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L
:
Pao OOF.
Junkers Ju 287
& Ju EF 131
Vv 16Junkers Ju 287 und Ju EF 131 - Der erste Strahibomber der Welt
Farbdreiseitenri6 Junkers Ju 288 V203 , sowie SeitenriB der ,Rechlin 66"
‘Turbinentriebwerke der Firma BMW wurden werkseitig mit einem roten Anstrich am Turbineneinlauf versehen
Turbinentriebwerke der Firma Junkers wurden werkseitig mit einem gelben Anstrich am Turbineneinlauf verse-
hen - diese Signalfarben sollten auf die Gefahr hinweisen, sich dem Turbineneiniauf nicht zu néhern.
Die Ju 288 V203 erhielt das Stammkennzeichen RS+RC , ob die Maschine, da sie in Rechlin aufgebaut wurde
und dort auch erprobt werden sollte, ein ,Rechliner Stammkennzeichen" erhalten hiitte, kann nicht véllig ausge-
schlossen werden (mehr zur Geschichte der Ju 288 V203 ab Selte 30). Als Reichsmarschall Hermann Géring am 12.+13.
Juni 1944 die Flugzeugschau in Rechlin besuchte, existierte die Ju 288 V203 dort bereits nicht mehr.
Spannweite: 19,20m Linge: a.20,60m Triebwerke: 2JUMO 109-004 B1 + 2xZwillingstriebwerk BMW 109 003 AI
> Luftfahrt History Heft 16
Junkers Ju 287 und Ju EF 131 - Der erste Strahlbomber der Welt
[LESERFORUM I
Dokumentation wird ein be- Spate nichts anfangen kone, sei hier manches Mal konnten sich dadurch
sonderes.,Schmankerl* behandelt, kurz erléutert: Mano (Herrmann) Tren dffnen, welche sonst massiv
welches bis in die heutige Zeit als Ziegler war als Leutnant Mitglied _verschlossen waren
mysthischer Dauerbrenner galt. des Erprobungskommandos 16 und Desweiteren konnte in einigen
Seine wechselvolle Geschichte ist spater zeitweise im JG 400 statio- Fallen zu sonst kaum verftigbarem
unldsbar mit der ,achterbahnartig" niert, welches mit der Messerschmitt Bildmaterial eine zufillig zustande
verlaufenden Geschichte der Junkers Me 163 ,Komet ausgertistet war; gekommene Verbindung. 2m James
jcbe Leser, mit der heutigen Namen Mano Ziegler und Wolfgang geltend machen sollte; titig war. So
|
Ju 287 verbunden - Das Mystheri- Wolfgang Spite war als Major der A. Schauer beitragen, welcher be-
tum ,Rechlin 66* Kommandofithrer der Erprobungs- reits bei der Entstehung des Buches
| Um die teils etwas diffizile Pro- kommandos 16 und spater Gruppen- zur Blohm & Voss By 238, dort
| blematik der ,Rechlin 66" lésen zu kommandeur beim JG 400. cerstmals exklusiv verwendetes Bild-
| Konnen, mute gewissermaBen in material, beschaffen konnte, wie die
stiefenpsychologische Elemente” igartige dort verwendete Lutftah-
menschlicher Verhaltensweisen bei anmutende Vorgehensweise zur Kli- _nahme der By 238 V1, eindrucksvoll
Befragungen bzw. deren Erinne- rung der vielen ungelisten Fragen belegt
rungsvermigen, zu Rate gezogen zur ,Rechlin 66" vorweggenommen Zufullig und unerwartet zustande
werden. ‘werden, daher mogen die ,schwam- gekommene Begegnungen fllhren
So sollen vorab zwei Namen er- migen Andeutungen zum Thema immer wieder zu kaum flr mOglich
wahnt werden, welche bei Befia- vorerst gentigen, um auch ein bi+ gehaltenen Ergebnissen; wobei in |
gungen unmittelbar nach Kriegsen- schen die Spannung zu erhalten, _erster Linie diejenigen hervorgeho- |
de, keinerlei Erinnerungen an die Ein weiterer Gliicksfall kam der ben werden miissen, welche eigent- |
Junkers Ju 287 V1 hatten, obwohl nachfolgenden Dokumentation zu lich sonst, geringschatzig als Letzte
sie monatelang in unmittelbarer gute - der Zugang mu sonst kaum mu- im Glied* bezeichnet werden, um
Nachbarschaft zum Erprobungsge- gnglichem Bildmaterial ber meine den sonst gebrduchlichen, etwas vul-
schehen der Ju 287 VI verbrachten Kontakte, welche noch aus der Zeit gar klingenden Begriff zu meiden.
= Wolgang Spite und Mano Ziegler. herrilhren, als
h als Griindungs- Auch die nachfolgende Dokumen-
Beide erfuhren gewissermaBen im mitglieg des Militartechnischen Ver- tation ist wieder einmal ein Beispiel
Nachhinein durch Berichte Dritter eins, welcher sich die Aufarbeitung daft. Hiermit michte ich Sie liebe
von der Existenz der Ju 287 V1 und zur Geschichte zur Bachem Ba 349 _Leser in eine nicht alltégliche Doku-
der Ju 287 V2 in Brandis.
Tele- _.Natter* mit auf die Fahne geschrie- mentation entlassen,
fonaten mit Wolgang Spite Mitte der ben hatte und seinerzeit Kontakte Wir wiinschen allen Lesern ein
Neunziger Jahre, Konnte Wolfgang ber den damaligen AuBenminister _ungestdrtes Lesevergniigen,
Spite sich nicht daran erinnern, eine Klaus Kinkel zum damaligen US- Die Redaktion
der beiden Maschinen, jemals in Prasidenten Clinton aufgebaut hatte, Herzlichst
Brandis gesehen zu haben. ‘welcher seinen Einflu® zur Riick- Thr Horst Lommel
Fur diejenigen, welche mit den fUhrung der ,,Natter* aus Silver Hill (Chefredakseur)
Inhaltsverzelchnis Heft 16
Nechiase Seite 4@
Gia ,nStiges" Vorwerk Seite B
Entuickdungegeschichte der Junkers Ju 287 Seite 6
atilegende Atirappe” Junkers Ju 288 V201 - Die Ju 287 VA Seite 42
2llegends Attrappe" Junkers Ju 288 V202 - Die Ju 287 V2 Seite 26
Pllagende Atirappe" Junkers Ju 288 V208 - Die ursprtimgliche
Ju 267 V3 alias ,Rechlin 66° - in Mythes kiGrt sich auf Seite 30
Junkers Iu EF 133 elfies EF 140 Das Ietate Kapital Seite 36
3u 287 = Eine keine Technllgeschichts Seite 46
Schiubbetrachtung: Seite BO
Luftfahrt History Heft 16 3Junkers Ju 287 und Ju EF 131 - Der erste Strahibomber der Welt
Henschel Hs 132 aus Heft 3
Nachcoloriertes ,Heumann - Airbrushbild” aus den Funfzigern. Die Abbildung zelgt das Aussehen der Hs 132 M1, wie
sie wohl ausgeschen hatte, wenn ihre Endmontage noch stattgefunden hitte.
Seitenri6 der geplanten ,.RiickstoB-
iste!" Hs 132 + Ar 234 C als _Selb-
stopfermistel” => SO-Gerilt.
Da flr die Hs 132 kein Rickfug vorge-
sehen war kannte diese thre gesamte
Reichweite von ca. 680 kn voll ausnutzen,
‘0 da fr dle SO-Mistel eine Einaringtiefe
von ca. 1300 km veranschlagt wurde. Um
dle Eindringtefe des Mistelgespanns zu er-
hhahen, wurde auch an die Verwendung el-
er Ju 287 als Trigermaschine gedacht.
Da in der Hs 132 der Plot auf einer Lie-
‘gepritsche untergebracht war, konnte der
Rumpfquerschnitt recht Klein gehalten
werden, was beim Angrif auf stark ver-
teidigte Punktzele, he Abwetr der angre'-
enden Maschine erschwerte.
