig ist uns die vereinigung dieser beiden erscheinungen ,
durch welche ein ausgleich in der art eintritt , daſs das zweite
metron die kürze überschüssig hat, die dem ersten fehlt. sie hat
auch Isyllos fünfmal zugelassen . Wir sind gewohnt , diese eine form
anaklasis zu nennen , und wer die ioniker nur durch Horaz, Catull,
die Anakreonteen und allenfalls ein par leichte chorlieder des dramas
kennt , wähnt, daſs dies die einzige erlaubte freiheit derselben wäre.
das würde leicht dazu verführen können , die weiteren freiheiten
bei Isyllos für eine misbräuchliche ausdehnung der anaklasis zu
halten . allein das ist irrig. principiell lassen sich solche fragen
nicht entscheiden , sondern nur empirisch-historisch . die tatsächlich
von den lyrikern und tragikern gebauten ioniker , die geschicht
liche entwickelung des maſses lehrt die regeln kennen , die ge
golten haben . wenn man diese aber festgestellt hat , so kann
man weiter gehen und ihren im wesen des rythmus ruhenden grund
aufsuchen dieser ist überaus einfach . wie im iambischen und
trochaeischen metron 4) diejenige sylbe gegen länge und kürze
4) Wer den begriff des fuſses in der rhetorischen manier des altertumes, der
die modernen zu folgen pflegen , hineinbringt , also mit zweisylbigen füſsen
rechnet, tritt nicht nur mit der guten antiken theorie in widerspruch, was sich
verschmerzen lieſse, sondern auch mit aller und jeder praxis besserer zeit. dieser
grundirrtum hindert mehr als irgend ein anderer das metrische verständnis.
DIE GEDICHTE 21
indifferent ist , welche beginnend oder schliefsend den metrischen
ton nicht trägt, so gilt das auch von dem ionikus, einem eben
falls viersylbigen , aus gleichviel längen und kürzen bestehenden
metron. aber in diesem gibt es zwei solche sylben , eine von
natur kurze, eine von natur lange. sehr viel bequemer geht es
nun , für eine unbetonte kürze eine länge eintreten zu lassen ;
wie mich dünkt, überhaupt , jedenfalls in diesem falle für die
Griechen , die an den unendlich häufigeren trochaeen und iamben
eine analogie vor augen hatten. so ist es denn auch in steigen
den und in fallenden ionikern geschehen. aber für den ersatz
einer unbetonten länge durch eine kurze bot die griechische metrik
höchstens in den überaus seltenen bakchien eine analogie (und
schwerlich ), da weder die indifferenz der schluſssylbe einer
reihe, noch die dem unvermögen entstammende verwendung von
kürzen in der hebung des epischen verses eine solche sein konnte.
zugelassen hat man deshalb allerdings den ersatz von anlautender
kürze im fallenden , auslautender im steigenden ioniker, und zwar
schon sehr früh , weil sie an sich gerechtfertigt war, und niemand
kann die dichter eines fehlers zeihen , welche auch später auf die
in der natur des verses beruhende freiheit zurückgriffen. aber fein
hörige dichter haben sich selbst durch wollautsgesetze schranken
gezogen ; so ist es in den trochaeen und iamben gegangen , so
auch hier, namentlich durch Anakreon . und diese beschränkung
ist eben die heute so genannte anaklasis , d . h. die beschränkung
der zulassung indifferenter sylben im steigenden ioniker auf die
gleichzeitige vertauschung von lang mit kurz , kurz mit lang in
zwei aneinderstofsenden metra . es liegt auf der hand, daſs da
durch das maſs teilweis zu einem xatà ovšvyiav gebauten werden
muſste, also erst je zwei ioniker ein metron bilden sollten . da das
aber dennoch nicht der fall ist , sondern die summen von ionikern ,
die zu einer reihe verbunden werden , fort und fort ungrade
so gut wie grade zahlen bilden, so zeigt sich deutlich , daſs diese
s . g. anaklasis durch selbstbeschränkung der dichtenden inviduen ,
nicht durch die natur des maſses entstanden ist.
Anaklasis, umbiegung, ist eigentlich ganz etwas anderes, und
auch von der antikon metrischen theorie ursprünglich ganz rs
gemeint. es ist die verschiebung von längen und kürzen inner
22 I
halb des metrons, durch welche der rhythmus ganz eigentlich um
gebogen wird , vergleichbar in unserer accentuirenden metrik der
freiheit, welche A. W. Schlegel unserem blanc verse gegeben hat, mit
einem s. g. trochaeus anzuheben . ähnliches ist im griechischen sehr
ausgedehnt geschehen, z. b. -Uv - für ū -u - in iambischen lie
dern , für ū in dochmien, -u - ū in fallenden ,
u - u- in steigenden ionikern, und in diesem letzten maſse wird
diese anaklasis auch allgemein anerkannt, während sie in den
meisten andern fällen verkannt zu werden pflegt. einen ganz be
sonders ausgedehnten gebrauch macht von ihr die arabische und
indische metrik : da weiſs man auch mit ihr zu rechnen . es ist
sehr merkwürdig , daſs Isyllos diese eigentliche anaklasis voll
kommen gemieden hat, während sie in den mit seiner praxis am
nächsten verwandten liedern gar nicht selten vorkommt.
Sein paean wird voraussichtlich für immer einen bedeuten
den platz in der entwickelungsgeschichte des ionischen maſses
einnehmen . daſs überhaupt ein rituelles lied und gar ein paean
in demselben gedichtet worden sei , und gar zu derselben zeit, wo
Sotades die Kinäden zu einer zwar durchaus nicht salonfähigen ,
aber doch auch im salon sehr beliebten poesiegattung machte,
wird sehr vielen ein verblüffendes factum sein. wie es dahin ge
kommen ist , schien mir nicht anders zu erläutern , als durch die
ausführliche besprechung aller der ionischen reste , die wir noch
yon lyrischer poesie besitzen . das liegt in excurs 3 vor . das
ergebnis ist , daſs Isyllos schwerlich seine vorlagen in alter ri
tueller poesie gefunden hat, vielmehr , ohne daſs er es wollte
oder wuſste , von der poesie des vierten jahrhunderts , also dem
attischen dithyrambus, abhängig war .
και τόδε σης αρετής, ' Ασκληπιέ , τούργον έδειξας
έγ κείνοισι χρόνοις οκα δή στρατόν ήγε Φίλιππος
εις Σπάρτην , εθέλων ανελεϊν βασιληίδα τιμήν.
τοϊς δ ' ' Ασκληπι[ ος ήλθε βοηθόος εξ Επιδαύρου
5 τιμών Ηρακλέος γενεάν: ας φείδετο άρα Ζεύς .
τουτάκι δ ' ήλθ ', όχ ’ ο παίς εκ Βουσπόρου ήλθεν (δ) κάμνων
DIE GECICHTE 23
τω τύγα ποστείχoντι συνάντησας συν όπλοισιν
λαμπόμενος χρυσέοις , 'Ασκλαπιέ . παίς δ' εσιδών σε
λίσσετο χεΐρ ' ορέγων ικέτην μύθων σε προσαντών
10 Σάμπορος ειμι τεών δώρων , Ασκλαπιέ Παιάν ,
αλλά μ ' εποίκτειρον. το δε μοι τάδε έλεξας εναργή
,,θάρσει· καιρώι γάρ σοι αφίξομαι ( αλλά μέν’ αυτεί)
τοίς Λακεδαιμονίοις χαλεπάς από κηρας ερύξας ,
oύνεκα τους Φοίβου χρησμούς σώζοντι δικαίως
15 ούς μαντευσάμενος παρέταξε πόλης Λυκούργος ."
ως και μεν ώχετο επί Σπάρτην εμέ δ ' ώ[ e ] σε νόημα
αγγείλαι Λακεδαιμονίοις ελθόντα το θείον
πάντα μάλ ' εξείας. οι δ ' αυδήσαντος άκουσαν
σώτειραν φήμαν, 'Ασκλαπιέ , και σφε σάωσας .
20 οι δή ] εκάρυξαν πάντας ξενίαις σε δέχεσθαι
σωτήρα ευρυχώρου Λακεδαίμονος αγκαλέοντες .
ταύτα τοι , ώ μέγ' άριστε θεών , ανέθηκεν " Ισυλλος
τιμών σην αρετήν , ώναξ , ώσπερ το δίκαιον .
Die wenigen verloschenen buchstaben hat Kabbadias ergänzt.
auſserdem waren drei schreibfehler zu berichtigen, 6 fehlt o , 16
steht 9 für o in νόημα , 20 δε für δή. die verbesserungen sind
alle selbstverstündlich . v . 7 hatte Kabbadias τώ τύγ ’ αποστείχοντι
abgeteilt, und jeder wird das beim ersten anblick tun. aber wer
sich die erzählte geschichte überlegt, sieht, daſs hier von einem
fortgehen in keiner weise die rede sein kann , und dafs αυτεϊ 12
mit solcher abteilung unvereinbar ist.
Ein neues wort steht 10 , άμπορος είμι τεών δώρων , und wenn
auch der sinn im allgemeinen klar ist , είμι επί το πορίζεσθαι
τα σα δώρα , s0 ist es die grammatische ableitung durchaus nicht.
έμπορος ist zunächst der der mit fahrt , der passagier, oder auch
der εν πόρω, auf der fahrt ist . seine weitere entwicklung hat
das wort unter dem einflufs der derivata von πόρος, πορίζειν
u. s . w. erhalten ; πόρος selbst ist auch nicht blofs ,fahrt , sondern
auch ,fuhr . eine hypostase würde sich also für έμπορος em
pfehlen , wenn man nur ανά πόρον έλθεϊν , αν ’ εμπορίαν έλθεϊν ,
wie κατ ' εμπορίαν sagte. έμπορος für άπορος ενδεής ist gramma
tisch nicht zu rechtfertigen , und gibt auch keinen ansprechenden sinn.
Der inhalt des gedichtes ist klar. ein wunder des gottes, einen
24 I
specialfall, der das im paean allgemein gefeierte wirken desselben
illustrirt, erzählt Isyllos ; seine macht zu feiern hat er es hier
verzeichnet. neben den unzähligen weihgeschenken , welche die
heilkraft des gottes verherrlichten , verewigte er das gedächtnis
an eine tat, welche nicht dem arzte , sondern dem streitbaren
Dorergotte zu danken war , der in der stunde der not die gerechte
sache gerettet hatte, an den also Isyllos bei seinen bestrebungen,
mannestugend zu wecken und zu lohnen, mit recht appelliren
konnte. als Philippos gegen Sparta zog , das königtum zu zer
stören, ist Asklepios eingeschritten , weil Sparta die lykurgischen von
Apollon eingegebenen gesetze festhielt, und Zeus hat darauf hin
die stadt verschont . dieser bescheidene ausdruck v . 5 kehrt B 17
wider, natürlich ist der krieg Philippos des zweiten von 338 gemeint.
als Philippos der sohn des Demetrios mit Sparta kämpfte, gab es
dort keine lykurgischen gesetze und in Isyllos sinn auch keine
könige. diese historische angabe datirt die inschrift. die gewähr
für das wunder besaſs Isyllos in einem ereignis seiner eignen
kindheit , und dieses zu verewigen hat ihm auch besonders am
herzen gelegen . zuerst versucht er die geschichte in dritter per
son zu erzählen und redet nur von dem kranken kinde , das aus
Bosporos kam , als es dem Hieron sich nahte , plötzlich den ge
wappneten Asklepios erblickte und um heilung anflehte. aber
von da ab lenkt er in die erste person ein . ,da sagte mir der
gott, bleibe hier, gutes mutes , jetzt muſs ich erst Sparta retten,
aber ich werde schon zur zeit bei dir sein. da gieng ich auf
göttliche eingebung nach Sparta und meldete alles. so kann man
an der identification des knaben mit Isyllos nicht zweifeln , wie
denn auch Kabbadias verstanden hat, obwol es befremdet, daſs
die heilung nach Asklepios rückkehr ausgelassen ist. einen sohn
oder sclaven des Isyllos , den er begleitet hätte, zu verstehen, bürdet
ihr meines erachtens eine gar zu groſse ungeschicklichkeit auf. die
sache war, wie es scheint, noch in aller munde : das zeigt die
einführung des unbestimmten nais, der doch gleich den bestimm
ten artikel erhält. Bosporos ist unbekannt ; es muſs ein epidau
risches dorf gewesen sein. auf die meldung des Isyllos haben
die geretteten Lakedaimonier ein dankfest für ' Ασκληπιός σωτήρ
eingesetzt. die ehren für den verkünder der heilsbotschaft wer
DIE GEDICHTE 25
den nicht gefehlt haben , und leicht mag dieses jugenderlebnis
für die geistige und politische richtung des Isyllos bestimmend
gewesen sein .
Der versbau der hexametrischen gedichte ist , wie sich von
selbst versteht , unberührt von den feinheiten, zu denen gleich
zeitige asiatische dichter sich erhoben hatten . für Isyllos war die
praxis des epos, und zwar die laxeste , bestimmend . es über
wiegt die männliche caesur des dritten fuſses so sehr, daſs sie
als regierend selbst bei der elision einer enklitischen partikel
empfunden wird ( B 9, 14) ; daneben erscheint natürlich die weib
liche , und darin ist Isyllos der sohn seines zeitalters , daſs er
lieber λευκoίσι δάφνας mit misachtung der doppelconsonanz
schreiben mochte als hevxois dágvas ( B 10 ). männliche caesur
im vierten fuſse ist auch nicht selten (B 7 , 15 E 17) , begleitet
von männlicher oder weiblicher caesur im zweiten fuſse, einmal
auch ohne das (E 16) . ein vers ist caesurlos B 11 (Troi d'Aoxha
Tióvěqveci haías juegogúkkov. und die elision , welche die
caesur zerstört , ist um so härter, als ein iota elidirt werden soll,
welches nur die altepische nachlässigkeit für den vers zu ver
schlucken erlaubte , die wirkliche sprache durch ein ny schützte .
auch ein iota eines singulardativs hat Isyllos elidirt , άνακτι υιώι τε
( B 10), geschrieben aber beide , und grade daſs nichts als vocal
verschleifung, keinesweges wirkliche elision eintrat, also hier bei
den Griechen ausnahmsweise lateinische praxis statt hat, wird
Isyllos zu dem schlechten verse B 11 verleitet haben , wie ja die
Römer gewöhnt sind in der caesur verschleifung zuzulassen . wol
lautsregeln , wie über den vierten und zweiten trochaeus, hat er
wol überhaupt nicht gekannt ; unmöglich hätte er sonst verse
gemacht wie B 14 E 15. aber den spondeus im fünften fuſse
hat er nur in Zwei homerischen reminiscenzen , λατήρι , πειραθείης.
die verkürzung einer langen sylbe vor vocalischem anlaute lässt
er ganz in homerischer weise zu im paean fehlt sie natürlich :
denn sie ist überhaupt in ionikern verboten . ein hiatus findet
sich nicht.
Die sprache ist ein ganz seltsames gemisch aus der con
ventionellen des epos und der epidaurischen muttersprache des
Isyllos. die formen wechseln so regellos , daſs ’ Aoxantriós und
26 1
' Ασκληπιός neben einander steht , σοι neben τοι , beide enklitisch,
nounevev neben zou neveit. und man kann nicht einmal sagen , daſs
die geborgten epischen formeln die ionische klangfarbe besser be
wahrt hätten als die eigne rede des Isyllos , wo λατήρι , πειραθείης ,
πάντα μάλ ' εξείας neben πόλης Λυκούργος , Σπάρτην , τιμών σην αρετήν
steht. das einzelne in diesem gemisch ist fast alles bedeutungslos ;
man mag wol annehmen , daſs thaías quepogólov , ein so feines und
für das olivenlaub im antiken sinne so bezeichnendes beiwort , von
Isyllos nicht geprägt, sondern aus anderer uns verlorener poesie
geborgt ist , aber daraus, daſs er nicht duepos sagt, wie bei
Pindar und im drama uns geläufig ist, kann man es nicht be
weisen , nicht weil diese überlieferung sehr unzuverlässig wäre,
sondern weil die epidaurische mundart, der wir sýua und eipáva
Zutrauen müssen, sehr wenig consequent ist. πολιούχος αρετά
ist sehr schön gesagt, und die zeit des Isyllos hat in tohuoőxos
schwerlich noch lebendig das „ stadt erhaltend ' gefühlt; so wird
es auch entlehnt sein , aber das wäre es nicht minder, wenn das
von der mundart verlangte nolēxos da stünde. das wichtige
sind nicht die einzelheiten , sondern das ganze. Isyllos gibt eine
parallele zu einer anzahl theokritischer gedichte , Hieron Ptole
maios Hylas, wahrscheinlich auch Aitas und Dioskuren . diese
zeigen in der überlieferung dieselbe dialectmischung ; die be
sonnenere kritik hat sich mit dieser auch abgefunden , aber solche
bestätigung durch einen fast gleichzeitigen stein ist denn doch
von wert, damit man die verläſslichkeit der Theokritüberlieferung
richtig schätze. und um wie viel deutlicher wird es, daſs Theokrit
mit dieser buntscheckigen sprache durchaus nichts neues und
individuelles geliefert hat, sondern die praxis der epischen poesie,
die unter seinen dorischen landsleuten gäng und gebe war, in
die litteratur der gebildeten welt hinüber getragen . was dabei
herauskam war etwas zwitterhaftes. Kallimachos, der doch auch
ein Dorer war und dorisch zu dichten verstand, hat es so wenig
mitgemacht, wie ehedem die dorischen elegiker des sechsten jahr
hunderts oder der iambograph Epicharmos , welche die beiden
wege gradeaus gegangen sind , zwischen denen Isyllos und Theo
kritos hin und her schwanken . aber gewachsen war diese misch
sprache, nicht gemacht , in ihrer erscheinung aller orten und zu
DIE GEDICHTE 27
allen zeiten verschieden , in ihrem wesen immer und überall
gleich . der Dorer hatte das ionische epos mit seiner festen
künstlichen form als national auch für sein volkstum anerkannt.
aber er stand ihm ungleich ferner als der Athener oder Lesbier.
wenn er von seinen nationalen maſsen , den kurzzeilen , die nur
die hebungen zählen , zum hexameter übergieng , so mochte er
zuerst die eigene rede im fremden verse bewahren wollen , wie
es die alten steine von Korkyra tun : die entlehnungen in wort
schatz, wendungen, freiheiten , ( wie das abwerfen des augments )
waren doch so zahlreich , daſs das fremde immer durchschien ,
und die ungebändigte regellosigkeit der Volksmundarten erlag
dem litterarisch gefestigten epischen idiome leicht. so haben die
Dorer ihre sprache lange nicht so rein auf den steinen bewahrt
wie die Athener . das gieng das volk an ; und doch konnte das
volk nicht anders als sich die fremde poesie, die es im gedächt
nis und auf den lippen trug, anzuähneln . so gut wie allerorten
modernisirte sich das epos , und hier war das modernisiren ein
dorisiren , das natürlich inconsequent war und blieb , da es sich
nirgend in einer festen form niederschlug. selbständig pro
ductive dichter hatten die Dorer wenige gehabt, wenigstens wenig
eingeborne. mochten diese auch den epischen dialect, wie er
war, nachzuahmen beflissen sein : einzeln brach die natur doch
durch , und wir finden bei Tyrtaios und Theognis vereinzelte
dorismen . mit dem siege der attischen cultur hörten vollends
die dorischen dichter auf; es gab nur noch localpoeten vom
schlage des Isyllos. die gaben die epische sprache wider , wie
sie sich ihnen und ihrem bildungslosen publicum darbot, und
trugen in eignen versen des epichorischen natürlich noch mehr
hinein , das ist die dorisirung Homers. Isyllos nahm die poe
tische praxis , gewiſs ohne über sie zu grübeln . Theokrit nahm
sie als etwas epichorisches , das seiner modischen poesie einen
beigeschmack von provinziellem, naivem, wenn man das alberne
wort durchaus will, bukolischem geben sollte. vor unsern augen
liegt hier die parallele zu der „ attischen recension Homers' , über
haupt zu der umformung der alten sprachdenkmale und der
alten kunstsprache , wie ich sie in den Homerischen Unter
suchungen geschildert habe. für meine auffassung von der ge
28 I
schichte der griechischen Sprache , der kritik der alten texte , und
auch von Theokritos ist Isyllos fast in jedem zuge eine bestäti
gung, und ich glaube nicht , dafs es selbsttäuschung ist, wenn
ich ihn so ansehe 5 ).
Für den epidaurischen dialect ergibt sich unter diesen um
ständen wenig, und ich beabsichtige nicht , diesen gegenstand
bei dieser gelegenheit zu erschöpfen : wer es tun will , möge nur
gleich auch die süddorischen mundarten hinzunehmen . auf den
locativ 'Endavgor B 14, die erhaltung der richtigen nicht aspi
rirten form duõv B 17 , wonach sich in zweifelhaften fällen zu
richten ist , die sicherung von noi gegen noi ( B 11 ; ich hatte
das richtige stillschweigend schon in den wundergeschichten ge
geben), sei doch aber mit einem worte hingewiesen. die falsche
orthographie łnoixteipov steht E 11 : sie war zu erwarten , und ich
hatte bei Kallimachos oixteipw gedruckt. merkwürdig ist endlich,
dafs Zweimal ein iota hinter langem vocale fehlt , πέτη Α 8, τώ
E 7. auf asiatisch -ionischem oder aeolischem sprachgebiete würde
das nicht wunder nehmen . hier kommt es mir wider erwarten ,
und doch, wollte man den steinmetz beschuldigen , so würde damit
nur die falsche aussprache einem anderen Epidaurier zugeschoben.
das iota begann also schon zu verklingen. me und n sind auf
anderm wege zusammengefallen als wi und w , ai und a®). mi klang
wie er und zwischen nuev und eluey wuſste man sich in Epidauros
so wenig rat wie in Kos. also ist néTY begreiflicher als tô . dies
ist hier männliches pronomen , aber es wird heute doch nicht
leicht jemand der lehre Aristarchs huldigen , welche ein ver
5) Dieselbe zeit hat für das attisch werden der epischen sprache innerhalb
der attischen oder besser der internationalen cultur noch einen ganz besonders
beredten zeugen erhalten : den gastrologen Archestratos. seine sprache ist eine
kreuzung der homerischen kunstsprache mit der attischen conversation. auch das
ist nichts beabsichtigtes : er glaubt homerisch zu dichten, würde gern die vulga
rismen entfernt haben, denn je homerischer, desto parodischer. so stellte sich aber
notwendiger weise das homerische einem zeitgenossen des Menandros dar. erst das
studium der halbgrammatischen dichter, wie Philetas einer war, hat die sclavische
imitation Homers gezeitigt, wie sie Apollonios bietet. dafür ist der auch lang
weilig und Archestratos amüsant.
6) Vgl. Zeitschr. für gymnas. 1883 s. 111. lection . epigr. 16 .
DIE GEDICHTE 29
längertes tó in dem neutralen ra sah , das in der bedeutung ,des
halb“ viele Homerverse einleitet. auch diese , wie die meisten
aristarchischen verkehrtheiten hat weithin beifall und nachahmung
gefunden (Kaibel zu epigr. 831 , 7. 1035, 13) ; für uns hat sie
vornehmlich deshalb wert, weil sie zeigt, daſs in der handschrift
lichen überlieferung , welche Aristarch zu grunde legte, schon
notwendige buchstaben fehlten , mit andern worten , daſs seine
handschriften ganz jung waren wenigstens die , welchen er
folgte ; das sind freilich recht oft nicht die besten gewesen , die
es gab. immerhin waren sie so alt , daſs der Epidaurier für
seine sprachfehler verzeihung erhalten kann .
II
FOLGERUNGEN FÜR DIE GESCHICHTE .
Die gedichte des Isyllos werfen einen hellen lichtstrahl in
die dichte finsternis, welche die geschichte der Argolis im dritten
jahrhundert bedeckt. es gebührt sich , daſs der, welcher sie er
schöpfend zu erläutern unternimmt, ausspreche , was er mit ihrer
hilfe zu erkennen glaubt, auch wenn das für jeden , der selbst
schon sein auge an die finsternis jenes jahrhunderts gewöhnt
hat, wenig neues lehren wird ; denn neue facta weiſs ich nicht zu
ermitteln. dagegen gibt Isyllos im letzten gedichte ein factum
direct an , das nicht nur neu, sondern sehr merkwürdig ist . der
spätherbst 338, die unmittelbaren folgen der schlacht bei Chairo
neia sind denkwürdig genug, und sie werden hier vielleicht durch
den allerbezeichnendsten zug bereichert. ihn recht zu würdigen,
muſs man sich die lage Griechenlands in jenem momente ins ge
dächtnis rufen .
Die coalition der antimakedonischen staaten, welche Athen
so mühsam zusammengebracht hatte, war mit einem schlage
vernichtet. das schwert hatte die diplomatenkünste zerrissen .
auf dem schlachtfelde von Chaironeia enthüllte könig Phi
lippos seine plane : die makedonische politik hat nur auf kurze
zeiten sich in anderen bahnen zu bewegen versucht , als der
schöpfer der makedonischen groſsmacht ihr vorgezeichnet hat.
er hatte selbst offenbar seit langem seine ziele fest im auge , und
die actionsparteien hatten die erfüllung aller seiner wünsche
nur beschleunigt , indem sie die vollkommene unzulänglichkeit
der hellenischen macht durch einen kurzen sommerfeldzug , eine
verlorene landschlacht offenbarten . Philippos beabsichtigte in
FOLGERUNGEN FÜR DIE GESCHICHTE 31
Griechenland keine directen annexionen , die ihn gezwungen haben
würden , das land in verwaltung zu nehmen , wol aber die be
setzung einiger festen plätze . er beabsichtigte nicht die durchfüh
rung irgend einer staatsform in den seiner oberhoheit unterstellten
städten , aber er verlangte in jeder stadt eine regierung deren
er sicher sein konnte , mochte sie tyrannisch oder demokratisch
sein . vor allem aber verbot er jede bundesstaatliche vereinigung
innerhalb des bundes, welchen er selbst stiftete. für dies letzte
hatte er am königsfrieden von 388 ein praecedens, mit dem sehr
wesentlichen unterschiede , daſs Artaxerxes der landesfeind war ,
Philippos der Heraklide den sieg über den landesfeind als praemie
für die nationale einigung in aussicht stellte. die garnisonen
waren als selbstverständlich für die sicherheit der vormacht seit
den tagen des attischen Reiches herkömmlich , und sie haben
auch wenig widerstand gefunden. aber der eingriff in die com
munale selbstherrlichkeit war ein gefährlicher schritt. Makedonien
hat sich die Hellenen des festlandes dauernd durch ihn ent
fremdet, weil er eine halbheit war. es gab ja neben der annexion
die möglichkeit , die gemeinden in den überlieferten formen der
autonomie zu beherrschen ; die controlle muste dann durch ge
wisse übergeordnete vereinigungen (also im gegensatze zu der
politik des königsfriedens) ermöglicht werden. den weg hatte
Philippos mit vollem erfolge in der delphischen Amphiktionie
betreten ; ihn hat Alexandros in der behandlung der kleinasiatischen
städte befolgt, wie wir am ilischen und ionischen städtebunde
sehen , und vollkommen planmäſsig hat diese politik Ptolemaios
Soter , aber erst seit 309, inaugurirt. daſs Philippos sich wider
seine art zu einer halbheit bequemte , wird man durch seine
asiatischen plane vollkommen entschuldigt finden ; hat es Alexan
dros doch gar nicht anders gemacht, und Kassandros und Gonatas
nur wenig anders. ) um so bedeutsamer erscheinen die maſs
nahmen des herbstes 338 , da sie die grundlage für das staats
rechtliche verhältnis der folgenden Zeiten bilden .
Theben war überwältigt und ward behandelt, wie es die
Spartaner auf grund oder doch im schutze des königsfriedens
1 Vgl . Antigonos s. 218 ffg.
32 II
behandelt hatten . in Chalkis fafste Philippos auch festen fuſs.
das übrige Hellas nördlich vom Isthmos war durch die reorgani
sation der Amphiktionie bereits in seiner hand. in Athen hatten
die staatsmänner, welche den mut zum krieg bis zum äuſsersten
hatten , wie Hypereides, der fou furieux mit den starken gastro
nomischen neigungen und noch stärkeren beziehungen zur demi
monde, unvergleichlich heroische psephismata durchgebracht. ein
feldherr, der bei Chaironeia commandirt hatte, war auf dem ge
wöhnlichen wege der meldeklage als sündenbock billig gefunden .
Demosthenes war zwar heil aus der schlacht heimgekehrt , hielt
sich jedoch bei den entscheidenden verhandlungen über die folgen
seiner politik durchaus im hintertreffen . Philippos besaſs die
gefangenen Athener (sie hatten sich nicht wie Thebens heilig
schar geopfert) als sicheres pfand ; ein solches hatte selbst in
den tagen der gröſse , nach dem unheil von Koroneia, die ent
schluſsfähigkeit des volkes gelähmt . dazu winkte er mit der
garantie des auswärtigen besitzstandes Athens und der concession
von Oropos. was er forderte , auflösung des seebundes, der nach
dem schmachvollen frieden des Eubulos doch nur ein leerer schall
war , und eintritt in einen Hellenenbund mit auswärtiger protection,
was 388 den musterpatrioten gar nicht anstöfsig gewesen war,
stach so grell ab von all den befürchtungen, die von der patrioten
partei seit langem schwarz in schwarz gemalt worden waren ,
daſs das volk sehr rasch zu allem sich bereit fand und seinen
heroismus sammt der beredsamkeit des Demosthenes für die
leichenfeier der glorieux vaincus von Chaironeia aufsparte.
Philippos hatte den einmarsch in den Peloponnes frei, dessen
er zwar nicht zur erweiterung seiner macht, wol aber für das
prestige seines Hellenenbundes bedurfte . denn die einzigen sehr
wertvollen exportartikel der halbinsel , soldaten , konnte er für
sein gutes philippisches gold um so leichter bekommen , je weniger
er persönlich die sympathien und antipathien der staaten und
stäätchen erregte , in welche seit dem zusammenbruche der
spartanischen macht der Peloponnes zersplittert war . er hatte die
züge, die er nun tat, auch von langer hand vorbereitet, Korinth
nahm willig seine besatzung an , Argos hatte längst beziehungen
zu dem fürsten , der an seine argivische herkunft mehr als ihm
FOLGERUNGEN FÜR DIE GESCHICHTE 33
lieb war von den griechischen litteraten gemahnt ward . Megalo
polis , gut verwaltet , hielt sich von je zu jedem machthaber, der
vom norden kam ; die groſstadt Arkadiens war durch nordische
hilfe geschaffen , konnte sich nur durch anlehnung an den nor
den behaupten , und als moderne gründung gravitirte sie nach der
modernen groſsmacht hin . die kleinen bedeutungslosen cantone,
unter die auch Epidauros gehört, mochten sauer oder süſs sehen : sie
muſsten dem zuge der gröſseren folgen . von Epidauros scheinen
wir speciell in dieser ganzen zeit nichts zu hören . die einzige
reale schwierigkeit bereitete Sparta. wol war es so herabge
kommen , daſs es trotz der ausgesprochensten feindseligkeit gegen
Makedonien an der coalition nicht teil genommen hatte, und nun
grade war könig Archidamos , der in den kritischen zeiten als
condottiere in tarentinischen dienst getreten war , von den Lu
kanern erschlagen , das andere haus schon seit Kleombrotos tod
nur durch einfluſslose figuranten vertreten . Philippos mochte
auf einen durchschlagenden erfolg rechnen ; und in den augen
der öffentlichen meinung war er nicht eher am ziele , als bis er
die drei köpfe des griechischen Kerberos bezwungen hatte .
Das hat er versucht , aber nicht erreicht. tatsache ist , daſs
er zwar Spartas äcker verwüstet, seine grenzen zu gunsten sämmt
licher nachbarn geschmälert hat , daſs er aber so wenig wie sein
sohn die Lakedaimonier vermocht hat dem Hellenenbunde beizu
treten . unsere jämmerliche geschichtliche überlieferung gestattet
uns nicht mehr zu sagen.2) aber besser als die tatsache hat sich
ihre wirkung im gedächtnisse der menschen erhalten . selbst die
schulmädchen hören heute noch die anekdoten , welche die lako
nische erhabenheit feiern . es war Philippos , dem die Spartiaten
,wenn auf alle drohungen , nein ' auf alle vorschläge antworteten .
durch das ganze altertum ist in solchen apophthegmen die un
beugsamkeit des spartiatischen trotzes berühmt geblieben , weil
sie in der tat zwar alles verloren , nur nicht die ehre . sie müssen
2) Diodor hat nach der rechten ausschreibersitte alles weggelassen , was den
rhetorischen knalleffect von Chaironeia stören könnte. bei Justin IX 5 ist nur der
schatten eines berichtes, eine phrase, geblieben. so steht das beste in einer poly
bianischen rede, also auch an keiner allzu verläſslichen stelle, IX 28. genauer sind
die grenzberichtigungen bekannt. vgl . für alles Schaefer Demosth . III 38 ffg.
Philolog. Untersuchungen IX . 3
34 II
also doch etwas erreicht haben . was war das , wenn sie doch
alle und jede besitzung auſser ihrer eigensten landschaft ein
büſsten ? war es nur das , daſs sie den bundestag von Korinth
nicht beschickten und später Alexandros keine heeresfolge leisteten ?
lag etwa das verhältnis so , daſs Philippos ihnen propositionen
gemacht hätte , ähnlich wie den Athenern , und als sie diese ver
schmähten , ihnen zur strafe das land verwüstet und von allen
seiten beschnitten hätte ? dann wäre die starrköpfigkeit blofs als
solche und höchstens im gegensatze zu dem strohfeuer athenischen
mutes gefeiert worden , wie die einsylbigkeit ihrer ernst gemeinten
drohungen in der tat die zungenfertigkeit des attischen pnyx
patriotismus als folie braucht. dann wäre für Philippos wol die
kühle erwägung genügend gewesen , daſs Sparta als feind un
schädlich gemacht wäre, die vernichtung der Spartiaten aber das
blut der regimenter nicht wert , die Asien erobern sollten.
Da tritt Isyllos mit seinem berichte ein . als Philippos kam
in Sparta die würde des königstumes zu vertilgen , da hat sich
Asklepios erbarmt, weil die stadt nicht wich von den göttlichen
gesetzen des Lykurgos. in dieser beleuchtung nimmt sich die
sache anders aus . für die nároios nolutela waren die Lakonen
zu sterben bereit. der versucher kam nnd wollte sie zum ver
rate ihres palladiums verleiten : da haben sie stand gehalten, und ,
wie sie verdienten , die göttliche hilfe gefunden . die zumutung
das königtum abzuschaffen ist des Philippos durchaus nicht un
würdig. er hatte in der schule nicht die Spartanerlegende ge
lernt , wie unsere armen jungen ; wenn er sich bei Aristoteles
erkundigte, so erfuhr er genugsam , wie sehr Sparta eine reform
an haupt und gliedern not tat ; war dieselbe doch auch von mehr
als einem Spartiaten angestrebt worden. jetzt war zudem ein
königssitz leer, der andere ganz unwürdig besetzt, und der fluch
des delphischen gottes , der selbst die leiche des Archidamos zu
verfolgen schien ,') bot dem schirmvogt der Amphiktionie einen
3) Theopomp bei Athen. XII 536 und Pausanias III 10. woher dieser seine
angaben hat, auf die er VI 4 zurückkommt, möchte man wissen, denn den gröſsten
teil der spartanischen geschichte kann man so auflösen , daſs man die einlagen
aus Herodot Thukydides Xenophon von dem grundstock, einer königsliste, abzieht.
vgl. Antig. 227. aus erster hand kann er das Theopompcitat füglich nicht haben.
FOLGERUNGEN FÜR DIE GESCHICHTE 35
vollgiltigen vorwand , die absetzung einer gottlosen dynastie zu
fordern . er beurteilte die Spartiaten wie andere Hellenen auch ;
aber hier hatte er sich geirrt. die macht des gesetzes war in
der tat unüberwindlich . der moderne könig stiefs auf ein stück
versteinertes hellenisches mittelalter. sprengen hätte er es viel
leicht gekonnt: für den bau seines staates wie jedes modernen
staates war es ganz unverwendbar. und mochte es nicht mehr
der lebendige geist sein , der in den Feñor åvdoes gewaltet hatte,
die den Peloponnes bezwangen , so war es ein gespenst , vor dem
es auch einem beherzten grauen konnte. weder Philippos noch
irgend ein fremder könig hat es gewagt , den lykurgischen bau
zu zerstören : das haben erst die romantiker getan , welche sich
unterfiengen , ihn zu restauriren .
Auch für die stimmung der kleinen Dorerstädte, oder wenig
stens der alten Dorerfamilien des Peloponnes ist das zeugnis
des Isyllos wichtig. sie haben wol oder übel dem fremdling ge
huldigt; aber ihre augen sind nach der altehrwürdigen Sparta
gerichtet : sollen die gottessprüche des Lykurgos zu nichte wer
den , wie alles andere dem wechsel verfallen ? wird Spartas adel
die zähigkeit des willens haben , auszuhalten , wo sie selber weich
geworden sind ? dem kranken knaben des Sokrates von Epidauros
kommt die vision , daſs Asklepios, der gott seiner heimat, Sparta
zu hilfe zieht , der vater schickt ihn mit der glückverheiſsenden
kunde hinüber. Zeus verschont die stadt zur belohnung für ihre
festigkeit, und die Spartiaten feiern den Asklepios als ihren er
retter . auch wenn man mit voller überzeugung auf seiten des
Philippos steht und selbst seine zumutung an die Spartiaten
keineswegs als frevelhaft oder ehrenrührig gemeint betrachtet ,
darf man dem patriotismus der Spartiaten seine sympathie nicht
versagen , und der knabe Isyllos ist mir eine rührende erscheinung.
für diese leute geht mit der neuen weltordnung alles verloren,
was ihnen im leben teuer und heilig war. sie sind mit ihrem
glauben und denken ein anachronismus , und die räder der zeit
müssen über sie hinweggehen , die cultur des gesammtvolkes ver
liert auch an ihnen nichts . aber individuell fordern und ver
dienen sie sympathie, ja Sparta verdient , wie meist in den zeiten
der schweren not , achtung. es hat die probe bestanden, während
36 II
trotz allen schönen redensarten der athenische staat und De
mosthenes in der stunde der gefahr 338 gewogen und zu leicht
befunden sind.
Der mann Isyllos , oder es mag wol auch schon der greis
sein , verdient freilich kaum noch achtung oder sympathie. er reprae
sentirt uns dem verkommenen dorischen canton ein bis zwei
menschenalter nach Philippos . genau läſst sich die zeit der
inschrift so wenig feststellen wie die, wann die wunder des gottes
aufgeschricben sind , was nach dem zeugnis von schrift und
sprache ganz zu derselben zeit geschah. den anfang des dritten
jahrhunderts würde jeder auch ohne den schluſs annehmen , den
die erwähnung des Philippos , d . h. das jahr 338 gibt , wo Isyllos
ein knabe war. als er sein gesetz gibt , ist Epidauros aristo
kratisch regiert, ist frei und kann seinen lakonischen sympathien
sich hingeben . das sieht nicht nach den zeiten 294-282 aus ,
wo Demetrios und dann Antigonos im Peloponnes geboten und,
der vater vergeblich , der sohn erfolgreich Sparta befehdeten 4) .
dagegen hat Kleonymos von Sparta um 280 grade in der Argolis 5)
die makedonischen garnisonen vertrieben , und zu jener zeit , wo
der Peloponnes sich selbst überlassen war , hier tyrannen , dort
sympolitien erstanden , scheint mir die epidaurische aristokratie
am besten zu stimmen . auch möchte ich Isyllos mir nicht gern
jünger denn als siebziger denken .
Daſs die iduata des Asklepios gesammelt und veröffentlicht
werden , also diese sorte von heilkunde schwunghaft betrieben
werden kann , nimmt in der zeit des Erasistratos billig wunder.
auch in Athen ist damals der cult des Asklepios sehr beliebt ,
aber wenn die attischen priester es überhaupt gewagt haben
sollten , wunder zu verzeichnen , so würden sie sie wenigstens nicht
zumeist so herzlich albern erfunden haben .“) das attische publi
4) Antig. v. Kar. 258.
6) Polyaen II 29. Frontin . III 6, 7.
5) Wenn es keine stelen gab wie in Epidauros , so gab es doch eine an die
weihgeschenke des tempels geknüpfte tradition, und irgend wann ist auch diese zu
erbaulichen zwecken aufgezeichnet. das ergibt sich aus den excerpten Aelians
über Euphronios fgm . 89 Herch., den komiker Theopomp 99, den Tegeaten Aristar
FOLGERUNGEN FÜR DIE GESCHICHTE 37
cum war schon zu Aristophanes zeit bedenklich aufgeklärt. in
den epidaurischen wundern figuriren die ungläubigen auch , aber
um sich zu bekehren , und das schlimmste ist offenbar, die latga
nicht zu bezahlen . man sieht in ein getriebe von trug und
heuchelei hinein , dem das entschuldigende praedicat der frömmig
keit nicht mehr zukommt. von irgend welcher wirklich medici
nischen behandlung der kranken ist in diesen wundergeschichten
keine spur. eine solche mochte man nach den reden des Aristi
des annehmen, und für dessen zeit wird sie auch durch ein par
steine von Epidauros bestätigt:) das dritte jahrhundert heilt nur
durch träume und wunder, schlangen und hunde. Asklepios er
scheint nicht anders als Amphiaraos. wenn die griechische me
dicin sich aus den Asklepieen entwickelt hat , so ist das in Kos
und Knidos geschehen , und die thessalischen und epidaurischen
ansiedler haben dorthin zwar den Asklepios, aber nicht die medicin
mitgenommen . es ist schön und gut, daſs die umwohner sich in
allen ihren nöten zu ihrem gotte wenden, der denn auch in gül
denen waffen leuchtend Sparta zu hilfe eilt. für das ausland
ist der Asklepios von Epidauros die firma schwindelhafter cur
pfuscherei, bei welcher denn auch im wesentlichen die schichten
der gesellschaft verkehrt haben werden , denen der plautinische
Cappadox entstammt. )
chos 101 , einen kampfhabn 98, Atarbes V. H. V 17 , lauter bekannte personen
oder doch gut attische namen. Aelian wird diese geschichten derselben quelle
verdanken wie seinen Hippys .
Die merkwürdigste heilung , des M. Iunius Apelles , ist im zweiten excurs
eingehend erläutert.
8 ) Daſs der Curculio in der stadt Epidauros spielt und also die städtische filiale
des Hieron angeht, macht keinen unterschied , das original ist verfasst, als der nörd
liche Peloponnes und Karien unter dem regimente des Demetrios stand, nach 303,
dem sturm von Sikyon (v. 395). möglich sind noch ein par jahre über die schlacht
von Ipsos hinaus , da der südliche teil Kleinasiens durch Phila , der nördliche
Peloponnes durch Pyrrhos für Demetrios gehalten ward. dann gieng dieser ver
loren und ward erst 295 wieder unterworfen ; aber gleichzeitig verlor Demetrios
aller wahrscheinlichkeit nach die asiatischen besitzungen. Droysen Diad. II 258.
das dort erwähnte samische decret (Dittenb. syll. 132) ist nicht näher zu datiren
als 305—298 , fällt aber wol vor Ipsos. von den stellen, die Dittenberger nach
C. Curtius anführt, sind zwei identisch ( Plut. Demetr. 22, Diodor XX 93) und
zeigen Phila während der rhodischen belagerung in Kilikien. ebenda dieselbe,
38 II
Vielleicht noch ein gröſserer anachronismus als die wunder
heilungen zu Erasistratos zeit ist im zeitalter der Epigonen die
politische panacee des Isyllos. die rettung der gesellschaft kann
er sich nur in der rückkehr zum frommen mittelalter denken.
die herrschaft der besten , die erziehung des bürgers zur mannes
tugend , wie sie der delphische gott einst dem Lykurgos ans herz
gelegt, der glaube an die ahnen , zu deren töchtern götterzeugend
die liebe der himmlischen herabstieg, der glaube natürlich auch
an den angeborenen beruf , das angeborene recht zum herr
schen , das durch das göttliche blut verliehen ist , eine gesellschaft
wie sie die hesiodischen frauenkataloge und die gedichte des
Pindaros zur voraussetzung haben , das ist es was Isyllos in
sehnsüchtigem herzen hegt. die stimmung mag in dem Epidaurier
begreiflich sein , denn seine ahnen und sein vaterland hatten in
jenen verschollenen zeiten , in jener altertümlichen gesellschafts
form ihre einzige blüte gehabt. der nationale staat, die ganze
grofse geistige entwickelung hatte die kleinen gemeinwesen der
saronischen und dryopischen küste nur selten und nur äuſser
lich berührt, niemals in ihre kreise gezogen . Athens versuche,
sich hier festzusetzen , waren nicht geglückt. der natürliche
gegensatz zu dem schon im fünften jahrhundert demokratisirten
und verwilderten Argos, andererseits der nur durch den verzicht
auf die eigenen ideale auszugleichende gegensatz zu Athen und
allem was vom athenischen geiste angesteckt war, trieb die Epi
daurier ganz notwendig in die arme Spartas , obwol seit 372
diese verbindung wenig mehr als eine neigung in die ferne war.
die umwälzungen , welche schon der korinthische krieg und dann
die invasionen des Epameinondas zur folge hatten , mögen wol
kaum irgendwo in der halbinsel ein solches stück dorischen
mittelalters haben bestehen lassen , wie wir es in Epidauros
wie es scheint , im jahre 300 Plut. 32. dann reist sie nach Makedonien ; es ist
aber fraglich , ob sie ihren bruder Kassandros, der 297 starb, noch erreicht hat.
sie wird in Kyinda residirt haben. übrigens bedeutet in jenem decret diatpißov
παρά την βασιλίσσης Φίλαι και τεταγμένος επί της φυλακής, dafs der geehrte , De
marchos , den sicherheitsdienst bei der königin hatte , und ist z. 13 rov vor
τύχηι als schreibfehler zu tilgen : παρέχεται χρείας ών άν τις ιδίαι των πολι
των δεόμενος ( του] τύχης.
FOLGERUNGEN FÜR DIE GESCHICHTE 39
sehen. denn die andern gegenden , welche sich in ähnlicher
weise selbst überlassen blieben , wie etwa ein teil der achaeischen
städte oder das arkadische Kynaitha waren eben weder dorisch
noch dorisirt . um 380 mochte sich der epidaurische adel dem
von Phlius vergleichen lassen , den Xenophon mit so vieler sym
pathie schildert , und den die eben so kurzsichtige wie gewalt
tätige spartanische groſsmachtspolitik zertrümmerte . hundert Jahre
später , als Seleukos das hellenentum bis zum Ganges, Agathokles bis
vor die wälle von Karthago getragen hatte , die welt unter hellenische
könige geteilt war, der Römer an die tore von Tarent pochte,
der Kelte an die tore von Delphoi , da gehörte wahrlich ein hoher
grad von reactionärer blindheit dazu , die zustände des siebenten
jahrhunderts zurückrufen zu wollen . wer freilich in dem Sparta
der könige Kleonymos und Akrotatos das des Lykurgos sah, dem
kann man alles andere auch zutrauen.
Also um 280 bringt vor dem dâuos von Epidauros Isyllos
des Sokrates sohn folgenden antrag ein , der durch die handmehr
zum gesetz erhoben wird . auf daſs die bürger sich durch
mannestugend der dovotoxpatia würdig erweisen , in welcher alles
heil ruht, sollen phylenweise év & peç ãgiotoi ausgewählt werden,
deren obliegenheit es ist , alljährlich mit langem hare und in
weiſsen mänteln prozessionen abzuhalten , zu Apollon mit lorbeer-,
zu Asklepios mit ölzweigen , für die bürgerschaft um gesundheit
zu flehen , und daſs die mannestugend mit eintracht frieden und
wolstand gesegnet werde. das nächste muſs offenbar sein, daſs
die vertreter der Hylleer Dymanen Pamphyler und Hyrnathier
(das werden wol die epidaurischen phylen gewesen sein 9) sich
die hare wachsen lassen . so kommt die gutlakonische adels
sitte gegenüber dem demokratisch -militärischen kurzen harschnitt
wider zu ehren . man vermiſst eine bestimmung über den bart;
wenn Isyllos hätte consequent sein können , so hätte er das re
volutionäre rasiren verbieten oder genauer auf die oberlippe be
schränken müssen . processionen waren aller orten zu allen zeiten
9) Die drei urdorischen kennen wir aus den colonien der Hexapolis ; die Hyr
nathier können in Epidauros , wo Hyrnetho begraben lag , kaum gefehlt haben .
vgl. z. b. Bull. Corr. Hell. IX 350.
40 IL
beliebt, und zumal im Apolloncult. nicht bloſs die ionischen mäd
chen tanzten zu ehren des delischen Apollon, aus dem Peloponnes
kamen sie ebendorthin , und der Korinthier Eumelos sollte das pro
cessionslied gedichtet haben, wie Pindaros den Keern ein solches
gedichtet hat. ebendorthin sandte Athen auch seine festdeputation ,
und attische geistesverwandte des Isyllos freuten sich, dafs der preis
des củavdgia den landsleuten sicher war.19) doch mischte sich
dort unter den attischen Amphiktionen die demokratische sitte
des agon ein , welche den Dorern fremd war. aber auch in der
procession der panathenaeen erscheinen die schönsten greise mit
ölzweigen in der hand. das ist eine vollkommene parallele zu
dem gesetze des Isyllos. all das war einst ernst und heilig und
wahr gewesen. aber daſs es gewesen war , daſs die Fahogógou
in Athen längst zum gespötte geworden waren , daſs der
wesenlose schein , das spiel mit dem heiligen aber vergangenen
als etwas ernsthaftes und groſses betrieben ward , ja daſs in
diesem galvanisiren des leichnams das politische rettungsmittel
gesucht ward , das alles ist's , weshalb man für Isyllos höchstens
ein mitleidiges lächeln haben kann , und auch das nur , weil die
erbärmlichkeit der aristokratischen kleinstaaterei nicht überschätzt
zu werden pflegt, während man die gleichzeitige attische demo
kratie durch die brille der antiken und modernen phrase zu be
trachten pflegt. prüft man beide auf ihren absoluten wert, so
kann man nur bedauern , daſs keiner der könige mit gerechtem
eisen die wucherpflanzen der demokratien und das verdorrte
kraut der aristokratien untergepflügt hat , um den acker des
nationalen grofsstaates zu düngen .
Der politische reaktionär, der den bösen modernen geist mit
einem bittgange zu den alten göttern bannen und die liebe zur
alten ritterzeit durch den altfränkischen pomp heraufbeschwören
will, bedarf nun auch eines processionsliedes, und er selbst traut
sich die poetische ader zu , ein geistlich lied im stile des mittel
alters zu verfertigen . poesie steckt denn auch nicht mehr darin ,
"O) Xenophon Mem . III 3, 12 .
1 ) Xenophon Symp. IV 17. Aristophanes Wesp. 540 u. scholien. Photius s . v .
Sueton napi Baaopnucov p. 192 Fresen .
FOLGERUNGEN FÜR DIE GESCHICHTE 41
als in den versificirten stammbäumen , die wir nach Hesiod
nennen. das war in der ordnung und entsprach ja auch dem
zwecke : fromm in alter väter weise sollte das lied sein ; die
neologischen künste der poesie , wie sie etwa jenseits des meer
busens geübt waren , hatten hier nichts zu suchen . aber der
neue geist kommt durchs schlüsselloch , wenn man ihm die tür
zumacht, und denken und empfinden auch eines so überzeugungs
treuen reactionärs wird ohne das er's merkt angesteckt von der
neuen weise .
Die götterliebschaften sind dem sohne des aristotelischen zeit
alters doch nicht so ganz nach dem herzen . deshalb gibt Zeus die
muse Erato dem Malos zur gattin doiotol yauois. Apollon frei
lich kann die Aigla nicht geheirathet haben , λεχέων δ ' ημερoέντων
ỀNépaç dotąɛ xógε . da beugt sich eben der glaube, ohne an dem
heiligen zu deuteln . réBoucí ok, schiebt Isyllos ein, und mit ły
de Ivode teuévet téxet ' Iviv geht die erzählung weiter. daſs die
überlieferung der väter ausdrücklich als gewähr der genealogie
angerufen wird , beweist ja , daſs man sich vor skepsis hütete,
aber doch auch , daſs die leute eine gewähr verlangten. wirklich
naive zeit braucht keine , wirklich kritische eine bessere . die
metrische form ist vollends ionisch , und hat ihre nächsten ver
wandten in den attischen poesien , die zu der alten chorischen
lyrik im gegensatze standen . die sprachliche form zeigt fast in
allem , was die rede über die triviale prosa hebt, die einwirkung
des ionischen epos , das ja auch die andern gedichte des Isyllos
beherrscht. das war auch alles fremd und ward als solches nur
deshalb nicht mehr empfunden , weil die ionische cultur das ur
tümliche dorertum seit vielen jahrhunderten durchsetzt hatte.
Aber auch die einwirkung des specifisch attischen geistes ist
zu bemerken . von philosophie hat Isyllos wol nur mit dem
schauder der rechtgläubigkeit und dem kopfschütteln über quer
köpfiges spintisiren und revolutionäre zungendrescherei notiz ge
nommen. und doch war er ein sohn des philosophischen jahr
hunderts , und flogen , wenn nicht samenkörner, so doch die
spreu der Sokratik bis nach Epidauros. das stockprosaische
dvdpayafía (A 2), ist freilich nicht sokratisch , sondern eine ionische
bildung, die aus dem formelhaften άνδρα αγαθόν γίγνεσθαι ent
42 II
wickelt ist, im fünften jahrhundert von den Athenern aufgenom
men , zuerst von Thukydides als ein erhabenes wort , dann abge
griffen , auf lobdecreten und von untergeordneten schriftstellern
verwandt . fremd war es in Epidauros also auch . aber xaloxa
yafia (B 14) ist so recht ein wort der xenophontischen Sokratik ,
von jedem vorsichtigen stilisten des vierten jahrhunderts ge
mieden 12) , und in der poesie wol nur von Isyllos angewandt .
was so der einzelne ausdruck lehrt , das lehrt der gedanke noch
besser die xuloxayalia offenbart sich in den männern , welche
die procession abhalten, und die götter lohnen sie mit den höch
sten gütern , eintracht und wolstand , frieden und gesundheit . die
aufgabe des staates ist es , die bürger είς άνδραγαθίαν προάγειν.
man wird sich der debatte erinnern , die einst die gegner des
Sokrates erregten , und deren nachklänge wir in Xenophons Denk
würdigkeiten und im Kleitophon lesen . dieselbe debatte ist dann
mit sehr geringer sprachkenntnis und ohne jedes philologische und
historische stilgefühl zur zertrümmerung der ersteren schrift benutzt .
Sokrates sollte es verstehen προτρέπειν aber nicht προάγειν εις
åpethv, tugend zu predigen , aber nicht zur betätigung der tugend zu
erziehen . Wer diesen unterschied und seine bedeutung ermessen will ,
der wird jetzt am besten Isyllos fragen . seine gedanken kann
ich nicht anders bezeichnen denn als einen nachhall xenophon
tischer gedanken. dieser schwärmer für Sokrates Agesilaos Kyros
hat sein leben darangesetzt, die welt zu seinem ideale zu be
kehren , einer militärisch-philosophischen erziehung zur xaloxa
yafía . seine politischen ideale hat er noch alle selbst scheitern
sehen. seine philosophischen bestrebungen konnten auf die kreise
nicht wirken , die dem licht der Akademie zugänglich waren. der
makedonische staat riſs dann die groſse welt in eine neue bahn .
aber die schriftstellerische wirksamkeit Xenophons und noch weit
mehr sein persönliches wirken bewegte sich zunächst auch in
ganz anderen dunkleren kreisen , als die wir durch das licht der
geschichte kennen , weil sie die welt bewegten . die peloponnesi
schen adlichen , die zu Sparta hielten , wie Xenophon , musten
ihm viel mehr sympathien entgegenbringen ; wie er sie denn in
12) Jabr quaestiones Isocratiae ( Halle 1881), Keil Anal. Isocrat. 100.
FOLGERUNGEN FÜR DIE GESCHICHTE 43
Phlius offenbar gefunden hat. Isyllos braucht Xenophon nicht
gelesen zu haben : er steht zu Xenophons ansichten doch in
näherer beziehung, als das gemeinsame reactionäre glaubensbe
kenntnis mit sich bringt : er denkt und redet xenophontisch . 13)
Das eine wort xahoxayalia würde zur datirung des Isyllos
ausreichen , wenn wir die gedichte nicht im originale besässen
und dadurch datirten . dies wort und die anderen hervorge
hobenen kennzeichen in form und inhalt sind die bezeichnenden
züge , in welchen sich die zeit verrät , der Isyllos wirklich ange
hört, während sein ganzes tichten und trachten einer jahr
hunderte älteren welt zugewandt ist. sie entsprechen den ein
zelnen zügen , an welchen wir ein archaistisches kunstwerk von
einem archaischen unterscheiden. und archaismus ist, wie mich
dünkt, überhaupt das bezeichnende wort für die epidaurische
culturwelt , deren redende zeugen wir vernommen haben . ein
archaistisches werk gehört zwei welten an , der welche es schafft,
und so haben wir die Epidaurier des dritten jahrhunderts durch
Isyllos kennen zu lernen versucht , und der welcher es nachge
schaffen wird. fehlen uns aus dieser originale , so kann auch
die nachahmung für sie wert haben : dies gilt wenigstens von
der epidaurischen religion , und das nächste capitel wird ver
suchen, für sie aus den gedichten des Isyllos positiven ertrag zu
gewinnen .
13) Als beleg würde eigentlich die ganze tendenz der Kyropaedie, des Lakoner
staates und des Agesilaos auszuführen sein. im gegensatze zu allen herkömm
lichen definitionen ist dem Xenophontischen Sokrates αριστοκρατία όπου εκ των
τα νόμιμα επιτελούντων αι αρχαι καθίστανται ( Mem. IV 6, 12) . zum ausdruck
vgl . Ζ. b . Cyrop. VII 5, 75 η σωφροσύνη και η αλκή και η εγκράτεια , οπόταν τις
αυτών ανή την άσκησιν, εκ τούτου εις την πονηρίαν πάλιν τρέπεται , 82 επιταθήναι
εις άνδραγαθίαν, προάγειν επ' αρετήν Mem . I 4, 1. das stichwort der ganzen
xenophontischen ethik xadoxayalia z. b. am schlusse der Memorabilien .
III
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION.
Ich bin mit dem versuche gescheitert, das neue , das Isyllos
lehrt, zu klarer darstellung zu bringen, indem ich seine angaben
selbst zum ausgangspunkt machte, denn die sonstigen über
lieferungen über Asklepios lagen nicht so geordnet vor , daſs
ich mich dabei hätte beruhigen können . so ist ein weiter umweg
nötig geworden ; das ziel wird hoffentlich um so sicherer er
reicht, und am wege habe ich eine blume gefunden, die vielleicht
einen anderen platz verdient, aber denen, die mir folgen wollen ,
die mühsal des wanderns besser lohnen wird , als ein wissen
schaftliches resultat es kann .
Aristarch scheint über Asklepios den schluſs nicht gezogen
zu haben , der nach seiner methode unabweislich ist, und den ,
wenn nicht antike , so doch moderne anhänger dieser methode
wirklich ziehen. es ist eine gute gelegenheit , die geister unter
scheiden und die geistlosigkeit dieser unhistorischen Homerexegese
erkennen zu lernen. nach Homer, d. h. nach der Ilias, ist Askle
pios kein gott , sondern ein thessalischer könig , bei Cheiron er
zogen nnd daher im besitze von mitteln für schuſswunden , die
er seinen söhnen und nachfolgern, Machaon und Padaleirios , ver
macht hat , welche ein kleines gebiet im nordwestlichen Thessalien
beherrschen . auch sie sind in erster linie könige und krieger,
und die arzneikunst versteht Achilleus von seiner erziehung bei
Cheiron her ebenso gut wie sie. erst Hesiodos weiſs etwas von
der göttlichen abstammung und den wundern des Asklepios ;
von seiner göttlichkeit weiſs auch er nichts. also ist die sage
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 45
erst spät , sagen wir im achten jahrhundert, in Trikka aufge
kommen und hat sich von da verbreitet ; die göttliche verehrung
war der letzte noch spätere schritt . so hätte man eigentlich nur
etliche dirhai nòs toùç veotégovç zu setzen , und die religionsge
schichtliche tatsache wäre festgestellt.
Es liegt mir sehr fern, diese methode, die mit notwendigkeit
zum euhemerismus führt , auch nur ernsthaft zu nehmen. aber
darin hat sie doch recht , daſs wir in jeder frage des griechischen
altertums unseren ältesten zeugen , Homer, d. h . das epos , zuerst
zu verhören , und dieses verhör mit den erhaltenen epen , also
der Ilias zu beginnen haben .
Nur in drei stücken derselben ist von Asklepios die rede,
und auch da nur als vater seiner vor Troia mitkämpfenden
söhne. in der Odyssee kommen auch sie nicht vor. im zweiten
teile von 4 , einem , wie schon allein die erwähnung der Eleer
zeigt, verhältnismäſsig jungen stücke, das zudem , abgesehen von
den eingelegten erzählungen Nestors, freie erfindung seines
dichters ist, ') führt Nestor den verwundeten Asklepiaden Machaon
nach seinem zelte und verpflegt ihn dort . demselben gedichte
gehört auch die rede des Eurypylos an , welche die beide ärzte
Podaleirios und Machaon nennt , doch sind diese verse, 833–36 ,
ein späterer zusatz . ) derjenige, welcher dieses einzelgedicht in
“) Daſs ein einzelgedicht zu grunde liegt, kann ich nachweisen.
2) Der verwundete Eurypylos sagt zu Patroklos „ hilf mir, führe mich in mein
zelt, schneide mir den pfeil heraus, wasche das blut ab und lege heilkräuter auf,
die dich Achilleus , jenen Cheiron kennen gelehrt hat. denn von den ärzten ist
Machaon verwundet, Podaleirios kāmpft drauſsen . " es ist nicht einzusehen , wieso
Eurypylos überhaupt anderer bilfe bedarf als die ihm Patroklos geben kann, denn
mehr als der verstehen die Asklepiaden auch nicht. ferner wirft man die frage
auf, wie sich denn sonst die verwundeten halfen , da doch der hinderungsgrund,
welcher jetzt den Podaleirios fern hielt, einen tag wie alle galt. drittens batte
Patroklos, wenn seine hilfe nur ein pis aller gegenüber der des Machaon war,
einfach zu antworten „bitte , tu drei schritte in Nestors zelt , da sitzt Machaon
böchst vergnügt beim weine “ . tilgt man dagegen die verse, so ist das alles anders.
dann beschwört Eurypylos den Patroklos als den , der gar nicht behindert und
durch die kenntnis des zalpávelov ganz besonders befähigt ist ihm zu helfen.
die interpolation setzt den zustand voraus, daſs der verwundete sich zum feld
scheer begibt; das ist ein sehr natürlicher zustand, nur nicht für die Ilias. hier
war solch ein zusatz durch die vorherige einführung des Machaon besonders nahe
46 III
die Ilias eingefügt hat , hat zu dem behufe die längst als zusatz
erkannten verse 1 501—20 und den anfang von Everfertigt.
darin erwähnt er auf grund jenes gedichtes den Machaon und
nennt ihn ' Ασκληπιού υιός αμύμονος ιητήρος (4 518 ) .
Ein anderes gedicht , dessen abgrenzung noch nicht gelungen
ist, das ich aber auch gründe habe für keinesweges sehr alt zu
halten , erzählt die verwundung des Menelaos durch Pandaros .
hier läſst Agamemnon den Asklepiaden Machaon rufen, der die
wunde durch auflegen von páquaxa heilt , die sein vater von
Cheiron erhalten hatte .:)
gelegt. ganz ähnlich ist es, wenn 17 28 von den verwundeten helden gesagt wird,
τους μέν τ' ιητροί πολυφάρμακοι αμφιπένονται έλκε 'ακεόμενοι. da setzte Aristarch
eine διπλή, ότι ου μόνον οι περί Μαχάονα και Ποδαλείριον συνεπεπλεκεσαν ιατροί
dddd xai addor nacioves, wozu das schol . Vict. zu N 213 gehört , 8 d'intpołožní
τείλας ήιεν ές κλισίην: κατά έθνη γαρ ήσαν ως Π 28. also wirklliche regiments
ärzte . so ist es nicht. 11 23--29 ist zusatz des bearbeiters, ganz abgesehen von diesem
grunde. N 213 läſst der dichter , der von Asklepiaden so wenig etwas weiſs wie
der dichter der Patroklie, ärzte auftreten , sobald er sie braucht, so gut wie sand
und steine und tamarisken auf der ebene zu haben sind , wenn der dichter be
fiehlt. aber der dichter, der mit ärzten rechnet , ist ein späterer als die , welche
noch keine solchen kennen.
3) A 193—219 . Agamemnon sagt zu Talthybios 193 Maxáova deūpo zánecoov
φώτ' Ασκληπιού υιόν αμύμονος Ιητήρος , όφρα ίδη Μενέλαον . folgt der auftrag.
diesen hat Aristarch aus nichtigen gründen gestrichen , als entlehnt aus der rede
des Talthybios 205–207. da die scholien auch den vorigen vers 194 gegen den
vorwurf der überflüssigkeit verteidigen , so scheint auch an ihm jemand anstoſs
genommen zu haben . obwol die überflüssigkeit kein grund ist , so ist der vers
doch sehr bedenklich , denn põra steht völlig müſsig. gesetzt es bedeute tov
åvdpɛtov , wie man mit dem paraphrasten annimmt, so kommt auf das heldentum
des Machaon hier gar nichts an. nun kommt aber dazu , daſs A 517 steht nào
δε Μαχάων βαϊν 'Ασκληπιού υιός αμύμονος Ιητήρος. unabhingig können die
verse nicht entstanden sein ; daſs die bearbeitung des A jünger ist als 4 , steht
auch fest, und doch ist der vers im 4 gut, und sitzt hier der anstoſs just in dem
worte , welches dort fehlt. man möchte 4 194 streichen, als aus 4 durch ver
sehen entlehnt. davon hält mich die erwägung zurück, daſs es wider den epischen
stil ist, den Machaon ohne jedes epitheton zu lassen , wir erwarten vielmehr hier
grade den vatersnamen , den auch Talthybios 204 in seinem referate setzt. die
parallelen weisen einen andern weg. 545 ’Ayńvopa Sãov dvijxev , pôr', 'Avr“
νορος υιόν, αμύμονά τε κρατερόν τε. φ 26 Διός υιόν καρτερόθυμον, φώθ', Ηρα
κλήα, μεγάλων επιίστορα έργων. die parallele ergibt φωτ’ ' Ασκληπιού υιόν αμύ
uova iniñga. darauf daſs Machaon selbst ein guter arzt ist, kommt es an, nicht
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 47
Das dritte ist der Schiffskatalog (729-33) , nach welchem
die beiden guten ärzte Podaleirios und Machaon , die söhne des
Asklepios, Trikka Ithome Oichalia beherrschen . der katalog ver
setzt ihr reich nach Thessalien , wo Trikka zu allen zeiten ein
namhafter ort war. Ithome fanden die gelehrten in einem dorfe
Thomaion wider , Oichalia eigentlich gar nicht. und so ist es
nicht zu verwundern , wenn Messenien , wo es ein Ithome notorisch ,
ein Oichalia selbst nach dem kataloge (596) gab , ein Trikka sich
auch finden lieſs, auf die Asklepiaden als seine heroen anspruch
machte. )
Die drei partieen der Ilias stehen mit einander nicht in
widerspruch. von einem gotte Asklepios ist keine rede ; die
thessalische herkunft im kataloge stimmt zu der verbindung mit
Cheiron im 4. Machaon tritt im 1 und 1 gleichermaſsen hervor.
Podaleirios erscheint nur im B und der interpolation des 1 .
Aber Homer ist nicht die Ilias , und andere epen lehren mehr.
der Townleianus und Eustathius haben zu 1575 ein scholion gerettet,
das aus der ' Iliov nógenois, die schol. V dem Arktinos beilegen,
ein längeres bruchstück anführt. hier ist der unterschied gemacht,
daſs Machaon der erste chirurge, Podaleirios der erste vertreter
der inneren medicin ist , ja der psychiatrik , denn er stellt die
richtige diagnose auf den wahnsinn des Aias . aber hier ist der
vater der helden Poseidon . daran ist nicht zu rütteln , denn wenn
auch der vers im schol . V verdorben ist, ist doch die paraphrase bei
Eustathios unzweideutig. Welcker (ep. cycl . II 525. kl . schr. III 47)
auf den ruhm seines vaters. und die verkennung des berechtigten hiatus vor dem
fünften fuſse ist hier wie so oft veranlassung zur verderbnis geworden , wozu die
uachahmung im 4 , die nun nichts auffälliges mehr hat , mitwirkte. der verse
schmied von A konnte nicht auskommen, ohne den duúuwv larpós auf Asklepios
zu übertragen. die manier dieser compilatoren kennen wir gut genug aus der
Odyssee .
+) Über die thessalischen orte A pollodor bei Strabon IX 437 , ebendaher (durch
Epaphroditos ) Steph. Byz. und E M 8. v. '190 un . über die messenischen Apollodor
bei Strabon 360, Pausanias IV 9 (Ithome) IV 3 (Trikka ). damit hängt auſser der
verwickelten frage über Oichalia auch die nach Gerena und dem Γερώνιος Νέστωρ
zusammen, über die auch das material wesentlich bei Strabon Pausanias (III 26)
Steph. Byz . (hier das wichtigste, ein Eoeenfragment) zu finden ist. übrigens führt
Stephanus auch einen lesbischen ort réonu an .
48 III
entsetzt sich sehr über diese genealogie, die ihm undenkbar vor
kommt, wie er auch den gedichttitel eigenmächtig geändert hat. ")
als ob es uns zustünde , die reste unbekannter gedichte unbe
kannter zeit und herkunft zur harmonie zu zwingen. von Askle
pios hat dieser dichter, sagen wir Arktinos, freilich nichts gewuſst.
In der anderen darstellung der posthomerica , der kleinen
Ilias, spielte Machaon eine hervorragende rolle. er heilte die
wunde des Philoktetes, ) fiel aber mit Nireus von Syme und
Peneleos dem Boeoter ?) von der hand des Telephiden Eurypylos .)
über Podaleirios verlautet nichts , auch nicht bei der zerstörung
Troias. ) dagegen ist es möglich , daſs er in den Nosten vorkam ,
5) Homer. unt. 346.
6) Proclus. detail darüber bei Dionysios (Skytobrachion ) schol. Pind. Pyth.
1 , 109. zauberisch aufgeputzt, Orpheus lith . 349. auch sonst öfters erwähnt.
Sophokles läſst durch Herakles Asklepios selbst senden 1487 , nachdem vorher
(1333) von den Asklepiaden geredet war. Quintus IX 463 muſs Podaleirios statt
Machaon einführen , weil er die folge der ereignisse verrückt hat, so daſs dieser
schon tot ist.
7 Nireus und Peneleos nennen Quintus und Diktys IV 17, jenen auch Hy
gin 113, diesen auch Pausanias IX 5, 8. der tod dieses boeotischen führers durch
Eurypylos ist dem des Thersandros, Polyneikes sohn , durch Telephos parallel,
von dem die Kyprien erzählten . der peplos 21 lässt Peneleos zu hause begraben
werden , den Nireus dagegen in Troia ( 17 ) . die lebhafte schilderung des mutter
söhnchens (sohn des Charopos „mit wild mutigem auge wie ein löwe“ und der
Aglaia , des „leuchtenden liebreizes “ ) ist im kataloge 671—675 nur denkbar auf
grund einer geschichte , in welcher die eitelkeit gestraft ward, also nicht etwa
eines anderen heldenkataloges, sondern der sage von seinem falle . So setze ich
diese episode unbedenklich in die Eurypylie.
8) Direct für die kleine Ilias bezeugt durch Pausanias III 26, auſserdem Hygin
113, Quintus VI. VII. daſs es auch auf der ilischen tafel stünde , habe ich, ich
weiſs nicht durch welches versehen , Hom. unt. 342 behauptet. erhalten ist auf A
der sterbende Paris ; dann eine ungedeutete scene (vgl . Robert Arch . Zeit. 1874 ,
108) , zwei bekleidete männer vor einem altar, der eine mit scepter oder lanze,
der andere vielleicht mit köcher, inschriftrest ha ; dann Eurypylos von Neoptolemos
erschlagen , hinter dem unterliegenden eine undeutliche figur. die scene am altare
muſs irgendwie darstellen, daſs Eurypylos den Troern rettung verspricht, genaueres
ist nicht zu sagen . für Machaons tod ist nirgend platz , was bei der zusammen
drängung der posthomerica auf zwei schmale streifen der tafel nicht zu ver
wundern ist.
9) Vergil (Aen. II 263) stand es frei, die helden , die im hölzernen pferde
waren , beliebig zu benennen. er tut das freilich mit weniger sachkenntnis, als
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 49
als genosse des Lapithenfürsten, dessen nachbar er in seiner
thessalischen heimat war , auf ihrem zuge nach Kolophon.10)
diese tradition setzt den tod Machaons voraus , würde sich also
an die kleine Ilias gut anschlieſsen .
Dagegen kennt die sage von Kos, dem sitze des Asklepios,
diesen tod nicht , wenn sie die Asklepiaden als xtiotai verehrt,1')
dem Asklepios selbst eine koische gattin gibt , 12) und seine nach
Quintus und Triphiodor , ganz ohne tradition. sein namenkatalog ist in Hygins
fabel 108 interpolirt. denn alles römische ist interpolation im Hygin : wer das
nicht weiſs, hat ihn niemals mit bedacht gelesen. ich bin erstaunt, daſs Bücheler
von den plurima scaenicarum jabularum argumenta bei Hygin redet : die gibt
es dort nur in dem sinn wie etwa in der apollodorischen bibliothek, und gar
quarum uni adscripta est Enni auctoritas. diese notiz ist ja ein notorischer
irrtum , da Pacuvius die Antiope gedichtet hat , und auſserdem gehört fab. 8 zu
den interpolationen aus den Vergilscholien. wenn also die cura römischen ur
sprungs ist, so ist fab. 220 eine interpolation , besser ein fremdartiger zusatz
zum fabelbuche, den man auch dem Hygin , aber als ausnahme, welche die
regel bestätigt, zugeben kann . Bernays hat cura mit ppovtis übersetzen wollen :
Goethe hat es mit 'Enquéarla übersetzt, und indem er ihr ’ Einwoń als schwester
gab , nicht nur viel tiefer die symbolik gefaſst, sondern auch die entstehung dieses
schöſslings der Pandorafabel erklärt. mir scheint sie mehr nach philosophischer
symbolik als nach poesie zu schmecken , und ich denke deshalb nicht an Ennius
sondern an Varro, dessen spuren in der siebenzahl der lyriker ( fab. 222) schon
M. Schmidt erkannt hat. damit verträgt sich auch die poetische form , deren spuren
ich nicht bemerke , aber dem überlegenen stilgefühl Büchelers nicht zu bestreiten
wage.
10) Apollodorische bibliothek bei Tzetzes zu Lyk. 427 und 980, nachgewiesen
Hom. Unt. 179.
11) Ausdrücklich bezeugt vielleicht nur von Aristides in der rede auf die As
klepiaden p. 74 Ddf. er beruft sich auf speciell koischen cult , des Herakles
" Alešis, auch or. V p. 60 (die evidente verbesserung der stelle steht schon bei Preller
II 236), aber alles das konnten ihm mythologische bücher vermitteln , denn Cornu
tus 31 schreibt den Koern die ehe von Herakles und Hebe zu, und grade dieses
capitel stammt aus Kleanthes.
12) Schol . AD zu 4 195 Max'wv viòs 'Aoxinguioở xai ..... xarà dé tivas
'Ηπιόνης της Μέροπος (also einer Koerin) , κατά δε Ησίοδον Ξάνθης. diese letzte
genealogie gibt auch schol. B zu 2. wo ich eine lücke gesetzt habe , stehen
jetzt Asklepios mütter 'Apoivons Kopwvidos. der fehler ist alt, denn auch Hygin 93
bat Machaon Asclepiï et Coronidis filius, und die übereinstimmung ist für
den zusammenhang dieser handbücher lehrreich , genannt konnte ursprünglich die
Heliade Lampetie sein, welche der iambograph Hermippos als gattin des Asklepios
nannte (schol . Ar. Plut. 701 ).
Philolog. Untersuchungen IX . 4
50 III
kommen unter ihren vornehmsten geschlechtern besitzt. 13) die
gegenüberliegende küste hat insbesondere Podaleirios als xtiotns,
und mindestens eine fassung der Wanderungssage setzt den vorher
gehenden tod des Machaon voraus, 14) mit dem sich alle ver
tragen . derselbe ist in der durch Timaios überlieferten , aber
auf wirklichem localcult beruhenden ansiedelung des Podaleirios
in Apulien vorausgesetzt. 15)
Aeoler und lonier kennen den gott Asklepios überhaupt nicht ,
kennen auch keine Asklepiaden . wenn diese in dem ionischen
epos platz fanden , so begreift sich vollkommen , daſs ihr vater
seiner göttlichkeit entkleidet ward, von welcher der ionische sänger
nichts wuste. auch das begreift sich , daſs ein dichter , der von
13) Theopomp handelte im zehnten buche περί των εν Κω και Κνίδω ιατρών
ως ' Ασκληπιάδαι, και ως εκ Σύρνου οι πρώτοι αφίκοντο απόγονοι Ποδαλειρίου
( Phot. bibl. 120b 6). Podaleirios hieſs noch ein groſsonkel des berühmten Hippo
krates . Steph. Byz. s . v. Kõs aus Herennius Philo. die ganze genealogie ( 19
yɛveæi) hatte schon Pherekydes gegeben. ( Soran vita Hippocrat.)
11) Diese geht die karische Chersones im ganzen an , lässt Podaleirios heim
kehren und durch ein delphisches orakel in die neue heimat geschickt werden.
ich kenne sie nur durch Tzetzes zu Lyk. 1047 II p. 917 Müller. vorher geht die
wanderschaft der Lapithen und des Podaleirios Kalchas Ampbilochos nach Kolophon,
das oben für die apollodorische bibliothek beanspruchte stück, dann das ende des
Ampbilochos und Mopsos in Kilikien , das von Tzetzes selbst p . 612 auf Apollodor
zurückgeführt ist. so werde ich wol recht haben, auch diese geschichte derselben
quelle zuzuschreiben , muſs dann aber zugeben , daſs Podaleirios für die Nosten
nicht sicher beansprucht werden kann , da seine erwähnung bei jenem zuge n100
napuoxevń der folgenden geschichte sein kann, die für das epos zu karisch ist.
Ampbilochos , obwol auch bei Apollodor erwähnt , batte ich vorsichtshalber schon
ausgeschlossen. der wortlaut ist von Tzetzes in gewohnter weise entstellt.
Podaleirios in Syrnos Theopomp und Pausan. III 26 , Steph. Byz. (ohne frage
Alexander Polyhistor ) s . V. Σύρνα und Bυβασσός. diese stadt heirst Kύρνος bei
Diodor V 60, wo eine andere, rhodische, gründungslegende steht, Mela 1 , 84, und
auſserdem bei Aristides 7, p. 75, wo es nach der gründung von Kos durch die As
klepiaden fortgeht έσχον δε και τον Καρικών τόπον και Κνίδον την της Αφροδίτης
iepár . Örı yao ñ ò {tepos (nämlich Podaleirios Karien ) ñ á upóregor (nämlich Kos)
κεκοινώσθω (so zu verbessern für κεκοινωνήσθω) τα νύν. απέλαυσε δε τι και Kύρνος
attāv. der edle Aristides hat hier allerdings an Corsica gedacht , und sein ver
sehen ist ganz belustigend , beweist übrigens die benutzung schriftlicher quelle.
15) Lykophr. 1047. daſs die fabel von Timaios stammt , ist an sich klar, be
zeugt aber auch durch EM. " Algaivos, welchen artikel Tzetzes mit den scholien
verschmolzen hat, in denen nichts von Timaios steht. Strabon VI 284 .
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 51
ihrer übernatürlichen kunst zu erzählen hatte , also einen gött
lichen vater suchte , den eignen stammgott Poseidon zu ihrem
vater machte , der 2. b, dem pylischen helden Periklymenos
noch viel wunderbarere gaben verliehen hatte (Eoeen 33) . 16) aber
von woher kamen die Asklepiaden in das ionische epos ? die
antwort ist in den oben angeführten koischen sagen gegeben.
sie sind die ältesten vertreter der Koer, bei welchen der Askle
pioscult der eigentlich nationale ist, die Asklepiaden ein adliches
geschlecht. sie vertreten Kos , wie Nireus Syme, Tlepolemos
Rhodos . mit Podaleirios wird man rasch fertig. er hat im epos
nichts wirklich sagenhaftes zu tun , im mutterlande trifft man
nirgend eine spur von ihm, sein name ist aus der griechischen
sprache nicht zu deuten . dagegen sitzt er fest in den gründungs
sagen karischer orte , gegenüber von Kos , und in Lykien liegt
eine stadt lodódeia . ) Theopomp hat also ganz recht. wie stark
die vermischung der Griechen grade mit den Karern war, haben
die steine von Halikarnassos gelehrt, und es ist nicht im min
desten befremdlich , daſs ein karischer heros unter der sippe
des koischen gottes aufnahme gefunden hat. im gefolge seines
bruders Machaon ist er in das epos gelangt, durch das epos
weithin ; doch hat er immer die zweite rolle gespielt. was das
epos von Machaon berichtete , ist alles dichterisches spiel mit
ausnahme seines todes durch Eurypylos : dieser erst hat ihn
eingeführt und die weiteren erfindungen veranlaſst. in der kleinen
Ilias war Eurypylos ein Myser , aber noch der Katalog nennt
Kos Eigurúloro nóduv ( 677 ) , und des Koers Eurypylos hat
man nie vergessen ,18) sich aber mit differenziirung durch ho
monymie geholfen. ich denke , es springt in die augen, da
es damit nichts ist, vielmehr der tod des Machaon und Nireus
durch Eurypylos, den eingebornen herrscher von Kos, die schla
gende parallele zu dem tode des Rhodiers Tlepolemos durch
16) Selbst als latpós ward Poseidon verehrt, auf Tenos, wo sich so viele spuren
seines cultes erhalten haben, für deren beurteilung dieser umstand ins gewicht fällt.
Philochoros bei Clem . protr. 26, unmittelbar nach der erzählung von Asklepios tod.
17) Steph. Byz. Plin . V 101 u. a .
18) Z. b . schol. und Eustath . zu B 677 , 3 255. die Heraklessage, in der
Eurypylos fest sitzt, will ich nicht verfolgen.
52 III
Sarpedon den Lykier im E. der ionische dichter , der diese
koischen kämpfe in sein gedicht aufnahm , muste ihnen das
allgemeine local der heroenkämpfe , Troia , anweisen ; durch die
einführung eines neuen bundesgenossen der Troer gewann er
für ein neues abenteuer raum . dabei liefs er den barbaren , der
die neu eingeführten Griechenhelden erschlug, ebendaher stammen ,
wo die barbaren wohnten , mit denen seine landsleute sich herum
schlugen , zumal die beziehungen zwischen dem troischen und
mysischen Téoyauos damals wol noch bedeutsamer und verständ
licher waren , als heute. 19)
Die Griechenstämme, welche sich auf den inseln vor der
karischen und lykischen küste angesiedelt haben , sind auf viel
stärkeren widerstand , so viel es scheint, gestoſsen , als die , welche
Chios Samos und die später ionischen küstenstriche hellenisirten .
der niederschlag dieser kämpfe ist einmal die flucht des Herakles
von Kos , schon im berührt und zu allen zeiten in Kos in
lebendigem gedächtnis , und der fall des Tlepolemos im E , zum
andern der tod des Machaon und Nireus durch Eurypylos. das
epos dankt dem die einführung einmal der Lykier, zum andern des
Eurypylos und der Meroper.20) die koischen parallelsagen ergeben
Zwei verschiedene stämme als einwanderer daſs die Herakles
sagen den Dorern angehören , welche die inseln endgiltig be
hauptet haben , liegt auf der hand ; diese sagen sind also , ob
gleich in breiterer ausdehnung in der Ilias vertreten , die jüngeren .
die vorläufer der Dorer scheinen Thessaler, oder vielmehr von
den Thessalern aus ihren sitzen verdrängte Achaeer (oder wie
man sie nennen will) gewesen zu sein . Antiphos und Pheidippos,
19) Wenn nicht vielmehr Πέργαμος κι 'Ίλιος sich verhält wie Ξάνθος Ζα Σκά
uavdgos. das scheint mir ein recht zeugungskräftiger gedanke .
20) Wie bekanntlich Lykier und Kiliker nach ihrem eintritt in das ionische
epos zwar ihren namen behalten baben , aber zum teil von den dichtern auf der
troischen halbinsel angesiedelt wurden , so ist es auch den Meropern von Kos ge
gangen , daher der könig Merops von Perkote 4 329 (es ist ganz unglaublich , daſs
der dichter die beiden söhne unbenannt gelassen hätte ; der dichter des katalogs
schreibt 329–332 B 831-834 ab , nennt aber die namen , Ampbios und
Adrestos . also ist ein vers, der sie enthielt, vor 1 329 ausgefallen ). antike und
moderne pbilologen sind durch die doppelten Lykier und Kiliker zu den aben
teuerlichsten schlüssen verführt ; auch in betreff der Meroper ist davor zu warnen.
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 53
die im Katologe Kos vertreten , sind zwar, wie für die zeit jenes
gedichtes natürlich ist, Herakleiden , aber ihr vater heiſst Thessalos
(675),21) die Asklepiaden sind nach B und 1 aus Thessalien, und
treten in den Nosten mit den Lapithen zusammen auf. Triopas,
nach dem das bundesheiligtum der hexapolis heiſst, sammt der
Demeter von Knidos und seiner ganzen sippe ist in Thessalien
zu hause, und dieselbe genealogie, welche Diodor ( V 61 ) von
ihm gibt , steht bei Eustathius zu B 732 von Asklepios. beide
stammen von Lapithas , dem sohne des Apollon und der Stilbe.
wie wir diese genealogie des Asklepios als die koische anzunehmen
haben , so spricht sie laut für die thessalische herkunft jener
stämme. noch mehr gewicht ist darauf zu legen, daſs der über
winder des Eurypylos, Neoptolemos , ein Sohn des Phthioten
Achilleus ist, und sehr gute zeugen dies geschlecht, das er
lauchteste des epos , mit Kos verbinden , 22) so daſs man fast ver
sucht ist , die einführung des Achilleussohnes, dessen existenz
nicht bloſs alle älteren teile der Ilias, sondern die echte Achilleus
sage überhaupt ausschlieſsen , auf diese stämme zurückzuführen.
endlich fehlt es nicht an bindegliedern zwischen Kos und Lesbos,23)
dessen bewohner, wie eben Achilleus zeigt , auch ehemalige
Phthioten unter sich zählten . doch sondert der Asklepioscult
die Koer entschieden von den Lesbiern .
So weist der Asklepioscult von Kos hinüber nach Thessa
21) Die thessalische heimat spricht am deutlichsten der peplos aus (39) , nach
welchem die beiden helden γαία πατρίς Κώων ήδ' 'Εφύρη κατέχει. gemeint ist
Ephyra -Kichyros. derartige notizen bei Buttmann mythol. II 258. die aufstellungen
des groſsen gelehrten muſs ich berichtigen , aber ganz in seinem sinne , und ich
kann ihn nicht citiren, ohne seiner genialität zu huldigen, die vor zwei menschen
altern den richtigen weg wies und wandelte , ohne doch die rechte nachfolge zu
finden, so daſs er jetzt fast vergessen ist.
22) Peleus , von den söhnen des Akastos vertrieben, reist Neoptolemos ent
gegen, wird auf Kos gastlich von einem Abanten Molon aufgenommen und stirbt.
Schol. Eur. Tr. 1128 (aus Lysimachos höchst wahrscheinlich ). seinen tod auf Kos
erwähnte auch Kallimachos, schol. Pind . Pyth . 3, 167. daſs die Abanten den
Phthioten nahe stehen ist mythisch dasselbe, wie die historische beziehung Histiaias
zur Histiaiotis.
23) Es genügt für den vorliegenden zweck auf Diodor V 81 zu verweisen ;
quelle rhodisch .
54 III
lien , nach Trikka , das auch nach dem Kataloge die heimat der
Asklepiaden ist , und auf grund der homerischen erwähnung mit
erfolg im altertume den anspruch erhob, des gottes älteste cult
stätte zu sein.24 ) in der tat ist er sowol im norden , wo Trikka
liegt, wie in der südthessalischen ebene, am Pelion , in Phokis 25) und
auch in Nordboeotien , z. b . Orchomenos, bei den Lokrern , z . b . in
Amphissa viel verehrt , und wenn wir auch die speciellen ansprüche
von Trikka nicht hoch anzuschlagen haben , so müssen wir die
ursprünglichkeit des cultus in diesem landstrich doch mit ent
schiedenheit festhalten .
Damit verletzen wir aber die schon oben gelegentlich der
Katalogverse angeführten ansprüche Messeniens , wo nicht nur
Asklepios geboren sein sollte, sondern Machaon begraben liegen ,
der dort auch ein wundertätiges heiligtum besafs, und wo selbst
seine söhne verehrung genossen . daſs die messenische tradition ,
wie sie bei Pausanias vorliegt , die homerischen stellen , sowol die
der Ilias als auch den tod Machaons in der kleinen Ilias, zur vor
aussetzung nimmt, die sie sich mit gewalt erst brauchbar machen
muſs,26) genügt noch nicht , um sie zu discreditiren . bedenklicher
schon ist es , daſs sie die einführung des cultus für Machaon
und seine Söhne an königsnamen der dorischen zeit knüpft
(P. IV 3) . denn damit ist nicht nur die continuität unterbrochen,
von der unmöglichkeit mit dem alter der andern heiligtümer auf
dieser voraussetzung zu concurriren gar nicht zu reden : der
cult des Machaon und seiner söhne Gorgasos und Nikomachos 27)
ist auch gar kein lediglich heroischer, sondern sie sind heilgötter ,
24) Apollodor bei Strabon 437. deshalb berücksichtigt Isyllos C denn auch
Trikka.
25) In Tithorea ist Asklepios áoxayétas, Paus . X 32, 12. das würde also
der ort sein, dessen echte tradition man besonders gern kennen möchte.
26) Der Gerenier Nestor verpflegt in der Ilias den Messenier Machaon : weil
er sein nachbar war , deducirt Pausanias IV 3, 2. der Phthiote Achilleus inter
essirt sich in der Ilias für Machaon aus Trikka : weil er sein nachbar war , oder
auch weil Achill mitschüler seines vaters bei Cheiron gewesen war , deducirt der
scholiast V zu 1 613. das hebt sich.
27) Dieser hat die ehre , der ahnherr des Aristoteles zu sein , dessen vater
nach ihm beiſst. Hermippos bei Diogenes V 1 und in den parallelen brechungen
der Aristotelesvita .
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 55
concurrenten des Asklepios. Pausanias bietet schlagende pa
rallelen . in der Thyreatis wird ein heilgott Polemokrates ver
ehrt und gilt für einen sohn des Machaon (II ende) . wenig ver
schieden ist es , daſs in Titane der Asklepioscult durch Alexanor,
Machaons sohn , eingeführt ist (II 11 , 5) , in Argos durch Sphyros,
Machaons sohn ( II 23). in Titane wird neben Alexanor Euame
rion verehrt , jener als heros , dieser als gott ; der Asklepios
aber heiſst Toptóvios. wie der name der stadt Titane zu dem
thessalischen Titanos (B 735) sich stellt, so weist der beiname
den Asklepios als entlehnt aus Gyrton aus, und man wird an
das thessalische denken ,28) denn zwischen I'vgrov und Toprúv
ist kein unterschied, auch abgesehen von der echten aussprache
des v und der thessalischen des W. will man nun die beiden
daemonen , den heros ,Mannwehr und den gott ,Guttag (den
gegensatz zu dem niederdeutschen ,weidag “) nicht für ganz junge
abstractionen halten , wie das allerdings Telesphoros ist , mit dem
Pausanias den Euamerion identificirt, so kommt man zu der an
nahme, daſs in Titane ein alter cultus war , den sich , bei fort
schreitender angleichung der götter und ihrer culte , der von
Thessalien aus verbreitete Asklepios halb annectirt, halb unterge
ordnet hat. und bei dem thyreatischen Polemokrates , einem
rechten bruder des Alexanor, wird man doch allerwegen nicht
anders urteilen können . dem folgt dann nicht bloſs der Machaon
von Gerenia, dem man bei dem sehr zweifelhaften alter des ortes
so wie so nicht viel trauen kann , sondern auch das par Gor
gasos und Nikomachos von Pharai, der heimat der groſsen messe
nischen heldenbrüder Idas und Lynkeus , ehedem gewiſs Dioskuren ,
der söhne des Aphareus, des eponymos von Pharai ; 29) deren
25) Dort gab es einen fluſs Lethaios ; eben so hieſs der von Trikka , an dem
Asklepios geboren sein sollte, Strabon 647. O. Müller (Minyer 194 ffg .) hat diese
beziehung richtig erkannt und für Gyrton als sitz der Phlegyer belege beigebracht.
23) ’Açageús : Ⓡepai = "Afws : Ones und die andern parallelen Hom. Unt. 18.
Aphareus ist in den sagen, wie sie uns vorliegen, der vertreter von ganz Messenien,
und wird sammt seinen söhnen nicht fest an einem orte angesiedelt. aber ganz
vergessen war der zusammenhang mit Pharai nicht. Steph. Byz. Þapai : nóhes
Μεσσήνης όθεν ήσαν οι 'Αφαρητιάθαι ; das entscheidende wort ist freilich nicht
ganz sicher , aber wahrscheinlich von Xylander hergestellt. der stadtname ist
56 III
hatten die traditionen , welche Pausanias über Pharai widergibt,
ganz vergessen . ich will nicht gradezu die Machaonsöhne mit
ihnen identificiren , aber das scheint mir nicht verwegen , anzu
nehmen , daſs auch hier alte heroen fremde namen und fremde
herkunft erhalten haben , indem ein populärer cult bei seiner
einführung nicht neben , sondern an die stelle des inhaltlich ver
wandten trat .
Damit ist nicht nur dem messenischen , sondern dem ganzen
culte des Asklepios, der durch Lakonien und viele cantone von
Arkadien verbreitet war , eigentlich das urteil gesprochen, nicht
so zwar, daſs jedes heiligtum desselben zu einem thessalischen
im verhältnisse von tochter oder enkelin stand. es wird viel
fach ein analoger übergang wie bei Alexanor Polemokrates Gor
gasos stattgefunden haben. die göttlichen gewalten waren da,
aber sie haben den fremden namen angenommen , und für uns
ist nun nicht zu scheiden , was in ihrem wesen mit diesem allmäh
lich eingedrungen ist , was ursprünglich war und wegen seiner
ähnlichkeit zu jener übertragung des namens veranlassung gab.
Wir haben die Asklepiossöhne erledigt. ihr fast über den
ganzen Peloponnes verbreiteter cult mag unter diesem namen
unursprünglich sein : dem homerischen epos gegenüber , welches
den Asklepiaden eine ganz untergeordnete rolle als heroen gönnt,
hat er zwar nicht den vorzug zeitlicher priorität, aber wol den
der ursprünglichkeit. das wird man dem messenischen gotte
natürlich identisch mit dem obscuren boeotischen Papai, welchem die numismatik
eine alte münzprägung zuschreibt (Imhoof Blumer , Zur münzkunde Boeotiens
53), wogegen die geschichte freilich starke zweifel erheben muſs , und mit
dem thessalischen Depai, das eben so wie das messenische im epos onpai heiſst.
dessen eponymos ist Pheres , sohn des Kretheus, bruder des Pelias und Neleus.
Neleus siedelt sich, von Pelias vertrieben , dicht bei dem messenischen Pharai, in
Gerenia an, Krethon ist mit Orsilochos sohn des Diokles von Pharai; den rühren
den tod dieses brüderpares schildert E 540 - 560. da der name Krethon an
Kretheus , das sterbende brüderpar aus Pharai an Idas und Lynkeus , Gorgasos
und Nikomachos aus Pharai mahnt, so möchte ich Diokles und seine söhne nicht
mehr für eine erfindung des dichters von E , also die einführung des Diokles in
der Telernachie nicht mehr für entlehnung aus E halten , die beziebungen Messeniens
zu Thessalien springen ins auge. kehrt doch selbst der name Triopas als vater
der landesheroine Messene wieder.
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 57
Asklepios auch zugestehen ; bei welchem jedoch die abhängigkeit
von Thessalien noch viel deutlicher hervortritt. sie zu erkennen
ist wider das verhör der ältesten tradition unerläſslich , und so
kommen wir auf das epos zurück , zwar nicht auf Homer , aber
auf Hesiod .
Es gilt die reconstruction eines der wirksamsten und deshalb
noch heute kenntlichsten teiles der Eoeen . ich hoffe, meine aus
führliche darlegung wird den nachprüfenden und selbst denken
den lehren , daſs eine solche unternehmung erfolg hat . die hel
densage erfordert dringend, daſs in dieser weise die einzelnen
hesiodischen gedichte oder doch ihre stoffe aufgearbeitet werden ;
eh das nicht in viel weiterem umfang geschehen ist, kann an das
allgemeine, das verhältnis von Katalog Eoeen und zusätzen , dis
position des stoffes, relative chronologie nicht gegangen werden.
ich hoffe methode zu lehren , wünsche nachahmung. das alles
genügt nicht , die ausführlichkeit zu entschuldigen , mit welcher
ich an diesem orte das gesuchte gedicht behandelt habe. entschul
digt werde ich nur sein, wenn ich es gefunden habe, nicht des
findens wegen , sondern weil das gefundene ein stück echter
ewiger poesie ist. ich hatte so etwas im Hesiod nicht erwartet.
Zwei bruchstücke der Eoee sind im Wortlaut erhalten und
als zugehörig ausdrücklich bezeugt. Strabon (442 und 647) gibt
den anfang, fgm . 147.30)
ή ολη Διδύμους ιερούς ναίουσα κολωνούς
Δωτίω εν πεδίω πολυβότρυος αντ ’ ' Αμύροιο
νίψατο Βοιβιάδος λίμνης πόδα παρθένος αδμής ..
damit gewinnen wir das local, sidvuoi ist ortsname , wie die
apposition zeigt, welche so betrachtet jeden anstoſs verliert. das
andere bruchstück , 148 , hat Artemon von Kassandreia erhalten
(schol. Pind . Pyth . 3, 48 ), der berichtet, daſs bei Hesiodos der
rabe dem Apollon die meldung von der untreue der Koronis
30) Ich citire die bruchstücke jetzt und in zukunft nach Rzach , dessen aus
gabe das material brauchbar zusammenstellt. den text gebe ich natürlich so, wie
ich ihn für richtig halte: einen vers wie or' as ' logus Eynuɛ Kópwviv, in dem
ão so gut wie gar nicht , tynue nicht allein überliefert ist , sollte sich niemand
entschlüpfen lassen .
58 III
brachte und dafür sein ursprünglich weiſses gefieder verlor. nur
vier verse von vielen , die Artemon offenbar angeführt hatte,
stehen noch in den scholien ( 148 ).
τω μεν άρ άγγελος ήλθε κόραξ ιερής από δαιτος
Πυθω ες ήγαθέην καί ' έφρασε έργ ’ αίτηλα
Φοίβω ακερσεκόμη, ότι 'Ισχυς γήμε Κόρωνιν
Είλατίδης , Φλεγύαο διογνήτοιο θύγατρα .
damit ist die hauptsache gewonnen. ein anderer vermählt sich
mit Koronis , oder will sich vermählen und ist grade bei der
,hochzeit , bei dem heiligen festmale , als der rabe seinem herrn
die unheilsbotschaft bringt. es folgt von selbst , daſs die ehe
nicht vollzogen wird, wenn nur der gott mit göttlicher schnellig
keit intervenirt.
Artemon führt die verse an , um zu beweisen , daſs Pindar
die seinem religiösen gefühle anstöſsige rabengeschichte entfernt
hat , als er, im dritten pythischen gedichte, die yovaì ’ Aoxinatioő
ausführlich darstellte . auch wir können noch erkennen , daſs
Artemon vollkommen recht hat , denn Pindars worte sind nur
als polemik gegen eine andere sagenform verständlich . ou d '
έλαθε σκοπόν · εν δ ' άρα μηλοδόκω Πυθώνι τόσσαις άιεν ναού βα
σιλεύς Λοξίας κοινάνι παρ ' ευθυτάτω γνώμην πιθών31) πάντα
ίσαντι νόω : ψευδέων δ ' ουχ άπτεται , κλέπτει τέ νιν ο θεός ου
βροτος έργοις ούτε βουλαίς (27-30). darin ist Pindars einwand
gegen Hesiods raben deutlich genug ausgesprochen. ,was brauchte
der allwissende der Koronis einen wächter zu setzen ?"
Zu einer solchen polemik konnte Pindar nur kommen , wenn
er im übrigen dem Hesiod folgte, und Artemon konnte die ab
weichung nur wahrnehmen , wenn er sonst übereinstimmung fand .
es ist die verstümmelung der scholien daran schuld , daſs wir
nichts genaueres erfahren. so müssen wir zunächst hören, was
31) Zu construiren τω να την γνώμην παραπείσας. allerdings hatte Apollon
sich auf Koronis verlassen , und so seine ya ua sich getäuscht; aber ihm wohnt
ein untrüglicher voðs bei , der ihn von der yvuua abbrachte. daſs unsere band
schriften renifov haben , liegt wol daran , daſs nagnanıfuv die aus Homer ge
läufige form ist.
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 59
Pindar erzählt . das ist in kürze folgendes. Apollon hatte mit
Koronis , der tochter des Phlegyas, in Lakereia den Asklepios
gezeugt ; sie aber ergab sich dem Arkader Ischys, des Elatos
sohn . als Apollon das merkte , sandte er die Artemis , welche
Koronis und viele Phlegyerinnen tötete . aber als Koronis auf
dem scheiterhaufen lag , rettete Apollon den sohn , den sie von
ihm trug , aus dem leichnam der mutter , und übergab ihn dem
Cheiron. der erzog ihn und lehrte ihn alle arten von heilmitteln .
aber Asklepios lieſs sich durch geld verleiten , tote aufzuwecken ,
dafür traf ihn der donnerkeil des Zeus.
Die vergleichung dieser darstellung mit dem bruchstücke
148 ergibt einen tiefgreifenden widerspruch zu Hesiod . bei
diesem ist von einem heimlichen umgange der Koronis mit Ischys
nicht die rede , sondern sie heiratet ganz öffentlich , unmöglich
gegen den willen ihres vaters . aber auch hier verrät die pinda
rische dichtung selbst , daſs er von seiner quelle abweicht, und
daſs er will , der hörer solle diese abweichung bemerken , die er
damit gewissermaſsen rechtfertigt. ,,sündigen herzens hatte Ko
ronis den Apollon sich aus dem sinne geschlagen und ein an
deres ehebündnis gewählt hinter ihres vaters rücken , obwol sie
vorher die liebe des Phoibos genossen hatte und einen reinen
keim von dem gotte trug. sie konnte nicht abwarten, daſs hoch
zeitsmal und brautlied , wie es die gespielinnen am hochzeitsabend
singen , herankäme, sondern verlangte nach dem , was nicht für
sie war. so geht es oft. nichts so töricht wie die leute, welche
in die ferne blicken , in der eitelen jagd unerfüllbarer hoffnung .
in diese schwere verschuldung geriet die seele der Koronis . es
kam ein fremdling aus Arkadien , dem ergab sie sich .“ wer kann
hier die bewuste polemik verkennen , erscheint doch sogar das
hesiodische hochzeitsmal in negativer fassung. Zu der correctur
trieb den dichter auch hier ein religiöser anstofs. er sah in
Hesiods bericht keine schuld der Koronis . der vater hat der
tochter den gatten zu wählen , und die meisten ahnfrauen der
erlauchten geschlechter hatten neben einem gotte auch einem
sterblichen angehört. wie sollte Koronis so schwer für das
büſsen , was Leda und Alkmene zum ruhme war ? so ersetzte
Pindar die ehe durch ein sträfliches verhältnis. doch damit nicht
60 UI
genug : ihr buhle ist ein fremdling , und Pindar schilt ganz be
sonders deshalb . auch dies ist eine neuerung der name, Ischys
des Elatos sohn , ist freilich bei beiden dichtern derselbe. aber
daraus folgt nicht , daſs Ischys auch bei Hesiodos ein Ar
kader war , denn Elatos und Koronos gehören zusammen , wie
Elateia und Koroneia, 32) und in verbindung mit Polyphemos und
Kaineus ist Elatos allezeit ein Lapithe geblieben.33) es ist nicht
anzunehmen , daſs dieser offenbar ursprüngliche zusammenhang
schon in der Eoee verdunkelt gewesen wäre, da die verheiratung
der Koronis in ihrer verwandtschaft einfach der griechischen
sitte entspricht zu seiner veränderung konnte allerdings Pindar
nur dann sich berechtigt glauben , wenn es einen Arkader Ischys,
Elatos ' sohn gab ; das wird , wer es nicht weiſs, unten erfahren.
Und noch eine dritte änderung Pindars hat man richtig er
kannt : die bestechung des Asklepios. daſs sie bei Hesiod nicht
stand ,folgt daraus , daſs sie überhaupt nur bei solchen vor
kommt , welche von Pindar abhängen. daſs sie den ursprüng
32) Die beiden städte , zuerst thessalisch , dann nach Phokis und Boeotien
übertragen , haben ihren namen von tannen und krähen (oder einer xoporn , einer
spitze) , sind also das prius, die namen der heroen daraus gemacht. das zeigt die
sprache. aus diesem geschlechte stammt Kopwvis, die also wider erst nach
Kopwvós benannt ist, und etymologische spielerei mit ihrem namen hat den ort
Aaxégeza und den raben herbeigezogen. man sieht, wie jung das sein muſs.
33) Koronos als Lapithe bedarf keiner belege . Elatos Lapithe, vater des Poly
phemos , Apoll . Rh . I, 41 ; vater des Kaineus Ovid. Met. XII 492 u . a. sonst ist
Kaineus aucb sohn oder vater des Koronos Apoll. Rh . I 57 und die scholien sammt
der parallelüberlieferung. aus Hesiod griff Sophokles in den Aapiocioi den namen
Elatos auf ( fgm . 348 ) , denn er läſst ihn Surteús sein. das drama gehört der
Perseussage an , und das bruchstück einem botenberichte, wie ihn der paedagoge
der Elektra liefert. Ovid erzählt die verwandlung des raben und von der Koronis
fabel so viel als dafür nötig ist, wesentlich nach der Eoee, nur daſs seinem sinne
die lascivere wendung mehr bebagt bat. den buhlen bezeichnet er nicht genauer
als mit Haemonius iuvenis ( Met. II 598) , kennt also wenigstens den Arkader
nicht. seine quelle ich denke , Nikander) gesellt dem Kópas die Kopavn , und
Ovid läſst diese tochter eines Koroneus aus Phokaia sein ( 569 ) . darin ist ein febler :
er hätte Phocicus statt Phocaicus sagen müssen, und wahrscheinlich hieſs der vater
der Korone wie der vetter der Koronis Kopwvós. die Phoker hat der griechische
excerptor der Metamorphosen ( Westermann Mugoyo . 348 vgl . Anal. Eurip. 182 )
richtig erkannt : Kopwveús hat er aber auch schon gelesen, so daſs nicht geändert
werden darf.
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 61
lichen sinn des mythos verdirbt , liegt auf der hand. ursprüng
lich kann Zeus nur , wie es bei Aischylos Ag. 1024 steht , im
interesse der gefährdeten weltordnung den allzuglücklichen arzt
getötet haben . auch hier gibt Pindar seine neuernng durch eine
sentenz αλλά κέρδει και σοφία δέδεται· έτράπεν και κείνον άγά
νορι μισθό χρυσός εν χερσίν φανείς . die psychologische motivi
rung macht die neue version wahrscheinlich . ein religiöser an
stofs hat ihn hier aber nicht bewogen, im gegenteil, es ist klar .
daſs er so nicht dichten konnte , wenn für ihn Asklepios eine
heilige person war.
Eine notwendige bestätigung dieser analyse liegt in der
poetischen absicht , welche überhaupt die einführung des As
klepiosmythos bedingt hat . das gedicht, welches Aristophanes
als drittes pythisches eingereiht hat , weil man es in der tat am
liebsten mit 1 und 2 liest , ist ein brief an Hieron , in welchem
Pindar eine reise nach Syrakus ablehnt , aber seinen kranken und
von schweren sorgen verbitterten gastfreund aufrichtet , indem er
ihn mahnt , sich zu bescheiden, des froh zu werden , was er trotz
allem leid vor allen andern sterblichen besitzt, und von diesem
besitze würdigen gebrauch zu machen . ihm selbst sagt er 62
ταν έμπρακτον άντλει μηχανάν , 82 εν παρ ' εσλόν πήματα σύνδυο
δαίονται βροτοίς αθάνατοι, τα μεν ου δύνανται νήπιοι κόσμω φέρειν,
αλλ ’ αγαθοί , τα καλά τρέψαντες έξω. 105 όλβος ανδρών έρχεται
ουκ ές μακρόν ( die richtige Wortfolge von G. Hermann) σως (δς
lasen schon die Alexandriner) , πολύς εύτ ' αν επιβρίσαις έπηται .
σμικρός εν σμικροΐς , μέγας εν μεγάλοις έσσομαι· τον δ ' άμφέποντ'
αιεί φρασιν δαίμον ’ ασκήσω κατ ' έμαν θεραπεύων μηχανών. ει δε
μοι πλούτον θεός αβρόν, δρέξαι ελπίδ ' έχω κλέος ευρέσθαι κεν
υψηλών πρόσω. hält man daneben 20 ήρατο των απεόντων , οία
και πολλοί πάθον · έστι δε φύλον εν ανθρώποισι ματαιότατον ,
όστις αισχύνων επιχώρια παπταίνει τα πόρσω, was von Koronis
nicht ohne einigen zwang gesagt ist , so sieht man wol , wohin
dieses ganze exempel zielt . an das frevle beginnen , daſs ein toter
durch zauberkunst dem leben zurückgegeben werden soll , setzt
61 unmittelbar die mahnung an μη, φίλα ψυχά, βίον αθάνατον
σπεύδε. und die vom κέρδος gebundene σοφία ( ein begriff, der
auch die poesie umfasst) mahnt an das stolze wort des schlusses
62 III
, hätte ich reichtum , ich würde ihn zu verwenden wissen . ist
doch der ganze brief auch ein absagebrief; Pindars kunst war
niemandem feil. die hesiodische geschichte ist der text , aus
welchem die höchst persönlichen, aber allgemein gehaltenen mah
nungen abgeleitet werden . sie wollte der dichter geben , sie hatte
er zuerst concipirt , und von diesem augenpunkte betrachtet ver
schob sich ihm die hesiodische geschichte so , wie sie nun er
scheint.34)
Der Pindaranalyse verdanken wir den inhalt eines teiles der
Eoee. was zunächst zu vergleichen ist , hilft nicht viel weiter,
liefert aber vollste bestätigung. Pherekydes erzählte im ersten
buche nach dem Pindarscholiasten (59) ότι η Κορωνίς εν Λακερεία
ώκει προς ταϊς πηγαίς του 'Αμύρου - ένθα και περί του κόρακος
διηγείται και ότι 'Αρτεμιν έπεμψεν ο Απόλλων , και πολλάς άμα
γυναίκας απέκτεινε, και ως τον "Ισχυν ο Απόλλων κτείνει τον δε
'Ασκληπιον δίδωσι Χείρωνι. der tod des Ischys durch Apollon
ist ein zug, den wir nun unbedenklich dem Hesiod einreihen .
Sehr viel weiter gelangen wir durch die apollodorische biblio
thek (III 10 3), die jetzt erst verwendbar wird . Hercher hat nach
Heynes vorgang durch gewaltcuren gute sprache hergestellt , aber
den sinn ganz zerstört; wie diese studien jetzt stehen , ist die
unstatthaftigkeit solcher kritik eine ausgemachte sache. nicht ohne
schamgefühl muſs ich aber gestehen , der berechtigten forderung ,
einen lesbaren und glaublichen text zu liefern , nicht genügen zu
können . nachdem Asklepios in den Leukippidenkatalog eingereiht ist,
folgt die variante, τινές δε Ασκληπιόν ουκ εξ Αρσινόης της Λευκίππου
λέγουσιν , αλλά εκ Κορωνίδος της Φλεγύου « δυναστεύοντος κατά Λα
κέρειαν, So etwas fehlt > εν Θεσσαλία . και φασιν ερασθήναι ταύτης
' Απόλλω και ευθέως συνελθεϊν . τού δε παρά την του πατρός γνώμην
ελομένου "Ισχυι τω Καινέως (Sevin : Κλεινέως codd .) αδελφώ συνοικεϊν .
' Απόλλων δε τον απαγγείλαντα κόρακα καταράται και (Faber : ως
oder ός codd.) τέως λευκών εόντα (sic) εποίησε μέλανα , αυτήν δε
34) Die romane , welche die anspielungen schnüffelnde Pindarexegese aus der
geschichte von Asklepios gesponnen hat , durch nacherzählen zu widerlegen , er
spare ich mir. mehr wäre nicht nötig, obgleich selbst G. ſermann dieser rätsel
raterei seinen tribut hat zahlen müssen .
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGINO 63
απέκτεινε . καιομένης δέ αυτής άρπάσας το βρέφος εκ της πυράς
προς Χείρωνα τον Κένταυρον ήνεγκε , παρ ' ώ τρεφόμενος και την
ιατρικής και την κυνηγετικήν εδιδάχθη (τρεφ. vor έδιδ. codd. ) .
και γενόμενος χειρουργικός και την τέχνην ασκήσας επί πολύ ου
μόνον εκώλυέ τινας αποθνήσκειν αλλ ' ανήγειρε και τους αποθανόν
τας 35) . Ζευς δε φοβηθείς μη λαβόντες « οι » άνθρωποι θεραπείας
παρ ' αυτού ( Heyne : αύτών codd. ) βοηθώσιν αλλήλοις 38) έκεραύνωσεν
αυτόν. και διά τούτο δργισθείς ' Aπόλλων κτείνει Κύκλωπας τους
τον κεραυνόν Διι κατασκευάσαντας . Ζεύς δε εμέλλησε ρίπτειν αυ
τον είς Τάρταρον , δεηθείσης δε Λητούς έκέλευσεν αυτόν ενιαυτόν
ανδρι θητεύσαι· δ δε παραγενόμενος εις Φεράς προς Αδμητον τον
Φέρητος τούτω λατρεύων επoίμαινε και τας θηλείας βούς πάσας δι
δυματόκους εποίησε . dieser bericht ist traurig Zugerichtet , und
grade die stelle, wo Koronis verhältnis zu Ischys behandelt wird,
ungeheilt. ich denke es war etwas wie ευθέως συνελθεϊν [τού δέ ]
παρά την του πατρός γνώμην ελομένου Ισχυι τω Καινέως αδελφό
συνοικίζειν αυτήν , vorauf dann ein satz folgte, der die entfernung
Apolls und die hochzeit berichtete. fehlt doch auch nachher
offenbar etwas. auf die bestrafung des raben muste folgen aùrnu
δε Αρτεμις κατετόξευσε τον δ ' Ισχυν ' Απόλλων απέκτεινε . aber
wie verstümmelt der bericht auch sein mag : daſs er hesiodisch
ist, ist unverkennbar, und die richtige genealogie des Ischys auch
als bestätigung der obigen analyse von wert. die hauptsache
aber ist : hier geht die geschichte weiter , der tod der Kyklopen
und die dienstbarkeit des Apollon hängen fest mit dem tode des
Asklepios zusammen . sind sie etwa auch hesiodisch ?
3) Hier folgt erstens ein zaubermittel , das Athena dem Asklepios gegeben
hat , die aus Euripides Ion bekannten zwei tropfen Gorgoblut. sie sind , wo sie
auch immer herstammen, ein unorganisches einschiebsel in der Asklepiosgeschichte.
zweitens folgt ein citatenpest , das verzeichnis der traditionen , wen Asklepios er
weckt haben sollte, von Münzel quaest. mythogr. 3 wabrscheinlich auf den Athener
Apollodor zurückgeführt. dem compilator der bibliothek würde ich die verkehrte
einlage zutrauen, auch wenn nicht Hygin 49 für sie zeugte. ich würde keine ge
schichte und kein citat aus der bibliothek auswerfen .
36) Es ist unbegreiflich daſs Hercher die christliche variante des interpolators
Zenob. 1 , 18 vorziehen konnte δια γούν το μή δόξαι τούτον παρ' ανθρώπους είναι
θεόν. es geht dort vorher τεθνεώτας αναστήσαι μυθολογείται . die corruptel
verbirgt etwas wie επιθώνται τοϊς θεούς . Aischylos sagt blofs επ' ευλαβεία.
64 III
Philodem de rel . p . 17 sagt τον ' Ασκληπιον δ ' υπό Λιος κεραυ
νω] θήναι γέγρ [αφεν Ησίοδος και δρος και Φε [ ρεκύδης ] και
'Αθηναίος [και Πανύ] ασσις και 'Α– και ' Ακουσίλαος ]. Ευριπίδης
δ' ούτω ] λέγει Ζευς γαρ κατακτάς παίδα τον εμόν. Αthenagoras
( 25 ). schlieſslich aus derselben quelle (Münzel qu. mythogr. 24 ),
führt die Hesiodverse an (fgm . 109 ).