Ts eee ia
rekten Bezug zum Thema Ju 287
besitzt, soll eine kleine Randepisode
in der Entwicklungsgeschichte der Hs
132 hier kurz. erwahnt werden. Kurz
vor Kriegsende wurde noch eine Viel
zahl von Mistelprojekten in Angriff
genommen, Darunter befanden sich
auch einige kaum bekannte Projekte
zu sogenannten RiickstoBmisteln,
wobei sowohl das Leitflugzeug als
auch das Trlgerflugzeug strahlge-
trieben sein solte (sieke hiercu auch
Luffahrt History Heft 10).
Fir einen noch festzulegenden
»Sondereinsatz" sollte eine Hs 132 in
Kombination mit einer Arado Ar 234
"Hs 132 mit untergehingter 2000 kg Bombe .
ab - (],
C oder einer Ju 287 als ,Selbstop-
fermistet" eingesetzt werden. Dabei
sollte sich die aufgesetzte Hs 132 mit
einer 1000 oder 2000 kz Bombe, je
nach Zielentfermung, nach der Tren-
rung vom Trigerflugzeug auf ir Ziel
stirzen, wahrend das Trigerflugzeug
zum Startplatz.zuriickkehrte. Durch
diese Einsatzart sollte ,nur* eines der
Kostbaren Strahltriebwerke verloren-
gehen, der Verlust eines Menschenle-
bens spielte bei diesen Uberlegungen
hingegen keine Rolle!!! Da fir die Hs
132 kein Rckflug geplant war, sollte
auf den Einbau von Fahrwerk, Lan-
deklappen usw. verzichtet werden.
Durch die liegende Unterbringung
des Piloten konnte eine hdhere An-
fluggeschwindigkeit beim Zielanflug
ermoglichen werden, wodurch eine
Abwehr der kleinen Maschine stark
cerschwert worden waire. Zum absur-
‘den Gedanken von Selbstopfereinsat-
zen mit Mistelgespannen, liest man
in der Vortragsnotiz vom 10. Januar
1945 unter Absatz 3,); Als Ersatz
fir Reichenberg prift Oberstleutnant
Baumbach bemannte Mistel als SO-
Gerit
Da jedoch die Bauarbeiten bei der
Realisierung der Hs 132 stagnierten,
kam eine ,SO-Mistel*-Variante mit
Hs 132 als Angriffswaffe glticklicher-
‘weise niemals zur Ausflhrung.
Luftfahrt History Heft 16
Junkers Ju 287 und Ju EF 131 - Der erste Strahlbomber der Welt
Ein ,ndtiges™
Vorwort
Die obige Abbildung zeigt die Junkers Ju 288 V201, Stammkennzeichen RS+RA, Werknummer 288 00 0201, eine der
‘sogenannten ,fliegenden Attrappen", Junkers Ju 281 V1 bel der Vorbereitung zu einem Erprobungsflug in Brandis.
Es hat sich viel ,Volk” um die auBergewohnliche Maschine versammelt. Man beachte die Messerschmitt Me 163 B-1
-Komet" am linken Bildrand, welche zum JG 400 gehdrte, dem ersten Einsatzjagdgeschwader, der Welt, welches mit
diesem Raketenjager ausgeristet; zum Schutz der nahegelegenen Leunawerke; in Brandis stationiert war.
nlaB flr die machstehende Do-
kumentation war der Anruf
von Herm Wolfgang Busse, dem
Sohn yon Ingenieur Max Busse,
einem ehemaligen Mitarbeiter des
Junkers Konstruktionsteams (Abiei-
hung Triebwerke/Krafistoffanlagen),
welcher am 22. Oktober 1946 nach
Russland verschleppt wurde, um dort
an der Weiterentwicklung der Junkers
Ju 287, der Ju EF 131, mitzuarbeiten,
Herr Busse Junjor stand seinerzeit
‘unmittelbar vor seinem Abitur und
‘wurde mit nach Russland deportiert.
Da Herr Busse Junior ebenfalls mit
Kieineren Detailarbeiten zur Junkers
EF 131 betraut war, hatte er einen
‘guten Einblick in dieses Projekt und
kann sich an erstaunliche Details er-
inner, welche die bisherigen Kennt-
nisse zu diesem Projekt in einem ganz
anderen Licht erscheinen lassen; doch
Luftfahrt History Heft 16
dazu im Kapitel zur EF 131 spiter
mehr.
Herm Busses urspriingliches An-
liegen beweste sich jedoch in eine
ganz andere Richtung. Da ihm die
Geschichte der Junkers Ju 287 auf
agrund seines persinlichen Bezugs zu
diesem Projekt in besondere Weise
interessierte, wollte er wissen, ob ich
wise, was es mit der sogenannten
»Rechlin 66" auf sich habe. Ob es
diese Maschine tatsichlich gab und
‘wenn ja, um welche Maschine es sich
denn dabei gehandelt haben kénnte
USW., USW., UW.
Leider konnten all diese Fragen
nicht unmittelbar beantwortet werden,
wodurch der Engeiz und das Interesse
daran, dieses tels ins mysthische ge-
hende Ratsel im Zusammenhang mit
der Geschichte zur Ju 287, endlich
auflgsen zu kénnen; angestachelt wur-
de, mehr dazu im Kapitel,, Fliegende
Attrappe" Junkers Ju 288 V203 - Die
ursprinngliche Ju 287 V3 alias Rech-
lin 66 - ein Mythos Kart sich auf.
Binige weitere Behauptungen zur
EF 131 von Herm Busse decken sich
in vielen Details, mit Behauptungen,
welche zum Teil in bereits etwas
filterenVeroffentlichungen publi-
ziert waren und seinerzeit zundichst
erst einmal zweifeind zur Kenntnis
genommen wurden, mehr dazu im
nachfolgenden Kapitel zur Entwick-
lungsgeschichte der Junkers Ju 287.
Dies mége zur Einstimmung zur
nachfolgenden Dokumentation erst
cinmal geniigen, welche einmal mehr
cin Beleg dafir ist, da man bisweilen
as Pferd einmal von einer anderen
Seite aufaumen mu, um scheinbar
unkisbare Dinge aufzuldsen - nun
denn, packen wir's an,Junkers Ju 267 und Ju EF 131 - Der erste Strahibomber der Welt
Entwicklun
isgeschichte der
Die Junkers Ju 288 V201, Stammkennzeichen RS+RA, wShrend der Montage in der Halle IV in Brandis. Die Trag-
flichen wurden bereits montiert und es l8Bt sich deutlich erkennen, daB das Leitwerk aus -Neutellen” angebaut
wurde, wihrend der vordere Rumpfbereich einer Heinkel He 177 A-3, deutlich , Gebrauchsmerkmate™ (Tarniackierung)
aufwelst. Diese Autnahme und die Aufnahme auf der gegentiberiic
jenden Seite entstanden in der dritten Maiwoche
11944, zu einem Zeitpunkt, als gerade die belden JUMO 109-004 B-1 Triebwerke angeliefert worden waren, welche
‘seitlich am Rumpfoug montiert werden sollten.
’b und an liest man zum ‘Thema
Junkers Ju 287, daB diese aus
der Ju 288 entstanden sei. Nun ja, das
ist keine so neue Erkenntnis, hat aber
beim niiherem Hinsehen maBgebliche
Konsequenzen zum Verstindnis so
‘mancher Ungereimtheiten im Zusam-
menhang mit der Entwickhingsge-
schichte der Ju 287.
‘Als sich im Jahre 1943 die ersten
Erfolge mit den mit Strahltriebwerken
ausgestatteten Flugzeugen einstellten,
onnte man sich auch seitens des
Konstruktionsteams um Professor
Dr-Ing. Heinrich Hertel diesem
Thema nicht entziehen; zumal ja mit
dem Junkers SUMO 109-004 ein hau-
seigenes Produkt, auf diesem Gebiet
Furore machte.