πατήρ δ ' ανδρών τε θεών τε
χώσατ ’, απ ’ Ούλύμπου δε βαλών ψολόεντι κεραυνό
έκτανε Λητοΐδην , Φοίβω συν θυμόν ορίνων.37)
die tötung der Kyklopen erzählt Pherekydes ( schol. Eur. Alk . 1 )
folgendermafsen παρ ' αυτόν τον "Αδμητον έρχεται 'Απόλλων θη
τεύσων είς ενιαυτόν Διός κελεύσαντος , ότι κτείνει τους Βρόντεω και
'Αστερόπεω και "Αργεω παϊδας: κτείνει δε αυτούς ' Απόλλων Λιι
μεμφθείς , ότι κτείνει Ζευς ' Ασκληπιόν τον παίδα αυτού κεραυνώ εν
Πυθώνι: ανίστη γάρ τώμενος τους τεθνεώτας. wie wir zufällig
durch den Athener Apollodor wissen ,38 ) stand dies im achten
buche des Pherekydes , also weit entfernt von der geschichte des
37) Ueberliefert ist φίλον für Φοίβω, man hat viel versucht, aber vergeblich. das
praesens ópivwv zeigt, dass vom zorn des Zeus nicht die rede sein kann, und der
parallelvers Ω 467 ίνα οι συν θυμόν ορίνης schützt συν und weist auf einen dativ ..
Antoidnu von Asklepios gesagt ist , wie Meineke gesehen hat , nicht unmöglich ,
wird aber auch verständlicher , wenn Apollon dicht daneben genannt ist. ent
scheidend ist der Pindarvers, dessen richtige erklärung ich unabhängig von dieser
parallele gefunden hatte , die in wahrheit sein vorbild ist , Pyth. 3, 67. „wenn
Cheiron noch lebte, so würde ich ihn bestimmen, einen arzt zu Hieron zu senden,
ή τινα Λατοΐδα κεκλημένον ή πατέρoς. « mit den scholien versteht man darunter
einen sohn des Apollon oder des Zeus. letzterer könnte dann kaum jemand
anderes sein als Apollon ; und diesen nonsense billigen wirklich viele. kann denn
Cheiron dem Apollon commandiren ? die ärzte sind zumeist Asklepiaden , heiſsen
also nach dem Letoiden ; oder Cheiron würde gar einen anderen Apollonsohn, wie
ehedem den Asklepios selbst, in seiner höhle zur unterweisung haben , der dann
noch viel sicherer bilfe bringen würde als die Asklepiaden . die Pindarstelle
macht es denn vollends sicher , daſs die bei Athenagoras erhaltenen Hesiodverse
in die Eoee gehören .
38) Apollodor , in dem anm. 35 erwähnten citatenneste , führt aus Pherekydes
εν ογδόη των ιστοριών an , dafs Asklepios gettet ward wegen des τους εν Δελφούς
θνήσκοντας αναβιώσκειν. man sieht, Pherekydes hatte in wahrheit die auferweckten
eben so unbestimmt gelassen wie Pindar und die apollodorische bibliothek . Delphi
war nur der ort, wo Asklepios starb. das wird man als hesiodisch gelten lassen,
da es auch der ort ist, wo Apollon die schuld der Koronis erfährt.
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 65
Asklepios , die im ersten stand . auch zeigt das wörtlich erhaltene
fragment, daſs die Asklepiosgeschichte hier nur gelegentlich ge
streift war. ferner ist der ersatz der Kyklopen durch ihre kinder
eine kümmerliche rationalistische ausrede , um die hesiodische
geschichte mit dem glauben zu versöhnen , daſs die Kyklopen
noch heute die donnerkeile schmieden , die Zeus immer noch
schiefst. das ist für Pherekydes alles wichtig, beweist auch , daſs
die apollodorische bibliothek dem Hesiod noch näher steht als
ihm , aber ändert an der hauptsache gar nichts .
Auch der nächste zug ist als hesiodisch bezeugt. Philodem 34
Ησίοδος δε και 'Ακουσίλαος μέλλειν μεν εις τον Τάρταρον υπό τού
Διός εμβληθήναι , της Λητούς δ ' ικετευσάσης ανδρι θητεύσαι , und
die fürbitte der Leto , die in der bibliothek widerkehrt, ist eine
kräftige instanz für den zusammenhang. die dienstbarkeit bei
Admetos aus diesem grunde nennt der scholiast zum prolog der
Alkestis eine δια στόματος και δημώδης ιστορία , ή κέχρηται νύν
Ευριπίδης: ούτω δέ φησι και Ησίοδος και Ασκληπιάδης εν Τραγω
dovuévois. wird es danach auch schon als eine gesicherte tat
sache bezeichnet werden können , daſs in der bibliothek die hypo
thesis der hesiodischen Eoee , wenn auch schwer entstellt ,
erhalten ist,89) so gewinnen wir im prologe der Alkestis einen
unendlich zuverlässigeren zeugen , Euripides , und der führt uns
wider einen schritt vorwärts. wer die weise des dichters kennt,
muſs den bericht des Apollon , der die exposition des dramas
gibt , als recapitulation der poetischen darstellung ansehen , welche
für die sage kanonisch war , auf der er seine eigene erfindung,
die folgende tragoedie , aufbauen wollte . denn die knechtschaft
Apolls durch den tod der Kyklopen und diese durch den tod des
Asklepios zu begründen , hatte für sein stück gar keine bedeu
tung , folglich hat er dies aus seiner quelle entlehnt . es fehlt aber
auch im drama selbst nicht an hindeutungen auf die hesiodische
Eoee . wenn der chor 123 erklärt , nur Asklepios könnte Alkestis
retten , denn er erweckte die toten , bis ihn der donnerkeil traft,
so hat das erst dann die schönste beziehung, wenn die anwohner
39) Auf den ionismus devxòv {óvra mache ich aufmerksam , kann aber nichts
mit ihm anfangen .
Philolog. Untersuchungen IX . 5
66 III
des boebeischen sees sich ihres vor kurzem erst dahingerafften
mitbürgers erinnern : dem dichter aber ward diese beziehung
durch seine vorlage an die hand gegeben, welche von Asklepios
und Admetos gleichermaſsen erzählte.40) und wenn nach einer
idyllischen schilderung des herdenweidenden Phoibos fortge
fahren wird (588 ) τοιγαρ πολυμηλοτάταν εστίαν οικεί παρά καλλί
ναον Βοιβίαν λίμναν ( ο "Αδμητος) , so hat das seinen grund in
den zwillingskälbern, welche nach der apollodorischen bibliothek
die kühe des Admetos warfen . daſs uñaa eigentlich nur klein
vieh ist, hindert wahrlich nicht . bestätigend tritt überdies hier
noch dazu , daſs Kallimachos , eben auch mit hinblick auf Hesiod,
das wirken des Apollon vóuios an dem beispiel des Admetos
schildert , und diese schilderung schlieſst (Hymn. 2 , 54) ý dé xe
μουνοτόκος διδυμητόκος αίψα γένοιτο.. damit ist so viel fest
gestellt , wo die Alkestissage ihre erste nachweisbare darstellung
gefunden hat, an welche auch Euripides ansetzte . daſs wir aber
nicht etwa dessen geist- und gemüt- und humorvolles drama auf
Hesiods anregung zurückführen dürfen , lehrt am besten der
gegensatz der stimmung. die betrunkenen Moiren, der betrunkene
Herakles , der plumpe Thanatos gehören in eine andere sphaere
als Koronis Asklepios und die fürbitte der Leto : das sind dra
matisch , nicht episch - stofflich wirksame motive , die Euripides
von Phrynichos, aus dem burlesken drama, aufgenommen hat.41)
aber wenn gesagt worden ist , daſs attische oder lakonische
40) Daſs der chor auch 969 der heilmittel gedenkt , welche Þoîßos 'Aoxin
nuédais Edwxe, die aber gegen Ananke nichts belfen , kann zufällig sein , ist es
aber schwerlich , denn sonst kommen die Asklepiaden als ärzte , wenn ich nicht
irre, im drama niemals vor, und der ärzte gedenkt Euripides oft.
* 1) Thanatos im euripideischen costüm und sein ringkampf mit Herakles sind
für Phrynichos direct bezeugt , die trunkenheit der Moiren indirect durch Aisch .
Eum. 723. Aristophanes von Byzanz sagt in der hypothesis der Alkestis nap'
oỦdetébw xeitai uvfonotia . Robert ( Thanatos 30) hofft, daſs angesichts dieses
zeugnisses niemand Sophokles unter die schöpferischen bearbeiter des mythos rechnen
würde. die hoffnung war irrig. So hatte Welcker (gr. trag. I 344) geschlossen ,
und Preller-Plew II 317 grade den zug für Sophokles in anspruch genommen,
den Robert solcher gefabr für besonders ausgesetzt bezeichnete. natürlich kann
von allem dem keine rede sein. aber die beziehung der sophokleischen bruch
stücke 766 und 825 , die Welcker verführten , ist noch ganz rätselhaft und eben
so seine tragoedie Eumelos (203, 204 ).
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 67
rituelle poesie 42) die urquelle der Alkestissage wäre, so ist statt
dessen die hesiodische Eoee zu setzen , die uns hier beschäftigt,
durchaus nicht als urquelle der sage , aber doch als ihre älteste
und kanonische bearbeitung.
Ein weiteres hesiodisches citat steht nicht zu meiner verfügung,
aber es gelingt die fortsetzung der hypothesis zu finden , die in
der apollodorischen bibliothek mit der dienstbarkeit Apolls ab
bricht. den weg hat der interpolator des Zenobius gewiesen ,
der mit seinem excerpt aus der bibliothek von III 10 auf I 9, 15
übergreift. in der tat schliefst die dortige erzählung an : während
Apollon dem Admetos dienstbar ist , freit dieser um Alkestis,
Pelias tochter, welche dem zu teil werden sollte , der löwe und
eber unter ein joch spannte. dies gelingt mit Apollons hilfe dem
Admetos, der nun Alkestis heimführt, aber, da er der Artemis zu
opfern vergessen hat, im brautgemache schlangen findet. Apollon
verspricht indes, seine schwester zu versöhnen , und erwirkt von
den Moiren , daſs an stelle des Admetos ein anderer sterben
könne. vater und mutter weigern sich an dem kritischen tage,
Alkestis stirbt . aber Kore sendet sie zurück ως δε ένιοι λέγουσιν ,
Ηρακλής μαχεσάμενος Αιδη. dieses euripideische oder vielmehr
phrynicheische motiv sondert sich von selbst ab. aber auch die
Moiren müssen heraus. Artemis ist verletzt: was fordert sie
zum entgelt, wie wird sie versöhnt ? was haben bei dieser
sachlage, wo nicht das unentrinnbare verhängnis , sondern ein
eigenes verschulden den Admetos trifft, die Moiren zu suchen ? die
Moiren gehören in den zusammenhang, in dem sie bei den späteren
42) So Robert ( Than. 29). er baut auf Euripides 445-53 , dessen chor der
Alkestis nach ihrem opfertode verspricht , daſs sie den sängern Spartas an den
Karneen und den sängern Athens viel stoff bieten würde. aber das heiſst nichts
weiter, als daſs die griechischen dichter sie besingen würden ; bei denen in Sparta
ist an rhapsoden , also epische gedichte, also die Eoee zu denken . daſs Euripides
Griechenland durch Sparta und Athen bezeichnet, hat in den politischen verhält
nissen seiner gegenwart die erklärung. 438 war der dualismus anerkannt, und
war Athen mit ihm ganz zufrieden , da Sparta sich im samischen kriege legal ver
halten hatte. die Karneen sind das spartanische bauptfest, desbalb erscheinen sie.
aus Athen hätte er die Panathenaeen allein nennen können , aber er wollte natür
lich auf die eigene tragische poesie hindeuten, deren er nicht erwähnen durfte.
so half er sich mit einer allgemeinen wendung .
5*
68 III
auftreten , wo Apollon sie mit wein belistet , also zu Phrynichos .
sondern wir die dublette aus , so bleibt Artemis. & prauís, die
todesgöttin , die zugleich geburtsgöttin ist , die sich als dorquis,
nicht als hoxía an Koronis bewährt hat , ist verletzt : nur des
bruders bitten vermögen es zu bewirken , daſs sie statt des
schuldigen einen ersatzmann nimmt - wider erwarten wird es
die gattin , so daſs sich dennoch das vorzeichen der schlangen
im brautgemache erfüllt. erst so ist sinn darin . die verbindung
mit der Eoeenhypothesis aber wird gewährleistet durch die pa
rallele bei Hygin fab. 49 und 51 ( die dittographie 50 ist abgetan) .
Aesculapius, Apollinis filius, Glauco Minois filio vitam reddidisse
sive Hippolyto dicitur , quem id fulmine percussit.
Juppiter ob
Apollo, quod Jovi nocere non potuit , eos qui fulmina fecerant, id
est Cyclopes, interfecit. quod ob factum Apollo datus est in ser
vitium Admeto regi Thessaliae . Alcestim , Peliae et Anaxibies Diman
tis 43) filiae filiam complures proci petebant in coniugium . Pelias †
vitans eorum condiciones repudiavit et simultatem t, constituit ei se
daturum qui feras bestias ad currum iunxisset et Alcestim in coniugio
avexisset.44) itaque Admetus ab Apolline petiit ut se adiuvaret.
Apollo autem quod ab eo in servitutem ( statt servitute) liberaliter
esset acceptus, aprum et leonem ei iunctos tradidit quibus ille Al
cestim avexit. et illud ab Apolline accepit, ut pro se alius volun
tarie moreretur . pro quo cum neque pater neque mater mori vo
luissent, uxor se Alcestis obtulit et pro eo vicaria morte interiit,
quam postea Hercules ab inferis revocavit. es ist evident, daſs hier
dasselbe handbuch excerpirt ist , aber noch in seinem richtigen
zusammenhange . das verzeichnis der verschiedenen toten , die
Asklepios erweckt haben sollte stand schon darin ; Hygin griff ein
par beliebig auf , mehrere der falsche Apollodor. die brautfahrt
Admets mit ihrem abenteuer, die das drama verschmäht,45) er
43) Biantis richtig Scheffer aus der bibliothek I 9, 10.
44) Der sprachfehler , ablativ für accusativ, ist zu dulden. is quam vellet
aveheret die dittographie 50. ihr verfasser hat sich den oben durch kreuze bezeich
neten unsinn so zurechtgelegt cum multos eorum repudiaret, simultatem his con
stituit, ei se daturum ...
45) Allerdings gedenkt Admetos seiner hochzeitsfeier bei Euripides 915 , aber
daraus soll man nichts schlieſsen . wie anders würde er reden , wenn der dichter
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 69
zählen beide, und man darf sie dem alten gedichte zurechnen,
da sie auf dem amyklaeischen throne dargestellt war.46) dann
läſst Hygin die verschuldung Admets und die schlangenfabel fort,
während grade die Artemis Pheraia in sich das gepräge der echt
heit trägt,47) und wählt für den ausgang die seit Phrynichos
populäre form , die in der bibliothek auch als variante gegeben
wird . darin stimmen wider beide , daſs vater und mutter den
opfertod ausſchlagen , wie das auch Euripides schon im prolog 16
und dann im chorlied 464 nachdrücklich hervorhebt. es war die
basis, auf welcher er seine Pheresscene aufgebaut hat.
Und nun wollen wir einen augenblick innehalten , aufatmend
von der mühsal des trümmersuchens und sichtens, und ehe wir
das gespann von bestien unter seine voraussetzungen aufgenommen hätte. dazu
war er aber zu weise und seine personen zu menschlich. dieser Admetos und
diese Alkestis mochten den wielandischen porzellanpuppen gegenüber dem jungen
Goethe als heroen erscheinen : den wirklichen hesiodischen heroen gegenüber sind
sie ein par athenische biederleute, und die spannen nicht löwen und bären vor ihre
kutsche. der contrast des elends und des todes mit der hochzeitsfreude ist, wie
oft bemerkt ist , aber oft vergessen wird , ein tonos der antiken poesie, z. b.
Aisch . Prom. 560, Eur. Troer. 149, Hik. 990, Herakl. 10 u . s. w.
46) Pausan. III 18, 3. auch in der späteren kunst , wie in den reliefs der
gräber von via Latina Annali 1861 . es scheinen bier bildliche darstellungen des
orients , die zunächst gar keinen sagenhaften inhalt hatten (vgl . die vase Nuove
Memorie II taf. 5) zusammengeflossen mit ursprünglich symbolisch gemeinten
bildern der sprache. Adrastos vermählt seine töchter dem löwen und dem eber
in der Thebais.
47) Das wahrzeichen , die schlangen auf dem brautbette, kann man dem Hesiodos
vielleicht abstreiten , aber es ist alt und hat dadurch seine besondere bedeutung,
daſs der tod eines der ehegatten trotz Apollon erfolgt. mit bewustsein und nicht
ohne eine tiefe, wie sie in jener zeit selten zur erscheir ng kommt , ist es über
tragen auf Sempronius Gracchus und Cornelia (Plin . n. h. 7, 122, Valerius Maxi
mus VI 1 ) . er findet zwei schlangen, männchen und weibchen. der seber sagt,
du oder deine frau müſst sterben , je nachdem du die eine oder andere schlange
totest. er läſst die männliche töten. der geck Valerius verfehlt nicht, auf Admetos
einen seitenblick der verachtung zu werfen . pathetischer ist ohne zweifel die
römische copie, und schon Euripides hat in wahrheit an Admetos lebensliebe an
stoſs genommen , obwol er sie mit recht menschlich wahr fand. die geschichte
eignet sich nicht für das trauerspiel , wenn man sie ernst nimmt ; Herder ist auch
noch unerträglicher als Wieland . aber es ist festzubalten , daſs im epos , in der
sage, die anstöſsigkeit schwindet, weil dort die ethischen consequenzen des mythos
nicht gezogen werden .
70 III
die sagen einem verhöre unterwerfen , wie sie geworden wären ,
wie sie gewirkt hätten, das gedicht als solches betrachten, dessen
schatten wir haben beschwören können .
Im boebeischen see, im see des Phoibos, badete eine schöne
Lapithenjungfrau , Koronis , ihre füſse. da erblickte sie Phoibos
und entbrannte in liebe und trat zu ihr und brach die frucht
ihrer liebe, unverzüglich ,48) wie einst , da er eine andere Lapithen
jungfrau, die jägerin Kyrene, auf dem nahen Pelion den löwen
vergiengen .. es kam der tag , an
monde vergiengen
bezwingend erblickte. monde
welchem Koronis dem gatten folgen sollte, ihrem vetter Ischys,
den des vaters wahl ihr ausersehen . sie widerstrebte dieser wahl
nicht, obwol sie das pfand himmlischer liebe unter dem herzen
trug. schon traten die gespielinnen zusammen , das brautlied zu
singen und den hochzeitsreigen zu tanzen : da brachte der rabe,
Apollons späher , dem gotte meldung nach seinem delphischen
sitze. schmerz und zorn flammte in ihm auf und traf zuerst den
unglücksboten , auf dessen weiſses gefieder sich jene farbe der
trauer legte, die noch heute sein erscheinen den menschen un
heilverkündend macht . rasch war die rache des gottes. sein
pfeil traf Ischys ; Koronis sammt ihren schuldlosen gespielinnen
streckten die geschosse der Artemis zu boden , die mitleidlose
thronte zu Pherai am boebeischen see und kam dem grimme
des bruders zu hilfe. als er die leiche der geliebten auf dem
scheiterhaufen sah , da erbarmte sich Apollon wenigstens des un
geborenen sohnes . der den tod gesendet, gab leben und trug das
kindlein auf den Pelion in die höhle des rechtschaffenen Ken
tauren Cheiron. in seiner pflege wuchs der sohn der Koronis ,
Asklepios, auf, lernte die kräfte der wurzeln des Waldes, alle die
linden säfte der kräuter und manchen heilkräftigen zauberspruch .
so ward er erwachsen ein helfender arzt, vielen zum segen, die
siech waren von wunden und krankheit. aber seine kunst verführte
ihn , die schranken der menschheit zu durchbrechen , er erweckte
48) EÚFéws ouve29 € īv sagt die bibliothek . über Kyrene Pindar Pyth. 9, wel
ches gedicht sich zu einer Eoee ( fgm . 149–51) genau so verhält wie Pyth. 3.
auch diese lässt sich herstellen und habe ich hergestellt. sie ist der von Koronis
so nahe verwandt, daſs ich nicht anstehe , sie demselben dichter zuzuschreiben .
auf jeden fall gehört sie demselben kreise an , sowol geographisch wie religiös.
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 71
gestorbene. dafür zerschmetterte ihn Zeus mit dem donnerkeil,
und dem tode verfiel, der des todes rechte gekürzt hatte . wider
brauste der jähe zorn des Apollon auf, der den sohn an seiner
eigenen lieblingsstätte , in Delphi , erschlagen sah . ohnmächtig
wider den himmlischen vater , traf er dessen schuldlose diener ,
die schmiede des donnerkeiles . aber die ewigen weltgesetze
sind nicht nur grausam , sie sind auch gerecht, und blutschuld
muſs auch ein gott sühnen wie die menschen . wol wendete
Letos fürbitte die verstoſsung in den Tartaros von Apollons
haupte, aber aus dem himmel ward er verstoſsen und muste ein
groſses jahr knechtesdienste bei einem sterblichen tun . so kam
er zu Admetos von Pherai und weidete ihm seine herden , am ufer
des boebeischen sees , da wo er einst Koronis fand, Koronis be
grub. Admetos war ein milder herr, und des göttlichen hirten
gnade lieſs die herden wunderbar gedeihen . er spannte auch die
wilden tiere des Pelionwaldes unter Admetos' joch , als dieser
sich die braut aus dem nahen Tolkos holte , die ihr vater nur
dem freier zu geben gelobt hatte , der mit solchem gespanne
käme. wider ertönten hochzeitslieder über dem boebeischen see,
und Phoibos , der den Ischys erschlagen, stand segnend dem Admetos
zur seite. und doch wandelte sich der segen in fluch . die grimme
herrin von Pherai (Boyu) , welche Koronis tötete, sandte dem
Admetos ein gräſsliches zeichen ihres grolles , weil er ihr zu
opfern vergessen hatte. ein knäuel schlangen fand er im braut
gemache. Apollon deutete den willen der schwester : sie forderte
des bräutigams leben , und nur zur annahme eines ersatzes ver
mochten sie die bitten des bruders zu bestimmen . aber wo diesen
ersatz finden ? als der entscheidende tag herankam , da versagten sich
vater und mutter, auf der schwelle des grabes; nur Alkestis, die
blühende gattin , gab für Admetos ihr junges leben hin . so hatte
sich das schlangenzeichen im brautgemache doch erfüllt. und
wider ward ein blühendes plötzlich aus leben lieben hoffen da
hingerafftes weib zu grabe getragen , wider ein opfer der Ar
temis . die grausamkeit der gottheit ist nicht ewig. als zauber
kunst den bann des todes brechen wollte , schritt Zeus selbst
ein : als die gattenliebe sich selbst dahingibt, demütigen sinnes
der gewalt der göttin sich beugend , da schreitet die göttliche
72 III
gnade ein . die herrin des totenreiches (auch eine Boquá , oder
vielmehr wider die Bewo ) 49) sandte Alkestis wider zum lichte
empor . Apollon ist gereinigt, Artemis ist versöhnt, gesegnet
vor allen menschen leben Admetos und Alkestis in glück und
frieden , und in dem geschlechte von helden , das ihnen entstammt ,
lebt der göttliche segen fort bis auf diesen tag .
Das ist ein gedicht , denn es ist eine einheit. einheitlich ist
das local, auf dem wir uns bewegen . einheitlich ist der gang
der ereignisse, von denen jedes mit dein andern verkettet ist .
einheitlich ist die characteristik ; das ist derselbe jähzorn , die
selbe gewalttätigkeit, die Apollon und Artemis betätigen, dieselbe
weiche weiblichkeit, in welcher Koronis und Alkestis dulden .
auch die behandlung ist dieselbe; wie die fabel vom raben in
die Koronisfabel, ist das phantastische gespann und das schlan
genzeichen in die von Admetos verwoben . es ist ein apollinisches
gedicht . der gott von Delphi steht überall im mittelpunkte der
handlung , Delphi ist seine residenz , dort stirbt auch Asklepios .
ich möchte es gradezu ein delphisches gedicht nennen . der
eifrige und eifersüchtige gott erscheint in seiner schönheit und
majestät, aber auch in seiner verderblichkeit , als der gott des
todes und des lebens, was er entweder von anbeginn oder doch
in diesem ganzen culturkreise war. die buſse läutert auch ihn .
der gott des todes für Koronis wird lebensgott für Admetos ; sein
zorn brachte die pest , seine gnade bringt die üppigkeit in die
thessalischen fluren . pest miswachs viehsterben gehörten den
Hellenen immer zusammen , wie andererseits fruchtbarkeit der
äcker herden frauen . wie das gedicht durch Apollon die ein
heit hat, so stehen die beiden gestörten hochzeitsfeste des Ischys
und Admetos , die beiden sterblichen heldinnen , welchen beide
49) Diese identität läſst die einfache freilassung der Alkéstis als das ursprüng
liche erscheinen , und das bedenken Roberts ( Thanat. 30 ) daſs die lösung des
conflicts durch physische kraft älter zu sein pflegt als das eingreifen ethischer
motive schwindet somit völlig , so richtig es im allgemeinen ist. eine weitere
folge ist es, daſs Platon im Symposion 179c die epische sagenform widergibt, wie
er denn auch Herakles und Thanatos nicht erwähnt. übrigens redet dort Phaidros,
welchem Platon eine umdichtung der sage aus eigener kraft schwerlich in den
mund gelegt haben würde, so daſs auch von dieser seite erst die jetzt gefundene
lösung voll befriedigt.
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 73
male Artemis , die hier wie immer ganz das weibliche gegenbild
des bruders ist , in deutlicher parallele, das schreckliche ende des
Asklepios aber in beabsichtigtem contraste zu der widerkehr der
Alkestis aus dem totenreich . das ist der versöhnende abschluſs.
die götter beide, zuletzt auch Artemis, sind die gnädigen gütigen ,
die 80101 geworden , an die wir glauben , zu denen wir beten
können.
Eine einheit ist das gedicht. aber es stand in den Eoeen .
was verschlägt das ? Wer kann sagen , ob es nicht nur äuſserlich
in dieselben eingereiht war , wie wir vom schilde des Herakles,
der hochzeit des Keyx wissen , daſs sie nur in solcher losen ver
bindung zu den groſsen epen standen ; und wenn es auch vom
dichter der Eoeen herrührte, was wissen wir von diesem dichter
und seinem gedichte ? wie wollen wir ermessen , in wie weit jede
Eoee ein ganzes und doch ein teil eines ganzen war ? möchte
es gelingen , die forschung zu so fördern , daſs einstmals diese
fragen mit aussicht auf eine antwort aufgeworfen werden könnten .
dazu ist aber die zeit noch fern . echte und ewige poesie habe
ich das gedicht genannt, und doch zeigen selbst die wenigen er
haltenen verse die matte fabrikarbeit mit homerischen remi
niscenzen , wie denn in dieser hesiodischen epik überaus selten
ein eigner glücklicher ausdruck , eine ursprüngliche wendung be
gegnet. das ist ein contrast von inhalt und form , den richtig zu
begreifen nicht leicht ist, den zu verkennen entweder zu der ver
achtung auch des inhaltes führt, wie sie nicht blofs bei Aristar
cheern verbreitet ist, oder zu einer mishandlung der sprache, die
schlechterdings original gemacht werden muſs, um dem inhalte
zu entsprechen . ich bin begierig, wie lange es dauert, bis irgend
ein fahriger geselle den Hesiod ins boeotische oder lokrische
umsetzt. es gilt eben sich klar zu machen , daſs die conventio
nelle epische form etwas fertiges und festes war , als sie von
Ionien nach dem festlande kam , um so leichter aufgenommen ,
als sie nie und nimmer etwas specifisch einer stadt oder land
schaft gehöriges gewesen war , als allen gleich fremd auch allen
gleich zugänglich. die delphischen korinthischen lakonischen
dichter besafsen selbst keine poetischen formen , keinen poeti
schen stil , sie besaſsen aber nationale stoffe und eigne ge
74 III
danken . diese auszusprechen , jene auszugestalten gab ihnen
die fremde form die möglichkeit. davon war das misverhältnis
zwischen form und inhalt eine unausbleibliche consequenz ; es
waren lebendige gedanken in abgestorbene formeln , eigenartige
empfindung in die verschlissenen fetzen eines fremden gewandes
gekleidet. besäſsen wir mehr von alter chorischer lyrik , so
würden wir eine volle analogie haben . ob es in anderen litte
raturen vorkommt, daſs kraftvolle völker oder volksstämme für
die stoffe ihrer nationalen heldensage , ja zum teil göttersage,
die epische sprache und epische technik von anderen stämmen
borgen , die ihnen in sprache und cultur keinesweges nahe
stehen , weiſs ich nicht zu sagen. es kann wol sein , daſs
überhaupt diese internationale geltung conventioneller dichter
sprachen eine hellenische eigentümlichkeit ist ; verdankt doch das
hellenische volk den künstlerischen primat wesentlich der kraft
zu stilisiren ; es richtete die uiunois, die in jeder, kunst steckt,
niemals auf das κατά συμβεβηκός sondern auf das όντως όν , nie
mals auf die gaps sondern auf den lóyos, und verwandte das
von der natur sei es als material sei es als vorbild gebotene nie
mals , ohne es vorher nach künstlerischen gesetzen umgemodelt
zu haben . darin liegt die gröſse, liegt aber auch die beschränkt
heit des hellenischen könnens . nur die attische poesie des fünften ,
die attische prosa des vierten, die bildenden künste beider jahr
hunderte haben es vermocht, die stilisirung zu der darstellung
einer lediglich potenzirten wirklichkeit zu machen . in der ar
chaischen zeit ist sie mit ganz wenigen ausnahmen (Sappho und
Archilochos) durch die herübernahme eines entweder seit alters
gebildeten und schon erstarrenden oder gar eines ausländischen
stiles herbeigeführt. ersteres gilt für Homer , letzteres für die
chorische lyrik und in noch höherem grade für die festländische
und süddorisch - asiatische epik . die Dorer sammt ihren genossen
waren in ihrer cultur auf dem zustande angelangt, wo sie ein
nationales epos aus sich erzeugen sollten und konnten. es würde
vielleicht sehr viel germanischer in seinem stile geworden sein als
das bei den vorgeschrittenen vettern an der asiatischen sonne gereifte .
aber es kam nicht zu dieser originalen entwickelung, da die form des
jonischen epos, vermittelt durch die wandernden sänger, zu den
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 75
Dorern herüberkam , und die bequemen aber leeren formen
schmeichelten sich den ohren ein . die reception minder der ho
merischen gedichte denn der homerischen dichtung als einer
nationalen ist für die einigung des hellenischen volkes der erste und
wichtigste factor ; für das dorische volkstum war sie verhängnisvoll.
schon damit, daſs Apollon in ionischen versen wahrsagte und seine
taten in ionischen gedichten gefeiert wurden , war es entschieden ,
daſs die ionische cultur das festland erobern würde : damit war aber
auch der politischen entwickelung die bahn gewiesen . der zwiespalt
zwischen inhalt und form , zwischen herkunft des stoffes und der
sprache, der auch den verschiedenen wert desselben gedichtes in
conception und ausführung bedingt, ist nicht zu leugnen, nicht zu
entfernen : verstanden will er sein. das geschichtliche verständnis
ist mir nicht an diesem beispiel aufgegangen (ich habe diese dinge
zuerst an der lyrik begreifen gelernt, aber das ist subjectiv ): ein
deutlicheres beispiel aber wüſste ich nicht anzuführen .
Darum ist es so deutlich, weil in dieser Eoee zwar mit nichten
ein bloſses dichterisches spiel ohne sagenhaften hintergrund , aber
eben so wenig irgend wo reine sage zu spüren ist. die verknüpfung
der ereignisse ist straff ; eins hängt am andern , so daſs man wol ein
par episoden missen kann, aber nichts von belang entfernen, ohne
das ganze zu zerstören . also hat ein einzelner, ein dichter diese
fäden geschürzt. und doch ist innerlich Koronis mit Alkestis
nicht verbunden . ja noch mehr. es kann nach O. Müllers schönem
nachweise 50) nicht bezweifelt werden , daſs die Intɛía des Apollon
eigentlich wegen der tötung des Python und bei " Aduntos, dem
unerbittlichen herrn der unterwelt statt fand . ’ Aduýtov xóga war
Boupe selbst , das ist bezeugt (Hesych . s. v .) , und so erscheint
die Alkestissage als eine in das heroische umgesetzte religiöse
symbolik, ihre ethische bedeutung als die umdichtung einer anderen
zeit und einer anderen bevölkerung , als die war , die vom wan
dern der Hadesbraut unter die erde und auf die erde in Pherai
50) Prolegomena 300-306 . daſs nach diesen darlegungen sich noch jemand
ungestraft hat erdreisten können , auch die Alkestissage auf die sonne und ihren
auf- und untergang zu deuten , ist ein beschämender beleg , wie tief die mytho
logischen studien herunter gekommen sind.
76 III
erzählte . in der thessalischen flur war Asklepios der weithin
verehrte gott, er erschien seinen gläubigen bittgängern im traume
oder sandte ihnen seine heiligen hunde und schlangen , jedenfalls
wirkte er ihnen genesung. unmöglich konnten sie ihn vom donner
keil als vermessenen frevler getroffen glauben. die Eoee benutzt
Asklepios nur für eine episode , zum ruhme des Apollon. ihr
dichter nimmt auch hier nur motive aus der thessalischen religion ,
auch hier stimmt er das göttliche zum heroischen herunter. und
auf der anderen Seite ist ein geschlecht von Asklepiaden bei
seiner darstellung ganz undenkbar. Koronis tod und die rettung
ihres Sohnes sind sehr schön in dem apollinischen gedichte ; aber
selbst auf den gott Asklepios übertragen würden sie die parallele
Semele -Dionysos nur um so deutlicher wachrufen. da nun vollends
die überbringung des kindes zu Cheiron nicht sowol an der des
kleinen Dionysos als an der des kleinen Achilleus ihre wirksamere
parallele hat , so wird dieser ganze bericht von den ’ Aoximation
yovci nicht auf die geltung einer originalen sage anspruch er
heben können. man würde es ja nach dem , was oben s . 18 aus
geführt ist , nicht leugnen wollen , daſs schon die Asklepios
gläubigen Thessaler ihren gott von einer landestochter oder
landesnymphe Koronis abgeleitet hätten. aber weil Koronos und
Koroneia dazu treten, ist schon dieses unwahrscheinlich , während
dem apollinischen dichter es sehr wol anstand, der Lapithin einen
Lapithennamen zu geben , welcher ihm das etymologische spiel
mit krähe und rabe ermöglichte , das hübsch , aber eben doch
nur ein spiel ist . es ist gewiſs eine tiefe dichtung, daſs der be
sitz der heilkunde den arzt verführt , dem tode sein recht zu
kürzen : noch der nachhall im deutschen märchen von gevatter
tod ist ergreifend. ergreifend und tief ist die verklärung
gattenliebe in dem opfertode der Alkestis ; der junge Goethe ist
dem nicht voll gerecht geworden : aber das sind dennoch beides
poetische conceptionen , die weder zu der ’Aduńtov xógn noch zu
dem gotte Asklepios sich irgend wie reimen . den göttern gegen
über sind die heroen , der als existirend geglaubten gegenüber
ist die handelnde und leidende göttliche person secundär. es ist
im grunde derselbe process , durch welchen die xtiotai von Kos
und ihr göttlicher vater im ionischen epos heerkönige vor Ilios
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 77
geworden sind , der auch in Delphi aus dem thessalischen Asklepios
einen sohn des Apollon , einen von Zeus wegen seiner übergriffe
gestraften zauberarzt gemacht hat . Hesiod führt uns wol näher
heran zu Asklepios, aber er läſst uns denselben so wenig in seiner
wahren gestalt erscheinen als Homer. -
Sehr kurz läſst sich das andere hesiodische gedicht , der
Leukippidenkatalog abmachen , zumal ein teil der demselben bis
her zugeschriebenen bruchstücke schon für die Eoee in anspruch
genommen werden muste ; wollte ich freilich die ganze Leu
kippidensage aufarbeiten , so würde des redens so bald kein ende.
aber das ist nicht nötig , denn die mutter des Asklepios stellt
sich gleich beim ersten anblick als ein eindringling in die familie
des Leukippos heraus. dieser ist der Vater von Hilaeira und
Phoibe, den schönen jungfrauen , um welche der tötliche kampf
zwischen den Dioskuren Spartas und Messeniens entbrennt , den
im altertum die Kyprien und ein gemälde des Polygnotos , uns
die copien dieser werke , der hymnus des Theokrit und das relief
von Trysa, am schönsten schildern , den es aber schwer wird für
älter als die kämpfe zwischen Lakonern und Messeniern zu halten .
eine dritte tochter und deren descendenz ist dieser sage gegen
über störend . dennoch berichtete der hesiodische Katalog so.
Pausanias in der epidaurischen archaeologie ( II 26), an der stelle,
welche uns im folgenden noch beschäftigen wird , wägt die an
sprüche der verschiedenen gegenden auf Asklepios geburt ab .
er erzählt die tradition der Eoee ohne diese zu nennen , mit der
pindarischen wendung, der buhlschaft der Koronis , und einem
neuen zuge , daſs Hermes den Asklepios aus dem scheiterhaufen
gerettet habe : ein zug , der aus den lovúcov yovai übertragen
ist , mit denen ich schon oben den tod der Koronis parallelisirte.
dann folgt die von Pausanias gänzlich verworfene sage , daſs Askle
pios ein sohn der Leukippostochter Arsinoe wäre; das wäre von
Hesiod oder einem interpolator seiner werke im messenischen
interesse erfunden . die skepsis kann nicht von Pausanias stammen ,
der selbst alle werke Hesiods mit ausnahme der Erga verwarf,
also von keiner interpolation reden konnte : seine quelle con
statirte offenbar den widerspruch von Eoeen und Katalog , wo
denn freilich eine von beiden widersprechenden erzählungen dem
78 III
Hesiod abgesprochen werden muste. nützlich ist uns nur die
ausdrückliche nennung Hesiods für Arsinoe , denn nun können
wir die sonstigen anonymen berichte auf diesen beziehen . aber
auch diese geben meist nur das stemma ), doch zeigt sich , dafs
die genealogie in Sparta und Messenien kanonische geltung hatte.
in Sparta hatte Arsinoe ein ispov , unter lauter gräbern , also
wol ein uvñua mit heroischen ehren (Paus. III 12, 8 ), in Messene
hatte nach der gründung des Staates der attische maler Om
phalion , schüler des Nikias , die landesheroen gemalt , darunter
Leukippos mit seinen drei töchtern, Asklepios mit seinen beiden
söhnen ( Paus . IV 31 ) . diese hatten , wie wir gesehen haben in
Messenien auch einen cult , und da aus Hesiod ihre mutter,
Xanthe , angeführt wird , so ist dieses fragment hierher zu be
ziehen (113) . es versteht sich von selbst , daſs dann der hesiodische
Katalog die Ilias , 14, voraussetzt. Omphalion malte denn auch
Nestor und seine söhne neben den Asklepiaden. es ist möglich ,
daſs der Katalog auch noch eine schwester des Asklepios nannte,
Eriopis , aber es ist nicht sicher. das berufene scholion zu Pindar
Pyth . 3 , 14, von dem man in diesen fragen mit unrecht meist
ausgegangen ist, lautet nämlich 'Ασκληπιάδης φησί την ' Αρσινόην
Λευκίππου είναι του Περιήρους, ής και Απόλλωνος Ασκληπιός και
θυγάτηρ 'Εριώπις
η δ ' έτεκ ' εν μεγάροισ ’ ' Ασκληπιον όρχαμον ανδρών
Φοίβω υποδμηθείσα ευπλόκαμόν τ ' 'Εριώπιν.
και ' Αρσινόης ομοίως
' Αρσινόη δε μιγείσα Διός και Λητόος υδώ
τίκτ ’ ' Ασκληπιον υιόν αμύμονά τε κρατερόν τε.
da der scholiast den grammatiker und tüchtigen Pindarerklärer
51) Apollodor bibliothek III 10, 2, 5, wo die hypothesis der Eoee einsetzt.
interpolation des scholions $ 195 oben anm . 12. Pausan. IV 3, 2. daſs der
Argiver Sokrates die peloponnesische mutter Arsinoe festhielt, aber mit der vul
gären Eoeenfabel sich so abhalf , daſs Koronis den sohn der Arsinoe adoptirte,
ist begreiflich ; befremdlich dagegen , daſs Aristides negi Kvidou die genealogie
Lakedaimon -Amyklas- Leukippos - Arsinoe- Asklepios gab und Koronis als beiname
der Arsinoe fasste. er muſs die lakonische Asklepiosgenealogie gegeben haben ;
obwol man in Knidos eher die koische erwarten würde. beide schriftsteller citirt
Asklepiades im schol. Pind. Pyth. 3, 14.
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 79
Asklepiades für einen dichter gehalten hat , so fehlen die
dichternamen . da die Eoee Arsinoe nicht kannte und ein zweites
kind der Koronis nicht kennen konnte, kann auf sie keins der
bruchstücke bezogen werden . aber daſs eines von beiden dem
Kataloge gehört, ist äuſserst wahrscheinlich nur kann niemand
sagen, welches , und so gern man wissen möchte, welcher dichter
sonst noch Arsinoe eingeführt hätte , kommt man mit dem bis
her bekannten materiale über ein müfsiges raten nicht hinaus.
dank dem aus Apollodor erhaltenen citatenneste weiſs man so
viele dichter, die von Asklepios tod erzählt hatten , daſs eine er
wähnung seiner mutter in epischen versen nicht befremden kann,
und z. b. Orpheus oder Panyassis oder die Naupaktien konnten
sehr wol neben Hesiod genannt werden . Eriopis aber möchte
man auch in dem zweiten gedichte erwähnt glauben : dem viós
’ Aoxantriós würde eine tochter am besten im nächsten verse folgen .
Von einer sage ist in diesen farblosen berichten keine
spur. sie würde sich erschlieſsen lassen , aber glücklicherweise
ist ein anderes zeugnis da , welches längst richtig combinirt die
sichere entscheidung gibt . Krates von Mallos hat den vers des
Hesiod, in welchem dieser die Kyklopen, wie natürlich , unsterb
lich nennt (Theogon . 142) , mit einem anderen wol selbstverfertigten
vertauscht, der sie zu sterblichen macht , weil Hesiod sie ŝy to
Λευκιππίδων καταλόγω υπό Απόλλωνος ανηρήσθαι ποιεϊ (fgm. 111).
das genaue citat sichert uns davor, an die Eoee zu denken ; der
anstoſs den Krates nahm hatte , wie sich oben zeigte (s . 65) schon
den Pherekydes zu einer änderung vermocht. also auch hier
kam der tod der Kyklopen vor : also auch der tod des Asklepios
durch den donnerkeil, also auch die erweckung eines toten.52)
62) Irgend wie, meint man , muste es dann noch weiter gehen, abgesehen von
der Asklepiadengenealogie. eine spur deutet auch hier auf den Alkestismythos.
seltsamerweise nämlich steht bei Hesych ’Apointn » Axmoris und bei Maximus
de auspic. 92 erscheint ’Apoiann zwischen Euadne und Laodameia , ist also Alkestis.
andererseits ist der dritte Asklepios Ciceros (de nat. deor. III 57), sohn des Ar
sippos und der Arsinoe, verehrt in einem baine bei Lusoi in Arkadien. daſs dieser die
klystire und das zabnbrechen erfindet, ist abgeschmacktheit der theologen : daſs
ein arkadischer winkel eine so abweichende und doch ähnliche genealogie seinos
heros hegte, gar nicht wunderbar, und die namenanklänge mindestens verführerisch.
Þegai papai oben anm . 29. das ist übrigens sonderbar, daſs man in Messenien,
80 III
für den Katalog läſst sich mit zwingender notwendigkeit nicht
mehr erweisen ; aber wem die obige darlegung über die Eoee
und ihren inhalt überzeugend gewesen ist , der bedarf keines
wortes weiter , sondern sieht selbst , daſs diese übereinstimmung
zwischen den beiden gedichten nicht durch gemeinsame sage er
klärt werden kann , da sie sich auf die verknüpfung der ereignisse
bezieht , die sich nur als erfindung des dichters der Eoee ansehen
läſst. wie also oben die prüfung der Asklepiadengenealogie dazu
führte , den messenischen Asklepioscult als entlehnung aus
Thessalien zu betrachten , so führt die prüfung der poetischen
darstellungen der beiden sagen genau zu demselben ergebnis.
der Leukippidenkatalog ist jünger als die Eoee , ist abhängig
von ihr.
Enthielt er auch den streit des Apollon um Koronis oder
vielmehr Arsinoe mit einem rivalen ? ich halte es für sicher, will
aber vorsichtshalber von der sage statt von dem gedichte reden.
für die sage ist es aus alter zeit gewährleistet. eine allerdings
vielleicht nicht ihrer umgebung gleichaltrige stelle des homerischen
Apollonhymnus lautet in ihrer trostlosen , nicht zu beseitigenden
verstümmelung .
208 δε σ ' ενί μνηστίσιν αείδα και φιλότητι,
όππως μνωόμενος έκιες ' Αζαντίδα κούρης
Ισχυ ’ άμ ' αντιθέω 'Ελατιονίδη ευίππω
ή άμα Φόρβαντι Τριόπεω γένος ή Αμαρύνθω
ή άμα Λευκίππω και Λευκίπποιο δάμαρτι..
πεζός , δ δ ' ίπποισιν , ου μην κατόπισθεν έλειπεν.58)
wo doch ein Korone liegt , den namen Koronis verwarf , erklärt sich aber , wenn,
wie ich annehme , erst der Eoeendichter den namen Koronis für die mutter des
Asklepios erfunden hat.
53) Sicher verbessert ist 209 Önnos uv. für ónnóo' ivwóuevos von Wolf ; 213
κατόπισθεν έλειπεν von Bücheler für τρίοπός και ένέλειπεν , die Iesart von 211 ge
hört zu den marginalien des Laurentianus (aus dem Estensis habe ich sie nicht
notirt) , der text hat tpiónw yévos ñ & pi { Q &v987. und daſs auch am schluſs ñ
άμα stand, scheint mir klar. der Mosquensis hat überall nur interpolationen.
209 hat B. Martin mit ’ Açavida glück gemacht, wofür freilich ’ Agnvida gefordert
wird , aber eine conjectur genügt nicht , um in Asklepios mutter eine Arkaderin
anzuerkennen , wenn die möglichkeit auch zuzugeben ist. über das weitere ist, so
viel ich kenne, nur ganz haltloses vorgebracht.
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 81
Darin sinn und ordnung zu schaffen ist unmöglich , zumal
offenbar nicht wenig fehlt. aber Leukippos und Ischys , des
Elation sohn , sind erwähnt , und daſs also der kampf um eine
Leukippostochter ( Arsinoe) mit dem Arkader Ischys gemeint war ,
unzweifelhaft. Elation und Elatos sind identisch , und die arka
dische herkunft dieser sippe nicht nur mehrfach bezeugt , ) son
dern , wie oben bemerkt ward, offenbar auch dem Pindar bekannt,
der auf grund dieser tradition seinen arkadischen buhlen der
Koronis an die stelle des Lapithen Ischys gesetzt hat. also
auch diese nebenbuhlerschaft hat die messenische sage von der
Eoee geborgt, - wenn auch anders ausgestaltet , da sie zwei
kinder der Arsinoe von Apollon kannte. sie hatte es leicht ,
farben für solche erzählung zu erfinden . war es doch eine alte
hochberühmte sage , daſs Idas , der schwager der Arsinoe, um
Marpessa's liebe mit Apollon gestritten hatte , er allerdings mit
54) Elatos sohn des Arkas fest in der arkadischen genealogie bei Pausanias
VIII 4 u. $. W., daſs die genealogie alt ist , lehrt ein tegeatisches weihgeschenk
in Delphi aus dem 4. jahrhundert , Paus . X 9 , 5. durch versehen identificirt
mit dem eponymos des phokischen Elateia, Pausan . X 3t . nach dem ausdrück
lichen zeugnis des Tzetzes zu Lyk . 480 müsste man die arkadische genealogie
sammt Elatos auf Charon von Lampsakos zurückführen . aber das ist ein schwindel
des Tzetzes, der zu warnendem exempel gerügt sei. das scholion zu dem Lyko
phronverse hat keinen autornamen , und man glaube ja nicht , daſs Tzetzes ihn
einer vollständigeren handschrift entnahm . er hat ihn aus schol. Apoll . Rhod. II
477 , wo Charon eine ganz ähnliche geschichte erzählt. die Apolloniosscholien
sind bekanntlich eine seiner hauptquellen. Ischys Elatos sohn und Koronis machte
natürlich rationalistische theologie zu den wirklichen eltern des Asklepios. das
besagt nichts. wol aber bietet diese in drei brechungen vorliegende tradition
( Cicero de nat. deor. III 56. Lydus de mens. 4, 90 , Clemens protr. p. 26 P.
hier mit apollodorischem gute versetzt) zwei momente von wert. erstens gibt sie
als ort für das grab des Ischyssohnes Kynosura an , also den Peloponnes. des
halb war dieser Ischys hier zu nennen ; Kynosura kann erst später verwendet
werden. zweitens ist der sohn des Ischys nach Cicero Asklepios und auch der
zweite Hermes und zugleich Trophonios , denn die unterscheidung zweier brüder
heiſst nichts. wenn er den namen Ischys Valens übersetzt, so ist das ganz schön,
aber nicht zu vergessen , daſs der name mit dem nomen loqús nichts zu tun hat,
sondern ein hypokoristikon von 'lozójoyos u . dgl . ist. So viel wir bisher von
der onomatologie der alten zeit wissen , gehören diese bildungen nicht nach dem
Peloponnes , so daſs auch von dieser seite der Lapithe Ischys die erstgeburt be
ansprucht.
Philolog. Untersuchungen IX . 6
82 III
glücklichem erfolge - womit ich nicht sagen will, daſs diese
schöne sage ursprünglich den Aphareussohn Idas etwas ange
gangen hätte .
Wir sind mit Hesiod zu ende, denn die blossen brechungen der
Eoee helfen uns nichts,55) und eben so wenig die varianten , die ein
spiel späterer willkür wenigstens sein können.56) die Eoee hat
in der tat die ganze folgezeit beherrscht; nur das pindarische
gedicht, das ihr doch sehr nahe steht, hat ihr einzeln concurrenz
gemacht. wie schon die poetische darstellung der messenischen
Asklepiossage im Kataloge nach dem muster der Eoee gedichtet
war, aber neben ihr auf die dauer nicht aufkam , so daſs sich
selbst die messenische genealogie der thessalischen in irgend
welcher weise anpassen muste , so setzen die überaus zahlreichen
dichtungen von Asklepios tod , die uns das apollodorische citaten
nest kennen lehrt, alle an die Eoee an , indem sie die von Askle
pios auferweckten personen benennen , die in jener namenlos
waren . kanonisch aber ist von diesen geschichten keine geworden ;
wobei mitwirkte, was überhaupt die erhaltung der Eoeentradition
bedingte, einmal daſs die hieratische durch den immer weiter
greifenden Asklepioscult verbreitete sage wol die hesiodische ge
55 ) Der art ist der schon von Asklepiajes citirte homerische hymnus 16 und
Akusilaos ( schol. Pipd . Pyth . 3, 25). Pherekydes , Ovid , Pausanias , die aus
schreiber und bearbeiter der hypothesis sind verhört. Diodor IV 71 gibt das
vulgäre , gipfelnd in einem von den Griechen vor Troia gefassten ateliebeschluſs
für Podaleirios und Machaon, von welchem die bevorzugte rechtsstellung der ärzte
in den bellenischen Städten abgeleitet wird . diese darstellung wird in den jahr
hunderten entworfen sein , aus denen wir so manche ateliepsephismen für ärzte
haben . Servius zu Aen. VII 761 geht auf die Eoeenhypothesis zurück, die er bis
zur dienstbarkeit bei Admet abgeblaſst, aber im wesentlichen richtig erzählt. die
dienstbarkeit dauert richtig einen uéyas { vravrós novem annis, das local ist, wie
bei Kallimachos, am Amphryssos. das könnte hier zusatz sein, weil die Alexandriner
den obscuren bach bekannt gemacht hatten , sie nahmen ihn aber wol aus der mit
ortsnamen verschwenderischen Eoee. sonst ist die fabel bei Servius mit der des
Hippolytos Virbius verquickt. Wer diese gleichung aufgebracht hat , wissen wir
nicht. dagegen wird die Eoee bis zu Ischys tod ( von Koronis tod hört man nichts)
von Istrus et complures bei Hygin astr. II 40 nacherzählt, doch vergeht sich
Koronis mit Ischys, ganz wie bei Pausanias.
56) Boios ( Antonin. Liber. 20 ) borgt von Hesiod die rabengeschichte, setzt
für Ischys einen Halkyoneus, behält aber die ehe.
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 83
burt , aber nicht den hesiodischen tod feiern konnte , und daſs
die attische tragödie die Asklepiossage bei seite gelassen hat,57)
wenigstens diejenigen unter ihren vertretern , welche die kraft be
saſsen , dem sagenschatz der vorwelt für alle folgezeit den stempel
ihres geistes aufzudrücken . so ist es ja zu erklären , daſs es dem
zweiten teile der Eoee so ganz anders gegangen ist als dem ersten ,
und nicht die hesiodische sondern die euripideische Alkestis in
den jahrhunderten fortgelebt hat , daſs aber die groſsen attischen
tragiker sich von der Asklepiossage fern hielten , ist wider ganz
natürlich . Athen hatte ja keinen alten Asklepioscult, so wenig
wie Euboia oder die inseln oder Ionien , und erst um 460 wurde
auf der südseite der burg die filiale des epidaurischen gottes ge
stiftet, deren in der attischen poesie direct zuerst Hermippos er
wähnt.58) populär wird dieses heiligtum erst allmählich , und seine
popularität dringt durchaus nicht aus den leitenden kreisen der
gesellschaft ins volk , sondern der weg ist umgekehrt. Sophokles 59)
57) Platon ( Staat III 408) nennt zwar als gewäbrsmänner für die Asklepios
sage οι τραγωδιοποιοί και Πίνδαρος , welch letzterem er folgt , aber wir kennen
nur den 'AoxÀnniòs des Tegeaten Aristarchos ( Suid . s. t. Aelian fgm . 101 Herch.),
der den gott aus seiner heimat kannte. schwerlich hat Platon ihn im sinne, eher
zeitgenössische dichter.
58) Dem Solon ( 13, 57) ist noch Paion der lehrer der ärzte wie dem dichter der
Telemachie $ 231 , aber dem Theogpis 432 schon Asklepiaden. sonst verehren die
Athener ihren 7ows larpós und Alkon , Phaleros sohn , der auch zu Euboia be
ziehungen hat, die ich hier nicht verfolge. die gründung der epidaurischen filiale
inò nókɛe habe ich schon Kydathen 170 zeitlich bestimmt, und das ist für die bau
geschichte der südseite die hauptsache . im gefolge des Asklepios ist auch Hippo
lytos und die 'Aqgoditn {p' 'Innolútø gekommen, und das ist für diese sage und
ihre dramatische bearbeitung die bauptsache. beides wird noch vielfach vergessen ;
dafür werden die vergessen werden , die nicht lernen wollen. Euripides erster
Hippolytos ist also mittelbar ein älterer zeuge auch für Asklepios, denn Hermippos
iambenbuch ist kurz vor dem Nikiasfrieden , der erste Hippolytos vor dem pelo
ponnesichen kriege gedichtet.
69) Sophokles stiftet im Asklepieion die capelle des ‘ Hoaxiñs unruins (Köhler
Mitteil. II 251), deren veranlassung geschichtlich ist, die einkehr des Asklepios ein
reflex dieser weihung und der paeandichtung. die stellen sind jedem bekannt oder
leicht zugänglich. daſs man im zweiten nachcbristlichen jahrhundert den paean auf
schrieb wie den des Ariphron, ist gar nicht wunderbar, und Dittenbergers zweifel
an dem sophokleischen ursprung des bruchstücks CIA III 171g hätten nach Kaibels
bemerkungen (Rh. M. 34, 302) nicht mebr widerholt werden sollen . daſs die
84 III
freilich ist dem neuen gotte nahe getreten , aber er hat ihm seinen
dank in einem hieratischen gedichte dargebracht, wie sie zu allen
zeiten in diesem cultus galten, wie Isyllos eins gemacht hat und
noch Aristides.60) darin war für umschaffende neuerung wenig
raum , und war gewiss die Eoee typisch . im vierten jahrhundert
behandelten die populären dichter , die dithyrambiker, die sagen
des populären gottes Asklepios gern ; aber sie haben die gestal
tungskraft schwerlich , keinesfalls den einfluſs besessen , ihren erfin
dungen kanonische geltung zu verschaffen , während die hieratische
poesie die hesiodischen traditionen wach erhielt.
Wie es zugegangen ist , ist also sehr gut zu begreifen , aber
seltsam bleibt es trotz alledem . denn das hesiodische gedicht
war nicht nur kein hieratisches gedicht , sondern es schlug der
göttlichkeit des Asklepios gradezu ins gesicht und stammte durch
aus nicht aus kreisen , welche diesen gott irgend welcher ver
ehrung würdigten. So lehrt es uns denn auch über das wesen
desselben nicht das mindeste . die Asklepiosdiener, Thessaler und
Peleponnesier, waren keine grofsen poeten und beherrschten die
litteratur nicht : versuchen wir , ob ihre ixpoi lóyou uns eine
reinere überlieferung darbieten .
Damit kommen wir endlich zu Epidauros , aber noch nicht
zu Isyllos . Pausanias erzählt uns in der beschreibung des Hieron
nicht nur die beiden hesiodischen traditionen , sondern auch was
'Επιδαύριοι φασιν .. dies täuschende etikett imponirt nun zwar
nur noch den starken im glauben , aber setzen wir auch den ver
fasser von ’Agyoàızá, 61) die quelle dieser weisheit, ein , so wird
späteren paeandichter , deren erzeugnisse im Asklepieion aufgefunden sind , den So
phokles nachahmten , kann man nicht wohl bezweifeln ; es gab dafür eben eine
feste kunstform , die schon Sophokles aus dem mutterheiligtum überkam , wie eben
wider Isyllos bezeugt. poetischen wert braucht das cultlied nicht mit den
resten κούρα περιώνυμε, ματερ αλεξιπόν [ου 1st freilich nichts anzufangen , wenn
auch allgemeine erwägungen nicht zweifeln lassen , daſs Phlegyas nach Sophokles
der Koronis vater war.
60) Aristides in der ersten heiligen rede 463 Ddf. der gott heiſst ihn nouſoat
μέλος, γάμον τε Κορωνίδος και γένεσιν του θεού, και την στροφήν ως επί μήκι
στον επιτεϊναι ..