Als sich beim Bomber B-Programm
mit der Ju 288 nicht der erwartete
Erfolg cinstellte, _beratschlagten
Professor Hertel und Chefingenieur
Dipl-Ing. Friedrich Franz (Fritz)
Freytag dariber, in wie weit es még-
lich waire, auf der Basis der Ju 288
einen Strahlbomber zu Konzipieren
Relativ schnell war allen Beteiligten
klar, daB eine mit den neuen Turbi-
nentriebwerken modifizierte Ju 288,
mit ihren ,normalen", geraden Trag~
flichen keinesfalls die zu erwartenden
Geschwindigkeitsbereiche von 800
bis 900 km/h erreichen wirde. Eine
fllr Hochgeschwindigkeiten geeigne-
ter gepfeilter Tragflagel muste her.
Im Verlauf dieser Uberlegungen,
kam man nach endlosen Windkanal-
versuchen zu der Uberzeugung, da
der sogenannte ,,schiebende Fligel™
(negativ gepfeite Tragflache) der ge~
eignetste ware, um mit der Ju 288 die
angestrebten hohen Geschwindigkei
ten zu erreichen (Wer mehr zum The-
ma gepfellte Tragflachen, Flachenre-
‘gel usw, wissen machte, dem sei das
Buch , Junkers Ju 287" Aviatic-Ver-
lag oder , Die Pfeilfigelenewicklung
in Deutschland bis 1945" Bernhard &
Graefe-Verlag empfohlen.)
‘Nun galt es, nachdem man sich
fiir den negativ gepfeilten Tragfligel
‘entschieden hatte, diesen fiir die Ju
288 entsprechend auszulegen. Da det
negativ gepfeilte Tragflgel Schwai-
chen in der Belastungsstruktur beim
Abfangen aus dem Sturcflug aufwies;
rmachte Projektleiter Dr. Kurt Cramer
kurzethand den Vorschlag, auf eine
Sturzflugfihigkeit der Ju 288 mit
Luftfahrt History Heft 16
‘Turbinenantrieb zu verzichten und die
Maschine als reinen Horizontalbom-
ber auszulegen.
a bei einem neuen Projekt solcher
GréBenordnung mit sehr langen Ent-
wicklungs und Erprobungszeiten zu
rechnen war und eine solche Entwick-
lung ebenfalls mit groBen Risiken
verbunden war, kam man auf die Idee,
miglichst viele Teile von bereits vor-
handenen Flugzeugen zu verwenden
und lediglich den Tragflugel new zu
konstruieren. Man beschloB hierfir
3. Erprobungsmuster _herzustellen
Die offizielle Musterliste mit den
Versuchsmustem der Ju 288 endet
mit der V 108, Werknummer 288 30
0153, Stammkennzeichen BS+CC;
welche allerdings der C-0 Serie
ugeornet wurde, was man ja auch
der Kennziffer 30 entnehmen kann,
Damit fir eventuelle Erweiterungen
der Ju 288-Reihe mit Kolbentrieb-
Luftfahrt History Heft 16
Junkers Ju 287 und Ju EF 131 - Der erste Strahlbomber der Welt
werken geniigend Freiraum erhalten
blieb; ethielten die Erprobungsmus
ter der strahigetriebenen Ju 288
die V-Nummem 201, V202 und
‘203. Diesen V-Nummem wurde der
Stammkennzeichenblock — RS+RA,
RS#RB und RS+RC zugeordnet, wo-
bei die einzelnen Erprobungsmuster
wie folgt ausgeristet sein sollten:
Ju 288 V201 (RS+RA)
Rumpfoug von Heinkel He 177 A3
Leitwerk von Junkers Ju 188. G2
Fahrwerk starr mit Laufwerk B-24
2xJUMO 004 BI seitlich Rumpfbug,
2xJUMO 004 BI unter Tragitichen
‘Tragiligel neu, negativ gepfeilt
Ju 288 V202 (RS+RB)
Rumpfbug von Heinkel He 177 A3
Leitwerk von Junkers Ju 188 G2
Fahrwerk starr mit Laufwerk B-24
2xJUMO 004 B1 seitlich Rumpfbug
Noch einmal die Ju 288 V201 in der
Ansicht von schrig vorne, zeigt die
‘aufgebockten Junkers Strahltrieb-
werke und belegt ebenfalls, daB zu
diesem Zeltpunkt das stare Bug-
fahrwerk noch nicht montiert war.
‘Man erkennt weiterhin, daB im un-
‘mittelbaren Rumptereich hinter der
Pilotenkabine die RumpfauBenhaut
erneuert wurde. Der Grund hierftir
‘st das Wegfallen des B1-Abwehr-
standes, welcher ausgebaut wurde,
da er fir das Versuchsmuster nicht
‘mehr bendtigt wurde.
So wie auf dieser Avtnahme zu
Sehen, wurde der Rumpfbug der
Heinkel He 177 per LKW-Transport
in Brandis angeliefert.
4xBMW 003 A! in Zwillingsgondein
unter den Tragfitichen
Tragfligel neu, negativ gepfeilt
Ju 288 V203 (RS+RC)
Neue dreisitzige Pilotenkanzel
Rumpfbug von Heinkel He 177 A3
ohne Kabine (siche auch Bildtext
Seite 32 oben)
Leitwerk von Junkers Ju 188 G2
Fahrwerk neu einzichbar
2xJUMO 004 BI seitlich Rumpfbug
4xBMW 003 Alin Zwillingsgondeln
unter den Tragfléchen
Tragfldgel neu, negativ gepfeilt
Nach dieser Auflistung wird sich der
geneigte Leser erst einmal verwundert
Augen reiben - Ju 288 V203? Wo
kommt die denn plitalich her? Da
hat man ja im Zusammenhang mit
der Ju 287 so gut wie nie etwas von
gehirt! Wer unter dem Stichwort Ju
ZJunkers Ju 287 und Ju EF 131 - Der erste Strahlbomber der Welt
Werkszeichnung Nr. 52870-1038 vom 18. Juli 1944, als Drelseitenri8, welche die angestrebte Endform der Ju 287
iit Trlebwerksdrillingen unter den Tragfitichen zelgt; wobel die Triebwerkstype sich variabel gestaltete (siehe hier2u
Flestext).
287 nach der Ju 28 V203 fahndet,
wird dort sicherlich nicht findig
werden, ganz anders sieht dies bei
dden Dokumenten zur Ju 288 aus, dort
findet man problemlos die Auflistung
der Versuchsmuster V201, V202 und
203. Allerdings steht bei keinem
dieser Versuchsmuster auch nur an-
deutungsweise, da diese eigentlich
‘zum Ju 287-Programm gehdren. Was
die V201 und V202 betrff, so gibt es
mehrere Dokumente, beispielsweise
die Entwurfsbeschreibung zur Ju 287
des Kobi (Kobti =Konstruktionsbiro)
det Junkerswerke vom 9. September
1944, dort liest man auf der Seite 3:
Bezeichnung
Ju 287 V1 (288 ¥201)
Ju 287 V2 (288 V202)
Ju 287 V3.
Das dort bei der Ju 287 V3 nicht
die Ju 288 V203 erscheint, hat seinen
Grund, warum sich das so verhielt
‘Spannweite 19,40 m
und sich bis jetzt niemand so recht
Gedanken zum doch recht nahe
‘genden Verwendungszweck der V203,
gemacht hat, erfahren wir im Kapitel
zur ,Rechlin 66" , ab Seite 30.
Zuriick zum Entwicklungsablaut
der Ju 287. Mit dem auf der vorigen
Seite aufgelisteten Konzept der un-
terschiedlich ausgestatteten. Erpro-
bungstriiger wollte man sich nun
Schritt flr Schritt zum optimaten
Strahibomber herantasten, Hatte man
‘uniichst noch geglaubt auf der Basis
der Ju 288 V203 einen leistungsfah
gen Strahlbomber als ,,Baukasten-
flugzeug zu erhalten, welches Zeit
‘und und mittlerweile knapper werden-
‘de Ressourcen einzusparen versprach,
muBte man jedoch fesstellen, daB die
als ,Endlosung* angedachte Ju 288
203, welche groBe Abnlichkeiten
‘zum Junkers EF 122 Projekt aufweist,
gewissermaBen den Prototyp der Ju
287 darstellen sollte; lediglich als
Erprobungstriger taugen wOrde. Im
‘Lange: 19,20 m
Verlauf des Februar 1944 begann man
mit dem Aufbau der drei Erprobungs-
‘riger V201 - V203; wobei die V201
und 202 in Brandis und die V203 in
Rechlin gefertigt wurden, Zur Her-
stellung der V202 in Brandis gibt es
noch eine Kleine Zwischenepisode,
welche hier nicht unterschlagen wer-
den soll. Bei einem Bombenangri
der USAAF auf Brandis am 28. Mai
1944 soll die V202, welche sich in
der Halle Il befunden haben soll, ei-
nen Totalschaden erltten haben und
hatte vollig neu aufgebaut werden
milssen, Hatte und soll steht hier nicht
zu unrecht, denn dieser angebliche
‘Totalverlust erscheint in keinem der
zugiinglichen Dokumente, ist also
mit vielen Fragezeichen zu versehen.
Wir werden im weiteren Verlauf der
Dokumentation leider noch mehrmals
feststellen miissen, daf es fir gewisse
Geschehnisse keine offziellen Do-
kumente gibt und man lediglich auf
‘Aussagen von Zeitzeugen zuriickgrei-
Luftfahrt History Heft 16
Junkers Ju 287 und Ju EF 131 - Der erste Strahlbomber der Welt
fen kann und mu8, welche zudem teils
recht wiedersprichlich ausfallen.
‘Ab etwa Mitte 1943 erfolgten pa-
rallel zu den Arbeiten an den drei
Exprobungstrigem eine vollige Neu-
konstruktion eines Strahlbombers un-
ter Verwendung des gleichen negativ
gepfeilten Tragflagels, wie er bei den
Exprobungstrigem verwendet wurde,
Hierdurch besa man zumindest den
Vorteil, dal} man relativ schnell eine
Systemerprobung erwarten konnte
und Systemfehler relativ schnell ohne
eine spitere Serie zu gefthrden, er-
kannt und abgestellt werden konnten,
Etwa im September / November
1943 mu Junkers den Auftrag zum
Bau der Ju 287 erhalten haben, denn
im Gesprich bei Reichsmarschall
Herrmann Goring am 5. November
1943 spricht dieser erstmals von der
287; es war also die RLM-Typen-
‘nummer 8-287 fir das Projekt Ju EF
12 C vergeben worden. Fir Goring
war diese Maschine seinerzeit die
Luftfahrt History Heft 16
Einzigste, von welcher er sich ver
sprach, zuktnftig Binsitze gegen En-
‘gland wieder erméglichen mu konnen.
In der Folgezeit erfolgten endlose
Diskussionen im RLM, bei Goring, in
Rechlin oder wo auch immer, in wel-
cchen aber mehr oder weniger wich-
tige Details zur Ausfthrung der Ju
287, gestritten wurde, Einsatzfragen
erdtert wurden usw USW., UsW.
Folge all dieser Gespriiche waren
stindige Anderungen der Kon-
struktion, wie beispielsweise die
‘Anbringung der Triebwerke bzw. die
‘generelle Triebwerksfrage. Waren in
der Ubersichtszeichnung $28700-
1022, vom 12, April 1944 noch 6
BMW 109-003 A-1 _vorgesehen,
wobei zwei Triebwerke seitlich am
Rumpfbug und jeweils ein Zwillings-
triebwerk unter den ‘Tragflachen an-
‘gebracht werden sollten; so zeigt die
Obersichtszeichnung $28700-1038
vom 18. Juli 1944 die Verwendung
von Triebwerksdrillingen unter den
Evolution” der Ju 287
SeltenriB der Ju 288 V201 = Ju 287
Vi, zeigt daB Aussehen bis zum
Jungfernflug am 8.August 1944,
SeltenriB der Ju 288 V201 = Ju 287
V1, nach der Umriistung (Demontage
der Bugradverkleidungen und Montage
‘einer Flmkamera vor dem Seitenlltwerk)
Seitenri8 der Ju 288 V202 = Ju 287
V2 mit der urspriinglichen Trieb-
werksanordnung
Seitenri6 der Ju 288 V202 = Ju 287
V2 nach der geplanten Umriistung
aut Triebwerksdrillinge
SeltenriB der Ju 288 V203 = Ju 287
V3 = ,Rechlin 66"
‘SeltenriB der Ju 287 V3 (neve V3)
‘Tragflichen, Hierbei sollten entweder
Drillinge mit je 3xBMW 109-003 A-1
oder je 3xJUMO 109-004 B-1 oder je
3xJUMO 109-004 C-1 zum Binsatz
kommen,
Als man sich endlich zu einer
Endldsung* durchgerungen hatte
und die Junkers Ju 287 V1 alias Ju
288 V201 bereits einen Grobteil
ihrer Exprobungsfldge _erfolgreich
durchgefnrt hatte und wie man dem
Gespriichsprotokoll der Erprobungs-
stellen der Luftwaffe vom 27. Mai
1944 unter Punkt 11 entnehmen kann,
den Bauauftrag fiir die Grofserie der
Ju 287 an die Firma Junkers erteilt
hatte und man im Gespriichsprotokoll
einer Besprechung_ bei Reichsmar-
schall Herrmann Goring vom 1, Juli
194 Punkt B3 lesen konnte, kapazi
titsmafig 100 Maschinen monatlich
produziert werden sollten; muBten
nun plitzlich Ende September 1944
simtliche Entwicklungsarbeiten an
der Ju 287 gestoppt werden. Im Ge-
9Junkers Ju 267 und Ju EF 131 - Der erste Strahibomber der Welt
ee #
Die obige Abbildung zeigt einen fiktiven Bomberverband mit Junkers Ju 287, wie man es sich noch Mitte 1944 vor-
stelite. So hatte es wohl aus der Pilotenkanzel einer im Pulk mitfliegenden Maschine ausgesehen.
spriichsprotokoll vom 24, September
1944 liest man:
Besprechung beim Fiihrer vom 21.-
23, September 1944:
1) Der Fahrer hat sein Einverstand-
nis zu den vom Reichsmarschall und
dem Reichsminister fir Ristung und
Kriegsproduktion abgestimmten Kon-
zentrationsprogramm der Lufiristung
gegeben. In Ergancung der bereits
in fraheren Sitzungen zum Vortrag
gekommenen Erascheidungen wurden
‘olgende Newfestlegungen getroffen:
a) Abgesetet werden die Musterma-
sschinen und der Anlauf der 264 und
8) der 287
Bereits zwei Tage spatter wurde die
Forderung, die Arbeiten an der Ju 287
einzustellen mit dem Sammetbericht
vom 25. September 1944 weiter ver-
schairft, unter Punkt 7/925/1245 liest
man dazu:
Der Fithrer ist damit einverstanden,
da im Zuge der Konzentration aller
Krajfie auf die vordringlichsten Auf:
‘gaben, die Arbeiten an den Mustern
Me 264 und Ju 287, einschlleplich
der Versuchsflugzceuge mit sofortiger
Wirkung eingestellt werden,
Damit war die Realisierung der Ju
10
287 vorerst_einmal__ausgebremst*
und es wurde sehr, sehr ruhig um
dieses Projekt. Dieser Zustand hielt
unverindert an, als sich pldtzlich
Ende Januar 1945 ein Sinneswandel
Bezug zum Hochgeschwindig-
keitsgroBbomder__abzuzeichnen
began, Im Protokoll des Oberkom-
mandos der Luftwaffe Chef:TLR
(TLR = Technische Lufiristung) vom
20. Januar 1945 kann man unter den
Punkten C und D lesen:
C. Der Fithrer fordert Entwicklung
eines Hochgexchwindigheits-Grop-
bombers, mit groBer Flugstrecke und
Bombenculadung. Auch hier geht
Qualitat vor Stiekzah.
D. Bis zum serienmaigen Erscheinen
eines solchen Grofbombers sind fiir
den Bombeneinsatz die schon vorhan-
denen Strahiflugzeuge mit moglichst
groper Bombenlast und Reichweite
heranzuziehen.