61 ) Ich habe schon mehrfach Istros als diesen seinem gewährsmann vermutet.
das bestätigt sich auch hier, denn Istros hat notorisch von Asklepios erzählt, und
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 85
dadurch der wert der in der tat sehr gelehrten capitel nur ge
steigert, und am namen braucht uns hier nicht viel zu liegen .
die als epidaurisch gegebene geschichte ist die folgende. Phlegyas
kommt gelegentlich mit seiner von Apollon schwangeren tochter
nach Epidauros. sie gebiert irgendwo und setzt das kind auf
dem Myrtenberge 62) aus , der seitdem Zitzenberg heifst, Tithiov.
eine ziege des hirten ’Apeofávaş, oder wie der name gelautet
haben mag, säugt das kind , sein hund bewacht es . der hirt
sucht seine tiere, findet das kind , will es aufnehmen , wird
aber durch blitze, die von demselben ausgehen , abgeschreckt
und steht davon ab. und sofort verbreitet sich die kunde über
land und meer , daſs es alle krankheiten heilen kann und die
so Pausanias . man möchte zu seiner ehre
toten auferweckt.68) so
annehmen , daſs etwas ausgefallen wäre. das kind kann doch
nicht auf dem Zitzenberge liegen bleiben , und gegen die ge
schwindigkeit, mit der es den ruhm des heilandes erwirbt , ist die
diebeskunst des Hermeskindes gar nichts . aber der grammatische
zusammenhang ist nicht verletzt , und so bleibt dem Pausanias
wider einmal der vorwurf gedankenloser compilation. auch sonst
hat er die farben der geschichte vielfach verwischt , erfährt man
doch nicht einmal , wo Koronis gebar, noch wo und wie das Hieron
gestiftet ward . aber wir haben nichts besseres , und über die haupt
sache gelingt es , klarheit zu schaffen . die geschichte ist keine reine
localtraditon , sondern mit den gewöhnlichen historisirenden mittel
chen der mythographen ènì tò dan Jégtepov zugestutzt . Phlegyas ,
dessen heimat Pausanias nicht angibt, aber ohne zweifel selbst in
Thessalien oder Phokis denkt , wo die Phlegyer zu hause sind ,
ist angeblich auf einer vergnügungsreise , in wahrheit als kund
zwar stimmt das erhaltene zu Pausanias (oben anm . 55 ) , und Istros war aus
Kyrene : der gewährsmann des Pausanias ist über die herkunft und das ritual
eines Asklepiostempels in einem obscuren kyrenäischen orte genau unterrichtet, $ 9.
62) Múptrov, nicht Múoylov gibt einen sinn .
63) Ich setze die worte her ; mögen die Pausaniasanbeter sich daran weiden .
ευρόντα δε (Aresthanas) επιθυμήσαι τον παίδα ανελέσθαι , και ως εγγύς εγένετο ,
αστραπήν είδεν εκλάμψασαν από του παιδός , νομίσαντα δεν είναι θείον τι, ώσπερ
ήν , αποτραπέσθαι. δ δέ αυτίκα επί γην και θάλατταν πάσαν ηγγέλλετο τα τε
άλλα οπόσα βούλοιτο ευρίσκειν επί τούς κάμνουσιν και ότι ανίστησε τεθνεώτας.
86 III
schafter nach Epidauros gekommen . wo er bleibt, was
Koronis wird , fragt man vergebens. darin liegt das zugeständnis ,
dafs Phlegyas und Koronis mit Epidauros nichts zu tun haben ;
nur die geburt des epidaurischen gottes wird in kümmerlicher
weise für das epidaurische land in anspruch genommen. das ist
alles nichts als ein nachhall der Eoee , und man kann sehr ge
neigt werden , den ganzen epidaurischen cult als eine filiale des
thessalischen zu betrachten , zumal das Turliov gos eine nach
bildung der tidvuor der Eoee ist.64) indessen gibt sich eben
dieser name als ein fremder, an die stelle eines alten getretener,
und die aussetzung und wunderbare erhaltung des kindes hat
mit der Eoee nichts zu tun ; sie enthält züge , welche zwar nicht
mehr von Pausanias verstanden sind , aber mit dem cultus, wie
er wirklich war, sehr gut stimmen . ein hund bewacht das Askle
pioskind , und im Hieron werden heilige hunde gehalten , die in
den wunderheilungen eine rolle spielen ; eine ziege nährt das
kind, und ziegenopfer waren im cultus verpönt.65) ja selbst daſs
der ort der geburt von dem der aussetzung unterschieden ist,
könnte man sich erfunden denken , um die widersprechenden
ansprüche zweier orte des epidaurischen gebietes auszugleichen ,
des Hieron und des Myrtion ; mancher wagt vielleicht auch das
64) Preller hat die Aiøvuol mit dem Tít9lov und dem Frýfalov bei Kypbanta
an der lakonischen westküste (Paus . III 24, 2) parallelisirt, nimmt aber nur eine
innere verwandtschaft an , gemäſs seiner auffassung von Asklepios der ,heilkraft
der gesunden natur“, deren mutterbusen freilich sehr gut zu waldesduft und
frischem quell stimmen würde. aber erst ein geschlecht, das von der culturseuche
nervenschwach geworden ist, hätte eines solchen gottes bedurft. es ist also ganz
richtig, das anwachsen des Asklepioscultes in der kaiserzeit auf solche stimmung
zu beziehen, und die römischen prachtbauten zerstören auch den heilsamen frieden
des Hieron genau so , wie ein heutiger luftcurort seinem wesen entfremdet wird,
wenn sein besuch in mode kommt : aber was hat das mit den thessalischen und
peloponnesischen verhältnissen zu tun , die mehr als ein jahrtausend früher den
Asklepioscult erzeugten ?
65 ) So erzählt Pausanias und auſserdem Sextus Emp. hypot. III p. 173 ,
Bekk. Servius zu Georg. Il 380. da die meisten in historischer zeit berühmten cult
stätten filialen von Epidauros sind , bat die übereinstimmung in ihrem ritual
nichts auffallendes und beweist nicht viel. aber auch dem dozayétas von Tithorea
waren ziegen nicht genehm, Pausan. X 32.
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION . 87
jetzige dorf Koroni bei Ligurio hierher zu ziehen . mit dem Hieron
hat die geschichte jedenfalls auch nicht die geringste erkennbare
verbindung. dagegen kehrt die aussetzung und wunderbare er
haltung eines götterkindes in arkadischen sagen wider, von denen
die Telephossage die bekannteste ist , und an einem orte Arka
diens ward sie auch von Asklepios erzählt, in Thelpusa (Pausan .
VIII 25 , 11 ), wo an stelle des Aresthanas ein bastard des Arkas ,
Autolaos ,66) an stelle der ziege eine waldtaube ( rovyov) tritt.
dort war auch ein uvñua der Trygon : aus der taube war ein
frauenzimmer namens Taube gemacht, d . h. selbst der cultus
hatte sich dem plattesten rationalismus ergeben. so verkümmern
die schönen sagen , wenn statt der umbildenden aber sittlich
vertiefenden macht des dichters die blut- und Seelenlose ratio
nalistische theologie den glauben mit der allgemeinen bildung
versöhnt.
Was von der epidaurischen legende bei Pausanias nach ab
zug der aus der Eoee geschöpften fremden züge bleibt, ist also
auch nicht original epidaurisch , sondern gehört zusammen mit
dem sonstigen peloponnesischen Asklepioscult , nicht dem be
reits von den einflüssen der Eoee durchtränkten , der im hesio
dischen Kataloge stand , sondern dem ursprünglichen , an welchen
die fremden namen und sagen ansetzten . in dieselbe richtung
weist der bergname Kvvópriov bei Epidauros mit einem heiligtume
des Apollon Maleatas ( P. II 27 , 7 ) . der Maleatas kehrt wider in
Kynuria bei Selinus (IGA 57. Mitteil . III 18 ). Kynortas ist in der
lakonischen sage sohn des Amyklas, also bruder des Leukippos , und
auch in Lakonien verehrt man den Maleatas ( Paus. III 12 , 8 ). in der
arkadischen sage wird das grab des Asklepios nach Kynosura ver
legt (oben anm . 54 ); wo dieses lag , darüber kann man schwanken ;
Kynosura und Kynuria hat man aber erweislich im altertum
identificirt.67) wenn nun auch Kuvógras ,hundehetzer heiſst,
mannesname wie Κυνέγειρος , Κυνουρία ,hundegrenze Κυνοσούρα
66) Αύτόλαος ist dem namen nach ein αυτόχθων, aber sehr alt sieht der name
nicht aus. die verknüpfung mit Arkas ist selbstverständlich erst von den genealogen
gegeben.
67) Niese Herm . XIV 426.
88 III
,hundeschwanz', eine identification dieser wörter also ausgeschlossen
ist , so ist der anklang doch so groſs, daſs er einen zusammenhang
zwischen den ähnlichen oder gar identischen culten fordert, in
deren gefolge die namen auftreten .
Eine thessalische genealogie neben einem peloponnesischen
märchen , das ist die epidaurische tradition bei Pausanias . dafs
beides in Epidauros einmal geglaubt wurde , ist nicht zu be
zweifeln , zumal epidaurische münzen später zeit auf das märchen
bezug nehmen.68) aber um die originalität des geschichtlich
wirksamsten Asklepioscultes ist es dann geschehen ; nicht einmal
eine äuſserlicheverknüpfung mit den eingebornen heroen ist
versucht, und die heranziehung von Phlegyas und Koronis ist
ein unendlich plumperes eingeständnis der abhängigkeit von
64) Imhoof und Gardner numism . comment. on Paus. Epidaur. 1. Kekulé Nuove
Mem . II 123 hat nach dem vorgange von Brunn das bruchstück eines marmordiskus
auf diese sage bezogen , welches Hermes darstellt, der ein knäblein betrachtet, das
im walde von einer ziege gesäugt wird . er combinirt den nur bei Pausanias vor
kommenden zug, daſs Hermes den kleinen Asklepios vom scheiterhaufen zu Cheiron
brachte mit dem märchen von Aresthanas. dabei kommt nichts gutes heraus. wie
soll man sich eine geschichte denken , in welcher Hermes das kind zu der ziege
brachte ? auſserdem kann ein unbefangener betrachter des reliefs nur glauben,
daſs Hermes das kind eben findet. wenn also der diskus sich auf Asklepios be
zieht , so ist in ungeschickter weise Hermes , der hirtengott , an die stelle des
hirten getreten , den das märchen und die münzen zeigen . dabei mögen die in
der kunst vielfach verbreiteten, inhaltlich noch unverständlichen scenen mitgewirkt
haben , über welche H. v. Rohden Annali 1884, 20 mit besonnener methode ge
handelt hat . daſs Hermes auch in der Koronissage ursprünglich nichts zu suchen
hat, ist nicht mehr nötig zu zeigen. das schöne lateranische brunnenrelief (24
Benndorf-Schoene) könnte mit Asklepios auch dann nichts zu tun haben , wenn
das kind keine satyrohren bätte . vergeblich sucht man nach namen dafür. der
ausfluſs der wasserleitung, der städtische brunnen, wird als waldquelle dargestellt,
weil er kühlung und wolbehagen spendet wie sie. das relief stellt den wald dar
mit seinen bäumen und tieren und göttlichen bewohnern . da flötet ein Pan, und
eine nymphe gibt einem satyrbaby zu trinken . Wer ist das ? das weiſs die nymphe
schwerlich selber. die waldquelle fordert keine visitenkarte , ehe sie ihre gaben
spendet. wer sind seine eltern ? ja wenn man das bei den findelkindern des
waldes so leicht sagen könnte ! τίς σε τέκνον , τις σ' έτικτε των μακραιώνων κοραν ;
nur an einen bimmelsgott oder einen heros soll man nicht denken , deshalb die
satyrohren. πεποίηται δε νύμφη σατυρίσκον πιπίσκουσα , würde ein Grieche das
relief beschrieben haben. genügt das nicht auch uns ?
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 89
Thessalien als die Asklepiaden , welche in Argos oder Titane
den fremden cult einführen .
Daſs wir bei dieser negation nicht stehen zu bleiben brauchen ,
danken wir dem Isyllos.sein paean mag als gedicht so kläglich
sein , wie er will : für die religionsgeschichte ist es nur ein vor
teil , daſs hier nicht ein dichter redet , sondern ein sohn des zeit
alters antiquarischer forschung, der für eine seiner behauptungen
einen beweis versucht, und ein strenggläubiger mann , der sich
auf die überlieferung der vorfahren beruft. wir erhalten die
officielle tempellegende der theophrastischen zeit, die wol in einer
erheblich älteren schon diese gestalt gewonnen hatte.
Malos, der sohn des Zeus , heiratet die Muse Erato und weiht
dem Apollon das erste réuevos als Maleatas . dies Téuevos ist
kein anderes als das epidaurische Hieron , denn erstens wird dort
Apollon Maleatas verehrt und zweitens ist Asklepios in dem té
uevos Ivõdes seines vaters in Epidauros geboren ( D 16) . in Epi
dauros wohnt Phlegyas; es ist sein vaterland (D 7 ). er heiratet
Kleophema , die tochter des Malos , und diese gebiert ihm die
Aigla, die mit beinamen Koronis heiſst. zu dieser steigt die liebe
des Apollon herab , und sie gebiert schmerzlos im Hieron den
Asklepios, der nach ihrem namen Aigla benannt wird .
So die legende . was wir oben vermiſsten, wird durch sie
geleistet. Asklepios ist mit Epidauros eng verknüpft; wie es
nicht anders sein konnte , gilt er für autochthon , und soll selbst
Trikka ihn von Epidauros erhalten haben . im Hieron spielt die
ganze heilige geschichte , das vor dem Asklepios schon dem
Apollon gehört. das peloponnesische märchen ist mit ihr ganz
so unvereinbar wie die Eoee , ja nicht der leiseste zug deutet
darauf hin , während die namen Phlegyas und Koronis in der
legende dieselben sind , wie in der Eoee . oder vielmehr, gestehen
wir es uns nur gleich ein , sie sind aus dieser entlehnt. der
übermächtige einfluſs der hesiodischen dichtung hat auch die
epidaurische legende durchsetzt. aber es gelingt, das fremde
auszuscheiden , was um so deutlicher lehrt, wie alt die von Isyllos
gebotenene fassung ist : hat doch die attische filiale des epidau
rischen heiligtumes der Eoee schon von vorn herein sehr viel
gröſsere zugeständnisse gemacht, so daſs man diese tradition, ob
90 III
wol sie 150 jahre älter ist , für die legende selbst durchaus nicht
mehr verwenden kann . nur in dem bei Pausanias erhaltenen
orakel des delphischen gottes wird sie , wie man nun erkennt,
vorausgesetzt. denn wenn der gott sagt Φλεγυηίς έτικτεν εμοί
φιλότητι μιγείσα ημερόεσσα Κορωνίς ενί κραναή Επιδαύρω, So wird
man nicht zögern an die geburt im Hieron zu denken .
Daſs Koronis mit Epidauros nichts zu tun hat , spricht die
legende eigentlich selbst aus, denn dieser name ist nichts als ein
beiname der Aigla, nach welcher der gott genannt wird , den sie
dem Apollon gebiert. in Athen gab man die Aigla zwar nicht
ganz auf, aber man unterschied sie von Koronis und machte sie
zu der jüngsten tochter des Asklepios.69) ihre ganz überwiegende
bedeutung hat niemand ahnen können . sondern wir nun die
Koronis aus , so zieht diese ganz notwendig ihren vater Phlegyas
mit sich , der in seinem namen seine herkunft deutlich zur schau
trägt . und in der tat ist die genealogie des Isyllos um ein glied
zu lang . die beiden nur mit einer tochter gesegneten ehen sind
vom übel . erbtöchter haben in der heroengenealogie entweder
von einem gotte einen heros zu gebären , also ein neues geschlecht
zu beginnen , oder einen sterblichen zu heiraten , um zwei ge
schlechter zu vereinen , die in ihren nachkommen fortleben . Aigla
hat das ihre zu tun . Kleophema gebiert die Aigla nur , damit
für Phlegyas raum werde und hat selbst gar keine bedeutung.
ein solcher einschub ist öfter geschehen , wenn irgend welche rück
sicht der concordanz ein mittelglied zu fordern schien . das bei
spiel, welches mir persönlich besonders lehrreich gewesen ist und
aus manchen rücksichten zum muster für diese art von mythen
bildung taugt , die lamidengenealogie Pindars, habe ich im vierten
excurse erläutert. hier also steht es so. die ursprüngliche
genealogie war Malos -Erato , eltern der Aigla, welche dem Apollon
69 ) So Hermippos im schol. Arist. Plut. 701 , Makedonios ( wie er doch wol
geheiſsen hat) in seinem hymnus CIA III 171 b, Aristides VII p. 79 Ddf. ein
gemälde des Sokrates, vermutlich also in Athen Plinius n. h . 35, 137. in der
glosse des sechsten Bekkerschen lexikons Aiyan p. 354, abgeschrieben von Suidas
( bei Hesych steht sie auch unter verschiedenen lemmata, fehlt aber das hier allein
wichtige stūck) steht als bedeutung von aiyan auch ó ' Aoxannuós. das ist nichts
als eine corruptel ; vermutlich war ursprünglich iſ doxannuo ū gemeint.
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 91
den Asklepios in seinem heiligtume, das Malos gestiftet hat , ge
biert. als die Eoee so populär ward , daſs man sie nicht mehr
umgehen konnte , lieſs sich Koronis mit Aigla identificiren : für
Phlegyas brauchte man eine vermittlerin , die ihn an Malos an
schlofs, der um des Maleatas willen nicht aufgegeben werden
konnte , und so trat die schattenhafte Kleophema ein . So weit
gieng die concession . im übrigen bestritt man die hesiodische
geschichte. Isyllos hebt mit polemischem seitenblicke hervor ,
dafs Phlegyas in Epidauros zu hause war, also nicht in Lakereia,
und daſs Aigla unter Apollons beistand im Hieron schmerzlos
gebar, also weder treulos war noch vor der geburt starb .
So haben wir nur drei echte namen und eigentlich gar keine
geschichte. Aigla gibt dem Asklepios , Malos dem Maleatas den
namen : das fassen wir vielmehr so auf , daſs die götternamen
das erste sind , die heroen erst daraus abgeleitet. dann bleibt
Erato , eine Muse, wie Isyllos sagt. darauf ist nichts zu geben.
der vater der Aigla muste doch wol eine frau gehabt haben ,
Erato ist nichts als ein klangvoller frauenname wie Kleophema
auch ; eine Erato steht auch an der Spitze der arkadischen
genealogie als gattin des Arkas ( Paus . VIII 4 ) . dort heiſst sie
nymphe , und mehr wird sie in Epidauros von hause aus auch
nicht gewesen sein. aber in dem hesiodischen Musenkatalog
führte eine von diesen töchtern des Zeus denselben namen , den
sie übrigens auch ohne jede mythische bedeutung eben als einen
klangvollen namen erhalten hatte. wenn die epidaurische legende
sich wol oder übel die Koronis von Hesiod aufdrängen lassen
muste, so kann man ihr nicht verdenken , daſs sie aus eben dem
selben eine höhere würde für ihre ahnfrau aufgegriffen hat.
Asklepios soll seinen namen von Aigla haben. das ist so
selbst für eine hieratische etymologie zu stark. eins von beiden
wörtern muſs eine lautliche entstellung erlitten haben , und es
ist allerdings recht merkwürdig , daſs trotzdem die legende an
der ableitung festhielt. die entscheidung läſst sich mit vollster
sicherheit treffen . den zweiten teil des namens ’ Aoxlntriós hat
man schon früh in ñnios gefunden . denn nicht nur wendet
Lykophron dieses wort als glosse an, sondern ’Hrrióvn, die gattin
des Asklepios, hat ihren namen dieser etymologie zu verdanken .
92 III
was war dann mit der anfangssylbe zu machen ? etymologieen ,
wie von doxedés, sind spät, aber zu ihnen tritt eine, welche einen
epidaurischen könig " Aoxáns citirt, den Asklepios von einer augen
krankheit befreit hatte.70) das mochte man bisher verachten,
jetzt dient es uns die Aigla des Isyllos in eine Askla zurück zu
wandeln . immerhin könnte es ein wertloses etymologisiren sein.
aber bei Hesych stehen die glossen Αίγλάηρ : ο ' Ασκληπιός , Αγλαό
πης : ο ' Ασκληπιός , Λάκωνες , über deren herkunft sich wenigstens
so viel sagen läſst, daſs sie den äuſserst wertvollen šnixáÝÇELS
Jeby zugehören , die über das ganze lexicon des Hesych , und
nur über dieses , verstreut sind . Aiyláne ist von Aiyła nicht zu
trennen , 'Ayiaónns offenbar eine volksetymologische umgestaltung
des gottesnamens selbst. zu Alyldne tritt ferner der Apollon
Aiyanuns von Anaphe, dessen fest sammt seinem aitiov Apollonios
der Rhodier ausführlich beschreibt." ) die Argo fährt in dunkeler
nacht über das kretische meer , da erscheint auf das gebet des
fast verzweifelnden lason Apollon , seinen bogen schwingend ,
μαρμαρέην δ'απέλαμψε βιός περί πάντοθεν αίγλην. s0 entdecken
sie eine kleine insel , an welcher sie landen können. sie nennen
70) Schol. Lykophr. 1050, daraus nicht nur Tzetzes, sondern auch Et. M. 8. v .
úoxedés und im codex V zu "Anios. das scholion lautet , soweit es hergehört,
" Ήπιος – πρότερον εκαλείτο ο Ασκληπιός - ή και γυναίκα παραδιδόασιν 'Ηπιόνης
– θεραπεύσας δε 'Ασκλην τον 'Επιδαύρου τύραννον οφθαλμιώντα σφοδρώς
εκλήθη 'Ασκληπιός. in derm artikel ασκελές ist diese partie eine interpolation. dort
wird ' Ασκληπιός abgeleitet και μη εων τα σκέλη έσκληκέναι και ξηραίνεσθαι oder
ότι τα ασκελή των νοσημάτων ήπια ποιεϊ. die ασκελή sind dann άγαν σκληρά..
das brachte Herodian vor ( I p. XXIX L. ) , und es kehrt so oder ähnlich in den Ety
mologiken wieder. im schol . AD zu 4 195 steht nur scheinbar eine andere ab
leitung παρά το ασκείν και ήπια τα μέλη ποιείν , denn es ist für ασκείν άσκελή
zu schreiben . bei Cornutus 32 stand eine äbnliche etymologie , aber die stelle ist
verdorben.
71) Aus Apollonios die apollodorische bibliothek I 9 , 26, Hesych Alyantnv.
auf ihn oder gemeinsame quelle geht Konon 49 zurück. Apollonios verdankt wol
auch diese episode seinem lehrer , der jedenfalls mit beziehung auf diese sage
Anaphe selbst Aiyanın nannte (bei Strabon 46 und 484 ). aber die gelehrten
Alexandriner musten natürlich irgend eine aufzeichnung des epichorischen brauches
gelesen haben , in irgend einem reisewerke , denn localantiquare bat es auf den
kleinen inseln dorischer zunge, Melos Thera Astypalaia Anaphe Kasos Karpathos,
nicht gegeben , wo wir doch solcbe selbst von Seriphos Leros Ikos kennen.
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 93
sie wegen ihres plötzlichen erscheinens 'Avágn, stiften dem Apollon
ein heiligtum , Αίγλήτην έυσκόπου είνεκεν αίγλης Φοίβον κεκλόμενοι ,
und ein fest , bei welchem männer und weiber mit scherzhaften
spottreden stritten (IV 1694–1730 ). wer wollte bezweifeln, daſs
dieser Aiyanins wirklich von aiyan abgeleitet wäre ? und doch
hiefs er zu der nämlichen zeit noch , wo die gebildeten dichter
Aiyarns sagten , auf Anaphe selbst ' Aoyalátas. denn daſs so auf
dem steine CIG 2447 erhalten ist , hat nach Rangabé R. Weil
(Mitteil . I 249) ausdrücklich festgestellt. die dorischen siedler,
welche aus dem Peloponnes nach Anaphe gezogen sind , haben
also den beinamen , welchen Asklepios auf dem festlande führte, auf
Apollon übertragen , oder vielmehr richtiger den namen des As
klepios, denn ' Ασγελάτας Αίγλάης 'Αγλαόπης ' Ασκληπιός ' Ασχλα
niós (Orchomenos, öfter) ’ Aoxchaniós (Thessalien , öfter) Aioxia
Biós 72) Aisclapius Aesculapius zeigen denselben götternamen nur
in verschiedener gestalt. ' Ασκλης , der könig und Αίγλα - " Ασγλα
die heroine von Epidauros treten jetzt hinzu , zwar gemacht aus
dem namen , aber mit verständnis seiner bedeutung. denn das
sonst ungedeutete nomen aiyań läſst sich nun nicht mehr fern
halten , der lautwandel, so befremdend er ist , muſs zugestanden
werden : der glanz steckt wirklich in dem götternamen , und es
steckt wol weiter nichts darin , sondern ist nur eine sehr selt
same ableitung mit noch seltsamerer betonung anzuerkennen .
an sehr hohem alter kann man nicht mehr zweifeln . wenn aber
Hermippos dem gotte Lampetie zur gattin , die koische (vielleicht
schon thessalische ) sage Stilbe zur ahnfrau gibt , so haben sie
den glanz in seinem namen noch empfunden.73)
72) IGA 549 Kapisódogos Aloyhaßloī, auf einer in Bologna gefundenen bronze
statue, vermutlich dem ausrangirten weibgeschenk eines korinthischen tempels.
die zweifel, welche H. Jordan (Comm . Moms. 358 , Krit. beitr. 24 ) ausge
sprochen hat , sind durch Röhls richtige lesung erledigt , welcher zuerst das ko
rinthische beta erkannt hat , das kein fälscher des siebzehnten jahrhunderts er
finden konnte.
73) Welcker Götterl. II 740--42 war dem richtigen nahe, aber er wies es ab.
ihn verlockte der ασχαλαβώτης , andere anderes. die eidechse ασκάλαβος σκαλα
Bórns xalcßoírns ist endgiltig beseitigt. in ihrem namen ist das e ein wesenloser
vorschlag, in doyha ist es stammbaft. den orchomenischen heros ’Aoxálapos, sohn
94 III
Es wird für viele verlockend sein , die neugewonnene er
kenntnis , was sein name bedeutet , für das wesen des Asklepios
zu verwenden . mit Apollon wird er vielfach verehrt, so in Epi
dauros, sein sohn ist er allerorten , in Anaphe ist er gar mit ihm
identificirt. nun steckt „glanz auch in seinem namen , und daſs
Apollon die sonne ist , glauben ja heute die meisten dem Euri
pides und Kallimachos. wie überhaupt die lichtgötterlehre nicht
neu ist , ist es auch die deutung des Asklepios nicht. die neu
platoniker , wohl schon die stoiker haben sie längst schon vor
getragen , Macrobius I 20, d . i . Iamblichos sagt est Aesculapius
vis salubris de substantia solis subveniens animis corporibusque mor
talium . und weiter Aesculapium eundem esse atque Apollinem non
solum hinc probatur, quod ex illo natus creditur, sed quod ei et vis
divinationis subiungitur. nam Apollodorus in libris quibus titulus
est nepi Jeby scribit quod Aesculapius divinationibus et auguriis
praesit.
Ich kann dem nicht folgen und glaube nicht, daſs jemand
folgen kann , der recht bedacht hat, was 0. Müller über den
gegensatz der beiden götter auseinandergesetzt hat. im geschlechte
der Leukippiden und dem der Phlegyer und Lapithen hat sich
Apollon ursprünglich keine bräute gesucht. die Eoee ist uns als
ein apollinisches, ein delphisches gedicht erschienen , ihr liegt ein
cultus des Asklepios sehr fern , ja sie behandelt ihn mit dem
streben , ihn herabzudrücken . die verbindung mit Apollon hat
den Asklepios zum heros gemacht : der gott kann nicht aus dem
apollinischen wesen abgeleitet werden . zu erkennen , was As
klepios ist, scheint mir der nächste weg, daſs wir seine leibhafte
erscheinung betrachten . der Asklepiostypus ist freilich erst im
Athen des Pheidias entstanden, nach 447, wo jener den Zeus in
Olympia vollendete. die schaffung des Asklepiostypus und die
beteiligung attischer künstler an dem neubau des epidaurischen
heiligtums bilden gewissermaſsen die gegengabe für die stiftung
des attischen Asklepieions. aber wir sehen doch leibhaft vor uns,
des Ares, und ’Aoxchagos oder ’ Aorádaßos, sohn des Hades , ist man versucht
entweder zu der eidechse zu ziehen , wie es die metamorphose der letzteren tut, oder
zu Asklepios ; ich wage mich für keines zu entscheiden , glaube letzteres.
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 95
wie jene zeit den gott sich dachte , das ist nicht der sohn des
Apollon , sondern ein wesen dem Zeus verwandt, nicht der vor
witzige jüngling, den der blitzstrahl zerschmetterte, sondern ein
reifer mann , rios ist er, freundlich , aber von freundlicher ma
jestät, und wenn etwas von glanz an ihm ist , so ist es nur das
milde feuer der pilav Igoria , an der sich die menschliche ge
brechlichkeit wärmt, nicht die sengende glut apollinischer leiden
schaft, die dem feinde durch mark und bein , dem sünder durch
seele und gewissen geht . wie uns Asklepios erscheint, so denken
wir uns gestalten wie Trophonios und Amphiaraos. nicht wir
erst ziehen diese parallele , nicht wir erst deuten Asklepios als
einen gott der unterwelt , der im traume den menschen seine
hilfe spendet. eben hat uns Apollodoros erzählt , daſs er divi
nationibus et auguriis praeest, und die theologen des Cicero haben
uns vorhin erzählt, daſs er mit einem Hermes und Trophonios
identisch sei . diese antiken deutungen sind an sich nicht mehr
noch weniger hypothetisch als die unsern ; sie beweisen nichts,
als daſs auch andere denselben schluſs zogen , auf den auch den
heutigen betrachter das wesen hinführt, das Asklepios wirkend
betätigt. im schlafe sendet er seine offenbarungen , ganz wie
Trophonios und Amphiaraos. die schlange und der hund sind
seine begleiter, in der thessalischen vorstellung 74) ebenso wie
im Hieron . die beschränkung seiner hilfe auf krankheiten ist
keineswegs als ursprünglich anzusehen ; weder tut das Apollo
doros, noch tut es Isyllos, dem der gott leuchtend im waffen
schmuck begegnet. aber die offenbarung im traume ist das zu
allen zeiten gleichermaſsen als wesentlich empfundene. so kommt
man dazu in Asklepios in der tat kaum etwas anderes zu sehen
als in Trophonios und Amphiaraos und in den verschieden be
nannten daemonen , welche den namen des Asklepios oder doch
die verwandtschaft mit ihm angenommen haben und im eingange
dieses capitels besprochen sind . der name tut wenig zur sache.
die ernährende götterkraft in Toepovios , die heiligende in ' Aug
ιέραος, die glänzende in ' Ασκληπιός ist in wahrheit in den gött
lichen gewalten allen gefühlt worden ; von welcher seite her die
74) So die münzen, z . b. Imhoof Blumer choix de monnaies grecques I 26.
96 III
gläubigen gemüter einen namen für das göttiche suchten und
fanden, ist nicht von grofsem belange : blieben sie sich doch selbst
sehr wol bewust, daſs kein irdisches wort das wesen eines gottes
recht benennt. auch wir vermögen mit abstractionen sehr un
vollkommen einer gottheit wesen zu erfassen , können sehr oft
nur die richtung angeben , in welcher die empfindung und die
phantasie des glaubenden volkes sich bewegte. da scheinen mir
schlange und hund , traum und weissagung nicht zum himmel
empor, sondern in die erdtiefe hinab zu weisen . der herrscher
des reiches der rheioves hat dieselben heiligen tiere, Amphiaraos
herrscht réuyvxoç drunten , Trophonios trägt vollends die züge
eines herrn der unterwelt . auf die erde legt man sich , damit
Asklepios komme und helfe oder doch eine schlange sende . wo
soll man ihn denn wohnend glauben als in der erdtiefe, wo auch
die schlange haust ? es ist nicht die finstere kalte grabeserde , in
der er wohnt , aber es ist das reich der geheimnisse . ,, im ein
samen bergtale, im dichten wald , neben dem murmelnden quell,
da bettete ich mich in der dunkelen nacht mit meinen schmerzen
und sorgen, und ich schlief ein. und im schlafe trat ein freund
licher väterlich blickender mann zu mir , mild leuchtend in der
finsternis, fasste meine hand und sprach , was fehlt dir ? und da
ich ihm mein leid geklagt , rief er einen grofsen schwarzen hund,
der muste mir die schwären lecken. grüssend verschwand der
gott denn wahrlich , das war er — noch lange hörte ich seine
hunde heulen . hell schien die sonne , da ich erwachte, und siehe,
ich war gesund und meine glieder stark zum wandern ." so denke
ich mir haben sie gesprochen , solches , denke ich, haben sie erlebt,
welche die heiligtümer gegründet , wie das Hieron eins war, eins
von vielen . wie die freundlichen männer, die im traume heilung
und guten rat spendeten , benannt werden , das ist ein in jedem
falle verschiedener , im grunde unwesentlicher process; wie weit
sich ein name verbreitet , wie viel ähnliche wesen in der einen
gestalt aufgehen , oder doch ihren namen an sie verlieren , das
ist ebenfalls von den verschiedensten historischen factoren ab
hängig , ist ebenfalls für das wesen des gottes ohne belang. 15)
75) Es ist überhaupt falsch, wenn so oft versucht wird , eine menge göttlicher
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 97
aber das ist von belang , daſs ein angehöriger ionischer stämme
keinen Trophonios oder Asklepios im traume gesehen haben
würde. Zeus ist der herr von allem , also auch von den träumen ;
aber der Athener träumt überhaupt nicht gern , es ist ihm nicht
geheuer dabei , und erwacht sucht er den traum durch waschung
und sühnung möglichst rasch wider los zu werden . die dä
monen , die drunten walten , sind ihm auch nicht geheuer. den
segen , den die mutter erde spendet, empfindet er tiefer und inniger
als irgend wer sonst, aber er denkt ihn sich gespendet von weib
lichen wesen , von ,mutter und ,tochters, die er bald so , bald so
benennt. mag der gott , der zu diesen gehört , als mann oder
knabe erscheinen , er ist kein milder gott . die attische phantasie
personen auf einen namen zurückzuführen, z . b. Artemis. man glaubt etwas er
reicht zu haben , wenn man die masse von göttern für die älteren zeiten verringert,
womöglich auf drei oder zwei oder einen . das göttliche ist eins nur so lange, als
es unpersönlich ist ; es als solches zu empfinden schliefst den cultus aus, hat also
mit der nationalen religion nichts zu tun, und bedingt einen grad philosophischer
abstraction, eine ausbildung des denkens , welche nur sehr vorgeschrittene zeiten,
vielleicht überhaupt nur individuen , nicht völker erreichen . wol aber folgt dar
aus, daſs das göttliche unpersönlich und unendlich, ăncipov ist, mit notwendigkeit,
daſs es sich von unzähligen subjecten praediciren läſst, daſs also die summe gött
licher personen erst dann dem göttlichen gleich werden würde, wenn sie unendlich
wäre. jedes individuum , das das göttliche frisch und neu empfindet, kann dies
praedicat von einem neuen subjecte aussagen, und kann so eine neue göttliche
person schafen . ω θεοί · θεός γαρ και το γιγνώσκειν φίλους sagt Menelaos (Εur.
Hel. 560) . , 0 vater du : ist doch der vater stets ein gott“, sagt Goethes Epimeleia.
ich könnte die belege häufen, vgl . auch Antigonos 275. wollen wir nun in die ein
facheren älteren verhältnisse hinauf, so verringert sich wol die zahl der empfin
dungen , in denen der menschenseele das göttliche zum bewustsein kommt , aber
die zahl der göttlichen personen durchaus nicht , sie sind einander nur ähnlicher,
und der geschichtliche process läſst sie viel häufiger zusammenfallen als er sie
differenziirt. auch dieses geschieht ja nur dadurch, daſs ein neues göttliches von
demselben subject ausgesagt wird , weil es neu empfunden ist , und sich so eine
neue person schafft , erst mit altem , dann mit neuem namen. in der seele des
menschen entstehen die götter. es ist nicht nur falsch , es ist lästerung , wenn
man sie in der aussenwelt sucht und Apollon zu einem seelenlosen feuerball
macht. Wer also das wesen eines gottes erkennen will, der muſs sich in die seele
dessen versetzen , der seiner göttlichkeit inne ward und diese göttliche person
zeugte. es gibt keinen andern weg einen gott zu verstehen als indem man an
ihn glaubt.
Philolog . Untersuchungen IX. 7
98 III
verfolgt eine andere richtung : sie hat keinen Asklepios , noch
irgend eine göttliche gestalt , die sich ihm vergleichen lieſse , es
sei denn der heros Alkon . je schärfer man zusieht, um so
gröſser stellt sich der unterschied zwischen dem ionischen stamme
und all denen , welche auf dem festlande sitzen , Achaeern und
Dorern , heraus. das was wir als specifisch hellenisch um so
mehr bewundern , je fremdartiger es unserer eingeborenen Ger
manenempfindung gegenübertritt, pflegt das ionische zu sein.
auch solche nächtlich wirkende , dem schauerlichen reiche der
nacht entsteigende, aber hilfreiche und wolwollende gestalten wie
Asklepios und seine gesellen stehen unserer nationalen religion wol
näher als der Homers. und wir begreifen von neuem , daſs das
Hellenentum dadurch seine allumfassende bedeutung hat erwerben
können, daſs es auf kleinstem raume die schärfsten gegensätze um
schloſs , ausgleichen oder überwinden muste , und überwunden hat ,
so freilich , daſs das höher organisirte und früher entwickelte
Ionertum alles mit seinem geiste durchdrang: um so notwendiger
wird die wissenschaftliche forderung, das volkstum der Achaeer
und Dorer in seiner reinheit darzustellen ; wir würden wol er
heblich weiter sein , hätte 0. Müller nicht seinen groſsartigen
forschungen dadurch von vornherein eine falsche richtung gegeben ,
daſs er den absoluten wert mit dem geschichtlichen verwechselte .
Ist also Asklepios durchaus nicht als eine hypostase des
Apollon zu betrachten , so bleibt immer noch zu erklären , wie er
zu Apollons sohne geworden ist, im ’Acyklátas von Anaphe mit
ihm identificirt, und wie es kommt , daſs er ihn selbst in Epi
dauros zum genossen seines heiligtums hat.
Dafür gibt der beiname des Apollon Mahectas zunächst eine
handhabe. daſs er in Kynuria und Lakonien auch vorkommt,
ward schon erwähnt (oben s. 87 ) , hilft aber nichts , da dort
auch lebhafter Asklepioscult war. der name sieht aus wie ein
ethnikon , man möchte an Malea denken , aber weder der lako
nische noch auch der kretische 76) ort des namens bietet an
knüpfungspunkte. nichtig ist der einfall, den Apollon vóuios her
76) Bei Phaistos, vgl. Meineke An . Al. 185. daſs dort ein Apollon A19KOLOS
verehrt ward, verschlägt nichts .
-
-
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 99
anzuziehen , schon weil das schaf niemals mãdov geheiſsen hat,
sondern uñàov. Isyllos leitet den namen von dem epidaurischen
könig Mãlos ab , der nicht mehr wert ist als der könig " Aoxins,
nach welchem Asklepios heiſsen soll . bemerkenswert ist nur die
differenz in der quantitat des α Zwischen Mάλος und Μαλεά
tas ; indessen gieng letzteres als epitrit nicht in den vers, und war
andererseits Málos kein griechisches wort, so daſs die misbildung
erklärlich ist , wie man auch das ursprüngliche Mahectas messe.
mit den Malets findet man keine grammatische verbindung, mit
der runden insel, die ihre dorischen siedler ,Apfel' nannten , auch
nicht, so daſs es nichts hilft, dafs wie natürlich ein Mãos hier
und dort bekannt ist.?7) verführerischer ist eine andere parallele.
auch auf Lesbos liegt ein Malea, dicht dabei wird ein Apollon Mahóeus
verehrt, wenn auch die legende zum aitiov keinen könig Malos ver
wendet, sondern einen apfel.78) und doch ist auch hier die ähnlich
keit trügerisch. Małóeus apfelreich “ ist ein ortsname, der keines
weges vom Oeta nach Lesbos importirt zu sein braucht, auch
wenn die Aeoler mit dem Apollon von uchóeig auch den ortsnamen
nach Asien hinüber genommen haben.79) die ableitungen uahóeus
und uahektas kann man nicht eher vereinigen , ehe auf Lesbos die
namen der s0 nahe bena chbarten orte Μαλέα und Mαλόεις ver
77 Steph. 8. v. Maletús, daſs dieser Malos sohn Amphiktions ist, ist bei dem
nachbarn der Múhau begreiflich. andere nennen seinen vater einen Boeoter
Amyros : das mahnt allerdings an den fluſs Amyros , an dessen ufern die Eoee
Lakereia ansetzt. der eponymos von Melos ist schlecht bezeugt, sogar nur in der
form Mỹdos, von Arrian bei Eust. zu Dionys. Perieg. 530.
78) Die topograpbische frage nach dem oder den orten Malea auf Lesbos und
die damit zusammenhängende behandlung von Thuk. III 3 ist hier nicht nötig
zu erörtern. die legende war bisher durch schuld des Hermolaus dunkel, der den
Stephanusartikel Μαλόεις 80 weit gekürzt hatte, από του μήλου της Μαντους , ως
“ Ελλάνικος εν Λεσβιακών α. doch hätte der artikel vor dem misverstandnis hüten
sollen , aus dem apfel einen sohn der Manto Melos zu machen. jetzt ist ein voll
ständigerer auszug zu tage getreten und damit ein Hellanikosbruchstück , im pat
mischen scholion zu Thuk. III 3 ( Rev. de phil. I 185) Marru Ý Terprolov nepi
τους τόπους χορεύουσα τούτους μήλον χρυσούν από του περιδεραίου εκπεσόν από
ώλεσεν εύξατο ούν ει εύροι ιερόν ιδρύσειν τω θεώ. ευρούσα δε το μήλον το
ιερόν ιδρύσατο , και Μαλόεις Απόλλων εντεύθεν παρ' αυτοίς ετιμάτο.
79) Den ort Mahoős in der Troas erwähnt der Skepsier bei Strabon 603 und
im scholion V zu M 20, hergestellt von Hercher.
100 III
einigt sind , von denen in wahrheit das vorgebirge nach udan, der
schulter, das heiligtum nach μάλον, dem apfel, benannt ist.
Zufallig ist in demselben hefte der Εφημερίς , welches die
gedichte des Isyllos brachte , auch ein opferritual aus dem Askle
piosheiligtum des Peiraieus veröffentlicht (s. 88) , welches den
Maleatas in anderem lichte erscheinen läſst. Θεοί. κατά τάδε
προθύεσθαι . Μαλεάτηι πόπανα τρία : Απόλλωνι πόπανα τρία
“Ερμήι πόπανα τρία · 'Ιασοί πόπανα τρία. ' Ακεσού πόπανα τρία .
Πανακείαι πόπανα τρία. κυσίν πόπανα τρία κυνηγέταις πόπανα
τρίχα. und nach einem betrichtlichen freien raume Ευθύδημος
'Ελευσίνιος ιερεύς Ασκληπιό της στήλας ανέθηκε τας προς τους βω
μούς, εν αις τα πόπανα πρώτος εξηικάσατο , & χρή προθύεσθαι ...
auf den andern seiten steht noch Ηλίωι αρεστήρα (das letzte A
übergeschrieben ) κηρίον : Μνημοσύνης αρεστήρα κηρίον· νηφάλιοι
τρές βωμοί und νηφάλιοι und νηφάλιοι τρές βωμοί.80 ) damit sind
die mit Asklepios verehrten daemonen nicht erschöpft , aber sie
sind interessant genug, zumal die hunde und ihre wärter. als
solch ein xvvnyétns erscheint der ianitor orci bei den Römern , der
hirt Eurytion auf Erytheia . aus einem ähnlichen ritual von
Trikka hat Isyllos die notiz genommen , daſs es dort erfordert
war Μαλεάτα προθύεσθαι , ja man wird nicht fehl gehen , wenn
man auf grund dieses zusammentreffens den Asklepios des Pei
raieus für den thessalischen hält. aber dieser Maleatas ist nicht
Apollon , und nicht das mindeste zwingt uns , diese unterscheidung
für unursprünglich zu halten . die möglichkeit , daſs Apollon
vielmehr sich an die stelle eines alten göttlichen wesens gedrängt
hat, ist vorhanden , und ich entscheide mich für diese vermutung
( denn mehr ist es nicht ) , weil ich so einen zusammenhang in
die religiöse entwickelung bringen kann.81 )
$ 0) Abschrift und umschrift stimmen nicht immer ; ich habe nur das richtige
gegeben. ich dächte , es wären von den stelen des Euthydemos in den letzten
jahren schon mehr bruchstücke gefunden , erinnere mich aber jetzt nur eines,
'Αθήν. Χ 556 Μοίραις αρεστήρες ΙΙ κηρία IΙI .
81) Vielleicht gibt es noch eine spur des Maleatas und zwar aus Athen. in der
erklärung des festes álītis steht im Et. M. hinter Erigone, der tochter des Aigisthos,
οι δε την [του] Μαλεώτου του Τυρρηνίου (1. Τυρρηνού ) θυγατέρα , bei Hesych
αιώρα : οι μεν επί τη Μαλέου τυράννου θύειν φασί. und Strabon 235 erzählt, in
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 101
Asklepios, wie ich ihn oben gezeichnet habe, ist irgend wo
in Thessalien oder seinen nachbarcantonen ein localer daemon
gewesen , innerlich verwandt den Trophonios und Amphiaraos.
den ort kennen wir nicht ; es war aber notwendig einer seines
gottes ansehn verbreitete sich zunächst in diesen nördlichen gegen
den ; das war lange vor dem einbruch der Thessaler . als diese kamen ,
haben sie sich allmählich , wie in allem , so auch in diesem culte ihren
hörigen anbequemt. die stämme, welche vor ihnen wichen und
nach Kos auswanderten , haben wie die Demeter so auch den
Asklepios mitgenommen . es war ihr hauptgott, und er hielt sich
auch , als dorische siedler vom Peloponnes her sich neben und
über diese Thessaler setzten , wobei mitgewirkt haben wird , daſs
jene Dorer aus der Argolis kamen , einer gegend, die mittlerweile
längst ebenso wie andere gegenden des Peloponnes den cult
oder wenigstens den namen des thessalischen gottes übernommen
hatte. dazu hat den anstoſs jene völkerbewegung gegeben ,
welche die thessalischen heroen und ortsnamen und genealogien
nach dem Peloponnes verpflanzte. wenn der Peneios und Olympos
und die Kentauren nach Elis hinübergegangen sind , andererseits
Salmoneus , der eponymos der pisatischen stadt Salamona (IGA
121) in die genealogie der Aioliden aufgenommen ist, so ist eine
solche völkerbewegung tatsache , und selbstverständlich ist es,
daſs es nicht die Dorer erst waren , welche diese namen ein
führten ; eher vielleicht volksstämme, die von den Dorern süd
wärts geschoben wurden . genaueres wage ich noch nicht zu
sagen . diese einwanderer fanden vieler orten culte vor, die sie
ihrem Asklepios verwandt glaubten und auf die sie seinen namen
und seine sagen übertrugen . nicht selten fanden sie die verehrung
eines götterpares , so den Nikomachos und Gorgasos bei Pherai ,
den Alexanor und Euamerion bei Titane. dann brauchten sie
auch zwei gestalten , nahe lag es zwei Asklepiaden anzuerkennen .
ein solcher cult war auch in dem waldtale bei Lessa , im innern
der Argolis. hier ist Asklepios durchgedrungen ; zum genossen
Regis villa bei Caere wäre ein βασίλειον Μάλεω του Πελασγού (so noch bei Meineke
sinnlos für Madeustov 11.) gewesen, der mit seinen Pelasgern nach Athen gezogen
wäre. da ich aber sonst von Maleotas und seiner tochter nichts weiſs, konnte
ich auch nichts weiter daraus folgern.
102 III
erhielt er Maleatas , einen zur zeit noch nicht näher bekannten
gefährten von alters her, vielleicht einen ehemaligen concurrenten
in der thessalischen gegend , in einem Maleia oder auch bei den
Maliern . in einem späteren stadium brachte die völkerwanderung
dann fast überall die Asklepiosdiener in berührung mit den Dorern ,
den dienern des Apollon, was diese zwar schwerlich von hause aus
waren , aber schon in den bergen des Pindos wurden, und um so
eifriger, als sie sich in Delphi zuerst festsetzten und dauernd be
haupteten , den einbruch in den Peloponnes aber unter dem schutze
des delphischen Apollon unternahmen . wie sie sich gegen
den thessalischen Asklepios verhielten , lehrt die Eoee. im Pelo
ponnes, wo sich ihre verhältnismäſsig äuſserst geringe zahl über
einen breiten raum verstreute, ward die annexion des Asklepios
als sohn des Apollon zwar in Messenien , vielleicht auch Sparta ,
durchgeführt, und mit der zeit im anschluſse an die Eoee aus
gestaltet. an anderen orten vollzog sich die ausgleichung mehr
zu gunsten der älteren götter. Apollon bequemte sich Maleatas
zu werden und neben Asklepios zu thronen, der dafür gern den
Dorergott zum vater nahm. so war es im Hieron bei Lessa,
und wie wenig bedeutsam für das religiöse gefühl die aufnahme
des Apollon ward , zeigt sich hier am besten . wider in anderen
gegenden identificirte man die götter gradezu , und so ward Apollon
zum ’ Aoyɛhátaç. seine erscheinung in der sage von Anaphe ist
ganz apollinisch, und doch wird man nicht bestreiten , daſs auch
eine religiöse stimmung, wie sie oben für die genesis des Askle
piosglaubens gezeichnet ist , mit der rettung der Argo sich wol
vereint. die spottlieder im cultus mahnen an die feste chthonischer
gottheiten . endlich blieben die bergtäler des westlichen Arkadiens
und gar ein so verlorener winkel wie Titane von der einwanderung
ganz verschont: da hielt sich der alte cult in seiner reinheit,
wenn er auch immer mehr verkümmerte. denn nicht als solcher
hat er eine weitere geschichtliche bedeutsamkeit erlangt, auch nicht
von der thessalischen urheimat aus : in Epidauros erst ist Asklepios
zu dem gotte geworden , dem mit dem fünften jahrhundert immer
wärmerer glaube in immer weiteren kreisen huldigt, dessen walten
immer höher geschätzt wird , je kränker die nationale religion , ja
die nation selber wird ; ein volles jahrtausend hat er so den
FOLGERUNGEN FÜR DIE RELIGION 103
mühseligen und beladenen trost und heil gespendet . aberglaube,
wahnwitz, scheinheiligkeit und rennomisterei der auserwählten und
gottbegnadeten, die dem graden sinne so oft jede frömmigkeit
verekeln , haben sich genug auch an ihn gemacht , und er ist zu
spät in die reihen der götter getreten , zu denen die edelsten der
hellenischen volksstämme beteten , als daſs dichter sein göttliches
wirken und walten so verschönt hätten , wie sie es an Apollon
oder Athene getan haben , denen er freilich auch an innerem ge
halte nicht zu vergleichen ist. aber nur der stumpfsinn oder die
lästerung kann leugnen , daſs auch er jene züge hellenischer
Elevfepic und gidavIqwnrig trägt, die nie einen barbarengott ge
ziert haben .
In Kos drang das ionische wesen in den Asklepioscult hin
ein , ein wesen , das bereits die wandelung des religiösen denkens
durchgemacht hatte , welche für ein fortschreitendes volk unver
meidlich ist, schönes zerstörend , schönes zeugend . da schwindet
der stammgott, schwindet der gott ; an die stelle des priesters
tritt der arzt, an die stelle der offenbarung tritt die wissenschaft.
in Kos ist an die stelle des Asklepios der Asklepiade Hippokrates
getreten ; der wirkt noch heute : εμοί δε και ταύτα δοκεί τα πά
θεα θεία είναι και τάλλα πάντα , και ουδέν έτερον ετέρου θειότερον
ουδε ανθρωπινώτερον , αλλά πάντα ομοίως και ανθρώπινα και θεία :
έκαστον δε έχει φύσιν την έωυτού και ουδέν άνευ φύσιος γίνεται.82 )
mit dieser gesinnung huldigt man keinem traumgotte mehr ; aber
darin ist eine höhere und reinere frömmigkeit: ionische.
Von ihr hat Isyllos kaum einen hauch verspürt. auch seine
genealogie haben wir an sich betrachtet zu leicht befunden : den
noch ist es nur durch sie möglich geworden , seinen gott zu
verstehen . und wie wir des sterblichen frommen glauben ehren ,
wem er auch gelten mag , so erkennen wir die heiligkeit der
stätte an , die dem, der sie betreten will , entgegen ruft:
αγνόν χρή νηοίο θυωδέος εντός ιόντα
έμμεναι · αγνείη δ ' εστί φρονείν δσια .
5 ) De aer . aqu . loc. 29. ich citire nach Reinhold , habe aber die vulgata
πάντα ομοία και πάντα θεία , έκαστον δε έχει φύσιν των τοιούτων και nach dem
erforderten sinne und der parallelstelle de morb. sacr. 21 verbessert.
---
EXCURSE.
1
ZΑ ΘΕ Ο Σ .
Daſs Gáleos ein aeolisches wort ist , obwol jetzt nicht mehr
in aeolischen denkmälern zu finden , liegt auf der hand. es ist
gebildet wie ζάπλουτος ζάχρυσος , also von θεός , sollte nach dem
späteren gebrauche kein femininum haben , das es doch regel
mäſsig besitzt : es reicht in die alten zeiten hinauf, wo man selbst
à lavárn gesagt hat. es bedeutet eigentlich reich an gottheit ,
und ist sehr wesentlich von ayav geios verschieden , was die ge
wöhnliche glosse dafür ist. wer es in diesem sinne anwendet ,
hat es bereits als ein totes wort überkommen , wendet es nicht
aus eigenem sprachgefühle an . wir haben kein griechisches
wörterbuch , das der geschichtlichen betrachtung die führung
überlassen hätte . die neigung, gruppen sei es etymologisch , sei
es begrifflich verwandter wörter durch die geschichte der sprache
zu verfolgen , ist , wie es scheint , äuſserst schwer zu erwecken .
so erwächst dem einzelnen die in jedem einzelfalle zu wider
holende aufgabe, sich gut oder schlecht das material zur be
urteilung selbst zusammen zu holen , die biographie des Wortes ,
das ihn in irgend welcher phase seines lebens interessirt, erst
selbst zu schreiben . ich war auf Sálaos bei Euripides aufmerk
sam geworden , Isyllos führte es wider vor : so gebe ich diesen
sehr verbesserungsbedürftigen ersatz für den betreffenden artikel
des Thesaurus.
Den homerischen gebrauch bespricht Hinrichs (de eloc. Hom .
vest. Aeol. p . 45 ). der dichter des ersten liedes nennt die aeolische
Apollonstadt Killav te Cafény A 38 , und danach steht , abgesehen
108 1
von dem flickpoeten 452 , Φηράς τε ζαθέας in den Litai 151 ,
293 , in der Boiotia Nϊσάν τε ζαθέην 508 , Κρίσάν τε ζαθέην 520.
ohne daſs alle diese orte die bezeichnung vor anderen verdienten .
aber ganz ebenso berechtigt wie die ζαθέη Κίλλα ist Κυθήροισιν
ζαθέοισιν ο 432 , in einer dem A ebenbürtigen partie , entlehnt
von Hesiodos Theog. 192. dieser selbst nennt mit fug und recht
den berg seiner heimat , auf welchem ihn die Musen besucht
haben όρος μέγα τε ζάθεόν τε (Τh. 2 , entlehnt im Aphrodite
hymnus 258) , Ελικώνος υπό ζαθέoιο 23. um so weniger wird er
Zwischen diesen stellen das farblose ' Ολμειού ζαθέoιo 6 gesagt
haben : die verse 5-10 gehören ihm so wenig wie der anhang ') ,
der ζαθέοισ ’ ένι νηοΐς 990 bietet. Τh . 253 ist ζαθέων ανέμων
schreibfehler für ζαέων , und zwar erst nach den scholien einge
drungen . eine unhesiodische dittographie ist auch , wie Guyet
gesehen hat , 481-483. da es eine so merkwürdige stelle ist ,
und in sachen Hesiods der pendel der kritik zwischen boden
loser gewaltsamkeit und stumpfem überlieferungsglauben hin
und her schwankt , setze ich sie ganz her. Kronos verschlingt
seine kinder, Ρέην δέχει πένθος άλαστον .
αλλ ' ότε δη Δι ' έμελλε θεών πατέρ' ηδε και ανδρών
τέξεσθαι , τότ ' έπειτα φίλους λιτάνευε τοκήας
470 [τους αυτής, Γαϊάν τε και Ουρανόν άστερόεντα, ]
μήτιν συμφράσσασθαι , όπως λελάθοντο τεκούσα
παϊδα φίλον, τείσαιτο δ'ερινύς πατρός εοΐο .
[ παίδων ούς κατέπινε μέγας Κρόνος αγκυλόμητος )
οι δε θυγατρί φίλη μάλα μεν κλύον ήδ ' επίθοντο
475 και οι πεφραδέτην όσα περ πέπρωτο γενέσθαι
αμφί Κρόνω βασιλής και υιέι καρτεροθύμω.
πέμψαν δ ' ες Λύκτον, Κρήτης ές πίονα δήμον ,
οππότ ' άρ ' όπλότατον παίδων ήμελλε τεκέσθαι
Ζήνα μέγαν τον μέν οι εδέξατο Γαία πελώρη
480 Κρήτη εν ευρείη τραφέμεν ατιταλλέμεναι τε ,
[ένθα μεν έκτο φέρουσα θοήν διά νύκτα μέλαιναν
πρώτην ές Λύκτον , κρύψεν δε ε χερσί λαβούσα
άντρω έν ήλιβάτω ζαθέης υπό κεύθεσι γαίης ]
1) Ηerm . 18, 416 .
ΖΑΘΕΟΣ 109
Αιγείω εν όρει πεπυκασμένω υλήεντι..
485 τω δε σπαργανίσασα μέγαν λίθον εγγυάλιξεν
Ουρανίδη..
daſs die Zeusgeburt hier zweimal erzählt ist , Lyktos nur einmal
genannt sein konnte, 478 und 481 wenigstens sich ausschlieſsen ,
darüber kann nur gedankenlosigkeit hinwegkommen . aber welche
fassung die originale sei , ist nicht sofort klar, und man hat das
verschiedenste versucht. für Guyets änderung spricht zunächst
sehr stark , daſs sie allein ein reinliches resultat ergibt: nur sie
kommt mit einem schnitte aus . durchschlagend ist indessen auch
hier nur die würdigung des inhaltes . die Zeusgeburt ist einmal
so erzählt, daſs Rhea sich vor ihrer niederkunft auf anraten der
Gaia nach Lyktos begibt , woselbst diese das neugeborene in
empfang nimmt und seine wartung und erziehung besorgt . nach
der anderen fassung hat Rhea nicht auf Kreta geboren , sondern
nur das kind um es zu verstecken dorthin getragen . diese
sonderung einer geburts- und einer erziehungsstätte ist etwas
secundäres, sie kehrt in Kallimachos ' Zeushymnus , öfters in den
Διονύσου γοναι wider.. der grund ist klar : es galt die con
currirenden ansprüche zweier cultlocale und cultlegenden zu ver
söhnen . daneben steht bei Hesiod die einfache legende von
Lyktos . das inhaltlich secundäre wird man auch als das zeitlich
spätere anzusehen geneigt sein . endlich gewinnen so die letzten
verse. denn Gaia ist es nun , die den Kronos betrügt , indem sie
ihm den stein gibt . Gaia versieht die dienste der Wehmutter
bei ihrer tochter ; der Wehmutter steht es zu , das neugeborne
dem vater vorzulegen , ob er es aufnehme oder verstoſse ; denn
bei ihm steht die freie entscheidung, alte poesie denkt klar und
anschaulich ; was ein klares bild gibt ist das echte. was dem
Hesiodos in Askra, oder wo er sonst die Theogonie gedichtet hat,
grade die lyktische Zeussage zugeführt hat , nicht die idäische,
das möchte man wissen , wird man vielleicht einst erfahren , wenn
die inhaltliche analyse der Theogonie tiefer gefördert sein wird . )
2) Den Ziegenberg“ von Lyktos soll man nicht auf der karte suchen , und
man soll auch keinen berg der karte in den Hesiod setzen. die Lyktier hatten
die ziegenmädchen und die ziegenhöhle der Ida nicht zur verfügung, die wir aus
110 1
Von Sáleos habe ich abgesehen . aber es lehrt dasselbe.
άντρω έν ήλιβάτω ζαθέης υπό κεύθεσι γαίης . da kann Γαία nicht
die göttin sein , die zudem Hesiod unmöglich Galén nennen konnte.
auch kann das adjectiv nichts distinctives für diese , kretische,
erde bedeuten , denn es steht parallel zur tiefen höhle. also
steht das adjectiv xvxhexos, gedankenlos . wol ist die erde an
sich mit jedem praedicate der göttlichkeit zu versehen , aber hier
ist solches beiwort zwecklos , da die hier gemeinte erde nichts
ist, als die , in welcher die höhle sich befindet. Gálos ist so ver
kehrt gebraucht wie nißatos, das dieser poet im sinne von tief
verwendet, während das echte epos nur die bedeutung hoch kennt.3)
In den Erga hat Hesiodos, der also das echte Gálos richtig
kannte, dafür keine verwendung gehabt, und auch kein nach
dichter hat es hinein getragen , so wenig wie die Odyssee es ent
hält oder der Demeterhymnus oder die kleinen hymnen. der
Aphroditehymnus hat die oben angegebene entlehnung aus der
Theogonie. der Apollonhymnus in dem letzten teile édutov
Cálcov xoà níova vnóv523 ; 4) eine andere stelle ist verdorben , 223.
der knosiscben sage kennen ; die ziegenhöhle hat nun ja Fabricius auch wider
gefunden. aber ein Aiyatov opos als gegengewicht gegen die knosischen nachbar
prätentionen war wirklich nicht schwer erfunden . vorkommenden falls wird sich
der exeget auch gefunden haben , der es einem besucher von Lyktos vorgezeigt
hätte .
3) Buttınann Lexil. II 131. Mißeros heiſst tief bei Stesichoros 83, bei Euri
pides Hipp. 732, ήλιβά τοις υπό κευθμώσι γενοίμαν , ίνα με πτερούσσαν όρνιν θεός
{ v notavaīs dykaloi gein , deuten es die scholien so. allein das gibt keinen sinn
und widerspricht dem sonstigen gebrauche des dichters. jede construction , welche
zwei wünsche bineinbringt, ist verwerflich, es sei denn auf grund auch des ersten
möglich, was als folge ausgeführt wird, dpfeinu sini nóvtiov xõua. denn nur
um den übergang zu der schilderung ferner seligkeit zu machen , ist der wunsch
des einganges eingeführt. auch sind die modernen conjecturen gewalttätig. 80
kommt man darauf zurück, die ,verstecke der höher als die wolken zu verstehen.
es bleibt noch ein metrischer fehler; das drama sagt ntavós notavós NETEIVÓS.
trauen wir ihm auch das homerische netenvós zu, so ist alles in ordnung : { v ne
τεηναΐς αγέλαις θείη. ich glaube allerdings in solchen fallen die anlehnung an
ein bestimmtes episches oder elegisches vorbild annehmen zu müssen , welche
Verrall, zwar mit starker übertreibung, aber nicht ohne stilgefühl so vielfach auf
gestellt hat.
“) advtov Sáskov ist allerdings nur randnotiz des archetypus , erhalten im
Laurentianus und Mutinensis ; der text hatte aŭroő adurov.
ΖΑΘΕΟΣ 111
es wird Apollons wanderung von pierischen Olympos nach
Delphi beschrieben und die station nach dem lelantischen felde
vor Mykalessos angegeben , also die gegend von Anthedon . Bins
αν’ όρος ζάθεον χλωρόν , τάχα δ ' εξες απ ' αυτού ες Μυκαλησσόν .
G. Hermann hat die unabweisliche forderung einer bestimmten
ortsangabe nicht verkannt, aber sein heilmittel, eine lücke, ist
verwerflich , weil jede reconstruction zu einer tautologie führen
muſs. man sollte keine lücke ohne ergänzungsversuch hinstellen .
den ortsnamen selbst weiſs ich nicht, und ich halte die sichere
verbesserung der stelle ohne andere hilfsmittel für ausgeschlossen ,
denn es liegt ja keine mechanische verderbnis vor, sondern willkür.
sie hat ein unverständliches wort getilgt und einen schlechten
lappen über den riſs geklebt. diese trostlose art der zerstörung
hat kaum einen rest des alten epos so stark verwüstet wie den
Apollonhymnus.
Eine ganz besondere bewandnis hat es mit dem einzigen
Gálos, welches der Hermeshymnus enthält 503. nachdem sie
sich vertragen haben , treiben die göttlichen brüder die rinder
ποτί ζάθεον λειμώνα.. wer versteht das ? in keiner dem worte
gemäſsen bedeutung kann die wiese Cálcos sein. schlagen wir
also die lexica auf. Et . Μ. ζάθεος: άγιος . ευδαίμων. μεγαλό
Tipos . Evodns. folgen etymologieen , darunter die richtige, aber
auch eine von fed , die zu der bedeutung Favuaơtós führt, also
vorher nicht berücksichtigt ist . Savuaotós kehrt wider schol. Ar.
Wolk. 283. es ist die erklärung , welche Orion (Et. M. Gud.)
von A 38 gibt. der Bekkersche paraphrast hat feiav xai Fav
Maothv. das schol. Eur. Phoen . 232 gibt feia für Sáska čvrpa .
das waren also die verbreitetesten deutungen . aber das seltsame
ευώδης kehrt bei Hesych wider ζάθεον : άγαν θείον , ευώδες . ζα
Jéov : öyav felov. Javuaotoő. und die ,duftige wiese' gibt allein
einen guten sinn . ζάθεα άδυτα , ζάθεοι νηοί , selbst ζάθεον όρος
mochte man auch so verstehen . nicht daſs die glossographen
so verstanden haben , ist merkwürdig , obwol auch das zu be
herzigen ist , daſs sie zu ihrer verkehrtheit nicht durch stellen
der dichtungen gekommen sind, auf welche die spätere grammatik
die namen Homer und Hesiod zu beschränken pflegte : das merk
würdigste ist , daſs der dichter des Hermeshymnus Cáfeos im
112 1
sinne der glossographischen erklärung für ,duftigt verwendet hat.
oder vielmehr, denn diese vorsicht ist geboten, der dichter, welcher
unsern Hermeshymnus in die jetzige gestalt gebracht hat, ist arg
los in die falle der y.wooorpagou gegangen . er ist daselbst in
recht guter gesellschaft. auf grund der glossographenerklärung,
die er ły xfaporoő erhalten hatte , hat Aischylos gesagt & Ou
μάτων δε δίψιοι πίπτουσί μοι σταγόνες άφαρκτοι (Choeph. 185 ),
wo dixios nicht trocken bedeutet wie Ag. 495 , sondern är ow
Bɛpolnuévov, wie in dem epischen verse , den Nauck bei Cramer
An . Par. III 162 aufgefunden hat.5) Aischylos hat auch totos
für αγαθός wie die glossographen , Hik . 400 εί πού τι μή τοϊον
τύχη , er hat άπτερος im sinne Von προσηνής Ag. 276 αλλ' ή σ '
επίανέν τις άπτερος φάτις , wo alle conjecturen durch die an
erkennung dieser bedeutung wegfallen .) der dichter des Hermes
hymnus, oder vielmehr der dichter der partie, welche Cáteos
6) Auch Sophokles im Ixion hatte das wort so verwendet , während er es im
sinne von ,trocken Ant. 246 hat. übrigens schelte niemand die glossographen :
Aristarch hat πολυδίψιον πολυπόθητον erklärt (Hesych s. ν. δίψιον) , weil er nur die
eine homerische stelle mit wolfeilem raten erklären wollte. noāvdiyrov " Agyos ( 4 171)
geht freilich nicht auf den Peloponnes , sondern auf Argos , und das verstöſst
wider einen kanon, der sehr gut ist, aber, wie der über ‘Ellás, nur für die älteste
schicht des epos gilt, zu welcher A nicht gehört.
9) Der dichter von 9x hat im gegensatze zu den Atepoevta nec den be
fehl , welcher befolgt wird , gesucht so bezeichnet τη δ ' άπτερος έπλετο μύθος
(9 386 = x 398, die stellen correspondiren. danach der bearbeiter g 57, 29. )
richtig hat das Herodian erklärt, schol . g 57. aber es walteten andere erklärungen
vor ; Apollon . Archib. Hesych . schol . u. a. kann jeder leicht aufschlagen. ich
greife Hesych heraus, d . i . der unverkürzte Apollonios aiqvidios napà 'Ouroo .
και προσηνής ή ταχύς Αισχύλος Αγαμέμνονι. derselbe άπτερα ισόπτερα ταχέα
idéa. die erklärungen kehren wider bei dem adverbium inteQÉWS, dessen bil
dung mir ganz unklar ist , wie allerdings auch die von dyoyéws roqqovéws.
über entepéws ist mit recht die behandlung Ruhnkens (epist. crit. I 67 ) berühmt,
nur irrte er darin , integéws dem Hesiod abzusprechen , dessen namen er durch
Απολλώνιος ersetzte. denn den Hesiod bezeugt Herodian zweimal im Et. M.
p. 133, 34 und 183, 24. die glossen gehen also nicht auf die Apolloniossscholien
zurück, sondern auf negi nafov II 230 L. auch ist Apollonios gar nicht der mann
der neubildungen. Wenn er απτερέως (im sinne von ταχέως ελαφρώς) verwendet
(IV 1765), so tut er es eben auf ein altepisches zeugnis hin. und ein viel älterer
beleg für das wort ist ja auch bei Parmenides (17 Stein) nachgewiesen. auch dieser
wendet das wort im sinne von rayéws an . das Hesiodfragment steht bei Rzach 253.
ΖΑΘΕΟΣ 113
nach dem recepte der glossographen verwendet, kann sehr wol
demselben jahrhundert wie Aischylos angehören .
Zu dem ergebnis, welches die betrachtung des epos gehabt
hat, stimmt es, daſs die ionische poesie, wenn ich recht sehe, in
weitester ausdehnung, also einschlieſslich der Chalkidier, Cáteos
nicht hat. eben so wenig die nachblüte epischer poesien im
dritten jarhundert. Lykophron Kallimachos Theokritos und ge
nossen haben es nicht. Apollonios ( Salén Titúela I 933) , der ver
fertiger von ,Theokr . 25 (209) erweisen durch seine anwendung
ihren stilunterschied von jener dichtergruppe. erst als das kunst
mäſsige dichten ganz verfallen ist, oder vielmehr einer neuen
manier, dem handhaben toter formen einer toten sprache ge
wichen ist, in der kaiserzeit, dringt Gálkos άγαν θείος stark
in den vordergrund. Kaibels steinschriften liefern unter zahl
reichen belegen dieser Zeit sogar eine Safén * lous ( 1047, 2).
Aber von den Aeolern geht ein doppelter strom der poesie
aus, einer im epos , der andere in der lyrik . schwindet in jenem
Cáteos allmählich , so bleibt es in diesem lebendig. es ist mit
ζάκοτος und ζαμενής einer der vielen frappanten aeolismen Pin
dars . ihm ist es schon ganz oyav feios. er hat es nicht bloſs
als prädicat der heiligen festorte (O. 3 , 22 ; I. 1 , 28 fgm . 90 ),
oder auf Pylos übertragen (P. 5, 66). er nennt die straſse , in
der eine Heraklesheiligtum liegt ein Galéa dyviá (N. 7 , 92 ); wenn
Herakles seinem vater ein Téuevos abgrenzt, so heiſst das oral
uãto Cálcov aloos (O. 10, 45) , und das bekannte spiel mit könig
Hierons namen nennt ihn den ομώνυμος ζαθέων ιερών (fgm. 105) .
die gleichzeitige tragoedie verhält sich gegen die verwandten
aeolismen gar nicht ablehnend , aber Cafeos hat Sophokles gar
nicht , Aischylos nur fgm . 92 tv ' aineiviv Caféav " Qhevov, wo
die ganze diction ein episches vorbild verrät. ?)
+) Der vers steht bei Stephanus 8. v. "Shevos, und nennt den namen des stückes
in yoaúolov verstümmelt. Meineke hat daraus Kapsiv gemacht und bei Nauck und
Dindorf nachfolge gefunden. Kāpes Eupónn ist das drama, welches die ge
schicke Sarpedons behandelte , wie uns das darauf mit gröſster wahrscheinlichkeit
bezogene bruchstück des papyrus Didot gelehrt hat. es ist nicht gut zu denken,
was die aetolische oder achaeische stadt bei den Karern zu suchen hatte ; aber
solche erwägungen schlagen freilich nicht durch die quelle des Stephanus ist
Philolog. Untersuchungen IX . 8
114 1
Anders Euripides. es ist ja das charakteristische seines dia
loges , daſs er ihn in den meisten dingen dem höheren conver
sationston nahe bringt, ja in der stichomythie und den dybves
hóywv die sprache weit weniger hoch schraubt als die Gorgieer.
aber zwiespältig wie sein ganzes wesen ist, hat er einzelne ganz
archaische formen und nicht wenige glossematische lesefrüchte
eingemischt, die ein fremdartiges, für mein empfinden wenig er
freuliches, licht geben sollen . seit 415 vollends hat er mit bewustsein
und consequenz nach beiden Seiten weiter gegriffen . viel ganz
modernes, viel hochaltertümliches steht neben einander. das gilt
vom stoffe, von der metrik, vom Wortschatze. er nennt die erde
des göttlichen gartens im äuſsersten westen Saféa Hipp. 750 ,
das ist etwas besonderes ; er nennt in den Kretern , deren auf
führungszeit unbekannt ist , 475, 4 den holztempel des Zeus :)
unbekannt; unmittelbar nachher citirt er Apollodor, und von dessen ausführung
ūber Olenos steht ein anderes excerpt bei Strabon 386. dieser bat die küsten
beschreibung Achaias auf den folgenden seiten mit einzelnen bemerkungen ver
schiedener herkunft ausgestattet, darunter über Olenos 387, und bei Rhypes citirt
er Αισχύλος Βουράν β ' δεραν και κεραυνίας Ρύπας (an den Cramer - Meinekeschen
interpolator wird niemand glauben ). Nauck hat diesen vers, den er zu einem iambi.
schen trimeter macht, als fgm . 394 aufgenommen und eben auf ihn bezügliche gram
matikerglossen beigefügt (Hesych ' Púnas, tous ini ( ły cod.) in Apxadiç Ayatoús
zu emendiren ). es liegt sehr nahe beide aischyleische citate einem drama zuzu
schreiben und als ihren gewährsmann einen gelehrten geographen zu betrachten :
ob Apollodor, wird erst zu sagen sein, wenn feststeht, in wie weit Artemidor
grammatisch - historische gelehrsamkeit gab. daſs Olenos in anapaesten, Rhypes
im dialoge erwähnt ward, ist gar nicht gewiſs. ein daktylisches versmals wie xúciós
ciu nimmt beide bruchstücke auf. was machen wir nun mit ypatotov ? ich
dächte Plaúxw . denn der nóvtios enthielt einen paraplus, von dem auſser der An
thedon benachbarten euboeischen küste Rhegion und Himera bekannt sind .
8) Für die durch Dörpfelds schöne untersuchungen angeregte, im princip
natürlich sofort entschiedene, frage nach dem holzbau primitiver griechischer
tempel ist diese stelle vielleicht nicht so belangreich, wie sie zuerst scheint. es
wird wol eher daraus zu lernen sein, wie die gottheit zuerst im haine wohnt,
d . i, im urwald ein bezirk dem profanen gebrauche entzogen wird, weil die men
schen das gefühl haben, daſs die stätte heilig ist und die überirdischen gewalten
in den wipfeln dieser baumriesen rauschen . so war es in Dodona, so in den luci
der Italiker. damals lebte der mensch noch im walde. allmählich zimmert er
sich blockhäuser. da suchen auch seine götter sich ein dach , zumal die Góava
derselben, die im haine errichtet werden, vor der witterung schutz bedürfen . 80
ΖΑΘΕΟΣ 115
Sálos. auch das ist etwas besonderes. aber in den dramen
des letzten Jahrzehnts ist Gáleos ganz abgegriffen . wenn in den
Troerinnen Athen , das wasser des Krathis , der tempelschlüssel
Kassandras, der gipfel des Ida , die neumonde des phrygischen
kalenders Cáleos heiſsen , so verliert das wort selbst den schimmer
des besonderen . die Phoeniſsen nennen gar die höhle des
drachen Python (232) sound reden den Kithairon an Caféw
πετάλων πολυθηρότατον νάπος ( 801) . nur von einer person
Gáfeos zu sagen hat sich auch Euripides gehütet.
Mit Euripides stimmt, wie so häufig, sein feind Aristophanes,
der in feierlichen liedern neben die δερά χθών die ζάθεοι πο
Tauoi (Wolk . 283) stellt , und die mystischen gesänge in den
Fröschen Gágeoi wolntai (Frösch. 383 ) nennt . beide haben auch
das gemein , daſs sie je einmal das wort mit männlicher endung
einem weiblichen substantiv gesellen. zu des Aristophanes Gálkou
μολπαι stimmt bei Euripides Tr. 1075 ζάθεοι σελάναι kurz hinter.
ταν καταλαμπoμέναν ζαθέαν θεράπναν . auch in diesem verse
möchte ich freilich Sáleov herstellen , denn der grund , welcher
die dichter sonst bestimmte, gilt auch hier , die vermeidung des
gleichklangs der endungen .
Dies der tatbestand. was folgt daraus ? das wort ist im epos
eine allmählich aussterbende antiquität. die lyrik hat es besser
bewahrt ; aus den hieratischen gesängen hat es der stil aufge
nommen , den wir nach seinem hauptvertreter den dithyrambischen
nennen müssen . ihm gehörten die vorbilder des Isyllos an , oder
vielmehr auch dieses wort legt davon zeugnis ab , wo wir seine
vorbilder zu suchen haben .
wird auch auf dem heiligen boden ein blockhaus errichtet. von den heiligen
bäumen werden einige gefällt und aus ihrem dem gotte angenehmen holze die
balleri geschnitten ; wol bearbeitet und glättet sie das fremde erż (wofür mancher
gott wie die dea Dia ein sübhopfer erbalten mochte ), aber és bindet sie der leim ,
der aus den fäſsen der geopferten stiere gekocht ist. das sind die sá teoi vaoi
der Kreter, ούς αύθιγενής τμηθείσα δοκούς στεγανους παρέχει Χαλύβω πελέκει και
ταυροδέτω κολλή κραθεϊσ' άτρεχείς αρμούς κυπάρισσος . in der textgestaltung bin
ich genau zu demselben ergebnis geführt wie G. Hermann bei Lobeck Agl. 622.
8*
2
DIE CUR DES M. IVLIVS APELLAS .
Die oben s. 37 erwähnte urkunde ist von Kabbadias ' Eg .
åpx. 1883 , 227 veröffentlicht und lautet wie folgt:
Επί ιερέως Πο . Αιλ . Αντιόχου.
Μ . Ιούλιος ' Aπελλάς 'Iδριεύς Μυλασεύς μετεπέμφθην
υπό του θεού , πολλάκις εις νόσους ενπίπτων και απεψί
αις χρώμενος. κατά δή τον πλούν εν Αιγείνη έκέλευσεν
5 με μη πολλά οργίζεσθαι. επει δε εγενόμην εν τωι ιερώ ε
κέλευσεν επί δύο ημέρας συνκαλύψασθαι την κεφαλήν :
εν αις όμβροι εγένοντο. τυρόν και άρτον προλαβείν , σέλει
να μετά θρίδακος , αυτόν δι ' αυτού λούσθαι , δρόμω γυμνάζε
σθαι , κιτρίου προλαμβάνειν τα άκρα εις ύδωρ αποβρέξαι, προς
10 ταϊς ακόαις έν βαλανείω προστρίβεσθαι των τοίχων , περι
πάτωι χρή
σθαι υπερώω , αιώραις , αφή πηλώσασθαι , ανυπόδητον περι
πατεϊν , πριν ένβήναι εν τώι βαλανείω εις το θερμόν ύδωρ
οίνον περιχέασθαι , μόνον λούσασθαι και αττικήν δούναι
των βαλανεί , κοινή θύσαι 'Ασκληπιώ 'Ηπιόνη Ελευσεινίαις ,
15 γάλα μετά μέλιτος προλαβείν . μιά δε ημέρα πιόντος μου γά
λα μόνον , είπεν , μέλι έμβαλε εις το γάλα ένα δύναται διακό
πτειν. έπει δε έδεήθην τού θεού θάττόν με απολύσαι ,
ώμην ( ν) ά
DIE CUR DES M. IVLIVS APELLAS . 117
πυι και άλσίν κεχρειμένος όλος έξιέναι κατά τας ακόας εκ τού
αβάτου , παιδάριον δε ηγείσθαι θυμιατήριον έχον ατμίζον ,
20 και τον ιερέα λέγειν ,,τεθεράπευσαι, χρή δε αποδιδόναι τα
έατρα .
και εποίησα & είδον , και χρει (ό)μενος μεν τοίς αλσι και των
« ι > νάπυ
ι υγρώι ήλγησα , λούμενος δε ουκ ήλγησία) . ταύτα εν εννέα
ημέ
ραις αφ ' ου ήλθον . ήψατο δε μου και της δεξιάς χιρός
και του
μαστού : τη δέ εξής ημέρα επιθύοντός μου φλόξ αναδραμού
25 σα επέφλευσε την χείρα , ως και φλυκταινας εξανθήσαι
μετ ' ο
λίγον δε υγιής ή χείρ εγένετο . επιμείναντί μοι άνηθον με
τ ' ελαίου χρήσασθαι προς την κεφαλαλγίαν είπεν , ου μην ήλ
γουν την κεφαλήν . συνέβη ούν φιλολογήσαντί μοι συνπλη
ρωθήναι χρησάμενος τώ ελαίω απηλλάγην της κεφαλαλγί
30 ας. άναγαργαρίζεσθαι ψυχρώ προς την σταφυλήν (και γάρ περί
τούτου παρεκάλεσα τον θεόν) : το αυτό και προς παρίσθ
μια , έκέ
λευσεν δε και αναγράψαι ταύτα . χάριν ειδώς και υγιής γε
νόμενος απηλλάγην.
Der stein ist tadellos erhalten ; die par verloschenen buch
staben sind nicht der rede wert ; v. 17 und 22 hat Kabbadias
einen vom schreiber vergessenen buchstaben nachgetragen , 21 ich.
von weiteren änderungen , zu denen die versuchung nahe liegt ,
glaube ich absehen zu müssen . nun ist zwar auch hier die inter
punction die bessere hälfte der erklärung; ich halte es in diesem
falle aber für angezeigt die andere hälfte nicht dem leser zu
überlassen , gebe vielmehr eine paraphrastische übersetzung.
„ Ich M. Iulius Apellas aus Idrias und Mylasa ward von
dem gotte herbeschieden , als ich eine krankheit über die
andere bekam und an indigestionen litt. auf der reise,
in Aigina, gebot er mir , ich sollte mich nicht so viel
ärgern . als ich im Hieron angekommen war , gebot er
mir , ich sollte zwei tage den mantel über den kopf ge
zogen tragen ; die beiden tage regnete es ; käse und brot
118 2
essen , ") selleriesalat mit lattuga , 9 mich im bade selbst
bedienen , dauerlauf üben, limonade trinken ,') neben den
aquae 4) im bade mich an der Wand reiben , auf der loggia
spazieren gehen ,') schaukeln ,6) mich mit staubsand ein
και προλαμβάνειν steht für essen dreimal , und die praeposition mufs darin
ganz abgeschwächt sein , denn eine beziehung auf eine bestimmte mahlzeit, eine
antipasta, ist weder zu belegen , noch glaublich, weil sonst die bauptregeln für
die diät fehlen würden . προσλαμβάνεσθαι τροφής Act. Αp . 27, 36 hilft nichts .
wol aber mag sich ein für die antipasta eigentlich bestimmtes wort im gebrauche
erweitert haben.
2) Ähnlich behandelt der gott einmal den Aristides gegen ende der ersten
heiligen rede I 463 Ddf.) τροφήν δε έδωκε λάχανα άγρια , 8 και πέψιν και δύνα
μιν παρέσχε μoί τινα . Galen VI 638 τα γε μην σέλινα και της θρίδακος
φύλλους μιγνύντες προσφέρονται τινες . άποιον γάρ ούσα λάχανον η θρίδαξ έτι
τε ψυχρoν έχουσα χυμόν ήδίων τε άμα και ωφελιμωτέρα γίνεται των δρομέων
τι προσλαμβάνουσα. die wirkung ist ουρητική.
3) κιτρίου προλαμβάνειν τα άκρα , εις ύδωρ αποβρέξαι 1st zu verbinden , da
ein object zu dnoßgégal nötig ist ; Apellas hätte allerdings das participium
setzen sollen . xitgroy ist das uñaox Mndexóv, die bittere citronat -citrone, Hehn 3
386. wie gut der gott die gleichzeitige ärztliche praxis kanate, zeigt die angabe
Galens (VI 618 Κ) τούτο μεν (το σκέπασμα του κιτρίου) ευωδές τ ' έστι και
αρωματίζον ού κατά την οσμήν μόνον αλλά και κατά την γεύσιν. εικότως ούν
δύσπεπτόν έστιν , ως αν σκληρόν τε και τετυλωμένον . ει δ ' ως φαρμάκω τις
αυτό χρώτο , συντελεί τι προς πέψιν . - τω δ ' αυτώ λόγω και στόμαχον ρώννυσιν
ολίγον ληφθέν , ώστε και κόπτοντες αυτό και τον χυλόν εκθλίβοντες ειώθασι μιγνύ
και τους καταποτίοις φαρμάκοις όσα λαπακτικά της γαστρός έστιν ή καθαρτια
του σώματος όλου.
4) axoai hier und z. 18 gibt als griechisches wort keinen sinn. der zusam
menhang erfordert eine ortsangabe, so habe ich es lateinisch gefaſst und auf die
wasserleitung des Pius bezogen, deren reste noch erhalten sind, erwähnt vob
Pausanias II 27 am ende und Curtius Pelop. II 422 .
5) Antyllus bei Oribas . I 508 Dar. οι δε υπερώοι πάντων περιπάτων προς
κριτέοι , wegen der reinheit der luft, am besten auf dielen , die dem tritte Bach
geben, die berühmteste, angeblich älteste, solche ambulatio pensilis, war in der
stoa, welche der admiral des Ptolemaios II , Sostratos des Dexiphanes sohn , in
seiner vaterstadt Knidos erbaut hatte. Plin . n. h. XXXVI 83 , Ps. Lucian
"Έρωτες 11 , Newton Discoveries taf. XXVI - XXVIII . Plinius halt Sostratos fur
einen baumeister, ein irrtum der immer noch nicht weichen will.
6) Über die aluga, die einer wiege ähnlicher war als einer schaukel, handelt
ausführlich Antyllus bei Oribas. I 513 ffg . derselbe im vorhergehenden capitel
über den doóuos. die alwpa gehörte zu den neuerungen des Asklepiades, die seine
eollegen erst verwerflich fanden, bis sie sie adoptirten. Varro bei Plin . XXVI 14.
--
DIE CUR DES M. IVLIVS APELLAS 119
reiben ,') barfuſs gehen , ) in der badeanstalt in das heiſse
wasser, ehe ich hineinstiege, wein zugieſsen , allein baden
und dem bademeister eine drachme attisch geben , dem
Asklepios der Epione und den Eleusinischen göttinnen
gemeinsam opfern , milch mit honig genieſsen und als
ich eines tages bloſse milch trank, sagte er mir ,tu honig
in die milch , damit es abführen kann '. als ich den gott
bat , er möchte mich schneller abfertigen , da war mir,
als gienge ich mit senf und salz am ganzen körper ein
gerieben an den aquae zum curhaus hinaus , voran einen
jungen mit dampfendem rauchfaſs, und der priester sagte
, curirt bist du , nun muſst du das honorar bezahlen '.
und ich tat nach dem gesichte, und wie ich mich mit dem
salz und dem senfteig feucht einrieb , tat es weh ; beim
waschen aber tat's nicht weh. das geschah in den ersten
neun tagen nach meiner ankunft. er faſste mich auch
an die rechte hand und die brust ; und tags darauf schlug
7) doñandovogai ist ein oxymoron . die aoń ist der sand mit dem sich
die athleten nach der salbung (dem xrowua ) einsprengen, um dem gegner die mög
lichkeit des anteolar zu geben. nichts deutlicher als Senecas beschreibung der reise
von Baiae nach Neapel darch die grotte (ep. 57) tantum luti tota via fuit, ut possim
videri nihilominus navigasse. totum athletarum fatum mihi eo die perpetiendum fuit:
a ceromate nos haphe excepit in crypta Neapolitana, deren staub er dann beschreibt,
duo incommoda inter se contraria simul pertulimus: eadem via eodem die et luto
et pulvere laboravimus. Andoño ai heiſst sich mit nassem lehm beschmieren .
auf diese unappetitliche sorte von reinigung , einen vorläufer der ekelhaften
taurobolien , war der aberglaube verfallen . schon Plutarch nennt in dem ebenso
frommen wie schneidigen büchlein wider den aberglauben die Anlagets ( cap. 3).
am anschaulicbsten schildert sie grade im Asklepiosdienst Aristides gegen ende
der zweiten heiligen rede. die gläubigen schmieren sich erst ein und waschen
sich dann in der heiligen quelle. das geschieht mit vorliebe um die zeit der
frühlingstagundnachtgleiche. Aristides trifft schlimmes wetter; es ist so bitter
kalt, daſs das quellwasser wärmer ist als der lehm und die luft. natürlich ge
borcht der leichtgläubige Aristides, und man hat nur die beruhigung, daſs der
gott sich an seiner gläubigkeit erlustigt, und ihm für den nächsten noch kälteren
tag, wo der nordwind überall eis hat frieren lassen , aufträgt, lehmbeschmiert
dreimal um sämmtliche tempel herum zu laufen . So geht es fort.
8) Eine cur , die Aristides mehrfach und auf längere zeit hat aushalten
müssen .
120 2
die flamme, als ich das räucherwerk hineinwarf, in die
höhe und verbrannte mir die hand, so daſs es blasen
gab . aber die hand ward bald wider heil. ich blieb
noch länger da, und er gebot mir anis mit öl gegen die
kopfschmerzen anzuwenden. nun hatte ich aber gar keine
kopfschmerzen : da begab es sich , daſs ich vom studiren
blutandrang nach dem kopfe 19) bekam . ich wandte das
öl an und wurde die kopfschmerzen los. gegen geschwulst
des zäpfchens ' ?) kaltes wasser gurgeln (danach hatte ich
auch beim gotte hilfe gesucht), gegen geschwollene man
9) Die form ÉTÉCaevoe ist recht interessant. belegt ist nnr nepiqaúɛr bei Aristo
phanes Wolk. 396 und neQINEQhevquéva Herodot V 77. denn die auf påótw ,
glúoow , sprudeln “, „schwatzen', d. h. auf eine wurzel qavy zurückgehenden wörter,
zu denen auch garóxtaiva gehört, sind fern zu halten. dies wort erklärt am
besten schol . Αpoll . Rhod. Ι , 275 φλύζειν κυρίως τους λέβητάς φαμεν καιομένους
αναβάλλειν τη θερμότητι το ύδωρ. noch weniger hat περιφλοίζω, a . 1. περιφλοιίζω
von paord , hier zu tun, was nichts als schälen' bedeutet. aber auch das attische
phúw ist eine andere praesensbildung der wurzel pdv als die, welcher der aorist
des Apellas und das perfect des Herodotos zugehören : für diese kann nur gaeuw
angesetzt werden ; und auch dann ist das s bei Herodot anorganisch. natürlich
sind går und pavy nahe verwandt; die flammen , welche bei Herodot an den
burgmauern, bei Apellas an der hand versengend emporschlagen, sind im sinn
lichen bilde dem siedend emporbrodelnden wasser , dem eigentlich pausenv zu
kommt, ganz ähnlich . es zeigt sich uns wider der einzige reichtum der griechischen
sprache, welche solche verba , verwandt und doch differenziirt, zur verfügung hat,
und unsere armut, die wir sie in ein par beispielen belegen, die durch ein halbes
jahrtausend getrennt und keineswegs durch künstlich archaistische nachahmung
verbunden sind, also den schluſs auf ein ununterbrochenes fortleben im volks
munde zwingend erscheinen lassen. die lexicographen und ihre ausschreiber ,
2. b. G. Curtius, haben das verbum verkannt.
10) ovuranow Iñvar für den jedem geistig angestrengten menschen wolbekannten
zustand ,wo der kopf raucht“, scheint neu , es ist aber ganz bezeichnend. ich
habe mehreres bei Galen über kopfschmerzen nachgelesen (sein distinguirtes
römisches publicum scheint freilich mit studiren sich nicht übernommen zu haben,
während er sich auf seine groſse praxis in behandlung des katzenjammers viel
zu gute tut, XII 515) und die sphaere , aus welcher solcher gebrauch vom
ovuringoão fai entstehen konnte, findet man leicht. 2. b. VIII 205 diagopà dé
τις έστι και αυτών των κεφαλαλγιών, ενίων μεν την κεφαλήν εύπλήρωτον εχόν
των, επιτήδειον δε την όλην του σώματος έξιν εις το πληρούν αυτήν. haupt
mittel sind einreibungen mit ölen und salben, uúga ; anis ist mir nicht begegnet.
11) Galen VII 731 αι σταφυλαί – και τα παρίσθμια ουκ άλλο τι ή
DIE CUR DES M. IVLIVS APELLAS 121
deln dasselbe. er gebot mir auch dieses aufzuschreiben .
dankbar und geheilt bin ich abgereist.
Nur ungern schmälere ich die wirkung des unfreiwilligen
humors , mit dem Apellas seine cur beschreibt; aber ich muſs
wol direct aussprechen, daſs für den gläubigen die sache sich so
verhalten soll. der gott bietet seine hilfe im traume an, und im
traume findet auch weiter der verkehr statt. Apellas reist nach
Epidauros und unterwegs mahnt ihn nun der gott, daſs εj Ivuia
die unerläſsliche vorbedingung zu allen badekuren ist , was mit
den plackereien einer reise schlecht in einklang steht; der arme
Aristides kann den leser beinahe dauern , wenn er seine Römer
fahrt beschreibt (I 481. 510. 511.). im Hieron gibt der gott dann
die detaillirten verhaltungsmaſsregeln . der erfolg bleibt aus ; das
ist natürlich nicht ausgesprochen . um so überraschender ist es ,
wie die bescheidene bitte um schnellere hilfe sofort erfüllt wird :
die gewaltcur mit dem senfpflaster auf dem ganzen leibe ist das
entscheidende. Apellas reist nun noch nicht gleich ab , kann
aber doch schon studiren, und eine rachenentzündung, die hinzu
tritt, curirt das kalte wasser. dann mahnt der gott, die wunder
aufzuschreiben , ein wink zur abreise. dazwischen stehen in der
chronologischen folge ein par besondere proben von der vor
bedachten hilfsbereitschaft des gottes. weil er weifs , daſs es
regnen wird , verordnet er warme kleidung , das brandunglück
und die kopfschmerzen sagt er vorher und gibt für die letzteren
das mittel an ; die brandblasen werden gar nicht schlimm .
Die mittel , die der gott verordnet , sind weit entfernt von
den phantastischen pferdecuren, die Aristides aushält. obwol die
heilung schlieſslich durch eine absurde procedur bewirkt wird,
kommt vorher das meiste auf eine leichte diät , viel bewegung
und verzicht auf den gewohnten comfort heraus ; auch rechnet der
gott ganz medicinisch mit den notorischen wirkungen der speisen ,
wie er es denn direct ausspricht, weshalb er honig verschrieben
hat. einiger hokuspokus darf selbstverständlich nicht fehlen , aber
φλεγμoναι εισιν, αι μεν σταφυλαί τού γαργαρεώνος τα δε παρίσθμια των
xar' aútry triv págvyya owuárwv. gurgeln lassen die ärzte auch , nur nicht
bloſses wasser. die mittel bei Galen XII 972.
122 2
es ist wahrlich nicht mehr , als heute in manchem badeorte von
manchem wolapprobirten arzte geleistet wird. auch ist der gott
reell. am ende der cur wird das honorar gefordert, das, wie
ebenfalls heute noch üblich, dem freien belieben der erkenntlich
keit überlassen wird ; aber erst wenn er geheilt ist , hat der
kranke zu zahlen . daſs der bademeister das trinkgeld nicht ver
liert, obwol der kranke auf göttliches geheiſs seine handreichungen
verschmäht, ist geschäftsmäſsig aber menschenfreundlich . im
ganzen stimmt Apellas, wie mich dünkt, die abenteuerlichen vor
stellungen von den Asklepioscuren, die man aus der lecture des
Aristides gewinnt, auf ein menschliches mals herab . und es ist
wol möglich, daſs diese natürlichen heilmethoden, wie wir sagen ,
,göttlichen wie das altertum sagt , gegenüber den ungeheuren
mixturen, die Galen und seine methodischen wie empirischen
collegen verschrieben , ihre berechtigung hatten. gern würde
man erf ahr en , was von den im traume offenbart en vorschriften
eigene einbildung des patienten war , wie doch wol der unge
heure oivaniquós , was von den priestern irgend wie an die hand
gegeben ; aber darüber kann der geheilte natürlich so wenig etwas
sagen , wie er es dürfte. 12)
Apellas war sophist : sobald es sein zustand erlaubt, widmet
er sich dem widokoyεiv. seiner sprache merkt man freilich an ,
daſs er es nicht weit gebracht hat , namentlich das gefühl, daſs
der infinitiv aoristi etwas anderes bedeutet als der des praesens,
12) Rufus der Ephesier ( ein mann, der sehr verständiges griechisch schreibt
und auch sonst in vielem einen verständigeren eindruck macht als der unerträge
liche seichbeutel Galen) citirt eine heilung, oder vielmehr prophezeiung des Askle
pios von Pergamon mit beifall (Oribas. IV 86). dort handelt es sich höchstens
um richtige diagnose. beiläufig , der geheilte ist Teõxpos Kugexnvós, d. b. der
schriftsteller über kyzikenische sitten altertümer geschichte und dann sonstige
geschichtlich -antiquarische stoffe, Müller Fr. H. Gr. IV 508. dessen zeit wird so
bestimmt ; er ist zeitgenosse des Rufus, oder wenig älter, die 'lovdaixá ( Suid. s. v.),
werden der jüdische krieg sein. zu beherzigen , daſs er ionisch schrieb , wie
das einzige im wortlaute erhaltene bruchstück (Steph. Byz. BovGpwtóv ) lehrt.
das war in Kyzikos freilich längst wider mode , denn Agathokles, den Festus
( Alexander Polybistor) s. v . Roma und Cicero ( Poseidonios) de div. I 24 schon
citiren , schreibt ionisch (Athen . IX 375. XIV 649). seltsamerweise heiſsen sowol
Teukros wie Agathokles Kyzikener und Babylonier, schreiben über Kyzikos und
über sonstige napádoba .
DIE CUR DES M. IVLIVS APELLAS 123
ist ihm frend geblieben ; ob er προλαβείν oder προλαμβάνειν
sagt, ist ganz einerlei. für die orthographie ist er schwerlich ver
antwortlich zu machen ; das stumme iota steht ziemlich häufig
und immer am rechten platze. das lange i diphthongisch zu
schreiben , ist für seine zeit correct; xupós wird er nicht zu ver
antworten haben . ein sprachfehler ist das einmal mit dem accu
sativ verbundene xeñosav. so konnte damals doch nur ein mann
aus höherer bildungssphäre schreiben , und so fehlen denn auch
ein par proben des damals grassirenden atticismus nicht. er
sagt wie die alte atthis lovofai, nicht loverfat, und den senf
nennt er vânv, auch wie die alte atthis , während die menschen
seit mehreren jahrhunderten nur vivantı kannten . das machten
die ärzte der sophistenzeit 18) ebenso , denen nur das verbum
oivanitev im munde geblieben ist , weil man von vânv nie ein
verbum gebildet hatte. Athenaeus IX 366 setzt die sache ausführ
lich auseinander. dem epidaurischen steinmetzen gieng das aber
über den horizont. er hat das eine mal anv , das andere mal
ivantv geschrieben ..
M. Iulius Apellas bezeichnet sich als ' IdQueus MvLaosús,
schwerlich um sich zwei gemeinden zuzurechnen ; vielmehr wird
Idrias, immer ein ganz kleiner ort, in die grofstadt Mylasa auf
gegangen sein . er hat aber im laufe seines lebens an einem
anderen orte eine rolle gespielt. CIA III 731 steht die eleusinische
inschrift Ευμολπίδαι τον άρχοντα Μάρκον Ιούλιον Απελλάν Μα
ραθώνιον, υιόν Μ . Ιουλίου Δαμιανού Μυλασέως και Φλ . Πώλλης ,
Ol. ' Ynainenvoy Fuyargós. also der Karer hat das attische bürger
recht erhalten , in ein haus des Eumolpidengeschlechtes hinein
geheiratet , und ist in dasselbe nicht nur aufgenommen, sondern
zu seinem archon gewählt, wobei man seine ausserattische
verwandtschaft, auf die er offenbar stolz sein durfte , geflissent,
lich verzeichnet hat. den namen hat er von seinem mütterlichen
grofsvater, der aus dem lydischen Hypaipa war : der ort war
wegen seiner schönen frauen berühmt (Steph . s. v.). wir haben es
offenbar mit einer der ersten asiatischen familien zu tun , und es
13) Galen durchgehends, so viel ich sehe. Antyllus bei Oribasius II 410, zu
welcher stelle Daremberg (s. 885) reiches material zusammenstellt, darunter ein wort
von Archigenes το από νάπυος κατάπλασμα σιναπισμόν καλεϊν πάντες ειώθαμεν.
124 2
ist für den geist der hadrianischen zeit bezeichnend , daſs ein
mitglied derselben es mit erfolg darauf ablegen kann , sich zu
den höchsten ehren aufzuschwingen , die dem attischen adel
reservirt waren . es ist ebenfalls bezeichnend, daſs dieser mann
sophistische studien treibt, kränklich ist, und an wunder glaubt.
denn das sind die drei stücke, die für einen rechten vertreter
des zweiten jahrhunderts obligatorisch sind . 14) es ist zu hoffen ,
dals jemand , der in den asiatischen inschriften der kaiserzeit
besser zu hause ist als ich , das geschlecht des Apellas weiter
verfolgen kann mir ist natürlich gleich der Smyrnaeer Apellas
eingefallen , dem Aristides die geburtstagsrede gehalten hat , der
vornehm , gebildet , dem Asklepios ergeben war , und in dessen
familie der name Apellas hergebracht war. aber ich kann keine
verbindung erweisen.
Der groſsvater des Apellas war schon ein Flavier; ein Aelier
war in Epidauros priester, 15) ehe Apellas in das Eumolpiden
geschlecht hineingeheiratet hatte , oder wenigstens ehe er das
attische bürgerrecht besaſs , denn es gibt zu denken , daſs ihn
der gott den Eleusinischen göttinnen opfern läſst. auſserdem
bestehen in Epidauros die groſsen bauten , welche Pius noch als
senator errichten lieſs (Pausan. II 27, 5). so wird die epidaurische
inschrift wol unter Pius , die attische unter Marcus fallen . die
ephebeninschrift CIA III 1138 , die nach Dittenberger aus den
jahren 175-7 ist, nennt einen 'Απελλής Απελλού Μαραθώνιος als
epheben . das kann ein sohn des M. Iulius Apellas sein, aber es
ist unsicher : dieselbe inschrift nennt einen andern Marathonier
Πομ. Απελλάς als υποσωφρονιστής .
14) Vgl. epist ad Maass. 146. auſser den dort gekennzeichneten vertretern
des jahrhunderts, das Gibbon noch in lauter rosenfarben malte , möchte ich als
seinen typus den philosophen nennen , der ein specificum gegen den tod erfunden
hatte und als eine wandelnde leiche einhergieng. Galen (VII 670) erzählt von
ihm höchst belustigend.
15) Von P. Aelius Antiochus ist noch eine inschrift erhalten 'Eq. dox. 1883 ,
156 Π . Αίλιος Διονυσίου Αντίοχο[s ] ιεραπολήσας 'Ασκληπιω και τοίς εν τω 'Ανα
xeio geois. den nominativ habe ich für den genetiv verbessert. die aufgabe,
die priesterchronologie zu ordnen und die gottesdienste des Hieron darzustellen,
habe ich als lohnend erkan sie zu lösen ist jetzt noch nicht die zeit, die
deutsche studirstube nicht der ort.
3
IONIKER BEI DEN LYRIKERN .
Das ionische maſs begegnet uns schon bei den ältesten uns
bekannten dichtern , den Lesbiern und Alkman . Hephaestion gibt
von ihren formen eine im wesentlichen gute darstellung ; die
modernen handbücher huldigen modernen lehren . ich will unab
hängig von beiden vorgehen . denn es ist meiner überzeugung
nach überhaupt für die metrischen studien nur ein weg gangbar:
die empirie. wenn die erhaltenen verse durchgearbeitet, die aus
ihnen sich ergebenden regeln zur klaren anschauung gebracht
sind, denn mag man einerseits ein system bauen, andererseits die
antiken systeme auf ihren immer nur relativen wert prüfen.
Ansteigende ioniker sind zunächst von Alkaios ganz rein ge
bildet, 59, 60, 61 , 97 , 981) und ebenso von Alkman 85. die aus
einandersetzung des Hephaestion n. nouatos und die daran
geknüpfte Lachmanns (kl. schr. I 84 ) ?) lehren alles über diese
) 99 náhev is napopiver gehört nicht her. den artikel v vor ús durfte
Bergk nicht aufnehmen . skol . 24 ist å ous wenigstens bei dem ausländischen
dichter des ersten verses anzunehmen , den der attische verfasser des zweiten paro
dirt. dies verhältnis zeigt der dialect, und wer kann glauben, daſs eine freie con
ception die parallele gezogen hat ,die sau hat die eine eichel vor und nach der
andern ist sie gierig. und ich habe ein mädchen u. s. w . das ist so
να υς ταν βάλανον ταν μεν έχει, ταν δ ' έραται λαβείν «
κάγώ παΐδα καλην την μεν έχω, την δ ' έραμαι λαβείν .
der Athener kritisirt damit zugleich den plebejischen geschmack des landes, dem
v. 1 gehört.
2) Das setze ich allerdings bei dem leser voraus, daſs er diese beiden kurzen
aber schweren schriften verstanden hat oder doch verstehen kann und will.
126 3
lieder, die zwar nicht den klang der klappermühle miserarumst,
aber doch einen recht eintönigen gehabt haben müssen , zumal
das bestreben , nach jedem metron wortende eintreten zu lassen ,
auch bei Alkaios kenntlich ist .
Bei Alkman ist die einzige sicher erkennbare abwechselung
die anaklasis des ersten fuſses ū -u statt uu --, die Hephae
stion mit fgm . 83, 84 belegt.
Bei Alkaios scheint das siebente buch freiere ioniker ent
halten zu haben . es hängt das aber an einer unsicheren stelle
des Apollonios de pron. 103 b, und die versbrocken geben keinen
vollständigen gedanken und keinen ganzen vers (87 , 101 ). von
solchen stücken ist grundsätzlich abzusehen. also auch von
Alkman 87 , so gern man wüſste , wie die verse einst gelautet
haben .
Sehr viel reicher ist Sappho, wie denn, von aller chronologie
abgesehen , die metrik allein lehren kann, daſs sie so viel jünger
als Alkaios ist , um von ihm einen antrag zu erhalten . bei ihr
steht sicher der katalektische trimeter , mit anaklasis im zweiten
metron - U -- , nur in dieser form erhalten (53 ).
der akatalektische trimeter
54 Κρήσσαι νύ ποτ ' ώδ ' εμμελέως πόθεσσιν
ώρχηντ ' απαλοίσ ’ αμφ ' ερόεντα βωμόν
πόας τερεν άνθος μαλακών μάτεισαι.8))
Alk . 38 τριβωλετέρ, ου γαρ 'Αρκάδεσσι λωβά. 4)
ein weiteres beispiel (Sappho 51) wird weiter unten gegeben . die
anlautende kürze bezeugt Hephaestion ; sein beispiel freilich ist,
da noias bereit liegt, nicht durchschlagend. aber von Toubwhethe
( für tipolohstúe) ist die erste sicher kurz. der katalektische
3 ) Ich schreibe aeolisch obne die accente zurückzuziehen und den wirkungs
losen asper zu meiden , weil es verständlicher ist. nur wichtige abweichungen
von der überlieferung werde ich notiren . Sappho ist dieses bruchstück nur durch
wahrscheinliche vermutung gegeben.
4) Der vers ist nur als „aeolisch' überliefert, und erst spät von Bergk auf
einen seiner windigen ei ille hin dem Alkaios zugeteilt. das vermaſs spricht für
Sappho.
IONIKER BEI DEN LYRIKERN 127
tetrameter ( Sotadeus) ist nicht belegt , wol zufällig . der akata
lektische öfter 76, 77 , 78.
78, 1 συ δε στεφάνοις , ώ Δίκα , περθέσ9 ' έραταίς φόβαισι
76 ευμορφοτέραν Μναίδα και τας απαλάς Γυριννώς.5 )
diese verse scheint Sappho nach den vier zusammenhängend
durch Klearch erhaltenen ( 78 ) stichisch verwandt zu haben . sonst
wissen wir nichts sicheres über den bau der perikopen. daſs
es mit dem rein stichischen wenigstens in den kurzzeiligen ge
dichten nicht abgetan war , zeigt 51 , wo auf sechs katalektische
dimeter ein trimeter folgt; wie es weiter gieng, ist nicht zu sehen,
und vermutungen müſsig.
κη δ' αμβροσίας μεν
κρατήρ εκέκρατο ,
Ερμάς δ ' έλεν όλπιν
θεοϊσ ' οινοχοήσαι
6) Auf diese fassung führt die von Ahrens und Bergk citirte lesung in Aldus
Cornu copiae, und sie hat den Itali vorgelegen, welche in der ovidischen Sappho
epistel Mnais und Pyrino eingeführt haben . Hephaestion hat eine variante evpop
φοτέρα Μνασιδίκα τ. α . Γ. beides mag im altertum neben einander bestanden
haben und Mvais mag hypokoristikon von Mraordíxa sein können . das nächstliegende
Mvaois ziehe ich aber auch in diesem verse vor, weil ich es in einem verdorbenen
bruchstücke 44 zu erkennen glaube. Αthen. IX 410 handelt es sich um χειρό
uaxupov , das im sechsten jabrhundert für das auf beiden Seiten der wangen
niedergehende kopftuch der frauen gebraucht ward . Σαπφώ δ' όταν λέγη εν τω
πέμπτη των μελών προς την Αφροδίτην ηχειρόμακτρα δε καγγόνων πορφυραι και
αυτα μεν ατατιμάσεις έπεμψ από φωκάας δώρα τίμια καγγόνων " κόσμον λέγει
κεφαλής τα χειρόμακτρα. da ist evident, erstens dafs das eine der beiden καγγό
vwv dittographie ist , zweitens daſs beide falsch sind. tücher für die beine sind
keine kopfticher . zu schreiben ist καν γενύν , κατά γενύων. es war erst die
correctur an den rand geschrieben , und dann hat die corruptel auch die variante
ergriffen. drittens ist åtıyáouis der sitz der verderbnis. da spukt nämlich der
unmittelbar vorher angeführte Kratinosvers ωμολίνοις κόμη βρύουσ’ ατιμίας πλέως.
endlich fehlt zu Eneuvå das subject, und ist wegen der vorbemerkung anzu
nehmen , daſs eine anrede vorkam , deren adresse Aphrodite der grammatiker an
gibt . so halte ich für sehr wahrscheinlich χερρόμακτρα δε καν γενύν πορφύρα
τα (oder α) του Μνάσις πέμψ' απο Φωκάας δώρα τίμια . καταυταμενα ver
birgt ein particip wie βεβαμμένα , κατειργασμένα, das ich nicht finde; das suchen
ist um so schwerer, weil ein wechsel in der stellung des daktylus für sapphische
glykoneen unbezeugt ist (das alteteste beispiel Anakr. 2. 5 υψηλάς ορέων κορυφάς).
128 3
κηνοι δ ' άρα πάντες
καρχήσια τ ’ ήχον
κάλειβον , αράσαντο δε πάμπαν εσθλα
τώ γαμβρώ..
daſs so abzuteilen ist , verlangt jede metrische logik. was
ist denn die katalexe, wenn nicht der vers xatahnyer ? wo ein
voller schluſs ist , da ist eine fermate . mit dem praedicat , winzig
und lahm ' sind die verse nicht aus der welt geschafft. Lach
mann , gegen dessen bisher befolgtes urteil ich polemisire , hat
selbst den begriff der fermate, die grundlage jeder analyse,
festgestellt. daſs er sie hier verkannte , lag an seinem streben
nach distichischer oder sonst arithmetisch darstellbarer gliederung
stichischer poesie . wir wissen viel zu wenig von den aeolischen
strophen , um auch nur einer der hier möglichen anordnungen vor
der andern den vorzug geben zu können. um so notwendiger ist
es, die überlieferung zu halten, so lange sie überhaupt ein vers
maſs ergibt.
Die aufsteigenden ioniker Sapphos zeigen nirgends die strenge
des älteren Alkaios. sie bilden vielmehr den übergang zu Ana
kreon . es überwiegt der trimeter, und zwar die sehr feine form ,
welche durch wirkliche anaklasis im ersten fuſse und die ge
wöhnlich sogenannte , die vertauschung der zusammenstofsenden
sylben , es ermöglicht, alle drei metra verschieden zu bilden :
das rechte gegenstück zu Alkaios monotonie .
59 Ψάπφοι τι ταν πολύολβον 'Αφροδίταν .
ebenso 58. aber auch uv
88 τι με Πανδιονές ώραννα χελιδών..
und vuru
87 ζα δ' ελεξάμαν όναρ Κυπρογενήα
und
57 οφθαλμοίς δε μέλαις νυκτός άωρος. 8)
“) Daſs awgos der schlaf heiſst, wie Epaphroditos (dem das bruchtück ver
dankt wird) annimmt, ist weder zu leugnen noch sicher anzunehmen . aber
opfahuois ist accusativ ; nur neben einem sprachgemäſsen , also vollen , dative
gestattet die aeolische poesie die verkürzung.
IONIKER BEI DEN LYRIKERN 129
niedlich , aber doch auch winzig ist die strophe, die gebildet
wird durch katalektischen und akatalektischen dimeter, 90 .
γλυκεία μάτερ ούτοι
δύναμαι κρέκην τον ιστόν.
da möchte man wissen , ob weitere freiheiten waren ; aber auf
solche fragen hat Hephaestion selten eine antwort.
lingere reihen , in denen κατά περιορισμούς sei es ίσους sei
es dvigovs die katalexe eine abwechselung brachte , also in recht
ionischer weise, zeigt nur 79.
e - υ - υ υ - -
uu - u - u [- -
εγώ δε φίλημ ’ αβροσύναν
και μου το λαμπρόν έρως ελίω και το καλόν λέλoγχεν.
der nicht ganz in Sapphos weise glatte ausdruck ist durch die
paraphrase gesichert , welche Klearchos (Athen . XV 687) bei
gibt : η τού ζην επιθυμία το λαμπρόν και το καλόν είχεν αυτή.
deshalb habe ich das ionische šows statt des aeolischen und über
lieferten špos nicht gescheut. )
1) Es ist natürlich ohne belang, dafs 74 σύ τε καμός θεράπων " Έρως über
liefert ist. dies ist noch ein sicherer rest eines ionischen verses. anderes ist
Zweifelhaft oder anders zu messen , 73 αυτά | ωραία στεφανοπλόκην glykonisch :
überliefert αυταόρα αιστεφανοπλόκουν , die ersten worte von mehreren verbessert .
glykoneen sind auch 75
αλλ' ων φίλος άμμιν
λέχος άρνυσο νεώτερον
ου γαρ τλάσομ' εγώ συνοίκην έoισα γεραιτέρα.
νεώτερον 1st dreisylbig. für έoισα hat Stob. Α. Β. νε' ούσα, Vind . das dorische
tooa . Meister (aeol. dial. 171 ) erklärt das zwar für aeolisch, aber er hat keinen
wirklichen beleg. 86 πολλά μοι τάν Πολυανακτίδα παΐδα χαίρης ist der schlafs
einer alcaeischen strophe. wer will , mag IIwavav, schreiben : ich beziehe mich auf
Hom . Unt. 325. 89 ist ganz unsicher, nur άβροις λασίοις accusativ . 83 möchte ich
als reste fallender ioniker fassen --Uv] - - - υ υ δαύοισ ’
απαλάς εταίρας | εν στήθεσιν. 45 kann gelautet haben άγε μοι δια χέλυ | φω
vósoon yévev, katalektische dimeter. aber es ist ganz unzuverlässig überliefert.
verkehrt hat Hephaestion das bekannte δέδωκε μέν α σελάνα aufgefafst ; wie der
hiatus zwischen v. 3 und 4 zeigt, sind die verse so 5 - UU - U--, doch wol
glykonisch , nicht ionici a mai. übrigens ist es eine sünde , das reizende volks
Philolog. Untersuchungen IX . 9
130 8
Auſser erfindungen (wie Damophyla) und irrtümern ( wie
Erinna) gibt es keine überlieferung von aeolischen dichtern oder
dichterinnen nach Sappho . sicher aeolische verse können also
nur aus den gedichtsammlungen sein , die diesen beiden zuge
schrieben wurden , 5) wobei freilich recht bedeutende zweifel prin
cipiell berechtigt sind , wie sie V. Rose gelegentlich des Anakreon
erhoben hat . sind solche zweifel für uns nicht zu substanziiren :
immer gilt es sie im sinne zu behalten, damit man nie vergesse ,
wie wenig wir wissen . da führt Hephaestion einen aeolischen vers ,
den von ihm nicht richtig verstandenen ionischen katalektischen
trimeter an ( fgm . adesp . 52 ) .