Dieser Sinneswandel fiihrte dazu,
dat! man bei Junkers hektisch daran
arbeitete, die Ju 287 produktionsreif
zu machen, man versuchte die zuvor
vertane Zeit mit Zusatzschichten im
Konstruktionsbiiro wieder aufauho-
en. Doch obwohl man in der Zw
schenzeit insgeheim weitergearbeitet
hatte, dauerte es bis Anfang Marz
1945, bis sich erkennbare Resultate
zeigten, Im Sammelbericht Chef-TLR
fiir die Berichtswochen 16, Marz bis
4, April 1945 kann man dazu les
8.287
Flugzeuge wieder in fertigungstech-
nische Betreuung aujgenommen. V3
Musterflugzeug, V4 Musterflugzeug
fir Serie.
8.287
Aufirag auf Herstellung von 75
Stick. Die geplante Ausbringung ab
Juli 1945 erscheint fraglich.
TL-Grofbomber
17.3. Besprechung bei Gen.Qu.6.ABt
mit Fahrungsstab und Waffengene-
ral:
Inerster Stufe wird 8-287 gebaut, in
zweiter Stufe 8-287 mit gesteigerter
Brennstoffmenge unter Verwendung
von Starthilfon. Festlegung fiir ein
neues Projekt wurde noch nicht ge~
troffen. Gen. Qub6.Abt. legte jedoch
die Richtwerte fest, auf deren Grund-
age die taktisch-technischen Forde-
‘rungen in den ndchsten Tagen gestellt
werden.
Luftfahrt History Heft 16
Junkers Ju 287 und Ju EF 131 - Der erste Strahibomber der Welt
2ihifeat der neder'Kumpjluftwalfe
‘Aach Lieforplon B= Ct
Die Abbildung zeigt den ,Aufbau der neuen Kampfluftwaffe, nach Lieferplan 226/2 vom 8. Juli 1944, wobei links in
diesem Plan zu sehen, jeweils im Mal und im Oktober 1945 eine Bombergruppe mit Ju 287 aufgestellt werden sollte,
wie die rot eingeférbten Pfeile belegen. Ein Plan, der nie realisiert werden konnte. (Gruppenstirke = 36 Maschinen)
Riistungsstab 14.3.
Ju 287 ist sofort als Gewaltaktion in
Angriff 1 nehmen, Federfihrung
H. Thiedemann. Ziel liegt in der
Bekitmpfung von Schiffscieten auf
grofie Entfernungen. Zusatzlich ist
die optimale Lasung sofort mit allen
Krafien in Angriffzu nehmen.
Die Ausschnitte der Wochenberich-
te zeigen, daf die Realisierung der
Ju 287 nun kriftig vorangetrieben
werden sollte. Ja, man ging sogar
soweit, die Ju 287, ahnlich, wie bei
der Heinkel He 162; in Form einer
GEWALTAKTION _ vorantreiben
za wollen, Das hie8 nichts Anderes,
als daB man riicksichtslos Personal
lund Material, welches eigentlich flr
andere Projekte vorgesehen war, ri-
goros fir die Belange der Ju 287 in
‘Anspruch nehmen konnte. Ein Weite-
res kann man den Berichten entneh-
men; es sollten 75 Ju 287 produziert
werden, wie einst zur Aufstellung
zweier Bombergruppen geplant(siehe
Lieferplan 226/2 vom 8, Juli 1944,
Luftfahrt History Heft 16
diese Seite oben), was allerdings im
gleichen Atemzug bereits wieder an-
gezweifelt wurde. Hierzu mud man
‘wissen, da8 es im Vorfeld mal wieder
endlose Besprechungen bei Reichs-
marschall_ Hermann Goring, bei
Generalfeldmarschall Erhard Milch,
im RLM usw. gab, wobei_ immer
‘neue Produktionszahlen durch in den
Kopfen der Teilnehmer ,herumgeis-
terten", Da war einmal lediglich von
50 Stiick die Rede, 100 Stick soliten
‘machbar sein, ja, es sollten gar 200
Stuck bis Ende 1945 / Anfang 1946
moglich sein, All dies ging an der
‘machbaren Realitit weit, weit vorbei.
Die im Bericht genannten 75 Stick
‘waren gewissermafen ein vertretba-
rer KompromiB, dessen Realisierbar-
keit mit Recht angezweifelt wurde, es
waren weder die dazu notwendigen
Mitte! vorhanden, noch verfligte man
Aber das hierzu bendtigte Fachperso-
nal - Der Moloch Krieg raf seine
Kinder‘. Ein weiterer Inhaltspunkt
der Berichte verdient eine besondere
Enwahnung; man wollte offensicht-
lich nicht, wie einst einmal geplant,
griflere Bomberverbiinde fiir Fla
chenbombardements zur Verftigung
haben sondem man wollte verstirkt
gegnerische Schiffe bektimpfen, um
den Nachschub der alliierten Streit-
kraifte empfindlich st@ren zu kénnen,
zumindest war man davon tiberzeugt,
dal dies die Einsitze mit der Ju 287
bewirken kénnten - eine vollig absur-
de Vorstellung, welche zeigt, daf man
jeglichen Bezug zur Realitat verloren
hatte.
Gegen Ende des Krieges befand
sich lediglich die Ju 287 V3 in einem
fortgeschrittenen Bauzustand und von
der V4 bis V6 befanden sich mehr
oder weniger Baugruppen in unter-
schiedlichen Fertigungszustinden,
Das war gewissermaBen im D-Zug-
tempo die Entwicklungsgeschichte
der Ju 287, mit der Darstellung der
maBgeblichen Eckpunkte, welche
zum Verstindnis spiter angeftihrter
Sachverhalte notwendig sind.
utJunkers Ju 287 und Ju EF 131 - Der erste Strahlbomber der Welt
nFliegende Attrappe™
|
|
Die Junkers Ju 288 V201, Stammkennzeichen RS+RA, wird flr den Erstflug startklar gemacht und betankt. Unter
dem linken Rumpftriebwerk kann man das AnlaBaggregat fir die Strahiturbinen erkennen. Vor den beiden Bugré-
dlerm kann man noch dle Schleppselle erkennen, mit welchen die Maschine zum Startpunkt geschleppt worden ist.
m Verlauf des Juli 1944 war die
Junkers Ju 287 V1 in Brandis
fertiggestellt worden und es wurden
erste Rolltests durchgefilhrt. Dabei
hatte Prof. Dr-Ing. Heinrich Hertel
bei der Besprechung im RLM am 25.
Mai 1944 noch prognostiziert - .Die
Ju 287 V1 wird am 16, Juni 1944 aus
der Halle geroltt und wir offen, dab
sie noch im Juni ihren Ersiflug macht
Die V2 wird im August folgen also
ssechs bis acht Wocken spatter. “-
Bei den ersten Rolltests stellte sich
heraus, daB das Rollen von engen
Kurven mit dem Doppelbugfahrwerk
nicht méglich war, es mute als
Lenkhilfe' ein Mann neben der Ma-
2
schine herlaufen und mit einer ,.Lenk-
stange" Hilfestellung leisten. Wie das
in der Praxis aussah, kann man auf
den Abbildungen auf Seite 13 schen
(Anm.: Um weiterhin ellenlange Be-
zeichnungen zu vermeiden wird die Ju
288 ¥201 nachfolgend lediglich mit
Ju 287 V1 bezeichnet)
Bevor nun aber die Flugerprobung
berichtet wird, sollen noch einige
Besonderheiten erwahnt — werden,
liber welche die Maschine verfigte
Als Erstes waren da die auffilligen,
schachbrettartigen Farbmuster (siehe
Abbildungen Seite 14), welche nur
fan der rechien Rumpfseite im Wir-
ungsbereich der Turbinenabgase
oer tae)
angebracht waren, zu nennen. Bei
diesen Farbmarkierungen handelte es
sich um sogenannte ,,Thermofarben™
mit welchen die Abgastemperaturen
der rechten Strahiturbine, welche auf
die AuBenhaut der Rumpfverkleidung
prallten, ermittelt werden konnten, Je
nach Hohe der Abgastemperaturen,
verftirbte sich die in diesem Bereich
aufgebrachte Thermofarbe und man
konnte die maximale in diesem
Bereich aufgetretene Temperatur
anhand des Farbtones ermitteln. Die
Alliierten waren sehr erstaunt, als sie
nach Kriegsende von der Existenz der
‘Thermofarben erfubren.