Μάλις μεν έννη λεπτόν έχoισ' επ ' ατράκτω λίνον
er zeigt die später so wichtige form der katalexe eines ana
klastischen metrons , von ihr ist keine spur bei den beiden
Lesbiern ; man möchte sie für viel jünger halten . da heiſst es
also sich bescheiden und nur beherzigen , daſs das aeolische lied
dieselbe freiheit kennt wie der spätere chorgesang. überschaut
man aber das für Sappho selbst gesicherte , so ist die echte
anaklasis, die falsche , der molossus , die zulassung anlautender
kürze im fallenden ioniker bezeugt . die indifferenz der kurzen
schluſssylbe liegt deutlich in dem zuletzt angeführten verse vor ;
sie wird wol auch bei Sappho vorgekommen sein, jedenfalls war
sie ihr bekannt, da sie ja die s . g. anaklasis zulässt . auflösung
lied der Sappho zuzuschreiben. überliefert ist es nicht , und wenn das gedicht
unter ihren werken gestanden haben sollte , so würde das nichts verschlagen .
dies mädchen harrt bei offener kammertür auf den geliebten : das soll Sappho sein ?
9) Das in der vorigen anmerkung angeführte volkslied mag in ihnen gestanden
haben, aber für volkslieder hatten auch die peripatetiker gesammelt oder wenigstens
aufmerksamkeit gehabt und sie gelegentlich angeführt. der art sind die hübschen
aeolischen skolien 15, 16. fgm . adesp. 62 v -- 1 - ū - vu – WV – U – róſ {x
Eunos vuelyóuevos uél tou peow ist von einem nachahmer Sapphos, in aeoli
schem maſse, nach Herodian (II 755) von einem aeolischen oder dorischen dichter.
Bergk hat in der letzten auflage verständiger als früher auf Korinna geraten ,
aber Herodians Korinnacitate tragen boeotisches gepräge ( Hom . Unt. 321 ) . die
andern weiblein Telesilla, Praxilla könnten es eher sein . es ist ein aussichtsloses
raten.
IONIKER BEI DEN LYRIKERN 131
einer länge dagegen fehlt nicht zufällig : weshalb ich so sage ,
würde eine lange darlegung fordern .
Für Anakreon ist vor allem charakteristisch , daſs er nur auf
steigende ioniker hat . darin ist er den Arabern ähnlich , die aber,
wie ich Ewald entnehme , überhaupt nur steigende versmaſse
kennen . die glücklichste vereinigung von freiheit und selbstbeschrän
kung, wie es die weise ionischer kunst ist, macht Anakreon zum
gröſsten meister in der verskunst seines stammes . die zusammen
ziehung der kürzen kommt ebenso selten vor wie die auflösung
einer lange. 55 Διονύσου σαύλαι βασσαρίδες , 91 διά δεύτε καρι
UU - U UU UU
κοεργέος δχάνου χείρα τιθέμεναι
mit der offenen schreibung bei zusammengezogener aussprache
ist immer zu rechnen ( Hom. Unt. 317 ) .
Reihen reiner ioniker in unbestimmter zahl bis zur fermate,
wie bei Alkaios und Alkman , was man jetzt mit dem unantiken
terminus hypermetra nennt ( ich pflege sie mit den antiken
aviyn oder uaxoá zu nennen ) stehen 41 , 42. aber gern führt
er darin die erst von ihm mit bewuster vorliebe in diesen
systemen allein zugelassene form der anaklasis ein, welche eigent
lich den dimeter zum metron macht , und wenn dieselbe einzeln
auch regellos auftritt (51 , 54) , so zeigen doch andere gedichte
einen so regelmäſsigen bau, daſs man geneigt wird , dem Anakreon
wenigstens den versuch jener metrischen änderung zuzuschreiben.
62 , 63 hat sie Bergk als dimeter abgeteilt , freilich nicht ohne den
groben fehler eines hiatus zu begehen (63 , 5 ), natürlich auch ohne
ihn zu berichtigen , als er darauf hingewiesen wurde. 65 hat er
in der letzten ausgabe an seinen rechten platz zurückgestellt:
das bruchstück stammt aus Aristobul , und es ist kein gedanke
daran , daſs es unter die fälschungen gehörte. ganz desselben
baues ist aber das gedicht 43 , wo Bergk ohne jeden schatten
eines grundes tetrameter und perikopen von je 8 metra einge
führt hat . bei kürzeren bruchstücken ist es unmöglich mehr zu
sagen , als daſs sie aus anaklastischen ionikern stammen oder
stammen können , z . b . 38, 39 ( 40 gehört zu den glykoneen
v - 1 --- w- U - I-- ) 44, 45 , 46, 50 , 52 , 53 ( verbessert Herm .
XIV 170 ) 58 , 59, 60, 64, 66 (Tóttive ist wegen des folgenden
gadivoús ein baccheus ) .
9*
132 3
Auf Hephaestions zeugnis hin müssen wir wol annehmen ,
daſs Anakreon die trimeter auch so wie Sappho stichisch ver
wandt hat,
50
obwol wir nur dann sicher wären , wenn wir wüſsten , daſs auf
λύσις εκ πόνων γένοιτ ' ουδαμά τώνδε keine doppelconsonanz folgte .
Katalektisch hat er denselben mit viel gröſseren freiheiten
gebaut. er hat nämlich sowol die anaklasis innerhalb des
fuſses wie den choriambus zugelassen , ja sogar die anaklasis bei
auflösung der letzten hebung.
32 ώνοχόει δ' άμφίπολος μελιχρόν
οίνον τρικύαθον κελεβών έχουσα
33 ουδ' αργυρή κω τότ ' έλαμπε πειθώ.
V UU
Die einführung des choriambus , eine andere aber eben so
berechtigte anaklasis als der diiambus , gibt dem maſse einen
ganz neuen charakter. häufig hat ihn Anakreon im katalektischen
und akatalektischen tetrameter. 22 , 23 , 30 , 37 .
37 χήλινον άγγος έχον πυθμένας αγγειοσελίνων
23 εκ ποταμού ' πανέρχομαι πάντα φέρουσα λαμπρά
- nu
die widerholung ist gestattet und kann den ungeübten blick
täuschen .
28 ασπίδα δίψας ποταμού καλλιρόου παρ' όχθας.
9) 29 hat Bergk ganz verkebrt mit 28 verbunden . {yo Man' aútñs geúyw
wotę xóxxvß ist überliefert, und darin soll der kuckuk als feiges tier genannt
sein. das versmaſs ist mit qúyov angemessen , aber nicht sicher hergesteilt.
aber bei Anakreon werden wir lieber an die kämpfe Aphrodites denken, wo der
redende, vom mädchen abgewiesen, sich davon macht wie ein gimpel. Kóxxvyés
yɛ toɛīs sind in unserer rede ,drei gelbschnäbel Ar. Ach. 598, und es gibt ja
& Beategoxúxxvệ Phryn. B. A. 27 , 24. über 36 Hom. Unt. 118. 35 ist zu
schreiben ιππoθόρων δέ Μυσοί εύρον μείξιν όνων VU -U - VI - UU ,
glykonisch , denn nos innovs ist offenbar erklärung , der genetiv in no Jogwv folgt,
wie Naber gesehen hat, aus der glosse Phot. He s.
IONIKER BEI DEN LYRIKERN 133
Die metriker sind nicht zu schelten , wenn sie diesen vers
als rein choriambischen bei Sappho widerfanden (Atil . Fortunat.
301 K. ).
60 δεύτέ νυν αβραι Χάριτες καλλίκομοί τε Μοϊσαι ..
wie er bei Anakreon aufzufassen ist , lehrt die gröſsere fülle
von belegen. Sapphos sonstige praxis haben wir gesehen : sie
spricht gegen diese art anaklasis. so werden wol die späteren
grammatiker den wald vor bäumen nicht gesehen haben . sie
quälen sich vergebens mit te deos oro Sybarin cur properas
amando ab . dies ist ja das vorbild , sobald man võv lang miſst.
- U ---- UU -1 - UU - U --
und daſs dieses maſs bei den Aeolern zu finden war , dafür ist
Horaz eben der beste zeuge. analysirt ist es bei Kiessling (Phil .
Unt. II 68) , wo nur zu berichtigen ist , daſs Horaz es selbst er
funden hätte. 10)
In solchen anaklastischen tetrametern ist nun die einzige
strophe Anakreons die wir noch nachweisen können ( 21 , 3—14 ) " ) ,
nach dem schema a a b , d. h . zwei stollen und ein abgesang,
gebaut, wie zu erwarten war, höchst einfach , je zwei tetrameter,
ein dimeter, der aber immer ganz iambisch gehalten ist ; fermate
ist nach dem ersten tetrameter zweimal bezeugt, aber nicht vor
handen nach dem Zweiten , wenn Bergk ψιλόν περί | πλευρήσι
dépgov Boós richtig geschrieben hat , was in anbetracht dieses
umstandes zu bezweifeln ist. in den tetrametern ist der letzte
fuſs immer anaklastisch , der zweite immer choriambisch , der
reine ionicus überall verboten , so daſs das schema ist .
voua
dieses mals zeigt von allen am klarsten , wie nah ioniker und
19) Der vers kann an sich freilich als katalektischer ionischer tetrameter ge
messen werden ; in der ersten sylbe des ersten metrons wäre dann anlautende
länge statt der kürze zugelassen. aber dieser ersatz konnte nur vereinzelt auf
treten , und die horazische nachahmung zeigt, daſs wir es mit aeolischen kola zu
tun haben. überhaupt ist zwar bei vereinzelten versen oft unmöglich zu ent
scheiden , ob glykonische oder ionische verse vorliegen : bei ganzen gedichten ist die
entscheidung fast immer schnell und sicher zu treffen .
11) Chamaileon führt vor diesem bruchstück noch zwei verse an Eavi v'
Ευρυπύλη μέλει και περιφόρητος 'Αρτέμων, einen glykoneus mit folgendem iambi
schen dimeter. sinn und vers verlangen gebieterisch, dieselben abzusondern.
134 3
iamben stehen . äuſserst belehrend ist die vergleichung mit dem
indischen çloka : denn das ist im grunde derselbe vers . 12)
Von einem anderen gedichte unterrichtet uns Hephaestion ,
in welchem die tetrameter katalektisch waren , der erste fuss
durch auflösung einer kürze fünfsylbig , die beiden mittleren
choriambisch 24 , 25
-vu
Aristophanes lässt ihn gleichsam als motiv für die zügellose
composition des neueren dithyrambus von dem Kinesias seiner
Vögel benutzen , worauf ich unten zurückkomme .
Auch noch längere reihen scheint Anakreon in dieser weise
gebildet zu haben .
57 φίλη γαρ εις ξείνοις · έασoν δε με διψώντα πιείν
0 -
56 ουδ ' αυ μ ' έάσεις μεθύοντ ’ οίκαδ ' απελθείν
- [UU -
dies bruchstück führt eins der wenigen aber ganz vorzüglichen
metrischen scholien zu Aischylos an , als probe des gvIuos
κεκλασμένος προς το θρηνητικών , den Anakreon in Attika im
portirt hätte , und Aischylos und Sophokles für klagende lieder
angewandt hätten . das steht zur parodos des Prometheus , deren
erste strophe allerdings in diesen ionikern verfaſst ist , aber mit
freier weiterbildung, die ich hier nicht verfolge.
Endlich zeigt das gedicht auf Smerdies locken 47 , 48 , daſs
Anakreon auch schon die unterdrückung einer hebung des ionicus,
eins ihrer hauptmittel dem verse abwechselung zu schaffen , den
dramatikern an die hand gegeben hat, zugleich mit der katalexe
des anaklastischen ionicus , die wir schon kennen
μεγάλω δηύτε μ ' " Έρως έκοψεν ώστε χαλκεύς
nach Hephaestions angabe war dieser vers stichisch widerholt ;
ob im ersten und dritten fusse die formen des ionicus wechseln
durften , fragt man vergebens. auch hier zeigt sich die nahe
verwandtschaft der ioniker und iamben , durch deren ausnutzung
12) Dessen gesetze entnehme Gildemeister, ( Zeitschrift für die Kunde des
Morgenlandes V ) und Oldenberg (Zeitschr. der morgenl . Gesellsch. 1881, 181 ) .
IONIKER BEI DEN LYRIKERN 135
Aischylos so gewaltige wirkung erzielt hat ; doch auch das über
schreitet die grenzen dieses aufsatzes. 13)
Anakreon ist für uns der vertreter des ionischen liedes . die
art überlieferung, welche nur das hervorragendste im gedächtnis
behält, und den bedeutendsten personen die leistungen ihrer
ganzen zeit zum ausschlieſslichen eigentume zuweist , beherrscht
ja fast völlig die geschichte der lyrik . wir haben nicht die mittel
sie zu berichtigen , können aber sicher sein , daſs neben und nach
Anakreon volkstümliche und kunstvolle ionische poesie das ionische
maſs fortgebildet hat . spuren derselben sind spärlich einen
vers hat der scholiast zu Pers. 938 gerettet
αυλεϊ Μαριανδυνοϊς καλάμοις κροτών Ιαστί
UU - U
es ist ein steigender tetrameter ; aber die zulassung nicht nur
des molossus , sondern auch des fallenden ionikus , läſst diese
eigenschaft erst in der zweiten hälfte erkennen . woher der vers
stammt , ist unbekannt ; der grammatiker nennt ihn tò neqqE
cóuevov ; man möchte wegen der Mariandyner an totenklage
denken . übrigens habe ich upotáv für xpoúwv geschrieben , nicht
nur des verses willen , für welchen es ziemlich gleichgültig ist ,
sondern weil für die flöte mir xpoúelv eine zu starke katachrese
schien . vielleicht ist auch aüler zu betonen .
Am deutlichsten offenbart sich die weite volkstümliche ver
breitung der ioniker in der attischen komoedie , und wenigstens
einige strophen des Aristophanes will ich zur veranschaulichung
hersetzen . im allgemeinen ist zu sagen , daſs er den ionicus
a maiore nur in der parodie kennt; ein groſses system aus reinen
ionikern im stile des Alkaios oder des schlusses von Aischylos
Hiketiden enthalten zwar die Wespen, aber auch das ist parodisch ,
wie die ganze parodos , die ich ein andermal erläutern werde ,
und zwar im anschluſs an ein pindarisches motiv ; auch ist es
kein chorlied . diese sind vielmehr alle in der weise gebaut,
welche das anakreontische gedicht auf Artemon zeigte . als bei
spiele wähle ich Wolken 804–12; die strophe ist nur zum
13) Wie die vier verse 82, 83 zu messen sind , kann ich noch nicht sicher
sagen ; den ionikern gehören sie schwerlich an .
136 3
teil von Aristophanes gedichtet , 700—706 , d . h . die drei ersten
verse.
αρ ’ αισθάνη πλείστα δι ' ημάς αγά9' αυτίχ' έξων
μόνας θεών , ως έτοιμος δδ' έστιν άπαντα δράν δσ ' αν κελεύης .
συ δ ' ανδρός εκπεπληγμένου και φανερώς επηρμένου
γνούς απολάψεις ότι πλείστον δύνασαι
ταχέως: φιλεί γάρ πως τα τοιαύθ ' ετέρα τραπέσθαι.
OU -
UV - Ο VU - UU
in den drei letzten versen ist keine fermate kenntlich ; man
kann sie also nur als zusammenhängend behandeln . das zweite
metron des zweiten verses und das letzte der strophe ersetzen
die erste kürze durch eine länge , das erste des letzten verses
die schluſslänge durch eine kürze. darum ist diese strophe eine
besonders gute parallele zu Isyllos : und diese , gesteh ' ich , habe
ich erst jetzt richtig messen gelernt .
Wolken 949-56 1027–33.
νύν δείξετoν τω πισύνω τοϊς περιδεξίοισιν
λόγοισι και φροντίσι και γνωμοτύποις μερίμναις
οπότερος αυτοϊν αμείνων φανήσεται , νύν γαρ άπας
ενθάδε κίνδυνος ανείται σοφίας , ής πέρι τοίς
έμοϊς φίλοις έστιν αγών μέγιστος.
U VU U -
es wechseln in strophe und antistrophe lauter durchaus regel
mässige formen , denn den epitrit kennen wir nun genügend.
hergestellt ist die responsion durch kein weiteres mittel , als die
tilgung eines sinnstörenden héyoy vor ducivov. gebaut ist die
strophe nach dem schema a ab wie die des Anakreon .
Wespen 526 ffg. hier setze ich die respondirenden stücke
neben einander , damit deutlich werde , daſs sie respondiren .
--
IONIKER BEI DEN LYRIKERN 137
526 631
νύν δε τον εκ 9ημετέρου ουπώπου ούτω καθαρώς
γυμνασίου λέγειν τι δει ουδενός ηκούσαμεν ου
καινόν, όπως φανήση δε ξυνετώς λέγοντος .
531 636
μή κατά τον νεανίαν ως δ ' επί πάντ ' ελήλυθεν
τόνδε λέγειν. οράς γαρ ως κουδεν παρήλθεν , ώστ ’ έγωγή
σοι μέγας εστίν αγών ηυξανόμην ακούων
και περί των απάντων καν μακάρων δικάζειν
είπερ , δ μη γένοιτο αυτός έδοξα νήσοις
νύν εθέλει κρατήσαι . ηδόμενος λέγοντι.
536 habe ich ούτος hinter νύν , eine offenbare interpolation ,
getilgt, 636 mit Porson πάντ ’ επελήλυθεν umgestellt . es folgt
noch eine ionische periode ; sie ist aber in der strophe durch
schreibfehler, in der antistrophe durch ausfall zerstört .
Frösche 324-36 340-52
0 - 0
ΤΟς
υυ
ΙΙ)
00
VU
w
00 – --
vom dritten verse bis zu ende geht synaphie, kommt also
auf die abteilung nichts an . gegen die überlieferung ist zu
schreiben 324 πολυτιμήτοις [εν] έδραις ενθάδε ναίων , am ende der
strophe μύσταις für μύσταισι , beides haben schon die Byzan
tiner eingesehen. Wenn man aufserdem αγνών oder αγνάν für
αγνήν oder αγνάν 335 setzt , wie Kaibel getan hat , s0 ist der
ausdruck sogar aufserst elegant, ταν ακόλαστον φιλοπαίσμονα τιμάν ,
χαρίτων πλείστον έχουσαν μέρος αγνάν , ιεράν οσίοις μύσταις χο
ρείαν. jedes wort steht mit beziehung. in der antistrophe hat
Hermann eine offenbare interpolation am anfang beseitigt ( yàg
ήκει ); sonst beruhen selbst die allgemein angenommenen ande
rungen auf verkennung des versmafses , Ζ. b . 350 συ δε λαμ
138 3
πάδα φέγγων für φλέγων , weil φιλοπαίσμονα τιμάν entspricht ,
d . h . diiambus dem ionicus. allerdings lehrt aber dies lied zwei
neue erscheinungen , nämlich das unterdrücken einer kürze im
ersten ionicus einer reihe , sowol bei der grundform uU --
Plázy ' , wie bei der anaklasis v ] -v- vuxtégov. diese verse
sind zum glück ganz unantastbar.
In den Ekklesiazusen hat Aristophanes volkstümliche liebes
und spottlieder teils aufgenommen , teils nachgedichtet, deren maſse
für die kenntnis der metrik der volkslieder Ioniens besonders
wertvoll sind . darunter sind auch ionische strophen die eine
ist ganz deutlich 969–72 = 973-5 , gebaut nach dem schema
a a b ; der abgesang ist refrain . 14)
ώ χρυσοδαίδαλτον εμόν μέλημα, Κύπριδος έρνος ,
μέλιττα Μούσης, Χαρίτων θρέμμα , Τρυφής πρόσωπον ,
άνοιξον ασπάζου με. διά του σε πόνους έχω ..
U U
U U
die andere ist nur einmal verständlich erhalten ; die respon
dirende partie ist schwer entstellt, doch grade der ionische teil
unversehrt. es stehen zuerst 10 iambische , durch synaphie ge
bundene metra ; eine anlautende senkung unterdrückt
918 ήδη τον απ ’ Ιωνίας τρόπον τάλαινα κνησιάς .
δοκείς δέ μοι και λάβδα κατά τους Λεσβίους.
αλλ ' ούκ άν που υφαρπάσαιο τάμα παίγνια , τήν δ' εμήν
ώραν ουκ απολείς ουδ ' απολήψη..
in beiden strophen würde alles einfach sein , wenn nicht das
kolon wäre , das sich dem einfachen baue um so
weniger fügt, als es in der zuletzt angeführten strophe eigentlich
eine kürze an das vorige metron abgeben müste. ich finde gar
keine befriedigende erklärung, da der möglichkeiten zwar viele
4) Daſs die interjection ở vor folgendem vocale verkürzt wird , obwol diese
erscheinung in ionikern fast ganz verpönt ist, hat nichts befremdliches, da es auch
in iamben und trochaeen vorkommt.
IONIKER BEI DEN LYRIKERN 139
sind , aber alle mit der sonst beobachteten praxis irgend wie streiten .
so begnüge ich mich den tatbestand zu constatiren. begegnen
wird uns dasselbe kolon noch einmal ; dort würde es sich schein
bar deuten lassen , aber nur die erklärung kann richtig sein, die
allen drei stellen gleich genügt.
Daſs Aristophanes den ionicus a maiore so wenig wie Anakreon
pflegt, beweist wol , daſs die dichter ionischen stammes demselben
weit weniger geneigt waren als Sappho ; aber abzusprechen ist
er auch jenen nicht , er mag sich nur in tieferen schichten der
poesie gehalten haben . es scheint doch , obwol Meinekes com
binationen nicht ganz sicher sind , als gehörte der dichter Kleo
machos noch in das fünfte jahrhundert, dessen fallende ionische
dimeter Hephaestion einer bemerkung wert gehalten hat
τίς την υδρίην ημών
εψόφησ ’ ; εγω πίνων
darin ist die form der katalexe das bemerkenswerteste ; fallende
ioniker pflegen sonst die beiden kürzen abzuwerfen oder ana
klastisch gebaut zu sein , also auf oder -u - auszugehen ,
doch kommt auch dies sonst einzeln vor.
Den fallenden tetrameter mit zweisylbiger katalexe hat zu
der zeit , wo Isyllos seinen paean dichtet, Sotades zu einem reci
tativen maſse gemacht. dasselbe ist eigentlich recht streng ge
baut, denn es gelten nur die selbstverständlichen veränderungen ,
auflösungen , zusammenziehung , wirkliche anaklasis ; einzeln ist
gewiſs auch der ersatz der kurzen endsylbe durch eine länge zu
gelassen , nach der lehre der metriker auch der choriamb. in
dieser weise sind die vortrefflichen verse des Sotades gebaut,
die durch Hephaestion und Athenaeus erhalten sind ; so baut
Lukian im Tragodopodagra und Moschion (Puchstein Epigr. Graec.
Aegypt. Strafsburg 1880 ), nicht anders sind einzelne versprengte
verse , die G. Hermann ( El. doct. metr . 444 ) übersehen hat , wie
ώδινεν όρος, Ζεύς δ ' εφοβήθη, το δ' έτεκε μύν.15) diese regeln
15) Hier ist die vorletzte länge der reihe aufgelöst, und weshalb auch nicht ?
also haben selbst die Griechen einen vers bauen können wie quem non pudet et
rubet non est homo sed ropio, den Bücheler ( Rh . M. 35, 399) den Römern abspricht,
deren sceniker doch so oft auflösen , selbst wo sie es lassen sollten.
140 3
waren es auch , von denen die römische praxis zu allen zeiten ,
von Ennius und Accius bis Terentianus ausgegangen ist . gänz
lich abweichend und von einer ekelhaften rohheit sind die pseudo
sotadeischen spruchverse bei Stobaeus, durch welche sich G. Her
mann !8) hat täuschen lassen , und welche noch heute spuken ,
obwol der trug sonnenklar ist und von Meineke (An . Al . 246 )
gebührend gewürdigt . Puchstein hat, obwol er dies richtig be
urteilt , mit anderen eine caesur in den Sotadeen entdecken wollen ,
und den widerstrebenden vers des Lukian geändert. aber oùd '
ώμα λακιστά κρέα σιτούμεθα ταύρων , das ist --υυ
: -, enthält schlechterdings keinen fehler , allerdings
auch keine caesur. auſserdem glaubt Puchstein leider an die
caesur innerhalb des Wortes ' . mir fehlt der glaube an solche
wunder wie wortende im worte , schwebende betonung (d . h. be
tonung des tonlosen ) : ich kann schon in ihren namen nur eine
contradictio in adiecto sehen .
Auch noch zu Sotades zeit erfand Kallimachos sich als
mais für sein lyrisches Attislied den steigenden ionischen kata
lektischen tetrameter mit diaeresis nach dem zweiten metron .
er, peinlich sorgsam und feinhörig wie er war, liefs nur die zu
sammenziehungen und auflösungen zu , die selbstverständlich sind ,
und auſserdem die übergreifende sog. anaklasis. das vorbild Ana
kreons ist deutlich , die diaerese , für ein lied eigentlich ohne
zweck und der weise Anakreons fremd, zeigt auch die über
legte neuerung eines nachzüglers der lyrik. die galliamben sind
eigentlich nie ein besonderes maſs gewesen , das man nach be
lieben anwenden konnte , wie etwa die Sotadeen : das hat nur
Diogenes Laertius getan (VIII 91 ) , der in seiner arduuetoos alle
metrischen kunststücke oder sünden begieng, die ihn sein hand
buch lehrte . von dichtern ist nichts zu sagen, als daſs die nach
ahmer des kallimacheischen židoç mit dem inhalt auch die weise
nachgebildet haben . diese eine tatsache würde genügen um zu er
härten , daſs ein einzelner die galliamben gemacht hat, und so würde
16) Den dichter Lykopbronides, den doch Klearchos citirt, durfte G. Hermann
nicht unter die Sotadeendichter rechnen , schon um der zeit willen. das maſs
seines bruchstückes , reihen steigender ioniker neben iambischen reihen, wie öfter
im drama, habe ich erklärt Herm . XIV 173.
IONIKER BEI DEN LYRIKERN 141
man schritt für Schritt zu demselben ergebnis gelangen , das ich von
anderem ausgangspunkte her im Herm . XIV 194 gewonnen habe . 17)
Vermutlich auch noch im dritten jahrhundert hat volkstüm
liche aber verwilderte liederpoesie an Anakreon angeknüpft, deren
letzter niederschlag in dem Anakreon der Pfälzer handschrift
und den byzantinischen Anakreonteen , auch in heiligen poesieen
wie den hymnen des Synesius vorliegt. unter den Römern hat
wenigstens Laevius solche muster vor augen gehabt. aber diese
teils verwahrlosten , teils im treibhaus gezogenen blumen haben
mit der metrik der blütezeit so viel und so wenig zu tun , wie
der hexameter des Nonnus mit dem des Archilochos und auch des
Kallimachos, oder wie die prosa der Philostrate mit der echten
atthis . die organische entwickelung der poetischen formen classi
scher zeit reicht nur wenig über die zeit des Isyllos herunter.
sie haben wir auf einem wege erreicht : nun müssen wir zu
Anakreons zeit zurück, von der wir ausgiengen , und den ionikern
des liedes die des gesanges folgen lassen .
Leicht kann man dadurch daſs in den erhaltenen vier büchern
Pindars kein ionisches gedicht steht sich verführen lassen , die
verwendung dieses maſses zu unterschätzen oder gar zu leugnen .
aber er selbst hat es mindestens zweimal angewandt. das eine
gedicht erzählte von dem zuge des Xerxes und ist in Athen noch
422 sehr beliebt gewesen , da Aristophanes daraus nicht bloſs
eine stelle nachbildet , sondern auch für sein eigenes versmals
sich aus ihm ein motiv genommen hat , wie das seine art ist.
es sind die langen ionischen partien der Wespenparodos . der
Venetus hat zu v. 306 ein scholion erhalten „ apà tò lluvdagixòv
πανδείματοι μεν υπέρ πόντιον “Ελλας πόρον ιερόν « . die ver
derbnis ist nur in so weit gehoben , als to uév wol sicher ab
geteilt werden muſs. weiter befriedigen die conjecturen nicht,
die bei Bergk4 189 stehen. da vor to uév kaum noch etwas
zu demselben satze gehöriges gestanden haben kann , so möchte
17) Hier müsten eigentlich die metrischen kunststücke des Simmias und Phi
liskos behandelt werden , wie das z. b. auch Hephaestion tut . ihre einfachen
choriambischen reihen lehren aber nichts ; was vielleicht interessanter wäre, ist zu
schwer entstellt.
142 3
ich παρά το Πινδαρικόν παράδειγμα vermuten , wie dem auch
sei : reine ioniker, nur mit auflösungen , also genau so wie in der
aristophanischen nachbildung , sind unverkennbar. schwer ent
stellt ist auch das andere ionische bruchstück Pindars, 203 bei
Zenobius V 59. άνδρες τινές ακκιζόμενοι Σκύθαι νεκρόν ίππον
στυγέoυσι λόγω κτάμενον εν φάει ( Boeckh für φασί) , κρύφα δε
σχολιούς γένυσιν αναδέρoυσι πόδας ήδε κεφαλάν (Bergk für κεφαλάς ) .
in einem satze können weder die άνδρες τινές neben den Σκύθαι
noch dxxicóuevoi neben kóro bestehen . da nun Pindar der schief
mäuligen Skythen verstohlene neigung für pferdefleisch füglich
nur zum exempel angeführt haben kann , so fehlt etwas , fehlt
das , wodurch sich der sinn ergab , gewisse herren zieren sich ,
wie die Skythen '. es ist ein ausfall persönlichster art , wie das
gleichnis vom adler und den beiden raben - von Keos . ferner
kann vexpóv nicht neben xtáuevoy bestehen , wie Boeckh richtig
gefühlt hat, und das auch der form nach hier befremdliche xró -
usvov verträgt sich schlecht mit ły pćer. da nun hoffe ich mit
xkluɛvov das rechte zu geben . im übrigen setze ich die restitution
nicht deshalb her , weil ich des dichters worte alle hergestellt zu
haben wähnte , sondern damit man sieht , wie grade die am
wenigsten zweifelhaften worte sich dem ionischen rhythmus fügen .
άνδρες τινές ακκιζόμενοι
« άπερ > Σκύθαι νεκρόν ίππον στυγέoυσι λόγω κεί
μενον εν φάει, κρυφά δε σκολιούς γένεσσιν ανδεί
ρουσιν πόδας ήδε κεφαλάν
uu]
OU - U
verse sind nicht abzuteilen ; Von Σκύθαι bis zum ende ist
synaphie . die anaklasis ist sowol innerhalb des metrons wie
übergreifend angewandt; die anlautende sylbe als indifferent be
handelt . einmal ist durch zusammenziehung und auflösung ein
scheinbarer ionicus a mai. an die stelle eines a min . getreten ,
einmal eine länge unterdrückt, wie oben bei Anakreon 47 und
im drama ( A $apavtidos "Ellos). ein choriambus findet sich da
gegen nicht.
IONIKER BEI DEN LYRIKERN 143
Von Bakchylides ist mit recht bemerkt, daſs er sich in der
praxis viel mehr dem Pindar als seinem oheim angeschlossen
hat. ein ionisches bruchstück von ihm , das sicher wäre , gibt
es nicht . denn wenn zu derselben Hermogenesstelle der eine
commentar ( VII 982 und bei Planudes V 493 Walz ) aus Bakchy
lides των αβροβίων Ιώνων άναξ anführt, Johannes Sikeliotes aber
αβρότητι ξυνέασιν Ιώνων βασιλήες, was schwerlich einen vers , ganz
gewiſs keinen sinn gibt , so wird man an sich geneigt sein , dem
mit recht übel beleumundeten Sikeliotes nicht zu glauben . wird
nun aber vollends die aßgórns der Ionier gelegentlich der hermo
geneischen charakteristik der versfüſse besprochen, und wird uns
zugemutet , zu glauben , daſs Bakchylides die üppigkeit der Ionier
zu charakterisiren ihr lascives versmaſs angewandt hätte , so sehen 1
wir das motiv der schwindelei offen zu tage liegen , und nichts
als των αβροβίων Ιώνων άναξ gehört in die fragmentsammlung
des Bakchylides .
Schwindet so ein ionisches fragment, und werden wir auch
bedenken tragen die glykonischen verschen Telesillas
άδ ' 'Αρτεμις , ώ κόραι ,
φεύγουσα τον Αλφεόν
als ionischen dimeter zu fassen , wie Hephaestion will , der dieselben
verse auch noch anders und nicht richtiger erklärt ; 18) so tritt
bei Simonides das ionische maſs um so behutsamer hervor. Zwei
längere bruchstücke sind in fallenden sehr einfachen ionikern
gehalten ; auſser der anaklasis innerhalb des metrons keine frei
heit, vollendeter wolklang. zunächst 53
δς δουρί πάντας
νίκασε νέους υπέρ δινάεντα βαλών "Άναυρον
πολυβότρυος εξ Ιωλκού ,
ούτω γαρ “Όμηρος ήδε Στασίχορος άεισε λαούς .
-u- ) -
VU - UU
VU UU
15) Es ist in wahrheit das kolon 'Yunv'Yuévai ' Yunv, das Aristophanes stichisch
und sonst vielfach verwendet ; seine katalektische form ist das Reizianum .
144 3
fermate nur nach dem dritten meiner verse sicher. erkannt hat
die ioniker Dobree ( Adv. II 366) , und gegen die überlieferung
( Athen . IV 172 e) nur die stellung von un ég geändert . die hand
schrift stellt es hinter " Avavgov. einem solchen manne die prio
rität einer verbesserung abzutreten , ist eine ehre .
Dieses bruchstück handelt von Meleagros , dem früh geschie
denen helden ; es erzählt von ihm eine tat , die auf thessalischem
boden , wenigstens nach dieser überlieferung , sich zugetragen
hat. so darf sich die vermutung hervorwagen , daſs das bruch
stück demselben gedichte angehört , aus dem wir ganz ebenso
gebaute ioniker besitzen , dem Threnos auf die Skopaden, viel
leicht dem ehedem berühmtesten gedichte des Simonides ; das
bruchstück ist 32 .
άνθρωπος έων μήποτε φάσης ότι γίνεται ,,
μηδ ' άνδρα ιδων όλβιον δσσον χρόνον έσσεται .
ούτω γαρ ουδε τανυπτερύγου μυίας
ωκεία μετάστασις
- 0 U U
uuluu
daſs hier ein molossus vorkommt , oben nicht, hat gar nichts zu
bedeuten. die katalexe anaklastischer form ist uns schon be
gegnet ; 53 hat überhaupt keine katalexe. überliefert ist der
erste vers so von Stobaeus 105 , 9. daſs Favorin in demselben
capitel 62 für grons pús oder einns hat, verschlägt nichts. aber
sein zusatz 8tı yivetai aūgrov kann auch nicht bleiben : wollte
Simonides aïqrov setzen , so muste er yɛvýcetat sagen . aber er
sprach dem menschen nicht nur die vorhersagung des künftigen
ab , er verwehrte ihm das geschehende zu deuten . wir wissen
nicht einmal von dem, was vor unsern augen sich zuträgt, ob es
gut oder schlecht ist , noch was es bedeutet. auſserdem habe
ich die wörter oétos á (so überliefert) und wxɛic vertauscht: ge
wiſs zum gewinn des sinnes.
Aus ganz anderen, freieren ionikern besteht das heut zu tage
berühmteste bruchstück des Simonides , die s . g. Danaeklage .
den schlüssel zu seinem metrischen verständnisse glaube ich schon
seit einer reihe von jahren zu besitzen , und wenn ich mich ge
IONIKER BEI DEN LYRIKERN 145
scheut habe , öffentlich davon zu reden , so lag es nicht daran ,
dals vestigia terrent, sondern daſs ich in der emendation mir selbst
nicht genug tat. das ist auch jetzt nicht der fall. aber in diesem
zusammenhange muſs ich geben was ich habe , und auf die
richtige grundlage kommt mir mehr an als auf ein par con
jecturen . die bisherigen versuche sind aus zwei gründen ge
scheitert , wobei ich die metrik nicht einmal zähle. erstens
nehmen sie eine ganz ungeheure verderbnis an . dazu geben die
worte wie sie sich aus dem Parisinus ergeben keine veranlassung ,
und es ist auch undenkbar , dass dieses stück so ganz anders
zugerichtet sein sollte als das ganze buch des Dionysios nepi
συνθέσεως . aufserdem aber erklärt Dionysios ausdrücklich , ουκ
έξεις συμβαλείν ούτε στροφήν ούτ ' αντίστροφον ούτ ' επωδήν. folg
lich sind alle diese drei vorhanden : an einen ausfall in den hand
schriften zu denken , wäre willkür. wenn er überhaupt etwas
beweisen wollte, so konnte Dionysios auch gar nicht anders, als
wenigstens irgend welche respondirende stücke geben . er will
durch ein exempel beweisen , daſs die gliederung eines gedichtes
nach den rhetorischen gesetzen die rhythmischen glieder voll
ständig unkenntlich mache : ein gedicht ohne responsion könnte
da nur jemand geben , der an seine eigene these nicht glaubte,
denn die längen und kürzen sind in prosa nicht andere als in
der poesie : über den durchgehenden rhythmus soll die rhetorische
gliederung täuschen , und wie könnte sich das anders schlagend
herausstellen , als wenn selbst die widerkehr derselben rhythmi
schen perioden unbemerkt bleibt. aber freilich ein geschickter
anwalt seiner sache war Dionysios . mit einer einfachen daktylo
epitritischen oder iambischen strophe würde er wenig glück ge
habt haben : so griff er nach dem complicirten ionischen maſs,
das von einer responsion sylbe für sylbe überraschend weit ent
fernt ist (diese ganz genau durchgeführt konnte er in seinen
lyriker- und tragikertexten nirgend finden , da sie erst eine er
rungenschaft des neunzehnten jahrhunderts ist). und in welcher
reihenfolge strophe antistrophe epode in der mitten aus einem
gedichte gerissenen probe sich folgen würden , verrät er nicht ,
wählt aber die folge a ba, welche dem hörer am schwersten zu
durchschauen ist . er hat seine absicht vollkommen erreicht :
Philolog. Untersuchungen IX. 10
146 3
auch wenn gar keine corruptelen da wären , würde man die
responsion nur mit ernster mühe finden . und doch wird man
gestehen müssen , daſs die absicht zu sicher erreicht ist , als daſs
dieses beispiel bewiese. denn mag auch meine gliederung noch
stark vereinfacht werden , eine singularität bleibt dies simonideische
gedicht, und eine singularität durfte Dionysios eigentlich ehrlicher
weise nicht wählen . der glaube liegt mir fern, dies seltene stück
simonideischer metrik ganz zu verstehen , das in seiner art so
besonders ist wie αναξιφόρμιγγες ύμνοι , das ich auch nicht ganz
verstehe, und leicht mag der keische dichter so stolz auf seinen
νεοσίγαλος ύμνος gewesen sein, wie es Pindaros seinerseits selbst
eingesteht . so viel aber weiſs ich , daſs Simonides nicht der
stümper war , sein gedicht voll hiate zu pfropfen , und daſs er
ein dichter war , dessen poetische individualität wir viel zu un
vollkommen kennen , als daſs wir ihm vorschreiben könnten , wie
weit die kühnheit seiner bilder, die realistische wahrheit oder die
conventionelle stilisirung seiner schilderung gehen dürfe.
δτε λάρνακι δ ' εν δαιδαλέα
άνεμός τε νιν πνέων
κινηθεϊσά τε λίμνα
δεϊμά τ ' έριπ’, ουκ αδιάντοισι παρειαϊς αμφί τε
5
Περσεϊ βάλεν φίλαν χέρα είπε το “ ώ τέκος « μοι »
οίον έχω κακόν .
συ δ ' αωτεϊς γαλαθηνω τ ' ήθεϊ κνώσ
σεις έν άτερπεϊ δούρατι ,
χαλκεογόμφω δε νυκτί λάμπεις
10
κυανέω τε δνόφω σταλείς ,
αχάν δ ' υπερθε τεάν κομάν βαθειάν
παριόντος κύματος ούκ αλέγεις
ουδ ' ανέμου φθόγγον κείμενος εν πορ
φυρέα χλανίδι πρόσωπον
15 καλόν . ει δέ τοι δεινόν τό γε δεινόν ήν ,
και έμών κε δημάτων
λεπτών υπεϊχες ούας
JONIKER BEI DEN LYRIKERN 147
κέλoμ ' εύδε βρέφος , ευθέτω δε πόντος, ευθέτω
άμετρον κακόν: μεταιβολία δέ τις φανείη ,
20 Ζεύ πάτερ εκ σέο .
ότι δη θαρσαλέον έπος εύχομαι και
νόσφι δίκας, σύγγνωθι μοι .
abweichungen von der überlieferung : 1 δ ' zusatz von Schneide
win ; 2 μιν Schneidewin : μήν ; 3 τε Βrunck ; δέ ; 4 δείματι έ. ; ουκ
Thiersch : ούτ '; 5 τέκος Αthen . 396: τέκνον ; 6 αωτεϊς Casaubonus :
αυτε εις Ath . αυταίς : 7τ ' Casaub . ηθει Bergk: δ' ήτορι Αth. δ '
ειθει ; 8 δούρατι σ : δούνατι ; 9 νυκτιλαμπεί ; 10 σταλείς Bergk :
ταδ ' εις ; 11 αυλέαν δ'υπ .; 15 ήν ς : ηι ; 16 κέκεν ε. .; 19 με
ταιβολία Bergk : μεταιβουλία ; 22 κνοφι δίκας ; νόσφι δ. ς. dabei
sind adiaphora wie accente elision paragogisches ny nicht ge
rechnet.. dazu gehören eigentlich auch contractionen , die dem
versbedürfnis beliebig dienen ; man könnte xvavo 10 schreiben ,
ja selbst das vau vor είπε 5 ; έπος 21 setzen .
Sinn und zusammenhang haben mit dem versmaſs nichts zu
tun ; die vorgenommenen änderungen beziehen sich nur auf sinn
und zusammenhang. die erste frage ist , wo steckt das verbum
Zu ότε , wo fingt der nachsatz an . der satz mit ότε gibt den Zu
stand, in welchem Danae , deren name , wie Dionysios selbst an
deutet, vor den von ihm ausgeschriebenen versen stand , ihr kind
umarmte und die worte sprach , welche bis zum ende des bruch
stückes reichen . als wind und meer und entsetzen ' das steht
da - ,sie – das steht eigentlich auch da – έτάραξαν , εξέπληξαν ,
das fordert man. ob έριπεν das bedeuten kann , mag fraglich
bleiben ; an dem activen aorist möchte ich nicht anstossen . daſs
die prosa und wir prosaisch denkenden menschen nicht sagen
άνεμος και δέος αυτήν εξεφόβησαν , sondern ανέμου δέος oder
άνεμος δεινώς εξεφόβησεν , lafst die parataxe nur als dichterisch
empfinden. ,, mein kind , wie grofs ist mein unglück . und du
schlummerst (wenn Simonides mit der glosse das , und nicht etwa
, du blühst gemeint hat) , und findest schlaf in dem freudlosen holz
kasten , χαλκεογόμφω δε νυκτιλαμπεϊ :. mit δε wird ein neues glied
angereiht : das ist überliefert; schleppend würde auch ein jeder satz ,
der εν έτερπεί δούρατι u . S. W. mit dem fernen σταλείς verbünde,
10 *
148 3
das Bergk erkannt aber verworfen hat . man sucht ein verbum in
zweiter person . ist es zu kühn , was ich Simonides zutraue ,, du
leuchtest gebannt in eisengenietete nacht und azurne finsternis “ ,
lächerlich machen kann man solchen ausdruck . aber wir stehen
vor einem wunder, und der dichter zieht des wunders consequenzen .
es ist nicht wirklich nacht : aber die ehernen riegel des kastens
sperren das licht aus . es ist keine wirkliche lichtlose finsternis ,
die die arche umgibt : es ist das blau der meerestiefe. Danae
aber leuchtet das götterkind durch nacht und finsternis, stralend
von innerem götterlicht, oder doch von dem hellsehenden auge
der mutterliebe erleuchtet . ,, du achtest nicht die ... der woge ,
die über dein lockiges köpfchen hingeht noch das sausen des
windes dyáv für aléav ist vielleicht nicht das wahre : aber daſs
unter diesen sinnlosen zeichen sich ein wort für ,rauschen , tönen
verbirgt , liegt auf der hand . „ wenn das entsetzliche schon für
dich entsetzlich wäre, so würdest du auch auf meine leisen worte
horchen .“ ja wol auf ihre leisen worte , wie überliefert ist . die
ahnungslosigkeit des kindes ist für die mutter ein trost nicht
ohne bitternis : muſs sie doch nun alle kämpfe allein in sich
durchmachen . wenn das kind schon denken könnte, dann würde
es auch für der mutter seufzer teilnahme haben . wie ein hoff
nungsblitz fährt es durch ihre seele : wie müste es sein , wenn
ich mich an die brust eines heldenhaften sohnes lehnen könnte .
und dieser blitz zündet in der seele des hörers , der da weils,
daſs Perseus der mutter dereinst vor den nachstellungen der
Seriphier rettend geworden ist. doch Danae kämpft rasch den
gedanken nieder, der zu egoistisch ist . dann würde das kind ja
um so mehr das sausen der stürme und das brausen der wogen ver
nehmen . asyndetisch steht der nächste satz . das asyndeton zeigt
die pause , einen augenblick des bitteren schweigens der resignation .
dann wird die reine liebe wieder laut ,,schlafe mein kind“ da ist
das schlafen sinnlich gemeint. „schlafen möge die see,“ da steht es
in einer gewöhnlichen metapher, ,, schlafen möge das unermessliche
unglück " , da steht es kühn , für einschlafen , für ruhe und ende
finden . und nun das gebet ,,ein umschlag komme , vater Zeus ,
durch dich . “ vater Zeus , so können wir menschenkinder alle
beten : anders betet Danae gebeugt über den sohn des goldenen
IONIKER BEI DEN LYRIKERN 149
regens. wol darf sie hadern mit dem gotte, dessen allmacht sie
verlassen hat. aber wider kommt es nicht zur vollen äuſserung
der empfindung , wider soll der fühlende und glaubende hörer
aus dem unvermittelten anschluſs den gedanken entnehmen , den
Danae nicht laut werden läſst „ rette deinen sohn , du bist es
uns schuldig ." ,,daſs ich da ein zu hoffnungsvolles und un
frommes gebet getan , verzeihe mir .“ Zeus ist der ewige vater ;
er vergiſst des sohnes nicht : die demut und die selbstaufopfe
rung des liebenden weibes verdient das wunder. so empfinden
auch wir, denen nicht die nächsten zeilen des dichters erzählen ,
wie die schleppnetze der Seriphier den kasten an das licht zogen .
ich denke, wir empfinden auch den hauch einer dichterseele, die
uns verwandter ist als alle pindarische erhabenheit, den hauch
eines ionischen gemütes. dem dichter habe ich nachzudenken
1
versucht : ich habe mich der überlieferung angeschmiegt. sprach
lich ist fast alles einfach . oủs ÚtéXELV tivós ist gewiſs kühn , und
dafs man in alter Zeit υπό τινος είναι γενέσθαι so gut wie
únó tivi sagt, reicht zur erklärung nicht hin . wol aber sagt man
ÚnaXoúelv tivós , und man mag es misbilligen , daſs die dichter , keiner
kühner als Sophokles , die constructionen eines einfachen verbums
auf periphrastische ausdrücke übertragen : leugnen darf man es
ccclcic
دار
nicht, nun also das versmaſs
Iacca
(CIC
BUT
DID
strophe
ICO
- ) |(و기
)D
ここ に
1
311
(
CI
ICCICC( (
CICI
ICIC
epode
) )
) ,
ca
10
fermaten sind sicher hinter 1 , 2 , 3 , 4, 5, 7 , 8 , 11 , 13, dagegen
hängen 6–7 sicher , 9-11 , 12–13 wahrscheinlich zusammen .
150 3
1–4, 6–7 , 9-13 sind reihen von steigenden ionikern , welche aller
dings nicht nur auflösungen und freie behandlung der irrationalen
anfangssylbe, sondern auch anaklasis in allen formen zeigen , auch
als choriambus ; auſserdem ist in nicht seltenen fällen eine hebung
unterdrückt ('Alauavtidos "Elias ). daſs bei respondirenden versen
die anaklasis nach belieben zugelassen wird , zeigt ja schon Ana
kreon . die selbstbeschränkung, welche die tragiker darin üben ,
ist niemals zum zwange ausgeartet , und selbst die moderne will
kür hat noch nicht vermocht alle überlieferten fälle derart zu be
seitigen . in der epode sind schluſs- und anfangsvers fallende
ioniker mit den entsprechenden freiheiten . v . 5 zeigt das oben
in den Ekklesiazusen zweimal belegte kolon . ehe ich sie kannte ,
glaubte ich es als muUcu als fallenden katalektischen dimeter
mit unterdrückung einer länge fassen zu dürfen . aber das geht in
jenen beiden fällen nicht an . die responsion habe ich erkauft
durch zusatz von dè v. 1 , wo der hiatus in keinem vermalse
möglich ist ; durch umstellung von xɛ 13 , durch zusatz von pou 5 .
dies letzte ist mir hart angekommen , da der vers doppelt be
zeugt ist und die variante téxos und Téxvov nichts ausmacht . aber
hier kann ich nichts anderes tun, als eingestehen , daſs ich um
des vermaſses willen geändert habe, d . h . um etwas besseres bitten .
durch nentov ovas izteixes 17 volle responsion herzustellen , ist
mir auch eingefallen , und v. 1 stand wol eher etwas wie ste
dadahéę dr hógvaxı : aber rhythmus ist auch so vorhanden .
Nötig vielleicht nicht , aber nützlich wird es sein , den be
fremdlichen eindruck, den dieses ionische maſs auf viele machen
muſs , wenigstens durch eine anzahl tragischer strophen zu be
schwichtigen : die erschöpfung des gegenstandes muſs ich für jetzt
noch ablehnen .
Aischylos Perser 959–53 = 62-65
Ιάνων γάρ απηύρα
Ιάνων ναύφαρκτος 'Αρης έτεραλκής
νυχίαν πλάκα κερσάμενος δυσδαίμονα τ ' ακτάν .
IONIKER BEI DEN LYRIKERN 151
Sophokles Elektra 829-36 = 37-48 . die wolerhaltenen
worte herzusetzen , wird nicht nötig sein .
und noch acht reine fallende ioniker, der letzte katalektisch von der
form -, ganz wie bei Kleomachos. v. 5 ist eine auſser dem
metron stehende interjection Elektras . interessant ist die strophe
durch die beiden steigenden monometer: das ist eine dissonanz, die
mit vollster absicht und vollstem effecte angewandt ist , denn diese
verse gehören Elektra , die dem chor heftig widerspricht, oder
auch ihm in das wort fällt. lange nicht immer vermögen wir den
zweck solcher metrischen dissonanzen zu fühlen , aber doch oft.
man muſs nur aufhorchen : auch in der Danaeklage wird olov
έχω κακόν und Ζεύ πάτερ εκ σέο nicht ohne absicht metrisch
von dem fluſse der übrigen verse abgesondert . auſserdem ist
in dem ersten ionikus eine länge durch eine kürze vertreten , und
zwar nicht die erste , wie es oben bei Sappho so oft war , son
dern die zweite. das ist seltener , aber ganz gesichert : muster
beispiel der dimeter -UvU--Báoßaqa gagnvñ Aisch . Pers . 634
in einem schweren und verdorbenen , aber sicher ionischen liede . 19)
Euripides Phoen . 1539 , die ersten klagen des Oidipus . vor
her geht die monodie Antigones, zum teil in ionikern , deren her
stellung schwierig ist : aber an irgend welche responsion zu denken ,
ist nichts weiter als eine verirrung. Oidipus singt drei ionische
pentameter , akatalektisch , aber dadurch gesondert , daſs jedem
ersten fuſse vorn eine kürze fehlt , wie oben das " laxx ' der
Frösche ; das hindert natürlich die auflösung einer länge nicht .
19) Anfangen kann man ja den vers u . 8. W., also mit
anaklasis und dann choriamben . aber man kommt dann am ende in die brüche,
denn eine sylbe bleibt überschüssig . da mag wol einer zur ,vielzeitigkeit der
sylbe greifen , d. h. dem mittel , aus einer sylbe beliebig viele zu machen. ich
rechne es mit caesur im worte, versschluſs in der synaphie , schwebender betonung
in dieselbe kategorie .
152 3
auſserdem zeigt je ein fuſs des dritten verses eine der üblichen
ersatzformen , anaklastisch und --- mit irrationaler
erster sylbe..
τί μ ' ώ παρθένε , βακτρεύμασι τυφλού ποδος εξάγαγες ες φώς
λεχήρη σκοτίων εκ θαλάμων οίκτροτάτοισιν δακρύοισιν ,
πολιόν αιθέρος είδωλον ή νέκυν ένερθεν ή πτανόν όνειρον .
entfernt habe ich vor είδωλον das Wort αφανές , ein glossem zu
nolióv, das den sinn zerstört.
Sophokles Philoktet 1174-90 . es ist die groſse nicht re
spondirende lyrische partie im stile der neuen musik, in welcher
die verschiedenartigsten rhythmen einander ablösen . es folgen
anapäste . vorher gehen iamben , und zwar sind es 10 durch
synaphie verbundene metra ( dreimal die erste senkung des me
trons unterdrückt), sie hängen auch mit den folgenden ionikern
zusammen , wie der artikel zeigt , den man in lyrischen versen
doch auch bei Sophokles nicht anders als proklitisch behan
deln darf ..
τί τούτ ' έλεξας ; ει συ ταν
στυγεραν Τρωάδα γάν μ ' ήλπισας άξειν.
Χ . τόδε γαρ νοώ κράτιστον.
Φ. από νύν με λείπετ ’ ήδη.
Χ . φίλα μοι, φίλα ταύτα παρήγγειλας εκόντι τε πράσσειν .
τωμεν
ιωμεν
ναός ίν' ημίν τέτακται .
Φ. μή προς αραίου Διός έλθης , ικετεύω. Χ. μετρίας
ώ ξένοι μείνατε προς θεών. Χ , τί θροείς ;
( (
die einzelnen formen können dem leser nicht mehr fremd sein .
gestrichen habe ich εμοί vor στυγεράν, nicht weil ich sonst kein
maſs herausbekäme, sondern weil der sinn und allerdings auch
das maſs durch seine entfernung gewinnt .
IONIKER BEI DEN LYRIKERN 153
Sophokles Oid . Kol . 206-215 in einer gleichartigen partie
zwischen glykoneen und daktylen .
Ο . ώ ξένοι , απόπτoλις αλλά μή. Χ. τί τόδ' απεννέπεις γέρον.
Ο. μή μή μή μ' ανέρη τίς είμι, μηδ ' εξετάσης πέρα ματείων.
Χ . τί τόδ '; Ο. αινά φύσις. Χ . αϊδα . 0. τέκνον ώμοι , τί γεγώνω;
Χ . τίνος ει σπέρματος, ώ ξείνε , φώνει , πατρόθεν.
der ersatz der ersten kürze durch eine länge , während eine
länge nachher aufgelöst ist , wird keinem leser des Isyllos mehr
schwierigkeiten bereiten . die verkürzung der schluſssylbe von
Eévoi vor folgendem vocal ist eine sophokleische freiheit.
Die vier letzten proben gehören schon den liedern an , in
welchen die tragoedie sich der neuen musik und dem neuen di
thyrambos angeschlossen hatte , und sind für diesen stilwechsel
selbst ein beleg. unsere kenntnis vom dithyrambos ist eine überaus
geringe, die reste noch spärlicher als von der älteren lyrik , und
doch sind drei längere und charakteristische in ionikern verfaſst.
Timotheos 5 ( Plutarch de se ipso laudand . 1) .
μακάριος ήσθα Τιμόθεος, ότε κήρυξ
είπε ,,νικά Τιμόθεος ο Μιλήσιος
τον Κάμωνος τον ιωνοκάμπταν. 20 )
und fgm . 6 (Athen . III 122) vermutlich aus demselben gedichte
ουκ αείδω τα παλαιά , τα γαρ άμα κρείσσω .
νέος ο Ζευς βασιλεύει , το πάλαι δ' ήν
Κρόνος άρχων, απίτω μούσα παλαιά. 21)
nur die ersten drei metra wird es nötig sein zu schematisiren .
es sind ionische reihen , bis zur fermate fortgehend; deren sieht
20) Geändert nur das erste Teuóleos für den vocativ von Hartung.
21) Ich habe και vor τα gestrichen und άμα richtig accentuirt . πάλαι für
παλαιόν Meineke..
154 3
man eine , die katelexe am ende des ersten bruchstückes. So
sind sie so recht dem gedichte des Isyllos einerseits, andererseits
den langen reihen Anakreons und der tragiker (Perser parodos,
schluſs der Hiketiden ) verwandt , aber beide übertreffend durch
die fülle der freiheiten , welche ihre analoga in den komischen
liedern und dem Artemongedichte Anakreons finden . die formen
sind alle schon belegt ; neu ist nur der aus lauter kürzen be
stehende, also sechssylbige fuſs. es fehlt der choriambus.
Wenn Timotheos diese freiheit vermieden haben sollte, so
ist doch der dithyrambus bald auch dazu fortgeschritten , das
zeigt Telestes (Herakleides bei Athen . XV 623)
πρώτον παρά κρατήρας Ελλάνων εν αύ
λοις συνοπαδοί μεγάλας ματρός δρεί
ας Φρύγιον άεισαν νόμον , τοι δ' οξύφω
νοι πακτίδων ψαλμοί κρέκον Λύδιον ύμ
vov.22 )
Telestes hat also hier nur den diiambus oder choriambus an
gewandt . das schema kann ich wol sparen .
Diese proben zeigen nur steigende ioniker. das andere ge
schlecht aber fehlte nicht , wenn wir es auch nur noch aus den paro
dieen erschliessen , die Aristophanes gegen Kinesias und Euripides
gerichtet hat .
Kinesias tritt selbst in den Vögeln auf und beginnt mit
einer reminiscenz aus Anakreon , einem tetrameter , dem er tri
meter folgen läſst .
1372 αναπότομαι δη προς "Όλυμπον πτερύγεσσι κούφαις
πέτομαι δ ' οδόν άλλοτ ' επ' άλλαν μελέων
1376 αφόβω φρενί σώματι τε νέαν εφέπων.23))
22) Ich habe ošúqwvor für den dativ hergestellt.
23) Die scholien lesen zwar yavaóv, aber die handschriften haben etwas besseres .
ins vogelreich zu kommen, dazu gehört mutiges herz und mutiger leib ; das hatte
der φιλύρινος Κινησίας. also ist an φρενί σώματι τε nicht zu rütteln , τα νέαν
aber ergänzt man ósóv von selbst, wenn man nur die rede mit dem letzten verse
des Kinesias verbindet.
IONIKER BEI DEN LYRIKERN 155
1380 όρνις γενέσθαι λιγύμυθος αηδών 24))
dies sind steigende ioniker, nun die fallenden .
1393 άπαντα γάρ δίειμί σοι τον αέρα
είδωλα πετηνών
αιθεροδρόμων οιωνών ταναοδείρων 25))
Juu
und als Peithetairos sein , halt" ruft , überstürzt Kinesias sich in
folgendem sotadeus
1395 τον αλάδρομον αλάμενος άμ ' ανέμων πνοαΐσι βαίην 26))
diese auflösungen sind caricatur, aber, wie Timotheos zeigt, nach
dem leben . über das metron mit einer fehlenden kürze aitępodigo
oben zu Sophokles Elektra .
Den monodienstil der verwilderten tragoedie parodirt die arie
vom gestohlenen kikerikihahn in den Fröschen , und auch da
fehlen die ioniker nicht .
1346 εγώ δ' α τάλαινα
προσέχουσ ' έτυχον εμαυτής
έργοισι λίνου μεστόν άτρακτόν
erst ein dimeter, wie Aristophanes selbst " laxx' ^ ” Iaxxɛ gebaut
hatte , dann ein einfacherer dimeter vu dann
ein fallender katalektischer trimeter
Das umfänglichste parodische stück ist das tolle lied Agathons in
den Thesmophoriazusen , das die manier des weibischen , d . h . hoch
modernen , poeten darstellen soll, belustigend besonders dadurch ,
daſs der beim handwerk beschäftigte dichter seine Muse anruft,
wie jeder tut, aber sich selbst mit veränderter, mit weiblicher
21) Uberliefert ist όρνις γενέσθαι βούλομαι λιγύφθογγος α. aber V hat γρ.
heyúuvfos, und die scholien baben noch heyó uoxlos, und vielleicht ist das, als ein
recht dithyrambischer unsinn vorzuziehen. gegen deyúqloyyos entscheidet das
metrum und tilgt das glossem . vorher geht τί δεύρο πόδα κυκλεϊς .
25) Über die messung von ravcodeiowy. Hom . Unt . 325.
26) Über alá doouov , sprungweg', ein allerdings erzdithyrambisches compositum
Lobeck Phryn. 691 .
156 3
Musenstimme ( man kann denken , in welchen fisteltönen ) antwortet.
ich muſs das ganze lied hersetzen .
Α. ιεράν Χθονίαις δεξάμεναι λαμπάδα κούραι
ξύν ελευθέρα πατρίδι χορεύσασθαι βοάν
an dem Zweiten verse habe ich verZweifelt. χορεύσασθε mit Bent
ley ist freilich wol richtig, aber βοάν χορεύεσθαι kaum denkbar,
das freie vaterland sinnlos. denn hier tanzt das vaterland ja gar
nicht mit, und daſs im folgenden die weiber des vaterlandes ge
denken , liegt daran , daſs sie volksversammlung spielen und auf
der Pnyx sind , wie ich das in anderem zusammenhange dar
gelegt habe, (Kydath. 161 ) . wer diese beziehung nicht begriffen
hat , versteht das stück überhaupt nicht , über dem die schwüle
der drohenden oligarchischen revolution liegt : denn 411 ist es
aufgeführt. wie der sinn ist auch das versmaſs der zweiten
zeile für mich heillos zerrüttet . ich sehe also von ihm im fol
genden ab .
105 Χ . τίνι δαιμόνων ο κώμος ;
λέγε νυν . πιστώς δε τούμόν
δαίμονας έχει σεβίσαι .
Α. άγετ ' ώ κλήζετε Μούσαι
χρυσέων δύτορα τόξων
110 Φοϊβον , δς ιδρύσατο χώρας
γύαλα Σιμούντιδι γα.
Χ . χαίρε καλλίσταις αοιδαίς ,
Φοίβ ', εν ευμούσαισι τιμαϊς
γέρας ιερόν προφέρων .
115 Α. τάν τ ' εν όρεσι δρυογόνοισιν
κόραν αείσατ ' 'Αρτεμιν αγροτέραν .
Χ . έπομαι κλήζουσα σεμνόν
γόνον όλβίζουσα Λατούς
'Αρτεμιν άπειρολεχή .
120 Α. Λατώ τε , κρoύματά τ ' 'Ασίαδος ποδι
παράρυθμ ' εύρυθμα Φρυγίων
διανεύματα Χαρίτων .
Χ. σέβομαι Λατώ τ ' άνασσαν
κιθαρίν τε ματέρ ' ύμνων
IONIKER BEI DEN LYRIKERN 157
125 άρσενι βοά δόκιμον..
Α. τα φάος έσσυτο δαιμονίοις
όμμασιν αμετέρας τε δι' αιφνιδί
ου όπος, ών χάριν
άνακτ’ άγαλλε Φοϊβον.
130 Χ . χαΐρ' όλβιε παί Λατούς..
106 πιστως ich für ευπίστως .. 107 άγε νυν όπλιζε Μούσα
überliefert. 6 xãñge hat Meineke gefunden . aber Agathon gebraucht
in der anrede den plural . vvv hat keinen zweck , und Moñoa
durch folgendes xg zu einem spondeus zu machen kommt mir
zu hart vor. 115 deidavt ’: verbessert von Küster. 120 hier
pflegt man stark zu ändern . es bedeutet „ und die Leto, und die
compositionen der Asiatin , die tactanweisungen ( durch nicken )
der phrygischen Chariten , widers maſs im schönsten maſs “ . den
sinn im allgemeinen bestätigt die antwort der Musen , die Asiatin
erklären die grammatiker in den scholien und sonst. phrygisch
sind die grazien, denen der in der disharmonie harmonische reiz
der composition verdankt ist ; weshalb , hat oben Telestes erzählt.
die harmonische disharmonie malt die verschiedene messung
der sylbe gufu . diese künste soll jeder von den Alexandrinern
her kennen (rahi uey fev xalà d'črpages ). bezeichnet wird
als gesuchte dissonanz die unterdrückung der einen länge im
vorigen metron . es ist also nicht nur nichts zu ändern , sondern
alles sehr wol ausgeklügelt, richtig skandirt aber vom prächtigsten
effect . 125 δόκιμον der scholiast für δοκίμω der handschrift .
126 habe ich das personenzeichen zugesetzt , 130 Velsen . „ ihr,
der laute , kam das heil durch die göttlichen augen und meine
stimme , deshalb feiere den gott , der auf mich õuuati un kožo
niederschaut“ . das kann nur Agathon sagen ; der chor hat keine
initiative . übrigens zeigt ja auch das metrum , was zusammen
gehört . hinter 128 hat Dindorf die glosse tuệ (Tíua ) getilgt .
105—25 sind steigende ioniker. fermate und personenwechsel
fallen zusammen. von responsion keine spur. 105–114 , 117–18 ,
123—25 schematisire ich nicht : sie sind einfach damit charakterisirt ,
daſs sie von Isyllos sein könnten . einen der ioniker ungewohnten
leser können höchstens verse wie 118 , 125 stutzig machen .
-- , wo das vorletzte metron anlautende länge statt
158 3
der kürze und eine auflösung zeigt. in den übrigen versen sind
zwar auch nur freiheiten , die uns schon oft begegnet sind , aber
doch mehr als sich Isyllos gestattet hat , 115 doppelte auflösung
im ersten metron und zweimal anaklasis
120 eine anaklasis und eine unterdrückte senkung die erste
sylbe von ’ Aoiádos ist lang zu messen.
126 geht Agathon zu daktylen über , wie auch in den Phoe
nissen daktylen auf die ioniker folgen . sie werden durch einen
katalektischen iambischen dimeter abgeschlossen; diese dishar
monische art des abschlusses ist im drama häufig . derchor
schliefst mit einem fallenden ionischen dimeter, dem Keoué xelov ,
das oben schon abgehandelt ist . wer weiſs , ob nicht auf das
publicum die wirkung, durch die musik , dem entsprach , was der
anklang an ein kneiplied hinter dem choral in unserer phantasie
bewirkt.
Wir haben den weg zurückgelegt, und zuletzt hat er uns
wider nahe an Isyllos heran geführt . ich hoffe , der leser hat
jetzt den eindruck, daſs Isyllos paean der form nach den ionikern
des neuen dithyrambus am nächsten steht , wenn die mühsame
untersuchung, noch dazu in schriftlicher darstellung (metrik läſst
sich eigentlich nur mündlich lehren , da sie zunächst an das ohr
appellirt) , es auch nicht zu der schlagenden unmittelbarkeit bringen
kann , mit der mir beim ersten lesen des frommen paeans die
ähnlichkeit mit dem liede des lüderlichen Agathon entgegentrat .
ioniker eines stockdorers könnte man versucht sein κατ’ Αισχύλον
εκ της Λυκουργείας Zu inquiriren ποδαπός ο γύννις . allerdings
hat die sache ihre komische , geschichtlich betrachtet , ihre ernste
seite . der Peloponnes hat kein nationales maſs , keine nationale
poesie mehr , oder auch der attische dithyrambus hat vermocht,
was das epos in alter zeit geleistet hat , daſs auch die exclusiv
dorische gesellschaft, auch das entlegenste bergtal ihn als ge
meinsame nationale poesie betrachtete . dafür fehlt es allerdings
nicht an belegen.27) so alt und so charakteristisch ist aber keiner ,
2 ) Polyb. IV 20 für Kynaitha, CIG 3053 für Kreta .
IONIKER BEI DEN LYRIKERN 159
wie dieses cultlied von 270, in einem versmaſs das in Athen 411
von anstöfsiger frivolität schien .
Klar geworden muſs aber noch ein anderes sein, nämlich
daſs die ioniker ihren namen mit recht tragen ,28) daſs sie bei
den Ioniern , also in Kleinasien , entstanden sind . daſs wir keinen
älteren ionischen lyrischen vers haben , ja kaum ein par dichter
namen (wie Polymnestos und Pythermos) vor Anakreon kennen ,
hat zwar zur folge, daſs wir die ältesten ioniker aus Lesbos und
Sparta erhalten , aber in Sparta ist lesbische , in Lesbos ionische
beeinflussung offenkundig . wie das ganze volkstum der Ionier,
ist auch das ionische maſs in Asien nach der völkerwanderung
entstanden , und die Griechen des mutterlandes mutete es fremd
artig an , als die ionischen dichter es herüberbrachten . Aristo
phanes redet von der asiatischen laute und phrygischen Chariten ,
Telestes von den gefährten des Lyders Peiops , die der grossen
mutter vom berge dienen . grade zu totenklagen , deren weisen
dem Festlandsgriechen fast immer barbarisch erschienen , wird
dieses maſs gern verwendet. es wird freilich nicht aus phry
gischer oder lydischer metrik entlehnt sein , ist vielmehr ein
ganz organisches gebilde der ionischen metrik (wie es denn bei
den Arabern genau eben so neben dem iambus steht) , aber die
cultur , welche es erzeugte , trug sehr viele phrygische lydische
karische elemente in sich . ein jonisches liedermals war es . als
solches nahm es Sappho auf und bildete es weiter ; aber sie hat
keine nachfolge gefunden und konnte es nicht. im ionischen liede
lebte es während des sechsten jahrhunderts und aus diesem
gieng es in das attische drama über, durch Anakreon , wie aus
drücklich bezeugt ist , also zu einer zeit wo drama und dithy
28) Daſs der name der ioniker der classischen zeit abgesprochen werden konnte
ist angesichts der oben aus den dichtern selber gebotenen zeugnisse gradezu
unbegreiflich. und wenn der name nicht alt bezeugt wäre , so müste man ihn
doch für alt halten , denn er ist richtig. Wer übrigens auf grund der sotadeen
und des varronischen 'Αχιλλέως ηρωικός ιωνικός κιναίδου über das ήθος des ionikers
urteilt, und das sind meist solche, welche die erhaltenen metra aus der verlorenen
musik erklären, der beherzige , was Herakleides Pontikos sagt , oùdè tò ins iuoti
γένος αρμονίας ούτε άνθηρόν ούτε ιλαρόν έστιν, άλλ' αυστηρός και σκληρόν, όγκον
δε έχον ουκ αγεννη . διο και τη τραγωδία προσφιλής η αρμονία (Athen. ΧΙV 625).
160 3
rambus noch keinen gesonderten metrischen stil entwickelt hatten .
in Athen hat Pindar seine kunst gelernt ; einmal hat er die ioniker
ernst angewandt , zur feier der Perserkriege, der attischen helden
taten , ein anderes mal scherzhaft : wie sehr zu scurriler dar
stellung das maſs sich schickte , zeigt das spottlied Anakreons
und das breite feld , welches der ioniker in der alten komoedie
einnimmt ; in rein anakreontischer form erscheint es deshalb auch
im satyrspiel (Eur. Kykl. 795 ) . daneben hielt es sich in den
Foñvor, welche die alten volksweisen zu groſsartigen compositionen
fortbildeten . hier ist Simonides der meister , und ihm folgt
Aischylos , wenn er die beschwörung des Dareios , die klagen des
Xerxes in ionikern dichtet, während die parodos der Perser mit
jenem pindarischen liede über den gleichen gegenstand concurrirt.
simonideisch ist es auch , wenn Euripides die totenklage um Al
kestis , die flehenden gesänge der sieben Argeiermütter in ionikern
dichtet. aber Aischylos hat in seiner groſsartigen weise auch
für viele andere chorgesänge das maſs verwandt , und namentlich
indem er es mit anderen maſsen zu einer strophe oder doch zu
einem gedichte verband , wirkungen erzielt, die zum höchsten ge
hören , was rhythmische kunst erreicht hat : tiş not ' wvouačev
odɛ meine ich z . b . treffend mit dem gott und der bajadere zu
vergleichen. Sophokles versuchte dieser weise zu folgen, aber
nur von ferne; Euripides mied sie. so gieng es , bis die neue
musik und der neue ' dithyrambus wie alles und jedes so auch
dieses maſs in seine wirbel zog. ihm folgten die beiden greisen
tragiker , Euripides mit jugendlichem feuer: die Bakchen sind jetzt
für uns der lebendigste zeuge von diesem neuen dithyrambischen
stil , und angesichts ihrer kann man nur gott bitten , daſs er denen
ihre blindheit verzeihe , die dem Aristoxenos die verachtung des
dithyrambus nachschwatzen. dieser repräsentirt allerdings die
souveräne herrschaft über jede form und zugleich den bruch
einer jeden schranke. darin liegt absolut gemessen (wie Aristo
xenos tat) seine kunstlosigkeit , geschichtlich betrachtet (wie wir
es müssen) seine ungeheure bedeutung. die entwickelung der
hellenischen kunstform hat in ihm ihren abschluſs gefunden .
was folgt, ist entweder verwilderung und absterben oder künst
liche erneuerung alter formen ; daran ändern vereinzelte wenn
IONIKER BEI DEN LYRIKERN 161
auch gelungene experimente nichts , wie sie unter den ionikern
des Kallimachos galliamben sind .
Die geschichtliche verfolgung jedes einzelnen versmaſses vom
ursprunge oder doch vom ersten auftreten an , bis es in die all
gemeine rüstkammer der poesie aufgenommen wird , oder bis es
verkümmert , zeigt im einzelnen sehr verschiedene bilder , der
entwickelungsgang aber ist im grunde überall derselbe. auch die
versmaſse der Griechen folgen der entwickelung des griechischen
volkes. aus vielen einzelnen stämmen erwächst allmählich von
innen heraus das volk ; Athen führt die einigung durch , aber
unmittelbar darauf beginnt der untergang , weil dieser einigung
der segen eines festen und dauerbaren staates versagt war . die
geschichte hat noch viel zu tun , damit sie uns die metrik ver
stehen lehre, sie hat aber auch noch manche belehrung von der
metrik zu erwarten . vor allem aber, nur wer das ganze in seinem
werden und wachsen überschaut , kann auch das einzelne richtig
beurteilen . „ wie eine stillehre der antiken architektur auf der
geschichte der antiken architektur beruhen muſs, so kann eine
systematische darstellung der antiken dichtungsformen nur die
blüte der geschichte der antiken dichtungsformen sein : diese aber
fehlt uns noch “ , so Wilhelm Meyer. ach, es fehlt uns noch viel
mehr. die texte sehr vieler dichter sind auf grund voreiliger
systeme gründlich verwüstet. aber wenn sich nur arbeiter wie
Wilhelm Meyer , oder doch in seinem sinne daran machen , so
wird es besser werden . our fem delońcto .
Philolog. Untersuchungen IX . 11
4
IAMOY TONAI.
Ich will an einem beispiele zeigen , daſs die heldensage und
zwar die geschlechtssage noch in dem jahrzehnt nach den Perser
kriegen ein neues reis hat treiben können , und dafs nach kaum
zehn Jahren ein dichter von Pindars ernst und Pindars selbst
gefühl dieses junge reis mit derselben ehrfurcht behandelt hat ,
wie die urältesten stammbäume. dazu brauche ich sein sechstes
olympisches gedicht ganz oder fast ganz seine erklärung ist
vielfach bestritten ; ich mag aber nicht streiten . so lege ich zu
nächst eine paraphrase des gedichtes vor , damit jeder sehen
kann , wie ich es verstehe , hoffentlich, wie es verstanden werden
muſs . den text abzudrucken ist nicht notwendig , da weder
schreiber noch herausgeber ihn so übel zugerichtet haben , wie
die tragiker. einige erklärende anmerkungen werden der para
phrase auch zu hilfe kommen .
„ Unser lobgesang sei gleich einem prächtigen schlosse , und
die wolummauerte vorhalle des gemaches ruhe auf goldenen
säulen. ") fängt man ein werk an , so soll man sorgen, daſs seine
1 ) ús ötɛ ist , im anschluſs an die katachrese homerischer gleichnisse , ganz
gleichbedeutend mit einer einfachen vergleichungspartikel gebraucht. das herren
haus , welches Pindar schildert , entspricht genau dem groſsen männersaale von
Tiryns . vom hofe kommt man durch das von zwei säulen getragene npogupov
und ein ( für die ursprüngliche disposition eines solchen baues nicht notwendiges)
zimmer in den Fólauos, in dessen mitte der grofse herd wärmt und leuchtet.
daſs man die holzsäulen mit blech beschlug , ist sehr glaublich . den herrensitz
eines ritters dorischer zeit haben Schliemann und Dörpfeld gefunden ; noch ist
IAMOY TONAI 163
stirnseite weithin leuchte. wenn er ein olympischer sieger ist
und zugleich zu Pisa ein schaffner am seheraltare des Zeus und
ein mitgründer des erlauchten Syrakus : welchem lobljede ent
gienge ein solcher mann , so ihm nur neidlose bürger bei dem
reizenden gesange gegönnt sind . Sostratos' sohn muſs sich ja
dessen bewust sein , dafs sein gesegneter fuſs auf solcher sohle
ruht .) gefahrlose vorzüge werden weder unter männern noch
auf den hohlen schiffen geschätzt, aber viele denken daran , wenn
etwas herrliches vollbracht wird . Hagesias, du bist des lob
spruches sicher, den einst mit fug die zunge des Adrastos über
den seher Amphiaraos Oikles sohn aussprach , als die erde ihn
und seine glänzenden stuten verschlungen hatte . als die scheiter
haufen für die sieben helden errichtet waren , 3) sprach des Talaos
sohn vor Theben ein solches wort : ich vermisse das auge meines
heeres , ihn , der gleich trefflich als seher und im speerkampfe
ist.4) dies kommt auch dem Syrakusischen herrn dieses fest
ganz klar , daſs das haus des menschen und das haus des gottes ursprünglich
ganz dieselbe disposition der räume hatten.
2) d. h , auf diesem fuſse lebt Hagesias.
3) Doppelt und dreifach verkehrt ist jede erklärung , die von den scheiter
haufen nicht für die helden , sondern für ihre leute redet. wir haben hier die
Thebais vor uns : soll sie sich um die bestattung der menge gekümmert haben,
wie das @ ? soll sie sieben hóyou gezählt haben ? ihre helden waren nicht selb
ständige beerkönige: waren sie regimentscommandeure ? endlich , wie übersieht
Adrastos die tausende, die vor allen sieben toren gefallen sind ? es kann nur von
den sieben helden die rede sein , für die die siebenzahl bedeutsam war , so be
deutsam, daſs man , wie Euripides Hiketiden zeigen, jede unwahrscheinlichkeit, die
beim nachrechnen entstand, willig in den kauf nahm. sie sind alle tot, ihre leichen
liegen da : erst bei dieser musterung überzeugt sich Adrastos, daſs Amphiaraos
weder zu den toten noch zu den lebendigen mehr gehört. dann sind die leichen
natürlich auch noch nicht verbrannt (wunderbarer weise haben diesen widersinn
viele.conjecturen hineingetragen) , sondern die scheiterhaufen sollen eben entzündet
werden . επτά δ' έπειτα πυράν νεκρών τελεσθέντων : darin würde nichts zu ändern
sein , wenn tedenfévrwv auf ein femininum gehen könnte. die möglichkeit ist da :
dpórol TISÉVtes hat Aischylos gesagt; vom dual weiſs es jeder. aber Pindar
konnte unmöglich die zweideutigkeit zulassen, oder vielmehr suchen. dagegen ist
eine vertauschung der endung unter dem einfluſs von vexpôv glaublich. also ver
bessere ich τελεσθεισαν..
4) Pindar citirt den aivas , das geflügelte wort aus der Thebais ( upótepov
μάντις τ ' αγαθός κρατερός τ’ αιχμητής , das ganz wol die vorlage von Γ 179
11 *
164 4
zuges zu. ) ich bin nicht zänkisch und nicht eben rechthaberisch ,
aber mit einem schweren eidschwure kann ich ihm so viel laut
bezeugen , und der Musen honigstimme ist damit einverstanden .
Auf denn , Phintis , schirre mir die kräftigen maultiere an ,
so schnell es geht, daſs wir auf glattem ) wege den wagen führen
und ich auch zu dem geschlechte ") der herren kommen kann .
denn diese maultiere wissen am besten diesen weg zu führen ,
da sie zu Olympia den kranz erhalten haben . So sollen ihnen
denn die pforten der lieder offen stehen ; und ich mufs heute
noch rechtzeitig zur Pitana an das ufer des Eurotas gelangen .
Sie , so erzählt man , hat dem Kroniden Poseidon die veilchen
lockige Euadna geboren . die schwangerschaft ihres mädchen
standes verbarg sie unter dem bausch ihres gewandes 8) , und als
ihre zeit gekommen war , sandte sie ihre dienerinnen und hiels
sie das kind dem heldensohne des Elatos übergeben , auf daſs er
es versorgte ; der herrschte zu Phaisana über arkadische männer
und hatte seine Wohnung am Alpheios . dort wuchs sie auf und
kostete an Apollons seite zuerst die süſsigkeit Aphrodites . aber
es gelang ihr nicht , während der ganzen zeit den göttlichen
samen dem Aipytos zu verbergen . da zog er fort nach Pytho ,
sein kann. seltsam , daſs man den vers nicht erkannt hat ; es ist das wichtigste
bruchstück der Thebais, und dank sei dem Asklepiades, daſs er sie nachschlug, statt
sich mit der bequemen gedankenlosigkeit Aristarchs zu belfen. ( Horn de Aristarcho
Pind . int. Greifswald 1883, p . 32.)
5) xõuos und { yxuuiov gilt dem Hagesias, aber nicht allein ; Aineias ist
ανήρ κώμου δεσπότας Στυμφάλιος..
) Glatt ist der weg an sich durchaus nicht , sondern nur in so als die
wegkundigen maultiere (die in Pitana wie ihr herr zu hause sind ) den weg finden ,
nicht über stock und stein laufen und den wagen umwerfen,
7) Heimat müſsten wir statt geschlecht eigentlich sagen , gemeint ist Pitana ,
aber hier wie gleich darauf ist die eponyme heroine, die zugleich die ahnfrau des
geschlechtes ist, in Pindars beliebter manier an die stelle der localen bezeichnung
getreten .
8) Pindar gibt der Pitana die tracht der mädchen seiner gesellschaft: der
gaivoungis , der Spartanerin , würde das verbergen nicht gelungen sein . die
xóano sind die über den gürtel fallenden gewandmassen, das anóntvyuo des auf
beiden seiten geschlossenen chitons (Studniczka, beitr. zur gesch. d. altgr. tracht,
s . 10.)
IAMOY TONAI 165
im gemüte unsäglichen grimm durch scharfsinnige überlegung
bemeisternd ), um über diesen unerträglichen schlag das orakel
zu befragen und sie legte im dunkelgrünen 10) gebüsch ihren
purpurverbrämten gürtel und ihren silbernen krug ab und kam mit
einem gottbegabten knaben nieder . 11) der goldgelockte gott liefs
ihr Eileithyia und die Moiren mildsinnig zur seite stehen . da kam
unter leichten wehen 12 ) aus dem mutterschoſse lamos sofort
ans licht. sie lieſs ihn liegen, so schwer es ihr ward , aber zwei
helläugige schlangen warteten seiner nach der götter ratschluſs
und stillten ihn mit der bienen unschädlichem gifte. 13) als der
könig von der felsigen Pytho heimgefahren kam , fragte er alle
hausgenossen nach dem knaben, den Euadne geboren hätte. denn
von Phoibos wäre er entsprossen , sagte er, und würde im leben ein
vor den sterblichen ausgezeichneter seher werden , und sein ge
schlecht sollte nie vergehen . so kündete er. aber sie versicherten ,
nichts von ihm gehört noch gesehen zu haben ; und doch war
er schon fünf tage geboren. er war ja freilich verborgen unter
9) d. b . Aipytos würde sehr böse geworden sein, wenn er nicht den richtigen
sachverhalt vermutet hätte.
10) κυάνεαι λόχμαι sind die unten genannten stachlichen immergrünen bische :
das beiwort ist durchaus zutreffend . die malerische farbenwirkung zeigt , wie die
satzglieder zu verbinden sind. es ist ein weit verbreiteter irrtum , daſs erst die
alexandrinische malerische poesie solche gemälde zu suchen und zu finden ge
wusst hätte,
" 1) tixte ein vortreffliches beispiel für die bedeutung des imperfectums, parturire
ist es, nicht parere. dennoch straucheln die erklärer.
12) ήλθεν δ' υπό σπλάγχνων υπ' ωδίνος ερατάς "Ιαμος. den metrischen fehler
he die meisten handschriften durch einschub eines tɛ vor {patās. aber dann
wird das in verschiedenem sinne gesetzte únò unerträglich. die scholien haben
te wol noch nicht , sonst aber alles so gelesen ; und doch ist égatós als beiwort
für die ωδίνες selbst einer πραύμητης Έλείθυια nicht wol zu glauben. also scheint
eine schwere corruptel vorzuliegen , und selbst für den sinn des ganzen möchte
ich nicht einstehen .
13) άμεμφης ιός μελισσών ist ein Oxymoron wie αχάλκευτοι πέθαι , ανηφαι
otov nýg. dazu hatte Pindar nur veranlassung , wenn er lós notwendig setzen
muste, denn der gegensatz zum gifte der schlangen liegt zu fern . offenbar gab es
für Fianos die doppelte ableitung von Frós und Fiov , und beide waren von der
geschlechtssage berücksichtigt . Pindars eigene etymologie stiefs sich nicht daran :
ραψωδός leitet er N. 2, 2 von ράπτειν, Ι. 3, 56 von ράβδος ab .
166 4
kletten und unendlichem dorngebüsch, 14) von goldlack und tief
purpurnen veilchen betauet den zarten leib . deswegen gab ihm
seine mutter auch diesen unsterblichen namen , den er für alle
zeit führen sollte. und als er die frucht empfieng der süssen
goldgekrönten Hebe, 15) da gieng er mitten in den Alpheios hin
ein und rief den gewaltigen Poseidon , seinen groſsvater, und
den bogenbewährten hüter der gottgegründeten Delos und bat
um ein volknährendes amt für sein haupt , nachts unter freiem
himmel. deutlich antwortete ihm des vaters stimme und redete
ihn an , 16) auf, mein sohn, hierher komme in das allen gemein
same land , 17) hinter meiner stimme her “ . So gelangten sie zu
der schroffen klippe des hohen Kronion, wo er ihm einen
doppelten schatz des sehertums verlieh , jetzt schon die stimme
vernehmen zu können , die keine täuschung kennt, und wenn der
kraftlistige 18) Herakles käme, der ehrwürdige sproſs der Alkaiden ,
und dem vater die völkerreichste feier und die höchste ordnung
14) εν βατία τ' άπειρίτω. das letzte hat Bergk richtig gesetztfür απειρά( ν)τω .
es ist aber wol Batıą zu betonen , denn es wird ein collectivum sein.
15) Wie man zu verstehen hat , zeigt die parallelstelle P. 9, 109 , von einer
libyschen jungfrau und ihren freiern χρυσοστεφάνου δε οι " Hβας καρπόν ανθήσαντ'
inodolyai tekov, aber das ist verständlicher. hier versteht man wol , daſs
Iamos καρπον τερπνάς ήβας έλαβεν, d. h. ήβησεν, aber der Zusatz χρυσοστεφάνου ,
die vermischung der person und des abstractums, macht den ausdruck zu einem
sehr gewagten : könnte man doch denselben von Herakles , dem gatten der Hebe,
anwenden . Pindars rede ist eben grade in dem, was so recht besonders klingt,
durchaus conventionell: ein durch jahrhundertlange übung gefestigter stil ist ihre
voraussetzung.
16) petalhãy war für Pindar eine ihrer eigentlichen bedeutung nach unver
ständliche epische glossé wie für uns. was wunder, daſs er sie etwas anders an
wendet als das épos. hat er doch auch kőzeofai 33 durchaus nicht correct ge
braucht, weder im Sinne Homers, noch in dem seiner eigenen zeit.
17) náykoivos xuga ist Elis nicht als eine art navdozetov , sondern weil die
Mavéanves als solche an ihren heiligtümern und kampfspielen anteil haben. aus
solchen anschauungen und äuſserungen hat sich die ephorische fabel der neu
tralisation des landes gebildet, welche Busolt glücklich beseitigt hat.
18) faovurigavos ist ein schönes unnachahmliches wort : das Wesen des
dorischen mannesideals kommt scharf darin zum ausdruck. des Herakles einzige
μηχανή 1st das θράσος : das μηχανάσθαι verachtet er. aber das ionische ideal
ist der πολυμήχανος ..
IAMOY TONAI 167
von kampfspielen stiftete, dann sollte auch er oben auf dem
Zeusaltare ein orakel einrichten .
Seitdem ist das geschlecht der lamiden hochberühmt unter
den Hellenen : segen war ihr geleiter. und auf offenem wege
wandeln sie, die tugenden in ehren haltend : das beweist sich in
allem ; die schelsucht der neidischen heftet sich vor allen an solche,
die, da sie als erste den zwölften umlauf vollendet, würdige Charis
einmal mit schönheit gesalbt hat.19) wenn denn wirklich männer
aus deinem mütterlichen geschlechte , Hagesias , im gebiete der
Kyllene gewohnt und in frömmigkeit den götterherold Hermes,
des die wettkämpfe sind und die verteilung der preise , und der
das männerstolze Arkadien liebt , mit genehmen opfern vielfältig
beschenkt haben , so erwirkt er mit seinem tiefdonnernden vater
dein glück , sohn des Sostratos.
Ich habe eine sage auf der zunge , die kommt zu mir ge
tragen von anmutigem hauche, und so willig ich schon selbst
bin , schärft sie mir noch die zunge wie ein schriller wetzstein.20)
19) Der ehrenhafte wandel der Iamiden liegt vor aller augen und man sieht
ihn am besten dadurch , daſs sie beneidet werden. denn der neid folgt - dem
hochstehenden , würde es allgemein heiſsen . dafür tritt concret der höchste und
zugleich nächstliegende vorzug eines Iamiden ein, der olympische sieg. zápis dè
χαρίζεται την νίκην και ο νικών επίχαρις γίγνεται. der sieg verklärt den sieger,
gibt eúzkeã uoegóv. eine schöne und wahre hellenische anschauung. so walten
die Hellenen, die vor Ilios gefallen sind, des landes, das sie sųuoppou xatéyovOIV
Aisch. Ag. 453.
20) Die construction ist unnachahmlich , aber griechisch. der sinn zunächst
ist klar. den Pindar bestimmt zu diesem gedichte besonders noch , obschon er
es so wie so gern macht, die vermutung, der glaube , dóža , daſs ihm so gut wie
dem Hagesias uátowes avdoes in Stymphalos wohnen. Metopa, die gattin des
Asopos, war eine tochter des Ladon und mutter der Theba, das ist öfter bezeugt,
aber daſs sie aus Stymphalos war , durchaus nicht , und es ist unwahrscheinlich,
daſs sie es war, obwol wir das flüſschen, dessen namen sie trägt, nicht localisiren
können , denn wäre ihre herkunft sicher gewesen , so könnte Pindar nicht von
einer blofsen Sófa reden. aber es beliebt ihm hier und unten (99) Stymphalos
als untpónohis von Arkadjen zu betrachten , und dann muſs allerdings eine Ar
kaderin schlieſslich auch auf Stymphalos zurückgeführt werden. ob für diese be
vorzugung von Stymphalos ein sachlicher anlals vorlag oder nicht, ist ziemlich
gleichgiltig: wie sehr auch die fiction hierher paſst, liegt ja auf der hand . dies
der sinn. daraus folgt, daſs zu interpungiren ist Sótav fyw tuv' fni yacooç,
nämlich die berkunft Metopas , und auf dóta bezüglich deyugās exóvas a u
168 4
auch meine ahnmutter ist aus Stymphalos, die blühende Metopa,
welche die reisige Theba gebar, deren liebliches Wasser ich trinke,
während ich für die speerkämpfenden herren 2.) ein buntes lied
wirke.
Nun treibe deine gefährten an , Aineias, zuerst der Hera
Parthenia ein lied zu singen und dann sich zu überzeugen , ob
wir mit wahrheit behaupten, das alte schimpfwort, die boeotische
sau , nicht zu verdienen . denn ein wackerer bote ist der brief
der lockigen Musen , der süſse mischkrug schallender lieder. mein
auftrag war, zu denken an Syrakus und Ortygia, 22) deren Hieron
εθέλοντα προσέρπει καλλιροαίσι πνοαϊς . darin ist der genetis einer grammatischen
erklärung bedürftig : Θs mögen beispiele folgen. απάταν τις αλύξει κραιπνώ ποδι
πηδήματος ευπετούς ανάσσων Aisch . Pers . 95. σταγόνες πίπτουσί μοι δυσχίμου
πλημυρίδος Choeph. 181. ημερεύοντες ξένοι μακράς κελεύθου Choeph. 710.
αναφυγαι τριβάς κτεάνων υπαι δυοίν μιαστόροιν δυσοίμου τύχας Choeph . 945
(κτέανα τρίβεται υπό μιαστόροιν δυσοίμου τύχας). τίνειν ομού δούλης θανούσης
εύμαρούς χειρώματος Ag. 1326 . εξον μιάς μοι χειρος ευ θέσθαι τόδε Εur .
Her. 938. die gewöhnliche rede könnte in solchen fällen häufig den dativ setzen ,
öfter wie in dem pindarischen beispiele gienge das nicht, sondern der casus würde
eine stütze durch eine praeposition erhalten , oder es würde ein genetivus abso
lutus unter zusatz eines verbums gesetzt werden : und wer sich's bequem machen
will, mag sich auf diesem wege den ganzen gebrauch erklären. in wahrheit stellen
sich dazu genetive wie tñs aútr's odoň ( Ar. Fried. 1155 , Antiph. 1 , 15) , Fépovs
χειμώνος νυκτός γαλήνης, του λοιπού, πανταχού που αυτού, und eben jene genetiv
construction, welche wir die absolute nennen . das lateinische hat in den meisten
fällen den ablativ zur verfügung : das griechische hat eben eine anzahl casus ein
gebüſst , und deshalb hat sich die verwendung der gebliebenen erweitert , aller
dings immer mehr in der weise, daſs die praeposition ein notwendiges erfordernis
ward. daſs man beim griechisch schreiben so viel mehr praepositionen braucht als
beim lateinischen , beweist ja , daſs dieses ein stück jenes weges schon zurück
gelegt hat, den das latein erst begann, als es romanisch ward .
21) ăvdes sind schon oben 24 , herren ', nicht männer, hier steht das distinctiv
dabei. die aixuarai entsprechen den rittern des deutschen mittelalters . es sind
die adlichen , welche in der dorischen schlachtreihe in vollem gewaffen kämpfen ;
die breite volksmasse kommt höchstens zum dienste als yourñtes. Tyrtaios schil
dert diese verhältnisse ja mit anschaulichkeit. man muſs sich nur auch die con
sequenzen vollkommen anschaulich machen.
22) Der sinn ist im grunde einfach , fordert aber die besserung 90 fori yag
äyyčios oogós für { oci. nämlich Pindar hat oben gesagt, weshalb er besonders
bereitwillig war , dem Iamiden Aineias von Stymphalos ein lied zu machen und
von Theben zu schicken. er hat es gemacht ; mit dem , was von ihm gewünscht
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IAMOY CONAI 169
mit reinem scepter waltet , das rechte im sinne , dienend der
Demeter im purpurschuh,23) dem feste ihrer tochter auf dem
wagen mit weissen rossen, 24 ) und der gewalt des Zeus von Aetna ;
süfsstimmige töne und lieder kennen ihn wol . möge die zukunft
das glück nicht stören , sondern mit der freundlichkeit guten ein
vernehmens den festzug des Hagesias empfangen , wenn er aus
der burg von Stymphalos kommt, fort von der mutter des herden
reichen Arkadiens , von hause nach hause. gut ist es in stür
mischer nacht , zwei anker von dem schnellen schiffe ausge
worfen zu haben . gott gebe freundlich ein gutes los für dies
war , ist er fertig . nun soll das lied vorgetragen werden , nachdem vorher der
Hera des Parthenion ein festlied gesungen ist, (warum , das wissen wir nicht, aber
vermuten natürlich, daſs dies durch den tag oder ort der festfeier notwendig war)
und dabei wird Aineias , der auftraggeber , sich überzeugen können , daſs der
Boioter ein groſser dichter ist und den vorwurf der ünvía mit recht abweist : das
hatte er also schon früher getan, und hat es bekanntlich getan (fgm . 83). den
beweis für diese behauptung kann Pindar nicht selbst übernehmen , denn er ist
nicht da : aber den besten boten hat er gesandt , den Musenbrief, das lied. und
diesem boten hat er aufgetragen, auch Hieron nicht zu vergessen u. s. w. d. h.
was nun folgt, ist ein zusatz Pindars, war nicht vorgeschrieben, aber er hat auch
diesen faden in die siegesbinde gewoben, auch diesen wein in den geistigen süſs
trank gemischt, hat dies postscriptum hinter seine poetische epistel gesetzt um
in den schnörkeln seiner sprache zu reden, die man gern haben mag oder nicht :
das ist unbestreitbar, daſs sich hinter ihnen ein meistens recht einfacher gedanke
verbirgt, und wenn er uns nicht so erscheint, liegt das daran , daſs wir die vor
aussetzungen unzureichend kennen, unter denen Pindar dichtete. aber in diesem
falle sind sie kenntlich ; ich habe vom ersten lesen her nie begriffen, weshalb diese
stelle in den geruch besonderer schwierigkeit geraten ist. es würde ja an sich
immer möglich sein, diesen sinn zu erreichen , auch wenn man dooi bielte. dann
würde auf die anrede an Aineias die des briefes folgen. aber diese form ist der
alten poesie nicht so vertraut, wie dem Ovid etwa, weil sie noch nicht eine bloſse
rhetorische figur ist. es ist zu ihr keine veranlassung , und daſs eine berechtigte
anrede, die an Aineias, kurz vorhergeht, spricht eben so wol dagegen , daſs Pindar
den brief angeredet habe, wie dafür, daſs ein schreiber geirrt hat. denn das aeolische
fooi = {otí ist nicht zulässig, tooi kommt öfter als zweite person vor.
23) golvixóneša kann nur auf die farbe des schuhes gehen ; viele tonfiguren,
die thronende göttinnen darstellen , haben die roten schuhe. so hat Pindar also
auch rigyupónssa verstanden , und er wird recht haben.
21) Daſs Persephone ein gespann hat, und ein weiſses im gegensatze zu dem
schwarzen ihres gemales, wird syrakusanisch sein. und dies gespann werden
dann, von Nike gelenkt, die syrakusischen münzen darstellen.
170 4
und jenes. herr, der du dem meere gebeutst , gatte Amphitrites
mit goldener spindel , eine grade fahrt vergönne , die fern bleibe
den mühsalen , und die erfreuliche blüte meines liedes lasse ge
deihen.25)
Dies das gedicht. seine veranlassung und damit sein thema
ergibt sich mit vollkommener sicherheit, wenn man nur die an
gaben des dichters verfolgt.
Hagesias , des Sostratos sohn , war ein lamide , aus einem
zweige des hauses , der schon mit Archias an der gründung von
Syrakus beteiligt gewesen war, der peloponnesischen heimat also
längst entfremdet.26) aber der dichter rechnet wie immer die ehren
und grofstaten des geschlechtes dem nachkommen zu, nennt also
den Hagesias selbst einen mitgründer von Syrakus, was sein
ahn gewesen war, und einen schaffner am groſsen altar in Olympia ,
wo nicht er , aber der vornehmste zweig der lamiden die erb
liche ehrenstellung als orakelpriester inne hatte . Hagesias war
dem Hieron befreundet, beteiligte sich wie sein herr an den
kampfspielen des mutterlandes, indem er ein maultiergespann
mit seinem kutscher Phintis 27 ) nach Olympia sandte , welches
auch den sieg davontrug , eben den sieg , welchen Pindar durch
dieses lied verherrlicht. aber während Hieron die siegerkränze
gleichsam durch procura einholte , war Hagesias selbst nach dem
Peloponnes gekommen und benutzte diese gelegenheit mit seinen
dortigen verwandten die beziehungen zu erneuern . das führte
ihn zusammen mit dem Iamiden Aineias von Stymphalos; die
gleiche geschlechtsbezeichnung genügte , denn einen ganzen stamm
baum hatten sie wol nicht . da sie sich aber auf die gemein
same ahnfrau Euadna zurückführten , so verlieſsen sie sich auf
diese verwandtschaft ; Hagesias sah in seinem sieg das walten
25) Der schluſs entspricht dem epischer hymnen, zápis do & ri ' onaosov doud
Hom . XXIV , δος δ ' ίμερόεσσαν αοιδήν α. 8.
20) Herodot (V 44 ) erwähnt einen anderen Iamiden aus Elis , welcher aus
Sybaris kurz vor der katastrophe nach Kroton übergieng, wo sein geschlecht fort
dauernde ehren inne hatte.
27) Die namensform weist darauf hin , daſs Phintis ein sicilischer Dorer war .
allerdings findet sich der name Þivrov (Le Bas Foucart 338a) auch in Arkadien,
aber er kann aus Italien entlehnt sein .
IAMOY CONAI 171
des Hermes εναγώνιος , der an der Kyllene bei seinen μάτρωες
åv & ges zu hause war, und besuchte die spillmagen in Stymphalos.
Aineias empfand wol die ehre, die seinem landgute im entlegenen
bergwinkel Arkadiens ward , als der vetter von jenseits des meeres,
der höfling des mächtigen fürsten von Syrakus , unter seinem
dache einkehrte . er wandte sich an den vornehmen dichter aus
Theben , von dessen nahen beziehungen zum hofe von Syrakus
er kenntnis hatte, und erlangte wirklich ein èyxdulov, das er ge
legentlich eines Herafestes bei sich durch die musikkundigen 28)
geschlechtsgenossen aufführen lassen wollte und wol wirklich
aufgeführt hat. Pindar , der den Hagesias in Syrakus gesehen
haben mochte, und seine verhältnisse jedenfalls gut überschaute,
hatte zu ihm doch keine intime beziehung ; aber dem Iamiden
hause erwies er sich gern gefällig und hatte sogar die artigkeit,
eigene persönliche verwandtschaftsbeziehungen zu Stymphalos
von seiner ,mutter seite her ausfindig zu machen.29) Hagesias
hatte offenbar bei manchen anderen menschen eine wenig freund
liche beurteilung erfahren ; seine charakterisirung als ein anderer
Amphiaraos bekräftigt Pindar mit einem eide , auf die gefahr
hin , widerspruch zu finden. er hebt es nachdrücklich hervor,
daſs dem Hagesias neider nicht fehlen , und er also über den
28) Unbegreiflich daſs man im ernst von einem besonderen musikalischen
ruhme Arkadiens redet. weil der Arkader Polybios davon für seine zeit erzählt ?
oder wegen der arkadischen schäfer ? ich dächte , an den früchten erkennte man
die bäume. wo sind die arkadischen dichter und musiker zu Pindars oder vor
Pindars zeit ? aber so viel musik, einen xõuos aufzuführen , gab es in der ritter
lichen gesellschaft, für welche Pindar dichtet, allerorten , sei es daſs die jungen
ritter sangen, sei es daſs fahrende leute gedungen wurden.
29) Das ist auch für die stellung des Pindaros in der gesellschaft , für die er
dichtet, bezeichnend . wie sein verhältnis zn Theron von Akragas und zu Arkesilaos
von Kyrene durch familienbeziehungen geknüpft ist , wie er dem Hieron als gast
freund ebenbürtig ist, so können die lamiden sich nur geschmeichelt fühlen, wenn
er sie als eine art vettern begrüſst. man sage nicht , daſs mit seinen gründen
jeder Thebaner das konnte : nur der gesellschaftlich gleichgestellte kann so etwas
wagen ; als jüngling (Pyth. 10) weiſs auch Pindar bescheiden zu reden . die Ionier
Simonides und Bakchylides hätten es wagen sollen : bei ihnen bestellt man sich
das lied wie beim bildhauer die statue , und gibt eine klingende zápis für die
klangvolle des liedes. sie sind Smuloegyol wie die rhapsoden : Pindar ein von den
Musen bevorzugter standesgenosse.
172 4
freundlichen empfang in Stymphalos sehr froh sein muſs. ja, er
lobt ihn , daſs er sein lebensschifflein durch einen doppelten anker
gesichert hätte, daſs ihm neben Syrakus auch Stymphalos eine
heimat geworden wäre . offenbar hatte also Hagesias nicht bloſs
zum vergnügen die bergfahrt gemacht; er hatte sich einen
sicheren hafen bereitet , wenn die wogen des politischen lebens
in Syrakus zu stürmisch werden sollten ; wie Mikythos von
Rhegion sich nach Tegea zurückgezogen hat ( IGA 532) , wie
Praxiteles (IGA 95) und Phormis ( Paus. V 27) arkadische und
sicilische heimat vereinigten . für diesmal zog Hagesias noch über
das meer zurück ; aber Pindars segenswunsch gieng nicht in er
füllung: er ward bei der revolution , welche 466 dem Thrasybulos
den thron kostete, erschlagen.30)
Diese tatsache in verbindung mit der stimmung, welche das
Pindarische gedicht beherrscht , läſst es als überwiegend wahr
scheinlich erscheinen , daſs der sieg des Hagesias ol. 78 , 468 fällt ;
das gedicht also etwa winter 468/7 . da die maultiersiege in der
olympischen festchronik nicht standen, konnten die alten dasselbe
nicht urkundlich datiren , und dabei beruhigten sie sich . da es
aber unter Hierons regierung , also auf eine der olympiaden 76 ,
77 , 78 fällt, und von diesen die erste unmöglich in betracht
kommen kann , schwanken die neueren zwischen 77 und 78. für
die letztere kommt auch das in betracht, daſs Pindars bemerkung,
αδυλόγοι πνοαι μολπαί τε kennten den Hieron wol, auf seine
eigenen gedichte bezug nimmt , genauer auf Pyth . I vom jahre
470 : denn die chronologie Pindars hat erst Bergk in die richtige
bahn gebracht, oder vielmehr zurückgeführt , indem er der vor
eratosthenischen chronographie und den scholien mehr wert bei
legte als den rechnungen des Pausanias. das sollte billigerweise
selbstverständlich sein .
Pindars aufgabe war eine doppelte ; das sagt er selbst , und
das zeigt sein gedicht. den olympischen sieg des Hagesias hatte
er zu verherrlichen, und somit die person des siegers . das hat
30) Diese notiz , die einzige nicht aus Pindar selbst entnommene , gibt das
ambrosianische scholion zu 165 , oder vielmehr sie birgt sich unter der verkehrt
heit δς ανηρέθη Ιέρωνος καταλυθέντος .
IAMOY TONAI 173
er in der vorhalle seines gebäudes getan , der ersten periode.
weil er scharf unterscheiden wollte , hat er den einschnitt nach
der ersten epode gemacht und die disposition selbst angegeben .
unmöglich kann also sein durchgehendes princip gewesen sein ,
den inhalt nach den perioden oder, wie Croiset sagt , den triaden
zu verteilen . ich mache mir keine illusionen über Pindars dichter
gröſse , aber über jeden solchen schematismus ist er denn doch
erhaben , natürlich noch viel mehr über den s . g. terpandrischen
nomos , diese ausgeburt der poesielosigkeit des neunzehnten jahr
hunderts . der preis des Hagesias ist der eine gegenstand seines
liedes ; er wird erledigt , dann geht es apòs dvdqov xai yévos,
zum preise der Iamiden . das wird, wie der anschauung der zeit
entsprach , geleistet , indem die yovci ' Ióuov , des ahnherrn , er
zählt werden . es gibt sich fast von selbst , daſs der ruhm des
geschlechtes dann an dem jüngsten erfolge desselben , eben dem
siege des Hagesias exemplificirt wird . damit ist die aufgabe er
füllt. aber der dichter hat persönlich noch etwas auf dem herzen ;
das geht teils ihn und sein gedicht an , teils Siciliens könig, zu
welchem er eben so intime beziehungen hat wie Hagesias und
wie nicht Aineias. das ist also eine zutat von eigenem und wird
als solche bezeichnet. auch bei Pindar gilt diejenige disposition,
die der schriftsteller selber angibt , und es ist torheit , besser als
er selber wissen zu wollen , was er gewollt hat.
Für das lob des Hagesias wählt Pindar eine mythische pa
rallele , mit dem kriegerischen seher Amphiaraos. seine quelle ,
die Thebais , bezeichnet er für seine zeit so gut wie ausdrücklich .
im gegensatze zum erzählenden epos zeichnet er eine situation .
die 'lámov yovaí muste er erzählen ; aber auch hier geht er über
raschend schnell vor , mit einer kurzen wendung jahre über
springend , dagegen verweilt er mit liebevoller malerei bei den
einzelnen scenen , wie der göttliche knabe im dornbusche geboren
wird , und unter veilchen und goldlack ruht, von den schlangen mit
honig genähret , und dann wider , wie der jüngling in finsterer
nacht im flusse steht und die stimme seines göttlichen vaters
auf seine beschwörungen antwortet. in dieser situationsmalerei
viel mehr als in dem hochtönenden schwalle conventionellen rede
schmuckes liegt der reiz , liegt das individuelle seiner poesie . die
174 4
frage aber ist gar nicht aussichtslos, wo er denn die 'láuov yovai
her habe. man möchte sich mit der tradition des lamidenhauses
behelfen , die denn wol Aineias ihm mitgeteilt hätte. allein dies
letzte wenigstens muſs man fallen lassen. es ist nicht zu denken,
daſs die stymphalischen lamiden ihren ahnherrn an den fernen
Alpheios versetzt hätten , und noch viel weniger ist das von
könig Aipytos denkbar . dessen gedächtnis ist bis in das ionische
epos gelangt , und es steht fest, daſs sein grab grade unfern
Stymphalos war31): also glaubte man ihn in Stymphalos waltend,
und die pindarische version ist nicht die stymphalische , sondern
die eleische version des lamosmythos . doch man kann ja sagen ,
daſs Pindar eben in Olympia, wo er so häufig war, die Iamiden
des groſsen altares kennen gelernt und durch sie von der ge
schlechtssage erfahren hätte. die möglichkeit hilft nichts , und
auf anderes weist die pindarische geschichte selbst, auf eine be
reits in feste also poetische form gefügte darstellung.
Als Euadna die wehen überkommen , ist sie vom hause fern ,
im dornbusch und hat einen silbernen krug bei sich . es ist ge
wiss in der ordnung, daſs die königstöchter des märchens wasser
holen, und deshalb könnte auch Pindar das ruhig von selbst er
finden. aber bei ihm wird das motiv nicht eingeführt, sondern
vorausgesetzt. für die sage ist es notwendig , daſs lamos im
busche geboren wird , also muste sie es bereits motiviren. das
hat sie getan ; aber Pindar übernimmt nicht bloſs das motiv als
selbstverständlich , sondern gibt statt seiner einen begleitenden
umstand an .
Aipytos bringt von Apollon den spruch heim , das kind Euadnas
gehöre ihm , solle ein seher und stammvater eines immerblühen
den geschlechtes werden . als lamos herangewachsen ist , bittet
er Poseidon und Apollon um eine kaotpogoş tipd. das kann
31) B 604, Theokrit Daphn . 123, Pausan. VIII 16, 3. die Iamiden von Stymphalos
stellt zumeist Hug in der trefflichen schrift über den namensvetter und nachkommen
unseres Stymphaliers Aineias zusammen. einer ist noch zu nennen , dem sein echter
name erst widergegeben werden muſs : ein namensvetter des Hagesias , einer der
tapferen führer der 10 000. in Xenophons Anabasis ( III 1 , 31 u. s. w. ) ist der
name mit falschem dorismus eher als mit falscher etymologie (von öyaotai) zu
Ayacias Etvupados verdorben. der name zeigt den geschlechtszusammenhang.
1ΑΜΟΥ ΓΟΝΑΙ 175
nur eine herrschaft bedeuten , und die alten haben mit recht sich
darüber verwundert . warum mahnt er nicht den vater an sein
versprechen ? warum wartet Apollon mit der begabung bis auf
diese stunde, wenn er sie so früh hatte in aussicht stellen wollen ?
hier habe ich daran gedacht , wie viele delphische sprüche um
giengen , über staaten geschlechter heroen , und ob nicht die be
rücksichtigung eines solchen , den die lamiden hochgehalten hätten ,
den Pindar zu der leisen discrepanz vermocht hätte. es kann
aber sein , daſs eben die hereinziehung Poseidons , den lamos um
die sehergabe unmöglich angehen konnte , für Pindar bestimmend
war ; von der kann hier noch nicht die rede sein. hinzukommt
daſs, wie die parallele scene in der Pelopsgeschichte Ol . 1 , die
er sicher erfunden hat , beweist , das bild des betenden und er
hörten sterblichen rein pindarische farben trägt .
Durchschlagend ist die in den namen so bestimmte , in der
sache unklare localangabe. Aipytos herrscht in Phaisana über
Arkader und wohnt am Alpheios. nun ja , letzteres ist notwendig,
denn im Alpheios ruft lamos seinen vater ; auch die Arkader
sind notwendig, denn Aipytos und sein vater Elatos sind Arkader :
aber was ist Phaisana, stadt oder landschaft ? die frage mag wie
bei Pisa belanglos scheinen , weil es sich um wirkliche städte bei
einer xwundòy wohnenden bevölkerung nicht handeln konnte. in
wahrheit ist es doch selbst für Pisa klar , daſs das eben keine
ortschaft gewesen ist , sondern eine landschaft, und hier fordern
wir einen ort, mag er Phaisana heiſsen oder in Phaisana liegen.
aber wer weils von Phaisana ? die scholien sind in verlegenheit ,
die napadocis legte er nach Arkadien --- das ist aus Pindar für
jedermann zu erschlieſsen; aber der fleiſsige Didymos schlug den
Istros nach , und da fand er es als eleisch verzeichnet , und nun
wuſste er sich nicht anders zu helfen , als daſs die Arkader über
haupt auf Elis (genauer Triphylien) alte ansprüche gehabt hätten.
Istros angabe ist nicht aus Pindar abgeleitet , mit ihr muſs also
gerechnet, und Phaisana am Alpheios unterhalb Heraias , ober
halb Olympias gesucht werden . darauf führt auch die erzählung
Pindars. denn die nächtliche wanderung des Iamos sich viele
meilen weit zu denken , ist widersinnig. und darauf führt die
sage . die lamiden sind ein geschlecht nicht eleischen ursprunges ,
176 4
welches aus den zeiten vor der eleischen eroberung ihre vor
rechte am groſsen altar bewahrt hat , weil der orakeldienst ge
schlechtscult war. ihre stammburg werden wir wahrlich nirgend
anders als in der nähe von Olympia suchen, werden aber frei
lich im fünften jahrhundert höchstens die trümmer finden : denn
nur ihre religiöse stellung konnten die Eleer den adlichen Olym
pias lassen . wenn wir jetzt jene burg suchen , gibt uns Pindar
noch einen wichtigen fingerzeig. Iamos geht in den Alpheios
mitten hinein , um Poseidon und Apollon zu rufen. Was soll das ?
nicht einmal für Poseidon ist es eine bezeichnende handlung :
Pelops geht ans meer, nicht hinein, um ihn zu rufen (Ol . 1 , 71 ) .
und für Apollon ist es vollends müſsig. es ist ein zug wie die
erwähnung von Euadnas wasserkrug : er setzt einen zusammen
hang voraus , der für Pindar selbst unwesentlich , aber von ihm
mit dem ganzen nacherzählt ist. wenn Iamos um nach Olympia
zu kommen den fluſs passiren muste, ist der zug verständlich .
also suchen wir auf dem linken ufer. da finden wir eine kleine
meile oberhalb Olympia die burg Phrixa ,32) nach Herodot ( III 148 )
zu Triphylien , nach Pherekydes ( Steph . Byz .) zu Arkadien ge
hörig , mitten in der Pisatis . das ist also das gesuchte grenz
gebiet , das zur sage stimmende local, und mag man nun Phai
sana als namen der burg oder ihres gebietes annehmen, die
identification würde ich waģen , auch wenn nicht Stephanus den
artikel Φαιστός mit den worten schlüsse έστι και άλλη Πελο
ποννήσου και πρότερον Φρίξα καλουμένη. zu identifciren ist Φαι
oáva mit Paiotóç nicht, denn die namen galten zu verschiedenen
zeiten . aber die möglichkeit einer homonymie steigt, wenn das
object überhaupt nicht bloſs einen namen hat , und hier klingen
zwei bezeichnungen auch noch nahe an .
Zu Pindars zeit hieſs die burg Phrixa ; ihm selbst ist die
lage derselben durchaus nicht klar ; seine erzählung läſst sich als
widererzählung erkennen : was ist anders zu schlieſsen , als daſs
ihm eine poetische darstellung der ' Ióuov yovai vorlag, olympischer
herkunft , daſs wir also durch ihn hier den schatten eines pelo
ponnesischen geschlechtsgedichtes erhalten, wie in Pyth . 3 und 9
32) Curtius Peloponn. II 90, 118.