‘Um das Strmungsverhalten an den
Luftfahrt History Heft 16
‘Abbildung oben:
Ein recht merkwiirdig aussehendes _Vehikel
Schleppt die Ju 287 V1 vor ihrem Jungfernfiug tiber
das Platzgellinde In Brandis. Sehr deutlich kann
man die Arbeit des -Lenkers" erkennen, welcher
iit seiner -Lenkstange’, welche in die hohl ausge-
legte Radnabe eingesteckt wurde; seine milhevolle
Arbeit verrichten muBte.
“Abbildung mite rechts:
Obersicht
tskizze zur Verdeutlichung der Handha-
bung der ,Lenkstange”.
Abbildung unten rechts:
Eine weitere Aufnahme zeigt die noch ,eingesteck-
te” Lenkstange am linken, unteren Bildrand.
Tragflichen der Maschine im Flug
beobachten zu konnen, wurden Woll-
iden auf die Tragflichenoberseiten
und im Rumpfoereich der Tragfts-
chenwurzein angebracht. Walter Re-
baum, seinerzeit technischer Soldat
bei der Exprobungsgruppe in Brandis,
Luftfahrt History Heft 16
Junkers Ju 287 und Ju EF 131 - Der erste Strahibomber der Welt
crhielt den Befehl, gemeinsam mit der
Helferin Marianne, unzithlige dieser
Wollfiden an der Ju 287 V1 anzu-
bringen (siche hierzu Bildmaterial auf
Seite 15), Damit das sichbar gemach-
te Stromungsverhalten nach einem
Erprobungsflug ausgewertet_ werden
konnte, wurde auf dem Rumpfende,
unmittelbar vor dem Seitenleitwerk
cine Filmkamera angebracht.
‘Am 8. August 1944 erfolate der er-
folgreiche Jungfernflug der Ju 287 V1
mit Flugkapitin Siegfried Holzbaur
als Pilot und Flugversuchsingenieur
BJunkers Ju 287 und Ju EF 131 - Der erste Strahibomber der Welt
Die am 8. August 1944 an ihrem Startpunkt abgestellte Ju 287 V1, zelgt deutlich die nur an der rechten Rumpfseite
‘schachbrettartig angebrachten Thermofarben. (ts Oates an)
Detailautnahme der Thermofarben.
Es ist gut zu erkennen, da6 die
‘Schachbrettartig wirkenden Farb-
felder in Wirklichkeit aus jeweils
mehreren, einzelnen Farbstrichen
bestanden.
Die Thermofarben waren eine spezi-
celle Entwicklung der 1G-Farben, wel-
‘che dhnlich, wie ein , Wachsmaistift”
gehandhabt wurden. In der GleBerel-
technik sind auch heute noch soiche
Thermofarbstifte gebriuchlich, um
den Temperaturvertauf von frisch
‘gegossenen Kokillen Gberpriifen zu
kénnen.
Ein wetteres Detail zeigt diese Aufnah
ime, einen der voistdndig ausgefahrenen
Vorfligel. Eine Druckfeder schob den Vor-
Agel in seine ausgerahrene Endstelung
Nahm dle Maschine Fahrt auf, so wurde
bel einer bestimmten Fuggeschwindig-
ket, der Vorfigel durch die anstromende
Fahrtwindkraft eingefahren und lag dann
in einer Linie mit der Profvorderkante des
Tragflagels; erst beim Unterschreten einer
(mindestgeschwindlgkelt fuhr der Vorfige!
wieder aus und erhhte z. 8. den Auftrieb
im Landeanfug.
reits bei den Windkar
14 Luftfahrt History Heft 16
Junkers Ju 287 und Ju EF 131 - Der erste Strahlbomber der Welt
‘Abbildung oben:
Diese Aufnahme zeigt deutlich, was Walter Re-
baum und seine Helferin ,Marianne aus Brandis
angerichtet" haben.
Die aufgeklebten Wollfédenbiinde! sind deutlich
als helle ,Kleckse” zu erkennen. Weiterhin kann
‘man die vor dem Leitwerk angebrachte Filmkame-
ra erkennen. Fir einen bevorstehenden Testfug
‘sind die Walter-Starthilfsraketen HWK 109-503,
bereits angebracht. (ta bates)
‘Abbildung mite rechts:
‘Noch einmal die Ju 287 V1 mit den aufgeklebten
Wollfden aus einem leicht veréinderten Blickwin-
kel. (fo esterase)
Kleines Bld oben:
Walter Rebaum 1944 als technischer Soldat der
Luftwatte. (exo mata Wate eur)
“Abbitdung unten rechts:
Walter Rebaum und Marianne aus Brandis” beim
fleiBigen Aufkleben der Wollféden auf die Obersei-
te der Tragfléchen der Ju 287 Vi.
(xo Prat ae eu)
Luftfahrt History Heft 16 15Junkers Ju 287 und Ju EF 131 - Der erste Strahlbomber der Welt
Karl Wendt als Begleiter. Flugkapitin
Holzbaur hatte sich zuvor bei einigen
Einweisungsstarts mit einer tubinen-
getriebenen Messerschmitt Me 262
erste Erfahrungen in der Bedienung
von JUMO 109-004 -Triebwerken ge-
sammelt; bevor er erste Rollversuche
mit der Ju 287 V1, als Vorbereitung
zum Erstfiug mit dieser Maschine,
durchfuhrte, Zu diesem Erstflug mit
der Ju 287 V1 ist lediglich eine recht
lapidare Notiz im Rechliner Wochen-
bericht vom 6. bis 12. August 1944
erhalten geblieben
Ju 287
Das Versuchsmuster VI machte am
8.8.44 seinen 1. Flug. Abfluggewicht
17 to mit Juno 004 B und 3x1000
kg zusételichen Startschub, davon
1000 kg nach Abheben.
Flugeigenschaften waren gut _und
zeigten keine Besonderheiten, Flug-
16
geschwindigkeit 370 kh (festes
Fahrwerk)
Wie bereits angedeutet, gibt die-
ser Bericht wenig her; wesentlich
aussagekraftizer ist da der Brieftext
‘von Walter Rebaum, welchen er am
28. Mai 2001 an mich schrieb und
welcher auch einen Einblick in das
sonstige tigliche Erprobunesgesche-
hen erlaubt:
Hier nun mein Bericht!
Ab Frithjahr 1944 bekam die Firma
Junkers in Brandis eine Halle zuge-
wwiesen (Halle IV). Was dort vor sich
‘ging, haben wir als Soldaten nicht er-
fahren. Nur was man selber geschen
hhat oder horte, Bekam man mit. Man
wurde bewufit dumm gehalten, schon
‘wegen der Spionage. Nach dem Motto
.»Feind hort mit
Einmal befand sich auBerhalb der
Die Junkers Ju 287 V1 am 8. August
1944 bei den’ Startvorbereitungen
zum Jungfernflug. Wie unschwer
au erkennen, sind noch die oberen
Verkleidungsbleche des rechten
Bugtriebwerkes ge6ftnet. Scheinbar
miissen noch einige Triebwerksein-
‘stellungen vorgenommen werden.
‘Man beachte das links neben der
aufgeklappten Einstiegsklappe er-
kennbare AnlaBaggregat.
‘Am unteren Bildrand kann man im
hinteren Bereich der Bugradverklel-
dung das Dimpfungs- und Kopp-
lungdelement der belden Bugrader
ferkennen (siehe hierzu auch Abbiidung
uf Seite 46).
Der Erstflug scheint unmittelbar
bevorzustehen, denn die Starthilfs-
raketen wurden bereits montiert und
Je nach Druckwiedergabe kann man
‘Schemenhaft die Besatzung hinter
der Kabinenvergiasung erahnen.
Halle eine Junkers Ju 88. Unter dem
Rumpf dieser Maschine war ein z)-
lindrischer ,, Behalter" befestigt, ca.