TAMOY TONAI 177
von einer Eoee. über die form des gedichtes ist keine vermutung
möglich . der inhalt ist nicht sehr reich . Aipytos und Elatos
sind alte heroische königsnamen ; Euadna und Iamos waren durch
den stammbaum gegeben , es ist ganz gut möglich , daſs sie ein
mal gelebt haben. die sage selbst ist im grunde das nämliche
peloponnesische märchen vom ausgesetzten und wunderbar er
haltenen kinde , von welchem die eine form , die von Asklepios,
oben behandelt ist. daſs schlangen das kind erhalten und daſs
es unter veilchen liegt, sind etymologische spiele ; daſs des sehers
vater Apollon ist, auch nichts besonderes.33)
93) Es befremdet, daſs die schlangen nicht selbst schon dem Iamos die wabr
sagerkunst verleihen, indem sie ihm die ohren auslecken , daſs er die stimme der
vögel verstehe ; aber allerdings sind die Iamiden keine vogelschauer. das eben
erwähnte verbreitete märchenmotiv stand in den groſsen Eoeen von Melampus,
und ward mit verschiedener motivirung erzählt (schol. Apoll. Rhod. I 118, Pind.
Pyth. 8, 64 , Apollod. bibl . I 9, 11 , Eustath. zu 2 295, Plin. n. h. X 137) : die
fassung ist mir nicht begegnet , daſs das kind ausgesetzt und von schlangen ge
hūtet wäre. und doch wird sie nicht nur bestanden , sondern wabrscheinlich an
dem orte gegolten haben, wo Melampus Jeòs natowos ist. in den seit den zeiten
des epos verbreiteten genealogieen ist Melampus sohn des Amythaon , nach dem
das vornehmste sehergeschlecht heiſst, und nicht einmal eine besondere persönliche
beziehung zu Apollon , wie sie wol später (Diodor VI 7, 7, Statius Theb. III 352),
vielleicht ohne bedeutung erwähnt wird , läſst sich in den geschichten erkennen .
dennoch glaubte man , daſs das kind von seiner mutter ausgesetzt wäre , daraus
folgt ein göttlicher vater und eine wunderbare erhaltung. das steht schol .
Theokr. 3, 43 p. 149, 20 Ahr. , ebenso im Ambros. ¿ EETéln ünÒ tñs untoos
Ροδόπης εν υψηλό τόπω, παντός δε του σώματος σκεπομένου μόνους ήν γυμνός
τους πόδας και εξεκαύθη υπό του ηλίου, και δια τούτο Μελάμπους εκλήθη. schol .
Apoll . Rhod. I 121 (also beides aus dem commentar des Theon) , sachlich das
selbe mit der variante, daſs oúvdEvdpov tónov steht, so daſs üvnaõ im Theokrit
scholion nicht in Vinco geändert werden darf, und daſs die mutter Auginan heiſst :
beide namen und ‘ Podinnn dazu sind gleich möglich . hier aber erscheint als ge
währsmann Dieuchidas , und damit sind wir im megarischen , wo Melampus in
Aigosthena begraben liegt und göttlichen cult hat. Pausan. I 44, 8, bestätigt
durch mehrere steine und eine münze, Gardener Imhoof numismatic comm . on
Paus. taf. A Aigosth . I, ein kind von einer ziege gesäugt. die herausgeber be
ziehen sie auf Melampus , mit recht , wie die stellen zeigen , welche ihnen unbe
kannt sind . die ziege etymologisirt den ortsnamen. ich stehe nicht an, mir diese
brechung des märchens nach an ogie der lamosgeschichte zu ergänzen . und nun
werfe ich die frage auf : ist das märchen hier auch nur eine ranke aus fremder
Philolog. Untersuchungen 1X . 12
178 4
Aber nach Pindars darstellung ist mit der genealogie Apollon
Euadna lamos der ursprung des geschlechtes noch nicht erreicht.
nach Pitana an den Eurotas fahren ihn die maultiere des Phintis.
Euadna selbst ist nicht die tochter des Aipytos , wie man doch
als natürlich annehmen sollte , sondern eben so wie lamos die
frucht einer heimlichen götterliebschaft, tochter Pitanas von Po
seidon. die doublette macht sich im gedichte selbst nicht gut ;
der hinweis , daſs die tochter mit dem verheimlichen ihres fehl
trittes weniger glück hatte als die mutter , wird dem modernen
fast anstöfsig. Pitana hat gar nichts zu tun , als die Euadna zu
gebären , und eine gefahr für sie oder ihr kind entsteht auch
nicht. das allerseltsamste aber ist , daſs sie ihr kind zu Aipytos
nach dem fernen Phaisana zur pflege schickt , ohne daſs man
weiſs, wie Aipytos dazu kommt das vaterlose mädchen an kindes
statt anzunehmen , oder wie Pitana auf diese seine gutherzigkeit
rechnen kann . man kann wirklich den scholien kaum verdenken ,
daſs sie das autoschediasma vorbringen , er hätte die ausgesetzte
Euadna gefunden . auch Poseidon kümmert sich nicht im min
desten um seine tochter oder seinen enkel . diesen mangel hat Pin
dar empfunden und läſst den Iamos sein gebet auſser an Apollon
auch an Poseidon richten. aber Apollon kommt und hilft ; Po
seidon tut gar nichts. wenn endlich der schluſs des gedichtes
sich nachdrücklich und schön an diesen wendet , so ist das ein
beleg für die richtige empfindung Pindars : für die beziehung
wurzel, die sich an eine groſse mythische person ansetzt , wie in Epidauros, oder
ist Melampus von Aigosthena ursprünglich ein wesen desselben schlages wie As
klepios Amphiaraos u. s . w. und nur dadurch , daſs er in das geschlecht der
Amythaoniden trat , ganz und gar heroisirt. daſs Dieuchidas schon von seiner
aussetzung erzählt und grade an dem orte , wo sein cult in der abgeschiedenheit
sich allein gehalten hat, läſst die verwerfung des märchens minder leicht erscheinen.
freilich erklärt Pausanias ausdrücklich , daſs Melampus keine wahrsagungen mehr
von sich gab, auch nicht im schlafe, und Pausanias berührt sich in den Megarischen
dingen öfter mit Dieuchidas. ich erlaube mir kein urteil , denn es müste erst der
reiche sagenkreis der Amythaoniden anfgearbeitet werden. erst dann wird sich
feststellen lassen, ob z . b. die Melampodie zu den ’Horal meydhu sich verhält wie
Kývxos yeuos und 'Aonis, und ob der Theoklymenos der Odyssee aus einem der
andern epen stammt. daſs er das tut, ist sehr wahrscheinlich : aber aus welchem ?
zu behaupten ist in solchem falle von vorn herein gar nichts.
I AMOY TONAI 179
Poseidons zu den Iamiden beweist es gar nichts. den dichter
Pindar werden wir auch loben , daſs er so nachdrücklich her
wolle wirklich nach der wahren heimat der
vorhebt , er wolle
Tamiden fahren : aber auch das eingeständnis darin finden ,
daſs es etwas unerwartetes war , diese heimat in Pitana zu
suchen .
So führt die analyse der poetischen motive dazu, in dem
ersten gliede der pindarischen genealogie einen späteren flicken
zu sehen . dem gedichte von den eleischen Iamiden , das oben
als quelle ermittelt ist , kann Pitana nicht zugerechnet werden ;
in ihm war Euadna die tochter des Aipytos : und so werden es
die stymphalischen Iamiden , bei denen Aipytos begraben lag, von
hause aus erst recht geglaubt haben . nun ist der gehalt dieses
stückes ganz offenbar nur der, daſs die Iamiden mit Sparta ver
knüpft werden sollen . historisch aufgefaſst ergibt das die tat
sache, daſs sie diese ansprüche zu erheben erst in die lage ge
kommen sind , als ihre eleische geschlechtssage längst schon gestalt,
sogar eine poetische bearbeitung erhalten hatte. ohne andere
hilfsmittel könnten wir nicht weitergehen : aber deren gibt es,
und da sie das ergebnis der analyse nicht nur bestätigen , son
dern an sich genügen würden , dieselben schlüsse zu erzwingen,
so hat diese sage allerdings exemplificatorische bedeutung für die
methode richtiger poetischer wie historischer analyse.
Jahrhunderte lang sind in Sparta Iamiden die öffentlichen
seher gewesen . bei Plataiai , bei Tanagra , am Ziegenflusse 34)
haben sie die heere zum siege geführt , aber auch mit Kinadon
war ein lamide verschworen.35) das geschlecht hat den lykur
gischen staat überdauert und in seinem schattenbilde , dem
Sparta der kaiserzeit , sich am schatten seines alten adels er
freut.36) es fragt sich nur, seit wann gab es lamiden in Sparta.
hören wir Herodot (IX 33–37). der Iamide Teisamenos von
34) Αγίας Αγελόχου του Τεισαμενού Paus. ΙΙΙ 11 , 5.
35) Es heiſst Teloquevós, vetter oder bruder des eben genannten. Xen.
Hell . III 3, 11 .
36) Kaibel epigr. 874 , und was er anführt. der name Τεισαμενός kehrt
dort wider.
12*
180 4
Elis 37) versuchte sich im pentathlon , weil ihm ein orakel fünf
groſse siege versprochen hatte. aber er unterlag. die Spartaner,
welche das orakel richtig verstanden , wollten ihn als seher für
ihre feldzüge dingen ; doch zerschlugen sich die verhandlungen ,
weil er die unerhörte forderung stellte, das volle spartiatische
bürgerrecht zu erhalten. da kam die Medergefahr, und nun gab
Sparta nach , selbst als er dasselbe bürgerrecht auch für seinen
bruder Hagias forderte. es ward ihnen zum heile , denn Teisa
menos führte sie fünfmal zum siege , bei Plataiai Tegea Dipaia
Ithome Tanagra. Herodot erzählt weiter , daſs auch Mardonios
bei Plataiai einen eleischen seher , Hagesistratos aus dem hause
der Telliaden hatte , einen geschworenen feind der Spartaner ,
den sie schon einmal gefangen und in ketten geschlagen hatten .
er aber schnitt sich den fuſs oberhalb der schelle ab , entkam
glücklich nach Tegea , lieſs sich einen holzfuſs machen und diente
nun jedem feinde Spartas mit seiner kunst, so 479 den Persern ,
und so weiter, bis er schlieſslich einmal in Zakynthos von ihnen
gefangen und getötet wurde. man muſs diese sehergeschichten
bei Herodot selbst nachlesen , und wird dann nicht zweifeln , daſs
sie auf mündliche tradition , und zwar direct oder indirect auf
Teisamenos selbst zurückgehen. nun ist Herodot bekanntlich in
Sparta gewesen , und wo hat er gewohnt ? in Pitana , bei dem
proxenos der Samier Archias ( III 55 ). mit vollstem rechte hat
Kirchhoff auf diese speciell pitanatische erkundigung den bericht
37) Herodot sagt γένεος του Ιαμιδέων Κλυτιάδην . Valckenaer macht hierzu
eine schöne gelehrte anmerkung , welche darin gipfelt Kavtiédny zu streichen,
es ist richtig , daſs man ohne diese stelle die Klytiaden für ein den Iamiden
gleichgestelltes geschlecht halten würde , wie die Telliaden. aber da sich nicht
erweisen läſst, daſs die Klytiaden Amythaoniden gewesen wären , kann ich die
unmöglichkeit nicht einsehen , die Klytiaden als einen zweig der Iamiden anzu .
sehen. warum sollte z. b. Iamos nicht einen sohn Klytios gehabt haben , nach
dem sich ein zweig benannt hätte, während andere zweige sich anders differenziirten .
των Ηρακλειδών Ευρυπωντίδην würde doch jeder verstehen. Cornelius Scipio
Maluginensis und Cornelius Scipio Nasica stehen ebenso nebeneinander. ich
glaube eher , daſs auch die Telliaden ein zweig der Iamiden gewesen sind , denn
daſs in Elis zwei concurrirende seherfamilien ohne geschlechtszusammenhang be
standen haben, ist wenig wahrscheinlich , und der Telliade Hagesistratos führt einen
namen, der an die Iamidennamen Hagias Hagesias anklingt.
JAMOY TONAI 181
über Amompharetos und den lóxos Iltavátns zurückgeführt.
derselbe steht wenige seiten hinter dem Iamidenberichte (IX 53) .
angesichts der tatsache, daſs nach Pindar die lamiden in Pitana zu
hause sind , wird man es wol als evident anerkennen , daſs Teisa
menos eben in Pitana dem Herodot seine groſstaten erzählt hat .
für Herodots leben ergibt sich somit die wichtige tatsache, daſs er
nach der schlacht bei Tanagra in Sparta gewesen ist , und zwar
eher als er irgend einen gröſseren teil seines werkes ausarbeitete,
denn buch III und buch IX (nicht weiter zu gehen) tragen die
spuren dieser spartiatischen reise. da er nun aber 446 teile
seines werkes in Athen vorgelesen hat, in kriegszeiten der bürger
des attischen reiches das feindliche land nicht betreten konnte,
so folgt mit zwingender notwendigkeit , daſs sein besuch in den
fünfjährigen waffenstillstand fällt, also ungefähr um 450.38)
Uns geht hier eine andere eben so unabweisliche folgerung an .
wenn die lamiden Teisamenos und Hagias erst 480 Spartiaten
geworden sind , so ist die pindarische genealogie Euadnas erst
später entstanden . Teisamenos hatte nun freilich das recht und die
pflicht, wenn er der pitanatischen phyle (oder Kome) zugewiesen
war, die eponyme heroine unter seine feoi naroñou aufzunehmen,
und daſs sich demnach sein stammbaum irgendwie veränderte,
war auch ganz in der ordnung. aber wir sehen ja, noch im alter
war der geriebene weltkundige seher viel zu stolz auf den er
folg seiner schlauheit und zähigkeit, als daſs er die wahrheit
einem fictiven adel geopfert hätte. in der tat bedeutete es mehr,
Spartiat geworden zu sein , als eine Poseidontochter zur ahnfrau
zu haben , um so merkwürdiger ist es , dafs die auſserspartiatischen
Iamiden , zum mindesten die Stymphalier , in so kurzer Zeit ge
flissentlich ihre genealogie nach oben hin erweiterten , um sich
so wenigstens für ihre ahnfrau die ehre zu verschaffen, die ihrem
38) Kirchboffs beweis ergibt nur den terminus ante quem 440, und er ist sehr
unsicher , einmal weil er auf eine keineswegs zweifellose ergänzung einer lücke
gebaut ist , zweitens , weil die glaubwürdigkeit dieses berichtes doch nur dann
subjectivem belieben entzogen wäre , wenn die herkunft kenntlich wäre . aber
der beweis hilft auch wenig , denn daſs Herodot Sparta besucht hat , ehe er nach
Thurioi gieng, ist im grunde selbstverständlich . erst der terminus post quem
hat wert.
182 4
geschlechtsgenossen geworden war , und daſs sie dazu ohne
weiteres die eponyme phylenheroine einführten , mit welcher
Teisamenos nun wirklich zuhammenhieng. Pindar aber hat sich ,
wie man sieht , mit freuden dazu hergegeben , dieser neuerung
die weihe seiner kunst zu verleihen. daſs er persönlich die
genealogie gradezu erfunden habe, ist nicht zu behaupten , auch
nicht daſs sie später gegolten hätte; 39) leicht mag die genealogische
neuerung dem Aineias besonders am herzen gelegen haben . was
wir hier sehen , ist ja eine jedem kenner hellenischen wesens
bekannte und wolvertraute sitte , das projiciren der gegenwart
in die heroische welt . wir bewundern die erzeugnisse dieser
eigenen art von dichtung so oft an den attischen tragikern : das
Pindarische beispiel ist aber doch etwas anders ; die fiction tritt
kaum verhüllt auf, ist im grunde alles andere als geistreich und
statt zu bewundern verwundert man sich.
Allerdings kommt wol auch ein politisches moment in betracht.
das gedicht ist zwar keine politische demonstration , denn wenn
es das wäre , so würde Pindar das ja sagen ; er spielt nicht ver
steck. aber daſs stymphalische Iamiden auf eine spartiatische
ahnfrau anspruch erhoben , war im jahre 468 an sich das be
kenntnis einer bestimmten politischen parteistellung , und einer
solchen zwar , welche auf Pindars sympathie rechnen konnte .
wir wissen zwar eigentlich nur durch den bericht des Teisamenos
bei Herodot etwas von den schweren zerwürfnissen , welche in
dem jahrzehnt nach den Perserkriegen Sparta zweimal dazu
zwangen die Arkader zu besiegen , das zweite mal sie alle mit
ausnahme Mantineias. es war in der schlacht von Dipaia , wo
die arkadische übermacht so groſs war, daſs die lakonische pha
3.) Die scholien ergeben nicht mehr als daſs Sosibios die Pitana tochter des
Eurotas genannt hat : das ist für Pindar nicht nötig anzunehmen , und Sosibios
wird es nicht im Pindar gesucht haben. die heroine Pitana war auch in Athen
bekannt, da Euripides Tr. 1112 von der nóhes Ilıtáves redet. das ist sehr merk
würdig ; auſser Amyklai ist sonst kein einziger spartanischer ortsname populär.
notiren will ich doch, daſs bei Hygin. fab. 157 unter den kindern Poseidons steht
Euadne ex Lena Leucippi filia ; natürlich ist der versuch gemacht, die pindarische
genealogie hineinzubringen . aber die stelle ist durch bloſse conjectur nicht zu
heilen.
IAMOY TONAI 183
lanx nur ein glied in der rotte gehabt haben sollte ( Isokrat.
Archid . 99) .40) die jämmerliche überlieferung der zeit gestattet
nur schwindelhaften historikern diese schlacht zeitlich weiter zu
fixiren , als daſs sie vor die bei Ithome fällt, aber auch diese
wird verschieden angesetzt, je nachdem man über das erdbeben
urteilt. ich bin überzeugt, daſs es methodisch unzulässig ist,
dieses anders als unter den archon Theagenides (468/7 ) zu setzen ,
weil das die attische chronik tut : 41 ) ob aber der abfall Arkadiens
nicht lange vor dieses groſse unglück fiel oder etwa eine folge da
von war, möchte ich an sich nicht versichern . da tritt dies pin
darische gedicht ein , wenn das mit recht 468/7 angesetzt ist, so war
die schlacht bei Dipaia früher : denn zu einer zeit, wo Stymphalos
mit Sparta in zwist lebte, konnten Stymphalier nicht wol in dieser
weise für dasselbe partei nehmen ; dagegen wenn bei Dipaia ein
Iamide Spartas heer zum sieg geführt hatte, so mochten seine
verwandte auf der gegenpartei die verbindung mit dem einfluſs
reichen berater des siegers zu pflegen bedacht sein. so wirft
schlieſslich das verständnis einer sage ein gewicht in die wag
schale, welche die wahrscheinlichkeiten der chronologie des fünften
jahrhunderts abzuwägen hat : schlimm genug , aber wahr , daſs
dieselbe mit solchen unsicheren factoren rechnen muſs. sicherer
sind sie immer noch als die scheinbar annalistische erzäh
lung Diodors und gar erst die mit erträumten jahreszahlen ver
schwenderische modernste geschichtsdarstellung.
Hier würde ich schlieſsen , forderte nicht ein seltsamer irrtum
der scholien wenigstens in einem buche , das den namen Epidauros
auf dem titel trägt , ein wort der erläuterung. Sie sagen (93 )
von Iamos , als er aus Phaisana an den Alpheios hinabsteigt, er
gienge 1ach Epidauros , εν μέσω γάρ Ηλιδος και Αρκαδίας η
'Enidavpoç. das ist doch damit nicht abgetan , daſs es unsinn
ist . es würde nur durch momentane geistesabwesenheit zu er
klären sein , daſs ein grammatiker die ' Enrídavoos ’ Aoxantriás oder
40) Ich kenne weiter keinen sicheren auf diese schlacht bezüglichen bericht.
die anekdoten bei Polyaen (I 41 ) sind nicht sicher zu beziehen , lebren übrigens
kaum etwas. Pausanias schreibt überall nur Herodot aus.
41) schol . Aristoph. Lysist. 1144, sicher aus Philochoros.
184 4
die heungá an den Alpheios verlegt hätte. die byzantinischen
schreiber haben sich allerdings bei dem bekannten namen be
ruhigt, für die ist so etwas auch gut genug,42) aber für den alten
erklärer, der vom laufe des Alpheios ganz richtige vorstellungen
bekundet, reicht es nicht hin. es muſs also conjicirt oder die ent
stehung des irrtums aufgeklärt werden . Wo ist denn nun in ge
schichtlicher zeit die grenze von Arkadien und Elis ? da wo der
„grenzbach ', Sidywv, flieſst, und von norden her der Erymanthos.
und auf dessen rechtem ufer ist ein bergabhang Saúgov deigás, so
benannt nach einem wegelagerer Sauros , den Herakles erschlagen
hat. da war auch ein heiligtum des heros und ein grab des frev
lers.43) ob dieser Herakles énì Saúow oder énigaúgios hieſs, weiſs
ich nicht, will auch nicht entscheiden , ob im scholion ein schreib
fehler zu grunde liegt , oder der Saūgos eine nebenform hatte,
42) Verschweigen will ich nicht , daſs ein scholion allerdings eine begriffs
verwirrung enthält, die ich gar nicht begreife. das zweite zu 46 nennt den Hagesias
Zweimal απο Ιάμου Αρκάς , από Πιτάνης Αργείος , obwol die lage richtig ange
geben wird und bei Pindar steht. vor demselben scholion (p. 136, 12 Böckh) steht
ein versprengtes stück von dem zu 48 (p. 137, 3). beiläufig 105 ( 144, 9) ist zu lesen
σαφής και μηδεν έχουσα αποκεκρυμμένον ώσπερ οι χρησμοί (σεισμοί v.) und 115
( 146, 5 ) Απόλλωνος τούτο χρησμωδήσαντος für χρησμοδοτήσαντος.
43) So Pausanias VI 21, 3. an dieser partie ist mir zuerst der verdacht auf
gestiegen , Pausanias berichte auf grund einer fremden periegese, und zwar weil
ich den weg im anschluſs an Pausanias selbst zurückgelegt habe. über die
mannigfachen schwierigkeiten handelt mit sachkunde Michaelis (Philol. XXIV),
aber aus der vorstellung von Pausanias unsträflichkeit. ich will ihm alle kleinen
versehen schenken und die Auſsübergänge einmal zwischen den zeilen lesen, aber
ich frage, wer erzählt so auf grund eigener reisenotizen , „ wenn man über den
Kladeos geht, so ist da das grab des Oinomaos und oberhalb davon (etwa in Druva )
die ställe seiner pferde. die grenzen zwischen Elis und Arkadien sind folgender
art. wenn man über den Erymanthos kommt, ist da die Eqúpou deugás u. s. w .“
also Pausanias beschreibt den weg von Heraia nach Olympia, während seine eigene
route, da er von Olympia ausgeht, umgekehrt sein müste. wie in aller Welt ist
er dazu gekommen, hat es tun können, ohne den leser zu mabnen ? gibt es eine
andere erklärung als daſs er , hilfloser stilist wie er ist , nicht gewagt hat, oder
vergessen hat, die ordnung seiner vorlage stück für stück umzukehren , wie er
doch muste ? und wenn sich nun die gröbsten versehen auf dieser route finden,
gibt es einen dritten weg als daſs er entweder diese route selbst überhaupt nicht
gemacht hat , oder daſs er verwirrung grade dadurch gestiftet hat, daſs er in
anderer richtung reiste als sein reisehandbuch vorschrieb ?
IAMOY TONAI 185
oder wie die verbindung hergestellt werden soll : daſs aber eine
verbindung vorhanden ist , und das scholion keine torheit son
dern eine wertvolle ortsangabe enthält , scheint mir evident.
was der name 'Enidavpos bedeutet, weiſs ich nicht zu sagen ; es
ist unsicher, ihn von besondern localen verhältnissen abzuleiten ,
da man nicht weiſs, wo er ursprünglich ist. die alten geben für
das saronische die nebenform 'Entitavoos an , und da denkt man
an den troizenischen flufs Taõgos. aber auch eine hypostase, wie
das arkadische fniðaveos wäre, ist möglich .
NACHTRÄGE.
Zu S. 12. Nicht advtov sondern äßatov heiſst der heilige
raum in Epidauros. die katachrese ist bei beiden worten die
selbe.
Zu S. 15. Für die Moiren neben Eileithyia war vor allem
zu nennen die berufene stelle Platon symp. 206d Moiga xai El
λείθυια η καλλονή εστι τη γενέσει . Kaibel epigr. 238 Moiga
και Ειλείθυια και ωδίνες το περισσόν Μοισάων μελέδημ’ αγαγον
εις Aίδαν , γαστρός απωσαμέναν μόρον έγκυον · α δε νεανίς Ηραις
εύτεύκτωι τωιδ ' υπένεστι τάφων.
Zu S. 18. Zu der syntaktischen freiheit dwrno' yıεias, ubya
δώρημα βροτοίς hatte ich wenigsten ein beispiel im gedachtnis
gegenwärtig haben sollen , ein vielbehandeltes , das ich doch ge
wohnt war so aufzufassen : den anfang des Agamemnon täyd
απαλλαγήν πόνων , φρουράς ετείας μήκος. hier würde allerdings
eine unerträgliche häufung entstanden sein , hätte Aischylos das
grammatisch correcte unxovs setzen wollen.
Zu S. 48. Die zurückführung des berichtes des Tzetzes
über die schicksale des Kalchas auf die apollodorische bibliothek
hat mittlererweile ihre urkundliche bestätigung gefunden durch
die aufregenden mitteilungen R. Wagners über einen auszug aus
der bibliothek , den derselbe in der Vaticana entdeckt hat (Rh.
M. 41 , 146 ). Podaleirios in Syrnos scheint dagegen in diesem
auszuge nicht zu erscheinen . Machaon fiel nach demselben durch
Penthesileia, was zur folge hat, daſs Podaleirios den Philoktetes,
wie bei Quintus , heilen muſs.
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187
Zu S. 55. Eine weitere parallele zu Polemokrates u. s. w.
ist der Ασκληπιός Δημαίνετος επίκλησιν από του ιδρυσαμένου auf
ehemals arkadischem boden , unfern der Saúgov dengás Pausan . VI
21. denn die aetiologie ist ersichtlich autoschediastisch .
Zu S. 68. Ich glaube die Hyginstelle jetzt heilen zu können ,
indem ich simultatem , das zwischen et und constituit überliefert ist,
umstelle, Pelias simultatem vitans eorum condiciones repudiavit et
constituit ti se daturum. auſserdem hätte ich bemerken sollen ,
daſs bei Hygin die Koronisfabel an dieser stelle fehlt , weil sie
in anderem zusammenhange steht, fab. 202, unter verwandlungen ,
die meist den stempel hellenistischen spieles tragen. so sind
auch hier die ursprünglichen motive zerstört . der rabe ist keusch
heitswächter ; Koronis vergeht sich mit dem Elatossohne, dessen
name in et chylus (in den Statiusscholien zu Theb . III 506 , welche
M. Schmidt anführt , in lycus) verdorben ist : es war doch wol
nichts als Ischys. diesen tötet Zeus mit dem blitze , die Koronis
schlägt Apollon , und sie stirbt daran . er rettet das kind , ver
wandelt das gefieder des raben .
Zu S. 69. Robert weist mir ein merkwürdiges attisches
vasenbild aus der mitte des fünften jahrhunderts nach (Benndorfs
Vorlagebl. D 7) , wo ’Anódov die phorminx spielend neben dem
wagen herschreitet , der von löwe und eber gezogen Kéoguos
und Haquovia trägt. wir sehen nur noch einen schimmer von
dem glanze, mit welchem die poesie jene hochzeit verklärt hatte,
die versöhnung des Kadmos mit Ares , dessen sohn er getötet
hatte. xóquos und ögns sind feinde, bis der xóquos des krieges
tochter, die Harmonie , heimführt , daſs Apollon dabei eine rolle
pielt, ist neu , aber wol verständlich , und Pindar sagt im ersten
hymnus 32 του θεού άκουσε Κάδμος μουσικών ορθάν επιδεικνυ
uévov. die gewalt seines liedes beweist Apollon, wenn er als hirt
der herden des Admetos die tiere des Waldes um sich sammelt
(Eur. Alk. 579 ), wenn er die bestien an Admetos wagen schirrt.
es ist wol verständlich , daſs er dasselbe für 'Aquovia tut, deren
namen auf die macht der musik hindeutet und so in ähnlichem
spiele von Euripides ( Med . 834) gedeutet ist . hat doch die macht
der musik auch die équorû der mauern Thebens bewirkt , wie
also die sage dazu kam , dasselbe apollinische gespann bei der
188
hochzeit des Kadmos einzuführen wie bei der des Admetos , durch
schauen wir wol . daſs Apollon und Artemis , herren der berge
und des wildes wie sie sind , die wilden tiere bezwingen, ist natür
lich und hellenisch : aber das erklärt die einführung solcher ge
spanne bei der hochzeit nicht die bestien sind , wie z. b. auch
die greife, mit denen Apollon fährt, in der kunst asiatische re
miniscenzen ; wird doch auch Artemis als geflügelte bändigerin der
wilden tiere in einem ganz orientalischen schema dargestellt,
während der gehalt dieser darstellung keineswegs orientalisch ist.
Zu S. 83. Die neuesten besprechungen des attischen Asklepios
(v. Sybel und Köpp in den Athenischen Mitteilungen X, v. Duhn
Arch . Zeit . 1885, 99. 167) nötigen mich meine durch dieselben
in keinem punkte geänderten ansichten noch etwas näher aus
zuführen . Duhn bemerkt mit recht, daſs die entfestigung der
burg, welche die voraussetzung für die anlage der epidaurischen
und troezenischen filialen auf der südseite bildet, sehr wol ge
stattet , ihre gründung in die erste hälfte der pentekontaetie zu
rücken , seitdem Löchcke meine schilderung dieser entfestigung
berichtigt hat. daſs der Hippolytos oder vielmehr die 'Appodiun
ÉQ' ' Intolútą mindestens so alt ist wie der Parthenon ist s . 83
eingeschärft. neben Sophokles ist der Tegeate Aristarchos als
verehrer des Asklepios in Athen bekannt; auch das weist auf
die zeit vor dem peloponnesischen kriege. folglich ist es falsch ,
die stiftung in die letzten jahrzehnte des jahrhunderts zu rücken ,
und steht der darstellung des Asklepios auf dem Ostfries des
Parthenon zeitlich nichts entgegen dennoch hätte dieselbe nie
ausgesprochen werden sollen , wäre es auch nur , weil Poseidon
unter Athenas beisitzern fortzulassen eine demonstration wider
den gott gewesen wäre, dem Athen die seeherrschaft dankte.
Athena ist landesherrin : das lehrt der westgiebel; aber er zeigt
den streit : wo ist die versöhnung ? ferner, wo steckt die logik,
wenn man den götterkreis aus localen bezügen deutet und die
nächsten nachbarn , Poseidon und Artemis, wegläſst ? ferner hatte
damals, wie wir alle wissen , Asklepios keinen künstlerischen
typus. deshalb kann ein bärtiger mann , dessen aussehen sich
von den ordnern des festzuges wenig unterscheidet, zwar Asklepios
sein, weil beide nichts charakteristisches haben , aber woran er
-
189
kannten ihn als solchen die Athener ? an dem attribut ; das fehlt
uns. woran erkennen wir ihn ? wenn es Asklepios war, so wird
er wol ein bezeichnendes attribut getragen haben , und wenn er
ein solches attribut trug, so wird es wol Asklepios gewesen sein .
das heiſst doch mindestens so viel als non liquet. aber durch
schlagend ist eine erwägung, welche mir ein schüler vorgetragen
hat. Pheidias soll die götter der südseite der burg auf der
nordhälfte des ostfrieses dargestellt haben . die troezenische
Aphrodite sieht also nach dem Parnes. subjectiv ist es völlig
begreiflich, wenn wir alle immer wieder die rätsel zu lösen ver
suchen , welche uns die gestalten des Pheidias aufgeben . aber
wir müssen uns eingestehen , daſs wir mit den vorhandenen
mitteln über etwas subjectiv befriedigendes nicht hinauskommen .
da heiſst es sich bescheiden ; wir tun es nur nicht , ueyahavogíais
δ' έμβαίνομεν έργα τε πολλά μενoινώντες δέδεται γαρ αναιδεί
ελπίδι γυία: προμαθείας δ'απόκεινται δοαί. wer erführe nicht an
sich selbst απροσίκτων ερώτων οξυτέρας μανίας ..
Sybels vermutung ist eine doppelte , einmal nimmt er an ,
daſs der attische Asklepios an die stelle des Alkon getreten wäre,
zum andern daſs Sophokles diese cultveränderung bewirkt hätte .
für das letztere hat er seine beweise darin gefunden , daſs So
phokles priester des Alkon war , daſs bei ihm Asklepios einge
kehrt sein soll, daſs er den paean gedichtet hat und daſs in einer
reihe epigramme der anthologie , welche notorisch von attischen
steinen copirt ist , das distichon steht Bwuous toúode Jeoiç So
φοκλής ιδρύσατο πρώτος , δς πλείστον Μούσης είλε κλέος τραγικής
(VI 145) . welchen göttern die altäre gehörten , bei deren restau
ration das epigramm gemacht ist , das Sophokles schon als den
tragiker mit den meisten siegen kennt, ist unbekannt. die legende
von Asklepios einkehr ist der reflex einer verbindung , deren
gleichzeitiger ausdruck der paean ist. die späteren kannten die
legende durch die vita ; diese nennt ihre quelle , Istros ; Istros die
seine : ein psephisma ( vit. 17). in dem hat also von der einführung
des cultus durch Sophokles nichts gestanden . trotzdem kann sie
stattgefunden haben . wie ist es denn bei ihr wol zugegangen ? die
heiligtümer liegen auf staatsgrund, der staat bestellt ihre priester,
leitet ihre verwaltung. das priestertum ist nicht geschlechtssache
190
oder sache eines Giaoos. was heiſst also diesen cult einführen ?
bei rat und volk den antrag stellen. dazu gehören andere quali
ficationen als die legende für Sophokles zur Verfügung stellt .
zur zeit dieses antrages war er ein anfänger in seiner kunst und
erst recht in der staatscarriere, die er allerdings auch gemacht
hat . an das cultlied , welches er später für Asklepios einmal ge
macht hat , zu denken , wäre damals vollends verfrüht gewesen .
wol aber hat er später, als er, der pentakosiomedimne, in der
finanzverwaltung tätig war , auf dem grunde des Asklepios dem
'Hoaxhis unpurhs eine capelle errichtet, zum danke für eine durch
ein traumgesicht widergefundene goldne schale. diese combination ,
welche auſser auf die traditon des Hieronymos auf weihungen
an Herakles im Asklepieion gegründet ist , hat Köhler gemacht,
und sie trägt den stempel der höchsten wahrscheinlichkeit an
sich. das gilt, wie man sieht , von der L. v. Sybels nur , wenn
der Asklepios der burg wirklich den Alkon verdrängt hat. denn
dann würde der Alkonpriester notwendig eine rolle bei der ein
führung des neuen cultus gespielt haben , allerdings , wie mich
dünkt, eine sehr wenig seinem heros und seinen priesterlichen
vorrechten günstige. der ersatz eines heildämons durch den
epidaurischen gott würde ja vielen , die ich oben besprochen habe,
analog sein , also an sich für mich glaublich nur hat er nicht
stattgefunden , denn erstens hat weder Alkon noch sein priester
tum eine spur im Asklepieion hinterlassen . zweitens existirt keine
tradition, welche Alkon und Asklepios im culte verbände. es ist
wahrscheinlich , daſs Alkon in Phaleros verehrt ward , aber ein
Asklepieion in Phaleros , welches Sybel aus Plinius n. h. II 25
anführt, hat es schwerlich gegeben ; die steine kennen nur eins
im Peiraieus , und die verwechselung ist allzunahe liegend. die
ganzen Alkonsagen zu verfolgen würde mich jetzt zu weit führen
( ich habe es getan ; sie weisen nach Euboia) , auch helfen sie
hier gar nichts , da Alkon von Sybel nur dadurch mit der burg
verbunden wird , daſs sein name von derselben wurzel gebildet
ist wie der der Alkippe . Alkippe aber, die tochter des Ares und
der Aglauros, ist von Halirrhothios Poseidons sohn an der quelle,
welche später im Asklepieion zu liegen kam , genotzüchtigt wor
den. deshalb hat Ares den Halirrhothios erschlagen , und in dieser
191
ersten dixn povov haben die götter über Ares auf dem hügel
gerichtet, welcher seitdem gerichtstätte für povixó ist und Ares
hügel heiſst. so die Atthis. ich kann das befremden darüber
nicht unterdrücken , daſs man eine so einfache aetiologische ge
schichte nicht durchschaut. auf dem hügel des Ares (des blutigen
kampfes, des faustrechts) ist das gericht in blutsachen von alters
her. also haben da die götter zuerst gerichtet. über wen ? wer
hat das erste blut vergossen ? wer anders als Ares. und welche
unbill verleitete zuerst zum morde ? die , welche nach attischem
rechte noch immer die selbsthilfe ahnden darf: denn natürlich
muſs der gott von den göttern freigesprochen sein . das liegt
im wesen der gottheit , und alle cultlegenden Athens sind frei
sprechungen : der ersatz der blutrache durch das gericht des
staates ist ein fortschritt zur milde. also Ares rächte die ehre
eines weibes γυνή εγγυητή, θυγάτηρ , αδελφή, παλλακή επ' αρότο
naidwv yvnciwy: welche kategorie war möglich ? nur die tochter.
wer tat ihr gewalt an und ward deshalb erschlagen ? da es kein
gott sein konnte, ein gottessohn. welches gottes söhne sind die
frevler ? Poseidons. also ein Poseidonssohn . wo ist die tat ge
schehn ? wo die weibliche ehre einem räuberischen überfalle am
ehesten ausgesetzt ist. den Pelargern vom Hymettos sagen die
Athener nach, daſs sie ihre jungfrauen von der Kallirrhoe geraubt
hätten . zu könig Kekrops zeiten (wo der Areopag natürlich ein
gesetzt sein muſs) giengen die mädchen noch nicht so weit zum
wasserholen , damals endete der gesicherte zustand unmittelbar
vor den toren des palastes. also ist die tat an der nächsten
quelle geschehn . diese sage hat die quelle im süden gewählt;
Kreusa ist im garten an der Klepsydra von Apollon ereilt : beides
ist gleich gut. die tochter des Ares muls Athenerin sein , damit
er vor ein athenisches gericht gehört, folglich ist eine der Kekrops
töchter, eine ' Aygaviis xóon, Aglauros, ihre mutter. aber welchen
namen das mädchen führt ist irrelevant. sie hat ja nur eine
passive rolle zu spielen . der sohn Poseidons heiſst Halirrhothios;
seine mutter Bathykleia. auch an diesen namen liegt nichts ;
der erste ist aus dem namen des Vaters abgeleitet, der zweite
ein klangvoller weibername wie Alkippe. wenn Halirrhothios
auch beiname des Poseidon wäre, würde das nichts verschlagen ,
192
aber er ist es nur nach einer verfehlten interpretation des Didy
mos von Pindar Ol. 10, 70. ich dächte, das wäre alles sonnen
klar. dann ist Alkippe also nicht quellnymphe , was auch nie
mand bezeugt, ist ihre genealogie und ihre schändung nicht
secundär gegenüber ihrem namen , und hat sie mit Alkon nicht
mehr zu tun als mit Alkamenes und Alkibiades.
Köpp will ein par attische mädchenköpfe als Hygieia er
weisen und constatirt dabei den tatbestand , daſs diese göttin es
zu einer individualität im fünften jahrhundert nicht gebracht hat.
es folgt von selbst , daſs sie dann nicht aus Epidauros stammt ,
sondern eine in Athen nachgeborene schwester der laso und
Panakeia ist , von Aigla nicht zu reden . ob unter diesen um
ständen der name Hygieia für einen im Asklepieion gefundenen
mädchenkopf aus dem vierten jahrhundert groſse wahrschein
lichkeit hat, stehe dahin : ob Iaso oder Hygieia, macht auch
wenig aus . jedenfalls ist die tatsache richtig, daſs Hygieia eine
ganz junge abstraction ist. ich habe sie nicht zu erwähnen ge
braucht , weil ich von Epidauros redete. daſs eine göttin , von
der die lyriker und tragiker nichts wissen , die eine durchsichtige
abstraction ist, bei welcher man sich höchstens darüber wundert,
daſs sie überhaupt, wenn auch spät, einen ansehnlichen platz im
cultus erhalten hat, im attischen culturkreise entstanden sein muſs,
mithin im attischen Asklepieion, würde man von vorn herein an
nehmen. nun kennen wir ja aber auch ihre ältesten erwähnungen ,
zuverlässiger art , weil es cultlieder sind , und sie gehören dem
attischen dithyrambus, genauer dem attischen Asklepieion an .
dort ist der hymnus des Ariphron aufgezeichnet, auf jenem steine,
der jetzt im Casseler museum ist (Kaibel ep . 1027) ; das in später
zeit noch sehr populäre gedicht steht besser am schlusse des
Athenaeus. hier ist Hygieia npeopiota uaxdowy. mehr hören
wir nicht , namentlich nichts von einer verbindung mit Asklepios
als tochter oder wie sonst. Likymnios nennt sie ziemlich gleich
zeitig λιπαρόμματε , μάτερ υψίστα , θρόνων σεμνών Απόλλωνος
βασίλεια ποθεινά , πραυγέλως Yγίεια, ) also in verbindung mit
1) Es sollte nicht erst ein wort darüber verloren werden , daſs Sextus durch
seine flüchtigkeit auch die verse des Ariphron , die er hinter diesen versen an
193
Apollon . das wird wol einleuchten , daſs diese dichter an eine
mädchenhafte Hygieia nicht dachten , daſs ein künstler , der ähn
lich empfand, eine gestalt in der weise der Eirene des Kephiso
dotos gebildet haben würde. und es ist auch nicht weise , die
Gesundheit' anders denn auf der höhe der körperlichen ent
wickelung zu bilden ; junge mädchen pflegen kein typus der ge
sundheit zu sein . erst als der ziemlich flache schluſs gemacht
war, daſs der dorng úyičias vater der 'Yyíela wäre , hat sie die
töchterliche gestalt bekommen und gar das untergeordnete amt ,
für die heiligen schlangen zu sorgen wie die xuvnyétal für die
heiligen hunde. die poesie, welche dem wesen der neuen göttin
( dem religidsen ausdruck für die alte maxime υγιαίνειν άριστον
dvdpi Ivntą) gerecht wird, gibt den terminus post quem für die
plastischen Hygieiadarstellungen . Sie können nicht viel älter als
350 sein , die jungfräulichen kaum so alt. sollten die von Köpp
veröffentlichten mädchenköpfe durch ihren stil eine ältere ent
stehungszeit erweisen , so sind es keine Hygieiadarstellungen .
Zu S. 88. Ich muſs die reliefs auch nach dem neuesten
deutungsversuch (Arch. Zeit. 1885 , 221 ) für ungedeutet erklären .
den dämon der das Zeuskind zu Amaltheia getragen hätte , soll
erst einmal jemand benennen . daſs die a . a . 0. publicirten
schmalseiten eines sarkophages hierher gehörten , ist nicht sicher;
tun sie es , so handelt es sich um die aussetzung eines kindes
führt, dem Likymnios zuschreibt. Bergk bringt wider Meineke nichts als haltlose ein
fälle vor. Sextus (adv. eth. 49) zieht eine reihe lobsprüche für die gesundheit aus,
leitet das Likymniosfragment mit 700xL7Wv taŰta ein und schlieſst das Ariphron
fragment mit ποίον υψηλών επιφέρει an . darin ist i yndóv nur verständlich als
binweis auf uāræg iyiora bei Likymnios. ,was ist nun das erhabene, was er von
der erhabensten mutter aussagt ?' die antwort gibt Ariphron mit dem verse ,obne
sie ist niemand glückselig . statt úvíora ist nun úvíotwy überliefert, das sich
mit σεμνών θρόνων Απόλλωνος βασίλεια schlecht verträgt ; mit dem folgenden
úynkóv verträgt sich nichts als ein praedicat Hygieias. verhilft uns so Sextus zu
einer vom stile so wie so geforderten verbesserung , so zeigt sich andererseits,
daſs er die stelle so geschrieben hat , wie sie steht , also die beiden bruchstücke
demselben dichter fälschlich beigelegt . aber Athenaeus zeigt ja , daſs er von
Ariphrons hymnus nur v. 1 , 2 und den schluſsvers anführt. also stand in seiner
vorlage erst eine stelle aus Simonides, dann eine aus Likymnios, dann aus Ariphron
προειπων ταύτα ν. 1 , 2 είτα επιφέρει και σέθεν δε χωρίς ούτις ευδαίμων έφυ.
Philolog. Untersuchungen IX . 13
194
überall : denn hier ist es deutlich ein sclave , der das kind von
der mutterbrust wegholen will .
Zu S. 101. Ich hoffe auf die zustimmung des glücklichen
erklärers , wenn ich in den zwei hilfreichen daemonen , welche
eine Lakonerin in der von Fr. Marx (Mitteil . X taf. 6 ) veröffent
lichten archaischen gruppe entbinden , das besonders zu ärztlicher
hilfe bereite götterpar finde, dessen cultus ich als den vorgänger
des Asklepios und Maleatascultes betrachte. Marx denkt an die
Tindariden (diese form ist als grundform nunmehr festzuhalten ,
Τίνδαρος ως Πίνδαρος Μίνδαρος , alle ungedeutet. Τυνδάρεως :
Τυνδαρος = 'Αμφιάρεως : 'Αμφίαρος = Πηνέλεως : Πάνελος Herm.
XXI 107) . diese identification kann nur in sofern zugegeben wer
den , als auch die Aphareussöhne neben Nikomachos und Gorgasos
stehen . die reisigen nothelfer sind allerdings ausgeburten derselben
volksphantasie wie diese beschützer der kreissenden : aber sie
sind nicht identisch , wenn die Lakonerinnen , welche Helene als
xovpotpópos anriefen , auch die identification vollzogen haben
mögen . übrigens ist die gruppe für Sparta charakteristisch . diese
erzhellenen sind denn doch gar zu schamlos . wie muste das
einem Ionier erscheinen , dessen göttinnen die Eileithyien , dessen
frauen die uaia , entbanden . in Sparta werden den himmlischen
doch zweifellos irdische ucievrai entsprochen haben .
Zu S. 115. Cálsos zweier endungen auch Eur. Tr. 240
Caféovs xañdas : das ist seltsam , weil für die wahl der männ
lichen endung kein kenntlicher anlaſs ist.
Zu S. 129. Es ist nicht notwendig , den ionismus šows in
den sapphischen vers 79 hinein zu tragen . man braucht nur
den artikel zuzusetzen , so erhält man einen eben so guten vers ,
nur mit einer anaklasis mehr , und das verständnis des sinnes
wird erleichtert. καί μοι το λαμπρόν ώρος αελίω και το καλόν
héhoyxe d . i . --U -U -[ -
Zu S. 133. Ich habe Sappho den gebrauch des choriambus
statt des ionikers abgesprochen ; das kommt daher, daſs ich diese
untersuchungen vor erscheinen von Bergks letzter auflage geführt.
und nun beim nacharbeiten den aus Philodem hinzugekommenen
vers 57a übersehen hatte χρυσοφαή θεραπαιναν 'Αφροδίτας
- υ - - , der unverkennbar einem ψάπφοι τι ταν πολύολ
195
Bov ’ Aggoditav entspricht. da die lyrischen reste so kümmerlich
und die metrischen handbücher der alten noch dürftiger sind,
operiren wir eben immer mit einem unzureichenden inductiven
materiale , und fast jede vermehrung desselben zwingt uns um
zulernen . weitere consequenzen scheint mir aber diese erweite
rung unserer kenntnis nicht zu haben.
Zu S. 177. Als einen einfall darf ich es wol aussprechen ,
daſs ich den hirten ’Apeofávas, der nach Pausanias das Asklepios
kind findet , in verdacht habe, eigentlich Aiyoo févag zu heiſsen
und den Melampus gefunden zu haben. ich hatte das schon
vermutet, als ich den namen s . 85 anzweifelte.
Zu S. 180. lamos selbst ist kürzlich die ehre widerfahren
in den ostgiebel des olympischen Zeustempels versetzt zu werden
( Löschcke Dorpater programm 1886 ). ansprechend ist die com
bination , wie zu erwarten , aber von halsbrechender kühnheit und
wenig wahrscheinlich . in Elis spielen die Iamiden keine rolle ,
und man sieht nicht, weshalb die Eleer das ihrem stamm fremde
geschlecht besonders hätten verherrlichen sollen. ferner läſst
Löschcke den lamos den ausgang des wettfahrens zwischen
Oinomaos und Pelops prophezeien , und diese active beteiligung
an der handlung ist nötig, weil Iamos weder ein gott noch eine
localpersonification ist. damit erfindet Löschcke aber eine neue
sage , und das ist mislich , zumal Pindar weder in der erzählung
vom wettfahren noch in dem Jamidengedichte von derselben
etwas weiſs. er setzt lamos in die zeit vor Herakles , verbindet
ihn mit dessen gründung Olympias : das schlieſst die neue sage
gradezu aus. gewiſs würde die erwägung durchschlagen , daſs
die Eleer den verrat des Myrtilos nicht gekannt oder anerkannt
hätten , also die bei Pausanias stehende deutung des giebels falsch
sein müste, wenn die Oinomaossage in Elis gewachsen wäre. aber
das ist sie bekanntlich nicht, sondern gehört den Aeolern von
Lesbos an , und der verrat des Myrtilos, eines Hermessohnes, ist
ein ganz notwendiger bestandteil derselben. erst sehr spät ist
sie in Elis aufgenommen , wie man daran sieht , daſs sie eben
ein wettfahren schildert , also einen jungen agon in Olympia ,
freilich in der zeit , wo der tempel von peloponnesischen stein
metzen mit sculpturen geschmückt ward, weitaus den vornehmsten :
13 *
196
deshalb stellt sie der giebel dar . daſs aber eine entlehnte ge
schichte motive enthält , die im grunde störend sind , ist nichts
wunderbares noch seltenes . die Athener selber würden ihren
Theseus auch nicht in die unterwelt geschickt haben . somit
kann ich wenigstens diese eine deutung nicht als zulässig er
achten .
Druckfehler fürchte ich wider in unentschuldbarer zahl zugelassen zu haben ,
denn auf dem ersten bogen stören s. 8 im letzten Epicharmverse abyov ... für
... λόγον, Zwei zeilen weiter Διά für Δία, S. 15 πραυμητίν für πραύμητίν. aber
die verbesserung hat wenig nutzen : nur das ende der inschrift CIA III 731 auf
s. 123 bitte ich zu lesen Pn. 'Anel dã ' Ynainnvoũ Ivyatéga . der ausfall macht
die ganze deduction unverständlich .
SACHREGISTER.
Seite Seite
Admetos . 67 Ariphron . 192
Aelian quellen . 36 Aristarch 29. 45. 46. 112. 164
Aigla . 18. 90 Aristophanes ioniker 136
Aigosthena . 177 trochaeen . 8
Aineias v. Stymphalos 170 Arktinos . 47
αιώρα . 118 Arsinoe 78
Aipytos . 174 Arsippe . 78
Aischylos ioniker 150. 160 Artemis . 72
dxóau aquae · 118 Ι'Ασγελάτας . 93
Alexanor 55 | ' Ασκάλαβος 92
Alkaios ioniker 125 Asklepios . . III
Alkestis . 67 curen 36. 116
Alkippe 190 heiligtümer
Alkon 83. 190 Athen . 36. 83. 188
Alkman ioniker . 125 n Peiraieus . 100. 190
αμών 28 Trikka . 12. 100
έμπορος 23 *Aoxans 91
anaklasis 21 Αυτόλαος . 87
Anakreon ioniker 131 Astylaidas 13. 14
άνδραγαθία . . 41
P. Ael. Antiochos 124 Busporos 24
M. Iul. Apellas . exc . 2
Aphareus . 55 schlacht bei Chaironeia . . 30
αφή . 119 Charon v. Lampsakos . . 81
Apollon 13. 72. 98 Cornelia Gracchorum . 69
Apollodor biblioth.. . 50. 62. 186 Cura 49
άπτερος άπτερέως 112
Archestratos . 28 daktyloepitriten . 17
షులు
architektur . 114. 162 δενδρύω
' Αρεσθένας . 85. 195 Demetrios Poliorketes
:
198 SACHREGISTER
Seite Seite
dialectmischung . 26. 73 Homer Aethiopis . . 47
Dieuchidas . 177 Thebais . 163
Diokles v. Pharai . 56 hymnen. 80. 110
schlacht bei Dipaia . 182
δίψιος 112 Iamos 174. 195
δρέπω . . 10 lamiden exc. 4
ioniker . exc. 3
j . . 15 21. 158
allgemeines
Eileithyia . . 15. 186 iota stumm 28
Elatos . 60. 83. 175 Ischys . 58. 81
ηλίβατος . 110 Istros 82. 84
ημερόφυλλος . 26 Ithome . 47
επαγκρούων . 6
' Επιδαυροί . . 28
Kadmos 187
Epidauros . . . I II III
καλοκαγαθία . . 42
>> name . 184
κίτριον . 118
Epimeleia . . 49
' Ηπιόνη . Kleomachos . 139
91
Kleopbema 91
επιφλεύω 120
Klytiaden . 180
epos 26. 73
Erato κόκκυξ 132
. 91
Eriopis . 79 κορωνίς . 18. 60
έσσα Koronos 60
4. 129
Kos . 49
Euamerion 54
Κυνηγέτης 100
Euripides Alkestis . . 65
ioniker O 151 Kynosura . . 87
Kyrnos 50
Eurypylos 48. 51
. 140 Λάχεσις 16
galliamben
. 168 .Lampetie 49
genetiv
Gerena . . 47 Likymnios 192
glykoneen . 127 löwe und eber . 63. 187
Goethe . . 49 Lykophronides . 140
54 Lykortas 4
Gorgasos .
Hagesias v. Stymphalos . 174 Machaon . 45
Hagesistratos y. Syrakus 170 Maleatas 11. 87. 98
Halirrbothios . . 170 Malos 11. 99
Herodotos in Sparta . 180 Manto 99
Hesiodos . . . 57. 80. 108 ματρόπολις . 17
hexameter 25 Melampus 177
holzbau . 114 Meroper . . 52
Homer Ilias 45 μεταλλαν . . 166
kleine Ilias 48 Mnasidika . 127
SACHREGISTER 199
Seite Seite
Moigat . . 15. 186 religion 15. 94-97
Moschion . . . 140
Salmoneus . 101
ναπυ σιναπι . . . 123 Sappho ioniker . 127
Nikomachos 54 Sauros . 184
Nireus . . 48 σέλινα 118
νόμος 11 Simonides 17
ioniker 143
Oichalia 47 Sophokles hymnus 83. 189
οικτείρω . 28 Eumelos . 66
Oinomaos . 195 ioniker . 151
ούς υπέχειν τινός . . 149 Sostratos v. Knidos . 118
ώραις εξ ωρών 11 Sotadeen . . . 139
Sparta , geschichte . 31. 182
Pausanias . . . 34. 84. 184 Stymphalos . 169. 171. 182
Peleus . 53 συμπληρούσθαι .. . 120
πηλούσθαι 119 Syntax . 9. 18. 168. 186
Peneleos . 48 Syrnos . 50
Pergamos 52
Phaisana 175 Teisamenos Iamide . 169
Pharai . . 55 Telliaden . 180
Pherekydes 50. 62. 64 Teukros v. Kyzikos 122
Philippos II. 30 Thearidas v. Megalopolis 4
Φίντις . 170 Theokrit 27. 113
Phrixa . 176 θρασυμήχανος 166
Phrynichos Alkestis . 66 Tithorea 54
Pindar . exc. 4 τοϊον . 112
Pytb . 3 58 Trikka . . 11. 47
ioniker . . 141 trochaeen . . 8
Pitana . 182
Plautus Curculio 37 Xenophon 43
Podaleirios 50
noi .. 28 | υπερώοι 118
Polemokrates 55
πολιούχος . 26 ζάθεος . 14. exc. 1. 194
Poseidon . 47. 58 Zeusgeburt . . 108. 193
προλαμβάνειν 118 ziegenopfer 86
STELLENREGISTER.
Seite Seite
Aischylos Agam . 2 . 186 Euripides Hipp. 732 . . 110
276 112 > Troer. 1075 115
453 . 167 Phoen . 1539-42 151
72 Pers. 949-53 . . . 150 > fgm . 475 . 114
fgm . 92. 394 . 113
Alkaios 38 . 126 Herodotos IX 33 180
99 125 Hesiodos Theog. 5-10 , 468–86 . 108
Anakreon passim 131–134 fgm . 109 64
2, 5 127 > 111 . 79
Apollodor bibl. III 10, 3 . 62 147 57
Aristides VII p. 75 . 50 > 148 58
Aristophanes Wolk. 804-12, » 253 112
949—-56 136 Hippokrates de aer . aqu . loc. 29. 103
9 Wesp . 526 – 36, Homer B 729433 47
631-41 137 1 171 . . 112
Vög. 396 8 4 193–94 . . 46
1372–95 154 1 329 52
Thesm. 103-30 . 157 1 517 46
436 . 8 A 833–36 . 45
Frösch. 324-52 . 137 23-29 46
» 1347–48 155 hymn . 1 , 208 . 80
> Ekkles. 918—23, n 1, 223 . 111
969–75 138 72 2 , 503 . 113
Aristoteles pepl. 39 53 Huraz carm. 18 133
Hygin 49–51 . 68. 187
Bakchylides 42 . . 143 93 . 49
12 157 182
Epicharm ( Diog. III 11 ) . . 8 220 49
Etym. M. 'Annus . 100
Euripides Alk. 445–53 . 67 Kallimachos hymn. 2, 54 . 66
STELLENREGISTER 201
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fgm . lyr. adesp. 62 130 Telestes 5 154
140 16 Timotheos 5-6 153
Likymnios hymn . . 192 Tzetzes zu Lyk. 480 . 81
1047 50
Ovid . met. II 569 . 60
Vergil Aen. II 263 48
Pausanias II 26 . 85
Pindar Ol . 6 exc. 4
Pyth . 3, 67 64
61 Inschriften
3, 106
'Αθήναιον Χ 528 . 4
fgm . 189 141
CIA III 721 . 123
203 142
Dittenberger syllog. 132 37
Plutarch Lyk. 6 11
'Epru . ioz. 1883 p. 156 . 124
Sappho passim 127-29 p. 227 . 116
60 133 1885 p . 3–7 . 4
194 p . 28 . 5
79
. 135 12 p . 66-70 I
schol. Aisch . Pers . 938
. 141 19 p . 88 . 100
Arist. Wesp . 306 .
Homer 1 195 49. 92 IGA 549 . 93
Pind . 01. 6 . . 184
Pyth . 3 , 14 . 78 Münzen
82 von Aigosthena 177
Servius zu Aen . 7 , 761
192 von Epidauros . 88
Sextus Emp. adv. eth . 49
. 144 von Syrakus 169
Simonides 32
37 . . 145
53 143 Reliefs
skolion 24 125 Arch . Zeit. 85, 227 . 193
151 Lateran 24 . 88
Sophokles El. 829-36
Phil. 1174-90 . 152 Parthenonfries 188
0. Kol. 206-215 153
. 3 60 Statuen
fgm . 348
Mitteil. X taf. 6 194
Steph . Byz. Mahas . . 99
16 Olympia ostgiebel 195
Stobaeus eel . I 5 , 11 , 12
Strabon 235 . . 100
Druck von G. Bernstein in Berlin.