60 cm Durchmesser und 3 m lang. Es
konnte ein Zusatztank gewesen sein,
‘glaubien wir, Dann bekam ich mit,
da ein Fluglehrer ercahlte, diese
‘Maschine hatte seine Ju 88 in der Luft
tberholt, mit stehendem Motor und
auf Sogelflug gestellien Lufischrau-
ben. Da wurde uns Klar, da8 es sich
um ein Turbinentriebwerk handetn
imuBite, Deren Aufbau war uns jedoch
nicht bekannt.
Ich glaube, daB es Ende Juni 1944
war, als man mich von der Techni-
sehen Kompanie zur Firma Junkers
abstellie, um dort zu arbeiten. Natir-
lich war ich riesig iberrascht, dort in
einer Halle eine komplette Maschine
vorzufinden, In der Staffel mypten wir
in 12 Stunden-Schichten arbeiten und
einer hat bemerk,
Luftfahrt History Heft 16
Beispiele: ,.Peene- Rechlin, als die Luftaufnahme am 31. hatte ein am Projekt Ju 287 Beteilig-
‘miinde 20 = Fieseler Fi 103 = V1; Mai 1944 gemacht wurde, befand sich ter behauptet, die Ju 287 sei aus der
wLechfeld 127" = Messerschmitt Me die u287 V1 im Aufbau in der Halle Ju 288 entwickelt worden, Als dann
264; ,,Finkenwarder 193 = Blohm WV in Brandis, zu diesem Zeitpunkt Brunolf Baade zuriick nach Deutsch-
Luftfahrt History Heft 16 31Junkers Ju 287 und Ju EF 131 - Der erste Strahlbomber der Welt
land kam, wurde auch von ihm die
Behauptung aufyestellt, die Ju 28
aus der Ju 288 entstanden, doch
das wurde von niemand so recht be-
achtet (siche hiercu auch Flieptext
Seite 6 ff)
Sicht man sich die Entwicklung der
Ju 288 darauf hin naher an, fall sofort
die Ju 288 V203 ins Auge, wovon ja
bereits im Vorfeld die Rede war. Doch
alle Recherchen in diese Richtung
waren fast erfolglos, bis ein unschein-
barer Mikrofilm ins Archiv flatterte
mit dem Vermerk Ju 288 203.
Nach dem VergrBern zeigte sich
auf diesem Blattlein lediglich der
Kabinenbereich dieser Maschine als
Werkszeichnung, mit einigen Verma-
Bungen. Das war erst einmal ziemlich
enttiuschend. Als dann aber die be-
reits erwahnte Aufnahme der Ju 287
VI als durchsichtige Folie tber die
»Rechlin 66% gelegt wurde, konnte
32
man feststellen, da der Rumpfoug
der ,Rechlin 66* geringfiigig linger
war als der der Ju 287 V1. Bei dieser
Gelegenheit viel auf, da der Schat-
tenrif der Pilotenkabine so vollig an-
ders aussah, dieser ahnelte sehr stark
dem einer Ju 188 oder Ju 288 (siehe
gelber Pfeil neben dem vergrifferten
Bildausschnitt auf Seite 30). Ju 288?
Da war doch was? Nattirlich die Ju
288 V203 driingte sich nun f¥rmlich
auf. Jetzt bekommt auch die Aussa-
ge von Brunolf Bade plotzlich ein
ganz. anderes Gewicht. Dieser hatte
nicht nur behauptet, die Ju 287 sei
auf der Basis der Ju 288 konstruiert
worden sondem er hatte auch noch
konkrete Angaben zu ihrem Aussehen
gemacht. Danach hitte man festge-
stellt, das die Rumpfquerschnitte der
Heinkel He 177 und die der Ju 288
BI/Cl-Baureihen im Bereich des vor-
letzten Kabinenanschlufspantes zum
Ubersichtszeichnung der Pilotenka-
bine der Junkers Ju 288 V203, wie
sie auf einem Mirofilm in einem ame-
rikanischen Archiv ,schlummerte’.
‘Man beachte die spahrisch geformte
‘Bugkuppel, welche bel keinem ande-
ren Versuchsmuster der Ju 288 Reihe
in dieser Form vorgesehen war. Eben
dieses einzigartige_Erkennungs-
‘merkmal findet man bel der Ju 287-
Projektierung wieder. Siehe hierzu
die Abbildungen auf Seite 3:
Obersichtsstieze vom 24. Mai 1944 mit
Lastangaben 2u den Bruchversuchen mit
‘der Ju 267. Hier st zwar auch im vorderen
Bugkanzelbereich eine Verstrebung 2u er-
‘kennen, welche auf eine dort vorgesehene
spihrische Bugverolasung schlieBen 13Bt;
allerdings zeigt der PllotenkanzelenschluB
‘an den Rumpibug berets eine vig ande-
re Kontur als bel der Ju 288 V203. Den-
Ju 287, wie
Frihjahr 1944 realisiert
sollte, daB die Ju 287 und
die Ju 288 V203 eine gemeinsame
Rumpf sehr ahnlich waren und man
ohne grofien Anderungsaufwand He
177-Riimpfe, welche in groBen Men-
gen zur Verfligung standen, fir eine
im Baukastenprinzip aus giingigen
Flugzeugtypenteilen aufgebaute, tur-
binengetriebene Maschine verwendet
werden konnten. Es sollte lediglich
die viersitzige Kabine als Dreisitzig
modifiziert werden und die Tragftigel
sollten neu konstruiert werden.
In diesem Zusammenhang fillt auf,
da im Februar 1944 eine Pilotenka-
bine als Attrappe hergestellt wurde,
welche das gleiche duBere Erschei-
nungsbild im vorderen Kanzelbereich
aufwveist, wie auf der Werkszeichnung
der Ju 288 V203 (siehe Abbildungen
auf Seite 32 und 33).
Um die Geschichte um die Mysthe-
rien zur ,Rechlin 66* vollstindig zu
gestalten, muB an dieser Stelle noch
eine Ergtinzug vergenommen werden,
Luftfahrt History Heft 16
‘Abbldung oben:
Frontansicht der sphrischen Bug-
kuppel.
Abbildung oben recht:
Attrappe der Ju 287-Pilotenkabine
vom Februar 1944, diese entspricht
voll und ganz der der Ju 288 V203,,
wie man an der Ausformung der
spahrischen Bugkuppel und dem
angeschragten unteren Kabinenan-
SschluB erkennen kann.
‘Abbitdung reches:
Blick auf die spihrische Bugkuppe!
‘aus der Copilotensicht gesehen. Man
beachte die sechs Gashebel fir die
sechs Turbinentriebwerke.
denn es wurde seitens der Englinder
noch an anderer Stelle eine ,Rechlin
66" entdeckt. Am Donnerstag den
8. Februar 1945 fotografierte Flight
Sergant K.J.H. Nichol mit seiner als
Aufklirer ausgeristeten Supermarine
Spitfire“, mit dem Taktischen Kenn-
zeichen PL908, der $42 Squadron der
RAF, die in Brandis triebwerkslos
abgestelite Ju 287 V2. Da in den bri-
tischen Unterlagen diese Maschine
ebenfalls als ,Rechlin 66" ausgewie-
sen war und die seinerzeit in Rechlin
Luftfahrt History Heft 16
Junkers Ju 287 und Ju EF 131 - Der erste Strahibomber der Welt
gemachten Aufinahmen ebenfalls eine
triebwerkslose Maschine zeigten,
nahmen viele Autoren dies als Beleg
daftr, daB die Ju 287 V2 zuvor ein-
mal in Rechlin gewesen sein mute
Doch unterwirft man die in Brandis
gemachte Luftaufnahme der gleichen
Prozedut, wie zuvor bei der in Rechlin
entstandenen Luftaufnahme, kommt
man 7u einem, eigentlich 7m erwar-
tenden, eindeutigen Ergebnis.
Legt man die Folie mit der in glei-
chen Mafistab gebrachten Ju 287 VI
auf die ,Rechlin 66* von Brandis, so
stellt man eine absolute Deckungs-
gleichheit der auBeren Konturen
beider Maschinen fest, was ja auch
nicht weiter verwunderlich ist, denn
die Ju 287 VI und die Ju 287 V2 wa-
ren in ihren fuBeren Konturen absolut
baugleich. Erstellt man jedoch von
der Luftaufnahme der ,.Rechlin 6
vom 31. Mai 1944, die ja in Rechlin
enistanden war, ebenfalls eine mal
stablich angepalite Folie und le
diese Uber das Luftbild der ,Rechlin
3Junkers Ju 287 und Ju EF 131 - Der ersto Strahlbomber der Welt
Dreiseitenri6 der Ju 287, Werkzeichnung Nr. S28700-1022, vom 12. April 1944. Diese Werkzeichung belegt, da zu
diesem Zeitpunkt noch eine Triebwerksanordung mit den beiden Bugtriebwerken fir die Ju 287 (Ju EF 122C) vorgese-
‘hen war, wie dies auch bei der Ju 268 V203 ausgefihrt werden sollte. Spannweite: 19,40m Lange: 19,20”m
66" von Brandis, so kommt man zu
einem vollig anderen Ergebnis. Wie
zuvor beim Vergleich Ju 287 V1 mit
«Rechlin 66° aus Rechlin; stimmen
die Tragflichenkonturen exakt tber-
ein, doch der Rumpfoug der ,Rechlin
66" aus Rechlin ist deutlich Ringer
als der Rumpfbug der ,Rechlin 66°
aus Brandis!!! Nicht zu vergessen,
der Schattenri8. der Pilotenkanzel
Der Vollstandigkeit halber mul! man
noch ergiinzen, da der Heckbereich
der ,Rechlin 66% nicht die Rumpfein-
schnirungen der Ju 287 VI und V2
zeigt. Es muB daher davon ausgegan-
gen werden, daf man bei der ,Rechlin
6", welche ja bereits einige Monate
vor der Ju 287 VI und V2 aufge-
baut wurde, noch den kompletten
Restrumpf einer He 177 verwendet
hat. Allerdings lat sich durch den in
diesem Bereich recht massiven Kem-
schatten keine genaue Rumpfkontur
bzw. Leitwerkskontur ermittein.
Dennoch Bt sich damit eindeutig
belegen, die ,Rechlin 66* ist nicht
die Ju 287 VI und die ,Rechlin 66%
4
ist auch nicht die Ju 287 V2!!!
Darum sei an dieser Stelle noch-
mals angefthrt; die Ju 288 V201 ist
unwiederlegbar die Ju 287 V1, die
Ju 288 V202 ist unwiederlegbar die
Ju 287 V2, da gebietet es doch die
Logik, daB die Ju 288 V203 die Ju
287 V3 sein !!!muB!!!, zumal dieser
‘Versuchsnummerblock im Rahmen
der Ju 288 Entwicklung vig iso-
liert flr sich dasteht, also flr etwas
sBesonderes* gedacht war.
Weiterhin soll nicht unterschlagen
werden, daB fiir die Firma Junkers der
Stammkennzeichenblock — RS+RA,
RS+RB und RS+RC vergeben wurde
wat, wobei ebenfalls unwiederleg-
bar feststeht, dat die Ju 287 V1 (Ju
288 V201) das Stammkennzeichen
RS+RA und die Ju 287 V2 (lu 288
202) unwiederlegbar das Stamm-
kennzeichen RS+RB erhielt, es liegt
daher firmlich auf der Hand, da
die Ju 287 V3 (Ju 288 V203) dem
Stammkennzeichen RS+RC zugeord-
net werden muB!
Es ist allerdings da noch eine bren-
nende Frage zu klaren. Warum konnte
sich niemand von den bekannten
‘Rechlinem", welche vor etlichen
Jahren intensiv dazu befragt wurden,
nicht an diese Maschine erinnern’”
‘Nun, die Maschine war, wie man
der Luftauthahme auf der Seite 30
eninehmen kann, triebwerkslos und
hat demzufolge nie gefiozen; daher
vollig uniteressant ftir einen Erpro-
bungspiloten, welcher tagtiglich sei-
nen Hals rskierte. Mit einer ,rumste-
hhenden Maschine* war kein Stat 2u
‘machen, also wozu nither hinsehen?
Man tegistrierte vielleicht das Vor-
hhandensein der Maschine im. Vorbei-
gehen, aber fii einen festen Platz im
Langzeitgeddichtnis reichte dies nicht,
tht umsonst wurde im vorigen Ka-
pitel so groBer Wert darauf gelegt, 2u
beleuchten, da8 ja auch in Brandis
kaum jemand Notiz von den beiden
Exprobungsmustern der Ju 287 nahm
und sich auch dort, efgentlich nur un-
mittelbar Beteiligte an die Maschinen
érinnern konnten. Als letztes sei noch
cinmal die Frage aufgeworfen, warum
Luftfahrt History Heft 16
Junkers Ju 287 und Ju EF 131 - Der erste Strahibomber der Welt
Angebliches ,echtes” Flugbild einer Ju 287, wie es seit Mitte der Flnfziger Jahre immer wieder mal veréffentiicht
wurde, Es handelt sich um eines der ,beriichtigten" Heumann Airbrushbilder. Diese Aufhahme wurde trotz all dieser
._Méngel” hier verwendet, da sie einen guten Eindruck vermittelt, wie die ,Rechlin 66", denkt man sich den Heckwat-
fenstand einmal weg, ausgesehen haben kénnte.
es wohl kein Bildmaterial der Ju 287
V3 gibt. Nun, dies ist im Falle Rech-
Jin kein Einzelfall; erinnert sei hier
beispielsweise an die bemannte VI,
die ,Reichenberg". Obwohl etliche
Versuchmuster der ,Reichenberg in
Rechlin erprobt wurden, existiert kein
Bildmaterial der Fi 103 Re 1, Fi 103
Re 2 und Fi 103 Re 3 aus Rechlin.
Gaibe es keine Rechliner-Erprobungs-
berichte zu diesen Fluggeriten, so
wilrde man sicher auch anzweifeln,
‘ob es jemals eine ,Reichenberg
Rechlin gab.
Es gab allerdings einen ,,Augen-
zeugen", welcher die ,Rechlin 66"
gesehen hat !!! Adolf Rind, Flugzeug-
fbrer auf einer Junkers Ju 52, Ju 88
usw; flhrte im Frithjahr 1944 meh-
rere Kurierflige nach Rechlin durch;
auBlerdem verfafte ein Gedicht zur Ju
52, Am 29, Oktober 1997 schrieb er in
einem Brief:
anbei sende ich Ihnen mein Gedicht
itber die ,,Tante Ju... Nachdem ich
‘mich neun Monate lang sehr intensiv
damit befaft hate, aus meiner Erin-
nerung vor tiber 50 Jahren einige son-
derbare, geheime und oft tragische
Erlebnisse als Flugceugfidhrer an der
Osifront (44/45) und im Kurierdienst
wieder aufiuarbeiten, hier nun mein
1. Fall
Im Frithjahr 1944 mupte ich einen
Kurierflug nach Rechlin durchfiih-
ren. Dort sah ich einige seltsame
Dinge. In einer Halle glaubte ich
Luftfahrt History Heft 16
ein Fluggerit zu erkennen, welches
einem ,Suppenteller* mit einer Kan-
zel im mittleren Bereich iihnelte. In
einiger Nahe zur Halle, stand eine
Ju 188 ohne Triebwerke, mit nach
vorne gebogenen Tragfliichen, dap
sah urkomisch aus. Keiner wollte
oder konnte mir etwas zu dieser Ma-
ja sagen wir mal, auBerst zweifelhatt,
achitlos beiseite gelegt worden. Doch
im Zusammenhang mit der ,Rechlin
66" bekommt die Aussage einer Ju
188 mit nach vorne gebogenen Trag-
‘lichen" eine ganz andere Bedeutung
- dahinter verbarg sich nichts Anderes
als die ,Rechlin 66%. Das Herr Rindt
glaubte, eine Ju 188 gesehen zu haben,
lag sicher mit daran, daB die ,Rechlin
(66% cin zentrales Leitwerk besa.
Da nun die Ju288 V203 niemals ge-
flogen ist, gibt es zwangsliufig auch
keinen Erprobungsbericht; was hatte
‘uch darin stehen sollen; Maschine